Überblick - Das Thema der heutigen Veranstaltung ist der Übergang von der Betrachtung eines individuellens Investors / einer Investorin zu einem Marktgleichgewicht. - Dazu werden wir das Capital Asset Pricing Model (CAPM) vorstellen. - Ebenfalls beschäftigen wir uns mit effizienten Kapitalmärkten und der Effizienzmarkthypothese. - Dann werden wir sog. Kapitalmarktanomalien diskutieren und die Grenzen der Arbitrage kennenlernen. Capital Asset Pricing Model CAPM Erste Annahmen des CAPM - Homogene Erwartungen: alle Investoren ermitteln die gleichen risiko-effizienten PFs, d.h. die gleichen Risikoeffizienzlinien. - Unterschiedliche Nutzenfunktionen/Präferenzfunktionen: die Investoren wählen trotz homogener Erwartungen unterschiedliche Portfolios. - Bei Existenz der risikolosen Geldanlage/Verschuldung: Alle Investoren halten das gleich strukturierte riskante Portfolio. Sie kombinieren es jedoch in Abhängigkeit ihrer Risikoaversion in unterschiedlichem Ausmaß mit dem risikolosen Wertpapier. Risiko und Ertrag sämtlicher Kombinationen stehen dabei in linearem Zusammenhang. - Der Markt befindet sich im Gleichgewicht: Angebot = Nachfrage. Von der Portfoliotheorie zum CAPM - Ausgangspunkt ist unser Portfolio-Modell mit n risikobehafteten Vermögenswerten und einen risikolosen Vermögenswert r₀. - Bitte beachten Sie: Die Annahme eines risikolosen Vermögenswerts ist eine Modellvereinfachung (normalerweise gibt es auf dem Markt eine Zinsstruktur; siehe dazu später mehr, Vorlesung 6). - Der risikofreie Zinssatz stellt keine Grenze für die Investition oder Kreditaufnahme dar. Die Entscheidungen der Anleger beruhen lediglich auf der erwarteten Rendite und der Varianz. - 0 ≤ a < ∞ sei der Anteil des verfügbaren Geldes, der in ein Portfolio P ∈ M investiert wird, und −∞ < 1 − a ≤ 1 der Anteil der risikofreien Anlage. - Die Gesamtrendite des Portfolios wird wie folgt berechnet: R = a R_(P) + (1 − a) r₀. - Bestehend aus einem Portfolio von risikobehafteten Vermögenswerten P und einem risikolosen Vermögenswert r₀, gilt für das Gesamtportfolio: μ = a μ_(P) + (1 − a) r₀ = r₀ + a (μ_(P) − r₀) und σ² = a²σ_(P)². - $a=\frac{\sigma}{\sigma_P}$ führt zu $$\mu=r_0+\frac{\mu_P-r_0}{\sigma_P}\ \sigma$$ - Wir gehen davon aus, dass das Portfolio P konstant ist und variieren nur den Anteil a am Gesamtportfolio (inkl. risikoloser Anlage). - Wir erhalten alle möglichen (μ; σ)-Kombinationen als eine bei r₀ beginnende Linie mit einer Steigung von $\frac{\mu_P-r_0}{\sigma_P}$. Sharpe-Ratio Der Ausdruck $$SR_P=\frac{\mu_P-r_0}{\sigma_P}$$ wird als Sharpe-Ratio des Portfolios R_(P) bezeichnet. Sharpe-Ratio - Die Sharpe-Ratio kann auch als risikoadjustiertes Performancemaß für jeden Vermögenswert verwendet werden. - In der obigen Gleichung wird die Sharpe-Ratio des Vermögenswertes i dem risikofreien Zinssatz gegenübergestellt. Anstelle von r₀ ist auch eine Benchmark R_(B) möglich. - In diesem Fall sprechen wir von einer so genannten verallgemeinerten Sharpe-Ratio, die auch als Informationsverhältnis bekannt ist: $$SR(R_i)=\frac{\mbox{E}(R_i-R_B)}{\sigma(R_i-R_B)}=IR(R_i-R_B)$$ Von der Portfoliotheorie zum CAPM Risikolose Verzinsung und risikobehaftetes Portfolio [image] Quelle: Albrecht/Maurer (2008) Möglichkeiten im Rahmen risikofreier und risikobehafteter Vermögenswerte [image] Quelle: Albrecht/Maurer (2008) Effizienter Rand / Tangentialportfolio [image] Quelle: Albrecht/Maurer (2008) - Das Portfolio T wird als Tangentialportfolio bezeichnet. - Wir erinnern uns: Es ist für alle(!) Investoren (unabhängig von den Präferenzen) optimal, einen Punkt auf der Effizienzlinie zu wählen. - Der Anteil des risikolosen Vermögenswerts am Gesamtportfolio ist der einzige Unterschied zwischen den einzelnen optimalen Portfolios. - Die Zusammensetzung des risikobehafteten Anteils im Gesamtportfolio ist für alle Investoren identisch. - Das Tangentialportfolio hat die höchste Sharpe-Ratio. Tobin-Separation Die Aufteilung im optimalen Gesamtportfolio zwischen einem risikofreien Vermögenswert und einem für alle Anleger identischen risikoreichen Portfolio wird als Zwei-Fonds-Theorem bezeichnet. Die Trennung zwischen der Zusammensetzung des risikobehafteten Portfolios und der Risikoeinstellung des Anlegers ist als Tobin-Separation bekannt. Das Capital Asset Pricing Modell - Schließlich wollen wir das Capital Asset Pricing Modell vorstellen. - Das Gleichgewichtsmodell liefert risikobereinigte Vermögenspreise. Zunächst werfen wir einen Blick auf die Modellannahmen: - Ein gegebener Markt umfasst n risikobehaftete Vermögenswerte sowie einen risikofreien Zinssatz r₀. - Auf dem Markt sind m Investoren mit individuellen Kapitalbudgets von V_(i) aktiv. Das gesamte Marktvolumen ist folglich $V=\sum_{i=1}^mV_i$. - Alle Anleger haben homogene Erwartungen in Bezug auf r₀, E(R_(i)), var (R_(i)), cov (R_(i); R_(j)). - Der Markt befindet sich im Gleichgewicht. - Jeder Anleger hält ein effizientes Portfolio P_(i) als Kombination aus dem Tangentialportfolio T (mit einem Anteil von λ_(i)) und dem risikolosen Vermögenswert. - Die Marktportfolio-Nachfrage ist gegeben als: $$\left(\sum_{i=1}^m\lambda_iV_i\right)x_T$$ mit x_(T) = (x_(T1), …, x_(Tn)). - Auf der anderen Seite umfasst das Marktportfolioangebot alle verfügbaren risikobehafteten Vermögenswerte des Marktes. Jeder einzelne Vermögenswert hat einen relativen Anteil P_(i)/P am Gesamtwert $P=\sum_{i=1}^nP_i$ des Marktportfolios M. Der zugehörige Investitionsvektor x_(M) = (x_(M1), …, x_(Mn)) ist gegeben durch: $$x_M=\left(\frac{P_1}{P},\ldots,\frac{P_n}{P}\right).$$ - Da das Marktportfolioangebot eindeutig gegeben ist, ergibt sich das Gleichgewicht wie folgt: $$\left(\sum_{i=1}^m\lambda_iV_i\right)x_T=Px_M.$$ - x_(T) und x_(M) sind Investitionsvektoren. - Folglich müssen x_(T) und x_(M) gleich sein und $P=\sum_{i=1}^m V_i$. - Im Marktgleichgewicht gilt T = M. Das Tangentialportfolio ist gleich dem Marktportfolio. - Wir wollen nun einige Schlussfolgerungen aus dieser Anmerkung ziehen: - Die Menge der optimalen Portfolios ist wie folgt gegeben: $$\mbox{E}(R)=r_0+\frac{\mbox{E}(R_M)-r_0}{\sigma(R_M)}\sigma(R)=r_0+SR_M\sigma(R).$$ - Die resultierende Linie im μ − σ-Rahmen wird als Kapitalmarktlinie bezeichnet. - Das Marktportfolio hat die höchste Sharpe-Ratio. - Für einen Anleger optimale Portfolios duplizieren das Marktportfolio mit seinem risikoreichen Teil. - In der Praxis sprechen wir von passiver Portfolioverwaltung/Indexierung. - Darüber hinaus ist die erwartete Rendite für jedes Portfolio gegeben als: $$\mbox{E}(R)=r_0+\frac{\mathop{\mathrm{cov}}(R,R_M)}{\mathop{\mathrm{var}}(R_M)}\left[\mbox{E}(R_M)-r_0\right]=r_0+\beta_R\left[\mbox{E}(R_M)-r_0\right]$$ - Die sich daraus ergebende Linie wird als Wertpapiermarktlinie bezeichnet. - Wertpapiermarktlininie: Trade-off zwischen erwarteter Rendite und Risiko width=1,center ----------- --- ----------------------- --- --------------------------------- --- ----------------------------- μ_(j) = r₀ + $\frac{\mu_M-r_0}{\sigma ^2_M}$ ⋅ cov [r̃_(j); r̃_(M)] erwartete = risikolose Verzinsung + Marktpreis des Risikos ⋅ relevantes Wertpapierrisiko Rendite = risikolose + Risikozuschlag Verzinsung ----------- --- ----------------------- --- --------------------------------- --- ----------------------------- - cov [r̃_(j), r_(M)] = δ_(j; M) ⋅ σ_(j) ⋅ σ_(M) - Risikozuschlag: nicht diversifizierbares systematisches Risiko des betrachteten Titels bzw. PFs. - Substitution: $\beta_j:=\frac{\mathop{\mathrm{cov}}[\tilde r_j,\tilde r_M]}{\sigma ^2_M}$. - Daraus folgt: Wertpapiermarktlinie: μ_(j) = r₀ + β_(j)(μ_(M) − r₀) - Kapitalmarktlinie: Die Kapitalmarktlinie gibt an, wie bei der Wahl effizienter PFs die erwartete Rendite mit dem durch die Standardabweichung gemessenen Risiko steigt. Kapitalmarktlinie [image] Quelle: Albrecht/Maurer (2008) Wertpapierlinie [image] Quelle: Albrecht/Maurer (2008) - Beta misst die Empfindlichkeit der einzelnen Renditen gegenüber Veränderungen der Marktrendite. - Wir erhalten die folgende Formel E(R) − r₀ = β_(R)[E(R_(M)) − r₀] - Unter der Annahme eines Marktgleichgewichts entspricht die Überschussrendite von Portfolios oder einzelnen Vermögenswerten der beta-gewichteten Rendite des Marktes. - Mit $\frac{\mbox{E}(R_M)-r_0}{\sigma(R_M)}$ als Marktpreis des Risikos kann die Gleichung wie folgt verstanden werden: erwartete Rendite = risikofreier Satz + Marktpreis des Risikos ⋅ systematisches Risiko. - Das CAPM kann die Portfoliopreise im Rahmen des Marktgleichgewichts bei t = 0 bestimmen. $$P=\frac{\mbox{E}(V)}{1+r_0+\beta_R\left[\mbox{E}(R_M)-r_0\right]}$$ - Der Portfoliopreis entspricht dem erwarteten Cashflow V, abgezinst mit dem risikofreien Zinssatz r₀ und angepasst mit einer Risikoprämie. Index-Modelle Index-Modelle - Unter Berücksichtigung der in der letzten Vorlesung diskutierten Einschränkungen wird die Markowitz-Optimierung in der Praxis nur für das Verfahren der Asset Allocation verwendet. Dies bedeutet die Aufteilung des Anlagevolumens in verschiedene Arten von Anlageklassen. - Die Auswahl von Einzeltiteln erfolgt häufig auf der Grundlage von Faktormodellen. - Das bekannteste Modell für die Wertpapierauswahl ist das Capital Asset Pricing Model. - Das Fama-French-Modell ist ein weiteres berühmtes Faktor-Modell. - Seien R_(i) und R_(M) die Renditen des i-ten Einzeltitels bzw. Marktindexes. Indexmodell/Faktormodell R_(i) = α_(i) + β_(i)R_(M) + ε_(i), i = 1, …, n. - Achtung: Im Rahmen des CAPM wird das Indexportfolio durch das Marktportfolio gegeben und nicht durch einen Index approximiert. - Dieses einfache Ein-Faktor-Modell basiert auf den folgenden Annahmen: 1. E(ε_(i)) = 0; var (ε_(i)) = σ_(i)² 2. cov (ε_(i); R_(i)) = 0. - Die Annahmen führen zu: cov (R_(i), R_(M)) = b_(i)var (R_(M)) oder $$b_i=\frac{\mathop{\mathrm{cov}}(R_i,R_{M})}{\mathop{\mathrm{var}}(R_{M})}.$$ Beta Der Parameter b_(i) ist definiert als Betafaktor des Vermögenswertes i in Bezug auf das gewählte Indexportfolio. - Beachten Sie: E(R_(i)) = a_(i) + b_(i)E(R_(M)) oder a_(i) = E(R_(i)) − b_(i)E(R_(M)). Alpha Der Parameter a_(i) bezeichnet den Alpha-Faktor des Vermögenswertes i. - Außerdem $$\sigma(R_{MI})=\sum_{i=1}^nc_i\rho(R_i;R_{M})\sigma(R_i).$$ mit c_(i) als Indexgewichten in $R_{MI}=\sum_{i=1}^nc_iR_i$. - Die Volatilität des einzelnen Vermögenswerts beeinflusst nur einen kleinen Teil der Volatilität des Marktindex. - Wir unterteilen die Volatilität des einzelnen Vermögenswerts in zwei Teile: σ(R_(i)) = ρ(R_(i); R_(M))σ(R_(i)) + [1 − ρ(R_(i); R_(M))]σ(R_(i)) Systematisches vs. unsystematisches Risiko Der erste (zweite) Term in der obigen Gleichung für σ(R_(i)) wird als systematisches (unsystematisches) Risiko der einzelnen Vermögenswerte bezeichnet. - Die Volatilitätsgleichung zeigt, dass nur das systematische Risiko einzelner Vermögenswerte in der Volatilität des Marktindex enthalten ist. - Das unsystematische Risiko verschwindet durch eine diversifizierte Indexbildung. - Für beta: $$b_i=\frac{\rho(R_i;R_{M})\sigma(R_i)}{\sigma(R_{M})}=\frac{\mbox{Syst. Risiko von Anlage i}}{\mbox{Marktrisiko}}$$ - Alle Parameter des vorgestellten Indexmodells können mit empirischen Daten geschätzt werden. - Unter der Annahme der Homoskedastizität der Fehlerterme wird eine Kleinste-Quadrate-Schätzung durchgeführt. - Sowohl Alpha- als auch Beta-Faktoren sind geschätzte Koeffizienten der Regressionsgleichung. - Die Renditen des Marktindexportfolios sind geeignete Eingangsdaten. - Empirische Tests zeigen, dass weder die Annahmen noch die lineare Struktur des Modells in der Renditegleichung R_(i) erfüllt sind. Empirische Schätzung des Beta-Faktors [image] Quelle: Albrecht/Maurer (2008) Zwischenfazit - Soweit haben wir uns mit einem bekannten Kapitalmarktgleichgewichtsmodell, dem Capital Asset Pricing Model (CAPM), beschäftigt. - Im weiteren Verlauf der Vorlesung beschäftigen wir uns mit empirischen Tests für das CAPM und mit Kapitalmarktanomalien. - Zunächst beschäftigen wir uns aber mit effizienten Kapitalmärkten und der Effizienzmarkthypothese. - Zuletzt schauen wir auf die Grenzen der Arbitrage. Die Effizienzmarkthypothese Die Effizienzmarkthypothese Was ist ein effizienter Markt? - Ein effizienter Kapitalmarkt ist ein Markt, auf dem die Aktienkurse die verfügbaren Informationen vollständig widerspiegeln. - Fama, 1970, Effizienzmarkthypothese (EMH): Der Marktpreis spiegelt zu jedem Zeitpunkt sofort alle am Markt verfügbaren Informationen wider. - Eine schwächere und ökonomisch sinnvollere Version der Effizienzhypothese stammt von Jensen (1978): Die Preise spiegeln Informationen bis zu dem Punkt wider, an dem der Grenznutzen des Handelns aufgrund von Informationen (die zu erzielenden Gewinne) die Grenzkosten nicht übersteigt. - Wir unterscheiden drei Formen der Markteffizienz: - Schwache Form: Preise und Renditen der Vergangenheit. - Mittelstarke Form: alle öffentlichen Informationen. - Starke Form: alle öffentlichen UND privaten Informationen. - Zu den Folgen der Effizienzmarkthypothese gehören: - Anleger sind nicht in der Lage, den Markt dauerhaft zu schlagen: Da sich die Informationen sofort in den Preisen niederschlagen, sollten die Anleger nur eine normale Rendite erwarten. Die Kenntnis von Informationen zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung nützt einem Anleger nichts. Der Preis passt sich an, bevor der Anleger Zeit hat, darauf zu reagieren. - Unternehmen sollten erwarten, dass sie für die von ihnen verkauften Wertpapiere einen fairen Wert erhalten. Fair bedeutet, dass der Preis, den sie für die Ausgabe von Wertpapieren erhalten, dem aktuellen Wert entspricht. Wertvolle Finanzierungsmöglichkeiten, die sich aus der Täuschung von Anlegern ergeben, sind daher auf effizienten Märkten nicht verfügbar. - Die Abbildung zeigt mögliche Anpassungen von Aktienkursen. [image] - Die durchgezogene Linie stellt den Weg dar, den das Wertpapier auf einem effizienten Markt nimmt. - In diesem Fall wird der Preis sofort an die neuen Informationen angepasst, ohne dass es zu weiteren Preisänderungen kommt. - Die gepunktete Linie stellt eine langsame Reaktion dar. - Hier braucht der Markt 30 Tage, um die Informationen vollständig aufzunehmen. - Die gestrichelte Linie schließlich veranschaulicht eine überreaktion und eine anschließende Korrektur zurück auf den wahren Preis. - Die gestrichelte Linie und die gepunktete Linie zeigen den Weg, den der Aktienkurs auf einem ineffizienten Markt nehmen könnte. - Wenn der Aktienkurs mehrere Tage braucht, um sich anzupassen, können Anleger, die ihre Käufe und Verkäufe zum richtigen Zeitpunkt tätigen, Handelsgewinne erzielen. Grundlagen der Effizienz - Die obige Abbildung zeigt die Folgen der Markteffizienz. - Aber was sind die Bedingungen, die Markteffizienz bewirken? - Andrei Shleifer argumentiert, dass es drei Bedingungen gibt, von denen jede einzelne zu Effizienz führt : - Rationalität oder homogene Erwartungen über zukünftige Aktienkurse. - Zufällige und unabhängige Abweichungen von der Rationalität: Verzerrungen, die auf unzureichende Informationen oder irrationales Verhalten zurückzuführen sind, sind unkorreliert und werden sich im Durchschnitt ausgleichen. - Arbitrage: Auch wenn es einige nicht-rationale Akteure auf den Märkten gibt, werden rationale Akteure durch einen Arbitrageprozess (Kauf und Verkauf eines Vermögenswerts, um von einer Preisdifferenz zu profitieren) verhindern, dass diese die Preise (langfristig) beeinflussen können. - Rationalität - Nehmen wir an, dass alle Investoren rational sind. - Wenn neue Informationen auf dem Markt veröffentlicht werden, werden alle Anleger ihre Schätzungen der Aktienkurse auf rationale Weise anpassen. - Natürlich kann es Zeiten geben, in denen sich die Marktteilnehmer nicht vollkommen rational verhalten. - Daher ist es vielleicht zu viel verlangt, dass sich alle Anleger rational verhalten. - Der Markt ist aber immer noch effizient, wenn das folgende Szenario zutrifft. - Zufällige und unabhängige Abweichungen von der Rationalität - Die Anleger reagieren möglicherweise nicht rational auf die Veröffentlichung neuer Informationen. - Sie könnten auf eine irrational pessimistische oder irrational optimistische Weise reagieren. - Nehmen wir aber an, dass etwa gleich viele Personen irrational optimistisch wie irrational pessimistisch sind. - Die Preise würden wahrscheinlich in einer Weise steigen, die mit der Markteffizienz vereinbar ist, auch wenn die meisten Anleger als nicht völlig rational eingestuft würden. - Die Markteffizienz setzt also keine rationalen Individuen voraus, sondern nur gegenläufige Irrationalitäten. - Diese Annahme, dass sich Irrationalitäten zu allen Zeiten ausgleichen, ist jedoch möglicherweise unrealistisch. - Aber auch hier gibt es eine Annahme, die zu Effizienz führen wird. - Arbitrage - Stellen Sie sich eine Welt vor, in der es zwei Arten von Menschen gibt: Den irrationalen Amateur und den rationalen Profi. - Die Amateure lassen sich von ihren Emotionen leiten, und wenn sich die Leidenschaften der verschiedenen Amateure nicht gegenseitig aufheben, tendieren sie dazu, die Aktien entweder über oder unter ihrem effizienten Preis zu verkaufen. - Profis auf der anderen Seite gehen methodisch und rational an die Sache heran: Wenn eine Aktie unterbewertet ist, würden sie sie kaufen. Wenn sie überbewertet ist, würden sie sie verkaufen. - Während ein Laie vielleicht nur eine kleine Summe riskiert, können diese Profis große Summen riskieren, wohl wissend, dass das Wertpapier falsch bewertet ist. - Arbitrage erzielt Gewinne aus dem gleichzeitigen Kauf und Verkauf von unterschiedlichen, aber substituierbaren Wertpapieren. - Wenn die Arbitrage der Profis die Spekulation der Amateure dominiert, wären die Märkte immer noch effizient. Die verschiedenen Arten der Effizienz - In der vorherigen Diskussion haben wir angenommen, dass der Markt sofort auf alle verfügbaren Informationen reagiert. - In der Realität können sich bestimmte Informationen schneller auf die Aktienkurse auswirken als andere Informationen. - Um mit unterschiedlichen Antwortquoten umzugehen, trennen die Forscher die Informationen in verschiedene Typen. - Das gebräuchlichste Klassifizierungssystem sieht drei Arten vor: - Informationen über frühere Preise - Öffentlich zugängliche Informationen - Alle Informationen - Die schwache Form - Ein Kapitalmarkt gilt als schwach effizient oder erfüllt die schwache Effizienzform, wenn er die Informationen über die Aktienkurse der Vergangenheit vollständig berücksichtigt. - Häufig wird die Effizienz der schwachen Form mathematisch wie folgt dargestellt: $$\begin{aligned} P_t=P_{t-1}+\text{Erwartete Rendite}+\text{Zuf{\"a}lliger Fehler}_t \end{aligned}$$ - Diese Gleichung besagt, dass der heutige Kurs gleich der Summe aus dem zuletzt beobachteten Kurs plus der erwarteten Rendite des Eigenkapitals plus einer Zufallskomponente ist, die während des Intervalls auftritt. - Die erwartete Rendite ist eine Funktion des Risikos eines Wertpapiers und beruht auf den Risiko- und Renditemodellen der vorangegangenen Vorlesungen. - Die Zufallskomponente ist auf neue Informationen über das Unternehmen zurückzuführen. Sie kann positiv oder negativ sein und hat einen Erwartungswert von Null. - Die Zufallskomponente in einer beliebigen Periode steht in keinem Zusammenhang mit der Zufallskomponente in einer vergangenen Periode. - Wenn die Aktienkurse der obigen Gleichung folgen, spricht man von einem random walk. - Die schwache Form der Effizienz ist so ziemlich die schwächste Form der Effizienz, die man von einem Finanzmarkt erwarten würde, da historische Preisinformationen die am einfachsten zu beschaffenden Informationen über das Eigenkapital eines Unternehmens sind. - Wenn es möglich wäre, außergewöhnliche Gewinne zu erzielen, indem man einfach nur Muster in den Aktienkursen findet, würde das jeder tun, und alle Gewinne würden in dem Gedränge verschwinden. - Die folgende Abbildung zeigt diese Auswirkungen des Wettbewerbs: [image] - Die mittelstarken und starken Formen - Ein Markt ist mittelstark effizient, wenn die Preise alle öffentlich zugänglichen Informationen widerspiegeln (einbeziehen), einschließlich Informationen wie z. B. veröffentlichte Rechnungsabschlüsse für das Unternehmen sowie historische Preisinformationen. - Ein Markt ist stark effizient, wenn die Preise alle Informationen, ob öffentlich oder privat, widerspiegeln. - Die Informationsmenge der vergangenen Preise ist eine Teilmenge der Informationsmenge der öffentlich verfügbaren Informationen, die wiederum eine Teilmenge aller Informationen ist. - Daher impliziert eine starke Form der Effizienz eine mittelstarke Form der Effizienz, und eine mittelstarke Form der Effizienz impliziert eine schwache Form der Effizienz. - Der Unterschied zwischen der mittelstarken Effizienzform und der schwachen Effizienzform besteht darin, dass die mittelstarke Effizienzform nicht nur voraussetzt, dass der Markt mit den historischen Preisinformationen effizient arbeitet, sondern dass sich alle der öffentlichkeit zur Verfügung stehenden Informationen in den Preisen widerspiegeln. [image] - Am äußersten Ende des Spektrums steht die hohe Form der Markteffizienz. - Diese Form besagt, dass jede Information, die für den Wert des Wertpapiers relevant ist und mindestens einem Anleger bekannt ist, auch tatsächlich vollständig in den Aktienkurs einfließt. - Ein strenggläubiger Anhänger der strengen Effizienzform würde bestreiten, dass ein Insider, der weiß, ob ein Unternehmen im Bergbau auf Gold gestoßen ist, von dieser Information profitieren könnte. - Sie würde argumentieren, dass die Information eingepreist wird, sobald das Gold entdeckt wird. Markteffizienz: die Evidenz - Ein Grund für die Annahme, dass die Märkte eine schwache Effizienzform aufweisen, liegt darin, dass es so billig und einfach ist, Muster in den Aktienkursen zu finden. - Jeder, der einen Computer programmieren kann und ein wenig Ahnung von Statistik hat, kann nach solchen Mustern suchen. - Es liegt auf der Hand, dass, wenn es solche Muster gäbe, die Menschen sie finden und ausnutzen würden, so dass sie verschwinden würden. - Die mittelstarke Effizienzform impliziert jedoch erfahrenere Anleger als die schwache Effizienzform. - Ein Investor muss sich in den Bereichen Buchhaltung, Finanzen und Statistik auskennen und die Eigenheiten der einzelnen Branchen und Unternehmen kennen. - Was die Effizienz der starken Form betrifft, so ist sie nur weiter entfernt als die Effizienz der mittelstarken Form. - Es ist schwer vorstellbar, dass der Markt so effizient ist, dass jemand mit wertvollen Insiderinformationen nicht davon profitieren kann. - Die schwache Form - Schwache Effizienzform bedeutet, dass die Preisbewegung eines Wertpapiers in der Vergangenheit nicht mit seiner Preisbewegung in der Zukunft zusammenhängt. - Die schwache Form der Effizienzmarkthypothese ist auf vielfältige Weise getestet worden. - In diesem Zusammenhang sprechen Finanzökonomen häufig von serieller Korrelation, die nur ein Wertpapier betrifft. - Dies ist die Korrelation zwischen der aktuellen Rendite eines Wertpapiers und der Rendite desselben Wertpapiers in einem späteren Zeitraum. - Ein positiver Koeffizient der seriellen Korrelation für eine bestimmte Aktie deutet auf eine Tendenz zur Fortschreibung hin. - Ein negativer Koeffizient der seriellen Korrelation weist auf eine Tendenz zur Umkehrung hin. - Sowohl signifikant positive als auch signifikant negative serielle Korrelationskoeffizienten sind Anzeichen für Marktineffizienzen; in beiden Fällen können die heutigen Renditen zur Vorhersage künftiger Renditen verwendet werden. - Serielle Korrelationskoeffizienten für Aktienkursrenditen nahe Null würden auf eine schwache Effizienzform hindeuten. - Die folgende Tabelle zeigt die serielle Korrelation für tägliche Aktienkursänderungen bei acht großen britischen Unternehmen. [image] - Diese Koeffizienten zeigen an, ob es Beziehungen zwischen der gestrigen und der heutigen Rendite gibt. - Wie man sieht, sind die Korrelationskoeffizienten überwiegend negativ, was bedeutet, dass eine überdurchschnittliche Rendite heute eine unterdurchschnittliche Rendite morgen etwas wahrscheinlicher macht. - Umgekehrt ist der Koeffizient von Imperial Tobacco leicht positiv, was bedeutet, dass eine überdurchschnittliche Rendite heute eine überdurchschnittliche Rendite morgen etwas wahrscheinlicher macht. - Da die Korrelationskoeffizienten jedoch prinzipiell zwischen −1 und +1 variieren können, sind die angegebenen Koeffizienten recht klein. - Tatsächlich sind die Koeffizienten sowohl im Verhältnis zu den Schätzfehlern als auch zu den Transaktionskosten so gering, dass die Ergebnisse im Allgemeinen als mit einer schwachen Effizienzform vereinbar angesehen werden. - Die mittelstarke Form (Eventstudien) - Die mittelstarke Form der Effizienzmarkthypothese besagt, dass die Preise alle öffentlich verfügbaren Informationen widerspiegeln sollten. - Um diese Hypothese zu testen, haben Forscher gemessen, wie schnell die Wertpapierkurse auf verschiedene Nachrichten reagieren, z. B. auf die Bekanntgabe von Gewinnen oder Dividenden, auf Nachrichten über eine übernahme oder auf makroökonomische Informationen. - Um die Auswirkung einer Ankündigung auf den Kurs einer Aktie zu isolieren, ist die Berechnung der abnormalen Rendite (AR) erforderlich. - Die abnormale Rendite eines bestimmten Wertpapiers für einen bestimmten Tag kann berechnet werden, indem die Marktrendite desselben Tages (r_(m)) von der tatsächlichen Rendite (r) der Aktie für diesen Tag abgezogen wird: $$\begin{aligned} \text{AR}=r-r_m \end{aligned}$$ - Das folgende System wird uns helfen, Tests der mittelstarken Form zu verstehen: ------------------------------------------------ --- ------------ Freigegebene Informationen zum Zeitpunkt t − 1 → AR_(t − 1) Freigegebene Informationen zum Zeitpunkt t → AR_(t) Freigegebene Informationen zum Zeitpunkt t + 1 → AR_(t + 1) ------------------------------------------------ --- ------------ - Die Pfeile zeigen an, dass die abnormale Rendite in einem beliebigen Zeitraum nur mit den in diesem Zeitraum veröffentlichten Informationen zusammenhängt. - Nach der Effizienzmarkthypothese sollte die abnormale Rendite eines Unternehmens zum Zeitpunkt t, AR_(t), die Veröffentlichung von Informationen zum gleichen Zeitpunkt, t, widerspiegeln. - Alle Informationen, die vor diesem Zeitpunkt veröffentlicht werden, sollten keine Auswirkungen auf die abnormalen Renditen in diesem Zeitraum haben, da ihr gesamter Einfluss bereits vorher spürbar gewesen sein sollte. - Um die mittelstarke Form der EMH anhand von abnormalen Renditen zu testen, werden Eventstudien durchgeführt. - Grob gesagt sind Eventstudien statistische Studien, die untersuchen, ob die Pfeile wie abgebildet sind oder ob die Veröffentlichung von Informationen die Renditen an anderen Tagen beeinflusst. - Ein Beispiel dafür ist die Studie von Szewczyk, Tsetsekos und Zantout über Dividendenausfälle. - Da Dividendenausfälle im Allgemeinen als schlechte Ereignisse angesehen werden, würden wir erwarten, dass die abnormalen Renditen zum Zeitpunkt der Ankündigung negativ sind. - Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der kumulativen ARs für eine Stichprobe von Unternehmen, die Dividendenausfälle ankündigen. [image] - Erwartungsgemäß sind die ARs um den Zeitpunkt der Ankündigung herum negativ, was durch einen Rückgang der kumulierten abnormalen Renditen sowohl am Tag vor der Ankündigung (Tag −1) als auch am Tag der Ankündigung (Tag 0) belegt wird. - Es ist jedoch zu beachten, dass es in den Tagen nach der Ankündigung praktisch keine Bewegung bei den kumulierten ARs gibt. - Dies bedeutet, dass die schlechten Nachrichten bis zum Tag der Bekanntgabe vollständig in den Aktienkurs eingepreist sind, ein Ergebnis, das mit Effizienz vereinbar ist. - Im Laufe der Jahre wurde diese Art von Methodik auf viele Ereignisse angewandt (Ankündigung von Dividenden/Gewinn, Fusionen usw.). - Im Durchschnitt unterstützen die Tests der Ereignisstudien die Ansicht, dass der Markt halbwegs effizient ist. - Die starke Form - Eine Reihe von Studien zur starken Effizienzform untersucht den Insiderhandel. - Unternehmensinsider haben Zugang zu Informationen, die nicht allgemein zugänglich sind. - Aber wenn die starke Form der EMH gilt, sollten sie nicht in der Lage sein, durch den Handel mit ihren Informationen zu profitieren. - Die meisten staatlichen Stellen verlangen von den Insidern eines Unternehmens, dass sie den Handel mit Wertpapieren des eigenen Unternehmens offenlegen. - Anhand der Aufzeichnungen dieser Geschäfte können wir feststellen, ob sie abnormale Renditen erzielt haben. - Die folgende Abbildung zeigt die kumulierten abnormalen Renditen, die britische Direktoren zwischen 1994 und 2005 mit ihren Geschäften erzielten. [image] - Es ist klar, dass es in den Tagen nach dem Insiderhandel eine starke Marktreaktion gibt und dass ihre Geschäfte ungewöhnlich profitabel waren. - Diese Ansicht wird durch Daten aus anderen Ländern gestützt. - In Anbetracht der Tatsache, dass man mit privaten Informationen abnormale Gewinne erzielen kann, scheint die Effizienzform nicht durch empirische Evidenz untermauert zu sein. Zwischenfazit - Heute haben wir uns mit dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) beschäftigt. - Ebenfalls haben wir uns aber mit effizienten Kapitalmärkten und der Effizienzmarkthypothese befasst. - Damit haben wir theoretisch diskutiert, wie Kapitalmärkte funktionieren sollten. - Im weiteren Verlauf der Vorlesung beschäftigen wir uns mit empirischen Beobachtungen und mit Kapitalmarktanomalien. - Zuletzt schauen wir auf die Grenzen der Arbitrage. Kapitalmarktanomalien Kapitalmarktanomalien Empirische Herausforderungen für die Markteffizienz - Gewinnüberraschung (Earnings Surprises) - Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass die Kurse steigen sollten, wenn die Erträge höher als erwartet ausfallen, und fallen sollten, wenn das Gegenteil der Fall ist. - Die Markteffizienz impliziert, dass sich die Preise sofort auf die Ankündigung einstellen. - Kolasinski und Li (2005) ordnen US-Unternehmen nach dem Ausmaß ihrer Gewinnüberraschung ein, d. h. der Differenz zwischen dem aktuellen Quartalsgewinn und dem Quartalsgewinn vor vier Quartalen, geteilt durch den aktuellen Aktienkurs. - Sie bilden ein Portfolio von Unternehmen mit den extremsten positiven Überraschungen und ein weiteres Portfolio von Unternehmen mit den extremsten negativen Überraschungen. - Die folgende Abbildung zeigt die Renditen aus dem Kauf der beiden Portfolios, abzüglich der Rendite des Gesamtmarktes. [image] - Die Kurse passen sich langsam an die Gewinnankündigungen an, wobei das Portfolio mit den positiven Überraschungen sowohl im nächsten Monat als auch in den nächsten sechs Monaten besser abschneidet als das Portfolio mit den negativen Überraschungen. - Größe - Im Jahr 1981 legten zwei wichtige Studien Hinweise dafür vor, dass in den Vereinigten Staaten die Renditen von Aktien mit kleiner Marktkapitalisierung während des Großteils des 20. Jahrhunderts höher waren als die Renditen von Aktien mit großer Marktkapitalisierung. - Die Studien wurden seitdem über verschiedene Zeiträume und in verschiedenen Ländern wiederholt. - Die folgende Abbildung zeigt beispielsweise die durchschnittlichen Renditen im Zeitraum von 1963 bis 1995 für fünf nach Größe geordnete Portfolios von US-Aktien. [image] - Wie man sieht, ist die durchschnittliche Rendite bei kleinen Aktien um einiges höher als die durchschnittliche Rendite bei großen Aktien. - Obwohl ein großer Teil der unterschiedlichen Performance lediglich ein Ausgleich für das zusätzliche Risiko kleiner Firmen ist, haben Forscher allgemein argumentiert, dass nicht alles durch Risikounterschiede erklärt werden kann. - Keim (1983) hat nachgewiesen, dass der größte Teil der Renditeunterschiede im Monat Januar auftritt. Empirische Forschung zur Markteffizienz - Sind die Finanzmärkte effizient? - , p. 95: Es gibt keine andere These in den Wirtschaftswissenschaften, die empirisch besser belegt ist als die EMH. - Dennoch traten einige Herausforderungen auf: - Übermäßige Marktvolatilität. - Überreaktion der Aktienkurse: Langfristige Trends (1-3 Jahre) kehren sich um. - Momentum der Aktienkurse: Die kurzfristigen Trends (6-12 Monate) halten an. - Größe und B/M-Verhältnis (veraltete Informationen) können zur Vorhersage von Renditen beitragen (Fama-French 3/5-Faktormodell). - Außerdem lassen sich einige der größten Kursschwankungen nicht durch neue Informationen erklären. - Der Absturz von 1987 mit einem Rückgang von 22, 6% ohne erkennbare Neuigkeiten. - Mehrere der größten eintägigen Kursschwankungen traten auch an Tagen auf, an denen keine größeren Ankündigungen gemacht wurden (Ausnahme: COVID-19-Ausbruch im Jahr 2020). - Forscher liefern empirische Belege für Marktanomalien: - : saisonale Muster bei Aktienrenditen (z.B. der Januar-Effekt). - : Aktienmärkte überreagieren in Bezug auf unerwartete Nachrichtenereignisse. - : Wertaktien schneiden weltweit besser ab als Wachstumsaktien. - Die beschriebenen Muster stehen zwar im Zusammenhang mit den Aktienmärkten, doch haben die letzten Jahre gezeigt, dass viele dieser Muster auch in anderen Anlageklassen zu finden sind. - Mehrere der empirischen Muster im Querschnitt der Aktienrenditen gelten auch für andere Anlageklassen, z. B. Momentum, langfristige Umkehrungen (longterm reversal), Volatilität. - Sie gelten sogar für die Märkte von FIFA 19 (Montone und Zwinkels, 2021). - Dies deutet auf einen gemeinsamen Mechanismus hin, der für alle Anlageklassen gilt. - Diese Anomalien widerlegen jedoch nicht die Markteffizienz, da jeder Test die gemeinsamen Hypothesen prüfen muss: Markteffizienz an sich ist nicht testbar. Sie muss zusammen mit einem Gleichgewichtsmodell, einem Modell zur Bewertung von Vermögenswerten, getestet werden (Fama, JF, 1991). - Dennoch liefert die Geschichte eindeutige Beispiele für nicht effiziente Märkte (siehe Barberis/Thaler, 2003): - Zusammenschluss von Royal Dutch und Shell Transports im Jahr 1907. - Die Cash-Flows werden im Verhältnis 60:40 zwischen den Unternehmen aufgeteilt. - Beide Aktien werden jedoch an unterschiedlichen Börsen gehandelt. - Einfache Rechnenaufgabe: Der Cashflow an RD ist das 1,5-fache des Cashflows an die ST-Aktionäre. - ⇒: Der Marktwert von RD sollte das 1,5-fache des Marktwerts von ST betragen. - Dennoch ... [image] Der Arbitrage sind Grenzen gesetzt! Eine Erklärung dafür ist die Existenz von “noise trader”. - Eine Kombination von möglichen Erklärungen für Marktanomalien: - In der Realität können die Entscheidungen von Anlegern unter Risiko irrational sein. - In der Praxis haben Anleger nur begrenzte Arbitragemöglichkeiten (Transaktionskosten, Liquiditätsbeschränkungen). Zwischenfazit - Empirische Beobachtungen zeigen uns also, dass wir Abweichungen zwischen Theorie und Realität beobachten: sog. Kapitalmarktanomalien. - Zuletzt schauen wir daher auf die Grenzen der Arbitrage. Warum kann es zu solchen Abweichungen von der Effizienzmarkthypothese kommen? Die Grenzen der Arbitrage Die Grenzen der Arbitrage Shleifer, A. and R. Vishny (1997): “The Limits of Arbitrage,” The Journal of Finance, 52, 35–55. (see N. Barberis: Behavioral Finance. Asset Prices and Investor Behavior, Yale University.) Grenzen der Arbitrage - Behavioral Finance-Anwendungen auf die Preise von Vermögenswerten gehen häufig davon aus, dass irrationale Anleger die Preise beeinflussen. - Es gibt eine klassische Kritik an dieser Idee, die arbitrage critique. - Dieser Kritik zufolge können irrationale Anleger die Preise nicht über einen längeren Zeitraum hinweg beeinflussen. - Sobald irrationale Investoren die Preise bewegen, entsteht eine attraktive Gelegenheit für rationale Investoren. - Die rationalen Anleger handeln gegen die Fehlbewertung und korrigieren sie schnell (arbitrage). - Die Forschung liefert jedoch empirische Evidenz für die Grenzen der Arbitrage. Definition 1 (Keine Arbitragemöglichkeiten). Ein Kapitalmarkt ist frei von Arbitragemöglichkeiten, wenn es kein Portfolio gibt, das heute zu einem negativen Preis gekauft werden kann, aber morgen in jedem möglichen Zustand der Welt einen nicht-negativen Marktwert haben wird. Beispiel 1 (Arbitrage-Möglichkeiten). [image] Beispiel 2 (Arbitrage-Möglichkeiten). Zeit 0 1 ---------------------- ----------------- --------------------------- ----------- Zustand 1 Zustand 2 Kauf von Anlage 2 -0,60 1 0 Kauf von Anlage 3 -0,28 0 1 Verkauf von Anlage 1 0,9 -1 -1 Kum. Cash Flow 0,02 0 0 Negativer Preis nicht-negativer Marktwert Definition 2 (Fundamentalwert). Der Fundamentalwert eines Vermögenswerts ist sein Preis in einer Wirtschaft mit rationalen Anlegern und ohne Beschränkungen. Der Fundamentalwert spiegelt alle verfügbaren öffentlichen Informationen korrekt wider und ist der Preis eines effizienten Marktes. - In einer Wirtschaft mit Beschränkungen oder wenn einige Menschen nicht völlig rational sind, kann der Preis eines Vermögenswertes vom Fundamentalwert abweichen. Solche Abweichungen werden als Fehlbewertung oder Ineffizienz bezeichnet. - Rationale Anleger werden manchmal auch als Arbitrageure bezeichnet. - Weniger als völlig rationale Investoren werden manchmal als Noise Trader bezeichnet. - Die Arbitrage-Kritik besagt, dass es für rationale Investoren einfach ist, eine Fehlbewertung zu korrigieren. - In der Realität ist es jedoch nicht einfach: - Es gibt Risiken und Kosten, die die Möglichkeiten der Arbitrageure, eine Fehlbewertung zu korrigieren, einschränken. - Auf diese Weise können irrationale Anleger die Preise erheblich und für lange Zeit beeinflussen. - Besondere Grenzen der Arbitrage - Risiken: Fundamental-Risiko, Noise-Trader-Risiko - Kosten: Handelskosten, Implementierungskosten, Informationskosten Definition 3 (Fundamental-Risiko). Das Risiko, dass es negative Nachrichten über den fundamentalen Wert des falsch bewerteten Vermögenswerts gibt. Definition 4 (Noise Trader Risiko). Das Risiko, dass der Arbitrageur aufgrund der sich kurzfristig verschlechternden Fehlbewertung gezwungen ist, seinen Handel mit Verlust zu beenden . - Das Noise-Trader-Risiko entsteht, weil Arbitrageure in der realen Welt das Geld anderer Leute verwalten. Wenn sich also die Fehlbewertung kurzfristig verschlechtert, könnten nervöse Kunden ihr Geld aus dem Fonds des Arbitrageurs abziehen und eine Liquidation erzwingen. - Dieses Problem wird durch den Einsatz von Leverage noch verstärkt. Wenn sich die Fehlbewertung kurzfristig verschlimmert, können die Banken ihre Kredite fällig stellen, was wiederum eine Liquidation erzwingt. Definition 5 (Kosten). Zu den Kosten gehören allgemeine Handelskosten, aber auch Leerverkaufskosten und Informationskosten, d. h. die Kosten für die Erkennung, das Verständnis und die Ausnutzung einer Fehlbewertung. Grenzen der Arbitrage (SV 1997) - Im weiteren Verlauf dieser Vorlesung werden wir einen Blick auf das Modell von werfen, das erklärt, warum Arbitrage Anomalien auf Finanzmärkten nicht beseitigen kann. - Betrachten wir einen Markt, auf dem nur ein Vermögenswert mit dem Fundamentalwert V gehandelt wird. - Es gibt drei Arten von Händlern: Noise Trader, Arbitrageure und Investoren in Arbitragefonds, die nicht selbst handeln. - Arbitrageure engagieren sich nur auf diesem Markt; Investoren verteilen ihre Mittel auf mehrere Märkte. - Es gibt drei Zeitpunkte: 1, 2 und 3. Der Preis des Vermögenswertes zum Zeitpunkt t ist p_(t). - Zum Zeitpunkt 3 wird V allen bekannt: p₃ = V. - Noise Trader sind pessimistisch und können einen Pessimismus-Schock S_(t) erleben. - Die Nachfrage nach dem Vermögenswert ist gegeben durch QN(t) = (V − S_(t))/p_(t) - Zum Zeitpunkt t = 1 kennen die Arbitrageure S₁; S₂ ist jedoch unsicher. Es kann sein, dass S₂ > S₁ ist (was eintritt, wenn sich die Fehlwahrnehmungen der Noise Trader vertiefen). - Arbitrageure und Investoren sind völlig rational. - Arbitrageure nutzen die von Noise Tradern verursachten Fehlbewertungen aus, um Gewinne zu erzielen. - Sie verfügen über kumulierte Ressourcen F_(t), die sie investieren können, um die Fehlbewertung auszunutzen. - F₁ ist exogen gegeben; F₂ wird unter Berücksichtigung der Performance der Arbitrageure bestimmt. - Der interessante Teil des Modells findet zum Zeitpunkt t = 2 statt: Entweder erholt sich der Preis auf den Fundamentalwert V (mit der Wahrscheinlichkeit 1 − q), oder die Noise Trader sind weiterhin verwirrt und der Preis weicht immer noch von V ab (mit der Wahrscheinlichkeit q). - Wenn der Preis  = V ist, investieren die Arbitrageure ihre gesamten Mittel in Bargeld / den risikofreien Vermögenswert. - Wenn der Preis  ≠ V ist, wollen die Arbitrageure alle ihre Ressourcen in den Vermögenswert investieren, da sich der Preis in t = 3 mit Sicherheit erholen wird. - Ihre Nachfrage ist also QA(2) = F₂/p₂. - Da der Markt geräumt werden muss (Nachfrage ≡ Angebot), ist der Preis gegeben durch: p₂ = V − S₂ + F₂ - Nehmen wir nun an, dass die Ressourcen der Arbitrageure begrenzt sind und nicht ausreichen, um alle Fehlbewertungen zu korrigieren, d. h. F₂ < S₂. - Im anderen Fall wäre die Lösung trivial: Wir würden effiziente Märkte beobachten. - In t = 1 wollen Arbitrageure nicht unbedingt alle Ressourcen in den Vermögenswert investieren. Stattdessen möchten sie vielleicht etwas Bargeld bereithalten, falls die Unterbewertung des Vermögenswertes zunimmt. - Offensichtlich haben — in diesem Fall — alle zu diesem Zeitpunkt investierten Mittel zumindest vorübergehend an Wert verloren. - Bezeichnen wir die Nachfrage der Arbitrageure zum Zeitpunkt t = 1 mit D₁. Dann ist QA(1) = D₁/p₁ und p₁ = V − S₁ + D₁. - Auch hier gehen wir davon aus, dass die Ressourcen der Arbitrageure begrenzt sind und nicht ausreichen, um alle Fehlbewertungen zu korrigieren, d.h. F₁ < S₁. - Werfen wir nun einen Blick auf die Beziehung zwischen Investoren und Arbitrageuren. - Die Investoren stellen den Arbitrageuren Mittel zur Verfügung, um mögliche Fehlbewertungen zu korrigieren, und erhalten die von den Arbitrageuren erwirtschaftete Rendite abzüglich der konstanten Grenzkosten, die für alle Arbitrageure gleich hoch sind. - Die Mittel der Investoren reichen nicht aus, um die Nachfrage aller Arbitrageure auf den verschiedenen Märkten zu befriedigen. - Investoren sind Bayesianer und haben Erwartungen über die erwartete Rendite jedes Arbitrageurs und investieren in den Arbitrageur mit der höchsten erwarteten Rendite entsprechend ihrer Erwartungen. - Die Erwartungen der Investoren sind unterschiedlich, d. h. nicht alle Ressourcen landen beim gleichen Arbitrageur. - Zum Zeitpunkt t = 2 aktualisieren die Investoren ihre Erwartungen bezüglich der erwarteten Rendite des Arbitrageurs unter Berücksichtigung der neu verfügbaren Informationen — der Rendite des Arbitrageurs in der vorangegangenen Periode, p₂/p₁. - Die Investoren haben nicht die geistigen Fähigkeiten, die Anlagestrategien der Arbitrageure zu verstehen. Daher müssen sie sich auf beobachtbare Größen verlassen. Daher können die Investoren nicht unterscheiden zwischen 1. einem zufälligen Fehlerterm, 2. Pech, weil Noise Trader zunehmend verwirrt sind, oder 3. fehlenden Fähigkeiten des Arbitrageurs. - Insbesondere werden Arbitrageure, die in der ersten Periode schlechte Renditen erzielt haben, Ressourcen an Arbitrageure verlieren, die bessere Renditen erzielt haben. - Führen wir G(x) = ax + 1 − a als die Funktion ein, die die Umverteilung der Mittel in t = 2 organisiert, wobei a ≥ 1 ist. - Dann ist das Geldangebot der Arbitrageure in t = 2 gegeben durch F₂ = F₁ − aD₁(1 − p₂/p₁). - Bei einer Rendite von Null (p₂ = p₁) gewinnen oder verlieren Arbitrageure keine Mittel; bei höheren Renditen gewinnen sie Mittel; bei niedrigeren Renditen verlieren sie Mittel. - Dabei bezeichnet a die Sensitivität der Investoren gegenüber der vergangenen Wertentwicklung. Bei höheren Werten von a verliert der Arbitrageur als Reaktion auf eine schlechte Performance mehr Mittel. - Dies ist eine rationale Reaktion auf den Versuch, aus den Renditen der Vergangenheit auf die Fähigkeiten des Managements und die zukünftigen Chancen zu schließen. - Diese leistungsbezogene Mittelzuweisung im Modell führt zu einem interessanten Effekt: Das Kapital ist vor allem dann niedrig, wenn die erwarteten Erträge hoch sind. Wenn die Fehlbewertung zunimmt, sind die Gewinne der Arbitrageure in der ersten Periode niedrig, aber — da die Preise in t = 3 bekannt sind — ist dies genau der Zeitpunkt, an dem die zukünftigen Renditen am höchsten sind. - Betrachten wir abschließend noch das Optimierungsproblem der Arbitrageure. - Arbitrageure maximieren ihren erwarteten Gewinn in t = 3 — was gleichbedeutend damit ist, dass sie ihr verwaltetes Vermögen maximieren, da sie einen konstanten Grenzsatz verlangen. - Arbitrageure maximieren $$\begin{gathered} \mbox{E}[W] = (1-q) \left[a\left(\frac{D_1 V}{p_1} + F_1 - D_1 \right) + (1-a) F_1 \right] \\ + q \cdot \frac{V}{p_2} \cdot \left[a \left(\frac{D_1 p_2}{p_1} + F_1 - D_1\right) + (1 - a) F_1 \right]. \end{gathered}$$ - Im ersten Fall halten die Arbitrageure in der letzten Periode Bargeld; im zweiten Fall investieren sie ihre gesamten verfügbaren Mittel in den Vermögenswert. - Ihre Bedingung erster Ordnung ist gegeben durch (erste Ableitung!): $$(1-q) \left(\frac{V}{p_1} -1 \right) + q \left(\frac{p_2}{p_1} -1 \right) \frac{V}{p_2} \geq 0.$$ - Der erste Term erfasst den zusätzlichen Nutzen, wenn sich der Preis in t = 2 erholt. Der zweite Term ist der Verlust an Nutzen, wenn der Preis fällt, bevor er sich in t = 3 erholt. - Wir sehen also, dass die optimale Entscheidung, Arbitrage zu nutzen, und das Ausmaß, in dem sie genutzt werden sollte, von der Wahrscheinlichkeit abhängt, dass die Fehlbewertung sofort korrigiert wird, und vom Ausmaß der Fehlbewertung. - Am wichtigsten ist, dass es viele Umstände gibt, unter denen Arbitrageure sich nicht dafür entscheiden, in t = 1 voll investiert zu sein. - Mit anderen Worten, wir beobachten Grenzen der Arbitrage, die nicht explizit durch eingeschränkte Ressourcen, sondern eher durch das allgemeine Modell bedingt sind. Zusammenfassung und Ausblick Zusammenfassung und Ausblick - Heute haben wir uns mit einem bekannten Kapitalmarktgleichgewichtsmodell, dem Capital Asset Pricing Model (CAPM), beschäftigt. - Wir haben die Effizienzmarkthypothese kennengelernt. - Wir haben über verschiedene Abweichungen von effizienten Märkten, sog. Marktanomalien, gesprochen, die in dem großen Bereich der Verhaltensökonomie diskutiert werden. - Zuletzt haben wir die Grenzen der Arbitrage kennengelernt. - In der nächsten Vorlesung diskutieren wir die Behavioral Finance noch detaillierter. Literatur Literatur