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2025-06-12 11:57:15
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Nach „Flugscham“ nun „Ski-Shaming“? – Neuer Rekord: Gleich vier Grüne bei Hart aber Fair
Mit Felix Neureuther steht Louis Klamroth auf der Skisprungschanze von Garmisch-Partenkirchen, um über die Welt zu sprechen, das Klima, den Schnee und den ganzen Rest. Thema der Sendung: „Berge ohne Schnee – Ist Alpen-Tourismus noch okay?“ Der ehemalige deutsche Skirennläufer hat eine Doku moderiert, die der Sendung vorausging. Und Neureuther hat Angst. Vor den viel zu vielen Touristen in den Alpen. Und vor allem davor, dass sie sich wohl auch in Zukunft „immer noch das Skifahren leisten können“. Na, da seien doch wohl Habeck und Lindner vor, möchte man rufen. Neureuther ist offenbar auch Langzeit-Meteorologe. Er weiß ganz sicher: „Alles unter 1200 Meter wird schwierig sein die nächsten 30 Jahre.“ Zu wenig Schnee. Was dann? Umschnitt. Im Studio wartet Reinhold Messner, den Louis Klamroth zum Einzelinterview empfängt. Der weltberühmte Bergsteiger und ehemalige EU-Abgeordnete der Grünen steckt den Rahmen für den Abend ab: „Der Schwund des Permafrosts, das wird das Problem der Zukunft.“ Neben ihm auf der „Bank der Realisten“ sitzt Sporteventmanager Florian Stern aus Oberstdorf, der bereits die Vierschanzentournee organisiert hat. Er wirft der Neureuther-Vision mit den 1200 Höhenmetern erstmal eine andere Zahl hinterher. Skifahren werde zwar schwieriger, aber es „funktioniert immer noch, auch auf 700 Metern“. Dritte auf dieser Seite der Diskussionsrunde ist Michaela Kaniber, die bayerische Staatsministerin für Tourismus. Die CSU-Politikerin warnt eindringlich davor, jetzt analog zur „Flug-Scham“ möglicherweise auch noch „ein Ski-Shaming aufzumachen“. Sie mahnt mehrfach an diesem Abend Technologieoffenheit an und erzählt von einer KI-gestützten App, die am Tegernsee und am Schliersee bereits erfolgreich die immensen Verkehrsströme mit bis zu 70.000 Tagesausflüglern lenke. Doch damit die Wirklichkeit den Zuschauer nicht vollends umzingelt, hat Klamroth ja noch drei weitere Damen eingeladen. Und damit kommen wir zur lustigen Seite des Abends, nämlich der gegenüberliegenden Debattentheke. Was genau Martina von Münchhausen beim WWF Deutschland zur „Tourismusexpertin“ qualifiziert, wird leider nicht so recht deutlich. Denn die Alpen sind in ihren Augen bereits komplett „industrialisiert“ und auch die Katastrophe ist bereits final. Ihre Redebeiträge beginnt sie mit Halbsätzen wie „Jetzt, wo wir keinen Schnee mehr haben …“ oder: „Ohne Schneekanone ist kein Skifahren mehr möglich.“ Steile These. Gewissermaßen die schwarze Piste des Palavers. Aber es wird noch besser: Katharina Schulze ist da, Bayerns Grünen-Abgeordnete mit dem Master in TikTok-Tanzwissenschaften. Schon mit ihrem ersten Atemzug ist es raus, das unvermeidliche Wort: „Klimakrise“. Ausrufezeichen. Sie fordert „kluge politische Entscheidungen“ mit Verboten und „Subventionen“. Ihr Textbaukasten für diesen Abend hat alle bekannten Bausteine, aber nichts Konkretes. Deutschland müsse Vorbild sein und überhaupt. Angst kommt auf. Dass sich die Grünen nach der deutschen Wirtschaft möglicherweise noch die anderen Alpenländer vornehmen könnten. Den Punkt mit den Subventionen wirft Klamroth Reinhold Messner zu. Doch der Bergsteiger winkt ab: „Ich bin generell gegen jede Subvention. Das macht so viel kaputt.“ Klamroth traut seinen Ohren nicht und reagiert leicht zickig: „Auch in der Landwirtschaft?“ Doch Messner lässt sich nicht beirren. „In der Landwirtschaft haben wir so viele Fehler gemacht in den letzten hundert Jahren, dass es nur mehr korrigierbar ist, indem wir die Bauern jetzt von ihrer bürokratischen Keule erlösen.“ Bäm. Und die Alpen? „Die vertragen sogar noch mehr Gäste als bisher, wenn wir sie besser verteilen und wenn nicht alle mit dem Auto anreisen“, sagt Messner. „Sie suchen die Stille, aber in der Masse machen sie es alle kaputt.“ Er selbst habe Konzepte entwickelt für einen nachhaltigen Tourismus. „Ich mache aus dem aggressiven Skitourismus einen Kulturtourismus“, sagt er. Wenn man konstruktiv arbeite, müsse man sich auch nicht irgendwo auf den Asphalt kleben. CSU-Frau Kaniber kann mit den grün-woken Argumenten nichts anfangen. „Was mich stört, ist dieses deutsche Weißwestentum“, sagt sie. „Alles abschaffen ist auch keine Lösung. Man kann nicht mit einem Verbot diese Lenkung vollziehen. Nicht immer mit dem Vorschlaghammer arbeiten. Des mach’ ‘mer nicht mehr, und des mach’ ’mer nicht mehr.“ Intelligente Lösungen seien gefragt, „aber wir lassen es nicht zu, weil wir wieder mal die Welt retten“. Eventmanager Stern wirft kurz ein anderes Argument in die Runde: die weiterhin geltende Steuerbefreiung für Flugbenzin. Kaniber kann nicht an sich halten: „Das ist jetzt aber schlecht für die Partei der Vielflieger.“ Eine süffisante Spitze gegen die Grünen, die nach Auswertung der Bundestags-Reisedaten mehr fliegen als alle anderen Abgeordneten. Schulze lächelt süßsauer. Nach ein paar tiefgründigen Gedanken über Alpinismus und Tourismus bringt Reinhold Messner noch eine schöne These unter: Das Reisen dürfe man nicht verbieten, „weil wir damit andere Kulturen kennenlernen, andere Kontinente kennenlernen und damit auch Empathie entwickeln können. Es wäre gut, wenn ein paar bekannte Politiker mehr gereist wären.“ Übrigens: Wer von der Sendung immer noch nicht genug hat, für den gibt’s eine weitere Neuheit. „Hart aber Fair to Go“ immer am Folgetag in der ARD-Mediathek. Als wäre der Montag nicht schon hart genug.
Natalie Furjan
Anderes Sendekonzept: Klamroth jetzt nicht mehr nur im Studio, sondern auch mal an der frischen Luft. Doch der Grundtenor der Sendung ist das alte Panik-Programm. Diesmal: Klima, Krise, Erderhitzung, abschmelzende Gletscher. Wie passend: Im Studio sitzen diesmal gleich vier Grüne. Von Michael Plog
feuilleton
2024-02-27T07:32:57+00:00
2024-02-27T07:32:58+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/hart-aber-fair-gruene-alpen-tourismus/
Die Untergangsseligkeit ist eine Meisterin aus Deutschland
Neulich in einer der Landesvertretungen in Berlin. »Demokratie unter Druck« hieß das Thema der abendlichen Veranstaltung, eine von vielen derzeit, die sich mit dem Zustand der Republik befassen. Stets und zuallererst geht es um Rechtsextremismus, Antisemitismus, oft auch um »Islamfeindlichkeit« und populistisches Querdenkertum. Wie auch an diesem Abend ist man sich weitgehend einig, wo die Feinde der Demokratie zu finden sind – natürlich rechts. Im Handumdrehen steht die AfD im Mittelpunkt der Debatte, die eigentlich keine ist, weil es keinen grundsätzlichen Widerspruch gibt, auch nicht aus dem Publikum. Man ist unter sich, und so stößt auch die wiederholt formulierte These vom »strukturellen«, gleichsam unentrinnbaren postkolonial-weißen Rassismus in Deutschland, letztlich in ganz Europa, nicht einmal auf leise Kritik eines Pauschalverdachts – erst recht nicht, wenn sie von einem prominenten schwarzen Fußballweltmeister aus Frankreich vorgetragen wird, der sagt, seine Identität sei »schwarz«. Nur auf diesem Hintergrund wird die deutsche Asyl- und Flüchtlingspolitik der letzten zehn Jahre verständlich: ein großzügiges, schier grenzenloses humanitäres Engagement als Teil einer gefühlten historischen Wiedergutmachung diesseits und jenseits von Recht und Gesetz. Freilich steht ein Widerspruch als weißer Elefant im Raum: Wieso kamen ausgerechnet in dieses angeblich strukturell rassistische Land seit 2015 fast vier Millionen Migranten, größtenteils arabische und afghanische Muslime? Die Frage stellen heißt, sich Ärger einzuhandeln mit all jenen, die darauf antworten würden: eben deshalb. Sie kommen genau an den richtigen Ort: illegale Einwanderung als nationale Strafe für vergangene und gegenwärtige Untaten, ein Ablasshandel unter dem Banner der Willkommenskultur. Nun aber zeigt sich, dass der allgemeinen Euphorie die kollektive Depression gefolgt ist, Ängste und Enttäuschungen, Konflikte, Problemberge und Finanzlöcher, politische Entfremdung zwischen Bürgern und Politik, dazu ein grassierender Pessimismus. Genau hier steckt, frei nach Goethes Faust, des Pudels Kern: Weit und breit ist kein Optimismus mehr zu sehen. Während der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland vor einem Jahr blitzte dennoch immer wieder ein selten gewordenes Gefühl auf, ein Ausbruch von Temperament, der einen halben, fast irritierenden Gedanken auslöste, der unter all den Klima- und Weltrettungsprogrammen der Ampel-Jahre verschüttet schien: Stolz. Gerade bei jungen, darunter vielen weiblichen Fußballfans konnte man regelrecht mit Händen greifen, dass sie wieder ein bisschen stolz sein wollen auf ihr Land, sich identifizieren wollen mit dem, was es ausmacht und was es sein könnte, wenn überhaupt einmal wieder so etwas wie Lust auf Zukunft, Tatkraft und die Verteidigung eigener Interessen auf der Agenda der Res publica stünde. Der Sound des alten proletarischen Kampfliedes, das zeitweise auch der SPD als Hymne diente – »Wann wir schreiten Seit’ an Seit’, mit uns zieht die neue Zeit!« –, klingt aus der stolzen Vergangenheit herüber, die noch an die eigene Zukunft glaubte. Es gehört zu den großen blinden Flecken des vergangenen rot-grünen Ampel-Ungeists, solche Motive als »nationalistisch« oder »rechts« darzustellen. In ihrem woken Furor haben sie die Realität des Landes verkannt, in dem inzwischen annähernd ein Drittel der Bevölkerung die berühmt-berüchtigte »Migrationsgeschichte« hat, also keine familiären Wurzeln in Oberbayern, die etwa bis in die Zeit Ludwig I. (1825–1848) zurückreichen. Auch diese Bürger wollen in einem Land leben, das selbstbewusst nach vorne schaut und ja, sich nicht im rituellen Kampf gegen Rassismus, Kolonialismus und Transphobie verliert. Mag sein, dass die Untergangsseligkeit eine Meisterin aus Deutschland ist – der türkische Taxifahrer hat damit nichts zu tun. Bevor er noch einmal Erdogan wählt, sollten wir ihm eine handfeste, positive Alternative in Deutschland anbieten. Darauf warten viel mehr Menschen, als man denkt. Auszug aus: Henryk M. Broder / Reinhard Mohr, Good Morning Germanistan. Wird jetzt alles besser? Europa Verlag, 208 Seiten, 18,00 €.
Jutta Willand-Sellner
Während der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland blitzte ein selten gewordenes Gefühl auf, das in den Ampel-Jahren verschüttet schien: Stolz.
feuilleton
2025-03-30T17:29:02+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/buecher/die-untergangsseligkeit-ist-eine-meisterin-aus-deutschland/
Klimanotstands-Bürgermeister will doch einen Verbrenner-Dienstwagen
2019 erklärten viele deutsche Städte den „Klimanotstand“. Neben Köln, Saarbrücken, Bielefeld, Münster und vielen weiteren auch Leipzig. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) setzte das damals mit einer rot-rot-grünen Stadtratsmehrheit durch. Wir würden nämlich eine „Zeitenwende“ erleben und daher müsse man das Pariser Klimaabkommen für sein lokales Handeln ernst nehmen, sagte er damals. Aus dem Ganzen folgte nicht besonders viel, außer, dass man ein großes Zeichen gesetzt haben wollte; Leipzig solle bis 2050 klimaneutral werden und die Bürger sollten bewusster leben. Eines wurde aber ganz konkret beschlossen: die Anschaffung und Nutzung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren auf Basis fossiler Energieträger sollte in der Stadtverwaltung sofort eingestellt werden. Jetzt scheint es sich Oberbürgermeister Jung allerdings anders überlegt zu haben: denn für ihn und seine sieben Bürgermeister sollen jetzt doch Dienstwagen mit Verbrennungsmotor angeschafft werden. Dafür will er aber nicht die grundsätzliche Regelung ändern oder gar einen Fehler eingestehen, Nein, er will eine Ausnahmegenehmigung. Der Stadtrat soll nämlich beschließen, dass auch Hybride erlaubt sind, wenn der Dienstwagen mehr als zehn mal jährlich für Fahrten länger als 300 Kilometer gebraucht wird. Die Akkulaufzeit von Elektroautos sei nämlich nicht ausreichend. Jetzt stellen sich allerdings die Linken quer: „Wer wirklich nur zehn Tage im Jahr mehr als 300 Kilometer zurücklegen muss, kann auch mit dem Zug fahren“ heißt es aus der Fraktion. Man könne nicht „Wasser predigen und Wein ausschenken“. Der Umweltpolitische Sprecher Michael Neuhaus sagte ,„Wir lehnen die vorgeschlagene Blankovollmacht deshalb ab“. Der Herr Bürgermeister könnte es mit Autofahrten nach Berlin in Zukunft also schwer haben und merkt vielleicht am Rande einmal, was grüne Märchenpolitik im realen Leben für Folgen haben kann.
Max Mannhart
2019 erklärten viele deutsche Städte den „Klimanotstand“. Neben Köln, Saarbrücken, Bielefeld, Münster und vielen weiteren auch Leipzig. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) setzte das damals mit einer rot-rot-grünen Stadtratsmehrheit durch. Wir würden nämlich eine „Zeitenwende“ erleben und daher müsse man das Pariser Klimaabkommen für sein lokales Handeln ernst nehmen, sagte er damals. Aus dem Ganzen folgte nicht besonders
daili-es-sentials
2020-11-30T14:30:25+00:00
2020-11-30T16:00:30+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/leipzig-ob-jung-ausnahmeregel-dienstwagen/
Gewalt: Nur Linksfaschisten sind gute Faschisten
Das gibt es häufiger, dass auf die Wahlkreisbüros von Politikern Anschläge mit Farbbeuteln verübt oder Scheiben eingeworfen werden. Trifft es einen Linken-MdB, ist der Aufschrei bei Twitter und in den so genannten sozialen Netzwerken sehr groß. Der Grund: Weil sich dort überproportional viele Vorkämpfer der „Political Correctness“, selbst ernannte Antifaschisten und sonstige Gutmenschen jedweder Schattierung tummeln – überproportional zu ihrer Zahl, aber umso überzeugter von ihrer eigenen moralischen Überlegenheit und politischen Unfehlbarkeit. In der Nacht zum Freitag gab es, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ berichtet, in Halle gleich zwei Anschläge dieser Art. Die Betroffenen: der SPD-Abgeordnete Karamba Diaby und CDU-MdB Christoph Berger. Sehr vieles, wenn nicht alles deutet darauf hin, dass dieser Gewaltausbruch im Zusammenhang mit einer Demonstration gegen die angebliche Verschärfung des Asylrechts stand. Es muss sich demnach um linksradikale Gewalttäter gehandelt haben. Das freilich regt auf Twitter und und in den einschlägigen Blogs so gut wie niemanden auf. Warum auch? Handelt es sich bei den GroKo-Politikern doch vermutlich ohnehin um „Ausländerfeinde“ und „Reaktionäre“. Eigentlich, so denken wohl die klammheimlich applaudierenden, gefühlten Vorkämpfer für Menschenrechte, kann ein bißchen Gewalt „gegen Rechts“ nicht schaden. Was im Umkehrschluss bedeutet: Es gibt „gute“ Gewalt (von links) und „schlechte“ Gewalt (von rechts). Anders formuliert: Linksfaschisten sind gute Faschisten – jedenfalls aus Sicht unserer „Antifaschisten“.
Gewalt ist nicht gleich Gewalt: fatale Doppelmoral nicht nur auf Twitter und Facebook
daili-es-sentials
2015-06-19T14:34:50+00:00
2015-06-30T21:42:36+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/gewalt-nur-linksfaschisten-sind-gute-faschisten/
Nach Messerangriff und Randale: Irische Regierung will Hassrede-Regeln verschärfen
Nach dem Messerangriff vom vergangenen Donnerstag und den folgenden Unruhen hat sich das Meinungsklima in der irischen Hauptstadt um einige Grad erhitzt. Es hatte bis zum frühen Freitagmorgen gedauert, bis die irische Polizei die allgemeine Ordnung wieder hergestellt hatte. 50 Gardaí, wie die irischen Polizisten genannt werden, wurden verletzt. Fast ebenso viele Festnahmen gab es. In der irischen Politik ist aufgrund der Tat eines anscheinend verwirrten Algeriers die Zwietracht ausgebrochen. Ein fünfjähriges Mädchen kämpfte danach im Krankenhaus um sein Leben. Zwei weitere Kinder und zwei Erwachsene wurden verletzt. Rücktrittsforderungen gegen die verantwortliche Justiz- und Polizeiministerin McEntee, die in einer gewissen Sprache gehalten sind („he needs to take her out“), werden kritisiert, weil sie so ähnlich wie die Slogans der Demonstranten-Randalierer vom Donnerstag klingen: „Get them out!“ („Schiebt sie ab!“). Das deutet auf ein geradezu paranoides und neurotisches Meinungsklima in der irischen Polit-Kaste hin, die den Einschlag durch die Unruhen nicht gut verkraftet hat. Ähnliches wäre in Deutschland zu erwarten, wenn sich gleiches hier zutrüge. In Irland ging nun die Sinn-Féin-Vorsitzende und Oppositionsführerin Mary Lou McDonald zum Angriff gegen die Regierung aus christlich-konservativer Fine Gael („Familie der Gälen“), konservativer Fianna Fáil und der Grünen Allianz über und beklagte zweierlei. Zum einen muss auch sie nach dem Messerangriff vom letzten Donnerstag feststellen, dass man sich im Zentrum von Dublin nicht mehr sicher fühlen kann. Ein algerischer Angreifer hatte mehrere Kleinkinder und zwei Erwachsene teil schwer verletzt. Mehrere Passanten hatten den Angreifer außer Gefecht gesetzt, darunter ein zufällig vorbeikommender Lieferfahrer, der deshalb nun 350.000 Euro „Trinkgeld“ gespendet bekam. Für die Opfer kamen nur 160.000 Euro zusammen. Der algerische Messertäter war, das berichtet die Daily Mail, schon im Mai wegen Messerbesitzes festgenommen, aber wegen festgestellter psychischer Probleme nie verurteilt worden. Auch zuvor war der bald 50-jährige der Polizei schon mehrmals aufgefallen. Er lebte seit rund zwanzig Jahren in Irland und erhielt vor zehn Jahren die Staatsbürgerschaft. Er wohnt in einer Sozialwohnung, die nach der Tat vom Donnerstag durchsucht wurde. Zum anderen verurteilte Sinn-Féin-Chefin McDonald aber auch die Reaktion der Demonstranten und der Randalierer auf das Geschehen, wandte diese Kritik aber umgehend gegen die Justizministerin und den Polizeichef, die darin gescheitert seien, einerseits die innere Sicherheit für die Bürger sicherzustellen, andererseits die Polizeikräfte „korrekt“ einzusetzen. Die Polizei habe die Kontrolle über Teile der irischen Hauptstadt verloren und „katastrophale operationale Fehler“ begangen. Laut McDonald hatte es solche Randale schon früher gegeben. In der Tat sind Hooligan-Unruhen nichts Ungewöhnliches, etwa nach Sportereignissen. Einige Videos vom Donnerstag zeigen Personen, die – in durchaus gewohnheitsmäßiger Art – Freude an dieser Art der Zerstörung zu empfinden scheinen, etwa wenn ein kräftig gebauter Mann andere dazu aufruft, einen Polizeiwagen umzuwerfen. Neu waren also sicher nicht die Mittel und Formen, neu war aber der Anlass der Unruhen. Und obwohl jede Form der Randale natürlich zu verurteilen ist, hatte sie hier einen im Grunde politischen Hintergrund. Einer der Aufrufe zur „Demonstration“ auf X lautete: „Um sieben Uhr treffen wir uns alle in der Stadt. Wenn Du Dein Land und dessen Kinder liebst, sei dabei.“ Dazu trendete der Hashtag #enoughisenough: Genug ist genug. Dass sich kriminelle Plünderer darauf setzten, bleibt zu bedauern. Aber zunächst war anscheinend ein Protest gegen die Überforderung einer ganzen Gesellschaft durch illegale Migration geplant. Insofern tut McDonald, so weit links sie auch stehen mag, gut daran, die grün-konservative Regierung zu kritisieren: „Wir haben ein Szenario, in dem sich die Menschen in Teilen der Dubliner Innenstadt nicht mehr sicher fühlen.“ Das gelte für Schulkinder, deren Eltern und Großeltern, die sie zur Schule bringen, und natürlich für alle anderen, die in Dublin arbeiten oder leben, es besuchen. Die Ministerin und der Polizeichef seien gleichermaßen unhaltbar geworden. Der junge Hochschulminister Simon Harris sagte im öffentlich-rechtlichen Sender RTÉ, dass es eine Überprüfung und einen Bericht zum Agieren der beiden Verantwortlichen geben werde. Justizministerin Helen McEntee (aus der nominell konservativen Fine Gael von Leo Varadkar) ging derweil in die Offensive und forderte endlich die Einführung der technischen Gesichtserkennung, um bei ähnlichen Unruhen künftig die Missetäter schnell feststellen zu können. In der Regierung ist das Vorhaben nicht unumstritten, etwa bei den Grünen. Für die Ministerin ist es nur ein Teil ihrer Agenda für eine „robustere“ Polizeiarbeit, wozu außerdem die Nutzung von Körperkameras durch die Beamten gehört. So wird mit einer unübersichtlichen Lage – schrankenlose Kriminalität und darauf folgende Empörung der Bürger – ein stärkeres Zugreifen der Sicherheitskräfte begründet. McEntee wird auch von den Oppositionsparteien dafür kritisiert, dass sie Gesetzesvorhaben in großer Eile durch das Parlament treibe und dasselbe so faktisch entwerte. Man könnte aber bei dem Ganzen auch beginnen zu fragen: Wem haben diese Unruhen eigentlich genützt? War es nicht am Ende die woke, überwachungsversessene Regierung in Irland? Insofern kann man aus der Ferne nicht einmal eine False-Flag-Operation ganz ausschließen. Auch Premierminister Leo Varadkar will nun hart gegen die Gewalttaten durchgreifen. Die Randalierer hätten „Schande über Dublin“ und über Irland, ihre Familien und sich selbst gebracht. Niemals hätten sie aus Patriotismus gehandelt, sondern nur aus Hass, aus Liebe zu Gewalt und Chaos. „Sie lieben es, anderen Schmerzen zu bereiten“, sagte Varadkar wörtlich. Er findet die Ereignisse schlicht „grotesk“, was aber auch ein Licht auf den Premier selbst und seine Distanz zum eigenen Land wirft. Man könnte es „out of touch“ nennen. Am Vorgehen der Regierung, an der auch die konservativen „Populisten“ von Fianna Fáil beteiligt sind, wird es liegen, ob die Iren zukünftig Vertrauen in ihren Staat und in die öffentliche Sicherheit haben werden oder nicht. Allerdings trägt die weiche Haltung zur illegalen Migration, die auch Premierminister Leo Varadkar einnimmt, nicht dazu bei, dass das Sicherheitsgefühl der Iren und die reale Sicherheit gesteigert werden. Heute ist jeder fünfte Ire im Ausland geboren, aber in viele Fällen in einem europäischen Land oder einem Land von europäischer Kultur. Eins scheint sicher: Die Wut war erheblich groß und kam für die Eliten gänzlich unerwartet. Insgesamt wurden elf Einsatzwagen und mehrere Busse beschädigt. Dreizehn verwüstete oder geplünderte Läden kommen laut Polizeichef Drew Harris dazu. Harris sagte, man habe nicht vorhersehen können, dass in dieser Weise auf ein furchtbares Verbrechen reagiert werde. Was hat Varadkar aber konkret vor? Er will die Hassrede-Gesetze verschärfen, die verhindern sollen, dass derartige Aufrufe – die zunächst nur zu einer Versammlung riefen – überhaupt gepostet werden können. Das sieht man nicht nur in Irland kritisch. Der angeblich sozialreformerisch gesonnene Bismarck-Konservative Varadkar ist längst zum Apostel der Wokeness geworden. Jüngst stellte er sich mit einem geschmacksneutralen Tweet bloß, der die Freilassung einer Geisel zum „Wiederfinden“ eines „verlorenen Mädchens“ umgestaltete. Das ist die Art von Sprache, die auch Anhänger der Hamas nicht vergrämen will, und führte zu heftiger Kritik ebenso online wie von der israelischen Regierung, die darauf beharrte, dass die kleine Emily Hand von Terroristen entführt worden sei, dabei zusehen musste, wie ihre Nachbarn ermordet wurden, bevor sie nun aufgrund des militärischen Drucks und Verhandlungsgeschicks der israelischen Seite wieder freikam. Daneben will der woke Varadkar den öffentlichen Dienst in Irland per Gesetz diverser machen, vor allem auch in Polizei, Armee, Schulen und Amtsstuben, obwohl die überwältigende Mehrheit der Iren eben nicht braun oder schwarz, sondern weiß ist.
Matthias Nikolaidis
Nach Unruhen und Plünderungen vom letzten Donnerstag und Freitag in Dublin kommt die irische Politik nicht zur Ruhe. Die Justizministerin will zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen, Premierminister Varadkar die Gesetzgebung zur Hassrede im Netz schärfen. In wessen Interesse war die Randale eigentlich? Auch sonst kommt Varadkar nicht aus den Schlagzeilen.
kolumnen
2023-11-27T16:04:43+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/irland-premier-leo-varadkar
Angst essen Freiheit auf
Servus Tichy, Angst, schrieb Kierkegaard, ist das „Schwindelgefühl der Freiheit.“ Sie gehört also zur Freiheit dazu. Aber nur wenn das Schwindelgefühl nicht in Ohnmacht umschlägt. Ich fürchte, wir schlittern mit freundlicher Unterstützung der Regierung in eine kollektive Angstneurose. Die USA machen es vor. In Amerika ist gerade ein Gehörloser von einem Polizisten erschossen worden, weil er nicht hören wollte. Tragisch? Noch nicht einmal tragikkomisch. Tragisch wäre das Unvermeidbare, Schicksalhafte. Die absurde Szene aber war vermeidbar. Gewiss ein Einzelfall und dennoch symptomatisch für eine hysterische, von sich selbst traumatisierte Angstgesellschaft. Die Polizei hat Angst, und jeder hat Angst vor der Polizei. Angst vor der Polizei haben müssen inzwischen sogar Eltern, die ihre Kinder ein paar Minuten lang auf der Straße unbeaufsichtigt spielen lassen. Weil Angst zu haben inzwischen Elternpflicht, ja Bürgerpflicht ist. In den Parks spielen keine Kinder mehr. Angst wird ihnen systematisch eingeimpft. Die Deformation nehmen sie mit ins Erwachsenenleben. Die Leute haben Angst vor Terror, vor Zika-Viren, vor dem Wetter, vor der Polizei, vor allen Risiken und Gefahren des Lebens. Angst schürt Gewalt, die wiederum Angst erzeugt. In den USA war Freiheit einmal das höchste Gut. Angst essen Seele auf, aber auch Freiheit. In Deutschland, sagen die jüngsten Zahlen des Instituts für Demoskopie, fürchten zwei Drittel der Bevölkerung, Opfer eines Verbrechens zu werden. Vor fünf Jahren waren es nur ein knappes Drittel. Lasst euch nicht verrückt machen, tönen die Mainstream-Medien, die von der Hysterie leben, aber auch an der Verharmlosung objektiver Risiken mitwirken. Der Islam, heißt es, sei eine friedliche Religion. Wer sich fürchtet, sei selbst schuld. Am besten, wir verbieten die Angst. Jetzt hat aber selbst die Merkel-CDU das Wahlkampfthema Sicherheit entdeckt. Denn die Kanzlerin hat es geschafft, dass die Ängste noch schneller steigen, als ihre Popularität sinkt. Zuerst instrumentalisierte sie die Ängste, die ein Tsunami im fernen Japan auch bei uns verursachte, verstärkte sie propagandistisch und begründete mit dieser Angst ihre energiepolitisch kopflose Wende. Sie benötigte diese Angst, um die überhastete, autoritäre Entscheidung zu legitimieren. Mit Hilfe der Angst hebelte Merkel den demokratischen Entscheidungsprozess aus. Immerhin hatte sie die Ängste vor den Restrisiken der Kernenergie nicht erfunden, sondern bloß machtpolitisch missbraucht. In Sachen Migration ging sie einen entscheidenden Schritt weiter. Merkel schuf selbst die Hauptursache der Angst. Denn radikalislamischen Terror gab es vorher schon, Einwanderung auch. Der Kontrollverlust an den Grenzen aber ist neu und hausgemacht. Wir sollten unterscheiden zwischen objektiven Gefahren und Ungewissheiten. Die ersten sind bekannt und lassen sich mehr oder weniger gut abschätzen. Es gibt Erfahrungen, aus denen man lernen könnte, und mit denen man leben muss. Verkehr etwa ist riskant. Trotzdem nehmen wir hinreichend sicher an ihm teil. Jetzt aber sitzen die Deutschen dummerweise in einem Bus, an dessen Steuer eine Politikerin sitzt, die bewiesen hat, dass sie nicht fahrtüchtig ist. Statt dessen macht sie eine Durchsage. Schnallen Sie sich bitte an! Statt mit wirkungsvollen Maßnahmen zur Beruhigung beizutragen, empfiehlt die Merkel-Regierung Wasser und Konserven zu horten. Mit der Abwehr der objektiven Gefahr hat das nichts zu tun, wie der Innenminister selbst zugibt. Statt „alles Menschenmögliche“ zu tun, steigert die Merkel-Koalition die allgemeine Verunsicherung. Schlimmer als objektive Gefahren sind Ungewissheiten, die plötzlich auftreten, die es zuvor noch nicht gegeben hat, die aber unvorstellbar groß sind. Ungewissheiten sind die wahren Angstmacher. Wenn wir noch nicht einmal wissen, wovor wir Angst haben müssen. Cyberkriege, Epidemien, die Folgen der digitalen Revolution, die Kehrseiten der Globalisierung. „Es ist zum ersten mal fast unmöglich, zu sagen, wie die Welt in 30 Jahren aussehen wird“ sagt der israelische Universalhistoriker Yuval Harari. Deshalb leben wir in Zeiten der Angst trotz objektiv hoher Sicherheit. Auch Politiker sind überfordert. Warum denken sie trotzdem immer nur bis zur nächsten Wahl? In einer demokratischen Gesellschaft, die weniger obrigkeitsstaatlich geprägt ist, als die unsere, wäre der Diskurs über die Zukunft offen – und damit mehr vernunft- statt angstgetrieben. Gewiss, es gibt keinen Anspruch auf Angstlosigkeit. Die Politik könnte ihn niemals einlösen. Den Anspruch aber, objektive Risiken zu minimieren, muss die Politik an sich selbst stellen. Was deutsche Regierungen im Kampf gegen Risiken und Ungewissheiten geschaffen haben, ist nicht zu übersehen. Es ist eine politisch weitgehend entmündigte, überregulierte Gesellschaft. Die Deutschen akzeptieren dies, weil sie irrtümlich glauben, Vorschriften seien ein Mittel gegen Risiken und Ungewissheiten. Erscheinen Risiken als unüberschau- und unkalkulierbar, gilt die Freiheit selbst als riskant. Die meisten Deutschen ziehen Sicherheit der Freiheit vor. Deshalb ist Angst die größte Gefahr der Freiheit. Wovor haben Sie Angst, Tichy? Ich kann Ihnen sagen, wovor ich mich fürchte. Nicht vor dem Islam und nicht vor den Rechten, nicht vor Putin und nicht vor le Pen. Sondern vor der ewigen Frau Merkel, die mit den Gefühlen der Bürger jongliert. Die Ängste schürt, indem sie selbst Risiken schafft. Die es zulässt, dass die Freiheit des Wortes wieder bedroht ist – aus Angst vor der Angst. Und davor, dass Angst die Freiheit aufisst.
Fürchten muss man Merkel, die zulässt, dass die Freiheit des Wortes wieder bedroht ist: aus Angst vor der Angst. Und davor, dass Angst die Freiheit aufisst.
kolumnen
2016-08-27T06:46:53+00:00
2016-08-27T20:03:13+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/herles-faellt-auf/angst-essen-freiheit-auf/
Wahlumfragen lassen eine desaströse Kontinuität befürchten
Brandenburg wird schlecht regiert – und zwar seit der Wiedergründung des Landes Brandenburg nach der Friedlichen Revolution – von seiner selbstgefälligen und arroganten Staatspartei namens SPD. Man könnte spotten, dass man in Brandenburg nicht einmal das Fenster öffnen kann, ohne die SPD um Erlaubnis zu bitten, oder sich die Schnürsenkel binden darf, ohne dass einem ein SPD-Apparatschik über die Schulter schaut. Wenn es nicht reicht, nimmt die SPD die Linken oder die Grünen oder die CDU mit in die Regierung, doch das ändert nichts an der Regierung. Denn diejenigen Politiker anderer Parteien, die sich Minister nennen dürfen, sind am Tage ihres Amtseides nicht von ihren SPD-Kollegen zu unterscheiden. In Brandenburg regiert immer die SPD, ganz gleich welche Farbkleckser das satte Rot einzufärben hat. Man fühlt sich immer ein bisschen an die SED erinnert. Einst fürchteten sich die Berliner vor ihrem König Friedrich Wilhelm I., der, wenn ihm die Laune kam, mit einem Knüppel aus dem Berliner Stadtschloss stürmte und jedem Berliner, dessen er habhaft werden konnte, durchbläute und dabei ausrief: „Lieben sollt Ihr mich.“ Nun besitzt Dietmar Woidke zwar keinen Knüppel, aber eine emotionale Erpressung macht es ja auch, denn die Brandenburger SPD plakatiert: Wer Woidke will, muss SPD wählen. Und Woidke legt überheblich nach: „Wenn die AfD auf Platz Eins landet, kann ich als Ministerpräsident nicht weitermachen.“ Welch Wohltat für Brandenburg wäre das. Die Brandenburger haben am 22. September die Chance, sich von Woidkes desaströser Herrschaft zu befreien, denn keiner kann Brandenburg so gut ruinieren wie er. Laut Statista ist Brandenburg mit 4039 Windräder im Jahr 2023 nach Niedersachsen das Land, das die höchste Anzahl an Windrädern hat. Mit Woidkes und Steinbachs, Woidkes Wirtschaftsminister, Amour fou zu Windrädern, haben sie den Brandenburgern überhöhte Energiepreise beschert. Selbst der Woidke genehme, und grünenhörige RBB meint: „Strompreise sind in Brandenburg im Vergleich zu anderen Bundesländern oft höher. Das liegt vor allem an den höheren Netzentgelten.“ Und hohe Netzentgelte zeigen die Kehrseite von Woidkes und Steinbachs Windkraftliebe, ihrer Anti-Wirtschaftspolitik, ihrer Anti-Brandenburg-Politik, einer Politik, die auf Kosten der Brandenburger Bürger die Erneuerbaren-Energien-Aristokratie bereichert. Auch für Firmen wie Enertrag haben Woidke und Steinbach die funktionierende Raffinerie PCK mit Habeck im Bunde und auf polnischen Druck in Ungewissheiten gestürzt. Die Raffinerie wurde unter die Treuhandaufsicht des Staates gestellt und ab 1. Januar 2023 verbarrikadierte man die Pipeline Drushba gegen russisches Erdöl, obwohl Pipeline-Öl vom Embargo ausgeschlossen war und die Polen fleißig weiter aus Russland Erdöl bezogen haben. Kann man das schon Sabotage nennen? Egal, die Brandenburger Autofahrer, und nicht nur die, denn das PCK Schwedt stellt auch Flugzeugbenzin, Diesel und Bitumen her, blechten für Woidkes und Steinbachs Regierungskunst. Woidkes SPD brüstet sich damit, dass am 1. Juli 2024 die Medizinische Universität Lausitz – Carl Thiem (MUL-CT) in Cottbus gegründet wurde, die im Wintersemester 2026/27 einen Medizinstudiengang als Modellstudium anbieten will. Zunächst wurden die Kosten auf 2,1 Milliarden Euro geschätzt, nun werden es 3,7 Milliarden Euro, wie die Wissenschaftsministerin Schüle sagt. Doch bei Schüle, die auch als Kulturministerin als eifrige Förderin der Gesinnungskultur von Grün bis Rot glänzt, könnten es am Ende auch mehr als 3,7 Milliarden Euro werden, denn wer sich einmal um über ein Drittel verschätzt, dem kommt es offensichtlich nicht auf Peanuts an oder er kann nicht rechnen oder beides. Doch bis zum Jahr 2038 sollen 1,9 Milliarden vom Bund, 1,8 Milliarden vom Land Brandenburg kommen. Und dann? Die jährlichen Kosten würde Brandenburg jedenfalls nicht allein bestreiten können, doch da ist Woidke so oder so nicht mehr im Amt. Die Phantasiebilder, die Woidke für seine Lausitzer Heimat zeichnet, werden in ein paar Jahren implodieren. Woidkes Wirtschaftsminister Steinbach setzt auf Photovoltaik. Dieses Engagement richtet sich gegen die Bauern im Land, denn die Förderung großer Photovoltaikflächen treibt die Pachtpreise für Ackerflächen in die Höhe. Aber auch Woidkes grüner Landwirtschaftsminister hat sich bisher nicht als Minister für, sondern eher gegen die Bauern profiliert. Woidkes Bildungsminister und Genosse Steffen Freiberg hat seinen Parteiauftrag vorbildlich erfüllt, denn im Bildungsranking belegt Brandenburg den vorletzten Platz im bundesrepublikanischen Ranking. Über die CDU-Minister in Woidkes Kenia-Koalition lässt sich nur so viel sagen, dass sich über sie nichts sagen lässt. Vielleicht dann doch so viel, dass Brandenburgs Innenminister Stübgen sich zum Gespött machte, als er aus den Medien erfuhr, dass Haldenwangs Verfassungsschutz und schreibende Mitarbeiter eines Vereins, den man auch als Haldenwangs Mitteilungsblatt verspotten könnte, unmittelbar vor Stübgens Augen eine Szene von „John English“ in der Villa Adlon drehten? Sollten sich die Zahlen bestätigen, dann müsste Woidke zum Wohle des armen, geschundenen Brandenburgs seinen Hut nehmen, denn laut Infratest dimap steht die AfD bei 27 Prozent, die SPD bei 23 Prozent, die CDU bei mageren 18 Prozent, das BSW bei 15 Prozent und die Grünen bei 5 Prozent. Das Institut Wahlkreisprognose kommt sogar auf 30 Prozent für die AfD, 20,5 Prozent für die SPD, 15 Prozent für die CDU, dicht gefolgt vom BSW 14,5 Prozent und 5,5 Prozent für die Grünen. Schadenfroh könnte man darauf verweisen, dass es die Grünen waren, die unbedingt das Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen wollten, was ihnen nun auf die Füße fällt. Wobei wir zu den Koalitionen kämen, die möglich wären, wenn sich die Umfragen in Wahlergebnisse umsetzen würden. Sollten es die Grünen in den Landtag schaffen, haben sie das Potsdam und Kleinmachnow zu verdanken. Dann würde sich die Kenia-Koalition zum Schaden Brandenburgs durch weitere fünf Jahre schleppen. Fliegen die Grünen raus, käme in Brandenburg eine SPD-CDU-BSW-Koalition in Betracht. Viel ändern würde sich auch hier nicht. Die einzige wirkliche Alternative für Brandenburg, die Bewahrung und Aufbruch ermöglichen könnte, wäre eine CDU-AfD-Koalition, doch dafür dürfte den langjährigen Politikangestellten der CDU die Kraft fehlen. Womit man nach den neuesten Zahlen aber rechnen kann, ist, dass die SPD ihre Macht und ihre beträchtlichen Ressourcen in einem Schmutzwahlkampf gegen die AfD nutzen wird. Gern auch mit der Hilfe des RBB, einiger Zeitungen und womöglich des Landesamtes für Verfassungsschutz. Ob die SPD bei dieser Kampagne sauber und penibel zwischen Partei und Staat trennt, darf bezweifelt werden. Ob die Verzweiflungskampagne am Ende hilft, übrigens auch.
Klaus-Rüdiger Mai
Sollten sich die Zahlen bestätigen, dann müsste Woidke zum Wohle des armen, geschundenen Brandenburgs seinen Hut nehmen: Laut Infratest dimap steht die AfD bei 27 Prozent, die SPD bei 23 Prozent, die CDU bei mageren 18 Prozent, das BSW bei 15 Prozent und die Grünen bei 5 Prozent.
meinungen
2024-09-06T15:32:11+00:00
2024-09-06T15:32:12+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/brandenburg-landtagswahl-umfrage/
Neue Insa-Umfrage: AfD nur noch knapp hinter Union – Deutschlands gordischer Knoten zieht sich zu
Die neueste Insa-Umfrage bestätigt einen Trend, der in den letzten Monaten zu verfolgen war und sich verstetigt. Die AfD liegt vor der CDU und kommt auf Sichtweite an die Union heran. Würde am Sonntag gewählt, kämen die Unionsparteien auf einen Wert von 26 Prozent der Stimmen, die AFD auf 22 Prozent, 2 Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche und doppelt so viel wie vor einem Jahr. Bei SPD, Grüne, FDP und Linke gibt es keine Veränderung, sie stagnieren bei 18 Prozent, 14 Prozent, 7 Prozent und 5 Prozent. Doch die Bastion der SPD ist wacklig, denn sie ist zu einer woken Partei geworden, wie die Affäre Pantisano in Berlin zeigt, zu einer Partei, die ihre sozialpolitische Kompetenz im gleichen Maße verloren, wie sie identitätspolitische Weihen angenommen hat. Die rot-grüne Landesregierung hat einen Hilferuf an die rot-grün-gelbe Regierung nach Berlin gesandt, um die Deindustrialisierung Niedersachsen mit enormen Steuermitteln aus dem Bundeshaushalt abzuwenden. Doch mit diesem verzweifelten Voodoo verbrennt man nur Steuergelder, in der Hoffnung, Zeit zu gewinnen, wo man realiter doch nur Zeit verplempert. Aufgrund der Realitätsverweigerung stehen die Parteien – mit Ausnahme der AfD – und viele Medien hilflos vor der Entwicklung, flüchten in Propaganda, bemühen verzweifelt Klischees und zeigen sich doch nur als Gefangene ihrer Vorurteile. Selten lief politische Kommunikation so im Leerlauf, selten wurden tausendmal gehörte Textbausteine und Phrasen bemüht, dass selbst Texte von ChatGPT überraschender und farbiger wirkten. Grau ist den Funktionären der Parteien die Wirklichkeit, grau ist ihre Sprache. Die unlösbare Situation besteht darin, dass die Regierung Probleme produziert, die sie dadurch zu beheben gedenkt, dass sie noch größere Probleme erzeugt. Folgeabschätzung ist für sie ein Fremdwort, ihr Motto lautet hingegen: Ich will es, also macht es. Man nennt es Voluntarismus, die Wirklichkeit ist nichts, der Wille ist alles. Der Voluntarismus ist die deutsche Krankheit schlechthin. Der absolut gesetzte Wille ist die Leiter, die in die Höhen der Träume führt. Die Ratlosigkeit der Parteien, die sich in den üblichen Mustern des Orwellschen Politsprechs, den Verdrehungen, im Bemühen von Verschwörungstheorien breitmacht, die Geschwindigkeit, in der man Zuflucht zu kommunistischen Regelungen von der Antidiskriminierungsdiskriminierung bis hin zur Etablierung von Räten, um peu à peu von einer parlamentarischen Republik in eine Rätediktatur überzugehen, zeigt nur, dass die Eliten nicht aus ihrer Blase mehr herausfinden, sie mit ihrem Latein zwar nicht weiterkommen, nicht mehr so weiterregieren können, es aber wollen, die Regierten aber immer weniger mit dieser Regierung leben können. Die einen wollen nicht anders, weil sie nichts anderes wissen und kennen, die anderen können so nicht länger – das ist der große deutsche Widerspruch, der politisch und demokratisch gelöst werden muss. Nichts anderes sagen die Zahlen aus. Niemand sollte aus Gründen einer vermeintlich guten Sache der Verführung nachgeben, den Widerspruch auf einem anderen als einen demokratischen und politischen Weg lösen zu wollen.
Klaus-Rüdiger Mai
Die AfD erreicht einen neuen Höchstwert: 22 Prozent. Die Ampel kommt auf 39 Prozent – zu wenig für eine parlamentarische Mehrheit. Die unlösbare Situation besteht darin, dass die Regierung Probleme produziert, die sie dadurch zu beheben gedenkt, dass sie noch größere Probleme erzeugt.
daili-es-sentials
2023-07-22T13:44:42+00:00
2023-07-22T14:07:45+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/afd-22-prozent-hoechstwert-union-sonntagstrend-insa/
Bei hart aber fair: Alle gegen Apokalyptiker Karl Lauterbach
Vergessen wir das im Folgenden bitte nicht: Karl Lauterbach wäre zwar gerne so etwas wie Nostradamus, apokalyptischer Reiter und Medicus in Personalunion, aber er bleibt Politiker der SPD und das zuallererst und auch danach. Der größte Moment seiner politischen Karriere war wohl 2013 die Berufung in das Kompetenzteam von Peer Steinbrück. Letzterer scheiterte damals an Angela Merkel, ergo scheiterte auch der bei der SPD als Gesundheitsexperte geführte Lauterbach. Seine Warhol-15-minutes-of-fame lagen da aber noch vor Karl Lauterbach und sie dehnten sich mit den ersten Corona-Fällen in Deutschland sogar noch auf Talkshow-Format aus: Der Politiker ist im Windschatten von Corona zu so etwas wie einem Fotobomber des öffentlich-rechtlichen Fernsehens geworden, so auch dieses Mal wieder bei Frank Plasbergs Hart aber Fair, wo er wieder zuverlässig auftaucht, als würde er sich schon selbst einladen, vergleichbar seiner Dauerpräsenz bei Markus Lanz. Bei Plasberg muss man sich das fragen: Über wie viele Sendungen hinweg beschäftigt sich Hart aber Fair eigentlich schon mit Corona? Schon häufiger als damals, als Plasberg eine Obsession in Sachen Quatschen über die Segnungen der Massenzuwanderung entwickelt hatte? Wahrscheinlich liegt das Zuwanderungs-Halleluja quantitativ noch etwas vorne, aber Corona und der Talk über den Segen der Regierungsmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie schließt stetig auf. Frank Plasberg fragt gleich zu Beginn: „Rechtfertigen 270 Menschen auf deutschen Intensivstationen eine ganze Gesellschaft im Alarmzustand?“ Michael Preetz schwärmt von den Hygienemaßnahmen der Bundesliga. Karl Lauterbach findet das unmöglich, die Menschen auf den Tribünen hätten laut mit den Nachbarn gesprochen, das führe doch zu Tröpfcheninfektionen. Dr. Andreas Gassen kann das nicht lange ertragen und klärt Lauterbach erst einmal darüber auf, um was es sich seiner Meinung nach bei einer Tröpfcheninfektion überhaupt handelt und das es schon 15 Minuten intensives Gespräch unter einem Meter bräuchte, um die Infektionswahrscheinlichkeit deutlich zu erhöhen. Klar, was der Lauterbach da macht, ist schon mies: Natürlich besteht immer ein Restrisiko und wenn nichts schief geht, wer würde da böse auf den Mahner zeigen? So aber kann Lauterbach, wenn es doch düster wird, „siehste“ sagen. Eine unanständige Kaffeesatzleserei. Und eine, die sich dann auch noch anderen Meinungen gegenüber verweigert – der Apokalyptiker in seiner Paraderolle. Wenn doch etwas Schlimmeres passiert – und darauf setzt er ja – dann erlebt er seinen persönlichen Triumph. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wundert sich sogar, dass die Deutschen eine Reihe von Einschränkungen so klaglos haben über sich ergehen lassen, „das hat es in Deutschland seit über 80 Jahren nicht gegeben“, legt er gleich mal einen lupenreinen Nazivergleich nach. Autsch, der Sozialdemokrat bekommt seine Packung schon Minuten nach Anpfiff, erfährt etwas über einen Interessenausgleich zwischen den Bedürfnissen einer Gesellschaft und den Medizinischen. Plasberg gibt an Lauterbach weiter, aber nicht, ohne ihn vorher noch zu schimpfen: „Sie sind der Politiker und der Hardliner.“ Lauterbach rechnet das gesamte Spiel hoch und zählt alle Sprechkontakte zu den besagten 15 Minuten zusammen und zählt die Anreise noch drauf. Wie auf dem Basar. Und die Drohung gleich hintendran: Wenn die Zahlen steigen, „werden wir die Stadien wieder zuschauerfrei machen“. Lauterbach spricht von „magischem Denken“, wer glaubt, uns würde erspart bleiben, was anderen Ländern wie Spanien und Österreich jetzt schon erfahren würden, nämlich eine Zunahme der Belegung von Intensivbetten. „Wir werden ebenfalls Probleme bekommen.“ „Was man befürchtet, was man vermutet, was vielleicht erschreckenswerter Weise kommen kann“ – die Journalistin Susanne Gaschke kann dieses Lauterbachklagen nicht mehr hören und ist ganz bei Dr. Gassen. Auch sie greift Lauterbach frontal an und unterstellt ihm, nicht einmal an die Befindlichkeiten der Menschen in seinem Wahlkreis zu denken. Wumms also auch hier. Lauterbach sieht die Aufgabe des Parlaments „in erster Linie darin, das Volk zu schützen.“ Aber selbst die zuvor bereits an Corona erkrankte Karolin Preisler (FDP) gibt Lauterbach einen vors Schienbein, der einmal gesagt hätte, die Zügel müssten wieder angezogen werden. Aber auch Preisler möchte nicht an die Leine oder an die Kandare von Herrn Lauterbach. Die Politikerin hatte übrigens, erzählt sie, nur einen mittelschweren Verlauf, ist aber auch nach sechs Monaten nicht wieder fit und kostet, so sagt sie, das Gesundheitssystem und die Einzahler weiter Geld. Keiner außer Lauterbach findet in der Runde das „präventive Einschränken von Grundrechten“ noch angemessen. Und an der Stelle muss man es einmal sagen: Die Verunglimpfung von Demonstrationen gegen diese Einschränkungen und das Kleinreden der Teilnehmerzahlen insbesondere auch durch Parlamentarier und Regierungsmitglieder hat keine Wirkung gezeigt – augenscheinlich sogar im Gegenteil. Und im Gegensatz zur Debatte um eine anhaltende Massenzuwanderung hat die Diffamierung der Regierungskritiker hier nicht gegriffen. Und nachdem Karl Lauterbach wieder ein paar Sätze lang Apokalypse rund um R-Wert und Co gemacht hat, zieht der Arzt Andreas Gassen mal kurz heftig an dessen Kandare: „Ne, Herr Lauterbach, das geht so nicht.“ Und Gassen mit einem Gassenhauer: „Wenn es am Wetter läge, warum bekommen Menschen in Texas dann überhaupt Corona?“ Darauf fordert Lauterbach, man dürfe doch bestimmte Fakten nicht strittig stellen im Fernsehen … Zack, dafür gibt’s sofort ein „Unfug“ von der Journalistin. Gassen kritisiert die „absolute Wahrheit“ von Lauterbach und klärt darüber auf, dass aus seiner Sicht morgen nicht das Armageddon käme. Hallervorden ist gerade 85 geworden. Und eines muss man hier sagen: Der Mann ist auch im hohen Alter schlagfertig und wortreich. Humor scheint eine wirkliche gute Waffe zu sein, sehr lange fit zu bleiben. Aber Humor kann man nicht impfen. Gesundheit allerdings auch nicht … „Das sind ja kein Warnungen mehr, das ist Panikmache. Ich kann es nicht mehr hören. Da hilft man den Leuten auch nicht mit. Man muss doch irgendwo eine Hoffnung haben, dass es besser wird.“ Lauterbach schon jammernd: „Ich mache doch Vorschläge, wie man es besser machen kann.“ Susanne Gaschke weiter energisch: „Nein, das sind Vorschläge für Verbote!“ Auf die Frage, was man in Schulen besser machen kann dann Karoline Preisler Richtung Lauterbach: „Ich habe Zweifel, dass sie dafür der richtige Mann sind.“ „Selbst das Theater in Bergamo, das hätte es hier nicht gegeben,“, ist sich der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sicher: „… nicht im Ansatz!“ Bedenkt man nun, dass hier bei Hart aber Fair noch nicht einmal die Hardcore-Kritiker der Corona-Maßnahmen und Einschränkungen der Grundrechte zu Wort gekommen sind, dann muss man angesichts der teils schon massiven verbalen Angriffe gegen Lauterbach attestieren, dass der Protest tatsächlich auch dort angekommen ist, wo die Regierung zu anderen Themen immer noch recht wohlgelitten ist. Karl Lauterbach fühlt sich schlecht behandelt: „Ich bin gegen jede Panikmache.“, Gelächter im Raum, „Nein“, wieder Lauterbach weiter, „ich bin auch nicht bereit, eine Warnung, die auf Grundlage von Studien begründet werden kann, durchgehen zu lassen, als Panikmache. Das ist ein unfairer Angriff, wenn ich das nicht begründen kann.“ Karoline Preisler war an Corona erkrankt, sie ist unter 50. Und sie nennt die Atemnot, die sie erlebt hat, „überwältigend.“ Sie hatte sich von ihrem Mann auf dem Weg in die Klinik schon verabschiedet, ohne zu wissen, ob man sich je wiedersieht. Die Erkrankung sei von leichten Symptomen innerhalb eines Tages zu schwer bedrohlich gewechselt. Karoline Preisler wäre heute „gerne wieder so fit wie vor Covid-19.“ Ist sie aber nicht, sagt sie. Sie hat heute, Monate später, Hirn-, Nieren-, Herz- und Lungenschäden, wie sie in einem Einspieler erzählt. Jeder kann also hier zur Kenntnis nehmen, auch das ist Covid-19.
Redaktion Tichys Einblick
Über wie viele Sendungen hinweg beschäftigt sich Hart aber Fair eigentlich schon mit Corona? Schon häufiger als damals, als Plasberg eine Obsession in Sachen Quatschen über die Segnungen der Massenzuwanderung entwickelt hatte?
feuilleton
2020-09-22T05:40:49+00:00
2020-09-22T08:54:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/bei-hart-aber-fair-alle-gegen-apokalyptiker-karl-lauterbach/
Die europäischen Konservativen treffen sich in Rom – Deutschland bleibt außen vor
Rom ist wieder die Hauptstadt Europas – zumindest im Sinne des europäischen Konservatismus. Dieses Eindrucks konnte man sich in den noblen Räumen des Hotels Quirinale mit seinem klassischen Interieur und einem Hauch von Settecento und Belle Époque nicht erwehren, angesichts der über 400 Gäste aus allen Teilen Europas, darunter 100 akkreditierte Journalisten – inklusive der italienischen Senderfamilie RAI. Der Veranstaltungsort lag dabei an der Via Nazionale, eine der Hauptadern der italienischen Hauptstadt. Der Titel der dreitägigen Tagung? Italian Conservatism: Europe, Identity, Freedom. Der in Rom dargestellte Konservatismus ist national und zugleich europäisch; und er steht dezidiert in den Fußstapfen der kontinental-lateinisch-christlichen Tradition, die erst seit einiger Zeit eine Wiederbelebung erfährt, am bekanntesten am Beispiel Ungarns, seit neuestem auch im Gewand der Fratelli d’Italia mit Giorgia Meloni. Gastgeber Giubilei exerzierte den Kontrast zu dem auch in Deutschland mal mehr, mal weniger dominierenden angelsächsischen Konservatismus, der sich vor allem über national-liberale bzw. wirtschaftsliberale Denkmuster identifiziert. Der italienische Konservatismus dagegen – und das gilt mit Abstrichen auch für den Konservatismus der anderen eingeladenen Parteien und der Länder, die sie repräsentieren – sieht seinen Kern im christlichen, vorzugsweise katholischen Erbe Europas sowie in römisch-griechischen Wurzeln. Damit ist auch der Typus der im Aufwind begriffenen politischen Parteien beschrieben, die sich in den letzten Jahren vermehrt in Europa durchsetzen und die konservative Liga anleiten. Die Situation Italiens erscheint dabei nahezu paradigmatisch: Die Zeit des rechten Populismus neigt sich dem Ende zu, die Wählerschaft rechts der Mitte sehnt sich wieder nach Seriosität und Professionalität, überzeugenden Argumenten und gediegenem Tonfall, statt der in den 2010ern dominierenden Polterpolitik. Salvini wird vermutlich nicht sein Wunschministerium – das Innenministerium – erhalten, wird aber Vizepremier und womöglich Arbeitsminister. Die Lega wird aber nach jetzigem Stand dennoch das Innenministerium für sich verbuchen können, oder ein wertgleiches Ministerium, jedoch mit einem anderen Minister als Salvini. Auf der Konferenz waren vor allem Vertreter der Fratelli d’Italia zugegen, jedoch auch Leghisten, darunter Lorenzo Fontana. Die Stimmung war – anders als von den Medien dargestellt – erstaunlich gut; vielleicht nur zum Schein, vielleicht aber auch, weil man innerhalb der Lega die Post-Salvini-Zeit vorbereitet. Salvini hätte sich nach der Halbierung des Lega-Ergebnisses bei der Wahl zurückziehen müssen, doch eine Kopflosigkeit des zweitwichtigsten Regierungspartners will offenbar niemand in der neuen Mitte-Rechts-Regierung. Die Lösung für die vermeintlichen Spannungen zwischen Salvini und Meloni ist daher erstaunlich elegant: Salvini darf (noch) seinen Posten als Generalsekretär der Lega behalten, wird aber in der Regierung eingeschränkt, sodass die Lega selbst sich in den nächsten Jahren regenerieren und wieder professionalisieren kann – mit neuem Personal, das jetzt in die immer noch gewichtigen Ministerien zieht. Die Hoffnung besteht, dass die Lega in der Zeit wieder zu Format findet und bei der nächsten Wahl als autonomistisch agierende liberalkonservative Partei im Gegensatz zu den zentralistisch nationalkonservativen Fratelli agieren kann. Das Mitte-Rechts-Lager ist also weniger zerstritten, als man denkt; man sucht stattdessen immer noch nach gemeinsamen Lösungen: Und derlei Gedankengänge sind deutlich verständlicher, hörte man insbesondere den italienischen Journalisten, Politikern und politischen Denkern zu, die sich völlig darüber einig waren, dass der Wahlsieg Giorgia Melonis die vermutlich größte und letzte Chance darstellt, den italienischen Konservatismus nicht nur politisch, sondern vor allem kulturell zu festigen. Zugleich war aber die Rackete-Episode eine Zäsur, weil Doppelmoral und Ruchlosigkeit dieser linken Gesellschaft für alle spürbar und offensichtlich wurden, also ein Moment, aus dem die kulturelle wie politische Rechte einen Vorteil zog, um das Ende der linken kulturellen Hegemonie vorzubereiten. Schließlich waren es konservative Medien und Think Tanks, die den Boden für die Konterrevolution beackerten. Ganz klar kommunizierten die Beteiligten, dass Slogans, Memes oder andere Internetphänomene nützlich seien, jedoch nicht die fundamentale Arbeit ersetzen könnten, ob nun durch die Formulierung des besseren Arguments oder auch durch ganz pragmatische politische Entscheidungen. So habe die Einrichtung und Renovierung von Schwimmbädern in Neapel der dortigen Rechten weitaus mehr genützt, da es ein für alle sichtbarer und fühlbarer Erfolg war, an den man sich auch noch in Jahren erinnerte, indes auch die beste Propaganda nach wenigen Monaten vergessen sei. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der Umgang der rechten Parteien im Zuge der Regierungsbildung zu verstehen: Angesichts der immer noch dominanten linken Hegemonie, die eine demokratisch gewählte Ministerpräsidentin zur Faschistin und Bedrohung für die Demokratie dämonisieren, aber einen von außen kommenden und undemokratisch installierten Technokraten als Rettung Italiens verherrlichen kann, ist dieser Kampf noch nicht gewonnen. Der Parteipolitik ist das Ende gewisser Persönlichkeiten geschuldet; doch denselben Taktikern ist bewusst, dass das rechte Lager nur gemeinsam etwas bewirken kann. Photographs courtesy of Vaszkó Dávid/BL Press and The European Conservative Dabei bestanden durchaus Zweifel, ob es reichte, eine linke kulturelle Hegemonie durch eine rechte kulturelle Hegemonie auszuwechseln; für den intellektuellen Prozess und die gesellschaftliche Innovationskraft sei die Aufhebung jeder Hegemonie fruchtbarer. In jedem Fall ist jedoch zu erwarten, dass die neue Regierung auch kulturelle Anstöße gibt, damit sich eine rechte Kultur auch in Musik, Literatur oder Film etablieren könne, um das gesellschaftliche Klima weiterhin zu korrigieren. Auch das ist Teil jenes eher lateinisch denn angelsächsischen Konservatismus, der die kulturellen und gesellschaftlichen Kräfte höher bewertet als rein ökonomische Gesichtspunkte. Interessant auch die Personalie Giampaolo Rossi, früher im Beirat der RAI, danach Wahlberater Melonis und heute in einer durchaus guten Position, Generaldirektor der staatlichen Senderfamilie zu werden. Rossi sorgte 2018 für erhebliche Unruhe im juste milieu, als er behauptete, die afrikanische Einwanderung nach Europa sei von der Elite gewollt, die normalen Bürger Opfer der Massenmigration. In der Diskussionsrunde erwarb der gewandte Redner mit seinen klaren, aber nie den falschen Ton treffenden Worten die spontane Sympathie im Publikum. Die tieferen ideologischen Veränderungen sind schon vor Antritt der Meloni-Regierung in Gang gesetzt worden, Veränderungen, die womöglich langfristig wichtiger sind als Parteiprogramme und Wahlsiege. Von einer herzlichen Freundlichkeit waren die Beiträge europäischer Mitstreiter geprägt: Der Sieg Giorgia Melonis ist kein bloßes italienisches Phänomen, sondern vielmehr ein europäischer Hoffnungsschimmer und eine Art Leuchtturm für die europäischen Konservativen. Es herrschte die Atmosphäre eines europäischen Familientreffens, in dem Italien nunmehr die Rolle des primus inter pares einnimmt, Rom neuerlich Zentrum Europas geworden ist, zumindest aus einer ideologischen Perspektive. Besonders die Ungarn fielen dabei mit Freundlichkeiten auf: Kaum zu übersehen war die lange Allianz mit Viktor Orbán, der gegenüber TE vor nicht allzu langer Zeit einen Sieg Melonis als „Game Changer“ bezeichnet hatte. Der spanische Vertreter Jorge Buxadé Villalba (Vox), der ehemalige Anführer der Schwedendemokraten Mattias Karlsson oder auch John O’Sullivan, ehemaliger Berater und Redenschreiber von Margaret Thatcher, bildeten die ganze Diversität der europäischen Familie ab. TE-Autor David Engels, der Polen repräsentierte, hielt einen Vortrag auf Italienisch, der auf dem zuerst bei TE publizierten Beitrag nach den Wahlen fußte und beim italienischen Publikum für großen Applaus sorgte. Daneben waren unter anderem tschechische, portugiesische, belgische und französische Gäste als Sprecher eingeladen. Die AfD hat sich schon länger in den Augen einiger europäischer Verbündeter ihrer Unberechenbarkeit wegen disqualifiziert; die zunehmend völkisch-nationalistische Ausrichtung ist auch den übrigen europäischen Konservativen nicht entgangen. Der nationalliberale Geist, der die moderaten Kräfte in der AfD beherrscht, steht wiederum eher den angelsächsischen Ideen der dortigen Brexit-Fraktion nahe, denn der Idee, die Europäische Union maßgeblich durch konservativ-christliche Reformen zu verändern. Tino Chrupalla steht insbesondere für eine eher liberal- bis rechtspopulistisch agierende Partei, die weder mit den eigentlichen Fundamenten des Abendlands noch mit dem Christentum als solchem etwas anfangen kann, außer in der Dimension eines nationalchristlichen Modells, das ja gerade dem europäisch-katholischen Mantra einer grenzübergreifenden res publica christiana widerspricht (vielsagend wieder, dass es dazu keine deutsche Wikipedia-Seite gibt). Giubilei gab eine programmatische Linie vor, demnach man immer mit allen geredet habe und auch in Zukunft reden werde, ohne dabei aber die eigenen Prinzipien zu verraten; in den Augen einiger Beteiligter scheint die AfD aber nur noch für blanken Protest zu stehen. Während Frauke Petry noch im Jahr der Bundestagswahl 2017 die Spitzen der europäischen Konservativen nach Koblenz einlud und die AfD dadurch eine gewisse Anerkennung gewann, hat es kein vergleichbares Unterfangen in den letzten fünf Jahren gegeben. Tichys Einblick war demnach die einzige deutsche konservative Vertretung bei einem Treffen, bei dem sich die Zukunft der europäisch-konservativen Parteien zumindest für die nächsten Jahre herauskristallisierte. Regionale, nationale und europäische Identität finden wieder den Ausgleich zueinander, das christliche Fundament tritt stärker in den Vordergrund, der Bezug zur eigenen Identität und Herkunft ist bestimmend. Das konservative Lager in Deutschland schwankt dagegen zwischen Populismus und Bräsigkeit oder der Sehnsucht nach einem preußenähnlichen Wiedergänger, der – wenig verwunderlich – bei den möglichen europäischen Verbündeten auf wenig Gegenliebe stößt. Man mag Deutschland als Sonderfall in Schutz nehmen, in dem das historische Meinungsklima noch mehr eingeschränkt ist als anderswo; doch angesichts der erdrückenden Macht der kommunistischen Partei über Jahrzehnte in Italien, die nahezu jeden kulturellen Sektor für sich absteckte und es schaffte, selbst den erfolgreichsten italienischen Autor der Nachkriegszeit, Giovannino Guareschi („Don Camillo und Peppone“), zu einer de facto nicht-existenten Person der Kulturszene zu degradieren, muss zumindest die Frage erlaubt sein, ob die Situation nicht doch vergleichbar ist; mit dem Unterschied, dass die italienische Rechte ab den 1990ern mit einer jahrzehntelangen Arbeit begonnen hat, indes in Deutschland ab den 1990ern sich Meinungsräume eher geschlossen als geöffnet haben. So gibt es in Deutschland auch keinen mit Nazione Futura vergleichbaren Think Tank von Jugendlichen, die als Konservative nicht aus dem Raster fallen, sondern anschlussfähig genug bleiben, um konstruktiv statt aktivistisch etwas in die richtigen Wege zu leiten und die linke kulturelle Hegemonie wenigstens stückchenweise abzubauen, ohne auf der anderen Seite umzukippen und zu anbiedernden Ja-Sagern des Mainstreams zu werden. Deutschland hat keinen konservativen Intellektuellen vom Format eines Marcello Veneziani, der mittlerweile als „italienischer Scruton“ gehandelt wird, und auch keine so gebildete und zugleich so unterhaltsame Geistesgröße wie Vittorio Sgarbi, der in einem Satz über die Tagespolitik spotten und im anderen über Raffaels Vater als verlorene Vorbildfigur europäischer Familienväter per se dozieren kann. Allein auf schriftstellerischem Feld fiele eine Geistesgröße wie Martin Mosebach ein; den übrigen konservativen Intellektuellen Deutschlands fehlt schlicht die Verbindung zum christlich-europäischen Konservatismus, wie er in Rom vibrierte. Sie folgen dem säkular-nationalliberalen Modell, das zumindest in den kontinentalen konservativen Gruppen mittlerweile zum angestaubten alten Eisen gehört. Deutschland hat damit jede Verbindung zum europäischen Trend verloren. Es war demnach kein Ausschluss deutscher Konservativer, denn vielmehr eine Bestätigung der eigenen Isolation. Deutschland tauchte in der Tagung als Beispiel für eine völlig in die Sackgasse laufende Energiepolitik ohne geopolitisches Fundament auf. Offenbar steckt nicht nur die, sondern auch der deutsche Konservatismus mit seinen aktuellen Vertretern in einer Sackgasse – oder auf einem selbstgewählten Sonderweg.
Marco Gallina
Auf der hochkarätigen Veranstaltung konservativer Politiker, Journalisten und Intellektueller aus ganz Europa wird deutlich, dass die Zukunft der konservativen Parteien abendländisch und christlich bestimmt ist. Melonis italienische Regierung könnte dabei eine Schlüsselrolle einnehmen. Die bitterste Botschaft aus Rom lautet jedoch: die deutschen Konservativen haben den Anschluss an europäische Entwicklungen verloren.
kolumnen
2022-10-03T07:28:35+00:00
2022-10-03T07:29:37+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/konservatismus/
Atomkraft aus: Deutschland schaltet ab
Drei weitere Kernkraftwerke wurden gestern abgeschaltet, um zum Jahreswechsel endlich Werte zu vernichten und die Stromerzeugung zu reduzieren: Gundremmingen, Brokdorf und Grohnde. Allein das 1985 in Betrieb genommene Kernkraftwerk Grohnde in Niedersachsen pumpte in der vergangenen Woche noch maximale Strommengen ins Netz und zählt zu den Kraftwerken, die weltweit am erfolgreichsten Strom lieferten. Am 7. Februar 2021 hat es die Marke von 400 Milliarden Kilowattstunden geknackt. Weltrekord! Das Ereignis soll mit einer großen »Abschaltparty« von Atomkraftgegnern gefeiert werden. Neben einem »Pastor gegen Atomkraft« ist auch dabei Rainer Sagawe vom BUND Hameln. Der hat in Hameln das erste sogenannte »Bürgerwindrad« mitgebaut. Dafür wurde »Omis und Opis« das Geld aus der Tasche gezogen angeblich für die Enkel, berichtet ein Kenner. Doch das Windrad liege jedes Jahr weiter unter seiner Prognose und verschlingt nur Geld – niedersächsische Energiezukunft. Die Abschalterei hat Folgen: In Kreisen der Energieversorger und Übertragungsnetzbetreiber berichtet man, dass in den Netzen ein starker Leistungsmangel herrscht und Netzreserven regelmäßig in Anspruch genommen werden müssen. Das Vorbeischrammen an sogenannten Lastabwürfen ist mittlerweile Normalzustand geworden. Die Übertragungsnetzbetreiber müssen immer häufiger jede letzte Megawattstunde von irgendwoher zusammenkratzen. Verantwortlich dafür ist aktuell Robert Habeck, der neue Superminister für Wirtschaft und Energie. Der kannte keine Hemmungen, »sein« Schleswig-Holstein mit Windrädern vollzupflastern, das Bundesland unbewohnbar zu machen und die Windkraft als Energieerzeugung der Zukunft zu preisen. So groß klaffte die Lücke allein in den vergangenen vier Wochen zwischen dem Stromverbrauch, wie sie die rote Kurve anzeigt, und der Leistung von Sonne, Wind- und Wasserkraft. Ohne konventionelle Kraftwerke wäre es ziemlich dunkel in Deutschland geworden. Doch eine Claudia Kemfert betont wie tibetanische Gebetsmühlen, es geht dennoch, es müssten nur noch mehr Windmühlen gebaut werden. Kemfert (»Unser gesamtes Wirtschaftssystem basiert auf einem extrem hohen Energieverbrauch: Energie ist das Blut der Volkswirtschaft.« ) sitzt im Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW und kämpft für Windmühlenflügel. 100 Prozent Strom aus Wind und Solarenergie seien möglich. Was allerdings aus 100.000 Windrädern bei null Wind herauskommen soll, hat sie noch nie erklärt. Eine weitere Folge: Strompreise, die so hoch sind wie nirgendwo sonst auf der Welt. Um die Schande zu übertünchen, wird die EEG-Umlage gesenkt. Das bezahlt der Stromverbraucher künftig über jene CO2-Steuer, die ab Januar um weitere 20 Prozent erhöht wird. Steuern für Luft zu erheben – der feuchte Traum aller politischen Systeme. Mehr Lug und Trug geht kaum. Die Preise für Energie kennen auch künftig nur eine Richtung: steil bergauf. Denn zusätzlich werden sich auch die Preise für Gas teilweise verdoppeln. Viele Gasverbraucher haben bereits entsprechende Ankündigungen erhalten. Gesagt und beschrieben ist alles. Die Bilanz: In Deutschland haben Grüne die letzten Atomkraftwerke abgestellt, zugleich Milliardenwerte zerstört und die Versorgung eines Industrielandes mit preisgünstiger und immer verfügbarer Elektrizität ruiniert. Die Nachbarländer reihum planen neue Kernkraftwerke nicht zuletzt im Hinblick nach Deutschland. Dort wird es eine Menge Geld zu verdienen geben, wenn Energie geliefert werden muss. Im Augenblick allerdings verfügen Nachbarn wie Frankreich und die Schweiz selbst nicht über genügend Energie, die sie nach Deutschland schicken könnten. Sehr einengend auf die Transportleistungen wirken auch die Grenzkuppelstellen, über die die Ströme nach Deutschland fließen sollen. Diese Kinder des Wahnsinns haben auch dafür gesorgt, dass Deutschland nahezu seine gesamten Kompetenzen in Kernphysik verloren hat. Immerhin wurde hier die Kernspaltung entdeckt und wesentliche Grundlagenforschung geleistet. Heute werden Kernreaktoren in China und Russland gebaut, China exportiert diese Anlagen und wird sie vielleicht in Zukunft auch nach Deutschland liefern und hier betreiben. Der Deutsche kaufe sich zuerst eine Bahnsteigkarte, bevor er Revolution mache, soll einst Lenin gesagt haben. Heute kauft er Notstromaggregate, wenn so etwas wie »Grundlast« von gestern ist. Doch die sind ausverkauft, Lieferzeit: sechs Monate.  
Natalie Furjan
Das Jahr 2021 hat vor Augen geführt, dass Wind- und Sonnenenergie nicht in der Lage sind, ein Industrieland wie Deutschland zu versorgen. Zum Jahreswechsel werden dennoch drei weitere Kernkraftwerke abgeschaltet.
meinungen
2021-12-31T15:57:55+00:00
2021-12-31T16:07:41+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/kernkraftwerke-deutschland-schaltet-ab/
Scholz, Merz, Habeck und Weidel im Quadrell auf RTL – Merz für Koalition mit Grünen, SPD
Eines muss man dem dramatisch abstürzenden Sender RTL lassen: Mit dem „Quadrell“ hat er den öffentlich-rechtlichen Polit-Sendungen gezeigt, wie es geht, wenn man will. Ganz einfach, ganz ohne durchgecastetes Publikum und vorab feingesiebte pseudo-zufällige Fragesteller. Ganz einfach mit zwei Moderatoren und vier Kanzlerkandidaten. Die Moderatoren sitzen, die Gäste müssen stehen. Der Rest ist Inhalt. Der ganze Rest? Nein. Ein kleiner Kanzlerkandidat weigert sich standhaft, die Fakten-Dicke zu halten: Robert Habeck, der allen Ernstes für die Grünen als Kanzlerkandidat antritt. Bei einem Habeck ist der ganze Rest selbstverständlich weniger Inhalt als vielmehr offensives Grübeln, Stammeln und Wohlfühl-Murmeln. Seinen manierierten Habitus treibt er an diesem Abend allerdings derart auf die Spitze, dass er bisweilen wie ein Literat auf Dope wirkt. Und so viel wissen wir aus jüngsten Leseproben: Ein Literat ist er nicht. Von Habeck kommen beeindruckende Sätze wie: „Ich empfehle den Faktencheck. Die erneuerbaren Energien machen den Strom günstiger.“ Oder auch: „Die billige Energie aus Russland, die hat Putin abgestellt. Das hat uns die Energiepreise versaut und hoch gemacht.“ Politik in einfacher Sprache. Doch auch der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kann beeindruckende Sätze. Beispiel Thema Migrationskrise und Abschiebung: „Wir haben ja einen Abschiebeflug organisiert. Ein ganzer Abschiebeflug hat stattgefunden.“ Das meint er nicht als Witz oder satirisch oder irgendwie negativ. Nein, er will damit prahlen. „Ein ganzer Abschiebeflug hat stattgefunden.“ Der Zuschauer sitzt fassungslos vor dem Schirm. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz setzt den Kontext: „In vier Tagen kommen so viele, wie in einem Monat abgeschoben werden. Die deutsche Bundesregierung ist die einzige in Europa, die immer noch Flüchtlinge aus Afghanistan holt. Jetzt lesen wir heute in der Zeitung, dass die Bundesregierung das endlich mal stoppen will. Heute! Kurz vor der Bundestagswahl.“ Habeck hat es offenbar nicht so mit Zahlen und Fakten. Er wirft ein, es seien „ja nur ganz wenige“. Und die Plätze seien „reserviert für die, die unsere Alliierten waren“. Alice Weidel, Co-Chefin der Alternative für Deutschland (AfD), blickt in die Zukunft: „Wir werden die illegale Migration stoppen.“ Sie hat auch etwas gegen die neudeutsche Umformuliereritis, die sich in den vergangenen Wochen breit macht. „Sie ist nicht irregulär, sondern sie ist illegal.“ Merz mäkelt: 300 Millionen Euro Entwicklungshilfe zahle Deutschland an die Taliban. „Warum machen wir das, ohne mit den Taliban darüber zu sprechen? Frau Baerbock weigert sich, diese Gespräche zu führen.“ Nicht das einzige Mal, dass er mit der AfD-Frau Weidel an diesem Abend auf einer Linie ist. Die hat einen schweren Stand. Nicht ganz so schwer wie üblich bei ARD und ZDF, aber doch bemerkenswert. So muss sie beispielsweise minutenlang erklären, wie und wo sie amtlich gemeldet ist und wo sie Steuern zahlt, in Deutschland oder in der Schweiz. Günther Jauch nimmt sie geradezu ins Verhör. Als sie erklärt, dass sie ganz regulär und ausschließlich in Deutschland versteuert, macht sich allgemeine Enttäuschung breit. Nächstes Thema: Gauland, Ehrenvorsitzender der AfD, und sein Zitat von der Nazizeit als „Fliegenschiss“ der deutschen Geschichte. Wir lernen: Auch RTL ist sich nicht zu schade, mit uralten Kamellen aktuelle Punkte sammeln zu wollen. Das gelingt allerdings nur mittelmäßig. Weidel empfiehlt, den Zitierten selbst einzuladen, und weist Scholz, der sich über Gauland geradezu in Rage redet, sauber in die Schranken: „Schauen Sie, Sie können mich hier heute Abend beleidigen, wie Sie wollen. Sie beleidigen damit Millionen von Wählern. Mich trifft das überhaupt nicht. Ich repräsentiere diese Stimmen nur. Schreiben Sie sich das bitte hinter Ihre Ohren.“ Es ist nicht das einzige Mal, dass Scholz sich eine Watsch’n holt an diesem Abend. Als er sich ein anderes Mal in die AfD-Frau verbeißt, haben die Moderatoren ihre liebe Müh’. „Lassen Sie mich doch nicht aufstehen!“, ruft Pina Atalay, nur, um eine Sekunde später ihr Pult zu verlassen: „Jetzt muss ich doch noch aufstehen.“ Sie stellt sich vor den gut einen Kopf kleineren Scholz und stoppt seinen Redefluss mit schierer, persönlicher Präsenz – so schlank und zierlich sie auch ist. Nicht gerade der beste Moment für ihn. Der Kanzler, ein alter, schwacher Mann. Als sich Merz zur AfD äußern soll, greift Günther Jauch zu einem alten Zitat des CDU-Recken. „Wer sich eine Natter an den Hals holt, den beißt sie halt irgendwann tot.“ Merz sei 1,98m groß, sagt Jauch. „Wie hoch hängt die Natter denn schon an Ihrem Körper?“ Merz ist von so viel Privatfernseh-Chuzpe leicht überfordert: „Gar nicht, Herr Jauch!“, stammelt er. „Wir halten uns das weit vom Leib.“ Atalay setzt nach: Sogar die Amerikaner würden die CDU ermahnen, dass es keinen Grund für Brandmauern gebe. Daraufhin beweist Merz eindrücklich, dass er als Kanzler bei den Amerikanern wirklich schlechte Karten hätte. Denn er lässt sich zu dem Satz hinreißen: „Ich lasse mir doch nicht von einem amerikanischen Vizepräsidenten sagen, mit wem ich hier in Deutschland zu sprechen habe.“ Habeck setzt später sogar noch einen drauf: „Wir sind ja nicht hörig von Wahlempfehlungen von zweifelhaften Vizepräsidenten.“ So zerlegt sich die Runde fein säuberlich ohne weiteres Zutun. Während Weidel mit klaren Zahlen ihr Konzept für ein neues Deutschland ausbreitet, hacken die drei anderen wahlweise auf ihr oder – versehentlich – auf den anderen beiden herum. Merz kritisiert Habeck und Scholz: „Da stehen diese beiden, die die größte Wirtschaftskrise der deutschen Nachkriegsgeschichte zu verantworten haben.“ Scholz wirft ein: „Ich dachte immer, das wär‘ Putin.“ Auch diesen Satz meint er anscheinend ernst. Weidel schaut amüsiert zu. Als zwischen Habeck und Merz der Streit entbrennt, geht es plötzlich um alles Mögliche, von Agrar-Diesel bis zu Nord-Korea. Weidel lacht. In Richtung Merz sagt sie: „Hier wird deutlich: So wird er seine Politik nicht umsetzen können. Das war hier ein Offenbarungseid.“ Und direkt an Merz: „Sie eiern hier rum um die Koalitionsfrage. Sagen Sie’s doch: Habeck soll Wirtschaftsminister werden, der unser Land ruiniert hat, der es deindustrialisiert. Sie werden es nie umsetzen können, und das wissen Sie auch. Damit täuschen Sie ihre Wähler.“ Die CDU „zementiere“ sich in linker Politik ein. Habeck lässt noch irgendwas mit Putin fallen, passt ja irgendwie immer. Und Merz lächelt so honigkuchenpferdchen-eingefroren, als sei er gerade von einem legendären Comic-Zeichner wie Don Martin (Mad) oder Gerhard Seyfried als Grinse-August verewigt worden. Sein Wahlkampfmanager beißt derweil hart ins Kissen. Ein paar Habeck-Zitate sind so schön – man muss sie einfach für die Nachwelt erhalten: Zur Wirtschaft: „Aufhören rumzuheulen. Zuversicht ist Arbeit an der Hoffnung.“ Zur Migration: „Die Debatte, sie krankt daran, dass die Menschen ja nunmal hier sind.“ (Ob Merkel dafür Tantiemen fordert, wird sich zeigen) Zu Alice Weidel: „Sie haben es immer noch nicht verstanden. Sie haben ja kein intellektuelles Problem, weil sie sich Putin unterwerfen würden.“ Ein Scholz-Bullshit-Bingo haben wir auch. Bitteschön: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Energiepreise unten sind.“ „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch in Zukunft stabile Renten haben werden.“ (Ob Norbert Blüm dafür Tantiemen verlangt – ebenfalls offen) Und ein Merz-Bingo, weil es so schön ist: „Diese Wirtschaftspolitik wird nicht fortgesetzt. Punkt. Herr Jauch.“ „Wir müssen die Bremsen lösen, wir müssen die Fenster öffnen.“ Bei Weidel geht Scholz komplett auf Kurs Aggro. Er redet sich in Fahrt: „Sie wollen Kohle und Gas auf Staatskosten einkaufen. Das nenn’ ich mal ’n Konzept. Super Konzept. Großartig ausgedacht. Ganz toll. Sie machen heiße Luft. Sie reden nur rum.“ Weidel kontert trocken: „Sie reden rum. Vor allem waren Sie drei Jahre lang in der Regierung. Und Sie haben Politik gegen die Bevölkerung gemacht.“ Was bei Scholz auffällt: Er lobt auffällig und wiederholt die Europäische Zentralbank, wie er es schon in den vergangenen Wochen getan hat. Sie habe „richtigerweise die Zinsen erhöht“. Steht da etwa irgendein Posten in Aussicht für die Zeit nach seiner Kanzler-„Karriere“? Jauch spricht ihn derweil eiskalt auf seinen Cum-Ex-Gedächtnisverlust an. Scholz versucht, es abprallen zu lassen. Es sei kein Gedächtnisverlust. Er habe gesagt, was er weiß. Doch Merz dreht das Messer in der Wunde nochmal ganz langsam weiter: „Aber den Gedächtnisverlust, den können Sie doch nicht bestreiten.“ Scholz kleinlaut: „Ich sage immer nur, was ich erinner’.“ Der Höhepunkt der Sendung kommt so ziemlich zum Schluss: Merz wird nach seinen möglichen Koalitionspartnern gefragt. Die AfD schließt er aus, an die FDP glaubt er nicht, aber mit Grünen und SPD werde man verhandeln. Habeck bestätigt, Scholz wird gar nicht mehr gefragt. „Mit einem Wirtschaftsminister Habeck werden Sie Ihr Programm nicht umsetzen können“, bilanziert Weidel, unwidersprechbar. Es ist ein Volltreffer Schiffsmitte, Langer Kreuzer Merz schlingert seinem Schicksal entgegen. Als Habeck gefragt wird, ob er denn „zum Wohle des Landes“ abtreten würde, um die Grünen noch attraktiver für die CDU zu machen, fragt er: „Was ist denn das für ’ne komische Frage?“ Jauch und Atalay antworten im Chor: „Wieso ist die komisch? Ist doch berechtigt.“ Jauch ergänzt: „Wenn es von der CSU heißt, dass Sie der entscheidende Problembär sind …“ Für einen Habeck klingt diese Existenzfrage völlig absurd: „Sie können mit aller Liebe nicht das Problem der Union auf mich übertragen. Das Problem Markus Söder hat Herr Merz allein.“ Am Bundeszähltag am 23. Februar wird sich zeigen, wer welches Problem hat. Am 23. Februar ist die Urnenwahl zum Bundestag. Liegen Sie mit Ihrer Prognose besser als die Demoskopen? Machen Sie mit bei der TE-Wahlwette!
Fritz Goergen
Es war einer der besseren Polit-Talks. Vor allem, weil es kein gecastetes Klatschvolk gab. Beim RTL-Quadrell bemühten sich die Vertreter der schwarz-rot-grünen Einheitspartei, sich nur ein bisschen zu kritisieren, um keine Koalitionsfähigkeit zu demontieren. Das gelang nur mittelgut. Die lachende Vierte: Alice Weidel.
feuilleton
2025-02-17T06:40:11+00:00
2025-02-17T07:24:18+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/scholz-merz-habeck-weidel-quadrell-rtl/
Verbände und Behörden werben für das Neun-Euro-Ticket
Den Freitagnachmittag wählen Pressestellen gerne, um unangenehme Nachrichten zu verstecken. Die Zeitungen sind dann schon geschrieben und die Funkmedien erhalten weniger Aufmerksamkeit, da die Hörer und Zuschauer schon mit dem Kopf im Wochenende sind. Dieser Freitagnachmittag könnte ein günstiger Termin für den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sein. Der muss noch die Verkaufszahlen des Neun-Euro-Tickets im Juli loswerden. Zwischendrin sorgt das Statistische Bundesamt nochmal für positive Schlagzeilen zum Neun-Euro-Ticket: „Seit Einführung des 9-Euro-Tickets weiterhin deutlich mehr Reisen im Eisenbahnverkehr ab 30 Kilometern im Vergleich zu 2019“, textet das Amt in seiner eigenen Überschrift. Der Dreh wird von einigen Zeitungen bereits dankbar aufgenommen. Dabei lässt die Auswertung einige Fragen offen, wie das Amt selbst einräumt. Die Telefongesellschaft Telefónica hat dem Statistischen Bundesamt die Mobilitätsdaten seiner Kunden zur Auswertung bereitgestellt. Anonymisiert, wie das Amt versichert. Aus den Daten des Anbieters der Telefongesellschaft hat das Amt entsprechende Bewegungsprofile entwickeln lassen. Telefónica hat laut eigenem Geschäftsbericht im Jahr 2020 rund 43 Millionen Menschen in Deutschland mit Anschlüssen versorgt. Überschrift und Ergebnis des Statistischen Bundesamtes lassen den Schluss zu, dass Nutzer das Neun-Euro-Ticket eher für touristische Fahrten einsetzen. Dies klingt plausibel. Was allerdings auffällt: Im Juli 2019 begannen die Sommerferien im Schnitt deutlich früher als 2022. Das habe dazu geführt, dass Anfang Juli die Reisezahlen auf Strecken über 100 Kilometern leicht zurückgegangen seien, sagt das Amt. Bei einer touristischen Nutzung des Neun-Euro-Tickets hätte der Ferienbeginn aber eher zu einem Anstieg der Fahrten führen müssen. Erklärungen gibt das Bundesamt dazu keine. Möglich, dass Bahn-Nutzer in dieser Zeit auf das Flugzeug als öffentliches Verkehrsmittel setzten und ihre Zeit am Strand statt auf Bahnschienen verbrachten. Aber das ist Spekulation. Die offenen Punkte in der Auswertung des Statistischen Bundesamtes lassen Raum für diese. Wichtiger wird ohnehin die Frage sein, wie viele von denen, die sich im Juni ein Neun-Euro-Ticket gekauft haben, das im Juli wieder tun wollen. Vielleicht gibt es die Pressemitteilung dazu ja an diesem Freitag.
Ferdinand Knauß
Den Freitagnachmittag wählen Pressestellen gerne, um unangenehme Nachrichten zu verstecken. Die Zeitungen sind dann schon geschrieben und die Funkmedien erhalten weniger Aufmerksamkeit, da die Hörer und Zuschauer schon mit dem Kopf im Wochenende sind. Dieser Freitagnachmittag könnte ein günstiger Termin für den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sein. Der muss noch die Verkaufszahlen des Neun-Euro-Tickets im
daili-es-sentials
2022-08-12T06:06:53+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/neun-euro-ticket/
„Europa“ als Beschwörungsformel
Unmerklich, aber mit erstaunlicher Geschwindigkeit hat sich die politische Landschaft verschoben. Zumindest gilt das für die „Themen“, auf die der tonangebende Block in Politik, Wirtschaft und Kultur setzt, um seine Hegemonie zu behaupten. Es ist eigentlich nur ein Thema – gewissermaßen nur ein Wort – auf das in diesen Wochen die ganze Politik zusammenschrumpft: „Europa“. Mit der Größe „Europa“ soll das entscheidende Gefecht veranstaltet werden, um die Opposition definitiv auf eine Randgröße zu reduzieren. Zugleich soll ein europäischer Imperativ errichtet werden, in dessen Schatten all die Mühen der Ebene, die die regierende Mehrheit nicht bewältigt, aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden. Die Überschuldung, an der man sich Zähne ausbeißt, soll sich auf einmal, wie durch wundersame Fügung, dadurch erledigen, dass man sie „europäisch“ angeht. Desgleichen die grenzüberschreitende Massenmigration, wo die heutigen Probleme der Abwehr an den Außengrenzen sich dadurch erledigen sollen, dass man „europäische“ Außengrenzen hat. Ähnliches gilt für die hartnäckigen Probleme, die es bei der Bekämpfung des Terrorismus, bei der Deindustrialisierung ganzer Länder oder bei der zunehmenden Krisenanfälligkeit der Infrastruktur gibt. Alle diese realpolitischen Aufgabenfelder, die sich in den verschiedensten Größenordnungen zwischen kleinräumig und großräumig erstrecken, sollen nun durch eine politische Verschiebung bearbeitet werden, von der man eigentlich nur sagen kann, dass sie irgendwie eine Verschiebung „ins Große“ ist. Ja, das neue Politikthema der Regierenden bedeutet, wen man es einmal nüchtern auf seinen sachlichen Kern bringt, nichts anderes als ein Größe-Versprechen. Suggeriert wird, dass die heutigen Probleme nur durch einen größeren Politikrahmen lösbar seien. Und in dem Moment, wo man diesen Kern der laufenden Europa-Kampagne einmal so nüchtern betrachtet, wird eigentlich sofort klar, dass das nicht klappen kann. Das Superthema „Europa“ ist eigentlich ein Nonsens. Es ist eine Beschwörungsformel und auch eine Flucht vor der Realität. Eine Flucht ins Große. ◊◊◊ Die neue Beschwörung des Großen – Die Beschwörung des Großen ist historisch nichts Neues. Sie appelliert an jene Milieus in der Mitte der Gesellschaft, die über keine wirklichen Erfahrungen mit den Bedingungen und Grenzen großräumigen Handelns hat, aber sich doch gerne vom „Großen“ (und vom Mitreden auf höchsten Kommandohöhen) faszinieren lässt. So kehrt das, was man früher bisweilen als „kleinbürgerlich“ bezeichnet hat, heute in neuer Gestalt bei unseren globalisierenden „urbanen Mittelklassen“ wieder. Tatsächlich ist im Inneren unserer Metropolen der Glaube an europäische Lösungen (und andere Global-Themen) viel stärker als in der Peripherie. Hier findet auch ein merkwürdiger Spagat statt: Auf der einen Seite nehmen, beruflich und privat, die Einzelexistenzen zu, aber ausgerechnet diese glauben gerne, einen unmittelbaren Zugang zu globalem Wissen und Entscheiden zu haben. Dieser Unmittelbarkeits-Glaube kennt keine institutionellen Grenzen und Vermittlungen mehr. Hier ist man unmittelbar zum Weltganzen. Von dieser Art ist der Glaube, der jetzt „für Europa“ marschieren soll, ohne Rücksicht auf die Verbindlichkeit von Verfassungsstaaten, Volkswirtschaften und Sprachkulturen. Diese Verbindlichkeit soll nur noch als „nationalistische“ Engstirnigkeit gelten. ◊◊◊ Eine Umkehr der Bringschuld – Mehr noch, man macht diese angebliche nationalistische („populistische“) Engstirnigkeit dafür haftbar, dass das Wundermittel „Europa“ nicht zum Zuge kommt. Man tut so, als habe man bereits bewiesen, dass „mehr Europa“ die richtige Antwort ist. Und dies Gute, das schon auf dem Weg ist, würde nun durch den bösen „Nationalismus“ aufgrund irgendeiner dämonischen Macht zu Fall gebracht. Das ist die neue Dolchstoßlegende. Hier ist oft zu hören, dass es bei so großen Themen in der heutigen Politik (und Wirtschaft) vor allem auf „Vertrauen“ ankomme. Und dass die bösen Nationalisten eben dies Vertrauen zerstörten. Merken Sie, verehrte Leser, den Trick? Unter der Hand haben diejenigen, die nicht mehr von den Anforderungen der politischen Verbindlichkeit sprechen, sondern von „Vertrauen“, die Bringschuld umgekehrt. Eigentlich müsste das europäische Projekt beweisen, dass es eine verbindliche und haftbare Einheit sein kann. Wenn es aber um Vertrauen geht, müssen Sie, die Bürger, sie als Vorschuss geben. Die Bringschuld liegt bei Ihnen. Und wenn das große Europa scheitert – dann sind Sie schuld … ◊◊◊ Die Europawahlen als Beschwörungswahlen – Von dieser heimtückischen Art ist die Beschwörungsformel „Europa“. Auch die Kampagne, die jetzt anlässlich der kommenden Europawahlen geführt wird, lebt im Grunde von einer Umkehr der Bringschuld. Statt zu beweisen, was ein Einheitseuropa besser machen kann, beschwört diese Kampagne nur eine angebliche Gefahr, die irgendwie in den Nationen Europas schlummert. So wird zum Beispiel in den zahlreichen Europa-Reden, die der französische Staatspräsident Macron seit 2017 gehalten hat, die Beschwörungsformel „Europa“ immer mehr zur Negativ-Beschwörungsformel des „Nationalismus“. ◊◊◊ In der Großeinheit „Europa“ lauert die Willkür – Aber hat Macron in seinem Brief an die „Bürgerinnen und Bürger Europas“ vom 5. März nicht weitreichende institutionelle Reformen vorgeschlagen? Ein genauerer Blick in den Text (unter anderem erschienen in „Die Welt kompakt“ vom 5.3.2019) zeigt, dass Macron die Frage nach allgemein-verbindlichen Entscheidungen und nach einer staatlichen Gesamtverantwortung auf europäischer Ebene überhaupt nicht beantwortet. Stattdessen schlägt er eine Reihe von zusätzlichen Räten und Agenturen vor (eine „Agentur zum Schutz der europäischen Demokratie“, einen „Europäischen Rat für innere Sicherheit“, einen „Europäischen Innovationsrat“ usw.). Er schlägt also eine Parallelstruktur neben den verfassungsstaatlichen Strukturen der EU-Mitglieder vor. Diese Parallelstruktur ist ein Rückschritt bei der Verbindlichkeit, bei der Transparenz und bei der Verantwortlichkeit staatlicher Strukturen. Macron erzeugt seine politische „Größe“ also nur dadurch, dass er alle republikanischen Mindestanforderungen aufgibt. Seine europäische Politik ist eine Politik ohne Staat. Eine Politik, in der die Willkür regiert. Man sollte den tiefen Zorn, der sich in Frankreich gegen den Parvenu Macron ausgebreitet hat, hierzulande ernst nehmen. ◊◊◊ Warum die Europa-Beschwörung auch für Deutschland eine Gefahr ist – Die französische Regierung profiliert sich „europäisch“, und die deutsche Regierung hat diesem Kurs nichts Substanzielles entgegenzusetzen. Berlin beschränkt sich darauf, einigen Vorschlägen nur halb zuzustimmen – aber in der Grundrichtung „mehr Einheits-Europa“ ist man mit Paris einig. So ist es zu einer Art europäischem Führungsduo gekommen. Das wird gerne als deutsch-französische Freundschaft verstanden, aber mit Deutschland und Frankreich hat die Vision „Europa“ gar nichts im Sinn. Die beiden Nationen zählen dort ja gar nicht mehr, sondern sind unter den Generalverdacht gestellt, Brutstätten von Nationalismus und Krieg zu sein. Aber ist es nicht umgekehrt: Werden sich nicht gerade in dem Riesenkomplex des Einheits-Europas unkontrollierbare Mächte bilden? Wohnt hier nicht schon eine zunehmende Willkür von „Richtlinien“ und „Verordnungen“, für deren Folgen in den Ländern Europas niemand verantwortlich ist? ◊◊◊ Die Richtungsfrage, nüchtern gestellt – Man sollte Propaganda-Alternative „europäisch oder nationalistisch“ durch die nüchterne Frage ersetzen, welche Größe für verbindliche politische Entscheidungen und verantwortungsfähige staatliche Einheiten angemessen und zukunftsfähig ist. Oder anders gesagt: Brauchen wir jetzt in Europa eine Mehr an Einheitlichkeit oder ein Mehr an Pluralismus? Dazu gehört auch die Bestandsaufnahme, wo zwischen Einheitlichkeit und Pluralismus das heutige Gebilde namens „Europäische Union“ einzustufen ist. Denn die Beziehungen in Europa haben sich seit den 1950er Jahren mehrfach stark geändert. Das heutige EU-System ist etwas fundamental anderes als die Europäischen Gemeinschaften, die als Antwort auf die Erfahrungen zweier Weltkriege geschaffen wurden. Die forcierte Verflechtung des heutigen EU-Systems kann für sich gar nicht beanspruchen, die Friedensantwort auf zwei Weltkriege zu sein. Insbesondere nach 1989 wurde die Vereinheitlichungs-Schraube stärker angezogen, und sie hat uns das beschert, was nun als „Europa“ gelten soll.
Redaktion
Brauchen wir jetzt in Europa eine Mehr an Einheitlichkeit oder ein Mehr an Pluralismus? Dazu gehört auch die Bestandsaufnahme, wo zwischen Einheitlichkeit und Pluralismus das heutige Gebilde namens „Europäische Union“ einzustufen ist.
kolumnen
2019-03-15T13:28:34+00:00
2019-03-15T13:28:35+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/helds-ausblick/europa-als-beschwoerungsformel/
Klares Signal: AfD legt weiter zu – jetzt allein auf Platz 1
Das ist ein deutliches politisches Signal: Erstmals seit ihrer Gründung liegt die AfD in einer bundesweiten Forsa-Umfrage vor der Union. In der aktuellen Erhebung für RTL und n-tv erreicht die AfD 26 Prozent, während CDU und CSU zusammen bei 25 Prozent stagnieren. Diese Entwicklung markiert einen bedeutenden Umbruch in der politischen Stimmungslage der Bundesrepublik – und rückt insbesondere die AfD-Co-Parteivorsitzende Alice Weidel erneut in den Fokus. Die 44-jährige promovierte Ökonomin gilt als das strategische Gesicht der Partei, das bürgerlich-konservative Wähler ebenso anspricht wie Unzufriedene am rechten Rand des Spektrums. Die SPD bleibt stabil bei 15 Prozent, während die Grünen leicht an Zustimmung verlieren und mit 11 Prozent auf ihren tiefsten Stand seit Monaten fallen. Die Linke liegt bei 9 Prozent, das von Sahra Wagenknecht gegründete BSW sowie die FDP kommen jeweils auf 4 Prozent – womit die Liberalen um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen müssten. Trotz des Umfragehochs zeigt die Befragung zur Problemlösungskompetenz ein anderes Bild: Nur 12 Prozent der Befragten trauen der AfD zu, die großen Herausforderungen Deutschlands zu meistern – weit hinter der Union, der 21 Prozent diese Fähigkeit zuschreiben. Bezeichnend: Fast die Hälfte der Bevölkerung (47 Prozent) sieht keine Partei in der Lage, die aktuellen Probleme erfolgreich anzugehen – ein Ausdruck allgemeiner Politikverdrossenheit. Auch CDU-Chef Friedrich Merz kann nicht vollständig überzeugen: Nur 42 Prozent der Befragten trauen ihm eine bessere Regierungsführung als Olaf Scholz (SPD) zu. 53 Prozent glauben hingegen nicht, dass Merz das Land erfolgreicher führen würde. Unterstützung erfährt er nahezu ausschließlich aus den eigenen Reihen (86 Prozent der Unionsanhänger). Bei den Wählern anderer Parteien überwiegt Skepsis – darunter auch bei AfD-Wählern (22 Prozent Zustimmung), obwohl diese der Union insgesamt mehr Problemlösung zutrauen als ihrer eigenen Partei. Alice Weidel, seit 2022 gemeinsam mit Tino Chrupalla an der Parteispitze, profitiert maßgeblich vom aktuellen Höhenflug ihrer Partei. Ihr Image: sachlich, analytisch und rhetorisch stark und mit klaren Botschaften in der Migrations-, Wirtschafts- und Energiepolitik. Trotz kritisierter Auftritte gelingt es ihr, in Talkshows und Social Media als führende Stimme der Systemkritik aufzutreten. Kritiker werfen ihr vor, bewusst mit populistischen Tönen zu spielen. Befürworter sehen in ihr die erfolgreichste Strategin der AfD seit ihrer Gründung. Die Zahlen der Forsa-Umfrage vom 15. bis 17. April (Parteipräferenzen) sowie vom 16. und 17. April (Kanzlerfrage, jeweils mit über 1.000 Befragten) spiegeln eine deutlich veränderte politische Landschaft wider. Die AfD hat sich unter Alice Weidel zur stärksten Kraft im bürgerlich-rechten Lager entwickelt. Noch bleibt aber offen, ob  dieser Trend nachhaltig ist und ob daraus tatsächliche Regierungsoptionen erwachsen. Klar ist: Die Regierungsparteien stehen unter Handlungsdruck.
thomas punzmann
Friedrich Merz (CDU) hat ein massives Problem: Laut neuester Forsa-Umfrage legt die AfD weiter zu und kommt jetzt auf 26 Prozent – damit ist die Partei erstmals allein auf Platz 1.
daili-es-sentials
2025-04-22T12:26:27+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/afd-legt-weiter-zu-allein-auf-platz-1/
Der Zwergenaufstand gegen Ursula von der Leyen
Ein klein bisschen Demokratie ist beim Bukarester Gipfel der Europäischen Volkspartei gegen Ende nun doch aufgekommen: Die französische Delegation stimmte gegen Ursula von der Leyen, die sich, horribile dictu, als Spitzenkandidatin und erneute Anwärterin auf das Mandat der Kommissionspräsidentin bewirbt, und die Österreicher enthielten sich bei der Abstimmung über das neue Wahlprogramm ihrer Stimme. Das wird die Parteispitzen zwar ein wenig gestört haben, aber immerhin hatte die kleine Fronde den Kollateralvorteil, jedem, der es bezweifelt hätte, zu beweisen, dass schließlich immer noch alles „ganz demokratisch“ zugeht bei jenen europäischen „Konservativen“, deren wichtigstes Ziel es in den letzten Jahren zu sein scheint, eine so linke Politik wie möglich zu machen, ohne doch ihre Stammwähler ganz zu vergraulen. Insgesamt wird also wohl große Erleichterung die Führungsebene der EVP durchzogen haben, denn eigentlich war es schon ein gewisses Risiko, von der Leyen ein zweites Mal in den Ring ziehen zu lassen. Man erinnert sich daran, dass sie nach den letzten Wahlen in einem Hinterzimmerabkommen zwischen Juncker, Macron und Merkel bei völliger Missachtung der bisherigen Abmachungen über die Bedeutung der „Spitzenkandidaten“ wie ein etwas sperriges Kaninchen aus dem Zylinder gezaubert worden war, und auch diesmal hatte es Stimmen gegeben, die von einer Spitzenkandidatin der größten europäischen Partei zumindest verlangt hatten, sich auch als Parlamentarierin den Bürgern zu präsentieren und zunächst einmal einen demokratisch legitimen Sitz zu gewinnen – etwas, das bezeichnenderweise nie die Stärke der „mächtigsten Frau der Welt“ (Forbes) war und auch nun tunlichst unterlassen wurde. Was ist nun geschehen? Gerade in Frankreich ist die Personalie von der Leyen hochproblematisch, und das aus mehreren Gründen, wie die französischen EVP-Abgeordneten aus der Gruppe „Les Républicains“ in einem langen Brandbrief an EVP-Chef Manfred Weber erklärten. Zum einen gilt die CDU-Spitzenpolitikerin und Merkel-Vertraute im Volksmund seit jeher als eine von Berlin ferngelenkte Marionette und Technokratin, die zudem unter dem Deckmantel „konservativer“ Politik aktiv die Linksbegrünung der EVP und der gesamten Europäischen Union betreibe – ein Vorwurf, der gerade angesichts der massiven Bauernproteste gegen die Folgen des unter der Federführung von der Leyens entstandenen „Green Deal“ überaus schwer wiegt. Dazu kommt noch die freundschaftliche Unterstützung, welche Macron, Hassfigur Nummer Eins der statistisch überwältigenden Mehrheit der Franzosen, von der Leyen seit jeher hat angedeihen lassen, die dementsprechend als eine Art „U-Boot“ der Linksliberalen gilt: Außerdem sehen sich die französischen „Republikaner“ und Parteifreunde von der Leyens in der Zwickmühle, daheim zwischen den beiden Rechtsparteien Le Pens und Zemmours auf der einen Seite und dem ideologisch irrlichternden Macron auf der anderen Seite zerrieben zu werden: Schon jetzt besteht ein echtes Risiko, bei den Europawahlen weniger als 5 Prozent zu erhalten – ein wahrlich trauriges Ergebnis für die Erben des General de Gaulles, die vor gar nicht so langer Zeit noch absolute Mehrheiten einfahren konnten. Freilich macht dies die Entscheidung der Fraktion, geschlossen gegen von der Leyen zu stimmen, nicht wirklich mutiger: Ganze 7 Stimmen haben die „konservativen“ Franzosen noch innerhalb der EVP (gegen 18 für den „Rassemblement National“ Le Pens). Die Fronde der Republikaner war daher eher Prinzipsache und dürfte wohl auch vorher mit von der Leyen und EVP-Chef Manfred Weber durchchoreographiert worden sein. Von Anfang an war nämlich solchermaßen klar, dass von der Leyen, die sich noch nicht einmal gegen einen Gegenkandidaten wehren musste, die Nominierung gewinnen würde, dass von den 801 stimmberechtigten Abgeordneten (die Zahl wurde dann von der EVP kurioserweise mehrfach nach unten korrigiert) ohnehin nur 499 zur Abstimmung geschritten sind, während die übrigen lieber am Buffet geblieben sind. Dass von den 499 Mutigen dann 400 für, immerhin 89 gegen von der Leyen stimmten und 10 ungültig wählten, ist insgesamt alles andere als eine Auszeichnung. „82 Prozent Zustimmung“ wird zwar nun stolz durch die Medien getragen, aber bei einer Beteiligung von 62 Prozent lässt sich das Resultat auch so formulieren, dass 50 Prozent der stimmberechtigten gar nicht oder gegen von der Leyen gestimmt haben – ein etwas bedenkliches Ergebnis angesichts eines Wahlzettels, auf dem gut demokratisch nur ein einziger Name vermerkt war. Und gleich mit einer zweiten Fronde hatte der Parteitag aufzuwarten: Hier waren es die Österreicher der ÖVP, die sich dem neuen Wahlprogramm der EVP verwehrten – kein Wunder, rückt dieses die EVP doch (schon wieder) bis auf ein paar Lippenbekenntnisse einen weiteren Schritt nach links, was angesichts einer wieder erstarkten und im Gegensatz etwa zur AfD schon weitgehend salonfähigen und „entdämonisierten“ FPÖ den österreichischen Konservativen schlecht zu verkaufen ist. So sprach sich die ÖVP in ihrer Begründung gegen die geplante Abschaffung der letzten Veto-Rechte innerhalb der europäischen Institutionen aus und will auch die vollgültige Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in den Schengen-Raum lieber hinauszögern; in der Frage der Atomkraft überholt die ÖVP aber das EVP-Programm von links: Ihr wäre am liebsten eine völlige Schließung aller Zentralen. Doch handelte es sich hierbei wesentlich um Details, welche die ÖVP dann auch nicht zur Ablehnung, sondern nur zur Enthaltung geführt haben: Auch hier sollte vor allem das Gesicht gewahrt und elegant wienerisch sowohl nach rechts als auch nach links die eigene Autonomie bewiesen werden, ohne doch etwas Wesentliches an den Dingen ändern zu wollen. Insgesamt: Trotz leichter Risse schreitet die EVP weiter auf dem Weg voran, die Taktik der CDU nun auch auf das Parkett des Europäischen Parlaments zu übertragen; und rein wahltaktisch dürfte auch hier – vorerst – die Rechnung ebenso aufgehen wie weiland unter Dauerkanzlerin Merkel: auf der einen Seite die Rechte dämonisieren und somit für jegliche Koalition unbrauchbar machen; auf der anderen Seite die Christdemokratie zunehmend in die Mitte rücken und bei Grünlinks ohne weiteren Reibungsverlust andockbar machen, um somit auf viele Jahre, ja vielleicht Jahrzehnte mehr oder weniger „Große“ Koalitionen zu sichern, die um eine Beteiligung der EVP rechnerisch nicht herum können. Machterhalt vom Feinsten also – aber gleichzeitig das Todesurteil über das eigene ideologische Alleinstellungsmerkmal. Denn langfristig ist deutlich, dass die Menschen auf der rechten wie der linken Peripherie lieber das Original als die Kopie wählen und somit ein schleichender Glaubwürdigkeitsverlust einsetzt, der die Partei noch lange Jahre verfolgt, wenn er sie nicht vollends in die Bedeutungslosigkeit manövriert. Aber ist gerade das nicht ohnehin schon typisch geworden, nicht nur für die Politik auf europäischer, sondern auch nationaler Ebene, nämlich das langfristige Wohlergehen kurzfristigen Kalküls und Erfolgen zu opfern?
Natalie Furjan
Beim EVP-Kongress stimmte die französische Delegation gegen von der Leyen, und die Österreicher enthielten sich bei der Abstimmung über das neue Wahlprogramm. Das wird die Parteispitzen etwas gestört haben, aber die kleine Fronde hatte den Vorteil zeigen zu können, dass immer noch alles „ganz demokratisch“ zugeht bei jenen europäischen „Konservativen“.
meinungen
2024-03-08T12:04:23+00:00
2024-03-09T06:17:55+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/evp-gipfel-bukarest-gegen-von-der-leyen/
Zugeständnisse der EMA belegen betrügerische Absicht der Covid-Impfkampagnen
In einer Pressekonferenz des EU-Parlaments unter Vorsitz des niederländischen EU-Parlamentariers Marcel de Graaff verkündete dieser die Ergebnisse einer Anfrage bei der European Medical Agency (EMA; Europäische Arzneimittel-Agentur), in der diese zugab, dass die Covid-Impfstoffe nie für die Bekämpfung oder Reduktion von Infektionen zugelassen wurden, dass diese sogar die Wahrscheinlichkeit einer Infektion bei geimpften Personen erhöhte, und dass die EMA mit Nebenwirkungen und Erkrankungen kurz nach der Impfung rechnete. Das Eingeständnis der EMA bestätigt damit Vermutungen, dass die Impfkampagnen europäischer Regierungen nicht nur fahrlässig waren, sondern mutwillig Falschinformation in Umlauf brachten und damit schwerwiegende Gesundheitsrisiken in Kauf nahmen. De Graaf präsentierte gemeinsam mit Joachim Kuhs, seines Zeichens Europaparlamentarier der AfD, die Ergebnisse ihrer Anfrage an die EMA bezüglich der vielen Probleme rund um die Corona-Impfstoffe, sowie der daraus folgenden Aufforderung der Einstellung der Impfkampagnen, sowie des Entzugs der Impfstoffgenehmigung für die betreffenden Impfstoffe. Die nun vorliegende Antwort der EMA beinhaltete, so de Graaff, „schockierende Fakten“. — Norbert Häring (@norberthaering) November 22, 2023
D Boos
Auf Anfrage einiger EU-Parlamentarier gab die EMA zu, dass die Covid-Impfstoffe niemals zur Bekämpfung und Reduktion von Infektionen zugelassen wurden. Außerdem wurden Studien zu Nebenwirkungen bewusst unterwandert, indem diese nicht rechtzeitig gemeldet wurden. Ein Skandal erster Güte, der kaum jemanden interessiert.
daili-es-sentials
2023-11-24T14:15:34+00:00
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/ema-covid-impfkampagnen/
Der Schutz durch den Staat kann verhängnisvoll werden
«Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf» (homo homini lupus) sagt Hobbes; und damit sie sich nicht gegenseitig zerreißen, müssen sie allesamt ihre wölfische Gewalt auf eine gemeinschaftliche Institution, genannt «Staat» übertragen, der nun als der große Wolf all ihre Macht in sich vereinigt und sie, die zu Schafen gewordenen Einzeltiere, genannt «Bürger», überwacht, um ihre innere Wolfsnatur durch allgemein geltende Rechtsverhältnisse zu zähmen. In welcher Variation auch immer die neuzeitliche Vertragstheorie des Staates auftrat, eines ist allen gemeinsam: Die Macht des Staates ist eine direkte Funktion der Ohnmacht der Einzelnen, mit ihrer wechselseitigen Gefährdung umzugehen, also ihrer Schutzbedürftigkeit. Alle Staatsmacht legitimiert sich durch diesen Fehl und Mangel; und je gefährdeter und darum schutzbedürftiger sich die Einzelnen selbst erscheinen, desto größer die Machtübertragung an die staatliche Allgemeinheit, desto größer aber auch die Selbstentmündigung des Einzelnen, mit den Gefährdungen des Lebens autonom und selbständig umzugehen. In der Entwicklung des modernen Staates zum Fürsorgestaat qua Universalversicherung gegen alle Unbill erodiert die freie Kraft des Selbstseins, mit Gegensätzen umzugehen, Herausforderungen durchzustehen und daran zu wachsen. Der Mensch wird zunehmend verletzlicher, schutzbedürftiger – und veräußert seine Ohnmacht an die Therapie oder die politische Ideologie, die ein gegensatzloses Heil im universellen Guten verspricht. Wo sich die Legitimation der Regierungsmacht nicht mehr aus handgreiflichen inneren und äußeren Gefahren ergibt, müssen andere Gefahrenpotentiale – ob real oder imaginär – in Szene gesetzt werden: Es ist der geschichtliche Augenblick der Heranziehung von Infektionskrankheiten als Quelle staatlicher Selbstermächtigung, wie sie nach den gescheiterten Versuchen der Vogelgrippe (2006), dann der Schweinegrippe (2009) auch von der Rockefeller Stiftung (2010) theoretisch durchgespielt wurde und nun endlich: mit der Corona-Krise 2020 – auch Erfolg verspricht. Mit der neuesten Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IsFG), dem Entwurf eines 3. Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite (Drucksache 19/23944 vom 3.11. 2020), das am Freitag, den 6.11. in erster Lesung dem Bundestag vorlag, soll dem bisherigen «Verordnungsregime» auch nachträglich eine gesetzliche Grundlage gegeben werden, die eine massive Einschränkung von Grundrechten (Artikel 7) nach dem neu eingefügten § 28 a vorsieht und der alleinigen Entscheidungsgewalt des Ge-sundheitsministers untersteht. Der Schutz vor Infektionen, die zum allgemeinen Lebensrisiko gehören, wird damit erstmals zur Legitimation einer umfassenden Aufhebung von Grundrechten herangezogen (der Freiheit der Person, der Versammlungsfreiheit, der Freizügigkeit, der Unverletzlichkeit der Wohnung), die als Willkürakt der Regierung ohne zureichende sachliche Begründung verhängt werden kann. Entsprechend vermerkt die Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages: «Der Deutsche Bundestag ist mithin frei, (jeweils) eigene Kriterien für die Ausrufung der epidemischen Lage zugrunde zu legen. Die in § 5 Abs. 1 S. 2 IfSG angesprochenen „Voraussetzungen für ihre Feststellung“, nach deren Wegfall die epidemische Lage aufzuheben wäre, sind nicht durch weitere Merkmale unterlegt. Der Beschluss des Bundestages ist also maßgebend, unabhängig davon, ob tatsächlich eine epidemische Lage angenommen werden kann». Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! Das Schema sachlicher Unbestimmtheit und damit eines eklatanten Rationalitätsdefizites ist nicht neu; es folgt ganz dem Vorbild der von der WHO schon im Vorfeld der Schweinegrippe vollzogenen Aufweichung des Pandemiebegriffs, der nun nicht mehr die Schwere und Letalität («eine enorme Zahl von Todes- und Erkrankungsfällen»), sondern nur noch die vermutete (!) Infektionsgefahr beinhaltet. Aber es liegt auf der Hand, daßssnur die Schwere der festgestellten klinischen Verläufe und ihre Letalitätsrate den Alarmruf einer «Pandemie» rechtfertigt, der von der Allgemeinheit als angstauslösendes Bedrohungsszenario verstanden wird. Der Gesetzesentwurf widerspricht so den eigenen Begriffsbestimmungen des IsFG; und überspringt, ganz wie die veränderte Pandemiedefinition der WHO, auch die festzustellende Bedrohlichkeit einer Infektion. Sie besteht, nach dem IsFG § 2, 3a darin, dass «schwere klinische Verläufe» zu erwarten sind und die Infektion damit eine «schwere Gefahr für die Allgemeinheit» darstellt. Was bei Covid-19 außer für eine wohldefinierte Risikogruppe gerade nicht der Fall ist. Ist dann einmal unter Missachtung aller rationalen Grundlagen des IsFG eine «epidemische Lage» ausgerufen, die sich auf eine durch Massentests herbei inszenierte xte Welle beruft, dann folgt der Rest: die Aufhebung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – wie von selbst aus der Bevollmächtigung der Regierung und ihres Gesundheitsministers. Man würde erwarten, dass für Grundrechtseinschränkungen, die das ganze öffentliche Leben lahmlegen, besonders starke und evidenzbewährte Gründe geltend gemacht werden. Nichts davon ist der Fall – im Gegenteil, es bleibt so einfach und leicht, dass man noch nicht einmal auf die objektive Daten Rücksicht nehmen muss, die das eigene Institut, das RKI, liefert, aber politisch weisungsgebunden in jene alarmistischen Kundgebungen umkehrt, die zur massenspsychologischen Auslösung der Schutzbedürftigkeit politisch erwünscht sind. Die ideologische Kontamination von Wissenschaft und Politik und ihre medial flächendeckende Verbreitung kommt dann als grundsätzlicher Vertrauensverlust der Bevölkerung zum Zuge, der durch keine «Faktenchecker» mehr einzufangen ist. Besonders kurios wirkt dann, wenn im Begründungsteil des Gesetzesentwurfs (S. 18 ff.) auch noch das Grundgesetz selbst bemüht und behauptet wird, die Maßnahmen der Grundrechtseinschränkungen erfolgten «in Umsetzung der Gewährleistung des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit» (GG Art. 2.2.). Nun gilt aber als Rechtsgrundsatz, dass kein Grundrecht dazu mißbraucht werden darf, andere Grundrechte aufzuheben. Aber auch abgesehen davon ist es fraglich, ob der Infektionsschutz überhaupt dem «Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit» subsumiert werden kann. Denn dieses hat es in erster Linie damit zu tun, das staatliche Gewaltmonopol auf den Schutz der Allgemeinheit zu beschränken, etwa in der Bekämpfung von Gewaltverbrechen. Deren Urheber aber können dem Staate gegenüber keineswegs ein «Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit» gelten machen. «Gewährleisten» kann ein Mensch bzw. der Staat als menschliche Institution nur, worüber er verfügt, also ursächlich bestimmende Macht hat: Dazu gehört aber weder das Leben noch die körperliche Unversehrtheit oder Gesundheit, die als rein physisch-biologische Gegebenheiten weitgehend dem eigenverantwortlichen Handeln des Einzelnen überantwortet und vom Staate nur im Ausmaße seiner Möglichkeiten zu schützen sind. Sowenig es Sache des Staates ist, den Einzelnen vor Unfällen zu schützen, sowenig vor Krankheiten und Infektionen. Der Versuch, das Infektionsschutzgesetz unter das Grundgesetz Art. 2.2. zu subsumieren, könnte geradezu zynisch erscheinen angesichts der gesundheitlichen Schäden, die durch die Maßnahmen selbst bewirkt wurden und werden; nicht nur die Verschiebung von zahlreichen notwendigen Operationen (ca. 90 000 schon im Frühsommer), sondern all die Vernachlässigungen und Beeinträchtigungen der individuellen Gesundheitsfürsorge, die unzähligen Einzelnen in ihrer Lebensgestaltung und psychosozialen Existenzführung abgenötigt wurden. Ein Gesetzesentwurf, der sich in seinen Begründungen ad absurdum führt, wirkt zumindest – schamlos. Was als Ermächtigungsgesetz für den Bundesgesundheitsminister wie eine kindliche Trotzreaktion auf die wachsende Opposition der Corona-Maßnahmen erscheint («Jetzt erst recht»!), gerät zum Angriff auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, gegen den der Bürger nur noch sein Widerstandsrecht nach Grundgesetz Artikel 20 Absatz 4 geltend machen kann, «wenn andere Abhilfe nicht möglich ist». Diese Abhilfe aber kann aufgrund der politischen Identität von Parlamentsmehrheit und Regierung nicht aus dieser diffusen Einheit von Legislative und Exekutive qua Bundestag kommen, sondern allein von der Judikative, die damit unter dem erheblichen Erwartungsdruck ihrer Bürger steht, die grundgesetzliche Ordnung wieder herzustellen. Was geschieht, wenn sie dies nicht zustande bringt, liegt im Unwägbaren geschichtlicher Prozesse – nicht zuletzt der freien Selbstermächtigung der Bürger. Rudolf Brandner 
Sofia Taxidis
Der Bürger ist gut beraten, die Alarmglocken seines Freiheitsbewusstseins schallen zu lassen, wo der Staat sich immer dichter an ihn heran drängt, um ihn vor was auch immer zu «schützen». Denn alle Schutzübertragung ist Selbstentmächtigung.
meinungen
2020-11-16T16:03:18+00:00
2020-11-16T16:03:19+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/der-schutz-durch-den-staat-kann-verhaengnisvoll-werden/
Jenseits jeder Staatsräson
Vor den Februarwahlen gab es in Deutschland ein verbreitetes Gefühl, dass „etwas nicht stimmt“ im Land, und dass es kein „Weiter-so“ geben könne. Das war gewiss kein ganz klares und sicheres Urteil, aber es reichte, damit sich viele Politiker im Wahlkampf genötigt sahen, einen „Politikwechsel“ zu versprechen. Sie erweckten den Eindruck, dass nun Fehlentscheidungen korrigiert würden und sich mehr Realismus in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik durchsetzen würde. Doch dann geschah etwas ganz Anderes. Etwas genau Entgegengesetztes. Eine künftige Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD will die kommende Legislaturperiode von 2025 bis 2029 auf der Grundlage einer gigantischen Neuverschuldung des Staates bewältigen. Konnte man gerade noch hoffen, dass die kritische Lage des Landes zu einer begrenzenden Vernunft führen würde, wurden nun alle Grenzen staatlichen Handelns „geldpolitisch“ noch weiter aufgeweicht. Für diesen Mechanismus der Aufweichung steht die Devise „Whatever it takes“, die der italienische Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, ausgab, um die Schuldenkrise vieler Länder zu überwinden. Die Devise des „Koste es, was es wolle – wir tun es“ bedeutete, dass die EZB gigantische Garantiesummen aufbot, um die Schuldenstaaten zu „retten“. Und so geschah es. Allerdings hat diese „Rettung“ bis heute nicht dazu geführt, dass diese Länder ihre strukturellen Defizite überwunden haben. Und ausgerechnet diese großtönende Devise, die die tieferen Probleme eines Landes nur mit Geld zuschüttet, soll nun über den kommenden fünf Jahren die Führung der Staatsdinge in Deutschland bestimmen. Das kann man – mit Fug und Recht – als eine der größten Wählertäuschungen in der Geschichte der Bundesrepublik bezeichnen. Aber die Betrugs-Anklage bringt noch keine Klarheit über das, was Deutschland in der gegenwärtigen Situation fehlt. Es geht um die Aufgaben, die ein Staatswesen in einem modernen Land lösen muss – und die nur ein Staatswesen lösen kann. Um die Aufgaben, die nicht „dem Markt“ und auch nicht „der Gesellschaft“ überlassen werden können. Da liegt die wahre Dimension der jetzigen politischen Krise: Sie ist eine Krise des Staates. Es fehlt die Vernunft, die sich aus der Eigenart und den Beständen des Staates ergibt – die Staatsräson. ◊◊◊ Über die Vernunft des Staates (I) – Wenn von „Staatsräson“ die Rede ist, wird das häufig mit blindem Gehorsam (im Sinne von „jemanden zur Räson bringen“) verbunden. Aber es geht nicht um eine Herrschaft von Menschen über Menschen. Die Autorität, die der moderne Staat geltend macht, liegt in der Sache, dem Land und dem damit verbundenen Amt. Es geht um eine Allgemeinheit von Rechten und Pflichten. Eine solche Allgemeinheit kann nicht den ganzen Wohlstand oder das „ganze Leben“ bestimmen, sondern nur die sachlichen und geistigen Gemeingüter. Mit der Differenzierung der individuellen Güter haben die Gemeingüter nicht an Bedeutung eingebüßt, sondern haben sich in modernen Zeiten ihrerseits weiterentwickelt. Sie haben tragende „Infrastrukturen“ gebildet, deren ständige Erhaltung und Weiterentwicklung ein prägendes Merkmal und ein kritischer Maßstab für das politische Handeln ist. Der moderne Staat ist „stehender“ Staat und „Bestände“-Staat. Er verfügt nicht nur im personalen Sinn über einen millionenstarken „öffentlichen Dienst“, sondern auch im sachlichen Sinn über immense materielle und geistige Bestände. Darin ähnelt der Staat den modernen Unternehmen, aber er unterscheidet sich von ihnen dadurch, dass er nicht auf Wertschöpfung, sondern auf die Bedingung der Möglichkeit von Wertschöpfung gerichtet ist. Seine Leistung ist weniger eine Produktionsleistung als eine Tragleistung. Von daher bekommt der Begriff „Infrastrukturen“ seinen Sinn. Nur in diesem spezifischen Sinn kann man dann davon sprechen, dass der Staat ein „ganzheitliches“ Interesse vertritt. Aber es ist eine gegliederte Ganzheitlichkeit, wenn man die unterschiedlichen Ebenen des Staates – Bund, Länder, Gemeinden – mit ihren unterschiedlichen Größenordnungen und Zuständigkeiten berücksichtigt. Auf dem Feld des „Ganzen“ steht nicht alles von vornherein fest. Auch hier gibt es Versuch und Irrtum („try and error“). Der politische Prozess ist – wie der Markt-Prozess – ein Suchverfahren. Die staatliche Vernunft ist also ein durchaus komplexes Gebilde. Wie die unternehmerische Vernunft in der Marktsphäre vieles zu erwägen hat – hat in der politischen Sphäre die Staatsräson viel zu tun: Sie muss die Gegebenheiten und Möglichkeiten in ihrem ständigen Wandel beobachten, sie muss das richtige Maß für ihr Handeln finden und die Aufstellung des Staates immer wieder anpassen. ◊◊◊ Über die Vernunft des Staates (II) – Dabei regiert ein wichtiges Prinzip: Ein Staatswesen muss die Gemeingüter und Infrastrukturen aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln erhalten und weiterentwickeln. Diese Mittel gewinnt es aus den Steuern und Entgelten der Bürger, die aber nicht Zwangstribute an „die Mächtigen“ sind, sondern auf dem eigenen Beitrag beruhen, den der Staat zur Leistungsfähigkeit des Landes einbringt. Ein Staatswesen muss nicht die unternehmerische Produktivität haben, aber es muss etwas leisten, das zur Produktivität der Unternehmen und zur Lebensführung der Haushalte etwas Grundlegendes und Dauerhaftes beiträgt. Deshalb ist ein Grundgebot der Staatsräson, dass die Finanzierung der Staatsausgaben nicht dauerhaft außerhalb des regulären Staatshaushalts erfolgen darf. Eine Finanzierung durch Sonderschulden ist keine Lösung, sondern führt nur zu einer späteren erhöhten Rechnung. Sie führt also zu einer Notlage, in der die Bürger zu Zwangstributen herangezogen werden. Sonderschulden dürfen daher nur eingegangen werden, wenn nachweislich und greifbar eine so starke Prosperität in Aussicht steht, dass aus ihr die Sonderschulden beglichen werden können. Mit „gutem Willen“ und „Zuversicht“ sind die Anforderungen der Staatsräson nicht zu erfüllen. An dieser Stelle wird sichtbar, warum es so wichtig ist, die substanziellen Bestände, aus denen der moderne Staat besteht, zu erkennen und zu schützen. Mit diesen Beständen steht und fällt die Staatsräson eines modernen Staates. Und damit steht und fällt auch die Souveränität eines modernen Landes. An dieser Front muss sie verteidigt werden. ◊◊◊ Über die Vernunft des Staates (III) – An diesem Punkt zeigt sich auch, wie grundlegend die Beachtung von Grenzen für die Staatsräson ist. Das sind zum einen die inneren Grenzen. Der Staat kann und darf sich nicht mit allen Angelegenheiten der Bürger befassen. Er muss die Lösung vieler Probleme der Eigenverantwortung der Unternehmen und der Bürgerhaushalte überlassen. Zugleich muss die Staatsräson auch deutlich zwischen den inneren und den äußeren Angelegenheiten eines Landes unterscheiden. Das gilt sowohl für militärische oder zivile Interventionen im Ausland als auch für die Aufnahme von Migranten oder die Übertragung von Gemeingütern in fremde Hände. Was aus weltbürgerlicher Perspektive berechtigt erscheinen kann, muss aus Gründen der Staatsräson begrenzt und oft sogar ausgeschlossen werden. An dieser Stelle wird deutlich: Wer nicht von Grenzen sprechen will, verlässt den festen Boden der Staatsräson. Er verwickelt das Land in alle möglichen – inneren und äußeren – Abhängigkeiten. Er macht es zum Spielball der Ereignisse. Und er macht die politisch Verantwortlichen zu „Getriebenen“ von wuchernden Ansprüchen und Einflüssen. ◊◊◊ Wohin das „Whatever it takes“ führt – So sind wir nun an den Punkt des „Koste es, was es wolle“ gekommen. Aber die Konsequenzen werden noch unterschätzt. Für den beschlossenen gigantischen Schuldensprung müssen ab sofort und dann Jahr für Jahr Kreditgeber gefunden werden (zum Beispiel als Käufer von Bundesanleihen). Diese Schulden müssen bedient werden: Jedes Jahr muss (beim gegenwärtigen Zinsniveau) ein Zins von fast 3 Prozent an die Käufer überwiesen werden. Und diese Zahlung muss aus dem Staatshaushalt bestritten werden. Am Ende der Laufzeit ist dann die Rückzahlung des Gesamtkredits fällig, und sie muss ebenfalls aus dem Bundeshaushalt bestritten werden. Wird das erst problematisch „für unsere Kinder“, wie man hier und da lesen kann? Oh, nein, es wird schon für unsere Ersparnisse kritisch. Denn wo sollen die zusätzlichen Erträge und Einkommen herkommen, aus denen die Kredite in Höhe von knapp 1000 Milliarden erst bedient und dann zurückgezahlt werden? Sollen sie aus der Ukraine oder aus russischen Reparationen kommen? Sollen sie aus den erneuerten normalen Brücken und Bahngleisen kommen? Aus der teuren „erneuerbaren“ Energie? Oder gar aus den Elektroautos und Wärmepumpen? Das ist ja das hässliche Geheimnis hinter der so mächtig klingenden Ankündigung von „Zukunftsinvestitionen“ und dem „Europa muss es selber stemmen“ im Ukraine-Krieg: Dort warten gar keine zusätzlichen Ertragsquellen und sprunghaften Effizienzsteigerungen, aus denen die gigantische Neuverschuldung gegenfinanziert werden könnte. Wie kann man sich auf der einen Seite ständig auf extreme „Notlagen“ berufen – mit einem angeblich drohenden russischen Angriff auf Europa und mit einer angeblich drohenden Überhitzung des Planeten – und auf der anderen Seite die Lösung einfach mit Geld auf Pump kaufen wollen? Die Abwehr von Notlagen zahlt keine Zinsen. Bei diesem sogenannten „Befreiungsschlag“ handelt es sich weder um wirkliche Investitionen noch um eine Vermögensbildung, sondern um eine zusätzliche Belastung der jetzt noch bestehenden Vermögen. Das „Whatever it takes“ steht über dem Tor zu einer großen Vermögensvernichtung in Deutschland. ◊◊◊ Nur die Rückkehr zur Staatsräson führt da heraus – Das Prinzip „Whatever it takes” ist das direkte Gegenteil jeglicher Staatsräson. Das „Koste es, was es wolle“ besteht ja darin, von absoluten „Aufgaben“ auszugehen, bei denen man keinen Gedanken darauf verwenden darf, ob diese Aufgaben eventuell sinnlos und ruinös sind. Genau an diesem Punkt kann und muss eine Wende ansetzen – indem dieses Land endlich damit beginnt, die Aufgaben kritisch zu betrachten und sich aus ihnen zurückzuziehen. Das aber kann nur geschehen, wenn man sich positiv auf die Sichtweisen und Anforderungen bezieht, die die Substanz und die Vernunft eines modernen Staatswesens ausmachen. Es reicht ganz offensichtlich nicht, hier nur subjektive „Werthaltungen“ oder „Identitäten“ ins Feld zu führen. Deutschland braucht die objektive Autorität einer Staatsräson.
Fritz Goergen
Die gigantische Neuverschuldung bedeutet eine schwere Hypothek für die nun beginnende Legislaturperiode. Die neue Regierungsdevise „Whatever it takes“ ist so grenzenlos, dass sie die Grundlagen eines souveränen Landes angreift.
kolumnen
2025-03-21T08:26:09+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/helds-ausblick/staatsraeson/
Niederlande: Kippt die nationale Notlage das Asylrecht?
Die Leiche der 18-jährigen Ryan aus Friesland wurde am 28. Mai 2024 in Lelystad gefunden. Die junge Frau hatte angeblich die Familienehre schwer verletzt, woraufhin sie von ihren beiden Brüdern Muhanad und Mohammed (24 und 22) entführt wurde. Wenig später war sie tot, ermordet von ihren Brüdern, wie der Vater Khaled in einem Brief an die Tageszeitung De Telegraaf offen zugab. Er hatte seinen Söhnen den Auftrag dazu gegeben: „Die Fische sollen sie fressen, damit keine Spur von ihr zu finden sein wird.“ Kurz darauf reiste Khaled zurück in seine syrische Heimat, wo er am besten bleiben wird. In diesen Tagen begann die Verhandlung in dem Fall, der in niederländischen Medien breit diskutiert wird. Das Land will etwas aus diesen rechtlosen Zuständen lernen, ja, es hat seine Lektion schon gelernt, wie sich bei den letzten Wahlen zeigte, die ein neues Regierungsbündnis an die Macht brachten. Und diese neue Regierung will nun in der Tat Grundsätzliches ändern am niederländischen Asyl- und Einwanderungsrecht. Die unmittelbar umzusetzenden Vorschläge zum Asylrecht drehen sich dabei um die Unterbringung der Asylbewerber, die Befristung von Asylbescheiden und die Verschärfung vieler Verfahren. Daneben will man ärmere Haushalte durch einen Energiefonds unterstützen und im Jahr 100.000 Wohnungen bauen (darunter 290.000 Seniorenwohnungen bis 2030), kostenloses Schulessen beibehalten und 600 Millionen Euro für die Altenpflege ausgeben. Die Außenpolitik soll weitgehend unverändert bleiben. Spiritus rector des Ganzen ist ohne Zweifel Geert Wilders, dessen Partei für die Freiheit (PVV) der stärkste der Koalitionspartner ist und seit langem über die Themen Asyl und Islamisierung spricht. Die Spitzenkandidaten aller vier Partner sind aufgrund einer gemeinsamen Verständigung nicht selbst in die Regierung eingetreten. Asyl- und Migrationsministerin Marjolein Faber von der PVV will nun so bald wie möglich eine nationale Notlage ausrufen, um – wie während der Regierungsbildung versprochen – das „strengste Asylsystem aller Zeiten“ einführen zu können. Die Ausrufung eines nationalen Notstands ist dabei nur ein Teil der Strategie und für sich schon ungewöhnlich. Eine rechtliche Prüfung ist im Gange und laut der Ministerin auch schon abgeschlossen. Der Premierminister hielt am Freitag fest: „Ich denke, dass unser Vorschlag der Kritik standhalten kann.“ Faber macht die Krise mit den folgenden Sätzen anschaulich: „Die Menschen sind überlastet, die ganze Kette ist festgefahren, es gibt keine Häuser mehr. Wir müssen etwas gegen den Zustrom tun – und zwar sehr schnell.“ Die Ausrufung einer Asylkrise war Teil des Koalitionsrahmenvertrags gewesen. Die dann ergriffenen Maßnahmen sollen auch mittelfristig für eine Dauer von bis zu zwei Jahren gelten. Wäre die nationale Asyl-Notlage einmal eingeführt, dann hätte die Regierung viele Möglichkeiten. Das Ausländergesetz könnte zeitweilig aufgehoben werden. Dem Staat stünde es frei, vorerst keine weiteren Asylanträge anzunehmen. Das könnte dank Notstandsrecht auch durch königlichen Erlass, ohne Parlamentsdebatte, beschlossen werden. Im Unterhaus hätten die vorgeschlagenen Maßnahmen derzeit aber zudem eine klare Mehrheit, wie der Telegraaf anmerkt. Nur die linke Opposition, vor allem die sozialdemokratische Arbeitspartei (PvdA), GroenLinks (GL) und die linksliberale D66, führe hier ein „fanatisches Nachhutgefecht“, in dem sie die neue Regierung als „kalt“ und „rechtsextrem“ darstellt. Für die Linken gibt es nur eine Krise bei der Unterbringung von Asylbewerbern, vor allem seit Faber einem Teil von ihnen das staatlich bezahlte Bett, Bad und Brot strich (TE berichtete). Aber die Wohnungsnot ist auch in den Niederlanden kein neues Phänomen. Die Linken meinen, es gebe kein Problem, die Zahl der Migranten liege stabil bei jährlich etwa 40.000 Asylbewerbern. Welche Logik! Ihren Kritikern entgegnet die Fachministerin Faber: „Die Ausrufung einer rechtlichen Asylkrise ist ein normaler Teil des Einwanderungsgesetzes.“ Daneben wird die Regierung das Asylsystem so oder so grundlegend reformieren, und dies ab sofort. So will sie zeitlich unbegrenzte Asylgenehmigungen abschaffen und die Dauer der befristeten Erlaubnisse anpassen. Die Verfahren sollen allgemein sehr viel strenger werden, der Familiennachzug eingeschränkt werden. So werden volljährige Kinder nicht mehr nachreisen können. Es soll mehr abgeschoben werden, Einspruchsmöglichkeiten gegen Gerichtsurteile entfallen. Man ergreife „Maßnahmen, um die Niederlande für Asylsuchende so unattraktiv wie möglich zu machen“. Das – kurz vor Regierungsbildung noch beschlossene – Zwangsverteilungsgesetz wird abgeschafft, und über Asylanträge wird vorerst nicht entschieden. Erwartet werden außerdem Grenzkontrollen, die im Zweifel über das deutsche „Vorbild“ hinausgehen werden. Daneben will die Regierung schon nächste Woche in Brüssel einen Antrag auf ein sogenanntes „Opt-out“ aus der EU-Asylpolitik einreichen. Die teils erst im Dezember von der Regierung Rutte mitbeschlossenen Regeln des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sollen dann nicht mehr für die Niederlande gelten. Wird dem Antrag nicht stattgegeben, will die Regierung die Regelung nutzen, nach der ein Mitgliedsstaat 20.000 Euro zahlen kann, um die Übernahme eines EU-Asylbewerbers zu vermeiden. Sicher ist man sich in Den Haag offenbar nur über eins: Man wird in der gleichen Weise wie Ungarn keinen einzigen „umverteilten“ Asylbewerber aus Brüsseler Händen annehmen. Dazu ist der Platz am Deich zu knapp und teuer. Kurzfristig werden sich Asylbewerber auch darauf einstellen müssen, nicht mehr in Mietwohnungen untergebracht zu werden, sondern in Zimmern mit gemeinsamen Küchen und „Waschgelegenheiten“. Der Vorrang auf dem Wohnungsmarkt für sogenannte Statusinhaber wird abgeschafft. Wenn es mit der ungezügelten Zuwanderung so weitergehe, würden „im Jahr 2050 zwischen 21 und 23 Millionen Menschen in den Niederlanden leben. Viel, viel zu viele auf diesem kleinen Fleckchen Erde“, meinte die Abgeordnete der Bauern-und-Bürger-Bewegung (BBB) Claudia van Zanten.
Matthias Nikolaidis
Die neue Regierung hat ihre Pläne vorgestellt. Neben Energie und Wohnen geht es dabei vor allem um die Asylkrise, die man zur nationalen Notlage erklären will, um keine Anträge mehr annehmen zu müssen. Daneben sucht man ein Opt-out in Brüssel und will umgehend viele Verfahren verschärfen.
kolumnen
2024-09-15T10:53:20+00:00
2024-09-15T10:53:21+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/aus-aller-welt/niederlande-kippt-die-nationale-notlage-das-asylrecht/
Anne Will mit immer den gleichen Gästen Lauterbach und Söder
Normalerweise ist es für Journalisten ein Glücksfall, wenn gleich der Erste in einer Diskussion die Kernfrage des Abends stellt. Bei Anne Will war das die Anästhesistin und praxiserfahrene Intensivmedizinerin Carola Holzner, die auf die während der ganzen Sendung über im Raum stehende Frage: „Warum lassen sich so viele in Deutschland nicht impfen?“, antwortete: „Weil wir die Menschen nicht mitnehmen.“ Doch Anne Will ist eben Anne Will und bleibt sich treu. Warum Kritik zulassen, wenn die Schuldigen auch so von vornherein feststehen? Sogenannte „Impfverweigerer“, „Verschwörungstheoretiker“ und immer wieder Vorwürfe gegen eine zu wenig hart „durchgreifende“ politische Klasse. Und so zog es sich wieder wie immer, in einer Art Redundanz vorheriger Sendungen dahin. Ebenso hörte man aus dem Munde des TV-Corona-Spezialisten, dass jederzeit immer wieder neue Viren und Mutationen auftreten könnten. Stellt sich dem durchschnittlich gebildeten Zuschauer automatisch die Frage, warum man für derartige Überraschungen nicht heute schon über einen Ausbau der Intensivmedizin nachdenkt. Nur Anne Will fällt das nicht ein. Schon jetzt ist doch absehbar, dass aus Geimpften immer wieder mehr „Ungeimpfte“ werden mit dem gleichen Infektionsrisiko und Ansteckungsgrad. Das alles kann man nun wirklich nicht den „Ungeimpften“ von heute in die Schuhe schieben. Wo ist die vorausschauende Strategie? Und – die schon oft gestellte Frage harrt immer noch einer Antwort: Warum wurden Tausende von Intensivbetten erst in jüngster Zeit abgebaut? Wo sind die vielen Tausende Pflegekräfte? Was wäre erst los, wenn uns ein völlig neuer und aggressiverer Virus schockiert? Nein, der Bürger wird mit all dem allein gelassen – nicht nur „nicht mitgenommen“, wie es Carola Holzner eingangs charakterisiert, sondern nie ernst genommen oder gar respektiert. Jetzt soll es also doch eine allgemeine Impfpflicht richten, die von allen Politikern verneint wurde. Zwingen will man auch dann niemanden. Dafür sollen hohe Geldbußen die Zweifler zur Vernunft bringen. Wer genügend Geld hat, kann sich also freikaufen. Sage noch einer einmal etwas gegen die Zwei-Klassen-Medizin. Allgemeine Empörung bei Will auch über den Fackelmarsch vor dem Wohnhaus der sächsischen Gesundheitsministerin in Grimma. Selbstverständlich ist auch diese Art der Nötigung, die die Schwelle zur Gewalt überschreitet, mit aller Härte zu verfolgen. Seit 1933 habe es so etwas in Deutschland nicht mehr gegeben, hörte man – leider stimmt das nicht. Wenn wir schon in die Geschichte zurückgehen, war das sogenannte „Bauernlegen“ der SED-Agitationstrupps im Rahmen der Kollektivierungskampagne der DDR-Landwirtschaft im Sommer 1952 ein ebenso abstoßendes Gebaren. Zum Teil mehrere Tage und Nächte hindurch wurden die Gehöfte einzelner Bauern umringt, um sie mit Brüllkanonaden, Lautsprecherbeschallung und Drohungen zur Vergesellschaftung ihres Eigentums zu zwingen. Viele Landwirte sahen den einzigen Ausweg in der Flucht über die Grenze nach Westen. Die Folge war eine schwere Versorgungskrise im Frühjahr 1953. Doch noch einmal zurück zu Anne Will. Schon bald wird man nicht mehr zwischen Geimpften und nicht Geimpften unterscheiden können, weil beide sich durchmischend der gleichen Gefahrenlage ausgesetzt sein werden. Man gibt die Hoffnung nicht auf, dass dann auch bei Anne Will die verheerende und widersprüchliche Politik der letzten beiden Merkeljahre in Sachen Corona zur Sprache kommt. Vielleicht dann auch mit einer größeren Vielfalt der Meinungen.
Sofia Taxidis
Schon bald wird man nicht mehr zwischen Geimpften und nicht Geimpften unterscheiden können, weil beide der gleichen Gefahrenlage ausgesetzt sind. Ob dann bei Anne Will die verheerende und widersprüchliche Politik der letzten beiden Merkeljahre in Sachen Corona zur Sprache kommt?
feuilleton
2021-12-06T06:51:03+00:00
2021-12-06T07:21:32+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/anne-will-corona-lauterbach-soeder/
Schwedt als Schilda: Habecks Posse
Mit dieser Posse hat sich Robert Habeck selbst übertroffen – und das will schon etwas heißen. Im PCK Schwedt wird Rohöl zu Flugbenzin, zu Benzin, Dieselkraftstoffen und Bitumen verarbeitet. Das Rohöl kam bis zum 1. Januar 2023 durch die Pipeline Drushba aus Russland. Nicht die Russen tragen die Schuld daran, dass aus der Pipeline danach kein russisches Erdöl mehr floss, sondern Robert Habeck und Annalena Baerbock. Baerbock hatte in Riga im Frühjahr 2022 aufgetrumpft, dass sie kein russisches Erdöl und kein russisches Erdgas mehr haben wolle. Man hörte förmlich, wie sie dabei mit dem linken Fuß auf den Boden stampfte. Auch wenn Annalena Baerbock aus Pattensen sich in Riga so sehr an ihrer Rede berauschte, bereitete das nun wirklich niemandem im Kreml, weder Wladimir Putin noch einem Unterabteilungsleiter, noch dem Hausmeister, einen Kater – nur den Deutschen, nur Schwedt, nur den Uckermärkern und den Brandenburgern, aber auch den Berlinern und den Mecklenburgern. In der Uckermark werden sie sich am 22. September daran erinnern. Robert Habeck, der sich nicht von seiner ziemlich besten Parteifeindin Annalena Baerbock in der Flucht vor den fossilen Energieträgern überholen lassen wollte, und sich zudem von den Polen, mit denen er eher in gebückter Haltung und mit Kratzfuß wie mit dem Emir von Katar sprach, unter Druck setzen ließ, schritt zur Tat – so, wie es nur Robert Habeck kann mit jenem für die Grünen charakteristischen Aufwand von minimaler Fachkenntnis und maximaler PR-Kompetenz. Im Herbst 2022 wurden die 54 Prozent Anteile des Mehrheitseigners des PCK, der russischen Rosneft, unter die Treuhandverwaltung des Bundes gestellt. Beflissen reisten Habeck und Woidke im Herbst 2022 nach Schwedt und kündigten den staunenden Mitarbeitern herrliche Zeiten an. Auf die herrlichen Zeiten warten sie in Schwedt bis heute vergeblich. Zwischendurch wurde es sogar sehr unherrlich. Aber für die Grünen gilt ja die bekannte Maxime, dass es erst einmal schlechter werden muss, bevor es ganz schlecht wird. Man kann das alles auf TE nachlesen. TE dokumentierte Habecks Industrie-Soap damals detailliert. Ab 1. Januar 2023 nahm das PCK Schwedt auf Habecks Verlangen und mit Woidkes Billigung kein Erdöl mehr aus Russland ab. Die Folge davon war, dass die Raffinerie zeitweilig nur noch eine Auslastung von um die 50 Prozent hatte, nämlich nur das Rohöl verarbeitet werden konnte, das aus der Notleitung vom Rostocker Hafen kam. Die Polen hielten ihre Versprechen, Schwedt über den Danziger Hafen zu beliefern, von dem eine Pipeline zur Drushba lief, nicht voll umfänglich ein, bezogen aber selbst fleißig weiter russisches Erdöl aus der Drushba. Denn das Pipeline-Öl war vom Embargo ausgeschlossen. Vielleicht wussten Habeck, Kellner, Woidke und Steinbach das nicht, auf alle Fälle haben sie sich zum Nachteil des PCK Schwedt von den Polen zum Narren machen lassen. Inzwischen liegt die Auslastung dank des Erdöls aus Kasachstan um die 78 Prozent. Doch jetzt kommt das Beste. Bis heute ist Rosneft nicht enteignet, nicht verkauft. Wieder wurde die Enteignung verschoben, die Treuhandverwaltung des Bundes über die Rosneft-Anteile um ein Jahr verlängert. Offensichtlich agieren Habeck, Kellner, Woidke und Steinbach auf einer sehr dünnen rechtlichen Grundlage. Dem Vernehmen nach erhoffte sich Habeck, dass die Anteile für 3 Milliarden Euro verkauft werden können, doch Rosneft will 8 Milliarden. Diese Risiken könnten Interessenten wie Polens PKN Orlen abgeschreckt haben. Nun heißt es, dass der Investmentfonds Katars Rosneft die Anteile am PCK abkaufen würde. Gespräche sollen laufen. Doch wenn der Investmentfonds Katars tatsächlich kauft, heißt es: Ende gut alles gut. Und worum ging es jetzt eigentlich nochmal? Unterm Strich bliebe, stiege der Investmentfonds Katars ein, irgendwie alles beim Alten, außer, dass Habecks Posse das PCK und die deutschen Bürger an den Tankstellen viel Geld gekostet hat. Aber es ist ja nur Geld, wie der Philosoph Robert Habeck einmal bemerkte.
Klaus-Rüdiger Mai
Seit 2022 stehen die Rosneft-Anteile an der Raffinerie PCK Schwedt unter der Treuhandverwaltung des Bundes. Nun heißt es, dass Rosneft die Anteile an Katar verkaufen will, das wiederum an Rosneft beteiligt ist. So oder so würden die Russen also an Bord bleiben. Und Deutschland bleibt dabei außen vor.
meinungen
2024-09-13T12:12:53+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/habeck-schwedt-rosneft-katar/
Blackbox KW 7 – Narrhallamarsch!
So, das war’s dann wieder mal, Straßen-Karneval im Rheinland, oder wie es in München hieß: „Lichtermeer für Demokratie“. Das Motto überall das gleiche: fröhliches Bekenntnis zu unserer segensreichen Führung. ♦ Waren Sie schon mal in Biberach, verehrte Leser? Der malerische Landkreis ist bekannt für seine Klosteranlagen, Kirchen und Kapellen, schreibt die Stadtverwaltung. Wir ergänzen etwas nüchterner: Autokennzeichen BC, 35.000 Einwohner, im Landkreis 6.800 „Geflüchtete“, das „Himmelreich des Barock“ (wieder Stadtverwaltung) wurde soeben um 150 Wohncontainer (nicht Barock, eher Post-Moderne) bereichert. In dieser beschaulichen Idylle trug sich nun die aufsehenerregendste Aschermittwoch-Veranstaltung zu – beziehungsweise nicht, weil den Landwirten der Umgebung nicht nach Aschermittwoch zumute war, den haben sie schließlich das ganze Jahr. Jedenfalls winkten Ricarda Lang, Cem Özdemir und die Mao-Opas Trittin und Kretschmann angesichts der mit Pfefferspray besonders wütend gemachten Bauern

 ab und mussten ihre Scherzle anderweitig verbreiten. ♦ Weil die Bilder von bösen Protestierern solche von guten Protestlern konterkarieren, will SPD-Nancy Faeser „entschlossen bekämpfen“, was für sie wohl „Rechtsextreme“ sind (Landwirte, AfD, Werteunion, Corona-Leugner, Zweigeschlechtverfechter, generell Widerwortegeber). Netzwerke sollen zerschlagen, Einnahmen entzogen, Waffen (Mikrofone, Griffel, Computer, Kameras?) konfisziert und Versammlungen „möglichst untersagt“ werden.
 Das nahm die teils staatlich geförderte Antifa gleich zum Anlass, die Gründungsversammlung der Werteunion zu verhindern, sodass die neue Union auf ein Rheinschiff ausweichen musste. Das ZDF verhöhnte das faesergerecht als „Versteckspiel“. ♦ Apropos. Wir sind ja nur ein getreulicher Beobachter der politischen Lage, außerdem würden wir nie den Staat und seine Symbole (Regenbogenfahne) verspotten, aber sogenannte Satiriker, Humoristen oder Comedians müssen sich schon Sorgen machen. Denn „diejenigen, die den Staat verhöhnen“, so Nancy Faeser auf Twitter, „müssen es mit einem starken Staat zu tun bekommen“. Noch ist ungeklärt, ob auch Tatsachenbehauptungen jetzt als Verhohnepiepelungen gelten, wie etwa diese hier vom Söder Maggus: „Was unterscheidet meinen Hund Molly von Kevin Kühnert und Ricarda Lang? Mein Hund hat eine abgeschlossene Ausbildung.“ ♦ Von den Vertretern aller Spaßparteien einstimmig empört zurückgewiesen: Söders Verspottung von Umwelt-Steffi Lemke als „grüne Margot Honecker“. 
Schließlich macht sich die Steffi verdient um „konsequenten Klimaschutz, vorsorgende Klimaanpassung und eine intakte Natur“ (Eigenlob). Außerdem ist der Witz keiner, denn bei Honeckers Margot denken ältere DDR-Bürger wahrscheinlich eher an Dolores Umbridge oder Nancy Faeser. ♦ Überhaupt ist Söders Attacke der neuen Arbeitsteilung bei der Union geschuldet. Söder verspricht den Wählern „Nie mit den Grünen“ und führt die Minderleister permanent vor, während Homeland-NRW-Wüst schon mal andeutet, „Schwarz-Grün hat viel Potential“. Und Fritze Merz bastelt wohl schon an einem schwarz-grünen Kabinett. ♦ Natürlich lachen auch die SPD-Genossen gern einmal, wenn es etwas zum Schmunzeln gibt – sogar über Chef Olaf, den Spritzigen: Der glaubt, dass die SPD bei der nächsten Bundestagswahl siegen kann, „weil wir sehr viel geschafft haben, trotz einer unglaublich unsicheren Zeit“. Ganz der Humor, den Deutschland jetzt braucht. Uns gefällt ein Faeser-Scherz am besten. Ausgerechnet Nancy warnt vor einer „Verrohung und Vergiftung des Diskurses“.
 Köstlich. ♦ Bekanntlich ist die SPD über ihren Friedensschatten gesprungen und hatte einer (in Zahlen: 1) bewaffneten Drohne für die Bundeswehr zugestimmt, und das Verteidigungsministerium meldet inzwischen stolz, dass sie zu den „bis zu zwei Drohnen“, die unsere Armee von Israel geleast hat, weitere 140 unbemannte Flieger bestellt hat. Das ist schon mal ein Anfang, angesichts der „bis zu 10.000 Drohnen pro Monat“, die laut Bayerischem Rundfunk allein die Ukraine verloren haben soll. Unsere 140 Drohnen kosten allerdings 43 Millionen Euro, das ist doch mal eine ganze andere Qualität, da wird der Russe Augen machen. ♦ Wenn wir jedoch wider Erwarten, aber ordentlich berechnet, nach einem halben Tag keine Drohnen mehr haben sollten, wären Atombomben ein guter Ersatz. Das könnte sich jedenfalls die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl – Gott, wie heißt sie gleich? – vorstellen und Professor Siggi, ehemaliger SPD-Parteichef, übernimmt gleich mal die Initiative. 
Was sagen die Grünen? Friedenstauben zu Pleitegeiern? Atombomben, ja? Atomkraftwerke, nein? ♦ Gerührt schreibt Bild „So sehen Freunde aus“ unter ein Foto von Scholz, Baerbock und Selenskyj in Berlin und bejubelt eine „bilaterale Vereinbarung über Sicherheitszusagen und langfristige Unterstützung“, die Chef Olaf unterzeichnet haben soll. Der Inhalt der Vereinbarung bleibt den Bild-Lesern allerdings gänzlich verborgen. Ist damit lediglich die Zusage von „unter anderem“ 36 Panzer- beziehungsweise Radhaubitzen und 120.000 Schuss Artilleriemunition im Wert von rund 1,1 Milliarden Euro gemeint, die die Welt auflistet? 

Oder zählen auch Rentenzahlungen und die Finanzierung des ukrainischen Staatshaushalts dazu? Schweigen im Walde, laut übertönt von der Marschmusik auf der Münchner „Sicherheitskonferenz“. ♦ Hoffentlich haben die Russen nicht die jüngste Bestandsaufnahme des US-Wirtschaftsdienstes Bloomberg gelesen, denn im Krieg gilt noch mehr als im Frieden: Ohne Moos nix los. „Deutschlands Tage als industrielle Supermacht sind gezählt“, so die Erkenntnis aus den USA: „Die Energiekrise bedeutete für viele Betriebe den Todesstoß“, und „das politisch gelähmte Berlin scheint kein Rezept zu haben“. Was heißt da „scheint“? ♦ Wie beliebt die deutsche Justiz inzwischen bei Straftätern aus aller Welt geworden ist, zeigt der Fall eines irakischen Juwelenräubers, der sich nach erfolgreicher Flucht in die Heimat freiwillig zurück nach Hannover begab. 
Lieber Stuhlkreis und ein paar Monate Knast (wegen bewaffneten Raubüberfalls mit Schwerverletztem) in Allemannda als Irak ohne Bürgergeld. ♦ Wahlwiederholung in Berlin (nachdem TE „Unregelmäßigkeiten“ aufgedeckt hatte), und wir melden aus der Hauptstadt: ein Wahlvorstand besoffen, aber trotzdem Glück gehabt, beziehungsweise richtig ausgezählt. In Berlin bleiben SPD, Grüne, CDU und SED vor der AfD. ♦ Apropos. Liebe Berliner Leser, vielleicht können Sie der Berliner Polizei bei der Fahndung nach „männlich gelesenen Personen“ helfen, die eine offenbar anders gelesene Person homophob beleidigt haben sollen. Wir sind da noch mitten im Sprachkurs ‚Queer für Dummys‘ und wären wenig hilfreich. Schönen Sonntag! Nicht genug? Lesen Sie Stephan Paetow täglich auf https://www.spaet-nachrichten.de/
Natalie Furjan
Für die Grünen lautete das diesjährige Karnevalsmotto: Überall ist Biberach. Aber auch bei der CSU blieb der Humor auf der Strecke, wenigstens unser spritziger Chef Olaf, SPD, war mal wieder die Bombe…
kolumnen
2024-02-18T06:51:17+00:00
2024-02-18T06:51:18+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/blackbox/kw-7-aschermittwoch/
Hart aber fair: Wen würde Ihr Geldbeutel wählen?
Grundsätzlich ist die Idee nicht schlecht. Der Alleinunterhalter Alexander Tappert (verwandt mit Horst?) lässt die Hosen runter und Plasberg fragt die Parteien: Was können Sie für Herrn Tappert tun? So sieht‘s bei den Tapperts aus: Die Gattin betreibt ein kleines Geschäft, die drei Kinder sind im kostenintensiven Alter. Familien-Einnahmen 52.000 € im Jahr, Steuern 6.700 € (14,8%), netto bleiben etwa 45.000 €. In der Zeit vor dem Euro hätte man das als gutsituiert bezeichnet. Heutzutage sind keine großen Sprünge mehr drin. Und an Wohneigentum ist nicht zu denken. „Die Parteien“ waren bei Plasberg die CDU (Jens Spahn), die FDP (Christian Lindner), die SPD (Manuela Schwesig) und die Linke (Dietmar Bartsch). Das war schon die erste Schwäche. Bevor die Linke in eine Bundesregierung kommt, taut zuerst das Eis in der Arktis weg. Das Treiben der Genossen in den Ländern – Paradebeispiel Berlin – ist bezeichnend. Also ist alles, was Dietmar Bartsch, der noch gewickelt wurde in der tiefroten Wolle der SED, heute nur im kapitalistischen Design, so egal, als wenn in Moskau eine Schneeschaufel umfällt. Manuela Schwesig weiß natürlich, wie teuer Kinder sind (wobei wir uns immer wieder die Frage stellen: Kostet die Privatschule für ihren Sohn wirklich nur 200 € im Monat? Dafür gibt es in München nicht mal einen Platz in einer mittleren Kita). Sie spielt ihr SPD-Forderungs-Programm gekonnt herunter. Aber wenn man dann hört, dass eine ihrer zahllosen Forderungen lautet „Endlich eine richtige Mietpreisbremse“, obwohl der verantwortliche Verfasser der ersten Variante aus ihrem sozialdemokratischen Dilettantenstadl kommt, dann hilft das der Glaubwürdigkeit auch nicht. Der Wähler hat nun die Möglichkeit, mit dem Herzen oder dem Verstand (sprich mit dem Geldbeutel, plus ein wenig Gier) zu wählen. Für den Geldbeutel ist der Fall klar: Christian Lindner soll es sein, obwohl, auch mein Geldbeutel fühlt Verlust und Schmerz und erinnert daran, dass uns zuletzt Guido W. mit fulminanten Versprechungen auf‘s Kreuz gelegt hatte. Irgendein Facebooker durfte dann über die Kapitalertragsteuer schimpfen, wo Leute „mit einem Anruf viel Geld verdienen, aber maximal 25% auf die Gewinne zahlen“. Die Nummer würden wir auch gerne mal anrufen. Aber geschenkt. Spahn und Lindner sind einverstanden, solche Gewinne normal zu versteuern – außer man hält Aktien länger, etwa zur Altersvorsorge. Dann sollen die Gewinne steuerfrei sein. Ansonsten hatten alle Steuererleichterungen im Geschenkekoffer, sogar Manu, die den Spitzensteuersatz „für Leistungsträger“ (neues SPD-Wort!) erst ab 60.000 € Einkommen greifen lassen will. Lindner stellte noch den Soli zur Disposition. Jedenfalls stritten sich die vier am Thema entlang, bis Alleinunterhalter Tappert wieder den Blick auf die Wirklichkeiten lenkte. Etwa, dass Pflegefamilien 700 – 900 € pro Pflegekind erhalten, „normale“ Familien hingegen billig abgespeist werden. Alle wollen die Kinderfreibeträge erhöhen, in den Wohnungsbau investieren, die Kita-Gebühren und Steuern senken, und einer dabei noch die schwarze Null retten. Herr Tappert kriegt aber als Freiberufler trotzdem keinen Baukredit von der Bank. Weil die Regierung eine Wohnimmobilienkreditrichtlinie (Super Scrabble-Wort!) geschaffen hat. Vernünftiges Argument von Herrn Tappert: Wenn ich nachweisen kann, seit 10 Jahren immer pünktlich meine Miete gezahlt zu haben, das muss doch auch was zählen, vor allem, wenn der kaufen günstiger als mieten wäre. Jens Spahn machte den Scherz, selbst er hätte Schwierigkeiten, bei der Bank einen Kredit zu bekommen, wurde aber belehrt, dass Ironie im TV eine schwierige Sache sei. Schließlich duzte er den Dietmar, was zu spaßigen Spekulationen führte. Lindner konnte noch den Kalauer unterbringen, die SPD befinde sich auf Francois Hollande-Kurs, der selbst National-Ikonen wie Gerard Depardieu in die Flucht trieb. Dann kam noch ein wenig Rente. Da sieht es bei Herrn Tappert übrigens auch verdammt übel aus. Die Politiker waren sich einig, dass das mit der Rente recht kompliziert sei, und verschoben „einen großen Wurf“ auf später. Und Herr Tappert, wen würden Sie wählen? Kandidat 1, der Ihre Kinderfreibeträge erhöhen und den Soli abschaffen will? Oder Kandidat 2, dessen Partei  mit höchster Wahrscheinlichkeit in der Regierung bleibt, und bei dem es auch ein wenig mehr netto gibt? Kandidat 3, der für jedes Kind 150 € locker macht. Oder Kandidat 4, der mit Ihnen zusammen auf Milliardärsjagd gehen will? Uns bleibt die Hoffnung, dass alle Parteien das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, die steuerliche Belastung dürfe nicht über 50% steigen, nicht als freundliche Kann-Empfehlung betrachten. Die 50 Milliarden € für „Flüchtlinge“ haben die Herrschaften ja auch aus irgendeinem Hut gezaubert, mit schwarzer Null und fast ohne Steuererhöhungen.
Fritz Goergen
Für den Geldbeutel ist es Christian Lindner. Aber der Geldbeutel erinnert, dass uns zuletzt Guido W. mit Versprechungen auf‘s Kreuz legte. Hart aber fair.
feuilleton
2017-09-12T08:29:04+00:00
2017-09-12T08:29:08+00:00
https://www.tichyseinblick.de/feuilleton/medien/hart-aber-fair-wen-wuerde-ihr-geldbeutel-waehlen/
Der Glaube, es würde einen selbst nicht treffen
»What goes up, must come down«, sagt man im Englischen, und im Deutschen sagt man: Was hochfliegt, muss auch runterkommen. (Notiz: Die Varianten »hochfliegt« und »hoch fliegt« unterscheiden sich auf interessante Weise in der Bedeutung.) Am Dienstag, den 30. Oktober 2012, endete eine Hochzeitsfeier in der Nähe von Abqaiq (Osten Saudi-Arabiens, siehe Google Maps) deutlich anders als geplant. Zur Feier des Ereignisses hatte man aus der Hochzeitsgesellschaft in die Luft geschossen, wie es der dortigen Tradition entspricht (so wird etwa von reuters.com, 31.10.2012 berichtet). So weit man das Unglück rekonstruieren konnte, so die Berichte, hatten die Kugeln das Kabel einer Stromleitung gelöst, welches dann auf eine Metalltür fiel – 23 Menschen starben durch Stromschlag und 20 weitere wurden verletzt. Unfälle mit Pistolen- und Gewehrkugeln, die aus freudigem Anlass abgefeuert wurden, sind längst nicht so selten, wie jene, die sie abfeuern, in dem Moment meinen; es verwundert wenig, dass vor allem aus den gewehrfreudigen und zugleich medial gut dokumentierten USA über eine Zahl von Toten durch herabfallende Projektile berichtet wird. Am 1. Juli 2017 wurde ein dreizehnjähriger Junge von einer herabfallenden Kugel am Kopf getroffen, während er Basketball spielte – er starb (siehe chicagotribune.com, 10.7.2017 – nicht in der EU abrufbar). Am 1. Januar 2015 wurde ein 43-jähriger Mann von einer Kugel am Kopf getroffen, während er mit seiner Familie das Feuerwerk in Houston bewunderte – er starb (siehe reuters.com, 2.1.2015). Am 1. Januar 2010 wurde ein Junge kurz nach Neujahr von einer Kugel getötet, während er sich in einer Kirche befand; es wird vermutet, dass die Kugel das Kirchendach durchschlagen hatte (siehe etwa wsbtv.com, 1.1.2010). Man könnte die Liste fortsetzen. Alle diese Fälle haben gemeinsam, dass die Schießenden nie in »böser Absicht« handelten – die Schießenden wollten einfach nur feiern, ihrer Freude am Leben einen Ausdruck verleihen – kann das denn »böse« sein? Das deutsche Innenministerium plant, so wird berichtet (etwa welt.de, 29.5.2019, welt.de, 30.5.2019), »die Kompetenzen der Geheimdienste zu erweitern«; und – oh Wunder! – nun soll es auch einfacher sein, Journalisten geheimdienstlich im Blick zu behalten, ohne dass ein Richter vorher drüberschaut. Zu Deutsch: Wenn Sie mit einem Journalisten sprechen, der für seine Enthüllungsstories bekannt ist, und Sie ein auf Sie angemeldetes Smartphone in der Tasche haben, wäre es nicht das taktisch Klügste, davon auszugehen, dass niemand weiß, dass Sie gemeinsam an einem Ort sind. Einige Journalisten merken auf, und sie versuchen einen Gegenprotest zu wecken, doch es wird und will nicht gelingen. – Deutsche Journalisten haben weite Teile der Bevölkerung dazu erzogen, dass alle Zweifel am Regierungshandeln böse und rechts sind, und wer will schon rechts sein? Und, vor allem, haben sich nicht die Journalisten – nicht nur beim Staatsfunk – wie eine geschlossene Presseabteilung des Kanzleramts betätigt, ewig im Wahlkampf gegen Abweichler und Andersdenkende? Was sollte uns motivieren, für die Rechte von Journalisten einzutreten? Sehen wir einmal davon ab, dass es denkbar wenig gibt, was eine moralisch-gesellschaftliche Sonderstellung von Journalisten rechtfertigen würde! Journalisten haben die Mehrheit der Bürger dazu erzogen, willig zu ertragen, was auch immer die Regierung tut, bis hin in den Tod. Deutsche Journalisten betreiben seit einigen Jahren etwas, das als größte Quasi-Kampagne in Deutschland seit Ende des sogenannten »Dritten Reiches« bezeichnet werden kann – eine ununterbrochene Dämonisierung von Abweichlern und Andersdenkenden, welche die Handlungen der Regierung in Frage stellen. Was haben die Journalisten denn gedacht, dass passieren wird, nachdem sie die Mehrheit der Bevölkerung in den totalen Gehorsam gefaselt und die Andersdenkenden eingeschüchtert und ausgegrenzt haben? Dann wird die Regierung eben sagen: »Danke soweit, und jetzt ziehen wir die Kandare etwas an – für alle!« – In einem Text über Erdoğans Auftreten in Deutschland schrieb ich über Gutmenschen: »Wenn der nützliche Idiot nutzlos geworden ist, dann ist er eben nur noch ein Idiot.« – Ich überlasse es den heimlich mitlesenden Journalisten, selbst zu beurteilen, ob sie nützliche Idioten waren, einfach nur Idioten oder doch etwas ganz anderes. Auf gewisse Weise wirkt der Staatsfunkler Mario Sixtus (ZDF) wie ein extra ehrlicher unter den Journalisten – er fordert inzwischen offen etwas, das an eine Diktatur erinnert, die keine Rücksicht aufwenden kann bezüglich »privatem Eigentum oder persönlichen Lebensplanungen« (@sixtus, 30.5.2019/archiviert) – man fragt sich, wie viele Leute beim deutschen Staatsfunk ähnlich schalten, aktuell aber nur zu feige sind, es zu äußern. Was in die Luft fliegt, kommt auch wieder runter. Journalisten, die das Volk auf Gehorsam und Unterwerfung drillen, welche den blinden Gehorsam preisen und das Selbstdenken zu bestrafen suchen, wären nun wirklich selbst für Journalisten außerordentlich naiv, zu meinen, der Kelch der schleichenden Entdemokratisierung würde an ihnen vorbeigehen. Manche Nachricht liest sich heute wie eine herabfallende Pistolenkugel, und oft ist es recht einfach herauszufinden, wer eine von den Kugeln abgefeuert hat. Familienunternehmen, die für »Weltoffenheit werben«, was Code ist für »Grenzen auf, wir zahlen alles!« (siehe handelsblatt.com, 26.3.2019) – und dann doch doof finden, dass der Staat so viel Geld braucht, um das alles zu finanzieren (handelsblatt.com, 30.5.2019: »Unionsfraktionschef Brinkhaus erteilt weiteren Steuersenkungen eine Absage«), und dennoch das Land verkommen lässt – so ist das mit den Kugeln, die man in die Luft schießt! In Berlin findet am kommenden Sonntag wieder die Al-Kuds-Demo statt, und damit wird Berlin wieder einmal zur Hauptstadt des Antisemitismus in Europa (siehe etwa tagesspiegel.de, 30.5.2019); einige derer, die nun über den offenen Antisemitismus mitten in Berlin schockiert sind, haben durch ihr Toleranz-Islamophobie-Hat-nichts-mit-nichts-zu-tun-Gefasel den gesellschaftlichen Rahmen geschaffen, innerhalb dessen auch antisemitische Demos mitten in Berlin erst möglich wurden – auch hier gilt die Metapher: so ist das mit den Kugeln, die man in die Luft schießt! Ja, man könnte viele, viel zu viele Beispiele listen – das Prasseln der niederfallenden Kugeln, metaphorisch gesprochen, wird dichter und lauter. Pistolenkugeln fliegen in Parabeln. Einige derer, die von herabfallenden Pistolenkugeln getötet werden, sind Kinder, die eigentlich mit etwas Abstand zum Geschehen zugeschaut hatten, an der Hand ihrer Eltern. Viele Opfer des neuen deutschen Wahns waren selbst keineswegs daran beteiligt – zum Teil sind es Kinder, die glücklich hätten aufwachsen können, wenn sie nicht in eine weitere Periode deutscher Verwirrung hineingeboren worden wären. Dieser Beitrag erschien zuerst auf dushanwegner.com. Dushan Wegner (geb. 1974 in Tschechien, Mag. Philosophie 2008 in Köln) pendelt als Publizist zwischen Berlin, Bayern und den Kanaren. In seinem Buch „Relevante Strukturen“ erklärt Wegner, wie er ethische Vorhersagen trifft und warum Glück immer Ordnung braucht.
Sofia Taxidis
Was dachten Journalisten denn, dass passiert, nachdem sie die Mehrheit der Bevölkerung in den totalen Gehorsam gefaselt und die Andersdenkenden eingeschüchtert und ausgegrenzt haben? Dann wird die Regierung eben sagen: »Danke soweit, und jetzt ziehen wir die Kandare etwas an – für alle!«
meinungen
2019-06-01T11:36:11+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/der-glaube-es-wuerde-einen-selbst-nicht-treffen/
Die Zukunft der Parteien: Schlüsselpersonen
Da die meisten Menschen eine Grundneigung haben, Personen als Führungsfiguren anzuerkennen und gleichzeitig die Parteien bestimmte Schlüsselpersonen markenähnlich aufbauen und propagieren, und weil diese Schlüsselpersonen einen maßgeblichen Einfluss bzw. eine signifikante Macht haben, sei es in der Partei, sei es durch öffentliche Ämter, lohnt sich ein Blick zumindest auf einige dieser. Hierbei ist die Frage nach den tatsächlichen Fähigkeiten der entsprechenden Personen am hilfreichsten: Welche Tätigkeit außerhalb der Funktionärswelt, außerhalb der Medienwelt etc. käme in Frage? Beim Versuch der Beantwortung dieser Frage treten große Schwierigkeiten auf, die in den Biographien dieses Personenkreises der Parteien (z.B. Ursula von der Leyen, Annegret Kramp-Karrenbauer, Horst Seehofer, Andrea Nahles, Martin Schulz etc.) begründet liegen. Es ist nicht möglich, dieses Thema in der Form einer Analyse abzuhandeln; es wäre vielmehr nur in der Form einer sarkastischen Satire möglich. Daher entfällt dieser Abschnitt. Ein Einfluss anderer, potenzieller Determinanten ihres Verhaltes (z.B. eine solides Wertegerüst, Grundprinzipien, das Konzept des Bürgers etc.) ist statistisch nicht signifikant ermittelbar. Eine Fähigkeit zur Analyse oder gar Prognose ist ebenfalls nicht erkennbar, ihre Grenze scheint bei der Fähigkeit zur Mittelwertbildung zu liegen (das steht in einem gewissen Widerspruch zu ihrem Ausbildungszertifikat als promovierte Physikerin, vielleicht ein Artefakt, ein Ergebnis von juvenilem Fleiß?). Ein adulter Starrsinn sowie eine Lernresistenz sind stark ausgeprägt. In welchem Maße sie den Medienleuten folgt, könnte theoretisch getestet werden: Würden diese z.B. en Block die Idee lancieren und forcieren, dass alle Menschen aus Gleichberechtigungsgründen und Umweltgründen nur in einer grauen Einheitskluft aus recycelter Pappe herumlaufen sollten, würde ihre Reaktion auf diese Bürger-feindliche Forderung sofort die Antwort auf diese Frage aufzeigen. (Ich schätze die Wahrscheinlichkeit, dass sie dies, ohne mit der Wimper zu zucken, als komplett selbstverständlich unterstützen würde, auf 85%, würde es professionell und langjährig lanciert). Die punktuelle Betrachtung einiger Schlüsselparteifunktionäre hat ein verheerendes Bild ergeben. Diese sind aber keine Einzelfälle. Vielmehr ergibt sich folgendes Gesamtbild bzgl. der etablierten Parteien, gezeigt als Diagramm für eine repräsentative (aber fiktive) Auswahl einiger Parteifunktionäre: In diesem Diagramm sind auf der X-Achse die Fähigkeiten der Parteifunktionäre aufgetragen, den Aufgaben gerecht zu werden, die sie haben, und in der Vertikalen das tatsächliche Handeln im Sinne der Bürger, es handelt sich hierbei um meine Einschätzungen. Es sind zwar einige Parteien-abhängige Unterschiede erkennbar, aber im Mittel muss festgestellt werden, dass die Fähigkeiten in keiner Weise ausreichen, um die Aufgaben zu erfüllen, sie sind überwiegend unter 0%. Ein Wert unter 0% bedeutet, dass die Fähigkeiten so gering sind, dass den Bürgern fast zwangsläufig ein Schaden entsteht. Eine +10% beim Handeln bedeutet, dass den Bürgern immerhin noch ein Nutzen von 10% entsteht. Ein Beispiel mag dies erläutern: +100% sowohl bei den Fähigkeiten wie beim Handeln im Falle einer Autowäsche bedeuten, dass jemand ein Auto gut waschen kann und dass es nach dem Waschen 100% sauber ist und schonend gewaschen wurde. +10% beim Handeln bedeutet, dass es schlecht gewaschen wurde, aber immerhin noch etwas sauberer ist als vorher. -50% bedeutet, dass es schmutziger ist als vorher und dabei noch z.B. etwas zerkratzt wurde. Bei -100% hat es zusätzlich noch eine Beule erhalten. Der Umstand, dass selbst bei positiven Fähigkeitswerten trotzdem meist ein negatives Handeln konstatiert werden muss, liegt darin begründet, dass die meisten Parteikader kein Interesse an einer Bürger-orientierten Politik haben, sondern an einer Eigeninteressen-orientierten. Es werden z.B. mehr Funktionärsposten geschaffen, die Regulierungsdichte erhöht, neue Steuern geschafften (z.B. Maut), statt das Rechtsgestrüpp zu entmisten etc. Die AfD ist nicht im Diagramm aufgenommen worden, da die Historie des tatsächlichen Verhaltens noch fehlt. Sehr auffällig ist das weitestgehende Fehlen von Kompetenz und noch mehr, der Kombination von Kompetenz und Handeln im Sinne der Bürger. Hier ist eine riesige Lücke, die in keiner Weise von den bisher etablierten Parteien gefüllt wird. Sie wird auch nicht aus der Funktionärsriege und noch weniger vom Funktionärsnachwuchs gefüllt werden können, da die entsprechenden Personen schlicht und ergreifend nicht in der Partei bzw. nur als einfache Mitglieder vorhanden sind. Das größere Bild im zeitlichen Ablauf zeigt folgendes Diagramm: Dieses Diagramm zeigt die Komplexität der Öffentlichen Angelegenheiten im Zeitablauf (meine Einschätzung). Die Erhöhung beruht auf einer zunehmenden Anzahl von Themenkreisen im Laufe der Zeit, auf einer zunehmenden Größe des Territoriums, auf einer zunehmenden Zahl von relevanten Playern und Menschen weltweit. Seit 1820 gibt es z.B. folgende neue Themenkreise / Domänen: Zunehmend mehr Technik und Wissenschaft, Sozialversicherungen, Papiergeldsystem, zunehmende Zahl von Menschen weltweit, Umweltthematik, Klimathematik, zunehmende Überalterung, Digitalisierung / Automatisierung durch Computer, zunehmende Migration etc. Die rote Linie zeigt die Fähigkeiten der jeweiligen Machtausübenden an, maßgeblich also seit 1919 solche von Parteien-Funktionären. Der Kontrast zu den Anforderungen war schon immer hoch, ist nach dem 2. Weltkrieg dann gerade noch einmal auf ein halbwegs erträgliches Niveau gestiegen und befindet sich seitdem im stetigen Sinkflug, letztlich nach unten nur durch die -100% Linie begrenzt (wobei diese genau genommen nicht absolut ist, nach unten ist immer noch Platz …). Die Kriegszeiten etc. wurden ausblendet, da das Diagramm hierfür ungeeignet ist. Vor allem seit ca. 1980-1990 ist der Durchmarsch von Personen, die sich nur noch als Parteikader sehen und nicht als Bürger in politischen Positionen, deutlich erkennbar. Der Umzug des Bundestages und der Ministerien nach Berlin hat diesen Effekt nochmals deutlich verstärkt, da er eine geistige Inzucht, eine negative Selbstverstärkung in der dort erzeugten Funktionärsparallelwelt (kritisch auch als „Funktionärspfuhl“ bezeichnet) sehr begünstigt hat und weiterhin tut. Der Umzug vieler Redaktionen und NGOs nach Berlin hat diesen Effekt nochmals deutlich verstärkt. Die unselige Geschichte Berlins als Sitz von zwei Diktaturen und zwei autoritären Systemen vor Ende 1989 hat sicher auch ihren negativen Beitrag geleistet, da sie ein negatives, herrisches und arrogantes geistiges Klima erzeugt. Das noch schlimmere Drama ist das immer extremere Auseinanderklaffen zwischen der Komplexität der Öffentlichen Angelegenheiten und den Fähigkeiten der Parteikader, vor allem in den letzten Jahrzehnten. Auch hier mag ein Beispiel aus der realen Welt hilfreich sein: Verkehrsflugzeugpiloten, wobei deren Anforderungen weniger gestiegen sind. Würden deren Fähigkeiten im gleichen Maße abgenommen haben, wie das bei Parteipolitikern der Fall ist, würden wir ständig, jeden Tag, solche Nachrichten wie die folgenden lesen: Bryan Hayes ist als Softwarearchitekt in der IT-Branche tätig. Das Thema wird in fünf Teilen dargestellt:
Fritz Goergen
Sehr auffällig ist das weitestgehende Fehlen von Kompetenz und noch mehr, der Kombination von Kompetenz und Handeln im Sinne der Bürger in den Parteien.
kolumnen
2018-03-18T17:39:02+00:00
2018-03-24T18:43:07+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/neue-wege/die-zukunft-der-parteien-schluesselpersonen/
Die EU auf dem Weg zum Imperium?
Die Vereinigten Staaten von Europa – endlich gibt es sie schwarz auf weiß. Die Nachricht peitscht bereits durch soziale Medien und Internetportale. Sie hat historischen Wert. Zwar kreiste vielen Liebhabern der Brüsseler Bürokratie schon seit Jahrzehnten Ähnliches durch die Köpfe. Es fand jedoch bisher nicht den Weg in einen Koalitionsvertrag. Die ganze Passage in ihrem strahlenden Kontext: „Die Konferenz zur Zukunft Europas nutzen wir für Reformen. Erforderliche Vertragsänderungen unterstützen wir. Die Konferenz sollte in einen verfassungsgebenden Konvent münden und zur Weiterentwicklung zu einem föderalen europäischen Bundesstaat führen, der dezentral auch nach den Grundsätzen der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit organisiert ist und die Grundrechtecharta zur Grundlage hat.“ Ein verfassungsgebender Konvent – das klingt doch fast schon nach Paulskirchenversammlung! Mit dem Schönheitsfehler, dass es keine Märzrevolution mit Volkswillen gegeben hat, die eine solche Transformation – der Begriff ist auch hier Kernelement – bisher gefordert hätte. Es scheint auch keinerlei Überlegung zu geben, was nach der Absegnung einer solchen Verfassung durch den Konvent geschieht. Als das letzte Mal eine EU-Verfassung ratifiziert werden sollte, stimmten bekanntlich die EU-Kernländer Frankreich und die Niederlande in einer Volksabstimmung dagegen. Die Ahnung greift Raum, dass nicht so sehr der Glaube an eine Zustimmung unter den europäischen Völkern gewachsen ist als vielmehr die Gewissheit, eine Zustimmung über andere Abstimmungsmodi zu erzwingen. Deutschland schloss damals ein Referendum über die EU-Verfassung aus. Deutschland schafft sich nicht nur durch Migration und mangelhafte Integration, tausendfache Abtreibung, Auflösung in unbekannte Geschlechter, Erosion der Werte, Vernichtung des Wirtschaftstandortes und Verachtung der Vergangenheit wie des Vaterlandes als solches ab; es gibt sich schlichtweg als Nationalstaat auf. Und das nicht mit Wehklagen, Melancholie oder aus der Einsicht ins Notwendige, sondern enthusiastisch jubelnd und mit dreifachem Hurra, wie wir es sonst nur aus den eher weniger helldeutschen Zeiten kennen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der jüngeren Vergangenheit immer wieder einen solchen Schritt als kaum mit dem geltenden Grundgesetz vereinbar bezeichnet. Das Grundgesetz ist kein positivistisches Handbuch, sondern besitzt Ewigkeitsklauseln. Zugegeben: Mit dem Grundgesetz sah es in den letzten Jahren düster aus, und das bereits lange vor Corona. Auch das Bundesverfassungsgericht hat an Ansehen in der Bevölkerung deutlich eingebüßt und sich in letzter Zeit nicht als eine Kraft betrachtet, die Legislative und Exekutive kontrolliert, sondern diese eher beratend begleitet. Es verwundert daher kaum, dass der Aufschrei, der die akademische Elite vom Juristen bis Politikwissenschaftler erfassen müsste, komplett ausbleibt. Wie so oft will Deutschland in Europa und der Welt vorangehen. Dabei sollte man nicht auf die Idee kommen, dass dieses von der Ampel erdachte Europa nur ein etwas fester gezurrter Staatenbund im Sinne des Deutschen Bundes oder des Heiligen Römischen Reiches ist. Im Eingangstext sagt die zukünftige Bundesregierung: „Eine demokratisch gefestigtere, handlungsfähigere und strategisch souveränere Europäische Union ist die Grundlage für unseren Frieden, Wohlstand und Freiheit.“ Dazu findet sich im Koalitionsvertrag ein Satz, der hellhörig macht: „Als größter Mitgliedstaat werden wir unsere besondere Verantwortung in einem dienenden Verständnis für die EU als Ganzes wahrnehmen.“ Die Frage ist natürlich, inwiefern dieser „Dienst“ im Sinne anderer Mitgliedsstaaten ist. Es läuft nach der Prämisse: Deutschland weiß, was für die EU gut ist, und die EU weiß, was für die anderen gut ist, ergo weiß Deutschland es besser. Die leise Ironie der Geschichte besteht also darin, dass die neue Koalition besonders europäisch sein will, indem sie anderen Ländern vorschreibt, was sie zu tun haben. Einige Passagen sind deutlich gegen Budapest und Warschau gerichtet. Etwa: „Wir werden den Vorschlägen der EU-Kommission zu den Plänen des Wiederaufbaufonds zustimmen, wenn Voraussetzungen wie eine unabhängige Justiz gesichert sind.“ Oder: „Wir setzen uns dafür ein und unterstützen, dass die EU-Kommission künftig auch Verfahren gegen systemische Vertragsverletzungen vorantreibt, indem sie einzelne Verfahren bei Verstößen gegen Rechtsstaatlichkeit gegen einen Mitgliedstaat bündelt. Wir wollen, dass die Rechte aus der EU-Grundrechtecharta vor dem EuGH künftig auch dann eingeklagt werden können, wenn ein Mitgliedstaat im Anwendungsbereich seines nationalen Rechts handelt.“ Damit die Bürger der neuen, souveräneren Union vor den Einflüsterungen EU-feindlicher Propaganda gefeit sind, stellt die zukünftige Regierung einen ganzen Maßnahmenkatalog vor: „Wir befähigen die liberalen Demokratien Europas dazu, Desinformation, Fake-News, Kampagnen, Propaganda sowie Manipulationen aus dem In- und Ausland besser abwehren zu können. Wir wollen das zivilgesellschaftliche Engagement durch die Stärkung gemeinnütziger Tätigkeit über Grenzen hinweg fördern.“ Zeitgleich beschwört der Koalitionsvertrag zum ersten Mal nicht nur die deutsch-französische, sondern auch die deutsch-polnische Freundschaft. Ein im Grunde erfreuliches Novum. Aber die Einschränkung muss sofort folgen, denn so ganz koscher ist die Passage nicht. „Deutschland und Polen verbindet eine tiefe Freundschaft. Wir stärken hier die Arbeit der zivilgesellschaftlichen Akteure (z. B. Deutsch-Polnisches Jugendwerk). Wir verbessern die Zusammenarbeit in Grenzräumen, z. B. durch Grenzscouts, Regionalräte und Experimentierklauseln.“

 Es gäbe an dieser Stelle noch viele andere Punkte zu nennen: die Anberaumung von Aufnahmegesprächen für Albanien und Nordmazedonien; der Ausbau „sozialer Rechte“ auf EU-europäischer Ebene; Unterstützung „Erneuerbarer Energien“ europaweit; Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion (vom Wiederaufbauprogramm NGEU ist die Rede, ein deutlicher Hinweis für das interventionistische Verständnis der Koalition); Zuckerbrot und Peitsche gegenüber dem Vereinigten Königreich. Das alles steht unter dem Motto der „Transformation“. Es ist fraglich, warum die neue, versprochene EU plötzlich subsidiär, dezentral und „verhältnismäßig“ organisiert sein sollte, wenn sie dies in 30 Jahren nicht geschafft hat. Vielmehr träumt man offenbar von einem europäischen Imperium. Das einzige echte europäische Imperium, nämlich das Römische Reich, kannte auch so eine Transformationsphase. Transformation ist der von der jüngeren Forschung gewählte Begriff für den Übergang Roms zwischen Spätantike und Frühmittelalter. Dabei veränderten sich Gesellschaft, Kultur, Staat und Alltag für die Einwohner in einem beträchtlichen Maß. Die ältere Forschung sah diesen Abschnitt weitaus pessimistischer: als Zeitalter der Völkerwanderung mit Niedergang, Verfall und Ende des Imperium Romanum. Dieses Mal ist die Transformation regenbogenbunt angemalt.
Natalie Furjan
Zum ersten Mal strebt eine Bundesregierung einen föderalen europäischen Bundesstaat an. Schon jetzt fordert die Ampel, dass die Europäische Union „souveräner“ werden soll. Man werde eine besondere Verantwortung in einem „dienenden Verständnis“ für die EU wahrnehmen.
meinungen
2021-11-30T08:45:55+00:00
2021-11-30T08:45:56+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/die-eu-auf-dem-weg-zum-imperium/
Blackbox KW 37 – Dunkelheit als Chance
Nun, da der Herbst kommt, und unsere Polizeiminister in den Ländern ihre Einsatztruppen bereits kräftig aufgerüstet haben, fühlt sich auch Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth bemüßigt, sich einzubringen. Im Hamburger Übersee-Club nahm er gleich mal den Demokratiefreunden den Wind aus den Segeln, die der irrigen Ansicht sind, Demonstrationen gegen die Obrigkeit seien statthaft, nur weil Heizung und Brot unbezahlbar werden, sie seien sogar durch die Freiheitsrechte ausdrücklich legitimiert. So nicht, Freunde! Der Gebrauch der Freiheitsrechte, so der der oberste Hüter derselben, könnte im Gegenteil dazu geeignet sein, die Verfassungsordnung zu delegitimieren. Weshalb der Gebrauch wohl dringend eingeschränkt werden muss. Die Freiheitsrechte kann der Bürger ja gerne behalten, nur gebrauchen eben nicht, wie einen topgepflegten Oldtimer, den fährt man ja auch nur gelegentlich. ♦ Weil russisches Öl moralisch schwer kontaminiert ist, wollen „wir“, beziehungsweise die Bundesregierung, ab Januar 2023 darauf verzichten. So weit, so feministisch, aber keine Bange, „wir sind vorbereitet“, so Ölprinz Olaf. Und zwar durch neue Lieferverträge mit Polen. Nanu, werden manch aufmerksame Staatsfunkempfänger einwenden, Polen bezieht doch sein Öl zum größten Teil aus Russland, wie die Tagesschau erst im März feststellte, und hat selbst große Schwierigkeiten, diese Lieferungen zu ersetzen. Egal. Blaues Hufeisen kauft jedenfalls Tankerflotten. ♦ Der Blackout, einst nur von Verschwörungstheoretikern und Thrillerautoren im Munde geführt, ist längst auch bei Behördenvertretern angekommen, denen langsam klar wird, dass der Stromausfall in grünen Hirnen geradezu zwangsläufig zur großen Finsternis führen muss. Nun gilt der eben noch polizeilichen Maßnahmen zugeführte Prepper als Vorbild: Für 14 Tage soll der Bürger „Wasser, Taschenlampen und Lebensmittel“ bevorraten, so das Bundesamt für Zivilschutz, und der Hauptgeschäftsführer Deutscher Städte- und Gemeindebund schließt sich der Empfehlung vollumfänglich an. ♦ Noch haben nicht mal alle die Baerbocksche Theorie vom Strom, der in Netzen gefangen gehalten wird, richtig verstanden, da erreicht uns aus Afrika die Kunde vom „Fernseher, der Energie generiert, statt sie zu verbrauchen“. Erfinder Maxwell Chikumbutso hat einfach eine „Art Generator“ integriert, „an den man andere Elektrogeräte anschließen kann“. Donnerwetter, dachte sich da Jana Genth vom ARD-Studio Johannesburg, das dürfte unseren Grüngläubigen gefallen, und im Tagesschau-Bericht fehlte auch der Hinweis auf Rassismus nicht, der den Erfolg des Geräts bisher verhindert hat. ♦ Überbezahlt und fehlqualifiziert? Da bleiben wir beim Staatsfunk. Um das Wetter halbwegs treffsicher anhand eingeblendeter Karten vorherzusagen, braucht es kein Meteorologie-Studium, es reicht das richtige „Kontextualisieren“ von Regen oder Sonnenschein. So weigert sich der ZDF-Wettervorleser Özden Terli, zukünftig von „schönem Wetter“ zu reden, weil: „Was ist denn schön daran, wenn draußen alles gelb ist vor Trockenheit und die Bäume leiden?“ Ein verregneter Sommer hingegen ist Klimapanikers neuer Liebling. ♦ Und bei der Tagesschau arbeiten sie bereits fleißig an der Kontextualisierung eines rotgrünem Politversagen geschuldeten, drohenden Blackouts. Man müsse „Dunkelheit als Chance“ sehen, so Redakteure des SWR. ♦ Weil die Gerechtigkeit für den Spezialdemokraten das bedeutet, was dem Grünen sein Klima ist, hat sich Arbeitsminister Heil überlegt, wie er möglichst vielen ein kommodes Leben ohne Arbeit ermöglichen kann. Wenn auch nicht ganz auf dem Niveau eines SPD-Funktionärs, aber immerhin: Die SPD-Erfindung Hartz 4 wird umgetauft in Bürgergeld, die Vermittlung in einen Job hat nicht länger Vorrang. Die Kosten für die Wohnung sollen in den ersten beiden Jahren künftig quadratmeter- und preisunabhängig voll übernommen werden. ♦ Eilig rechnete „Bild“ seinen Lesern, die noch für € 2.500 brutto arbeiten gehen, vor, wie sie ihrer misslichen Lage entkommen können: Lass dich nicht verkohlen, geh’ Bürgergeld holen! Denn: Eine Familie (zwei Kinder zwischen 6 und 13), bei der beide Partner Bürgergeld beziehen, kommt so auf € 1.598. „Einem verheirateten Maler (Alleinverdiener, gesetzlich versichert, kein Kirchen-Mitglied) mit zwei Kindern bleiben z.B. in Berlin von € 2.500 Monatslohn im besten Fall € 1.967,12 netto. Plus Kindergeld.“ Aber jetzt kommt’s: Der fleißige Maler muss die Miete und „explodierende Heizkosten“ selbst bezahlen. Auch für Mitarbeiter suchende Firmen haben die Spezialdemokraten eine einfache Lösung parat: mehr Geld zahlen. Dürfte kein Problem sein. Immerhin stecken die Unternehmen ja auch Steuern, Sozialabgaben, Inflation und Energiepreise locker weg. ♦ Wir wollen uns mit den Details nicht groß befassen, jedenfalls haben Bundestag und Bundesrat das neue Corona-Schutzgesetz durchgewunken, die „schweren Bedenken“ waren wohl leichter wegzustecken als die schweren Nebenwirkungen einer Impfung. Unser Karl ist schon längst viel weiter. „Vielleicht schon im nächsten Sommer“ will der Bundesvertriebsleiter der Firma Pfizer/Biontech nasale Impfstoffe anbieten können, da blüht das Geschäft nochmal richtig auf. Wie? Sicher, das Zeug wirkt gegen viele Varianten gleichzeitig, was denken Sie denn!? Zulassung? Im Notfall geht alles, das wissen Sie doch. ♦ Den „Tag der Wohnungslosigkeit“ (11. September) beging Schlossherr Frank-Walter, der Erste, wie stets in einem Obdachlosenheim, wo er Schnittchen mit Käse und Wurst an Wohnungslose verteilte. Und bei Bohnenkaffee und Kuchen gab’s zudem noch Pretiosen aus Frank-Walters berühmtem Füllhorn schöner Worte. „Wir müssen jetzt gemeinsam dafür sorgen“, so das Staatsoberhaupt zu den Ärmsten der Armen, die schweigend ihren Kuchen mümmelten, „dass niemand, der wegen der steigenden Wohnkosten in Zahlungsschwierigkeiten gerät, sein Zuhause verliert oder sogar auf der Straße landet“. Während die Obdachlosen wohl noch dachten, sie würden ja gerne „gemeinsam dafür sorgen“, aber dass es für sie ja nun zu spät sei, notierte der mitgereiste Pressetross gerührt die Worte des Präsidenten in schwerer Zeit. ♦ Während seine Parteifreunde das Land abwracken, damit es der Teufel Klimawandel nicht holt, erfreut Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident, der Mao-Schüler Winnie ze Dung, seine Landsleute mit allerlei lösungsorientierten Ansätzen bei täglichen, von seinen Grünen verursachten Problemen. Die Energiekosten vervielfachen sich? Kein Problem: „Brötchen nicht im Ofen aufbacken, sondern auf dem Toaster, spart 40 Cent pro Frühstück“, hat Sonderling Kretschmann ausrechnen lassen. 34 solcher Tipps von zeitloser Güte und Gültigkeit („Putzen Sie die Zähne nicht bei laufendem Wasser“) hat die grünschwarze Gurkentruppe in Stuttgart zusammengetragen und, wohl um den Schwaben zu schmeicheln, unter der Bezeichnung „Cleverländ“ veröffentlicht. Zwar weisen die Realitätsverweigerer in ihrem Ratgeber darauf hin, dass „häufiges Bremsen und Schalten beim Autofahren“ Energie kostet. Aber deshalb in den Großstädten eine grüne Welle schalten? Niemals! ♦ Wichtiger Hinweis für die Millionen Wiesn-Besucher, wo Bundes-Logik auf Ortsverstand trifft: In der S-Bahn zur Festwiese ist Maske zu tragen, im knallvollen Bierzelt hingegen nicht. Gut, dass wenigstens Markus Söder zum „Team Prosit“ gewechselt ist. ♦ Was ist nur in Schweden los? Bei uns müsste so eine Wahl rückgängig gemacht werden, beziehungsweise wäre gleich wie in Thüringen verschoben worden … ♦ Der ausgebuffte Robert Habeck, dieser Schlingel, stellt die für Ende September geplante Gasumlage wegen der Niedersachsen-Wahl am 9. Oktober erst Ende Oktober fällig. Kopf hoch und schönen Sonntag! Nicht genug? Lesen Sie Stephan Paetow täglich auf https://www.spaet-nachrichten.de/
Sofia Taxidis
Die ARD-Tagesschau entdeckt in Afrika einen Erfinder, der TV-Geräte in Stromgeneratoren verwandelt. Ölprinz Olaf entdeckt Polen als Ölquelle, und aus München grüßt Markus Söder vom Team Prosit...
kolumnen
2022-09-18T06:11:15+00:00
2022-09-19T05:24:49+00:00
https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/blackbox/kw-37-dunkelheit-als-chance/
Karl Lauterbach verwirrt mit rätselhaftem Krankheitsverlauf
Die Pressestelle des Bundesgesundheitsministeriums leistet gute Arbeit. Ihre Mitteilungen sind gründlich und aussagekräftig; Anfragen beantwortet das Haus zügig und nicht ausweichend. Eigentlich. Doch wegen des Verhaltens ihres Chefs auf Twitter kommt die Pressestelle nun nicht mehr hinterher. Der hat während seiner selbst veröffentlichten Corona-Infektion Widersprüchliches mitgeteilt. Die Folge ist jetzt eine Anzeige gegen Minister Karl Lauterbach (SPD) wegen des mutmaßlichen Verstoßes gegen die Berliner Corona-Verordnung. Hintergrund ist die Corona-Infektion, die Lauterbach in der ersten August-Woche auf Twitter selbst öffentlich gemacht hat. Der Verlauf, den er schilderte, ist widersprüchlich. Stimmt eine Aussage davon, hat die Anzeige Aussicht auf Erfolg. Der Logik entsprechend können nicht alle Angaben stimmen. Demnach hatte Lauterbach: Für Luthe ist das Verhalten des Ministers inakzeptabel: Ihm gehe es um eine Gleichbehandlung von Bürgern und Gesundheitsminister, wie er der Berliner Zeitung sagte. Die GG vertrete Dutzende von Menschen, die wegen ähnlicher Verstöße bestraft werden sollen: „Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, den Fall nun öffentlich aufzuklären und Herrn Lauterbach zur Verantwortung zu ziehen. Oder alle anderen Bürger ebenfalls in Ruhe zu lassen.“ Angesichts der Vorwürfe müsse es ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit geben, sagte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP). Zu dessen möglichem Ergebnis wollte er sich nicht äußern. Lauterbachs unterschiedliche Aussagen zu seiner Infektion lassen sich im Zusammenhang verstehen: Am Freitag eröffnete er mit der Auskunft, er habe nur leichte Symptome und präventiv Paxlovid genommen. Für das Medikament hatte er bereits auf eine für einen verantwortlichen Politiker bemerkenswert offensive Weise geworben. Auf seinen Tweet hin bekam Lauterbach Gegenwind. Paxlovid sei nur für ältere Patienten gedacht oder für welche mit Vorerkrankungen. Zudem könne es für schwere Verläufe eingesetzt werden. Zu der Frage, wie mit Verstößen gegen Corona-Verordnungen umgegangen werden soll, hat TE an das Bundesgesundheitsministerium einen kleinen Fragenkatalog geschickt. Am Dienstag um 11.02 Uhr. Bisher bleibt dieser unbeantwortet. Davor hat die Pressestelle des Ministeriums solche Anfragen solide und zügig abgearbeitet. Doch mit diesem Minister lässt sich das Niveau offenbar nur schwer halten.
Natalie Furjan
Der Gewerkschaftsvorsitzende Marcel Luthe hat Karl Lauterbach angezeigt. Der Gesundheitsminister soll gegen die Corona-Auflagen der Stadt Berlin verstoßen haben. Sicher ist: Nicht alle Darstellungen des Ministers können stimmen.
meinungen
2022-08-17T15:15:56+00:00
2022-08-18T07:52:07+00:00
https://www.tichyseinblick.de/meinungen/karl-lauterbach-anzeige-marcel-luthe/
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