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lg-dusseldorf-2019-01-14-8-oh-516
{ "id": 808, "name": "Landgericht Düsseldorf", "slug": "lg-dusseldorf", "city": 413, "state": 12, "jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Landgericht" }
8 OH 5/16
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:50:36
2019-02-12T13:44:31
Beschluss
ECLI:DE:LGD:2019:0114.8OH5.16.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Sachverst&#228;ndigen Dipl.-Ing. C. vom 21.06.2018 auf Bewilligung eines Vorschusses in H&#246;he von 2.130,29 EUR wird zur&#252;ckgewiesen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration: underline;">G r &#252; n d e :</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong>I.</strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Sachverst&#228;ndige Dipl.-Ing. C. (im Folgenden: Antragsteller) wurde mit Beweisbeschluss vom 11.01.2017 (Bl. 48 ff. d.A.) mit der Erstellung eines schriftlichen Sachverst&#228;ndigengutachtens beauftragt. Am 21.06.2018 beantragte er die Bewilligung eines Vorschusses in H&#246;he von 2.130,29 EUR gem&#228;&#223; &#167; 3 JVEG, die sich aus den Positionen Zeitaufwand (1.402,50 EUR netto) sowie Auslagen und Aufwendungen (387,66 EUR netto, von denen 251,56 EUR Aufwendungen f&#252;r Hilfskr&#228;fte nach &#167; 12 Abs. 1 Nr. 1 JVEG betrafen) zusammensetzte. F&#252;r die Einzelheiten der Vorschussrechnung wird auf Bl.&#160;242 f. d.A. Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Landeskasse hat zu dem Antrag unter dem 03.09.2018 Stellung genommen (Bl. 247 d.A.) und ist dem Antrag entgegengetreten. Hierbei hat sie die Auffassung vertreten, dass eine Vorschussbewilligung nach &#167; 3 JVEG nur dann in Betracht komme, wenn die bereits erbrachten Teilleistungen 2.000,- EUR &#252;berstiegen bzw. erhebliche Fahrkosten oder sonstige Aufwendungen entstanden seien bzw. voraussichtlich entstehen w&#252;rden. Beides sei vorliegend nicht der Fall, da sich die Verg&#252;tung lediglich auf 1.402,50 EUR und die Aufwendungen lediglich auf 387,66 EUR beliefen. Die Landeskasse beantragte insoweit gerichtliche Festsetzung gem&#228;&#223; &#167; 4 JEVG (Bl. 248 d.A.).</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller nahm zu den Ausf&#252;hrungen der Landeskasse unter dem 13.09.2018 Stellung (Bl. 266 d.A.) und vertrat die Auffassung, dass die Grenze von 2.000,- EUR bereits deswegen erreicht sei, da die Umsatzsteuer Teil der Sachverst&#228;ndigenverg&#252;tung sei; die Wertgrenze von 2.000,- EUR sei als solche jedoch auch gar nicht alleine ma&#223;geblich f&#252;r die Bewilligung eines Vorschusses.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Landeskasse vertrat hierzu &#8211; erneut angeh&#246;rt &#8211; die Auffassung, dass nach dem Wortlaut des &#167; 3 JVEG davon auszugehen sei, dass entweder die Fahrtkosten bzw. sonstigen Aufwendungen oder die zu erwartende Verg&#252;tung jeweils einschlie&#223;lich Umsatzsteuer einen Betrag von 2.000,- EUR &#252;bersteigen m&#252;ssten (Bl. 272 d.A.).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kammer hat dem Antragsteller per Verf&#252;gung vom 15.10.2018 (Bl. 275 ff. d.A.) im Einzelnen ihre Rechtsauffassung dargelegt. Hierbei hat sie insbesondere darauf hingewiesen, dass eine Bewilligung des Vorschusses nur dann in Betracht komme, wenn die Arbeiten f&#252;r Hilfskr&#228;fte substantiiert dargelegt w&#252;rden, so dass &#252;berpr&#252;ft werden k&#246;nne, ob die durchgef&#252;hrten Arbeiten in sich selbst abgeschlossen seien und gegen&#252;ber dem Gutachten abgegrenzt werden k&#246;nnten bzw. bereits vor Fertigstellung des Gutachtens gepr&#252;ft werden k&#246;nne, ob die Arbeiten notwendig gewesen seien.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat hierzu unter dem 10.12.2018 Stellung genommen (Bl. 297 d.A.) und mitgeteilt, dass der abgerechnete Zeitaufwand f&#252;r die Hilfskraft im Zusammenhang mit folgenden T&#228;tigkeiten entstanden sei: Verabredung eines Ortstermins, Beschaffung von Unterlagen und Erl&#228;uterung zur Durchf&#252;hrung der Gutachtert&#228;tigkeit, die von dem Antragsteller hinterfragt worden ist.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Landeskasse hat in Bezug auf diese auf den richterlichen Hinweis erfolgte Erl&#228;uterung mitgeteilt, diese nach wie vor keine substantiierte und detaillierte Aufschl&#252;sselung der Verrichtungen der Hilfskr&#228;fte entnehmen lasse und insoweit nicht festgestellt werden k&#246;nne, ob diese von &#167; 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, &#167; 7 Abs. 2 JVEG abgegolten seien (Bl. 305 d.A.).</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>II.</strong></p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Auf den Antrag der Staatskasse auf gerichtliche Entscheidung (&#167;&#160;4 Abs. 1 JVEG) war der Antrag des Antragsteller vom 21.06.2018 auf Bewilligung eines Vorschusses nach &#167; 3 JVEG zur&#252;ckzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">1.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Grunds&#228;tzlich kann der Sachverst&#228;ndige, der einen Gutachtenauftrag ausf&#252;hrt, eine Verg&#252;tung erst nach Vorlage des Gutachtens verlangen, vgl. &#167; 2 Abs. 1 S. 2 JVEG.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Nach &#167; 3 JVEG ist dem Sachverst&#228;ndigen ein angemessener Vorschuss zu bewilligen, wenn (1) dem Berechtigten erhebliche Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen entstanden sind oder voraussichtlich entstehen werden oder (2) wenn die zu erwartende Verg&#252;tung f&#252;r bereits erbrachte Teilleistungen einen Betrag von 2.000,- EUR &#252;bersteigt.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">a) &#167; 3, Alt. 2 JVEG</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Grunds&#228;tzlich k&#246;nnte dem Antragsteller unter der Voraussetzung der Alt. 2 des &#167; 3 JVEG Anspruch auf Vorschuss seiner Verg&#252;tung zustehen.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">aa)</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Tatbestandliche Voraussetzung des &#167; 3, 2. Alt. JVEG ist, dass die geltend gemachten Teilleistungen bereits erbracht wurden und im Umfang der Verg&#252;tung den Betrag von 2.000,- EUR &#252;bersteigen (Binz, in: Binz/D&#246;rndorfer/Petzold/Zimmermann, 3. Aufl. 2014, &#167; 3 JVEG, Rn. 3). Hierbei handelt es sich bei der Betragsgrenze von 2.000,- EUR um den Bruttobetrag, d.h. der Verg&#252;tung einschlie&#223;lich der Umsatzsteuer, denn auch die sonstigen Aufwendungen nach &#167; 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG, zu denen die Steuer geh&#246;rt, werden von &#167; 3 JVEG erfasst (Schneider, JVEG, 2. Aufl. 2014, &#167; 3 JVEG, Rn. 29).</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Der von dem Antragsteller geltend gemachte Betrag i.H.v. 2.130,29 EUR brutto umfasst die Abrechnung von Zeitaufwand i.H.v. 1.668,98 EUR brutto (1.402,50 EUR netto) und von Aufwendungen i.H.v. 461,32 EUR brutto (387,66 EUR netto). F&#252;r die Beurteilung der Frage, ob diese Kosten i.R.d. &#167; 3, Alt. 2 JVEG vorschussf&#228;hig sind, muss daher entschieden werden, welche Kosten als &#8222;Verg&#252;tung&#8220; i.S.d. Vorschrift anzusehen sind.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">(1)</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Es ist vorliegend &#8211; und soweit ersichtlich, auch in Schrifttum und Rechtsprechung &#8211; streitig, was unter &#8222;Verg&#252;tung&#8220; i.S.d. &#167; 3, Alt. 2 JVEG zu verstehen ist.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Teilweise wird vertreten, es handele sich bei Teilleistungen i.S.d. &#167; 3, Alt. 2 JVEG um solche, die im Umfang der Verg&#252;tung nach &#167; 8 JVEG, also einschlie&#223;lich aller Aufwendungen nach &#167;&#167; 5 &#8211; 7 und &#167; 12 JVEG, den Betrag von 2.000,- EUR &#252;bersteigen (Binz, a.a.O., &#167; 3 JVEG, Rn. 1, 3).</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wie auch die Landeskasse in ihrer Stellungnahme vertreten hat, wird demgegen&#252;ber auch die Auffassung vertreten, dass unter &#8222;Verg&#252;tung f&#252;r bereits erbrachte Teilleistungen&#8220; nur das Honorar f&#252;r Leistungen i.S.d. &#167; 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG zu verstehen ist (LG Halle (Saale), Beschluss v. 22.02.2018, Az. 4 OH 14/17, Rn. 2 &#8211; zitiert nach juris; Schneider, a.a.O., &#167; 3 JVEG, Rn. 31). Das LG Halle begr&#252;ndet dies mit dem Gesetzeswortlaut des &#167; 8 Abs. 1 JVEG, der klar zwischen den zu verg&#252;tenden Leistungen und dem anderweitigen Aufwand trenne.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Der Gesetzeswortlaut des &#167; 3, Alt. 2 JVEG ist insoweit nach Auffassung der Kammer nicht eindeutig. So ist von der &#8222;zu erwartenden Verg&#252;tung f&#252;r bereits erbrachte Teilleistungen&#8220; die Rede. Soweit an das Wort &#8222;Teilleistungen&#8220; angekn&#252;pft wird, erscheint es vertretbar, die Vorschrift nur auf &#167; 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG (&#8222;Honorar f&#252;r Leistungen, &#167;&#167; 9 bis 11&#8220;) bezogen wissen zu wollen. Kn&#252;pft man andererseits an &#8222;die zu erwartende Verg&#252;tung&#8220; an, bestimmt &#167; 8 Abs. 1 JVEG, dass Sachverst&#228;ndige als Verg&#252;tung nicht nur das Honorar (Nr. 1) erhalten, sondern auch Fahrtkostenersatz (Nr. 2), Entsch&#228;digung f&#252;r Aufwand (Nr. 3) und Ersatz f&#252;r sonstige und f&#252;r besondere Aufwendungen (Nr. 4).</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">(2)</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Kammer h&#228;lt die zuletzt genannte Auffassung f&#252;r vorzugsw&#252;rdig, wonach auch die von &#167; 3, Alt. 1 JVEG umfassten Aufwendungen i.R.d. &#167; 3, Alt. 2 JVEG ber&#252;cksichtigungsf&#228;hig sind.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Hierf&#252;r spricht, dass die Umsatzsteuer &#8211; im &#220;brigen auch nach Auffassung der Landeskasse und Vertretern der erstgenannten Auffassung (vgl. Schneider, a.a.O., &#167;&#160;3 JVEG, Rn. 29) &#8211; gem&#228;&#223; &#167; 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 JVEG bei der Bemessung der Summe von 2.000,- EUR Ber&#252;cksichtigung finden soll. Dies w&#228;re nicht mit der Auffassung vereinbar, nur &#167; 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG sei von der Vorschusspflicht gem. &#167;&#160;3, Alt. 2 JVEG erfasst.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zum anderen sieht die Kammer die beiden F&#228;lle des &#167; 3 JVEG nicht als sich gegenseitig ausschlie&#223;end an, sondern als zwei nebeneinander stehende M&#246;glichkeiten der Vorschusspflicht. So sind Konstellationen denkbar, unter denen ein Sachverst&#228;ndiger bereits erhebliche Aufwendungen hat, ohne insgesamt durch Teilleistungen einen Betrag von 2.000,- EUR zu &#252;berschreiten. Dass auch Konstellationen denkbar sind, in denen die Vorschussm&#246;glichkeit nach Alt. 1 in derjenigen nach Alt. 2 &#8222;aufgehen&#8220; kann, steht einer solchen Auslegung nicht entgegen.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Aus der Gesetzesbegr&#252;ndung ergibt sich, dass &#167; 3, Alt. 2 JVEG sicherstellen soll, dass ein Vorschuss auch dann zu bewilligen sein soll, wenn die von dem berechtigten bereits erbrachten Leistungen einen Teilverg&#252;tungsanspruch in H&#246;he von 2.000,- EU begr&#252;nden (BT-Drucks. 15/1971, S. 179). In diesen F&#228;llen erscheine es zur Vermeidung unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig umfangreicher Vorfinanzierungen stets geboten, eine Abschlagzahlung auf den Verg&#252;tungsanspruch zu erhalten.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Insoweit st&#252;tzt der gesetzgeberische Wille nach Auffassung der Kammer die hier vertretene Ansicht. Denn das Unbilligerscheinen der Vorfinanzierung f&#252;r umfangreiche Vorleistungen wird insbesondere in F&#228;llen relevant, in denen bereits umfangreiche Zahlungen durch den Sachverst&#228;ndigen erfolgt sind. Dass der Sachverst&#228;ndige dar&#252;ber hinaus auch bzgl. seines eigenen Honorars in Vorleistung geht, stellt zwar ebenfalls eine Vorleistung, aber nicht gleicherma&#223;en eine &#8222;Vorfinanzierung&#8220; dar.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">b) &#167; 3, Alt. 1 JVEG</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich &#167; 3, Alt.&#160;1 JVEG gilt, dass die nach &#167; 1 JVEG Berechtigten einen Anspruch auf Vorschuss nur bez&#252;glich der Fahrtkosten und der sonstigen Aufwendungen nach &#167; 7 JVEG haben, nicht jedoch wegen der &#252;brigen Entsch&#228;digungstatbest&#228;nde wie z.B. Verdienstausfall (vgl. Binz, a.a.O, &#167; 3 JVEG, Rn. 1).</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Fahrtkosten und sonstigen Aufwendungen m&#252;ssen hierbei einen Betrag von 250,- EUR &#252;bersteigen, um &#8222;erheblich&#8220; i.S.d. Vorschrift zu sein (Binz, a.a.O., Rn. 2; Schneider, a.a.O., &#167; 3 JVEG, Rn. 18; Moebus, Der Bausachverst&#228;ndige 2010, Nr. 6, 55, 59). Dass sich die Erheblichkeit der in Alt. 1 genannten Fahrtkosten oder sonstigen Aufwendungen an der ausdr&#252;cklichen Betragsgrenze der Verg&#252;tung f&#252;r Leistungen in Alt. 2 orientiert, ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Insofern gilt vorliegend, dass der Antragsteller Aufwendungen i.H.v. 387,66 EUR netto (461,32 EUR brutto) geltend gemacht hat. Hierbei entf&#228;llt ein ma&#223;geblicher Teil auf den Posten &#8222;Aufwendungen f&#252;r Hilfskr&#228;fte&#8220; (&#167; 12 Abs. 1 Nr. 1 JVEG) i.H.v. 251,56 EUR netto. Voraussetzung f&#252;r eine Erstattung nach &#167; 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG ist neben der Notwendigkeit eines Einsatzes und der Qualifikation als Hilfskraft die Mitteilung des entsprechenden Aufwandes. Denn anders l&#228;sst sich ein Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen nicht begr&#252;nden und nicht pr&#252;fen (vgl. LSG Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss v. 28.05.2015, Az. L 12 SF 1072/14 E, Rn. 30 &#8211; zitiert nach juris). Davon unabh&#228;ngig k&#246;nnen Vorsch&#252;sse f&#252;r Arbeiten von Hilfskr&#228;ften nur dann gew&#228;hrt werden, wenn die durchgef&#252;hrten Arbeiten in sich selbst abgeschlossen sind und gegen&#252;ber dem Gutachten abgegrenzt werden k&#246;nnen bzw. vor Fertigstellung des Gutachtens die Notwendigkeit der Arbeiten &#252;berpr&#252;ft werden kann (vgl. OLG M&#252;nchen, Beschluss vom 21.10.1975, Az.11 W 1502/75 &#8211; zitiert nach juris).</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller hat zwar einen konkreten Betrag genannt, jedoch auch auf Nachfrage der Kammer die Aufwendungen f&#252;r Hilfskr&#228;fte nicht hinreichend dargelegt. So hat der Antragsteller zwar das Aufgabenfeld der Hilfskraft grob umschrieben (Verabredung des Ortstermins, Beschaffung von Unterlagen, Erl&#228;uterung der Durchf&#252;hrung der Gutachtert&#228;tigkeit, die von dem Antragsteller hinterfragt worden ist), allerdings ist durch eine derartig pauschale, zeitlich und sachlich nicht im Einzelnen abgrenzbare Beschreibung im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht feststellbar, ob diese Arbeiten notwendig und in sich abgeschlossen sind. Insbesondere ist auf dieser Grundlage nicht ersichtlich, ob die jeweilige Verrichtung der Hilfskraft bereits durch andere Vorschriften des JVEG (z.B. &#167; 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 oder &#167; 7 Abs. 2 JVEG) abgegolten sind.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Nach alledem kommt es nach Auffassung der Kammer nicht darauf an, ob der Antragsteller unter der Voraussetzung der Alt. 2 des &#167; 3 JVEG Anspruch auf Vorschuss bez&#252;glich seiner Verg&#252;tung h&#228;tte. Denn die Grenze des &#167; 3, Alt. 2 JVEG von 2.000,- EUR ist auch nach diesseitiger Auffassung nur dann &#252;berschritten, wenn die Aufwendungen f&#252;r Hilfskr&#228;fte mit einbezogen werden k&#246;nnen. Da diese Kosten aus den vorstehenden Gr&#252;nden nicht vorschussf&#228;hig sind, kommt die Zahlung eines Vorschusses nach &#167; 3 JVEG insgesamt nicht in Betracht. Der Antrag war dementsprechend zur&#252;ckzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsbehelfsbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Gegen die gerichtliche Festsetzung der Verg&#252;tung, Entsch&#228;digung oder des Vorschusses gem&#228;&#223; &#167; 4 Abs. 1 JVEG ist die Beschwerde an das Landgericht D&#252;sseldorf statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR &#252;bersteigt oder das Landgericht die Beschwerde wegen der grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Sache zugelassen hat. Die Beschwerde ist bei dem Landgericht D&#252;sseldorf, Werdener Stra&#223;e 1, 40227 D&#252;sseldorf, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Gesch&#228;ftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Gesch&#228;ftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.</p>
171,267
ovgnrw-2019-01-14-4-a-619a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 6/19.A
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:50:36
2019-02-12T13:44:30
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0114.4A6.19A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 13.11.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Minden wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1>&#160;</h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG). Grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher h&#246;chstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht gekl&#228;rte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen w&#252;rde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Kl&#228;rung bedarf. F&#252;r die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit und -f&#228;higkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.4.2018 &#8211; 4 A 869/16.A &#8211;, juris, Rn. 4 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Eine auf tats&#228;chliche Verh&#228;ltnisse gest&#252;tzte Grundsatzr&#252;ge erfordert &#252;berdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die f&#252;r die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegens&#228;tzliche Ausk&#252;nfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen W&#252;rdigung zug&#228;nglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelf&#252;hrers, durch die Benennung von bestimmten begr&#252;ndeten Informationen, Ausk&#252;nften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit daf&#252;r darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einsch&#228;tzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Kl&#228;rung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens bedarf.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.4.2018 &#8211; 4 A 869/16.A &#8211;, juris, Rn. 6 f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt die Antragsbegr&#252;ndung nicht.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger formuliert schon keine Rechts- oder Tatsachenfrage. Seinem Vorbringen zur Gef&#228;hrdung durch die eine Verbindung ablehnende Familie seiner Freundin ist auch sinngem&#228;&#223; keine fall&#252;bergreifende Frage zu entnehmen. Wenn man seinem Vorbringen zu einer bef&#252;rchteten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch die Familie seiner Freundin sinngem&#228;&#223; die Frage entnimmt, ob &#167; 4 Abs. 1 Satz&#160;1 AsylG auch vor Gef&#228;hrdungen durch Angeh&#246;rige einer Freundin sch&#252;tzt, legt er die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht dar. Das Verwaltungsgericht ist unter Bezugnahme auf die Gr&#252;nde des angefochtenen Bescheides vom 17.2.2017 gem&#228;&#223; &#167; 77 Abs. 2 AsylG davon ausgegangen, dass der Kl&#228;ger internen Schutz insbesondere in der Anonymit&#228;t einer pakistanischen Gro&#223;stadt finden kann. Dem ist der Kl&#228;ger nicht mit durchgreifenden Zulassungsgr&#252;nden entgegen getreten. Insbesondere hat er die Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts, ihm k&#246;nne nicht abgenommen werden, dass seit nunmehr mehreren Jahren zweimal im Monat im pakistanischen Fernsehen eine Anzeige zu sehen sei, mittels derer die Angeh&#246;rigen seiner Freundin versuchten, seiner habhaft zu werden, nicht durchgreifend angegriffen.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die vom Kl&#228;ger der Sache nach geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind kein Zulassungsgrund gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 AsylG. Andere Zulassungsgr&#252;nde, insbesondere Verfahrensm&#228;ngel, sind auch sinngem&#228;&#223; nicht geltend gemacht. Dies gilt auch insoweit, als der Kl&#228;ger die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zieht. Diese ist dem sachlichen Recht zuzuordnen und rechtfertigt von vornherein nicht die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.12.2018 &#8210; 4 A 3890/18.A&#160;&#8210;, juris, Rn. 11 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO und &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG unanfechtbar.</p>
171,266
ovgnrw-2019-01-14-4-a-5819a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 58/19.A
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:50:36
2019-02-12T13:44:30
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0114.4A58.19A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag der Kl&#228;ger auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 15.11.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts D&#252;sseldorf wird abgelehnt.</p> <p>Die Kl&#228;ger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die vom Kl&#228;ger ausschlie&#223;lich geltend gemachte Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Geh&#246;r (Zulassungsgrund nach &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 AsylG i. V. m. &#167;&#160;138 Nr.&#160;3 VwGO) liegt nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das in Art.&#160;103 Abs.&#160;1 GG und &#167;&#160;108 Abs.&#160;2 VwGO verankerte Gebot des rechtlichen Geh&#246;rs verpflichtet das Gericht, die Ausf&#252;hrungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erw&#228;gung zu ziehen. Es ist indes grunds&#228;tzlich davon auszugehen, dass ein Gericht diesen Anforderungen gen&#252;gt. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, jedes Vorbringen in den Gr&#252;nden ausdr&#252;cklich zu bescheiden. Deshalb m&#252;ssen im Einzelfall besondere Umst&#228;nde deutlich machen, dass tats&#228;chliches Vorbringen eines Beteiligten entweder &#252;berhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.8.2017 &#8210; 4 A 1904/17.A &#8210;, juris, Rn. 3 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gemessen daran liegt kein Versto&#223; gegen Anspruch der Kl&#228;ger auf rechtliches Geh&#246;r vor. Das Verwaltungsgericht hat das Vorbringen der Kl&#228;ger zu ihren Ausreisegr&#252;nden zur Kenntnis genommen und gem&#228;&#223; &#167;&#160;77 Abs.&#160;2 AsylG zul&#228;ssigerweise unter Bezugnahme auf die W&#252;rdigung durch das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge im ablehnenden Bescheid ber&#252;cksichtigt (Urteilsabdruck, Seite 2). Zu weiteren Ausf&#252;hrungen sah es keine Veranlassung, weil die Kl&#228;ger im Klageverfahren den Ausf&#252;hrungen der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid nicht entgegengetreten waren und f&#252;r sie niemand zur m&#252;ndlichen Verhandlung erschienen war. Dieser W&#252;rdigung treten die Kl&#228;ger nicht mit durchgreifenden Zulassungsgr&#252;nden entgegen. Sie wenden lediglich ein, das Gericht h&#228;tte schon bei (eigener) W&#252;rdigung der Protokolle der Anh&#246;rungen der Kl&#228;ger bei der Beklagten erkennen k&#246;nnen, dass die Entscheidung der Beklagten nicht haltbar sei. Damit zeigen sie keine besonderen Umst&#228;nde auf, die darauf hindeuten k&#246;nnten, dass tats&#228;chliches Vorbringen entweder &#252;berhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vielmehr halten die Kl&#228;ger lediglich die W&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts in der Sache f&#252;r fehlerhaft, wenn sie geltend machen, dies h&#228;tte erkennen m&#252;ssen, dass in den Protokollen, insbesondere bezogen auf die Anh&#246;rung der Kl&#228;gerin zu 2. Passagen enthalten seien, die die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben deutlich machten und zeigten, dass sie von tats&#228;chlich Erlebtem berichtet habe. Dies ber&#252;hrt jedoch nicht ihren Anspruch auf Gew&#228;hrung rechtlichen Geh&#246;rs. Die Einw&#228;nde der Kl&#228;ger, die sich bereits nicht mit der weitergehenden W&#252;rdigung der Verfolgungsgr&#252;nde der Kl&#228;ger durch das Bundesamt auseinandersetzen, der das Verwaltungsgericht gefolgt ist, ersch&#246;pfen sich in Kritik an der Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Bundesamts und des Verwaltungsgerichts. Einw&#228;nde gegen die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Gerichts sind aber dem sachlichen Recht zuzurechnen und rechtfertigen von vornherein nicht die Zulassung der Berufung nach &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschl&#252;sse vom 1.2.2010 &#8210; 10 B 21.09 &#8210;, juris, Rn. 13, und vom 2.11.1995 &#8210; 9 B 710.94 &#8210;, NVwZ-RR 1996, 359 = juris, Rn 5.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auch sofern die Kl&#228;ger meinen, sie h&#228;tten ihr Vorbringen in der m&#252;ndlichen Verhandlung lediglich wiederholen k&#246;nnen, ohne dass sich hierdurch das zu beurteilende Tatsachenmaterial ver&#228;ndert h&#228;tte, beanstanden sie lediglich die abweichende W&#252;rdigung ihres Prozessverhaltens durch das Verwaltungsgericht, ohne dabei eine Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs aufzuzeigen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO, &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG unanfechtbar.</p>
171,265
ovgnrw-2019-01-14-4-a-489518a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 4895/18.A
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:50:35
2019-02-12T13:44:30
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0114.4A4895.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 6.11.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts D&#252;sseldorf wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG). Grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher h&#246;chstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht gekl&#228;rte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen w&#252;rde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Kl&#228;rung bedarf. F&#252;r die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit und -f&#228;higkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.4.2018 &#8211; 4 A 869/16.A &#8211;, juris, Rn. 4 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt die Antragsbegr&#252;ndung nicht. Die vom Kl&#228;ger aufgeworfene Frage,</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">inwieweit ein pakistanischer Staatsangeh&#246;riger, der der polizeilichen Staatsgewalt (unberechtigte Verhaftung) und der Bedrohung von Kriminellen ausgesetzt war, gegen die die Polizei nichts unternommen hat, nicht auf die staatliche Hoheitsgewalt vertrauen kann und damit einer erheblichen Gef&#228;hrdung ausgesetzt ist, zumal er Schutz in pakistanischen Gro&#223;st&#228;dten aufgrund der finanziellen Situation nicht suchen konnte,</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">f&#252;hrt nicht zur Berufungszulassung. Der Kl&#228;ger zeigt bereits nicht auf, dass sich diese Frage in einem Berufungsverfahren stellen w&#252;rde. Das Verwaltungsgericht ist den Feststellungen und der Begr&#252;ndung des angegriffenen Bescheides vom 21.2.2017 folgend davon ausgegangen, dass dem Kl&#228;ger auch unter dem Aspekt der Existenzsicherung interner Schutz in Pakistan zur Verf&#252;gung st&#252;nde. Dem ist der Kl&#228;ger nicht mit durchgreifenden Zulassungsgr&#252;nden entgegen getreten. Im &#220;brigen legt er die &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Frage nicht dar.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO und &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG unanfechtbar.</p>
171,264
ovgnrw-2019-01-14-4-a-232118a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 2321/18.A
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:50:35
2019-02-12T13:44:30
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0114.4A2321.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 23.4.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der ausschlie&#223;lich geltend gemachte Zulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG) ist nicht gegeben.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher h&#246;chstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht gekl&#228;rte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen w&#252;rde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Kl&#228;rung bedarf. F&#252;r die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit und -f&#228;higkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.1.2016 &#8211; 4 A 2103/15.A &#8211;, juris, Rn.&#160;2&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt die Antragsbegr&#252;ndung nicht. Die aufgeworfenen Fragen,</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">ob Art. 9 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) dahingehend auszulegen ist, dass eine schwerwiegende Verletzung der durch Art. 10 Abs. 1 GR-Charta und Art. 9 Abs. 1 EMRK garantierten Religionsfreiheit und damit eine Verfolgungshandlung gem&#228;&#223; Art. 9 Abs. 1 lit. a der Richtlinie anzunehmen ist, wenn religi&#246;se Bet&#228;tigung oder Verhaltensweisen, die von einer Glaubenslehre, zu der sich der Kl&#228;ger aktiv bekennt, vorgeschrieben und zentraler Bestandteil derselben sind oder die sich auf die religi&#246;se &#220;berzeugung des Kl&#228;gers im Sinne einer besonderen Wichtigkeit f&#252;r dessen religi&#246;se Identit&#228;t st&#252;tzen, in dem betreffenden Herkunftsland strafbew&#228;hrt verboten ist, oder</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">ob es erforderlich ist, dass ein sich zu einer bestimmten Glaubenslehre aktiv bekennender Antragsteller dar&#252;ber hinaus nachweist, dass die von dieser Glaubenslehre als zentraler Bestandteil vorgeschriebenen religi&#246;sen Bet&#228;tigungen oder Verhaltensweisen, die in seinem Herkunftsland eine bei Strafe verbotene Glaubensbet&#228;tigung darstellen, f&#252;r ihn zur Wahrung seiner religi&#246;sen Identit&#228;t &#8222;besonders wichtig&#8220; und in diesem Sinne &#8222;unverzichtbar&#8220; sind,</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">f&#252;hrt nicht zur Berufungszulassung. Der Kl&#228;ger legte die Entscheidungserheblichkeit der Fragen nicht dar. Aus der Zulassungsbegr&#252;ndung wird nicht erkennbar, inwieweit ein strafbewehrtes Verhalten in Rede stehen soll. Das Verwaltungsgericht hat auf ein solches &#8210; entgegen der Zulassungsbegr&#252;ndung &#8210; nicht abgestellt.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO, &#167; 83&#160;b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG unanfechtbar.</p>
171,262
ovgnrw-2019-01-14-10-a-313117
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
10 A 3131/17
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:50:34
2019-02-12T13:44:30
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0114.10A3131.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 10.000,00&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der zul&#228;ssige Antrag ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Aus den innerhalb der Frist des &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 VwGO dargelegten Gr&#252;nden ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gem&#228;&#223; &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO) noch die grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gem&#228;&#223; &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;3 VwGO) oder eine Abweichung des angefochtenen Urteils von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtsh&#246;fe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichtes, auf der das Urteil beruht (Zulassungsgrund gem&#228;&#223; &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;4 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">St&#252;tzt der Rechtsmittelf&#252;hrer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tats&#228;chlicher Art, die er mit seinem Antrag angreifen will, bezeichnen und mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten infrage stellen. Daran fehlt es hier.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Kl&#228;gers mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 14.&#160;Juni 2016 zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung f&#252;r die Nutzungs&#228;nderung und den Umbau einer ehemaligen Schaltstelle der Deutschen Bundespost/Telekom auf seinem Grundst&#252;ck in T., Gemarkung P., Flur&#160;3, Flurst&#252;ck&#160;76/1 zu Unterk&#252;nften f&#252;r Saisonarbeiter zu erteilen, abgelehnt. Zur Begr&#252;ndung hat es im Wesentlichen ausgef&#252;hrt, das Vorhaben sei im Au&#223;enbereich bauplanungsrechtlich unzul&#228;ssig. Die Voraussetzungen des &#167;&#160;35 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 BauGB l&#228;gen nicht vor. Die Umnutzung der ehemaligen Schaltstelle in eine Unterkunft f&#252;r Saisonarbeiter diene nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Kl&#228;gers. Dies erfordere, dass ein vern&#252;nftiger Landwirt auch und gerade unter Ber&#252;cksichtigung des Gebots gr&#246;&#223;tm&#246;glicher Schonung des Au&#223;enbereichs das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung f&#252;r einen entsprechenden Betrieb errichten w&#252;rde. Hinzukommen m&#252;sse, dass das Vorhaben durch die so umrissene Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch &#228;u&#223;erlich erkennbar gepr&#228;gt werde. Hier entstehe bei der Umnutzung der Schaltstelle ein Wohnhaus, das &#228;u&#223;erlich einen Bezug zur Hofstelle des Kl&#228;gers nicht erkennen lasse. Das Geb&#228;ude stehe v&#246;llig frei am Stra&#223;enrand und sei von einer landwirtschaftlichen Nutzfl&#228;che umgeben. Die r&#228;umliche Entfernung zur Hofstelle betrage nach den &#252;bereinstimmenden Angaben der Beteiligten mindestens 230&#160;m. Von au&#223;en erkennbar sei allenfalls die Nutzung des Vorhabens als Wohngeb&#228;ude, nicht jedoch sein Zusammenhang mit der Hofstelle. Daran &#228;ndere sich nichts, wenn die Au&#223;enw&#228;nde der ehemaligen Schaltstelle in demselben Farbton&#160; gestrichen w&#252;rden wie die Geb&#228;ude der Hofstelle. Nicht die &#228;u&#223;ere Gestalt, sondern die von au&#223;en erkennbare Funktion eines Geb&#228;udes sei ma&#223;geblich f&#252;r dessen optische Zuordnung zur jeweiligen Hofstelle. Abgesehen davon, dass dem Kl&#228;ger wegen der bereits vorhandenen ehemaligen Schaltstelle ein Neubau erspart bliebe, sei nicht ersichtlich, weshalb sich eine Unterkunft f&#252;r Saisonarbeiter abgesetzt von der Hofstelle ausgerechnet auf dem von Ackerfl&#228;chen umgebenen Vorhabengrundst&#252;ck befinden m&#252;sse. Dessen Nutzung f&#252;r ein derart isoliert stehendes Wohnhaus widerspreche vielmehr dem Gebot gr&#246;&#223;tm&#246;glicher Schonung des Au&#223;enbereichs.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg r&#252;gt der Kl&#228;ger, das Vorhaben diene seinem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des &#167;&#160;35 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 BauGB. Das Verwaltungsgericht habe zu strenge Anforderungen an den r&#228;umlichen Zusammenhang zwischen dem Vorhaben und der Hofstelle gestellt.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat zur Beantwortung der Frage, ob das Vorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb des Kl&#228;gers diene, die hierzu vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grunds&#228;tzen zugrunde gelegt.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteile vom 19.&#160;Juni 1991 &#8211; 4&#160;C 11.89 &#8211;, juris, Rn.&#160;22, und vom 3.&#160;November 1972 &#8211; IV&#160;C 9.70 &#8211;, juris, Rn.&#160;19, Beschluss vom 29.&#160;September 1987 &#8211; 4&#160;B 194.87 &#8211;, juris, Rn.&#160;2.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Dazu geh&#246;rt, dass das jeweilige Vorhaben durch die Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch &#228;u&#223;erlich erkennbar gepr&#228;gt wird. Dass in diesem Zusammenhang die Entfernung zwischen dem Vorhaben und der Hofstelle Bedeutung haben kann, hat das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen. Dabei hat es weder einen unmittelbaren Anschluss des Vorhabens an die Hofstelle als erforderlich angesehen noch eine allgemein g&#252;ltige maximalen Entfernung zwischen Vorhaben und Hofstelle festgelegt, sondern vielmehr in der Gesamtschau aller Umst&#228;nde eine &#228;u&#223;erlich erkennbare Zuordnung des Vorhabens zur Hofstelle des Kl&#228;gers verneint. Allein mit dem Vorbringen des Kl&#228;gers, das Vorhaben und die Hofstelle seien fu&#223;l&#228;ufig voneinander entfernt und l&#228;gen an demselben Weg, l&#228;sst sich die erforderliche &#228;u&#223;erlich erkennbare Zuordnung des Vorhabens zur Hofstelle auch angesichts der zwischen beiden liegenden Entfernung von immerhin mindestens 230&#160;m nicht begr&#252;nden. Dar&#252;ber hinaus benennt der Kl&#228;ger keine weiteren Anhaltpunkte f&#252;r die erforderliche, von au&#223;en zu erkennende Zuordnung.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Etwas anderes folgt nicht aus dem vom Kl&#228;ger in Bezug genommenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.&#160;November 1985 &#8211; 4&#160;C 71.82 &#8211;, juris, in dem in erster Linie die Frage der r&#228;umlichen Zuordnung der Hofstelle zu den landwirtschaftlichen Betriebsfl&#228;chen im Raum stand und nicht &#8211; wie hier &#8211; die Zuordnung eines Vorhabens zu einer Hofstelle mit den zugeh&#246;rigen Betriebsgeb&#228;uden. Auch aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 7.&#160;November 1977 &#8211; X&#160;A 707/75 &#8211;, AgrarR 1978, Seite&#160;171&#160;f., vermag der Kl&#228;ger nichts zu seinen Gunsten herzuleiten. Der 10.&#160;Senat hat damals entschieden, dass ein Altenteilerhaus nicht zwingend in unmittelbarer N&#228;he zur Hofstelle errichtet werden m&#252;sse, um die Voraussetzungen der Privilegierung des &#167;&#160;35 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 BBauG zu erf&#252;llen, hat dabei aber gerade den Unterschied zwischen einem Altenteilerhaus mit seiner besonderen Zweckbestimmung und einem Geb&#228;ude, das unmittelbar betrieblichen Zwecken dient, hervorgehoben.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger zieht die Annahme des Verwaltungsgerichts, es gebe keinen Grund, eine Unterkunft f&#252;r Saisonarbeiter ausgerechnet auf dem Vorhabengrundst&#252;ck unterzubringen, nicht durchgreifend in Zweifel. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Erreichbarkeit der Ackerfl&#228;chen, auf denen die Saisonarbeiter eingesetzt werden sollen, kein solcher Grund sei, weil sich die Hofstelle fu&#223;l&#228;ufig nur wenige Minuten entfernt befinde. Soweit der Kl&#228;ger mit dem Zulassungsantrag geltend macht, die f&#252;r ihn verf&#252;gbaren Fl&#228;chen in unmittelbarer N&#228;he zur Hofstelle seien wegen der dort vorhandenen Kartoffellagerhalle und der Reparaturwerkstatt aus immissionsschutzrechtlichen Gr&#252;nden nicht f&#252;r die Errichtung einer Unterkunft f&#252;r Saisonarbeiter geeignet, bleibt dieses Vorbringen unsubstanziiert. Im &#220;brigen tr&#228;gt er auch mit dem Zulassungsantrag nichts Konkretes daf&#252;r vor, weshalb eine Unterkunft f&#252;r Saisonarbeiter aus betrieblichen Gr&#252;nden nicht im Bereich der Hofstelle erfolgen kann oder soll.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Mit dem Zulassungsvorbringen vermag der Kl&#228;ger auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, die ehemalige Schaltstelle diene keinem genehmigten Zweck mehr und sei daher zu beseitigen, nicht ernsthaft in Frage zu stellen. Er nimmt insoweit lediglich Bezug auf Ausf&#252;hrungen im Urteil des 7.&#160;Senats des Oberverwaltungsgerichts vom 14.&#160;M&#228;rz 1997 &#8211; 7&#160;A 5179/95 &#8211;, juris, ohne sich n&#228;her dazu zu verhalten, dass eine Nutzung der ehemaligen Schaltstelle zu Wohnzwecken und ohne Bindung an den seinerzeitigen Betriebszweck bauaufsichtlich zugelassen gewesen sei.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Soweit der Kl&#228;ger im &#220;brigen auf sein erstinstanzliches Vorbringen verweist, gen&#252;gt dies schon an sich nicht dem Darlegungsgebot aus &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 VwGO. Ungeachtet dessen folgt aus den vom Kl&#228;ger im erstinstanzlichen Verfahren herangezogenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-W&#252;rttemberg vom 31.&#160;Oktober 1979 &#8211; VIII&#160;3820/78 &#8211; BRS&#160;36 Nr.&#160;86, und des Nieders&#228;chsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18.&#160;Juni 2003 &#8211; 1&#160;LB 143/02 &#8211;, juris, die jeweils Einzelf&#228;lle der Privilegierung einer Landarbeiterwohnung beziehungsweise eines Gefl&#252;gelmaststalls betrafen, nicht, dass das Verwaltungsgericht hier eine Privilegierung wegen zu strenger Anforderungen an den Zusammenhang zwischen dem Vorhaben und der Hofstelle fehlerhaft verneint h&#228;tte.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dass sich dem Verwaltungsgericht eine Beweisaufnahme durch Ortsbesichtigung h&#228;tte aufdr&#228;ngen m&#252;ssen, ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen ebenfalls nicht. Ein vom Kl&#228;ger in diesem Zusammenhang ohnehin allenfalls sinngem&#228;&#223; ger&#252;gter Verfahrensfehler l&#228;sst sich auf der Grundlage des Zulassungsantrags nach dem Vorstehenden nicht feststellen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger zeigt auch nicht auf, dass die Rechtssache grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;3 VwGO hat. Eine solche grunds&#228;tzliche Bedeutung w&#228;re dann anzunehmen, wenn die Rechtssache eine im betreffenden Berufungsverfahren kl&#228;rungsbed&#252;rftige und f&#252;r die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung &#252;ber den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung f&#252;r die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuf&#252;hren, warum sie f&#252;r kl&#228;rungsbed&#252;rftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gr&#252;nden ihr Bedeutung &#252;ber den Einzelfall hinaus zugemessen wird.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Daran fehlt es hier. Der Kl&#228;ger macht lediglich geltend, im Berufungsverfahren sei die Kl&#228;rung des f&#252;r das &#8222;Dienen&#8220; im Sinne des &#167;&#160;35 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 BauGB geforderten, gesetzlich nicht festgelegten Merkmals des r&#228;umlichen Zusammenhangs zwischen dem Vorhaben und der Hofstelle angezeigt. Anhand welcher Ma&#223;st&#228;be die Frage zu beantworten ist, ob ein Vorhaben im Sinne des &#167;&#160;35 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 BauGB einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, ist in der Rechtsprechung gekl&#228;rt. Der Kl&#228;ger legt mit seinem Zulassungsantrag nicht dar, inwieweit dar&#252;ber hinaus mit dem vorliegenden Fall eine grunds&#228;tzlich kl&#228;rungsbed&#252;rftige Frage im vorstehenden Sinne aufgeworfen sein soll.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich im Weiteren nicht, dass das angefochtene Urteil von einer Entscheidung eines der in &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;4 VwGO genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Wird der Zulassungsantrag mit dem Zulassungsgrund der Divergenz begr&#252;ndet, muss zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind hier nicht erf&#252;llt. Der Kl&#228;ger r&#252;gt eine Abweichung von der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 7.&#160;November 1977 &#8211; X&#160;A 707/75 &#8211;, AgrarR 1978, Seite&#160;171 f., ohne einen diese Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz aufzuzeigen, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in der angefochtenen Entscheidung in Widerspruch stehen soll. Weder in der besagten Entscheidung des 10.&#160;Senats noch in der angefochtenen Entscheidung ist ein Rechtssatz aufgestellt worden, wonach bei einer Entfernung von etwa 230&#160;m zwischen einem Vorhaben und der zugeh&#246;rigen Hofstelle ein &#8222;Dienen&#8220; im Sinne des &#167;&#160;35 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 BauGB stets gegeben oder stets ausgeschlossen sei.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167;&#160;40, 47 Abs.&#160;1 und&#160;3, 52 Abs.&#160;1 GKG.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO, &#167;&#167;&#160;68 Abs.&#160;1 S&#228;tze&#160;1 und&#160;5, 66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 GKG).</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskr&#228;ftig (&#167;&#160;124a Abs.&#160;5 Satz&#160;4 VwGO).</p>
171,196
ovgni-2019-01-14-12-me-17018
{ "id": 601, "name": "Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgni", "city": null, "state": 11, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
12 ME 170/18
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:49:53
2019-02-12T13:44:19
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 7. September 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 2.400,- EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller dagegen, dass es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, ihm vorl&#228;ufigen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehung des Bescheides der Antragsgegnerin vom 25. Juli 2018 (Bl. 23 ff. der Gerichtsakte &#8211; GA &#8211;) zu gew&#228;hren. Durch diesen Bescheid wurde ihm unter Anordnung des Sofortvollzuges aufgegeben, f&#252;r den auf ihn zugelassenen Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen D. (oder ein Ersatzfahrzeug) vom 1. September 2018 bis zum 31. August 2019 ein Fahrtenbuch zu f&#252;hren, da die Feststellung des Fahrzeugf&#252;hrers nicht m&#246;glich gewesen sei, der mit diesem Wagen am 23. Juli 2016 um 12:37 Uhr auf der E. Stra&#223;e in F. die dort zul&#228;ssige H&#246;chstgeschwindigkeit von 50 km/h um (nach Toleranzabzug) 32 km/h &#252;berschritten habe. In einem gegen den Antragsteller zuvor gef&#252;hrten Bu&#223;geldverfahren war er trotz zahlreicher &#196;hnlichkeiten mit dem Messfoto nach Einholung eines anthropologischen Gutachtens (in Beiakte - BA - 2; Ergebnis: Nichtidentit&#228;t wahrscheinlich) von dem Vorwurf freigesprochen worden, die Verkehrsordnungswidrigkeit vom 23. Juli 2016 selbst begangen zu haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen begr&#252;ndet wie folgt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>(1.) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell rechtm&#228;&#223;ig. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liege, k&#246;nne sich die Beh&#246;rde nach &#167; 80 Abs. 3 Satz&#160;1 VwGO darauf beschr&#228;nken, die f&#252;r diese Fallgruppe typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach Auffassung der Beh&#246;rde diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliege. Dem gen&#252;ge die schriftliche Begr&#252;ndung auf Seite 4 des angegriffenen Bescheides vom 25.&#160;Juli 2018, welche insbesondere darauf abhebe, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung keine zu erhebliche Belastung darstelle und es im Rahmen der Verkehrssicherheit und im &#252;berwiegenden &#246;ffentlichen Interesse zum Schutz der Allgemeinheit wichtig sei, einen Fahrzeugf&#252;hrer ermitteln zu k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>(2.) Der Antrag nach &#167; 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO sei in aller Regel unbegr&#252;ndet, wenn der Antragsteller im Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben werde, insbesondere die angegriffene Verf&#252;gung offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig sei. Der angegriffene Bescheid begegne keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>(a) Die Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugf&#252;hrers im Sinne des &#167;&#160;31a StVZO liege vor, wenn die zust&#228;ndige Beh&#246;rde nach den Umst&#228;nden des Einzelfalls nicht in der Lage gewesen sei, den T&#228;ter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Ma&#223;nahmen getroffen habe. Art und Umfang ihrer Ermittlungst&#228;tigkeit k&#246;nnten sich an dem Verhalten und der Erkl&#228;rung des Fahrzeughalters ausrichten. An dessen hinreichender Mitwirkung daran, den Fahrzeugf&#252;hrer zu bezeichnen, fehle es regelm&#228;&#223;ig, wenn er auf Anh&#246;rungsschreiben nicht reagiere. Der Beh&#246;rde w&#252;rden in diesen F&#228;llen weitere Ermittlungsversuche grunds&#228;tzlich nicht zugemutet. Ma&#223;geblich sei daher hier, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 27. Juli 2016 im Bu&#223;geldverfahren angeh&#246;rt worden sei und trotz Aufforderung seinen dortigen Mitwirkungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Es h&#228;tte bei ihm gelegen, innerhalb des Laufs der Verfolgungsverj&#228;hrung den Fahrzeugf&#252;hrer zu benennen und dadurch an der Aufkl&#228;rung mitzuwirken. Im &#220;brigen bestehe kein &#8222;doppeltes Recht&#8220;, nach einem Verkehrsversto&#223; zur T&#228;terschaft keine Angaben zu machen, aber gleichwohl eine Fahrtenbuchanordnung abzuwehren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>(b) Anders als der Antragsteller geltend mache, folge aus dem zwischen dem Verkehrsversto&#223; und der Anordnung einer Fahrtenbuchf&#252;hrung verstrichenen Zeitraum von zwei Jahren nicht die Rechtswidrigkeit der Anordnung. Zwar sei denkbar, eine solche Anordnung nach Ablauf eines erheblichen Zeitraums als unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig anzusehen. Da bei der Berechnung dieses Zeitraums diejenigen Zeiten au&#223;er Acht blieben, in denen der Fahrzeughalter etwa die sich aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht ergebenden Rechtsschutzm&#246;glichkeiten aussch&#246;pfe und dadurch selbst Anlass zu einer Verz&#246;gerung des Erlasses der Fahrtenbuchanordnung biete, sei jedoch ma&#223;geblich auf den Zeitpunkt der Einstellung des Bu&#223;geldverfahrens abzustellen. Die hier zwischen dem Freispruch des Antragstellers im Bu&#223;geldverfahren (Beschluss vom 23.&#160;M&#228;rz 2017; Rechtskraft seit dem 5.&#160;April 2017) und dem Erlass des angegriffenen Bescheids vom 25. Juli 2018 verstrichene Zeit von knapp 16 Monaten k&#246;nne (noch) nicht als derart erheblich angesehen werden, dass sich schon deswegen die ergangene Fahrtenbuchanordnung als unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig darstelle. Es sei insbesondere nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin das Verwaltungsverfahren zur Anordnung des Fahrtenbuches z&#246;gerlich bearbeitet habe. Denn erst mit Verf&#252;gung der Staatsanwaltschaft Oldenburg vom 20. Juni 2018 sei ihr die Bu&#223;geldakte zur Pr&#252;fung &#252;bersandt worden, ob eine Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht auferlegt werden k&#246;nne.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>(c) Die hiesige Dauer dieser Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht, deren Bemessung im pflichtgem&#228;&#223;en Ermessen der Beh&#246;rde stehe, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es handele sich auch nach der Wertung des Gerichts um einen massiven Verkehrsversto&#223; mit einem ganz erheblichen Risikopotenzial. Im &#220;brigen habe das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 28.5.2015 - BVerwG 3 C 13.14 -, juris) bereits bei einer Geschwindigkeits&#252;berschreitung von 27 km/h au&#223;erorts die Anordnung einer Fahrtenbuchf&#252;hrung von einem Jahr f&#252;r ermessensgerecht erachtet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 7. September 2018 hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Denn die dargelegten Beschwerdegr&#252;nde, die allein der Senat gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu pr&#252;fen hat, gen&#252;gen teilweise nicht den Anforderungen, die gem&#228;&#223; &#167;&#160;146 Abs. 4 Satz 3 VwGO an ihre Darlegung unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung zu stellen sind, und verm&#246;gen im &#220;brigen in der Sache nicht zu &#252;berzeugen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Um sich im Sinne des &#167; 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit der angefochtenen Entscheidung auseinanderzusetzen, muss ein Beschwerdef&#252;hrer von der Begr&#252;ndungsstruktur dieser Entscheidung ausgehen und das Entscheidungsergebnis in Frage stellen (Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, &#167; 146 Rn. 31). Die erforderliche Dichte seiner eigenen Ausf&#252;hrungen hat sich dabei an der Dichte der Begr&#252;ndung der angefochtenen Entscheidung zu orientieren (Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, &#167; 146 Rn.&#160;22a). Je intensiver diese Entscheidung begr&#252;ndet ist, umso eingehender muss der Beschwerdef&#252;hrer die sie tragende Argumentation entkr&#228;ften. Es reicht deshalb grunds&#228;tzlich nicht aus, wenn er lediglich eine eigene W&#252;rdigung der Sach- und Rechtslage vortr&#228;gt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht. Vielmehr muss er in der Regel den einzelnen tragenden Begr&#252;ndungselementen der angefochtenen Entscheidung geeignete Gegenargumente konkret gegen&#252;berstellen und &#8211; soweit m&#246;glich &#8211; deren Vorzugsw&#252;rdigkeit darlegen (Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, ZNER 70 ff., hier zitiert nach juris, Rn. 56, und Beschl. v. 10. 2. 2014 - 7 ME 105/13 -, juris, Rn. 26). Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbst&#228;ndig tragende Begr&#252;ndungen gest&#252;tzt, muss ein Beschwerdef&#252;hrer zudem alle diese Begr&#252;ndungen angreifen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 7.6.2006 - 2 ME 661/06 -, NVwZ-RR 2006, 650 f. [650]; Stuhlfauth, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, &#167; 146 Rn. 31, m. w. N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p><strong>1.</strong> Mit dem Einwand, auch in formaler Hinsicht h&#228;tte die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer genaueren Begr&#252;ndung bedurft, da zwischen Freispruch und sofortiger Vollziehung 16 Monate vergangen seien, wendet sich der Antragsteller gegen die unter I. 1. wiedergegebenen Erw&#228;gungen der Vorinstanz. Seiner Kritik ist jedoch nicht zu folgen. Denn das formelle Begr&#252;ndungserfordernis des &#167; 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO beschr&#228;nkt sich grunds&#228;tzlich darauf, diejenigen Gr&#252;nde anzugeben, welche die Beh&#246;rde positiv bestimmt haben, das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu bejahen. Nicht geboten ist deshalb eine Auseinandersetzung mit Umst&#228;nden, welche sie insoweit ohnehin erkennbar f&#252;r unerheblich gehalten hat. Schon aus den Ausf&#252;hrungen der Antragsgegnerin im sechsten Absatz und dem ersten Satz des siebenten Absatzes auf der Seite 3 des umstrittenen Bescheides vom 25.&#160;Juni 2018 (Bl. 25 GA) ergab sich f&#252;r den Antragsteller hinreichend, dass die Antragsgegnerin den Gesichtspunkt der verstrichenen Zeit f&#252;r nicht geeignet hielt, das im Interesse der Verkehrssicherheit bestehende Bed&#252;rfnis entfallen zu lassen, ihm zur Gew&#228;hrleistung der Aufkl&#228;rung und (auch pr&#228;ventiv wirkenden) Ahndung von mit dem Fahrzeug (D.) begangenen Verkehrsverst&#246;&#223;en eine Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht aufzuerlegen. Hatte sie aber das von dem Antragsteller hervorgehobene Zeitmoment bereits an dieser Stelle f&#252;r unerheblich erachtet, galt Gleiches erkennbar auch f&#252;r das nachfolgend auf der Seite 4 des Bescheides (Bl. 26 GA) erneut erw&#228;hnte und nun zur Begr&#252;ndung der Anordnung des Sofortvollzuges herangezogene &#246;ffentliche Interesse an der Sicherung einer Ermittlung des jeweiligen Fahrzeugf&#252;hrers. Ohne Bedeutung in der Pr&#252;fung des &#167; 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist, ob der insoweit eingenommene Standpunkt der Antragsgegnerin zutreffend war. Denn die inhaltliche Richtigkeit der Erw&#228;gungen, die von der Beh&#246;rde zur Bejahung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung herangezogen werden, z&#228;hlt nicht zu den Rechtm&#228;&#223;igkeitsvoraussetzungen des formellen Begr&#252;ndungserfordernisses nach &#167;&#160;80 Abs. 3 Satz 1 VwGO (vgl. Funke-Kaiser, in: Bader u. a., VwGO, 7. Aufl. 2018, &#167;&#160;80 Rn. 54., m. w. N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p><strong>2.</strong> Die Beschwerdegr&#252;nde des Antragstellers, die das materielle Recht betreffen, greifen ebenfalls nicht durch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p><strong>a)</strong> Der Antragsteller r&#252;gt, die Vorinstanz habe es zu Unrecht als eine nicht hinreichende Mitwirkung an der Fahrerermittlung im Bu&#223;geldverfahren betrachtet (vgl. oben unter I. 2. a), dass er nach Erhalt des Anh&#246;rungsbogens vom 27. Juli 2016 (Bl. 64 f. GA) keine Angaben &#252;ber den f&#252;r die Verkehrsordnungswidrigkeit vom 23. Juli 2016 verantwortlichen Fahrzeugf&#252;hrer gemacht habe. Das Verwaltungsgericht h&#228;tte ihm nicht vorwerfen d&#252;rfen, er habe dadurch eine im Bu&#223;geldverfahren bestehende Mitwirkungsverpflichtung nicht erf&#252;llt. Denn er sei in dem Anh&#246;rungsbogen vom 27.&#160;Juli 2016 f&#252;r den Fall, dass er die Ordnungswidrigkeit nicht begangen habe, &#252;ber das Nichtbestehen einer solchen Mitteilungsverpflichtung wie folgt belehrt worden:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p><em>&#8222;Wenn Sie die Ordnungswidrigkeit nicht begangen haben, werden Sie hiermit als &#8230; Zeuge angeh&#246;rt. Teilen Sie bitte innerhalb einer Woche ab Zugang dieses Schreibens &#8230; die Personalien des Verantwortlichen &#8230; mit; hierzu sind sie nicht verpflichtet.&#8220;</em></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Diese Beschwerdegr&#252;nde des Antragstellers verm&#246;gen nicht zu &#252;berzeugen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die Anordnung der F&#252;hrung eines Fahrtenbuchs setzt nicht voraus, dass die Nichtfeststellbarkeit des verantwortlichen Fahrzeugf&#252;hrers auf einer &#8211; aus welchem Grund auch immer &#8211; unzureichenden Mitwirkung des Fahrzeughalters an den Ermittlungen der Verfolgungsbeh&#246;rde im Bu&#223;geldverfahren beruht (Nds. OVG, Beschl. v. 13.11.2017 - 12 LA 98/17 - und v. 14.7.2016 - 12 ME 109/16 -). Es kommt vielmehr f&#252;r das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO allein darauf an, dass der verantwortliche Fahrer mit zumutbarem Aufwand der Verfolgungsbeh&#246;rde nicht festzustellen war. Ohne Belang ist also insbesondere, ob den Fahrzeughalter ein Verschulden an der Nichtfeststellbarkeit des Fahrzeugf&#252;hrers trifft. Das entspricht dem gefahrenabwehrrechtlichen Charakter der Regelung &#252;ber die Fahrtenbuchanordnung mit dem Ziel, die Ordnung und Sicherheit des Stra&#223;enverkehrs bei gegebenem Anlass dadurch zu gew&#228;hrleisten, dass in Zukunft der T&#228;ter einer Verkehrsordnungswidrigkeit &#252;ber das Fahrtenbuch alsbald ermittelt werden kann (BVerfG, Beschl. v. 7.12.1981 - 2&#160;BvR 1172/81 -, NJW 1982, 568; BVerwG, Beschl. v. 23.6.1989 - BVerwG 7 B 90.89 -, NJW 1989, 2704, hier zitiert nach juris, Rn. 8; Nds. OVG, Beschl. v. 2.11.2006 - 12 LA 176/06 -, zfs 2007, 119; v. 12.12.2007 - 12 LA 267/07 -, zfs 2008, 356 und v. 1.3.2016 - 12 LA 105/15 -).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Da eine mangelnde Mitwirkung des Fahrzeughalters an der Ermittlung des Fahrzeugf&#252;hrers nicht den rechtfertigenden Grund f&#252;r die Auferlegung einer Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht bildet, k&#246;nnen Mitwirkungsm&#228;ngel f&#252;r die Bejahung der tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO nur eine mittelbare Bedeutung haben. Diese besteht darin, dass dann, wenn eine mangelnde Mitwirkung vorliegt, dies regelm&#228;&#223;ig dazu f&#252;hrt, dass der Verfolgungsbeh&#246;rde weitere eigene Ermittlungen nicht zuzumuten sind und sich der Fahrzeughalter den Einwand abschneidet, die Feststellung des Fahrzeugf&#252;hrers sei nach der Verkehrszuwiderhandlung sehr wohl m&#246;glich gewesen, h&#228;tten nur solche weiteren Ermittlungen stattgefunden. Ob die Mitwirkung eines Fahrzeughalters ausreicht, h&#228;ngt dabei nicht entscheidend davon ab, ob er im Bu&#223;geldverfahren durchsetzbare Rechtspflichten, wie etwa die dort grunds&#228;tzlich bestehende Zeugnispflicht (vgl. &#167; 46 Abs. 2 OWiG i. V. m. &#167; 161a Abs. 1 Satz 1 StPO, &#167;&#160;46 Abs. 5 OWiG) verletzt (Nds. OVG, Beschl. v. 13.11.2017 - 12 LA 98/17 - und v. 14.7.2016 - 12 ME 109/16 -) oder ihm dies sogar &#8222;vorzuwerfen&#8220; ist. Das kann unter anderem schon daraus gefolgert werden, dass es &#8211; wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat &#8211; kein &#8222;doppeltes Recht&#8220; des Fahrzeughalters gibt, nach einem mit seinem Kraftfahrzeug begangenen Verkehrsversto&#223; zur T&#228;terschaft (unter Berufung auf ein ihm zustehendes Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht) keine Angaben zu machen, aber gleichwohl eine Fahrtenbuchanordnung abzuwehren. Vielmehr darf auch ein vollst&#228;ndig rechtm&#228;&#223;iges Verhalten des Fahrzeughalters im Bu&#223;geldverfahren in dem diesem Verfahren nachfolgenden Verwaltungsverfahren zur Anordnung einer Fahrtenbuchf&#252;hrung &#8211; unter rein gefahrenabwehrrechtlichem Blickwinkel &#8211; als Obliegenheitsverletzung gew&#252;rdigt werden, welche den Umfang der Ermittlungen reduziert, die von der Verfolgungsbeh&#246;rde im Bu&#223;geldverfahren unternommen worden sein m&#252;ssen, damit im Rahmen des &#167; 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO davon ausgegangen werden darf, die Feststellung des Fahrzeugf&#252;hrers sei nicht m&#246;glich gewesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Allerdings hatte der beschlie&#223;ende Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-W&#252;rttemberg (Beschl. v. 4.8.2009 - 10 S 1499/09 -, NJW 2009, 3802) angenommen, dass die beh&#246;rdlichen Ma&#223;nahmen zur Feststellung des Fahrzeugf&#252;hrers ggf. auch eine zus&#228;tzliche Zeugenanh&#246;rung des Halters umfassen m&#252;ssten, um von einer Obliegenheitsverletzung im soeben umrissenen Sinne ausgehen zu k&#246;nnen, aber eine solche Zeugenanh&#246;rung nicht ordnungsgem&#228;&#223; vorgenommen worden sei, wenn dabei eine Belehrung des oben zitierten Inhalts erfolgt war und der Anh&#246;rungsbogen keine weiteren Hinweise f&#252;r eine etwaige zeugenschaftliche Vernehmung enthielt. Denn diese Belehrung sei falsch, da sie mit dem zu weitgehenden Hinweis verbunden sei, der Fahrzeughalter sei zur Benennung des Verantwortlichen nicht verpflichtet (Nds. OVG, Beschl. v. 24.4.2012 - 12 ME 33/12 -, juris, Rn. 10). Auf diese Rechtsprechung kann sich der Antragsteller aber aus zwei Gr&#252;nden nicht erfolgreich zu berufen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Zum einen kann nach dem im Rahmen des &#167; 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO anzulegenden Ma&#223;stab (vgl. grundlegend BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - BVerwG 7 B 162.87 -, NJW 1988, 1104 f., hier zitiert nach juris, Rn. 4 f.) eine zus&#228;tzliche Zeugenanh&#246;rung des Halters nur dann geboten sein, wenn die Verfolgungsbeh&#246;rde im Bu&#223;geldverfahren bereits zu einem Zeitpunkt Hinweise darauf hatte, dass neben dem Halter f&#252;r die T&#228;terschaft auch andere Personen in Betracht kamen, zu dem gegen&#252;ber solchen anderen Personen die Verfolgungsverj&#228;hrung (&#167;&#160;26 Abs. 3 StVG) noch nicht eingetreten war. L&#228;sst sich aber nicht bereits anhand des Messfotos, insbesondere unter Ber&#252;cksichtigung von Alter und Geschlechts des Halters, ausschlie&#223;en, dass dieser selbst der gesuchte Fahrzeugf&#252;hrer ist, sondern besteht sogar &#8211; wie hier &#8211; auf den ersten Blick eine ganz erhebliche &#196;hnlichkeit, liegen derartige Anhaltspunkte grunds&#228;tzlich erst dann vor, wenn der Halter selbst seine T&#228;terschaft bestreitet. Das ist hier nicht geschehen, bevor die dreimonatige Verfolgungsverj&#228;hrung der Verkehrsordnungswidrigkeit vom 23. Juli 2016 gegen&#252;ber anderen Personen als dem Antragsteller eingetreten war. Denn dieser hatte sich im Verfahren der Verfolgungsbeh&#246;rde nicht zur Sache eingelassen und seinen am 6. Oktober 2016 erhobenen Einspruch (Bl.&#160;2 f. der Beiakte - BA - 2) gegen den Bu&#223;geldbescheid vom 23. September 2016 nicht sogleich begr&#252;ndet, sondern erstmalig in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht F. &#8211; Bu&#223;geldrichter &#8211; am 21. Dezember 2016 die Tat bestritten (vgl. Bl.&#160;20 - R&#252;ckseite - BA 2). Die durch den Erlass des Bu&#223;geldbescheides gem&#228;&#223; &#167; 26 Abs. 3 StVG bewirkte Verl&#228;ngerung der Verj&#228;hrungsfrist auf sechs Monate griff aber ausschlie&#223;lich dem Antragsteller gegen&#252;ber als dem in diesem Bescheid genannten Betroffenen (vgl. Asholt, in: M&#252;KoStVR, 1.&#160;Aufl. 2016, StVG &#167; 26 Rn. 6, m. w. N.). Allein die nunmehrige unsubstantiierte Behauptung des Antragstellers, der Verfolgungsbeh&#246;rde sei bekannt gewesen, dass er in G. einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb mit zahlreichen Arbeitnehmern betreibe, reicht indessen nicht aus, um &#252;berzeugend darzulegen, die Verfolgungsbeh&#246;rde habe es trotz seiner &#196;hnlichkeit mit dem Messfoto bereits vor der Hauptverhandlung ernstlich in Betracht ziehen m&#252;ssen, ein Arbeitnehmer dieses Betriebes k&#246;nnte der gesuchte Fahrzeugf&#252;hrer sein. Vielmehr gen&#252;gten solche allgemeinen Kenntnisse &#252;ber die genannte Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit des Antragstellers nicht einmal, um das in Rede stehende Fahrzeug als einen sogenannten Firmenwagen zu identifizieren, geschweige denn, um anzunehmen, dass dieses Fahrzeug neben dem Antragsteller diversen Arbeitnehmern zur Verf&#252;gung gestellt werde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Zum anderen kann die oben angef&#252;hrte Rechtsprechung (Beschl. v. 24.4.2012 - 12 ME 33/12 -, juris) auf die vorliegende Gestaltung des Anh&#246;rungsbogens nicht &#252;bertragen werden. Denn die dem Antragsteller auf diesem Anh&#246;rungsbogen erteilte Belehrung ist in der hier umstrittenen Passage nicht zu weitgehend und falsch. Sie trifft vielmehr deshalb zu, da ein Fahrzeughalter &#8211; unabh&#228;ngig vom Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts &#8211; im Bu&#223;geldverfahren generell keiner Verpflichtung unterliegt, allein auf die Zusendung eines (auch oder allein) f&#252;r Zeugen bestimmten Anh&#246;rungsbogens mit einer Mitteilung des Verantwortlichen an die Verfolgungsbeh&#246;rde zu reagieren. Die Zusendung eines solchen Anh&#246;rungsbogens stellt n&#228;mlich keine Vernehmung dar. Gem&#228;&#223; &#167; 46 Abs. 2 OWiG i.&#160;V. m. &#167; 161a StPO besteht im Bu&#223;geldverfahren weder eine Verpflichtung von Zeugen, schriftlich zur Sache auszusagen, noch, ohne vorherige ordnungsgem&#228;&#223;e Ladung zwecks Einvernahme die Verfolgungsbeh&#246;rde aufzusuchen oder diese anzurufen, um ihr so m&#252;ndlich Angaben zur Sache zu machen (vgl. K&#246;lbel, in: M&#252;KOStPO, 1. Aufl. 2016, StPO &#167; 160 Rn. 27 und &#167;&#160;161a Rn. 3). Dass es &#8211; insbesondere bei fehlendem Zeugnisverweigerungsrecht &#8211; nicht generell an einer Zeugnispflicht mangelt, ergab sich aber f&#252;r den Antragsteller aus dem der oben zitierten Passage nachfolgenden Text der Belehrung in dem Anh&#246;rungsbogen vom 27. Juli 2016 (Bl. 65 GA), die sich mit der M&#246;glichkeit einer (richterlichen) Vernehmung befasste. Vor diesem Hintergrund ist in der Rechtsprechung bereits zutreffend anerkannt, dass eine zus&#228;tzliche f&#246;rmliche Befragung (Vernehmung) als Zeuge keine stets erforderliche Voraussetzung f&#252;r die Annahme einer Obliegenheitsverletzung im vorgenannten Sinne ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - BVerwG 7 B 162/87 -, NJW 1988, 1104 f., hier zitiert nach juris, Rnrn. 4 f.), sondern hierzu sehr wohl bereits das Schweigen auf eine quasi hilfsweise schriftliche Anh&#246;rung als Zeuge gen&#252;gen kann (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 21.4.2008 - 8 B 482/08 -, juris, Rnrn. 9 f.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p><strong>b)</strong> Gegen die oben unter I. 2. b) wiedergegebenen Erw&#228;gungen der Vorinstanz wendet sich der Antragsteller mit der Begr&#252;ndung, im Zuge der Beurteilung der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Fahrtenbuchanordnung sei zu beachten gewesen, dass der Verkehrsversto&#223; bei deren Erlass bereits zwei Jahre und zwei Tage zur&#252;ckgelegen habe sowie nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund 16 Monate zwischen seinem Freispruch und dem Ergehen der Anordnung h&#228;tten vergehen m&#252;ssen. Au&#223;erdem sei diese funktionslos geworden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Auch diese Beschwerdegr&#252;nde verm&#246;gen eine &#196;nderung des angefochtenen Beschlusses nicht zu rechtfertigen. Der Hinweis auf die zwischen dem Verkehrsversto&#223; und dem Erlass der Anordnung vergangene Zeit l&#228;sst bereits die gebotene Auseinandersetzung mit der Erw&#228;gung der Vorinstanz vermissen, bei der Berechnung des Zeitraums, welcher der Beurteilung der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der Anordnung zugrunde zu legen sei, m&#252;ssten diejenigen Zeiten au&#223;er Acht bleiben, in denen der Fahrzeughalter die sich aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht ergebenden Rechtsschutzm&#246;glichkeiten aussch&#246;pfe. Die Kritik des Antragstellers, es sei nicht ersichtlich, weshalb 16 Monate zwischen seinem Freispruch im Bu&#223;geldverfahren und der Anordnung der Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht h&#228;tten vergehen m&#252;ssen, geht schon nicht darauf ein, dass das Verwaltungsgericht die Ursache dieser Verz&#246;gerung in dem sp&#228;ten Zeitpunkt gesehen hat, zu dem die Verf&#252;gung der Staatsanwaltschaft Oldenburg vom 20. Juni 2018 (Bl.132 BA 2) erging. Dieser Zeitpunkt hatte aber seine ma&#223;gebliche Ursache ebenfalls im Verhalten des Antragstellers. Denn dieser hatte nach seinem Freispruch nicht nur einen zu hohen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten und Auslagen geltend gemacht (vgl. Bl. 49 f. BA 2) und sodann gegen die gerichtliche Kostenfestsetzung einen unbegr&#252;ndeten Rechtsbehelf ergriffen (vgl. Bl.&#160;98 f. BA 2). Er hatte zudem einen Teil seiner notwendigen Auslagen erst Mitte M&#228;rz 2018 geltend gemacht (Bl. 105 f., 116 f. BA 2). Beides hatte zur Folge, dass die Bu&#223;geldakte nicht umgehend an die Antragsgegnerin abgegeben werden konnte, sondern immer wieder in Kostenstreitigkeiten und -angelegenheiten ben&#246;tigt wurde, die der Antragsteller selbst verursacht hatte. Weshalb die so entstandene Verz&#246;gerung gleichwohl unter Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgesichtspunkten zu seinen Gunsten wirken sollte, legt er nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Es kann auch keine Rede davon sein, dass die Fahrtenbuchanordnung im Hinblick darauf funktionslos geworden w&#228;re, dass &#8211; wie der Antragsteller behauptet &#8211; derzeit keine Bu&#223;geldverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten gef&#252;hrt w&#252;rden, die von unbekannten Fahrzeugf&#252;hrern mit seinem Kraftfahrzeug (D.) begangen worden seien. Denn die Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht sichert &#252;ber ihre Dauer die Aufkl&#228;rbarkeit von potentiellen Zuwiderhandlungen, deren etwaige k&#252;nftige Begehung sich grunds&#228;tzlich nie ausschlie&#223;en l&#228;sst, solange das betroffene Fahrzeug oder ein Ersatzfahrzeug weiter gehalten wird. Die Anordnung wird daher w&#228;hrend ihrer Laufzeit durch eine aktuell fehlende Begehung von Verkehrsordnungswidrigkeiten seitens unbekannter F&#252;hrer des von ihr betroffenen Fahrzeugs ebenso wenig funktionslos, wie es etwa eine Versicherung bei mangelnden Schadensf&#228;llen im Versicherungsjahr ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p><strong>c)</strong> Der Antragsteller beanstandet erfolglos die unter I. 2. c) dargestellten Erw&#228;gungen der Vorinstanz mit der Begr&#252;ndung, die Dauer der Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht sei unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Er macht geltend, sein von der Anordnung betroffenes Fahrzeug werde t&#228;glich im Betrieb genutzt, sodass auch eine k&#252;rzere Dauer der Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht ihren Zweck erreiche. Die von der Vorinstanz angef&#252;hrte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts betreffe ein nur saisonal genutztes Motorrad und damit keinen vergleichbaren Fall.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Mit seinem Hinweis auf die Nutzungsh&#228;ufigkeit des von der umstrittenen Anordnung betroffenen Fahrzeugs ber&#252;cksichtigt der Antragsteller indessen nicht, dass die t&#228;gliche oder nahezu t&#228;gliche Nutzung eines Personenkraftwagens keine ungew&#246;hnliche, sondern eine sehr h&#228;ufige Fallgestaltung ist, die bei sogenannten Firmenfahrzeugen und den Personenkraftwagen von Pendlern sogar die Regel darstellt. Es stellt deshalb keine Ermessens&#252;berschreitung (vgl. &#167; 114 Satz 1 VwGO) der Antragsgegnerin dar, diese Nutzungsh&#228;ufigkeit nicht zum Anlass genommen zu haben, die an die Schwere der Zuwiderhandlung ankn&#252;pfende Dauer der Fahrtenbuchf&#252;hrungspflicht gegen&#252;ber dem Normalfall zu verk&#252;rzen. Inwiefern sich unter dem Gesichtspunkt der Zweckerreichung eine strikte Grenze f&#252;r das Ermessen der Antragsgegnerin ergeben soll, welche es ausschl&#246;sse, die Verpflichtung auf den hier gew&#228;hlten Zeitraum zu erstrecken, legt der Antragsteller schon nicht ausreichend dar. Auch seine Kritik an dem Hinweis der Vorinstanz auf die oben unter I. 2. c) genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vermag eine &#196;nderung des angefochtenen Beschlusses nicht zu rechtfertigen. Denn der beanstandete Hinweis hat erkennbar (&#8222;Im &#220;brigen &#8230;&#8220;) lediglich einen erg&#228;nzenden Charakter und der Antragsteller entkr&#228;ftet die dem Hinweis vorausgehenden, selbst&#228;ndig tragenden Erw&#228;gungen der Vorinstanz nicht, die sich in den &#252;brigen S&#228;tzen des zweiten Absatzes auf der Seite 6 der Abschrift des angefochtenen Beschlusses finden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167; 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 und 52 Abs. 1 GKG. Sie entspricht den Vorschl&#228;gen unter den Nr. 1.5 Satz 1 und 46.11 des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nord&#214;R 2014, 11).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO; &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000239&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
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2019-01-14T00:00:00
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2019-02-12T13:44:17
Beschluss
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller wendet sich gegen eine naturschutzrechtliche Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm die Pflanzung von B&#228;umen und Strauchreihen sowie die Leistung von Ausgleichsma&#223;nahmen aufgegeben wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller ist Eigent&#252;mer der Grundst&#252;cke der Gemarkung W., Flur A, Flurst&#252;cke 583 und 581 sowie Flur B, Flurst&#252;cke 198/1, 196/1, 194/1, 192/1, 190/1 und 188/1 (W. Schachtsee), auf denen ein Campingplatz betrieben wird, sowie des &#246;stlich angrenzenden Grundst&#252;cks der Gemarkung W., Flur A, Flurst&#252;ck 563, auf dem sich eine Parkfl&#228;che befindet. Nach einem B&#252;rgerhinweis stellte der Antragsgegner bei einer am 17.11.2017 durchgef&#252;hrten Ortsbesichtigung fest, dass auf diesen Fl&#228;chen eine Vielzahl von B&#228;umen (Pappeln) sowie Strauchreihen beseitigt worden waren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 29.05.2018 gab der Antragsgegner dem Antragsteller auf, im Bereich des Gel&#228;ndes W. Schachtsee eine Pflanzung von 36 B&#228;umen, davon mindestens zwei Baumreihen mit einem Mindestbaumbestand von jeweils 10 zusammenh&#228;ngenden B&#228;umen, und von 4 Strauchreihen mit einem Gesamtumfang von insgesamt 150 m&#178; anzulegen (Ziffer 1) sowie auf der angrenzenden Parkfl&#228;che 12 weitere B&#228;ume zu pflanzen (Ziffer 2). Dar&#252;ber hinaus ordnete der Antragsgegner an, dass als Kompensation des durch die F&#228;llungen entstandenen Naturschadens weitere Ausgleichsma&#223;nahmen durch den Antragsteller zu leisten sind, dabei insgesamt 23.860 Biotopwertpunkte auszugleichen sind und der unteren Naturschutzbeh&#246;rde bis zum 30.09.2018 ein landschaftspflegerischer Begleitplan mit konkreten Ausgleichsma&#223;nahmen zu Entscheidung vorzulegen ist (Ziffer 3). Zugleich ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung der Verf&#252;gung an (Ziffer 4). F&#252;r den Fall, dass der Antragsteller den Anordnungspunkten 1 und 2 nicht nachkomme, drohte er ein Zwangsgeld in H&#246;he von 10.000,00 &#8364; an (Ziffer 5), und f&#252;r den Fall, dass er dem Anordnungspunkt 3 nicht nachkomme, ein Zwangsgeld in H&#246;he von 5.000,00 &#8364; (Ziffer 6). Der Anordnung war u.a. die Nebenbestimmung Nr. 6 beigef&#252;gt, wonach die Aufwuchs- und Entwicklungspflege der Geh&#246;lze f&#252;nf Jahre betr&#228;gt und ausgefallene Geh&#246;lze in der jeweils darauffolgenden Pflanzperiode zu ersetzen sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Hiergegen erhob der Antragsteller am 27.06.2018 Widerspruch, &#252;ber den &#8211; soweit ersichtlich &#8211; noch nicht entschieden ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Auf den vom Antragsteller ebenfalls am 27.06.2018 gestellten Antrag hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs hinsichtlich Ziffer 5 der Verf&#252;gung angeordnet, den Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs im &#220;brigen aber abgelehnt. Zur Begr&#252;ndung hat es u.a. ausgef&#252;hrt, der angefochtene Bescheid unterliege &#8211; bis auf die nicht hinreichend bestimmte Zwangsgeldandrohung in Ziffer 5 &#8211; nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Pr&#252;fung keinen rechtlichen Bedenken.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Die tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG f&#252;r eine Wiederherstellungsanordnung seien erf&#252;llt. Die vom Antragsteller vorgenommene Beseitigung von insgesamt 51 B&#228;umen und vier Strauchreihen stelle nach summarischer Pr&#252;fung einen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des &#167; 14 BNatSchG dar, der nach &#167; 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG auszugleichen oder zu ersetzen sei. Die Gestalt der Grundfl&#228;che des Schachtseegel&#228;ndes sei derart ver&#228;ndert worden, dass eine erhebliche Beeintr&#228;chtigung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes nicht ausgeschlossen werden k&#246;nne. Wie sich auch den im Verwaltungsvorgang enthaltenen Lichtbildern entnehmen lasse, habe die Entfernung der gro&#223;en Anzahl von B&#228;umen dazu gef&#252;hrt, dass der an den Campingplatz angrenzende Schachtsee auf gro&#223;er Fl&#228;che einsehbar sei. Auch als Sichtschutz dienende gro&#223;e B&#228;ume seien gro&#223;fl&#228;chig nicht mehr vorhanden. Auf der Luftbildaufnahme sei zu erkennen, dass der Bereich 1, der sich am Eingangsbereich des Campingplatzes befinde und die Grundst&#252;cksgrenze mit B&#228;umen verdeutliche, beseitigt worden sei, so dass ein freier Blick auf das Gel&#228;nde gegeben sei. F&#252;r den Durchschnittsbeobachter stelle sich die den Schachtsee auf H&#246;he des Campingplatzes umgebende Landschaft als bedeutend weniger von Pflanzen, insbesondere B&#228;umen, bewachsenes Gebiet dar, als vor den vorgenommenen Ver&#228;nderungen, insbesondere weil die Landschaft von den hochgewachsenen B&#228;umen gepr&#228;gt gewesen sei. Wie den Bildern in der Akte entnommen werden k&#246;nne, seien die beseitigten B&#228;ume von einiger H&#246;he gewesen und h&#228;tten das sich f&#252;r den Menschen ergebende Landschaftsbild ma&#223;geblich beeinflusst, weshalb die mit den Rodungen einhergehende Ver&#228;nderung des Landschaftsbildes nicht nur einem sich f&#252;r Natur und Landschaft interessierenden Durchschnittsbetrachter unmittelbar auffalle und als negative Ver&#228;nderung qualifiziert werde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Diese sich optisch aufdr&#228;ngende negative Ver&#228;nderung des Landschaftsbildes habe auch erheblichen Einfluss auf das Funktionieren des Naturhaushalts. Insbesondere Rodungen oder auch die Beseitigung von Hecken beeintr&#228;chtigten das &#8211; aus den Faktoren Boden, Wasser, Luft, Tier- und Pflanzenwelt einschlie&#223;lich ihrer vielf&#228;ltigen Wechselwirkungen gebildete &#8211; &#246;kologische Wirkungsgef&#252;ge einer Grundfl&#228;che, wenn &#8211; wie hier &#8211; einzelne dieser Faktoren oder ihr &#246;kologisches Zusammenwirken St&#246;rungen unterl&#228;gen, die nach &#246;kologischen Ma&#223;st&#228;ben als Verschlechterung zu bewerten seien. Dass das sich auf dem ma&#223;geblichen Gel&#228;nde entwickelte Wirkungsgef&#252;ge hier erheblich beeintr&#228;chtigt sei, d&#252;rfte in Anbetracht des Ausma&#223;es der F&#228;llungen, das aufgrund des Stammumfangs ersichtlich h&#246;heren Alters der B&#228;ume und daher der Intensit&#228;t der Beseitigungen nicht in Frage zu stellen sein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Ein rechtm&#228;&#223;iger Zustand k&#246;nne auch nicht anders als durch Wiederherstellung des fr&#252;heren Zustandes geschaffen werden (&#167; 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG), insbesondere nicht durch Zulassung des Eingriffs. Der f&#252;r die Behebung des Versto&#223;es gegen die formelle Genehmigungspflicht erforderliche Antrag auf Zulassung nach &#167; 17 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG bzw. die nachtr&#228;gliche Anzeige des Vorhabens l&#228;gen bereits nicht vor. Ungeachtet dessen seien auch die Anforderungen des &#167; 15 BNatSchG nicht erf&#252;llt, die Voraussetzung f&#252;r eine nachtr&#228;gliche Zulassung des Eingriffs w&#228;ren (&#167; 17 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Es best&#252;nden auch keine Bedenken gegen die Rechtm&#228;&#223;igkeit der unter Ziffer 3 der Verf&#252;gung angeordneten Verpflichtung zur Erstellung eines landschaftspflegerischen Begleitplans. Die mit einem solchen Plan aufzuzeigenden weiteren Ma&#223;nahmen sollten der Kompensation der Beeintr&#228;chtigungen dienen, die auch nach den unter Ziffern 1 und 2 angeordneten Ersatzpflanzungen noch nicht beseitigt seien. Zweifel an der Berechnung der auszugleichenden Biotopwertpunkte, die der Antragsgegner auf der Grundlage der Richtlinie &#252;ber die Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Sachsen-Anhalt (Bewertungsmodell Sachsen-Anhalt) in der Fassung des Runderlasses des Ministeriums f&#252;r Landwirtschaft und Umwelt vom 12.03.2009 vorgenommen habe, best&#252;nden bei Anlegung des summarischen Pr&#252;fungsma&#223;stabes nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:90pt"><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>A. Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gr&#252;nde, auf deren Pr&#252;fung der Senat gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschr&#228;nkt ist, rechtfertigen die &#196;nderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>1. Der Antragsteller wendet ein, die tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 17 Abs. 8 BNatSchG seien nicht erf&#252;llt. Ein Eingriff in Natur und Landschaft liege nicht vor. Eine erhebliche Beeintr&#228;chtigung der Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes k&#246;nne ausgeschlossen werden. Das Landschaftsbild habe sich durch die Entfernung der B&#228;ume und Str&#228;ucher nicht wesentlich ver&#228;ndert. Das gro&#223;fl&#228;chige Landschaftsgebiet um den Schachtsee sei offen und flach. Die vornehmlich von Wiesen und Ackerfl&#228;chen gepr&#228;gte Landschaft werde nur sporadisch von Baumansiedlungen und Str&#228;uchern unterbrochen. Eine zusammenh&#228;ngende Vegetation von B&#228;umen und Str&#228;uchern bestehe nicht. Eine Beeintr&#228;chtigung der Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit (des Naturhaushalts) k&#246;nne ausgeschlossen werden. Nachdem nunmehr seit Beseitigung der B&#228;ume und Str&#228;ucher ca. ein Jahr vergangen sei, lasse das Gebiet keine negativen Ver&#228;nderungen erkennen. Vielmehr sei die Entfernung der witterungsbedingt stark besch&#228;digten Geh&#246;lze f&#252;r die Entwicklung der nahen Vegetation f&#246;rderlich. Die blo&#223;e denktheoretische Annahme von Ver&#228;nderungen reiche nicht aus. Weder Bodenschicht noch Grundwasser zeigten Ver&#228;nderungen. Die Annahme einer Nutzungs&#228;nderung der Grundfl&#228;che k&#246;nne auch nicht &#252;ber die zweckgerichtete menschliche Nutzung herbeigef&#252;hrt werden. Das Gel&#228;nde sei im Allgemeinen in der Vergangenheit als Campingplatz genutzt worden. Die weiteren Naturbestandteile und -fl&#228;chen erg&#228;nzten den Campingplatz zu diesem Zweck weiterhin.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Mit diesen Einw&#228;nden vermag der Antragsteller die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Beseitigung der B&#228;ume und Strauchreihen einen Eingriff im Sinne der &#167;&#167; 17 Abs. 8, 14 Abs. 1 BNatSchG darstelle, nicht in Frage zu stellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Ver&#228;nderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundfl&#228;chen oder Ver&#228;nderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeintr&#228;chtigen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>In der Beseitigung der B&#228;ume und Strauchreihen ist jedenfalls eine Ver&#228;nderung der Gestalt von Grundfl&#228;chen im Sinne von &#167; 14 Abs. 1 Alt. 1 BNatSchG zu sehen, so dass die Frage, ob darin auch eine Ver&#228;nderung der Nutzung der Fl&#228;chen zu sehen ist, offen bleiben kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Mit der Gestalt von Grundfl&#228;chen ist deren &#228;u&#223;eres Erscheinungsbild angesprochen, das durch geomorphologische Erscheinungen wie Berge, H&#252;gel, T&#228;ler, flie&#223;ende oder stehende Gew&#228;sser, aber auch durch seine charakteristischen Pflanzenbest&#228;nde gepr&#228;gt wird (vgl. Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht Bd. II, BNatSchG, &#167; 14 RdNr. 5, m.w.N.). Handlungen, Vorhaben und Ma&#223;nahmen, die eine Grundfl&#228;che in ihrem &#228;u&#223;eren Erscheinungsbild &#8211; wie hier - ver&#228;ndern, sind als relevante Ver&#228;nderungen im Sinne des &#167; 14 Abs. 1 BNatSchG zu erachten (Gellermann, a.a.O., &#167; 14 RdNr. 10; M&#252;hlbauer, in: Lorz/Konrad/M&#252;hlbauer/M&#252;ller-Walter/St&#246;ckel, BNatSchG, 3. Aufl., &#167; 14 RdNr. 14, jew. m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Ob durch die vom Antragsteller vorgenommene Ver&#228;nderung des Baum- und Strauchbestandes auf seinen Grundst&#252;cken das Landschaftsbild in Anbetracht der die Umgebung pr&#228;genden Fl&#228;chennutzung erheblich beeintr&#228;chtigt werden kann, d.h. die Ver&#228;nderung bei der gebotenen gro&#223;r&#228;umigen Betrachtungsweise (vgl. dazu OVG NW, Urt. v. 18.11.2004 &#8211; 7 A 3329/01 &#8211;, juris, RdNr. 46; Urt. v. 05.07.1993 &#8211; 11 A 2122/90 &#8211;, NVwZ-RR 1994, 260; BayVGH, Urt. v. 01.10.2007 &#8211; 15 B 06.2356 &#8211;, juris, RdNr. 22; Gellermann, a.a.O. RdNr. 18; Guckelberger, in: Frenz/M&#252;ggenborg [Hrsg.], BNatSchG, &#167; 14 RdNr. 48; L&#252;tkes, in: L&#252;tkes/Ewer, BNatSchG, &#167; 14 RdNr. 20) von einem gegen&#252;ber den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter als nachteilig und st&#246;rend empfunden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.01.2016 &#8211; BVerwG 4 A 5.14 &#8211;, juris, RdNr. 146, m.w.N.), kann dahingestellt bleiben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Die in der Beschwerde vorgetragenen Erw&#228;gungen des Antragstellers verm&#246;gen jedenfalls die Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen, dass die vom Antragsteller vorgenommene Beseitigung von ca. 50 B&#228;umen und 4 Strauchreihen die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts erheblich beeintr&#228;chtigen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Der Naturhaushalt umfasst das aus den Faktoren Boden, Wasser, Luft, Tier- und Pflanzenwelt einschlie&#223;lich ihrer vielf&#228;ltigen Wechselwirkungen gebildete (&#167; 7 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) und r&#228;umlich abgrenzbare Wirkungsgef&#252;ge; seine Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit meint zun&#228;chst den aktuellen Zustand dieses Wirkungsgef&#252;ges, geht dar&#252;ber aber insoweit hinaus, als der Begriff der "F&#228;higkeit" vorhandene, derzeit aber noch nicht aktualisierte Potenziale einschlie&#223;t. Eine Beeintr&#228;chtigung erf&#228;hrt die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit dieses Wirkungsgef&#252;ges, wenn einzelne seiner Faktoren oder ihr &#246;kologisches Zusammenwirken in einer Weise gest&#246;rt werden, die sich nach &#246;kologischen Ma&#223;st&#228;ben als Verschlechterung darstellt. Da die Anzahl der Tier- und Pflanzenarten f&#252;r das ungest&#246;rte Funktionieren des &#214;kosystems und seine Stabilit&#228;t von entscheidender Bedeutung ist, kann eine Beeintr&#228;chtigung insbesondere dann angenommen werden, wenn Populationen von Tier- und Pflanzenarten die Lebensgrundlage entzogen wird, die Artenvielfalt abnimmt oder sich die Individuenzahl der Arten verringert. Auch wenn die biologische Vielfalt als nach der neu formulierten Zielstellung des &#167; 1 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG einen eigenen Schutzgegenstand darstellt, w&#228;hrend sie fr&#252;her gem&#228;&#223; &#167; 2 Nr. 8 BNatSchG a.F. als Bestandteil zur Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts geh&#246;rte, bleibt sie im Hinblick auf die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts nicht au&#223;er Betracht; eine gewisse Einschr&#228;nkung der Eingriffsdefinition ergibt sich allerdings daraus, dass die Ver&#228;nderung die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts beeintr&#228;chtigen k&#246;nnen muss (zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 31.01.2018 &#8211; 2 L 56/16 &#8211;, juris, RdNr. 70, m.w.N).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Um den Tatbestand des &#167; 14 Abs. 1 BNatSchG zu erf&#252;llen, reicht &#8211; ganz im Sinne eines vorsorgenden Umweltschutzes &#8211; schon die M&#246;glichkeit einer erheblichen Beeintr&#228;chtigung aus. Eine Beeintr&#228;chtigung ist erheblich, wenn sie nach Art, Umfang und Schwere im Verh&#228;ltnis zur &#246;kologischen Qualit&#228;t des betroffenen Naturhaushalts von Gewicht ist. Dabei ist insbesondere auf das Schutzw&#252;rdigkeitsprofil der betroffenen Naturg&#252;ter und das Gef&#228;hrdungsprofil des Eingriffs abzustellen. Ber&#252;cksichtigt werden sowohl formell ausgewiesene Schutzgebiete, die wegen des fl&#228;chendeckenden Charakters der Eingriffsregelung nicht betroffen zu sein brauchen, als auch tats&#228;chlich vorkommende Typen schutzw&#252;rdiger Lebensr&#228;ume und Landschaftsstrukturen. Die Bestimmung des Gef&#228;hrdungsprofils orientiert sich u.a. an der Dimension des Projekts und seinen wesentlichen Wirkungsparametern. Im Ergebnis muss es sich um eine Beeintr&#228;chtigung von sp&#252;rbarem Gewicht oder zumindest um eine nach Art, Umfang und Schwere des Eingriffs nicht v&#246;llig unwesentliche Beeintr&#228;chtigung handeln. Erheblich sind Beeintr&#228;chtigungen des Naturhaushalts dann, wenn sie nicht von geringer Bedeutung und mit den in &#167; 1 BNatSchG bezeichneten Zielen (und fr&#252;her auch den Grund-s&#228;tzen des &#167; 2 BNatSchG a.F.) unvereinbar sind. Die Intensit&#228;tsschwelle ist im Hinblick auf die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts umso eher &#252;berschritten, je empfindlicher das jeweilige &#214;kosystem und je schutzw&#252;rdiger die betroffenen Bestandteile des Naturhaushalts sind (zum Ganzen: Urt. d. Senats v. 31.01.2018, a.a.O., RdNr. 71, m.w.N.). Negative Einwirkungen liegen z.B. vor, wenn einzelne Elemente des Naturhaushalts wie Tiere und Pflanzen in ihrer Anzahl reduziert werden (vgl. L&#252;tkes, a.a.O., RdNr. 16). Soweit Kleintiere und V&#246;gel in einem Baumbestand g&#252;nstigere Lebensbedingungen als auf einer Fl&#228;che ohne Baumbestand vorfinden, ist seine Bedeutung f&#252;r die Tierwelt umso h&#246;her zu veranschlagen, je weniger B&#228;ume und Str&#228;ucher in Folge intensiv betriebener Landwirtschaft in seiner N&#228;he sind (vgl. HessVGH, Beschl. v. 30.11.1992 &#8211; 3 TH 1789/92 &#8211;, juris, RdNr. 17).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat angenommen, das auf dem ma&#223;geblichen Gel&#228;nde entwickelte Wirkungsgef&#252;ge sei hier in Anbetracht des Ausma&#223;es der F&#228;llungen und des Alters der beseitigten B&#228;ume beeintr&#228;chtigt. Der Antragsteller vermag dies nicht mit dem Argument in Frage zu stellen, dass er keine negativen Ver&#228;nderungen habe erkennen k&#246;nnen. Um die Schwelle der Erheblichkeit im Sinne von &#167; 14 Abs. 1 BNatSchG zu &#252;berschreiten ist es mit Blick auf den Naturhaushalt nicht erforderlich, dass die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts in eine "ohne weiteres feststellbaren Weise" herabgesetzt zu werden droht (Gellermann, a.a.O., RdNr. 17, m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Mit der Behauptung, die entfernten Geh&#246;lze seien witterungsbedingt stark besch&#228;digt gewesen, vermag der Antragsteller die Eingriffsqualit&#228;t der von ihm durchgef&#252;hrten Ma&#223;nahmen nicht in Frage zu stellen. Insbesondere ist nicht n&#228;her dargelegt, inwieweit die (vollst&#228;ndige) Beseitigung besch&#228;digter B&#228;ume f&#252;r die &#252;brige Vegetation f&#246;rderlich sein soll. Auch (stark) besch&#228;digte B&#228;ume eignen sich als Lebensr&#228;ume f&#252;r Tiere, insbesondere V&#246;gel. Soweit von den beseitigten B&#228;umen eine Gefahr f&#252;r Dritte, insbesondere Camper ausgegangen sein sollte, betrifft dies vielmehr die Frage, ob dem Antragsteller &#8211; auf entsprechenden Antrag &#8211; eine Genehmigung des Eingriffs nach &#167; 17 Abs. 3 i.V.m. &#167; 15 BNatSchG h&#228;tte erteilt werden m&#252;ssen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Unabh&#228;ngig davon lassen die Darlegungen des Antragstellers und die von ihm eingereichten Unterlagen nicht erkennen, dass die beseitigten Geh&#246;lze witterungsbedingt so stark besch&#228;digt waren, dass nur ihre (vollst&#228;ndige) Beseitigung in Betracht kam. Allein der Umstand, dass im Zeitraum von September bis Ende Oktober 2017 insbesondere auch das Land Sachsen-Anhalt von Unwetter-St&#252;rmen betroffen war und dort erhebliche Sach- und Personensch&#228;den entstanden, belegt dies nicht. Der &#8211; erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragene &#8211; Einwand, die genauere Betrachtung des Baumbestandes habe ergeben, dass viele B&#228;ume bereits schief gewachsen oder abgeknickt waren oder sich bedenklich zur Seite neigten, ist nicht durch aussagekr&#228;ftige Unterlagen untersetzt. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass eine sachverst&#228;ndige Begutachtung stattfand. Auch eine Dokumentation der geltend gemachten Sturmsch&#228;den hat der Antragsteller offenbar nicht vorgenommen. In seinem Widerspruch sowie im erstinstanzlichen Verfahren hat der Antragsteller lediglich vorgetragen, in den letzten Jahren seien gleich mehrere B&#228;ume abgestorben bzw. umsturzgef&#228;hrdet gewesen; diese seien nicht mehr zu retten gewesen und h&#228;tten aus Gr&#252;nden der Sicherheit entfernt werden k&#246;nnen. Auch ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass (auch) benachbarte, mit B&#228;umen bewachsene Fl&#228;chen um den Schachtsee von Sturmsch&#228;den in dem vom Antragsteller geltend gemachten Ausma&#223; betroffen waren. Dadurch dass der Antragsteller die vom Antragsgegner erfassten B&#228;ume ohne die erforderliche naturschutzrechtliche Genehmigung beseitigt hat, hat er sich der M&#246;glichkeit begeben, die geltend gemachten (Sturm-)Sch&#228;den an den fraglichen B&#228;umen feststellen zu lassen. Der Vortrag, die Durchf&#252;hrung eines naturschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens h&#228;tte nicht so zeitnah abgeschlossen werden k&#246;nnen, dass eine Gef&#228;hrdung der Campingplatzbesucher h&#228;tte ausgeschlossen werden k&#246;nnen, vermag nicht zu &#252;berzeugen. Soweit tats&#228;chlich bei "genauerer Betrachtung" eine Gefahr von B&#228;umen ausgegangen sein sollte, ist nicht ersichtlich, weshalb der Antragsgegner dem Antragsteller nicht auf entsprechenden Antrag kurzfristig eine Genehmigung erteilt h&#228;tte, um die Gefahrensituation zu beseitigen. Soweit der Antragsteller unter Bezugnahme auf eine Erkl&#228;rung der Platzmeisterin geltend macht, eine Dauercamperin sei auf dem in Rede stehenden Campingplatz durch einen umst&#252;rzenden Baum lebensgef&#228;hrlich verletzt und ihre Unterkunft fast vollst&#228;ndig zerst&#246;rt worden, ist dem entgegen zu halten, dass auch dies nicht belegt, dass s&#228;mtliche oder zumindest eine Vielzahl der vom Antragsteller beseitigten Geh&#246;lze so besch&#228;digt waren, dass auch von ihnen eine entsprechende Gefahr ausging.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>2. Der Vortrag des Antragstellers, die unter Ziffer 1 aufgef&#252;hrten Punkte seien bei der Prognoseentscheidung &#252;ber die Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer erheblichen Beeintr&#228;chtigung nicht gen&#252;gend ber&#252;cksichtigt worden und eine Prognose d&#252;rfe nicht ohne belastbaren Vortrag "ins Blaue hinein" getroffen werden, bleibt unsubstantiiert. Der Antragsteller zeigt auch an dieser Stelle nicht auf, weshalb die im Rahmen der summarischen Pr&#252;fung gewonnene Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts, dass die Beseitigung der ca. 50 B&#228;ume und vier Strauchreihen in Anbetracht des Ausma&#223;es der F&#228;llungen die Leistungs- und Funktionsf&#228;higkeit des Naturhaushalts beeintr&#228;chtigen kann und deshalb einen Eingriff im Sinne des &#167; 14 Abs. 1 BNatSchG darstellt, fehlerhaft ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>3. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand des Antragstellers, unter Beachtung des bisherigen Vortrages l&#228;gen die Voraussetzungen f&#252;r eine nachtr&#228;gliche Genehmigung seines Vorhabens vor. Mit der Erw&#228;gung des Verwaltungsgerichts, der f&#252;r die Behebung des Versto&#223;es gegen die formelle Genehmigungspflicht erforderliche Antrag auf Zulassung nach &#167; 17 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG bzw. die nachtr&#228;gliche Anzeige des Vorhabens l&#228;gen bereits nicht vor, setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie verh&#228;lt sich auch nicht zu der Auffassung der Vorinstanz, die Anforderungen des &#167; 15 BNatSchG, die Voraussetzung f&#252;r eine nachtr&#228;gliche Zulassung des Eingriffs w&#228;ren, seien nicht erf&#252;llt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>4. Der Antragsteller wendet ein, die Anordnung zur Erstellung eines landschaftspflegerischen Begleitplans stelle eine unzumutbare Belastung dar, die zu den konkreten Pflanzanordnungen hinzutrete. Sp&#228;testens nach der angeordneten Pflege- und Begleitzeit von f&#252;nf Jahren sollte der landschaftliche und nat&#252;rliche Wert der Geh&#246;lze und Str&#228;ucher einen weiteren Begleitplan entbehrlich machen. Die Durchf&#252;hrung beider Ma&#223;nahmen parallel werte den Biotopwert des entsprechenden Naturgebiets auf. Er, der Antragsteller, habe jedoch in keinem Fall ein positives Schadensinteresse zu ersetzen oder sogar f&#252;r die F&#246;rderung des Naturhaushalts in diesem Ma&#223; zu sorgen. Damit vermag der Antragsteller nicht durchzudringen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat zun&#228;chst darauf verwiesen, dass die mit dem landschaftspflegerischen Begleitplan aufgegebenen weiteren Ma&#223;nahmen der Kompensation der Beeintr&#228;chtigungen dienen soll, die auch nach den unter Ziffer 1 und 2 der Verf&#252;gung angeordneten Ersatzpflanzungen noch nicht beseitigt sind. F&#252;r die Kompensation des durch die F&#228;llung von 50 bis 60 Jahre alten B&#228;umen entstandenen Schadens reiche es nicht aus, wenn die beseitigten B&#228;ume im Verh&#228;ltnis eins zu eins ersetzt werden, weil die Neuanpflanzung unter dem Gesichtspunkt des &#246;kologischen Ausgleichs dem gef&#228;llten Baum (zun&#228;chst) nicht gleichkomme (vgl. S. 9 des Beschlussabdrucks). Mit dem Einwand des Antragstellers, es seien die gepflanzten Gew&#228;chse nach Ablauf der F&#252;nfjahresfrist zur Sicherstellung der Anwuchs- und Entwicklungspflege einzustellen, f&#252;r die er Sorge zu tragen habe, hat sich das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss ausf&#252;hrlich befasst (S. 13 f. des Beschlussabdrucks). Es hat angenommen, bei der Berechnung der Wertsteigerung, die mit den dem Antragsteller aufgegebenen Ersatzpflanzungen erfolge, werde in Anwendung der Richtlinie &#252;ber die Bewertung und Bilanzierung von Eingriffen im Land Sachsen-Anhalt (Bewertungsmodell Sachsen-Anhalt) in der Fassung des Runderlasses des Ministeriums f&#252;r Landwirtschaft und Umwelt vom 12.03.2009 sowie der daran ankn&#252;pfenden Anlage 1 den Kompensationsma&#223;nahmen ein Planwert zugeordnet, der der Inwertsetzung der zur Kompensation der Eingriffsfolgen geplanten Biotopentwicklungsma&#223;nahme diene. In der Regel sei der Planwert niedriger als der jeweilige Biotopwert. Je l&#228;nger die Entwicklungsdauer und je h&#246;her das Wiederherstellungsrisiko des Biotoptyps seien, desto st&#228;rker weiche der Planwert vom Biotopwert ab. Beeintr&#228;chtigungen von Biotoptypen mit langer Entwicklungsdauer oder mit hohem Wiederherstellungsrisiko l&#246;sten danach grunds&#228;tzlich einen h&#246;heren Kompensationsbedarf aus (Ziffer 3.1.2.1 der Bewertungs- und Bilanzierungsrichtlinie). Daraus ergebe sich, dass bei der Festlegung des Planwerts die mit der Zeit eintretende Wertsteigerung des anzupflanzenden Gew&#228;chses bereits Ber&#252;cksichtigung gefunden habe. Soweit der Antragsteller dahingehend zu verstehen sein sollte, dass f&#252;r die Berechnung der mit den Ersatzpflanzungen eintretenden Kompensation nicht der Plan-, sondern der Biotopwert heranzuziehen sei, sei dem nicht zu folgen. Denn lediglich bei vorzeitig durchgef&#252;hrten Ma&#223;nahmen &#8211; etwa bei bereits durchgef&#252;hrten Ersatzpflanzungen &#8211; werde die anrechenbare Wertsteigerung ausschlie&#223;lich &#252;ber den (zum Anrechnungszeitpunkt jeweils aktuellen) Biotopwert ermittelt (Ziffer 3.1.2.2 der Bewertungs- und Bilanzierungsrichtlinie). Eine vorzeitige Durchf&#252;hrung der Kompensationsma&#223;nahme habe vorliegend jedoch nicht stattgefunden, so dass der Planwert in Ansatz zu bringen sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Mit diesen Erw&#228;gungen setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Mit dem Einwand, sp&#228;testens nach der angeordneten Pflege- und Begleitzeit von f&#252;nf Jahren machten der Wert der Geh&#246;lze einen landschaftspflegerischen Begleitplan entbehrlich, vermag der Antragsteller die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Anordnung unter Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht in Frage zu stellen, weil dieser Zustand bislang noch nicht erreicht ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>5. Der Antragsteller r&#252;gt schlie&#223;lich, es k&#246;nne nicht nachvollzogen werden, dass bei naturschutzrechtlichen Angelegenheiten eine besondere Eilbed&#252;rftigkeit bestehen solle. Verluste f&#252;r das Landschaftsbild und den Naturhaushalt, wie sie der Antragsgegner &#252;berzogen dargestellt habe, seien nicht ersichtlich. Sie seien bislang nicht eingetreten und w&#252;rden voraussichtlich auch nicht w&#228;hrend des Hauptsacheverfahrens eintreten. Diese Einw&#228;nde verfangen nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Es ist anerkannt, dass das besondere Vollzugsinteresse im Sinne des &#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO durch das einschl&#228;gige materielle Recht bereichsspezifisch vorgepr&#228;gt sein kann. So ist f&#252;r bestimmte Arten von Verf&#252;gungen das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch. Die Gr&#252;nde, die den Erlass eines Verwaltungsaktes rechtfertigen, fordern demnach zugleich auch dessen sofortigen Vollzug. Eine starke Vorpr&#228;gung durch das materielle Recht erf&#228;hrt die Vollziehbarkeitsanordnung bei naturschutzrechtlichen Ma&#223;nahmen. Insoweit ist Eilbed&#252;rftigkeit gegeben, wenn es darum geht, nat&#252;rliche Verh&#228;ltnisse baldm&#246;glichst wiederherzustellen und die Herbeif&#252;hrung einer irreparablen Zerst&#246;rung der zu sch&#252;tzenden Natur und Landschaft zu verhindern. Ein besonderes Vollzugsinteresse liegt vor, wenn bei rechtswidrigen Eingriffen in ein gesch&#252;tztes Biotop der Eintritt von nicht oder nur schwer r&#252;ckg&#228;ngig zu machenden Auswirkungen auf den Naturhaushalt verhindert werden soll. Insbesondere bei illegalen Eingriffen in die Natur durch Beseitigung von B&#228;umen rechtfertigt sich ein beh&#246;rdliches Eingreifen durch Anordnung einer sofortigen Ersatzpflanzung daraus, dass bei einer grunds&#228;tzlich gebotenen Ersatzma&#223;nahme, die sich oft erst nach langer Zeit zu einem gleichwertigen Ausgleich ausw&#228;chst, nicht noch durch Abwarten der rechtskr&#228;ftigen Hauptsacheentscheidung ein zus&#228;tzlicher Zeitverlust eintritt. Zudem kann die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer naturschutzrechtlichen Ma&#223;nahme generalpr&#228;ventiv auf die Gefahr einer unerw&#252;nschten Nachahmungswirkung gest&#252;tzt werden. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn wirklich Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der zugrundeliegenden Verf&#252;gung bestehen (zum Ganzen: Beschl. d. Senats v. 21.04.2016 &#8211; 2 M 93/15 &#8211;, juris, RdNr. 20, m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Gemessen daran begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung der naturschutzrechtlichen Verf&#252;gung des Antragsgegners keinen rechtlichen Bedenken. Dem Einwand des Antragstellers, Verluste f&#252;r den Naturhaushalt seien nicht ersichtlich, vermag der Senat nicht zu folgen. Der Vortrag des Antragsgegners in der Antragserwiderung vom 13.07.2018 (S. 5), dass Lebensraum besonders streng gesch&#252;tzter Tierarten auf dem Gel&#228;nde in erheblichem Umfang verloren gegangen sei, erscheint in Anbetracht der Anzahl der beseitigten B&#228;ume und Strauchreihen &#252;berzeugend.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>B. Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 47, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. 1.7.2 und 1.5 des Streitwertkataloges f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die sich aus dem Antrag des Antragstellers f&#252;r ihn ergebende Bedeutung der Sache bemisst der Senat hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids nach den voraussichtlichen Kosten f&#252;r die Pflanzung von 48 B&#228;umen und 4 Strauchreihen sowie f&#252;r die Anwuchs- und Entwicklungspflege (vgl. Beschl. d. Senats v. 08.02.2011 &#8211; 2 L 32/10 &#8211;, juris, RdNr. 13). Diese sch&#228;tzt der Senat auf ca. 500,00 &#8364; je Baum und Strauchreihe, so dass sich insoweit ein Wert in H&#246;he von 26.000,00 &#8364; ergibt. F&#252;r die Anordnung unter Ziffer 3 des Bescheides legt der Senat wie die Vorinstanz den Auffangwert des &#167; 52 Abs. 2 GKG zugrunde. Die mit der Grundverf&#252;gung verbundene und im Beschwerdeverfahren noch streitgegenst&#228;ndliche (unselbst&#228;ndige) Androhung eines Zwangsgeldes in H&#246;he von 5.000,00 &#8364; hinsichtlich der Ziffer 3 der Anordnung bleibt bei der Streitwertfestsetzung au&#223;er Betracht, da auch die H&#246;he des angedrohten Zwangsgeldes nicht h&#246;her ist als der f&#252;r die Grundverf&#252;gung selbst zu bemessende Streitwert (vgl. Nr. 1.7.2 des Streitwertkataloges; BayVGH, Beschl. v. 16.03.2017 &#8211; 9 C 17.324 &#8211; juris, RdNr. 5; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 01.09.1992 &#8211; 1 B 163/92 &#8211;, juris, RdNr. 4). Der sich danach ergebende Gesamtbetrag von 31.000,00 &#8364; ist im vorl&#228;ufigen Rechtsschutzverfahren zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkataloges).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>D. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,174
lagsn-2019-01-14-5-ta-6718
{ "id": 980, "name": "Sächsisches Landesarbeitsgericht", "slug": "lagsn", "city": null, "state": 15, "jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
5 Ta 67/18
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:49:41
2019-02-12T13:44:16
Beschluss
ECLI:DE:LAGST:2019:0114.5TA67.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div><dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong>Die Beschwerde der Bezirksrevisorin beim dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 13.03.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 26.02.2018 (Az.: 1 Ca 3199/15 PKH) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 18.04.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</strong></p></dd> </dl></div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Verg&#252;tungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bei Abschluss eines Mehrvergleichs. Es soll die Rechtsfrage gekl&#228;rt werden, ob im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe f&#252;r einen Vergleichswert eine 1,5-fache oder eine 1,0-fache Einigungsgeb&#252;hr zu erstatten ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf I. der Gr&#252;nde des Beschlusses des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 26.02.2018 Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die gem&#228;&#223; &#167;&#167; 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zul&#228;ssige Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt ist unbegr&#252;ndet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Erstattung einer 1,5-fachen Einigungsgeb&#252;hr f&#252;r den Vergleichsmehrwert festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Prozessbevollm&#228;chtigte der Kl&#228;gerin steht wegen des abgeschlossenen Mehrvergleichs auch eine 1,5-Einigungsgeb&#252;hr (Nr. 1000 RVG-VV) zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Es ist umstritten, welche anwaltlichen Geb&#252;hren der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt bei der vergleichsweisen Erledigung nicht rechtsh&#228;ngige Gegenst&#228;nde in einem gerichtlichen Vergleich verlangen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV entsteht die 1,5-fache Einigungsgeb&#252;hr f&#252;r die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit &#252;ber ein Rechtsverh&#228;ltnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschr&#228;nkt sich ausschlie&#223;lich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Nach Nr. 1003 RVG-VV betragen die Geb&#252;hren nach Nr. 1000 bis 1002 RVG-VV 1,0, wenn &#252;ber den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbst&#228;ndiges Beweisverfahren anh&#228;ngig ist. Nach Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV gilt diese Reduzierung der Einigungsgeb&#252;hr auf 1,0 auch dann, wenn &#252;ber Verfahrensgegenst&#228;nde zugleich ein Verfahren &#252;ber die Prozesskostenhilfe anh&#228;ngig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe f&#252;r ein selbst&#228;ndiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrages i. S. d. Nr. 1000 erstreckt (&#167; 48 Abs. 3 RVG). Dabei stehen die Nummern 1000 (1,5-fach), 1003 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 (1,0-fach) und 1003 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 (1,5-fach) RVG-VV in einem Grundsatz &#8211; Ausnahme &#8211; R&#252;ckausnahmeverh&#228;ltnis (LAG Schleswig-Holstein, 11.04.2017 &#8211; 5 Ta 36/17 -; LAG Baden-W&#252;rttemberg, 27.04.2016; 5 Ta 118/15, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Nach einer Ansicht greift die Ausnahme der Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 RVG-VV mit der Folge der Reduzierung der Einigungsgeb&#252;hr auf 1,0 ein. Kommt der gerichtlich protokollierte Vergleich erst nach der Er&#246;rterung der Sach- und Rechtslage zu Stande, wurde nicht lediglich Prozesskostenhilfe f&#252;r die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt i. S. d. 2. Alternative in Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV (LAG M&#252;nchen, 02.11.2016, 6 Ta 287/16, LAG N&#252;rnberg, 25.06.2009, 4 Ta 61/09, LAG Hamm, 31.08.2007, 6 Ta 402/07, LAG Rheinland-Pfalz, 12.03.2015, 5 Ta 51/15, jeweils ver&#246;ffentlicht in juris; vgl. &#220;bersicht bei Gerold/Schmidt/M&#252;ller/Rabe, RVG, 23. Aufl. 2017, &#167; 48 Rdnr. 170 ff. m. w. N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>3.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Nach einer sich mittlerweile abzeichnenden &#252;berwiegenden anderen Ansicht wird angenommen, dass bei der Erweiterung der Prozesskostenhilfe auf den Abschluss eines Mehrvergleichs dem beigeordneten Rechtsanwalt s&#228;mtliche mit dem Vergleichsschluss anfallenden Geb&#252;hren aus der Staatskasse zu erstatten sind. Dabei werden vor allem der Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe sowie die Verfahrens&#246;konomie in den Vordergrund gestellt (LAG Baden-W&#252;rttemberg, 27.04.2016, 5 Ta 118/15; LAG Berlin-Brandenburg, 16.04.2018, 17 Ta (Kost) 6133/17; LAG Hamm, 03.08.2018, 8 Ta 653/17 unter Bezugnahme auf BGH, 17.01.2018, XII ZB 248/16, jeweils ver&#246;ffentlicht in juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>4.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdekammer folgt der zuletzt genannten Auffassung. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 16.04.2018 (17 Ta (Kost) 6133/17) zu Recht auf den Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe abgestellt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat zutreffend ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">"Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe soll gew&#228;hrleisten, dass unbemittelte Parteien in gleicher Weise Rechtsschutz in Anspruch nehmen k&#246;nnen wie Parteien, die die Kosten der Prozessf&#252;hrung aus eigenen Mitteln bestreiten k&#246;nnen. Er ist Ausfluss des verfahrensrechtlichen Gebots einer weitergehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzip (BGH, Beschluss vom 17.01.2018; VII ZB 248/16). Die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Unbemittelter darf im Vergleich zu Bemittelten nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig erschwert werden. Eine derartige Erschwerung trete jedoch ein, wollte man an dem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs die sich nach dem RVG danach ergebenden Geb&#252;hren nur teilweise aus der Staatskasse erstatten. Die unbemittelte Partei, die die anwaltlichen Geb&#252;hren nicht selbst tragen kann, w&#228;re in diesem Fall gezwungen, hinsichtlich der nichtanh&#228;ngigen Gegenst&#228;nde ein weiteres gerichtliches Verfahren anzustrengen bzw. m&#252;sste sich einer &#8211; an sich sinnvollen &#8211; Gesamtbereinigung aller Anspr&#252;che verweigern. F&#252;r diese Ungleichbehandlung gibt es keinen hinreichend sachlichen Grund. So ist es insbesondere nicht entscheidend, dass eine Pr&#252;fung der hinreichenden Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Verteidigung hinsichtlich der in den Vergleich einbezogenen Regelgegenst&#228;nde nicht in gleicher Weise erfolgen kann wie bei dem eigentlichen Gegenstand des Verfahrens. Es geht bei der Einbeziehung nicht rechtsh&#228;ngiger Gegenst&#228;nde in einem gerichtlichen Vergleich nicht darum, ob ein insoweit gef&#252;hrtes eigenst&#228;ndiges Verfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg h&#228;tte, sondern es ist zu fragen, ob der bereits anh&#228;ngige Rechtsstreit durch Abschluss des Vergleichs beigelegt werden kann. Wird Prozesskostenhilfe f&#252;r den Mehrwert eines Vergleichs beantragt, besteht die erforderliche Erfolgsaussicht deshalb bereits dann, wenn zu erwarten ist, dass ein Vergleich zu Stande kommt (BAG, 16.02.2012 &#8211; 3 AZB 34/11 &#8211;, juris). Gegen die hier vertretene Auffassung kann ferner nicht mit Erfolg eingewandt werden, nach &#167; 48 Abs. 3 RVG komme eine Erstattung von Verfahrens- und Terminsgeb&#252;hr f&#252;r einen Mehrvergleich nur bei einer Beiordnung in Ehesachen in Betracht. Nach der genannten Vorschrift erstreckt sich die Beiordnung in Ehesachen ohne weiteres f&#252;r den Abschluss eines Vertrages i. S. d. Nr. 1000 RVG-VV erforderlichen T&#228;tigkeiten. Dies bedeutet jedoch nur, dass es insoweit keines ausdr&#252;cklichen Antrages auf Beiordnung und keiner gesonderten Bewilligung f&#252;r einen Mehrvergleich bedarf, w&#228;hrend in allen anderen weiteren Verfahren Prozesskostenhilfe f&#252;r einen Mehrvergleich beantragt und bewilligt werden muss (vgl. &#167; 48 Abs. 5 RVG). Das bei dem Abschluss eines Mehrvergleichs im Er&#246;rterungstermin nach &#167; 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO Prozesskostenhilfe nur f&#252;r den Vergleich selbst und nicht f&#252;r das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren bewilligt werden kann, ist f&#252;r die hier entscheidende Sachverhaltsgestaltung ebenfalls ohne Aussagekraft. Denn anders als im Anwendungsbereich des &#167; 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist der unbemittelten Partei Prozesskostenhilfe bereits bewilligt worden bzw. wird ihr zugleich bewilligt; dass Prozesskostenhilfe f&#252;r das Prozesskostenhilfeverfahren nicht bewilligt werden kann, ist deshalb ohne Belang (BGH vom 17.01.2018)."</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdekammer schlie&#223;t sich den Ausf&#252;hrungen des LAG Berlin-Brandenburg vollumf&#228;nglich an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Es geht darum, dass die Parteien mit geringem Einkommen die gleiche M&#246;glichkeit erhalten m&#252;ssen, ihre Streitigkeiten m&#246;glichst umfangreich beizulegen, wie Parteien mit ausreichend hohem Einkommen (vgl. auch BT-Drucksache, 17/11471 zu Nr. 25 (&#167; 48 RVG) Buchstabe b). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Vergleichsmehrwert nur anf&#228;llt, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder au&#223;ergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit &#252;ber ein Rechtsverh&#228;ltnis beseitigt werden. Dabei muss gerade &#252;ber die Frage eines Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die jeweilige Regelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben. Keine Werterh&#246;hung tritt ein, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt (Streitwertkatalog f&#252;r die Arbeitsgerichtsbarkeit, Fassung 9. Februar 2018, I Nr. 25.1).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>5. Der beigeordneten Rechtsanw&#228;ltin sind s&#228;mtliche mit dem Vergleichsschluss anfallenden Geb&#252;hren aus der Staatskasse zu erstatten, also auch die 0,8 Verfahrensgeb&#252;hr (Nr. 3101 RVG-VV) sowie die 1,2 Terminsgeb&#252;hr (Nr. 3104 RVG-VV).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Das LAG Hamm hat in seinem Beschluss vom 03.08.2018 (8 Ta 653/17; juris) hierzu Folgendes zutreffend ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">"a. Wird ein Vergleich unter Einbeziehung bislang in das Verfahren nicht nach &#167; 253 Abs. 2 ZPO eingef&#252;hrter Gegenst&#228;nde geschlossen (Mehrvergleich), entsteht f&#252;r die am Vergleichsabschluss beteiligten Rechtsanw&#228;lte wegen der Miterledigung der (noch) nicht oder nicht anderweitig anh&#228;ngigen Anspr&#252;che neben der 1,5 Einigungsgeb&#252;hr nach Nr. 1000 VV RVG im Regelfall zudem eine 0,8 Verfahrensgeb&#252;hr nach Nr. 3101 Ziffer 2 VV RVG. Au&#223;erdem f&#228;llt, wenn dem Vergleichsabschluss eine m&#252;ndliche Verhandlung oder ein &#196;quivalent dazu vorausgegangen ist, nach Nr. 3104 Abs. 2 und Vorb. 3 Abs. 3 VV RVG eine 1,2 Terminsgeb&#252;hr aus dem (Gesamt-&#8203;) Wert des Vergleichs an (ebenso mit ausf&#252;hrlicher Begr&#252;ndung: LAG Baden-&#8203;W&#252;rttemberg, Beschluss vom 27. April 2016, aaO). Wegen der Begrenzung der jeweiligen Einzelgeb&#252;hren auf den Wert aus dem Gesamtbetrag s&#228;mtlicher einbezogener Gegenst&#228;nde nach dem insoweit h&#246;chsten Geb&#252;hrensatz (&#167; 15 Abs. 3 RVG) reduzieren sich sodann die durch die nicht anh&#228;ngigen Verfahrensgegenst&#228;nde veranlassten Geb&#252;hren auf die sogenannten Differenzgeb&#252;hren (BGH, aaO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">b. Diese Geb&#252;hren sind &#8211; anders als bislang vertreten &#8211; unter den eingangs skizzierten Voraussetzungen im Grunde vollst&#228;ndig, wenngleich der H&#246;he nach durch &#167; 49 RVG begrenzt, von der Staats- bzw. Landeskasse zu tragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">aa. Gem. &#167; 11a Abs. 1 ArbGG i. V. m. &#167; 114 Abs. 1 S. 1 ZPO erh&#228;lt die nach ihren pers&#246;nlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnissen bed&#252;rftige Partei auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht als mutwillig erscheint. Der Prozesskostenhilfeanspruch findet seine Grundlage in Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Rechtsstaatsprinzip. Danach darf die M&#246;glichkeit zur Erlangung und die Qualit&#228;t des erreichbaren Rechtsschutzes nicht wegen der mangelnden Verf&#252;gbarkeit der daf&#252;r erforderlichen finanziellen Mittel unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig stark erschwert sein. Im Grundsatz muss vielmehr jede Person, ohne R&#252;cksicht auf die aktuelle Verf&#252;gbarkeit von Mitteln, ebenso wirksamen, effektiven und interessengerechten Rechtschutz in Anspruch nehmen k&#246;nnen, wie eine andere, vern&#252;nftig agierende und die Kostenrisiken abw&#228;gende Person mit dazu ausreichender wirtschaftlicher Ausstattung (BVerfG, Beschluss vom 9. November 2017 &#8211; 1 BvR 2440/16 &#8211; NJW 2018, S. 449 m. w. N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">bb. Diese durch Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3 GG garantierte Gleichheit in der Erreichbarkeit und Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtschutzes w&#228;re jedoch nicht gewahrt, wenn trotz der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (auch) f&#252;r den Mehrvergleich die der beigeordneten anwaltlichen Vertretung daraus gegen die PKH-&#8203;Partei erwachsenden Geb&#252;hrenanspr&#252;che auf der gesetzlichen Grundlage des RVG gleichwohl nicht vollumf&#228;nglich von der Staats- bzw. Landeskasse getragen werden (ebenso: BGH, aaO). Denn Folge daraus w&#228;re, dass sich der nicht &#252;ber das Prozesskostenhilfeverfahren abgedeckte Teil des Geb&#252;hrenanspruchs gegen die PKH-&#8203;Partei selbst richtet, nicht aber entfiele. Eine finanziell nicht ausreichend ausgestattete Partei k&#246;nnte dann &#8211; obwohl nach gerichtlicher Entscheidung sachgerecht &#8211; nicht anh&#228;ngige Streitgegenst&#228;nde wohlm&#246;glich allein deshalb nicht zum Gegenstand eines Mehrvergleichs werden lassen, da sie die daraus resultierenden Geb&#252;hrenmehrforderungen ggf. nicht tragen bzw. nicht erf&#252;llen kann. Der bed&#252;rftigen Partei w&#228;re so die gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren etwa im Kontext einer Bestandsschutzstreitigkeit vielfach aus sachgerechten Erw&#228;gungen gebotene, weitgehende oder umfassende Regelung ihrer vom Rechtsstreit ber&#252;hrten Rechtsverh&#228;ltnisse deutlich erschwert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Einen sachlichen Grund bzw. eine ausreichende Rechtfertigung daf&#252;r, der PKH-&#8203;Partei diese Erschwernis oder Einschr&#228;nkung aufzuerlegen, vermag die erkennende Beschwerdekammer &#8211; wie der BGH in der wiederholt zitierten Entscheidung vom 17. Januar 2018 &#8211; nicht zu erkennen. Diese ergibt sich insbesondere nicht aus einem Umkehrschluss zur Regelung des &#167; 48 Abs. 3 RVG noch unter Beachtung sonstiger, im Prozesskostenhilferecht angelegter Grunds&#228;tze (BGH, aaO)."</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdekammer schlie&#223;t sich den Ausf&#252;hrungen des LAG Hamm vollumf&#228;nglich an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>III.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Die Entscheidung ergeht kostenfrei (&#167;&#167; 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG) und ist unanfechtbar (&#167;&#167; 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,148
ovgsh-2019-01-14-4-mb-12618
{ "id": 1066, "name": "Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgsh", "city": null, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 MB 126/18
2019-01-14T00:00:00
2019-01-29T12:49:29
2019-02-12T13:44:11
Beschluss
ECLI:DE:OVGSH:2019:0114.4MB126.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Die Beschwerde gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 4. Dezember 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Der Streitwert wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. Dezember 2018 ist unbegr&#252;ndet. Das Beschwerdevorbringen, welches gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO alleiniger Gegenstand der Pr&#252;fung durch den Senat ist, rechtfertigt keine &#196;nderung der erstinstanzlichen Entscheidung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des minderj&#228;hrigen Antragstellers auf vorl&#228;ufige Untersagung aufenthaltsbeendender Ma&#223;nahmen gem&#228;&#223; &#167; 123 Abs. 1 VwGO mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches abgelehnt, da weder ein sicherungsf&#228;higer Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 25a Abs. 1 AufenthG oder nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bestehe noch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unm&#246;glichkeit nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Entgegen den Ausf&#252;hrungen in der Beschwerdebegr&#252;ndung hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf &#167; 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht in Frage gestellt, dass sich der heute jugendliche Antragsteller seit vier Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufh&#228;lt, nachdem er bereits am 6. Juni 2012 im Alter von neun Jahren mit einem Schengen-Visum eingereist war. Entscheidungserheblich war vielmehr, dass es an einem mindestens geduldeten Aufenthalt w&#228;hrend dieser Zeit fehle. Ohne eigene Duldungsbescheinigung m&#252;sse dem Antragsteller jedenfalls ein materieller Duldungsgrund zugestanden habe. Dies wiederum komme nur in Frage, wenn sein Vater &#252;ber ein Bleiberecht verf&#252;gt h&#228;tte oder f&#252;r ihn Duldungsgr&#252;nde bestanden h&#228;tten; anderenfalls w&#228;re eine Ausreise gemeinsam mit dem Vater m&#246;glich gewesen. Dergleichen sei nicht dargelegt. In seiner Beschwerdebegr&#252;ndung macht der Antragsteller demgegen&#252;ber geltend, dass ein an den Aufenthalt des Vaters ankn&#252;pfender geduldeter Aufenthalt seit mindestens vier Jahren gegeben sei. Weil dieser sich jedenfalls seit Mai 2014 durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Geht man mit dem Verwaltungsgericht und dem Antragsteller davon aus, dass die vom Antragsteller im vorangegangenen Eilverfahren vorgelegte Sorgerechtsvereinbarung seiner Eltern vom 8. Oktober 2012 aus Hanoi wirksam und hier anzuerkennen ist, w&#228;re der Vater f&#252;r den minderj&#228;hrigen Antragsteller allein sorgeberechtigt. In diesem Fall m&#252;sste sich f&#252;r den Antragsteller ein aus dem Aufenthalt des Vaters abzuleitender Duldungsgrund ergeben haben. Denn schon aus der vom Verwaltungsgericht zitierten AZR-Auskunft vom 8. Mai 2018 ergibt sich, dass der Vater am 3. Juli 2014 einen Asylantrag stellte; dieser wurde am 22. Dezember 2017 als offensichtlich unbegr&#252;ndet abgelehnt. Der dagegen gerichtete Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO wurde am 5. M&#228;rz 2018 abgelehnt. Damit muss dem Vater aufgrund seines Asylantrages der Aufenthalt im Bundesgebiet zur Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens gestattet gewesen sein (&#167; 55 Abs. 1 AsylVfG i.d.F. v.28. August 2013); die Gestattung kann fr&#252;hestens nach dem verwaltungsgerichtlichen Beschluss vom 5. M&#228;rz 2018 wegen der Vollziehbarkeit einer im Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung erloschen sein (&#167; 67 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. &#167; 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG). Au&#223;erdem erhielt der Vater laut AZR-Auskunft nach Erl&#246;schen/Einziehung der Aufenthaltsgestattung am 4. Mai 2018 eine Duldung wegen fehlender Dokumente und &#8222;Nichtr&#252;ckf&#252;hrbarkeit i.Z.m. Familienangeh&#246;rigen&#8220;, die im Anschluss mehrfach verl&#228;ngert wurde, um eine gemeinsame Ausreise von Vater und Sohn zu erm&#246;glichen. Damit h&#228;tte die Abschiebung des minderj&#228;hrigen Antragstellers jedenfalls ab dem 3. Juli 2014 gem&#228;&#223; &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen rechtlicher Unm&#246;glichkeit (Art. 6 Abs. 1 GG / Art. 8 Abs. 1 EMRK) ausgesetzt werden m&#252;ssen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Dennoch folgt daraus f&#252;r den Antragsteller noch kein Anspruch aus &#167; 25a Abs. 1 AufenthG. Denn sein Aufenthalt im Bundesgebiet war der zust&#228;ndigen Ausl&#228;nderbeh&#246;rde &#252;ber Jahre nicht bekannt, sodass sie diesen auch nicht faktisch dulden konnte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Sinn und Zweck des &#167; 25a AufenthG ist es im Wesentlichen, die Rechtsstellung derjenigen zu st&#228;rken, die auch ohne rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt anerkennenswerte Integrationsleistungen erbracht haben. Letztere sollen durch die Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsstatus honoriert werden (vgl. BT-Drs. 18/4097 S. 23, 42; OVG Hamburg, Urt. v. 25.08.2016 - 3 Bf 153/13 -, juris Rn. 59 zu &#167; 25b AufenthG). Wie das Bundesverwaltungsgericht zu &#167; 8 Abs. 2a BAf&#246;G entschieden hat, kommt dem Erfordernis eines geduldeten Aufenthalts im Rahmen der Zwecksetzung einer solchen anspruchsbegr&#252;ndenden Norm vornehmlich die Funktion zu, in verwaltungspraktikabler Weise sicherzustellen, dass sich der Ausl&#228;nder in dem genannten Zeitraum tats&#228;chlich im Bundesgebiet aufgehalten hat. Sollte es die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG pflichtwidrig unterlassen, eine das Schriftformerfordernis wahrende Duldung zu erteilen, d&#252;rfe dadurch der gesetzgeberische Zweck nicht unterlaufen werden. In einem solchen Fall k&#246;nne auf das Vorliegen einer Duldungsbescheinigung nach &#167; 60a Abs. 4 AufenthG verzichtet werden (BVerwG, Urt. v. 25.03.2014 - 5 C 13/13 -, juris Rn. 20). Gleiches gilt f&#252;r &#167; 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (vgl. BayVGH, Beschl. v. 26.11.2018 - 19 CE 17.2453 -, juris Rn. 19; OVG L&#252;neburg, Urt. v. 19.03.2012 - 8 LB 5/11 - juris Rn. 71; VG Darmstadt, Urt. v. 31.08.2012 - 6 K 1808/11 -, juris Rn. 17-19; Wunderle/R&#246;cker in: Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12 Aufl. 2018, &#167; 25a Rn. 11, G&#246;bel/Zimmermann in: Huber, AufenthG, 2. Aufl. 2016, &#167; 25a Rn. 9; Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Fl&#252;chtlingsrecht, 6. Aufl. 2017, &#167; 5 Rn. 140). Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass der Ausl&#228;nder nicht "untergetaucht" war oder sich in anderer Weise dem ausl&#228;nderrechtlichen Verfahren entzogen hat (BVerwG a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 04.08.2009 - 19 ZB 09.1510 -, juris Rn. 4 zu &#167; 104a AufenthG). Ausgeschlossen ist der Anspruch deshalb, wenn sich ein junger integrierter Ausl&#228;nder unerlaubt und f&#252;r die Beh&#246;rde nicht greifbar im Inland aufgehalten hat (VG Darmstadt, Urt. v. 31.08.2012 - 6 K 1808/11.DA -, juris Rn. 24; Burr in: GK AufenthG, Stand Aug. 2012, &#167; 25a Rn. 11) und sein Aufenthalt deshalb nicht mit der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde &#8222;abgestimmt&#8220; war (VG Hamburg, Beschl. v. 18.10.2016 - 2 E 4867/16 -, juris Rn. 33 unter Verweis auf BT-Drs. 18/4097, S. 43 zum vergleichbaren &#167; 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>An einem solchen abgestimmten Aufenthalt fehlt es hier. Die zust&#228;ndige Ausl&#228;nderbeh&#246;rde des Antragsgegners erfuhr offenbar erst aufgrund des Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis am 3. Mai 2018 vom Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet. Trotz Ablaufs seines Visums am 30. August 2012 hatte sich der Antragsteller dort nicht gemeldet. Der sorgeberechtigte und insoweit nach &#167; 1631 Abs. 1 BGB verantwortliche Vater hatte dergleichen nicht veranlasst. Auch musste die am 6. August 2012 erfolgte Wohnungsanmeldung in Pinneberg die Meldebeh&#246;rde nicht veranlassen, die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde von Amts wegen zu unterrichten; dies w&#228;re nach &#167; 87 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (i.d.F. vom 22.11.2011) nur dann der Fall gewesen, wenn der Antragsteller nicht im Besitz eines erforderlichen Aufenthaltstitels gewesen w&#228;re. Sein Visum war zum Zeitpunkt der Anmeldung jedoch noch g&#252;ltig. Die vom Antragsteller zitierte &#220;bermittlungspflicht der Einwohnermelde&#228;mter nach &#167; 6 Abs. 1 Nr. 9 AZRG und die entsprechende Speicherbefugnis in &#167; 2 Abs. 1a AZRG wurden erst im Jahre 2016 in das Gesetz eingef&#252;gt (Art. 2 Nr. 3 a und Art. 3 Nr. 2 a bb des Gesetzes v. 02.02.2016, BGBl I, 130); auch aus dem zum Zeitpunkt der Anmeldung am 6. August 2012 geltenden Melderecht ergibt sich keine Unterrichtungs- oder &#220;bermittlungspflicht gegen&#252;ber Ausl&#228;nderbeh&#246;rden. Erst recht kann der Antragsteller nicht darauf verweisen, dass er der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde aufgrund seines kurz darauf aufgenommenen Schulbesuches h&#228;tte bekannt werden m&#252;ssen, denn Schulen sind von der Auskunfts- und Unterrichtungspflicht des &#167; 87 Abs. 1 und 2 AufenthG von vornherein ausgeschlossen. Auch wenn in diesem Zusammenhang nicht von einem klassischen &#8222;Untertauchen&#8220; gesprochen werden kann, war der Antragsteller dem ausl&#228;nderrechtlichen Verfahren jedenfalls entzogen mit der Folge, dass der Aufenthalt auch nicht mit ihr abgestimmt sein konnte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Eine &#8222;faktische&#8220; Duldung, wie sie vom Antragsteller geltend gemacht wird, kann, wie ausgef&#252;hrt, den Tatbestand des &#167; 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenhG erf&#252;llen, wenn der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde der unerlaubte Aufenthalt bekannt war und sie trotz Vorliegens von materiellen Duldungsgr&#252;nden keine Duldungsbescheinigung erteilt. War ihr der Aufenthalt hingegen unbekannt, k&#246;nnte die Annahme eines &#8222;geduldeten Aufenthalts&#8220; nur in Frage kommen, wenn auch diese Unkenntnis auf ein pflichtwidriges Unterlassen bzw. Verschulden der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde zur&#252;ckzuf&#252;hren w&#228;re, weil dies dann nicht zu Lasten des Antragstellers gewertet werden d&#252;rfte (Maa&#223;en/Koch in: Kluth/Hund/Maa&#223;en, Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2017, &#167; 4 Aufenthalt, Rn. 777). F&#252;r eine solche Annahme ist nach den vorstehenden Ausf&#252;hrungen jedoch kein Raum.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Mit den weiteren Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller weder ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG noch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unm&#246;glichkeit nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, jeweils i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK, zustehe, setzt sich die Beschwerdebegr&#252;ndung entgegen &#167; 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht auseinander, insoweit wiederholt sie lediglich wortgleich ihren erstinstanzlichen Vortrag, statt sich mit den entscheidungstragenden Rechtss&#228;tzen und Annahmen des Verwaltungsgerichts in sachlich substantiierter Weise auseinander zusetzen und sie mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen (vgl. dazu schon OVG Schleswig, Beschl. v. 31.07.2002 - 3 M 34/02 -, NJW 2003, 158).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167; 47 Abs. 1, &#167; 53 Abs. 2, &#167; 52 Abs. 2 GKG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5, &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
180,254
vg-gelsenkirchen-2019-01-11-5a-k-246217a
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5a K 2462/17.A
2019-01-11T00:00:00
2019-02-07T14:18:44
2019-02-12T13:33:29
Urteil
ECLI:DE:VGGE:2019:0111.5A.K2462.17A.00
<h2>Tenor</h2> <ul class="ol"><li><p>I. &#160; Das Verfahren wird eingestellt soweit der Kl&#228;ger die Klage zur&#252;ckgenommen hat. Im &#220;brigen wird die Klage abgewiesen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>II. Die Kosten des Verfahrens tr&#228;gt der Kl&#228;ger. Gerichtskosten werden nicht erhoben.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgl&#228;ubiger vor der&#160;Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p> </li> </ul><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I. &#160; Das Verfahren wird eingestellt soweit der Kl&#228;ger die Klage zur&#252;ckgenommen hat. Im &#220;brigen wird die Klage abgewiesen.</p>
171,277
vg-arnsberg-2019-01-11-10-l-160118a
{ "id": 841, "name": "Verwaltungsgericht Arnsberg", "slug": "vg-arnsberg", "city": 384, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
10 L 1601/18.A
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:50:39
2019-02-12T13:44:32
Beschluss
ECLI:DE:VGAR:2019:0111.10L1601.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe f&#252;r das Verfahren auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes unter Beiordnung von Rechtswalt E1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , C.&#160;&#160;&#160; , wird abgelehnt.</p> <p>Der Antrag auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.</p> <p>Die Antragssteller tragen die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Den Antragstellern wird keine Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollm&#228;chtigten bewilligt, weil die von ihnen betriebene Rechtsverfolgung aus den im Folgenden dargelegten Gr&#252;nden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (&#167;&#160;166 der Verwaltungsgerichtsordnung &#8211; VwGO i.V.m. &#167;&#160;114 der Zivilprozessordnung &#8211; ZPO).</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der sinngem&#228;&#223; gestellte Antrag,</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">die aufschiebende Wirkung der am 15. Oktober erhobenen Klage &#8211; 10 K 4187/18.A &#8211; gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 4. des Bescheides des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 01. Oktober 2018 anzuordnen,</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">hat keinen Erfolg. Er ist zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Nach Art. 16 a Abs. 4 des Grundgesetzes f&#252;r die Bundesrepublik Deutschland (GG) und &#167;&#160;36 Abs. 4 S. 1 AsylG darf das Gericht in F&#228;llen der vorliegenden Art die aufschiebende Wirkung der Klage nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung nur dann anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Ma&#223;nahme bestehen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Solche ergeben sich entgegen der Auffassung der Antragssteller nicht bereits aus den Grunds&#228;tzen, die der Europ&#228;ische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 19. Juni 2018 (&#8222;Gnandi&#8220;) aufgestellt hat.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">In dieser Entscheidung hat sich der EuGH mit der Frage befasst, ob in den F&#228;llen, in denen der Antrag eines Ausl&#228;nders auf Gew&#228;hrung internationalen Schutzes abgelehnt wurde, eine R&#252;ckkehrentscheidung unmittelbar nach oder zusammen mit der Ablehnung erlassen werden darf. Dies k&#246;nnte deshalb problematisch sein, weil die Aufforderung zum Verlassen des Staatsgebietes dann vor einer etwaigen gerichtlichen Entscheidung &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Ablehnung ergeht. Der EuGH ist der Ansicht, dass die Richtlinien 2008/115/EG und 2005/85/EG sowie die Art. 18, Art. 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union einem solchen Vorgehen der Beh&#246;rden dann nicht entgegenstehen, wenn unter anderem alle Rechtswirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ausgesetzt werden, der Ausl&#228;nder w&#228;hrend dieses Zeitraums in den Genuss der Rechte aus der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen f&#252;r die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten kommen kann und wenn er sich auf jede nach Erlass der R&#252;ckkehrentscheidung eingetretene &#196;nderung der Umst&#228;nde berufen kann, die im Hinblick auf die Richtlinie 2008/115/EG und insbesondere ihren Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben kann. Die Pr&#252;fung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sei Sache der nationalen Gerichte.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, Celex-Nr. 62016CJ0181 &#8211; juris Rn. 68.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">In den Entscheidungsgr&#252;nden f&#252;hrt der EuGH unter anderem aus, dass zur Vermeidung einer der Charta der Grundrechte widersprechenden Behandlung dem Ausl&#228;nder ein Rechtsbehelf zustehen m&#252;sse, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfalte. Ferner m&#252;ssten w&#228;hrend der Frist f&#252;r die Einlegung des Rechtsbehelfs und im Fall seiner Einlegung bis zur Entscheidung &#252;ber ihn unter anderem alle Wirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung ausgesetzt werden. Hierzu gen&#252;ge es nicht, dass der Mitgliedsstaat von einer zwangsweisen Umsetzung der R&#252;ckkehrentscheidung absehe; vielmehr m&#252;ssten alle ihrer Rechtswirkungen ausgesetzt werden. Diese bedeute insbesondere, dass die Frist f&#252;r die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen d&#252;rfe, solange der Ausl&#228;nder ein Bleiberecht habe.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, Celex-Nr. 62016CJ0181 &#8211; juris Rn. 54 &#8211; 66.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Diesen Rechtsschutzanforderungen wird das deutsche Asylverfahrensrecht unzweifelhaft bei Klagen, die nach &#167; 75 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung haben, gerecht; im Ergebnis allerdings auch in den F&#228;llen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet. Dies gilt sowohl f&#252;r die vom EuGH geforderte Aussetzung aller Rechtswirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung als auch das Erfordernis eines Rechtsbehelfs, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfaltet.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf das Erfordernis der Aussetzung aller Rechtswirkungen bedarf es der Entscheidung, ob die unter Ziffer 4. des angefochtenen Bescheids getroffene Anordnung, nach der die Ausreisefrist von einer Woche grunds&#228;tzlich bereits mit der Bekanntgabe des Bescheides und nicht erst nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu laufen beginnt (vgl. &#167;&#167; 36 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 2 AsylG) zu einer Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung f&#252;hrt. Diese Frage, die in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt ist, ist zu verneinen. Auch wenn insoweit Bedenken bestehen m&#246;gen, f&#252;hren sie jedenfalls nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (&#167;&#160;36 Abs. 4 S. 1 AsylG).</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Teilweise wird vertreten, dass die Anordnung einer solchen Frist zur freiwilligen Ausreise, die mit der Bekanntgabe des Bescheides und nicht dem Abschluss des (gerichtlichen) Verfahrens zu laufen beginnt, zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung insgesamt f&#252;hre.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Beschluss vom 17. Dezember 2018&#160;&#8211; 3 L 1935/18.A&#160;&#8211;, juris; wohl auch Verwaltungsgerichtshof Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 18. Dezember 2018&#160;&#8211; 11 S 2125/18&#160;&#8211;, juris Rn. 14; offen gelassen von VG W&#252;rzburg, Beschluss vom 24. September 2018&#160;&#8211; W 2 S 18.31990&#160;&#8211;, juris; Gutmann, Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, in: NVwZ 2018, S. 1629 &#8211; 1631; siehe auch Hruschka, Anmerkung zum EuGH-Urteil vom 19. Juni 2018 in der Rechtssache &#8222;Gnandi&#8220;, in: Asylmagazin 2018, Heft 9, S. 290 &#8211; 293, der die Notwendigkeit einer &#196;nderung des nationalen Rechts sieht.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Nach anderer Auffassung ist bereits nach der geltenden Gesetzeslage davon auszugehen, dass der Lauf der Ausreisefrist erst mit der (negativen) gerichtlichen Entscheidung &#252;ber den Eilantrag in Gang gesetzt wird. Dies f&#252;hre bei einer im &#220;brigen gegebenen Rechtm&#228;&#223;igkeit des Bescheides zur vollst&#228;ndigen Ablehnung des Eilantrags. Als Begr&#252;ndung wird teilweise eine europarechtskonforme Auslegung des &#167; 36 Abs. 1, Abs. 3 S. 8 AsylG und teilweise die Ansicht, dass mit rechtzeitiger Stellung des Eilantrags die im Bescheid gesetzte Ausreisefrist gem&#228;&#223; &#167;&#160;59 Abs.&#160;1 S.&#160;6 des Gesetzes &#252;ber den Aufenthalt, die Erwerbst&#228;tigkeit und die Integration von Ausl&#228;ndern im Bundesgebiet &#8211; AufenthG unterbrochen wird, herangezogen.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Stuttgart, Beschluss vom 11. Dezember 2018&#160;&#8211; A 2 K 10728/18&#160;&#8211;, juris; VG Berlin, Beschluss vom 30. November 2018&#160;&#8211; 31 L 682.18 A&#160;&#8211;, juris Rn. 27&#160; m.w.N.; noch offen gelassen von VG Berlin, Beschluss vom 24. September 2018&#160;&#8211; 36 L 358.18 A&#160;&#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich wird vertreten, dass sich aus den vom EuGH aufgestellten Grunds&#228;tzen generell keine Rechtswidrigkeit einer solchen Abschiebungsandrohung ergibt.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. November 2018 &#8211; 5 L 4508/18.F.A. &#8211; juris; VG M&#252;nster, Beschluss vom 08. Oktober 2018&#160;&#8211; 9 L 976/18&#160;&#8211;, juris; VG Stade, Beschluss vom 30.07.2018 - 2 B 1616/18 - asyl.net: M26508, unter Hinweis auf VG Hannover, Beschluss vom 12. Juli 2018, 10 B 4228/18; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 05. Juli 2018&#160;&#8211; 20 B 17.31636&#160;&#8211;, juris Rn. 40; Wittkopp, Abschiebung abgelehnter Asylbewerber im Einklang mit Unionsrecht &#8211; Das Urteil &#8222;Gnandi&#8220; des EuGH, in: ZAR 2018, S. 325 &#8211; 331; Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge, EuGH: Zur Verbindung von Ablehnungs- und R&#252;ckkehrentscheidungen, in: Entscheiderbrief 11-12/2018, S. 4 &#8211; 6;&#160; siehe auch Verwaltungsgerichtshof Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 29. November 2018&#160;&#8211; 12 S 2504/18&#160;&#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dieser letztgenannten Auffassung ist zu folgen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Denn das in dem Verfahren &#8222;Gnandi&#8220; ergangene Urteil st&#252;tzt sich auf die Bestimmungen der Richtlinie 2005/85/EG, die jedoch mittlerweile durch die Richtlinie 2013/32/EU abgel&#246;st worden sind.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">In der Richtlinie 2005/85/EG war in Art. 39 Abs. 1 im Wesentlichen nur geregelt, dass abgelehnte Asylbewerber das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht oder Tribunal haben. In Art. 39 Abs. 3 dieser Richtlinie wurde den Mitgliedsstaaten zudem die M&#246;glichkeit einger&#228;umt, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen Vorschriften festzulegen im Zusammenhang mit den Fragen, ob der Rechtsbehelf nach Art. 39 Abs.&#160;1 zur Folge hat, dass Antragsteller sich bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf im betreffenden Mitgliedstaat aufhalten d&#252;rfen und der M&#246;glichkeit eines Rechtsmittels oder von Sicherungsma&#223;nahmen, wenn der Rechtsbehelf nach Art. 39 Abs.&#160;1 nicht zur Folge hat, dass sich Antragsteller bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf im betreffenden Mitgliedstaat aufhalten d&#252;rfen.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Diese Regeln sind mit der Richtlinie 2013/32/EU durch ein ausdifferenzierteres System ersetzt worden. Demnach stellen die Mitgliedsstaaten gem&#228;&#223; Art. 46 Abs. 1 sicher, dass Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht gegen die in Art. 46 Abs. 1 a) bis c) genannten ablehnenden Entscheidungen haben. Nach Art. 46 Abs. 4 und 5 legen die Mitgliedsstaaten angemessene Fristen f&#252;r die Wahrnehmung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 46 Abs. 1 fest und gestatten unbeschadet von Art. 46 Abs. 6 den Antragstellern das Recht zum Verbleib in ihrem Staatsgebiet bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist oder bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf. Nach Art. 46 Abs. 6 sind demgegen&#252;ber unter anderem in dem hier vorliegenden Fall der Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet die Gerichte befugt, &#8222;entweder auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen dar&#252;ber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, wenn die Entscheidung zur Folge hat, das Recht des Antragstellers auf Verbleib in dem Mitgliedstaat zu beenden und wenn in diesen F&#228;llen das Recht auf Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf im nationalen Recht nicht vorgesehen ist&#8220;. Gem&#228;&#223; Art. 46. Abs. 8 gestatten die Mitgliedsstaaten dem Antragsteller bis zur Entscheidung in dem Verfahren nach den Abs. 6 und 7 dar&#252;ber, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, im Hoheitsgebiet zu verbleiben.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Diesem Regelungssystem entsprechen die &#167;&#167; 34 &#8211; 43 AsylG und &#167;&#167; 74, 75 AsylG. Demnach ist insbesondere die Bestimmung, dass bei einer Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet der Antragssteller nur bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ein Recht zum Verbleib hat, nach Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU europarechtskonform. Unter anderem in den F&#228;llen der offensichtlichen Unbegr&#252;ndetheit ist es ausdr&#252;cklich zul&#228;ssig, dass (1) die Beh&#246;rden eine Entscheidung treffen k&#246;nnen, die das Recht des Asylbewerbers auf Verbleib im Mitgliedsstaat beendet, dass (2) das nationale Recht nicht vorsehen muss, dass ein Recht auf Verbleib im Mitgliedstaat bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf besteht und dass es (3) dann einem Gericht obliegt dar&#252;ber zu entscheiden, ob der Asylbewerber (bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens) im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf (Art. 46 Abs. 6 a.E.). Dieses gestufte Rechtsschutzsystem, dem das deutsche Verfahrensrecht entspricht, setzt voraus, dass eine von der Beh&#246;rde gesetzte Ausreisefrist sofort zu laufen beginnt, weil die Beh&#246;rde es sonst nicht in der Hand h&#228;tte das Recht auf Verbleib zu beenden und eine gesonderte Entscheidung eines Gerichts &#252;ber den Verbleib bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens &#252;berfl&#252;ssig w&#228;re. W&#252;rde die Ausreisefrist w&#228;hrend der Rechtsbehelfsfrist und&#160; &#8211; bei Einlegung eines Rechtsbehelfs &#8211; bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht zu laufen beginnen, br&#228;uchte es nicht der von Art. 46 Abs. 6 und &#167;&#167; 80 Abs. 5 VwGO, 36 Abs. 3 AsylG vorgesehenen Entscheidung des Gerichts &#252;ber ein (vorl&#228;ufiges) Bleiberecht. Auch die Regelung des Art. 46 Abs. 8 h&#228;tte keinen Anwendungsbereich, wenn die Ausreisfrist nicht schon zu laufen beginnen w&#252;rde. Ferner sieht Art. 46 Abs. 8 ein Bleiberecht nur f&#252;r den Zeitraum bis zur gerichtlichen Eilentscheidung und nicht bis zum Ablauf einer danach beginnenden Ausreisfrist vor. Von dem EuGH ist dies in der Entscheidung &#8222;Gnandi&#8220; nicht ber&#252;cksichtigt worden, weil die Richtlinie 2013/32/EU gem&#228;&#223; ihres Art. 52 erst auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Antr&#228;ge auf internationalen Schutz Anwendung findet.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. November 2018 &#8211; 5 L 4508/18.F.A. &#8211; juris Rn. 14; VG M&#252;nster, Beschluss vom 08. Oktober 2018&#160;&#8211; 9 L 976/18&#160;&#8211;, juris; VG Stade, Beschluss vom 30.07.2018 &#8211; 2 B 1616/18 &#8211; asyl.net: M26508, unter Hinweis auf VG Hannover, Beschluss vom 12. Juli 2018 &#8211; 10 B 4228/18 &#8211;.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Vor diesem Hintergrund w&#228;re es auch im Ergebnis nur schwer hinnehmbar, dass aufgrund des formalen Kriteriums des Fristbeginns jedem Eilantrag unabh&#228;ngig von seiner Begr&#252;ndetheit im &#220;brigen stattzugeben sein soll. Denn dann w&#228;re ein Ausl&#228;nder, dessen Antrag auch nach der Auffassung des Gerichts offensichtlich keinen Erfolg haben wird (etwa weil sein Vorbringen offenkundig falsch ist, er gef&#228;lschte Beweismittel vorgelegt oder &#252;ber seine Identit&#228;t get&#228;uscht hat, &#167; 30 Abs. 3 Nr. 1 &#8211; 3 AsylG) oder bereits unzul&#228;ssig ist (&#167;&#167; 36 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Art. 46 Abs. 6 b) der Richtlinie 2013/32/EU), bis zum Abschluss des oft mehrere Jahre dauernden Hauptsacheverfahrens nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Dies w&#252;rde dem Wortlaut der &#167;&#167; 34 &#8211; 43, 74, 75 AsylG sowie des Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU und ihrem Regelungszweck, erkennbar aussichtslose Verfahren effizient zu gestalten, zuwiderlaufen.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">In der hier vertretenen L&#246;sung liegt keine unzumutbare Verk&#252;rzung des Rechtsschutzes des Ausl&#228;nders. Dieser darf in den F&#228;llen des negativen Ausgangs des Eilverfahrens und der damit tats&#228;chlich vorliegenden offensichtlichen Unbegr&#252;ndetheit seines Antrags nicht auf einen l&#228;ngeren Aufenthalt im Bundesgebiet vertrauen, sondern muss ich auf seine Ausreise nach Beendigung des Eilverfahrens einstellen. Ferner ist ihm unabh&#228;ngig davon nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens eine Frist zur freiwilligen Ausreise zuzubilligen.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1986 &#8211; 1 C 16/85 &#8211;, juris Rn 21 und 22.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Bestimmungen der Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU ist es auch nicht selbstverst&#228;ndlich, dass der EuGH verbindliche Anforderungen f&#252;r alle Verfahrensarten aufstellen wollte, die &#252;ber die Bestimmungen der Richtlinie 2013/32/EU hinausgehen. Der Entscheidung &#8222;Gnandi&#8220; ist schon nicht ausdr&#252;cklich zu entnehmen, dass die Ausreisefrist erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zu laufen beginnen muss. Die nicht Teil des Tenors gewordene Formulierung, dass diese Frist nicht zu laufen beginnen darf, &#8222;solange der Betroffene ein Bleiberecht hat&#8220;, kann auch so verstanden werden, dass er nur w&#228;hrend des laufenden gerichtlichen Verfahrens den Mitgliedsstaat nicht verlassen muss. Dies entspricht dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits und der Vorlagefrage. Ferner stellt der EuGH in den weiteren Entscheidungsgr&#252;nden hinsichtlich der Rechte des Antragsstellers stets auf den Abschluss des gerichtlichen Verfahrens und nicht an eine sich daran ankn&#252;pfende Ausreisefrist ab.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, Celex-Nr. 62016CJ0181 &#8211; juris Rn. 63 a.E. und&#160; 66 a.E.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Auch in seinem Beschluss vom 05. Juli 2018, in dem wiederholt auf die im Verfahren &#8222;Gnandi&#8220; ergangene Entscheidung Bezug genommen wird, fordert der EuGH nur, das die Wirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens auszusetzen sind. Unter Hinweis auf Art. 46 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU stellt er ausdr&#252;cklich fest, dass in den F&#228;llen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet die Mitgliedsstaaten Ausl&#228;ndern einen Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet nur bis zu einer gerichtlichen Entscheidung &#252;ber ihr Bleiberecht gestatten m&#252;ssen. Er verlangt nicht, dass sich daran noch die urspr&#252;nglich gesetzte Ausreisefrist anschlie&#223;t.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Beschluss vom 05. Juli 2018&#160;&#8211; C-269/18 PPU&#160;&#8211;, juris Rn. 53; siehe auch VG Berlin, Beschluss vom 30. November 2018&#160;&#8211; 31 L 682.18 A&#160;&#8211; juris Rn. 21.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die geltende Rechtslage wird im Ergebnis auch dem vom EuGH aufgestellten Erfordernis eines Rechtsbehelfs, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfaltet, gerecht.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Zwar hat gem&#228;&#223; &#167;&#167; 75 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG eine Klage gegen die in dem Bescheid getroffenen Entscheidungen nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Vielmehr ist der Ausl&#228;nder gehalten, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu stellen.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Dies entspricht jedoch&#160; &#8211; wie dargestellt&#160; &#8211; dem von Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU ausdr&#252;cklich vorgesehenen Regelungssystem.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ferner sind die Folgen der Stellung des Antrags auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes im Ergebnis mit denen einer kraft Gesetzes bestehenden aufschiebenden Wirkung identisch, so dass eine &#228;quivalente Rechtsschutzdichte besteht.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">So ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;36 Abs. 3 S. 8 AsylG eine Abschiebung des Ausl&#228;nders vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zul&#228;ssig. Dabei handelt es sich um mehr als ein (vom EuGH als nicht ausreichend angesehenes) blo&#223;es Absehen von einer Abschiebung durch die Beh&#246;rden, weil die Rechtsfolge gesetzlich vorgeschrieben ist. Auch eine Inhaftierung des Ausl&#228;nders ist w&#228;hrend der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens nicht zul&#228;ssig, da keine vollziehbare Ausreispflicht besteht (vgl. &#167; 62 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG).</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dem Ausl&#228;nder stehen mindestens f&#252;r die Dauer des gerichtlichen Verfahrens alle Rechte aus der Richtlinie 2003/9/EG und der sie abl&#246;senden Richtlinie 2013/33/EU zu. Insbesondere beh&#228;lt er seine Rechte aus der Aufenthaltsgestattung (vgl. &#167; 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG) einschlie&#223;lich der Rechte aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (vgl. &#167; 1 Abs. 1 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetz &#8211; AsylbLG).</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Pr&#252;fungsumfang des Verfahrens auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes gen&#252;gt ebenfalls den europarechtlichen Anforderungen. Zwar ist eine m&#252;ndliche Verhandlung nicht erforderlich (&#167;&#167; 80 Abs. 5, Abs. 7, 101 Abs. 3 VwGO, 36 Abs. 3 S. 4 AsylG), daf&#252;r ist gem&#228;&#223; &#167; 36 Abs. 4 S. 1 VwGO die Abschiebung bereits bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsandrohung auszusetzen und nicht erst bei voller richterlicher &#220;berzeugung. Der Ausl&#228;nder kann sich zudem auf jede nach Erlass der R&#252;ckkehrentscheidung eingetretene &#196;nderung von Umst&#228;nden berufen, die Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben k&#246;nnte (vgl. &#167; 77 Abs. 1 S. 1 AsylG).</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich wird der Ausl&#228;nder durch die dem Bescheid beigef&#252;gte Rechtsbehelfsbelehrung transparent &#252;ber die Einhaltung der vorgenannten Garantien informiert.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Berlin, Beschluss vom 30. November 2018&#160;&#8211; 31 L 682.18 A&#160;&#8211; juris Rn. 22 &#8211; 29 m.w.N., auch zur Gegenansicht; VG M&#252;nster, Beschluss vom 08. Oktober 2018&#160;&#8211; 9 L 976/18&#160;&#8211;, juris Rn. 11.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Auch im &#220;brigen bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die auf &#167; 34 Abs. 1 AsylG i.Vm. &#167; 59 AufenthG gest&#252;tzte Abschiebungsandrohung mit der in &#167; 36 Abs. 1 AsylG vorgesehenen Ausreisefrist von einer Woche rechtm&#228;&#223;ig ist. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die geltend gemachte Erkrankung der Antragstellerin zu 3.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167; 34 Abs. 1 AsylG erl&#228;sst das Bundesamt nach den &#167;&#167; 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn unter anderem die Voraussetzungen des &#167; 60 Absatz 5 und 7 des AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des &#167; 60 Absatz 7 Satz 1 des AufenthG ausnahmsweise zul&#228;ssig ist und der Ausl&#228;nder keinen Aufenthaltstitel besitzt. Ein die Androhung hinderndes Verbot der Abschiebung nach &#167; 60 Abs. 7 AufenthG ist in der Regel gegeben, wenn in dem Zielstaat f&#252;r den Ausl&#228;nder eine erhebliche konkrete Gefahr f&#252;r Leib, Leben oder Freiheit besteht.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Eine solche ist aus gesundheitlichen Gr&#252;nden gegeben, wenn sich die vorhandene Erkrankung des Ausl&#228;nders auf Grund zielstaatsbezogener Umst&#228;nde in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr f&#252;r Leib oder Leben f&#252;hrt, also wenn eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der R&#252;ckkehr des Ausl&#228;nders droht. Ausgehend vom asylrechtlichen Prognosema&#223;stab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit reicht es dabei nicht aus, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustands im Bereich des M&#246;glichen liegt; sie muss vielmehr &#252;berwiegend wahrscheinlich sein.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Oktober 2006 &#8211;</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#160;C 18/05 &#8211; juris; Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein &#8211;Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 30.10.2006 &#8211; 13 A 2820/04 &#8211; juris.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine notwendige &#228;rztliche Behandlung oder Medikation im Zielstaat wegen des geringen Versorgungsstandes generell nicht verf&#252;gbar ist oder der Ausl&#228;nder sie tats&#228;chlich, also individuell aus finanziellen oder sonstigen Gr&#252;nden, nicht erlangen kann.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 &#8211; 1 C 18/05 &#8211; juris; BVerwG, Urteil vom 29. 10. 2002 &#8211; 1 C 1/02 &#8211; juris.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Allerdings kann von einer zu ber&#252;cksichtigenden Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht schon dann gesprochen werden, wenn lediglich eine Heilung des Krankheitszustandes im Zielstaat nicht zu erwarten oder die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichwertig ist. Ferner ist eine wesentliche Verschlechterung nicht bereits bei einer bef&#252;rchteten ung&#252;nstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei au&#223;ergew&#246;hnlich schweren k&#246;rperlichen oder psychischen Sch&#228;den. Denn das Verbot der Abschiebung nach &#167; 60 Abs. 7 AufenthG soll dem Ausl&#228;nder keine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern nur vor einer gravierenden Beeintr&#228;chtigung seiner Rechtsg&#252;ter Leib und Leben bewahren. Daher ist der Ausl&#228;nder auch grunds&#228;tzlich auf die im Zielstaat allgemein &#252;blichen medizinischen Standards verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; OVG M&#252;nster, Beschl&#252;sse vom 20. September 2006 &#8211; 13 A 1740/05 &#8211; juris; 6. September 2004 &#8211; 18 B 2661/03 &#8211; juris; 05. August 2004 &#8211; 13 A 2160/04 &#8211; juris; 20. Oktober 2000 &#8211;18 B 1520/00 &#8211; juris.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Grunds&#228;tzen f&#252;hrt das Vorbringen der Antragssteller nicht zur Annahme eines in Bezug auf die Antragstellerin zu 3. vorliegenden Abschiebungsverbotes aus gesundheitlichen Gr&#252;nden.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Zur Begr&#252;ndung wird gem&#228;&#223; &#167; 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausf&#252;hrungen in dem angegriffenen Bescheid verwiesen (dort S. 7 &#8211; 10), denen das Gericht folgt. In der Antragsbegr&#252;ndung ist diesen Ausf&#252;hrungen nicht entgegen getreten worden; vielmehr wird der Antrag nur auf die in dem Verfahren &#8222;Gnandi&#8220; aufgestellten Grunds&#228;tze gest&#252;tzt.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167; 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO i.V.m. &#167; 100 Abs. 1 ZPO, die Gerichtskostenfreiheit aus &#167; 83b AsylG.</p>
171,276
olgk-2019-01-11-6-u-13118
{ "id": 822, "name": "Oberlandesgericht Köln", "slug": "olgk", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
6 U 131/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:50:38
2019-02-12T13:44:32
Urteil
ECLI:DE:OLGK:2019:0111.6U131.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Berufung des Kl&#228;gers gegen das am 27.06.2018 verk&#252;ndete Urteil der 4. Kammer f&#252;r Handelssachen des Landgerichts K&#246;ln &#8211; 84 O 231/17 &#8211; wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Die Kosten des Berufungsverfahrens tr&#228;gt der Kl&#228;ger.</p> <p>Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts K&#246;ln sind vorl&#228;ufig vollstreckbar. Der Kl&#228;ger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p> <p>Die Revision wird nicht zugelassen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der gem&#228;&#223; &#167; 8 Abs. 3 Ziffer 2 UWG unstreitig auch im vorliegenden Verfahren klagebefugte Kl&#228;ger nimmt den Beklagten auf Unterlassung einer Absprache mit eine privaten Krankenversicherung bzw. einem Augenarzt in Anspruch.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte betreibt als Inhaber die F. Apotheke. Als Teil dieser Apotheke betreibt der Beklagte ferner unter der Bezeichnung &#8222;B. Versandapotheke&#8220; eine Versandapotheke, die &#252;ber die erforderliche Genehmigung verf&#252;gt.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat eine Kooperation mit der D. Krankenversicherung AG (im Folgenden: D.) geschlossen, die die Versorgung von Versicherten der D. mit Arzneimitteln im Rahmen einer Intravitrealen Medikamenteneingabe in den Glask&#246;rper (IVOM) durch Augen&#228;rzte zur Behandlung der degenerativen Makuladegeneration zum Gegenstand hat.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die D. hat ihre Versicherungsnehmer, bei denen vom behandelnden Augenarzt die Indikation zur intravitrealen Injektionstherapie mit einem Angiogenesehemmer gestellt worden war, angeschrieben und &#252;ber die Kooperation mit dem Beklagten berichtet. Diesem Schreiben war ein an den jeweiligen behandelnden Augenarzt adressiertes Schreiben nebst einer &#8222;Anforderung patientenbezogener Arzneimitteltherapie&#8220; beigef&#252;gt, wie im Unterlassungsantrag als konkrete Verletzungsform wiedergegeben.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat den Beklagten erfolglos abgemahnt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat in der Zusammenarbeit zwischen dem Beklagten und der D. oder dem jeweiligen Augenarzt einen Versto&#223; gegen &#167;&#167; 3, 3a UWG iVm &#167; 11 Abs. 1 ApoG sowie &#167;&#167; 3, 3a UWG iVm &#167; 14 BO und &#167; 18 Abs. 2 Nr. 6 BO gesehen. Der Kl&#228;ger hat behauptet, dass die Fertigspritzen, die von dem Beklagten an die Augen&#228;rzte geliefert werden, in jeder Apotheke ohne Schwierigkeiten hergestellt werden k&#246;nnten.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">I. den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 &#8364;, und f&#252;r den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, gesch&#228;ftlich handelnd</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">eine Absprache mit einer privaten Krankenversicherung und/oder mit Augen&#228;rzten zu unterhalten, die zum Gegenstand hat, dass der Beklagte &#228;rztliche Verordnungen von Augen&#228;rzten &#252;bersandt bekommt, wenn dies geschieht, wie durch die Anlage K 2 belegt:</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><img height="805" width="611" src="6_U_131_18_Urteil_20190111_01.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><img height="807" width="616" src="6_U_131_18_Urteil_20190111_11.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><img height="789" width="604" src="6_U_131_18_Urteil_20190111_21.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">II. den Beklagten zu verurteilen, an den Kl&#228;ger 267,50 &#8364; nebst Zinsen hieraus in H&#246;he von 5 Prozentpunkten &#252;ber dem jeweiligen Basiszinssatz gem&#228;&#223; &#167; 247 BGB seit Rechtsh&#228;ngigkeit (24.10.2017) zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat beantragt,</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Ansicht gewesen, die Kooperation mit der D. unterfalle nicht dem &#167; 11 Abs. 1 ApoG. Jedenfalls greife die Ausnahmeregelung des &#167; 11 Abs. 2 ApoG. Bei dem hier in Frage stehenden Arzneimittel handele es sich um eine anwendungsfertige Zytostatikazubereitung, zumal der Begriff weit auszulegen sei. Aus diesem Grund schieden auch Anspr&#252;che aus &#167;&#167; 14, 18 Abs. 2 Nr. 6 BO aus. Der Beklagte hat behauptet, die Fertigstellung der Spritzen sei nur in besonders ausgestatteten Apotheken m&#246;glich. Der Transport und die Lagerung m&#252;ssten erh&#246;hten Anforderungen insbesondere an die K&#252;hlkette gerecht werden, so dass eine Aush&#228;ndigung der Spritzen an den jeweiligen Patienten nicht tunlich sei.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Ein Anspruch aus &#167;&#167; 3, 3a, 8 UWG iVm &#167; 11 Abs. 1 ApoG scheide aus. Es k&#246;nne dahinstehen, ob die Kooperation des Beklagten mit der D. in den Anwendungsbereich des &#167; 11 Abs. 1 ApoG falle. Jedenfalls k&#246;nne sich der Beklagte auf die Ausnahmeregelung des &#167; 11 Abs.&#160;2 ApoG berufen. Hiernach d&#252;rfe der Inhaber einer &#246;ffentlichen Apotheke aufgrund einer Absprache abweichend von &#167; 11 Abs. 1 ApoG anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des &#252;blichen Apothekenbetriebes hergestellt worden sind, unmittelbar an den anwendenden Arzt abgegeben.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Es k&#246;nne offenbleiben, ob es sich bei den Wirkstoffen Ranibizumab, Bevacizumab und Aflibercept um Zytostatika handele. Der Begriff Zytostatika sei weit dahingehend zu verstehen, dass hierunter nicht nur Zytostatika im engeren Sinne fielen, sondern allgemein alle Arzneimittel mit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsverhindernder oder -verz&#246;gernder Wirkung (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.10.2010 &#8211; L 1 SF 191/10 B Verg -, aus juris Rn. 91 m.w.N.; Sieper in: Spickhoff, Medizinrecht, 2. Auflage 2014, Rn. 5 zu &#167; 11 ApoG; Kieser/B&#246;hnke, A&amp;R 2014, 257, 261 f. m.w.N.; vgl. auch BT-Drs. 16/12256 vom 16.03.2009, S. 47 zu &#167; 21 Abs. 2 Nr. 1b AMG a.F. = Anlage B 12). Insoweit schlie&#223;e sich das Landgericht der Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts Potsdam (Urteil vom 04.07.2017 &#8211; VG 6 K 4881/16, BeckRS 2017, 128548) an, dass unter die Ausnahmeregelung des &#167; 11 Abs. 2 ApoG auch die hier in Rede stehenden anwendungsfertigen IVOM-Rezepturarzneimittel fielen (Rn. 21, 43, 44).</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus &#167;&#167; 3, 3a, 8 UWG iVm &#167;&#167; 14, 18 Abs. 2 Nr.&#160;6 BO, weil nach &#167;&#167; 14, 18 Abs. 2 Nr. 6 BO nur gesetzlich nicht ausdr&#252;cklich zugelassene Vereinbarungen bzw. Vertr&#228;ge, Absprachen und Ma&#223;nahmen untersagt seien. Vorliegend greife jedoch, die Ausnahmeregelung des &#167; 11 Abs. 2 ApoG.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Da ein Unterlassungsanspruch nicht bestehe, stehe dem Kl&#228;ger auch kein Anspruch auf Zahlung der Abmahnkostenpauschale zu.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Gegen diese Entscheidung, auf die gem&#228;&#223; &#167; 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wendet sich der Kl&#228;ger mit seiner Berufung.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Kooperation des Beklagten mit der D. Krankenversicherung AG zul&#228;ssig sei.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Soweit das Landgericht offengelassen habe, ob die dem Streit zugrundeliegende Kooperation in den Anwendungsbereich des &#167; 11 Abs. 1 ApoG falle, sei dies anzunehmen. Dies ergebe sich aus den Grunds&#228;tzen, die der erkennende Senat in seinem Urteil vom 22.02.2017 (6 U 101/16, GRUR-RR 2017, 341 &#8211; Tattoo Apotheke) ausgef&#252;hrt habe.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die Ausnahmevorschrift des &#167; 11 Abs. 2 ApoG nicht einschl&#228;gig. Das Landgericht sei ohne Pr&#252;fung davon ausgegangen, dass es sich bei der Abgabe des Beklagten um die Abgabe einer anwendungsfertigen Zytostatikazubereitung gehandelt habe, die im Rahmen des &#252;blichen Apothekenbetriebs hergestellt worden sei.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Eine entsprechend weite Auslegung komme nicht in Betracht. Es k&#246;nne nicht angenommen werden, dass &#8222;allgemein alle Arzneimittelmit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsvermindernder oder &#8211;verz&#246;gernder Wirkung&#8220; von der Ausnahmeregelung des &#167; 11 Abs. 2 ApoG umfasst seien.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">W&#252;rde dies angenommen, w&#252;rden auch Pr&#228;parate mit Vitamin D oder Kortison unter die Ausnahmeregelung fallen. Eine so weitgehende Anwendung k&#228;me allenfalls bei analoger Anwendung in Betracht. Diese scheitere bereits an einer Regelungsl&#252;cke.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Zutreffend sei allerdings, dass der Begriff der Zytostatikazubereitungen weit auszulegen sei. Bei der Frage, ob eine solche gegeben sei, m&#252;sse die Frage gestellt werden, ob eine &#8222;L&#246;sung der Onkologie&#8220; vorliege oder eine solche Therapie erg&#228;nzt werde. Die dem Streit zugrundeliegenden Arzneimittel dienten alle der Behandlung der feuchten Makuladegeneration und erf&#252;llten die vorgenannten Voraussetzungen nicht.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Da eine besondere personelle, r&#228;umliche oder apparative Ausstattung f&#252;r das Aufziehen der Spritzen nicht erforderlich sei und auch keine besonderen Sicherheitsma&#223;nahmen in Bezug auf Lagerung pp. erforderlich seien, k&#246;nne das Fertigarzneimittel ohne weiteres dem jeweiligen Patient ausgeh&#228;ndigt werden. Die toxische Wirkung der Zytostatika h&#228;tten die hier in Rede stehenden Medikamente nicht. Augen&#228;rzte k&#246;nnten die Spritzen ohne weiteres selbst aufziehen.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Da sich der Beklagte nicht auf die Ausnahmeregelung des &#167; 11 Abs. 2 ApoG berufen k&#246;nne, sei die Kooperation unzul&#228;ssig. Auch der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten, den der Kl&#228;ger geltend gemacht habe, sei daher begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger beantragt,</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts K&#246;ln vom 27.06.201, Aktenzeichen 84 O 231/17, zu verurteilen,</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">I. es bei Meidung eines vom Gericht f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung f&#228;lligen Ordnungsgeldes in H&#246;he von bis zu 250.000,00 &#8364; - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, gesch&#228;ftlich handelnd</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">eine Absprache mit einer privaten Krankenversicherung und/oder mit Augen&#228;rzten zu unterhalten, die zum Gegenstand hat, dass der Beklagte &#228;rztliche Verordnungen von Augen&#228;rzten &#252;bersandt bekommt, wenn dies geschieht, wie durch die Anlage K 2, die entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag eingeblendet wird, belegt.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">II. an den Kl&#228;ger 267,50 &#8364; nebst Zinsen hieraus in H&#246;he von 5 Prozentpunkten &#252;ber dem jeweiligen Basiszinssatz gem&#228;&#223; &#167; 247 BGB seit Rechtsh&#228;ngigkeit (24.10.2017) zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Berufung zur&#252;ckzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Kl&#228;gers ist nicht begr&#252;ndet. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass ein Unterlassungsanspruch nicht besteht.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">1. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus &#167;&#167; 3, 3a, 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG. Der Kl&#228;ger ist zwar aktivlegitimiert und es liegt eine gesch&#228;ftliche Handlung des Beklagten vor. Der Rechtsbruchtatbestand des &#167; 3a UWG ist jedoch nicht erf&#252;llt. Im Einzelnen:</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">a) Der Kl&#228;ger ist gem&#228;&#223; &#167; 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Die Voraussetzungen f&#252;r die Klagebefugnis sind gerichtsbekannt erf&#252;llt. Hiergegen wendet sich der Beklagte auch nicht.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">b) Die Absprache mit einer privaten Krankenversicherung sowie mit Augen&#228;rzten die zum Gegenstand hat, dass der Beklagte &#228;rztliche Verordnungen von Augen&#228;rzten &#252;bersandt bekommt, stellt eine gesch&#228;ftliche Handlung des Beklagten im Sinne des &#167; 2 Abs.1 Nr. 1 UWG dar.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Annahme, dass eine gesch&#228;ftliche Handlung besteht, setzt voraus, dass der Beklagte mit dem Ziel gehandelt hat, den (eigenen oder fremden) Wettbewerb zu f&#246;rdern. Nach &#167;&#160;2 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 UWG ist eine gesch&#228;ftliche Handlung im Sinne dieses Gesetzes jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der F&#246;rderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchf&#252;hrung eines Vertrages &#252;ber Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenh&#228;ngt. Der Begriff der gesch&#228;ftlichen Handlung gem&#228;&#223; &#167;&#160;2 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 UWG ist nicht enger als der der Wettbewerbshandlung im Sinne des &#167;&#160;2 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 UWG 2004. Zur Bestimmung einer gesch&#228;ftlichen Handlung kann daher auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Begriff der Wettbewerbshandlung im Sinne des &#167;&#160;2 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1 UWG 2004 zur&#252;ckgegriffen werden (BGH, Urteil vom 27.07.2017 &#8211; I ZR 162/15, GRUR 2018, 196 &#8211; Eigenbetrieb Friedh&#246;fe).</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grunds&#228;tzen liegt eine gesch&#228;ftliche Handlung des Beklagten vor. Der Beklagte strebt im Rahmen der Kooperation mit der D., die wiederum Schreiben an Patienten versendet, damit diese die Schreiben an ihre behandelnden Augen&#228;rzte weitergeben, um einen Bezug des Medikaments zur Behandlung der feuchten Makuladegeneration &#252;ber den Beklagten zu erreichen, an, dass auf der Grundlage seiner Absprache mit der D. ein Bezug von bestimmten Spritzen &#252;ber ihn erfolgen soll. Der Beklagte bezweckt die F&#246;rderung des eigenen Absatzes mit Hilfe der angegriffenen Absprachen.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Beurteilung der Frage, ob eine gesch&#228;ftliche Handlung vorliegt, kommt es nicht darauf an, dass das Verhalten des Beklagten selbst als unzul&#228;ssige Absprache zwischen dem Beklagten und der D. oder Augen&#228;rzten anzusehen ist. Entscheidend ist alleine die Frage, ob das mit dem Antrag angegriffene Verhalten eine gesch&#228;ftliche Handlung darstellt.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">c) Der Unterlassungsanspruch ergibt sich nicht aus &#167; 8 Abs. 1, &#167; 3 Abs. 1, &#167; 3a UWG in Verbindung mit &#167; 11 ApoG. Dabei ist bereits der Tatbestand des &#167; 11 Abs. 1 ApoG nicht erf&#252;llt. Auf die Frage, ob die Ausnahmevorschrift des &#167; 11 Abs. 2 UWG eingreift, kommt es daher nicht an.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">aa) Die Bestimmung des &#167; 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG wendet sich an den Beklagten als Erlaubnisinhaber einer Apotheke.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">bb) Die Absprache zwischen dem Beklagten und einem Augenarzt ist nicht unzul&#228;ssig. Die Voraussetzungen des &#167; 11 Abs. 1 ApoG sind nicht erf&#252;llt. Eine gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs. 1 ApoG unzul&#228;ssige Absprache zwischen dem Beklagten und der D. oder Augen&#228;rzten liegt nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Nach &#167; 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG d&#252;rfen Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken mit &#196;rzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgesch&#228;fte vornehmen oder Absprachen treffen, die die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Nach dem Antrag des Kl&#228;gers greift dieser das Verhalten des Beklagten an, weil er in diesem Verhalten eine Absprache zwischen dem Beklagten auf der einen und einer privaten Krankenversicherung sowie dar&#252;ber hinaus Augen&#228;rzten auf der anderen Seite sieht. Beide Angriffe hat der Kl&#228;ger kumulativ zum Gegenstand des Antrags gemacht.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Die angegriffene Handlung des Beklagten stellt keine solche Absprache mit einer privaten Krankenversicherung (hier der D.) oder einem Arzt dar. Die D. ist keine &#8222;andere Person, die sich mit der Behandlung von Krankheiten&#8220; befasst. Eine Absprache zwischen dem Beklagten und einem Augenarzt erfolgt nicht:</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">(1) Die D. ist keine andere Person, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befasst.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Die Vorschrift des &#167; 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG soll sicherstellen, dass der Erlaubnisinhaber einer Apotheke sich bei seinem Kontakt zu anderen Gesundheitsberufen wie insbesondere zu &#196;rzten, die Einfluss auf sein Entscheidungsverhalten haben, nicht von sachfremden und vor allem nicht von finanziellen Erw&#228;gungen leiten l&#228;sst. Sie soll damit Verhaltensweisen der Apotheker entgegenwirken, die die ordnungsgem&#228;&#223;e Versorgung der Bev&#246;lkerung mit Arzneimitteln beeintr&#228;chtigen k&#246;nnen. Die Vorschrift stellt damit eine Marktverhaltensregelung im Sinne von &#167; 3a UWG (entsprechend &#167; 4 Nr. 11 UWG aF) dar (vgl. BGH, Urteil vom 13. 04.2014 - I ZR 120/13, GRUR 2014, 1009 Rn. 13 &#8211; Kooperationsapotheke, mwN). Die Richtlinie 2005/29/EG &#252;ber unlautere Gesch&#228;ftspraktiken, die nach ihrem Artikel 4 in ihrem Anwendungsbereich (Art.&#160;3) zu einer vollst&#228;ndigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts gef&#252;hrt hat, kennt zwar keinen der Bestimmung des &#167; 3a UWG entsprechenden Unlauterkeitstatbestand. Dieser Umstand steht der Anwendung der genannten Vorschrift aber nicht entgegen, weil die Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union und der Mitgliedstaaten in Bezug auf Gesundheits- und Sicherheitsaspekte von Produkten, zu denen die Bestimmung des &#167; 11 ApoG z&#228;hlt, von der Richtlinie &#252;ber unlautere Gesch&#228;ftspraktiken unber&#252;hrt bleiben (vgl. BGH, Urteil vom 18.06.2015 &#8211; I ZR 26/14, GRUR 2016, 213 &#8211; Zuweisung von Verschreibungen, mwN). Wegen des mit der Bestimmung des &#167; 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG bezweckten Schutzes der Gesundheit der Verbraucher sind Verst&#246;&#223;e gegen sie regelm&#228;&#223;ig geeignet, die Interessen der Verbraucher sp&#252;rbar zu beeintr&#228;chtigen (vgl. BGH, Urteil vom 12.03.2015 &#8211; I ZR 84/14, GRUR 2015, 1025 Rn. 15 - TV-Wartezimmer; GRUR 2016, 213 &#8211; Zuweisung von Verschreibungen).</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Vor diesem Hintergrund werden solche Personen als mit der Behandlung von Krankheiten befasst angesehen, die Verordnungen ausstellen oder Medikamente oder Heil- und Hilfsmittel aus Apotheken beziehen k&#246;nnen. Dies sind neben &#196;rzten auch Psychotherapeuten, Heilpraktiker und Angeh&#246;rige medizinischer Assistenzberufe, etwa auch Arzthelfer (vgl. D. Pr&#252;tting in Pr&#252;tting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 3. Aufl., &#167; 11 ApoG Rn. 3).</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Nach diesen Grunds&#228;tzen befasst sich die D. entgegen der Auffassung des Kl&#228;gers nicht mit der Behandlung von Krankheiten, sondern &#252;bernimmt allein die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Versicherungsleistung. Die D. hat keinen Einfluss auf die Frage, welches Medikament der Arzt verordnet oder nutzt. Auch bezieht die D. keine Hilfsmittel. Damit kann die D. auch nicht (mit-) entscheiden, ob und welches Medikament verschrieben oder welche Therapie durchgef&#252;hrt wird. Vielmehr bleibt es bei einer Empfehlung im Hinblick auf den Bezug eines Medikamentes.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Dies stellt keine Abweichung von den Grunds&#228;tzen dar, die der Senat im Rahmen des Urteils vom 22.02.2017 (6 U 101/16, PharmR 2017, 341 &#8211; Tattoo-Apotheke) dargelegt hat. In dem dortigen Fall ist der Senat davon ausgegangen, dass eine Internetplattform sich mit der Behandlung von Krankheiten befasst, wenn der Patient &#252;ber diese Plattform die Symptome oder eine Erkrankung einem Arzt schildert, der sodann eine Diagnose stellt und ggf. ein Medikament verschreibt. Die Internetplattform war daher vergleichbar mit medizinischen Hilfsdiensten wie etwa einem Arzthelfer unmittelbar an der Behandlung der Krankheiten beteiligt. So liegt der Fall hier indes nicht. Vielmehr geht bereits aus dem Schreiben der D. an den behandelnden Augenarzt hervor, dass dieser bereits eine Diagnose gestellt und sich f&#252;r eine konkrete Therapie entschieden hat. In diesem Zusammenhang wird der Arzt sodann lediglich auf eine besondere M&#246;glichkeit des Bezugs eines Medikaments hingewiesen. Die D. ist folglich mit der eigentlichen Diagnostik und der Frage, welche Behandlung zur Anwendung kommt, nicht befasst. Eine Einflussnahme auf die Behandlung oder das zu nutzende Medikament scheidet daher aus.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Es liegt auch keine unzul&#228;ssige Absprache mit einem Arzt vor.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Die Vorschrift des &#167; 11 Abs. 1 ApoG untersagt Rechtsgesch&#228;fte oder Absprachen mit einem Arzt (hier einem Augenarzt). Es kann jedoch weder angenommen werden, dass eine rechtsgesch&#228;ftliche Vereinbarung, noch eine sonstige Absprache mit einem Arzt erfolgt w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Ein Rechtsgesch&#228;ft liegt nicht vor. Dieses setzt einen Vertrag zwischen dem Beklagten und dem behandelnden Arzt voraus. Ein solches Rechtsgesch&#228;ft ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">(2) Auch eine Absprache ist nicht erfolgt. Der Begriff der Absprache hat eine Vereinbarung zum Gegenstand, die im Gegensatz zum Rechtsgesch&#228;ft keinen klagbaren Anspruch begr&#252;ndet. Eine Absprache kann darin zu sehen sein, dass die Zuweisung von Verschreibungen an eine bestimmte Apotheke abgesprochen wird (d. Pr&#252;tting in Pr&#252;tting aaO, &#167; 11 ApoG Rn. 4). Die Absprache kann ausdr&#252;cklich oder konkludent erfolgen. Auch eine eingespielte &#220;bung kann als Absprache angesehen werden. Entscheidend ist, dass Arzt und Apotheker einvernehmlich handeln (vgl. Mecking in Bergmann/Pauge/Steinmeyer, Gesamtes Medizinrecht, 3. Aufl., &#167; 11 ApoG Rn. 3). Gesch&#252;tzt ist letztlich die Freiheit des Patienten, das Rezept in einer vom ihm ausgew&#228;hlten Apotheke einl&#246;sen zu k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Vorliegend richtet sich das als Anlage K2 vorgelegte Schreiben nicht auf eine Absprache, die die Wahlfreiheit des Patienten beeinflussen k&#246;nnte. Dies liegt schon darin begr&#252;ndet, dass das Schreiben &#8211; auch wenn es an den jeweils behandelnden Arzt adressiert ist &#8211; dem Patienten &#252;bermittelt wird, der dieses Schreiben sodann an den behandelnden Arzt weitergeben oder dies unterlassen kann. Ein einvernehmliches Handeln von Arzt und Apotheker, dass die Wahlfreiheit des Patienten in Bezug auf die Auswahl einer Apotheke einschr&#228;nkt, findet daher nicht statt.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Weiter hat der Kl&#228;ger auch nicht dargelegt, in welcher Form der Beklagte an dem Schreiben der D. tats&#228;chlich beteiligt war. Zwar ergibt sich aus dem dem Schreiben beigef&#252;gten Bestellformular mit der &#220;berschrift &#8222;Anforderung patientenbezogener Arzneimittel&#8220;, dass der Beklagte offensichtlich mit dem Vorgehen der D. einverstanden ist. Dies begr&#252;ndet aber nicht die Annahme, dass eine Absprache zwischen ihm und dem jeweiligen Arzt erfolgen soll. Denn die Aufforderung des Bezugs &#252;ber den Beklagten erfolgt alleine durch die D., die mit dieser Aufforderung eigene Interessen verfolgt, weil das Medikament durch die Bestellung der Fertigspritzen bei einigen wenigen Versandapotheken f&#252;r die D. Deutlich preiswerter wird.</p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">cc) Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die Zubereitung in wenigen, bestimmten Apotheken und der unmittelbare Versandt an den behandelnden Arzt auf einer medizinischen Notwendigkeit beruht, was der Beklagte behauptet. Wenn eine medizinische Notwendigkeit f&#252;r eine Absprache best&#228;nde, k&#246;nnte die Vorschrift des &#167;&#160;11 Abs. 1 ApoG nicht angewendet werden. Der BGH hat mit Urteil vom 18.06.2015 (I ZR 26/14, GRUR 2016, 213 &#8211; Zuweisung von Verschreibungen) angenommen, dass eine medizinische Notwendigkeit bei der Beschaffung eines Applikationsarzneimittels bestehen kann, wenn eine qualit&#228;tswahrende Beschaffung nicht m&#246;glich oder von einer Unzuverl&#228;ssigkeit des Patienten auszugehen ist. Trifft der Vortrag des Beklagten zu, m&#252;sste auch im vorliegenden Fall eine medizinische Notwendigkeit angenommen werden.</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Ob die Berufung unter Ber&#252;cksichtigung der Ausnahmevorschrift des &#167; 11 Abs. 2 ApoG Erfolg hat, kann ebenfalls offenbleiben.</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">2. Aus den vorstehenden Gr&#252;nden ergibt sich, dass ein Anspruch auch nicht aus &#167;&#167; 3, 3a, 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit &#167; 14 BO oder &#167; 18 Abs. 2 Nr. 6 ApoG folgt.</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">3. Der Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten besteht ebenfalls nicht, weil die Abmahnung nicht berechtigt war.</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">4. Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 97 ZPO. Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus &#167; 708 Nr. 10, &#167; 711 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">5. Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des &#167;&#160;543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grunds&#228;tzliche Bedeutung noch ist die Revision zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Vielmehr beruht die Entscheidung auf der dargelegten gesicherten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">6. Der Streitwert f&#252;r das Berufungsverfahren wird auf 25.000 &#8364; festgesetzt.</p>
171,275
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95 M 3548/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:50:38
2019-02-12T13:44:32
Beschluss
ECLI:DE:AGME2:2019:0111.95M3548.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die Erinnerung des Gl&#228;ubigers vom 23.10.2018 wird der Obergerichtsvollzieher T angewiesen, seine Kostenrechnung vom 10.10.2018 (DR II 752/18) um die Geb&#252;hr f&#252;r den Versuch der g&#252;tlichen Einigung KV 208 und die anteilige Auslagenpauschale KV 716 zu erm&#228;&#223;igen.</p> <p>Das Verfahren ist gerichtsgeb&#252;hrenfrei, au&#223;ergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.</p> <p>Gegen diese Entscheidungen wird gem&#228;&#223; &#167;&#167; 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG, 66 Abs.2 Satz 2 GKG die Beschwerde zugelassen.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Gl&#228;ubiger beauftragte den Obergerichtsvollzieher unter Verwendung des amtlichen Vordrucks am 11.09.2018 mit der Abnahme der Verm&#246;gensauskunft. Unter der Rubrik F kreuzte der Gl&#228;ubiger an: &#8220;Mit einer Zahlungsvereinbarung bin ich nicht einverstanden (&#167; 802b Absatz 2 Satz 1 ZPO).&#8220; Der Obergerichtsvollzieher fertigte unter dem 14.09.2018 ein Schreiben an den Schuldner mit einer Zahlungsaufforderung und der Bestimmung des Termins zur Abgabe der Verm&#246;gensauskunft sowie der Ladung zu diesem Termin. In diesem Schreiben nahm der Obergerichtsvollzieher folgenden Passus auf:</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">&#8222;Sollte es Ihnen nicht m&#246;glich sein, diese Forderung fristgerecht zu begleichen, biete ich Ihnen hiermit nach &#167; 802 b ZPO die g&#252;tliche Erledigung der Sache an. Die Bewilligung einer Ratenzahlung bei mir ist nur m&#246;glich, wenn Sie mir glaubhaft machen, wann, in welcher H&#246;he und aus welchen Mitteln (z.B. Arbeitgeberangabe mit Lohnnachweis) Sie die Raten aufbringen k&#246;nnen. Ich weise darauf hin, dass der Gl&#228;ubiger einer getroffenen Vereinbarung widersprechen kann. Zur g&#252;tlichen Erledigung ist es erforderlich, dass Sie sich pers&#246;nlich mit mir innerhalb der Frist in Verbindung setzen.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dieses Schreiben wurde dem Schuldner am 19.09.2018 zugestellt. Der Schuldner reagierte nicht und erschien auch nicht zum Termin zur Abgabe der Verm&#246;gensauskunft.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Obergerichtsvollzieher berechnete der Gl&#228;ubigerin in seiner Kostenrechnung vom 10.10.2018 unter anderem f&#252;r den Versuch der g&#252;tlichen Erledigung die Geb&#252;hr KV 208 GvKostG in H&#246;he von 8,00 &#8364;. Hiergegen wendet sich die Gl&#228;ubigerin mit ihrer Erinnerung vom 23.10.2018.2018, mit der er geltend macht, dass im Hinblick auf die im Antrag ausgeschlossene Zahlungsvereinbarung, den sich hierauf gleichwohl beschr&#228;nkenden Versuch der Obergerichtsvollziehers und des Fehlens eines Versuchs einer alternativen g&#252;tlichen Einigung die Geb&#252;hr KV 208 GvKostG nicht zu gew&#228;hren sei. Der Obergerichtsvollzieher hat der Erinnerung nicht abgeholfen, der Bezirksrevisor bei dem Landgericht D&#252;sseldorf hat als Vertreter der Landeskasse unter dem 06.12.2018 Stellung genommen und ist der Erinnerung nicht entgegengetreten.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die gem&#228;&#223; &#167;&#167; 5 Abs. 2 GVKostG, 66 GKG, 766 ZPO statthafte Erinnerung der Gl&#228;ubigerin ist begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dem Obergerichtsvollzieher steht die von ihm in seiner Kostenrechnung vom 10.10.2018 angesetzte Geb&#252;hr f&#252;r den Versuch einer g&#252;tlichen Erledigung gem&#228;&#223; KV 208 GvKostG nach &#167; 7 Abs. 1 GVKostG nicht zu. Zwar hat der Obergerichtsvollzieher in seinem Schreiben vom 14.09.2018 an den Schuldner diesem mit dem oben unter I zitierten Passus eine g&#252;tliche Erledigung der Sache angeboten. Dem Entstehen der Geb&#252;hr Nr. 207, 208 KV GvKostG steht es auch grunds&#228;tzlich nicht entgegen, wenn &#8211; wie vorliegend &#8211; der Gl&#228;ubiger in dem Vollstreckungsauftrag vermerkt, mit einer Zahlungsvereinbarung gem&#228;&#223; &#167; 802b Abs. 2 S. 1 ZPO nicht einverstanden zu sein. Der Gerichtsvollzieher ist gem&#228;&#223; &#167; 802b Abs. 1 ZPO trotz des Ausschlusses einer Zahlungsvereinbarung zur Herbeif&#252;hrung einer g&#252;tlichen Erledigung verpflichtet. Die in &#167; 802b Abs. 2 ZPO ausdr&#252;cklich erw&#228;hnte Zahlungsvereinbarung stellt auch nicht die einzig m&#246;gliche Form einer g&#252;tlichen Erledigung dar. Deshalb kann der Gl&#228;ubiger die dem Gerichtsvollzieher gesetzlich auferlegte Verpflichtung, die Herbeif&#252;hrung einer g&#252;tlichen Erledigung zu versuchen, nicht vollst&#228;ndig ausschlie&#223;en. Der Ausschluss einer Zahlungsvereinbarung schr&#228;nkt den Spielraum des Gerichtsvollziehers f&#252;r eine g&#252;tliche Erledigung lediglich stark ein.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Obergerichtsvollzieher hat in seinem Anschreiben an den Schuldner vom 14.09.2018 auch eine g&#252;tliche Erledigung der Sache angeboten. Indessen beschr&#228;nkte sich dieses Angebot inhaltlich auf eine Ratenzahlung und damit gerade auf die vom Gl&#228;ubiger in seinem Vollstreckungsauftrag ausgeschlossene Zahlungsvereinbarung gem&#228;&#223; &#167; 802b Abs. 2 ZPO. Das ausschlie&#223;liche Angebot dieser vom Gl&#228;ubiger ausdr&#252;cklich ausgeschlossenen Zahlungsvereinbarung als g&#252;tliche Erledigung stellt eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des &#167;&#167; 7 Abs. 1 GVKostG dar, die die Erhebung der Geb&#252;hr gem&#228;&#223; KV 207,208 GvKostG ausschlie&#223;t. Einen anderen Versuch einer g&#252;tlichen Erledigung, der &#252;ber die angebotene Zahlungsvereinbarung hinausgeht, und den Anfall der Geb&#252;hr KV 207, 208 GvKostG begr&#252;ndet h&#228;tte, ist weder aus den Vollstreckungsunterlagen des Obergerichtsvollziehers noch aus seinem Vortrag im vorliegenden Erinnerungsverfahren ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167; 5 Abs. 2 GvKostG, 66 Abs. 8 GKG.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Rechtsmittel-/Rechtsbehelfsbelehrung:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist schriftlich oder zu Protokoll der Gesch&#228;ftsstelle bei dem Amtsgericht Langenfeld (Hauptstr. 15, 40764 Langenfeld), dessen Beschluss angefochten wird oder bei dem Landgericht D&#252;sseldorf (Werdener Strasse 1, 40227 D&#252;sseldorf) als Beschwerdegericht einzulegen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erkl&#228;rung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.</p>
171,274
ovgnrw-2019-01-11-4-e-114918
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 E 1149/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:50:38
2019-02-12T13:44:31
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0111.4E1149.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfegesuchs f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 19.12.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung seines Prozesskostenhilfegesuchs ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat seinem Antrag auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zutreffend eine hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen (vgl. &#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;114 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 ZPO).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">F&#252;r den Eilantrag, den das Verwaltungsgericht bereits mit Beschluss vom 26.11.2018 mit der Begr&#252;ndung abgelehnt hat, dem Antragsteller fehle offensichtlich ein Anordnungsanspruch, ist schon der Verwaltungsrechtsweg nicht er&#246;ffnet.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Gem&#228;&#223; &#167;&#160;40 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen &#246;ffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdr&#252;cklich zugewiesen sind. Nicht zu den &#246;ffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in diesem Sinne geh&#246;ren solche, die Akte der rechtsprechenden Gewalt zum Gegenstand haben, die sich also auf die in gerichtlichen Verfahren in richterlicher Unabh&#228;ngigkeit erfolgende Sachbehandlung durch die damit befassten Richter beziehen. Ein solcher &#8222;Rechtsschutz gegen den Richter&#8220; ist auf dem jeweiligen Rechtsweg nach Ma&#223;gabe der einschl&#228;gigen Prozessordnung zu suchen.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5.12.2017 &#8211; 4&#160;E 964/17 &#8211;, juris, Rn.&#160;4&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Danach hat der Antragsteller sein Rechtsschutzbegehren auf dem ordentlichen Rechtsweg zu verfolgen. Er wendet sich gegen eine in einem aktienrechtlichen Verfahren vor dem Landgericht Dortmund ergangene richterliche Hinweisverf&#252;gung in Bezug auf ein in diesem Verfahren angebrachtes Prozesskostenhilfegesuch.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Wegen der Unzul&#228;ssigkeit des von dem Antragsteller beschrittenen Verwaltungsrechtsweges ist die Beschwerde zur&#252;ckzuweisen. Eine Verweisung an das zust&#228;ndige Gericht des ordentlichen Rechtsweges in entsprechender Anwendung von &#167;&#160;173 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;17a Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GVG scheidet unter den gegebenen Umst&#228;nden aus.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">In Betracht k&#228;me allein eine isolierte Verweisung (nur) des Prozesskostenhilfegesuchs, nachdem der Antragsteller gegen den die Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26.11.2018, der ihm am 28.11.2018 zugestellt worden ist, binnen der Zweiwochenfrist des &#167;&#160;147 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO keine Beschwerde eingelegt hat. Ob eine solche isolierte Verweisung schon generell ausgeschlossen w&#228;re,</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">vgl. f&#252;r das isolierte Prozesskostenhilfeverfahren OVG NRW, Beschluss vom 16.3.2018 &#8211; 4&#160;D 10/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 351 = juris, Rn.&#160;5&#160;ff., m.&#160;w.&#160;N.,</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">kann auf sich beruhen. Denn ein die entsprechende Anwendung von &#167;&#160;173 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;17a Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GVG gegebenenfalls rechtfertigendes schutzw&#252;rdiges Bed&#252;rfnis nach einer Rechtswegverweisung im Prozesskostenhilfeverfahren besteht hier jedenfalls deshalb nicht, weil der Antragsteller bereits bei dem Landgericht Dortmund und also auf dem zul&#228;ssigen Rechtsweg f&#252;r das dort von ihm angestrengte Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt hat. In diesem Verfahren kann er Einwendungen gegen die von ihm f&#228;lschlich auf dem Verwaltungsrechtsweg beanstandete richterliche Hinweisverf&#252;gung bzw. gegen die dieser Verf&#252;gung zugrundeliegenden rechtlichen und tats&#228;chlichen Bewertungen des Landgerichts erheben. Ein Rechtsverlust infolge eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen den Gerichten unterschiedlicher Rechtswege, der durch &#167; 17a Abs. 2 S&#228;tze 1 und 3 GVG verhindert werden soll, droht dem Antragsteller deshalb nicht.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO und &#167;&#160;166 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;127 Abs.&#160;4 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO).</p>
171,273
ovgnrw-2019-01-11-4-e-112418
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 E 1124/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:50:37
2019-02-12T13:44:31
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0111.4E1124.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde des Prozessbevollm&#228;chtigten des Kl&#228;gers gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 28.11.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Das Verfahren &#252;ber die Beschwerde ist gerichtsgeb&#252;hrenfrei; au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die angegriffene Streitwertfestsetzung entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Gem&#228;&#223; &#167; 52 Abs. 3 GKG ist f&#252;r den Streitwert die H&#246;he einer bezifferten Geldleistung ma&#223;gebend, wenn der Antrag des Kl&#228;gers eine solche oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt betrifft. Die streitgegenst&#228;ndliche Festsetzung eines Warnungsgelds nach &#167;&#160;21 Abs.&#160;3 SchfHW gegen den Kl&#228;ger ist ein derartiger Verwaltungsakt, so dass das Verwaltungsgericht den Streitwert zutreffend in H&#246;he des festgesetzten Warnungsgelds von 2.000,00 Euro festgesetzt hat.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 17.7.2017 &#8211; 22 ZB 17.631 &#8211;, juris, vor Rn. 1, Rn. 2 und 24; siehe bereits nach altem Recht OVG NRW, Beschluss vom 18.4.2011 &#8210; 4 A 672/10 &#8210;, juris, vor Rn.&#160;1, Rn. 9.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Bestimmung des Streitwerts nach Ermessen gem&#228;&#223; &#167;&#160;52 Abs.&#160;1 oder Abs.&#160;2 GKG war danach kein Raum. Auch das Verwaltungsgericht M&#252;nchen, auf dessen Rechtsprechung im Beschluss vom 19.10.2010 &#8210; M 16 K 10.4400 &#8210;, juris, Rn.&#160;27, sich die Beschwerde unter anderem st&#252;tzt, hat den Streitwert in H&#246;he des Warnungsgelds festgesetzt. Es hat sich zur Begr&#252;ndung auf die analoge Anwendung der Empfehlung des Streitwertkatalogs f&#252;r selbst&#228;ndige Vollstreckungsverfahren, insbesondere solche gegen die Festsetzung von Zwangsgeldern, bezogen, die ihrerseits der gesetzlichen Regelung des &#167; 52 Abs.&#160;3 GKG folgt. Hieraus ergibt sich keine Rechtfertigung daf&#252;r, den Streitwert bei Warnungsgeldern unabh&#228;ngig von ihrer H&#246;he auf 4.000,00 Euro oder gar 5.000,00 Euro festzusetzen. Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts W&#252;rzburg vom 1.7.2015 &#8210; W 6 K 15.22 &#8210;, juris, Rn.&#160;39, 41, in dem f&#252;r einen &#8210; nicht bezifferten &#8210; Verweis nach &#167;&#160;21 Abs.&#160;3 SchfHwG der Regelstreitwert nach &#167;&#160;52 Abs.&#160;2 VwGO festgesetzt worden ist, ergibt sich nichts anderes.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus &#167; 68 Abs. 3 GKG.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
171,272
ovgnrw-2019-01-11-18-a-475018
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
18 A 4750/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:50:37
2019-02-12T13:44:31
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0111.18A4750.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe f&#252;r das zweitinstanzliche Verfahren wird abgelehnt.</p> <p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.</p> <p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Bewilligung von Prozessostenhilfe wird abgelehnt, weil die Rechtsverfolgung aus den nachstehenden Gr&#252;nden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (&#167; 166 VwGO i.V.m. &#167; 114 ZPO).</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Zulassungsantrag ist unbegr&#252;ndet, weil die geltend gemachten&#160; Zulassungsgr&#252;nde nicht vorliegen.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Darlegungen in der Zulassungsbegr&#252;ndung f&#252;hren nicht auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat tragend ausgef&#252;hrt, die Kl&#228;gerin erf&#252;lle das Ausweisungsinteresse des &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Sie habe einen nicht nur geringf&#252;gigen Versto&#223; gegen Rechtsvorschriften begangen. Sie habe sich nach der bestandskr&#228;ftigen Ablehnung ihres Asylantrags im August 2014 bis mindestens Mai 2016 im Bundesgebiet aufgehalten, ohne im Besitz eines anerkannten oder g&#252;ltigen Passes oder Passersatzes zu sein. Damit habe sie den Straftatbestand des &#167; 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erf&#252;llt. Es l&#228;gen keine Anhaltspunkte daf&#252;r vor, dass die Kl&#228;gerin sich trotz Tatbestandsverwirklichung nicht strafbar gemacht habe. Sie habe sich mehr als 20 Monate ohne Pass im Bundesgebiet aufgehalten. Angesichts dieses Zeitraums k&#246;nne sie sich nicht darauf berufen, dass es ihr nicht fr&#252;her m&#246;glich gewesen sei, einen Pass zu beschaffen. Stelle der Rechtsversto&#223; eine Straftat dar, so sei es nicht erforderlich, dass der Ausl&#228;nder deswegen verurteilt worden sei. Das dagegen gerichtete Zulassungsvorbringen greift nicht durch.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ebenso wenig wie auf eine strafgerichtliche Verurteilung kommt es f&#252;r das Vorliegen des Ausweisungsgrundes auf ein dementsprechendes staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren oder ein gerichtliches Strafverfahren an. Deren Fehlen als solches l&#228;sst auch nicht etwa den Schluss zu, es habe kein dahingehender hinreichender Tatverdacht bestanden. Zwar mag die Strafbarkeit gem&#228;&#223; &#167; 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG entfallen, wenn es dem Ausl&#228;nder unm&#246;glich oder unzumutbar ist, seiner Pass- und Ausweispflicht nachzukommen. Da die Kl&#228;gerin dem Beklagten aber einen am 9. Mai 2016 ausgestellten Pass ihres Heimatlandes vorgelegt hat, ist &#8211; wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat &#8211; nichts daf&#252;r greifbar, dass es ihr nicht rechtzeitig m&#246;glich gewesen w&#228;re, einen Pass zu beschaffen. Das vorgelegte und auf den 23. Oktober 2017 datierte Schriftst&#252;ck, das als Aussteller das Generalkonsulat von Bosnien und Herzegowina nennt und demzufolge m&#246;glicherweise u.a. die Kl&#228;gerin keinen Passantrag stellen kann, da sie keinen Aufenthaltstitel besitzt, ist &#8211; sollte es sich &#252;berhaupt auf die Kl&#228;gerin beziehen &#8211; mit Blick auf die oben genannte Passausstellung vom 9. Mai 2016 jedenfalls inhaltlich unzutreffend. Im &#220;brigen wird mit der Zulassungsbegr&#252;ndung nicht einmal behauptet, dass der Kl&#228;gerin eine rechtzeitige Passerlangung unm&#246;glich oder unzumutbar gewesen w&#228;re. Entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerin entf&#228;llt der Tatbestand des &#167; 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch nicht in dem Fall, dass dem Ausl&#228;nder eine Duldung ausgestellt worden ist. Dem Zulassungsvorbringen liegt insoweit eine Verwechselung mit &#167; 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zugrunde.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Unzutreffend ist die - im Wesentlichen auf Entscheidungen des VG G&#246;ttingen gest&#252;tzte - Ansicht, der Anwendungsbereich des &#167; 54 Abs. 2 Nr.9 AufenthG sei von vornherein nicht er&#246;ffnet, wenn das Strafma&#223; bei einem Versto&#223; gegen Strafvorschriften nicht das in &#167; 54 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AufenthG genannte Mindestma&#223; erreicht.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. Nds.OVG, Beschluss vom 20. Juni 2017 &#8211; 13 LA 134/17 &#8211;, juris Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 19. September 2017 &#8211; 10 C 17.1434 &#8211;, juris Rn. 8; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Oktober 2016 &#8211; 2 O 26/16 &#8211;, juris Rn. 10 f.; Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12. Auflage 2018, &#167; 54 AufenthG Rn. 76.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">&#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG ist nach den Gesetzesmaterialien ausdr&#252;cklich eine Auffangfunktion zugedacht worden. Die Bestimmung setzt einen nicht nur vereinzelten oder geringf&#252;gigen Rechtsversto&#223; voraus. In diesem Zusammenhang wird teilweise die Auffassung vertreten, dass bei der Bewertung der Geringf&#252;gigkeit die Wertentscheidung in &#167; 54 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AufenthG ohne &#220;bernahme des dort genannten Strafma&#223;es ber&#252;cksichtigt werden kann (angemerkt sei, dass angesichts der Dauer des Rechtsversto&#223;es der Kl&#228;gerin die Annahme der Geringf&#252;gigkeit ausscheidet).</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Oktober 2016 &#8211; 2 O 26/16 &#8211;, juris Rn. 10 f.; Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12. Auflage 2018, &#167; 54 AufenthG Rn. 76.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Zudem ergibt &#8211; im Falle der Ausweisung - erst die nach &#167; 53 Abs. 1 Halbsatz 2 AufenthG vorzunehmende Abw&#228;gung unter Ber&#252;cksichtigung aller Umst&#228;nde des Einzelfalls, ob das Interesse an der Ausreise des Ausl&#228;nders &#252;berwiegt. Im Rahmen dieser Abw&#228;gung ist auch ein Ausweisungsinteresse nach &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG mit dem ihm im Einzelfall zukommenden Gewicht einzustellen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. Nds.OVG, Beschluss vom 20. Juni 2017 &#8211; 13 LA 134/17 &#8211;, juris Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 19.&#160;September 2017 &#8211; 10 C 17.1434 &#8211;, juris Rn. 8;</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen des &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfolgt eine ggf. erforderliche Abw&#228;gung mit den privaten Bleibeinteressen (erst) bei der Frage, ob eine Abweichung vom Regelfall i.S.d. &#167; 5 Abs. 1 AufenthG vorliegt. Im &#220;brigen ist sie auch bei einer &#8211; wie hier in &#167; 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG &#8211; spezialgesetzlich vorgesehenen Ermessensentscheidung vorzunehmen.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 &#8211; 1 C 16.17 &#8211;, juris Rn. 15. Dabei sind die genannten Normen nebeneinander anwendbar: Vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2012- 18 B 562/12 &#8211;, juris Rn. 24; BayVGH, Beschluss vom 18. Dezember 2012 &#8211; 10 C 12.1789 &#8211;, juris Rn. 35; OVG Bremen, Urteil vom 10. November 2015 &#8211; 1 LB 10/15 &#8211;, juris Rn. 35 ff.; a.A. Nds.OVG, Urteil vom 27. April 2006 &#8211; 5 LC 110/05 &#8211;, juris Rn. 50; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 6.&#160;Februar 2017 &#8211; 2 L 119/15 &#8211;, juris Rn. 32 f.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Angemerkt sei, dass im vorliegenden Fall die Titelerteilungssperre des &#167; 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 AufenthG eingreift und ein danach erforderlicher Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nur dann vorl&#228;ge, wenn alle zwingenden und regelhaften (z.B. &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG) Erteilungsvoraussetzungen gegeben w&#228;ren. Eine Abweichung vom Regelfall bzw. eine etwaige Ermessensreduktion auf Null f&#252;hrte deshalb nicht auf einen Anspruch im vorgenannten Sinne. Im &#220;brigen ist ein Ausweisungsinteresse gem&#228;&#223; &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht nur dann gegeben, wenn es im Katalog des &#167; 54 Abs. 1 oder 2 AufenthG als besonders schwerwiegend oder schwerwiegend aufgef&#252;hrt ist. Vielmehr gen&#252;gt grunds&#228;tzlich auch ein &#8222;einfaches&#8220; Ausweisungsinteresse im Sinne von &#167; 53 Abs. 1 AufenthG,</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Juli 2018 &#8211; 1 C 16.17 &#8211;, juris Rn. 15,</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">an jedenfalls dessen Vorliegen hier angesichts der besonderen ordnungsrechtlichen Bedeutung der Passpflicht,</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2013 &#8211; 10 B 1.13 &#8211;, juris Rn. 3 f.; Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2012 &#8211; 18 E 777/12 &#8211;, juris Rn. 4,</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">keinerlei Zweifel bestehen k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es kann nach alledem offenbleiben, welche Folgen aus der von der Kl&#228;gerin vertretenen Ansicht in einem Fall zu ziehen sind, in dem &#8211; wie hier &#8211; eine strafgerichtliche Verurteilung nicht erfolgt ist und es damit schon an einem Ankn&#252;pfungspunkt f&#252;r einen Vergleich der jeweiligen konkreten Strafma&#223;e fehlt.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen auch insoweit nicht, als das Verwaltungsgericht die Klage mit dem auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 25 Abs. 5 AufenthG gerichteten Hilfsantrag als unzul&#228;ssig abgewiesen und zur Begr&#252;ndung ausgef&#252;hrt hat, angesichts der in der m&#252;ndlichen Verhandlung vom Beklagten abgegebenen Zusicherung nach &#167; 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW fehle es am Rechtsschutzbed&#252;rfnis. Der sinngem&#228;&#223;e Hinweis der Kl&#228;gerin auf &#167; 38 Abs. 3 VwVfG NRW begr&#252;ndet keine Richtigkeitszweifel, weil auch nach dem Vorbringen der Kl&#228;gerin nicht ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen des &#167; 38 Abs. 3 VwVfG NRW im konkreten Fall vorliegen k&#246;nnen oder der Beklagte sich ihrer ber&#252;hmt.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung ist ebenfalls nicht gegeben (&#167; 123 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen,</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">&#8222;Ist der Anwendungsbereich des &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 Var. 1 AufenthG von vornherein nicht er&#246;ffnet, wenn wegen eines vom Gericht als strafbar erachteten Unterlassens einer Kl&#228;gerin nie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, und das Gericht auch keinerlei Feststellungen zum zumutbaren Tun isd &#167; 13 StGB und zum strafrechtlichen Vorsatz getroffen hat?&#8220;</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">&#8222;Ist der Anwendungsbereich des &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 Var. 1 AufenthG von vornherein nicht er&#246;ffnet, wenn das Strafma&#223; bei einem Versto&#223; gegen Strafvorschriften nicht das in &#167; 54 Abs. 2 Nr. 1 bis 2 AufenthG genannte Mindestma&#223; erreicht?&#8220;</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">haben keine grunds&#228;tzliche Bedeutung. Die erstgenannte Frage stellt sich schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsgericht den Tatbestand des &#167; 95 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG bejaht und ausgef&#252;hrt hat, es l&#228;gen keine Anhaltspunkte vor, die gegen eine Strafbarkeit der Kl&#228;gerin spr&#228;chen.&#160; Sollte die Frage dahin zu verstehen sein, ob es immer dar&#252;berhinausgehender ausdr&#252;cklicher Feststellungen zum zumutbaren Tun und zum Vorsatz bedarf, so w&#228;re die Frage ohne weiteres zu verneinen. Der vom Gericht in diesem Zusammenhang zu leistende Pr&#252;fungs-&#160; und Begr&#252;ndungsaufwand ist abh&#228;ngig von den Umst&#228;nden des jeweiligen Einzelfalls. Hier liegt die Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses auch unter Ber&#252;cksichtigung des Vortrags der Kl&#228;gerin auf der Hand, so dass die Entscheidung keine Defizite aufweist. Dass kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden ist, ist &#8211; wie oben ausgef&#252;hrt &#8211; ohne Belang.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die zweite Frage ist nach den vorstehenden Ausf&#252;hrungen zum Zulassungsgrund des &#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ebenfalls zu verneinen, ohne dass es der Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens bedarf.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 2 GKG.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar.</p>
171,195
ovgni-2019-01-11-13-me-22018
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13 ME 220/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:49:52
2019-02-12T13:44:19
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der vorl&#228;ufigen Rechtsschutz gew&#228;hrende Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig - 4. Kammer - vom 29. Mai 2018 ge&#228;ndert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag des Antragstellers auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtsz&#252;gen tr&#228;gt der Antragsteller.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500&#160;EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der 1971 geborene Antragsteller, serbischer Staatsangeh&#246;riger aus dem Kosovo, begehrt vorl&#228;ufigen Rechtsschutz im Wege der einstweiligen Anordnung des Inhalts, dem Antragsgegner vorl&#228;ufig seine Abschiebung aus dem Bundesgebiet zu untersagen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Er reiste am 18. Februar 2014 mit Ehefrau und drei gemeinsamen Kindern in das Bundesgebiet ein. Nach im Jahre 2014 erfolgslos durchgef&#252;hrtem Asylverfahren (vgl. den bestandskr&#228;ftig gewordenen Ablehnungsbescheid des Bundesamts f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge - Bundesamt - v. 29.4.2014, Bl. 26 ff. der BA 001 Bd. I, aufgrund dessen die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht am 16. November 2014 eintrat) wurden der Antragsteller und seine Familie mit R&#252;cksicht auf verschiedene gesundheitliche Probleme zun&#228;chst vom 16. Februar 2015 bis zum 31. M&#228;rz 2017 wiederholt geduldet. Bereits diesen - zun&#228;chst auf dem Tr&#228;gervordruck mit Zusatzblatt Nr. Q 1434378 (vgl. Bl. 119 f. der BA 001 Bd. I) - dem Antragsteller erteilten bzw. verl&#228;ngerten Duldungen wurde jeweils die Nebenbestimmung &#8222;Die Duldung erlischt mit Ank&#252;ndigung des Abschiebungstermins.&#8220; beigef&#252;gt. Eine im Jahre 2015 vom Antragsteller und seiner Familie eingereichte Eingabe an die Nieders&#228;chsische H&#228;rtefallkommission wurde nicht zur Beratung angenommen. Aufgrund einer am 6. Januar 2016 durchgef&#252;hrten Untersuchung gelangte der Amtsarzt Dr. C. vom Gesundheitsamt f&#252;r die Stadt Salzgitter und den Landkreis Goslar in seinem Gutachten vom 7. Januar 2016 (Bl. 166 ff. der BA 001 Bd.&#160;I) zu dem Ergebnis, die physischen Krankheiten des Antragstellers allein begr&#252;ndeten eine Reiseunf&#228;higkeit nicht; in psychischer Hinsicht sei jedoch die beim Antragsteller gegebene depressive Erkrankung mit Selbstmordgef&#228;hrdung als Risikofaktor im Falle einer erzwungenen Ausreise anzusehen. N&#228;here Vorgaben zur Gestaltung des Abschiebevorgangs im Interesse der Aufrechterhaltung oder Schaffung von Reisef&#228;higkeit insoweit enthielt das amts&#228;rztliche Gutachten nicht. Der Antragsgegner verstand diese Ausf&#252;hrungen dahin, dass der Antragsteller bei einer Betreuung durch &#196;rzte und Sicherheitspersonal w&#228;hrend der Abschiebung reisef&#228;hig sei. Aufgrund sich anschlie&#223;ender wiederholter station&#228;rer Aufenthalte des Antragstellers sowie eines am 17. Juni 2016 beim Bundesamt gestellten isolierten Folgeschutzgesuchs zu zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach &#167;&#160;60 Abs. 5 und 7 AufenthG wurde die Familie jedoch weiterhin geduldet. Nach mehrfachen h&#228;uslichen &#220;bergriffen des Antragstellers gegen&#252;ber seiner Familie lebt er nach vorgeschalteter einstweiliger Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz des Amtsgerichts - Familiengerichts - Seesen vom 16. Juni 2017 - 2 F 78/17 EAGS - seit Juli 2017 dauerhaft von dieser getrennt. Seit dem 23. August 2017 ist f&#252;r ihn ein rechtlicher Betreuer (ohne Einwilligungsvorbehalt) bestellt (Amtsgericht - Betreuungsgericht - Seesen - 5a XVII 8019 -, Bl. 332 der BA 001 Bd. II). Mit Bescheid vom 15. November 2017 lehnte das Bundesamt das isolierte Folgeschutzgesuch des Antragstellers ab und erweiterte die auf Kosovo bezogene Abschiebungsandrohung aus seinem Bescheid vom 29. April 2014 ausdr&#252;cklich um Serbien (vgl. Bl. 342 ff. der BA 001 Bd. II). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot f&#252;r den Fall der Abschiebung nach Serbien oder Kosovo wurde f&#252;r den Antragsteller durch Bescheid vom 20. November 2017 auf 30 Monate festgesetzt. Nachdem dem Antragsteller nochmals Gelegenheit zur freiwilligen Ausreise gegeben worden war, bereitete der Antragsgegner ab dem 15. Dezember 2017 dessen Abschiebung vor. Ein am 30. Januar 2018 unternommener Abschiebungsversuch scheiterte daran, dass der Antragsteller nicht zuhause angetroffen wurde. Ab Februar 2018 befand sich der Antragsteller erneut in station&#228;rer psychiatrischer Behandlung. Die gegen den Bundesamtsbescheid vom 15.&#160;November 2017 gerichtete Klage wurde zwischenzeitlich durch rechtskr&#228;ftig gewordenes Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 10. September 2018 - 8 A 695/17 - abgewiesen. Zuvor war ein am 13. Juni 2018 gestellter Eilantrag nach &#167;&#160;80 Abs. 5 VwGO ebenfalls erfolglos geblieben (vgl. VG Braunschweig, Beschl. v. 26.6.2018 - 8 B 335/18 -).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Auch den seit dem 30. M&#228;rz 2017 (vgl. Kopie des neuen Tr&#228;gervordrucks mit Zusatzblatt Nr. Q 1611017 auf Bl. 303 f. der BA 001 Bd. II) dem Antragsteller erteilten bzw. - zuletzt bis zum 31. Mai 2018 (Bl. 419 der BA 001 Bd. II) - verl&#228;ngerten Duldungen war jeweils die Nebenbestimmung &#8222;Die Duldung erlischt mit Ank&#252;ndigung des Abschiebungstermins.&#8220; beigef&#252;gt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit per Fax an den Prozessbevollm&#228;chtigten des Antragstellers gerichtetem Schreiben vom 29. Mai 2018 (vgl. Bl. 425 der BA 001 Bd. II) teilte der Antragsgegner mit, dass der Antragsteller am selben Tage in den Kosovo abgeschoben werde, und wies darauf hin, dass die erteilte Duldung durch diese Mitteilung der Abschiebung erloschen sei. Im Laufe dieses Tages betrieb der Antragsgegner sodann die Abschiebung des Antragstellers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Auf den hiergegen noch am 29. Mai 2018 gerichteten Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Braunschweig mit dem angegriffenen Beschluss vom selben Tage dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Sicherungsanordnung nach &#167; 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgegeben, die Abschiebung des Antragstellers vorl&#228;ufig zu unterlassen. Zur Begr&#252;ndung hat es ausgef&#252;hrt, der Duldungsgrund einer Reiseunf&#228;higkeit des Antragstellers (&#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) liege zwar nicht vor, weil keine &#228;rztlichen Bescheinigungen vorl&#228;gen, welche die Anforderungen des &#167; 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG erf&#252;llten, so dass es bei der Vermutung der Reisef&#228;higkeit aus &#167; 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG verbleibe. Jedoch stehe einer Abschiebung derzeit das gesetzliche Hindernis aus &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG entgegen, wonach die Abschiebung dem zuvor l&#228;nger als ein Jahr geduldeten Antragsteller im Falle eines - hier mit dem Schreiben des Antragsgegners vom 29. Mai 2018 gegebenen - Duldungswiderrufs mindestens einen Monat vorher angek&#252;ndigt werden m&#252;sse, was offenbar nicht geschehen sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Gegen den am 1. Juni 2018 zugestellten vollst&#228;ndigen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Mai 2018 richtet sich die am 12. Juni 2018 eingelegte und am 29. Juni 2018 begr&#252;ndete Beschwerde des Antragsgegners.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>1. Die zul&#228;ssige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 29. Mai 2018 ist unter Ber&#252;cksichtigung der hiergegen vom Antragsgegner dargelegten Gr&#252;nde, auf die sich der Senat bei seiner Pr&#252;fung gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschr&#228;nken hat, begr&#252;ndet und f&#252;hrt daher zur Ab&#228;nderung des angefochtenen Beschlusses und Ablehnung des Eilrechtsschutzbegehrens des Antragstellers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Sicherungsanordnung nach &#167; 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorl&#228;ufig untersagt, den Antragsteller abzuschieben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>a) Der Einwand des Antragsgegners, das vom Verwaltungsgericht allein bejahte gesetzliche Abschiebungshindernis aus &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG (vgl. zur Reichweite VG Aachen, Beschl. v. 22.8.2005 - 3 L 538/05 -, juris) mit der Folge eines entsprechenden Anordnungsanspruchs des Antragstellers bestehe im vorliegenden Fall nicht, greift durch. Diese Norm ist hier weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>aa) Zun&#228;chst scheidet eine <em>unmittelbare</em> Anwendbarkeit dieser Norm aus, weil die Regelung nach ihrem Wortlaut nur die &#8222;durch Widerruf vorgesehene&#8220; Abschiebung betrifft. Ein danach erforderlicher Widerruf der Duldung im Sinne des &#167; 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG liegt hier, anders als es das Verwaltungsgericht in der K&#252;rze der zur Verf&#252;gung stehenden Zeit offenbar ohne Vorliegen vollst&#228;ndiger Verwaltungsvorg&#228;nge angenommen hat, nicht in dem Schreiben des Antragsgegners vom 29. Mai 2018 (Bl. 425 der BA 001 Bd. II), demzufolge die dem Antragsteller erteilte Duldung durch die darin enthaltene Mitteilung, der Antragsteller solle am 29. Mai 2018 abgeschoben werden, erloschen sei. Vielmehr ist mit dieser (blo&#223;en) Ank&#252;ndigung des Abschiebungstermins lediglich die sp&#228;testens den seit M&#228;rz 2017 erteilten Duldungen des Antragstellers jeweils beigef&#252;gte aufl&#246;sende (Potestativ-)Bedingung eingetreten und hat deshalb die innere Wirksamkeit der letztmals bis zum 31. Mai 2018 (vgl. Bl. 419 der BA 001 Bd. II) verl&#228;ngerten Duldung eo ipso geendet, ohne dass der Antragsgegner eine Entscheidung bzw. Regelung (einen gestaltenden Verwaltungsakt) getroffen h&#228;tte oder h&#228;tte treffen m&#252;ssen. Ob die Beif&#252;gung der aufl&#246;senden Bedingung &#8222;Ank&#252;ndigung des Abschiebungstermins&#8220; gemessen an der Rechtsgrundlage (&#167; 61 Abs. 1e AufenthG n.F., fr&#252;her &#167; 61 Abs. 1 Satz 2 AufenthG a.F.) und insbesondere unter Ber&#252;cksichtigung der rechtsstaatlichen Anforderungen unter den Aspekten der Bestimmtheit und Rechtsschutzgarantie (vgl. hierzu Bayerischer VGH, Beschl. v. 19.1.2015 - 10 C 14.1182 -, juris Rn. 22; VG Oldenburg, Beschl. v. 23.1.2013 - 11 A 4635/12 -, juris Rn. 3 ff., 6, 9) sowie Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit (insbesondere zur Vermeidung einer &#8222;reinen Vorratsbedingung&#8220;, bei der eine Abschiebung vor Ablauf der Geltungsdauer der Duldung &#252;berhaupt nicht beabsichtigt ist, vgl. hierzu OVG Bremen, Beschl. v. 29.3.2011 - 1 B 57/11 u. 1 B 67/11 -, juris Rn. 10) rechtm&#228;&#223;ig gewesen ist, ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Als unselbst&#228;ndige Nebenbestimmung (vgl. &#167; 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG in Verbindung mit &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG) und integraler Bestandteil des beg&#252;nstigenden Hauptverwaltungsakts (Duldung) teilte sie dessen Rechtscharakter und w&#228;re daher - abgesehen vom hier nicht einschl&#228;gigen Fall einer Nichtigkeit nach &#167; 44 VwVfG in Verbindung mit &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG - auch dann wirksam gewesen, wenn sie rechtswidrig gewesen sein sollte. Die Nebenbestimmung ist auch weder erfolgreich isoliert angefochten worden (&#167; 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO), noch hat der Antragsteller im Verpflichtungswege (&#167; 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO) ihre beh&#246;rdliche Aufhebung (&#167; 51 VwVfG in Verbindung mit &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG) erzwungen. Im &#220;brigen spricht bei summarischer Pr&#252;fung vieles daf&#252;r, dass die betreffende aufl&#246;sende Bedingung rechtm&#228;&#223;ig, insbesondere weder unbestimmt noch unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig gewesen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>bb) Das sich aus &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG ergebende gesetzliche Abschiebungshindernis (Wartezeit oder Vorlauffrist von einem Monat nach pflichtiger Ank&#252;ndigung der Abschiebung) ist seiner Rechtsfolge nach auf die hier gegebene Konstellation des eo-ipso-Erl&#246;schens der dem Antragsteller damals zuletzt bis zum 31. Mai 2018 befristet erteilten Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG am 29. Mai 2018 durch Eintritt einer aufl&#246;senden Bedingung auch nicht <em>entsprechend</em> anwendbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Der Senat teilt nicht die zum Teil in der ober- und instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der Kommentarliteratur (vgl. Bayerischer VGH, Beschl. v. 16.2.2015 - 10 C 14.1183 -, juris Rn. 24, und v. 19.1.2015, a.a.O., Rn. 23; OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17.8.2010 - 2 M 124/10 -, Rn. 4; VG Berlin, Beschl. v. 19.7.2005 - 25 A 90.05 -, juris Rn. 7; Hailbronner, Ausl&#228;nderrecht, Stand: 95. EL Februar 2016, AufenthG &#167; 60a Rn.&#160;111 a.E.; Bauer, in: Renner/Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 10. Aufl. 2013, AufenthG &#167; 60a Rn. 46, etwas weniger eindeutig indes Bauer/Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausl&#228;nderrecht, 12. Aufl. 2018, AufenthG &#167; 60a Rn. 41; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Urt. v. 22.9.2000 - 13 S 2260/99 -, juris Rn. 21, und Funke-Kaiser, in: GK-AuslR II, Stand: 58. EL Januar 2000, AuslG 1990 &#167; 56 Rn. 35; Renner, Ausl&#228;nderrecht in Deutschland, 1998, &#167; 43 Rn. 748; die drei Letztgenannten jeweils f&#252;r die Vorl&#228;ufernorm in &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 in der seit dem 1.11.1997 geltenden Fassung) vertretene Auffassung, auf das Erl&#246;schen einer Duldung durch Eintritt einer aufl&#246;senden Bedingung sei generell oder zumindest im Falle einer nur vom Willen der Beh&#246;rde abh&#228;ngigen Potestativbedingung &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG analog anzuwenden. Denn die Voraussetzungen einer Analogie sind bei Lichte besehen nicht erf&#252;llt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>(1) Zwar liegt eine <em>Regelungsl&#252;cke</em> vor, weil der allein auf den Duldungswiderruf bezogene Tatbestand dieser Norm diesen Fall seinem Wortlaut nach nicht erfasst.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>(2) Soweit die oben genannten Entscheidungen und Kommentierungen die <em>Vergleichbarkeit der Interessenlagen</em> der beiden Erl&#246;schensgr&#252;nde &#8222;Widerruf&#8220; und &#8222;Eintritt einer aufl&#246;senden (Potestativ-)Bedingung&#8220; betonen, ergeben sich nach Ansicht des Senats bereits hieran erhebliche Zweifel.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>(a) Zu konzedieren ist die Gemeinsamkeit, dass in beiden F&#228;llen die innere Wirksamkeit der Aussetzung der Abschiebung (Duldungswirkung) jeweils <em>vor dem Ende</em> der durch Befristung (vgl. &#220;berschrift zu &#167; 60a AufenthG: &#8222;Vor&#252;bergehende&#8220; Aussetzung der Abschiebung) geregelten und damit <em>noch nicht ausgesch&#246;pften </em><em>Geltungsdauer</em> endet, und zwar durch ein <em>einseitiges Handeln der Beh&#246;rde</em> (hierauf hebt vor allem OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 17.8.2010, a.a.O., Rn. 4, ab).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>(b) Allerdings weisen beide Erl&#246;schensgr&#252;nde auch eine Reihe von Unterschieden auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>(aa) Diese betreffen zum einen die <em>Handlungsform</em>. W&#228;hrend der Widerruf der Duldung nach &#167; 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG eine beh&#246;rdliche <em>Entscheidung</em> (einen anfechtbaren belastenden gestaltenden Verwaltungsakt) darstellt, der rechtlich - dann und nur dann - erlassen werden darf und muss, sobald s&#228;mtliche Duldungsgr&#252;nde entfallen sind (das hei&#223;t bisherige geendet haben und keine neuen an deren Stelle getreten sind), kann beim Konstrukt der aufl&#246;senden Bedingung wie hier eine einseitige <em>Mitteilung</em> der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde ohne irgendwelche Anl&#228;sse gen&#252;gen, das hei&#223;t kann es nur vom Willen der Beh&#246;rde und nicht - wie bei &#167; 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG - vom Gesetz abh&#228;ngen, ob eine <em>bisher </em><em>bestehende</em> Duldung zum Erl&#246;schen gebracht wird. Zu ber&#252;cksichtigen ist allerdings, dass auch in diesen F&#228;llen in der n&#228;chsten &#8222;logischen&#8220; Sekunde eine <em>neue</em> Duldung etwa nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG - pflichtig - zu erteilen sein kann, soweit alte Duldungsgr&#252;nde fortbestehen oder neue an ihre Stelle oder neben sie getreten sind, oder dass gem&#228;&#223; &#167; 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine Duldung nach Ermessen in Betracht zu ziehen sein kann. Der damit verbleibende formale Unterschied ist nach alledem nicht besonders gravierend und st&#252;nde als solcher einer Vergleichbarkeit der Interessenlagen wohl nicht entgegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>(bb) Eine erhebliche Differenz ergibt sich jedoch materiell im Hinblick auf die St&#228;rke der teleologisch vorausgesetzten <em>Schutzw&#252;rdigkeit von Vertrauen</em>. Sinn und Zweck der Vorlaufzeit von einem Monat nach Ank&#252;ndigung der Abschiebung aus &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG ist es, angesichts der besonderen Situation, die aus der l&#228;ngere Zeit andauernden Nichtvollziehung der Ausreisepflicht resultiert, das schutzw&#252;rdige Vertrauen der l&#228;nger als ein Jahr (l&#228;ngerfristig) geduldet im Bundesgebiet aufh&#228;ltigen Ausl&#228;nder in zumindest den Fortbestand der Aussetzung der Abschiebung bis zum Ende der Geltungsdauer der aktuell befristeten Duldung zu respektieren und deshalb die Betroffenen nicht &#252;berraschend mit dem <em>vorzeitigen</em> Ende der Aussetzung der Abschiebung und der Durchf&#252;hrung derselben zu konfrontieren, sondern ihnen ausreichend Zeit zum Treffen von Vorkehrungen zur Regelung ihrer pers&#246;nlichen Angelegenheiten einzur&#228;umen, um sich auf die Abschiebung einzustellen (vgl. zur Vorl&#228;uferregelung in &#167;&#160;56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990: Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages v. 24.4.1990, BT-Drs. 11/6960, S. 25, zu dessen Beschlussempfehlung v. selben Tage, BT-Drs. 11/6955, S. 40; BVerwG, Urt. v. 22.12.1997 - BVerwG 1 C 14.96 -, InfAuslR 1998, 217, 218; Funke-Kaiser, in: Fritz/Vormeier (Hrsg.), GK-AufenthG, Stand: 79. EL M&#228;rz 2015, &#167; 60a Rn. 306).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>(aaa) Die Situation, in der sich der Geduldete befindet, ist in beiden Erl&#246;schenskonstellationen im Hinblick darauf grunds&#228;tzlich durchaus unterschiedlich. Bei wie hier erfolgter Erteilung einer mit beigef&#252;gter aufl&#246;sender Bedingung versehenen Duldung, die zus&#228;tzlich zur ohnehin nach &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (wegen des &#8222;vor&#252;bergehenden&#8220; Charakters der Duldungsgr&#252;nde) auszusprechenden Befristung unter dem &#8222;Damoklesschwert&#8220; der jederzeit m&#246;glichen Ank&#252;ndigung eines Abschiebungstermins und damit eines &#8222;vorzeitigen&#8220; Endes der Duldungswirkung steht, muss der Ausl&#228;nder - anders als bei einer bedingungsfreien Duldung - aufgrund dieser ihm bewusst gewordenen &#8222;Signalwirkung&#8220; jederzeit auch mit dem Eintritt dieser Bedingung und daher mit einem Erl&#246;schen seiner Duldung vor deren eigentlichem Auslaufen rechnen (vgl. hierzu auch VG Berlin, Beschl. v. 19.7.2005, a.a.O., Rn. 8). Das r&#252;ckt diesen Erl&#246;schensgrund in die N&#228;he des Archetyps &#8222;(von vornherein) absehbares Auslaufen der Duldung&#8220; (= zeitliches Ende der Geltungsdauer), nach welchem sich der Ausl&#228;nder grunds&#228;tzlich auf eine Abschiebung einstellen muss (so auch Z&#252;hlcke, Abschiebung ohne Ank&#252;ndigung, ZAR 2007, 361, 364).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>(bbb) Andererseits kann die beschriebene Situation (jederzeit m&#246;gliches &#8222;vorzeitiges&#8220; Erl&#246;schen) wegen &#167; 60a Abs. 5 Satz 2 AufenthG, der eine <em>gebundene</em> Widerrufsentscheidung der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde vorsieht, je nach Duldungsgrund der Sache nach auch bei einer bedingungsfrei erteilten Duldung jederzeit drohen; der Unterschied zwischen beiden Erl&#246;schensgr&#252;nden besteht dann letztlich in der St&#228;rke und Aktualit&#228;t des f&#252;r diese &#8222;Gefahr&#8220; bei dem Geduldeten erzeugten Bewusstseins. Weiter nivelliert sich dieser Unterschied dann, wenn Beif&#252;gung sowie beh&#246;rdliche &#8222;Eintretensbewirkensm&#246;glichkeit&#8220; in Bezug auf die aufl&#246;sende Bedingung einerseits und Widerrufsgrund andererseits zusammentreffen und sich die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde rechtlich zul&#228;ssigerweise bewusst f&#252;r einen Widerruf der Duldung entscheidet und deshalb nach &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG unmittelbar der Ank&#252;ndigungsfrist und -pflicht unterliegt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>(c) Ob nach diesem F&#252;r und Wider tats&#228;chlich noch eine Vergleichbarkeit der Interessenlagen gegeben ist, wie die eingangs genannten Ober- und Instanzgerichte sowie Kommentatoren angenommen haben, kann jedoch dahinstehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>(3) Denn jedenfalls - und dies ist entscheidend - kann f&#252;r die F&#228;lle des Entfalls der Duldungswirkung wegen Eintritts einer allein vom Willen der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde abh&#228;ngigen aufl&#246;senden (Potestativ-)Bedingung (hier: &#8222;Ank&#252;ndigung des Abschiebungstermins&#8220;) - ebenso wie f&#252;r die Konstellation des blo&#223;en Auslaufens (Endes der befristeten Geltungsdauer) der Duldung (vgl. hierzu Nieders&#228;chsisches OVG, Beschl. v. 16.3.2010 - 8 ME 47/10 -, juris Rn. 4, m.w.N.) - aufgrund der Entstehungsgeschichte der aktuellen Fassung des &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG nicht von einer <em>Planwidrigkeit </em>der eingangs festgestellten Regelungsl&#252;cke (Nichtstatuierung einer ausdr&#252;cklichen Ank&#252;ndigungspflicht auch f&#252;r diese Konstellation) ausgegangen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Vielmehr muss insbesondere unter Ber&#252;cksichtigung der im Jahre 1997 reformierten Vorl&#228;ufernorm (&#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990) in ihrer am 31. Dezember 2004 geltenden letzten Fassung, deren Gehalt nahezu wortgleich in den ab dem 1. Januar 2005 zun&#228;chst geltenden &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG a.F. &#252;bernommen und bis zur Reform im Jahre 2007 beibehalten worden war, konstatiert werden, dass der Gesetzgeber die Ank&#252;ndigungspflicht bewusst und gewollt bis dato schrittweise (in mehreren Stufen) auf diesen Erl&#246;schensgrund (Widerruf) beschr&#228;nkt und damit in der aktuellen Fassung des Aufenthaltsgesetzes eine nicht analogief&#228;hige Ausnahmeregelung geschaffen hat. Versuche der rechtsanwendenden staatlichen Gewalten wie der Justiz und Verwaltung, deren Anwendungsbereich im Wege der Analogie wie hier etwa auf den Erl&#246;schensgrund &#8222;Eintritt einer aufl&#246;senden (Potestativ-)Bedingung&#8220; zu erweitern, liefen diesem ergr&#252;ndbaren klaren gesetzgeberischen Willen zuwider und verstie&#223;en daher gegen das rechtsstaatliche Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG). Im Einzelnen:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>(a) Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte muss davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber des AuslG 1990 (geschaffen durch das Gesetz zur Neuregelung des Ausl&#228;nderrechts v. 9.7.1990, BGBl. I S. 1354) die dort in &#167;&#160;56 Abs. 6 Satz 2 geregelte, seit dem 1. Januar 1991 geltende Ank&#252;ndigungspflicht mit einer Wartefrist von (damals noch) drei Monaten, die f&#252;r eine nach &#8222;Erl&#246;schen der Duldung&#8220; im Sinne des &#167; 56 Abs.&#160;6 Satz 1 AuslG 1990 durchzuf&#252;hrende Abschiebung vorgesehen war, im Ausgangspunkt auf <em>s&#228;mtliche</em> denkbaren Gr&#252;nde des Erl&#246;schens einer Duldung bezogen hat; insbesondere auf den Ablauf der Geltungsdauer (&#167;&#160;56 Abs. 2 Satz 1 AuslG 1990), den Widerruf (&#167; 56 Abs. 5 AuslG 1990) und den Eintritt einer aufl&#246;senden Bedingung (&#167; 56 Abs. 3 Satz 2 AuslG 1990 in Verbindung mit &#167;&#160;36 Abs. 1, 1. Alt., Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG), die R&#252;cknahme (&#167; 48 VwVfG in Verbindung mit &#167; 1 Abs.&#160;1 NVwVfG) sowie die Ausreise (&#167; 56 Abs. 4 AuslG 1990) des Ausl&#228;nders (so auch VGH Baden-W&#252;rttemberg, Urt. v. 22.9.2000, a.a.O., Rn. 21; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., Stand: 90. EL Oktober 2017, &#167; 60a Rn. 86).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>(b) Eine erhebliche Einschr&#228;nkung hat der Anwendungsbereich des &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 indes bereits durch das Gesetz zur &#196;nderung ausl&#228;nder- und asylverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 29. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2584) mit Wirkung vom 1. November 1997 erfahren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Aufgrund eines Pr&#252;fauftrags f&#252;r das Vermittlungsverfahren nach Art. 77 Abs. 2 GG (vgl. Unterrichtung durch den Bundesrat v. 23.12.1996, BT-Drs. 13/6668, S. 6, unter Bezugnahme auf die Empfehlungen der Aussch&#252;sse v. 10.12.1996 zur 707. Sitzung des Bundesrates am 19.12.1996, BR-Drs. 870/1/96 Nr. 9), der urspr&#252;nglich nur das Ziel einer Verk&#252;rzung der Wartefrist auf einen Monat verfolgt hatte, weil die vorgesehenen drei Monate sich als &#8222;unn&#246;tige Abschiebungsverz&#246;gerung&#8220; (a.a.O.) erwiesen h&#228;tten, gelangte der Vermittlungsausschuss in seiner sp&#228;ter von Deutschem Bundestag und Bundesrat angenommenen Beschlussempfehlung vom 12. Juni 1997 (BT-Drs. 13/7956, S. 3) zu einer Neufassung des &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 (n.F.) dergestalt, bei l&#228;nger als ein Jahr geduldeten Ausl&#228;ndern nur noch eine Pflicht der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde zu statuieren, die f&#252;r den Fall des Erl&#246;schens der Duldung durch <em>Ablauf der Geltungsdauer</em> oder durch <em>Widerruf</em> vorgesehene Abschiebung mit einer Wartefrist von mindestens einem Monat vorher anzuk&#252;ndigen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Auch ohne ausdr&#252;ckliche Begr&#252;ndung dieses Punkts des Vermittlungsvorschlags (etwa in einem Schriftlichen Bericht) spricht - insbesondere weil der Gesetzgeber die gesamte &#8222;Palette&#8220; der insbesondere in verschiedenen Abs&#228;tzen des &#167; 56 AuslG 1990 geregelten m&#246;glichen Gr&#252;nde f&#252;r ein Erl&#246;schen von Duldungen gekannt hat - alles daf&#252;r, dass die im Ergebnis in &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 n.F. bewirkte Beschr&#228;nkung der Ank&#252;ndigungspflicht auf nur noch zwei dieser Erl&#246;schensgr&#252;nde vom Gesetzgeber ausdr&#252;cklich und abschlie&#223;end gewollt war. Offenbar handelt es sich dabei um einen Teil der vom berichterstattenden damaligen Hessischen Staatsminister des Innern D. im Plenum des Bundesrates in dessen 714. Sitzung vom 4. Juli 1997 (PlProt. 714/97, S. 260 D) erw&#228;hnten &#8222;Reihe von rechtlichen Pr&#228;zisierungen und Klarstellungen&#8220;, f&#252;r die es &#8222;in der Vollzugspraxis ein erhebliches Bed&#252;rfnis&#8220; gebe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Jedenfalls fehlen f&#252;r die vom VGH Baden-W&#252;rttemberg (Urt. v. 22.9.2000, a.a.O., Rn.&#160;21 a.E.) zur St&#252;tzung seiner Auffassung, &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 n.F. sei (im Wege extensiver Auslegung oder Analogie) auch auf den Fall des Erl&#246;schens der Duldung durch Eintritt einer aufl&#246;senden Bedingung anzuwenden gewesen, ge&#228;u&#223;erte Annahme, die Nichterw&#228;hnung <em>dieses</em> Erl&#246;schensfalls in &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 n.F. beruhe offensichtlich auf einem <em>Versehen </em>(f&#252;r diesen Reformschritt so allerdings auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., &#167; 60a Rn. 86 a.E.), jegliche belastbaren Anhaltspunkte. Das Gericht hat zur Begr&#252;ndung dieser Annahme ausgef&#252;hrt, dem &#228;ndernden Gesetzgeber sei es nur um die &#8222;Klarstellung&#8220; gegangen, dass der Erl&#246;schensgrund &#8222;Ausreise&#8220; (mit anschlie&#223;ender illegaler R&#252;ckkehr in das Bundesgebiet) nicht von &#167;&#160;56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 erfasst sein solle und mithin in dem genannten Fall vor der Abschiebung keine Ank&#252;ndigung erfolgen m&#252;sse, auch nicht im Falle etwaiger Alt-Duldungszeitr&#228;ume von l&#228;nger als einem Jahr vor der Erstausreise. Eine derartige - vermutete - Motivation des Gesetzgebers wird zwar auch in der Literatur wiedergegeben (vgl. etwa Renner, Ausl&#228;nderrecht in Deutschland, a.a.O., &#167; 43 Rn.&#160;748). Die daraus von diesem und vom VGH Baden-W&#252;rttemberg gezogene Schlussfolgerung &#252;berzeugt jedoch bereits aus logischen Gr&#252;nden nicht. Unter Ber&#252;cksichtigung der Gesetze der Mengenlehre kann nicht plausibel angenommen werden, die positive Erw&#228;hnung nur noch zweier Elemente (Widerruf und Ablauf der Geltungsdauer) einer zuvor nur unter einer Sammelbezeichnung (Erl&#246;schensgr&#252;nde) in Bezug genommenen Menge habe allein dem Ausschluss eines dritten Elements (Ausreise) gedient, nicht aber auch weitere, ebenfalls nicht genannte Elemente dieser Menge (z.B. Eintritt einer aufl&#246;senden Bedingung) ausgeschlossen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Auch das f&#252;r eine Analogie ins Feld gef&#252;hrte Argument des Bayerischen VGH (Beschl. v. 16.2.2015, a.a.O., Rn. 24), durch eine aufl&#246;sende Bedingung, deren Eintritt die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde selbst beeinflussen k&#246;nne, drohe andernfalls die Ank&#252;ndigungspflicht aus (heute) &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG <em>umgangen</em> zu werden, ist bei Lichte besehen nicht stichhaltig, wenn und weil schon die Vorl&#228;ufernorm &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 n.F. diesen Erl&#246;schensgrund bewusst nicht mehr der Rechtsfolge einer Ank&#252;ndigungspflicht mit Wartefrist unterworfen hat. Denn dieser alternative Weg, der im Einzelfall einen Duldungswiderruf rechtskonstruktiv entbehrlich erscheinen l&#228;sst, erweist sich vor diesem Hintergrund auch in der Gesamtschau - unter Einhaltung der Anforderungen insbesondere in Bezug auf Bestimmtheit, effektiven Rechtsschutz und Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit (vgl. oben II.1.a)aa)) - als rechtlich zul&#228;ssig, so dass eine &#8222;Umgehung&#8220; in Wirklichkeit nicht vorliegt. Als rechtsstaatliches Korrektiv zu der damit im Vergleich zu einem Duldungswiderruf - zugestanden - schw&#228;cheren Rechtsposition des betroffenen Ausl&#228;nders ist die M&#246;glichkeit der gerichtlichen &#220;berpr&#252;fbarkeit der Beif&#252;gung der aufl&#246;senden Bedingung zur Duldung zu nennen, sei es im Wege der isolierten Anfechtung und Aufhebbarkeit dieser Nebenbestimmung, sei es - nach fruchtlosem Ablauf der Anfechtungsfristen - durch ein mit Verpflichtungsrechtsbehelfen durchzusetzendes Wiederaufgreifensbegehren nach &#167;&#167; 51, 48, 49 VwVfG in Verbindung mit &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>(c) Dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsb&#252;rgern und Ausl&#228;ndern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) lag im hier interessierenden Zusammenhang zun&#228;chst die Zielstellung zugrunde, die Duldung als Rechtsinstrument abzuschaffen und stattdessen eine auf eine Aufenthaltserlaubnis gerichtete Anspruchsgrundlage in &#167; 25 Abs. 5 AufenthG einzuf&#252;hren, um weitere langj&#228;hrige Aufenthalte von Ausl&#228;ndern auf der Basis von &#8222;Kettenduldungen&#8220; zu vermeiden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 7.2.2003, Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes, BT-Drs. 15/420, S. 64), wenngleich &#167; 60 Abs. 11 Satz 3 AufenthG-E nach wie vor eine Grundlage f&#252;r eine gebundene &#8222;Aussetzung der Abschiebung&#8220; bei deren rechtlicher oder tats&#228;chlicher Unm&#246;glichkeit vorsah, die terminologisch nur nicht mehr als &#8222;Duldung&#8220; bezeichnet wurde, in welcher allerdings eine &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 n.F. vergleichbare Regelung nicht enthalten war. Letztlich (vgl. die angenommene Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses v. 30.6.2004, BT-Drs. 15/3479, S. 10) kam jedoch eine Fassung des neuen Aufenthaltsgesetzes zustande, die in &#167; 60a Abs. 2 AufenthG eine &#167; 55 Abs. 2 AuslG 1990 entsprechende Regelung &#252;ber die vor&#252;bergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) erhielt und in &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG - mit gewissen sprachlichen Anpassungen - den Regelungsgehalt von &#167; 56 Abs. 6 Satz 2 AuslG 1990 tradierte, also weiterhin bei l&#228;ngerfristig Geduldeten nur noch f&#252;r die beiden Erl&#246;schensgr&#252;nde &#8222;Ablauf der Geltungsdauer&#8220; und &#8222;Widerruf&#8220; der Duldung eine Ank&#252;ndigungspflicht mit einer einmonatigen Wartefrist normierte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>(d) Hieran &#228;nderte sich erst durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europ&#228;ischen Union ((Erstes) Richtlinienumsetzungsgesetz) vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970) etwas, das mit Wirkung vom 28. August 2007 in &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG den Anwendungsfall des <em>Ablaufs der Geltungsdauer</em> der Duldung <em>strich</em> (vgl. hierzu Nieders&#228;chsisches OVG, Beschl. v. 16.3.2010, a.a.O., Rn. 4; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.4.2010 - 2 M 111/10 -, juris Rn.&#160;8; BGH, Beschl. v. 10.11.2011 - V ZB 317/10 -, juris Rn. 10). Diese Streichung wurde mit den Vollzugsproblemen begr&#252;ndet, welche die normierte Ank&#252;ndigungspflicht insbesondere bei nur kurzfristig g&#252;ltigen Passersatzpapieren im Falle des durch deren Ausstellung weggefallenen Duldungsgrundes &#8222;Passlosigkeit&#8220; bei einem Auslaufen der Duldung empirisch bereite (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 23.4.2007, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europ&#228;ischen Union, BT-Drs. 16/5065, S. 188). Jedenfalls seither bezieht sich diese Norm bewusst nur noch auf den Fall des Erl&#246;schens der Duldung durch Widerruf. Unmissverst&#228;ndlich f&#252;hrt die Gesetzesbegr&#252;ndung n&#228;mlich weiter aus, mit der Beibehaltung der Ank&#252;ndigungspflicht mit Wartefrist f&#252;r die von einem <em>Duldungswiderruf</em> Betroffenen sollten gerade diese privilegiert werden, weil deren &#8222;Ausreisepflicht&#8220; (gemeint: der Wegfall ihrer Verschonung vor einer Abschiebung bereits vor dem Ablauf der Geltungsdauer ihrer aktuellen Duldung) &#8222;nicht von vornherein ersichtlich&#8220; gewesen sei (a.a.O.). F&#252;r die von Anfang an mit einer &#8222;unst&#228;ndig&#8220;, unter einer aufl&#246;senden (Potestativ-)Bedingung Geduldeten (vgl. oben II.1.a)bb)(2)) wurde ein gleichartiger Bedarf nicht gesehen. Nach alledem muss angenommen werden, dass der Gesetzgeber sp&#228;testens mit der &#196;nderung durch das (Erste) Richtlinienumsetzungsgesetz im Jahre 2007 <em>nur noch</em> die Widerrufsf&#228;lle mit einer Ank&#252;ndigungspflicht und einer Wartefrist von einem Monat privilegieren wollte (so auch Nieders&#228;chsisches OVG, Beschl. v. 16.3.2010, a.a.O.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 19.4.2010, a.a.O.; BGH, Beschl. v. 10.11.2011, a.a.O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>(e) Das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780) schlie&#223;lich schr&#228;nkte mit Wirkung vom 29. Juli 2017 innerhalb der in &#167; 60a Abs. 5 Satz 4 AufenthG verbliebenen Fallgruppe des Duldungswiderrufs deren Anwendungsbereich nochmals dadurch ein, dass die Ank&#252;ndigungspflicht gem&#228;&#223; &#167;&#160;60a Abs. 5 Satz 5 AufenthG n.F.in bestimmten Konstellationen der (fortgesetzten oder fortwirkenden) Behinderung der R&#252;ckf&#252;hrung u.a. durch Identit&#228;ts- oder Staatsangeh&#246;rigkeitst&#228;uschung oder fehlende zumutbare Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen entf&#228;llt (vgl. hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages v. 17.5.2017, BT-Drs. 18/12415, S. 14).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Nach alledem ist nach Ansicht des Senats f&#252;r eine Planwidrigkeit der Nichtregelung einer Ank&#252;ndigungspflicht f&#252;r den Fall des Erl&#246;schens einer Duldung infolge des Eintritts einer dieser als Nebenbestimmung beigef&#252;gten aufl&#246;senden Bedingung kein Raum (so auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: 79. EL M&#228;rz 2015, &#167; 60a Rn. 87, 307; Z&#252;hlcke, a.a.O., S. 364).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>b) Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden im Ergebnis als richtig. Denn auch ein Anordnungsanspruch des Antragstellers auf Aussetzung oder Unterlassung seiner Abschiebung aus anderen Gr&#252;nden ist entgegen &#167;&#160;123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit &#167;&#167; 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO nicht glaubhaft gemacht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat das Bestehen des alternativ in Betracht kommenden Duldungsgrundes <em>Reiseunf&#228;higkeit</em> (&#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), wie der Antragsgegner im Einzelnen ausf&#252;hrt, zu Recht unter Bezugnahme auf die nicht entkr&#228;ftete Vermutung aus &#167; 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG verneint.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>aa) S&#228;mtliche bislang eingereichten Atteste und Entlassungsberichte sowie das amts&#228;rztliche Gutachten vom 7. Januar 2016 zeigen Folgen, die sich nach &#228;rztlicher Beurteilung wegen der psychischen Erkrankung (Depression) des Antragstellers bei einer Abschiebung - das hei&#223;t bereits w&#228;hrend des Abschiebevorgangs - voraussichtlich ergeben, in der von &#167; 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG regelhaft geforderten Weise (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 7.6.2017 - 13 ME 107/17 -, juris Rn. 6 f.) nicht auf. Die im Gutachten dem Grunde nach erw&#228;hnte Selbstmordgef&#228;hrdung (Bl. 170 der BA 001 Bd. I) wird im Ergebnis nur vage als &#8222;Risikofaktor&#8220; bei zwangsweiser R&#252;ckf&#252;hrung beschrieben. Konkrete Prognosen zu einem objektiv zu erwartenden Eigengef&#228;hrdungsgeschehen im Falle einer Abschiebung gibt das Gutachten nicht ab. Anforderungen an bestimmte Vorkehrungen zur Herstellung und Aufrechterhaltung von Reisef&#228;higkeit wegen der psychischen Probleme des Antragstellers formuliert es ebenfalls nicht. Auch aus sonstigen Umst&#228;nden lassen sich f&#252;r den Senat dahingehende Wahrscheinlichkeiten und Anforderungen nicht ableiten. Die Abschlussmeldung der Bundespolizeiinspektion IV Flughafen Frankfurt/Main vom 29. Mai 2018 (Bl. 438 der BA 001 Bd. II) &#252;ber den erst aufgrund des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts am 29. Mai 2018 kurz vor dem geplanten Abflug von Frankfurt am Main nach Tirana abgebrochenen Abschiebungsversuch verneint sowohl Widerstandshandlungen des r&#252;ckzuf&#252;hrenden, medikament&#246;s behandelten Antragstellers als auch Personen- und Sachsch&#228;den und dokumentiert sonstige besondere Vorkommnisse bis zum Abbruch der Abschiebung nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>bb) Der erstinstanzlich vom Prozessbevollm&#228;chtigten des Antragstellers betonte Umstand, dass f&#252;r den Antragsteller in Deutschland im Jahre 2017 die <em>rechtliche Betreuung</em> (&#167;&#167; 1896 ff. BGB) durch Herrn E. aus Einbeck angeordnet worden ist, reicht f&#252;r sich allein nicht aus, um ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis einer rechtlichen Unm&#246;glichkeit im Sinne des &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG zu begr&#252;nden, weil damit - wie der Antragsgegner zu Recht betont - nicht zugleich per se Anhaltspunkte f&#252;r bei einer Abschiebung zu bef&#252;rchtende Gefahren einhergehen (vgl. Senatsbeschl. v. 9.3.2018 - 13 ME 27/18 -, V.n.b., S. 6 des Beschlussabdrucks).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>cc) Das im erstinstanzlichen Eilverfahren eingereichte &#228;rztliche Attest der Fach&#228;rztin f&#252;r Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. F. aus Bad Sachsa vom 29. Mai 2018 (Bl. 10 der GA) bezieht sich ungeachtet der Verwendung des Terminus &#8222;R&#252;ckf&#252;hrung&#8220; - wie diverse in der Beiakte 001 befindliche, von dieser &#196;rztin f&#252;r den Antragsteller in den Jahren 2015 bis 2017 ausgestellte Atteste - erkennbar auf die Situation <em>nach</em> &#8222;R&#252;ckkehr&#8220; des Antragstellers in das Herkunftsland unter dem Gesichtspunkt einer &#228;rztlich prognostizierten Retraumatisierung wegen eines vom Antragsteller vorgetragenen dortigen Ereignisses, von fremden Dritten in ein Feuer geworfen worden zu sein, und macht damit allenfalls Ausf&#252;hrungen zu <em>zielstaatsbezogenen</em> Aspekten, die wegen der negativen Bindungswirkung der Ziffer 4. des Bundesamtsbescheides vom 29. April 2014 (vgl. Bl. 26 der BA 001 Bd. I) gem&#228;&#223; &#167;&#167; 42 Satz 1, 24 Abs. 2 Asyl(Vf)G, welche aufgrund der Ablehnung des isolierten Folgeschutzgesuchs (&#167;&#167; 51 Abs. 1 bis 3, Abs. 5, 48, 49 VwVfG in Verbindung mit &#167; 1 Abs. 1 NVwVfG) durch bestandkr&#228;ftigen Bundesamtsbescheid vom 15. November 2017 (Bl. 342 der BA 001 Bd.&#160;II) fortdauert, im vorliegenden Verfahren nicht zu pr&#252;fen sind (vgl. hierzu Senatsbeschl. v. 13.7.2018 - 13 ME 373/17 -, juris Rn. 25). Sollte das Attest, das &#8222;Suizidhandlungen (als) hoch wahrscheinlich - im Zusammenhang mit Abschiebung, bei R&#252;ckf&#252;hrung unter der st&#228;ndigen Angst, erneut get&#246;tet zu werden&#8220; einstuft, sich dennoch auch bereits auf die Phase eines gedachten Abschiebevorgangs als solchen beziehen, wird diese Prognose nicht hinreichend konkret begr&#252;ndet; im &#220;brigen fehlte es dann an Ausf&#252;hrungen, weshalb der angenommenen Suizidgefahr unter keinen Umst&#228;nden mit &#228;rztlichen Begleitma&#223;nahmen begegnet werden k&#246;nnte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>2. Die Entscheidung &#252;ber die Verfahrenskosten des Eilrechtsstreits in beiden Rechtsz&#252;gen beruht auf &#167; 154 Abs. 1 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>3. Die Streitwertfestsetzung f&#252;r das Beschwerdeverfahren folgt aus &#167;&#167; 47 Abs. 1 Satz&#160;1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und Nrn. 8.3, 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Nord&#214;R 2014, 11).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000249&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
171,167
ovgsn-2019-01-11-3-m-42118
{ "id": 982, "name": "Sächsisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgsn", "city": null, "state": 15, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
3 M 421/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-29T12:49:39
2019-02-12T13:44:15
Beschluss
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 1. Kammer - vom 13. November 2018, deren Pr&#252;fung gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gr&#252;nde beschr&#228;nkt ist, bleibt ohne Erfolg. Die von dem Antragsteller vorgebrachten Einwendungen rechtfertigen die begehrte Ab&#228;nderung des angefochtenen Beschlusses nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller begehrt weiterhin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches vom 27. September 2018 gegen Ziffer 1. und 2. der Ordnungsverf&#252;gung des Antragsgegners vom 20. September 2018, mit dem unter Anordnung des Sofortvollzuges dem Antragsteller das Halten und Betreuen von Schafen untersagt (Ziffer 1.) und die Aufl&#246;sung des von ihm gehaltenen und/oder betreuten Schafbestandes bzw. die Untersagung der Neuanschaffung von Schafen (Ziffer 2.) verf&#252;gt wurden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Da der Antragsteller in Entsprechung der Verf&#252;gung seinen Schafbestand nach eigenem Vorbringen mittlerweile aufgel&#246;st hat, kommt die insoweitige Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund Erledigung nicht mehr in Betracht. Im &#220;brigen (Haltungs-/Betreuungsverbot, Untersagung der Neuanschaffung) teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass der Antragsteller bei seiner erwerbsm&#228;&#223;igen Schafhaltung der Vorschrift des &#167; 2 Nr. 1 TierSchG und der auf der Grundlage von &#167; 2a TierSchG erlassenen Tierschutz-Nutztierverordnung (TierSchNutztV) wiederholt und grob zuwider gehandelt, insbesondere die Tiere nicht angemessen ern&#228;hrt und gepflegt hat. Hierdurch wurde den im Besitz des Antragstellers befindlichen Schafen erhebliche und l&#228;nger anhaltende Schmerzen und Leiden sowie erhebliche Sch&#228;den zuf&#252;gt, sodass die Untersagung des Haltens und Betreuens von Schafen (&#167; 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG) und ein damit verbundenes Anschaffungsverbot gerechtfertigt erscheint. Das Verwaltungsgericht hat dabei ma&#223;geblich auf die Feststellungen des Antragsgegners in seiner Ordnungsverf&#252;gung vom 20. September 2018 abgestellt, die der Antragsteller mit seiner Beschwerdeschrift nicht schl&#252;ssig in Frage gestellt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Soweit der Antragsteller zun&#228;chst einwendet, dass das Verwaltungsgericht im Wesentlichen die Ausf&#252;hrungen der Beh&#246;rde &#252;bernommen habe, ohne sich mit seiner detaillierten Argumentation im Antragsvorbringen vom 30. Oktober 2018 bzw. im Widerspruchsvorbringen vom 27. September 2018 auseinanderzusetzen, ist diese pauschale Bezugnahme bereits unstatthaft. Die blo&#223;e Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens ohne Eingehen auf die jeweils tragenden Erw&#228;gungen des Verwaltungsgerichtes reicht grunds&#228;tzlich nicht aus. Zur Begr&#252;ndung einer Beschwerde im Sinne des &#167; 146 Abs. 4 VwGO ist unter inhaltlicher Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen darzulegen, weshalb die Entscheidung abzu&#228;ndern oder aufzuheben ist, &#167; 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Die blo&#223;e Wiederholung des Vortrages in erster Instanz gibt daher keine Veranlassung, sich damit obergerichtlich auseinanderzusetzen. Der Antragsteller zeigt weder auf, dass das Verwaltungsgericht ihr mehrseitiges (erstinstanzliches) Vorbringen unber&#252;cksichtigt gelassen hat, noch macht sie deutlich, weshalb die differenzierten tats&#228;chlichen und rechtlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes nicht tragf&#228;hig sein sollen. Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichtes, sich aus einem das erstinstanzliche Vorbringen zitierende Beschwerdevorbringen das herauszusuchen, was als Erwiderung auf die Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichtes aufgefasst werden k&#246;nnte. F&#252;r die Beschwerdebegr&#252;ndung ist vielmehr ein substantiierter Vortrag erforderlich (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. Juli 2012 - 8 B 1401/11 -, juris Rn. 23; BayVGH, Beschluss vom 9. Mai 2014 - 22 CS 14.568 -, juris [m. w. N.]; OVG LSA, Beschluss vom 1. Oktober 2014 - 3 M 406/14 -, juris.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Der Einwand des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe im Beschluss auf eine im unbekannte &#8222;beigef&#252;gte CD&#8220; Bezug genommen, verf&#228;ngt nicht. Denn dieses, zahlreiche Fotografien umfassende Speichermedium ist Bestandteil des vom Antragsgegner mit Antragserwiderung vom 6. November 2018 &#252;bersandten Verwaltungsvorganges, der als Beiakten A und B im Verfahren gef&#252;hrt wird. Der Antragsteller hat von seinem nach &#167; 100 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestehenden Akteneinsichtsrecht weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren Gebrauch gemacht, so dass die bestehende Unkenntnis durch ihn zu verantworten ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Mit seiner R&#252;ge, &#8222;die Entscheidung [gehe] schon bei der grunds&#228;tzlichen Bewertung als Weidetiere fehl&#8220;, zeigt der Antragsteller bereits nicht auf, inwieweit die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichtes fehlerbehaftet gewesen sein soll. Er beschr&#228;nkt sich darauf, auszuf&#252;hren, dass die Formulierungen des Verwaltungsgerichtes allgemein gehalten seien und zitiert unter Hinweis auf nur punktuelle Kontrollen des Antragsgegners, dessen Mitarbeiter im Gegensatz zu ihm weder &#252;ber eine spezialisierte Ausbildung verf&#252;gten, noch Kenntnisse in der Schafhaltung h&#228;tten, einen Auszug aus der Entscheidung:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">&#8222;...alle Tiere t&#228;glich entsprechend ihrem Bedarf mit Futter und Wasser in ausreichender Menge und Qualit&#228;t zu versorgen&#8230;. Zu einer angemessenen Ern&#228;hrung geh&#246;rt u. a. die Deckung des physiologischen Bedarfs an N&#228;hrstoffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Gegen diese Vorgaben verst&#246;&#223;t der Antragsteller seit mindestens einem Jahr&#8220; (vgl. Beschlussabdruck, S. 3 [letzter Absatz], S. 4 [1. und 2. Absatz]).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Entgegen der Auffassung des Antragstellers konnte anhand der durchgef&#252;hrten - punktuellen - (amts-)tier&#228;rztlichen Kontrollen (28. April 2017, 19. M&#228;rz 2018, 22. M&#228;rz 2018, 29. Juni 2018, 11. Juli 2018, 16. Juli 2018, 23. August 2018, 19. September 2018) die Weidehaltung des Antragstellers sehr wohl beurteilt werden. Denn bei diesen Kontrollen konnte bezogen auf den jeweiligen Kontrollzeitpunkt u. a. festgestellt werden, ob und inwieweit dem Schaftierbestand ausreichend Futter und Wasser zur Verf&#252;gung gestanden hat. Daneben gibt der jeweils feststellbare Ern&#228;hrungszustand der Schafe Hinweise &#252;ber deren Versorgungslage in der Vergangenheit. Dass die bei der jeweiligen Kontrolle getroffenen und im Beschluss des Verwaltungsgerichtes ausgef&#252;hrten Feststellungen (bspw.: 28. April 2017: totes Schaf, vier tote L&#228;mmer, Ern&#228;hrungszustand der Kadaver als schlecht beurteilt, 19. M&#228;rz 2018: etwa 250 Schafe auf gefrorenem Boden, Wasserbeh&#228;lter eingefroren, keinerlei Futter, 15 vorgefundene tote Schafe, Ern&#228;hrungszustand der Kadaver stark abgemagert; 22. M&#228;rz 2018: schlechter Ern&#228;hrungszustand der Schafe; 29. Juni 2018, 11. Juli 2018, 16. Juli 2018 und 23. August 2018: Wasser gar nicht oder nicht in ausreichender Menge vorhanden) unzutreffend sind, zeigt der Antragsteller nicht auf, sondern beschr&#228;nkt sich selbst auf den Allgemeinplatz, dass seine Tiere &#8222;immer in einem guten Zustand&#8220; gewesen seien.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Dass der Antragsteller anerkannter Tierwirt mit dem Schwerpunkt Schafhaltung sei und die Mitarbeiter des Antragsgegners &#252;ber keine solche Ausbildung verf&#252;gten, widerspricht dieser Einsch&#228;tzung schon nicht. Denn dass der Antragsteller das erforderliche Wissen und K&#246;nnen f&#252;r die Schafhaltung, mithin -versorgung/-pflege aufweist, bedeutet nicht zwangsl&#228;ufig, dass er sein Verhalten danach ausrichtet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Soweit der Antragsteller auf eine Best&#228;tigung des normalen Zustandes seines Schaftierbestandes durch einen namentlich benannten Zeugen verweist, der f&#252;r die M. GmbH und Co. KG den Schaftierbestand des Antragstellers am 19. November 2018 abgeholt habe, f&#252;hrt dies zu keiner anderen Bewertung. Denn diese Beurteilung des Schaftierbestandes des Antragstellers am 19. November 2018 steht schon nicht im Widerspruch zu der Feststellung, dass der Antragsteller im vorangegangenen Zeitraum die von ihm gehaltenen Tiere unzureichend ern&#228;hrt habe. Denn der Antragsteller hatte die Herde, hinsichtlich der die Feststellungen vom 19. und 22. M&#228;rz 2018 getroffen worden waren, bereits am 25. M&#228;rz 2018 - wie er selbst ausf&#252;hrt - an Herrn (J. B.), den Inhaber eines Schafhandels in T-Stadt ver&#228;u&#223;ert. Zwar tr&#228;gt er insoweit auch vor, einen &#8222;normalen H&#228;ndlerpreis von 65 &#8364; pro Schaf&#8220; erzielt zu haben, Belege hierf&#252;r f&#252;gt er jedoch nicht bei. Abgesehen davon liegt es weder auf der Hand, noch wird durch den Antragsteller durch geeignete Unterlagen belegt, dass dieses Preisniveau f&#252;r den Verkauf von durch den Antragsteller bevorzugt gehaltenen Merinoschafen durchschnittlich ist. Vielmehr behauptet er lediglich, dass ein solcher Preis bei einem schlechten Ern&#228;hrungszustand wohl kaum gezahlt worden w&#228;re. Dies gen&#252;gt nicht den Anforderungen an eine Substantiierung, zumal die bei der Polizei erstattete Anzeige des Antragstellers vom (&#8230;). April 2018, wonach ihm 77 Schafe im Wert von 7.700,00 &#8364; gestohlen worden sein sollen, darauf hindeutet, dass ein deutlich h&#246;heres Preisniveau als 65 &#8364; pro Schaf &#252;blich ist. Abgesehen davon werden die Schafe ausweislich eines im Verwaltungsvorgang befindlichen Gespr&#228;chsvermerkes &#252;ber ein Telefonat mit dem Schafsh&#228;ndler (B.) am 22. M&#228;rz 2018 durch diesen als in einem schlechten Zustand befindlich beschrieben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Dass sich die am 19. November 2018 &#8222;weggenommenen&#8220; Schafe ausweislich des Kontrollberichtes zur amtlichen Kontrolle nach Veterin&#228;rrecht vom 19. November 2018 in einem &#8222;normalen Pflegezustand&#8220; befunden h&#228;tten, stellt die Feststellungen des Verwaltungsgerichtes hinsichtlich der nach dem 25. M&#228;rz 2018 erfolgten Versorgung der Schafe (vgl. Beschlussabdruck, S. 4 [letzter Absatz]) ebenfalls nicht in Frage. Der vom Antragsteller in Bezug genommene Kontrollbericht betrifft die vom Antragsteller am 11. Juni 2018 neu angeschaffte Schafherde (151/148 Schafe), die sich bei der &#220;bernahme durch den Antragsteller bei guter Gesundheit sowie in einem guten Ern&#228;hrungszustand befunden haben sollen (vgl. Kontrollbericht des Antragsgegners vom 29. Juni 2018). In der Folge fanden - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgef&#252;hrt hat - mehrere Kontrolltermine (29. Juni 2018, 11. Juli 2018, 16. Juli 2018 und 23. August 2018) statt, bei denen im Wesentlichen die Feststellung im Vordergrund stand, dass kein oder unzureichend Wasser zu Verf&#252;gung gestanden habe bzw. im Zeitpunkt der Kontrolle (erst) aufgef&#252;llt worden sei. Abgesehen davon k&#246;nnen weitere - vom Verwaltungsgericht nicht ausdr&#252;cklich benannte - amtliche Kontrolltermine mit vergleichbaren Feststellungen dem Verwaltungsvorgang entnommen werden (19. September 2018, 25. September 2018 bzw. nach Erlass der Ordnungsverf&#252;gung: 11. Oktober 2018, 17. Oktober 2018). &#220;ber die Frage der unzureichenden Wasserversorgung hinaus wurde der Ern&#228;hrungs- und Pflegezustand dieser Tiere weder durch das Verwaltungsgericht noch durch den Antragsgegner bewertet, insbesondere nicht als unzureichend eingesch&#228;tzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Soweit der Antragsteller unter Verweis auf sieben Fotografien behauptet, seine Schafe h&#228;tten sich im relevanten Zeitraum vom 15. bis 23. M&#228;rz 2018 in einem gesunden und tierschutzgerechten Zustand befunden, vermag der Senat dem nicht zu folgen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Voranzustellen ist, dass der Antragsteller die Fotografien - wie die &#252;brigen Anlagen der Beschwerdebegr&#252;ndung - nicht innerhalb der nach &#167; 146 Abs. 4 VwGO ma&#223;gebenden Frist vorgelegt hat. Er hat zwar seine Beschwerde fristgerecht begr&#252;ndet, indem er die Beschwerdebegr&#252;ndung per Fax vor Ablauf der am 14. Dezember 2018 endenden Frist rechtzeitig &#252;bermittelte. Dieser waren jedoch die in ihr bezeichneten Anlagen - so auch die Fotografien - nicht beigef&#252;gt. Erst mit Eingang der Beschwerdebegr&#252;ndung auf dem Postweg am 19. Dezember 2018 und damit versp&#228;tet wurden die in Bezug genommenen Anlagen zu Gericht gereicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Ungeachtet dessen steht die Einsch&#228;tzung des Antragstellers, seine Schafe h&#228;tten sich in einem gesunden und tierschutzgerechten Zustand befunden offensichtlich im Widerspruch zu den am 19. und 22. M&#228;rz 2018 beh&#246;rdlich erstellten Lichtbildern (vgl. Speichermedium im Verwaltungsvorgang) und den amtstier&#228;rztlichen Feststellungen am 19. bzw. 22. M&#228;rz 2018, die im amtstier&#228;rztlichen Gutachten vom 16. April 2018 ihren Niederschlag finden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller nimmt bei seiner Einsch&#228;tzung zu Unrecht eine Betrachtung seines Schaftierbestandes unter Abzug der am 19. M&#228;rz 2018 aufgefundenen 15 toten Schafe vor, weil er deren Tod - unzutreffend - auf Fremdeinwirkung zur&#252;ckf&#252;hrt. F&#252;r die Annahme einer Schur durch Unberechtigte besteht angesichts der amts&#228;rztlichen Feststellungen jedoch kein Anlass. Danach wird die - durch die Fotodokumentation des Antragsgegners belegte - Nacktheit der toten Schafe als auch der Wollausfall, der bei einigen toten bewollten und bei weiteren lebenden Schafen zu erkennen ist, auf die Unter- und Mangelern&#228;hrung der Tiere zur&#252;ckgef&#252;hrt, wobei der Antragsteller mit Blick auf die Auspr&#228;gung des Wollausfalles bis hin zur Nacktheit bereits seit mehreren Wochen den unter- und mangelern&#228;hrte Zustand der Schafe hingenommen haben muss. Dem Gutachten vom 16. April 2018 kann zudem entnommen werden, dass der Ern&#228;hrungszustand der fast nackten Kadaver als hochgradig abgemagert bis kachektisch eingesch&#228;tzt wurde. Dies deckt sich mit dem vorhandenen Bildmaterial des Antragsgegners. Danach sind - wie es auch das amtstier&#228;rztliche Gutachten vom 16. April 2018 beschreibt - die Abdomen als stark eingesunken sowie alle Rippen bzw. Skelettteile wie Schulterblattgr&#228;te, Dorn- und Querforts&#228;tze der Wirbelk&#246;rper und die H&#252;ftbeinh&#246;cker am Becken als deutlich hervortretend zu erkennen. Daneben wird der schlechte Ern&#228;hrungszustand der (Rest-)Herde auch in dem Kontrollbericht des Antragsgegners vom 22. M&#228;rz 2018 bzw. der Gespr&#228;chsnotiz mit Herrn (B.) gleichen Datums (in einem schlechten Zustand) dokumentiert. Abgesehen davon ist dem Antragsteller ausweislich des vorbezeichneten Kontrollberichtes aufgegeben worden, den gesamten Schafbestand tier&#228;rztlich untersuchen und behandeln zu lassen und dies gegen&#252;ber dem Antragsgegner schriftlich bis zum 15. April 2018 nachzuweisen. Indem der Antragsteller die Herde nach eigenem Vortrag bereits am 25. M&#228;rz 2018 ver&#228;u&#223;erte, waren dar&#252;ber hinausgehende - beh&#246;rdliche - Feststellungen schon nicht m&#246;glich und k&#246;nnen dem Antragsteller auch nicht zum Vorteil gereichen. Insoweitige Aufkl&#228;rungsdefizite sind durch den Antragsteller selbst zu verantworten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen sind die vom Antragsteller vorgelegten Fotografien auch nicht geeignet, den Ern&#228;hrungszustand der gesamten Schafherde, mithin auch der verstorbenen Schafe abzubilden, da die Aufnahmen - mit einer Ausnahme - nach dem 19. M&#228;rz 2018 erstellt worden sein sollen und auch nur Ausschnitte wiedergeben. Soweit der Antragsteller eine Fotografie datierend auf den 15. M&#228;rz 2018 vorlegt, die den Umtrieb der Schafe &#252;ber mehrere Kilometer wiedergeben soll, werden auch hierdurch die verwaltungsbeh&#246;rdlichen/-gerichtlichen Feststellung nicht in Frage gestellt, weil lediglich 18 von ca. 260 Tieren zu erkennen sind. Dass kranke und unterern&#228;hrte Schafe den Umtrieb nicht &#252;berstanden h&#228;tten, rechtfertigt keine andere Bewertung. Vielmehr ist zu konstatieren, dass der Antragsteller auch kranken und unterern&#228;hrten Schafen seiner Herde diesen Umtrieb zugemutet hat, obgleich der schlechte Ern&#228;hrungszustand jedenfalls bei 15 Schafen angesichts der hochgradigen Abmagerung am 19. M&#228;rz 2018 nur vier Tage zuvor sichtbar gewesen sein muss.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Soweit der Antragsteller zur weiteren Begr&#252;ndung auf seine - durch seinen Prozessbevollm&#228;chtigen beglaubigte - Stellungnahme vom 19. M&#228;rz 2018 verweist, die erstmals zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wird und ebenfalls nicht innerhalb der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist vorgelegt wurde (siehe Darstellung oben), erf&#252;llt er auch nicht die Anforderungen an eine zureichende Substantiierung. Weder ist die Stellungnahme durch den Antragsteller unterzeichnet worden, noch hat er den Vortrag an Eides statt versichert. Ungeachtet dessen beschr&#228;nkt sich die Stellungnahme vom 19. M&#228;rz 2018 im Wesentlichen darauf, die Schur der get&#246;teten Schafe durch unberechtigte Dritte zu behaupten und den amtlich festgestellten und mit der Fotodokumentation belegten Wollausfall - auch bei &#252;berlebenden Schafen - zu bestreiten. Eine Auseinandersetzung mit den zeitlich nachfolgenden und dar&#252;ber hinausgehenden amtstier&#228;rztlichen Feststellungen (u. a. &#8222;hochgradig abgemagert bis kachektisch&#8220;) im Gutachten vom 16. April 2018 konnte schon nicht stattfinden und stellt diese auch nicht ansatzweise in Frage. Insbesondere sind die vom Antragsteller behaupteten &#8222;Schurverletzungen&#8220; auf dem umfangreich erstellten Bildmaterial des Antragsgegners nicht zu erkennen. Soweit der Antragsteller in seiner Stellungnahme selbst auf Bilder und Videosequenzen verweist, wonach es auch keine hinkenden Schafe gegeben habe, hat er solche zu keinem Zeitpunkt in das Verfahren eingef&#252;hrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Dass der Antragsgegner dem Antragsteller ausweislich eines Berichtes der (&#8230;) Zeitung vom (&#8230;). M&#228;rz 2018 eine beanstandungsfreie Schafhaltung im November 2017 und Januar 2018 attestiert haben soll, rechtfertigt die Ab&#228;nderung des Beschlusses ebenfalls nicht. Inhalt des Zeitungsberichtes war allein, dass der Schafbestand im November 2017 und Januar 2018 ohne Beanstandungen kontrolliert worden sein soll. Gegenteiliges hat das Verwaltungsgericht schon nicht angenommen. Vielmehr hat es bezugnehmend auf andere Kontrolltermine (siehe Darstellung oben) Haltungs-/Betreuungsdefizite ab 28. April 2017 festgestellt (Sektionsbefund eines aufgefundenen toten Schafes: Todesursache Kachexie [vollst&#228;ndige Auszehrung]). Dass bei der im Verwaltungsvorgang dokumentierten Kontrolle am 17. November 2017 Ern&#228;hrungsdefizite nicht feststellbar waren, schlie&#223;t eine vorherige bzw. nachfolgende unzureichende Versorgung und Pflege nicht aus. Dagegen hat ein die Beanstandungsfreiheit der Schafhaltung belegender Kontrolltermin im Januar schon nicht stattgefunden. F&#252;r den Monat Januar 2018 ist lediglich eine - die Schafhaltung des Antragstellers betreffende - tierschutzrechtliche Beschwerde vom 22. Januar 2018 und eine &#220;berpr&#252;fung der Pferde- und Hundehaltung des Antragstellers am 30. Januar 2018 im Verwaltungsvorgang dokumentiert. Die Beschwerde f&#252;hrte lediglich zu einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Antragsteller, der die t&#228;gliche F&#252;tterung der Schafe zusicherte. Daneben wurde dem Antragsteller aufgegeben, f&#252;r seine Schafe einen Windschutz gegen die Hauptwindrichtungen zu errichten, was den Antragsteller veranlasst haben soll, eine Plane zwischen Bauz&#228;unen zu spannen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Ausf&#252;hrungen des Antragstellers &#252;ber den anl&#228;sslich des Verkaufes am 25. M&#228;rz 2018 festgestellten Verlust von Schafen f&#252;hren zu keiner anderen Betrachtung. Vielmehr offenbaren diese, dass ihm der Verlust von 77 Schafen unbekannt geblieben w&#228;re, obgleich er den regelm&#228;&#223;igen Umtrieb der Herde und deren gute Versorgung und Pflege behauptet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die R&#252;ge des Antragstellers, das Verwaltungsgericht habe (nur) allgemeine Ausf&#252;hrungen gemacht, die, wenn nicht auf die konkreten Umst&#228;nde des einzelnen Falles sowie des Umfeldes eingegangen werde, ohne jede Bedeutung seien, verf&#228;ngt nicht. Richtig ist, dass die Rasse der vom Antragsteller gehaltenen Schafe, durch den Antragsgegner von untergeordneter Bedeutung war. Dahinstehen kann jedoch hier, ob die Verschiedenheit der Rasse einen unterschiedlichen Wasser- und Futterbedarf bedingt, wenn - wie hier - festzustellen ist, dass eine unzureichende Versorgung mit Blick auf den Ern&#228;hrungszustand der verendeten 15 Tiere vorlag. Das Gleiche gilt angesichts des andauernden hitzereichen und regenarmen Sommers 2018, der bei Weidehaltung rasseunabh&#228;ngig eine zus&#228;tzliche Versorgung mit Tr&#228;nkwasser voraussetzt, weil die Deckung des Wasserbedarfes aus Frischfutter angesichts der lang andauernden Trockenperiode offensichtlich eingeschr&#228;nkt ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Der unter Bezugnahme auf sachverst&#228;ndige Dritte erfolgte Hinweis des Antragstellers darauf, dass Freilandhaltung im Winter bei richtiger Weidef&#252;hrung tierschutzgerecht und naturschutzkonform sei, rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn der Antragsteller legt damit nicht dar, dass er die Regeln einer &#8222;richtigen Weidef&#252;hrung&#8220; eingehalten hat. Die amts&#228;rztlichen Feststellungen zum Zustand seines Schaftierbestandes am 19./22. M&#228;rz 2018 lassen vielmehr den Schluss zu, dass seine Weidehaltung nicht tierschutzkonform war, weil ein Verenden von Teilen der Herde (15 Tiere), Wollausfall bei verendeten bzw. lebenden Tieren, eine verkr&#252;mmte Stellung der Zehenenden der Gliedma&#223;en bei 1/3 der Herde bzw. ein Lahmgehen sonst nicht zu beobachten gewesen w&#228;re.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Soweit der Antragsteller geltend macht, es h&#228;tte seine Glaubw&#252;rdigkeit erh&#246;ht, wenn er die behauptete Schafschur durch Dritte zur Anzeige gebracht h&#228;tte, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar hat das Verwaltungsgericht zur Begr&#252;ndung auch ausgef&#252;hrt, dass eine Strafanzeige nicht gestellt worden sei, jedoch zuvorderst die vorhandenen Lichtbilder und amtstier&#228;rztliche Einsch&#228;tzung als tragend angef&#252;hrt. Dementsprechend kann dahinstehen, dass der Antragsteller von einer Anzeige nur deshalb Abstand genommen habe will, weil vorangegangene Strafanzeigen nie zur T&#228;terfeststellung gef&#252;hrt h&#228;tten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Dass der Antragsteller vom Amt f&#252;r Landwirtschaft f&#252;r seine Weidehaltung j&#228;hrlich erhebliche finanzielle Mittel aufgrund der unbeanstandeten Pflege der beweideten Fl&#228;chen erhalte, l&#228;sst nicht den Schluss zu, dass die hierf&#252;r eingesetzten Schafe tierschutzkonform gehalten wurden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Der unter Berufung auf Fachliteratur erhobene Einwand, bei reiner Weidef&#252;tterung - der vom Antragsteller betriebenen Haltungsform - <span style="text-decoration:underline">und</span> entsprechender nasser Witterung bestehe kein zus&#228;tzlicher Tr&#228;nkbedarf, widerspricht der Bewertung durch das Verwaltungsgericht nicht. Denn Anlass der beh&#246;rdlichen Kontrollen einer ausreichenden Versorgung mit Tr&#228;nkwasser war insbesondere der sehr hei&#223;e Sommer 2018. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang einwendet, dass der Pansen der Wiederk&#228;uer ein effektives Wasserreservoir sei, so dass ein ein- bis zweimaliges Tr&#228;nken pro Tag ausreichend sei, hat er weder substantiiert dargelegt noch den Nachweis dar&#252;ber erbracht, seine Tiere in dieser H&#228;ufigkeit - insbesondere auch in den Sommermonaten - getr&#228;nkt zu haben. Vielmehr beschr&#228;nkt er sich unter Benennung eines nur mit Nachnamen bezeichneten Zeugen, hinsichtlich dessen schon nicht mitgeteilt wird, in welcher Beziehung dieser zur Betreuung der Herde des Antragstellers steht, darauf, zu behaupten, seinen Tieren mindestens einmal am Tag fl&#252;ssiges Tr&#228;nkwasser bereitgestellt zu haben, so z. B. am 20. M&#228;rz 2018 (600 l, wovon nur 300 l getrunken worden seien). Nach alledem verf&#228;ngt auch der unter Berufung auf den Facharzt f&#252;r kleine Wiederk&#228;uer Dr. K. (2. Stellvertreter der Fachgruppe &#8222;Krankheiten kleiner Wiederk&#228;uer&#8220; der Deutschen V. Gesellschaft e. V.) gef&#252;hrte Einwand nicht, fehlende bzw. leere Wassertr&#246;ge und hei&#223;e Temperaturen w&#252;rden nicht den Nachweis erbringen, dass die Schafe unter Wassermangel litten. Aufgrund der feststellbaren Anhaltspunkte (fehlende, leere Wassertr&#246;ge, hei&#223;e Temperaturen) liegt es in der Sph&#228;re des Antragstellers, sein Tr&#228;nkverhalten schl&#252;ssig aufzuzeigen. Hieran fehlt es.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht - ohne dass sich der Antragsteller hiergegen wendet - zudem festgestellt, dass der Antragsteller trotz ausdr&#252;cklicher Anordnung des Antragsgegners seinem in einer Halle vorl&#228;ufig untergebrachten Tierbestand am Abend und in der Nacht zum 20. M&#228;rz 2018 nicht mit Tr&#228;nkwasser versorgt hat. Auch die ausweislich des Bildmaterials vom 19. M&#228;rz 2018 und den beh&#246;rdlichen Feststellungen vollst&#228;ndig durchgefrorenen Tr&#228;nkbottiche erlauben nicht den Schluss, dass der Antragsteller seine Schafe am 18. bzw. 19. M&#228;rz 2018 mit fl&#252;ssigem Tr&#228;nkwasser versorgt hat. Gegen die Annahme, dass die Wasserversorgung durch Schnee sichergestellt gewesen sei, spricht nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers &#252;berdies, dass diese Art der Wasserversorgung im Vergleich zum Tr&#228;nkwasser nur dann keine Nachteile hat, wenn das Tier gesund, gut ern&#228;hrt und nicht laktierend ist. Eis ist als Ersatz f&#252;r Tr&#228;nkwasser grunds&#228;tzlich ungeeignet (vgl. M. Ganter et. al., Tier&#228;rztliche Praxis 2/2012, S. 319).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Dass bei durchschnittlichen Witterungsbedingungen in Deutschland f&#252;r Schafe ein k&#252;nstlicher Witterungsschutz auf der Weide nur selten erforderlich sei, weil neben Unterst&#228;nden auch nat&#252;rliche Gegebenheiten, wie Hecken und B&#228;ume nutzbar seien, rechtfertigt eine Ab&#228;nderung des Beschlusses ebenfalls nicht. Der Antragsgegner verlangt ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht, dass auf jeder Weide Unterst&#228;nde zu errichten sind. Vielmehr wird (lediglich) ein Witterungsschutz gefordert. Dass dieser aus (f&#252;r die Herde ausreichenden) nat&#252;rlichen Gegebenheiten bestehen kann, stellt weder der Antragsgegner noch das Verwaltungsgericht in Frage. Es d&#252;rfte zwar grunds&#228;tzlich den Anforderungen an eine tierschutzgerechte Weidehaltung im Wesentlichen gen&#252;ge getan worden sein, wenn ein Witterungsschutz aus Strohballen - wie bei der Unterbringung der Schafe nach dem beh&#246;rdlichen Einschreiten - zur Verf&#252;gung gestellt wird. Dies setzt jedoch einen gesunden Tierbestand voraus, wovon jedoch angesichts der amts&#228;rztlichen Feststellungen nicht hinsichtlich der gesamten Herde ausgegangen werden kann (Wollausfall bei lebenden Schafen).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Abgesehen davon wird die Annahme des Verwaltungsgerichtes, der Antragsteller habe im M&#228;rz 2018 - n&#228;mlich am 19. M&#228;rz 2018 - bei winterlichen Witterungsbedingungen seine Herde ohne Witterungsschutz auf einem umz&#228;unten Gel&#228;nde gehalten, durch das Beschwerdevorbringen nicht ersch&#252;ttert. Denn der Antragsteller behauptet schon nicht, dass die am Tag des Einschreitens des Antragsgegners (19. M&#228;rz 2018) genutzte Weide &#252;ber einen Witterungsschutz verf&#252;gte, noch bestehen bei Sichtung des vorliegenden Fotomaterials vom 19. M&#228;rz 2018 hierf&#252;r Anhaltspunkte. Soweit der Antragsteller unter Benennung einer Zeugin erstmals behauptet, dass am 16. und 17. M&#228;rz 2018 ein zwischen B&#228;umen angebrachter Witterungsschutz (H&#246;he: 2,50 m, L&#228;nge 30 m) bestanden h&#228;tte, stellt dies weder die Feststellung des Verwaltungsgerichtes in Frage, noch erf&#252;llt er die sich in einem Eilverfahren stellenden Anforderungen an die hinreichende Substantiierung. Zwar schlie&#223;t das Darlegungserfordernis erg&#228;nzende Ermittlungen nach dem Ermessen des Gerichts nicht prinzipiell aus, so dass eine Beweisaufnahme grunds&#228;tzlich m&#246;glich ist. Eine Beweisaufnahme kommt jedoch wegen der Eilbed&#252;rftigkeit regelm&#228;&#223;ig nicht Betracht (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 28. August 2009 - 7 MS 72/09 -, Rn. 26, juris). Ungeachtet dessen offenbart die Darstellung des Antragstellers, dass dieser trotz der festgestellten Witterungsbedingungen die Haltungsbedingungen seiner Schafherde am 18./19. M&#228;rz 2018 nicht kontrolliert hat, obgleich er an anderer Stelle (auch) behauptet, sie t&#228;glich getr&#228;nkt zu haben. Dieses widerspr&#252;chliche Vorbringen l&#228;sst erhebliche Zweifel an der Glaubw&#252;rdigkeit des Antragstellers aufkommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Auch die mit Fachliteratur unterlegten Ausf&#252;hrungen des Antragstellers zur Futterversorgung bei &#8222;Koppelschafhaltung&#8220; bzw. &#8222;ganzj&#228;hrigen Weidehaltung&#8220; rechtfertigen keine andere Bewertung. Selbst wenn zu den &#8222;Vorw&#252;rfen&#8220; des Antragsgegners das bei gefrorenem, stark verschmutztem Futter auftretende Krankheitsbild &#8222;nordischer Bradsot&#8220;, das bei keinem seiner Schaf festgestellt worden sei, passen sollte, f&#252;hrt der Antragsteller jedoch zum einen selbst aus, dass diese Erkrankung lediglich auftreten &#8222;kann&#8220;. Zum anderen zeigt er nicht auf, dass trotz der im &#220;brigen festzustellenden Anzeichen (Wollausfall, ausgezehrte K&#246;rper) ohne diese Erkrankung eine unzureichende Versorgung mit Futter auszuschlie&#223;en ist. Der Antragsteller weist zudem darauf hin, dass bei ganzj&#228;hriger Weidehaltung (nur) dann zugef&#252;ttert werden m&#252;sse, wenn der Aufwuchs nicht bedarfsdeckend sei. Hiermit legt er jedoch nicht ansatzweise dar, dass der Aufwuchs auf den in der Zeit vor dem 19. M&#228;rz 2018 genutzten Weidefl&#228;chen so bedarfsdeckend gewesen sei, dass es keiner Zuf&#252;tterung bedurft h&#228;tte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Das Beschwerdevorbringen des Antragstellers zur Klauenpflege entkr&#228;ftet die Bewertung durch das Verwaltungsgericht ebenfalls nicht. Das Gericht ist unter Bezugnahme auf das amts&#228;rztliche Gutachten vom 16. April 2018 davon ausgegangen, dass der Antragsteller &#252;ber einen l&#228;ngeren Zeitraum keine Klauenpflege durchgef&#252;hrt habe, weil ein durch verl&#228;ngerte Klauen bedingtes Lahmen bei ca. 30 bis 40 Tieren festgestellt worden sei. Soweit der Antragsteller zun&#228;chst unter Verweis auf einen Bericht in der Fachzeitschrift Tier&#228;rztliche Praxis f&#252;r Gro&#223;tiere ausf&#252;hrt, dass eine Inspektion der Klauen mit Pflegeschnitt bei allen erwachsenen Tieren (lediglich) einmal pro Jahr erforderlich sei (vgl. Ausgabe 6/2012, S. 392), verk&#252;rzt er das Zitat bereits in unzul&#228;ssiger Weise. Denn in dem in Bezug genommenen Bericht wird ebenso ausgef&#252;hrt, dass unter Ber&#252;cksichtigung des rassespezifischen Hornwachstums und der haltungsbedingten Abnutzung des Klauenhorns eine Inspektion der Klauen mit Pflegeschnitt &#246;fter erforderlich sei. Zwar hat der Antragsteller unter Vorlage von Rechnungen seine j&#228;hrliche Klauenpflege belegt (Juli 2017). Diese ist jedoch unter Ber&#252;cksichtigung des im amts&#228;rztlichen Gutachten vom 16. April 2018 festgestellten &#8222;nach vorn verl&#228;ngerte[n] und nach oben gekr&#252;mmte[n] Klauenhorn[s]&#8220; bei Teilen der Herde, das angesichts der bereits eingetretenen Lahmheiten bereits seit l&#228;ngerer Zeit bestanden habe, offensichtlich unzureichend gewesen. Es bedurfte einer Verringerung des Pflegerhythmus. Soweit der Antragsteller eine Klauendurchsicht mit Klauenschnitt am 12. Februar 2018 belegt, betraf diese jedoch nur 30 Schafe der aus ca. 250 Tieren bestehenden Herde. Abgesehen davon behauptet der Antragsteller schon nicht, auch hinsichtlich der &#252;brigen Schafe eine den Klauenschnitt ausschlie&#223;ende Klauendurchsicht vorgenommen zu haben, um zu &#252;berpr&#252;fen, ob es einer Verk&#252;rzung des Pflegeschnittrhythmus bedarf. Ungeachtet dessen offenbart das vom Antragsteller vorgelegte undatierte Schreiben des als Klauenpfleger f&#252;r den Antragsteller t&#228;tigen Herrn D., der einen (wegen Ver&#228;u&#223;erung der Herde) abgesagten Termin zur Klauenpflege f&#252;r den 30. M&#228;rz 2018 best&#228;tigt, sowie der Termin am 12. Februar 2018, dass auch der Antragsteller von einem mehr als einmal j&#228;hrlichen Bedarf der Klauendurchsicht und -pflege ausgegangen ist. Die im &#220;brigen vom Antragsteller vorgelegten Rechnungen und Belege betreffen den Klauenschnitt der im Juni 2018 erworbenen Schafherde, hinsichtlich derer dem Antragsteller eine unzureichende Klauenpflege schon nicht vorgeworfen wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Soweit der Antragsteller dem Antragsgegner fehlende Erfahrung bei der Weidehaltung von Schafen vorh&#228;lt und in den Bescheiden Ausf&#252;hrungen &#252;ber die Anforderungen an eine Wechselweide, den entsprechenden Zyklus der Weidehaltung sowie das t&#228;gliche Zuma&#223; der Weidefl&#228;che vermisst, zeigt er mit diesem Einwand nicht auf, dass die vom Antragsgegner vorgenommene und vom Verwaltungsgericht getragene Bewertung der Versorgungslage und des Pflegezustandes seines Schaftierbestandes unzutreffend ist. Das Gleiche gilt, soweit er darstellt, dass ihm als ausgewiesener Tierwirt mit &#8222;Eventualit&#228;ten, Wahrscheinlichkeiten und ,Kann&#8216;ausf&#252;hrungen&#8220; Unverm&#246;gen vorgehalten werde und die von ihm bevorzugt gehaltenen Merinoschafe sehr anspruchslos seien und deshalb der Landschaftspflege und nicht der Fleischerzeugung dienten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Zudem ist der Einwand des Antragstellers nicht verst&#228;ndlich, dass Schafe keinen Mais &#228;&#223;en, in keinem Maisfeld gesehen worden seien, sondern dieses abgeerntet und vom Antragsteller beh&#252;tet worden sei. Sollte der Antragsteller mit seinem Vortrag darauf abzielen, die Feststellung des Verwaltungsgerichtes in Zweifel zu ziehen, wonach am 20. September 2018 der Ausbruch der Herde und die Futtersuche im angrenzenden abgeernteten Maisfeld dokumentiert sei, steht dies bereits im Widerspruch zu seinem erstinstanzlichen Vorbringen. Dort hat der Antragsteller noch ausgef&#252;hrt, dass &#8222;es sich bei den [im streitbefangenen Bescheid beschriebenen], Ausbr&#252;chen&#8216; der Schafherde im Jahr 2018 um Fremdeingriffe&#8220; und nicht etwa um gewillte Weidehaltung gehandelt habe. Der Antragsteller zeigt schon nicht auf, weshalb er im Beschwerdeverfahren sein Vorbringen &#228;ndert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Dass die vom Verwaltungsgericht &#252;bernommenen Ausf&#252;hrungen des Antragsgegners auf Seite 6, drittletzter Absatz (wohl S. 5, 3. Absatz) offenkundig widerspr&#252;chlich sein sollen, zeigt der Antragsteller ebenfalls nicht schl&#252;ssig auf. Richtig ist, dass der Antragsgegner bei seinem Einschreiten am 19. M&#228;rz 2018 von ca. 30 bis 40 lahmenden Tieren ausgegangen ist. Im Kontrollbericht der drei Tage sp&#228;ter, am 22. M&#228;rz 2018 durchgef&#252;hrten amtlichen Kontrolle ist hingegen vermerkt, &#8222;nicht wenige (ca. 10 Schafe gesehen) [w&#252;rden] lahm[en]&#8220;. Dies erlaubt weder den Schluss, dass die festgestellte Anzahl der lahmgehenden Schafe am 19. M&#228;rz 2018 zu hoch war, noch dass es sich bei den 10 festgestellten Schafen um die einzigen (noch) lahmenden Tiere gehandelt hat bzw. keine nachhaltige tierschutzrechtlich relevante Beeintr&#228;chtigung der Schafe vorliegt. Denn der Kontrollbericht offenbart, dass eine &#220;berpr&#252;fung des Laufbildes eines jeden Schafes der Herde durch die Amtstier&#228;rztin nicht erfolgt ist bzw. nicht erfolgen konnte (bspw. liegende Tiere), sondern diese Feststellungen bei Gelegenheit getroffen worden sind. Dies zugrunde gelegt kann entgegen der Annahme des Antragstellers nicht ausgeschlossen werden, dass weitere Tiere (noch) lahmten. Dies hat das Verwaltungsgericht durch die Wortwahl &#8222;mindestens 10 Schafe&#8220; auch hinreichend zum Ausdruck gebracht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Der Vorwurf des Antragstellers, dem Amtstierarzt w&#252;rde die fachlich erforderliche Qualifikation f&#252;r den konkreten Tierbestand fehlen, greift nicht Platz. Nach der Rechtsprechung des Senates und anderer Obergerichte kommt dem beamteten Tierarzt - und nicht etwa dem beamteten Fachtierarzt - sowohl hinsichtlich der Frage, ob grobe oder wiederholte Zuwiderhandlungen gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen vorliegen, als auch hinsichtlich der Frage, ob den Tieren die in &#167; 16a Abs. 1 TierSchG vorausgesetzten qualifizierten Folgen zugef&#252;gt worden sind, eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 10. Mai 2017 - 3 M 51/17 -, juris Rn. 17 [m. w. N.]). Grund hierf&#252;r ist, dass der fachlichen Beurteilung von Amtstier&#228;rzten in einem exakten Nachweisen nur begrenzt zug&#228;nglichen Bereich einzelfallbezogener Wertungen besonderes Gewicht zukommt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. April 2014 - BVerwG 3 B 62.13 -, juris Rn. 7; OVG BB, Beschluss vom 5. Februar 2014 - OVG 5 S 22.13 -, juris Rn. 7). Dies gilt gerade auch f&#252;r die zust&#228;ndige Tierschutzbeh&#246;rde, bei der die Amtstier&#228;rzte besch&#228;ftigt sind. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die von diesen Amtstier&#228;rzten getroffenen Feststellungen substantiiert durch fachliche Stellungnahmen von Amtstier&#228;rzten anderer K&#246;rperschaften und bei anderen &#246;ffentlich-rechtlichen K&#246;rperschaften besch&#228;ftigten Fachtier&#228;rzten erfolgreich in Frage gestellt werden (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 10. Mai 2017, a. a. O.). Es ist jedoch Aufgabe des Antragstellers, aufzuzeigen, dass das Gutachten M&#228;ngel aufweist, die es zur Sachverhaltsfeststellung als ungeeignet, zumindest aber als nicht ausreichend tragf&#228;hig erscheinen l&#228;sst. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das Gutachten unvollst&#228;ndig oder widerspr&#252;chlich ist, es von unzutreffenden tats&#228;chlichen Voraussetzungen ausgeht, sich erhebliche Zweifel an der Sachkunde des Gutachters ergeben oder ein anderer Gutachter &#252;ber &#252;berlegene Forschungsmittel verf&#252;gt (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 10. Mai 2017 - 3 M 51/17 -, a. a. O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Der Vortrag des Antragstellers ist nicht geeignet, die Begutachtung der Amtstier&#228;rztin zu entkr&#228;ften. Insbesondere zeigt der Antragsteller - wie dargestellt - nicht schl&#252;ssig auf, dass die Amtstier&#228;rztin von unzutreffenden tats&#228;chlichen Voraussetzungen ausgeht bzw. das Gutachten unvollst&#228;ndig oder widerspr&#252;chlich ist. Fachliche Stellungnahmen anderer Amtstier&#228;rzte bzw. Fachtier&#228;rzte zur Einsch&#228;tzung des Sachverhaltes legt der Antragsteller schon nicht vor. Er beschr&#228;nkt sich darauf, auszugsweise Fachliteratur in Bezug zu nehmen, ohne sich mit den konkreten Sachverhaltsfeststellungen auseinanderzusetzen und seinerseits einen schl&#252;ssigen Sachverhalt zu schildern. Soweit der Antragsteller zum Zwecke der Glaubhaftmachung des Tr&#228;nkwasserbedarfes bei Weidef&#252;tterung bzw. der Aussagekraft von &#8222;Bildern von Schafen im Winter auf einer verschneiten Schafkoppel&#8220; die Anh&#246;rung des Fachtierarztes f&#252;r kleine Wiederk&#228;uer Dr. K. als Sachverst&#228;ndigen bzw. die Einholung eines Sachverst&#228;ndigengutachtens fordert, &#252;bersieht er erneut, dass erg&#228;nzende Ermittlungen nach dem Ermessen des Gerichts zwar nicht prinzipiell ausgeschlossen sind, jedoch wegen der vorliegenden Eilbed&#252;rftigkeit eine Beweisaufnahme regelm&#228;&#223;ig ausscheidet (siehe Darstellung oben). Der Antragsteller zeigt &#252;berdies nicht schl&#252;ssig auf, hinsichtlich welcher konkreten Sachverhaltsfeststellungen die gutachterliche Bewertung unrichtig, widerspr&#252;chlich oder unvollst&#228;ndig sein soll (siehe Darstellung oben).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Dass die t&#228;tige Amtstier&#228;rztin &#252;ber keine Weiterbildung zum Fachtierarzt f&#252;r kleine Wiederk&#228;uer verf&#252;gt, l&#228;sst an ihrer Sachkunde angesichts zureichender Anhaltspunkte keine erkennbaren Zweifel aufkommen. Das Gleiche gilt, soweit der Antragsteller unter Bezugnahme auf eine im Internet abrufbare Power Point Pr&#228;sentation des Fachtierarztes Dr. K. pauschal geltend macht, dass &#8222;Unkenntnis [&#8230;] bei den sachlich zust&#228;ndigen Beh&#246;rden&#8220; vorliege (http://www.tgdsachsenanhalt.de).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Tritt die Beschwerde nach alledem den tragenden Erw&#228;gungen des angefochtenen Beschlusses nicht den Darlegungsanforderungen des &#167; 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gen&#252;gend entgegen, bestand weder Anlass zu (weiterer) Sachverhaltserforschung noch zur Durchf&#252;hrung der vom Antragsteller erbetenen m&#252;ndlichen Verhandlung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Auf das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 war aufgrund Ablaufs der Beschwerdebegr&#252;ndungsfrist (vgl. Darstellung oben) nicht mehr einzugehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>II. Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>III. Die Entscheidung &#252;ber die Festsetzung der H&#246;he des Streitwerts f&#252;r das Beschwerdeverfahren beruht auf den &#167;&#167; 40, 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen der Ziffer 1.5, 35.2, 54.2.1 des Streitwertkataloges f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wobei der in Entsprechung der erstinstanzlichen Entscheidung ermittelte Streitwert (15.000,00 &#8364;) im Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
161,410
vg-schleswig-holsteinisches-2019-01-11-1-b-14018
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1 B 140/18
2019-01-11T00:00:00
2019-01-16T06:59:19
2019-01-21T11:45:05
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2019:0111.1B140.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gründe<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Das Gericht legt das vorläufige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers dahingehend aus, dass dieser einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung in demselben Bescheid stellen möchte. Der Antragsteller wendet sich im Wortlaut seines Antrages zwar gegen die ausgesprochene Ausreiseaufforderung, diese enthält jedoch im Gegensatz zur gleichzeitig ausgesprochenen Abschiebungsandrohung keine Regelung, also nicht die verbindliche Festsetzung einer Rechtsfolge durch die Behörde. Die Ausreiseaufforderung selbst ist deshalb kein Verwaltungsakt im Sinne des § 106 Abs. 1 LVwG. Sie erlegt hinsichtlich der Ausreisepflicht nicht zusätzlich etwas auf, sondern gibt lediglich wieder, was ohnehin kraft Gesetzes gilt. Als Bestandteil einer Abschiebungsandrohung unterstreicht sie die jeder Abschiebungsandrohung immanente Aufforderung, das Bundesgebiet zu verlassen (BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 1993 - 1 zu B 149.92 -, juris, Rn. 6 zu § 12 AuslG 1965).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheides vom 20. November 2018 wäre zwar grundsätzlich nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO statthaft, da der Widerspruch hiergegen nach §§ 248 Abs. 1 S. 2 LVwG, 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO als Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat. Es fehlt dem Antragsteller jedoch insoweit an dem allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse wird für jede gerichtliche Verfahrenshandlung verlangt, um den Missbrauch prozessualer Rechte zu verhindern. Damit sollen insbesondere solche Verfahren ausgeschlossen werden, in denen der Kläger mit der Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, die Klage also zurzeit nutzlos ist (BVerwG, Urteil vom 08. Juli 2009 – 8 C 4/09 –, Rn. 24, juris). So liegt der Fall hier.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller könnte mit der erstrebten Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 2 des Bescheides vom 20. November 2018 seine Rechtsstellung nicht verbessern. Denn es liegt gegen den Antragsteller bereits mit dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Februar 2016 eine bestandskräftige Abschiebungsandrohung vor, auf deren Grundlage grundsätzlich eine Abschiebung durchgeführt werden könnte. Diese Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist nicht unwirksam geworden. Nach § 43 Abs. 2 VwVfG des Bundes bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine Aufhebung der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist nicht erfolgt, sie hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt. Dem Antragsteller ist nach Bestandskraft der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes durch den Antragsgegner lediglich eine Duldung, jedoch gerade keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, wodurch sich die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes erledigt hätte. Die Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung lässt die Ausreisepflicht gemäß § 60a Abs. 3 AufenthG grundsätzlich unberührt. Nach Erlöschen der Duldung wird gemäß § 60a Abs. 5 Satz 3 AufenthG der Ausländer unverzüglich <span style="text-decoration:underline">ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben</span>, es sei denn, die Aussetzung der Abschiebung wird erneuert. Es bedarf daher grundsätzlich nach Erlöschen einer Duldung keiner erneuten Abschiebungsandrohung und Fristsetzung, wie es in dem Bescheid vom 20. November 2018 geschehen ist. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf der Duldung vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für als ein Jahr erneuert wird (§ 60 a Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist auch durch die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung weiterhin vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung stehen ohnehin nach § 59 Abs. 3 AufenthG Gründe für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Die Vollziehbarkeit des Bescheides des Bundesamtes ist auch nicht durch den zumindest im anwaltlichen Widerspruchsschreiben vom 14. Dezember 2018 gestellten Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG beeinträchtigt worden. Mit der Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann eine Erlaubnis- oder Duldungsfiktion nach § 81 Abs. 3 Satz 1 oder 2 AufenthG nur dann eintreten, wenn sich der Ausländer ohne Aufenthaltstitel rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die dem Antragsteller erteilten Duldungen begründeten jedoch keinen rechtmäßigen Aufenthalt. Duldungen lassen die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht vielmehr unberührt (§ 60a Abs. 3 AufenthG; vgl. BayVGH, Beschluss vom 26. September 2005 – 24 C 05.1851 –, Juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 21. April 2005 – 3 Bs 40.05 –, InfAuslR 2005, 306; vgl. auch zur Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG: BVerwG, Urteil vom 25. September 1994 – 1 C 3.97 –, BVerwGE 105, 232 [235]). Von § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erfasst werden andere Fälle, insbesondere die des § 81 Abs. 2 AufenthG sowie die Fälle, in denen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zunächst eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels gegeben war (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.02.2003, BT-Drucks. 15/420, S. 96). Eine Fortgeltungsfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG konnte mit der Antragstellung nicht eintreten. Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt nach dieser Vorschrift der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dem Antragsteller ist jedoch zuvor noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Verpflichtung des Antragsgegners, dem Antragsteller weiterhin eine Duldung zu erteilen, ist bislang nicht gestellt worden; das Gericht hat darauf in der Zustellungsverfügung von 20. Dezember 2018 ausdrücklich hingewiesen. Dem Antragsteller wird gegenwärtig noch aufgrund der Passlosigkeit eine Duldung erteilt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Lediglich ergänzend im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers sei erwähnt, dass der Antragsgegner in aufenthaltsrechtlichen Verfahren sog. zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote (z. B nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG), etwa eine mögliche drohende Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens durch die im Zielstaat der Abschiebung (Albanien) bestehenden Verhältnisse nicht berücksichtigen darf. Nach § 42 AsylG ist die Ausländerbehörde an die Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes gebunden. Insoweit ist bestandskräftig festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen; ein weiterer Asylfolgeantrag oder ein Antrag auf Abänderung der Entscheidung des Bundesamtes zu den Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG ist nicht gestellt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die Abschiebung des Antragstellers, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, wäre nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Eine akute Reiseunfähigkeit ist derzeit nicht erkennbar, im Gegensatz zum Jahre 2016 erfolgt gegenwärtig offenbar keine psychiatrische Behandlung. Die in den vorgelegten Bescheinigungen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein vom 19. Oktober 2018 und 26. November 2018 beschriebenen Behandlungen begründen keine Reiseunfähigkeit Eine rechtliche Unmöglichkeit im Sinne von § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG kann sich daneben aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, die aus Verfassungsrecht etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG oder aus Art. 8 Abs. 1 EMRK herzuleiten sind. Nach Art. 6 Abs. 1 GG schutzwürdige Belange können einer Beendigung des Aufenthalts dann entgegenstehen, wenn es dem Ausländer nicht zuzumuten ist, seine familiären Bindungen durch Ausreise auch nur kurzfristig zu unterbrechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1997 – 1 C 9.95 –, BVerwGE 105, 35, 39 f.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20. Mai 2009 – 11 ME 110/09 –, juris Rn. 10; jeweils m.w.N.). Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst das Recht auf ein familiäres Zusammenleben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, BVerfGE 76, 1, 42). Er knüpft dabei nicht an bloße formal-rechtliche familiäre Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tatsächlich bestehende familiäre Lebensgemeinschaft (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2011 – 8 ME 305/10 –, InfAuslR 2011, 151 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Art. 6 Abs. 1 GG schützt die Familie zunächst als tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft der Kinder und ihrer Eltern. Der Schutz des Familiengrundrechts zielt darüber hinaus aber auch generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen, wie sie auch zwischen erwachsenen Familienmitgliedern, zwischen Enkeln und Großeltern oder zwischen nahen Verwandten in der Seitenlinie bestehen können. In den so beschriebenen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fallen – wie der Antragsteller zu Recht ausführt – auch die Beziehungen zwischen volljährigen Familienmitgliedern. Diesen kommt im Verhältnis zu den widerstreitenden einwanderungspolitischen Belangen aber in der Regel nur ein geringeres Gewicht zu. Allenfalls dann, wenn beispielsweise ein erwachsenes Familienmitglied zwingend auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und diese Hilfe sich nur in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt, kann dies einwanderungspolitische Belange zurückdrängen (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 9. August 2017 – 13 ME 167/17 – juris); die tatsächlich geleistete Hilfe muss eine wesentliche sein (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 30. Mai 2018 – 8 ME 3/18 – juris). Eine solche Beziehung liegt zwischen dem volljährig gewordenen Antragsteller und den Eltern jedoch nicht vor. Im Übrigen hat der Antragsteller fast die Hälfte seines Lebens in Albanien verbracht, spricht die Sprache und ist mit den kulturellen Gegebenheiten dort vertraut. Eine Eingliederung in die dortige Gesellschaft ist deshalb nicht wegen einer Entwurzelung unzumutbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
188,440
bgh-2019-01-10-iii-zr-10917
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
III ZR 109/17
2019-01-10T00:00:00
2019-02-11T11:03:12
2019-02-11T11:03:12
Urteil
ECLI:DE:BGH:2019:100119UIIIZR109.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Revision des Kl&#228;gers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 16. M&#228;rz 2017 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als seine Berufung wegen der Antr&#228;ge zu Nr. 3 a) bis d) (betreffend die Beteiligung an der S.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;GmbH &amp; Co. KG) zur&#252;ckgewiesen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die weitergehende Revision des Kl&#228;gers (bez&#252;glich der Antr&#228;ge zu Nr. 2 c), 4 c) und Nr. 5) und die Revision der Beklagten werden als unzul&#228;ssig verworfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger beteiligte sich - jeweils nach Beratung durch den seinerzeit f&#252;r die Beklagte t&#228;tigen Handelsvertreter Dr. T.&#160;&#160;&#160;- &#252;ber einen Treuh&#228;nder mit Beitrittserkl&#228;rungen vom 2. Mai 2007 und 16. M&#228;rz 2010 mit einer Beteiligungssumme von jeweils 20.000 &#8364; zuz&#252;glich 5 % Agio zum einen an der K.&#160;&#160;&amp; C.&#160;&#160;MT "K.&#160;&#160;Ed.&#160;&#160;&#160;" Tankschifffahrts GmbH &amp; Co. KG und der K.&#160;&#160;&#160;&amp; C.&#160;&#160;&#160;MT "K.&#160;&#160;Er.&#160;&#160;" Tankschifffahrts GmbH &amp; Co. KG (im Folgenden Tanker-Fonds) sowie zum anderen an der S.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;GmbH &amp; Co. KG (im Folgenden Solar-Fonds - erste Tranche). Eine sp&#228;ter gezeichnete weitere Beteiligung an diesem Solar-Fonds (zweite Tranche) ist bis auf einen weiterhin geltend gemachten Zinsanspruch nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>In der Beitrittserkl&#228;rung vom 16. M&#228;rz 2010 &#252;ber den Solar-Fonds - erste Tranche - hei&#223;t es in einer gesondert vom Kl&#228;ger unterschriebenen Rubrik mit der &#220;berschrift "Empfangsbest&#228;tigung/weitere Erkl&#228;rungen und Hinweise:" unter anderem wie folgt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">"Ich habe den Beteiligungsprospekt nebst Anlagen (&#8230;) erhalten, den Inhalt insbesondere des Kapitels 05 (Risiken der Beteiligung) des Verkaufsprospekts vollinhaltlich zur Kenntnis genommen und stimme dem Inhalt der Vertr&#228;ge ausdr&#252;cklich zu."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Zugleich unterzeichnete der Kl&#228;ger einen "pers&#246;nlichen Beraterbogen", in dem das Datum der Prospekt&#252;bergabe mit "12.03.10" vermerkt war.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger hat in Bezug auf den Solar-Fonds behauptet, er sei &#252;ber die Risiken der Anlage nicht informiert worden. Den Emissionsprospekt habe er nicht rechtzeitig, sondern erst anl&#228;sslich der Zeichnung erhalten. Der Prospekt habe zudem Fehler enthalten. In Kenntnis der Risiken h&#228;tte er die Anlage nicht erworben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Beklagte hat demgegen&#252;ber behauptet, Dr. T.&#160;&#160;&#160;habe den Prospekt - seiner Praxis entsprechend - dem Kl&#228;ger rechtzeitig vor Zeichnung ausgeh&#228;ndigt. Ferner hat sie sich auf den pers&#246;nlichen Beraterbogen und die Beitrittserkl&#228;rung vom 16. M&#228;rz 2010 bezogen. Hilfsweise hat sie die nicht rechtzeitige &#220;bergabe mit Nichtwissen bestritten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Das Landgericht hat die Schadensersatzklage nach Anh&#246;rung des Kl&#228;gers und Vernehmung des Zeugen Dr. T.&#160;&#160;&#160;&#160;abgewiesen. Auf die Berufung des Kl&#228;gers hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abge&#228;ndert und die Beklagte in Bezug auf den Tanker-Fonds und die zweite Tranche des Solar-Fonds zum Ersatz des Zeichnungsschadens Zug um Zug gegen R&#252;ck&#252;bertragung der Anteile des Kl&#228;gers an den beiden Fondsgesellschaften verurteilt sowie die Feststellungen getroffen, die Beklagte befinde sich hinsichtlich der jeweiligen R&#252;ck&#252;bertragung der Anteile im Annahmeverzug und habe den Kl&#228;ger von s&#228;mtlichen Sch&#228;den und Nachteilen - insbesondere in Bezug auf R&#252;ckforderungsanspr&#252;che nach &#167; 172 Abs. 4 HGB - freizustellen. Im &#220;brigen hat das Berufungsgericht das Rechtsmittel des Kl&#228;gers, soweit es auf R&#252;ckabwicklung der Zeichnung der ersten Tranche des Solar-Fonds nebst Feststellung des Annahmeverzugs sowie - insofern betreffend alle drei Investitionsentscheidungen - Erstattung entgangenen Gewinns (in Form nicht erzielter Anlagezinsen einer Alternativanlage) und Ersatz au&#223;ergerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtet war, zur&#252;ckgewiesen. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit der Revision.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Revision der Beklagten ist unzul&#228;ssig. Auch die Revision des Kl&#228;gers ist teilweise unzul&#228;ssig. Soweit sie - betreffend die Abweisung des auf Schadensersatz wegen des Erwerbs von Anteilen an dem Solar-Fonds am 16. M&#228;rz 2010 (erste Tranche) nebst dazugeh&#246;riger Zins- und Feststellungsantr&#228;ge gerichteten Anspruchs - zul&#228;ssig ist, hat sie Erfolg und f&#252;hrt in diesem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zur&#252;ckverweisung der Sache an das Berufungsgericht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht hat - soweit f&#252;r das Revisionsverfahren von Interesse - ausgef&#252;hrt, in Bezug auf die erste Tranche des Solar-Fonds habe die Beklagte zu der vom Kl&#228;ger behaupteten nicht rechtzeitigen Prospekt&#252;bergabe unter zul&#228;ssiger Bezugnahme auf den Vermerk &#252;ber das &#220;bergabedatum im Beratungsprotokoll substantiiert vorgetragen, dass der Kl&#228;ger den Prospekt am 12. M&#228;rz 2010 erhalten habe. Zwar habe sie damit zu einer Prospekt&#252;bergabe vorgetragen, die nur vier Tage vor der Zeichnung erfolgt sei. Dennoch habe sie ihrer sekund&#228;ren Darlegungslast zu einer rechtzeitigen Prospekt&#252;bergabe gen&#252;gt, indem sie auf die von ihr vorgelegte Anlage B 15 (die Beitrittserkl&#228;rung) Bezug genommen habe, in der der Kl&#228;ger nicht nur den Empfang des Prospekts, sondern auch dessen Kenntnisnahme best&#228;tigt habe. Dies lasse es zumindest als plausibel erscheinen, dass dem Kl&#228;ger vier Tage f&#252;r die Prospektlekt&#252;re ausgereicht h&#228;tten. Der Kl&#228;ger habe dieses Vorbringen inhaltlich nicht in Abrede gestellt und insbesondere nicht bestritten, die Empfangs- und Kenntnisnahmebest&#228;tigung unterzeichnet zu haben. Er habe auch nicht erl&#228;utert, weshalb er den Prospekt entgegen seiner Best&#228;tigung tats&#228;chlich nicht habe zur Kenntnis nehmen k&#246;nnen, oder dies unter Beweis gestellt. Die Behauptung des Kl&#228;gers, er sei im M&#228;rz 2010 "derart beruflich eingespannt" gewesen, dass ihm "Zeit und Ruhe" gefehlt h&#228;tten, "sich mit einem 172 Seiten starken Emissionsprospekt zu befassen", beinhalte keine Darlegung zu der Frage, woran der Berater h&#228;tte erkennen k&#246;nnen, dass dem Kl&#228;ger der Zeitraum von vier Tagen entgegen seiner gegenteiligen Empfangs- und Kenntnisnahmebest&#228;tigung nicht ausgereicht habe. Der Vortrag der Beklagten sei daher als unstreitig anzusehen. Es sei davon auszugehen, dass der Kl&#228;ger den Prospekt rechtzeitig erhalten habe und durch ihn ordnungsgem&#228;&#223; aufgekl&#228;rt worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsurteil h&#228;lt, soweit es zul&#228;ssig angegriffen worden ist, rechtlicher Nachpr&#252;fung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>1. Revision der Beklagten:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Mangels Zulassung ist die Revision der Beklagten als selbst&#228;ndiges Rechtsmittel nicht zul&#228;ssig. Sie ist auch als Anschlussrevision nicht statthaft.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>a) Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten des Kl&#228;gers zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, jedoch aus der Auslegung der Urteilsgr&#252;nde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine Beschr&#228;nkung der Revisionszulassung auch aus den Urteilsgr&#252;nden ergeben (z.B. Senatsurteil vom 18. Oktober 2018 - III ZR 497/16, WM 2018, 2179, Rn. 11; Senatsbeschluss vom 27. M&#228;rz 2014 - III ZR 387/13, juris Rn. 4 m.zahlr.w.N.; Senatsurteile vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, WM 2012, 1574 Rn. 8 und vom 5. Mai 2011 - III ZR 91/10, NJW-RR 2011, 1106 Rn. 22; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - XI ZR 261/10, WM 2012, 1211 Rn. 6 mwN; Urteil vom 27. September 2011 - II ZR 221/09, WM 2011, 2223 Rn. 18). Aufgrund der gebotenen Auslegung der Urteilsgr&#252;nde kommt deshalb eine Beschr&#228;nkung der Zulassung der Revision auf einzelne Prozessparteien in Betracht, sofern Grund der Revisionszulassung eine bestimmte Rechtsfrage war, die das Berufungsgericht zum Nachteil nur einer Prozesspartei entschieden hat und die lediglich f&#252;r die Entscheidung &#252;ber einen selbst&#228;ndigen Teil des Streitstoffs erheblich sein kann. Die Zulassung wirkt in diesem Fall nicht zugunsten der gegnerischen Partei, die das Urteil aus einem v&#246;llig anderen Grund angreift (Senatsurteil vom 5. Mai 2011; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012; jeweils aaO und mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung zugelassen, soweit es um die Frage geht, ob das Beratungsunternehmen mit dem Hinweis auf eine vom Anleger unterzeichnete Best&#228;tigung, in der er den Empfang und die Kenntnisnahme eines einige Tage vor der Zeichnung erhaltenen Prospekts quittiert, seiner - nach Ansicht des Oberlandesgerichts bestehenden - besonderen Darlegungslast im Hinblick auf eine rechtzeitige Prospekt&#252;bergabe gen&#252;gt. Dies bezieht sich allein auf die vom Kl&#228;ger im Zusammenhang mit der Zeichnung der ersten Tranche des Solar-Fonds unterschriebene "Empfangsbest&#228;tigung/weitere Erkl&#228;rungen und Hinweise" vom 16. M&#228;rz 2010. Auf diese Erkl&#228;rung gest&#252;tzt, hat das Berufungsgericht die Klageabweisung insoweit best&#228;tigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>Demgegen&#252;ber betrifft die Revision der Beklagten ihre Verurteilung zur Leistung von Schadensersatz im Zusammenhang mit der Zeichnung des Tanker-Fonds am 2. Mai 2007, bei dem das Berufungsgericht das Verteidigungsvorbringen der Beklagten gerade f&#252;r unzureichend gehalten hat. Das dort abgegebene - isolierte - Empfangsbekenntnis des Kl&#228;gers, das das Oberlandesgericht als nicht ausreichend erachtet hat, ist mit der aus Anlass der Zeichnung des Solar-Fonds unterzeichneten Empfangs- und Kenntnisnahmebest&#228;tigung nicht vergleichbar. Gegenstand des Begehrens des Kl&#228;gers ist zudem ein ganz anderer Fonds, der fast drei Jahre vor dem Solar-Fonds gezeichnet worden ist. Bei dem mit Blick auf den Erwerb der Anteile an dem Tanker-Fonds geltend gemachten Schadensersatzanspruch handelt es sich dementsprechend um einen rechtlich selbst&#228;ndigen und abtrennbaren Teil des Streitstoffs. Im Fall einer Zur&#252;ckverweisung hinsichtlich des Solar-Fonds kann daher kein Widerspruch zu dem den Tanker-Fonds betreffenden Streitstoff auftreten (vgl. etwa Senatsurteil vom 18. Oktober 2018 aaO Rn. 13; Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 m.zahlr.w.N.; BGH, Urteile vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2233 und vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 362).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>b) Das Rechtsmittel der Beklagten ist auch als Anschlussrevision nicht statthaft (&#167; 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>Zwar stellen eine unstatthafte Revision und eine Anschlussrevision ein einheitliches Rechtsmittel dar (vgl. etwa: BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - XI ZR 224/17, WM 2018, 737 Rn. 27). Bei beschr&#228;nkter Zulassung der Revision kann eine Anschlussrevision auch dann eingelegt werden, wenn sie nicht den Streitstoff betrifft, auf den die Revision sich bezieht (vgl. BGH, Urteil vom 22. M&#228;rz 2006 - VIII ZR 173/04, NJW-RR 2006, 1328 Rn. 17 mwN). Grunds&#228;tzlich spielt es nach der ausdr&#252;cklichen Regelung des &#167; 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO auch keine Rolle, ob die Revision nur zugunsten der anderen Partei zugelassen wurde (etwa Senatsurteil vom 5. Mai 2011 aaO Rn. 24).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>Die Anschlussrevision ist als unselbst&#228;ndiges Rechtsmittel aber akzessorischer Natur. Dieser Abh&#228;ngigkeit w&#252;rde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingef&#252;hrt werden k&#246;nnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 40). Als Anschlussrevision ist das Rechtsmittel daher nur dann statthaft, wenn es einen einheitlichen Lebenssachverhalt betrifft, der mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (Senat aaO; BGH, Urteile vom 27. Februar 2018 aaO Rn. 26; vom 12. Oktober 2017 - IX ZR 267/16, WM 2017, 2324 Rn. 27; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, NJW 2014, 2029 Rn. 76; vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, aaO und Rn. 42; &#228;hnlich schon BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - IX ZR 73/00, BGHZ 148, 156, 161 im Vorgriff auf die Rechtslage nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozessrechts vom 27. Juli 2001, BGBl. I, S. 1887).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Daran fehlt es vorliegend. Die Revision und die Anschlussrevision betreffen verschiedene Streitgegenst&#228;nde, die weder rechtlich noch wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Die vom Kl&#228;ger geltend gemachten Anspr&#252;che beruhen auf zeitlich weit auseinanderliegenden, selbst&#228;ndigen Beratungssituationen; die Anlageentscheidungen beziehen sich auf unterschiedliche Kapitalanlagen. Auch die Erw&#228;gungen des Oberlandesgerichts zur Frage des der Beklagten obliegenden Vortrags sowie die jeweils ber&#252;cksichtigten Tatsachen unterscheiden sich voneinander. Allein dass es in beiden F&#228;llen um Zeichnungssch&#228;den geht und dieselben Parteien involviert sind beziehungsweise derselbe Anlageberater im Abstand von einigen Jahren t&#228;tig geworden ist, begr&#252;ndet keinen unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen, sondern allenfalls einen mittelbaren letztlich zuf&#228;lligen Zusammenhang.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>2. Revision des Kl&#228;gers:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>a) Die Revision des Kl&#228;gers ist mit Blick auf den Umfang der Zulassung des Rechtsmittels durch das Berufungsgericht aus den vorstehenden Gr&#252;nden ebenfalls insoweit unzul&#228;ssig, als sie sich gegen die Best&#228;tigung der Abweisung der im Zusammenhang mit dem Tanker-Fonds und der zweiten Tranche des Solar-Fonds geltend gemachten Anspr&#252;che auf Ersatz eines ihm mit einem Alternativ-Investment entgangenen Gewinns (&#167; 252 BGB) und Erstattung au&#223;ergerichtlicher Rechtsanwaltskosten richtet. Auch insoweit handelt es sich um selbst&#228;ndige und abtrennbare Teile des Streitstoffs, hier in Form eines jeweils eigenen Streitgegenstands (zum entgangenen Gewinn: vgl. Senatsbeschluss vom 26. Februar 2015 - III ZR 53/14, BKR 2015, 216 Rn. 4 mwN), die unabh&#228;ngig von dem &#252;brigen Prozessstoff beurteilt werden k&#246;nnen und bei denen auch im Falle der Zur&#252;ckverweisung (ebenfalls) kein Widerspruch zum nicht anfechtbaren Teil des Streitstoffs auftreten kann. Die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht bezieht sich auf diese Punkte ersichtlich nicht (vgl.o.). Einer Teilurteilsf&#228;higkeit des betroffenen Streitstoffs auf der Ebene der Berufungsinstanz bedarf es nicht (Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 aaO Rn. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 193/93, NJW-RR 1995, 449, 450).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>b) Soweit sich die Revision auf die Abweisung des auf R&#252;ckabwicklung der ersten Tranche des Solar-Fonds im Gegenwert von 19.600 &#8364; gerichteten Schadensersatzanspruchs nebst Zinsen bezieht, ist sie hingegen vom Berufungsgericht zugelassen, auch im &#220;brigen zul&#228;ssig und begr&#252;ndet. Die Klageabweisung l&#228;sst sich insoweit mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begr&#252;ndung nicht rechtfertigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>aa) Nach dem im Revisionsrechtszug zugrunde zu legenden Vorbringen des Kl&#228;gers ist zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Dass der f&#252;r die Beklagte als Anlageberater t&#228;tige Zeuge Dr. T.&#160;&#160;&#160;im Zusammenhang mit der Empfehlung des vom Kl&#228;ger am 16. M&#228;rz 2010 gezeichneten Solar-Fonds eine Pflichtverletzung begangen hat, ist nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sach- und Streitstand entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht auszuschlie&#223;en.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>(1) Der Anlageberater schuldet eine anleger- und objektgerechte Beratung, wonach er unter Ber&#252;cksichtigung des Wissenstands des Kunden und seiner pers&#246;nlichen wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse eine seinem Anlageziel und seiner Risikobereitschaft entsprechende Empfehlung auszusprechen und ihn in Bezug auf das Anlageobjekt rechtzeitig, richtig, sorgf&#228;ltig sowie verst&#228;ndlich und vollst&#228;ndig zu beraten hat. Dabei muss er den Interessenten &#252;ber die Eigenschaften und Risiken unterrichten, die f&#252;r die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben k&#246;nnen (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 23. M&#228;rz 2017 - III ZR 93/16, WM 2017, 799 Rn. 11, vom 18. Februar 2016 - III ZR 14/15, WM 2016, 504 Rn. 15; vom 4. Dezember 2014 - III ZR 82/14, WM 2015, 68 Rn. 9 und vom 24. April 2014 - III ZR 389/12, NJW-RR 2014, 1075 Rn. 9 und 12; jew. mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>Eine ordnungsgem&#228;&#223;e Anlageberatung kann dabei nicht nur m&#252;ndlich, sondern auch durch die &#220;bergabe von Prospektmaterial erfolgen, sofern der Prospekt nach Form und Inhalt geeignet ist, die n&#246;tigen Informationen wahrheitsgem&#228;&#223; und verst&#228;ndlich zu vermitteln, und er dem Anlageinteressenten so rechtzeitig vor Vertragsschluss &#252;bergeben wird, dass sein Inhalt noch zur Kenntnis genommen werden kann (z.B. Senatsurteile vom 18. Februar 2016 aaO Rn. 16; 24. April 2014 aaO Rn. 9 mwN und vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152 Rn. 32 m.umfangr.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>Die pers&#246;nliche Aufkl&#228;rungspflicht des Beraters entf&#228;llt, wenn die entsprechende Belehrung in einem Prospekt enthalten ist und der Berater davon ausgehen darf, dass der Kunde diesen gelesen und verstanden hat und gegebenenfalls von sich aus Nachfragen stellt (z.B. Senatsurteile vom 17. September 2015 - III ZR 384/14, BeckRS 2015, 16600 Rn. 16; vom 11. Dezember 2014 - III ZR 365/13, WM 2015, 128 Rn. 18 und vom 20. Juni 2013 - III ZR 293/12, BeckRS 2013, 11561 Rn. 7). Der Anleger muss sich mit dem Prospektinhalt vertraut machen k&#246;nnen, weswegen er ausreichend Zeit f&#252;r eine sinnvolle Auseinandersetzung damit haben muss (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2007 - III ZR 145/06, NJW-RR 2007, 1692 Rn. 9 und vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118 Rn. 24; BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, NJW 2011, 3229 Rn. 18). Sodann liegt es im Verantwortungsbereich des Anlegers zu entscheiden, ob er den Prospekt innerhalb der ihm zur Verf&#252;gung stehenden - ausreichenden - Zeit zur Kenntnis nehmen will oder nicht. Nimmt er die Informationen nicht zur Kenntnis, geht dies zu seinen Lasten (BGH, Urteile vom 4. Juni 2013 - XI ZR 188/11, BeckRS 2013, 10912 Rn. 30 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 345/10, BKR 2013, 283 Rn. 33).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>Die nicht rechtzeitige &#220;bergabe des Emissionsprospekts hat der Anleger darzulegen und zu beweisen (z.B. Senatsurteile vom 19. Oktober 2017 - III ZR 565/16, WM 2017, 2191 Rn. 22 - vorgesehen f&#252;r BGHZ; vom 6. Dezember 2012 - III ZR 66/12, WM 2013, 68 Rn. 16; vom 19. November 2009 aaO Rn. 25 und vom 11. Mai 2006 - III ZR 205/05, WM 2006, 1288 Rn. 6), wobei die Frage der "Rechtzeitigkeit" als solche eine rechtliche Bewertung darstellt (Senatsurteil vom 19. Oktober 2017 aaO Rn. 30). Welche Frist seit Empfang des Prospekts bis zum Abschluss des Anlagegesch&#228;fts angemessen und erforderlich ist, damit der Anleger den Prospektinhalt hinreichend zur Kenntnis nehmen kann, h&#228;ngt indessen ma&#223;geblich von den Umst&#228;nden des einzelnen Falls ab (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2011 aaO). Eine Regelfrist, die nach &#220;bergabe des Prospektes einzuhalten ist, gibt es nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>(2) Die Ansicht des Berufungsgerichts, es sei davon auszugehen, dass der Kl&#228;ger den Prospekt rechtzeitig erhalten habe und damit ordnungsgem&#228;&#223; aufgekl&#228;rt worden sei, beruht auf einem Rechtsfehler.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>(a) Die Vorinstanz hat ihre insoweit angestellte &#220;berlegung, es sei plausibel, dass dem Kl&#228;ger vier Tage zur Prospektlekt&#252;re ausgereicht h&#228;tten, damit begr&#252;ndet, dass er nicht nur den Empfang des laut Beraterbogen am 12. M&#228;rz 2010 ausgeh&#228;ndigten Prospekts, sondern auch dessen Kenntnisnahme einschlie&#223;lich der Risikoaufkl&#228;rung - "vollumf&#228;nglich", "insbesondere das Kapitel 05 (Risiken der Beteiligung)" - best&#228;tigt habe. Damit im Zusammenhang stehen die weiteren Ausf&#252;hrungen, der Kl&#228;ger habe nicht erl&#228;utert und unter Beweis gestellt, weshalb er die Best&#228;tigung unterzeichnet habe, wenn er den Prospekt tats&#228;chlich nicht habe zur Kenntnis nehmen k&#246;nnen, und ferner nicht dargelegt, woran der Berater h&#228;tte erkennen sollen, dass entgegen seiner anderslautenden Best&#228;tigung ein Zeitraum von vier Tagen wegen seiner damaligen beruflichen Belastung nicht ausgereicht habe und ihm "Zeit und Ruhe" gefehlt h&#228;tten, "sich mit dem 172 Seiten starken Emissionsprospekt zu befassen".</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger r&#252;gt mit seiner Revision demgegen&#252;ber zu Recht, dass die - in dem Beitrittsformular der Fondsgesellschaft enthaltene, f&#252;r eine Vielzahl von Vertr&#228;gen vorformulierte (&#167; 305 Abs. 1 Satz 1 BGB) - Kenntnisnahmebest&#228;tigung als Tatsachenbest&#228;tigung gem&#228;&#223; &#167; 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b BGB unwirksam ist. Dies gilt ebenfalls f&#252;r das zugleich mit dieser und weiteren anderen Erkl&#228;rungen - mithin nicht isoliert - abgegebene Empfangsbekenntnis, auf das &#167; 309 Nr. 12 Halbsatz 2 BGB folglich keine Anwendung findet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>(aa) Dem Schutzzweck der Regelung zur Gestaltung rechtsgesch&#228;ftlicher Schuldverh&#228;ltnisse durch allgemeine Gesch&#228;ftsbedingungen entspricht es, auch die vom Verwender vorformulierten einseitigen rechtsgesch&#228;ftlichen Erkl&#228;rungen der anderen Vertragspartei einer AGB-rechtlichen Kontrolle zu unterwerfen (Senatsurteil vom 15. Mai 2014 - III ZR 368/13, WM 2014, 1146 Rn. 30 mwN). Dabei ist der Beklagten die ersichtlich (auch) in ihrem Interesse abgefasste Best&#228;tigung als Verwenderin zuzurechnen, welche sie dem Kl&#228;ger als Vermittlerin der Fondsgesellschaft mit der gleicherma&#223;en unterzeichneten Beitrittserkl&#228;rung vorgelegt hat (&#167; 305 Abs. 1 Satz 1, &#167; 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB; vgl. auch BGH, Urteile vom 5. April 1979 - VII ZR 308/77, BGHZ 74, 204, 211 und vom 6. Mai 1982 - VII ZR 74/81, NJW 1982, 2243, 2244).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_33">33</a> </dt> <dd> <p>(bb) Gem&#228;&#223; &#167; 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b BGB ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils &#228;ndert, indem er diesen bestimmte Tatsachen best&#228;tigen l&#228;sst. Die Ausnahme des Halbsatzes 2 greift nicht ein. Sie gilt nur f&#252;r das gesondert unterschriebene, einer Quittung gem&#228;&#223; &#167; 368 BGB entsprechende (reine) Empfangsbekenntnis. Die Erkl&#228;rung, den Inhalt des Prospekts einschlie&#223;lich der Risikohinweise zur Kenntnis genommen zu haben, geht hier&#252;ber hinaus. Bei einer Kenntnisnahmeklausel handelt es sich um eine Tatsachenbest&#228;tigung in Form der Wissenserkl&#228;rung, die in den Anwendungsbereich des &#167; 309 Nr. 12 Halbsatz 1 Buchstabe b BGB f&#228;llt, soweit sie sich zum Nachteil der Vertragspartei des Verwenders auswirken kann (Habersack, in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., &#167; 309 Nr. 12 Rn. 21).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_34">34</a> </dt> <dd> <p>Die von &#167; 309 Nr. 12 BGB erfasste Bestimmung, durch die der Verwender "die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils &#228;ndert", ersch&#246;pft sich nicht in der Umkehr der Beweislast. Die Vorschrift ist ebenfalls einschl&#228;gig, wenn die vom Verwender zu erbringende Beweisf&#252;hrung erleichtert oder ein vom Vertragspartner zu erbringender Beweis erschwert wird. Sie erfasst jeden Versuch, die Beweisposition des Kunden zu verschlechtern, auch wenn die Beweislast nicht umgekehrt wird (BGH, Urteil vom 28. Januar 1987- IVa ZR 173/85, BGHZ 99, 374, 380 f; OLG Stuttgart NJW-RR 1986, 275 und NJW-RR 1988, 1082, 1083; jeweils noch zu &#167; 11 Nr. 15 AGBG; BeckOGK/Weiler, BGB, Stand: 1. Mai 2018, &#167; 309 Nr. 12 Rn. 44 ff, 88; M&#252;KoBGB/Wurmnest, 7. Aufl., &#167; 309 Nr. 12 Rn. 16; Habersack aaO &#167; 309 Nr. 12 Rn. 8; anderer Ansicht, im Ergebnis aber wohl gleich: Staudinger/Coester-Waltjen, BGB, Neubearbeitung 2013, &#167; 309 Nr. 12 Rn. 8, wonach &#167; 307 BGB Anwendung finden soll). Entscheidend ist allein, ob die Klausel im Streitfall m&#246;gliche Beweiswirkung zu Ungunsten des Kunden entfaltet (Habersack aaO Rn. 10).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_35">35</a> </dt> <dd> <p>Eine solche Wirkung ist - ungeachtet dessen, dass der Kl&#228;ger ohnehin die Beweislast f&#252;r seine Behauptung tr&#228;gt, die Beklagte habe in Gestalt des f&#252;r sie t&#228;tigen Zeugen Dr. T.&#160;&#160;&#160;ihre ihm gegen&#252;ber obliegenden Aufkl&#228;rungspflichten verletzt - erkennbarer Zweck der vom Kl&#228;ger unterzeichneten Kenntnisnahmebest&#228;tigung. Mit der abgegebenen Erkl&#228;rung wird der vom Kl&#228;ger zu f&#252;hrende Beweis der Tatsache, nicht &#252;ber die Risiken des Investments aufgekl&#228;rt worden zu sein, wie gerade die angefochtene Entscheidung zeigt, erschwert und seine Beweisposition durch die gegen sich gerichtete Best&#228;tigung, deren Unrichtigkeit er zu widerlegen hat, verschlechtert (&#228;hnlich: BGH, Urteile vom 9. November 1989 - IX ZR 269/87, NJW 1990, 761, 766 und vom 20. April 1989 - IX ZR 214/88, NJW-RR 1989, 817 f). Um eine Tatsachenbest&#228;tigung, die lediglich die geltende Beweislastverteilung wiedergibt, handelt es sich vorliegend mithin gerade nicht (vgl. dazu Senatsurteil vom 14. Oktober 1999 - III ZR 203/98, NJW 2000, 207 f). Damit verbietet es sich entgegen der in der m&#252;ndlichen Verhandlung des Senats ge&#228;u&#223;erten Ansicht des Prozessbevollm&#228;chtigten der Beklagten zugleich, der abgegebenen Erkl&#228;rung ungeachtet der Unwirksamkeit der Klausel eine wie auch immer geartete tats&#228;chliche Wirkung zu Lasten des Kl&#228;gers beizumessen, denn dadurch w&#252;rde der durch &#167; 309 Nr. 12 BGB bezweckte Schutz unterminiert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_36">36</a> </dt> <dd> <p>Hinzu kommt, dass die Klausel auch eine die Beweislast der Beklagten zumindest erleichternde, wenn nicht gar zu ihren Gunsten umkehrende Wirkung f&#252;r den Fall haben kann, dass der Kunde darlegen und beweisen kann, den eine zutreffende Risikoaufkl&#228;rung enthaltenden Prospekt nicht rechtzeitig erhalten zu haben, und sie als Verwender gezwungen ist, die gegen sie streitende tats&#228;chliche Vermutung der Kausalit&#228;t der Pflichtverletzung zu entkr&#228;ften (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. M&#228;rz 2017 - III ZR 489/16, WM 2017, 708 Rn. 32).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_37">37</a> </dt> <dd> <p>(cc) Auch das eine blo&#223;e Quittungsfunktion erf&#252;llende Empfangsbekenntnis ist nur dann gem&#228;&#223; &#167; 309 Nr. 12 Halbsatz 2 BGB wirksam, wenn es gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist. Dies bedeutet in Entsprechung mit Nr. 11 Buchstabe a der Vorschrift, dass es getrennt vom sonstigen Vertragstext erteilt werden, mithin r&#228;umlich und drucktechnisch deutlich abgehoben sein muss, wobei sich die Unterschrift allein auf das Empfangsbekenntnis als rein tats&#228;chlichen Vorgang der k&#246;rperlichen &#220;bergabe und Entgegennahme einer Sache beziehen und keine weitere Erkl&#228;rung umfassen darf (vgl. etwa Senatsurteil vom 24. M&#228;rz 1988 - III ZR 21/87, NJW 1988, 2106, 2108 - zu &#167; 11 Nr. 15 Buchstabe b AGBG; Habersack aaO Rn. 24; Coester-Waltjen aaO Rn. 13). Das ist bei der vom Kl&#228;ger unterschriebenen, ausdr&#252;cklich weitere Erkl&#228;rungen und Hinweise enthaltenden Empfangsbest&#228;tigung gerade nicht der Fall.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_38">38</a> </dt> <dd> <p>(b) Das Berufungsgericht wird daher im neuen Verfahren die schriftliche Erkl&#228;rung des Kl&#228;gers, er habe den Prospekt vollinhaltlich zur Kenntnis genommen, au&#223;er Acht zu lassen und sich nur unter Ber&#252;cksichtigung des sonstigen Parteivortrags mit der Frage zu befassen haben, ob der Kl&#228;ger den Prospekt rechtzeitig erhalten hat, um sich mit dessen Inhalt auseinandersetzen zu k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_39">39</a> </dt> <dd> <p>Dabei ist - wie eingangs ausgef&#252;hrt - nicht auf die Einhaltung bestimmter Fristen, sondern auf die W&#252;rdigung der konkreten Einzelfallumst&#228;nde abzustellen, die insbesondere von der Person des Anlegers (seiner Vorerfahrung, Auffassungsgabe und Bildung) und der ihm effektiv zur Verf&#252;gung stehenden Zeit beeinflusst sein k&#246;nnen. Hatte unter Ber&#252;cksichtigung dieser Umst&#228;nde der Anleger gen&#252;gend Gelegenheit, um sich anhand des Emissionsprospekts zu informieren, oder durfte der Anlageberater hiervon ausgehen, ist dieser nicht gehalten, sich davon zu vergewissern, dass der Anleger von der M&#246;glichkeit zur Information tats&#228;chlich auch Gebrauch gemacht hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>III.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_40">40</a> </dt> <dd> <p>Nach alledem ist das Berufungsurteil gem&#228;&#223; &#167; 562 Abs. 1 ZPO teilweise aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zur&#252;ckzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (&#167; 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Im neuen Verfahren wird sich das Berufungsgericht gegebenenfalls auch mit den weiteren im Revisionsverfahren erhobenen R&#252;gen und den Entgegnungen auf diese zu befassen haben, auf die einzugehen der Senat im vorliegenden Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Herrmann&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Tombrink&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Remmert</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Arend&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">B&#246;ttcher&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
180,264
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{ "id": 146, "name": "Oberlandesgericht Karlsruhe", "slug": "olgkarl", "city": null, "state": 3, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
2 VAs 60/18
2019-01-10T00:00:00
2019-02-07T14:18:58
2019-02-12T13:33:30
Beschluss
<h2>Tenor</h2> <p>1. Auf den Antrag des Verurteilten B auf gerichtliche Entscheidung vom 19. Oktober 2018 werden der Bescheid der Staatsanwaltschaft Karlsruhe vom 29. August 2018 - 807 VRs 160 Js 17494/12 - und der Beschwerdebescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 9. Oktober 2018 - 7 Zs 1675/18 KA - aufgehoben.</p> <p/> <p>2. Die Staatsanwaltschaft wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.</p> <p/> <p>3. Der weitergehende Antrag wird als unbegr&#252;ndet verworfen.</p> <p/> <p>4. Das Verfahren ist geb&#252;hrenfrei. Dem Antragsteller sind zwei Drittel seiner notwendigen au&#223;ergerichtlichen Kosten aus der Staatskasse zu erstatten.</p> <p/> <p>5. Der Gesch&#228;ftswert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.</p> <p/> <p>6. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.</p> <h2>Gründe</h2> <table><tr><td>&#160;</td><td> <table width="100%"><tr><td style="text-align:center"><strong>I.</strong></td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der Antragsteller erstrebt eine von der Vollstreckungsbeh&#246;rde abgelehnte &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge, hilfsweise deren Verpflichtung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats. Hierdurch soll zu einem fr&#252;heren Zeitpunkt die M&#246;glichkeit der Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung nach &#167; 35 Abs. 1 BtMG er&#246;ffnet werden.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Soweit f&#252;r das vorliegende Verfahren relevant, sind gegen den Antragsteller nachfolgende rechtskr&#228;ftige Verurteilungen ergangen.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>1. Ausgangsentscheidung der gegenw&#228;rtigen Vollstreckungslage ist ein Urteil des <em>Amtsgerichts Br vom 18.12.2017 </em>- 6 Ls 160 Js 20687/17 - in Verbindung mit dem nachtr&#228;glichen Gesamtstrafenbeschluss dieses Gerichts vom 03.05.2018. Er wurde wegen unerlaubten Besitzes von Bet&#228;ubungsmitteln u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten verurteilt. Ausweislich der Urteilsgr&#252;nde ist diese Vollstreckung zur&#252;ckstellungsf&#228;hig. Die Strafe wurde zun&#228;chst vom 30.11.2017 bis zum 30.04.2018 vollstreckt; seither ist die Vollstreckung unterbrochen. Demzufolge stehen noch mehr als zwei Jahre zur Vollstreckung an. Die restliche Strafe soll ab dem 04.02.2020 vollstreckt werden. Zweidritteltermin ist der 29.05.2021; als Strafende ist der 20.05.2022 vorgemerkt.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>2. Die vorgenannte Unterbrechung nach dem 30.04.2018 erfolgte vor dem Hintergrund nachfolgender Entscheidungen:</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>a) Durch Urteil des <em>Amtsgerichts Br vom 08.05.2008</em> - 6 Ls 650 Js 39794/07 - wurde der Antragsteller wegen unerlaubten Handeltreibens mit Bet&#228;ubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung des Restes der Strafe wurde zur&#252;ckgestellt und die restliche Freiheitsstrafe zur Bew&#228;hrung ausgesetzt. Nach dem Widerruf der Strafaussetzung erfolgte schlie&#223;lich eine erneute Strafaussetzung zur Bew&#228;hrung; die Reststrafe betr&#228;gt 337 Tage (zum erneuten Widerruf vgl. nachfolgend Ziffer 2 e).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>b) Durch Urteil des <em>Amtsgerichts H vom 28.03.2011</em> - 41 Ds 24 Js 1453/11 - wurde er wegen vors&#228;tzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von f&#252;nf Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zun&#228;chst zur Bew&#228;hrung ausgesetzt worden war. Die Strafe war nicht zur&#252;ckstellungsf&#228;hig. Nach dem Widerruf der Strafaussetzung erfolgte schlie&#223;lich eine erneute Strafaussetzung zur Bew&#228;hrung; die - zwischenzeitlich vom 01.05.2018 bis zum 20.06.2018 vollstreckte - Reststrafe betrug 51 Tage (zum erneuten Widerruf vgl. nachfolgend Ziffer 2 e).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>c) Durch Urteil des <em>Amtsgerichts P vom 09.01.2012</em> - 7 Ds 81 Js 10872/11 - in Verbindung mit dem Berufungsurteil des Landgerichts K - Ausw&#228;rtige Strafkammer P - vom 19.12.2012 - 18 Ns 81 Js 10872/11 - wurde er wegen fahrl&#228;ssiger Gef&#228;hrdung des Stra&#223;enverkehrs u.a. unter Einbeziehung einer weiteren Strafe zu einer Gesamtfreiheitstrafe von einem Jahr und f&#252;nf Monaten verurteilt. Die Vollstreckung ist zur&#252;ckstellungsf&#228;hig. Die restliche Strafe wurde zun&#228;chst zur Bew&#228;hrung ausgesetzt; die Reststrafe betr&#228;gt 174 Tage (zum Widerruf vgl. nachfolgend Ziffer 2 e).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>d) Durch nachtr&#228;glichen Gesamtstrafenbeschluss des <em>Amtsgerichts Bt vom 27.08.2014</em> - 2 Ds 160 Js 17494/12 - wurden die Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Bt vom 08.10.2013 - 2 Ds 160 Js 17494/12 - und dem Strafbefehl des Amtsgerichts &#214; vom 19.04.2013 - 3 Cs 11 Js 19283/12 - auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten zur&#252;ckgef&#252;hrt. Die erstgenannte Verurteilung erfolgte wegen gef&#228;hrlicher K&#246;rperverletzung, die zweite wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte u.a.. Ob die Strafe zur&#252;ckstellungsf&#228;hig ist, bedarf derzeit keiner abschlie&#223;enden Entscheidung durch den Senat. Der Strafrest wurde zur Bew&#228;hrung ausgesetzt; die - zwischenzeitlich vom 21.06.2018 bis zum 10.09.2018 vollstreckte - Reststrafe betrug 82 Tage (zum Widerruf vgl. nachfolgend Ziffer 2 e).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>e) Mit Beschluss des Landgerichts O - Strafvollstreckungskammer - vom 16.02.2018 - 7 StVK 550-553/14 -, rechtskr&#228;ftig seit 06.03.2018, wurden die Strafaussetzungen der restlichen Freiheitsstrafen aus den vorgenannten Straferkenntnissen Ziffer 2 a) bis d) im Hinblick auf die Verurteilung Ziffer 1 widerrufen.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>3. Die erfolgten Widerrufe der zur Bew&#228;hrung ausgesetzten restlichen Freiheitsstrafen veranlassten die Staatsanwaltschaft Karlsruhe mit Verf&#252;gung vom 05.04.2018, die Vollstreckung aus dem Straferkenntnis Ziffer 1 mit Ablauf des 30.04.2018 gem. &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO zu unterbrechen und die vier widerrufenen Strafreste vorweg zu vollstrecken. Gegenw&#228;rtig wird seit dem 11.09.2018 noch bis zum 03.03.2019 die Strafe aus dem Straferkenntnis Ziffer 2 c) vollstreckt; anschlie&#223;end soll bis zum 03.02.2020 diejenige aus dem Straferkenntnis Ziffer 2 a) erfolgen. Sodann ist - wie bereits ausgef&#252;hrt - die Fortsetzung der Vollstreckung der Strafe aus dem Straferkenntnis Ziffer 1 vorgemerkt.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>4. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 04.07.2018 beantragte der Verurteilte, die Vollstreckungsreihenfolge gem. &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO &#8222;aus wichtigem Grund&#8220; dahingehend abzu&#228;ndern, dass im Anschluss an vollst&#228;ndige Vollstreckung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts H vom 28.03.2011 die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Br vom 18.12.2017 vollstreckt wird. Zur Begr&#252;ndung wurde ausgef&#252;hrt, dass die verbleibenden Strafen nach &#167;&#167; 35, 36 BtMG zur&#252;ckstellungsf&#228;hig seien und der Verurteilte nach Verb&#252;&#223;ung bis zur Zweijahresgrenze aus dem Urteil des Amtsgerichts Br vom 18.12.2017 die M&#246;glichkeit habe, eine Drogenentw&#246;hnungstherapie zu durchlaufen. Zugleich wurde eine Bescheinigung vorgelegt, wonach der Verurteilte in regelm&#228;&#223;igem Kontakt zur externen Suchtberatungsstelle innerhalb der Justizvollzugsanstalt Br stehe, insbesondere an Einzelgespr&#228;chen und einer Motivations- und Vorbereitungsgruppe teilnehme. Ferner sei ein Antrag auf eine station&#228;re Rehabilitation bei der Deutschen Rentenversicherung gestellt worden. Bewilligende Bescheide erfolgten sodann unter dem 22.06.2018 (insgesamt 40 Wochen medizinische Rehabilitation im Therapiezentrum B in Bu). Mit Bescheiden vom 23.07.2018 wurde die Rehabilitationseinrichtung dahin ge&#228;ndert, dass die Behandlung in der Fachklinik &#8222;V&#8220; in F erfolgen soll.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Mit Verf&#252;gung vom 29.08.2018 lehnte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe den Antrag ab. Zur Begr&#252;ndung berief sie sich insbesondere auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 09.02.2012 - 5 AR (VS) 40/11 -, BGHSt 57, 155, wonach Strafreste regelm&#228;&#223;ig der Vorwegvollstreckung &#252;berantwortet seien. Erg&#228;nzend wurden Ausf&#252;hrungen zu den bislang fehlgeschlagenen station&#228;ren und ambulanten Therapien gemacht.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe gab der Beschwerde des Verurteilten mit Bescheid vom 09.10.2018 - 7 Zs 1675/18 KA -, der dem Verteidiger am 19.10.2018 zugestellt wurde, keine Folge. Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte sie Folgendes aus:</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Eine &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge in dem vorliegenden Vollstreckungsverfahren scheidet bereits deshalb aus, da die zu vollstreckende Reststrafe, f&#252;r die die bereits begonnene Vollstreckung der Gesamtstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Br 6 Ls 160 Js 20687/17 i.V.m. mit dem Gesamtstrafenbeschluss vom 03.05.2018 unterbrochen wurde, zwischenzeitlich vollst&#228;ndig vollstreckt ist. Der widerrufene Strafrest vom 82 Tagen im vorliegenden Vollstreckungsverfahren war mit Ablauf des 10.09.2018 vollst&#228;ndig verb&#252;&#223;t. Ein r&#252;ckwirkender Eingriff in die Vollstreckungsreihenfolge kommt nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des &#167; 454b Abs. 1 Satz 3 StPO in Betracht, oder um Benachteiligungen bei der Anwendung der &#167;&#167; 57, 57a StGB durch Fehler oder Vers&#228;umnisse der Vollstreckungsbeh&#246;rde zu beseitigen (vgl. OLG Zweibr&#252;cken, Beschluss vom 22. September 1992 - 1 Ws 450 - 457/92 -, juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da vorliegend keine Unterbrechung der begonnenen Vollstreckung der Gesamtstrafe aus dem Beschluss des Amtsgerichts Br vom 03.05.2018 zur Erm&#246;glichung eines gemeinsamen Zwei-Drittel-Pr&#252;fungs-Termins nach &#167; 57 Abs. 1 StGB unterblieb, sondern eine Unterbrechung der laufenden Vollstreckung aus dem Gesamtstrafenbeschluss zum Zwischenvollzug eines widerrufenen Strafrests erfolgt ist.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Die Staatsanwaltschaft hat zu Recht diese Unterbrechung zum Zwischenvollzug des widerrufenen Rests der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Bt vom 04.10.2013 angeordnet und die beantragte &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge im Wege der R&#252;cknahme dieser Unterbrechung abgelehnt. Gem&#228;&#223; &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO bildet insbesondere das Hinzutreten von Strafresten nach Widerruf der Strafaussetzung zur Bew&#228;hrung einen wichtigen Grund, die Reihenfolge der zu vollstreckenden Strafen zu &#228;ndern. Dies deckt sich mit der Wertung des Gesetzgebers in &#167; 454b Abs. 2 Satz 2 StPO, wonach widerrufene Strafreste an der Unterbrechungsregelung des &#167; 454b Abs. 1 StPO nicht teilnehmen. Sie sind deshalb regelm&#228;&#223;ig der Vorwegvollstreckung &#252;berantwortet (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Februar 2012 - 5 AR (VS) 40/11 -, BGHSt 57, 155-159). Hierauf beruht die von der Staatsanwaltschaft angeordnete &#196;nderung der Reihenfolge der Vollstreckung. Ein Ausnahmetatbestand von dieser Regel, welcher vorliegend die Wiederherstellung der Vollstreckungsreihenfolge vor der Unterbrechung zum Zwischenvollzug des widerrufenen Strafrests rechtfertigen k&#246;nnte, ist vorliegend nicht zu bejahen. Ein solcher ergibt sich auch nicht aus dem beabsichtigten Antrag auf Zur&#252;ckstellung nach &#167; 35 BtMG. Das Gesetz sieht in &#167; 454b Abs. 3 StPO eine Ab&#228;nderung der gesetzlich vorgesehenen Vollstreckungsreihenfolge im Hinblick auf einen beabsichtigten Antrag gem&#228;&#223; &#167; 35 BtMG nur f&#252;r eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe und nur f&#252;r den Fall vor, dass ein nicht zur&#252;ckstellungsf&#228;higer Strafrest entgegen der Unterbrechungsregelung des &#167; 454b Abs. 2 StPO zu Ende vollstreckt werden kann, um die Sperrwirkung des &#167; 35 Abs. 6 Nr. 2 BtMG zu beseitigen. Diese Voraussetzungen liegen vorliegend nicht vor, da durch die begehrte Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge nicht die Voraussetzungen des &#167; 35 BtMG f&#252;r eine weitere zu vollstreckende Freiheitsstrafe geschaffen werden sollen, sondern f&#252;r die dann weiter vollstreckte Strafe selbst.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>5. Mit Schriftsatz des Verteidigers vom 29.10.2018, beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangen am 31.10.2018, stellte der Verurteilte Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Er beantragt, die Staatsanwaltschaft entsprechend seinem urspr&#252;nglichen Antrag - nunmehr r&#252;ckwirkend - zu verpflichten, die Vollstreckungsreihenfolge entsprechend abzu&#228;ndern, hilfsweise, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu verbescheiden. In dem Antrag wird die Ansicht vertreten, der angefochtene Bescheid sei ermessensfehlerhaft. Insbesondere k&#246;nne nicht darauf abgestellt werden, dass bisherige Therapien keinen Erfolg gehabt h&#228;tten. Erg&#228;nzend wurde ein Schreiben der Fachklinik &#8222;V&#8220; vom 24.10.2018 beigef&#252;gt, wonach der Antragsteller 11.12.2018 grunds&#228;tzlich am 11.12.2018 zur station&#228;ren Drogenentw&#246;hnungstherapie aufgenommen werden k&#246;nne.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat mit Zuschrift vom 23.11.2018 auf Verwerfung des Antrages als unbegr&#252;ndet angetragen. Mit Schriftsatz vom 05.12.2018 erwiderte der Verteidiger hierauf.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> <table width="100%"><tr><td style="text-align:center"><strong>II.</strong></td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>Der Antrag hat mit dem Hilfsantrag - jedenfalls vorl&#228;ufigen - Erfolg.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist statthaft (&#167; 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig (&#167;&#167; 24 Abs. 2, 26 Abs. 1 EGGVG).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>2. Die Entscheidung der Vollstreckungsbeh&#246;rde, die Vollstreckung nicht gem&#228;&#223; &#167; 43 Abs. 3 StVollstrO fortzusetzen und stattdessen nach &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO zu verfahren, unterliegt nicht in vollem Umfang der &#220;berpr&#252;fung durch den Senat. Der Antragsteller hat lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie &#220;berpr&#252;fung seines Begehrens (&#167; 28 Abs. 3 EGGVG); hinsichtlich der Annahme eines wichtigen Grundes steht der Vollstreckungsbeh&#246;rde ein Beurteilungsspielraum zu (Senat, Beschl&#252;sse vom 20.12.2016 - 2 VAs 139/16 - [n.v.] und StV 2003, 287).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Die Bescheide sind aufzuheben, da in dem - ma&#223;geblichen - Beschwerdebescheid das Ansinnen des Antragstellers nicht ausreichend erfasst wird. Dabei d&#252;rften bereits zu hohe Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO gestellt worden sein; jedenfalls werden die Ermessenserw&#228;gungen den umfassenden Anforderungen der vorliegenden besonderen Fallkonstellation nicht hinreichend gerecht.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Die Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe aus dem nachtr&#228;glichen Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Br vom 03.05.2018, deren Vollstreckung bereits begonnen hatte (&#167; 43 Abs. 3 StVollstrO), entsprach zun&#228;chst - eine <em>gesetzliche</em> Normierung ist nicht vorhanden - grunds&#228;tzlich der Regelung des &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO; danach <em>kann</em> die Vollstreckungsbeh&#246;rde aus wichtigem Grund, insbesondere dem Hinzutreten von Strafresten nach Widerruf der Strafaussetzung zur Bew&#228;hrung, eine von &#167; 43 Abs. 3 StVollstrO abweichende Reihenfolge der Vollstreckung bestimmen. Diese Regelung, eine blo&#223;e Verwaltungsvorschrift, welche die Gerichte nicht bindet (vgl. hierzu nachdr&#252;cklich Gro&#223;, jurisPR-StrafR 7/2012 Anm. 4), entspricht der Auffassung des Bundesgerichtshofes (BGHSt 57, 155 mit Anm. Laubenthal/Nestler NStZ 2012, 467 und krit. Anm. Gro&#223; aaO) und auch derjenigen des Senats (Beschluss vom 20.05.2011 - 2 VAs 2/11 [BeckRS 2011, 14497]), dessen Entscheidung dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde liegt. Durch die ab dem 01.10.2017 erfolgte Erg&#228;nzung des &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO - es wurde der Widerruf eines Strafrestes als konkretes Beispiel f&#252;r einen wichtigen Grund eingef&#252;gt - l&#228;sst sich auch ein erh&#246;htes Vollstreckungsinteresse ableiten (BeckOK StVollstrO/Weide, 2. Edition 15.06.2018, &#167; 36 Rn. 20; BeckOK StVollstrO/Wittmann, 2. Edition 15.06.2018, &#167; 43 Rn. 10).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>Ungeachtet dieses grunds&#228;tzlich gebotenen &#8222;Zwischenvorwegvollzugs von Strafresten&#8220; hat die Vollstreckungsbeh&#246;rde ein Ermessen auszu&#252;ben, wenn im konkreten Fall gewichtige Umst&#228;nde in Betracht kommen, die eine andere Vollstreckungsreihenfolge gebieten k&#246;nnen; vorliegend entsprach die zun&#228;chst begonnene Vollstreckung ohnehin bereits &#167; 43 Abs. 3 StVollstrO. Daher muss die Vollstreckungsbeh&#246;rde auch hier immer eine konkrete Pr&#252;fung des Einzelfalls vornehmen. Ein Absehen von der Unterbrechung zum Zwecke des Vollzugs eines widerrufenen Strafrestes kann insbesondere dann angebracht sein, wenn konkrete Umst&#228;nde vorliegen, hinter denen auch das erh&#246;hte Vollstreckungsinteresse zur&#252;ckzustehen hat (BeckOK StVollstrO/Wittmann aaO &#167; 43 Rn. 10).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>Durch die Unterbrechung des &#8222;Erstvollzugs&#8220; wird dem Antragsteller mangels noch nicht erreichter Restvollstreckungszeit von h&#246;chstens zwei Jahren letztlich aller Voraussicht nach erst nach der am 04.02.2020 beginnenden weiteren erg&#228;nzenden Vollstreckung bis zur Zweijahresgrenze erm&#246;glicht, eine Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung - falls die weiteren Voraussetzungen gegeben sind - in Anspruch nehmen zu k&#246;nnen. Soweit es die Strafreste betrifft, st&#252;nde jene Strafe demzufolge zuvor einer Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung entgegen (&#167; 35 Abs. 6 Nr. 2 BtMG).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Der vom Antragsteller beantragten &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge steht zun&#228;chst - sowohl die Auffassung in dem Beschwerdebescheid - die Regelung des &#167; 454b Abs. 3 StPO n.F. nicht entgegen. Die Vorschrift wurde durch Art. 3 Nr. 36 Buchst. a des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202), in Kraft getreten am 24.08.2017, eingef&#252;hrt. Hierdurch sollte (lediglich) nunmehr eine <em>gesetzliche</em> M&#246;glichkeit geschaffen werden, von der Unterbrechung der Strafvollstreckung zum Halbstrafen- beziehungsweise Zweidrittelstrafzeitpunkt abzusehen, wenn weitere, im Unterschied zur zun&#228;chst vollstreckten Strafe nach &#167; 35 BtMG zur&#252;ckstellungsf&#228;hige, Strafen zu vollstrecken sind (BT-Drs. 18/11272 S. 34). Zuvor wurde in der Praxis Abhilfe durch eine Anwendung des &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO gesucht, bei der nicht zur&#252;ckstellungsf&#228;hige Strafen vorweg vollstreckt wurden (Senat, NStZ-RR 2006, 287; BeckOK StPO/Coen, 31. Edition 15.10.2018, &#167; 454b Rn. 8.1). Demgegen&#252;ber hat der Fall, dass <em>alle</em> Strafen (gegebenenfalls einschlie&#223;lich widerrufener Reststrafen) zur&#252;ckstellungsf&#228;hig sind, weiterhin keine gesetzliche Regelung erfahren. Ebenso wenig ist das Ansinnen des Antragstellers mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.02.2012 (BGHSt 57, 155) unvereinbar. Abgesehen davon, dass gem&#228;&#223; &#167; 454b Abs. 2 Satz 2 StPO auch nach dessen Auffassung Strafreste (nur) <em>jedenfalls grunds&#228;tzlich</em> [Hervorhebung durch den Senat] der Vorwegvollstreckung &#252;berantwortet werden (aaO Rn. 9), l&#228;sst auch jene Entscheidung ein Abweichen hiervon bei besonderen Umst&#228;nden ausdr&#252;cklich zu (aaO Rn. 11). Schlie&#223;lich war im dortigen Verfahren die Frage einer Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung nach &#167; 35 BtMG ohne Belang, sodass es auch aus diesem Grund an einer unmittelbaren Vergleichbarkeit mit der vorliegenden Konstellation fehlt. Auch in der Literatur ist das ausnahmsweise Absehen von einer Unterbrechung trotz zu vollstreckender Strafreste einhellig anerkannt; dies kann der Fall sein, wenn Anhaltspunkte f&#252;r eine (erneute) Aussetzung sprechen und durch den Zwischenvollzug des Strafrestes die Resozialisierung vereitelt oder unangemessen gef&#228;hrdet w&#252;rde (BeckOK StVollstrO/Wittmann aaO &#167; 43 Rn. 10 a.E.; LK-StPO/Graalmann-Scheerer, 26. Aufl. 2010, &#167; 454b Rn. 33 a.E.; SK-StPO/Paeffgen, 4. Aufl. 2013, &#167; 454b Rn. 12; HK-StPO/Poll&#228;hne, 6. Aufl. 2019, &#167; 454b Rn. 5; Gro&#223;, jurisPR-StrafR aaO).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>3. Im Allgemeinen ist die Bestimmung einer Vollstreckungsreihenfolge f&#252;r mehrere Freiheitsstrafen f&#252;r den Verurteilten ohne Relevanz. Sie erweist sich dann aber als mehr als nur eine Formalit&#228;t, wenn sie sich auf die Rechtsm&#246;glichkeiten des Verurteilten auswirkt, sei auf &#167; 57 StGB oder - wie vorliegend - auf &#167; 35 BtMG. So ist die Vollstreckungsbeh&#246;rde beispielsweise bei einer Anschlussvollstreckung bereits dann verpflichtet, die weitere Vollstreckung zum Halbstraftermin zu unterbrechen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit f&#252;r eine bedingte Entlassung besteht, wobei ein gro&#223;z&#252;giger Ma&#223;stab anzulegen ist (Senat, Beschluss vom 15.08.2018 - 2 VAs 37/18 -, juris).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Die Erw&#228;gungen der Vollstreckungsbeh&#246;rde werden vor dem Hintergrund der aufgezeigten differenzierten Sach- und Rechtslage den Anforderungen nicht umfassend gerecht. Das Anliegen, dem Verurteilten wenigstens zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt die Teilnahme an einer Therapie zu erm&#246;glichen, stellt regelm&#228;&#223;ig einen wichtigen Grund f&#252;r eine &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge dar (M&#252;KoStGB/Kornprobst, 3. Aufl. 2018, &#167; 35 BtMG Rn. 128 [zu &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO]; vgl. auch Senat, StV 2003, 287). Die gesetzgeberische Entscheidung, &#167; 454b Abs. 3 StPO (n.F.) einzuf&#252;hren, zeigt dar&#252;ber hinaus, dass auch im Rahmen der Vollstreckungsreihenfolge der in &#167; 35 BtMG zum Ausdruck kommende Grundsatz &#8222;Therapie vor Strafe&#8220; Anerkennung gefunden hat (zur Aus&#252;bung des Ermessens vgl. Graf/Coen, StPO, 3. Aufl. 2018, &#167; 454b Rn. 9f). Auch ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung beim Zusammentreffen von Ma&#223;regelvollzug und zu vollstreckender Strafreste anerkannt, dass der Ma&#223;regeltherapie grunds&#228;tzlich der Vorrang geb&#252;hrt; die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.02.2012 (BGHSt 57, 155) steht hierzu nicht entgegen (OLG Dresden NStZ 2013, 173; SaarlOLG StV 2015, 375). Letztere Vollstreckungssituation weist eine unmittelbare Vergleichbarkeit zum vorliegenden Fall auf.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Nach vorl&#228;ufiger W&#252;rdigung d&#252;rften sowohl die Strafe der Ausgangsvollstreckung (Ziffer I.1.) - nach Erreichen der Zweijahresgrenze - als auch - mit einer noch nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rten Ausnahme - die weiteren Reststrafen au&#223;er derjenigen aus dem Urteil des Amtsgerichts H (Ziffer I.2.b), was in dem Antrag ber&#252;cksichtigt wurde, zur&#252;ckstellungsf&#228;hig sein. Wenngleich das undifferenzierte Heranziehen von &#8222;Alkoholmissbrauch oder Bet&#228;ubungsmittelabh&#228;ngigkeit&#8220; nicht unbedenklich erscheint, wurde in dem Urteil des Amtsgerichts Br vom 18.12.2017 &#8222;eine Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung f&#252;r eine der Rehabilitation dienende Behandlung im Sinne des &#167; 35 BtMG seitens des Gerichts ausdr&#252;cklich begr&#252;&#223;t&#8220;. Unter dem 13.07.2018 und dem 20.07.2018 teilten die jeweiligen Vollstreckungsrechtspflegerinnen mit, dass die Strafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Br vom 08.05.2008 (Ziffer I.2.a) - insoweit war ohnehin bereits einmal eine Zur&#252;ckstellung nach &#167; 35 BtMG erfolgt gewesen - und dem Urteil des Amtsgerichts P vom 09.01.2012 (Ziffer I.2.c) zur&#252;ckstellungsf&#228;hig seien. Wie es sich mit der Strafe aus dem nachtr&#228;glichen Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Bt vom 27.08.2014 (Ziffer I.2.d) verh&#228;lt, wird die Vollstreckungsbeh&#246;rde zun&#228;chst in eigener Zust&#228;ndigkeit zu entscheiden haben. Die dem Urteil des Amtsgerichts Bt vom 08.10.2013 zugrundeliegende Tat wurde in betrunkenem Zustand unter dem Einfluss von Cannabis begangen. &#167; 17 Abs. 2 BZRG (in Verbindung mit &#167; 260 Abs. 5 Satz 2 StPO) wurde als angewendete Vorschrift allerdings nicht aufgenommen. Nach den Erfahrungen des Senats steht dies einer Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung nicht zwingend entgegen, da die Vorschrift h&#228;ufig unbekannt zu sein scheint; im &#220;brigen finden sich in der Entscheidung entgegen &#167; 260 Abs. 5 Satz 1 StPO ohnehin &#252;berhaupt keine angewendeten Vorschriften.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Nach derzeitiger Bewertung, worauf es allein ankommt, k&#246;nnte beim Antragsteller eine ernsthafte (erneute) Therapiemotivation vorliegen. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen nimmt er an Terminen der Suchtberatungsstelle teil und hat eine Kostenzusage der Deutschen Rentenversicherung erhalten; Letztere entfaltet allerdings f&#252;r eine Entscheidung nach &#167; 35 BtMG keine Bindungswirkung (OLG Koblenz NStZ-RR 2014, 375). Im Hinblick darauf wurde ihm ab dem 11.12.2018 ein station&#228;rer Therapieplatz zur Verf&#252;gung gestellt.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>4. Bei der neuen Entscheidung wird die Vollstreckungsbeh&#246;rde angesichts bislang gescheiterter Therapien zu ber&#252;cksichtigen haben, dass hinsichtlich der Erfolgsprognose die Zur&#252;ckstellung keine positive Feststellung voraussetzt, wonach ein Erfolg der Therapie zu erwarten ist, weshalb in der Regel von einer Pr&#252;fung der Erfolgsaussicht abzusehen ist (Senat, NStZ-RR 2008, 576; Beschluss vom 03.06.2015 - 2 VAs 8/15 -, juris; Weber, BtMG, 5. Aufl. 2017, &#167; 35 Rn. 35 Rn. 158; M&#252;KoStGB/Kornprobst aaO &#167; 35 BtMG Rn. 140). Eine Zur&#252;ckstellung kann allerdings dann nicht verantwortet werden, wenn im Einzelfall Erkenntnisse vorliegen, welche die Therapie von vornherein als v&#246;llig oder nahezu aussichtslos erscheinen lassen (Senat, NStZ-RR 2009, 122; Weber aaO &#167; 35 Rn. 160; M&#252;KoStGB/Kornprobst aaO &#167; 35 BtMG Rn. 141). Ebenso wird in die Erw&#228;gungen einflie&#223;en m&#252;ssen, dass der Weg aus der Sucht ein langes, prozesshaftes Geschehen darstellt, sodass zu einem Behandlungserfolg in der Regel zahlreiche Therapieversuche geh&#246;ren; selbst mehrfache Therapieabbr&#252;che verm&#246;gen daher nicht ohne weiteres zwangsl&#228;ufig eine Therapiebereitschaft in Zweifel zu ziehen (Senat, StV 2002, 263; NStZ 1999, 253). Ebenso wenig d&#252;rfen weder Anzahl noch H&#246;he der noch zu vollstreckenden Strafen beziehungsweise Strafreste als eigenst&#228;ndige Gesichtspunkte in die Ermessensentscheidung einflie&#223;en, weil diese Erw&#228;gungen an das Ausma&#223; der Tatschuld ankn&#252;pfen und daher als Kriterium der Strafzumessung bei der Entscheidung nach &#167; 35 Abs. 1 BtMG gerade nicht zu ber&#252;cksichtigen sind (Senat, StV 2003, 287).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Schlie&#223;lich kommt hinzu, dass &#167; 454b Abs. 2 Satz 2 StPO bei prognostischer Rechtfertigung einer <em>erneuten</em> Aussetzung widerrufener Strafreste gem. &#167; 57 StGB - oder vorliegend gegebenenfalls gem. &#167; 36 Abs. 1 Satz 3 BtMG - nicht entgegensteht (Senat, StV 2003, 348; OLG Celle NStZ-RR 2014, 61; Fischer, StGB, 66. Aufl. 2019, &#167; 57 Rn. 2 und 8; HK-StPO/Poll&#228;hne aaO &#167; 454b Rn. 5).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/>5. Sollte die Vollstreckungsbeh&#246;rde in Aus&#252;bung pflichtgem&#228;&#223;en Ermessens eine &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge dem Antrag entsprechend auch bez&#252;glich bereits vollst&#228;ndig vollstreckter Strafen (nach dem 20.06.2018) vornehmen, darf die zun&#228;chst getroffene, vom Senat aufgehobene Entscheidung dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen (BVerfG NStZ 1988, 474; LR-StPO/Graalmann-Scheerer aaO &#167; 454b Rn. 25; SK-StPO/Paeffgen aaO &#167; 454b Rn. 19 [jeweils betreffend Versto&#223; gegen &#167; 454b Abs. 2 StPO]). Als L&#246;sungswege werden das materiell-rechtliche &#8222;Anrechnungsmodell&#8220; und das vollstreckungsrechtliche &#8222;R&#252;ckwirkungsmodell&#8220; vertreten. Nach Ansicht des Senats d&#252;rfte jedenfalls bei vorliegender Vollstreckungslage das R&#252;ckwirkungsmodell zur Anwendung kommen, da bei bereits vollst&#228;ndiger Vollstreckung nur hierdurch dem Verurteilten kein Nachteil entstehen kann (so auch OLG Frankfurt NStZ 1990, 254; OLG Naumburg NStZ 1997, 56 [als Alternativm&#246;glichkeit]; LR-StPO/Graalmann-Scheerer aaO &#167; 454b Rn. 29; SK-StPO/Paeffgen aaO &#167; 454b Rn. 22, 22a; KK-StPO/Appl, 7. Aufl. 2013, &#167; 454b Rn. 8; vgl. allerdings OLG Karlsruhe - 3. Strafsenat - NStZ-RR 1996, 60 [keine vollst&#228;ndige Vollstreckung]; Pohlmann/Jabel/Wolf, StVollstrO, 9. Aufl. 2016, &#167; 43 Rn. 33, weisen auf die fehlende Bedeutung des &#8222;sehr feinsinnigen&#8220; Streits f&#252;r die Praxis hin). F&#252;r diese Weise des Nachteilsausgleichs spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber durch die Einf&#252;hrung von &#167; 454b Abs. 2 Satz 3 StPO durch das 2. Justizmodernisierungsgesetz vom 22.12.2006 ebenfalls dem R&#252;ckwirkungsmodell den Vorzug gegeben hat.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Sollte es daher unter der Vorgabe, dass <em>alle</em> Strafreste als zur&#252;ckstellungsf&#228;hig erachtet werden, zu einer &#196;nderung der Vollstreckungsreihenfolge kommen, w&#228;re bei Heranziehung des R&#252;ckwirkungsmodells der Vollstreckungszeitraum ab dem 21.06.2018 auf die Strafe aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Br vom 03.05.2018 nachtr&#228;glich anzurechnen. Andernfalls schl&#246;sse sich zun&#228;chst erst noch die Vollstreckung eines nicht zur&#252;ckstellungsf&#228;higen Strafrestes an.</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/>6. Da es noch erg&#228;nzender Bewertungen der Vollstreckungsbeh&#246;rde bedarf und im &#220;brigen auch eine Ermessensreduzierung auf null nicht zwingend vorliegen d&#252;rfte, ist die Sache noch nicht spruchreif (&#167; 28 Abs. 2 Satz 1 EGGVG); daher ist dem Senat eine abschlie&#223;ende Entscheidung verwehrt. Die Vollstreckungsbeh&#246;rde hat den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden (&#167; 28 Abs. 2 Satz 2 EGGVG).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> <table width="100%"><tr><td style="text-align:center"><strong>III.</strong></td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Eine Kostengrundentscheidung nach &#167;&#167; 1 Abs. 2 Nr. 19, 22 Abs. 1 GNotKG i.V.m. Teil 1 Hauptabschnitt 5, Abschnitt 3, Nr. 14300 bzw. 15301 KV GNotKG ist nicht veranlasst, da der Antrag weder zur&#252;ckgenommen noch (insgesamt) zur&#252;ckgewiesen wurde. Unter Ber&#252;cksichtigung des Teilerfolges des Antrages wurde dieser bei der Entscheidung &#252;ber die au&#223;ergerichtlichen Kosten des Antragstellers mit zwei Drittel bemessen (&#167; 30 Satz 1 EGGVG).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Die Bemessung des Gesch&#228;ftswertes ergibt sich aus &#167;&#167; 36 Abs. 3, 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG. Danach ist in Ermangelung gen&#252;gender Anhaltspunkte f&#252;r eine Bestimmung des Wertes ein Gesch&#228;ftswert von 5.000,- EUR anzusetzen (OLG Celle NStZ-RR 2014, 64).</td></tr></table> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>37&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="37"/>Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht geboten, da die Voraussetzungen des &#167; 29 Abs. 1 Satz 1 EGGVG nicht vorliegen. Die Entscheidung l&#228;sst sich mit der Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGHSt 57, 155) in Einklang bringen. Ferner ist in st&#228;ndiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Erm&#246;glichung einer Zur&#252;ckstellung der Strafvollstreckung nach &#167; 35 BtMG die Vollstreckungsreihenfolge als &#8222;wichtiger Grund&#8220; im Sinne des &#167; 43 Abs. 4 StVollstrO beeinflussen kann.</td></tr></table> </td></tr></table>
178,099
bgh-2019-01-10-iii-zr-3718
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
III ZR 37/18
2019-01-10T00:00:00
2019-02-01T13:09:22
2019-02-01T13:09:22
Urteil
ECLI:DE:BGH:2019:100119UIIIZR37.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts D&#252;sseldorf vom 24. Januar 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Der Rechtsnachfolger des am 9. Februar 2017 verstorbenen vormaligen Kl&#228;gers A.&#160;&#160;&#160;W.&#160;&#160;&#160;(im Folgenden auch: Kl&#228;ger) macht gegen die Beklagte R&#252;ckzahlungsanspr&#252;che aus einem Betreuervertrag geltend.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>A.&#160;&#160;&#160;&#160;W.&#160;&#160;&#160;war Eigent&#252;mer einer Wohnung in einer Anlage, die nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt wurde und nach der Teilungserkl&#228;rung vom 9. Juli 1996 dem betreuten Wohnen dient. &#167; 16 der Teilungserkl&#228;rung enth&#228;lt unter anderem folgende Bestimmungen:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">"Zur weiteren Regelung des Gebrauchs des Wohnungseigentums sowie zur weiteren Regelung von Gebrauch, Lastentragung und Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sind alle Wohnungseigent&#252;mer verpflichtet, mit der W.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;H.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Betriebs-GmbH [Beklagte] &#8230; als Betreuer einen Vertrag &#252;ber Betreuerleistungen f&#252;r die Bewohner der altengerechten Wohnanlage abzuschlie&#223;en, soweit sie die in ihrem Eigentum stehende Wohnung selbst nutzen &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">Die Verpflichtung zum Abschluss eines Betreuungsvertrages entf&#228;llt, solange die Wohnung nicht benutzt wird oder vermietet ist &#8230;"</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Unter dem 10. Dezember 2012 schloss der Kl&#228;ger mit der Beklagten einen formularm&#228;&#223;igen Betreuervertrag ab, der f&#252;r "Betreuung und Organisation" einen monatlichen Grundbetrag von 250 &#8364; sowie f&#252;r "Betreuung PLUS" monatlich weitere 100 &#8364; vorsah. &#167; 4 des Vertrags regelt die Dauer des Vertragsverh&#228;ltnisses:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">"Dieser Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">Der Bewohner/die Bewohnerin kann den Betreuervertrag w&#228;hrend der ersten zwei Jahre ab Abschluss des Betreuervertrages nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes schriftlich und unter Angabe des Grundes k&#252;ndigen, wenn:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:54pt">- &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:54pt">- der Bewohner/die Bewohnerin als Eigent&#252;mer der Wohnung deren Selbstnutzung dauerhaft aufgibt; in diesem Fall kann die K&#252;ndigung zum 15. eines Monats zum Monatsende ausgesprochen werden;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:54pt">- wenn ein sonstiger wichtiger Grund im Sinne des &#167; 314 BGB vorliegt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">Nach Ablauf der Zwei-Jahres-Frist kann der Bewohner/die Bewohnerin den Vertrag mit gesetzlicher Frist k&#252;ndigen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Da A.&#160;&#160;&#160;W.&#160;&#160;&#160;in der Folgezeit (vor&#252;bergehend) schwer pflegebed&#252;rftig wurde, erfolgte seine Verlegung in eine vollstation&#228;re Pflegeeinrichtung, wo er sich in dem Zeitraum vom 2. Oktober 2015 bis zum 1. Februar 2016 aufhielt. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2015 k&#252;ndigte er den Betreuervertrag unter Berufung auf dessen &#167; 4 Abs. 2 mit sofortiger Wirkung und gab an, die Wohnung seit f&#252;nf Monaten nicht mehr zu bewohnen. Es stehe nicht fest, wann sich daran etwas &#228;ndere. Die Beklagte buchte dennoch vom Konto des Kl&#228;gers unter dem 30. Oktober 2015 350 &#8364; sowie unter dem 1. Dezember 2015, dem 1. Januar 2016 und dem 1. Februar 2016 jeweils 250 &#8364; ab. Nach Besserung seines Gesundheitszustands kehrte der Kl&#228;ger im Verlauf des Jahres 2016 in seine Wohnung zur&#252;ck, wobei er die in dem Betreuervertrag vorgesehene monatliche Betreuungspauschale regelm&#228;&#223;ig bezahlte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;ger hat die R&#252;ckzahlung der in dem Zeitraum von Oktober 2015 bis Februar 2016 abgebuchten Betr&#228;ge begehrt und geltend gemacht, auf Grund der K&#252;ndigung habe er keine Zahlungen geschuldet. Seitens der Beklagten seien auch keine Betreuungsleistungen erbracht worden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht hat die Beklagte - unter Klageabweisung im &#220;brigen - zur Zahlung von 750 &#8364; nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Antrag auf vollst&#228;ndige Klageabweisung weiter.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Die zul&#228;ssige Revision ist unbegr&#252;ndet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kl&#228;ger von der Beklagten die R&#252;ckzahlung der in den Monaten Dezember 2015 bis Januar 2016 abgebuchten Betr&#228;ge in H&#246;he von insgesamt 750 &#8364; aus &#167; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Die Beendigung des Betreuervertrags sei nach dem Recht des Dienstvertrags zu beurteilen, da dort der Schwerpunkt des Rechtsgesch&#228;fts liege. Die K&#252;ndigungsfrist richte sich nach &#167; 620 Abs. 2, &#167; 621 Nr. 3 BGB, so dass die K&#252;ndigung vom 26. Oktober 2015 das Vertragsverh&#228;ltnis zum 30. November 2015 beendet habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Der in &#167; 16 der Teilungserkl&#228;rung enthaltene Kontrahierungszwang stehe der Wirksamkeit der K&#252;ndigung nicht entgegen. Diese Verpflichtung sei so zu verstehen, dass ein Betreuungsverh&#228;ltnis w&#228;hrend der gesamten Wohnungsnutzung aufrechterhalten werden m&#252;sse. Eine in einer Teilungserkl&#228;rung enthaltene Verpflichtung der Wohnungseigent&#252;mer, einen Betreuungsvertrag mit einer zeitlichen Bindung von mehr als zwei Jahren abzuschlie&#223;en, sei jedoch nach &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB unwirksam (Hinweis auf BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Die Unwirksamkeit einer &#252;ber zwei Jahre hinausgehenden Bindung ergebe sich unabh&#228;ngig von einer AGB-Inhaltskontrolle zudem aus &#167; 242 BGB. Ein Kontrahierungszwang begegne durchgreifenden Bedenken, wenn die Wohnungseigent&#252;mer zum Abschluss von Vertr&#228;gen mit mehr als zweij&#228;hriger Bindung verpflichtet werden sollten und weder den einzelnen Wohnungseigent&#252;mern noch der Wohnungseigent&#252;mergemeinschaft wirkliche Spielr&#228;ume f&#252;r die Ausgestaltung der Vertr&#228;ge verblieben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Die Beklagte habe keine Gr&#252;nde dargetan, die einer K&#252;ndigung nach Treu und Glauben gem&#228;&#223; &#167; 242 BGB entgegenst&#252;nden ungeachtet dessen, dass eine solche Wertung im Anwendungsbereich des &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB (Klauselverbot ohne Wertungsm&#246;glichkeit) ohnehin nicht zul&#228;ssig sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Soweit die Beklagte einwende, ein blo&#223; "kurzfristiges Ausziehen" aus der Wohnung lasse eine K&#252;ndigung nicht zu, werde diesem berechtigten Interesse dadurch Rechnung getragen, dass in &#167; 4 des Betreuervertrags auf die gesetzlichen K&#252;ndigungsfristen verwiesen werde und zudem die M&#246;glichkeit bestehe, den Betreuervertrag nach ordnungsgem&#228;&#223;er K&#252;ndigung weiterzuf&#252;hren. Die h&#246;chstrichterliche Rechtsprechung, wonach im Rahmen des betreuten Wohnens Miet- und Betreuungsvertrag rechtm&#228;&#223;ig aneinander gekoppelt werden k&#246;nnten (Hinweis auf Senat, Urteil vom 23. Februar 2006 - III ZR 167/05, NJW 2006, 1276), sei nicht einschl&#228;gig, da &#167; 4 des Betreuervertrags eine K&#252;ndigung ohne Aufgabe des Wohnungseigentums vorsehe, an dessen Erhalt ein schutzw&#252;rdiges Interesse des Eigent&#252;mers bestehe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Diese Ausf&#252;hrungen halten der rechtlichen Nachpr&#252;fung stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>1. Der Kl&#228;ger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus &#167; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf R&#252;ckzahlung der im Dezember 2015 sowie im Januar und Februar 2016 abgebuchten Betr&#228;ge in H&#246;he von insgesamt 750 &#8364;. Da der Betreuervertrag durch die K&#252;ndigung vom 26. Oktober 2015 jedenfalls gem&#228;&#223; &#167; 620 Abs. 2, &#167; 621 Nr. 3 BGB mit Ablauf des 30. November 2015 beendet wurde, kann dahinstehen, ob der Kl&#228;ger, der die Erstattung der Betreuungspauschale f&#252;r November 2015 nicht weiterverfolgt, dar&#252;ber hinaus berechtigt war, das Vertragsverh&#228;ltnis aus wichtigem Grund (&#167; 4 Abs. 2 des Betreuervertrags) mit sofortiger Wirkung zu beenden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>a) F&#252;r die Beendigung des Betreuervertrags ist das Recht des Dienstvertrags ma&#223;geblich. Zwar sind die durch den Betreuervertrag begr&#252;ndeten Vertragspflichten der Beklagten nicht ausschlie&#223;lich dienstvertraglicher Natur (&#167; 611 BGB). Vielmehr liegt ein gemischter Vertrag vor, der auch werk- und mietvertragliche Elemente enth&#228;lt (z.B. Bereitstellung eines Pflegest&#252;tzpunktes, eines Fitnessraumes, einer Rezeption sowie einer Telefonanlage mit Notrufsystem, Durchf&#252;hrung von Hausmeisterdiensten und Reparaturen). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bildet ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden. Der Eigenart des Vertrags wird grunds&#228;tzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, n&#228;mlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt (z.B. Senat, Beschluss vom 21. April 2005 - III ZR 293/04, NJW 2005, 2008, 2010; Urteile vom 8. Oktober 2009 - III ZR 93/09, NJW 2010, 150 Rn. 16; vom 12. Januar 2017 - III ZR 4/16, NJW-RR 2017, 622 Rn. 10 und vom 15. M&#228;rz 2018 - III ZR 126/17, NJW-RR 2018, 683 Rn. 11; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213 Rn. 7). Diesen Schwerpunkt hat das Berufungsgericht zutreffend und von der Revision unbeanstandet im Dienstvertragsrecht gesehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>b) Ein Dienstvertrag ist ordentlich k&#252;ndbar, wenn seine Dauer weder bestimmt noch aus der Beschaffenheit oder dem Zweck der Dienste zu entnehmen ist (&#167; 620 Abs. 2 BGB) und die Vertragsparteien das Recht auf ordentliche K&#252;ndigung nicht wirksam abbedungen haben (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 8; siehe auch BeckOGK/Sutschet, BGB, &#167; 620 Rn. 4 f, 75 [Stand: 1. August 2018]). So liegt es hier.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>aa) Eine im Sinne von &#167; 620 Abs. 2 Fall 1 BGB kalenderm&#228;&#223;ig bestimmte Vertragsdauer haben die Parteien nicht vereinbart. Vielmehr legt &#167; 4 Abs. 1 des Betreuervertrags fest, dass das Vertragsverh&#228;ltnis auf unbestimmte Zeit geschlossen wird.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>bb) (1) Ist die Dauer des Dienstverh&#228;ltnisses nicht nach dem Kalender bestimmt oder bestimmbar, kann sich die Vertragsdauer jedoch auch aus der Beschaffenheit oder dem Zweck der Dienste ergeben (&#167; 620 Abs. 2 Fall 2 und 3 BGB). So wie die kalenderm&#228;&#223;ige Bestimmung der Dauer des Dienstvertrags stets durch Vereinbarung der Parteien erfolgt, kann der Beschaffenheit oder dem Zweck der Dienste eine Bestimmung der Dauer des Dienstverh&#228;ltnisses nur insoweit entnommen werden, als - gegebenenfalls nach Auslegung des Vertrags gem&#228;&#223; &#167;&#167; 133, 157 BGB - anzunehmen ist, dass die Parteien diese Dauer vereinbaren wollten. Dabei k&#246;nnen sie zur Umsetzung des Konzepts des betreuten Wohnens grunds&#228;tzlich festlegen, dass die Dauer des Betreuungsvertrags daran gekn&#252;pft ist, dass der jeweilige Wohnungseigent&#252;mer die Wohnung selbst nutzt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 9 f; BeckOGK/Sutschet aaO &#167; 620 Rn. 13, 75.1).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>(2) F&#252;r eine derartige Vereinbarung fehlen - abgesehen davon, dass eine solche im Widerspruch zu der ausdr&#252;cklichen Bestimmung in &#167; 4 Abs. 1 des Betreuungsvertrags st&#252;nde - im vorliegenden Fall zureichende Anhaltspunkte. Der Betreuervertrag nimmt die in der Teilungserkl&#228;rung festgeschriebene Verpflichtung der Wohnungseigent&#252;mer, zur Realisierung eines betreuten Wohnens im Falle der Selbstnutzung der Wohnung einen Betreuervertrag mit der Beklagten abzuschlie&#223;en, nicht in Bezug. Vielmehr wird die Vertragsbeendigung autonom geregelt, indem nach Ablauf einer zweij&#228;hrigen Vertragsbindung auf die gesetzlichen K&#252;ndigungsfristen verwiesen wird, ohne dass an die Aufgabe des Wohnungseigentums oder das Ende der Selbstnutzung angekn&#252;pft wird (siehe &#252;berdies unten dd [1]).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>(3) Unabh&#228;ngig davon w&#252;rde ein formularm&#228;&#223;iger Ausschluss der K&#252;ndigungsm&#246;glichkeit, solange der Eigent&#252;mer die Wohnung selbst nutzt, einer Inhaltskontrolle nach &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB nicht standhalten. Danach kann der Dienstberechtigte h&#246;chstens f&#252;r einen Zeitraum von zwei Jahren vertraglich gebunden werden. Dieses Klauselverbot (ohne Wertungsm&#246;glichkeit) erfasst nach seinem Sinn und Zweck nicht nur kalendarische Befristungen f&#252;r mehr als zwei Jahre, sondern auch Vertr&#228;ge, deren Beendigung von einem bestimmten Ereignis abh&#228;ngt (z.B. Wegfall des Vertragspartners als Wohnungseigent&#252;mer oder Aufgabe der Selbstnutzung durch den Wohnungseigent&#252;mer), sofern die Parteien nicht den Eintritt dieses Ereignisses innerhalb von zwei Jahren als sicher vorausgesetzt haben (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 11; BeckOGK/Weiler, BGB, &#167; 309 Nr. 9 Rn. 77 [Stand: 15. September 2018]). Daf&#252;r, dass die Parteien im vorliegenden Fall bei Vertragsschluss von der Aufgabe der Eigent&#252;merstellung beziehungsweise der Selbstnutzung durch den Eigent&#252;mer innerhalb von zwei Jahren ausgegangen sind, ist nichts ersichtlich. Die Vorstellung der Parteien war vielmehr - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - von der Vorstellung gepr&#228;gt, dass das Betreuungsverh&#228;ltnis w&#228;hrend der gesamten mehrj&#228;hrigen Wohnungsnutzung durch den Eigent&#252;mer aufrechterhalten werden sollte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>cc) Soweit &#167; 4 Abs. 2 des Betreuervertrags vorsieht, dass der Bewohner das Vertragsverh&#228;ltnis w&#228;hrend der ersten zwei Jahre ab Vertragsschluss nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes k&#252;ndigen kann, spielt der damit angeordnete Ausschluss einer ordentlichen K&#252;ndigung nach &#167; 620 Abs. 2, &#167; 621 Nr. 3 BGB vorliegend keine Rolle, da diese Frist zum Zeitpunkt der K&#252;ndigung vom 26. Oktober 2015 bereits verstrichen war.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>dd) Die K&#252;ndigung vom 26. Oktober 2015 stellt, anders als die Beklagte meint, auch keine unzul&#228;ssige Rechtsaus&#252;bung (&#167; 242 BGB) dar. Die ordentliche K&#252;ndigung eines Dauerschuldverh&#228;ltnisses ist zwar regelm&#228;&#223;ig treuwidrig, wenn der Gek&#252;ndigte, hier also die Beklagte, bei Beendigung des Vertrags einen Anspruch auf Neuabschluss h&#228;tte (BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 14 mwN). So liegt der Fall hier aber nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>(1) Nach &#167; 16 Abs. 1 Satz 2 der Teilungserkl&#228;rung besteht die Verpflichtung zum Abschluss eines Betreuungsvertrags nur, wenn der Eigent&#252;mer die Wohnung selbst nutzt. Dementsprechend entf&#228;llt gem&#228;&#223; &#167; 16 Abs. 2 Satz 1 der Teilungserkl&#228;rung die Verpflichtung zum Abschluss eines Betreuungsvertrags, solange die Wohnung von dem Eigent&#252;mer nicht benutzt wird oder vermietet ist. Der Eigent&#252;mer, der seine Wohnung - m&#246;glicherweise auch nur vor&#252;bergehend - nicht selbst nutzt, unterliegt somit keinem Kontrahierungszwang. Dies traf auf den Kl&#228;ger zu, da er ab dem 2. Oktober 2015 auf Grund gesonderten Heimvertrags in einer anderen Pflegeeinrichtung vollstation&#228;r untergebracht und ihm eine Benutzung seiner Wohnung aus gesundheitlichen Gr&#252;nden &#252;berhaupt nicht m&#246;glich war. Entgegen der in der m&#252;ndlichen Verhandlung des Senats vorgetragenen Auffassung der Revision wird die Aufgabe der Selbstnutzung der Wohnung durch den Kl&#228;ger nicht dadurch in Frage gestellt, dass er diese w&#228;hrend seiner Abwesenheit nicht von seinen M&#246;beln r&#228;umte. Die an die Nutzung der Wohnung gekoppelte Verpflichtung in der Teilungserkl&#228;rung zum Abschluss eines Vertrags &#252;ber Betreuerleistungen ergibt nur Sinn, wenn diese dem Bewohner gegen&#252;ber - von kurzen, etwa urlaubsbedingten Unterbrechungen abgesehen - pers&#246;nlich erbracht werden k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>(2) &#167; 242 BGB greift aber auch deshalb nicht ein, weil ein Kontrahierungszwang der Wohnungseigent&#252;mer zum Abschluss eines Betreuungsvertrags mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren einseitig von dem teilenden Eigent&#252;mer in der Teilungserkl&#228;rung nicht wirksam angeordnet werden kann.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>(a) Nach &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB kann der Dienstberechtigte durch vorformulierte Vertr&#228;ge h&#246;chstens f&#252;r zwei Jahre gebunden werden. Daran ankn&#252;pfend hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass sich daraus auch eine zeitliche H&#246;chstdauer f&#252;r die in einer Teilungserkl&#228;rung begr&#252;ndeten Gebrauchsregelungen nach &#167; 10 Abs. 2 Satz 2 WEG ergibt, mit denen eine Verpflichtung s&#228;mtlicher Wohnungseigent&#252;mer festgeschrieben wird, einen Betreuungsvertrag abzuschlie&#223;en (Urteile vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 15, 17 und vom 21. Dezember 2012 - V ZR 221/11, NJW 2013, 1963 Rn. 29). Die einseitige Vorgabe einer dauerhaften, mehr als zweij&#228;hrigen Bindung an ein bestimmtes Betreuungsunternehmen ohne die M&#246;glichkeit, Einzelheiten auszuhandeln, beschneide in nicht hinnehmbarer Weise die rechtliche Stellung der Wohnungseigent&#252;mer sowie ihre Entscheidungsfreiheit und stelle eine unangemessene Benachteiligung dar (Urteil vom 13. Oktober aaO Rn. 17). Dies gelte auch dann, wenn die Wohnungen in der Anlage nur zum Zwecke des betreuten Wohnens genutzt werden d&#252;rften. Da das Gesetz f&#252;r den Bereich des betreuten Wohnens keine Sonderregelung enthalte, sei das zeitliche H&#246;chstma&#223; jedenfalls f&#252;r vorformulierte, von den Wohnungseigent&#252;mern abzuschlie&#223;ende Betreuungsvertr&#228;ge nach der f&#252;r Dienstvertr&#228;ge geltenden Vorschrift in &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB zu bestimmen (Urteile vom 13. Oktober 2006 aaO und vom 21. Dezember 2012 aaO). Dabei k&#246;nne offenbleiben, ob von dem teilenden Eigent&#252;mer einseitig gesetzte Bestimmungen in der Teilungserkl&#228;rung der Inhaltskontrolle in entsprechender Anwendung der &#167;&#167; 307 ff BGB oder - unter Ber&#252;cksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls - anhand des Ma&#223;stabs von Treu und Glauben (&#167; 242 BGB) unterl&#228;gen. Beide Standpunkte f&#252;hrten regelm&#228;&#223;ig zu demselben Ergebnis (Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 15-17).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>(b) Auch nach Auffassung des erkennenden Senats h&#228;lt ein Kontrahierungszwang, durch den die Wohnungseigent&#252;mer - wie hier - zum Abschluss von Betreuungsvertr&#228;gen mit einer Bindung von mehr als zwei Jahren verpflichtet werden sollen, wenn sie die Wohnung selbst nutzen, und der den einzelnen Wohnungseigent&#252;mern beziehungsweise der Wohnungseigent&#252;mergemeinschaft keine angemessenen Spielr&#228;ume f&#252;r eine interessengerechte Ausgestaltung der Vertr&#228;ge einr&#228;umt, einer Inhaltskontrolle weder am Ma&#223;stab des &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB noch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (&#167; 242 BGB) stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>(aa) Dass die entsprechende Anwendung von &#167; 309 Nr. 9 Buchst. a BGB die Unwirksamkeit eines derartigen Kontrahierungszwangs zur Folge hat, liegt auf der Hand (siehe oben 1 b bb [3]) und bedarf an dieser Stelle keiner weiteren Ausf&#252;hrungen mehr. Das Klauselverbot sieht keine Wertungsm&#246;glichkeit vor, so dass es nicht darauf ankommt, ob eine &#252;ber zwei Jahre hinausreichende Vertragsbindung bei einem anerkennenswerten Interesse an einer l&#228;ngeren Vertragsdauer ausnahmsweise gebilligt werden k&#246;nnte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 12,16).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>(bb) K&#246;nnte der teilende Eigent&#252;mer (Bautr&#228;ger) diejenigen Wohnungseigent&#252;mer, die die Wohnung selbst nutzen, &#252;ber viele Jahre hinweg an ein bestimmtes Betreuungsunternehmen binden, w&#228;re dies eine unangemessene Benachteiligung, die der einzelne Eigent&#252;mer auch nach den Grunds&#228;tzen von Treu und Glauben (&#167; 242 BGB) nicht hinnehmen muss. Hierin l&#228;ge eine erhebliche Verschlechterung seiner Rechtsstellung. Der einzelne Eigent&#252;mer k&#246;nnte sich von dem Betreuungsvertrag durch ordentliche K&#252;ndigung nur bei Ver&#228;u&#223;erung seines Eigentums oder wenigstens Aufgabe der Selbstnutzung der Wohnung l&#246;sen. Im &#220;brigen st&#252;nde ihm nur die K&#252;ndigung aus wichtigem Grund (&#167;&#167; 314, 626 BGB) zur Verf&#252;gung. Diese ist jedoch von besonderen Voraussetzungen abh&#228;ngig und erfordert, dass dem K&#252;ndigenden die Fortsetzung des Vertragsverh&#228;ltnisses unter Ber&#252;cksichtigung aller Umst&#228;nde des Einzelfalles und unter Abw&#228;gung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann (&#167; 314 Abs. 1 Satz 2, &#167; 626 Abs. 1 BGB; siehe auch Senat, Urteile vom 11. November 2010 - III ZR 57/10, NJW-RR 2011, 916 Rn. 9 und vom 7. M&#228;rz 2013 - III ZR 231/12, NJW 2013, 2021 Rn. 17; jeweils mwN). Damit wird die &#252;berlange Vertragsbindung gerade nicht beseitigt (BeckOGK/Weiler aaO Rn. 69). Dem Dienstberechtigten (Eigent&#252;mer) bliebe nur, f&#252;r vom Dienstverpflichteten (Betreuungsunternehmen) nicht oder in unbrauchbarer Form geleistete (nicht nachholbare) Dienste keine Verg&#252;tung zu zahlen (&#167;&#167; 614, 320, 326 Abs. 1 BGB) oder, sofern der Dienstverpflichtete die Unm&#246;glichkeit der Dienstleistung zu vertreten hat, Schadensersatzanspr&#252;che nach &#167; 280 Abs. 1 BGB gegebenenfalls in Verbindung mit &#167; 283 BGB geltend zu machen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 2006 - III ZR 167/05, NJW 2006, 1276 Rn. 18). Unber&#252;cksichtigt bliebe dabei jedoch sein wegen des personalen Bezugs der Betreuungsleistungen gesteigertes Bed&#252;rfnis, sich von dem Betreuungsunternehmen trennen zu k&#246;nnen, wenn dessen Leistungen zwar m&#246;glicherweise nicht mangelhaft beziehungsweise unbrauchbar sind, aber seinen Erwartungen nicht entsprechen oder die pers&#246;nliche Vertrauensgrundlage gest&#246;rt ist (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 2006 - V ZR 289/05, NJW 2007, 213 Rn. 17 und vom 21. Dezember 2012 - V ZR 221/11, NJW 2013, 1963 Rn. 30).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>(cc) Diesen erheblichen Beeintr&#228;chtigungen der Belange des Dienstberechtigten stehen f&#252;r das beklagte Pflegeunternehmen von vornherein kalkulierbare Risiken gegen&#252;ber. Dem anerkennenswerten Interesse, eine stetige Grundbetreuung und angemessene Finanzierbarkeit des Gesamtkonzepts zu gew&#228;hrleisten (siehe dazu Senat, Urteil vom 23. Februar 2006 aaO Rn. 15; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 17), wird durch eine zweij&#228;hrige Vertragsbindung unter Ausschluss des Rechts zur ordentlichen K&#252;ndigung hinreichend Rechnung getragen (&#167; 4 Abs. 2, 3 des Betreuervertrags). Damit wird f&#252;r neu abgeschlossene Betreuungsvertr&#228;ge eine gewisse Kontinuit&#228;t sichergestellt. Finanzielle Risiken, die sich durch K&#252;ndigungen und damit einhergehende Leerst&#228;nde ergeben, k&#246;nnen bei der Berechnung der Betreuungsentgelte von vornherein kalkulatorisch ber&#252;cksichtigt werden. Es verbleibt auch die M&#246;glichkeit der Anpassung der Betreuungspauschalen (vgl. Pauly, ZMR 2008, 864, 866).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>c) Soweit die Revision geltend macht, im Hinblick auf die Inanspruchnahme des Gemeinschaftseigentums durch das Pflegeunternehmen und zur wirtschaftlichen Sicherstellung des Konzepts des betreuten Wohnens seien die Teilungserkl&#228;rung und der Betreuervertrag dahin auszulegen, dass allein die Eigent&#252;mergemeinschaft (beziehungsweise die Gesamtheit der Eigent&#252;mer) die Bindung an das Betreuungsunternehmen durch K&#252;ndigung l&#246;sen k&#246;nne, vermag der Senat sich dem nicht anzuschlie&#223;en. Dies k&#228;me allenfalls dann in Betracht, wenn nicht der einzelne Wohnungseigent&#252;mer, sondern die Wohnungseigent&#252;mergemeinschaft als solche den Betreuungsvertrag abgeschlossen h&#228;tte. Daran fehlt es hier. Dem streitigen Betreuervertrag beziehungsweise der Teilungserkl&#228;rung k&#246;nnen auch keine Anhaltspunkte daf&#252;r entnommen werden, dass die Betreuungsvertr&#228;ge der einzelnen Wohnungseigent&#252;mer im Sinne eines einheitlichen Gesch&#228;fts rechtlich verbunden sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2006 aaO Rn. 20; siehe auch Senat, Urteil vom 23. Februar 2006 - III ZR 167/05, NJW 2006, 1276 Rn. 15; BGH, Urteil vom 30. Oktober 2013 - XII ZR 113/12, BGHZ 198, 337 Rn. 29; Beschluss vom 16. September 2003 - VIII ZR 186/03, NJW-RR 2004, 160 zur "Koppelung" von Mietvertrag und Betreuungsleistungen). Vielmehr bestimmt &#167; 4 Abs. 3 des Vertrags ausdr&#252;cklich, dass dem Bewohner nach Ablauf der zweij&#228;hrigen Vertragsbindung ein individuelles K&#252;ndigungsrecht unter Wahrung der gesetzlichen K&#252;ndigungsfristen zusteht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>2. Die R&#252;ge der Beklagten, die Vorinstanzen seien zu Unrecht von einem Anspruch des Kl&#228;gers auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in H&#246;he von 147,56 &#8364; ausgegangen, ist unbegr&#252;ndet. Dabei wird &#252;bersehen, dass die Beklagte der geltend gemachten 1,3-Gesch&#228;ftsgeb&#252;hr nach Nr. 2300 VV RVG f&#252;r die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Anspruchsdurchsetzung weder in der Klageerwiderung noch in der Berufungsbegr&#252;ndung entgegengetreten ist. In der Klageerwiderung nimmt sie sogar - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - ausdr&#252;cklich auf im Dezember 2015 mit dem kl&#228;gerischen Anwalt gef&#252;hrte Korrespondenz Bezug, aus der sich ergibt, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt zu R&#252;ckzahlungen bereit war und lediglich die Vertragsaufl&#246;sung f&#252;r die Zukunft anbot. Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht den Freistellungsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgeb&#252;hren zu Recht auf &#167; 280 Abs. 1, 2 BGB gest&#252;tzt. Angesichts der Leistungsverweigerung der Beklagten (&#167; 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB) war die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung und Wahrnehmung der Rechte des Kl&#228;gers erforderlich und zweckm&#228;&#223;ig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Herrmann&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Tombrink&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Remmert</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Reiter&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Pohl&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
178,097
bgh-2019-01-10-iii-zr-32517
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
III ZR 325/17
2019-01-10T00:00:00
2019-02-01T13:09:21
2019-02-01T13:09:21
Urteil
ECLI:DE:BGH:2019:100119UIIIZR325.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts N&#252;rnberg-F&#252;rth - 11. Zivilkammer - vom 19. Oktober 2017 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Von Rechts wegen</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin, ein privates Krankenversicherungsunternehmen, nimmt den beklagten Arzt aus abgetretenem Recht auf Honorarr&#252;ckzahlung in Anspruch.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Der Beklagte betreibt als niedergelassener Arzt eine Praxis f&#252;r Neurochirurgie. Zugleich war er im Jahr 2013 als Honorararzt im St. Th.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus in N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;t&#228;tig, ohne dass eine Anstellung oder Verbeamtung als Krankenhausarzt erfolgte. Dort operierte er die bei der Kl&#228;gerin privat krankenversicherten Patienten H.&#160;&#160;&#160;P.&#160;&#160;&#160;&#160;(station&#228;rer Aufenthalt vom 13. bis 17. Mai 2013) und A.&#160;&#160;&#160;B.&#160;&#160;&#160;&#160;(station&#228;rer Aufenthalt vom 13. bis 20. Dezember 2013) jeweils an der Wirbels&#228;ule.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Unter dem 13. Mai 2013 schlossen der Patient P.&#160;&#160;&#160;&#160;und die St. Th.&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;, Gemeinn&#252;tzige GmbH als Krankenhaustr&#228;gerin eine schriftliche Vereinbarung &#252;ber die Erbringung &#228;rztlicher Wahlleistungen. F&#252;r den Fachbereich Neurochirurgie wurde der Beklagte handschriftlich als Wahlarzt eingetragen. Die Patientin B.&#160;&#160;&#160;unterschrieb am 15. Dezember 2013 eine entsprechende Wahlleistungsvereinbarung. Allerdings erfolgte hinsichtlich des Fachbereichs Neurochirurgie keine Eintragung eines Wahlarztes. In beiden F&#228;llen kreuzten die Patienten hinsichtlich des Gegenstands der gesondert berechenbaren Wahlleistungen folgenden Formulartext an:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">"die &#228;rztlichen Leistungen aller an der Behandlung beteiligten &#196;rzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen berechtigt sind, einschlie&#223;lich der von diesen &#196;rzten veranlassten Leistungen von &#196;rzten oder &#228;rztlich geleiteten Einrichtungen au&#223;erhalb des Krankenhauses (hierzu geh&#246;ren auch die unter Punkt 3 der Hinweise genannten Einrichtungen), &#8230;"</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Das vom St.-Th.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus verwendete Textformular enth&#228;lt auf der Vorderseite ferner folgende "Hinweise":</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">"Bei der Inanspruchnahme der Wahlleistung &#8218;&#228;rztliche Leistungen&#8216; kann die Wahl nicht auf einzelne &#196;rzte des Krankenhauses beschr&#228;nkt werden (&#167; 22 Abs. 3 BPflV, &#167; 17 KHEntgG). Eine Vereinbarung &#252;ber wahl&#228;rztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten &#196;rzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der station&#228;ren sowie einer vor- und nachstation&#228;ren Behandlung (&#167; 115a SGB V) berechtigt sind, einschlie&#223;lich der von diesen &#196;rzten veranlassten Leistungen von &#196;rzten und &#228;rztlich geleiteten Einrichtungen au&#223;erhalb des Krankenhauses (hierzu geh&#246;ren auch die unter Punkt 3 der Hinweise genannten Einrichtungen) &#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">&#8230;</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="margin-left:36pt">Es wird ausdr&#252;cklich darauf hingewiesen, dass die Kardiologische Gemeinschaftspraxis Dres. &#8230;, das Radiologisch-Nuklearmedizinische Zentrum und die Strahlentherapiepraxis Dr. &#8230; selbst&#228;ndige Apparategemeinschaften und Gemeinschaftspraxen in den R&#228;umen bzw. auf dem Gel&#228;nde des Krankenhauses nach einer Sonderstellung des Modells Bayern III betreiben. Dennoch handelt es sich um &#246;rtlich getrennte, wirtschaftlich selbst&#228;ndige Einrichtungen mit eigenen Ger&#228;tschaften und eigenem Personal. Die Praxen bzw. Apparategemeinschaften sind kein Bestandteil unseres Krankenhauses. Gleiches gilt f&#252;r sonstige fremde Einrichtungen au&#223;erhalb des St.-Th.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhauses, wie z.B. auch die Neurochirurgiepraxis Dr. B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;[Beklagter], Laborgemeinschaften, andere Kliniken, Fach&#228;rzte und andere."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Der Beklagte rechnete gegen&#252;ber dem Patienten P.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;einen Betrag von 1.296,39 &#8364; ab. Der Patientin B.&#160;&#160;&#160;stellte er 1.359,80 &#8364; in Rechnung. Die Patienten beglichen die Rechnungen. Die Kl&#228;gerin erstattete daraufhin den Patienten den jeweiligen Rechnungsbetrag gegen Abtretung etwaiger R&#252;ckforderungsanspr&#252;che gegen den Beklagten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe Wahlleistungen nicht abrechnen d&#252;rfen, weil er am St.-Th.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus weder angestellt noch verbeamtet gewesen sei. In beiden F&#228;llen sei der Kreis der nach &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte unzul&#228;ssig erweitert worden. &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG lege den Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte abschlie&#223;end fest.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgem&#228;&#223; zur Zahlung von 2.656,19 &#8364; nebst Zinsen verurteilt. Seine Berufung hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt er die Abweisung der Klage.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsgericht hat zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Kl&#228;gerin ein Honorarr&#252;ckforderungsanspruch aus &#167; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, &#167; 398 BGB gegen den Beklagten zustehe. Beide Wahlleistungsvereinbarungen seien gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB nichtig, da sie den Kreis der in Betracht kommenden Wahl&#228;rzte unzul&#228;ssig erweiterten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lege &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG den Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte abschlie&#223;end fest. Es handele sich um eine dem Schutz des Privatpatienten dienende preisrechtliche Norm. Indem der Kreis der liquidationsberechtigten &#196;rzte positiv beschrieben werde, werde zugleich negativ geregelt, dass anderen &#196;rzten, insbesondere selbst&#228;ndigen Honorar&#228;rzten, ein Liquidationsrecht nicht zustehe (Hinweis auf Senatsurteil vom 16. Oktober 2014 - III ZR 85/14, BGHZ 202, 365). Dies gelte auch dann, wenn der Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung ausdr&#252;cklich als Wahlarzt benannt werde. Auch mit Blick auf das Grundrecht aus Art. 12 GG sei keine andere Auslegung geboten. Denn der Honorararzt erhalte f&#252;r seine Leistung eine Honorierung vom Krankenhaustr&#228;ger, deren H&#246;he das Ergebnis freier Vertragsverhandlungen sei (Hinweis auf BVerfG, MedR 2015, 591 = NZS 2015, 502).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Das Berufungsurteil h&#228;lt den Angriffen der Revision stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Die Versicherungsnehmer der Kl&#228;gerin schuldeten keine gesonderte Verg&#252;tung f&#252;r die erbrachten &#228;rztlichen Leistungen. Der Beklagte ist deshalb gem&#228;&#223; &#167; 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 in Verbindung mit &#167; 398 BGB zur R&#252;ckzahlung des ohne Rechtsgrund erhaltenen Honorars verpflichtet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, die von der Revision nicht in Frage gestellt werden, hat der Beklagte seine &#228;rztlichen Leistungen im St.-Th.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus als so genannter Honorararzt erbracht. Darunter ist ein (Fach-)Arzt zu verstehen, der auf Grund eines Dienstvertrags im station&#228;ren und/oder ambulanten Bereich des Krankenhauses &#228;rztliche Leistungen f&#252;r den Krankenhaustr&#228;ger erbringt, ohne bei diesem angestellt oder als Beleg- oder Konsiliararzt t&#228;tig zu sein. F&#252;r diese Leistung erh&#228;lt er eine Honorierung vom Krankenhaustr&#228;ger, deren H&#246;he das Ergebnis freier Vertragsverhandlungen ist, unabh&#228;ngig von den Vorgaben der Geb&#252;hrenordnung f&#252;r &#196;rzte vereinbart wird und mangels Anstellung des Honorararztes keinen tarifvertraglichen Bindungen unterliegt (Senat, Urteile vom 12. November 2009 - III ZR 110/09, BGHZ 183, 143 Rn. 8 ff und vom 16. Oktober 2014 - III ZR 85/14, BGHZ 202, 365 Rn. 14; BVerfG, NZS 2015, 502 Rn. 14; jeweils mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>2. Durch die Wahlleistungsvereinbarung vom 13. Mai 2013 zwischen dem Patienten P.&#160;&#160;&#160;und der Krankenhaustr&#228;gerin wurde kein eigenes Liquidationsrecht des Beklagten begr&#252;ndet. Seine Benennung als Wahlarzt ist mit &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG unvereinbar und deshalb gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB nichtig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>a) Gem&#228;&#223; &#167; 1 Abs. 1 KHEntgG werden die voll- und teilstation&#228;ren Leistungen der so genannten DRG-Krankenh&#228;user (Abrechnung der allgemeinen Krankenhausleistungen haupts&#228;chlich nach Fallpauschalen, siehe &#167; 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG) nach dem Krankenhausentgeltgesetz und dem Krankenhausfinanzierungsgesetz verg&#252;tet. Unter den Oberbegriff der Krankenhausleistungen fallen allgemeine Krankenhausleistungen und Wahlleistungen (&#167; 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KHEntgG). Detailregelungen zu den &#228;rztlichen und nicht&#228;rztlichen Wahlleistungen enth&#228;lt &#167; 17 KHEntgG. Danach kann ein Patient unter den Voraussetzungen des &#167; 17 Abs. 1 bis 3 KHEntgG eine Vereinbarung &#252;ber die Inanspruchnahme wahl&#228;rztlicher Leistungen mit dem Krankenhaustr&#228;ger treffen. Die "Wahlleistung Arzt" hat zum Gegenstand, dass dem Patienten - gegen Zahlung eines zus&#228;tzlichen Honorars - die Behandlung durch bestimmte leitende oder besonders qualifizierte &#196;rzte ("Chefarztbehandlung") in jedem Fall zuteil wird, und zwar ohne R&#252;cksicht darauf, ob dies im Einzelfall aus medizinischen Gr&#252;nden notwendig oder zweckm&#228;&#223;ig ist (Senat, Urteile vom 19. Februar 1998 &#8211; III ZR 169/97, BGHZ 138, 91, 96; vom 20. Dezember 2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 Rn. 7; vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 16; vom 14. Januar 2016 - III ZR 107/15, NJW 2016, 3027 Rn. 20 und vom 19. April 2018 - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rn. 25). Die Begrenzung von &#228;rztlichen Wahlleistungen auf einen bestimmten Wahlarzt ist rechtlich nicht m&#246;glich. Gem&#228;&#223; &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG erstreckt sich eine Vereinbarung &#252;ber wahl&#228;rztliche Leistungen auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten &#196;rzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der voll- und teilstation&#228;ren Behandlung sowie einer vor- und nachstation&#228;ren Behandlung (&#167; 115a SGB V) berechtigt sind (sog. interne Wahlarzt- oder Liquidationskette). Einbezogen werden ferner von diesen &#196;rzten veranlasste Leistungen von &#196;rzten und &#228;rztlich geleiteten Einrichtungen au&#223;erhalb des Krankenhauses (&#167; 17 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG; sog. externe Wahlarzt- oder Liquidationskette; vgl. Spickhoff/Starzer, Medizinrecht, 3. Aufl., &#167; 17 KHEntgG Rn. 11; Bender, GesR 2013, 449, 450; Jenschke, GesR 2015, 136, 137).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>b) Von der in &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG normierten Wahlarztkette werden somit nicht alle an der Behandlung beteiligten &#196;rzte, sondern nur bestimmte &#196;rzte erfasst. Der Beklagte f&#228;llt als Honorararzt nicht darunter.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Nach dem eindeutigen Wortlaut des &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG erstreckt sich eine Wahlleistungsvereinbarung, deren wirksamer Abschluss Grundlage f&#252;r die Abrechnung wahl&#228;rztlicher Leistungen ist (dazu Senatsurteil vom 19. Februar 1998 aaO S. 97 f), auf angestellte und beamtete Krankenhaus&#228;rzte, denen der Krankenhaustr&#228;ger das Liquidationsrecht einger&#228;umt hat. Zu dieser Gruppe von &#196;rzten z&#228;hlt der Beklagte nicht, weil er als Inhaber einer Praxis f&#252;r Neurochirurgie eine selbst&#228;ndige T&#228;tigkeit aus&#252;bt und die Leistungserbringung im St. Th.&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus weder im Rahmen eines Anstellungs- noch eines Beamtenverh&#228;ltnisses erfolgte (vgl. Senat, Urteil vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 19; BVerfG, NZS 2015, 502 Rn. 23). Dar&#252;ber hinaus war der Beklagte zum Zeitpunkt der hier ma&#223;geblichen station&#228;ren Behandlungen auch nicht Teil der externen Wahlarztkette (&#167; 17 Abs. 3 Satz 1 letzter Halbsatz KHEntgG). Mit Durchf&#252;hrung der Operationen im St. Th.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Krankenhaus hat er planm&#228;&#223;ig die Hauptbehandlungsleistung als Erf&#252;llungsgehilfe des Krankenhaustr&#228;gers mit den von diesem bereitgestellten Ressourcen erbracht. Zudem hat er seine &#228;rztlichen Leistungen nicht "auf Veranlassung" eines angestellten oder beamteten Krankenhausarztes mit eigener Liquidationsberechtigung (interner Wahlarzt) ausgef&#252;hrt (vgl. Senat aaO Rn. 20; Bender aaO S. 450).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>c) Die Zul&#228;ssigkeit der Erbringung von Wahlleistungen durch Honorar&#228;rzte ergibt sich auch nicht aus der Regelung des &#167; 17 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG. Diagnostische und therapeutische Leistungen d&#252;rfen danach als Wahlleistungen gesondert berechnet werden, wenn die Voraussetzungen des &#167; 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG vorliegen und die Leistungen von "einem Arzt" erbracht werden, ohne dass dieser beim Krankenhaus angestellt oder verbeamtet sein muss. Die Vorschrift hat jedoch nur den Ausschluss von Leistungen nicht&#228;rztlichen Personals, wie von Chemikern oder Biologen, zum Gegenstand (BVerfG, aaO). Die Frage, auf welche &#196;rzte sich die Wahlleistungsvereinbarung erstrecken kann, ist in &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG spezialgesetzlich geregelt (Senat aaO Rn. 21; BVerfG aaO; Bender aaO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>d) Durch die Benennung als Wahlarzt f&#252;r den Fachbereich Neurochirurgie in der Wahlleistungsvereinbarung vom 13. Mai 2013 wurde kein eigenes Liquidationsrecht des Beklagten begr&#252;ndet. &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG legt den Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte abschlie&#223;end fest und schlie&#223;t die Abrechnung wahl&#228;rztlicher Leistungen durch Honorar&#228;rzte aus (Senat, Urteile vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 23 und vom 19. April 2018 - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rn. 24; BVerfG aaO Rn. 23 f). Eine dagegen versto&#223;ende Wahlleistungsvereinbarung ist gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB nichtig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>aa) Die hier gegebene Konstellation ist allerdings bislang h&#246;chstrichterlich noch nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>(1) Zwar hat der Senat mit Grundsatzurteil vom 16. Oktober 2014 (III ZR 85/14, BGHZ 202, 365; siehe dazu BVerfG, NZS 2015, 502) entschieden, dass &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG den Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte abschlie&#223;end festlegt und eine Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaustr&#228;ger beziehungsweise eine gesonderte Verg&#252;tungsvereinbarung mit dem behandelnden Honorararzt, die davon abweichen, gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB nichtig sind. Begr&#252;ndet wurde dies nicht nur mit dem eindeutigen Wortlaut des &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG, der die Abrechnung wahl&#228;rztlicher Leistungen durch selbst&#228;ndige Honorar&#228;rzte nicht vorsieht, sondern auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck einer Wahlleistungsvereinbarung, die Gesetzessystematik sowie die Entstehungsgeschichte der Norm (Senat aaO Rn. 24-30). Dem Urteil lag jedoch ein Fall zugrunde, in dem die Patientin neben einer Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhaustr&#228;ger einen gesonderten Privatbehandlungsvertrag mit dem Honorararzt abgeschlossen hatte, ohne dass dieser in der Wahlleistungsvereinbarung als Wahlarzt oder "gew&#252;nschter" Stellvertreter namentlich benannt wurde (aaO Rn. 3 f, 18). Der Senat hat sich deshalb folgerichtig nicht mit der hier streitigen Frage befasst, ob ein Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung zwischen Krankenhaustr&#228;ger und Patienten als Wahlarzt bestimmt werden und in dieser Eigenschaft Leistungen abrechnen kann. Tragend entschieden wurde lediglich, dass der Honorararzt nicht in die Gruppe von &#196;rzten f&#228;llt, die zwar nicht in der Wahlleistungsvereinbarung genannt werden, auf die sich die Vereinbarung aber nach &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG "erstreckt", und dass die Abrechnung wahl&#228;rztlicher Leistungen nicht in Umgehung des &#167; 17 KHEntgG durch privat&#228;rztlichen Vertrag zwischen Honorararzt und Patienten vereinbart werden kann (siehe auch BVerfG aaO Rn. 20).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>(2) Zu der offen gebliebenen Frage der ausdr&#252;cklichen Bestimmung eines Honorararztes als Wahlarzt in der der Behandlung zugrunde liegenden Wahlleistungsvereinbarung werden im Schrifttum unterschiedliche Auffassungen vertreten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>(a) Zum Teil wird der Anwendungsbereich des &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG dahingehend eingeschr&#228;nkt, die Vorschrift regele nur die Erstreckungswirkung der Wahlleistungsvereinbarung auf angestellte oder beamtete &#196;rzte des Krankenhauses, enthalte aber keine Aussage dar&#252;ber, wer in der Vereinbarung als Wahlarzt benannt werden k&#246;nne. Ma&#223;geblich f&#252;r diese Frage sei allein &#167; 17 Abs. 1 und 2 KHEntgG. Darin finde sich die Beschr&#228;nkung auf "angestellte oder beamtete &#196;rzte des Krankenhauses" nicht. Solange die allgemeinen Krankenhausleistungen nicht beeintr&#228;chtigt w&#252;rden und der Patient mit einem konkreten Angebot einverstanden sei, k&#246;nnten die vereinbarten Wahlleistungen gem&#228;&#223; &#167; 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG gesondert berechnet werden. Eine weitere, konkretere "Erm&#228;chtigungsgrundlage" sei nicht erforderlich (z.B. Penner/Nolden, ZGMR 2012, 417; Theodoridis, ZMGR 2015, 125, 126). Letztlich m&#252;sse das Patienteninteresse den Ausschlag geben und nicht die dienst(vertrags)rechtliche Bindung des die Leistung erbringenden Arztes zum Krankenhaus. K&#246;nne dieses auf einen Honorararzt zur&#252;ckgreifen, der noch h&#246;her spezialisiert und besser qualifiziert als beispielsweise der Chefarzt sei, so liege es im besonderen Patienteninteresse, dass die Leistung durch diesen Arzt erbracht werde (Jenschke aaO S. 139).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>(b) Diesen Ans&#228;tzen wird entgegengehalten, es handele sich um blo&#223;e "Umgehungsstrategien", die mit der Senatsrechtsprechung zum abschlie&#223;enden Charakter des &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG unvereinbar seien. Der h&#246;chstrichterlichen Rechtsprechung sei die strikte Tendenz zu entnehmen, dass die namentliche Benennung eines Honorararztes als Wahlarzt zur Nichtigkeit der Wahlleistungsvereinbarung gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB f&#252;hre (z.B. Rehborn in Huster/Kaltenborn, Krankenhausrecht, 2. Aufl., &#167; 14 Rn. 117c; Makoski, GuP 2015, 103, 105 und JR 2016, 137, 142). Die Regelungen in &#167; 17 Abs. 1 und 3 KHEntgG k&#246;nnten nicht isoliert voneinander betrachtet werden, sondern m&#252;ssten stets im Verbund erf&#252;llt sein (G&#246;bel, VersR 2015, 809, 810).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>bb) Der Senat entscheidet die Streitfrage nunmehr in dem Sinne, dass &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG als zwingende preisrechtliche Schutzvorschrift zugunsten des Patienten nicht nur einer Honorarvereinbarung entgegensteht, die der Honorararzt unmittelbar mit dem Patienten abschlie&#223;t (Senat, Urteil vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 23), sondern auch verbietet, den Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung als "origin&#228;ren" Wahlarzt zu benennen. Derartige Vereinbarungen sind gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB nichtig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>(1) &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist seinem Wortlaut nach eindeutig nur auf (liquidationsberechtigte) angestellte oder verbeamtete Krankenhaus&#228;rzte sowie &#196;rzte, die auf Veranlassung eines angestellten oder verbeamteten Krankenhausarztes (mit eigenem Liquidationsrecht) Leistungen erbringen, anwendbar. Die M&#246;glichkeit der Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Honorar&#228;rzte, die auf Veranlassung des Krankenhaustr&#228;gers die &#228;rztliche Hauptleistung im Krankenhaus erbringen, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht (BVerfG, NZS 2015, 502 Rn. 23). Die Vorschrift beschreibt einerseits den Kreis der liquidationsberechtigten &#196;rzte positiv, indem sie anordnet, dass sich eine mit dem Krankenhaustr&#228;ger getroffene Vereinbarung &#252;ber wahl&#228;rztliche Leistungen auf den gesetzlich bestimmten Personenkreis erstreckt. Andererseits werden dadurch zugleich in negativer Hinsicht andere &#196;rzte - darunter auch Honorar&#228;rzte - von der Wahlarztkette ausgeschlossen (Senat, Urteil vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 24). Damit ist der Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte abschlie&#223;end bestimmt. Der dem Schutz des Privatpatienten dienende preisrechtliche Regelungsgehalt der Vorschrift w&#228;re in Frage gestellt, wenn die Liquidationsberechtigung durch die Aufnahme von im Krankenhaus t&#228;tigen Honorar&#228;rzten in die Wahlleistungsvereinbarung frei geregelt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>(2) Entgegen der Auffassung der Revision kann die Erbringung und Abrechnung von &#228;rztlichen Wahlleistungen durch Honorar&#228;rzte nicht auf den Wortlaut des &#167; 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG gest&#252;tzt werden. Aus dieser Norm folgt lediglich zum einen, dass (&#228;rztliche und nicht&#228;rztliche) Wahlleistungen sich von den allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinne des &#167; 2 Abs. 2 KHEntgG unterscheiden m&#252;ssen und diese nicht beeintr&#228;chtigen d&#252;rfen. Dar&#252;ber hinaus bestimmt &#167; 17 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG nur das Erfordernis einer wirksamen Wahlleistungsvereinbarung zwischen dem Krankenhaustr&#228;ger und dem Patienten. Demgegen&#252;ber werden die Modalit&#228;ten und die Abrechnung der "Wahlleistung Arzt" ausschlie&#223;lich in &#167; 17 Abs. 3 KHEntgG geregelt. Dies gilt namentlich f&#252;r die Frage, welche &#196;rzte als Wahlarzt benannt werden k&#246;nnen beziehungsweise auf welchen Personenkreis sich die Vereinbarung wahl&#228;rztlicher Leistungen erstreckt (vgl. Senat, Urteile vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 16, 23 und vom 19. April 2018 aaO Rn. 24; siehe auch Spickhoff/Starzer aaO Rn. 11 ff; Bender aaO S. 450).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>(3) Wie der Senat in dem Urteil vom 16. Oktober 2014 n&#228;her ausgef&#252;hrt hat (aaO Rn. 29-31), l&#228;sst sich auch aus der Entstehungsgeschichte des &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG sowie seiner Vorl&#228;uferregelungen in den verschiedenen Fassungen der Bundespflegesatzverordnung (&#167; 6 Satz 4 BPflV 1973, &#167; 7 Abs. 3 Satz 1 BPflV 1986, &#167; 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV 1995) ableiten, dass der Gesetzgeber den Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte durch die Beschr&#228;nkung auf angestellte oder beamtete Krankenhaus&#228;rzte (mit eigenem Liquidationsrecht) beziehungsweise auf von diesen veranlasste Leistungen externer &#196;rzte abschlie&#223;end festlegen und zu keinem Zeitpunkt Dritt&#228;rzten - ohne Veranlassung durch einen internen Wahlarzt - ein eigenes Liquidationsrecht einr&#228;umen wollte. Die Gesetzgebungsgeschichte belegt, dass der Gesetzgeber den Kreis der liquidationsberechtigten Wahl&#228;rzte kontinuierlich eingeengt hat (vgl. auch BR-Drucks. 596/72 S. 11, BR-Drucks. 269/84 S. 12, BR-Drucks. 381/94 S. 39, BT-Drucks. 14/6893, S. 46).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>Soweit &#167; 2 Abs. 1 Satz 1 KHEntgG in der Fassung des Gesetzes zur Einf&#252;hrung eines pauschalierenden Entgeltsystems f&#252;r psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21. Juli 2012 (Psych-Entgeltgesetz; BGBl. I S. 1613) mit Wirkung zum 1. Januar 2013 bestimmt, dass eine &#228;rztliche Krankenhausbehandlung auch durch "nicht fest angestellte &#196;rztinnen und &#196;rzte" erfolgen kann, bezieht sich diese Regelung nach der Gesetzesbegr&#252;ndung nur auf die allgemeinen Krankenhausleistungen. Wahl&#228;rztliche Leistungen werden nicht erw&#228;hnt (BT-Drucks. 17/9992 S. 26; s. auch BVerfG, NZS 2015, 502 Rn. 25). Dementsprechend verpflichtet &#167; 2 Abs. 3 KHEntgG in der Fassung des Psych-Entgeltgesetzes die Krankenh&#228;user, bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen durch nicht im Krankenhaus fest angestellte &#196;rzte sicherzustellen, dass diese f&#252;r ihre T&#228;tigkeit im Krankenhaus die gleichen Anforderungen wie fest im Krankenhaus angestellte &#196;rzte erf&#252;llen. &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist im Zuge der vorgenannten Reform hingegen unver&#228;ndert geblieben, obwohl im Gesetzgebungsverfahren die Bundes&#228;rztekammer und die Kassen&#228;rztliche Bundesvereinigung Stellungnahmen abgegeben haben, die darauf abzielten, dass auch nicht angestellte &#196;rzte berechtigt sein sollten, Wahlleistungen zu erbringen. Dies rechtfertigt den Schluss, dass der Gesetzgeber an der sich aus &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 ergebenden Gesetzeslage, im Krankenhaus nicht fest angestellten &#196;rzten eine gesonderte Berechnung von Wahlleistungen zu versagen, nichts &#228;ndern wollte (Senat, Urteile vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 31 und vom 19. April 2018 aaO Rn. 24; Bender aaO S. 451 f; Clausen, ZMGR 2012, 248, 250 f; Jenschke aaO S. 137 f).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>(4) Das Patienteninteresse zwingt ebenfalls nicht dazu, selbst&#228;ndigen Honorar&#228;rzten (zus&#228;tzlich) die M&#246;glichkeit einzur&#228;umen, wahl&#228;rztliche Leistungen zu erbringen und abzurechnen. Der Patient vereinbart mit dem Krankenhaustr&#228;ger wahl&#228;rztliche Leistungen im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des von ihm ausgew&#228;hlten Arztes, die (auch) darin zum Ausdruck kommen, dass der Arzt in dem Krankenhaus eine leitende Position innehat ("Chefarztbehandlung"). Dem Patienten geht es somit in erster Linie darum, sich &#252;ber den Facharztstandard hinaus, der bei der Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen ohnehin geschuldet ist, die Leistungen hochqualifizierter Spezialisten des Krankenhauses gegen ein zus&#228;tzliches Entgelt "hinzuzukaufen" (vgl. Senatsurteile vom 19. Februar 1998 - III ZR 169/97, BGHZ 138, 91, 96; vom 20. Dezember 2007 - III ZR 144/07, BGHZ 175, 76 Rn. 7; vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 25 und vom 19. April 2018 aaO Rn. 25). Diese ein zus&#228;tzliches Entgelt erst rechtfertigende herausgehobene &#228;rztliche Qualifikation ("Chefarztstandard" in Abgrenzung zum "Facharztstandard" bei allgemeinen Krankenhausleistungen), kann nicht bei allen Honorar&#228;rzten von vornherein angenommen werden (Senat, Urteil vom 16. Oktober 2014; Clausen, ZMGR 2012, 248, 255 und ZMGR 2016, 82, 83). Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Honorar&#228;rzte regelm&#228;&#223;ig eine Versorgungsl&#252;cke in der Klinik des Chefarztes abdecken sollen (Clausen, ZMGR 2012 aaO S. 256). Die Berechtigung eines gesonderten Entgelts f&#252;r wahl&#228;rztliche Leistungen w&#252;rde grunds&#228;tzlich in Frage gestellt, wenn auch derjenige Honorararzt, der "nur" den bei allgemeinen Krankenhausleistungen geforderten Facharztstandard oder gar weniger bietet, seine Leistungen als Wahlarzt liquidieren k&#246;nnte (Senat, Urteil vom 16. Oktober 2014 aaO; Clausen, ZMGR 2012 aaO S. 255; s. auch Jenschke aaO S. 140). Der Patient liefe dann n&#228;mlich Gefahr, von einem Honorararzt behandelt zu werden, der hinter dem Chefarztstandard zur&#252;ckbleibt, aber seine Leistungen wie ein Chefarzt liquidiert.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>(5) Es ist auch von Verfassungs wegen (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht geboten, selbst&#228;ndigen Honorar&#228;rzten die Erbringung und Abrechnung von wahl&#228;rztlichen Leistungen zu gestatten. Der Honorararzt erh&#228;lt f&#252;r seine &#228;rztliche Leistung vom Krankenhaustr&#228;ger eine Honorierung, deren H&#246;he frei und unabh&#228;ngig von den Vorgaben der Geb&#252;hrenordnung f&#252;r &#196;rzte oder etwaiger Tarifbindungen des Krankenhauses vereinbart werden kann (Senat, Urteile vom 12. November 2009 - III ZR 110/09, BGHZ 183, 143 Rn. 8 ff und vom 16. Oktober 2014 aaO Rn. 14). Er ist nicht gezwungen, &#228;rztliche Leistungen gegen&#252;ber dem Krankenhaus zu erbringen, wenn er der Auffassung ist, ein nicht angemessenes Honorar zu erzielen (BVerfG, NZS 2015, 502 Rn. 14). Es ist daher auch mit Blick auf das Grundrecht der Berufsaus&#252;bungsfreiheit nicht erforderlich, dem Honorararzt, der als Erf&#252;llungsgehilfe des Krankenhaustr&#228;gers in keinem unmittelbaren vertraglichen Verh&#228;ltnis zu dem Patienten steht, einen eigenen Verg&#252;tungsanspruch gegen diesen einzur&#228;umen. &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG dient als zwingende preisrechtliche Vorschrift dem Schutz der Patienten und nicht den Erwerbschancen von Honorar&#228;rzten (Clausen in Ratzel/Luxenburger aaO Rn. 54).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>3. a) Die mit der Patientin B.&#160;&#160;&#160;geschlossene Wahlleistungsvereinbarung vom 15. Dezember 2013 scheidet als Rechtsgrundlage f&#252;r die Abrechnung von wahl&#228;rztlichen Leistungen schon deshalb aus, weil der Beklagte darin nicht als Wahlarzt benannt ist und eine Erstreckung der Wahlleistungsvereinbarung gem&#228;&#223; &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG nach den Grunds&#228;tzen des Senatsurteils vom 16. Oktober 2014 ausscheidet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_33">33</a> </dt> <dd> <p>b) Die Einbeziehung des Beklagten in die Wahlleistungsvereinbarung l&#228;sst sich entgegen der Auffassung der Revision nicht mit der Erw&#228;hnung seiner Neurochirurgiepraxis im Absatz 3 der "Hinweise" auf der Vorderseite des Textformulars begr&#252;nden. Dadurch wird, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang mit dem angekreuzten Formulartext zum Gegenstand der gesondert berechenbaren Wahlleistungen und dem Absatz 1 der "Hinweise" ergibt, lediglich klargestellt, dass es sich bei der Praxis um eine fremde &#228;rztlich geleitete Einrichtung au&#223;erhalb des Krankenhauses handelt, deren Einbeziehung in die (externe) Liquidationskette nur in Betracht kommt, soweit sie - was vorliegend nicht zutrifft - im Rahmen der Behandlung des Patienten Leistungen erbringt, die von angestellten oder beamteten Krankenhaus&#228;rzten (mit eigenem Liquidationsrecht) veranlasst werden. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, da es sich bei der von dem Krankenhaus verwendeten formularm&#228;&#223;igen Wahlleistungsvereinbarung, deren Text f&#252;r eine Vielzahl von Vertr&#228;gen vorformuliert ist, um Allgemeine Gesch&#228;ftsbedingungen im Sinne des &#167; 305 Abs. 1 BGB handelt (vgl. Senat, Urteil vom 19. April 2018 - III ZR 255/17, NJW 2018, 2117 Rn. 17).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_34">34</a> </dt> <dd> <p>c) Wie oben unter 2. ausgef&#252;hrt, st&#252;nde einer wirksamen Benennung des Beklagten als Wahlarzt dar&#252;ber hinaus in jedem Fall die Regelung des &#167; 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG entgegen, die die Abrechnung wahl&#228;rztlicher Leistungen durch Honorar&#228;rzte ausschlie&#223;t und gem&#228;&#223; &#167; 134 BGB zur Nichtigkeit einer davon abweichenden Vereinbarung f&#252;hrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Herrmann&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Seiters&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Tombrink</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Remmert&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Reiter&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
175,058
eugh-2019-01-10-c-64717
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C-647/17
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:08
2019-01-31T19:21:08
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2019:13
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DER GENERALANW&#196;LTIN</p> <p class="C36Centre">ELEANOR SHARPSTON</p> <p class="C36Centre">vom 10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>647/17</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Skatteverket</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Srf konsulterna AB</b> </p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol [Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorabentscheidungsersuchen &#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem &#8211; Ort der steuerbaren Ums&#228;tze &#8211; Steuerpflichtigen angebotene Dienstleistungen &#8211; Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts &#8211; Lehrgang in einem Mitgliedstaat, in dem weder der Dienstleistende noch die Teilnehmer ans&#228;ssig sind &#8211; Lehrgang, der Anmeldung und Bezahlung im Voraus voraussetzt&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen bittet der H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) den Gerichtshof um Kl&#228;rung der Frage, ob ein Lehrgang, der von einem in Schweden ans&#228;ssigen Steuerpflichtigen f&#252;r Teilnehmer veranstaltet wird, die ebenfalls in Schweden ans&#228;ssige Steuerpflichtige sind, der aber in einem anderen Mitgliedstaat stattfindet, in Schweden oder in diesem anderen Mitgliedstaat der Mehrwertsteuer unterliegt. Ist der Ort der Dienstleistung bei einem solchen Lehrgang nach Art.&#160;44 oder nach Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112/EG(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>) zu bestimmen?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit ist der Gerichtshof zum ersten Mal aufgerufen, den sachlichen Anwendungsbereich von Art.&#160;53 in Bezug auf Dienstleistungen an Steuerpflichtige in Gestalt der Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts im Sinne dieser Vorschrift zu pr&#252;fen und zu definieren. Die Antwort des Gerichtshofs wird voraussichtlich entscheidenden Einfluss auf die Bestimmung des Ortes der Erbringung von Dienstleistungen (einschlie&#223;lich mit der Eintrittsberechtigung zusammenh&#228;ngender Dienstleistungen) in Bezug auf andere in Art.&#160;53 genannte Kategorien von Veranstaltungen haben, also &#8222;Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der K&#252;nste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung und &#228;hnliche Veranstaltungen&#8220; (vom Tennisturnier &#252;ber Handelsmessen und Kunstausstellungen bis hin zu Musikkonzerten). Um ein sehr konkretes Beispiel zu nehmen, k&#246;nnten sich aus der Antwort Hinweise zur Bestimmung des Ortes der Dienstleistung bei einer gro&#223;en internationalen Veranstaltung wie der anstehenden Fu&#223;balleuropameisterschaft 2020 ergeben(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>). </p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Richtlinie 2006/112</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;44 der Richtlinie 2006/112 sieht vor: &#8222;Als Ort einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen, der als solcher handelt, gilt der Ort, an dem dieser Steuerpflichtige den Sitz seiner wirtschaftlichen T&#228;tigkeit hat.&#8220;(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;53 bestimmt, dass bei Lieferungen an einen Steuerpflichtigen &#8222;[a]ls Ort einer Dienstleistung &#8230; betreffend die Eintrittsberechtigung sowie die damit zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen f&#252;r Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der K&#252;nste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder f&#252;r &#228;hnliche Veranstaltungen wie Messen und Ausstellungen der Ort [gilt], an dem diese Veranstaltungen tats&#228;chlich stattfinden&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;54 Abs.&#160;1 sieht f&#252;r Lieferungen an einen Nicht-Steuerpflichtigen vor, dass &#8222;[a]ls Ort einer Dienstleistung sowie der damit zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen &#8230; betreffend T&#228;tigkeiten auf dem Gebiet der Kultur, der K&#252;nste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder &#228;hnliche Veranstaltungen wie Messen und Ausstellungen, einschlie&#223;lich der Erbringung von Dienstleistungen der Veranstalter solcher T&#228;tigkeiten, &#8230; der Ort [gilt], an dem diese T&#228;tigkeiten tats&#228;chlich ausge&#252;bt werden&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;132 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;i befreien die Mitgliedstaaten die &#8222;Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenst&#228;nden durch Einrichtungen des &#246;ffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung&#8220; von der Mehrwertsteuer.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Verordnung Nr.&#160;282/2011</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;32 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;282/2011(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>) bestimmt, dass Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 insbesondere gelten soll f&#252;r &#8222;Dienstleistungen, deren wesentliche Merkmale darin bestehen, gegen eine Eintrittskarte oder eine Verg&#252;tung, auch in Form eines Abonnements, einer Zeitkarte oder einer regelm&#228;&#223;igen Geb&#252;hr, das Recht auf Eintritt zu einer Veranstaltung zu gew&#228;hren&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;32 Abs.&#160;2 umfassen solche Dienstleistungen insbesondere &#8222;a) das Recht auf Eintritt zu Darbietungen, Theaterauff&#252;hrungen, Zirkusvorstellungen, Freizeitparks, Konzerten, Ausstellungen sowie anderen &#228;hnlichen kulturellen Veranstaltungen; b) das Recht auf Eintritt zu Sportveranstaltungen wie Spielen oder Wettk&#228;mpfen; c) das Recht auf Eintritt zu Veranstaltungen auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft, wie beispielsweise Konferenzen und Seminare&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;32 Abs.&#160;3 f&#228;llt die Nutzung von R&#228;umlichkeiten, wie beispielsweise Turnhallen oder anderen, gegen Zahlung einer Geb&#252;hr nicht unter Art.&#160;32 Abs.&#160;1.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;33 sieht vor, dass &#8222;[z]u den mit der Eintrittsberechtigung zu Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kultur, der K&#252;nste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder &#228;hnlichen Veranstaltungen zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen nach Artikel 53 der Richtlinie 2006/112/EG &#8230; die Dienstleistungen [geh&#246;ren], die direkt mit der Eintrittsberechtigung zu diesen Veranstaltungen in Verbindung stehen und an die Person, die einer Veranstaltung beiwohnt, gegen eine Gegenleistung gesondert erbracht werden&#8220;. Des Weiteren sieht dieser Artikel vor, dass &#8222;[z]u diesen zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen &#8230; insbesondere die Nutzung von Garderoben oder von sanit&#228;ren Einrichtungen, nicht aber blo&#223;e Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Eintrittskarten [geh&#246;ren]&#8220;.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Nationales Recht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Kapitel 5 &#167;&#160;5 des Merv&#228;rdesskattelag 1994:200 (Gesetz Nr.&#160;1994:200 &#252;ber die Mehrwertsteuer)(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>) gilt eine Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen als in Schweden verkauft, wenn der Steuerpflichtige entweder den Sitz seiner wirtschaftlichen T&#228;tigkeit in Schweden hat oder wenn er in Schweden eine feste Niederlassung hat, an die die Dienstleistung erbracht wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Kapitel 5 &#167;&#160;11a des Mehrwertsteuergesetzes gilt eine Dienstleistung in Form der Gew&#228;hrung des Eintritts zu Veranstaltungen der Kultur, der K&#252;nste, des Sports, der Wissenschaft, des Unterrichts, der Unterhaltung oder &#228;hnlichen Veranstaltungen wie Messen und Ausstellungen, die an einen Steuerpflichtigen erbracht wird, als in Schweden verkauft, wenn die Veranstaltung tats&#228;chlich in Schweden stattfindet. Das Gleiche gilt f&#252;r mit der Eintrittsberechtigung zusammenh&#228;ngende Dienstleistungen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Srf konsulterna AB (im Folgenden: Srf konsulterna) ist eine in Schweden ans&#228;ssige Gesellschaft, die vollst&#228;ndig im Eigentum eines Berufsverbands f&#252;r Buchhaltungs-, Management- und Lohnbuchhaltungsberater steht. Sie bietet dieser Berufsgruppe gegen eine Geb&#252;hr Aus- und Fortbildungsma&#223;nahmen an.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts bietet Srf konsulterna neben anderen Aktivit&#228;ten f&#252;nft&#228;gige Lehrg&#228;nge mit einer eint&#228;gigen Pause in der Mitte des Lehrgangs an, die 30 Stunden umfassen. Diese Lehrg&#228;nge werden nur Angeh&#246;rigen der betreffenden Berufsgruppe angeboten, die in Schweden ans&#228;ssig sind oder dort &#252;ber eine feste Niederlassung verf&#252;gen, unabh&#228;ngig davon, ob sie Mitglieder des Berufsverbands sind, dessen Tochterunternehmen Srf konsulterna ist. Der Lehrplan wird im Voraus festgelegt, wobei davon ausgegangen wird, dass die Teilnehmer &#252;ber Vorkenntnisse und Erfahrung in Buchhaltungsfragen verf&#252;gen, er kann jedoch je nach Kenntnisstand der tats&#228;chlich teilnehmenden Personen angepasst werden. Die Lehrg&#228;nge finden in einem Konferenzgeb&#228;ude statt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Anmeldung und Zulassung der Teilnehmer muss vor dem Beginn des Lehrgangs erfolgen. Daher hat Srf konsulterna Zugang zu Informationen &#252;ber die Identit&#228;t der Teilnehmer wie z.&#160;B. deren Namen, Anschriften, Personennummern oder Organisationsnummern(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>). Die Bezahlung erfolgt im Voraus.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Einige Lehrg&#228;nge der Srf konsulterna finden an verschiedenen Orten in Schweden statt, andere hingegen in anderen Mitgliedstaaten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Hinblick auf die letztgenannten Lehrg&#228;nge (im Folgenden: streitgegenst&#228;ndliche Lehrg&#228;nge) beantragte Srf konsulterna beim Skatter&#228;ttsn&#228;mnd (Steuerrechtsausschuss, Schweden) eine Entscheidung &#252;ber die Frage, ob als Ort der Dienstleistung Schweden oder der Mitgliedstaat, in dem der Lehrgang stattfand, anzusehen sei.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Skatter&#228;ttsn&#228;mnd entschied, dass solche Lehrg&#228;nge als in Schweden erbracht anzusehen seien, auch wenn sie tats&#228;chlich im Ausland stattf&#228;nden. Dementsprechend sei Art.&#160;44 und nicht Art.&#160;53 anzuwenden, mit der Folge, dass die Mehrwertsteuer in Schweden geschuldet werde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Skatteverk (&#246;rtliche schwedische Steuerverwaltung) vermochte der Begr&#252;ndung dieser Entscheidung nicht zu folgen und focht die Entscheidung beim H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) an.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da nach Ansicht des vorlegenden Gerichts der Inhalt von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 und dessen Verh&#228;ltnis zu Art.&#160;44 dieser Richtlinie nicht ganz klar sind, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage vorgelegt:</p> <p class="C02AlineaAltA">Ist der Ausdruck &#8222;Eintrittsberechtigung f&#252;r eine Veranstaltung&#8220; in Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er eine Dienstleistung in Form eines f&#252;nft&#228;gigen Buchhaltungslehrgangs erfasst, der ausschlie&#223;lich an Steuerpflichtige erbracht wird und voraussetzt, dass Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfolgen?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Skatteverk, Frankreich, das Vereinigte K&#246;nigreich und die Kommission haben schriftliche Erkl&#228;rungen eingereicht. In der Sitzung vom 18.&#160;Oktober 2018 haben Schweden und die Kommission m&#252;ndlich vorgetragen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Vorbemerkungen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht m&#246;chte kl&#228;ren, ob die Erbringung solcher Dienstleistungen wie der, um die es im Ausgangsverfahren geht, in den Anwendungsbereich von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 f&#228;llt. Die Antwort auf die vorgelegte Frage h&#228;ngt also davon ab, ob die von Srf konsulterna in anderen Mitgliedstaaten als Schweden veranstalteten Lehrg&#228;nge als Erbringung von Dienstleistungen &#8222;betreffend die Eintrittsberechtigung &#8230; f&#252;r Veranstaltungen auf dem Gebiet &#8230; des Unterrichts&#8220; im Sinne von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 einzuordnen sind.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den im Ausgangsverfahren streitgegenst&#228;ndlichen Leistungen unstreitig um Dienstleistungen und nicht um Gegenst&#228;nde handelt. Weiterhin ist unstreitig, dass diese Dienstleistungen nur an Steuerpflichtige erbracht werden. Dem Vorlagebeschluss ist ebenso klar zu entnehmen, dass die Dienstleistungen von Srf konsulterna ihrem Wesen nach als Unterricht anzusehen sind. Daher kommen in der Tat die Art.&#160;44 und 53 als f&#252;r die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung relevante Vorschriften in Betracht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn die Antwort auf die vorgelegte Frage lautet, dass die erbrachte Leistung eine &#8222;Eintrittsberechtigung f&#252;r Veranstaltungen&#8220; im Sinne von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 darstellt, w&#228;re als Ort der Dienstleistung, da die streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge in einem anderen Mitgliedstaat als Schweden stattfinden, dieser andere Mitgliedstaat anzusehen(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>). F&#228;llt die Erbringung dieser Dienstleistungen nicht unter Art.&#160;53, so w&#228;re der Ort der Dienstleistung, da die Teilnehmer der streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge alle in Schweden ans&#228;ssig sind, gem&#228;&#223; Art.&#160;44 der Richtlinie Schweden(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat in st&#228;ndiger Rechtsprechung festgestellt, dass das Ziel der Vorschriften der Mehrwertsteuerrichtlinie, nach denen der Ort der Besteuerung von Dienstleistungen zu bestimmen ist, darin besteht, einerseits Kompetenzkonflikte, die zu einer Doppelbesteuerung f&#252;hren k&#246;nnten, und andererseits die Nichtbesteuerung der fraglichen Dienstleistungen zu verhindern(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>). Nach der Antwort des Gerichtshofs wird sich daher bestimmen, welcher der betreffenden Mitgliedstaaten berechtigt ist, von den Steuerpflichtigen die Entrichtung der Mehrwertsteuer f&#252;r die streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge nach den in diesem Mitgliedstaat anwendbaren Steuers&#228;tzen und Verfahren zu verlangen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da Ziel dieser Lehrg&#228;nge offenbar ist, den Beratern zu helfen, ihre Buchhaltungskenntnisse auf dem neuesten Stand zu halten(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>), d&#252;rften sie als &#8222;Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulung&#8220; im Sinne von Art.&#160;132 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;i der Richtlinie 2006/112 anzusehen sein. Daher k&#246;nnten sie unter die in dieser Bestimmung vorgesehene obligatorische Mehrwertsteuerbefreiung fallen. Die Kommission hat in der Sitzung vorgetragen, diese Bestimmung sei nicht einschl&#228;gig. Dies k&#246;nnte darauf zur&#252;ckzuf&#252;hren sein, dass Srf konsulterna offenbar keine Einrichtung des &#246;ffentlichen Rechts, die mit Aus- und Fortbildung betraut ist, im Sinne von Art.&#160;132 Abs.&#160;1 ist. Allerdings w&#228;re die Bestimmung nur dann nicht einschl&#228;gig, wenn Srf konsulterna &#8211; abgesehen davon, dass sie keine solche Einrichtung des &#246;ffentlichen Rechts ist &#8211;<i> auch nicht</i> in einem der Mitgliedstaaten, in dem die streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge erbracht werden, als eine Einrichtung &#8222;mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung&#8220; im Sinne dieser Bestimmung anzusehen w&#228;re(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>). Da die dem Gerichtshof vorliegenden Unterlagen hierzu keine weiteren Angaben enthalten, werde ich nicht weiter darauf eingehen.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur materiellen Pr&#252;fung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;W&#228;hrend Art.&#160;44 der Richtlinie 2006/112 eine allgemeine Regel zur Bestimmung des Ortes enth&#228;lt, an dem Dienstleistungen an Steuerpflichtige f&#252;r steuerliche Zwecke erbracht werden, sieht Art.&#160;53 eine davon abweichende Sonderregelung u.&#160;a. f&#252;r Unterrichtsdienstleistungen vor.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung kann die allgemeine Regel zur Bestimmung des Leistungsorts keinen Vorrang vor Sonderregelungen haben. In jedem Fall ist zu pr&#252;fen, ob der Sachverhalt einem der in der Richtlinie 2006/112 aufgef&#252;hrten besonderen F&#228;lle (z.&#160;B. Art.&#160;53) entspricht; falls nicht, f&#228;llt er unter Art.&#160;44. Die fraglichen Sonderregelungen sind nicht als Ausnahmen von einer allgemeinen Regel anzusehen, die daher eng auszulegen w&#228;ren(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>). Vielmehr ist Art.&#160;44 als eine Generalklausel oder Auffangregelung anzusehen, die greift, wenn keine Sonderregelung Anwendung findet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass nach den &#220;berlegungen, die den Bestimmungen &#252;ber den Ort der Dienstleistung f&#252;r Mehrwertsteuerzwecke zugrunde liegen, die Besteuerung nach M&#246;glichkeit an dem Ort erfolgen soll, an dem die Gegenst&#228;nde verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Rechtsprechung best&#228;tigt den Ansatz im Vorschlag der Kommission betreffend den Ort der Dienstleistung, der zum Erlass der Regelungen in ihrer derzeitigen Form gef&#252;hrt hat. Die Kommission f&#252;hrte in dem fraglichen Vorschlag aus, bei jeglicher &#196;nderung der Regeln zum Ort der Besteuerung von Dienstleistungen sei so weit wie m&#246;glich zu ber&#252;cksichtigen, dass die Besteuerung am Ort des tats&#228;chlichen Verbrauchs erfolge(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>). Um dies zu erreichen, schlug die Kommission vor, die Regeln &#252;ber den Ort der Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen dahin zu &#228;ndern, dass derartige Dienstleistungen generell in dem Mitgliedstaat steuerpflichtig sein sollten, in dem der <i>Kunde</i> ans&#228;ssig sei(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>), statt in dem Mitgliedstaat, in dem der <i>Dienstleistende</i> ans&#228;ssig sei(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unterrichtsdienstleistungen sind per Definition im Wesentlichen geistiger und somit immaterieller Natur. Es w&#228;re daher vorstellbar, solche Dienstleistungen als vom Steuerpflichtigen im Moment der Leistungserbringung (Output) an den Kunden und somit als in dem Mitgliedstaat, in dem der Steuerpflichtige ans&#228;ssig ist, wirtschaftlich &#8222;in Anspruch genommen&#8220; anzusehen. Eine solche Auslegung spr&#228;che f&#252;r die Anwendung von Art.&#160;44.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings stellt eine Dienstleistung betreffend <i>Veranstaltungen </i>auf dem Gebiet des Unterrichts eine einheitliche, wenn auch zusammengesetzte Leistung dar, deren wesentliche Elemente &#8211; wie etwa der Beitrag eines Lehrers oder Dozenten, die Veranstaltungsst&#228;tte und all ihre Einrichtungen sowie die damit zusammenh&#228;ngenden vor Ort &#8222;verbrauchten&#8220; Dienstleistungen &#8211; einen engen physischen Zusammenhang mit dem Ort aufweisen, an dem die Veranstaltung tats&#228;chlich stattfindet(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>). Das d&#252;rfte f&#252;r eine Besteuerung dieser Leistungen in ihrer Gesamtheit am Ort der Inanspruchnahme im physischen Sinne sprechen, also f&#252;r eine Anwendung von Art.&#160;53.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus folgt meines Erachtens, dass sich aus dem allgemeinen Ziel, an Steuerpflichtige erbrachte Dienstleistungen am Ort der Inanspruchnahme zu besteuern, keine offensichtliche &#8222;Faustregel&#8220; im Hinblick auf den jeweiligen Anwendungsbereich der Art.&#160;44 und 53 ableiten l&#228;sst. Insbesondere deutet dieses Ziel, so wie es im sechsten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2008/8/EG(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>) Ausdruck gefunden hat, weder klar auf eine besonders weite noch auf eine besonders enge Auslegung des einen oder des anderen Artikels hin.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich werde daher im Folgenden zun&#228;chst den Anwendungsbereich der in Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 enthaltenen Sonderregelung pr&#252;fen und dann versuchen, dem vorlegenden Gericht Hinweise zu der Frage zu geben, ob die streitgegenst&#228;ndlichen Dienstleistungen unter diese Bestimmung fallen. Ist dies nicht der Fall, so unterliegen sie der allgemeinen Regel in Art.&#160;44 der Richtlinie.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Dreh- und Angelpunkt dieses Falls ist der Ausdruck &#8222;Dienstleistung &#8230; betreffend die Eintrittsberechtigung &#8230; f&#252;r Veranstaltungen &#8230; des Unterrichts&#8220; im Sinne von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112. Da unstreitig ist, dass die streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge in den Bereich des &#8222;Unterrichts&#8220; fallen, werde ich die weiteren Schl&#252;sselbegriffe &#8222;Veranstaltung&#8220; und &#8222;Eintritt&#8220; untersuchen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was ist eine &#8222;<i>Veranstaltung</i>&#8220; des Unterrichts im Sinne dieser Bestimmung?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Begriff ist in der Richtlinie nicht definiert. Allerdings werden in Art.&#160;32 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;c der Verordnung Nr.&#160;282/2011(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>) allgemein &#8222;Konferenzen und Seminare auf dem Gebiet des Unterrichts und der Wissenschaft&#8220; als Beispiele f&#252;r Veranstaltungen genannt, die unter Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 fallen, was darauf schlie&#223;en l&#228;sst, dass dieser Begriff nach dem Willen des Gesetzgebers relativ weit auszulegen ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Oxford Dictionary(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>) wird &#8222;Veranstaltung&#8220; definiert als &#8222;etwas, insbesondere etwas von Bedeutung, das geschieht oder stattfindet&#8220;, und noch konkreter als &#8222;ein geplantes &#246;ffentliches oder gesellschaftliches Ereignis&#8220;. In den Sprachfassungen der Richtlinie 2006/112, die ich pr&#252;fen konnte, werden vergleichbare Worte mit einer &#228;hnlich weiten, funktionalen Bedeutung verwendet(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Veranstaltung im Sinne von Art.&#160;53 muss daher im Voraus geplant werden. Konzeptionell sehe ich sie als ein untrennbares Ganzes im Hinblick auf Inhalt, Ort und Zeit. Nat&#252;rlich wird eine T&#228;tigkeit, die einen im Voraus festgelegten Ablauf und einen spezifischen Gegenstand aufweist, eher als eine Veranstaltung anzusehen sein als eine zeitlich unbegrenzte T&#228;tigkeit, die nur einen allgemeinen Rahmen f&#252;r eine Unterrichtsdienstleistung bereitstellt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus sollte der Begriff &#8222;Veranstaltung&#8220; als eine Versammlung von Personen, die &#252;ber einen gewissen Zeitraum an einer T&#228;tigkeit teilnehmen oder diese beobachten, ausgelegt werden. Ich stimme dem Vereinigten K&#246;nigreich zu, dass Art.&#160;53 deshalb nur T&#228;tigkeiten erfasst, die die k&#246;rperliche Anwesenheit des Kunden erfordern. Diese Schlussfolgerung wird durch Art.&#160;33 der Verordnung Nr.&#160;282/2011 best&#228;tigt, der sich auf &#8222;die <i>Person</i>, die einer Veranstaltung <i>beiwohnt</i>&#8220; (Hervorhebung nur hier) bezieht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zeit ist ebenfalls ein wesentlicher Faktor. Die Dauer der Dienstleistung d&#252;rfte normalerweise eine Unterscheidung zwischen Unterrichtsveranstaltungen und sonstigen Unterrichtst&#228;tigkeiten erm&#246;glichen. Eine Konferenz oder ein Seminar dauert in der Regel einige Stunden bis mehrere Tage, w&#228;hrend ein Hochschulkurs wahrscheinlich &#252;ber einen erheblich l&#228;ngeren Zeitraum (z.&#160;B. drei Wochen, einen Monat, ein Semester, ein Schuljahr) stattfinden wird. Erstere d&#252;rften unter Art.&#160;53 fallen, Letzterer hingegen nicht. Die Erw&#228;hnung der &#8222;Verg&#252;tung &#8230; auch in Form eines Abonnements, einer Zeitkarte oder einer regelm&#228;&#223;igen Geb&#252;hr&#8220; in Art.&#160;32 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;282/2011 legt den Schluss nahe, dass auch eine Reihe selbstst&#228;ndiger Veranstaltungen eine Veranstaltung im Sinne von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 darstellen kann. Im Gegensatz dazu scheinen mir &#220;bungsstunden, die &#252;ber mehrere Wochen hinweg stattfinden und ein Ganzes bilden, oder ein Sprachkurs, der sich &#252;ber ein Quartal erstreckt, nicht unter den nat&#252;rlichen Sprachgebrauch des Wortes &#8222;Veranstaltung&#8220; zu fallen. Vielmehr sollten sie als fortlaufender Unterricht eingeordnet werden, d.&#160;h. als eine Art der Unterrichtst&#228;tigkeit, die unter Art.&#160;44 f&#228;llt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ob eine T&#228;tigkeit fortlaufend stattfindet oder in mehrere Teile oder Stunden unterteilt ist, kann auch einen Anhaltspunkt f&#252;r ihre Einstufung f&#252;r steuerliche Zwecke bieten. F&#252;r mich ist eine Veranstaltung grunds&#228;tzlich eine ununterbrochene T&#228;tigkeit. Dauert ein Lehrgang oder ein Ausbildungszeitraum mehr als einen Tag, so wird er eher unter Art.&#160;53 fallen, wenn er an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen stattfindet. Allerdings f&#252;hrt ein Tag Pause in der Mitte meines Erachtens nicht automatisch dazu, dass eine solche T&#228;tigkeit nicht mehr als Veranstaltung angesehen werden kann. Im Gegensatz dazu wird ein mehrw&#246;chiger oder noch l&#228;nger dauernder Kurs, der in mehrere Teile einschlie&#223;lich mehrerer Pausen unterteilt ist, eher nicht als eine Veranstaltung einzuordnen sein. Erfordert ein solcher Kurs dar&#252;ber hinaus von den Teilnehmern vor oder zwischen den einzelnen Stunden erhebliche Vorbereitung &#8211; insbesondere wenn am Ende jeder Stunde eine Pr&#252;fung oder eine andere Form der Leistungsbeurteilung stattfindet&#160;&#8211;, d&#252;rfte dies ohne Weiteres unter den Begriff einer umfassenden oder fortlaufenden Ausbildungst&#228;tigkeit fallen und somit erst recht nicht als Veranstaltung einzuordnen sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus folgt als logische Konsequenz, dass es nicht m&#246;glich ist, ein einziges Kriterium mit einer konkreten H&#246;chstdauer f&#252;r eine Veranstaltung im Sinne von Art.&#160;53 festzulegen. Vielmehr sind f&#252;r jeden Einzelfall eine Reihe von Merkmalen im Zusammenhang zu untersuchen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich bin daher der Auffassung, dass Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 im Voraus geplante nicht teilbare Unterrichtst&#228;tigkeiten erfasst, die an einem bestimmten Ort und &#252;ber einen kurzen Zeitraum stattfinden und einen im Voraus festgelegten Gegenstand betreffen. Umgekehrt fallen Unterrichtst&#228;tigkeiten, denen eines oder mehrere dieser Merkmale fehlen, wie z.&#160;B. eine Reihe einzelner Sitzungen oder Workshops, die an unterschiedlichen Tagen oder Orten stattfinden, Kurse &#252;ber einen l&#228;ngeren Zeitraum oder zeitlich unbegrenzte Sitzungszyklen, insbesondere wenn ihr Programm oder Ablauf nicht im Voraus festgelegt ist, nicht unter diesen Begriff.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen der Auslegung von Art.&#160;53 ist es au&#223;erdem erforderlich, die Bedeutung des Begriffs &#8222;<i>Eintritt</i>&#8220; zu bestimmen. Art.&#160;32 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;282/2011 h&#228;lt fest, dass nur Dienstleistungen, &#8222;deren wesentliche Merkmale darin bestehen, &#8230; das Recht auf Eintritt zu einer Veranstaltung zu gew&#228;hren&#8220;, in den Anwendungsbereich von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 fallen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine sprachliche Analyse des Begriffs &#8222;Eintritt&#8220; liefert keine stichhaltigen Anhaltspunkte f&#252;r dessen Auslegung. Das Oxford Dictionary(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>) bestimmt den Begriff &#8222;Eintritt&#8220; als &#8222;den Vorgang oder die Tatsache des Eintretens oder der Erlaubnis zum Eintreten in einen Ort oder eine Organisation&#8220;. In den Sprachfassungen der Richtlinie, die ich pr&#252;fen konnte, werden Begriffe mit einer &#228;hnlich weiten Bedeutung verwendet(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Entstehungsgeschichte zeigt, dass der Unionsgesetzgeber beabsichtigte, die allgemeine Regel zur Bestimmung des Ortes einer Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen schrittweise mit Wirkung ab dem 1.&#160;Januar 2010 von dem Mitgliedstaat, in dem der Dienstleistende ans&#228;ssig ist(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>), hin zu dem Mitgliedstaat, in dem der Kunde ans&#228;ssig ist(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>), zu verlagern. Parallel dazu wurde der Anwendungsbereich der Sonderregelung &#8211; die bei Unterrichtsdienstleistungen an Steuerpflichtige die Besteuerung in dem Mitgliedstaat vorsah, in dem die Dienstleistungen tats&#228;chlich bewirkt werden &#8211; mit Wirkung ab dem 1.&#160;Januar 2011 ebenfalls zugunsten dieser neu eingef&#252;hrten allgemeinen Regel beschr&#228;nkt(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den vorbereitenden Gesetzesmaterialien, die zur Verabschiedung der Richtlinie 2008/8 gef&#252;hrt haben, ergibt sich, dass die Verwendung der Begriffe &#8222;Eintritt&#8220; und &#8222;Veranstaltung&#8220; alles andere als zuf&#228;llig oder willk&#252;rlich gewesen ist. Im Gegenteil: Die Einf&#252;hrung dieser Begriffe war beabsichtigt und Gegenstand langwieriger Diskussionen(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da der Unionsgesetzgeber die Sonderregelung in Bezug auf bestimmte Unterrichtsdienstleistungen, wenn auch in begrenzter Form, bewusst beibehalten hat, kann diese Vorschrift nicht in einer Weise ausgelegt werden, die ihren Anwendungsbereich aush&#246;hlen w&#252;rde, ohne diesen Zweck zu gef&#228;hrden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Weitere Hinweise dazu, wie &#8222;Eintritt&#8220; verstanden werden sollte, ergeben sich aus dem Kontext. Zusammen betrachtet enthalten die Art.&#160;44 und 53 der Richtlinie 2006/112 eine allgemeine Regel und eine Sonderregelung f&#252;r Dienstleistungen an Steuerpflichtige, w&#228;hrend die Art.&#160;45 und 54 eine &#228;hnliche Rolle im Zusammenhang mit Unterrichtsdienstleistungen an Endverbraucher einnehmen. Hier enden die &#196;hnlichkeiten. W&#228;hrend Art.&#160;53 sich auf Dienstleistungen betreffend die Eintrittsberechtigung f&#252;r <i>Veranstaltungen</i> des Unterrichts bezieht, ist Art.&#160;54 auf &#8222;Dienstleistungen &#8230;. betreffend &#8230; <i>T&#228;tigkeiten</i> &#8230; des Unterrichts&#8220; (Hervorhebung nur hier) anzuwenden. Der Anwendungsbereich der letztgenannten Bestimmung ist daher in zweierlei Hinsicht weiter. Erstens ist er nicht auf &#8222;Unterrichtsveranstaltungen&#8220; begrenzt, sondern erfasst verschiedene Arten von &#8222;T&#228;tigkeiten &#8230; des Unterrichts&#8220;. Zweitens &#8211; was noch wichtiger ist &#8211; ist er nicht auf Dienstleistungen betreffend den &#8222;Eintritt&#8220; beschr&#228;nkt. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Umstand, dass der Unionsgesetzgeber in diesen benachbarten Bestimmungen unterschiedliche Begriffe verwendet hat, legt nahe, dass er die Absicht hatte, zwischen drei verschiedenen Kategorien von Unterrichtsdienstleistungen zu unterscheiden. Nur einige Unterrichts<i>t&#228;tigkeiten</i> (die erste und weiteste Kategorie von Dienstleistungen) stellen Unterrichts<i>veranstaltungen</i> (die zweite, mittlere Kategorie) dar, und nur einige Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen Veranstaltungen kann man im Wesentlichen als &#8222;betreffend die <i>Eintrittsberechtigung</i>&#8220; (die dritte, engste Kategorie; Hervorhebung nur hier) einordnen(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Kontext von Art.&#160;53 spricht somit gegen die vom Skatteverk und der Kommission vertretene enge Auslegung des Begriffs &#8222;Eintritt&#8220;. Zum einen w&#252;rde diese Auslegung den Ausdruck &#8222;Eintrittsberechtigung f&#252;r Veranstaltungen&#8220; und somit Art.&#160;53 gr&#246;&#223;tenteils seines Inhalts berauben. Zum anderen sind Dienstleistungen betreffend &#8222;die Eintrittsberechtigung f&#252;r eine Veranstaltung des Unterrichts&#8220; nicht mit der Durchf&#252;hrung einer &#8222;Veranstaltung des Unterrichts&#8220; gleichzusetzen. Vielmehr sollten diese beiden Kategorien von Dienstleistungen auf der Grundlage eines objektiven, eindeutigen und praktikablen Kriteriums voneinander unterschieden werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meiner Ansicht nach liegt der Schl&#252;ssel zur Auslegung von Art.&#160;53 darin, dass diese Bestimmung die individuellen Teilnehmer hervorhebt. Diese Auffassung wird indirekt durch Art.&#160;33 der Verordnung Nr.&#160;282/2011 best&#228;tigt, der sich auf Dienstleistungen an &#8222;die Person, die einer Veranstaltung <i>beiwohnt</i>&#8220;, bezieht (Hervorhebung nur hier). Somit besteht das wesentliche Merkmal der Dienstleistungen, die in den Anwendungsbereich von Art.&#160;53 fallen, darin, dass einer oder mehreren Personen das Recht auf Zugang zu den R&#228;umlichkeiten, in denen eine Unterrichtsveranstaltung stattfindet, gew&#228;hrt wird. Man kann sagen, dass der Preis als Gegenleistung daf&#252;r in Rechnung gestellt wird, dass einer bestimmten Anzahl Personen das Recht auf Zugang zu einer bestimmten Veranstaltung gew&#228;hrt wird. Praktisch bedeutet dies, dass eine Veranstaltung, sobald der Dienstleistende die Anzahl der eintrittsberechtigten Personen kontrolliert und von den Steuerpflichtigen eine Geb&#252;hr f&#252;r den Eintritt verlangt, unter Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 fallen d&#252;rfte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegensatz dazu f&#228;llt das Durchf&#252;hren einer Veranstaltung <i>als solches</i>, d.&#160;h. eine Dienstleistung, die das Veranstalten oder Ausrichten einer Unterrichtsveranstaltung und ihre Vermarktung <i>insgesamt</i> umfasst, nicht unter Art.&#160;53. So k&#246;nnte der Fall z.&#160;B. liegen, wenn die Dienstleistung im Verkauf eines vorgefertigten Unterrichts oder Lehrgangs an einen Steuerpflichtigen im Hinblick auf den sp&#228;teren Weiterverkauf an andere Steuerpflichtige oder mit dem Ziel, sie einer mehr oder weniger genau bestimmten Personengruppe anzubieten (z.&#160;B. Mitarbeitern und begleitenden Familienangeh&#246;rigen)(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>), besteht, selbst wenn die Gesamtkapazit&#228;t festgelegt ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens ist es nicht von Bedeutung, ob die Person sich an der Veranstaltung aktiv oder passiv beteiligt. Das h&#228;ngt von der Art der fraglichen Veranstaltung ab: Die Teilnahme an einer Vorlesung wird in der Regel keine aktive Beteiligung erfordern. Die Teilnahme an einem Lehrgang wird meistens ein etwas aktiveres Verhalten der Teilnehmer voraussetzen. Das Teilnahmerecht ist sekund&#228;r und untrennbar mit dem prim&#228;ren Recht auf Eintritt verbunden und f&#228;llt naturgem&#228;&#223; ebenfalls unter Art.&#160;53.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stellt der &#8222;Eintritt&#8220; zu einer Veranstaltung nur einen von mehreren Bestandteilen einer zusammengesetzten Dienstleistung dar (und kann folglich nicht als deren wesentliches Element angesehen werden), so sollte diese Dienstleistung insgesamt unter die allgemeine Regel gem&#228;&#223; Art.&#160;44 fallen. Das w&#228;re beispielsweise der Fall, wenn eine Dienstleistung im Organisieren einer Gesch&#228;ftsreise f&#252;r den leitenden Buchhalter einer Gesellschaft besteht, die nicht lediglich die Teilnahme an einer Fortbildungskonferenz umfasst, sondern auch Verpflegung, Unterbringung und Besichtigung verschiedener Sehensw&#252;rdigkeiten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Umstand, dass gem&#228;&#223; Art.&#160;33 der Verordnung Nr.&#160;282/2011 die Nutzung von Garderoben oder von sanit&#228;ren Einrichtungen durch die Teilnehmer der Unterrichtsveranstaltung als &#8222;zusammenh&#228;ngende Dienstleistungen&#8220; anzusehen sind, stellt weder diese Schlussfolgerungen in Frage noch spricht er f&#252;r eine engere Auslegung des Begriffs &#8222;Eintritt&#8220;. Solche zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen stehen ebenso direkt mit der Eintrittsberechtigung in Verbindung wie mit der Anwesenheit oder Teilnahme. Sie stellen f&#252;r sich genommen keinen vom Kunden gew&#252;nschten Vorteil dar. Sie tragen lediglich dazu bei, dass die Kunden die Hauptleistung besser nutzen k&#246;nnen. Dementsprechend sollten sie f&#252;r steuerliche Zwecke ebenso behandelt werden wie die Hauptleistung, also der Eintritt zu der Veranstaltung(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>). Der Umstand, dass nach Art.&#160;33 reine Vermittlungsleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Eintrittskarten vom Anwendungsbereich der &#8222;zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen&#8220; ausgenommen sind, bedeutet meines Erachtens nicht zwingend, dass der Begriff &#8222;Eintritt&#8220; besonders eng auszulegen ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus erfasst Art.&#160;53 im Gegensatz zu Art.&#160;54 (Leistungen an Nicht-Steuerpflichtige) keine sonstigen, nicht mit der Eintrittsberechtigung zusammenh&#228;ngenden Dienstleistungen oder die &#8222;Erbringung von Dienstleistungen der Veranstalter von T&#228;tigkeiten [des Unterrichts]&#8220;. Werden solche sonstigen Dienstleistungen an Steuerpflichtige erbracht, so ist der Ort der Dienstleistung im Einklang mit der allgemeinen Regel in Art.&#160;44 zu bestimmen. Dies spricht ebenfalls f&#252;r die Auffassung, dass Art.&#160;53 konkret auf die Dienstleistung der Gew&#228;hrung eines Rechts auf Eintritt an Teilnehmer gegen Entgelt angewendet werden soll, w&#228;hrend Dienstleistungen anderer Art aus dem Anwendungsbereich dieser Bestimmung herausfallen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich sollten die Dienstleistungen im Zusammenhang mit den verschiedenen Schritten, die erforderlich sind, um eine Veranstaltung zu organisieren, auszurichten und einzelnen Teilnehmern anzubieten, jeweils einzeln gepr&#252;ft werden. In der Praxis bedeutet dies nach der oben von mir vorgeschlagenen Auslegung, dass die entgeltliche Durchf&#252;hrung einer Unterrichtsveranstaltung, bei der der Preis nicht von der Teilnehmerzahl, sondern im Wesentlichen von der Dauer (Anzahl der Stunden) der fraglichen Veranstaltung, ihren Bestandteilen oder von anderen technischen Parametern abh&#228;ngt, unabh&#228;ngig von der Teilnehmerzahl nicht unter Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 f&#228;llt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus folgt, dass in F&#228;llen, in denen der Veranstalter einer Unterrichtsveranstaltung die Dienstleistung der Durchf&#252;hrung einer solchen Veranstaltung als Ganzes einem Dritten verkauft(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>), z.&#160;B. einem Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern interne Fortbildungen anbieten m&#246;chte, oder dem Eigent&#252;mer eines Konferenzzentrums, der die Veranstaltung selbst vermarkten m&#246;chte, dieser Umsatz nicht in den Anwendungsbereich von Art.&#160;53 f&#228;llt, sondern nach Art.&#160;44 zu besteuern ist. Demgegen&#252;ber ist in F&#228;llen, in denen der Steuerpflichtige, der eine solche &#8222;schl&#252;sselfertige&#8220; Veranstaltung gekauft hat, die verf&#252;gbaren Pl&#228;tze an einen anderen Steuerpflichtigen gegen ein Entgelt (weiter&#8209;)verkauft, das im Wesentlichen von der Anzahl der Teilnehmer abh&#228;ngt, der &#8222;Eintritt&#8220; zu dieser Veranstaltung das wesentliche Merkmal der fraglichen Dienstleistung und folglich Art.&#160;53 anzuwenden. &#196;hnlich ist die Situation, wenn ein Arbeitgeber, der Dienstleistungen bez&#252;glich einer Veranstaltung gekauft hat, feststellt, dass der Konferenzsaal, in dem die Veranstaltung stattfindet, mehr Personen Platz bietet, als er Arbeitnehmer hat, und sich f&#252;r einen Verkauf der restlichen Pl&#228;tze an einen oder mehrere Steuerpflichtige(n) entscheidet und dabei (nat&#252;rlich) einen Preis pro Teilnehmer verlangt; auf diesen Umsatz oder diese Ums&#228;tze findet ebenfalls Art.&#160;53 Anwendung.</p> <p class="C06Titre3">&#160;<i>Zus&#228;tzliche Kriterien</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Skatteverk, Schweden und die Kommission machen mit unterschiedlichen Argumenten geltend, der Gerichtshof solle im Zusammenhang mit der Anwendung von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 zus&#228;tzliche Kriterien ber&#252;cksichtigen. Diesem Ansatz stimme ich nicht zu. Der guten Ordnung halber werde ich nachstehend auf ihre wichtigsten Vorschl&#228;ge eingehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens sind die verschiedenen technischen oder praktischen Aspekte im Zusammenhang mit der Anmeldung und der Bezahlung, insbesondere die Frage, ob diese im Voraus erfolgen, unerheblich, weil sie nicht geeignet sind, das Wesen der betreffenden Dienstleistung zu ver&#228;ndern. Art.&#160;32 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;282/2011 bestimmt in einer recht weit gefassten Formulierung, dass die Rechte &#8222;gegen eine Eintrittskarte oder eine Verg&#252;tung, auch in Form eines Abonnements, einer Zeitkarte oder einer regelm&#228;&#223;igen Geb&#252;hr&#8220; zu gew&#228;hren sind. Dasselbe muss f&#252;r die Form gelten, in der die Eintrittsberechtigungen auf ihren Empf&#228;nger &#252;bertragen werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens vermag ich dem Vorbringen der Kommission nicht zu folgen, dass Art.&#160;53 lediglich auf Veranstaltungen anzuwenden sei, bei denen dem Veranstalter wenigstens einige der Teilnehmer im Voraus <i>nicht</i> bekannt seien. Die Kommission macht geltend, dass Veranstaltungen, f&#252;r die eine vorherige Anmeldung erforderlich sei, wodurch dem Dienstleistenden im Voraus der steuerliche Status aller Teilnehmer ebenso wie deren Steueridentifikationsdaten bekannt seien, unter Art.&#160;44 fielen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich sehe in den einschl&#228;gigen Bestimmungen keinen Anhaltspunkt daf&#252;r, dass der Begriff &#8222;Eintritt&#8220; voraussetzt, dass die Veranstaltungen zumindest teilweise der Allgemeinheit oder einer Gruppe unbekannter, anonymer Kunden zug&#228;nglich sein m&#252;ssten. Ich vermag auch nicht zu erkennen, auf welcher Grundlage sich das Wesen der fraglichen Dienstleistung dadurch in die Gew&#228;hrung einer &#8222;Eintrittsberechtigung&#8220; verwandeln sollte, dass einem unbekannten Kunden die Teilnahme an einem Lehrgang erm&#246;glicht wird, der Verkauf derselben Dienstleistung an einen im Voraus bekannten Kunden aber nicht unter diesen Begriff fallen soll.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ein solches Kriterium erscheint mir willk&#252;rlich und anf&#228;llig f&#252;r Manipulationen. Es w&#252;rde dem Veranstalter einer grenz&#252;berschreitenden Veranstaltung die M&#246;glichkeit geben, den Mitgliedstaat zu w&#228;hlen, in dem die Veranstaltung besteuert wird, indem er lediglich ein vollkommen unbedeutendes Element der angebotenen Dienstleistung &#228;ndert &#8211; z.&#160;B. indem er es bewusst unterl&#228;sst, einige der Teilnehmer der Veranstaltung im Voraus zur Angabe ihrer Umsatzsteuer&#8209;Identifikationsnummern aufzufordern, oder indem er einigen steuerpflichtigen Kunden den Eintritt erst in letzter Minute durch den Verkauf von Eintrittskarten am Eingang erm&#246;glicht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Umstand, dass die Kommission in der m&#252;ndlichen Verhandlung vorgetragen hat, der Eintritt zu einer Veranstaltung auf der Grundlage einer <i>personengebundenen</i> Zeitkarte falle <i>in</i> den Anwendungsbereich von Art.&#160;53, tr&#228;gt nur noch weiter zur Verwirrung bei und zeigt, dass sie Schwierigkeiten hat, das von ihr selbst ins Feld gef&#252;hrte Kriterium genau abzugrenzen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den gleichen Gr&#252;nden kann ich der Auffassung nicht folgen, dass die Anwendbarkeit von Art.&#160;53 davon abh&#228;ngen soll, ob die Beschaffung der steuerlichen Identifikationsdaten im Vorfeld einer Veranstaltung dem Dienstleistenden (subjektiv) &#8222;unm&#246;glich&#8220; ist. Es erscheint mir nicht plausibel, dass es in der Praxis unm&#246;glich oder &#252;berm&#228;&#223;ig schwierig sein soll, von steuerpflichtigen Teilnehmern einer Veranstaltung ein Minimum an erforderlichen Daten zu erheben, bevor ihnen ihre Rechnung ausgeh&#228;ndigt wird (die sie sicherlich f&#252;r steuerliche Zwecke w&#252;nschen werden), selbst wenn die Eintrittskarten erst unmittelbar vor der Veranstaltung am Veranstaltungsort ausgestellt werden(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ebenso scheint mir die vom Skatteverk vertretene Auffassung nur schwer nachvollziehbar, Art.&#160;53 sei nicht anzuwenden, wenn eine Veranstaltung der Allgemeinheit &#8211; und nicht einem, mehreren oder einer konkret vorbestimmten Gruppe von Steuerpflichtigen &#8211; angeboten werde. Meiner Ansicht nach vermag dieser Umstand am eigentlichen Wesen der Eintrittsberechtigung f&#252;r die fragliche Dienstleistung nichts zu &#228;ndern.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Kriterium erscheint mir genauso willk&#252;rlich und anf&#228;llig f&#252;r Manipulationen wie das von der Kommission vorgeschlagene Kriterium. Der Dienstleistende k&#246;nnte bei grenz&#252;berschreitenden Unterrichtsveranstaltungen leicht den Ort der Dienstleistung beeinflussen, indem er den Kreis der potenziellen Kunden, an die er sein Angebot richtet, entweder beschr&#228;nkt oder aber erweitert, z.&#160;B. indem er auf einer &#246;ffentlich zug&#228;nglichen Website f&#252;r die Veranstaltung wirbt oder die verbliebenen Pl&#228;tze am Eingang an zuf&#228;llige Kunden verkauft. Ich m&#246;chte erg&#228;nzen, dass dieses Kriterium, da die Lehrg&#228;nge von Srf konsulterna sowohl Mitgliedern als auch Nichtmitgliedern des schwedischen Berufsverbands der Buchhalter offenstehen, bei der Bestimmung des Ortes der streitgegenst&#228;ndlichen Dienstleistungen wohl auch nicht helfen w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens tragen Schweden und die Kommission vor, Art.&#160;53 sei nur anzuwenden, wenn die Besteuerung am Ort der Erbringung der Dienstleistung nicht mit &#8222;<i>unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igen</i> Verwaltungslasten&#8220; f&#252;r die betroffenen Steuerpflichtigen verbunden sei. Dieses Vorbringen st&#252;tzen sie auf den Wortlaut des sechsten Erw&#228;gungsgrunds der Richtlinie 2008/8(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>) und machen &#8211; gemeinsam mit dem Skatteverk &#8211; geltend, im konkreten Fall der streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge seien die sich aus der Anwendung von Art.&#160;53 ergebenden Verwaltungslasten unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist vollkommen zutreffend, dass die Vermeidung zus&#228;tzlicher Verwaltungslasten zu den Zielen geh&#246;rte, die die Kommission mit ihrem Vorschlag zur &#196;nderung der Richtlinie 2006/112 verfolgt hat(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>). Im sechsten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2008/8 kommt dieses Ziel angemessen zum Ausdruck. F&#252;r mich ist jedoch klar, dass ein Steuerpflichtiger sich nicht auf Verwaltungslasten, die potenziell durch den Umstand entstehen, dass eine Dienstleistung in dem einen Mitgliedstaat statt in dem anderen besteuert wird, berufen kann, um eine ansonsten anwendbare Bestimmung des Unionsrechts auszuhebeln. Selbst wenn der sechste Erw&#228;gungsgrund als Auslegungsgrundsatz anzusehen w&#228;re &#8211; was nicht zutrifft&#160;&#8211;, k&#246;nnte der eindeutige Wortlaut von Art.&#160;53 nicht &#252;bergangen werden, da ein Erw&#228;gungsgrund niemals Vorrang vor dem Gesetzestext beanspruchen kann(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf ein solches Kriterium abzustellen, w&#252;rde die Anwendbarkeit von Art.&#160;53 von der jeweiligen Konstellation der konkreten Umst&#228;nde des Einzelfalls abh&#228;ngig machen. Es ist nicht vorstellbar, dass ein unionsweites Steuersystem auf der Grundlage derartig unbest&#228;ndiger und zuf&#228;lliger Erw&#228;gungen funktionieren k&#246;nnte. Dar&#252;ber hinaus ist mir v&#246;llig unklar, wie die F&#228;lle zu bestimmen w&#228;ren, in denen die Verwaltungslasten die Schwelle zur Unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit erreichen. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Kriterium nicht praktikabel ist. Die betroffenen Steuerpflichtigen m&#252;ssten in jedem Einzelfall pr&#252;fen, ob diese unbestimmte Schwelle erreicht worden ist. Das w&#252;rde sie h&#228;ufig auf Kollisionskurs mit den zust&#228;ndigen Beh&#246;rden bringen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allgemeiner gesagt k&#246;nnen meiner Ansicht nach Verwaltungslasten, die in einigen F&#228;llen infolge allgemein anwendbarer Bestimmungen des nationalen Rechts zur Umsetzung von Richtlinien der Europ&#228;ischen Union entstehen k&#246;nnen, nie als unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig angesehen werden, sofern und solange der Gerichtshof diese Bestimmungen nicht mit der Begr&#252;ndung f&#252;r nichtig erkl&#228;rt hat, dass sie nicht verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sind. Diese Frage ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens und ich werde sie nicht weiter er&#246;rtern. Ich m&#246;chte lediglich hinzuf&#252;gen, dass, da die Richtlinien 2008/8 und 2008/9/EG(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>) eine Reihe von Regeln und Verfahren festlegen, die gerade der Verringerung m&#246;glicher Verwaltungslasten f&#252;r Steuerpflichtige im Hinblick auf Dienstleistungen dienen sollen, die in anderen Mitgliedstaaten als dem erbracht werden, in dem die Steuerpflichtigen ans&#228;ssig sind(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>), schwer nachvollziehbar ist, wie Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 f&#252;r die betroffenen Steuerpflichtigen zu unverh&#228;ltnism&#228;&#223;igen Verwaltungslasten f&#252;hren soll.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem ergibt sich aus der Rechtsprechung eindeutig, dass die Erw&#228;gungsgr&#252;nde eines Unionsrechtsakts rechtlich nicht verbindlich sind und weder herangezogen werden k&#246;nnen, um von den Bestimmungen des betreffenden Rechtsakts abzuweichen, noch, um diese Bestimmungen in einem Sinne auszulegen, der ihrem Wortlaut offensichtlich widerspricht(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zusammengefasst liefe die Anwendung jedes der skizzierten Kriterien auf eine besonders enge Auslegung von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 hinaus. Meines Erachtens spricht nichts im Wortlaut oder Zweck dieser Bestimmung f&#252;r eine derart enge Auslegung. Au&#223;erdem m&#252;ssten die betreffenden Steuerpflichtigen bei Anwendung dieser Kriterien in jedem Einzelfall nachweisen, dass ihre Dienstleistungen diese unbest&#228;ndigen Kriterien erf&#252;llten, und die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden m&#252;ssten dies dann &#252;berpr&#252;fen. Das bietet gro&#223;es Potenzial f&#252;r Rechtsstreitigkeiten und f&#252;hrt insgesamt eher zu einer Zunahme der Verwaltungslasten, was dem im sechsten Erw&#228;gungsgrund genannten Zweck v&#246;llig zuwiderl&#228;uft.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Kriterien k&#246;nnten auch zu der paradoxen Situation f&#252;hren, dass &#228;hnliche Unterrichtsveranstaltungen, die parallel am selben Ort stattfinden, in verschiedenen Mitgliedstaaten besteuert werden, je nachdem, wo die Kunden ans&#228;ssig sind. Aus dem Blickwinkel des Funktionierens des Binnenmarkts und der Wettbewerbsregeln betrachtet, scheint mir das keine besonders w&#252;nschenswerte Situation zu sein(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich w&#252;rde, wenn die Anwendung von Art.&#160;53 an eines der oben er&#246;rterten Kriterien gekn&#252;pft w&#252;rde, die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung von einer unsicheren und bis zu einem gewissen Grad subjektiven Pr&#252;fung abh&#228;ngig gemacht(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>). Dies st&#252;nde in Widerspruch zu dem Grundsatz der Rechtssicherheit, der verlangt, dass die Bestimmungen des Unionsrechts insbesondere in Fragen, die &#8211; wie bei der Mehrwertsteuer &#8211; finanzielle Auswirkungen haben, klar und deutlich sowie vorhersehbar sind, damit die Betroffenen deren Auswirkungen eindeutig erkennen und somit ihre Vorkehrungen treffen k&#246;nnen(<a href="#Footnote43" name="Footref43">43</a>). Da die genannten Kriterien die einheitliche Anwendung von Art.&#160;53 und damit die Wirksamkeit der Richtlinie 2006/112 gef&#228;hrden k&#246;nnten, kann keines davon akzeptiert werden(<a href="#Footnote44" name="Footref44">44</a>). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Anwendung von Art.&#160;53 auf die streitgegenst&#228;ndlichen Dienstleistungen scheint keine praktischen Schwierigkeiten aufzuwerfen. Der Ort, an dem die fraglichen T&#228;tigkeiten bewirkt werden, l&#228;sst sich n&#228;mlich ohne Weiteres bestimmen(<a href="#Footnote45" name="Footref45">45</a>). Da die betreffenden Dienstleistungen der Mehrwertsteuer in dem Mitgliedstaat unterliegen, in dem sie tats&#228;chlich bewirkt werden, stellt dieses Ergebnis eine steuerlich sinnvolle L&#246;sung dar(<a href="#Footnote46" name="Footref46">46</a>). Gleichfalls erscheint die Anwendung von Art.&#160;53 nicht au&#223;erordentlich schwierig oder geeignet, die zuverl&#228;ssige und ordnungsgem&#228;&#223;e Erhebung der Mehrwertsteuer in Frage zu stellen(<a href="#Footnote47" name="Footref47">47</a>). </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur Frage, ob die streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge unter Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 fallen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Aufgabe des Gerichtshofs im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens besteht darin, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die von Nutzen sein k&#246;nnen(<a href="#Footnote48" name="Footref48">48</a>). Daher m&#246;chte ich zum Schluss einige Aspekte skizzieren, die das vorlegende Gericht bei der Beurteilung, ob Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 auf den Sachverhalt im Ausgangsverfahren anzuwenden ist, gegebenenfalls ber&#252;cksichtigen muss.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie bereits festgestellt(<a href="#Footnote49" name="Footref49">49</a>), ist unstreitig, dass es sich bei den streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;ngen um Unterrichtsdienstleistungen handelt, die an Steuerpflichtige erbracht werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nichts in den dem Gerichtshof vorliegenden Akten deutet darauf hin, dass diese Lehrg&#228;nge nicht unter den im Licht meiner Ausf&#252;hrungen oben in Nr.&#160;44 ausgelegten Begriff &#8222;Veranstaltung&#8220; fallen. Es handelt sich um f&#252;nft&#228;gige Buchhaltungslehrg&#228;nge mit einem freien Tag in der Mitte; sie finden an einem bestimmten Ort statt und das Programm ist im Voraus festgelegt. Grunds&#228;tzlich d&#252;rften solche Dienstleistungen ohne Weiteres unter den Begriff der &#8222;Veranstaltung des Unterrichts&#8220; im Sinne von Art.&#160;53 zu fassen sein. In der m&#252;ndlichen Verhandlung haben Schweden und die Kommission vorgetragen, dass dies tats&#228;chlich der Fall sei. Ich sehe keinen Grund, dem zu widersprechen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Noch zu pr&#252;fen ist die Frage, ob die von Srf konsulterna gegen eine Verg&#252;tung erbrachte Dienstleistung in der Gew&#228;hrung des Eintrittsrechts und nicht in anderen Arten von Dienstleistungen im Zusammenhang mit den im Ausgangsverfahren streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;ngen besteht. Kurz gesagt h&#228;ngt dies davon ab, ob das wesentliche Element darin besteht, dass Srf konsulterna ihren Kunden individuelle Eintrittsberechtigungen f&#252;r die von ihr veranstalteten Lehrg&#228;nge verkauft und von ihnen einen Preis &#8222;pro Person&#8220; verlangt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point83">83.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dagegen ist unerheblich, ob Srf konsulterna ihre Dienstleistungen an bestimmte Kunden oder die Allgemeinheit &#8211; auch durch Bereitstellung von der Allgemeinheit zug&#228;nglichen Informationen &#252;ber die Lehrg&#228;nge im Internet &#8211; richtet. Es ist auch unerheblich, ob Srf konsulterna zum Zeitpunkt der Veranstaltung &#252;ber die Steueridentifikationsdaten jedes einzelnen Kunden verf&#252;gt, der das Recht auf Eintritt erworben hat. Schlie&#223;lich ist unerheblich, ob es infolge der Anwendung von Art.&#160;53 statt Art.&#160;44 erforderlich w&#228;re, dass sich Srf konsulterna oder ihre Kunden im Zusammenhang mit diesen Lehrg&#228;ngen in einem anderen Mitgliedstaat mehrwertsteuerlich registrieren, und dass sie Mehrwertsteuer entrichten und anschlie&#223;end die Erstattung der in dem anderen Mitgliedstaat angefallenen Vorsteuer beantragen m&#252;ssten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point84">84.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausgehend von den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben besteht das Wesen der Dienstleistungen von Srf konsulterna offenbar darin, ihren steuerpflichtigen Kunden das Recht auf den Eintritt einzelner Personen in die R&#228;umlichkeiten zu verkaufen, in denen ein bestimmter Lehrgang tats&#228;chlich stattfindet, wodurch diesen Personen die Teilnahme an den fraglichen Lehrg&#228;ngen erm&#246;glicht wird. Die Feststellung, ob die Dienstleistung der streitgegenst&#228;ndlichen Lehrg&#228;nge unter den Begriff &#8222;Eintritt&#8220; im Sinne von Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 f&#228;llt, ist jedoch allein Sache des vorlegenden Gerichts, das dabei alle relevanten Umst&#228;nde im Rahmen einer umfassenden Beurteilung zu ber&#252;cksichtigen hat.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point85">85.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Licht der vorstehenden Ausf&#252;hrungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) vorgelegte Frage wie folgt zu antworten:</p> <p class="C02AlineaAltA">Der Ausdruck &#8222;Dienstleistungen &#8230; betreffend die Eintrittsberechtigung &#8230; f&#252;r Veranstaltungen &#8230; des Unterrichts&#8220; in Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er eine ausschlie&#223;lich an Steuerpflichtige erbrachte Dienstleistung erfasst, deren wesentliches Element im Verkauf des Rechts auf den Eintritt einzelner Personen zu einem ein- oder mehrt&#228;gigen Berufsfortbildungslehrgang besteht, wenn dieser Lehrgang an einem bestimmten Ort stattfindet und sein Inhalt im Voraus festgelegt ist, was das nationale Gericht zu pr&#252;fen hat. Es ist unerheblich, ob (1)&#160;alle Kunden dem Dienstleistenden Daten wie z.&#160;B. ihre Steueridentifikationsdaten zur Verf&#252;gung stellen, (2)&#160;die fragliche Dienstleistung die Anmeldung und Bezahlung im Voraus erfordert, (3)&#160;die Dienstleistung nur einer bestimmten Gruppe oder der Allgemeinheit angeboten wird und (4)&#160;der Umstand, dass die Dienstleistung in dem Mitgliedstaat besteuert wird, in dem die fragliche Veranstaltung stattfindet, zu zus&#228;tzlichen Verwaltungslasten f&#252;r den Dienstleistenden oder seine Kunden f&#252;hrt.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Englisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl.&#160;2006, L&#160;347, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die relevanten Merkmale dieser Veranstaltung d&#252;rften folgenderma&#223;en aussehen: Sie setzt sich zusammen aus einer Reihe selbstst&#228;ndiger Veranstaltungen (Fu&#223;ballspiele), die in verschiedenen Mitgliedstaaten oder au&#223;erhalb der Europ&#228;ischen Union stattfinden, f&#252;r die personengebundene Eintrittskarten von verschiedenen Steuerpflichtigen &#252;ber ein komplexes Vertriebssystem verkauft werden.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt war die Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12.&#160;Februar 2008 zur &#196;nderung der Mehrwertsteuerrichtlinie bez&#252;glich des Ortes der Dienstleistung (ABl.&#160;2008, L&#160;44, S.&#160;11) ge&#228;nderten Fassung anwendbar.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Durchf&#252;hrungsverordnung (EU) Nr.&#160;282/2011 des Rates vom 15.&#160;M&#228;rz 2011 zur Festlegung von Durchf&#252;hrungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112 (ABl.&#160;2011, L&#160;77, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Folgenden: Steueridentifikationsdaten.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nrn. 16 und 17.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nrn. 13 und 14.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 8.&#160;Dezember 2016, A und B, C&#8209;453/15, EU:C:2016:933, Rn.&#160;24.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nr.&#160;14.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 28.&#160;November 2013, MDDP, C&#8209;319/12, EU:C:2013:778, Rn.&#160;35 bis 39.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 8.&#160;Dezember 2016, A und B, C&#8209;453/15, EU:C:2016:933, Rn.&#160;18 und 19.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 8.&#160;Dezember 2016, A und B, C&#8209;453/15, EU:C:2016:933, Rn.&#160;25.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vorschlag f&#252;r eine Richtlinie des Rates zur &#196;nderung der Richtlinie 77/388/EWG bez&#252;glich des Ortes der Dienstleistung, KOM(2003) 822, Abschnitt 3.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ge&#228;nderter Vorschlag f&#252;r eine Richtlinie des Rates zur &#196;nderung der Richtlinie 77/388/EWG bez&#252;glich des Ortes der Dienstleistung, KOM(2005) 334, Abschnitt 1, S.&#160;2. Dieses Ziel findet sich im vierten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2008/8 wieder, in dem es hei&#223;t, dass die Grundregel insoweit &#8222;auf den Ort abstellen [sollte], an dem der Empf&#228;nger ans&#228;ssig ist, und nicht auf den, an dem der Dienstleistungserbringer ans&#228;ssig ist&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So lautete die Grundregel zun&#228;chst gem&#228;&#223; Art.&#160;9 Abs.&#160;1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.&#160;Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten &#252;ber die Umsatzsteuern &#8211; Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl.&#160;1977, L&#160;145, S.&#160;1) und sp&#228;ter gem&#228;&#223; Art.&#160;43 der Richtlinie 2006/112 in ihrer urspr&#252;nglichen Fassung. Diese Regelung blieb bis zum 31.&#160;Dezember 2009 in Kraft.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat in st&#228;ndiger Rechtsprechung festgestellt, dass ein einheitlicher Umsatz insbesondere vorliegt, wenn zwei oder mehr vom Steuerpflichtigen erbrachte Elemente oder Handlungen so eng verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd w&#228;re (vgl. z.&#160;B. das Urteil vom 10.&#160;November 2016, Ba&#353;tov&#225;, <br/>C&#8209;432/15, EU:C:2016:855, Rn.&#160;70). Ein &#220;berblick &#252;ber die Rechtsprechung zu den &#8222;zusammengesetzten Leistungen&#8220; und ihre steuerliche Behandlung im Rahmen der Richtlinie 2006/112 findet sich in den Schlussantr&#228;gen der Generalanw&#228;ltin Kokott in der Rechtssache Talacre Beach Caravan Sales, C&#8209;251/05, EU:C:2006:295, Nrn. 27&#160;ff.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Erw&#228;gungsgrund hei&#223;t es, dass die Regeln zur Bestimmung des Ortes der Dienstleistung an einen Steuerpflichtigen &#8222;dem Grundsatz der Besteuerung am Ort des Verbrauchs folgen&#8220; sollten.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Verordnung wurde auf der Grundlage von Art.&#160;397 der Richtlinie 2006/112 erlassen. Sie soll die einheitliche Anwendung des Mehrwertsteuersystems durch den Erlass von Vorschriften zur Durchf&#252;hrung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/112 in F&#228;llen sicherstellen, in denen es zu Divergenzen bei der Anwendung kommt oder kommen k&#246;nnte, die nicht mit dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts zu vereinbaren sind (Erw&#228;gungsgr&#252;nde 2 und 4).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. im Internet https://en.oxforddictionaries.com/.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. die folgenden Sprachfassungen: CZ: akce; DE: Veranstaltung; ES: manifestaci&#243;n; FR: manifestation; IT: manifestazione; NL: evenement; PL: impreza; und PT: manifesta&#231;&#245;e. Die schwedische Sprachfassung von Art.&#160;53 umfasst zwei Begriffe von sehr &#228;hnlicher Bedeutung. Dabei handelt es sich um &#8222;arrangemang&#8220; und &#8222;evenemang&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. im Internet https://en.oxforddictionaries.com/.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. die folgenden Sprachfassungen: CZ: vstup; DE: Eintrittsberechtigung; ES: acceso; FR: acc&#232;s; IT: accesso; NL: toegang, PL: wst&#281;p; PT: acesso; und SV: tilltr&#228;de.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So lautete die allgemeine Regel, die bis zum 31.&#160;Dezember 2009 galt. Siehe oben, Fn.&#160;17.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So lautete die allgemeine Regel ab dem 1.&#160;Januar 2010 gem&#228;&#223; Art.&#160;44 der Richtlinie 2006/112 in der durch Art.&#160;2 der Richtlinie 2008/8 ge&#228;nderten Fassung.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bis zum 31.&#160;Dezember 2010 galt diese Sonderregelung f&#252;r Dienstleistungen betreffend Unterrichtst&#228;tigkeiten (bis zum 31.&#160;Dezember 2009 nach Art.&#160;52 der Richtlinie 2006/112 in ihrer urspr&#252;nglichen Fassung und vom 1.&#160;Januar bis zum 31.&#160;Dezember 2010 nach Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 in der durch Art.&#160;2 der Richtlinie 2008/8 ge&#228;nderten Fassung). Ab dem 1.&#160;Januar 2011 wurde der Anwendungsbereich dieser Regelung gem&#228;&#223; Art.&#160;53 der Richtlinie 2006/112 in der durch Art.&#160;3 der Richtlinie 2008/8 ge&#228;nderten Fassung auf den Eintritt zu <i>Veranstaltungen</i> des Unterrichts beschr&#228;nkt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens wurden verschiedene M&#246;glichkeiten er&#246;rtert, n&#228;mlich (1) die Sonderregelung in Art.&#160;9 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;c der Richtlinie 77/388, die die Besteuerung von Unterrichtsdienstleistungen in dem Mitgliedstaat, in dem sie &#8222;tats&#228;chlich erbracht werden&#8220;, vorsah, abzuschaffen und diese Dienstleistungen unter die allgemeine Regel fallen zu lassen (vgl. die Dokumente KOM(2003) 822 vom 23.&#160;Dezember 2003 und KOM(2005) 334 vom 20.&#160;Juli 2005 der Kommission sowie das Dokument 11857/04 des Rates vom 4.&#160;August 2004); (2) diese Sonderregelung beizubehalten (vgl. Dokumente 11162/04 vom 8.&#160;Juli 2004 und 16112/05 vom 23.&#160;Dezember 2005 des Rates); (3) den Anwendungsbereich dieser Sonderregelung auf den &#8222;Zugang&#8220; zu Unterrichtst&#228;tigkeiten zu beschr&#228;nken (vgl. Dokumente 11162/04 vom 8.&#160;Juli 2004 und 15420/04 vom 29.&#160;November 2004 des Rates) und schlie&#223;lich (4) einen &#220;bergangszeitraum vom 1.&#160;Januar bis zum 31.&#160;Dezember 2010 vorzusehen (vgl. jetzt die Art.&#160;2 und 3 der Richtlinie 2008/8), in dem der Anwendungsbereich der Sonderregelung f&#252;r Unterrichtst&#228;tigkeiten trotz der &#196;nderung der allgemeinen Regel unber&#252;hrt blieb und nach dem diese Sonderregelung auf Dienstleistungen betreffend die &#8222;Eintrittsberechtigung f&#252;r Veranstaltungen des Unterrichts&#8220; beschr&#228;nkt wurde (Dokument 9913/2/06 des Rates vom 2.&#160;Juni 2006).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Schlussfolgerung d&#252;rfte mit der im Mehrwertsteuerausschuss in der Sitzung vom 10. bis 12.&#160;Mai 2010 nahezu einstimmig bef&#252;rworteten Auslegung &#252;bereinstimmen, nach der &#8222;der Begriff &#8218;T&#228;tigkeiten&#8216; in Artikel 54 der MwSt-Richtlinie (in ihrer Fassung ab 1.&#160;Januar 2011) auch <i>Veranstaltungen</i> einschlie&#223;t, wie sie von Artikel 53 dieser Richtlinie (in ihrer Fassung ab 1.&#160;Januar 2011) abgedeckt werden&#8220;. (Hervorhebung nur hier). Vgl. Leitlinien des Mehrwertsteuerausschusses aus der 91. Sitzung, Dokument A &#8211; taxud.c.1(2010)426874 &#8211; 668, Nr.&#160;2. Ich m&#246;chte daran erinnern, dass der Mehrwertsteuerausschuss auf der Grundlage von Art.&#160;398 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2006/112 eingerichtet wurde und aus Vertretern der Kommission und der Mitgliedstaaten besteht. Auch wenn die Leitlinien dieses Ausschusses lediglich Stellungnahmen eines beratenden Ausschusses und keine offizielle Auslegung des Unionsrechts darstellen und somit nicht bindend sind, k&#246;nnen sie gleichwohl eine n&#252;tzliche Hilfe bei der Auslegung der Richtlinie 2006/112 sein. Vgl. in diesem Sinne die Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin Kokott in der Rechtssache RR Donnelley Global Turnkey Solutions Poland, <br/>C&#8209;155/12, EU:C:2013:57, Nrn. 46 bis 50.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum Beispiel Unterhaltungsveranstaltungen oder kulturelle Exkursionen, die Unternehmer ihren Mitarbeitern und deren Familien anbieten.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 21.&#160;Juni 2007, Ludwig, C&#8209;453/05, EU:C:2007:369, Rn.&#160;18.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diverse weitere Szenarien einschlie&#223;lich der Erbringung verschiedener Arten von Dienstleistungen durch Vermittler sind m&#246;glich. Sie gehen &#252;ber den Rahmen der vorliegenden Schlussantr&#228;ge hinaus und ich werde nicht weiter auf sie eingehen. Eine Er&#246;rterung dieser Aspekte findet sich in den Leitlinien des Mehrwertsteuerausschusses aus der 97. Sitzung vom 7.&#160;September 2012, Dokument A &#8211; taxud.c.1(2012)1453230 &#8211; 743. Vgl. auch Amand, Ch., &#8222;The place of supply of admission to scientific and educational events within the European Union&#8220;, <i>International VAT Monitor</i>, Juli&#8211;August 2015, S.&#160;213.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Auffassung best&#228;tigt lediglich meine Schlussfolgerung oben in Nr.&#160;62, dass es f&#252;r die Anwendbarkeit von Art.&#160;53 unerheblich ist, ob eine Anmeldung oder Bezahlung im Voraus erfolgt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8222;Unter bestimmten Umst&#228;nden sind die Grundregeln f&#252;r die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung &#8230; nicht anwendbar, weshalb stattdessen spezifische Ausnahmen gelten sollten. [Sie] sollten weitgehend auf bestehenden Kriterien beruhen und dem Grundsatz der Besteuerung am Ort des Verbrauchs folgen, bestimmten Wirtschaftsteilnehmern jedoch keine unangemessenen Verwaltungslasten auferlegen.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es wird vorgetragen, dass die behaupteten zus&#228;tzlichen Verwaltungslasten darin best&#252;nden, dass es erforderlich sei, (1) sich in dem Mitgliedstaat, in dem die Veranstaltung tats&#228;chlich stattfindet, mehrwertsteuerlich zu registrieren, (2) die Mehrwertsteuer dort zu entrichten, und (3) insbesondere f&#252;r die Kunden, das Verfahren zur Erstattung der insoweit angefallenen Vorsteuer durchzuf&#252;hren.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nr.&#160;30 und die Verweise auf die dort angef&#252;hrten Vorschl&#228;ge der Kommission.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. entsprechend meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Klinikum Dortmund, C&#8209;366/12, EU:C:2013:618, Nr.&#160;55.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Rates vom 12.&#160;Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gem&#228;&#223; der [Richtlinie 2006/112/EG] an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ans&#228;ssige Steuerpflichtige (ABl.&#160;2008, L&#160;44, S.&#160;23).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So bestimmt der achte Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2008/8: &#8222;Zur Vereinfachung der Pflichten f&#252;r Unternehmen, die in Mitgliedstaaten, in denen sie nicht ans&#228;ssig sind, T&#228;tigkeiten nachgehen, sollte eine Regelung eingef&#252;hrt werden, nach der sie &#252;ber eine einzige elektronische Anlaufstelle f&#252;r Zwecke der Mehrwertsteuererfassung und &#8209;erkl&#228;rung verf&#252;gen.&#8220; Im zweiten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2008/9 hei&#223;t es, dass das Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer &#8222;vereinfacht und durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien modernisiert werden [sollte]&#8220;, und im dritten Erw&#228;gungsgrund wird erl&#228;utert, dass dieses Verfahren &#8222;die Stellung der Unternehmen st&#228;rken [sollte]&#8220;. Diesen Zielen tragen die wesentlichen Bestimmungen dieser Richtlinien Rechnung. Ich werde diese Argumentation nicht weiter ausf&#252;hren, da sie &#252;ber den Rahmen der vorliegenden Schlussantr&#228;ge hinausgeht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 24.&#160;November 2005, Deutsches Milch-Kontor, C&#8209;136/04, EU:C:2005:716, Rn.&#160;32 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat in st&#228;ndiger Rechtsprechung festgestellt, dass es nach dem Grundsatz der steuerlichen Neutralit&#228;t unzul&#228;ssig ist, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Dieser Grundsatz schlie&#223;t auch die Grunds&#228;tze der Einheitlichkeit der Mehrwertsteuer und der Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen ein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3.&#160;Mai 2001, Kommission/Frankreich, C&#8209;481/98, EU:C:2001:237, Rn.&#160;22).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. entsprechend Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts L&#233;ger in der Rechtssache MyTravel, C&#8209;291/03, EU:C:2005:283, Nr.&#160;52.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref43" name="Footnote43">43</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Februar 2004, Slob, C&#8209;236/02, EU:C:2004:94, Rn.&#160;37.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref44" name="Footnote44">44</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach gefestigter Rechtsprechung ist, wenn wie im vorliegenden Fall verschiedene Auslegungen einer Unionsvorschrift m&#246;glich sind, die Auslegung zu w&#228;hlen, die die praktische Wirksamkeit der Vorschrift zu wahren geeignet ist, indem sie im Licht des Zwecks der Regelung ausgelegt wird, zu der sie geh&#246;rt. Vgl. Urteil vom 6.&#160;September 2018, Tschechische Republik/Kommission, C&#8209;4/17&#160;P, EU:C:2018:678, Rn.&#160;45 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref45" name="Footnote45">45</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. entsprechend Urteil vom 12.&#160;Mai 2005, RAL (Channel Islands) u.&#160;a., C&#8209;452/03, EU:C:2005:289, Rn.&#160;33.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref46" name="Footnote46">46</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum Kriterium der &#8222;steuerlich sinnvollen L&#246;sung&#8220; vgl. Urteil vom 12.&#160;Mai 2005, RAL (Channel Islands) u.&#160;a., C&#8209;452/03, EU:C:2005:289, Rn.&#160;33.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref47" name="Footnote47">47</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu diesem Kriterium vgl. Urteil vom 27.&#160;Oktober 2011, Inter-Mark Group, C&#8209;530/09, EU:C:2011:697, Rn.&#160;26.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref48" name="Footnote48">48</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 10.&#160;November 2016, Ba&#353;tov&#225;, C&#8209;432/15, EU:C:2016:855, Rn.&#160;73.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref49" name="Footnote49">49</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe oben, Nr.&#160;23.</p>
175,057
eugh-2019-01-10-c-60717
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-607/17
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:07
2019-01-31T19:21:07
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2019:8
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DER GENERALANW&#196;LTIN</p> <p class="C36Centre">JULIANE KOKOTT</p> <p class="C36Centre">vom 10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>607/17</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Skatteverket</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Memira Holding AB</b> </p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol [Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorabentscheidungsersuchen &#8211; Nationale Steuergesetzgebung &#8211; Niederlassungsfreiheit &#8211; Abzug von Verlusten einer ausl&#228;ndischen Tochtergesellschaft im Sitzstaat der Muttergesellschaft im Rahmen einer Fusion&#8211; Rechtfertigung der Nichtabzugsf&#228;higkeit von sogenannten finalen Verlusten &#8211; Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit eines fehlenden grenz&#252;berschreitenden Verlustausgleichs &#8211; Begriff der sogenannten finalen Verluste&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C21Titrenumerote1">I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einleitung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Verfahren(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>) geht es um die Frage, ob eine schwedische Muttergesellschaft aufgrund des Art.&#160;49 in Verbindung mit Art.&#160;54 AEUV berechtigt ist, die Verluste einer 100%igen Tochtergesellschaft mit Sitz in Deutschland von ihren Gewinnen abzuziehen, wenn diese im Wege einer Fusion auf die Muttergesellschaft abgewickelt wird und ihre in Deutschland erwirtschafteten Verluste dort nicht vollst&#228;ndig &#8222;nutzen&#8220; konnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Grundfreiheiten gebieten grunds&#228;tzlich keine grenz&#252;berschreitende Verlustnutzung im Konzern. Damit w&#252;rden die im Ausland entstandenen Verluste untergehen. Lediglich f&#252;r den Fall der sogenannten <i>finalen Verluste</i> kann aufgrund des Urteils Marks &amp; Spencer der Gro&#223;en Kammer des Gerichtshofs(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>) im Jahr 2005 eine grenz&#252;berschreitende Verlustnutzung unter Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgesichtspunkten geboten sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Um diese &#8222;finalen Verluste&#8220; ranken sich zahlreiche Probleme, die schon zu mehreren Entscheidungen des Gerichtshofs(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>) gef&#252;hrt haben. Diese konnten aber bislang nicht endg&#252;ltig kl&#228;ren, was die Voraussetzungen f&#252;r finale Verluste sind, wie auch diese erneute Vorlage zeigt. Insofern wird der Gerichtshof &#8211; will er an der Ausnahme der sogenannten finalen Verluste weiterhin festhalten(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>) &#8211; vermutlich immer wieder Gelegenheit erhalten, dieser Fallgruppe Konturen zu verleihen. </p> <p class="C21Titrenumerote1">II.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Den unionsrechtlichen Rahmen des Falles bilden die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften nach Art.&#160;49 in Verbindung mit Art 54 AEUV und die Richtlinie 2009/133/EG(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>) (im Folgenden: Fusionsrichtlinie). </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Bezug auf Verluste der einbringenden Gesellschaft trifft die Fusionsrichtlinie nur in ihrem Art.&#160;6 eine Regelung:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Wenden die Mitgliedstaaten f&#252;r den Fall, dass die in Artikel 1 Buchstabe a genannten Vorg&#228;nge zwischen Gesellschaften des Mitgliedstaats der einbringenden Gesellschaft erfolgen, Vorschriften an, die die &#220;bernahme der bei der einbringenden Gesellschaft steuerlich noch nicht ber&#252;cksichtigten Verluste durch die &#252;bernehmende Gesellschaft gestatten, so dehnen sie diese Vorschriften auf die &#220;bernahme der bei der einbringenden Gesellschaft steuerlich noch nicht ber&#252;cksichtigten Verluste durch die in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Betriebsst&#228;tten der &#252;bernehmenden Gesellschaft aus.&#8220;</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Schwedisches Recht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im schwedischen Recht wurde die Fusionsrichtlinie in Kapitel 37 des Inkomstskattelag (1999:1229)(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>) umgesetzt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Fusion wird in &#167;&#160;3 als Umbildung definiert. Sie muss zwei Voraussetzungen gleichzeitig erf&#252;llen. Zum einen muss das gesamte Aktiv- und Passivverm&#246;gen zuz&#252;glich sonstiger Verpflichtungen einer Gesellschaft (der einbringenden Gesellschaft) von einer anderen Gesellschaft (der &#252;bernehmenden Gesellschaft) &#252;bernommen werden. Zum anderen wird die einbringende Gesellschaft ohne Abwicklung aufgel&#246;st. F&#252;r die Anwendbarkeit der in den &#167;&#167;&#160;16 bis 29 enthaltenen speziellen Steuerregelungen f&#252;r Fusionen muss es sich dar&#252;ber hinaus um eine qualifizierte Fusion handeln. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r eine qualifizierte Fusion muss gem&#228;&#223; &#167;&#160;11 die einbringende Gesellschaft unmittelbar vor dem Zusammenschluss mit den Eink&#252;nften mindestens eines Teils ihrer unternehmerischen T&#228;tigkeit in Schweden steuerpflichtig sein. Dar&#252;ber hinaus sieht &#167;&#160;12 vor, dass die &#252;bernehmende Gesellschaft unmittelbar nach dem Zusammenschluss mit den Eink&#252;nften aus einer unternehmerischen T&#228;tigkeit, f&#252;r die die einbringende Gesellschaft besteuert wurde, in Schweden steuerpflichtig sein muss. Die Eink&#252;nfte d&#252;rfen in Schweden nicht aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens ganz oder teilweise von der Steuer befreit sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine qualifizierte Fusion hat gem&#228;&#223; &#167;&#160;17 Abs.&#160;1 zur Folge, dass die einbringende Gesellschaft aus unternehmerischen T&#228;tigkeiten im Sinne von &#167;&#160;11 keine auf die Fusion zur&#252;ckzuf&#252;hrenden Eink&#252;nfte erzielen oder Verlustabz&#252;ge vornehmen darf. F&#252;r diese unternehmerischen T&#228;tigkeiten tritt stattdessen gem&#228;&#223; &#167;&#160;18 Abs.&#160;1 die &#252;bernehmende Gesellschaft in die steuerliche Situation der einbringenden Gesellschaft ein. Dies bedeutet u.&#160;a., dass die &#252;bernehmende Gesellschaft unter bestimmten, in den &#167;&#167;&#160;21 bis 26 genannten Einschr&#228;nkungen negative Eink&#252;nfte der einbringenden Gesellschaft aus fr&#252;heren Steuerjahren zum Abzug bringen darf.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Um Eink&#252;nfte innerhalb einer grenz&#252;berschreitenden Unternehmensgruppe durch Gewinnverlagerung auszugleichen, wird im schwedischen Recht normalerweise auf den Konzernabzug zur&#252;ckgegriffen. Der Konzernabzug ist in Kapitel&#160;35&#160;a des Inkomstskattelag (1999:1229) geregelt. Gem&#228;&#223; den &#167;&#167;&#160;2 und 5 ist eine schwedische Muttergesellschaft in Bezug auf einen endg&#252;ltigen Verlust einer im EWR ans&#228;ssigen hundertprozentigen ausl&#228;ndischen Tochtergesellschaft unter der Voraussetzung zum Konzernabzug berechtigt, dass u.&#160;a. die Tochtergesellschaft abgewickelt wird und die Abwicklung abgeschlossen ist. Allerdings findet die Regelung laut vorlegendem Gericht keine Anwendung auf Fusionen.</p> <p class="C21Titrenumerote1">III.&#160;<b>Ausgangsrechtsstreit</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtssache betrifft einen Vorbescheid des Skatter&#228;ttsn&#228;mnd (Steuerrechtsausschuss). Der Vorbescheid geht von folgendem Sachverhalt aus:</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Memira Holding AB (im Folgenden: Memira) ist die Muttergesellschaft in einem Konzern mit Tochtergesellschaften in mehreren L&#228;ndern, u.&#160;a. in Deutschland. Die Gesch&#228;ftsergebnisse der deutschen Tochtergesellschaft sind negativ gewesen. Inzwischen ist die wirtschaftliche T&#228;tigkeit dieser Tochtergesellschaft abgewickelt worden. Von der Tochtergesellschaft seien nur noch Schulden und bestimmte liquide Verm&#246;genswerte &#252;brig. Der Konzern denkt nun dar&#252;ber nach, die deutsche Tochtergesellschaft durch eine grenz&#252;berschreitende Fusion in der schwedischen Muttergesellschaft aufgehen zu lassen. F&#252;r die Fusion soll die Tochtergesellschaft ohne Abwicklung aufgel&#246;st werden. Nach der Fusion hat der Konzern keine Gesellschaft mehr in Deutschland. Der Konzern betreibt dann auch keine Gesch&#228;fte mehr in Deutschland, weder durch die Muttergesellschaft noch durch eine andere Konzerngesellschaft.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der deutschen Tochtergesellschaft sind aus fr&#252;heren Jahren Verluste von insgesamt rund 7,6 Mio. Euro aufgelaufen. Dabei handelt es sich um auf nicht rentable Gesch&#228;fte in Deutschland zur&#252;ckzuf&#252;hrende Verluste. Diese Verluste d&#252;rften bei der Besteuerung der Tochtergesellschaft in Deutschland abgezogen werden, und nicht geltend gemachte Verluste k&#246;nnten ohne zeitliche Begrenzung vorgetragen und mit etwaigen Gewinnen der Tochtergesellschaft in den kommenden Jahren verrechnet werden. Dagegen sei es nach deutschem Recht nicht m&#246;glich, Verluste durch eine Fusion auf ein anderes in Deutschland steuerpflichtiges Unternehmen zu &#252;bertragen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Auffassung des Steuerrechtsausschusses sind bei einer Fusion mit der deutschen Tochtergesellschaft nicht die f&#252;r die Gesellschaft nach Unionsrecht geltenden Voraussetzungen f&#252;r den Abzug negativer Eink&#252;nfte erf&#252;llt. Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich um einen endg&#252;ltigen Verlust handele, sei nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darauf abzustellen, wie die Verluste nach dem Recht im Sitzstaat der Tochtergesellschaft behandelt w&#252;rden. Da nach deutschem Recht keine M&#246;glichkeit bestehe, die Verluste bei einer Fusion mit einem anderen in Deutschland steuerpflichtigen Unternehmen geltend zu machen, seien diese nicht als endg&#252;ltig im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs anzusehen. Folglich liege insoweit auch kein Versto&#223; gegen Unionsrecht vor. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gegen den Vorbescheid haben sowohl das Skatteverk (Steuerbeh&#246;rde) als auch die Antragstellerin Memira beim H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) Rechtsmittel eingelegt.</p> <p class="C21Titrenumerote1">IV.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der mit dem Rechtsstreit befasste H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof) hat dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verlust einer in einem anderen Mitgliedstaat ans&#228;ssigen Tochtergesellschaft endg&#252;ltig im Sinne etwa der Rechtssache A ist und die Muttergesellschaft somit nach Art.&#160;49 AEUV diesen Verlust abziehen darf, relevant, dass gem&#228;&#223; den im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft geltenden Regelungen f&#252;r andere Rechtssubjekte, die mit der Gesellschaft, bei der die Verluste entstanden sind, nicht identisch sind, die M&#246;glichkeit zum Verlustabzug beschr&#228;nkt ist?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sollte eine Beschr&#228;nkung im Sinne von Frage&#160;1 relevant sein, ist dann zu ber&#252;cksichtigen, ob es im konkreten Fall im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft tats&#228;chlich noch ein anderes Rechtssubjekt gibt, das einen Verlustabzug h&#228;tte vornehmen k&#246;nnen, wenn dies dort zul&#228;ssig w&#228;re?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu diesen Fragen haben im Verfahren vor dem Gerichtshof Memira, das K&#246;nigreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland, das Vereinigte K&#246;nigreich, die Republik Finnland, die Italienische Republik und die Europ&#228;ische Kommission schriftlich Stellung genommen. An der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 24.&#160;Oktober 2018 haben sich die schwedische Steuerbeh&#246;rde, das K&#246;nigreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Finnland und die Europ&#228;ische Kommission beteiligt.</p> <p class="C21Titrenumerote1">V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtliche W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beide Vorlagefragen beziehen sich auf finale Verluste einer im Wege der Fusion untergehenden Tochtergesellschaft.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Vorlagefrage m&#246;chte das vorlegende Gericht ausdr&#252;cklich wissen, ob f&#252;r die Frage, ob der &#8222;Verlust einer in einem anderen Mitgliedstaat ans&#228;ssigen Tochtergesellschaft endg&#252;ltig im Sinne etwa der Rechtssache A ist&#8220;, relevant ist, dass im Sitzstaat der Tochtergesellschaft eine Verlustnutzung durch Dritte eingeschr&#228;nkt ist. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Konkret stellt sich dabei die Frage, ob die Niederlassungsfreiheit (Art.&#160;49 in Verbindung mit Art 54 AEUV) Schweden verpflichtet, die &#252;ber die Jahre aufgelaufenen (genauer: vorgetragenen) Verluste einer in Deutschland ans&#228;ssigen Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen, wenn diese mit der Muttergesellschaft fusioniert und dadurch liquidiert wird. Die Verluste k&#246;nnten aufgrund des deutschen Steuerrechts nicht im Rahmen einer Fusion genutzt werden und w&#252;rden daher aufgrund der Liquidation in Deutschland untergehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sollte die erste Frage zu bejahen sein, m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob sich daran etwas &#228;ndert, wenn im konkreten Fall kein anderes Rechtssubjekt vorhanden ist, das einen Verlustvortrag h&#228;tte vornehmen k&#246;nnen. Gemeint ist damit offenbar, dass keine andere Konzerngesellschaft in dem Sitzstaat der Tochtergesellschaft vorhanden ist. Dieser Aspekt kann zusammen mit der ersten Frage beantwortet werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch wenn beide Fragen sich auf die Auslegung der Rechtsprechung des Gerichtshofs beziehen &#8211; das Gericht stellt prim&#228;r auf die Rechtssache A(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>) ab, die die Aussagen der Rechtssache Marks &amp; Spencer(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>) auf eine grenz&#252;berschreitende Fusion &#252;bertragen hat &#8211;, setzen sie voraus, dass eine Beeintr&#228;chtigung der Niederlassungsfreiheit vorliegt. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da aber das Unionsrecht mit der Fusionsrichtlinie eine eigene Rechtsnorm f&#252;r die steuerlichen Konsequenzen grenz&#252;berschreitender Zusammenschl&#252;sse von Gesellschaften enth&#228;lt, ist zun&#228;chst diese speziellere Vorschrift zu pr&#252;fen (dazu unter Nrn.&#160;25&#160;ff.). Denn der Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass &#8222;jede nationale Regelung in einem Bereich, der auf Unionsebene abschlie&#223;end harmonisiert wurde, anhand der fraglichen Harmonisierungsma&#223;nahme und nicht anhand des Prim&#228;rrechts zu beurteilen&#8220; ist.(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Selbst wenn die Fusionsrichtlinie eine solch abschlie&#223;ende Harmonisierung darstellen w&#252;rde, k&#246;nnte dies aber nicht verhindern, dass die Richtlinie prim&#228;rrechtskonform auszulegen und gegebenenfalls inzident auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundfreiheiten zu pr&#252;fen w&#228;re. Denn der Gerichtshof hat schon fr&#252;h entschieden, dass das Verbot von Beschr&#228;nkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht nur f&#252;r nationale Ma&#223;nahmen, sondern auch f&#252;r Ma&#223;nahmen der Unionsorgane gilt.(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>) Die Vertr&#228;ge als Prim&#228;rrecht bleiben &#8222;Grundlage, Rahmen und Grenze&#8220;(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>) aller Rechtsakte der Union. Daher wird, sollte sich aus der Fusionsrichtlinie keine Verlustverrechnung ergeben, anschlie&#223;end eine Beeintr&#228;chtigung der Niederlassungsfreiheit zu pr&#252;fen sein (dazu unter Nrn.&#160;28&#160;ff.).</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Verlustnutzung nach Ma&#223;gabe der Fusionsrichtlinie</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ein Sachverhalt wie der des Ausgangsverfahrens f&#228;llt unstreitig in den Anwendungsbereich der Fusionsrichtlinie. Diese Richtlinie soll nach ihren Erw&#228;gungsgr&#252;nden 2 und 3 eine gemeinsame Regelung treffen, um zum Wohle des Binnenmarkts eine steuerliche Benachteiligung grenz&#252;berschreitender gegen&#252;ber innerstaatlichen Fusionen zu beseitigen. Der neunte Erw&#228;gungsgrund bezieht in dieses Ziel ausdr&#252;cklich die steuerliche Ber&#252;cksichtigung von Verlusten mit ein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dementsprechend enth&#228;lt die Richtlinie in ihrem Art.&#160;6 auch eine Regelung zur &#220;bernahme steuerlich noch nicht ber&#252;cksichtigter Verluste der einbringenden Gesellschaft durch die &#252;bernehmende Gesellschaft. Danach kann die &#252;bernehmende Gesellschaft Verluste einer in einem anderen Mitgliedstaat (hier Deutschland) ans&#228;ssigen einbringenden Gesellschaft auf eine Betriebsst&#228;tte der &#252;bernehmenden Gesellschaft in diesem Mitgliedstaat (Deutschland) &#252;bertragen, sofern eine solche &#220;bertragung auch zwischen Gesellschaften dieses Mitgliedstaats m&#246;glich ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 der Fusionsrichtlinie geht damit allenfalls von einer Ber&#252;cksichtigung eines Verlustvortrags der einbringenden Gesellschaft in ihrem Sitzstaat (hier Deutschland) aus. Eine Ber&#252;cksichtigung des Verlustvortrags im Mitgliedstaat der &#252;bernehmenden Gesellschaft (hier Schweden) wird nicht erw&#228;hnt. Daraus kann durchaus der Schluss gezogen werden, dass eine solche Verlustber&#252;cksichtigung unionsrechtlich auch nicht geboten ist. Dies gilt insbesondere, wenn im neunten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie das Problem der (ausl&#228;ndischen) Verluste der einbringenden Gesellschaft gesehen wurde und speziell durch Art.&#160;6 der Fusionsrichtlinie in einer ganz bestimmten Art geregelt wurde. Eine Nutzung des in Deutschland vorgetragenen Verlustes f&#252;r die Zwecke der schwedischen Besteuerung ergibt sich aus der Fusionsrichtlinie jedenfalls nicht.</p> <p class="C22Titrenumerote2">C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Beschr&#228;nkung der Niederlassungsfreiheit</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedoch k&#246;nnte aus der durch die Art.&#160;49 und 54 AEUV gew&#228;hrten Niederlassungsfreiheit der &#252;bernehmenden Gesellschaft ein Gebot der Verlustber&#252;cksichtigung folgen. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der Niederlassungsfreiheit, die Art.&#160;49 AEUV den Unionsb&#252;rgern gew&#228;hrt, ist gem&#228;&#223; Art.&#160;54 AEUV f&#252;r die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegr&#252;ndeten Gesellschaften, die ihren satzungsm&#228;&#223;igen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, das Recht verbunden, ihre T&#228;tigkeit in anderen Mitgliedstaaten durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszu&#252;ben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beschr&#228;nkungen der Niederlassungsfreiheit sind nach st&#228;ndiger Rechtsprechung alle Ma&#223;nahmen, die die Aus&#252;bung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen.(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine steuerrechtliche Regelung eines Mitgliedstaats verst&#246;&#223;t gegen die Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften, wenn sich daraus eine ungleiche Behandlung zum Nachteil der Gesellschaften, die von dieser Freiheit Gebrauch machen, ergibt, wenn die ungleiche Behandlung Situationen betrifft, die objektiv miteinander vergleichbar sind, und wenn sie nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt oder im Hinblick auf das entsprechende Ziel nicht verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist.(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>)</p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Ungleichbehandlung </b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;An einer Ungleichbehandlung bestehen hier aber Zweifel. Das schwedische Recht erlaubt einen Verlustausgleich im Rahmen einer Fusion laut dem vorlegenden Gericht nur bei einer qualifizierten Fusion. Diese setzt voraus, dass die untergehende Gesellschaft (deren Verluste genutzt werden sollen) in Schweden steuerpflichtige Eink&#252;nfte haben muss. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit kn&#252;pft die schwedische Regelung nicht an einen grenz&#252;berschreitenden Sachverhalt, sondern allein an die Steuerpflicht der Eink&#252;nfte an. Mittels einer Fusion mit einer in Schweden ans&#228;ssigen Tochtergesellschaft, die dort nur steuerfreie Eink&#252;nfte erzielt, k&#246;nnten aufgelaufene Verluste auch nicht im Wege einer Fusion auf die Muttergesellschaft &#252;bertragen werden. Insoweit differenziert die schwedische Regelung ihrem Wortlaut nach nicht zwischen einem inl&#228;ndischen und einem ausl&#228;ndischen Sachverhalt. Es fehlt an einem unmittelbaren diskriminierenden Charakter der fraglichen Regelung. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verboten sind aber auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tats&#228;chlich zu dem gleichen Ergebnis f&#252;hren(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>) (sogenannte versteckte bzw. mittelbare Diskriminierung).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Rechtssache Hervis Sport entschied der Gerichtshof, dass eine mittelbare Diskriminierung vorliegen kann, wenn <i>die meisten</i> Unternehmen, die aufgrund ihres hohen Umsatzes unter der starken Progression der Steuer leiden, Teil einer Gruppe mit Verbindung in einen anderen Mitgliedstaat sind.(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>) Wie ich jedoch an anderer Stelle bereits ausgef&#252;hrt habe, kann allein eine <i>&#252;berwiegende </i>Betroffenheit ausl&#228;ndischer Unternehmen nicht ausreichen.(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vielmehr sind engere Voraussetzungen n&#246;tig. So sollen lediglich solche F&#228;lle erfasst werden, die rein formal betrachtet keine Diskriminierung darstellen, aber wie eine solche wirken.(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>) Eine versteckt diskriminierende Regelung muss daher ihrem Wesen nach(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>) insbesondere ausl&#228;ndische Unternehmen betreffen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Ankn&#252;pfung an die Steuerpflicht der Eink&#252;nfte ist dies zu bejahen. Zwar mag es auch steuerbefreite (d.&#160;h. nicht steuerpflichtige) inl&#228;ndische Eink&#252;nfte geben, bei denen dann keine Fusion unter Verlustnutzung m&#246;glich w&#228;re. Es mag dar&#252;ber hinaus auch im Ausland ans&#228;ssige Unternehmen mit inl&#228;ndischen Eink&#252;nften (insbesondere bei Betriebsst&#228;tteneink&#252;nften) geben, bei denen eine grenz&#252;berschreitende Fusion mit einer gewissen Verlustnutzung m&#246;glich w&#228;re. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings ist das Unternehmensteuerrecht seinem Wesen nach durch den Dualismus von im Inland steuerpflichtigen und im Ausland nicht steuerpflichtigen Eink&#252;nften gepr&#228;gt. Damit beinhaltet das Merkmal der steuerpflichtigen Eink&#252;nfte seinem Wesen nach einen territorialen Bezug. Insofern f&#252;hrt die Ankn&#252;pfung der Verlustber&#252;cksichtigung im Rahmen einer Fusion an die Steuerpflicht der Eink&#252;nfte der einbringenden Gesellschaft strukturell zu einer Benachteiligung einer Fusion mit ausl&#228;ndischen Gesellschaften.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Ungleichbehandlung ist geeignet, die Aus&#252;bung der Niederlassungsfreiheit durch die Gr&#252;ndung von Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten weniger attraktiv zu machen, da im Falle einer Fusion keine Verlustnutzung bei der Muttergesellschaft m&#246;glich w&#228;re. Sie ist jedoch nur dann mit den Bestimmungen des Vertrags unvereinbar, wenn sie objektiv miteinander vergleichbare Situationen betrifft.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vergleichbarkeit</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Vergleichbarkeit eines grenz&#252;berschreitenden Sachverhalts mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter Ber&#252;cksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels zu pr&#252;fen.(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>) Welches (subjektive) Ziel der schwedische Gesetzgeber mit seinen steuerrechtlichen Regelungen im Rahmen einer Fusion verfolgt, l&#228;sst sich dem Vorabentscheidungsersuchen nicht explizit entnehmen. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Ziel aller Steuerregelungen ist aber grunds&#228;tzlich die Erzielung von Einnahmen f&#252;r den Staat. Insofern kann durchaus davon gesprochen werden, dass die Beschr&#228;nkung der Verrechnung von Verlusten, denen keine steuerpflichtigen Eink&#252;nfte gegen&#252;bergestanden haben, der Sicherung des Steueraufkommens dient. Diesen Konnex sieht die schwedische Regelung ausdr&#252;cklich vor, wenn eine Verlust&#252;bertragung im Wege einer Fusion an das Vorliegen steuerpflichtiger Eink&#252;nfte ankn&#252;pft. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Deutschland ist der Ansicht, dass es insoweit an einer Vergleichbarkeit fehle. Dies wird mit einem Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Timac Agro Deutschland(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>) und meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>) begr&#252;ndet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bislang hat der Gerichtshof f&#252;r die Frage der Vergleichbarkeit von in- und ausl&#228;ndischen Betriebsst&#228;tten darauf abgestellt, ob der betreffende Mitgliedstaat auch die Steuerhoheit &#252;ber die ausl&#228;ndische Betriebsst&#228;tte aus&#252;bt. So entschied er ausdr&#252;cklich(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>): &#8222;Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Situation einer in &#214;sterreich belegenen Betriebsst&#228;tte, &#252;ber deren Ergebnisse die Bundesrepublik Deutschland keine Steuerhoheit aus&#252;bt und deren Verluste in Deutschland nicht mehr abzugsf&#228;hig sind, in Bezug auf Ma&#223;nahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung oder Abschw&#228;chung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsans&#228;ssigen Gesellschaft nicht mit der Situation einer in Deutschland belegenen Betriebsst&#228;tte vergleichbar ist.&#8220; Dieser Gedanke k&#246;nnte ebenfalls f&#252;r im Ausland ans&#228;ssige und nicht im Inland besteuerte Tochtergesellschaften gelten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings existiert eine st&#228;ndige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur grenz&#252;berschreitenden Verlustnutzung zwischen Tochter- und Muttergesellschaften, bei denen eine Vergleichbarkeit stillschweigend oder ausdr&#252;cklich bejaht wurde.(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem hat der Gerichtshof unl&#228;ngst in der Rechtssache A/S Bevola in Bezug auf finale Verluste einer gebietsfremden Betriebsst&#228;tte eine Vergleichbarkeit von besteuerten inl&#228;ndischen und nicht besteuerten ausl&#228;ndischen Betriebsst&#228;tten wiederum ausdr&#252;cklich bejaht.(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>) Dies muss dann wohl erst recht f&#252;r besteuerte inl&#228;ndische und nicht besteuerte ausl&#228;ndische beherrschte Tochtergesellschaften gelten. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich ist das Kriterium der Vergleichbarkeit unscharf. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass alle Sachverhalte in irgendeinem Aspekt vergleichbar sind, wenn sie nicht identisch sind,(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>) sollte dieser Pr&#252;fungspunkt ohnehin aufgegeben werden.(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angesichts dessen ist also eine Vergleichbarkeit anzunehmen. Bestehende Unterschiede &#8211; hier die fehlende Symmetrie zwischen der Besteuerung der Gewinne und der Ber&#252;cksichtigung der Verluste(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>) &#8211; bei einer ausl&#228;ndischen einbringenden Gesellschaft und einer inl&#228;ndischen einbringenden Gesellschaft sind erst auf der Ebene der Rechtfertigung zu ber&#252;cksichtigen. Folglich ist eine Beschr&#228;nkung der Niederlassungsfreiheit gegeben.</p> <p class="C23Titrenumerote3">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtfertigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Beschr&#228;nkung der Niederlassungsfreiheit kann durch zwingende Gr&#252;nde des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Rechtfertigungsgr&#252;nde k&#246;nnen hier die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und die Vermeidung einer doppelten Verlustber&#252;cksichtigung (obwohl nur einmal besteuert wurde) sein.(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>) Dar&#252;ber hinaus muss die Ma&#223;nahme geeignet sein, die Erreichung ihres Ziels zu gew&#228;hrleisten, und darf nicht &#252;ber das hinausgehen, was daf&#252;r erforderlich ist.(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>)</p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Erste Frage: Relevanz der fehlenden Verlust&#252;bertragung im Wege einer Fusion nach den Regeln des Staates der einbringenden Gesellschaft</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob es f&#252;r die Rechtfertigung der schwedischen Verlustabzugsbeschr&#228;nkung relevant ist, dass nach dem Recht der &#252;bertragenden Gesellschaft (hier nach deutschem Recht) keine M&#246;glichkeit besteht, die Verluste bei einer Fusion mit einem anderen in Deutschland steuerpflichtigen Rechtssubjekt geltend zu machen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>) hat entschieden, dass die Grundfreiheiten grunds&#228;tzlich keine grenz&#252;berschreitende Verlustnutzung im Konzern gebieten. Lediglich f&#252;r den Fall der sogenannten <i>finalen Verluste</i> sei es unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, wenn der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft eine Verlustber&#252;cksichtigung verweigert, obwohl die ausl&#228;ndische Tochtergesellschaft alle M&#246;glichkeiten zur Ber&#252;cksichtigung der Verlustber&#252;cksichtigung ausgesch&#246;pft hat und keine M&#246;glichkeit mehr besteht, dass diese Verluste irgendwie noch ber&#252;cksichtigt werden k&#246;nnen. Dies muss der Steuerpflichtige nachweisen.(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>) Allein durch eine Liquidation nach einer Fusion k&#246;nne jedoch nicht nachgewiesen werden, dass es keine M&#246;glichkeit g&#228;be, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen.(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>)</p> <p class="C25Titrenumerote5">1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Zum Rechtfertigungsgrund der Vermeidung einer doppelten Verlustber&#252;cksichtigung</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hier k&#246;nnte der Rechtfertigungsrund der Vermeidung einer doppelten Verlustber&#252;cksichtigung eingreifen. Eine doppelte Verlustber&#252;cksichtigung scheint im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen zu sein. Laut Angaben des vorlegenden Gerichts verf&#252;gt Memira noch &#252;ber bestimmte liquide Verm&#246;genswerte. Hinsichtlich dieses Rechtfertigungsgrundes ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob Memira tats&#228;chlich nachgewiesen hat, dass die deutsche Tochtergesellschaft insoweit wirklich alle in Deutschland vorgesehenen M&#246;glichkeiten der Ber&#252;cksichtigung von Verlusten ausgesch&#246;pft hat.(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>) Wenn nicht, dann liegen auch keine finalen Verluste vor.</p> <p class="C25Titrenumerote5">2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Zum Rechtfertigungsgrund der Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten angeht, ist darauf hinzuweisen, dass es sich um ein vom Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel handelt,(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>) aufgrund dessen es erforderlich sein kann, auf die wirtschaftlichen T&#228;tigkeiten der in einem dieser Mitgliedstaaten ans&#228;ssigen Steuerpflichtigen, sowohl was Gewinne als auch was Verluste betrifft, nur dessen Steuerrecht anzuwenden.(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall scheidet aufgrund dieses Rechtfertigungsgrundes die Annahme von zu ber&#252;cksichtigenden finalen Verlusten jedoch aus zwei Gr&#252;nden aus. Zum einen w&#252;rde eine Ber&#252;cksichtigung der in Deutschland &#252;ber die Jahre erwirtschafteten Verluste der Tochtergesellschaft die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten verletzen (unter i). Zum anderen liegt die Voraussetzung von rechtlich zwar nutzbaren, jedoch faktisch nicht nutzbaren Verlusten im vorliegenden Fall nicht vor (unter ii). </p> <p class="C26Titrenumerote6">i)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Ber&#252;cksichtigung der Steuerautonomie der Mitgliedstaaten</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, k&#246;nnen die Grundfreiheiten nicht zur Folge haben, den Mitgliedstaat des Sitzes dieser Muttergesellschaft zu verpflichten, eine Verlustber&#252;cksichtigung zu deren Gunsten mit einem Betrag vorzusehen, der seinen Ursprung allein im Steuersystem eines anderen Mitgliedstaats hat, da sonst die Steuerautonomie des erstgenannten Mitgliedstaats durch die Aus&#252;bung der Steuerhoheit des anderen Mitgliedstaats beschr&#228;nkt w&#252;rde.(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>)</p> <p class="C27Titrenumerote7">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Ausschluss der Verlust&#252;bertragung im Rahmen einer Fusion im Staat der Tochtergesellschaft</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insofern kann &#8211; so der Gerichtshof ausdr&#252;cklich(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>) &#8211; &#8222;die Endg&#252;ltigkeit der Verluste einer gebietsfremden Tochtergesellschaft im Sinne der Rn.&#160;55 des Urteils Marks &amp; Spencer[(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>)] nicht von dem Umstand herr&#252;hren, dass der Mitgliedstaat, in dem diese Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, jegliche M&#246;glichkeit des Verlustvortrags ausschlie&#223;t&#8220;.(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>) Denn dann m&#252;sste ein Mitgliedstaat sein Steuerrecht an dasjenige eines anderen anpassen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>) die Endg&#252;ltigkeit der Verluste nicht von dem Umstand herr&#252;hren kann, dass der Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, jegliche M&#246;glichkeit des Verlustvortrags ausschlie&#223;t, dann muss dies auch f&#252;r einen Ausschluss einer Verlust&#252;bertragung auf einen Dritten (hier im Rahmen einer Fusion) gelten. Schon deshalb ist die schwedische Regelung nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p class="C27Titrenumerote7">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Zur Finalit&#228;t vorgetragener Verluste</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ohnehin hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Grundfreiheiten dem nicht entgegenstehen, wenn ein grenz&#252;berschreitend verrechenbarer Verlust immer am Ende des Veranlagungszeitraums als finaler Verlust festzustellen ist.(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>) Damit ist jeder vortragsf&#228;hige Verlust &#8211; jedenfalls zun&#228;chst(<a href="#Footnote43" name="Footref43">43</a>) &#8211; nicht final. Dies ist im vorliegenden Fall von Bedeutung, da eine Verlustverrechnung der &#252;ber die Jahre in Deutschland vorgetragenen Verluste begehrt wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese angesammelten (vorgetragenen) Verluste, die in einem Jahr als nicht final gelten (weil sie vortragsf&#228;hig sind oder ihre Verlustverrechnung nach nationalem Recht ausgeschlossen war), k&#246;nnen aber nicht sp&#228;ter zu finalen Verlusten werden, weil aufgrund der Liquidation ein weiterer Verlustvortrag ausscheidet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Andernfalls w&#252;rden die zun&#228;chst erfolgreichen T&#228;tigkeiten in Deutschland allein in Deutschland besteuert, die anschlie&#223;end verlustbringenden T&#228;tigkeiten hingegen durch das Steueraufkommen anderer Staaten finanziert. Dies widerspr&#228;che der Wahrung einer angemessenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#196;hnlich geht der Gerichtshof in dem Urteil Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich davon aus, dass sich an der einmal fehlenden Finalit&#228;t nichts mehr &#228;ndert.(<a href="#Footnote44" name="Footref44">44</a>) Jedenfalls deuten die Aussagen dort darauf hin, dass allenfalls der in dem letzten Jahr der Abwicklung erwirtschaftete Verlust der Tochtergesellschaft noch irgendwie (grenz&#252;berschreitend) verrechnet werden k&#246;nnen muss, nicht aber die bis dahin aufgelaufenen und nach nationalem (hier deutschen) Recht vorgetragenen Verluste.(<a href="#Footnote45" name="Footref45">45</a>) Daher gebietet die Niederlassungsfreiheit keine grenz&#252;berschreitende Verrechnung dieser vorgetragenen Verluste.</p> <p class="C27Titrenumerote7">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Wahlrecht des Steuerpflichtigen</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus steht das Prinzip der Autonomie der Steuerrechtsordnungen einem Wahlrecht der Steuerpflichtigen entgegen. W&#252;rde n&#228;mlich den Gesellschaften &#8211; so der Gerichtshof ausdr&#252;cklich(<a href="#Footnote46" name="Footref46">46</a>) &#8211; die M&#246;glichkeit einger&#228;umt, f&#252;r die Ber&#252;cksichtigung ihrer Verluste im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung oder f&#252;r deren Ber&#252;cksichtigung in einem anderen Mitgliedstaat zu optieren, so w&#252;rde dadurch die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten erheblich beeintr&#228;chtigt, da die Steuerbemessungsgrundlage im ersten Staat um die &#252;bertragenen Verluste erweitert und im zweiten Staat entsprechend verringert w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Beschr&#228;nkung der Verlustber&#252;cksichtigung auf Gesellschaften mit steuerpflichtigen Eink&#252;nften in Schweden im Rahmen einer Fusion erkl&#228;rt sich aber gerade vor dem Hintergrund, dass andernfalls ein Wahlrecht innerhalb eines Konzerns entst&#252;nde, wie auch die Kommission hervorhebt. Der Konzern k&#246;nnte frei w&#228;hlen, in welchem Mitgliedstaat (Sitzstaat irgendeiner aufnehmenden Konzerngesellschaft) er im Fall der Erfolglosigkeit die Verluste seiner Gesellschaften verwerten m&#246;chte. Dieser Gesichtspunkt ist im Hinblick auf die Annahme und Definition &#8222;finaler Verluste&#8220; zu ber&#252;cksichtigen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Fusionen mit Tochtergesellschaften mit hohen Verlustvortr&#228;gen k&#246;nnten in solche L&#228;nder verlagert werden, die &#8211; wie in Schweden der Fall &#8211; einen Verlust&#252;bergang im Wege einer Fusion erlauben, wenn eine Fusion im Staat der Tochtergesellschaft nicht verlustwahrend m&#246;glich ist. Je nachdem in welchem Mitgliedstaat der Konzern &#252;ber entsprechende Gewinne verf&#252;gt und die h&#246;chste Steuer zahlen m&#252;sste, w&#228;re eine entsprechende Fusion am effektivsten. Dies gilt umso mehr, als die schwedischen Fusionsvorschriften nicht voraussetzen, dass beide Gesellschaften einem Konzern zugeh&#246;rig sind, wie dies in dem dem Urteil Marks &amp; Spencer(<a href="#Footnote47" name="Footref47">47</a>) zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall war.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus diesem Urteil folgt im &#220;brigen &#8211; im Einklang mit dem Territorialit&#228;tsprinzip &#8211; ein Vorrang einer Verlustnutzung im Sitzstaat, hier in Deutschland. Auch wenn das deutsche Steuerrecht keine Verlust&#252;bertragung im Wege einer Fusion erlaubt, so erlaubt es doch bei einer Anteils&#252;bertragung zum Zweck der Sanierung der angeschlagenen Gesellschaft einen Erhalt der Verluste und im Ergebnis eine Verlustnutzung durch die neuen Anteilseigner.(<a href="#Footnote48" name="Footref48">48</a>) Auch deshalb kann Memira nicht f&#252;r eine Verlustber&#252;cksichtigung in Schweden optieren.</p> <p class="C26Titrenumerote6">ii)&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Differenzierung zwischen faktischer und rechtlicher Finalit&#228;t?</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Fast alle Verfahrensbeteiligten trennen vor diesem Hintergrund f&#252;r die Beurteilung der Finalit&#228;t eines Verlustes zwischen rechtlich und faktisch nicht verwertbaren (d.&#160;h. finalen) Verlusten. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verluste, die deshalb nicht nutzbar sind, weil sie im Mitgliedstaat der Entstehung rechtlich nicht anerkannt oder aufgrund rechtlicher Beschr&#228;nkungen nicht verwertbar (z.&#160;B. nicht vor- oder r&#252;cktragbar) sind, sollen keine finalen Verluste im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen. Lediglich solche Verluste, die rechtlich zwar verwertbar w&#228;ren, faktisch in der Zukunft aber nicht verwertet werden k&#246;nnen, k&#246;nnten als finale Verluste betrachtet werden. Das &#252;berzeugt aufgrund der Autonomie der Steuerrechtsordnungen (Nrn.&#160;54&#160;ff.).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweifelhaft erscheint mir aber, ob es rechtlich verwertbare, aber faktisch nicht verwertbare Verluste &#252;berhaupt geben kann. Ich m&#246;chte dies an einem Beispiel veranschaulichen. Der einzige Fall, bei dem trotz unbeschr&#228;nkter Verlustvortrags- und Verlustr&#252;cktragsm&#246;glichkeit ein Verlust verbliebe, w&#228;re der Fall eines insgesamt defizit&#228;ren Unternehmens, welches nie ausreichend Gewinn erwirtschaftet hat, auch nachdem alle Wirtschaftsg&#252;ter ver&#228;u&#223;ert wurden. In diesem Fall w&#252;rde sich auch der Verlust des letzten Jahres trotz Verlustr&#252;cktragsm&#246;glichkeit (faktisch) nicht auswirken k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aber auch in diesem Fall best&#252;nde immer noch die M&#246;glichkeit, diese Verluste mit der Ver&#228;u&#223;erung des Unternehmens im Ergebnis auf einen K&#228;ufer zu &#252;bertragen,(<a href="#Footnote49" name="Footref49">49</a>) sofern der Sitzmitgliedstaat dies zul&#228;sst. Der K&#228;ufer wird den Wert der bestehenden Verluste &#252;ber den Kaufpreis des Unternehmens ber&#252;cksichtigen, so dass der Verk&#228;ufer insoweit diese Verluste &#8222;realisiert&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn die jeweilige Rechtsordnung eine &#220;bertragung der Verluste auf andere Personen erm&#246;glicht, dann ist eine Verwertung dieser Verluste immer auch faktisch m&#246;glich. Sie ist vielleicht im Einzelfall nicht von besonderem Erfolg gekr&#246;nt, weil der Erwerber eines defizit&#228;ren Unternehmens nicht unbedingt viel Geld f&#252;r ein solches ausgeben wird. Dies &#228;ndert aber nichts an einer faktischen Verwertbarkeit der Verluste.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit basiert die Endg&#252;ltigkeit der Verluste auch in diesem Fall entweder auf der Rechtsordnung des Mitgliedstaats (Ausschluss jeder Verlust&#252;bertragungsm&#246;glichkeit) oder auf der Entscheidung des Steuerpflichtigen, die Gesellschaft nicht zu ver&#228;u&#223;ern, sondern im Wege einer Fusion zu liquidieren. In beiden F&#228;llen ist aber nicht einleuchtend, warum eine fehlende Verlustber&#252;cksichtigung in einem anderen Mitgliedstaat dann unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sein sollte. Nicht ohne Grund verlangt der Gerichtshof, dass alle M&#246;glichkeiten zur Ber&#252;cksichtigung von Verlusten ausgesch&#246;pft wurden. Dazu geh&#246;rt auch eine &#220;bertragung der Verluste auf einen Dritten im Wege eines Verkaufs. </p> <p class="C26Titrenumerote6">iii)&#160;<i>Finale Verluste im Sinne von Bevola?</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem steht auch nicht das j&#252;ngere Urteil Bevola(<a href="#Footnote50" name="Footref50">50</a>) entgegen. Zum einen hat der Gerichtshof dort &#8222;lediglich&#8220; die Marks &amp; Spencer-Ausnahme auf &#8222;finale&#8220; Verluste von Betriebsst&#228;tten &#252;bertragen und nicht die oben vorgenommenen Einschr&#228;nkungen in Frage gestellt.(<a href="#Footnote51" name="Footref51">51</a>) Insbesondere hat er sich nicht n&#228;her zu der Frage ge&#228;u&#223;ert, wann finale Verluste vorliegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen wird in diesem neueren Urteil schwerpunktm&#228;&#223;ig(<a href="#Footnote52" name="Footref52">52</a>) mit dem Leistungsf&#228;higkeitsprinzip argumentiert. Dies mag in einer Betriebsst&#228;ttenkonstellation noch verst&#228;ndlich sein, da Betriebsst&#228;tten rechtlich einen unselbst&#228;ndigen Teil des Unternehmens eines Steuerpflichtigen darstellen. Bei Tochter- und Enkelgesellschaften w&#252;rde diese Argumentation jedoch nicht greifen. Diese sind selbst&#228;ndige Rechtspersonen, die auch eine eigenst&#228;ndige finanzielle Leistungsf&#228;higkeit (wenn man darunter die F&#228;higkeit, aufgrund ihrer Eink&#252;nfte Steuern zu zahlen, versteht) aufweisen.(<a href="#Footnote53" name="Footref53">53</a>) Dass es f&#252;r die zutreffende Besteuerung der Leistungsf&#228;higkeit der Muttergesellschaft notwendig sei, die Verluste der Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen, hat der Gerichtshof &#8211; und dies zu Recht &#8211; nicht entschieden. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Konzernausgleich stellt steuerrechtlich betrachtet vielmehr eine Durchbrechung des Leistungsf&#228;higkeitsprinzips dar, weil die Leistungsf&#228;higkeit mehrerer Rechtssubjekte zusammengerechnet wird. Die Einbeziehung weiterer Rechtssubjekte kann daher jedenfalls nicht mit dem Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsf&#228;higkeit begr&#252;ndet werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegenteil widerspricht es sogar vielmehr dem Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsf&#228;higkeit, wenn ein Mitgliedstaat nur eine Seite (d.&#160;h. nur die Eink&#252;nfte oder nur die Ausgaben) ber&#252;cksichtigt. Meines Wissens gibt es zudem weder einen allgemeinen steuerrechtlichen noch einen allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz, dass am Ende eines Lebenszyklus einer Rechtsperson alle Verluste irgendwie ausgeglichen werden m&#252;ssten. Insbesondere gebietet das Leistungsf&#228;higkeitsprinzip hier keinen Verlustexport in andere Mitgliedstaaten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch nach Ma&#223;gabe des Urteils Bevola liegen hier also keine abzugsf&#228;higen finalen Verluste vor, die von Deutschland nach Schweden exportiert werden k&#246;nnen.</p> <p class="C26Titrenumerote6">iv)&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Zwischenergebnis unter Ber&#252;cksichtigung eines &#8222;fairen Binnenmarktes&#8220;</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses aus der Rechtsprechung abgeleitete Ergebnis &#252;berzeugt auch im Hinblick auf einen &#8222;fairen&#8220; Binnenmarkt, der angesichts der sogenannten BEPS-Debatte(<a href="#Footnote54" name="Footref54">54</a>) wieder etwas mehr in den Fokus ger&#252;ckt ist. Denn eine grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnungsm&#246;glichkeit finaler Verluste w&#252;rde gerade in der vorliegenden besonderen Konstellation vor allem gro&#223;e grenz&#252;berschreitend agierende Konzerne gegen&#252;ber kleineren (in der Regel nicht grenz&#252;berschreitend t&#228;tigen) Unternehmen beg&#252;nstigen. Wenn z.&#160;B. Memira wei&#223;, dass letztendlich alle aufgelaufenen Verluste aus dem deutschen Gesch&#228;ftsmodell mit den Gewinnen anderer Konzerngesellschaften in anderen Mitgliedstaaten verrechnet werden k&#246;nnen, dann kann Memira bei dem Versuch, sich auf dem deutschen Markt zu positionieren, ganz anders im Wettbewerb auftreten als ein deutscher Mitbewerber, der davon ausgehen muss, dass seine Verluste untergehen werden, wenn er seine Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit in Deutschland einstellt. F&#252;r Memira w&#228;ren die &#8222;deutschen Verluste&#8220; eine viel geringere Belastung als f&#252;r einen inl&#228;ndischen Konkurrenten ohne eine entsprechende Konzernstruktur. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter Ber&#252;cksichtigung dessen und bei konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. dazu Nrn.&#160;51&#160;ff. und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung) gelangt man also zu folgendem Ergebnis: Ist die Verlustnutzung im Sitzstaat der Tochtergesellschaft rechtlich ausgeschlossen, liegen keine finalen Verluste vor. Wenn eine Verlustnutzung durch den Sitzstaat m&#246;glich ist, dann muss der Steuerpflichtige diese M&#246;glichkeiten ausgesch&#246;pft haben. Darunter f&#228;llt ausweislich des Urteil Marks &amp; Spencer(<a href="#Footnote55" name="Footref55">55</a>) auch eine Realisierung der Verluste durch &#220;bertragung auf einen Dritten, an der es hier fehlt. Insofern kann auch deshalb konstatiert werden, dass bei Memira keine finalen Verluste vorliegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit ist hier der Ausschluss der Verrechnung der Verluste einer im Ausland ans&#228;ssigen und im Inland nicht besteuerten Tochtergesellschaft im Rahmen einer Fusion durch Schweden nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p class="C25Titrenumerote5">3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Antwort auf die erste Frage</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit ist die erste Frage wie folgt zu beantworten: Art.&#160;49 in Verbindung mit Art.&#160;54 AEUV setzt f&#252;r eine grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnung voraus, dass es rechtlich m&#246;glich ist, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen, und diese M&#246;glichkeit durch den Steuerpflichtigen wahrgenommen wurde. Unter eine solche Ber&#252;cksichtigungsm&#246;glichkeit f&#228;llt auch eine Realisierung der Verluste im Wege einer Fusion mit einem Dritten oder eine Realisierung im Wege eines Verkaufs der Gesellschaft an einen Dritten. Ersteres ist in Deutschland nicht m&#246;glich, Letzteres in eingeschr&#228;nktem Ma&#223;e schon, wurde aber von Memira nicht wahrgenommen. Damit fehlt es auf jeden Fall an den Voraussetzungen f&#252;r die Annahme eines finalen Verlustes. </p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zweite Frage: Relevanz der konkreten Fusionsm&#246;glichkeit im Konzern</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob in dem Fall, dass eine verlustwahrende Fusion in dem Sitzstaat ausgeschlossen ist, sich an der Beurteilung der Finalit&#228;t etwas &#228;ndert, wenn es im konkreten Fall tats&#228;chlich &#8222;kein anderes Rechtssubjekt gibt, dass einen Verlustabzug h&#228;tte vornehmen k&#246;nnen, wenn dieser zul&#228;ssig gewesen w&#228;re&#8220;. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Frage ist etwas schwer verst&#228;ndlich, da kaum denkbar ist, dass kein anderes Rechtssubjekt in ganz Deutschland existieren w&#252;rde, das einen Verlustabzug h&#228;tte vornehmen k&#246;nnen. Gemeint ist wohl, ob finale Verluste auch dann vorliegen, wenn Memira &#8211; wie dies Italien in seiner Stellungnahme herausgearbeitet hat &#8211; konkret noch &#252;ber eine andere Konzerngesellschaft in Deutschland verf&#252;gt, mit der eine Fusion m&#246;glich gewesen w&#228;re, oder ob es f&#252;r die Verneinung der Finalit&#228;t ausreicht, dass abstrakt bei einer Fusion mit einer Konzerngesellschaft in Deutschland die Verluste untergegangen w&#228;ren.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Antwort folgt bereits aus der Tatsache, dass es rechtlich verwertbare, aber faktisch nicht verwertbare Verluste nicht geben kann (dazu oben, Nrn.&#160;67&#160;ff.). Insofern macht es keinen Unterschied, ob Memira im konkreten Fall noch &#252;ber eine weitere Konzerngesellschaft in Deutschland verf&#252;gt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point83">83.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus ergibt sich die Antwort auf die zweite Frage auch bereits aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Danach kommt eine grenz&#252;berschreitende Ber&#252;cksichtigung &#8222;ausl&#228;ndischer&#8220; Verluste nur in Betracht, wenn die gebietsfremde Tochtergesellschaft die im Staat ihres Sitzes vorgesehenen M&#246;glichkeiten zur Ber&#252;cksichtigung von Verlusten gegebenenfalls durch &#220;bertragung auf einen Dritten ausgesch&#246;pft hat und keine M&#246;glichkeit besteht, dass diese Verluste von einem Dritten (im Sitzstaat) ber&#252;cksichtigt werden.(<a href="#Footnote56" name="Footref56">56</a>) Der Gerichtshof spricht ausdr&#252;cklich von einem Dritten und nicht von einer weiteren konzernzugeh&#246;rigen Person, wie im Ergebnis mehr oder weniger alle beteiligten Mitgliedstaaten betonen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point84">84.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insofern ist entweder eine &#220;bertragung auf irgendeinen Dritten m&#246;glich (dazu z&#228;hlt auch der wirtschaftliche Verlust&#252;bergang bei einem Verkauf der Gesellschaft auf die neuen Anteilseigner), so dass finale Verluste im Sinne der Marks &amp; Spencer-Rechtsprechung ausscheiden. Oder der Mitgliedstaat hat einen Verlust&#252;bergang rechtlich (wie in Deutschland z.&#160;B. hinsichtlich einer Fusion) ausgeschlossen. Dann ist es auch nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, wenn ein solcher Ausschluss auch im Staat der Muttergesellschaft ber&#252;cksichtigt wird.</p> <p class="C21Titrenumerote1">VI.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Entscheidungsvorschlag</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point85">85.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus diesen Gr&#252;nden schlage ich vor, die Vorlagefragen des H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) wie folgt zu beantworten:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;49 in Verbindung mit Art.&#160;54 AEUV setzt f&#252;r eine grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnung voraus, dass es rechtlich m&#246;glich ist, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen, und diese M&#246;glichkeit durch den Steuerpflichtigen wahrgenommen wurde. Unter eine solche Ber&#252;cksichtigungsm&#246;glichkeit f&#228;llt auch eine Realisierung der Verluste im Wege einer Fusion mit einem Dritten oder eine Realisierung im Wege eines Verkaufs der Gesellschaft an einen Dritten.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r dieses Ergebnis ist es irrelevant, ob der Konzern im konkreten Fall noch &#252;ber weitere Gesellschaften im Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft verf&#252;gt, auf die ein Verlust&#252;bertrag m&#246;glich gewesen w&#228;re.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Deutsch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe auch C&#8209;608/17 und meine Schlussantr&#228;ge vom gleichen Tag.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ohne Anspruch auf Vollst&#228;ndigkeit: Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526), vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424), vom 17.&#160;Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829), vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50), vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716), vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84), sowie vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Darauf deutet die ausdr&#252;ckliche &#220;bertragung der Marks &amp; Spencer-Rechtsprechung in der Rechtssache Bevola (Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock, C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;63 und 64) auf ausl&#228;ndische Betriebsst&#228;ttenverluste wohl hin. Andererseits wird die Rechtsfigur der finalen Verluste von mehreren Stimmen im Gerichtshof auch f&#252;r entbehrlich gehalten: vgl. nur Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:183, Nrn.&#160;66&#160;ff. und 87) sowie meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2014:2321, Nrn.&#160;41&#160;ff.) und in der Rechtssache A (C&#8209;123/11, EU:C:2012:488, Nrn.&#160;50&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Rates vom 19.&#160;Oktober 2009 &#252;ber das gemeinsame Steuersystem f&#252;r Fusionen, Spaltungen, Abspaltungen, die Einbringung von Unternehmensanteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen, sowie f&#252;r die Verlegung des Sitzes einer Europ&#228;ischen Gesellschaft oder einer Europ&#228;ischen Genossenschaft von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat (ABl.&#160;2009, L&#160;310, S.&#160;34), durch die die Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23.&#160;Juli 1990 mit gleichlautendem Titel (ABl.&#160;1990, L&#160;225, S.&#160;1) neu gefasst wurde. Diese Richtlinie wurde ge&#228;ndert durch die Richtlinie 2013/13/EU des Rates vom 13.&#160;Mai 2013 zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich Steuern anl&#228;sslich des Beitritts der Republik Kroatien (ABl.&#160;2013, L&#160;141, S.&#160;30) und ist nicht zu verwechseln mit der Richtlinie 2005/56/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26.&#160;Oktober 2005 &#252;ber die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl.&#160;2005, L&#160;310, S.&#160;1), die sich mit den gesellschaftsrechtlichen Aspekten bestimmter grenz&#252;berschreitender Zusammenschl&#252;sse befasst.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gesetz Nr.&#160;1229 aus dem Jahr 1999 &#252;ber die K&#246;rperschaft- und Einkommensteuer.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 21.&#160;Februar 2013 (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So zuletzt erst wieder Urteile vom 8.&#160;M&#228;rz 2017, Euro Park Service (C&#8209;14/16, EU:C:2017:177, Rn.&#160;19), vom 12.&#160;November 2015, Visnapuu (C&#8209;198/14, EU:C:2015:751, Rn.&#160;40), vom 11.&#160;Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C&#8209;322/01, EU:C:2003:664, Rn.&#160;64), sowie vom 16.&#160;Dezember 2008, Gysbrechts und Santurel Inter (C&#8209;205/07, EU:C:2008:730, Rn.&#160;33) &#8211; wenngleich im konkreten Fall immer eine fehlende Bindung an das Prim&#228;rrecht ablehnend. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 2.&#160;September 2015, Groupe Steria (C&#8209;386/14, EU:C:2015:524, Rn.&#160;39), vom 18.&#160;September 2003, Bosal (C&#8209;168/01, EU:C:2003:479, Rn.&#160;25 und 26), vom 23.&#160;Februar 2006, Keller Holding (C&#8209;471/04, EU:C:2006:143, Rn.&#160;45), vom 12.&#160;Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C&#8209;446/04, EU:C:2006:774, Rn.&#160;46), vom 29.&#160;Februar 1984, REWE-Zentrale (37/83, EU:C:1984:89, Rn.&#160;18), und vom 26.&#160;Oktober 2010, Schmelz (C&#8209;97/09, EU:C:2010:632, Rn.&#160;50).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Oktober 1978, Viola (26/78, EU:C:1978:172, Rn.&#160;9/14).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 29.&#160;November 2011, National Grid Indus (C&#8209;371/10, EU:C:2011:785, Rn.&#160;36), vom 21.&#160;Mai 2015, Verder LabTec (C&#8209;657/13, EU:C:2015:331, Rn.&#160;34), und vom 16.&#160;April 2015, Kommission/Deutschland (C&#8209;591/13, EU:C:2015:230, Rn.&#160;56 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;18), vom 25.&#160;Februar 2010, X Holding (C&#8209;337/08, EU:C:2010:89, Rn.&#160;20), sowie vom 12.&#160;Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C&#8209;446/04, EU:C:2006:774, Rn. 167).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. u.&#160;a. Urteile vom 5.&#160;Dezember 1989, Kommission/Italien (C&#8209;3/88, EU:C:1989:606, Rn.&#160;8), vom 13.&#160;Juli 1993, Commerzbank (C&#8209;330/91, EU:C:1993:303, Rn.&#160;14), vom 14.&#160;Februar 1995, Schumacker (C&#8209;279/93, EU:C:1995:31, Rn.&#160;26), vom 8.&#160;Juli 1999, Baxter u.&#160;a. (C&#8209;254/97,&#160;EU:C:1999:368, Rn.&#160;10), vom 25.&#160;Januar 2007, Meindl (C&#8209;329/05, EU:C:2007:57, Rn.&#160;21), vom 18.&#160;M&#228;rz 2010, Gielen (C&#8209;440/08, EU:C:2010:148, Rn.&#160;37), vom 1.&#160;Juni 2010, Blanco P&#233;rez und Chao G&#243;mez (C&#8209;570/07 und C&#8209;571/07, EU:C:2010:300, Rn.&#160;117 und 118), vom 5.&#160;Februar 2014, Hervis Sport- &#233;s Divatkereskedelmi (C&#8209;385/12, EU:C:2014:47, Rn.&#160;30), und vom 8.&#160;Juni 2017, Van der Weegen u.&#160;a. (C&#8209;580/15, EU:C:2017:429, Rn.&#160;33); siehe auch meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Hervis Sport- &#233;s Divatkereskedelmi (C&#8209;385/12, EU:C:2013:531, Nr.&#160;34).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Februar 2014, Hervis Sport- &#233;s Divatkereskedelmi (C&#8209;385/12, EU:C:2014:47, Rn.&#160;39&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. dazu meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache ANGED (C&#8209;233/16, EU:C:2017:852, Nrn.&#160;34&#160;ff.) und in der Rechtssache Hervis Sport- &#233;s Divatkereskedelmi (C&#8209;385/12, EU:C:2013:531, Nr.&#160;41).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe dazu bereits meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache ANGED (C&#8209;233/16, EU:C:2017:852, Nr.&#160;38) und in der Rechtssache Hervis Sport- &#233;s Divatkereskedelmi (C&#8209;385/12, EU:C:2013:531, Nr.&#160;40).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So auch im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit Urteil vom 1.&#160;Juni 2010, Blanco P&#233;rez und Chao G&#243;mez (C&#8209;570/07 und C&#8209;571/07, EU:C:2010:300, Rn.&#160;119).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;31), vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;32), vom 22.&#160;Juni 2017, Bechtel (C&#8209;20/16, EU:C:2017:488, Rn.&#160;53), vom 12.&#160;Juni 2014, SCA Group Holding u.&#160;a. (C&#8209;39/13 bis C&#8209;41/13, EU:C:2014:1758, Rn.&#160;28), und vom 25.&#160;Februar 2010, X Holding (C&#8209;337/08, EU:C:2010:89, Rn.&#160;22).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Dezember 2015 (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829, Rn.&#160;65), welches auf das Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Nordea Bank (C&#8209;48/13, EU:C:2014:2087, Rn.&#160;24), und das Urteil vom 14.&#160;Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C&#8209;170/05, EU:C:2006:783, Rn.&#160;34 und 35), Bezug nimmt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;172/13, EU:C:2014:2321, Nr.&#160;26 &#8211; allerdings habe ich dort im konkreten Fall eine Vergleichbarkeit bejaht (siehe Nr.&#160;29).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829, Rn.&#160;65), unter Hinweis auf das Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Nordea Bank (C&#8209;48/13, EU:C:2014:2087, Rn.&#160;24), und das Urteil vom 14.&#160;Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C&#8209;170/05, EU:C:2006:783, Rn.&#160;34 und 35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;35), vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;22&#160;ff.), vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;35), sowie vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;27&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;38 und 39).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar sagt ein deutsches Sprichwort, dass man &#196;pfel nicht mit Birnen vergleichen k&#246;nne. Aber auch &#196;pfel und Birnen haben Gemeinsamkeiten (so sind beide Kernobst) und sind damit insofern auch vergleichbar.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dies hatte ich dem Gerichtshof schon in meinen Schlussantr&#228;gen in der Rechtssache Nordea Bank (C&#8209;48/13, EU:C:2014:153, Nrn.&#160;21 bis 28) vorgeschlagen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. dazu ausdr&#252;cklich Urteile vom 6.&#160;September 2012, Philips Electronics (C&#8209;18/11, EU:C:2012:532), und vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278, Rn.&#160;33).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;43&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 29.&#160;November 2011, National Grid Indus (C&#8209;371/10, EU:C:2011:785, Rn.&#160;42), vom 12.&#160;September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C&#8209;196/04, EU:C:2006:544, Rn.&#160;47), und vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;55 und 56).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;51 und 52).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Sinne auch Urteil vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;54).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716, Rn.&#160;50), vom 29.&#160;November 2011, National Grid Indus (C&#8209;371/10, EU:C:2011:785, Rn.&#160;45), und vom 6.&#160;September 2012, Philips Electronics (C&#8209;18/11, EU:C:2012:532, Rn.&#160;23); Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;45 und 46).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716, Rn.&#160;50), vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278, Rn.&#160;31), vom 18.&#160;Juli 2007, Oy AA (C&#8209;231/05, EU:C:2007:439, Rn.&#160;54), und vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;45).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Sinne bereits die Urteile vom 21.&#160;Dezember 2016, Masco Denmark und Damixa (C&#8209;593/14, EU:C:2016:984, Rn.&#160;41), und vom 30.&#160;Juni 2011, Meilicke u.&#160;a. (C&#8209;262/09, EU:C:2011:438, Rn.&#160;33).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;33).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteil vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716, Rn.&#160;75 bis 79 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung)</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;33), vom 17.&#160;Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829, Rn.&#160;54).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;31 und 36).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref43" name="Footnote43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland vertritt daher die Ansicht, dass nur der im letzten Jahr entstehende Verlust aufgrund der faktisch fehlenden Vortragsf&#228;higkeit als sogenannter finaler Verlust zu betrachten ist, w&#228;hrend die vorgetragenen Verluste ihren Charakter als nicht finale Verluste nicht mehr verlieren. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref44" name="Footnote44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteil vom 3.&#160;Februar 2015 (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;37).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref45" name="Footnote45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So wird der EuGH zum Teil auch verstanden &#8211; vgl. die Stellungnahme von Deutschland in diesem Verfahren und z.&#160;B. David Eisendle, &#8222;Grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnung im Jahre 11 nach Marks &amp; Spencer&#8220;, <i>ISR</i> 2016, 37 (42).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref46" name="Footnote46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278, Rn.&#160;32), vom 18.&#160;Juli 2007, Oy AA (C&#8209;231/05, EU:C:2007:439, Rn.&#160;55), und vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;46).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref47" name="Footnote47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref48" name="Footnote48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die entsprechende Vorschrift in &#167;&#160;8c KStG war als sogenannte Sanierungsklausel erst unl&#228;ngst Gegenstand eines Verfahrens vor dem Gerichtshof (Urteil vom 28.&#160;Juni 2018, Andres [Insolvenz Heitkamp BauHolding]/Kommission (C&#8209;203/16&#160;P, EU:C:2018:505).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref49" name="Footnote49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diesen Punkt spricht z.&#160;B. der EuGH, Urteil vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;52&#160;ff.), ausdr&#252;cklich an.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref50" name="Footnote50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;61&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref51" name="Footnote51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegenteil &#8211; der Gerichtshof hat ausdr&#252;cklich das nationale Gericht damit beauftragt, festzustellen, ob die Voraussetzungen f&#252;r die Annahme eines finalen Verlusts &#252;berhaupt vorliegen &#8211; vgl. Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;65).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref52" name="Footnote52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;39 und 59); siehe auch Urteil vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref53" name="Footnote53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Annahme einer zu rechtlich relevanten grenz&#252;berschreitenden Leistungsf&#228;higkeit von Konzernen w&#252;rde wohl nur neue Gestaltungsperspektiven f&#252;r gro&#223;e internationale Konzerne er&#246;ffnen. Bedenklich daher das Urteil vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref54" name="Footnote54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Darunter wird vereinfacht ausgedr&#252;ckt die Steuergestaltung sogenannter multinationaler Konzerne verstanden, die innerhalb der bisherigen Steuersysteme &#252;ber (rechtlich legale) M&#246;glichkeiten verf&#252;gen, ihre Bemessungsgrundlagen in Hochsteuerl&#228;ndern zu minimieren und die Gewinne in Niedrigsteuerl&#228;nder (Base Erosion and Profit Shifting) zu verlagern.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref55" name="Footnote55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;55).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref56" name="Footnote56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;55), und vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;56 a.&#160;E.).</p>
175,056
eugh-2019-01-10-c-51617
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-516/17
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:07
2019-01-31T19:21:07
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2019:16
<p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DES GENERALANWALTS</p> <p class="C36Centre">MACIEJ SZPUNAR</p> <p class="C36Centre">vom 10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>516/17</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Spiegel Online GmbH</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Volker Beck</b> </p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs [Deutschland])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Urheberrecht und verwandte Schutzrechte&#160;&#8211; Ausschlie&#223;liche Rechte der Vervielf&#228;ltigung und der &#246;ffentlichen Wiedergabe&#160;&#8211; Spielraum bei der Umsetzung in nationales Recht&#160;&#8211; Mit dem Ziel der Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse verbundene Ausnahme&#160;&#8211; Angemessene M&#246;glichkeit, vor der Ver&#246;ffentlichung eine Erlaubnis einzuholen&#160;&#8211; Durch einen neben dem Text bereitgestellten Hyperlink zug&#228;ngliche Referenztexte&#160;&#8211; In seiner spezifischen Form mit Zustimmung des Urhebers ver&#246;ffentlichtes Werk&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Einleitung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rolle, die die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung im Allgemeinen und die Freiheit der Medien im Besonderen in einer demokratischen Gesellschaft spielen, kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Der freie Gedankenaustausch und die Kontrolle der Macht durch die Gesellschaft&#160;&#8211; Vorg&#228;nge, f&#252;r die die Medien unerl&#228;ssliche Mittler sind&#160;&#8211; bilden das Fundament einer solchen Gesellschaft.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung ist seit der Erkl&#228;rung der Menschen- und B&#252;rgerrechte von 1789 (Art.&#160;11) als Grundrecht anerkannt. Die Verfasser dieser Erkl&#228;rung waren sich jedoch bewusst, dass der Gebrauch, den die einen von ihrer Freiheit machen, die Freiheit der anderen beschr&#228;nken kann. In Art.&#160;4 haben sie daher den Grundsatz aufgestellt, dass &#8222;die Aus&#252;bung der nat&#252;rlichen Rechte eines jeden Menschen &#8230; nur die Grenzen [hat], die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss ebendieser Rechte sichern&#8220;. Zu der Frage, wer die Regeln f&#252;r den Ausgleich zwischen diesen Freiheiten festzulegen hat, pr&#228;zisiert Art.&#160;4 Satz&#160;2: &#8222;Diese Grenzen k&#246;nnen nur durch das Gesetz bestimmt werden.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese einfachen und nat&#252;rlichen Grunds&#228;tze gelten nach wie vor. Das Gesetz als Ausdruck des allgemeinen Willens(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>) soll die verschiedenen Grundrechte zum gr&#246;&#223;tm&#246;glichen Nutzen aller miteinander in Einklang bringen. Nichts anderes gilt f&#252;r den Bereich des Urheberrechts, wie die vorliegende Rechtssache sehr gut veranschaulicht.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Internationales Recht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Art.&#160;9 Abs.&#160;1 der am 9.&#160;September 1886 in Bern unterzeichneten Berner &#220;bereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst (Pariser Fassung vom 24.&#160;Juli 1971) in ihrer am 28.&#160;September 1979 ge&#228;nderten Fassung (im Folgenden: Berner &#220;bereinkunft) ist das Recht der Urheber verankert, jede Vervielf&#228;ltigung ihrer Werke zu erlauben. In Art.&#160;9 Abs.&#160;2, Art.&#160;10 Abs.&#160;1 und Art.&#160;10a Abs.&#160;2 der Berner &#220;bereinkunft hei&#223;t es:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Der Gesetzgebung der Verbandsl&#228;nder [der Berner &#220;bereinkunft] bleibt vorbehalten, die Vervielf&#228;ltigung in gewissen Sonderf&#228;llen unter der Voraussetzung zu gestatten, dass eine solche Vervielf&#228;ltigung weder die normale Auswertung des Werkes beeintr&#228;chtigt noch die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletzt.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">Zitate aus einem der &#214;ffentlichkeit bereits erlaubterweise zug&#228;nglich gemachten Werk sind zul&#228;ssig, sofern sie anst&#228;ndigen Gepflogenheiten entsprechen und in ihrem Umfang durch den Zweck gerechtfertigt sind, einschlie&#223;lich der Zitate aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln in Form von Presse&#252;bersichten.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">Ebenso bleibt der Gesetzgebung der Verbandsl&#228;nder vorbehalten zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen anl&#228;sslich der Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse durch Photographie oder Film oder im Weg der Rundfunksendung oder &#220;bertragung mittels Draht an die &#214;ffentlichkeit Werke der Literatur oder Kunst, die im Verlauf des Ereignisses sichtbar oder h&#246;rbar werden, in dem durch den Informationszweck gerechtfertigten Umfang vervielf&#228;ltigt und der &#214;ffentlichkeit zug&#228;nglich gemacht werden d&#252;rfen.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;1 Abs.&#160;4 des WIPO-Urheberrechtsvertrags(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>) kommen &#8222;[d]ie Vertragsparteien &#8230; den Artikeln 1 bis 21 und dem Anhang der Berner &#220;bereinkunft nach&#8220;. Die Gemeinsame Erkl&#228;rung zu Art.&#160;1 Abs.&#160;4 des WIPO-Urheberrechtsvertrags lautet: &#8222;Das Vervielf&#228;ltigungsrecht nach Artikel 9 der Berner &#220;bereinkunft und die darunter fallenden Ausnahmen finden in vollem Umfang im digitalen Bereich Anwendung, insbesondere auf die Verwendung von Werken in digitaler Form. Die elektronische Speicherung eines gesch&#252;tzten Werks in digitaler Form gilt als Vervielf&#228;ltigung im Sinne von Artikel 9 der Berner &#220;bereinkunft.&#8220;(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>)</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2001/29/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 22.&#160;Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>) bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten sehen f&#252;r folgende Personen das ausschlie&#223;liche Recht vor, die unmittelbare oder mittelbare, vor&#252;bergehende oder dauerhafte Vervielf&#228;ltigung auf jede Art und Weise und in jeder Form ganz oder teilweise zu erlauben oder zu verbieten:</p> <p class="C02AlineaAltA">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;f&#252;r die Urheber in Bezug auf ihre Werke,</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;3 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschlie&#223;liche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose &#246;ffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschlie&#223;lich der &#246;ffentlichen Zug&#228;nglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der &#214;ffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zug&#228;nglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c und d dieser Richtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen in den folgenden F&#228;llen Ausnahmen oder Beschr&#228;nkungen in Bezug auf die in den Artikeln 2 und 3 vorgesehenen Rechte vorsehen:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;f&#252;r die Vervielf&#228;ltigung durch die Presse, die &#246;ffentliche Wiedergabe oder die Zug&#228;nglichmachung von ver&#246;ffentlichten Artikeln zu Tagesfragen wirtschaftlicher, politischer oder religi&#246;ser Natur oder von gesendeten Werken oder sonstigen Schutzgegenst&#228;nden dieser Art, sofern eine solche Nutzung nicht ausdr&#252;cklich vorbehalten ist und sofern die Quelle, einschlie&#223;lich des Namens des Urhebers, angegeben wird, oder die Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenst&#228;nden in Verbindung mit der Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse, soweit es der Informationszweck rechtfertigt und sofern &#8211; au&#223;er in F&#228;llen, in denen sich dies als unm&#246;glich erweist &#8211; die Quelle, einschlie&#223;lich des Namens des Urhebers, angegeben wird;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;f&#252;r Zitate zu Zwecken wie Kritik oder Rezensionen, sofern sie ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand betreffen, das bzw. der der &#214;ffentlichkeit bereits rechtm&#228;&#223;ig zug&#228;nglich gemacht wurde, sofern &#8211; au&#223;er in F&#228;llen, in denen sich dies als unm&#246;glich erweist &#8211; die Quelle, einschlie&#223;lich des Namens des Urhebers, angegeben wird und sofern die Nutzung den anst&#228;ndigen Gepflogenheiten entspricht und in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich hei&#223;t es in Art.&#160;5 Abs.&#160;5 dieser Richtlinie:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die in den Abs&#228;tzen 1, 2, 3 und 4 genannten Ausnahmen und Beschr&#228;nkungen d&#252;rfen nur in bestimmten Sonderf&#228;llen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeintr&#228;chtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechtsinhabers nicht ungeb&#252;hrlich verletzt werden.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Deutsches Recht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Richtlinie 2001/29 ist durch das Gesetz &#252;ber Urheberrecht und verwandte Schutzrechte &#8211; Urheberrechtsgesetz vom 9.&#160;September 1965 (im Folgenden: UrhG) in deutsches Recht umgesetzt worden. &#167;&#160;50 UrhG bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Zur Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse durch Funk oder durch &#228;hnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datentr&#228;gern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielf&#228;ltigung, Verbreitung und &#246;ffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zul&#228;ssig.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;51 UrhG lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Zul&#228;ssig ist die Vervielf&#228;ltigung, Verbreitung und &#246;ffentliche Wiedergabe eines ver&#246;ffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Zul&#228;ssig ist dies insbesondere, wenn</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;einzelne Werke nach der Ver&#246;ffentlichung in ein selbst&#228;ndiges wissenschaftliches Werk zur Erl&#228;uterung des Inhalts aufgenommen werden,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Stellen eines Werkes nach der Ver&#246;ffentlichung in einem selbst&#228;ndigen Sprachwerk angef&#252;hrt werden,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbst&#228;ndigen Werk der Musik angef&#252;hrt werden.&#8220;</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Volker Beck, der Kl&#228;ger und Revisionsbeklagte im Ausgangsrechtsstreit (im Folgenden: Revisionsbeklagter), war von 1994 bis 2017 Mitglied des Deutschen Bundestags. Er ist Verfasser eines Artikels, der sich mit heiklen und umstrittenen strafrechtspolitischen Fragen befasst. Dieser Artikel wurde 1988 in einer Textsammlung ver&#246;ffentlicht. Bei dieser Ver&#246;ffentlichung ver&#228;nderte der Herausgeber den Titel des Manuskripts und k&#252;rzte im Text einen Satz. Der Revisionsbeklagte beanstandete das gegen&#252;ber dem Herausgeber und forderte ihn vergeblich auf, dies bei der Ver&#246;ffentlichung der Textsammlung durch einen Herausgebervermerk kenntlich zu machen. Sp&#228;testens seit dem Jahr 1993 distanzierte sich der Revisionsbeklagte vollst&#228;ndig vom Inhalt dieses Artikels.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Jahr 2013 wurde das Manuskript des in Rede stehenden Artikels in einem Archiv aufgefunden und dem Revisionsbeklagten vorgelegt, der zu diesem Zeitpunkt f&#252;r die einige Tage sp&#228;ter anstehende Bundestagswahl kandidierte. Der Revisionsbeklagte stellte das Dokument verschiedenen Zeitungsredaktionen als Nachweis zur Verf&#252;gung, dass sein Manuskript in dem im Sammelband ver&#246;ffentlichten Artikel ver&#228;ndert worden war. Einer Ver&#246;ffentlichung der Texte in den Medien stimmte er hingegen nicht zu. Er ver&#246;ffentlichte jedoch die beiden Versionen des Artikels auf seiner eigenen Website, indem er jede Seite mit folgender Aufschrift versah: &#8222;Ich distanziere mich von diesem Beitrag. Volker Beck&#8220;. Auf den Seiten des in der Textsammlung ver&#246;ffentlichten Artikels war zus&#228;tzlich folgende Aufschrift angebracht: &#8222;[Die Ver&#246;ffentlichung dieses Textes] ist nicht autorisiert und durch freie Redigierung in &#220;berschrift und Textteilen durch [den Herausgeber] verf&#228;lscht.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Spiegel Online GmbH, die Beklagte und Revisionskl&#228;gerin im Ausgangsrechtsstreit (im Folgenden: Revisionskl&#228;gerin), betreibt das Internet-Nachrichtenportal <i>Spiegel Online</i>. Am 20.&#160;September 2013 ver&#246;ffentlichte sie einen Presseartikel, in dem sie behauptete, der Revisionsbeklagte habe die &#214;ffentlichkeit jahrelang get&#228;uscht, weil der wesentliche Inhalt seines Manuskripts in der Ausgabe von 1988 nicht verf&#228;lscht worden sei. Zus&#228;tzlich zu diesem Presseartikel der Revisionskl&#228;gerin konnten die Originalfassungen des Manuskripts und des im Sammelband ver&#246;ffentlichten Artikels des Revisionsbeklagten &#252;ber einen Hyperlink abgerufen werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Revisionsbeklagte wehrte sich dagegen, dass die Revisionskl&#228;gerin den vollst&#228;ndigen Text seines Artikels auf ihrer Website zug&#228;nglich machte, was er als Verletzung seines Urheberrechts ansah. Das Landgericht (Deutschland) gab der Klage des Revisionsbeklagten statt. Die Berufung der Revisionskl&#228;gerin hatte keinen Erfolg. Sie legte daher Revision zum vorlegenden Gericht ein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der Bundesgerichtshof (Deutschland) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lassen die Vorschriften des Unionsrechts zu den Ausnahmen oder Beschr&#228;nkungen des Urheberrechts gem&#228;&#223; Art.&#160;5 Abs.&#160;3 der Richtlinie 2001/29 Umsetzungsspielr&#228;ume im nationalen Recht?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In welcher Weise sind bei der Bestimmung der Reichweite der in Art.&#160;5 Abs.&#160;3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahmen oder Beschr&#228;nkungen des ausschlie&#223;lichen Rechts der Urheber zur Vervielf&#228;ltigung (Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2001/29) und zur &#246;ffentlichen Wiedergabe einschlie&#223;lich der &#246;ffentlichen Zug&#228;nglichmachung (Art.&#160;3 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29) ihrer Werke die Grundrechte der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union (im Folgenden: Charta) zu ber&#252;cksichtigen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;K&#246;nnen die Grundrechte der Informationsfreiheit (Art.&#160;11 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 der Charta) oder der Pressefreiheit (Art.&#160;11 Abs.&#160;2 der Charta) Ausnahmen oder Beschr&#228;nkungen des ausschlie&#223;lichen Rechts der Urheber zur Vervielf&#228;ltigung (Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2001/29) und zur &#246;ffentlichen Wiedergabe einschlie&#223;lich der &#246;ffentlichen Zug&#228;nglichmachung (Art.&#160;3 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2001/29) ihrer Werke au&#223;erhalb der in Art.&#160;5 Abs.&#160;3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahmen oder Beschr&#228;nkungen rechtfertigen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist die &#246;ffentliche Zug&#228;nglichmachung von urheberrechtlich gesch&#252;tzten Werken im Internetportal eines Presseunternehmens bereits deshalb nicht als erlaubnisfreie Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse gem&#228;&#223; Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c Fall 2 der Richtlinie 2001/29 anzusehen, weil es dem Presseunternehmen m&#246;glich und zumutbar war, vor der &#246;ffentlichen Zug&#228;nglichmachung der Werke des Urhebers seine Zustimmung einzuholen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">5.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Fehlt es an einer Ver&#246;ffentlichung zum Zwecke des Zitats gem&#228;&#223; Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29, wenn zitierte Textwerke oder Teile davon nicht&#160;&#8211; beispielsweise durch Einr&#252;ckungen oder Fu&#223;noten&#160;&#8211; untrennbar in den neuen Text eingebunden werden, sondern im Internet im Wege der Verlinkung als neben dem neuen Text selbst&#228;ndig abrufbare PDF&#8209;Dateien &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht werden?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">6.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist bei der Frage, wann ein Werk im Sinne von Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 der &#214;ffentlichkeit bereits rechtm&#228;&#223;ig zug&#228;nglich gemacht wurde, darauf abzustellen, ob dieses Werk in seiner konkreten Gestalt bereits zuvor mit Zustimmung des Urhebers ver&#246;ffentlicht war?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 25.&#160;August 2017 beim Gerichtshof eingegangen. Die Parteien des Ausgangsrechtsstreits, die franz&#246;sische und die portugiesische Regierung, die Regierung des Vereinigten K&#246;nigreichs sowie die Europ&#228;ische Kommission haben schriftliche Erkl&#228;rungen eingereicht. Mit Ausnahme der portugiesischen Regierung haben diese Beteiligten an der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 3.&#160;Juli 2018 teilgenommen.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht hat sechs Fragen gestellt, die sowohl die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2001/29 als auch allgemein den Spielraum, &#252;ber den die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und Anwendung dieser Bestimmungen verf&#252;gen, und deren Verh&#228;ltnis zu den Grundrechten, insbesondere der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und der Medien, betreffen. In meinen Schlussantr&#228;gen werde ich diese Fragen untersuchen, dabei aber die Reihenfolge, in der sie vom vorlegenden Gericht gestellt worden sind, &#228;ndern. Ich werde zun&#228;chst die Auslegung der Bestimmungen des Sekund&#228;rrechts und dann die allgemeineren, die Grundrechte betreffenden Fragen pr&#252;fen.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur ersten Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, &#252;ber welchen Spielraum die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Bestimmungen des Unionsrechts &#252;ber die Ausnahmen und Beschr&#228;nkungen des Urheberrechts in ihr innerstaatliches Recht verf&#252;gen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Frage gleicht der f&#252;nften Frage, die dasselbe vorlegende Gericht in der Rechtssache Pelham u.&#160;a.(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>) gestellt hat. In meinen Schlussantr&#228;gen in jener Rechtssache schlage ich vor, zu antworten, dass die Mitgliedstaaten, auch wenn ihnen die Wahl der Mittel &#252;berlassen bleibt, verpflichtet sind, in ihrem innerstaatlichen Recht den Schutz der in den Art.&#160;2 bis 4 der Richtlinie 2001/29 aufgef&#252;hrten ausschlie&#223;lichen Rechte sicherzustellen, wobei eine Einschr&#228;nkung dieser Rechte nur im Rahmen der Anwendung der Ausnahmen und Beschr&#228;nkungen zul&#228;ssig ist, die in Art.&#160;5 dieser Richtlinie abschlie&#223;end aufgef&#252;hrt sind. Deshalb werde ich mich hier der K&#252;rze halber darauf beschr&#228;nken, auf meine Ausf&#252;hrungen zu dieser Frage im Rahmen jener Schlussantr&#228;ge zu verweisen(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu den Argumenten, die die Revisionskl&#228;gerin in ihren zu der vorliegenden Rechtssache eingereichten Erkl&#228;rungen vorgebracht hat, m&#246;chte ich jedoch die folgenden Anmerkungen hinzuf&#252;gen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens tr&#228;gt die Revisionskl&#228;gerin vor, dass sich der Spielraum der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des Urheberrechts der Union aus Art.&#160;167 Abs.&#160;4 AEUV ergebe. Nach dieser Vorschrift tr&#228;gt die Europ&#228;ische Union &#8222;bei ihrer T&#228;tigkeit aufgrund anderer Bestimmungen der Vertr&#228;ge den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und F&#246;rderung der Vielfalt ihrer Kulturen&#8220;. Die Revisionskl&#228;gerin macht geltend, weil das Urheberrecht kulturelle Angelegenheiten regele, m&#252;ssten die Mitgliedstaaten bei seiner Anwendung &#252;ber einen weiten Gestaltungsspielraum verf&#252;gen, um der Vielfalt ihrer Kulturen Rechnung tragen zu k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;167 AEUV ist jedoch eine allgemeing&#252;ltige Vorschrift mit Leitcharakter, die die Handlungen der Unionsorgane in Bereichen regelt, die Bezug zur Kultur haben. Der Richtliniengeber erw&#228;hnt diese Vorschrift(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>) sogar ausdr&#252;cklich im zw&#246;lften Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2001/29, leitet daraus aber Folgerungen ab, die meines Erachtens denen der Revisionskl&#228;gerin zuwiderlaufen, n&#228;mlich dass es erforderlich sei, einen angemessenen Schutz urheberrechtlich gesch&#252;tzter Werke zu gew&#228;hrleisten. Aber selbst wenn davon auszugehen w&#228;re, dass die Ver&#246;ffentlichung von Artikeln, die das politische Leben betreffen, unter den Begriff der &#8222;Kultur&#8220; im Sinne von Art.&#160;167 AEUV fallen, k&#246;nnte diese Bestimmung nicht dahin ausgelegt werden, dass sie den Mitgliedstaaten erlaubt, von den unbedingten Verpflichtungen abzuweichen, die sich aus den Bestimmungen des Sekund&#228;rrechts der Union ergeben. Jede andere Auslegung w&#252;rde darauf hinauslaufen, der Union die Befugnis zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften in s&#228;mtlichen Bereichen abzusprechen, die mit der Kultur zusammenh&#228;ngen, wie etwa dem Urheberrecht, den audiovisuellen Dienstleistungen, dem Markt f&#252;r Kunstwerke usw. Das Gleiche gilt auch f&#252;r das Argument der Revisionskl&#228;gerin, die Bedeutung, die das deutsche Recht der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und der Medien beimesse, stelle eine kulturelle Eigenart dieses Mitgliedstaats dar.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit besteht f&#252;r die Mitgliedstaaten zwar ein Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29, der aber durch die Verpflichtungen begrenzt wird, die sich aus den zwingenden Bestimmungen dieser Richtlinie ergeben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens macht die Revisionskl&#228;gerin geltend, dem Revisionsbeklagten gehe es bei seiner im Ausgangsrechtsstreit erhobenen Klage nicht um den Schutz seiner verm&#246;genswerten Urheberrechte, sondern um den Schutz seiner Urheberpers&#246;nlichkeitsrechte, wenn nicht gar seiner allgemeinen Pers&#246;nlichkeitsrechte. Insoweit gen&#252;gt die Feststellung, dass das vorliegende Verfahren die Handlungen betrifft, mit denen die Revisionskl&#228;gerin das Werk, dessen Urheber der Revisionsbeklagte ist, vervielf&#228;ltigt und &#246;ffentlich wiedergegeben hat und die unbestreitbar unter die Richtlinie 2001/29 fallen. Was die &#196;hnlichkeiten zwischen der vorliegenden Rechtssache und der Rechtssache Funke Medien NRW(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>) betrifft, werde ich diesen Punkt nachstehend in dem Abschnitt behandeln, der sich mit dem Verh&#228;ltnis zwischen dem Urheberrecht und den Grundrechten befasst(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher ber&#252;hrt das Vorbringen der Revisionsbeklagten meine Feststellungen zum Spielraum der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie 2001/29 nicht.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur vierten Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner vierten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die in Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 vorgesehene Ausnahme der Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse im innerstaatlichen Recht auf die F&#228;lle beschr&#228;nkt werden kann, in denen es dem Benutzer eines Werks bei verst&#228;ndiger Betrachtung nicht zugemutet werden kann, die Zustimmung des Urhebers dieses Werks einzuholen. Nach den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich eine solche Beschr&#228;nkung der Ausnahme aus der Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens ist die Vereinbarkeit dieser Beschr&#228;nkung der Ausnahme mit der vorgenannten Bestimmung der Richtlinie 2001/29 unproblematisch. Der Normzweck dieser Ausnahme ergibt sich n&#228;mlich daraus, dass es manchmal &#228;u&#223;erst schwer oder gar unm&#246;glich ist, &#252;ber Tagesereignisse zu berichten, ohne ein urheberrechtlich gesch&#252;tztes Werk zu vervielf&#228;ltigen und &#246;ffentlich wiederzugeben. Das trifft vor allem auf zwei Fallgestaltungen zu. Im ersten Fall ist das in Rede stehende Werk selbst Gegenstand des Ereignisses, z.&#160;B., wenn es sich bei diesem Ereignis um die Er&#246;ffnung einer Kunstausstellung oder um ein Konzert handelt. Die Berichterstattung &#252;ber ein solches Ereignis und damit die der &#214;ffentlichkeit zur Verf&#252;gung gestellte Information &#252;ber dieses Ereignis w&#228;ren sehr d&#252;rftig, wenn es nicht m&#246;glich w&#228;re, zumindest Ausschnitte der Werke wiederzugeben, die im Zentrum des beschriebenen Ereignisses stehen. Im zweiten Fall ist das Werk w&#228;hrend des Ereignisses beil&#228;ufig zu sehen oder zu h&#246;ren. Ein h&#228;ufig angef&#252;hrtes Beispiel ist die Begleitmusik zu einer &#246;ffentlichen Feier. In solchen F&#228;llen ist es daher gerechtfertigt, dem Verfasser eines Berichts das Recht einzur&#228;umen, das Werk frei zu vervielf&#228;ltigen und wiederzugeben, weil es ihm, wenn es sich um ein Tagesereignis handelt, allein schon aus Zeitmangel nicht zuzumuten ist, die Zustimmung des Urhebers des betreffenden Werks einzuholen. Vor allem k&#246;nnte dieser Urheber in Aus&#252;bung seines ausschlie&#223;lichen Rechts seine Zustimmung verweigern, was das Recht der &#214;ffentlichkeit, &#252;ber das betreffende Ereignis informiert zu werden, in Frage stellen w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die f&#252;r die Berichterstattung geltende Ausnahme findet jedoch, wie Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 ausdr&#252;cklich erfordert, nur Anwendung, &#8222;soweit es der Informationszweck rechtfertigt&#8220;. Diese Einschr&#228;nkung betrifft meines Erachtens nicht nur den Umfang der zul&#228;ssigen Vervielf&#228;ltigung und Wiedergabe, sondern auch die Fallgestaltungen, in denen die Ausnahme anwendbar ist, n&#228;mlich diejenigen, in denen vom Verfasser des Berichts bei verst&#228;ndiger Betrachtung nicht verlangt werden kann, die Zustimmung des Urhebers des im Rahmen dieses Berichts vervielf&#228;ltigten und wiedergegebenen Werks einzuholen. Folglich steht eine Einschr&#228;nkung der betreffenden Ausnahme, wie das deutsche Recht sie vorsieht, nicht nur in keinem Widerspruch zur einschl&#228;gigen Bestimmung der Richtlinie 2001/29, sondern ist dem Wesen und dem Ziel dieser Ausnahme immanent.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Grund, warum diese Ausnahme nach meiner Ansicht in F&#228;llen wie dem vorliegenden keine Anwendung findet, ist vielmehr ein anderer.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 &#252;bernimmt den Inhalt von Art.&#160;10a der Berner &#220;bereinkunft(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>). Der zweite Teil von Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 &#252;bernimmt den Inhalt von Art.&#160;10a Abs.&#160;2 der Berner &#220;bereinkunft(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>). Er ist daher im Einklang mit dieser Bestimmung der Berner &#220;bereinkunft auszulegen, weil die Europ&#228;ische Union verpflichtet ist, sich an diese &#220;bereinkunft zu halten, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;10a Abs.&#160;2 der Berner &#220;bereinkunft ist weit pr&#228;ziser formuliert als die hier untersuchte Bestimmung der Richtlinie 2001/29.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bestimmung der &#220;bereinkunft stellt n&#228;mlich nur auf die F&#228;lle der Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse ab, die akustisch oder visuell (mittels Fotografie, Rundfunk, Fernsehen, Film) verbreitet wird. Soweit es die Informationsbed&#252;rfnisse rechtfertigten, ist es daher erlaubt, Werke zu vervielf&#228;ltigen, die im Verlauf des Ereignisses, das Gegenstand dieser Berichterstattung ist, <i>sichtbar oder h&#246;rbar</i> werden(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Entgegen den Ausf&#252;hrungen des vorlegenden Gerichts bin ich der Auffassung, dass diese Ausnahme bei einer Auslegung im Licht der Berner &#220;bereinkunft nicht auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsrechtsstreits anwendbar ist. Nach Ansicht dieses Gerichts besteht das im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehende Ereignis in der Konfrontation des Revisionsbeklagten mit seinem in einem Archiv aufgefundenen Manuskript sowie seiner Reaktion darauf. Dieses Manuskript sei daher im Verlauf dieses Ereignisses dadurch sichtbar gemacht worden, dass sowohl die Revisionskl&#228;gerin als auch der Revisionsbeklagte selbst es auf ihrer jeweiligen Website ver&#246;ffentlicht h&#228;tten. Diese Auffassung teile ich nicht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Bericht, um den es im vorliegenden Fall geht, ist in der Form eines schriftlichen Textes erschienen, d.&#160;h. einer Transkription von Sprache mittels grafischer Symbole. Auch wenn ein Text&#160;&#8211; wie zumeist&#160;&#8211; visuell wahrgenommen wird, setzt das aber einen mentalen Prozess der Entschl&#252;sselung dieser Symbole voraus, um die in dieser Form &#252;bermittelte Information wahrzunehmen. Im Gegensatz zur rein visuellen Information gen&#252;gt es daher nicht, den Text zu sehen: Man muss ihn lesen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dasselbe gilt f&#252;r das im Rahmen dieses Berichts wiedergegebene Werk, n&#228;mlich den Artikel des Revisionsbeklagten. Ziel der Vervielf&#228;ltigung und Wiedergabe dieses Artikels durch die Revisionskl&#228;gerin war es nicht, die &#196;u&#223;erungen ihres Berichts lediglich zu illustrieren, sondern nachzuweisen, dass die beiden Versionen des betreffenden Artikels&#160;&#8211; das Manuskript und die im Sammelband ver&#246;ffentlichte Fassung&#160;&#8211; im Wesentlichen identisch und die &#196;u&#223;erungen des Revisionsbeklagten somit in der im Sammelband ver&#246;ffentlichten Version nicht verf&#228;lscht worden seien. F&#252;r einen solchen Nachweis gen&#252;gte es nicht, dass der Leser des Berichts den Artikel sehen konnte: Er musste ihn in beiden Versionen lesen, weil der Zweck der Vervielf&#228;ltigung(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>) andernfalls nicht erreicht worden w&#228;re. Es reichte daher nicht aus, dass das benutzte Werk im Verlauf des Tagesereignisses, das Gegenstand des hier in Rede stehenden Berichts war, zu sehen oder zu h&#246;ren war. Im vorliegenden Fall war eine zus&#228;tzliche Analyse durch den Leser dieses Berichts erforderlich. Eine solche zus&#228;tzliche Analyse geht aber &#252;ber den Rahmen der in Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 in seiner Auslegung im Licht von Art.&#160;10a Abs.&#160;2 der Berner &#220;bereinkunft vorgesehenen Ausnahme f&#252;r die Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse hinaus.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich schlage daher vor, auf die vierte Vorlagefrage zu antworten, dass Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass die Benutzung eines literarischen Werks im Rahmen eines Berichts &#252;ber Tagesereignisse nicht unter die in diesem Artikel vorgesehene Ausnahme f&#228;llt, wenn das mit dieser Benutzung verfolgte Ziel die Lekt&#252;re des gesamten Werks oder eines Teils dieses Werks erfordert.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich muss vorab darauf hinweisen, dass diese Auslegung das Recht der &#214;ffentlichkeit, die in dem in Rede stehenden Bericht enthaltene Information zu erhalten, nicht ber&#252;hrt. Auch wenn eine solche Benutzung nicht als eine nach der vorgenannten Bestimmung zul&#228;ssige Benutzung anzusehen ist, k&#246;nnte sie n&#228;mlich als ein Zitat einzustufen sein, f&#252;r das Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 eine Ausnahme vom ausschlie&#223;lichen Recht des Urhebers vorsieht. Diese Erw&#228;gung f&#252;hrt uns zur f&#252;nften und zur sechsten Vorlagefrage.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur f&#252;nften Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner f&#252;nften Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass die &#246;ffentliche Zug&#228;nglichmachung eines urheberrechtlich gesch&#252;tzten Werks im Internet in Gestalt einer durch einen Hyperlink mit einem Presseartikel verbundenen, aber selbst&#228;ndig abrufbaren PDF&#8209;Datei unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme f&#252;r Zitate f&#228;llt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ist der Artikel des Revisionsbeklagten n&#228;mlich nicht untrennbar in den Bericht eingebunden worden, den die Revisionskl&#228;gerin auf ihrer Website ver&#246;ffentlicht hat, sondern wurde auf dieser Website als selbst&#228;ndige Datei zur Verf&#252;gung gestellt, deren Verbindung mit dem Presseartikel der Revisionskl&#228;gerin durch Hyperlinks hergestellt wurde. Diese eher ungew&#246;hnliche Art zu zitieren hat die Zweifel des vorlegenden Gerichts ausgel&#246;st.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Ausnahme f&#252;r Zitate ist eine der klassischsten Ausnahmen des Urheberrechts(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>). Lange ging man davon aus, sie gelte nur f&#252;r literarische Werke(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>). Bei dieser Art von Werken werden die Zitate &#252;blicherweise mit typografischen Mitteln gekennzeichnet: Anf&#252;hrungszeichen, Kursivschrift, andere Schriftart als der Haupttext, Fu&#223;noten usw.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gegenw&#228;rtig erscheint es nicht ausgeschlossen, dass das Zitat auch andere Kategorien von Werken betreffen kann, insbesondere Musik- und Filmwerke, aber auch Werke der bildenden Kunst(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>). In diesen F&#228;llen m&#252;ssen die Methoden der Aufnahme von Zitaten in das zitierende Werk nat&#252;rlich angepasst werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gleiches gilt meines Erachtens f&#252;r die Aufnahme von Zitaten in literarische Werke. Die modernen Technologien, insbesondere das Internet, machen es m&#246;glich, Texte auf unterschiedliche Weise miteinander zu verkn&#252;pfen, z.&#160;B. durch Hyperlinks. Nat&#252;rlich muss eine enge Verkn&#252;pfung zwischen dem Zitat und dem zitierenden Werk erhalten bleiben. Da die Architektur von Internetseiten sehr unterschiedlich sein kann, d&#252;rfte eine Einzelfallpr&#252;fung erforderlich sein. Beispielsweise k&#246;nnen Inhalte dank der sogenannten Framing-Technik so in eine Internetseite eingebunden werden, dass der Betrachter den Eindruck hat, sie bef&#228;nden sich unmittelbar auf dieser Seite, obwohl es sich technisch um einen Hyperlink handelt. Nach meiner Auffassung d&#252;rfen Zitate, die durch Hyperlinks eingebunden werden, aber nicht <i>a priori</i> ausgeschlossen werden(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der vorliegenden Rechtssache liegt das Problem jedoch meines Erachtens in der konkreten Art und Weise, in der die Revisionskl&#228;gerin den Artikel des Revisionsbeklagten vervielf&#228;ltigt und zug&#228;nglich gemacht hat. Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts ist dieser Artikel auf der Website der Revisionskl&#228;gerin als Ganzes in Gestalt von PDF&#8209;Dateien ver&#246;ffentlicht worden, die unabh&#228;ngig vom Haupttext, der das in Rede stehende Ereignis beschrieb, abgerufen und heruntergeladen werden konnten. Die Hyperlinks zu diesen Dateien befanden sich nicht nur auf der Seite mit dem Haupttext, sondern auch auf der Hauptseite der Website der Revisionskl&#228;gerin. Nach meiner Auffassung geht eine solche Zug&#228;nglichmachung (und die ihr notwendigerweise vorausgegangene Vervielf&#228;ltigung) &#252;ber das hinaus, was im Rahmen der Ausnahme f&#252;r Zitate gestattet ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die M&#246;glichkeit, ein ganzes Werk zu zitieren, ist in der Rechtslehre offenbar umstritten(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>). Der Wortlaut von Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 pr&#228;zisiert den zul&#228;ssigen Umfang eines Zitats nicht. Der Gerichtshof hat das vollst&#228;ndige Zitat eines fotografischen Werks offenbar zugelassen(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>), auch wenn er das Zitat als &#8222;Vervielf&#228;ltigung von Ausz&#252;gen&#8220; aus einem Werk bezeichnet hat(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>). In der Berner &#220;bereinkunft ist die einschr&#228;nkende urspr&#252;ngliche Formulierung &#8222;kurze Zitate&#8220;(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>) aufgegeben und durch das allgemeine Erfordernis ersetzt worden, dass die Zitate &#8222;in ihrem Umfang durch den Zweck gerechtfertigt&#8220; sein m&#252;ssen. In Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 wurde eine &#228;hnliche Formulierung gew&#228;hlt. Grunds&#228;tzlich d&#252;rfte es daher erlaubt sein, ein Werk im Ganzen zu zitieren, wenn der verfolgte Zweck das rechtfertigt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hingegen ist sich die Rechtslehre einig, dass das Zitat nicht in Konkurrenz zum Originalwerk treten darf, indem es dem Leser erspart, dieses heranzuziehen(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>). Ein solches Zitat, das an die Stelle des Originalwerks tritt, w&#252;rde n&#228;mlich eine Umgehung der ausschlie&#223;lichen Vorrechte des Urhebers erm&#246;glichen, indem es sie jeden Inhalts entleert. Dem Urheber des auf diese Weise zitierten Werks w&#252;rde damit der Kernbestand der Rechte genommen, die ihm als solchem zustehen, w&#228;hrend an seiner Stelle der Urheber des zitierenden Werks diese Rechte aufgrund dieses Werks aus&#252;ben k&#246;nnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens liegt aber genau dieser Fall vor, wenn ein literarisches Werk, das zu einer Gattung geh&#246;rt, bei der es f&#252;r die Wahrnehmung des Werks nicht auf dessen Form, sondern auf dessen Inhalt ankommt, auf einer Internetseite in Gestalt einer Datei, die selbst&#228;ndig abgerufen und heruntergeladen werden kann, &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht wird. Formal kann eine solche Datei als Zitat dargestellt und mit dem Text des zitierenden Verfassers verbunden werden, z.&#160;B. durch einen Hyperlink. Gleichwohl wird diese Datei <i>de facto</i> unabh&#228;ngig von diesem Text verwertet und kann von den Besuchern der Website des zitierenden Verfassers selbst&#228;ndig benutzt werden, weil sie ihnen einen nicht erlaubten Zugang zum Originalwerk erm&#246;glicht und ihnen damit erspart, auf dieses zur&#252;ckgreifen zu m&#252;ssen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich bin daher der Ansicht, dass die Ausnahme f&#252;r Zitate die Benutzung fremder Werke in unterschiedlichem Umfang und mittels verschiedener technischer Methoden rechtfertigen kann. Das Zusammenspiel des Umfangs der Benutzung und der verwendeten Techniken kann jedoch dazu f&#252;hren, dass die Grenzen dieser Ausnahme &#252;berschritten werden. Insbesondere kann die Ausnahme f&#252;r Zitate nicht diejenigen F&#228;lle umfassen, in denen ein ganzes Werk ohne die Zustimmung seines Urhebers auf einer Internetseite in Gestalt einer Datei, die selbst&#228;ndig abgerufen und heruntergeladen werden kann, &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Entgegen den Ausf&#252;hrungen des vorlegenden Gerichts im Vorabentscheidungsersuchen geht es hier meines Erachtens nicht um die Beurteilung der tats&#228;chlichen Gefahr einer selbst&#228;ndigen Verwertung des zitierten Werks, sondern um die Definition des Begriffs des Zitats selbst(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>). Zumindest im Fall literarischer Werke erspart jede Bereitstellung des gesamten Werks in Gestalt einer im Internet selbst&#228;ndig abrufbaren Datei dem Leser, auf das Originalwerk zur&#252;ckzugreifen, und &#252;berschreitet somit die Grenzen dieser Ausnahme, ohne dass die tats&#228;chliche Gefahr seiner nachfolgenden Verwertung gepr&#252;ft zu werden braucht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lie&#223;e man zu, dass ein Zitat an die Stelle des Originalwerks treten darf, w&#252;rde das auch den Anforderungen des &#8222;Dreistufentests&#8220; zuwiderlaufen, der sowohl in Art.&#160;9 Abs.&#160;2 der Berner &#220;bereinkunft(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>) als auch in Art.&#160;5 Abs.&#160;5 der Richtlinie 2001/29 vorgesehen ist und dem zufolge die Ausnahmen vom Urheberrecht weder die normale Verwertung des Werks noch die berechtigten Interessen des Urhebers verletzen d&#252;rfen; diese Bedingungen m&#252;ssen kumulativ erf&#252;llt sein. Ein Zitat, das dem Benutzer erspart, auf das Originalwerk zur&#252;ckzugreifen, indem es an dessen Stelle tritt, verletzt aber notwendigerweise dessen normale Verwertung.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Schlussfolgerung wird nicht durch die Behauptung der Revisionskl&#228;gerin in Frage gestellt, dass der Revisionsbeklagte keine wirtschaftliche Verwertung des in Rede stehenden Artikels beabsichtigt habe und sein Widerspruch gegen dessen Wiedergabe ausschlie&#223;lich dazu habe dienen sollen, seine pers&#246;nlichen Interessen zu sch&#252;tzen. Diese Schlussfolgerung betrifft n&#228;mlich nicht nur die Anwendung der Ausnahme f&#252;r Zitate im Ausgangsrechtsstreit, sondern auch die normativen Grenzen dieser Ausnahme im Unionsrecht. Diese Grenzen sind aber unabh&#228;ngig von der Frage, ob der Urheber sein Werk in einem konkreten Fall verwertet oder zu verwerten beabsichtigt. Es gen&#252;gt n&#228;mlich, dass die Benutzung des Werks im Rahmen der Ausnahme dessen Verwertung potenziell beeintr&#228;chtigt, um die in Rede stehende Auslegung der Ausnahme an dem in Art.&#160;5 Abs.&#160;5 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Dreistufentest scheitern zu lassen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher schlage ich vor, auf die f&#252;nfte Vorlagefrage zu antworten, dass Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme f&#252;r Zitate nicht die F&#228;lle umfasst, in denen ein ganzes Werk ohne die Zustimmung seines Urhebers auf einer Internetseite in Gestalt einer Datei, die selbst&#228;ndig abgerufen und heruntergeladen werden kann, &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht wird, so dass der Leser nicht auf das Originalwerk zur&#252;ckzugreifen braucht.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur sechsten Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner sechsten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, wie unter den Umst&#228;nden des vorliegenden Falls die in Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 enthaltene Bedingung auszulegen ist, nach der die Ausnahme nur f&#252;r ein Werk gilt, das der &#214;ffentlichkeit bereits rechtm&#228;&#223;ig zug&#228;nglich gemacht wurde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da die von mir vorgeschlagene Antwort auf die f&#252;nfte Vorlagefrage zur Folge hat, die Anwendung dieser Ausnahme auf den vorliegenden Fall auszuschlie&#223;en, erweist sich die sechste Frage als hypothetisch. Zu dieser Frage werde ich jedoch f&#252;r den Fall, dass der Gerichtshof meine W&#252;rdigung der f&#252;nften Vorlagefrage nicht teilen sollte, einige Anmerkungen machen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Erfordernis, dass das Zitat nur Werke betreffen darf, die der &#214;ffentlichkeit bereits rechtm&#228;&#223;ig zug&#228;nglich gemacht wurden, ist auf dem Gebiet des Urheberrechts traditionell anerkannt und findet sich insbesondere in Art.&#160;10 Abs.&#160;1 der Berner &#220;bereinkunft. Zweck dieses Erfordernisses ist es, die Pers&#246;nlichkeitsrechte des Urhebers zu sch&#252;tzen, insbesondere das Verbreitungsrecht, aufgrund dessen allein der Urheber &#252;ber die erstmalige &#246;ffentliche Wiedergabe oder &#246;ffentliche Zug&#228;nglichmachung seines Werks entscheidet. Diese erste &#246;ffentliche Zug&#228;nglichmachung kann mit Zustimmung des Urhebers oder aufgrund einer rechtm&#228;&#223;igen Lizenz erfolgen. Der Gerichtshof hat offenbar auch die Verbreitung im Rahmen einer Ausnahme, n&#228;mlich der des Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2001/29(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>), stillschweigend zugelassen. Ich halte diese L&#246;sung nicht f&#252;r selbstverst&#228;ndlich, denn die in Art.&#160;5 Abs.&#160;1 bis 3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahmen weichen lediglich von den Verm&#246;gensrechten der Urheber ab und sollten deren Pers&#246;nlichkeitsrechte grunds&#228;tzlich nicht verletzen. Jedenfalls liegt auf der Hand, dass diese erste &#246;ffentliche Zug&#228;nglichmachung nicht das Ergebnis des Zitats selbst sein kann.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie aus den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, wurde der in Rede stehende Artikel des Revisionsbeklagten in dem 1988 erschienenen Sammelband in einer Version und sodann nach der Entdeckung des Manuskripts in den Archiven in beiden Versionen auf der Website des Revisionsbeklagten ver&#246;ffentlicht. Somit d&#252;rfte dieser Artikel zum Zeitpunkt seiner Ver&#246;ffentlichung auf der Website der Revisionskl&#228;gerin bereits rechtm&#228;&#223;ig &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht worden sein, was das vorlegende Gericht zu &#252;berpr&#252;fen haben wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das einzige Problem k&#246;nnte sich aus dem Umstand ergeben, dass die Ver&#246;ffentlichung im Sammelband die Gedanken des Revisionsbeklagten verf&#228;lscht haben soll, w&#228;hrend die Ver&#246;ffentlichung auf dessen eigener Website durch eine Distanzierung des Verfassers von seinem Artikel erg&#228;nzt wurde, die die Revisionskl&#228;gerin nicht wiedergegeben hat. Daher k&#246;nnte es sich hier um eine Verletzung der Pers&#246;nlichkeitsrechte des Urhebers handeln, insbesondere seines Rechts auf Achtung des Werks. Da die Pers&#246;nlichkeitsrechte aber von den Bestimmungen der Richtlinie 2001/29 nicht erfasst werden, f&#228;llt die Beurteilung dieser Frage voll und ganz unter die Zust&#228;ndigkeit der nationalen Gerichte und richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r den Fall, dass sich der Gerichtshof der von mir vorgeschlagenen Antwort auf die f&#252;nfte Vorlagefrage nicht anschlie&#223;t, schlage ich vor, auf die sechste Vorlagefrage zu antworten, dass Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 dahin auszulegen ist, dass das Werk, das Gegenstand des Zitats ist, der &#214;ffentlichkeit bereits mit Zustimmung des Urhebers oder aufgrund einer rechtm&#228;&#223;igen Lizenz zug&#228;nglich gemacht worden sein muss, was zu pr&#252;fen Aufgabe der nationalen Gerichte ist.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den von mir vorgeschlagenen Antworten auf die vierte und die f&#252;nfte Vorlagefrage ergibt sich, dass die Nutzung eines Werks&#160;&#8211; wie die des im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Artikels des Revisionsbeklagten durch die Revisionskl&#228;gerin&#160;&#8211; nicht unter die Ausnahmen von den ausschlie&#223;lichen Rechten des Urhebers f&#228;llt, die das vorlegende Gericht in Betracht gezogen hat, n&#228;mlich unter die in Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c und d der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahmen. Das vorlegende Gericht m&#246;chte allerdings auch wissen, ob diese Nutzung durch Erw&#228;gungen gerechtfertigt sein kann, die die Beachtung der Grundrechte der Revisionskl&#228;gerin betreffen, insbesondere ihres in Art.&#160;11 Abs.&#160;1 der Charta garantierten Rechts auf freie Meinungs&#228;u&#223;erung und der im Abs.&#160;2 dieses Artikels erw&#228;hnten Freiheit der Medien. Dies ist Gegenstand der zweiten und der dritten Vorlagefrage, die ich zusammen zu pr&#252;fen vorschlage.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten und seiner dritten Vorlagefrage m&#246;chte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und die Freiheit der Medien die ausschlie&#223;lichen Rechte des Urhebers, die Vervielf&#228;ltigung oder &#246;ffentliche Wiedergabe seines Werks zu erlauben oder zu verbieten, im Fall seiner Ver&#246;ffentlichung durch ein Presseorgan im Rahmen einer Debatte &#252;ber Fragen von allgemeinem Interesse einschr&#228;nken oder eine Ausnahme von diesen Rechten oder deren Verletzung rechtfertigen k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Fragen sind mit der zweiten und der dritten Vorlagefrage identisch, die dasselbe vorlegende Gericht in der Rechtssache Funke Medien NRW(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>) gestellt hat, und gleichen im Wesentlichen der sechsten Vorlagefrage dieses Gerichts in der Rechtssache Pelham u.&#160;a.(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In meinen Schlussantr&#228;gen in der Rechtssache Pelham u.&#160;a. habe ich vorgeschlagen, im Wesentlichen zu antworten, dass das Urheberrecht bereits Beschr&#228;nkungen und Ausnahmen enth&#228;lt, die dazu bestimmt sind, die ausschlie&#223;lichen Rechte der Urheber mit den Grundrechten, insbesondere mit der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung, in Einklang zu bringen, und deshalb im Regelfall die vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidungen zu respektieren sind. Diese Entscheidungen ergeben sich n&#228;mlich aus einer Abw&#228;gung zwischen den Grundrechten der Benutzer von Werken und den Rechten der Urheber und anderer Rechteinhaber, die ebenfalls als Grundrecht gesch&#252;tzt sind, n&#228;mlich durch das Eigentumsrecht, das in Art.&#160;17 der Charta verankert ist, der in seinem Abs.&#160;2 das geistige Eigentum ausdr&#252;cklich erw&#228;hnt. Diese Abw&#228;gung f&#228;llt in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; das Gericht darf nur ausnahmsweise im Fall eines Versto&#223;es gegen den Wesensgehalt eines Grundrechts eingreifen(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich m&#246;chte hinzuf&#252;gen, dass der in der dritten Vorlagefrage erwogene Gedanke, das Urheberrecht der Union im Wege der Rechtsprechung durch Ausnahmen zu erg&#228;nzen, die in Art.&#160;5 der Richtlinie 2001/29 nicht vorgesehen sind und mit Erw&#228;gungen zur Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung begr&#252;ndet werden, nach meiner Auffassung die Gefahr mit sich bringen w&#252;rde, die Wirksamkeit dieses Rechts und die mit ihm bezweckte Harmonisierung in Frage zu stellen. Eine solche M&#246;glichkeit liefe n&#228;mlich darauf hinaus, in das Unionsrecht eine Art &#8222;Fair&#8209;use&#8209;Klausel&#8220; einzuf&#252;hren, denn praktisch jede das Urheberrecht verletzende Benutzung von Werken kann sich in der einen oder anderen Hinsicht auf die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung berufen(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>). Somit w&#252;rde der den Rechten der Urheber tats&#228;chlich einger&#228;umte Schutz von der Sensibilit&#228;t der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats f&#252;r die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung abh&#228;ngen und alle Harmonisierungsbem&#252;hungen zu einem frommen Wunsch(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>) degradieren.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese &#220;berlegung l&#228;sst sich meines Erachtens in vollem Umfang auf den vorliegenden Fall anwenden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich habe bereits in der Einleitung zu diesen Schlussantr&#228;gen hervorgehoben, wie wichtig die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und die Freiheit der Medien in einer demokratischen Gesellschaft sind, so dass ich mich hier nicht zu wiederholen brauche. Wie alle Grundrechte sind diese Freiheiten aber weder absolut noch unbegrenzt, wie sich eindeutig aus Art.&#160;52 Abs.&#160;1 der Charta und aus Art.&#160;10 Abs.&#160;2 der am 4.&#160;November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, die Einschr&#228;nkungen der Grundrechte und die Voraussetzungen f&#252;r die Anwendung dieser Einschr&#228;nkungen vorsehen. Das Urheberrecht kann eine der rechtm&#228;&#223;igen Einschr&#228;nkungen der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung sein(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>), und von den Beschr&#228;nkungen und Ausnahmen abgesehen, die das Urheberrecht selbst vorsieht, kommt dieser Freiheit grunds&#228;tzlich kein Vorrang zu.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf das Vorbringen der Revisionskl&#228;gerin, f&#252;r die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und der Medien komme es darauf an, wer die Kontrolle &#252;ber die Information aus&#252;be, ist somit zu antworten, dass in einem Fall, in dem die in Rede stehende Information in einem urheberrechtlich gesch&#252;tzten Werk besteht, der Urheber derjenige ist, der&#160;&#8211; vorbehaltlich der oben angef&#252;hrten Beschr&#228;nkungen und Ausnahmen&#160;&#8211; die Verbreitung und Wiedergabe kontrolliert.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Situation im Ausgangsrechtsstreit stellt zwar insoweit einen Sonderfall dar, als der Urheber des in Rede stehenden Werks ein Politiker ist, das Werk selbst dessen Ansichten zu einem Thema von allgemeinem Interesse zum Ausdruck bringt und die streitige &#246;ffentliche Zug&#228;nglichmachung dieses Werks durch die Revisionskl&#228;gerin im Rahmen der Debatte stattgefunden hat, die den Parlamentswahlen vorausging. Man k&#246;nnte sich daher fragen, ob der vorliegende Fall nicht eine &#228;hnliche Situation betrifft, wie sie der Rechtssache Funke Medien NRW(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>) zugrunde liegt, in der ich vorgeschlagen habe, die Auffassung zu vertreten, dass die der Bundesrepublik Deutschland zustehenden Urheberrechte den daraus resultierenden Eingriff in die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung nicht rechtfertigten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Umst&#228;nde der vorliegenden Rechtssache nicht dazu f&#252;hren k&#246;nnen, eine &#228;hnliche L&#246;sung zu w&#228;hlen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens beruht die Besonderheit der Rechtssache Funke Medien NRW(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>) darauf, dass das fragliche Werk aus periodisch erstellten und vertraulichen milit&#228;rischen Berichten rein faktischer Art(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>) bestand und die Bundesrepublik Deutschland sich als Inhaberin des Urheberrechts an diesen Berichten entschieden hat, den Schutz, den diese Dokumente als vertrauliche Informationen genie&#223;en, durch den sich aus dem Urheberrecht ergebenden Schutz zu ersetzen. Da es sich um einen Staat handelt, kann dieser sich zur St&#252;tzung seines Urheberrechts nicht auf ein Grundrecht berufen, weil die Grundrechte nur Einzelpersonen zustehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der vorliegenden Rechtssache steht au&#223;er Frage, dass es sich bei dem in Rede stehenden Artikel um ein Werk im Sinne des Urheberrechts handelt, und der Inhaber des Urheberrechts ist eine nat&#252;rliche Person. Anders als ein Staat verf&#252;gt eine solche Person aber nicht &#252;ber Instrumente wie die M&#246;glichkeit, ein Dokument als geheim zu klassifizieren und so den rechtm&#228;&#223;igen Zugang zu ihm zu beschr&#228;nken. F&#252;r eine nat&#252;rliche Person ist das wichtigste, wenn nicht gar das einzige Mittel zum Schutz ihrer geistigen Sch&#246;pfung das Urheberrecht. Au&#223;erdem stehen diesem Urheber als nat&#252;rlicher Person das Grundrecht auf Eigentum sowie weitere Grundrechte zu, die ebenso gesch&#252;tzt sind wie die freie Meinungs&#228;u&#223;erung potenzieller Benutzer seines Werks. Die Einschr&#228;nkung dieser Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung, die sich aus den ausschlie&#223;lichen Vorrechten des betreffenden Urhebers ergibt, ist daher insofern rechtm&#228;&#223;ig, als sie sich aus dem Schutz eines anderen Grundrechts ergibt. Daher bedarf es einer Abw&#228;gung dieser verschiedenen Grundrechte, wie sie der Gesetzgeber im Grundsatz schon im Rahmen der Bestimmungen vorgenommen hat, die das Urheberrecht regeln.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens trifft es zwar zu, dass der Revisionsbeklagte, der ein Wahlamt aus&#252;bt, besonders strengen Anforderungen hinsichtlich der Kontrolle seiner &#246;ffentlichen T&#228;tigkeit unterliegt, insbesondere der Kontrolle durch die Medien. Unter bestimmten Umst&#228;nden k&#246;nnte diese Kontrolle es m&#246;glicherweise rechtfertigen, den Artikel des Revisionsbeklagten ohne dessen Zustimmung &#246;ffentlich wiederzugeben, beispielsweise wenn der Revisionsbeklagte versucht h&#228;tte, den Inhalt dieses Artikels zu verschleiern(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall hat sich der Revisionsbeklagte jedoch v&#246;llig transparent verhalten, indem er selbst auf seiner Website die beiden Versionen seines Artikels ver&#246;ffentlichte und so jedermann Gelegenheit gab, sich &#252;ber das Ausma&#223; der Abweichungen zwischen den beiden Versionen eine eigene Meinung zu bilden. Au&#223;erdem erleichterte diese Ver&#246;ffentlichung auf der Website des Revisionsbeklagten die Aufgabe der Revisionskl&#228;gerin, die ihr Informationsziel mit Mitteln h&#228;tte erreichen k&#246;nnen, die weniger stark in das Urheberrecht eingegriffen h&#228;tten, indem sie insbesondere die ma&#223;geblichen Passagen der beiden Versionen des Artikels des Revisionsbeklagten zitierte oder einen Link zu dessen Website setzte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was das Argument der Revisionskl&#228;gerin betrifft, der &#252;ber den beiden auf seiner Website ver&#246;ffentlichten Texten angebrachte Hinweis des Revisionsbeklagten, dass er sich von seinem Artikel distanziere, verhindere die objektive Wahrnehmung durch den Leser, gen&#252;gt der Hinweis, dass es dem Urheber freisteht, sich von seinem Werk zu distanzieren. Ich glaube nicht, dass diese Distanzierung, die lediglich eine zus&#228;tzliche Information darstellt, den Leser daran gehindert hat, die beiden Versionen des in Rede stehenden Artikels objektiv zu analysieren. Wenn der Leser f&#228;hig ist, die beiden Versionen des Textes zu vergleichen, ist er auch in der Lage, die Aufrichtigkeit einer solchen Distanzierung zu beurteilen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ebenso wenig &#252;berzeugt mich das Argument der Revisionskl&#228;gerin, ein Hyperlink zur Website des Revisionsbeklagten h&#228;tte nicht gen&#252;gt, weil ein solcher Link zwangsl&#228;ufig vom Inhalt der Zielseite abh&#228;ngig sei. Immerhin lag der Artikel des Revisionsbeklagten der Revisionskl&#228;gerin vor, so dass sie ohne Weiteres h&#228;tte reagieren k&#246;nnen, falls der Revisionsbeklagte den in Rede stehenden Artikel von seiner Website entfernt h&#228;tte. Dann w&#228;re die Situation unter dem Gesichtspunkt der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung eine andere gewesen. Dieser Fall ist aber nicht eingetreten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens schlie&#223;lich wird meine Schlussfolgerung auch nicht durch das Vorbringen der Revisionskl&#228;gerin in Frage gestellt, dass der Revisionsbeklagte seine Rechte auf Vervielf&#228;ltigung und &#246;ffentliche Wiedergabe seines Artikels in Wirklichkeit nicht geltend gemacht habe, um seine verm&#246;gensrechtlichen Urheberrechte zu verteidigen, sondern um seine Pers&#246;nlichkeitsrechte zu sch&#252;tzen, einschlie&#223;lich derjenigen, die sich nicht aus seiner Eigenschaft als Urheber dieses Artikels erg&#228;ben. Diese Pers&#246;nlichkeitsrechte fielen aber weder in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2001/29 noch in den des Unionsrechts im Allgemeinen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Soweit die Revisionskl&#228;gerin sich auf eine Ausnahme von den Rechten des Urhebers beruft, ist darauf hinzuweisen, dass die Aus&#252;bung dieser Rechte nicht davon abh&#228;ngig ist, dass der Urheber sein Werk tats&#228;chlich verwertet. Das Urheberrecht und insbesondere die Verm&#246;gensrechte garantieren dem Urheber nicht nur die ungehinderte Verwertung seines Werks, sondern auch den Schutz vor dessen Verwertung durch Dritte, wenn er dieser Verwertung nicht zugestimmt hat. Indem die Revisionskl&#228;gerin den Artikel des Revisionsbeklagten auf ihrer Website &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht hat, hat sie aber eine Verwertung dieses Artikels im Sinne des Urheberrechts vorgenommen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem m&#252;ssen die Urheberpers&#246;nlichkeitsrechte, auch wenn sie nicht in den Bereich der Harmonisierung durch die Richtlinie 2001/29 fallen(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>), bei der Auslegung der Bestimmungen dieser Richtlinie ber&#252;cksichtigt werden, wenn die Anwendung dieser Bestimmungen diese Rechte verletzen kann. Die Richtlinie 2001/29 harmonisiert das Urheberrecht nur teilweise. Das bedeutet, dass sie weder au&#223;erhalb ihres Kontexts noch&#160;&#8211; wie bereits aus dem Wesen einer Richtlinie folgt&#160;&#8211; unmittelbar anwendbar ist. Ihre Bestimmungen m&#252;ssen in das innerstaatliche Recht der Mitgliedstaaten umgesetzt werden, wo sie mit anderen Bestimmungen dieses Rechts interagieren, insbesondere denen, die die Pers&#246;nlichkeitsrechte des Urhebers regeln. Somit darf die Auslegung einer Ausnahme von einem Verm&#246;gensrecht des Urhebers dessen Pers&#246;nlichkeitsrechte nicht au&#223;er Acht lassen, indem sie eine freie Benutzung des Werks allein deshalb gestattet, weil der betreffende Urheber keine wirtschaftliche Verwertung dieses Werks beabsichtigt, sondern allein seine Pers&#246;nlichkeitsrechte zu sch&#252;tzen sucht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sofern das Vorbringen der Revisionskl&#228;gerin dahin zu verstehen sein sollte, dass das Urheberrecht des Revisionsbeklagten, das Ausfluss seines nach Art.&#160;17 der Charta gesch&#252;tzten Eigentumsrechts ist, die sich daraus ergebende Einschr&#228;nkung der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung im Fall fehlender wirtschaftlicher Verwertung des Werks nicht rechtfertige, ist ferner darauf hinzuweisen, dass der Sachverhalt der vorliegenden Rechtssache nicht mit dem der Rechtssache Funke Medien NRW vergleichbar ist, in der ich eine &#228;hnliche &#220;berlegung vorgeschlagen habe(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>), und zwar aus den in den Nrn.&#160;69 und 70 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge dargelegten Gr&#252;nden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem sind bei der Abw&#228;gung der Grundrechte der Parteien des Ausgangsrechtsstreits nicht nur das Eigentumsrecht des Revisionsbeklagten, sondern auch seine anderen m&#246;glicherweise in Betracht kommenden Grundrechte zu ber&#252;cksichtigen. Das Ereignis, das dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegt, ist die Konfrontation des Revisionsbeklagten mit den &#220;berzeugungen, die er in der Vergangenheit in dem in Rede stehenden Werk zum Ausdruck gebracht hatte. Mit seiner Klage wollte der Revisionsbeklagte sein an der &#246;ffentlichen Wiedergabe dieses Werks bestehendes Monopol verteidigen, um dieser Wiedergabe den Hinweis beif&#252;gen zu k&#246;nnen, dass er sich von den in diesem Werk zum Ausdruck gebrachten &#220;berzeugungen distanziere. Die in Art.&#160;10 der Charta verankerte Gedankenfreiheit umfasst nach dessen Wortlaut ausdr&#252;cklich &#8222;die Freiheit, seine &#8230; Weltanschauung zu wechseln&#8220;(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>). Ich sehe keinen Grund, Politikern dieses Recht nicht zuzugestehen. Wie k&#246;nnte der Revisionsbeklagte von der Freiheit, seine &#220;berzeugungen zu &#228;ndern, wirksam Gebrauch machen, wenn der Artikel, der seine fr&#252;heren &#220;berzeugungen enth&#228;lt, unter seinem Namen und ohne den Hinweis auf seine Distanzierung frei ver&#246;ffentlicht werden d&#252;rfte, so dass der &#214;ffentlichkeit gegen&#252;ber der Eindruck erweckt wird, es handele sich um seine aktuellen &#220;berzeugungen?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Revisionsbeklagte ist daher sehr wohl berechtigt, seine sich aus der Charta ergebenden Rechte(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>) mit den juristischen Instrumenten zu sch&#252;tzen, die ihm zur Verf&#252;gung stehen, hier dem Urheberrecht. Sofern er dies innerhalb des gesetzlichen Rahmens tut, liegt kein Missbrauch vor und die sich daraus f&#252;r die Revisionskl&#228;gerin ergebende Einschr&#228;nkung ihrer Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung kann nicht als ungerechtfertigt angesehen werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich schlage daher vor, auf die zweite und die dritte Vorlagefrage zu antworten, dass die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und der Medien die ausschlie&#223;lichen Rechte des Urhebers, die Vervielf&#228;ltigung und die &#246;ffentliche Wiedergabe seines Werks au&#223;erhalb der in Art.&#160;5 Abs.&#160;2 und 3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Beschr&#228;nkungen und Ausnahmen zu erlauben oder zu verbieten, weder einschr&#228;nkt noch eine Ausnahme von diesen Rechten oder deren Verletzung rechtfertigt. Dies gilt auch, wenn der Urheber des in Rede stehenden Werks ein &#246;ffentliches Amt aus&#252;bt und wenn dieses Werk seine &#220;berzeugungen in Bezug auf Fragen von allgemeinem Interesse offenbart, sofern dieses Werk der &#214;ffentlichkeit bereits zug&#228;nglich ist.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Bundesgerichtshof (Deutschland) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, in ihrem innerstaatlichen Recht den Schutz der in den Art.&#160;2 bis 4 der Richtlinie 2001/29/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 22.&#160;Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft aufgef&#252;hrten ausschlie&#223;lichen Rechte sicherzustellen, wobei eine Einschr&#228;nkung dieser Rechte nur im Rahmen der Anwendung der Ausnahmen und Beschr&#228;nkungen zul&#228;ssig ist, die in Art.&#160;5 dieser Richtlinie abschlie&#223;end aufgef&#252;hrt sind. Den Mitgliedstaaten bleibt jedoch die Wahl der Mittel &#252;berlassen, die zu ergreifen sie f&#252;r zweckm&#228;&#223;ig erachten, um dieser Verpflichtung nachzukommen.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass die Benutzung eines literarischen Werks im Rahmen eines Berichts &#252;ber Tagesereignisse nicht unter die in diesem Artikel vorgesehene Ausnahme f&#228;llt, wenn der mit dieser Benutzung verfolgte Zweck die Lekt&#252;re der Gesamtheit oder eines Teils dieses Werks erfordert.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;d der Richtlinie 2001/29 ist dahin auszulegen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Ausnahme f&#252;r Zitate nicht die F&#228;lle umfasst, in denen ein ganzes Werk ohne die Zustimmung seines Urhebers auf einer Internetseite in Gestalt einer Datei, die selbst&#228;ndig abgerufen und heruntergeladen werden kann, &#246;ffentlich zug&#228;nglich gemacht wird, so dass der Leser nicht auf das Originalwerk zur&#252;ckzugreifen braucht.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die in Art.&#160;11 der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union verankerte Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung und der Medien schr&#228;nkt die ausschlie&#223;lichen Rechte des Urhebers, die Vervielf&#228;ltigung und die &#246;ffentliche Wiedergabe seines Werks au&#223;erhalb der in Art.&#160;5 Abs.&#160;2 und 3 der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Beschr&#228;nkungen und Ausnahmen zu erlauben oder zu verbieten, weder ein, noch rechtfertigt sie eine Ausnahme von diesen Rechten oder deren Verletzung. Dies gilt auch, wenn der Urheber des in Rede stehenden Werks ein &#246;ffentliches Amt aus&#252;bt und wenn dieses Werk seine &#220;berzeugungen in Bezug auf Fragen von allgemeinem Interesse offenbart, sofern dieses Werk der &#214;ffentlichkeit bereits zug&#228;nglich ist.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Franz&#246;sisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch das ist ein Beitrag der Erkl&#228;rung von 1789 (Art.&#160;6).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urheberrechtsvertrag der Weltorganisation f&#252;r geistiges Eigentum (WIPO), angenommen in Genf am 20.&#160;Dezember 1996 und in Kraft getreten am 6.&#160;M&#228;rz 2002 (im Folgenden: WIPO-Urheberrechtsvertrag), dem die Union aufgrund des Beschlusses 2000/278/EG des Rates vom 16.&#160;M&#228;rz 2000 &#252;ber die Zustimmung&#160;&#8211; im Namen der Europ&#228;ischen Gemeinschaft&#160;&#8211; zum WIPO-Urheberrechtsvertrag und zum WIPO-Vertrag &#252;ber Darbietungen und Tontr&#228;ger (ABl.&#160;2000, L&#160;89, S.&#160;6) beigetreten ist.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem WIPO-Urheberrechtsvertrag beigef&#252;gte Erkl&#228;rung der diplomatischen Konferenz, die diesen Vertrag angenommen hat.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ABl.&#160;2001, L&#160;167, S.&#160;10.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;476/17, derzeit beim Gerichtshof anh&#228;ngig.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Pelham (C&#8209;476/17, [ECLI noch einzuf&#252;gen], Nrn.&#160;71 bis 79).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Genauer gesagt die Vorschrift, die ihr vorausgegangen ist, n&#228;mlich Art.&#160;151 EG.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;469/17, derzeit beim Gerichtshof anh&#228;ngig.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe im Einzelnen Nrn.&#160;69 und 70 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus der Begr&#252;ndung des von der Kommission am 21.&#160;Januar 1998 vorgelegten Vorschlags f&#252;r die Richtlinie 2001/29 (KOM[97] 628 endg.) geht implizit hervor, dass dies der Wille des Richtliniengebers war. In dieser Begr&#252;ndung wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Berner &#220;bereinkunft den Urhebern das Vervielf&#228;ltigungsrecht garantiert, dass dieses Recht gem&#228;&#223; der Gemeinsamen Erkl&#228;rung zu Art.&#160;1 Abs.&#160;4 des WIPO-Urheberrechtsvertrags in vollem Umfang im digitalen Bereich Anwendung findet und dass die Ausnahmen und Beschr&#228;nkungen dieses Vervielf&#228;ltigungsrechts mit dem durch diese &#220;bereinkunft geschaffenen Schutzstandard in Einklang stehen m&#252;ssen (vgl. die Begr&#252;ndung des Vorschlags der Kommission, S.&#160;14 und 15). Vgl. auch Satz&#160;1 des 44.&#160;Erw&#228;gungsgrundes der Richtlinie 2001/29.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der erste Teil von Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 &#252;bernimmt den Inhalt von Art.&#160;10a Abs.&#160;1 der Berner &#220;bereinkunft, der die Vervielf&#228;ltigung von Artikeln &#252;ber Tagesfragen und Rundfunksendungen gleicher Art betrifft. Um diese Ausnahme geht es in der vorliegenden Rechtssache nicht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. zuletzt Urteil vom 13.&#160;November 2018, Levola Hengelo (C&#8209;310/17, EU:C:2018:899, Rn.&#160;38). </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Klarstellung, dass es sich um Werke handeln muss, die im Verlauf des Ereignisses sichtbar oder h&#246;rbar werden, findet sich auch in &#167;&#160;50 UrhG, der die Ausnahme der Berichterstattung &#252;ber Tagesereignisse in das deutsche Recht einf&#252;hrt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;D.&#160;h. der verfolgte Informationszweck, um den Wortlaut von Art.&#160;5 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2001/29 und von Art.&#160;10a Abs.&#160;2 der Berner &#220;bereinkunft zu &#252;bernehmen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schon 1812 bemerkte Charles Nodier in seinen <i>Questions de litt&#233;rature l&#233;gale</i>: &#8222;Von allen Anleihen, die man bei einem Autor machen kann, ist das Zitat gewiss die verzeihlichste &#8230;&#8220; (zitiert nach: Pollaud-Dulian, F., <i>Le Droit d&#8217;auteur</i>, Economica, Paris, 2014, S.&#160;852).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;10 der Berner &#220;bereinkunft in der in Br&#252;ssel im Jahr 1948 ge&#228;nderten Fassung lautete: &#8222;In allen Verbandsl&#228;ndern sind kurze Zitate aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, auch in Form von Presse&#252;bersichten, erlaubt.&#8220;</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat dies offenbar in Bezug auf fotografische Werke stillschweigend anerkannt (vgl. Urteil vom 1.&#160;Dezember 2011, Painer, C&#8209;145/10, EU:C:2011:798, Rn.&#160;122 und 123).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich spreche hier wohlgemerkt von Links zu Inhalten, die von demjenigen, der sich auf die Ausnahme f&#252;r Zitate beruft, selbst bereitgestellt werden. Links zu Internetseiten Dritter, auf denen urheberrechtlich gesch&#252;tzte Inhalte rechtm&#228;&#223;ig zug&#228;nglich gemacht werden, stellen weder Vervielf&#228;ltigungshandlungen noch Handlungen der &#246;ffentlichen Wiedergabe dar und bed&#252;rfen daher keiner Ausnahme von den ausschlie&#223;lichen Rechten (vgl. Urteil vom 13.&#160;Februar 2014, Svensson u.&#160;a., C&#8209;466/12, EU:C:2014:76, Tenor).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. als Beispiele u.&#160;a.: Barta, J., Markiewicz, R., <i>Prawo autorskie</i>, Wolters Kluwer, Warschau, 2016, S.&#160;236 und 237, Pollaud-Dulian, F., <i>Le Droit d&#8217;auteur</i>, Economica, Paris, 2014, S.&#160;855, sowie Stanis&#322;awska-Kloc, S., &#8222;Zasady wykorzystywania cudzych utwor&#243;w: prawo autorskie i dobre obyczaje (etyka cytatu)&#8220;, <i>Diametros</i>, Nr.&#160;19/2009, S.&#160;160 bis 184, insbesondere S.&#160;168.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 1.&#160;Dezember 2011, Painer (C&#8209;145/10, EU:C:2011:798, Rn.&#160;122 und 123). Vgl. auch Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin Trstenjak in jener Rechtssache (C&#8209;145/10, EU:C:2011:239, Nr.&#160;212).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 1.&#160;Dezember 2011, Painer (C&#8209;145/10, EU:C:2011:798, Rn.&#160;135).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Fn.&#160;17 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. u.&#160;a. Barta, J., Markiewicz, R., <i>Prawo autorskie</i>, Wolters Kluwer, Warschau, 2016, S.&#160;239, Pollaud-Dulian, F., <i>Le Droit d&#8217;auteur</i>, Economica, Paris, 2014, S.&#160;851, Preussner-Zamorska, J., Marcinkowska, J., in: Barta, J.&#160;(Hrsg.), <i>Prawo autorskie</i>, C.&#160;H.&#160;Beck, Warschau, 2013, S.&#160;565, sowie Vivant, M., Brugui&#232;re, J.&#8209;M., <i>Droit d&#8217;auteur et droits voisins</i>, Dalloz, Paris, 2016, S.&#160;572.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieser Begriff ist als autonomer Begriff des Unionsrechts auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3.&#160;September 2014, Deckmyn und Vrijheidsfonds, C&#8209;201/13, EU:C:2014:2132, Rn.&#160;14 bis 17).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Und in Art.&#160;10 des WIPO-Urheberrechtsvertrags &#252;bernommen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nutzung zu Zwecken der &#246;ffentlichen Sicherheit oder zur Sicherstellung des ordnungsgem&#228;&#223;en Ablaufs von Verwaltungsverfahren, parlamentarischen Verfahren oder Gerichtsverfahren. Vgl. Urteil vom 1.&#160;Dezember 2011, Painer (C&#8209;145/10, EU:C:2011:798, Rn.&#160;143 und 144).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;469/17, derzeit beim Gerichtshof anh&#228;ngig.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;476/17, derzeit beim Gerichtshof anh&#228;ngig. Diese Rechtssache betrifft zwar die in Art.&#160;13 der Charta verankerte Freiheit der Kunst. Diese Freiheit ist jedoch lediglich ein Ausfluss der Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Pelham u.&#160;a. ([ECLI noch einzuf&#252;gen], Nrn.&#160;90 bis 99).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung des Europ&#228;ischen Gerichtshofs f&#252;r Menschenrechte f&#228;llt z.&#160;B. das Filesharing im Rahmen eines Peer-to-peer&#8209;Netzwerks unter die Freiheit der Meinungs&#228;u&#223;erung (vgl. EGMR, 19.&#160;Februar 2013, Neij und Sunde Kolmisoppi/Schweden, CE:ECHR:2013:0219DEC004039712).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Ausdruck stammt von A.&#160;Lucas in: Lucas, A., Ginsburg, J.&#160;C., &#8222;Droit d&#8217;auteur, libert&#233; d&#8217;expression et libre acc&#232;s &#224; l&#8217;information (&#233;tude compar&#233;e de droit am&#233;ricain et europ&#233;en)&#8220;, <i>Revue internationale du droit d&#8217;auteur</i>, Bd.&#160;249 (2016), S.&#160;4 bis 153, auf S.&#160;25.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. EGMR, 10.&#160;Januar 2013, Ashby Donald u.&#160;a./Frankreich (CE:ECHR:2013:0110JUD003676908, &#167;&#160;36).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;469/17, derzeit beim Gerichtshof anh&#228;ngig.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;469/17, derzeit beim Gerichtshof anh&#228;ngig.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei denen nicht gekl&#228;rt ist, ob sie unter den Schutz des Urheberrechts fielen (vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Funke Medien NRW, C&#8209;469/17, EU:C:2018:870, Nr.&#160;20).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Beispiel f&#252;r eine Situation, in der die Erfordernisse der &#246;ffentlichen Debatte Vorrang vor dem Urheberrecht haben m&#252;ssen, wird h&#228;ufig die Entscheidung des Gerechtshof Den Haag (Berufungsgericht Den Haag, Niederlande) vom 4.&#160;September 2003 in der Rechtssache angef&#252;hrt, die eine Ver&#246;ffentlichung von Dokumenten der Scientology-Kirche betraf (vgl. die Anmerkung zu diesem Urteil von Vivant, M.,&#160;<i>Propri&#233;t&#233;s intellectuelles</i>, Nr.&#160;12, S.&#160;834).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. 19.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2001/29.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Funke Medien NRW (C&#8209;469/17, EU:C:2018:870, Nrn.&#160;58 bis 61).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dasselbe Recht findet sich in Art.&#160;9 Abs.&#160;1 EMRK, dessen Wortlaut im Wesentlichen mit dem von Art.&#160;10 Abs.&#160;1 der Charta identisch ist.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich lasse hier die Debatte &#252;ber die Frage beiseite, ob die &#246;ffentliche Bekanntmachung der &#196;nderung der &#220;berzeugungen noch in den Anwendungsbereich von Art.&#160;10 der Charta oder aber in den ihres Art.&#160;11 f&#228;llt.</p>
175,055
eugh-2019-01-10-c-60817
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-608/17
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:05
2019-01-31T19:21:05
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2019:9
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DER GENERALANW&#196;LTIN</p> <p class="C36Centre">JULIANE KOKOTT</p> <p class="C36Centre">vom 10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>608/17</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Skatteverket</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Holmen AB</b> </p> <p class="C39Centreespacement">(Vorabentscheidungsersuchen des H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol [Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden])</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorabentscheidungsersuchen &#8211; Nationale Steuergesetzgebung &#8211; Niederlassungsfreiheit &#8211; Abzug von Verlusten einer ausl&#228;ndischen Tochtergesellschaft im Sitzstaat der Muttergesellschaft &#8211; Rechtfertigung der Nichtabzugsf&#228;higkeit von sogenannten finalen Verlusten &#8211; Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit eines fehlenden grenz&#252;berschreitenden Verlustausgleichs &#8211; Begriff der sogenannten finalen Verluste &#8211; Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung der Muttergesellschaft f&#252;r die Annahme eines finalen Verlustes &#8211; Ber&#252;cksichtigung von Verlusten aufgrund einer Verlustausgleichsbeschr&#228;nkung im Sitzstaat der Enkelgesellschaft &#8211; Ber&#252;cksichtigung von Verlusten aufgrund eines fehlenden Konzernausgleichs im Jahr der Liquidation im Sitzstaat der Enkelgesellschaft &#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C21Titrenumerote1">I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einleitung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem und einem weiteren(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>) Verfahren ist der Gerichtshof mit der Umsetzung und Auslegung seiner Rechtsprechung durch die Mitgliedstaaten &#8211; hier durch das K&#246;nigreich Schweden &#8211; befasst. Es geht um die Frage, ob eine schwedische Muttergesellschaft aufgrund des Art.&#160;49 in Verbindung mit Art.&#160;54 AEUV berechtigt ist, Verluste einer indirekt gehaltenen zu 100&#160;% spanischen Tochtergesellschaft (d.h. Enkelgesellschaft) von ihren in Schweden erwirtschafteten Gewinnen abzuziehen, wenn die Enkelgesellschaft abgewickelt worden ist und nicht alle ihrer Verluste in Spanien nutzen (d.&#160;h. mit eigenen bzw. anderen Gewinnen des spanischen Konzerns verrechnen) konnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Gro&#223;e Kammer des Gerichtshofs(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>) hat 2005 entschieden, dass eine grenz&#252;berschreitende Verlustnutzung im Konzern durch die Grundfreiheiten grunds&#228;tzlich nicht geboten ist. Damit w&#252;rden die im Ausland entstandenen Verluste untergehen, k&#246;nnten mithin von anderen Mitgliedern des Konzerns im Inland nicht genutzt werden. Lediglich f&#252;r den Fall der sogenannten <i>finalen Verluste</i> sei aufgrund des Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitsgrundsatzes eine grenz&#252;berschreitende Verlustnutzung vorzusehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Um diese vom Gerichtshof kreierte Fallgruppe der &#8222;finalen Verluste&#8220; ranken sich zahlreiche Probleme, die schon zu mehreren Entscheidungen des Gerichtshofs(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>) (darunter zwei weitere der Gro&#223;en Kammer) gef&#252;hrt haben. Alle diese Entscheidungen konnten aber bislang nicht endg&#252;ltig kl&#228;ren, was die Voraussetzungen f&#252;r finale Verluste sind.(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insofern erh&#228;lt der Gerichtshof &#8211; will er an der Ausnahme der finalen Verluste weiterhin festhalten(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>) &#8211; erneut Gelegenheit, dieser Fallgruppe Konturen zu verleihen. </p> <p class="C21Titrenumerote1">II.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Den unionsrechtlichen Rahmen des Falles bildet die Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften nach Art.&#160;49 in Verbindung mit Art 54 AEUV.</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Schwedisches Recht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im schwedischen Recht gibt es den sogenannten Konzern<i>beitrag</i> zum Zweck des Ergebnisausgleichs innerhalb eines Konzerns. Dieser wird bei der Gesellschaft, die ihn zahlt, abgezogen und bei der Gesellschaft, die ihn empf&#228;ngt, steuerlich geltend gemacht. Durch Zahlung eines Konzernbeitrags an eine (auch indirekt gehaltene) Tochtergesellschaft, die Verluste erwirtschaftet, kann eine Muttergesellschaft diese Verluste wirtschaftlich auf sich &#8222;&#252;bertragen&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Vorschriften &#252;ber den Konzernbeitrag(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>) gelten jedoch nicht, wenn die Tochtergesellschaft in Schweden nicht steuerpflichtig ist. Insoweit erlauben nur die aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben eingef&#252;hrten Regelungen zum Konzern<i>abzug</i> eine grenz&#252;berschreitende Verlustber&#252;cksichtigung. Danach kann eine schwedische Muttergesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen f&#252;r endg&#252;ltige Verluste einer hundertprozentigen ausl&#228;ndischen Tochtergesellschaft einen Konzernabzug geltend machen.(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>) Nach dieser Bestimmung muss die Tochtergesellschaft ihren Sitz in einem Staat innerhalb des EWR haben und muss u.&#160;a. einer schwedischen Aktiengesellschaft entsprechen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ein Verlust ist endg&#252;ltig, wenn es der Tochtergesellschaft oder einer anderen Person in dem Staat, in dem die Tochtergesellschaft ans&#228;ssig ist, nicht m&#246;glich war und nicht m&#246;glich sein wird, ihn zu nutzen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Grund, warum der Verlust durch die Tochtergesellschaft nicht genutzt werden kann, nicht darin besteht, dass es an einer rechtlichen M&#246;glichkeit daf&#252;r fehlt oder dass diese M&#246;glichkeit zeitlich begrenzt ist. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach &#167;&#160;5 ist die Anwendung des Konzernabzugs u.&#160;a. davon abh&#228;ngig, dass die Tochtergesellschaft abgewickelt wurde und die Abwicklung abgeschlossen ist (Nr.&#160;1). Voraussetzung ist nach dem Vorabentscheidungsersuchen au&#223;erdem, dass die Tochtergesellschaft w&#228;hrend der gesamten Steuerjahre von Mutter- und Tochtergesellschaft bis zum Abschluss der Abwicklung zu 100&#160;% im Besitz der Muttergesellschaft oder dass sie seit Beginn ihrer T&#228;tigkeit bis zum Abschluss der Abwicklung in deren 100%igem Besitz gewesen war (Nr.&#160;2). Zudem darf es keine mit der Muttergesellschaft verbundenen Gesellschaften geben, die nach Abschluss der Abwicklung die Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit im Sitzstaat der Tochtergesellschaft fortf&#252;hren (Nr.&#160;5).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei der Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs gab es laut Angaben des vorlegenden Gerichts Vorbehalte dagegen, dass die Vorschriften lediglich auf den Verlust direkt gehaltener hundertprozentiger Tochtergesellschaften anwendbar sein sollen. Man war jedoch der Ansicht, dass, wenn die Verluste indirekt gehaltener Tochtergesellschaften ebenfalls erfasst werden w&#252;rden, die Gesellschaften w&#228;hlen k&#246;nnten, in welchem Staat sie die Verluste nutzen.</p> <p class="C21Titrenumerote1">III.&#160;<b>Ausgangsrechtsstreit</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtssache betrifft einen Vorbescheid des Skatter&#228;ttsn&#228;mnd (Steuerrechtsausschuss, Schweden). Der Vorbescheid geht von folgendem Sachverhalt aus:</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Holmen AB&#160;(im Folgenden: Holmen) ist die Muttergesellschaft in einem Konzern mit Tochtergesellschaften in verschiedenen L&#228;ndern, darunter Spanien. Der spanische Teil des Konzerns ist &#8211; soweit hier relevant &#8211; wie folgt gegliedert: Holmen besitzt s&#228;mtliche Anteile der Tochtergesellschaft Holmen Suecia Holding S.L.&#160;(im Folgenden: HSH). Diese besitzt alle Anteile an den beiden Enkelgesellschaften Holmen Paper Madrid S.L.&#160;(im Folgenden: HPM) und Holmen Paper Iberica S.L.&#160;(im Folgenden: HPI).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die spanischen Gesellschaften bilden seit 2003 eine Steuergruppe und werden nach dem spanischen Steuerkonsolidierungssystem besteuert. Danach k&#246;nnen Gewinne und Verluste der Gruppeneinheiten ohne Begrenzung miteinander verrechnet werden. Dies geschieht dadurch, dass die Gruppe eine gemeinsame konsolidierte K&#246;rperschaftsteuererkl&#228;rung erstellt. Nicht genutzte Verluste k&#246;nnen ohne zeitliche Begrenzung vorgetragen und in den kommenden Jahren von etwaigen Gewinnen abgezogen werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Seit 2011 kann jedoch in Spanien nur noch ein Teil der in einem bestimmten Jahr erzielten Gewinne mit Verlusten aus fr&#252;heren Jahren verrechnet werden. Die Verluste, die aufgrund dieser &#196;nderung nicht abgezogen werden k&#246;nnen, werden wie andere nicht genutzte Verluste auf das folgende Jahr &#252;bertragen. Wird die Steuergruppe aufgrund der Aufl&#246;sung einer Gruppeneinheit aufgel&#246;st, werden etwa verbleibende Verluste den Gesellschaften zugeteilt, in denen sie entstanden sind. Diese k&#246;nnen im Jahr der Abwicklung nur in der Einheit genutzt werden, in der sie entstanden sind.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der spanische Teil des Holmen-Konzerns erwirtschaftete Verluste. Der gr&#246;&#223;te Teil der Verluste entstand bei der Enkelgesellschaft HPM. Seit 2003 hat diese Gesellschaft Betriebsverluste, die dem operativen Gesch&#228;ft in Spanien zuzurechnen sind, in H&#246;he von rund 140 Mio. Euro angesammelt. Die Gewinne, die im spanischen Teil des Konzerns w&#228;hrend des Antragszeitraums (ab 2003) entstanden, sind nicht erheblich. Holmen beabsichtigt nun, ihre spanischen T&#228;tigkeiten abzuwickeln. Die Abwicklung hat im Jahr 2016 begonnen, indem der Gro&#223;teil der Verm&#246;genswerte der HPM an einen externen K&#228;ufer verkauft wurde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In dem beantragten Vorbescheid geht es nun um die Frage, ob Holmen nach Abschluss der Abwicklung hinsichtlich der Verluste bei HPM (d.&#160;h. der Enkelgesellschaft von Holmen) zum Konzernabzug berechtigt ist. F&#252;r die Abwicklung werden in dem beantragten Vorbescheid zwei Alternativen untersucht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der ersten Alternative werden die Enkelgesellschaft HPI, die Enkelgesellschaft HPM und die Tochtergesellschaft HSH im gleichen Steuerjahr und in der genannten Reihenfolge abgewickelt. Die zweite Alternative besteht darin, dass die Tochtergesellschaft HSH in einer umgekehrten Verschmelzung in die bisherige Enkelgesellschaft HPM eingegliedert und die HPM danach (dann als Tochtergesellschaft) abgewickelt wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Konzern wird nach beiden Alternativen w&#228;hrend der Abwicklung keine Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit mehr aus&#252;ben und nach Durchf&#252;hrung der Ma&#223;nahmen keine Gesellschaft mehr in Spanien behalten. Er plant auch, dort in Zukunft nicht mehr t&#228;tig zu sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Skatter&#228;ttsn&#228;mnd (Steuerrechtsauschuss) entschied, dass Holmen im Fall der Abwicklung nach der ersten Alternative nicht zum Konzernabzug der Verluste der Enkelgesellschaft HPM berechtigt sei. Im Fall der Abwicklung nach der zweiten Alternative sei Holmen hingegen in Bezug auf die endg&#252;ltigen Verluste bei HPM &#8211; dann als Tochtergesellschaft &#8211; zum Konzernabzug berechtigt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Skatter&#228;ttsn&#228;mnd (Steuerrechtsausschuss) begr&#252;ndete den Vorbescheid in Bezug auf die erste Alternative im Wesentlichen damit, dass HSH (als die Tochtergesellschaft) in Spanien keine <i>rechtliche</i> M&#246;glichkeit hat, die Verluste der Enkelgesellschaft (HPM) zu nutzen. Damit k&#246;nnten die Verluste nicht als endg&#252;ltig im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs angesehen werden. Die Versagung des Konzernabzugs f&#252;r Verluste gegen&#252;ber der schwedischen Muttergesellschaft Holmen k&#246;nne daher nicht als unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig angesehen werden und stehe daher auch nicht in Widerspruch zum Unionsrecht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bez&#252;glich der zweiten Alternative begr&#252;ndet der Skatter&#228;ttsn&#228;mnd (Steuerrechtsaussuss) sein Ergebnis im Wesentlichen damit, dass HPM (dann als direkt gehaltene Tochtergesellschaft) im Rahmen der Veranlagung in Spanien die rechtliche M&#246;glichkeit habe, zumindest einen Teil der in Rede stehenden Verluste selbst zu nutzen. Dass es nach der Aufl&#246;sung der Steuergruppe f&#252;r spanische Einheiten, mit Ausnahme der HPM, keine M&#246;glichkeit mehr gebe, die Verluste zu nutzen, f&#252;hre dazu, dass die Verluste endg&#252;ltig seien. Zumindest einige der in Rede stehenden Verluste k&#246;nnten somit als final im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs angesehen werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gegen den Vorbescheid haben sowohl das Skatteverk (Steuerbeh&#246;rde) als auch die Antragstellerin Holmen beim H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) Klage erhoben.</p> <p class="C21Titrenumerote1">IV.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der mit dem Rechtsstreit befasste H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomstol (Oberster Verwaltungsgerichtshof) hat dem Gerichtshof folgende Fragen vorgelegt:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Setzt die Berechtigung einer Muttergesellschaft in einem Mitgliedstaat &#8211; wie sie sich u.&#160;a. aus der Rechtssache Marks &amp; Spencer ergibt &#8211;, aufgrund von Art.&#160;49 AEUV endg&#252;ltige Verluste einer Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat in Abzug zu bringen, voraus, dass die Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft direkt gehalten wird?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist ein Verlust auch insoweit als ein endg&#252;ltiger Verlust anzusehen, als er aufgrund der Rechtsvorschriften im Sitzstaat der Tochtergesellschaft nicht mit den in einem bestimmten Jahr dort erzielten Gewinnen verrechnet werden konnte, sondern stattdessen vorgetragen wurde, um m&#246;glicherweise in einem kommenden Jahr abgezogen werden zu k&#246;nnen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist bei der Beurteilung, ob ein Verlust endg&#252;ltig ist, die Tatsache zu ber&#252;cksichtigen, dass die Abzugsm&#246;glichkeit anderer Beteiligter als desjenigen, bei dem der Verlust entstanden ist, aufgrund der Rechtsvorschriften im Sitzstaat der Tochtergesellschaft beschr&#228;nkt ist?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn eine Beschr&#228;nkung wie die in Frage 3 genannte zu ber&#252;cksichtigen ist: Muss ber&#252;cksichtigt werden, inwieweit die Beschr&#228;nkung faktisch dazu gef&#252;hrt hat, dass ein Teil der Verluste nicht mit den Gewinnen eines anderen Beteiligten verrechnet werden konnte?</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu diesen Fragen haben im Verfahren vor dem Gerichtshof Holmen, das K&#246;nigreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland, das K&#246;nigreich der Niederlande, die Republik Finnland und die Europ&#228;ische Kommission schriftlich Stellung genommen. An der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 24.&#160;Oktober 2018 haben sich die Steuerbeh&#246;rde, Holmen, das K&#246;nigreich Schweden, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Finnland und die Europ&#228;ische Kommission beteiligt.</p> <p class="C21Titrenumerote1">V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtliche W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Niederlassungsfreiheit und finale Verluste einer Enkelgesellschaft</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Vorlagefrage &#8211; die sich auf die Auslegung des Urteils Marks &amp; Spencer bezieht &#8211; m&#246;chte das vorlegende Gericht im Ergebnis wissen, ob die Niederlassungsfreiheit (Art.&#160;49 in Verbindung mit Art 54 AEUV) Schweden verpflichtet, die Verluste einer in Spanien ans&#228;ssigen und dort zu liquidierenden Enkelgesellschaft zu ber&#252;cksichtigen. Diese Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass einerseits die Verluste aufgrund des spanischen Steuerrechts nur begrenzt verrechnet werden konnten und aufgrund der Liquidation nun bei der spanischen Enkelgesellschaft untergehen w&#252;rden. Andererseits konnte Schweden eventuelle Gewinne der Enkelgesellschaft nie besteuern.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit geht es um die Frage, ob im vorliegenden Fall finale Verluste der Enkelgesellschaft von Holmen angenommen werden k&#246;nnen. Auch die Fragen 2 bis 4 beziehen sich auf die Finalit&#228;t dieser Verluste, so dass alle Fragen weitgehend zusammen beantwortet werden k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu pr&#252;fen ist zun&#228;chst, ob die Nichtber&#252;cksichtigung der Verluste im Ausland ans&#228;ssiger Enkelgesellschaften eine Beschr&#228;nkung der Niederlassungsfreiheit darstellt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der Niederlassungsfreiheit, die Art.&#160;49 AEUV den Unionsb&#252;rgern gew&#228;hrt, ist gem&#228;&#223; Art.&#160;54 AEUV f&#252;r die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegr&#252;ndeten Gesellschaften, die ihren satzungsm&#228;&#223;igen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Union haben, das Recht verbunden, ihre T&#228;tigkeit in anderen Mitgliedstaaten durch eine Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Agentur auszu&#252;ben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beschr&#228;nkungen der Niederlassungsfreiheit sind nach st&#228;ndiger Rechtsprechung alle Ma&#223;nahmen, die die Aus&#252;bung dieser Freiheit unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen.(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine steuerrechtliche Regelung eines Mitgliedstaats verst&#246;&#223;t gegen die Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften, wenn sich daraus eine ungleiche Behandlung zum Nachteil der Gesellschaften, die von dieser Freiheit Gebrauch machen, ergibt, wenn die ungleiche Behandlung Situationen betrifft, die objektiv miteinander vergleichbar sind, und wenn sie nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt oder im Hinblick auf das entsprechende Ziel nicht verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist.(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>)</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vergleichbarkeit und Ungleichbehandlung gebietsfremder und gebietsans&#228;ssiger Enkelgesellschaften</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das schwedische Recht erlaubt einen vollst&#228;ndigen Verlustausgleich zwischen konzernzugeh&#246;rigen Gesellschaften, die in Schweden besteuert werden, im Wege des Konzernbeitrags. Bei konzernzugeh&#246;rigen Gesellschaften mit Sitz im Ausland, deren Eink&#252;nfte nicht in Schweden besteuert werden, ist der Verlustausgleich davon abh&#228;ngig, dass die Tochtergesellschaft unmittelbar von einer schwedischen Muttergesellschaft gehalten wird. Dies schlie&#223;t im Ausland ans&#228;ssige (und in Schweden nicht besteuerte) Enkelgesellschaften von einem Verlustausgleich aus. Damit liegt eine Ungleichbehandlung vor.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Ungleichbehandlung ist geeignet, die Aus&#252;bung der Niederlassungsfreiheit durch die Gr&#252;ndung von Enkelgesellschaften in anderen Mitgliedstaaten weniger attraktiv zu machen. Sie ist jedoch nur dann mit den Bestimmungen des Vertrags unvereinbar, wenn sie objektiv miteinander vergleichbare Situationen betrifft.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Vergleichbarkeit eines grenz&#252;berschreitenden Sachverhalts mit einem innerstaatlichen Sachverhalt unter Ber&#252;cksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels zu pr&#252;fen.(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>) Der Ausschluss von ausl&#228;ndischen Enkelgesellschaften basiert nach Angaben des vorlegenden Gerichts auf der &#220;berlegung, dass andernfalls ein Wahlrecht der Konzernleitung entst&#252;nde, wo die Verluste der Enkelgesellschaft geltend gemacht werden. In Betracht kommt hier z.&#160;B. der Mitgliedstaat der Tochtergesellschaft oder derjenige der Muttergesellschaft.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Deutschland ist der Ansicht, dass es insoweit an einer Vergleichbarkeit fehle. Dies wird mit einem Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Timac Agro Deutschland(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>) und meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>) begr&#252;ndet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bislang hat der Gerichtshof f&#252;r die Frage der Vergleichbarkeit von in- und ausl&#228;ndischen Betriebsst&#228;tten darauf abgestellt, ob der betreffende Mitgliedstaat auch die Steuerhoheit &#252;ber die ausl&#228;ndische Betriebsst&#228;tte aus&#252;bt. So entschied er ausdr&#252;cklich(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>): &#8222;Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Situation einer in &#214;sterreich belegenen Betriebsst&#228;tte, &#252;ber deren Ergebnisse die Bundesrepublik Deutschland keine Steuerhoheit aus&#252;bt und deren Verluste in Deutschland nicht mehr abzugsf&#228;hig sind, in Bezug auf Ma&#223;nahmen der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung oder Abschw&#228;chung einer Doppelbesteuerung der Gewinne einer gebietsans&#228;ssigen Gesellschaft nicht mit der Situation einer in Deutschland belegenen Betriebsst&#228;tte vergleichbar ist.&#8220; Dieser Gedanke k&#246;nnte ebenfalls f&#252;r im Ausland ans&#228;ssige und nicht im Inland besteuerte Enkelgesellschaften gelten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings existiert eine st&#228;ndige Rechtsprechung des Gerichtshofs zur grenz&#252;berschreitenden Verlustnutzung zwischen Tochter- und Muttergesellschaften, bei denen eine Vergleichbarkeit stillschweigend oder ausdr&#252;cklich bejaht wurde.(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem hat der Gerichtshof unl&#228;ngst in der Rechtssache Bevola in Bezug auf finale Verluste einer gebietsfremden Betriebsst&#228;tte eine Vergleichbarkeit von besteuerten inl&#228;ndischen und nicht besteuerten ausl&#228;ndischen Betriebsst&#228;tten wiederum ausdr&#252;cklich bejaht.(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>) Dies muss dann wohl erst recht f&#252;r besteuerte inl&#228;ndische und nicht besteuerte ausl&#228;ndische beherrschte Enkelgesellschaften gelten. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich ist das Kriterium der Vergleichbarkeit unscharf. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass alle Sachverhalte in irgendeinem Aspekt vergleichbar sind, wenn sie nicht identisch sind,(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>) sollte dieser Pr&#252;fungspunkt ohnehin aufgegeben werden.(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angesichts dessen ist also eine Vergleichbarkeit anzunehmen. Bestehende Unterschiede &#8211; hier die fehlende Symmetrie zwischen der Besteuerung der Gewinne und der Ber&#252;cksichtigung der Verluste(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>) &#8211; bei einer ausl&#228;ndischen im Gegensatz zu einer inl&#228;ndischen Enkelgesellschaft sind erst auf der Ebene der Rechtfertigung zu ber&#252;cksichtigen. Folglich liegt eine Beschr&#228;nkung der Niederlassungsfreiheit vor.</p> <p class="C22Titrenumerote2">C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtfertigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Beschr&#228;nkung der Niederlassungsfreiheit kann durch zwingende Gr&#252;nde des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein. Rechtfertigungsgr&#252;nde k&#246;nnen hier die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten und die Vermeidung einer doppelten Verlustber&#252;cksichtigung (obwohl nur einmal besteuert wurde) sein.(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>) Dar&#252;ber hinaus muss die Ma&#223;nahme geeignet sein, die Erreichung ihres Ziels zu gew&#228;hrleisten, und darf nicht &#252;ber das hinausgehen, was daf&#252;r erforderlich ist.(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den &#8222;finalen&#8220; Verlusten ist es unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, wenn der Mitgliedstaat der Muttergesellschaft eine Verlustber&#252;cksichtigung verweigert, obwohl die ausl&#228;ndische Tochtergesellschaft alle M&#246;glichkeiten zur Ber&#252;cksichtigung der Verlustber&#252;cksichtigung ausgesch&#246;pft hat und keine M&#246;glichkeit mehr besteht, dass diese Verluste irgendwie noch ber&#252;cksichtigt werden k&#246;nnen. Dies muss der Steuerpflichtige nachweisen.(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>) Allein durch eine Liquidation nach einer Fusion k&#246;nne jedoch nicht nachgewiesen werden, dass es keine M&#246;glichkeit g&#228;be, die Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen.(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>)</p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum Rechtfertigungsgrund der Vermeidung einer doppelten Verlustber&#252;cksichtigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine doppelte Verlustber&#252;cksichtigung scheint im vorliegenden Fall ausgeschlossen. Holmen hat ausweislich des Vorbescheids s&#228;mtliche wirtschaftliche T&#228;tigkeiten eingestellt und auch keine verwertbaren Wirtschaftsg&#252;ter mehr. Einzig die aus den vorherigen Wirtschaftsjahren stammenden Verluste sind noch &#252;brig und die Gesellschaft soll liquidiert werden. Da sowohl die Tochter- als auch die Enkelgesellschaft im gleichen Mitgliedstaat ans&#228;ssig sind und eine Verlustber&#252;cksichtigung bei der Tochtergesellschaft nach spanischem Steuerrecht ausscheidet, besteht auch keine Gefahr, dass die Verluste der Enkelgesellschaft doppelt bei der Mutter- und der Tochtergesellschaft geltend gemacht werden k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn aber keine Gefahr der doppelten Verlustnutzung besteht, greift dieser Rechtfertigungsgrund nicht ein.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum Rechtfertigungsgrund der Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten angeht, ist darauf hinzuweisen, dass es sich um ein vom Gerichtshof anerkanntes legitimes Ziel handelt,(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>) aufgrund dessen es erforderlich sein kann, auf die wirtschaftlichen T&#228;tigkeiten der in einem dieser Mitgliedstaaten ans&#228;ssigen Steuerpflichtigen, sowohl was Gewinne als auch was Verluste betrifft, nur dessen Steuerrecht anzuwenden.(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall scheidet aufgrund dieses Rechtfertigungsgrundes die Annahme von zu ber&#252;cksichtigenden finalen Verlusten jedoch aus drei Gr&#252;nden aus: Erstens w&#252;rde eine Ber&#252;cksichtigung der in Spanien &#252;ber die Jahre erwirtschafteten Verluste der Enkelgesellschaft die Steuerautonomie der Mitgliedstaaten verletzen (unter Nrn.&#160;46&#160;ff.). Zweitens liegt die Voraussetzung von rechtlich zwar nutzbaren, jedoch faktisch nicht nutzbaren Verlusten hier nicht vor (unter Nrn.&#160;57&#160;ff.). Drittens sind finale Verluste im Verh&#228;ltnis zur Muttergesellschaft im Rahmen einer mittelbaren Beteiligung (d.&#160;h. bei einer Enkelgesellschaft) grunds&#228;tzlich ausgeschlossen (dazu unter Nrn.&#160;73&#160;ff.).</p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Ber&#252;cksichtigung der Steuerautonomie der Mitgliedstaaten</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, k&#246;nnen die Grundfreiheiten nicht zur Folge haben, den Mitgliedstaat des Sitzes dieser Muttergesellschaft zu verpflichten, eine Verlustber&#252;cksichtigung zu deren Gunsten mit einem Betrag vorzusehen, der seinen Ursprung allein im Steuersystem eines anderen Mitgliedstaats hat, da sonst die Steuerautonomie des erstgenannten Mitgliedstaats durch die Aus&#252;bung der Steuerhoheit des anderen Mitgliedstaats beschr&#228;nkt w&#252;rde.(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insofern kann &#8211; so der Gerichtshof ausdr&#252;cklich(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>) &#8211; &#8222;die Endg&#252;ltigkeit der Verluste einer gebietsfremden Tochtergesellschaft im Sinne der Rn.&#160;55 des Urteils Marks &amp; Spencer[(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>)] nicht von dem Umstand herr&#252;hren, dass der Mitgliedstaat, in dem diese Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, jegliche M&#246;glichkeit des Verlustvortrags ausschlie&#223;t&#8220;.(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>) Denn dann m&#252;sste ein Mitgliedstaat sein Steuerrecht an dasjenige eines anderen anpassen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>) die Endg&#252;ltigkeit der Verluste nicht von dem Umstand herr&#252;hren kann, dass der Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ihren Sitz hat, jegliche M&#246;glichkeit des Verlustvortrags ausschlie&#223;t, dann muss dies auch f&#252;r einen Ausschluss einer Verlust&#252;bertragung auf einen Dritten gelten. Gleiches gilt f&#252;r die Beendigung einer Verlust&#252;bertragung. In beiden F&#228;llen wird eine zuk&#252;nftige Verlustnutzung &#8211; einmal durch den Steuerpflichtigen selbst, einmal durch einen Dritten &#8211; unterbunden. Die Situationen sind daher auch gleich zu behandeln. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie bereits oben unter den Nrn.&#160;41&#160;ff. ausgef&#252;hrt, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs vor der Bejahung von sogenannten finalen Verlusten also zu pr&#252;fen, ob diese nicht zuvor durch eine &#220;bertragung auf Dritte h&#228;tten ber&#252;cksichtigt werden k&#246;nnen. Damit k&#246;nnen nur fremde Erwerber oder andere Konzerngesellschaften gemeint sein. Ist dies jedoch nicht m&#246;glich, weil das spanische Steuerrecht dies &#8211; hier aufgrund der Liquidation, die zu einer Beendigung der spanischen Konzernkonsolidierung f&#252;hrt &#8211; ausschlie&#223;t, dann f&#252;hrt dieser <i>rechtliche</i> Verlustverrechnungsausschluss nicht dazu, dass nunmehr finale Verluste vorliegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ohnehin hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Grundfreiheiten dem nicht entgegenstehen, wenn ein grenz&#252;berschreitend verrechenbarer Verlust immer am Ende des Veranlagungszeitraums als finaler Verlust festzustellen ist.(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>) Damit ist jeder vortragsf&#228;hige Verlust &#8211; jedenfalls zun&#228;chst(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>) &#8211; nicht final.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese angesammelten (vorgetragenen) Verluste, die in einem Jahr als nicht final gelten (weil sie vortragsf&#228;hig sind oder ihre Verlustverrechnung nach nationalem Recht ausgeschlossen war), k&#246;nnen nicht sp&#228;ter zu finalen Verlusten werden, weil aufgrund der Liquidation ein weiterer Verlustvortrag ausscheidet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Andernfalls w&#252;rden die zun&#228;chst erfolgreichen T&#228;tigkeiten in Spanien allein in Spanien besteuert, die anschlie&#223;end verlustbringenden T&#228;tigkeiten hingegen durch das Steueraufkommen der Staaten, in denen die Konzernm&#252;tter ans&#228;ssig sind, finanziert. Dies widerspr&#228;che der Wahrung einer angemessenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Besonders deutlich wird dies durch die hier relevante spanische Regelung, die vorgetragene Verluste seit 2011 nur eingeschr&#228;nkt ber&#252;cksichtigt, selbst wenn ausreichende Gewinne in diesem Jahr vorliegen sollten, die Spanien auch besteuert hat. Dass diese Verluste noch existieren, ergibt sich prim&#228;r aus der rechtlichen Beschr&#228;nkung der Verlustverrechnung durch Spanien im Jahr 2011. Daran muss sich die schwedische Steuerrechtsordnung nicht anpassen (Autonomieprinzip).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ebenfalls &#228;ndert sich die Eigenschaft des nicht finalen Verlustes bei &#220;bertragung auf den Dritten (hier die Konzernmutter in Spanien) nicht sp&#228;ter, nur weil der Mitgliedstaat die &#220;bertragung der Verluste beendet. Vielmehr steht das Autonomieprinzip dem entgegen, dass in einem Veranlagungszeitraum nicht finale Verluste in einen sp&#228;teren Veranlagungszeitraum aufgrund der Besonderheiten des nationalen Rechts in einem anderen Mitgliedstaat wieder zu finalen Verlusten werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#196;hnlich geht der Gerichtshof in dem Urteil Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich davon aus, dass sich an der einmal fehlenden Finalit&#228;t nachtr&#228;glich nichts mehr &#228;ndert.(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>) Jedenfalls deuten die Aussagen dort darauf hin, dass allenfalls der in dem letzten Jahr der Abwicklung erwirtschaftete Verlust der Tochtergesellschaft noch irgendwie (grenz&#252;berschreitend) verrechnet werden k&#246;nnen muss, nicht aber die bis dahin aufgelaufenen und nach nationalem (hier spanischem) Recht vorgetragenen Verluste.(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da sich die Existenz der vorliegenden fraglichen Verluste allein aus dem spanischen Recht ergibt, sind sie keine finalen Verluste der Enkelgesellschaft.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Differenzierung zwischen faktischer und rechtlicher Finalit&#228;t?</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Fast alle Verfahrensbeteiligten trennen vor diesem Hintergrund f&#252;r die Beurteilung der Finalit&#228;t eines Verlustes zwischen rechtlich und faktisch nicht verwertbaren (d.h. finalen) Verlusten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verluste, die deshalb nicht nutzbar sind, weil sie im Mitgliedstaat der Entstehung rechtlich nicht anerkannt oder aufgrund rechtlicher Beschr&#228;nkungen nicht verwertbar (z.B. nicht vor- oder r&#252;cktragbar) sind, sollen keine finalen Verluste im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellen. Lediglich solche Verluste, die rechtlich zwar verwertbar w&#228;ren, faktisch in der Zukunft aber nicht verwertet werden k&#246;nnen, k&#246;nnten als finale Verluste betrachtet werden. Dies &#252;berzeugt aufgrund der Autonomie der Steuerrechtsordnungen (Nr.&#160;46&#160;ff.).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweifelhaft erscheint mir aber, ob es rechtlich verwertbare, aber faktisch nicht verwertbare Verluste &#252;berhaupt geben kann. Ich m&#246;chte dies an einem Beispiel veranschaulichen. Der einzige Fall, bei dem trotz unbeschr&#228;nkter Verlustvortrags- und Verlustr&#252;cktragsm&#246;glichkeit ein Verlust verbliebe, w&#228;re der Fall eines insgesamt defizit&#228;ren Unternehmens, welches nie ausreichend Gewinn erwirtschaftet hat, auch nachdem alle Wirtschaftsg&#252;ter ver&#228;u&#223;ert wurden. In diesem Fall w&#252;rde sich auch der Verlust des letzten Jahres trotz Verlustr&#252;cktragsm&#246;glichkeit (faktisch) nicht auswirken k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aber auch in diesem Fall best&#252;nde immer noch die M&#246;glichkeit, diese Verluste mit der Ver&#228;u&#223;erung des Unternehmens im Ergebnis auf einen K&#228;ufer zu &#252;bertragen,(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>) sofern der Sitzmitgliedstaat dies zul&#228;sst. Der K&#228;ufer wird den Wert der bestehenden Verluste &#252;ber den Kaufpreis des Unternehmens ber&#252;cksichtigen, so dass der Verk&#228;ufer insoweit diese Verluste &#8222;realisiert&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn die jeweilige Rechtsordnung eine &#220;bertragung der Verluste auf andere Personen erm&#246;glicht, dann ist eine Verwertung dieser Verluste immer auch faktisch m&#246;glich. Sie ist vielleicht im Einzelfall nicht von besonderem Erfolg gekr&#246;nt, weil der Erwerber eines defizit&#228;ren Unternehmens nicht unbedingt viel Geld f&#252;r ein solches ausgeben wird. Dies &#228;ndert aber nichts an einer faktischen Verwertbarkeit der Verluste.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit basiert die Endg&#252;ltigkeit der Verluste auch in diesem Fall entweder auf der Rechtsordnung des Mitgliedstaats (Ausschluss jeder Verlust&#252;bertragungsm&#246;glichkeit) oder auf der Entscheidung des Steuerpflichtigen, die Gesellschaft nicht zu ver&#228;u&#223;ern, sondern zu liquidieren. In beiden F&#228;llen ist aber nicht einleuchtend, warum eine fehlende Verlustber&#252;cksichtigung in einem anderen Mitgliedstaat dann unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sein sollte. Nicht ohne Grund verlangt auch der Gerichtshof, dass alle M&#246;glichkeiten zur Ber&#252;cksichtigung von Verlusten ausgesch&#246;pft wurden. Dazu geh&#246;rt auch eine &#220;bertragung der Verluste auf einen Dritten im Wege eines Verkaufs.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Holmen hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung best&#228;tigt, dass es derartige &#220;berlegungen gab, sich jedoch dann f&#252;r eine Liquidation entschieden wurde. Insofern kann auch deshalb konstatiert werden, dass bei Holmen keine finalen Verluste vorliegen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">D.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Finale Verluste im Sinne von Bevola?</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem steht auch nicht das j&#252;ngere Urteil Bevola(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>) entgegen. Zum einen hat der Gerichtshof dort &#8222;lediglich&#8220; die Marks &amp; Spencer-Ausnahme auf &#8222;finale&#8220; Verluste von Betriebsst&#228;tten &#252;bertragen und nicht die oben vorgenommenen Einschr&#228;nkungen in Frage gestellt.(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>) Insbesondere hat er sich nicht n&#228;her zu der Frage ge&#228;u&#223;ert, wann finale Verluste vorliegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen wird in diesem neueren Urteil schwerpunktm&#228;&#223;ig(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>) mit dem Leistungsf&#228;higkeitsprinzip argumentiert. Dies mag in einer Betriebsst&#228;ttenkonstellation noch verst&#228;ndlich sein, da Betriebsst&#228;tten rechtlich einen unselbst&#228;ndigen Teil des Unternehmens eines Steuerpflichtigen darstellen. Bei Tochter- und Enkelgesellschaften w&#252;rde diese Argumentation jedoch nicht greifen. Diese sind selbst&#228;ndige Rechtspersonen, die auch eine eigenst&#228;ndige finanzielle Leistungsf&#228;higkeit (wenn man darunter die F&#228;higkeit, aufgrund ihrer Eink&#252;nfte Steuern zu zahlen, versteht) aufweisen.(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>) Dass es f&#252;r die zutreffende Besteuerung der Leistungsf&#228;higkeit der Muttergesellschaft notwendig sei, die Verluste der Tochtergesellschaft zu ber&#252;cksichtigen, hat der Gerichtshof &#8211; und dies zu Recht &#8211; nicht entschieden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Konzernausgleich stellt steuerrechtlich betrachtet vielmehr eine Durchbrechung des Leistungsf&#228;higkeitsprinzips dar, weil die Leistungsf&#228;higkeit mehrerer Rechtssubjekte zusammengerechnet wird. Die Einbeziehung weiterer Rechtssubjekte kann daher jedenfalls nicht mit dem Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsf&#228;higkeit begr&#252;ndet werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegenteil widerspricht es sogar vielmehr dem Grundsatz einer Besteuerung nach der Leistungsf&#228;higkeit, wenn ein Mitgliedstaat nur eine Seite (d.&#160;h. nur die Eink&#252;nfte oder nur die Ausgaben) ber&#252;cksichtigt. Meines Wissens gibt es zudem weder einen allgemeinen steuerrechtlichen noch einen allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz, dass am Ende eines Lebenszyklus einer Rechtsperson alle Verluste irgendwie ausgeglichen werden m&#252;ssten. Insbesondere gebietet das Leistungsf&#228;higkeitsprinzip hier keinen Verlustexport in andere Mitgliedstaaten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch nach Ma&#223;gabe des Urteils Bevola liegen hier also keine abzugsf&#228;higen finalen Verluste vor, die von Spanien nach Schweden exportiert werden k&#246;nnen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zwischenergebnis unter Ber&#252;cksichtigung eines &#8222;fairen Binnenmarktes&#8220;</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses aus der Rechtsprechung abgeleitete Ergebnis &#252;berzeugt auch im Hinblick auf einen &#8222;fairen&#8220; Binnenmarkt, der angesichts der sogenannten BEPS-Debatte(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>) wieder etwas mehr in den Fokus ger&#252;ckt ist. Denn eine grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnungsm&#246;glichkeit finaler Verluste w&#252;rde gerade in der vorliegenden besonderen Konstellation vor allem gro&#223;e grenz&#252;berschreitend agierende Konzerne gegen&#252;ber kleineren (in der Regel nicht grenz&#252;berschreitend t&#228;tigen) Unternehmen beg&#252;nstigen. Wenn z.&#160;B. Holmen wei&#223;, dass letztendlich alle aufgelaufenen Verluste aus dem spanischen Gesch&#228;ftsmodell mit den Gewinnen in Schweden verrechnet werden k&#246;nnen, dann kann Holmen bei dem Versuch, sich auf dem spanischen Markt zu positionieren, ganz anders im Wettbewerb auftreten als ein spanischer Mitbewerber, der davon ausgehen muss, dass seine Verluste untergehen werden, wenn er seine Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit in Spanien einstellt. F&#252;r Holmen w&#228;ren die &#8222;spanischen Verluste&#8220; eine viel geringere Belastung als f&#252;r einen inl&#228;ndischen Konkurrenten ohne eine entsprechende Konzernstruktur.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter Ber&#252;cksichtigung dessen und bei konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. Nrn.&#160;41&#160;ff. und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung) gelangt man also zu folgendem Ergebnis: Ist die Verlustnutzung im Sitzstaat der Enkelgesellschaft rechtlich ausgeschlossen, liegen keine finalen Verluste vor. Wenn eine Verlustnutzung durch den Sitzstaat m&#246;glich ist, dann muss der Steuerpflichtige diese M&#246;glichkeiten ausgesch&#246;pft haben. Darunter f&#228;llt ausweislich des Urteils Marks &amp; Spencer(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>) auch eine Realisierung der Verluste durch &#220;bertragung auf einen Dritten, an der es hier fehlt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit ist hier der Ausschluss der Verrechnung der Verluste einer im Ausland ans&#228;ssigen und im Inland nicht besteuerten Enkelgesellschaft durch Schweden nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig.</p> <p class="C22Titrenumerote2">F.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Beantwortung der einzelnen Fragen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Damit komme ich zur konkreten Beantwortung der einzelnen Fragen.</p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur ersten Frage: Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Vorlagefrage m&#246;chte das vorlegende Gericht im Ergebnis wissen, ob die Verluste einer in Spanien ans&#228;ssigen und dort zu liquidierenden Enkelgesellschaft als finale Verluste zu betrachten sind. Dies ist zu verneinen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Marks &amp; Spencer-Ausnahme f&#252;r finale Verluste differenziert im Hinblick auf finale Verluste zwar nicht zwischen Tochter- und Enkelgesellschaften. Damit w&#252;rde sie auf den ersten Blick sowohl der Konzernmuttergesellschaft als auch der dazwischenstehenden Tochtergesellschaft eine Verlustverrechnung mit den finalen Verlusten der Enkelgesellschaft erlauben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar war auch die dem Marks &amp; Spencer-Urteil zugrunde liegende Konstellation eine mittelbare Beteiligungskette, worauf Holmen und die Kommission zu Recht hinweisen. Die Enkelgesellschaft, die Muttergesellschaft (eine Holding) und die Gro&#223;muttergesellschaft (Konzernmutter) waren dort sogar in drei verschiedenen Mitgliedstaaten ans&#228;ssig. Das ergibt sich aber nur aus dem Vorabentscheidungsersuchen und den Schlussantr&#228;gen des Generalanwalts.(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>) Im Urteil findet sich dies weder im Tatbestand, noch geht der Gerichtshof in seinem Urteil darauf ein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus abzuleiten, dass der Gerichtshof stillschweigend entschieden habe, dass die Konzernmutter auch die (finalen) Verluste einer Enkelgesellschaft ber&#252;cksichtigen k&#246;nnen m&#252;sse, erscheint mir aber im Gegensatz zur Kommission und in &#220;bereinstimmung mit den Niederlanden und Schweden zu weitgehend. Der Gerichtshof musste sich dort n&#228;mlich nicht mit dieser Frage n&#228;her auseinandersetzen, da er dazu auch nicht befragt worden ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor allem aber h&#228;tte eine solche Betrachtungsweise ein Wahlrecht innerhalb eines Konzerns zur Folge, der entscheiden k&#246;nnte, in welchem Mitgliedstaat welcher Tochter- oder der Muttergesellschaft die &#8222;finalen&#8220; Verluste der Enkelgesellschaften geltend gemacht werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insbesondere wenn alle drei Gesellschaften in unterschiedlichen Mitgliedstaaten ans&#228;ssig w&#228;ren und entsprechende verrechenbare Gewinne existierten, w&#228;re dieses Wahlrecht im Hinblick auf die Optimierung der Konzernsteuerquote bedeutsam. Ein solches Wahlrecht kann aber nach zutreffender Ansicht der beteiligten Mitgliedstaaten nicht bestehen. Es w&#252;rde auch die Wahrung der ausgewogenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den Mitgliedstaaten in Frage stellen. Hinzu kommt die Gefahr, dass die Verluste m&#246;glicherweise in mehreren Mitgliedstaaten geltend gemacht werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da grunds&#228;tzlich noch eine Verlustverrechnung bei der unmittelbaren Muttergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat m&#246;glich ist, ergibt sich vielmehr ein grunds&#228;tzlicher Vorrang einer Verlustverrechnung mit der unmittelbaren Muttergesellschaft vor einer Verlustverrechnung mit der mittelbaren Muttergesellschaft (hier der Konzernmutter in Schweden). Dieser Vorrang vermeidet dann auch die oben genannten Risiken eines Wahlrechts des Steuerpflichtigen ebenso wie die M&#246;glichkeit einer doppelten Verlustber&#252;cksichtigung in den Drei-Staaten-Verh&#228;ltnissen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieser Vorrang gilt auch, wenn &#8211; wie hier &#8211; Enkel- und Tochtergesellschaft im gleichen Mitgliedstaat ans&#228;ssig sind. Zwar besteht hier keine Gefahr einer Optimierung der Konzernsteuerquote durch Auswahl des Mitgliedstaats der Verlustverrechnung, wie Holmen zutreffend vortr&#228;gt. Ebenso ist eine gesteigerte Gefahr der mehrfachen Verlustber&#252;cksichtigung ausgeschlossen. Die entscheidende Frage ist aber auch hier nicht, ob Tochter- und Enkelgesellschaft im gleichen Land ans&#228;ssig sind, sondern ob bei der Enkelgesellschaft finale Verluste im Verh&#228;ltnis zur Muttergesellschaft im anderen Mitgliedstaat vorliegen. Wie oben ausgef&#252;hrt, ist dies aber zu verneinen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf die erste Frage ist damit zu antworten, dass die Verluste einer mittelbar gehaltenen Gesellschaft (d.&#160;h. einer Enkelgesellschaft) grunds&#228;tzlich keine finalen Verluste im Verh&#228;ltnis zur &#8222;Gro&#223;muttergesellschaft&#8220; (d.&#160;h. zur Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft) darstellen.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur zweiten Frage: spanische Verlustverrechnungsbeschr&#228;nkung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob ein Verlust auch insoweit als ein endg&#252;ltiger Verlust anzusehen ist, wenn er aufgrund einer Beschr&#228;nkung der Verlustverrechnung vorgetragen werden musste.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point83">83.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf diese Frage ist nach Ma&#223;gabe der obigen Ausf&#252;hrungen zu antworten, dass der &#8222;lediglich&#8220; vorgetragene Verlust nicht als sogenannten finaler Verlust zu betrachten ist, auch wenn er aufgrund einer Verlustausgleichsbeschr&#228;nkung im Staat der Tochtergesellschaft nicht mit fr&#252;heren Gewinnen verrechnet werden konnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point84">84.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Existenz dieses Verlustes h&#228;ngt allein von der Ausgestaltung des spanischen Steuerrechts ab und kann Schweden nicht dazu zwingen, diesen Verlust steuermindernd zu ber&#252;cksichtigen.</p> <p class="C23Titrenumerote3">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur dritten und zur vierten Frage:</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point85">85.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner dritten und seiner vierten Frage m&#246;chte das Gericht wissen, ob f&#252;r die Beurteilung der Finalit&#228;t eines Verlustes die Tatsache zu ber&#252;cksichtigen ist, dass die Abzugsm&#246;glichkeiten anderer Beteiligter als desjenigen, bei dem der Verlust entstanden ist, aufgrund der Rechtsvorschriften im Sitzstaat der Tochtergesellschaft beschr&#228;nkt sind, und wenn ja, ob zu ber&#252;cksichtigen ist, inwieweit die Beschr&#228;nkungen tats&#228;chlich dazu gef&#252;hrt haben, dass ein Teil der Verluste nicht verrechnet werden konnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point86">86.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hinsichtlich dieser beiden Fragen ist aufgrund der obigen Ausf&#252;hrungen zu antworten, dass bei der Betrachtung, ob finale Verluste der Enkelgesellschaft vorliegen, immer nur die Beschr&#228;nkungen bei der Enkelgesellschaft entscheidend sind. Wenn f&#252;r die Enkelgesellschaft die M&#246;glichkeit besteht, die Verluste auf einen Dritten (z.&#160;B. eine Tochtergesellschaft) zu &#252;bertragen, dann scheiden finale Verluste der Enkelgesellschaft aus. Daher kommt es nicht darauf an, ob Dritte den Verlust im konkreten Fall auch effektiv verwenden konnten. Dies ist allenfalls f&#252;r die Frage relevant, ob bei diesen Dritten finale Verluste im Verh&#228;ltnis zu deren Muttergesellschaften vorliegen.</p> <p class="C21Titrenumerote1">VI.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Entscheidungsvorschlag</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point87">87.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus diesen Gr&#252;nden schlage ich vor, die Vorlagefragen des H&#246;gsta f&#246;rvaltningsdomtol (Oberster Verwaltungsgerichtshof, Schweden) wie folgt zu beantworten:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;49 in Verbindung mit Art.&#160;54 AEUV setzt f&#252;r eine grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnung bei der Muttergesellschaft voraus, dass die defizit&#228;re Tochtergesellschaft direkt gehalten wird.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der &#8222;lediglich&#8220; vorgetragene Verlust ist nicht als sogenannter finaler Verlust zu betrachten, auch wenn er aufgrund einer Verlustausgleichsbeschr&#228;nkung im Staat der Tochtergesellschaft nicht mit fr&#252;heren Gewinnen verrechnet werden konnte.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Betrachtung der Finalit&#228;t von Verlusten einer Enkelgesellschaft ist auch die M&#246;glichkeit der &#220;bertragung und Verrechnung von Verlusten auf Dritte und damit auch auf ihre Muttergesellschaft (bzw. weitere konzernzugeh&#246;rige Gesellschaften) in diesem Mitgliedstaat mit einzubeziehen. Ob deren Abzugsm&#246;glichkeiten beschr&#228;nkt sind, ist allein f&#252;r die Frage nach deren &#8222;finalen&#8220; Verlusten entscheidend.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Deutsch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Anh&#228;ngig unter C&#8209;607/17, vgl. dazu auch meine Schlussantr&#228;ge vom gleichen Tag.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ohne Anspruch auf Vollst&#228;ndigkeit: Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526), vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424), vom 17.&#160;Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829), vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50), vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716), vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84), sowie vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Bundesfinanzhof in Deutschland ist sogar der Ansicht, dass mittlerweile &#8222;die Pr&#252;fungsebene der Rechtfertigungsgr&#252;nde (als &#8218;Standort&#8216; der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeitspr&#252;fung und der Rechtsfigur der finalen Verluste) entfallen ist&#8220;. &#8211; vgl. BFH, Urteil vom 22.&#160;Februar 2017, I R 2/15, BStBl. II 2017, 709, Rn.&#160;38).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtsfigur der finalen Verluste wird von mehreren Stimmen im Gerichtshof f&#252;r entbehrlich gehalten: vgl. nur Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:183, Nrn.&#160;66&#160;ff. und 87) sowie meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2014:2321, Nrn.&#160;41&#160;ff.) und in der Rechtssache A (C&#8209;123/11, EU:C:2012:488, Nrn.&#160;50&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kapitel 35 des Inkomstskattelag (1999:1229) &#8211; Gesetz Nr.&#160;1229 aus dem Jahr 1999 &#252;ber die K&#246;rperschaft- und Einkommensteuer.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kapitel 35 a des Inkomstskattelag (1999:1229).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 29.&#160;November 2011, National Grid Indus (C&#8209;371/10, EU:C:2011:785, Rn.&#160;36), vom 21.&#160;Mai 2015, Verder LabTec (C&#8209;657/13, EU:C:2015:331, Rn.&#160;34), und vom 16.&#160;April 2015, Kommission/Deutschland (C&#8209;591/13, EU:C:2015:230, Rn.&#160;56 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;18), vom 25.&#160;Februar 2010 (X Holding, C&#8209;337/08, EU:C:2010:89, Rn.&#160;20), sowie vom 12.&#160;Dezember 2006, Test Claimants in the FII Group Litigation (C&#8209;446/04, EU:C:2006:774, Rn.&#160;167).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;31), vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;32), vom 22.&#160;Juni 2017, Bechtel (C&#8209;20/16, EU:C:2017:488, Rn.&#160;53), vom 12.&#160;Juni 2014, SCA Group Holding u.&#160;a. (C&#8209;39/13 bis C&#8209;41/13, EU:C:2014:1758, Rn.&#160;28), und vom 25.&#160;Februar 2010, X Holding (C&#8209;337/08, EU:C:2010:89, Rn.&#160;22).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Dezember 2015 (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829, Rn.&#160;65), welches auf das Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Nordea Bank (C&#8209;48/13, EU:C:2014:2087, Rn.&#160;24), und das Urteil vom 14.&#160;Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C&#8209;170/05, EU:C:2006:783, Rn.&#160;34 und 35), Bezug nimmt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;172/13, EU:C:2014:2321, Nr.&#160;26 &#8211; allerdings habe ich dort im konkreten Fall eine Vergleichbarkeit bejaht (siehe Nr.&#160;29).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 17.&#160;Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829, Rn.&#160;65), unter Hinweis auf das Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Nordea Bank (C&#8209;48/13, EU:C:2014:2087, Rn.&#160;24), und das Urteil vom 14.&#160;Dezember 2006, Denkavit Internationaal und Denkavit France (C&#8209;170/05, EU:C:2006:783, Rn.&#160;34 und 35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;35), vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;22&#160;ff.), vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;35), sowie vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;27&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;38 und 39).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar sagt ein deutsches Sprichwort, dass man &#196;pfel nicht mit Birnen vergleichen k&#246;nne. Aber auch &#196;pfel und Birnen haben Gemeinsamkeiten (so sind beide Kernobst) und sind damit insofern auch vergleichbar.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dies hatte ich dem Gerichtshof schon in meinen Schlussantr&#228;gen in der Rechtssache Nordea Bank (C&#8209;48/13, EU:C:2014:153, Nrn.&#160;21 bis 28) vorgeschlagen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. dazu ausdr&#252;cklich Urteile vom 6.&#160;September 2012, Philips Electronics (C&#8209;18/11, EU:C:2012:532), und vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278, Rn.&#160;33).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;43&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 29.&#160;November 2011, National Grid Indus (C&#8209;371/10, EU:C:2011:785, Rn.&#160;42), vom 12.&#160;September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C&#8209;196/04, EU:C:2006:544, Rn.&#160;47), und vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;55 und 56).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;51 und 52).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716, Rn.&#160;50), vom 29.&#160;November 2011, National Grid Indus (C&#8209;371/10, EU:C:2011:785, Rn.&#160;45), und vom 6.&#160;September 2012, Philips Electronics (C&#8209;18/11, EU:C:2012:532, Rn.&#160;23); Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;45 und 46).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716, Rn.&#160;50), vom 15.&#160;Mai 2008, Lidl Belgium (C&#8209;414/06, EU:C:2008:278, Rn.&#160;31), vom 18.&#160;Juli 2007, Oy AA (C&#8209;231/05, EU:C:2007:439, Rn.&#160;54), und vom 13.&#160;Dezember 2005, Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;45).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Sinne bereits die Urteile vom 21.&#160;Dezember 2016, Masco Denmark und Damixa (C&#8209;593/14, EU:C:2016:984, Rn.&#160;41), und vom 30.&#160;Juni 2011, Meilicke u.&#160;a. (C&#8209;262/09, EU:C:2011:438, Rn.&#160;33).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;33).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteil vom 7.&#160;November 2013, K (C&#8209;322/11, EU:C:2013:716, Rn.&#160;75 bis 79 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung)</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteile vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;33), und vom 17.&#160;Dezember 2015, Timac Agro Deutschland (C&#8209;388/14, EU:C:2015:829, Rn.&#160;54).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 3.&#160;Februar 2015, Kommission/Vereinigtes K&#246;nigreich (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;31 und 36).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland vertritt daher die Ansicht, dass nur der im letzten Jahr entstehende Verlust aufgrund der faktisch fehlenden Vortragsf&#228;higkeit als sogenannter finaler Verlust zu betrachten ist, w&#228;hrend die vorgetragenen Verluste ihren Charakter als nicht finale Verluste nicht mehr verlieren. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteil vom 3.&#160;Februar 2015 (C&#8209;172/13, EU:C:2015:50, Rn.&#160;37).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So wird der EuGH zum Teil auch verstanden &#8211; vgl. die Stellungnahme von Deutschland in diesem Verfahren und z.&#160;B. David Eisendle, &#8222;Grenz&#252;berschreitende Verlustverrechnung im Jahre 11 nach Marks &amp; Spencer&#8220;, <i>ISR</i> 2016, 37 (42).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diesen Punkt spricht z.&#160;B. der EuGH, Urteil vom 21.&#160;Februar 2013, A (C&#8209;123/11, EU:C:2013:84, Rn.&#160;52&#160;ff.), ausdr&#252;cklich an.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;61&#160;ff.).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Gegenteil &#8211; der Gerichtshof hat ausdr&#252;cklich das nationale Gericht damit beauftragt, festzustellen, ob die Voraussetzungen f&#252;r die Annahme eines finalen Verlustes &#252;berhaupt vorliegen &#8211; vgl. Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;65).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 12.&#160;Juni 2018, Bevola und Jens W.&#160;Trock (C&#8209;650/16, EU:C:2018:424, Rn.&#160;39 und 59); siehe auch Urteil vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Annahme einer rechtlich relevanten grenz&#252;berschreitenden Leistungsf&#228;higkeit von Konzernen w&#252;rde wohl vor allem neue Gestaltungsperspektiven f&#252;r gro&#223;e internationale Konzerne er&#246;ffnen. Bedenklich daher das Urteil vom 4.&#160;Juli 2018, NN (C&#8209;28/17, EU:C:2018:526, Rn.&#160;35).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Darunter wird vereinfacht ausgedr&#252;ckt die Steuergestaltung sogenannter multinationaler Konzerne verstanden, die innerhalb der bisherigen Steuersysteme &#252;ber (rechtlich legale) M&#246;glichkeiten verf&#252;gen, ihre Bemessungsgrundlagen in Hochsteuerl&#228;ndern zu minimieren und die Gewinne in Niedrigsteuerl&#228;nder (Base Erosion and Profit Shifting) zu verlagern.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;Dezember 2005 (C&#8209;446/03, EU:C:2005:763, Rn.&#160;55).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Marks &amp; Spencer (C&#8209;446/03, EU:C:2005:201, Nr.&#160;8).</p>
175,054
eugh-2019-01-10-c-9718
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-97/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:04
2019-01-31T19:21:04
Urteil
ECLI:EU:C:2019:7
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)</p> <p class="C19Centre">10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen&#160;&#8211; Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Einziehungsentscheidungen&#160;&#8211; Rahmenbeschluss 2006/783/JI&#160;&#8211; Art.&#160;12 Abs.&#160;1 und 4 &#8211; F&#252;r die Vollstreckung ma&#223;gebendes Recht&#160;&#8211; Recht des Vollstreckungsstaats, wonach bei unterbliebener Vollstreckung der Einziehungsentscheidung Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf&#160;&#8211; Konformit&#228;t&#160;&#8211; Recht des Entscheidungsstaats, wonach ebenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf &#8211;&#160;Keine Auswirkung&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;97/18</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht von der Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande, Niederlande) mit Entscheidung vom 1.&#160;Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 12.&#160;Februar 2018, in dem Strafverfahren gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>ET</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Kammerpr&#228;sidenten J.&#8209;C.&#160;Bonichot, der Vizepr&#228;sidentin R.&#160;Silva de Lapuerta (Berichterstatterin), der Richterin C.&#160;Toader sowie der Richter A.&#160;Rosas und L.&#160;Bay Larsen,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: M.&#160;Bobek,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der niederl&#228;ndischen Regierung, vertreten durch J.&#160;M.&#160;Hoogveld und M.&#160;Bulterman als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der deutschen Regierung, vertreten durch T.&#160;Henze, M.&#160;Hellmann und E.&#160;Lankenau als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der &#246;sterreichischen Regierung, vertreten durch G.&#160;Hesse als Bevollm&#228;chtigten,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch R.&#160;Troosters und S.&#160;Gr&#252;nheid als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;12 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates vom 6.&#160;Oktober 2006 &#252;ber die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl.&#160;2006, L&#160;328, S.&#160;59).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Verfahrens betreffend einen Antrag des Openbaar Ministerie (Staatsanwaltschaft, Niederlande) auf Erteilung der Erlaubnis zur Verh&#228;ngung von Ordnungshaft, durch die sichergestellt werden soll, dass eine in Belgien gegen ET ergangene Einziehungsentscheidung in den Niederlanden vollstreckt werden kann.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den Erw&#228;gungsgr&#252;nden 1, 7, 8 und 13 des Rahmenbeschlusses 2006/783 hei&#223;t es:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Europ&#228;ische Rat hat auf seiner Tagung vom 15. und 16.&#160;Oktober 1999 in Tampere betont, dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zum Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen innerhalb der Union werden sollte.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(7)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Hauptmotiv f&#252;r organisierte Kriminalit&#228;t ist wirtschaftlicher Gewinn. Im Rahmen einer effizienten Verh&#252;tung und Bek&#228;mpfung der organisierten Kriminalit&#228;t muss der Schwerpunkt daher auf die Ermittlung, das Einfrieren, die Beschlagnahme und die Einziehung von Ertr&#228;gen aus Straftaten gelegt werden. Jedoch reicht es nicht aus, nur die gegenseitige Anerkennung vorl&#228;ufiger rechtlicher Ma&#223;nahmen wie Einfrieren oder Beschlagnahme in der Europ&#228;ischen Union sicherzustellen; f&#252;r eine effiziente Bek&#228;mpfung der Wirtschaftskriminalit&#228;t ist auch eine gegenseitige Anerkennung der Entscheidungen zur Einziehung der Ertr&#228;ge aus Straftaten erforderlich.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(8)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweck dieses Rahmenbeschlusses ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zur Einziehung von Verm&#246;gensgegenst&#228;nden zu erleichtern, so dass ein Mitgliedstaat verpflichtet wird, Einziehungsentscheidungen, die von einem in Strafsachen zust&#228;ndigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats erlassen wurden, anzuerkennen und in seinem Hoheitsgebiet zu vollstrecken. Dieser Rahmenbeschluss steht im Zusammenhang mit dem Rahmenbeschluss 2005/212/JI des Rates vom 24.&#160;Februar 2005 &#252;ber die Einziehung von Ertr&#228;gen, Tatwerkzeugen und Verm&#246;gensgegenst&#228;nden aus Straftaten [(ABl.&#160;2005, L&#160;68, S.&#160;49)]. Ziel jenes Rahmenbeschlusses ist es, sicherzustellen, dass alle Mitgliedstaaten &#252;ber wirksame Vorschriften f&#252;r die Einziehung von Ertr&#228;gen aus Straftaten verf&#252;gen, unter anderem &#252;ber die Beweislast f&#252;r die Herkunft der Verm&#246;genswerte einer Person, die wegen einer Straftat im Zusammenhang mit organisierter Kriminalit&#228;t verurteilt wurde.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">(13)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der vorliegende Rahmenbeschluss achtet die Grundrechte und wahrt die in Artikel&#160;6 [EUV] anerkannten Grunds&#228;tze, die auch in der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union, insbesondere in deren Kapitel VI, zum Ausdruck kommen. &#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;1 des Rahmenbeschlusses lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweck dieses Rahmenbeschlusses ist es, die Regeln festzulegen, nach denen ein Mitgliedstaat eine von einem in Strafsachen zust&#228;ndigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats erlassene Einziehungsentscheidung anerkennt und in seinem Hoheitsgebiet vollstreckt.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieser Rahmenbeschluss ber&#252;hrt nicht die Verpflichtung zur Achtung der Grundrechte und der allgemeinen Rechtsgrunds&#228;tze gem&#228;&#223; Artikel&#160;6 [EUV]; die Verpflichtungen der Justizbeh&#246;rden in dieser Hinsicht bleiben unber&#252;hrt.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 des Rahmenbeschlusses enth&#228;lt folgende Definitionen:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Im Sinne dieses Rahmenbeschlusses bezeichnet der Ausdruck</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8218;Entscheidungsstaat&#8216; den Mitgliedstaat, in dem ein Gericht eine Einziehungsentscheidung im Rahmen eines Strafverfahrens erlassen hat;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8218;Vollstreckungsstaat&#8216; den Mitgliedstaat, dem die Einziehungsentscheidung zum Zwecke der Vollstreckung &#252;bermittelt wurde;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#8218;Einziehungsentscheidung&#8216; eine Strafe oder Ma&#223;nahme, die von einem Gericht im Anschluss an ein &#8211; eine oder mehrere Straftaten betreffendes &#8211; Verfahren verh&#228;ngt wird und die zum endg&#252;ltigen Entzug von Verm&#246;gensgegenst&#228;nden f&#252;hrt;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;7 Abs.&#160;1 des Rahmenbeschlusses sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden des Vollstreckungsstaats erkennen jede gem&#228;&#223; den Artikeln&#160;4 und 5 &#252;bermittelte Einziehungsentscheidung ohne jede weitere Formalit&#228;t an und treffen unverz&#252;glich alle erforderlichen Ma&#223;nahmen zu deren Vollstreckung, es sei denn, die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en, einen der Gr&#252;nde f&#252;r die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung nach Artikel&#160;8 geltend zu machen oder einen der Gr&#252;nde f&#252;r den Aufschub der Vollstreckung nach Artikel&#160;10 geltend zu machen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;12 (&#8222;F&#252;r die Vollstreckung ma&#223;gebendes Recht&#8220;) des Rahmenbeschlusses 2006/783 bestimmt in seinen Abs.&#160;1 und 4:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unbeschadet des Absatzes&#160;3 ist f&#252;r die Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung das Recht des Vollstreckungsstaats ma&#223;gebend; nur dessen Beh&#246;rden k&#246;nnen &#252;ber die Vollstreckungsverfahren entscheiden und die damit zusammenh&#228;ngenden Ma&#223;nahmen bestimmen.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Vollstreckungsstaat kann keine Ma&#223;nahmen als Alternative zur Einziehungsentscheidung, auch keine Ersatzfreiheitsstrafe oder andere Ma&#223;nahmen, die die Freiheit der Person beschr&#228;nken, infolge einer &#220;bermittlung nach den Artikeln&#160;4 und 5 verh&#228;ngen, es sei denn, der Entscheidungsstaat hat dem zugestimmt.&#8220;</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Niederl&#228;ndisches Recht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;22 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und Abs.&#160;3 der Wet wederzijdse erkenning en tenuitvoerlegging geldelijke sancties en beslissingen tot confiscatie (Gesetz &#252;ber die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Geldstrafen oder Geldbu&#223;en und Einziehungsentscheidungen) vom 27.&#160;September 2007 (Stb. 2007, Nr.&#160;354, im Folgenden: WWETGC) sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine f&#252;r die Anerkennung in Betracht kommende Einziehungsentscheidung wird nach niederl&#228;ndischem Recht anerkannt und vollstreckt. Soweit die Einziehungsentscheidung</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Zahlung eines Geldbetrags an den Staat zur Entziehung eines rechtswidrig erlangten Vorteils betrifft, wird die Entscheidung im Einklang mit Art.&#160;577b Abs.&#160;1 und Art.&#160;577c des Wetboek van Strafvordering [Strafprozessgesetzbuch] vollstreckt, mit der Ma&#223;gabe, dass die Raadkamer van de rechtbank Noord-Nederland [Kollegialbesetzung des Bezirksgerichts Nordniederlande, Niederlande] f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Vollstreckung von Ordnungshaft zust&#228;ndig ist;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Ersatzstrafe oder &#8209;ma&#223;nahme wird erst vollstreckt, nachdem die zust&#228;ndige Beh&#246;rde des Entscheidungsmitgliedstaats die Zustimmung dazu erteilt hat. &#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;577c Abs.&#160;1 des Wetboek van Strafvordering bestimmt in Bezug auf die Ordnungshaft: </p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Wenn der Verurteilte dem Beschluss oder Urteil, mit dem zur Entziehung eines rechtswidrig erlangten Vorteils die Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrags an den Staat auferlegt wird, nicht nachkommt und sich eine vollst&#228;ndige Befriedigung aus seinem Verm&#246;gen aufgrund der Artikel 574 bis 576 als nicht m&#246;glich erwiesen hat, kann das Gericht auf Antrag des Staatsanwalts die Erlaubnis zur Vollstreckung von Ordnungshaft bis zu drei Jahren erteilen.&#8220;</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Urteil des Hof van Beroep Antwerpen (Appellationshof Antwerpen, Belgien) vom 20.&#160;Dezember 2012 erging gegen ET eine Einziehungsentscheidung &#252;ber einen Betrag von 800&#160;000&#160;Euro. Dieses Urteil erlangte Rechtskraft, und das K&#246;nigreich der Niederlande &#252;bernahm als Vollstreckungsmitgliedstaat im Sinne von Art.&#160;2 Buchst.&#160;b des Rahmenbeschlusses 2006/783 die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Zusammenhang stellte die Staatsanwaltschaft beim vorlegenden Gericht, der Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande), einen Antrag nach Art.&#160;22 WWETGC auf Erteilung der Erlaubnis zur Verh&#228;ngung von Ordnungshaft gegen ET, weil er eine Forderung in H&#246;he von 652&#160;119,19&#160;Euro nicht beglichen habe und der Verdacht auf verborgene Geldstr&#246;me bestehe.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;ET h&#228;lt den Antrag der Staatsanwaltschaft f&#252;r unzul&#228;ssig und, hilfsweise, f&#252;r unbegr&#252;ndet. Er macht insoweit geltend, bei der Ordnungshaft handele es sich nicht nur um eine &#8222;Ma&#223;nahme&#8220; im Sinne des niederl&#228;ndischen Strafrechts, sondern auch um eine Strafe im Sinne von Art.&#160;7 Abs.&#160;1 der am 4.&#160;November 1950 in Rom unterzeichneten Europ&#228;ischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und von Art.&#160;49 Abs.&#160;1 der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union. Au&#223;erdem sei die Verh&#228;ngung der Ordnungshaft rechtswidrig, weil sie die Einziehungsentscheidung, deren Vollstreckung begehrt werde, versch&#228;rfe.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht hegt angesichts der Rechtsprechung des Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande), wonach die in Art.&#160;577c des Wetboek van Strafvordering vorgesehene Ordnungshaft als &#8222;Strafe&#8220; im Sinne von Art.&#160;7 EMRK anzusehen sei, Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Rahmenbeschluss 2006/783.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat die Rechtbank Noord-Nederland (Bezirksgericht Nordniederlande) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Kann Art.&#160;12 Abs.&#160;1 des Rahmenbeschlusses 2006/783 so ausgelegt werden, dass bei der Vollstreckung einer von einem Entscheidungsstaat &#252;bersandten Einziehungsentscheidung in den Niederlanden Ordnungshaft im Sinne von Art.&#160;577c des Wetboek van Strafvordering verh&#228;ngt werden darf, auch unter Ber&#252;cksichtigung der Entscheidung des Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) vom 20.&#160;Dezember 2011, wonach Ordnungshaft als Strafe im Sinne von Art.&#160;7 Abs.&#160;1 EMRK zu gelten hat? </p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist es f&#252;r die M&#246;glichkeit der Verh&#228;ngung von Ordnungshaft von Bedeutung, ob auch das Recht des Entscheidungsstaats die M&#246;glichkeit der Verh&#228;ngung von Ordnungshaft kennt?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur ersten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;12 Abs.&#160;1 und 4 des Rahmenbeschlusses 2006/783 dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung von Rechtsvorschriften eines Vollstreckungsmitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach zur Vollstreckung einer im Entscheidungsstaat ergangenen Einziehungsentscheidung gegebenenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst ist darauf hinzuweisen, dass der Rahmenbeschluss 2006/783 nach seinem Art.&#160;1 im Licht seiner Erw&#228;gungsgr&#252;nde 1 und 8 auf der Grundlage des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung &#8211; des Ecksteins der justiziellen Zusammenarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen &#8211; zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der gegenseitigen Anerkennung die Festlegung der Regeln bezweckt, nach denen ein Mitgliedstaat eine von einem zust&#228;ndigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats in Strafsachen erlassene Einziehungsentscheidung anerkennt und in seinem Hoheitsgebiet vollstreckt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat insoweit anerkannt, dass sowohl der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten als auch der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der seinerseits auf dem gegenseitigen Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten beruht, im Unionsrecht fundamentale Bedeutung haben, da sie die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen erm&#246;glichen (Urteil vom 25.&#160;Juli 2018, Minister for Justice and Equality [M&#228;ngel des Justizsystems], C&#8209;216/18&#160;PPU, EU:C:2018:586&#8218; Rn.&#160;36).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sodann ist darauf hinzuweisen, dass nach Art.&#160;7 des Rahmenbeschlusses 2006/783 die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden des Vollstreckungsstaats jede gem&#228;&#223; den Bestimmungen des Rahmenbeschlusses &#252;bermittelte Einziehungsentscheidung ohne jede weitere Formalit&#228;t anerkennen und unverz&#252;glich alle erforderlichen Ma&#223;nahmen zu deren Vollstreckung treffen m&#252;ssen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist der Vollstreckungsstaat nur aus den im Rahmenbeschluss ausdr&#252;cklich vorgesehenen Gr&#252;nden befugt, gegebenenfalls die Anerkennung oder die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung gem&#228;&#223; Art.&#160;8 zu versagen oder ihre Vollstreckung gem&#228;&#223; Art.&#160;10 aufzuschieben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich ist nach Art.&#160;12 Abs.&#160;1 des Rahmenbeschlusses 2006/783 f&#252;r die Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung das Recht des Vollstreckungsstaats ma&#223;gebend, und nur dessen Beh&#246;rden k&#246;nnen &#252;ber die Vollstreckungsverfahren entscheiden und die damit zusammenh&#228;ngenden Ma&#223;nahmen bestimmen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;12 Abs.&#160;4 bedarf die Verh&#228;ngung einer Ma&#223;nahme als Alternative zur Einziehungsentscheidung der vorherigen Zustimmung des Entscheidungsstaats.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zusammengenommen geht aus diesen beiden Abs&#228;tzen von Art.&#160;12 des Rahmenbeschlusses 2006/783 mithin hervor, dass grunds&#228;tzlich die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden des Vollstreckungsstaats im Einklang mit ihrem Recht &#252;ber das Verfahren zur Vollstreckung der Einziehungsentscheidung und die daf&#252;r geeignetsten Ma&#223;nahmen befinden. Art.&#160;12 Abs.&#160;4 enth&#228;lt jedoch die Sonderregel, dass eine vom Vollstreckungsstaat als Alternative zur Einziehungsentscheidung beabsichtigte Ma&#223;nahme der vorherigen Zustimmung des Entscheidungsstaats bedarf.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Licht dieser Erw&#228;gungen ist zu pr&#252;fen, ob der Rahmenbeschluss 2006/783 einer Vollstreckungsma&#223;nahme in Form der Ordnungshaft entgegensteht, wie sie das niederl&#228;ndische Recht in seiner Auslegung durch den Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) vorsieht. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bei der Auslegung von Bestimmungen des nationalen Rechts grunds&#228;tzlich gehalten ist, die der Vorlageentscheidung zu entnehmenden Qualifizierungen zugrunde zu legen. Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof n&#228;mlich nicht befugt, das innerstaatliche Recht eines Mitgliedstaats auszulegen (Urteil vom 16.&#160;Februar 2017, Agro Foreign Trade&#160;&amp;&#160;Agency, C&#8209;507/15, EU:C:2017:129, Rn.&#160;23 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Ordnungshaft kann, wie sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt, auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen eine von einer Einziehungsentscheidung betroffene Person verh&#228;ngt werden, die, ohne zahlungsunf&#228;hig zu sein, nicht freiwillig den Betrag begleicht, zu dessen Zahlung sie verurteilt wurde. Bei dieser Vollstreckungsma&#223;nahme bleibt die Zahlungspflicht bestehen, so dass die Person, gegen die die Ordnungshaft verh&#228;ngt wurde, jederzeit dadurch auf freien Fu&#223; gelangen kann, dass sie die Schuld begleicht. Die Ordnungshaft ist zeitlich auf drei Jahre begrenzt, wobei ihre Dauer u.&#160;a. von etwaigen Teilzahlungen abh&#228;ngt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass es sich nach Art.&#160;22 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a WWETGC bei der Ordnungshaft um ein Zwangsmittel des niederl&#228;ndischen Rechts zur Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen und die Zahlung eines rechtswidrig erlangten Geldbetrags betreffenden Einziehungsentscheidung handelt, wenn der Verurteilte dem Beschluss oder Urteil, mit dem er zu einer solchen Zahlung verpflichtet wird, nicht nachkommt. Nach Art.&#160;22 Abs.&#160;3 wird eine Ersatzstrafe oder &#8209;ma&#223;nahme erst vollstreckt, nachdem die zust&#228;ndige Beh&#246;rde des Entscheidungsmitgliedstaats die Zustimmung dazu erteilt hat.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Zusammenhang kann die zur Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung dienende Ordnungshaft nicht als Alternative zu dieser Entscheidung im Sinne von Art.&#160;12 Abs.&#160;4 des Rahmenbeschlusses 2006/783 angesehen werden, und sie stellt auch keine zus&#228;tzliche Sanktion oder eine &#196;nderung einer solchen im Entscheidungsstaat ergangenen Entscheidung dar. Folglich bedarf die Verh&#228;ngung von Ordnungshaft nicht der vorherigen Zustimmung des Entscheidungsstaats.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach einhelliger Ansicht aller Parteien, die Erkl&#228;rungen abgegeben haben, dient die Verh&#228;ngung von Ordnungshaft n&#228;mlich zur Erreichung des mit dem Rahmenbeschluss 2006/783 verfolgten Ziels, das nach den Ausf&#252;hrungen in Rn.&#160;16 des vorliegenden Urteils darin besteht, die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere im Bereich der Vollstreckung von Entscheidungen zur Einziehung von Verm&#246;gensgegenst&#228;nden zu erleichtern, indem auf den Betroffenen, der sich weigert, den geschuldeten Betrag zu zahlen, obwohl er dazu in der Lage w&#228;re, Druck ausge&#252;bt wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Feststellung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) nach den Angaben des vorlegenden Gerichts die Ordnungshaft als &#8222;Strafe&#8220; im Sinne von Art.&#160;7 EMRK eingestuft hat. Eine solche Einstufung hat keinen Einfluss auf die in Art.&#160;12 Abs.&#160;1 des Rahmenbeschlusses 2006/783 vorgesehene Befugnis der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde, &#252;ber das Verfahren zur Vollstreckung der Einziehungsentscheidung zu bestimmen und alle ihr f&#252;r eine erfolgreiche Vollstreckung am geeignetsten erscheinenden Ma&#223;nahmen zu ergreifen, um den Zweck des Rahmenbeschlusses 2006/783 zu erreichen, wobei nach dessen 13.&#160;Erw&#228;gungsgrund die Grundrechte des Betroffenen zu wahren sind.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art.&#160;12 Abs.&#160;1 und 4 des Rahmenbeschlusses 2006/783 dahin auszulegen ist, dass er der Anwendung von Rechtsvorschriften eines Vollstreckungsmitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach zur Vollstreckung einer im Entscheidungsstaat ergangenen Einziehungsentscheidung gegebenenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf, nicht entgegensteht.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur zweiten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob die Tatsache, dass auch nach dem Recht des Entscheidungsstaats gegebenenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf, f&#252;r die M&#246;glichkeit der Verh&#228;ngung einer solchen Ma&#223;nahme im Vollstreckungsstaat von Bedeutung ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie in Rn.&#160;17 des vorliegenden Urteils ausgef&#252;hrt, sieht Art.&#160;12 Abs.&#160;1 des Rahmenbeschlusses 2006/783 vor, dass f&#252;r die Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung das Recht des Vollstreckungsstaats ma&#223;gebend ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Bestimmung beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der impliziert, dass ein gegenseitiges Vertrauen darauf besteht, dass jeder der Mitgliedstaaten die Anwendung des in den &#252;brigen Mitgliedstaaten geltenden Strafrechts anerkennt, auch wenn die Anwendung seines eigenen nationalen Rechts zu einem anderen Ergebnis f&#252;hren w&#252;rde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23.&#160;Januar 2018, Piotrowski, C&#8209;367/16, EU:C:2018:27, Rn.&#160;52).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem in Rn.&#160;16 des vorliegenden Urteils dargestellten Ziel des Rahmenbeschlusses 2006/783 liefe es zuwider, wenn die Anwendung einer Vollstreckungsma&#223;nahme im Vollstreckungsmitgliedstaat durch das nationale Recht des Entscheidungsstaats geregelt w&#252;rde oder den nach diesem Recht bestehenden Voraussetzungen unterl&#228;ge.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Tatsache, dass auch nach dem Recht des Entscheidungsstaats gegebenenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf, f&#252;r die M&#246;glichkeit der Verh&#228;ngung einer solchen Ma&#223;nahme im Vollstreckungsstaat ohne Bedeutung ist.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Erste Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;12 Abs.&#160;1 und 4 des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI des Rates vom 6.&#160;Oktober 2006 &#252;ber die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen ist dahin auszulegen, dass er der Anwendung von Rechtsvorschriften eines Vollstreckungsmitgliedstaats wie den im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach zur Vollstreckung einer im Entscheidungsstaat ergangenen Einziehungsentscheidung gegebenenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf, nicht entgegensteht.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Die Tatsache, dass auch nach dem Recht des Entscheidungsstaats gegebenenfalls Ordnungshaft verh&#228;ngt werden darf, ist f&#252;r die M&#246;glichkeit der Verh&#228;ngung einer solchen Ma&#223;nahme im Vollstreckungsstaat ohne Bedeutung.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Niederl&#228;ndisch.</p>
175,053
eugh-2019-01-10-c-41518
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-415/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:04
2019-01-31T19:21:04
Beschluss
ECLI:EU:C:2019:6
<p class="C19Centre">BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)</p> <p class="C19Centre">10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Rechtsmittel &#8211; Art.&#160;181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs &#8211; Schadensersatzklage &#8211; Keine Erhebung einer Vertragsverletzungsklage nach Art.&#160;258 AEUV gegen die Republik &#214;sterreich durch die Europ&#228;ische Kommission &#8211; Keine Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof durch die nationalen Gerichte &#8211; Offensichtliche Unzust&#228;ndigkeit der Unionsgerichte &#8211; Offensichtlich unzul&#228;ssige Klage&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;415/18&#160;P</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Rechtsmittel nach Art.&#160;56 der Satzung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union, eingelegt am 22.&#160;Juni 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH</b> mit Sitz in Wien (&#214;sterreich), Prozessbevollm&#228;chtigter: Rechtsanwalt A.&#160;Schuster,</p> <p class="C72Alineadroite">Rechtsmittelf&#252;hrerin,</p> <p class="C02AlineaAltA">andere Partei des Verfahrens:</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Europ&#228;ische Kommission,</b> </p> <p class="C72Alineadroite">Beklagte im ersten Rechtszug,</p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Kammerpr&#228;sidenten F.&#160;Biltgen (Berichterstatter) sowie des Richters J.&#160;Malenovsk&#253; und der Richterin L.&#160;S.&#160;Rossi,</p> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: H.&#160;Saugmandsgaard &#216;e,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund der nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gem&#228;&#223; Art.&#160;181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gr&#252;nden versehenen Beschluss zu entscheiden,</p> <p class="C02AlineaAltA">folgenden</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Beschluss</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europ&#228;ischen Union vom 19.&#160;April 2018, CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs/Kommission (T&#8209;606/17, nicht ver&#246;ffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2018:203), mit dem dieses ihre Klage auf Ersatz des Schadens abgewiesen hat, der ihr zum einen aufgrund der Weigerung der Europ&#228;ischen Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art.&#160;258 AEUV gegen die Republik &#214;sterreich wegen Versto&#223;es gegen das Unionsrecht einzuleiten, und zum anderen aufgrund eines angeblichen schuldhaften Verhaltens der &#246;sterreichischen Gerichte entstanden sein soll.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss </b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Klageschrift, die am 6.&#160;September 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelf&#252;hrerin eine Schadensersatzklage gegen die Kommission nach Art.&#160;268 AEUV.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Gericht wies die Klage mit dem angefochtenen Beschluss gem&#228;&#223; Art.&#160;126 seiner Verfahrensordnung zum Teil als offensichtlich unzul&#228;ssig und zum Teil wegen offensichtlicher Unzust&#228;ndigkeit ab.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es wies insoweit in Rn.&#160;11 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass nach gefestigter Rechtsprechung eine Entscheidung der Kommission, kein Vertragsverletzungsverfahren nach Art.&#160;258 AEUV einzuleiten, mangels einer dahin gehenden Verpflichtung jedenfalls nicht rechtswidrig sei, so dass die au&#223;ervertragliche Haftung der Europ&#228;ischen Union nicht ausgel&#246;st werde.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Rn.&#160;12 des angefochtenen Beschlusses schloss das Gericht daraus auf die offensichtliche Unzul&#228;ssigkeit der Klage, soweit sie auf den Ersatz des Schadens gerichtet war, der infolge der Weigerung der Kommission, ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art.&#160;258 AEUV gegen die Republik &#214;sterreich einzuleiten, entstanden sein soll. Das Gericht f&#252;gte hinzu, dass jedenfalls das Schreiben der Kommission an die Rechtsmittelf&#252;hrerin vom 16.&#160;November 2015, mit dem sie deren Beschwerde abgelegt hatte, ordnungsgem&#228;&#223; begr&#252;ndet sein d&#252;rfte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem wies es, soweit mit der Klage die Union f&#252;r das angeblich &#8222;schuldhafte Verhalten&#8220; der nationalen Gerichte in Form des Unterlassens der Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof haftbar gemacht werden sollte, in Rn.&#160;13 des angefochtenen Beschlusses darauf hin, dass seine Zust&#228;ndigkeit im Bereich der au&#223;ervertraglichen Haftung in Art.&#160;268 AEUV und in Art.&#160;340 Abs.&#160;2 und 3 AEUV geregelt sei und dass es nach diesen Bestimmungen nur f&#252;r Klagen auf den Ersatz von Sch&#228;den zust&#228;ndig sei, die von den Einrichtungen, Organen und sonstigen Stellen der Union oder ihren Bediensteten in Aus&#252;bung ihrer Amtst&#228;tigkeit verursacht worden seien. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Rn.&#160;14 des angefochtenen Beschlusses stellte es sodann fest, dass aber die nationalen Gerichte keine Einrichtungen, Organe oder sonstigen Stellen der Union seien.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich befand das Gericht die Klage aus den in Rn.&#160;11 des angefochtenen Beschlusses dargelegten und oben in Rn.&#160;4 wiedergegebenen Gr&#252;nden f&#252;r offensichtlich unzul&#228;ssig, soweit sie auf den Ersatz des Schadens gerichtet war, den die Rechtsmittelf&#252;hrerin aufgrund der Weigerung der Kommission erlitten haben will, gegen die Republik &#214;sterreich ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der seitens der nationalen Gerichte unterbliebenen Befassung des Gerichtshofs mit einem Vorabentscheidungsersuchen einzuleiten.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Antr&#228;ge der Rechtsmittelf&#252;hrerin</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelf&#252;hrerin,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;den angefochtenen Beschluss aufzuheben;</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;die Zul&#228;ssigkeit der Klage und die Zust&#228;ndigkeit des Gerichts auszusprechen sowie die Rechtssache an das Gericht zur&#252;ckzuverweisen;</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>in eventu</i> auszusprechen, dass diese Rechtssache eine Grundsatzentscheidung erfordert, die die Einheit oder die Koh&#228;renz des Unionsrechts ber&#252;hren k&#246;nnte, und die Zust&#228;ndigkeit des Gerichtshofs gem&#228;&#223; Art.&#160;256 Abs.&#160;3 AEUV auszusprechen, damit er in der Sache selbst entscheidet;</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Kommission die Kosten aufzuerlegen.</p> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zum Rechtsmittel</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof ein Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzul&#228;ssig oder offensichtlich unbegr&#252;ndet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gr&#252;nden versehenen Beschluss zur&#252;ckweisen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Vorbringen der Rechtsmittelf&#252;hrerin</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtsmittelf&#252;hrerin bringt f&#252;r ihr Rechtsmittel, das ausdr&#252;cklich gegen die Rn.&#160;11 und 12 des angefochtenen Beschlusses gerichtet ist, vor, das Gericht habe zu Unrecht seine Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber die Klage aus au&#223;ervertraglicher Haftung nach Art.&#160;268 und Art.&#160;340 Abs.&#160;2 und 3 AEUV verneint.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als es nicht anerkannt habe, dass die Kommission bei der Aus&#252;bung ihres gem&#228;&#223; Art.&#160;258 AEUV einger&#228;umten Ermessens im Hinblick auf die Zweckm&#228;&#223;igkeit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens die subjektiven Rechte der Rechtsmittelf&#252;hrerin verletzt habe, der au&#223;er der Beschwerde bei der Kommission kein anderer Rechtsweg offenstehe, um die im Widerspruch zum Unionsrecht stehenden fraglichen nationalen Rechtsvorschriften zu beseitigen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der angefochtene Beschluss leide auch an einem Verfahrensmangel, da das Gericht den Inhalt des Schreibens der Kommission vom 16.&#160;November 2015 nicht gepr&#252;ft habe, der aber f&#252;r die Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Ermessensaus&#252;bung durch die Kommission ma&#223;geblich sei. In diesem Zusammenhang teilt die Rechtsmittelf&#252;hrerin nach eigener Aussage nicht die Ansicht der Kommission, wonach eine Befassung des Gerichtshofs wenig Aussicht auf Erfolg h&#228;tte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtsmittelf&#252;hrerin macht geltend, das Gericht habe die Abweisung der Klage als unzul&#228;ssig nicht auf das Urteil vom 18.&#160;Dezember 2009, Arizmendi u.&#160;a./Rat und Kommission (T&#8209;440/03, T&#8209;121/04, T&#8209;171/04, T&#8209;208/04, T&#8209;365/04 und T&#8209;484/04, EU:T:2009:530), st&#252;tzen d&#252;rfen, &#252;ber dessen Rechtm&#228;&#223;igkeit der Gerichtshof nicht entschieden habe. Jedenfalls habe in jenem Fall die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art.&#160;258 AEUV durch die Kommission dazu gef&#252;hrt, dass der betroffene Mitgliedstaat eine unionsrechtskonforme Regelung erlassen habe. Die gleiche Erwartung sei somit auch im vorliegenden Fall berechtigt gewesen.</p> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter Bezugnahme auf Rn.&#160;63 des Urteils vom 18.&#160;Dezember 2009, Arizmendi u.&#160;a./Rat und Kommission (T&#8209;440/03, T&#8209;121/04, T&#8209;171/04, T&#8209;208/04, T&#8209;365/04 und T&#8209;484/04, EU:T:2009:530), betont die Rechtsmittelf&#252;hrerin, das Gericht habe entschieden, dass aus dem Umstand, dass die Nichteinleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens keine Haftung ausl&#246;se, nicht gefolgert werden k&#246;nne, dass die Einleitung eines solchen Verfahrens durch die Kommission ebenfalls jegliche Haftung der Union ausschlie&#223;e. Diese Schlussfolgerung muss ihrer Ansicht nach auch umgekehrt gelten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Schadensersatzklage sei insoweit ein selbst&#228;ndiger Rechtsbehelf, und jede Handlung eines Organs in Aus&#252;bung eines Ermessens k&#246;nne Gegenstand einer Schadensersatzklage sein. Im &#220;brigen k&#246;nne nicht ausgeschlossen werden, dass die Ermessensaus&#252;bung rechtswidrig sei und einen hinreichend qualifizierten Versto&#223; gegen eine Rechtsvorschrift darstelle.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus folge, dass die Kl&#228;rung der Frage der Rechtswidrigkeit einer Ermessensaus&#252;bung, die die Haftung der Union ausl&#246;sen k&#246;nne, eine Frage des materiellen Unionsrechts sei und somit keine Frage der Zul&#228;ssigkeit darstelle, sondern im Gegenteil eine Frage der Begr&#252;ndetheit der Klage.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>W&#252;rdigung durch den Gerichtshof</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung auf dem Gebiet der Haftung der Union f&#252;r Sch&#228;den, die Einzelne durch eine einem Organ oder einer Einrichtung der Union zuzurechnende Verletzung des Unionsrechts erlitten haben, besteht ein unionsrechtlicher Ersatzanspruch, wenn die drei Voraussetzungen erf&#252;llt sind, dass die Rechtsnorm, gegen die versto&#223;en worden ist, bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, dass der Versto&#223; hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen dem Versto&#223; gegen die dem Zuwiderhandelnden obliegende Verpflichtung und dem den gesch&#228;digten Personen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10.&#160;Juli 2003, Kommission/Fresh Marine, C&#8209;472/00&#160;P, EU:C:2003:399, Rn.&#160;25 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 23.&#160;M&#228;rz 2004, B&#252;rgerbeauftragter/Lamberts, C&#8209;234/02&#160;P, EU:C:2004:174, Rn.&#160;49).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Bezug auf die zweite Voraussetzung besteht das entscheidende Kriterium f&#252;r die Annahme, dass ein Versto&#223; gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert ist, unter Umst&#228;nden wie denen des vorliegenden Falles darin, dass das betreffende Organ oder die betreffende Einrichtung der Union die Grenzen, die seinem oder ihrem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich &#252;berschritten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10.&#160;Juli 2003, Kommission/Fresh Marine, C&#8209;472/00&#160;P, EU:C:2003:399, Rn.&#160;26, und vom 23.&#160;M&#228;rz 2004, B&#252;rgerbeauftragter/Lamberts, C&#8209;234/02&#160;P, EU:C:2004:174, Rn.&#160;49).</p> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dabei ist den Aufgaben Rechnung zu tragen, die von dem betreffenden Organ oder der betreffenden Einrichtung wahrgenommen werden, wobei zu ber&#252;cksichtigen ist, dass das Organ oder die Einrichtung eine Handlungs- oder eine Erfolgspflicht haben kann und einen mehr oder weniger gro&#223;en Ermessensspielraum hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23.&#160;M&#228;rz 2004, B&#252;rgerbeauftragter/Lamberts, C&#8209;234/02&#160;P, EU:C:2004:174, Rn.&#160;50).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So verf&#252;gt die Kommission nach st&#228;ndiger Rechtsprechung bei der Pr&#252;fung, ob ein Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen versto&#223;en hat, &#252;ber ein Ermessen, das ein Recht Einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinn zu verlangen, ausschlie&#223;t (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14.&#160;Februar 1989, Star Fruit/Kommission, 247/87, EU:C:1989:58, Rn.&#160;11).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Demnach hat das Gericht in Rn.&#160;11 des angefochtenen Beschlusses zu Recht befunden, dass eine Entscheidung der Kommission, kein Vertragsverletzungsverfahren nach Art.&#160;258 AEUV einzuleiten, mangels einer dahin gehenden Verpflichtung ihrerseits jedenfalls nicht rechtswidrig sei, so dass die au&#223;ervertragliche Haftung der Union nicht ausgel&#246;st werde. Folglich ist die R&#252;ge des Fehlers, den das Gericht im Zusammenhang mit dem Ermessen der Kommission begangen haben soll, als offensichtlich unbegr&#252;ndet zur&#252;ckzuweisen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zwar hat sich das Gericht in seiner Begr&#252;ndung auf Rn.&#160;62 des Urteils vom 18.&#160;Dezember 2009, Arizmendi u.&#160;a./Rat und Kommission (T&#8209;440/03, T&#8209;121/04, T&#8209;171/04, T&#8209;208/04, T&#8209;365/04 und T&#8209;484/04, EU:T:2009:530), gest&#252;tzt, das nicht Gegenstand eines Rechtsmittels vor dem Gerichtshof war, doch bezieht sich jene Randnummer auf die einschl&#228;gige st&#228;ndige Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere auf den Beschluss vom 23.&#160;Mai 1990, Asia Motor France/Kommission (C&#8209;72/90, EU:C:1990:230).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem kann dem Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelf&#252;hrerin kein Rechtsfehler aufgrund dessen vorgeworfen werden, dass es im Urteil vom 18.&#160;Dezember 2009, Arizmendi u.&#160;a./Rat und Kommission (T&#8209;440/03, T&#8209;121/04, T&#8209;171/04, T&#8209;208/04, T&#8209;365/04 und T&#8209;484/04, EU:T:2009:530), zu einem anderen Ergebnis gelangt ist als in dem angefochtenen Beschluss.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein B&#252;rger unter ganz au&#223;erordentlichen Umst&#228;nden nachweisen k&#246;nnen mag, dass das betreffende Organ bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben einen hinreichend qualifizierten Versto&#223; gegen das Unionsrecht begangen hat, der geeignet ist, dem betroffenen B&#252;rger einen Schaden zu verursachen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23.&#160;M&#228;rz 2004, B&#252;rgerbeauftragter/Lamberts, C&#8209;234/02&#160;P, EU:C:2004:174, Rn.&#160;52), klagt die Rechtsmittelf&#252;hrerin im vorliegenden Fall mit der Behauptung einer Verletzung ihrer subjektiven Rechte durch die angebliche pflichtwidrige Unt&#228;tigkeit der Kommission doch ersichtlich &#252;ber einen Schaden, der in Wirklichkeit in der Unt&#228;tigkeit und in fehlerhaften Auslegungen der &#246;sterreichischen Gerichte begr&#252;ndet l&#228;ge.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wenn aber Rechte eines Einzelnen durch einen Versto&#223; gegen das Unionsrecht verletzt werden, der einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts eines Mitgliedstaats zuzurechnen ist, hat dieser Einzelne die M&#246;glichkeit, den betreffenden Mitgliedstaat vor dessen nationalen Gerichten haftbar zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30.&#160;September 2003, K&#246;bler, C&#8209;224/01, EU:C:2003:513, Rn.&#160;33 und 34, und vom 9.&#160;September 2015, Ferreira da Silva e Brito u.&#160;a., C&#8209;160/14, EU:C:2015:565, Rn.&#160;47; Beschl&#252;sse vom 5.&#160;Juli 2017, CBA Spielapparate- und Restaurantbetrieb/Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union, C&#8209;87/17&#160;P, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2017:512, Rn.&#160;18, vom 13.&#160;Juli 2017, Ccc Event Management/Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union, C&#8209;261/17&#160;P, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2017:558, Rn.&#160;18, und vom 13.&#160;September 2018, Ccc Event Management/Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union, C&#8209;23/18&#160;P, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:761, Rn.&#160;38).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu dem Vorbringen, das Gericht habe es unterlassen, den Inhalt des Schreibens der Kommission vom 16.&#160;November 2015 zu pr&#252;fen, gen&#252;gt die Feststellung, dass es sich gegen einen nicht tragenden Grund richtet, der vom Gericht in Rn.&#160;12 a.&#160;E.&#160;des angefochtenen Beschlusses angef&#252;hrt wurde, wo es hei&#223;t, dass &#8222;[i]m &#220;brigen &#8230; das Schreiben &#8230; jedenfalls ordnungsgem&#228;&#223; begr&#252;ndet sein [d&#252;rfte]&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;R&#252;gen, die gegen nicht tragende Gr&#252;nde einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, sind aber von vornherein zur&#252;ckzuweisen, da sie nicht zur Aufhebung der Entscheidung f&#252;hren k&#246;nnen (vgl. in diesem Sinne u.&#160;a. Urteil vom 28.&#160;Juni 2005, Dansk R&#248;rindustri u.&#160;a./Kommission, C&#8209;189/02&#160;P, C&#8209;202/02&#160;P, C&#8209;205/02&#160;P bis C&#8209;208/02&#160;P und C&#8209;213/02&#160;P, EU:C:2005:408, Rn.&#160;148). Das fragliche Vorbringen ist daher als offensichtlich unbegr&#252;ndet zu verwerfen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich ist zu dem Vorbringen der Rechtsmittelf&#252;hrerin, dass sie die Ansicht der Kommission nicht teilen k&#246;nne, wonach eine Befassung des Gerichtshofs wenig Aussicht auf Erfolg h&#228;tte, festzustellen, dass ein solches Vorbringen, da es sich auf die Feststellung und W&#252;rdigung tats&#228;chlicher Umst&#228;nde bezieht, nicht in die Zust&#228;ndigkeit des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens f&#228;llt. Es ist deshalb als offensichtlich unzul&#228;ssig zu verwerfen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt als teils offensichtlich unzul&#228;ssig und teils offensichtlich unbegr&#252;ndet zur&#252;ckzuweisen.</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;137 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art.&#160;184 Abs.&#160;1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird in dem das Verfahren beendenden Beschluss &#252;ber die Kosten entschieden. Da der vorliegende Beschluss ergeht, ohne dass die Rechtsmittelschrift der Beklagten im ersten Rechtszug zugestellt worden ist, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin ihre eigenen Kosten tr&#228;gt.</p> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Achte Kammer) beschlossen:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Das Rechtsmittel wird als teils offensichtlich unzul&#228;ssig und teils offensichtlich unbegr&#252;ndet zur&#252;ckgewiesen.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Die CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH tr&#228;gt ihre eigenen Kosten. </b> </p> <p class="C77SignaturesAlinea">Luxemburg, den 10.&#160;Januar 2018</p> <table width="100%"> <tr> <td width="33%"> <p class="C77Signatures" style="text-align:left">Der Kanzler</p> </td><td width="33%">&#160;</td><td width="33%"> <p class="C77Signatures" style="text-align:right">Der Pr&#228;sident der Achten Kammer</p> </td> </tr> </table> <table width="100%"> <tr> <td width="33%"> <p class="C77SignaturesAlinea" style="text-align:left">A.&#160;Calot Escobar</p> </td><td width="33%">&#160;</td><td width="33%"> <p class="C77SignaturesAlinea" style="text-align:right">F. Biltgen</p> </td> </tr> </table> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,052
eugh-2019-01-10-c-41017
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-410/17
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:03
2019-01-31T19:21:03
Urteil
ECLI:EU:C:2019:12
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C19Centre">URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)</p> <p class="C19Centre">10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung &#8211; Mehrwertsteuer &#8211; Richtlinie 2006/112/EG &#8211; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c &#8211; Art.&#160;14 Abs.&#160;1 &#8211; Art.&#160;24 Abs.&#160;1 &#8211; Entgeltliche Ums&#228;tze &#8211; Ums&#228;tze, bei denen die Gegenleistung zum Teil aus Dienstleistungen oder Gegenst&#228;nden besteht &#8211; Abbruchvertrag &#8211; Vertrag &#252;ber einen Kauf zur Demontage&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;410/17</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) mit Entscheidung vom 30.&#160;Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 7.&#160;Juli 2017, in dem Verfahren auf Betreiben der</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>A Oy,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">Beteiligte:</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Veronsaajien oikeudenvalvontayksikk&#246;,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung der Kammerpr&#228;sidentin K.&#160;J&#252;rim&#228;e sowie der Richter E.&#160;Juh&#225;sz und C.&#160;Vajda (Berichterstatter),</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: N.&#160;Wahl,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: C.&#160;Str&#246;mholm, Verwaltungsr&#228;tin,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 11.&#160;Juli 2018,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der A Oy, vertreten durch M.&#160;Kallio und H.&#160;Huhtala, </p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der finnischen Regierung, vertreten durch J.&#160;Heliskoski als Bevollm&#228;chtigten,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch J.&#160;Jokubauskait&#279; und I.&#160;Koskinen als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussantr&#228;ge &#252;ber die Rechtssache zu entscheiden,</p> <p class="C02AlineaAltA">folgendes</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Urteil</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c, Art.&#160;14 Abs.&#160;1 sowie Art.&#160;24 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl.&#160;2006, L&#160;347, S.&#160;1).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eine Verfahrens auf Betreiben der A Oy, in dem es um die mehrwertsteuerliche Behandlung von Ums&#228;tzen geht, die zum einen gem&#228;&#223; einem Abbruchvertrag, nach dem der Dienstleistungserbringer verpflichtet ist, den Abbruchabfall zu entsorgen, und dieser Abfall, soweit er Metallschrott enth&#228;lt, von dem Dienstleistungserbringer weiterverkauft werden kann, und zum anderen gem&#228;&#223; einem Vertrag &#252;ber den Kauf von Gegenst&#228;nden zur Demontage, nach dem der K&#228;ufer zum Abbruch oder zur Demontage (im Folgenden zusammen: Demontage) und zum Abtransport dieser Gegenst&#228;nde sowie zur Entsorgung des dabei anfallenden Abfalls verpflichtet ist, bewirkt werden.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Ums&#228;tze:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lieferungen von Gegenst&#228;nden, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt t&#228;tigt;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;14 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Als &#8218;Lieferung von Gegenst&#228;nden&#8216; gilt die &#220;bertragung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber einen k&#246;rperlichen Gegenstand zu verf&#252;gen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;24 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Als Dienstleistung gilt jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenst&#228;nden ist.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;73 dieser Richtlinie lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Bei der Lieferung von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen, die nicht unter die Artikel 74 bis 77 fallen, umfasst die Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer f&#252;r diese Ums&#228;tze vom Erwerber oder Dienstleistungsempf&#228;nger oder einem Dritten erh&#228;lt oder erhalten soll, einschlie&#223;lich der unmittelbar mit dem Preis dieser Ums&#228;tze zusammenh&#228;ngenden Subventionen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;199 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und d der Richtlinie 2006/112 sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Mitgliedstaaten k&#246;nnen vorsehen, dass der steuerpflichtige Empf&#228;nger die Mehrwertsteuer schuldet, an den folgende Ums&#228;tze bewirkt werden:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bauleistungen, einschlie&#223;lich Reparatur-, Reinigungs-, Wartungs-, Umbau- und Abbruchleistungen im Zusammenhang mit Grundst&#252;cken sowie die auf Grund des Artikels 14 Absatz 3 als Lieferung von Gegenst&#228;nden betrachtete Erbringung bestimmter Bauleistungen;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lieferung von Gebrauchtmaterial, auch solchem, das in seinem unver&#228;nderten Zustand nicht zur Wiederverwendung geeignet ist, Schrott, von gewerblichen und nichtgewerblichen Abfallstoffen, recyclingf&#228;higen Abfallstoffen und teilweise verarbeiteten Abfallstoffen, und gewissen in Anhang VI aufgef&#252;hrten Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen.&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Nrn. 1 und 4 des Anhangs VI (&#8222;Verzeichnis der in Artikel&#160;199 Absatz&#160;1 Buchstabe&#160;d genannten Lieferungen von Gegenst&#228;nden und Dienstleistungen&#8220;) dieser Richtlinie lauten:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lieferung von Alteisen und Nichteisenabf&#228;llen, Schrott und Gebrauchtmaterial einschlie&#223;lich Halberzeugnissen aus Verarbeitung, Herstellung oder Schmelzen von Eisen oder Nichteisenmetallen oder deren Legierungen;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Lieferung von Alteisen und Altmetallen, sowie von Abf&#228;llen, Schnitzeln und Bruch sowie gebrauchtem und recyclingf&#228;higem Material in Form von Scherben, Glas, Papier, Pappe und Karton, Lumpen, Knochen, H&#228;uten, Kunstleder, Pergament, rohen H&#228;uten und Fellen, Sehnen und B&#228;ndern, Schnur, Tauwerk, Leinen, Tauen, Seilen, Kautschuk und Plastik und Erbringung bestimmter Verarbeitungsleistungen in Zusammenhang damit&#8220;.</p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Finnisches Recht</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Arvonlis&#228;verolaki (1501/1993) (Gesetz &#252;ber die Mehrwertsteuer [1501/1993]) vom 30.&#160;Dezember 1993 in der f&#252;r das Ausgangsverfahren ma&#223;geblichen Fassung (im Folgenden: AVL), durch das die Richtlinie 2006/112 im finnischen Recht umgesetzt worden ist, bestimmt in &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 Nr.&#160;1:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Mehrwertsteuer ist gem&#228;&#223; den Bestimmungen dieses Gesetzes an den Staat zu entrichten</p> <p class="C02AlineaAltA">auf den Verkauf von Gegenst&#228;nden und die Erbringung von Dienstleistungen in Finnland im Rahmen einer gesch&#228;ftlichen T&#228;tigkeit&#8220;.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach &#167;&#160;2 Abs.&#160;1 AVL ist bei einem Verkauf von Gegenst&#228;nden und der Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von &#167;&#160;1 AVL der Verk&#228;ufer der Ware oder der Erbringer der Dienstleistung zur Entrichtung von Mehrwertsteuer verpflichtet (Steuerpflichtiger), sofern nichts Abweichendes geregelt ist. Eine abweichende Regelung enth&#228;lt u.&#160;a. &#167;&#160;8d AVL.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dieser sieht vor, dass auf K&#228;ufer von Metallschrott und &#8209;abfall die umgekehrte Steuerpflicht Anwendung findet, wenn es sich um einen Unternehmer handelt, der im Mehrwertsteuerregister eingetragen ist. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach &#167;&#160;17 AVL bezeichnet &#8222;Gegenstand&#8220; k&#246;rperliche Gegenst&#228;nde sowie Elektrizit&#228;t, Gas, W&#228;rme- und K&#252;hlenergie und sonstige damit vergleichbare Energieg&#252;ter. Unter &#8222;Dienstleistungen&#8220; f&#228;llt alles, was kein Gegenstand ist, und im Rahmen einer gesch&#228;ftlichen T&#228;tigkeit verkauft werden kann.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach &#167;&#160;18 AVL bezeichnet &#8222;Verkauf von Gegenst&#228;nden&#8220; die entgeltliche &#220;bertragung des Eigentums an einem Gegenstand und &#8222;Verkauf einer Dienstleistung&#8220; die entgeltliche Erbringung einer Dienstleistung oder einer sonstigen Leistung.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;A ist eine auf Umweltdienstleistungen f&#252;r die Industrie und das Baugewerbe spezialisierte Gesellschaft. A ist f&#252;r verschiedene Industriezweige, das Immobilien- und das Baugewerbe t&#228;tig und erbringt Umweltdienstleistungen in Finnland und Schweden. Zu ihren T&#228;tigkeitsgebieten geh&#246;ren Industrie-, Grundst&#252;cks- und Geb&#228;udedienstleistungen, Abbruchdienstleistungen sowie Recycling- und Abfallverarbeitungsdienstleistungen. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen ihrer T&#228;tigkeit erbringt A gem&#228;&#223; einem Abbruchvertrag Abbrucharbeiten an ihre Kunden. Die Bedingungen dieses Vertrags beruhen auf den von den Unternehmen des Baugewerbes gemeinsam festgelegten allgemeinen Vertragsbedingungen f&#252;r Bauleistungen. Im Rahmen eines Vertrags dieses Typs verpflichtet sich A, die Geb&#228;ude einer alten Fabrik ihres Kunden abzurei&#223;en sowie die Aufgaben des Hauptunternehmers und des f&#252;r die Baustellendienstleistungen und die Bauleitung verantwortlichen Unternehmers zu &#252;bernehmen. Nach den allgemeinen Vertragsbedingungen f&#252;r Bauleistungen geh&#246;ren zu den Pflichten des Unternehmens auch der sachgem&#228;&#223;e Abtransport und die sachgem&#228;&#223;e Verwertung des abzutragenden Materials und des Abfalls.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei einem Teil des Materials und der Abf&#228;lle handelt es sich um Metallschrott und Abf&#228;lle im Sinne von &#167;&#160;8d AVL, bei deren Verkauf die Steuerpflicht den K&#228;ufer trifft. Zum Teil handelt es sich um Gegenst&#228;nde, die A an Unternehmen, die R&#252;cklaufschrott aufkaufen, weiterverkaufen kann. A ist bestrebt, die Menge dieser Gegenst&#228;nde und den f&#252;r sie voraussichtlich zu erzielenden Preis im Voraus zu sch&#228;tzen, und ber&#252;cksichtigt diese bei der Festlegung des Preises im Rahmen der Erstellung des Angebots f&#252;r die Abbrucharbeiten, damit der Preis der dem Kunden angebotenen Abbrucharbeiten m&#246;glichst wettbewerbsf&#228;hig ist. Der gesch&#228;tzte Preis dieser Gegenst&#228;nde wird jedoch nicht mit dem Kunden im Rahmen des Abbruchvertrags verhandelt oder festgelegt, sondern dem Kunden werden die Abbrucharbeiten immer zu einem Gesamtpreis angeboten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem kauft A im Rahmen ihrer T&#228;tigkeit von ihren Kunden alte Maschinen und Ger&#228;te und verpflichtet sich nach einem Vertrag &#252;ber den Kauf zur Demontage, diese zu den im Vertrag n&#228;her geregelten Bedingungen zu demontieren und aus den Betriebsr&#228;umen oder vom Betriebsgel&#228;nde des betreffenden Kunden abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen. Ein typischer Vertrag dieser Art ist ein Vertrag &#252;ber den Kauf bestimmter Geb&#228;ude, die sich auf einem Fabrikgel&#228;nde befinden. Der Vertrag sieht vor, dass A die auf dem Gel&#228;nde befindlichen Geb&#228;ude und Bauwerke bis zum Erdboden sowie die Maschinen, Ger&#228;te und das &#252;brige Mobiliar kauft und die von ihr gekauften Gegenst&#228;nde selbst demontiert und entfernt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anbetracht der Art der gekauften Gegenst&#228;nde entstehen A durch die Demontage, den Abtransport und die sachgerechte Verwertung dieser Gegenst&#228;nde sowie die Entsorgung des dabei anfallenden Abfalls Kosten, die sie bestrebt ist, im Voraus zu sch&#228;tzen und in dem von ihr angebotenen Preis als den Kaufpreis mindernden Faktor zu ber&#252;cksichtigen. Die Vertragsparteien er&#246;rtern diese Kosten jedoch nicht in ihren Verhandlungen und legen ihre H&#246;he nicht in diesem Vertrag fest, da zu keiner Zeit beabsichtigt ist, dem Verk&#228;ufer diesen Betrag mitzuteilen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;A beantragte bei der Steuerverwaltung einen Vorbescheid in Bezug auf die Berechnung der Mehrwertsteuer, die im Rahmen des Abbruchvertrags auf die Erbringung der Abbrucharbeiten und im Rahmen des Vertrags &#252;ber den Kauf zur Demontage auf den Kauf von Metallschrott und &#8209;abfall anf&#228;llt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Vorbescheid vom 11.&#160;Juni 2015 f&#252;r den Zeitraum 11.&#160;Juni 2015 bis 31.&#160;Dezember 2016 stellte die Steuerverwaltung zum einen fest, dass A im Rahmen eines Abbruchvertrags eine Abbruchdienstleistung an ihren Kunden verkaufe und Metallschrott von ihm kaufe. Folglich m&#252;sse A auf die Dienstleistung, die sie an ihren Kunden erbringe, sowie im Rahmen der umgekehrten Steuerschuld auf den Metallschrott, den sie von diesem kaufe, Mehrwertsteuer entrichten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum anderen stellte die Steuerverwaltung hinsichtlich des Vertrags &#252;ber den Kauf zur Demontage mit diesem Vorbescheid fest, dass A eine Abbruchdienstleistung an ihren Kunden erbringe und Metallschrott von ihm kaufe. Folglich m&#252;sse A auf die Dienstleistungen, die sie an ihren Kunden erbringe, sowie im Rahmen der umgekehrten Steuerschuld auf den Metallschrott, den sie von diesem kaufe, Mehrwertsteuer entrichten.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In keinem der beiden F&#228;lle, die Gegenstand des Vorbescheids waren, nahm die Steuerverwaltung zur Bildung des Preises der Gegenleistung Stellung.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;A erhob gegen den Vorbescheid vom 11.&#160;Juni 2015 Klage beim Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki, Finnland).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Urteil vom 16.&#160;Dezember 2015 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts schlie&#223;t A sowohl im Fall des Abbruchvertrags als auch im Fall des Vertrags &#252;ber den Kauf zur Demontage mit ihrem Kunden einen Tauschvertrag, in dessen Rahmen A Abbruchdienstleistungen erbringe und Metallschrott kaufe. Folglich m&#252;sse A sowohl auf die Dienstleistung, die sie an ihren Kunden erbracht habe, als auch auf den Metallschrott, den sie von ihm gekauft habe, Mehrwertsteuer entrichten. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;A legte gegen das Urteil des Helsingin hallinto-oikeus (Verwaltungsgericht Helsinki) ein Rechtsmittel beim Korkein hallinto&#8209;oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht, Finnland) ein.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass A im Rahmen des Abbruchvertrags eine Leistung gegen Entgelt erbringt und im Rahmen des Vertrags &#252;ber den Kauf zur Demontage einen Gegenstand gegen Entgelt erwirbt. Im Ausgangsrechtsstreit gehe es somit um die Frage, ob A im ersten Fall auch einen Gegenstand gegen Entgelt erwirbt und im zweiten Fall auch eine Dienstleistung gegen Entgelt erbringt. A wende sich gegen die Einstufung dieser Vertr&#228;ge als Tauschvertr&#228;ge, da es sich nach ihrer Ansicht bei dem Metallschrott im Fall des Abbruchvertrags nicht um eine Gegenleistung f&#252;r die Abbruchdienstleistung und bei der Abbruchdienstleistung im Fall des Vertrags &#252;ber den Kauf zur Demontage nicht um eine Gegenleistung f&#252;r den Kauf des Metallschrotts handele, weil zwischen der betreffenden Dienstleistung bzw. Lieferung von Gegenst&#228;nden und der empfangenen Gegenleistung kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor diesem Hintergrund hat das Korkein hallinto-oikeus (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c in Verbindung mit Art.&#160;24 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass Abbrucharbeiten, die von einem Unternehmen, zu dessen Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit die Ausf&#252;hrung von Abbrucharbeiten geh&#246;rt, ausgef&#252;hrt werden, nur einen Umsatz umfassen, wenn das Abbruchunternehmen nach den Bedingungen des Vertrags zwischen ihm und dem Besteller verpflichtet ist, den Abbruchabfall abzutransportieren, und &#8211; soweit der Abbruchabfall Metallschrott enth&#228;lt &#8211; den Metallschrott an Unternehmen, die R&#252;cklaufschrott aufkaufen, weiterverkaufen kann?</p> <p class="C10Marge1">Oder ist ein derartiger Vertrag &#252;ber Abbrucharbeiten unter Ber&#252;cksichtigung von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er zwei Ums&#228;tze umfasst, n&#228;mlich zum einen die Erbringung der Dienstleistung des Abbruchunternehmens an den Besteller der Abbrucharbeiten und zum anderen den Kauf des weiterzuverkaufenden Metallschrotts durch das Abbruchunternehmen von dem Besteller der Abbrucharbeiten?</p> <p class="C10Marge1">Ist hier von Bedeutung, dass das Abbruchunternehmen bei der Festlegung des Preises f&#252;r die Abbrucharbeiten als preismindernden Faktor ber&#252;cksichtigt, dass es die M&#246;glichkeit hat, auch durch die Verwertung von Abbruchabf&#228;llen Einnahmen zu erzielen?</p> <p class="C10Marge1">Ist hier von Bedeutung, dass die Menge und der Wert des verwertbaren Abbruchabfalls nicht in dem Vertrag &#252;ber die Abbrucharbeiten vereinbart sind und auch nicht vereinbart ist, dass sie sp&#228;ter dem Besteller der Abbrucharbeiten mitgeteilt werden, und dass sich die Menge und der Wert des Abbruchabfalls erst herausstellen, wenn das Abbruchunternehmen ihn weiterverkauft?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 in einem Fall, in dem ein Unternehmen, zu dessen Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit die Ausf&#252;hrung von Abbrucharbeiten geh&#246;rt, mit dem Eigent&#252;mer eines Abbruchobjekts in einem Vertrag vereinbart, dass das Abbruchunternehmen das Abbruchobjekt kauft, und sich unter Vereinbarung einer Vertragsstrafe verpflichtet, das Objekt innerhalb eines im Vertrag festgelegten Zeitraums abzurei&#223;en und den Abbruchabfall abzutransportieren, dahin auszulegen, dass es sich um nur einen Umsatz handelt, der den Verkauf von Gegenst&#228;nden durch den Eigent&#252;mer des Abbruchobjekts an das Abbruchunternehmen umfasst?</p> <p class="C10Marge1">Oder ist ein derartiger Vertrag unter Ber&#252;cksichtigung von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c in Verbindung mit Art.&#160;24 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen, dass er zwei Ums&#228;tze umfasst, n&#228;mlich zum einen den Verkauf von Gegenst&#228;nden durch den Eigent&#252;mer des Abbruchobjekts an das Abbruchunternehmen und zum anderen die von dem Abbruchunternehmen an den Verk&#228;ufer der Gegenst&#228;nde erbrachte Abbruchdienstleistung?</p> <p class="C10Marge1">Ist hier von Bedeutung, dass das Abbruchunternehmen bei der Festlegung des Preises in seinem Kaufangebot f&#252;r die Gegenst&#228;nde als preismindernden Faktor die Kosten ber&#252;cksichtigt, die ihm durch die Demontage und den Abtransport der Gegenst&#228;nde entstehen?</p> <p class="C10Marge1">Ist es von Bedeutung, dass dem Verk&#228;ufer der Gegenst&#228;nde bewusst ist, dass die Kosten, die dem Abbruchunternehmen durch die Demontage und den Abtransport der Gegenst&#228;nde entstehen, als den Preis dieser Gegenst&#228;nde mindernder Faktor ber&#252;cksichtigt werden, in Anbetracht des Umstands, dass zwischen den Parteien keine Vereinbarung &#252;ber diese Kosten getroffen wird und die gesch&#228;tzte oder tats&#228;chlich angefallene H&#246;he dieser Kosten zu keiner Zeit in die Kenntnis des Verk&#228;ufers der Gegenst&#228;nde gelangen soll?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zu den Vorlagefragen</b> </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur ersten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 und Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Abbruchvertrag, wenn der Dienstleistungserbringer &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; nach diesem Vertrag verpflichtet ist, Abbrucharbeiten durchzuf&#252;hren, und, soweit der Abbruchabfall Metallschrott enth&#228;lt, diesen weiterverkaufen darf, in mehrwertsteuerlicher Hinsicht nur einen oder zwei Ums&#228;tze umfasst. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 &#8222;Lieferungen von Gegenst&#228;nden, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt t&#228;tigt&#8220;, sowie &#8222;Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt&#8220; der Mehrwertsteuer unterliegen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit wird die Lieferung eines Gegenstands in Art.&#160;14 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 definiert als &#8222;die &#220;bertragung der Bef&#228;higung, wie ein Eigent&#252;mer &#252;ber einen k&#246;rperlichen Gegenstand zu verf&#252;gen&#8220;, w&#228;hrend die Dienstleistung in Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie als &#8222;jede Leistung, die keine Lieferung eines Gegenstands &#8230; ist&#8220;, definiert wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem setzt eine Lieferung von Gegenst&#228;nden oder eine Erbringung von Dienstleistungen &#8222;gegen Entgelt&#8220; im Sinne von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 nur das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Lieferung von Gegenst&#228;nden oder der Erbringung von Dienstleistungen und einer tats&#228;chlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang besteht, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempf&#228;nger ein Rechtsverh&#228;ltnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Verg&#252;tung den tats&#228;chlichen Gegenwert f&#252;r die dem Leistungsempf&#228;nger erbrachte Dienstleistung bildet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26.&#160;September 2013, Serebryannay vek, C&#8209;283/12, EU:C:2013:599, Rn.&#160;37 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass sich der Dienstleistungserbringer &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; nach dem Abbruchvertrag verpflichtet, Abbrucharbeiten zu erbringen, die auch den sachgem&#228;&#223;en Abtransport und die sachgem&#228;&#223;e Verwertung des zu entfernenden Materials und des Abfalls gegen die Zahlung eines Preises durch den Kunden umfassen. Zudem ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass dieser Dienstleistungserbringer bestrebt ist, die Menge des zu entsorgenden Materials und Abfalls sowie deren Wiederverkaufspreis im Voraus zu sch&#228;tzen, um sie bei der Festlegung des Preises der Abbrucharbeiten zu ber&#252;cksichtigen. Au&#223;erdem ergibt sich aus der Vorlageentscheidung, dass der genannte Dienstleistungserbringer, soweit der Abbruchabfall Metallschrott enth&#228;lt, diesen Metallschrott nach dem Abbruchvertrag an Unternehmen, die R&#252;cklaufschrott aufkaufen, weiterverkaufen darf.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Ausgangsverfahren ist unstreitig, dass das Abbruchunternehmen f&#252;r seine Kunden gegen Verg&#252;tung Abbrucharbeiten in einem Mitgliedstaat durchf&#252;hrt und damit eine Dienstleistung gegen Entgelt im Sinne von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;c der Richtlinie 2006/112 erbringt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Fragen des vorlegenden Gerichts beziehen sich im Wesentlichen darauf, ob diese Leistung dar&#252;ber hinaus gegen eine Lieferung von Gegenst&#228;nden, n&#228;mlich die Lieferung von in dem Abfall und dem Gebrauchtmaterial enthaltenem R&#252;cklaufschrott erbracht wird, so dass sowohl der von dem Kunden gezahlte Preis als auch diese Lieferung die Steuerbemessungsgrundlage der genannten Leistung bilden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die Gegenleistung f&#252;r die Erbringung von Dienstleistungen in einer Lieferung von Gegenst&#228;nden bestehen und deren Steuerbemessungsgrundlage im Sinne von Art.&#160;73 der Richtlinie 2006/112 sein kann, vorausgesetzt jedoch, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erbringung von Dienstleistungen und der Lieferung von Gegenst&#228;nden besteht und der Wert der Lieferung in Geld ausgedr&#252;ckt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19.&#160;Dezember 2012, Orfey, C&#8209;549/11, EU:C:2012:832, Rn.&#160;36 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung). Gleiches gilt, wenn eine Lieferung von Gegenst&#228;nden gegen eine Dienstleistung getauscht wird, sofern diese Voraussetzungen erf&#252;llt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26.&#160;September 2013, Serebryannay vek, C&#8209;283/12, EU:C:2013:599, Rn.&#160;38 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach dieser Rechtsprechung handelt es sich bei Tauschvertr&#228;gen, bei denen die Gegenleistung <i>per definitionem</i> in einer Sachleistung besteht, und Ums&#228;tzen, bei denen die Gegenleistung in Geld erbracht wird, unter wirtschaftlichen und gesch&#228;ftlichen Gesichtspunkten um zwei gleichartige Situationen (Urteil vom 26.&#160;September 2013, Serebryannay vek, C&#8209;283/12, EU:C:2013:599, Rn.&#160;39 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Schilderung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens in Rn.&#160;32 des vorliegenden Urteils, dass der Dienstleistungserbringer &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; f&#252;r die Erbringung von Abbrucharbeiten von seinem Kunden gem&#228;&#223; dem Abbruchvertrag zus&#228;tzlich zu einer Verg&#252;tung in Geld den R&#252;cklaufschrott erwirbt, den er anschlie&#223;end weiterverkaufen kann. Somit liegt in diesem Fall eine Lieferung von Gegenst&#228;nden im Sinne von Art.&#160;14 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 vor.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu der Frage, ob diese Lieferung &#8222;gegen Entgelt&#8220; im Sinne von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a dieser Richtlinie erfolgt, ergibt sich aus st&#228;ndiger Rechtsprechung, dass die Gegenleistung, die als Steuerbemessungsgrundlage eines Umsatzes dient, ein subjektiver Wert ist. Da dieser Wert nicht aus einem zwischen den Beteiligten vereinbarten Geldbetrag besteht, muss er als subjektiver Wert derjenige Wert sein, den der Empf&#228;nger einer Dienstleistung, die die Gegenleistung f&#252;r die Lieferung von Gegenst&#228;nden darstellt, den Dienstleistungen beimisst, die er sich verschaffen will, und dem Betrag entsprechen, den er zu diesem Zweck aufzuwenden bereit ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19.&#160;Dezember 2012, Orfey, C&#8209;549/11, EU:C:2012:832, Rn.&#160;44 und 45 sowie die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daraus folgt, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die Lieferung des R&#252;cklaufschrotts als Gegenleistung bewirkt wird, wenn der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; dieser Lieferung einen Wert beimisst, den er bei der Festlegung des Preises, zu dem er die Erbringung der Abbrucharbeiten anbietet, ber&#252;cksichtigt, was zu pr&#252;fen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Menge und der Wert des in dem Abbruchabfall m&#246;glicherweise enthaltenen Metallschrotts im Abbruchvertrag nicht vereinbart wurden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs lassen n&#228;mlich etwaige technische Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Betrags der Gegenleistung noch nicht den Schluss zu, dass eine Gegenleistung nicht existiert (vgl. entsprechend Urteil vom 14.&#160;Juli 1998, First National Bank of Chicago, C&#8209;172/96, EU:C:1998:354, Rn.&#160;31).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedenfalls ist es in der in Rn.&#160;39 des vorliegenden Urteils genannten Fallkonstellation m&#246;glich, den Wert der Lieferung des R&#252;cklaufschrotts zu bestimmen. In Anbetracht der in Rn.&#160;38 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung ist dieser Wert mit dem Betrag gleichzusetzen, um den der Dienstleistungserbringer den Preis f&#252;r die Abbrucharbeiten herabsetzt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Schlussfolgerung in Rn.&#160;39 des vorliegenden Urteils steht auch nicht entgegen, dass der Empf&#228;nger der Abbruchdienstleistung den genauen Wert, auf den der Erbringer der Dienstleistung den R&#252;cklaufschrott gesch&#228;tzt hat, nicht kennt (vgl. entsprechend Urteil vom 14.&#160;Juli 1998, First National Bank of Chicago, C&#8209;172/96, EU:C:1998:354, Rn.&#160;49).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit werden in einem solchen Fall gegenseitige Leistungen im Rahmen ein und desselben Vertrags zwischen dem Dienstleistungserbringer und seinem Kunden ausgetauscht, so dass zwischen der Erbringung der Abbrucharbeiten und der Lieferung des R&#252;cklaufschrotts ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne der in Rn.&#160;35 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung besteht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu der Frage, ob die Lieferung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden R&#252;cklaufschrotts einen steuerbaren Umsatz darstellt, ist darauf hinzuweisen, dass gem&#228;&#223; Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2006/112 eine Lieferung von Gegenst&#228;nden gegen Entgelt nur dann der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn &#8222;ein Steuerpflichtiger als solcher&#8220; sie t&#228;tigt, was zu pr&#252;fen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In einem solchen Fall ist Steuerbemessungsgrundlage der Dienstleistung, die Gegenstand eines Abbruchvertrags wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden ist, der von dem Kunden tats&#228;chlich gezahlte Preis sowie der Wert, den der Dienstleistungserbringer dem R&#252;cklaufschrott beimisst, wie er in dem Betrag zum Ausdruck kommt, um den der in Rechnung gestellte Preis der Dienstleistung herabgesetzt wird. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point47">47</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es kann jedoch vorkommen, dass dieser Wert nicht die wirtschaftliche und gesch&#228;ftliche Realit&#228;t widerspiegelt, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aber ein grundlegendes Kriterium f&#252;r die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist. In einem solchen Fall ist es Sache des nationalen Gerichts, sich unter Ber&#252;cksichtigung s&#228;mtlicher relevanter Umst&#228;nde zu vergewissern, dass kein Missbrauch vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20.&#160;Juni 2013, Newey, C&#8209;653/11, EU:C:2013:409, Rn.&#160;39, 46 und 52).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point48">48</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 und Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Abbruchvertrag, wenn der Dienstleistungserbringer &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; nach diesem Vertrag verpflichtet ist, Abbrucharbeiten durchzuf&#252;hren, und, soweit der Abbruchabfall Metallschrott enth&#228;lt, diesen weiterverkaufen darf, eine Dienstleistung, die gegen Entgelt erbracht wird, n&#228;mlich die Abbrucharbeiten, und dar&#252;ber hinaus eine Lieferung von Gegenst&#228;nden gegen Entgelt, n&#228;mlich die Lieferung des Metallschrotts, umfasst, wenn der Erwerber, d.&#160;h. dieses Unternehmen, dieser Lieferung einen Wert beimisst, den er bei der Festlegung des Preises, zu dem er die Abbrucharbeiten anbietet, ber&#252;cksichtigt, wobei diese Lieferung allerdings nur dann der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn sie von einem Steuerpflichtigen als solchem erbracht wird. </p> <p class="C05Titre2">&#160;<b>Zur zweiten Frage</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point49">49</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der zweiten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 und Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Vertrag &#252;ber den Kauf zur Demontage, wenn der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; im Rahmen dieses Vertrags ein Objekt zur Demontage kauft und sich bei Vertragsstrafe verpflichtet, dieses Objekt innerhalb einer in dem Vertrag festgelegten Frist zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen, in mehrwertsteuerlicher Hinsicht einen oder zwei Ums&#228;tze umfasst.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point50">50</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; im Rahmen des Vertrags &#252;ber den Kauf zur Demontage alte Geb&#228;ude, Bauwerke &#252;ber dem Erdboden sowie Maschinen, Ger&#228;te und sonstiges Mobiliar, die sich auf einem Fabrikgel&#228;nde befinden, kauft und bei Vertragsstrafe verpflichtet ist, diese innerhalb einer bestimmten Frist zu demontieren und abzutransportieren, sowie den dabei anfallenden Abfall aus den R&#228;umen und vom Gel&#228;nde der Fabrik zu entsorgen. Au&#223;erdem ist der Vorlageentscheidung zu entnehmen, dass der Erwerber bestrebt ist, die durch die Demontage, den Abtransport und die sachgem&#228;&#223;e Verwertung der zu demontierenden Gegenst&#228;nde entstehenden Kosten im Voraus zu sch&#228;tzen, um sie in dem Kaufpreisangebot zu ber&#252;cksichtigen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point51">51</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Feststeht, dass ein solcher Vertrag im Ausgangsverfahren die Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt im Sinne von Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2006/112 im Gebiet eines Mitgliedstaats umfasst, n&#228;mlich die Lieferung eines zu demontierenden Gegenstands gegen Zahlung eines Kaufpreises. Unter der Voraussetzung, dass &#8222;ein Steuerpflichtiger als solcher&#8220; im Sinne dieser Bestimmung diese Lieferung t&#228;tigt, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat, handelt es sich dabei um einen steuerbaren Umsatz. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point52">52</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht m&#246;chte wissen, ob diese Lieferung dar&#252;ber hinaus im Austausch gegen eine Erbringung von Dienstleistungen, n&#228;mlich Demontage- und Entsorgungsarbeiten, erbracht wird, so dass sowohl der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannte Kaufpreis als auch diese Dienstleistung die Steuerbemessungsgrundlage dieser Lieferung bilden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point53">53</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hierzu d&#252;rfte der Sachverhaltsschilderung, die in Rn.&#160;50 des vorliegenden Urteils wiedergegeben ist, zu entnehmen sein, dass der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; zus&#228;tzlich zur Entrichtung des in dem Vertrag vereinbarten Kaufpreises f&#252;r die Lieferung des zu demontierenden Gegenstands nach diesem Vertrag bei Vertragsstrafe verpflichtet ist, diesen Gegenstand innerhalb einer bestimmten Frist zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen. Soweit der Erwerber verpflichtet ist, diesen Gegenstand zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen, und damit spezifisch den Bed&#252;rfnissen des Verk&#228;ufers Rechnung tr&#228;gt, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat, liegt in diesem Fall eine Dienstleistung im Sinne von Art.&#160;24 Abs.&#160;1 der Richtlinie 2006/112 vor. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point54">54</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; der in Rn.&#160;38 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung werden in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens die Demontage- und Entsorgungsarbeiten gegen eine Gegenleistung erbracht, wenn der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; diesen Arbeiten einen Wert beimisst, den er im Rahmen des von ihm angebotenen Kaufpreises als diesen mindernden Faktor ber&#252;cksichtigt, was zu pr&#252;fen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point55">55</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter Ber&#252;cksichtigung der Erw&#228;gungen in den Rn.&#160;40, 41 und 43 des vorliegenden Urteils ist darauf hinzuweisen, dass diesem Ergebnis weder der Umstand, dass die Kosten der Demontage- und Entsorgungsarbeiten nicht zwischen den Parteien vereinbart werden, noch der Umstand, dass der Verk&#228;ufer den Betrag der Kosten, die bei der Festlegung des angebotenen Kaufpreises ber&#252;cksichtigt werden, nicht kennt, entgegenstehen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point56">56</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedenfalls ist es in dem in Rn.&#160;54 des vorliegenden Urteils genannten Fall m&#246;glich, den Wert der Demontage- und Entsorgungsarbeiten zu bestimmen. In Anbetracht der in Rn.&#160;38 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung ist dieser Wert n&#228;mlich mit dem Betrag gleichzusetzen, den der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; als den Kaufpreis des Demontageobjekts mindernden Faktor ber&#252;cksichtigt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point57">57</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit werden in einem solchen Fall gegenseitige Leistungen im Rahmen ein und desselben Vertrags zwischen dem Erwerber &#8211; einem Abbruchunternehmen &#8211; und dem Empf&#228;nger &#8211; dem Lieferer des Demontageobjekts &#8211; ausgetauscht, so dass zwischen der Lieferung des Demontageobjekts und der Erbringung der Abbruch- und Entsorgungsarbeiten ein unmittelbarer Zusammenhang im Sinne der in Rn.&#160;35 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung besteht.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point58">58</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In einem solchen Fall best&#252;nde die Steuerbemessungsgrundlage der Lieferung des Demontageobjekts daher in dem f&#252;r dieses Objekt tats&#228;chlich gezahlten Kaufpreis und dem Betrag, der dem Faktor entspricht, um den der Erwerber den angebotenen Kaufpreis herabsetzt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point59">59</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es kann jedoch vorkommen, dass dieser Wert nicht die wirtschaftliche und gesch&#228;ftliche Realit&#228;t widerspiegelt, die nach der in Rn.&#160;47 des vorliegenden Urteils angef&#252;hrten Rechtsprechung aber ein grundlegendes Kriterium f&#252;r die Anwendung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ist; in einem solchen Fall ist es nach dieser Rechtsprechung Sache des nationalen Gerichts, sich unter Ber&#252;cksichtigung s&#228;mtlicher relevanter Umst&#228;nde zu vergewissern, dass kein Missbrauch vorliegt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point60">60</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 und Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie dahin auszulegen ist, dass ein Vertrag &#252;ber den Kauf zur Demontage, wenn der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; im Rahmen dieses Vertrags ein zu demontierendes Objekt kauft und sich bei Vertragsstrafe verpflichtet, dieses Objekt innerhalb einer in dem Vertrag festgelegten Frist zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen, eine Lieferung von Gegenst&#228;nden gegen Entgelt umfasst, n&#228;mlich die Lieferung eines zu demontierenden Gegenstands, die der Mehrwertsteuer nur unterliegt, wenn ein Steuerpflichtiger als solcher diese Lieferung t&#228;tigt, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat. Soweit der Erwerber verpflichtet ist, diesen Gegenstand zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen, und damit spezifisch den Bed&#252;rfnissen des Verk&#228;ufers Rechnung tr&#228;gt, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat, umfasst dieser Vertrag dar&#252;ber hinaus eine Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt, n&#228;mlich die Durchf&#252;hrung von Demontage- und Entsorgungsarbeiten, wenn der Erwerber diesen Arbeiten einen Wert beimisst, den er in dem von ihm angebotenen Preis als Faktor ber&#252;cksichtigt, der den Kaufpreis des zu demontierenden Gegenstands mindert, was zu pr&#252;fen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist. </p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point61">61</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) f&#252;r Recht erkannt:</p> <p class="C08Dispositif">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.&#160;November 2006 &#252;ber das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 und Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein Abbruchvertrag, wenn der Dienstleistungserbringer &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; nach diesem Vertrag verpflichtet ist, Abbrucharbeiten durchzuf&#252;hren, und, soweit der Abbruchabfall Metallschrott enth&#228;lt, diesen weiterverkaufen darf, eine Dienstleistung, die gegen Entgelt erbracht wird, n&#228;mlich die Abbrucharbeiten, und dar&#252;ber hinaus eine Lieferung von Gegenst&#228;nden gegen Entgelt, n&#228;mlich die Lieferung des Metallschrotts, umfasst, wenn der Erwerber, d.&#160;h. dieses Unternehmen, dieser Lieferung einen Wert beimisst, den er bei der Festlegung des Preises, zu dem er die Abbrucharbeiten anbietet, ber&#252;cksichtigt, wobei diese Lieferung allerdings nur dann der Mehrwertsteuer unterliegt, wenn sie von einem Steuerpflichtigen als solchem erbracht wird.</b> </p> <p class="C08Dispositif">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Art.&#160;2 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a und c der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art.&#160;14 Abs.&#160;1 und Art.&#160;24 Abs.&#160;1 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass ein Vertrag &#252;ber den Kauf zur Demontage, wenn der Erwerber &#8211; ein Abbruchunternehmen &#8211; im Rahmen dieses Vertrags ein Objekt zur Demontage kauft und sich bei Vertragsstrafe verpflichtet, dieses Objekt innerhalb einer in dem Vertrag festgelegten Frist abzurei&#223;en oder zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen, eine Lieferung von Gegenst&#228;nden gegen Entgelt umfasst, n&#228;mlich die Lieferung eines zu demontierenden Gegenstands, die der Mehrwertsteuer nur unterliegt, wenn ein Steuerpflichtiger als solcher diese Lieferung t&#228;tigt, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat. Soweit der Erwerber verpflichtet ist, diesen Gegenstand abzurei&#223;en oder zu demontieren und abzutransportieren sowie den dabei anfallenden Abfall zu entsorgen, und damit spezifisch den Bed&#252;rfnissen des Verk&#228;ufers Rechnung tr&#228;gt, was das vorlegende Gericht zu pr&#252;fen hat, umfasst dieser Vertrag dar&#252;ber hinaus eine Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt, n&#228;mlich die Durchf&#252;hrung von Abbruch- oder Demontage- und Entsorgungsarbeiten, wenn der Erwerber diesen Arbeiten einen Wert beimisst, den er in dem von ihm angebotenen Preis als Faktor ber&#252;cksichtigt, der den Kaufpreis des zu demontierenden Gegenstands mindert, was zu pr&#252;fen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist.</b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Finnisch.</p>
175,051
eugh-2019-01-10-c-16918
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-169/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-31T19:21:03
2019-01-31T19:21:03
Beschluss
ECLI:EU:C:2019:5
<p>Vorl&#228;ufige Fassung</p> <p class="C19Centre">BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)</p> <p class="C19Centre">10.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung &#8211; Erledigung&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;169/18</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Court of Appeal (Berufungsgericht, Irland) mit Entscheidung vom 23.&#160;Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 2.&#160;M&#228;rz 2018, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Atif Mahmood,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Shabina Atif,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Mohammed Ahsan,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Mohammed Haroon,</b>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Nik Bibi Haroon,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Noor Habib u.&#160;a.</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">gegen</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Minister for Justice, Equality and Law Reform</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Kammerpr&#228;sidenten J.&#8209;C.&#160;Bonichot, der Vizepr&#228;sidentin R.&#160;Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter A.&#160;Rosas, L.&#160;Bay Larsen und M.&#160;Safjan,</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: M.&#160;Szpunar,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund des schriftlichen Verfahrens,</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Ber&#252;cksichtigung der Erkl&#228;rungen</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Herrn Mahmood und Frau Atif, vertreten durch U.&#160;O&#8217;Brien und C.&#160;Sinnott, Solicitors, C.&#160;O&#8217;Dwyer, SC, und D.&#160;Leonard, BL,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Herrn Ahsan, vertreten durch U.&#160;O&#8217;Brien und C.&#160;Sinnott, Solicitors, C.&#160;O&#8217;Dwyer, SC, und S.&#160;Michael Haynes, Barrister,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Herrn und Frau Haroon, vertreten durch S.&#160;Kirwan, Solicitor, M.&#160;Lynn, SC, und A.&#160;Lowry, BL,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Herrn Habib, vertreten durch E.&#160;Larney, Solicitor, M.&#160;Lynn, SC, und A.&#160;Lowry, BL,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;von Irland, vertreten durch M.&#160;Browne, G.&#160;Hodge und A.&#160;Joyce als Bevollm&#228;chtigte im Beistand von M.&#160;Collins, SC, und S.&#160;Kingston, BL,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der deutschen Regierung, vertreten durch T.&#160;Henze und R.&#160;Kanitz als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Regierung des Vereinigten K&#246;nigreichs, vertreten durch S.&#160;Brandon und R.&#160;Fadoju als Bevollm&#228;chtigte im Beistand von D.&#160;Blundell, Barrister,</p> <p class="C03Tiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Europ&#228;ischen Kommission, vertreten durch J.&#160;Tomkin und E.&#160;Montaguti als Bevollm&#228;chtigte,</p> <p class="C02AlineaAltA">nach Anh&#246;rung des Generalanwalts</p> <p class="C02AlineaAltA">folgenden</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Beschluss</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 29.&#160;April 2004 &#252;ber das Recht der Unionsb&#252;rger und ihrer Familienangeh&#246;rigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur &#196;nderung der Verordnung (EWG) Nr.&#160;1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl.&#160;2004, L&#160;158, S.&#160;77, und Berichtigung im ABl.&#160;2004, L&#160;229, S.&#160;35).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Atif Mahmood, Frau Shabina Atif,<b/>Herrn Mohammed Ahsan, Herrn<b/>Mohammed Haroon, Frau<b/>Nik Bibi Haroon und Herrn Noor Habib u.&#160;a. auf der einen und dem Minister for Justice, Equality and Law Reform (Minister f&#252;r Justiz, Gleichberechtigung und Rechtsreform, Irland, im Folgenden: Minister) auf der anderen Seite wegen des Zeitraums f&#252;r die Bearbeitung der von den Mitgliedern der Familien von Herrn Mahmood, Herrn Ahsan, Herrn Haroon und Herrn Habib gestellten Visumantr&#228;ge.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Mahmood, Herr Ahsan, Herr Haroon und Herr Habib, britische Staatsangeh&#246;rige, reichten am 16.&#160;November 2015, am 18.&#160;M&#228;rz 2016, am 21.&#160;Dezember 2015 und am 16.&#160;Dezember 2015 beim High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) eine Klage gegen den Minister ein, weil die Antr&#228;ge auf Visa f&#252;r die Einreise nach Irland f&#252;r die Mitglieder ihrer Familien, Staatsangeh&#246;rige von Drittstaaten, n&#228;mlich die Islamische Republik Pakistan und die Islamische Republik Afghanistan, mit Verz&#246;gerung bearbeitet worden seien.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da der High Court (Hoher Gerichtshof) diesen Klagen stattgegeben hatte, legte der Minister Rechtsmittel beim Court of Appeal (Berufungsgericht, Irland) ein, der beschloss, sie zusammenzuf&#252;hren, um sie gemeinsam zu behandeln.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Mahmood ist ein britischer Staatsangeh&#246;riger, der seinen gew&#246;hnlichen Wohnsitz im Vereinigten K&#246;nigreich hat und seit 2013 mit einer pakistanischen Staatsangeh&#246;rigen, Frau Atif, verheiratet ist. Da er beabsichtigte, sich mit seiner Ehefrau nach Irland zu begeben, beantragte er am 9.&#160;Juli 2015 beim irischen Konsulat in Karachi (Pakistan) f&#252;r sie ein Visum f&#252;r die Einreise. Seitdem wohnen beide in Erwartung der Entscheidung &#252;ber diesen Antrag in Pakistan.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Ahsan ist ein britischer Staatsangeh&#246;riger, der seit Mai 2015 in Irland arbeitet. Im Juni 2012 heiratete er in Pakistan Frau Malaika Gulshan, eine pakistanische Staatsangeh&#246;rige, mit der er einen Sohn hat. Am 7.&#160;August 2015 stellte Frau Gulshan bei einem Pr&#252;fungszentrum in Lahore (Pakistan) f&#252;r sich selbst und f&#252;r ihren Sohn einen Antrag auf ein Visum f&#252;r die Einreise nach Irland.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Haroon ist ein britischer Staatsangeh&#246;riger, der ein Fast&#8209;Food&#8209;Unternehmen in Irland betreibt und seit 2013 mit Frau Haroon, einer afghanischen Staatsangeh&#246;rigen, verheiratet ist. Am 4.&#160;Juni 2015 stellte diese &#252;ber einen ihrer Anw&#228;lte in Irland einen Antrag auf ein Visum f&#252;r die Einreise in diesen Mitgliedstaat, um ihrem Ehegatten nachzuziehen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Herr Habib ist ein britischer Staatsangeh&#246;riger, der seit Februar 2015 als selbst&#228;ndig Erwerbst&#228;tiger in Irland niedergelassen ist. Er wurde 1968 in Afghanistan geboren und hat seine erste Frau im Jahr 1990 geheiratet; aus dieser Ehe sind drei Kinder hervorgegangen. Im Juni 2015 wurde beim Visab&#252;ro von Irland in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) f&#252;r seine Mutter ein Antrag auf ein Einreisevisum und wurden in Irland Antr&#228;ge auf Einreisevisa f&#252;r zwei seiner S&#246;hne und f&#252;r vier seiner Enkelkinder von ihrem gesetzlichen Vertreter gestellt.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kl&#228;ger des Ausgangsverfahrens machen geltend, dass der Zeitraum f&#252;r die Bearbeitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Visumantr&#228;ge gegen die Anforderungen nach Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38 versto&#223;e.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Minister hingegen ist der Ansicht, dass erstens der Zeitraum f&#252;r die Bearbeitung dieser Visumantr&#228;ge nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sei, weil er durch die Notwendigkeit gerechtfertigt werde, Nachpr&#252;fungen und Kontrollen durchzuf&#252;hren, um Betrug, Rechtsmissbrauch oder Scheinehen aufzudecken. In Irland und im Vereinigten K&#246;nigreich gebe es um die Vereinfachung der Eingehung von Scheinehen bem&#252;hte kriminelle Netzwerke sowie lukrative Unternehmen, die die Einreise von Unionsb&#252;rgern nach Irland einzig zu dem k&#252;nstlichen Zweck erleichterten, eine unionsrechtliche Verpflichtung zu begr&#252;nden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Zeitraum f&#252;r die Bearbeitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Visumantr&#228;ge sei zweitens nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig, weil er durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, umfassende Sicherheitskontrollen durchzuf&#252;hren, um das Risiko eines drohenden Terroranschlags auszuschlie&#223;en, wenn die betroffenen Personen aus Drittstaaten k&#228;men, die, wie hier, Anlass zu konkreten Bedenken g&#228;ben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens lenkt der Minister die Aufmerksamkeit auf den sehr starken Anstieg der Zahl von Visumantr&#228;gen, die von Ehegatten von Unionsangeh&#246;rigen mit Wohnsitz in solchen Drittstaaten gestellt w&#252;rden. Die Zahl der Antr&#228;ge habe im Zeitraum 2013 bis 2015 um 1&#160;417&#160;% zugenommen und sei von 663 im Jahr 2013 auf 10&#160;062 im Jahr 2015 angestiegen. Dieser unvorhergesehene Anstieg rechtfertige eine Verl&#228;ngerung des Zeitraums f&#252;r die Bearbeitung der Visumantr&#228;ge.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im &#220;brigen k&#246;nnten sich die Kl&#228;ger des Ausgangsverfahrens nicht auf Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38 berufen, solange die Nachpr&#252;fungen und die Kontrollen noch nicht durchgef&#252;hrt worden seien. Es obliege demjenigen, der f&#252;r einen Familienangeh&#246;rigen eines Unionsb&#252;rgers einen Visumantrag stelle, den Nachweis daf&#252;r zu erbringen, dass eine echte Beziehung bestehe, aufgrund deren das einem Drittstaat angeh&#246;rende Familienmitglied ein Aufenthaltsrecht erlangen k&#246;nne, bevor er sich auf diese Bestimmung berufen k&#246;nne.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass dieses Verteidigungsvorbringen zur&#252;ckzuweisen sei, da die eigentliche Frage die sei, ob die Verz&#246;gerungen bei der Bearbeitung von Antr&#228;gen auf Visa f&#252;r die Einreise wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden einen Versto&#223; gegen diese Bestimmung darstellten, und ob sie durch die geltend gemachten Umst&#228;nde gerechtfertigt werden k&#246;nnten. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Grunds&#228;tzlich stelle eine bis zu zweij&#228;hrige Bearbeitungszeit f&#252;r einen Antrag auf ein Einreisevisum einen Versto&#223; gegen Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38 dar. Zudem sei zweifelhaft, ob eine solche Verz&#246;gerung durch die vom Minister angef&#252;hrten Gr&#252;nde gerechtfertigt sein k&#246;nne, da der Unionsgesetzgeber dies, wenn es so gewesen w&#228;re, ausdr&#252;cklich in dieser Richtlinie vorgesehen h&#228;tte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im &#220;brigen seien derzeit etwa 7 300 Antr&#228;ge auf Visa f&#252;r die Einreise beim Minister in Bearbeitung, und die Entscheidung in dem bei ihm anh&#228;ngigen Rechtsstreit werde Auswirkungen auf jeden einzelnen dieser Antr&#228;ge haben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter diesen Umst&#228;nden hat der Court of Appeal (Berufungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verst&#246;&#223;t ein Mitgliedstaat &#8211; vorbehaltlich der in den Fragen 2, 3 und 4 aufgef&#252;hrten potenziellen Rechtfertigungsgr&#252;nde &#8211; gegen die Anforderung nach Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38, dem Ehegatten und den Familienangeh&#246;rigen eines Unionsb&#252;rgers, der sein Freiz&#252;gigkeitsrecht in dem betreffenden Mitgliedstaat aus&#252;bt oder aus&#252;ben m&#246;chte, so bald wie m&#246;glich ein Visum zu erteilen, wenn die Bearbeitungszeit mehr als zw&#246;lf Monate betr&#228;gt?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind &#8211; unbeschadet der ersten Frage &#8211; Verz&#246;gerungen bei der Bearbeitung oder anderweitigen Bescheidung eines Visumantrags nach Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38, die dadurch entstehen, dass insbesondere durch Hintergrund&#252;berpr&#252;fungen gekl&#228;rt werden muss, ob der Antrag betr&#252;gerisch oder rechtsmissbr&#228;uchlich ist, ob etwa eine Scheinehe vorliegt, nach Art.&#160;35 dieser Richtlinie oder aus anderem Grund gerechtfertigt und versto&#223;en damit nicht gegen deren Art.&#160;5 Abs.&#160;2?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind &#8211; unbeschadet der ersten Frage &#8211; Verz&#246;gerungen bei der Bearbeitung oder Bescheidung eines Visumantrags nach Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38, die dadurch entstehen, dass bei Personen aus bestimmten Drittstaaten wegen konkreter Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit Reisenden aus diesen Drittstaaten umfangreiche Hintergrund- und Sicherheits&#252;berpr&#252;fungen durchgef&#252;hrt werden m&#252;ssen, nach Art.&#160;27 oder Art.&#160;35 dieser Richtlinie oder aus anderem Grund gerechtfertigt und versto&#223;en damit nicht gegen deren Art.&#160;5 Abs.&#160;2?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sind &#8211; unbeschadet der ersten Frage &#8211; Verz&#246;gerungen bei der Bearbeitung oder Bescheidung eines Visumantrags nach Art.&#160;5 Abs.&#160;2 der Richtlinie 2004/38, die dadurch entstehen, dass die Zahl der Antr&#228;ge aus bestimmten Drittstaaten, bei denen ernsthafte Sicherheitsbedenken bestehen, pl&#246;tzlich und unerwartet ansteigt, gerechtfertigt und versto&#223;en damit nicht gegen Art.&#160;5 Abs.&#160;2 dieser Richtlinie? </p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Verfahren vor dem Gerichtshof</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im schriftlichen Verfahren hat Irland erkl&#228;rt, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Visumantr&#228;ge im M&#228;rz 2017 abschl&#228;gig beschieden worden seien. Die gegen diese Entscheidungen eingelegten Rechtsbehelfe seien im Juli 2017 in Bezug auf die Ehefrau von Herrn Mahmood, im Dezember 2017 in Bezug auf die Ehefrau und den Sohn von Herrn Ahsan, im Februar 2018 in Bezug auf die Ehefrau von Herrn Haroon und im Januar 2018 in Bezug auf die Mutter, die beiden S&#246;hne und die vier Enkelkinder von Herrn Habib zur&#252;ckgewiesen worden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Infolge dieser Information hat die Kanzlei des Gerichtshofs das vorlegende Gericht gem&#228;&#223; Art.&#160;101 Abs.&#160;1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs mit Schreiben vom 18.&#160;Oktober 2018 gebeten, dem Gerichtshof mitzuteilen, ob das Ausgangsverfahren gegenstandslos geworden oder ob die Antwort des Gerichtshofs weiterhin f&#252;r die Entscheidung des bei ihm anh&#228;ngigen Rechtsstreits erforderlich sei. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Schreiben vom 31.&#160;Oktober 2018 hat das vorlegende Gericht geantwortet, dass es, auch wenn die Antwort des Gerichtshofs f&#252;r die Kl&#228;ger des Ausgangsverfahrens nicht mehr erforderlich sei, das Vorabentscheidungsersuchen aufrechterhalten m&#246;chte, weil eine solche Antwort Auswirkungen auf mehrere Tausend in Bearbeitung befindliche Akten habe.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zum Vorabentscheidungsersuchen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das in Art.&#160;267 AEUV vorgesehene Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anh&#228;ngigen Rechtsstreits ben&#246;tigen (Beschluss vom 15.&#160;November 2017, Aranyosi, C&#8209;496/16, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2017:866, Rn.&#160;22). </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Aufbau von Art.&#160;267 AEUV folgt, dass das Vorabentscheidungsverfahren voraussetzt, dass bei den nationalen Gerichten tats&#228;chlich ein Rechtsstreit anh&#228;ngig ist, in dessen Rahmen sie eine Entscheidung erlassen m&#252;ssen, bei der das Vorabentscheidungsurteil des Gerichtshofs ber&#252;cksichtigt werden kann (Beschluss vom 3.&#160;M&#228;rz 2016, Euro Bank, C&#8209;537/15, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2016:143, Rn.&#160;32).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtfertigung des Vorabentscheidungsersuchens liegt n&#228;mlich nicht in der Abgabe von Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen, sondern darin, dass das Ersuchen f&#252;r die tats&#228;chliche Entscheidung eines Rechtsstreits erforderlich ist (Beschluss vom 3.&#160;M&#228;rz 2016, Euro Bank, C&#8209;537/15, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2016:143, Rn.&#160;33).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass der Ausgangsrechtsstreit die angebliche Verz&#246;gerung bei der Bearbeitung der in Rede stehenden Visumantr&#228;ge durch den Minister betraf und diesem aufgegeben werden sollte, &#252;ber diese Antr&#228;ge zu entscheiden. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da, wie sich aus den Rn.&#160;18 und 20 des vorliegenden Beschlusses ergibt, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Visumantr&#228;ge alle Gegenstand ablehnender Entscheidungen waren, die mit gerichtlichen Rechtsbehelfen angefochten wurden, denen nicht stattgegeben wurde, und da das vorlegende Gericht klargestellt hat, dass die Antwort des Gerichtshofs den Kl&#228;gern des Ausgangsverfahrens nicht mehr dienlich sein kann, ist der Ausgangsrechtsstreit gegenstandslos geworden, weshalb eine Antwort auf die Vorlagefragen ersichtlich nicht mehr ben&#246;tigt wird.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Trotz fehlender R&#252;cknahme des Vorabentscheidungsersuchens durch das vorlegende Gericht, dessen Sache es grunds&#228;tzlich ist, die Konsequenzen aus der ablehnenden Bescheidung der Visumantr&#228;ge zu ziehen und insbesondere zu entscheiden, ob sein Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten, abzu&#228;ndern oder zur&#252;ckzuziehen ist, ist daher im vorliegenden Fall festzustellen, dass das Vorabentscheidungsersuchen nicht zu beantworten ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 24.&#160;M&#228;rz 2009, Nationale Loterij, C&#8209;525/06, EU:C:2009:179, Rn.&#160;11).</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Erste Kammer) beschlossen:</p> <p class="C30Dispositifalinea"> <b>&#220;ber das vom Court of Appeal (Berufungsgericht, Irland) mit Beschluss vom 23.&#160;Februar 2018 in der Rechtssache C</b>&#8209;<b>169/18 vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen ist nicht zu entscheiden. </b> </p> <p class="C77Signatures">Unterschriften</p> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Englisch.</p>
171,288
vg-aachen-2019-01-10-5-k-186317a
{ "id": 840, "name": "Verwaltungsgericht Aachen", "slug": "vg-aachen", "city": 380, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
5 K 1863/17.A
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:42
2019-02-12T13:44:34
Urteil
ECLI:DE:VGAC:2019:0110.5K1863.17A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beklagte wird unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 17. M&#228;rz 2017 verpflichtet, der Kl&#228;gerin die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuzuerkennen.</p> <p>Die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden, tr&#228;gt die Beklagte.</p> <p>Das Urteil ist wegen der Kosten vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110&#160;% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kl&#228;gerin vor der Vollstreckung Sicherheit in H&#246;he von 110&#160;% des zu vollstreckenden Betrages leistet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die am &#160;&#160;&#160;&#160;00.00.0000 in Daraa/Syrien geborene Kl&#228;gerin, ausgewiesen durch einen syrischen Reiseausweis, ausgestellt am 26. Oktober 2015 von der syrischen Botschaft in Beirut, ist syrische Staatsangeh&#246;rige arabischer Volkszugeh&#246;rigkeit und sunnitischer Religionszugeh&#246;rigkeit.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Nach eigenen Angaben floh sie mit ihrem damaligen Ehemann und den drei gemeinsamen Kindern am 18. November 2015 in die T&#252;rkei und reiste am 28. November 2015 auf dem Landweg in das Bundesgebiet ein. Die Bescheinigung &#252;ber die Meldung als Asylsuchender (B&#252;MA) datiert vom 8. Dezember 2015. Am 2. September 2016 stellte die Kl&#228;gerin einen Asylantrag und wurde zugleich zur Bestimmung des zust&#228;ndigen Mitgliedstaates angeh&#246;rt.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen der Anh&#246;rung beim Bundesamt am 6. Januar 2017 gab die Kl&#228;gerin zu ihren Asylgr&#252;nden im Wesentlichen an:</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Sie habe mit ihrer Familie in Daraa, Almahata gelebt und in einem Salon als Visagistin gearbeitet. Ihre Mutter lebe im Libanon; zwei Br&#252;der hielten sich noch im Heimatland auf. Erstmals habe sie Syrien mit ihrem Mann und den Kindern bereits 2012 verlassen; sie h&#228;tten bis 2015 in Beirut/Libanon im Fl&#252;chtlingslager Burj Albarajna gelebt. Da ihr Mann Pal&#228;stinenser und der Aufenthalt der Pal&#228;stinenser im Libanon nicht mehr verl&#228;ngert worden sei, seien sie nach Syrien zur&#252;ckgereist, um von dort aus nach Deutschland zu fliehen. 2012 h&#228;tten sie sehr viele Probleme in Syrien gehabt. Die FSA habe sich in der N&#228;he des Dorfes aufgehalten und sich in den H&#228;usern versteckt. Die syrische Armee habe deshalb H&#228;user durchsucht und den Stadtteil auch bombardiert. Damals seien ihr Cousin und dessen Frau ums Leben gekommen. Ihre Kinder h&#228;tten Panik und Albtr&#228;ume gehabt.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 17. M&#228;rz 2017, zugestellt am 29. M&#228;rz 2017 erkannte das Bundesamt der Kl&#228;gerin den subsidi&#228;ren Schutzstatus zu (Ziffer 1.) und lehnte den Asylantrag im &#220;brigen ab (Ziffer 2.).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin hat am 7. April 2017 Klage erhoben. Zur Begr&#252;ndung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ihre im Rahmen der Bundesamtsanh&#246;rung vorgetragenen Asylgr&#252;nde.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">die Beklagte unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 17. M&#228;rz 2017 zu verpflichten, der Kl&#228;gerin die Fl&#252;chtlingseigenschaft nach &#167;&#160;3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zur Begr&#252;ndung bezieht sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 24. Mai 2017 erkannte das Bundesamt den 2009, 2010 und 2014 geborenen Kindern sowie dem damaligen Ehemann der Kl&#228;gerin die Fl&#252;chtlingseigenschaft zu. Die Ehe der Kl&#228;gerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; vom 26. Oktober 2018 geschieden. Auf gerichtliche Nachfrage hat der Prozessbevollm&#228;chtigte der Kl&#228;gerin mitgeteilt, dass keine Sorgerechtsregelung getroffen wurde.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluss vom 25. April 2017 hat die Kammer das Verfahren auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin &#252;bertragen. Diese hat mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 der Kl&#228;gerin Prozesskostenhilfe bewilligt.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der elektronischen Akten des Bundesamtes betreffend die Kl&#228;gerin (E1 und E2) sowie betreffend den geschiedenen Ehemann der Kl&#228;gerin und die drei gemeinsamen Kinder (E3 und E4) und die beigezogenen Ausl&#228;nderakten betreffend alle Familienmitglieder (P1 bis P5).</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgr&#252;nde:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Klage, &#252;ber die die Einzelrichterin ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheiden konnte, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erkl&#228;rt haben (&#167; 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO&#160;&#8209;), ist begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Ziffer 2 des Bundesamtsbescheides vom 17. M&#228;rz 2017 ist rechtswidrig und verletzt die Kl&#228;gerin in ihren Rechten (vgl. &#167; 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn die Kl&#228;gerin hat in dem f&#252;r die verwaltungsgerichtliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage ma&#223;geblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. &#167; 77 Abs. 1 Satz 1 des Asylgesetzes - AsylG) einen Anspruch auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft gem&#228;&#223; &#167;&#160;26 Abs. 3 und 5 AsylG.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Gew&#228;hrung von Familienasyl (bzw. Fl&#252;chtlingszuerkennung) nach &#167;&#160;26 AsylG setzt neben dem Asylantrag keinen weiteren Antrag (&#8222;Familienasylantrag&#8220;) voraus.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 16. Oktober 2018 - 21 B 18.31010 -, juris, Rn 17.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Aus den Gr&#252;nden des Bundesamtsbescheides vom 24. Mai 2017 folgt, dass den 2009, 2010 und 2014 geborenen und damit allesamt minderj&#228;hrigen Kindern der Kl&#228;gerin die Fl&#252;chtlingseigenschaft aus eigenen Gr&#252;nden - und nicht etwa abgeleitet vom Vater - zuerkannt wurde, weil es sich um bei der U.N.R.W.A registrierte pal&#228;stinensische Fl&#252;chtlinge handelt.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Erfordernis einer origin&#228;ren Schutzberechtigung des Stammberechtigen: BayVGH, Urteil vom 26. April 2018 - 20 B 18.30332 -, juris, Rn 27.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Nach &#167;&#160;26 Abs. 3 AsylG i.V.m. &#167; 26 Abs. 5 AsylG wird den Eltern eines minderj&#228;hrigen ledigen Kindes, dem Fl&#252;chtlingsschutz zuerkannt wurde, auf Antrag ebenfalls die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuerkannt, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">1. die Anerkennung des Stammberechtigten ist unanfechtbar,</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">2. die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU hat schon in dem Staat bestanden, in dem der Stammberechtigte politisch verfolgt wird,</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">3. die Eltern sind vor der Anerkennung des Stammberechtigten eingereist oder haben den Asylantrag unverz&#252;glich nach der Einreise gestellt,</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">4. die Anerkennung des Stammberechtigten ist nicht zu widerrufen oder zur&#252;ckzunehmen und</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">5. die Eltern haben die Personensorge f&#252;r den Stammberechtigten inne.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Voraussetzungen der Ziffern 1 bis 4 liegen unzweifelhaft vor. Die Zuerkennungen der Fl&#252;chtlingseigenschaft f&#252;r die minderj&#228;hrigen Kinder der Kl&#228;gerin mit Bundesamtsbescheid vom 24. Mai 2017 sind unanfechtbar und die Familie bestand bereits in Syrien (vgl. Heiratsurkunde &#252;ber Eheschlie&#223;ung am 22. April 2008). Die Kl&#228;gerin hat ihren Asylantrag auch unverz&#252;glich nach der Einreise gestellt. Sie ist am 28. November 2015 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 8. Dezember 2015 um Asyl nachgesucht (vgl. die Bescheinigung &#252;ber die Meldung als Asylsuchender). Der Umstand, dass die Kl&#228;gerin aufgrund der &#220;berlastung des Bundesamtes erst am 2. September 2016 den f&#246;rmlichen Asylantrag stellen konnte, kann nicht zu ihren Lasten gehen.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Anhaltspunkte daf&#252;r, dass der Leiter des Bundesamtes oder ein von ihm beauftragter Bediensteter gem&#228;&#223; &#167; 73 Abs. 4 AsylG ein Widerrufsverfahren eingeleitet hat, bestehen nicht. Das Vorliegen von Widerrufsgr&#252;nden hinsichtlich des Stammberechtigten ist im Familienasylverfahren nach &#167; 26 AsylG nicht inzident zu pr&#252;fen.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2006 - 1 C 8/05 -, juris, Rn. 15ff.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich ist die Kl&#228;gerin auch im Besitz der Personensorge f&#252;r die minderj&#228;hrigen Kinder (Ziffer 5). Unabh&#228;ngig davon, ob nach dem syrischen Personenstandsgesetz dem Vater der Kinder das alleinige Sorgerecht zusteht und die Rechte der Mutter de facto auf die Alltagssorge nach &#167; 1687 Absatz 1 Satz 2 bis 4 BGB beschr&#228;nkt sind, da sie "nur" - bis zu einem gewissen Alter der Kinder, das nach deren Geschlecht differiert - dazu verpflichtet ist, die Kinder gro&#223;zuziehen (sog. Hadana),</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">vgl. zusammenfassend und ausf&#252;hrlich zum syrischen Personenstandsrecht: ACCORD, Anfragebeantwortung zu Syrien: Obsorgeregelung nach Scheidung, Einverst&#228;ndniserkl&#228;rung des Vaters f&#252;r die Ausreise des Kindes, 12. Januar 2017; AG Hameln, Beschluss vom 27. Februar 2017 - 31 F 34/17 EASO -, juris, Rn 24ff</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">beurteilt sich die Frage, wie sich das Sorgerecht im ma&#223;geblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darstellt, nach Art. 15 bis 22 des Haager &#220;bereinkommens &#252;ber die Zust&#228;ndigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Ma&#223;nahmen zum Schutz von Kindern vom 19.10.1996 (KS&#220;), das f&#252;r die Bundesrepublik Deutschland am 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist; dies gilt auch dann, wenn das danach anzuwendende Recht, das eines Nichtvertragsstaates wie z.B. Syrien ist (vgl. Art. 20 KS&#220;). Im Grundsatz (vgl. Art. 16 Abs. 1 KS&#220;) werden nach diesen Vorschriften die Wirkungen des Eltern-Kind-Verh&#228;ltnisses an das Recht des Staates angekn&#252;pft, in dem das Kind seinen gew&#246;hnlichen Aufenthalt hat, weil in diesem Rechtskreis auch vorrangig das praktische Bed&#252;rfnis zum Handeln besteht. Dementsprechend ist das Sorgerechtsstatut also durch die Verlegung des gew&#246;hnlichen Aufenthalts ex nunc wandelbar und die Zuweisung oder das Erl&#246;schen der elterlichen Verantwortung bestimmt sich kraft Gesetzes ohne Einschreiten eines Gerichts oder einer Verwaltungsbeh&#246;rde nach dem Recht des Staates des gew&#246;hnlichen Aufenthalts des Kindes.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl. z.B. Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art 21, Rn 25, wonach im Falle iranischer Eheleute, die mit ihren Kindern in Deutschland leben, nach Einb&#252;rgerung eines Ehegatten an die Stelle von walayat und hazanat die gleichberechtigte Sorge beider Eltern tritt; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. M&#228;rz 2013 - 18 UF 298/12 - NJW-RR 2013, 1157 Rn 17 m.w.N. zum Sorgerechtsstatut bei Wechsel von Russland nach Deutschland.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Vorliegend steht zur &#220;berzeugung des Gerichts fest, dass die minderj&#228;hrigen Kinder der Kl&#228;gerin bereits vor der Ehescheidung durch Beschluss des Amtsgerichts E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; vom 26. Oktober 2018 ihren gew&#246;hnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begr&#252;ndet hatten. Als gew&#246;hnlicher Aufenthalt gilt grunds&#228;tzlich der Ort oder das Land, in dem der Minderj&#228;hrige seinen tats&#228;chlichen Daseinsmittelpunkt hat. Dies erfordert nicht nur einen Aufenthalt von gewisser Dauer, sondern auch das Vorhandensein weiterer sozialer Bindungen zu diesem Ort. Die Eingliederung in das soziale Umfeld muss also dazu gef&#252;hrt haben, dass die Bindung zu diesem Ort st&#228;rker ist als zu jedem anderen Ort. Hinsichtlich der Dauer des Aufenthalts wird in der Regel eine Zeitspanne von sechs Monaten als erforderlich angesehen, was aber nicht bedeutet, dass im Fall eines Aufenthaltswechsels ein neuer gew&#246;hnlicher Aufenthalt immer erst nach Ablauf einer entsprechenden Zeitspanne begr&#252;ndet werden k&#246;nnte und bis dahin der fr&#252;here gew&#246;hnliche Aufenthalt fortbest&#252;nde. Der gew&#246;hnliche Aufenthalt kann auch schon dann begr&#252;ndet sein, wenn sich aus den Umst&#228;nden ergibt, dass der Aufenthalt auf l&#228;ngere Zeitdauer angelegt ist und der neue Aufenthaltsort k&#252;nftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. Staudinger/Dieter Henrich (2014) EGBGB Art 21 Rn 16ff</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Familie der Kl&#228;gerin ist am 28. November 2015 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist; die Kinder befanden sich also zum Zeitpunkt der Scheidung seit nahezu drei Jahren in Deutschland. Bereits am 2. September 2016 f&#252;hrte der Vater der Kinder in der Bundesamtsanh&#246;rung aus, dass keine R&#252;ckkehr nach Syrien beabsichtigt sei; sie h&#228;tten sich hier eingelebt und seine Kinder gingen hier zur Schule. Seit 24. Mai 2017 ist den Kindern die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuerkannt. Somit ist davon auszugehen, dass aufgrund der Begr&#252;ndung des gew&#246;hnlichen Aufenthalts in Deutschland gem&#228;&#223; &#167; 1626 BGB die elterliche Sorge den Eltern jedenfalls im Zeitpunkt der Scheidung gemeinsam zustand (vgl. Art. 16 Abs. 4 KS&#220;: Wechselt der gew&#246;hnliche Aufenthalt des Kindes, so bestimmt sich die Zuweisung der elterlichen Verantwortung kraft Gesetzes an eine Person, die diese Verantwortung nicht bereits hat, nach dem Recht des Staates des neuen gew&#246;hnlichen Aufenthalts.); wann genau sich das Sorgerechtsstatut gewandelt hat, kann offen bleiben. Da im Zuge der - nach deutschem Recht erfolgten - Scheidung keine Regelung der elterlichen Sorge getroffen wurde, bleibt es beim gemeinsamen elterlichen Sorgerecht, so dass mithin im ma&#223;geblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - auch - der Kl&#228;gerin die elterliche Sorge zusteht.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Ob die Kl&#228;gerin die begehrte Fl&#252;chtlingsanerkennung auch aufgrund von &#167; 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylG h&#228;tte beanspruchen k&#246;nnen, kann offen bleiben, da die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft nach &#167; 26 AsylG dem beg&#252;nstigten Familienangeh&#246;rigen dieselbe Rechtsstellung wie die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft nach &#167; 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 AsylG vermittelt.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Vgl. BayVGH, Beschluss vom 24. Juli 2017 - 21 ZB 17.30451 -, juris, Rn. 8.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#167;&#160;154 Abs. 1 VwGO i.V.m. &#167;&#160;83b AsylG. Die Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit folgt aus &#167;&#160;167 VwGO i.V.m. &#167;&#167;&#160;708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.</p>
171,287
ovgnrw-2019-01-10-9-a-459018a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
9 A 4590/18.A
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:41
2019-02-12T13:44:34
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.9A4590.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Berufung der Beklagten gegen die durch das angefochtene Urteil unter Aufhebung der Ziffern 2 bis 5 des Bescheides des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 23. Mai 2017 ausgesprochene Verpflichtung, der Kl&#228;gerin den subsidi&#228;ren Schutzstatus nach &#167;&#160;4 AsylG zuzuerkennen, wird zugelassen.</p> <p>Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;2 AsylG wegen Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat den Anforderungen des &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt, dass das Verwaltungsgericht bei der Feststellung der f&#252;r die Annahme des subsidi&#228;ren Schutzes nach &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderlichen Gefahrendichte von den Grunds&#228;tzen abgewichen ist, die das Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 - (BVerwGE 136, 360, und juris) sowie vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 &#8211; (InfAuslR 2014, 233, und juris) aufgestellt hat, indem es entscheidungstragend die Auffassung vertreten hat, dass es im Rahmen der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung keiner Feststellung der Gefahrendichte bed&#252;rfe, weil zum Einen derzeit nicht auf verl&#228;ssliche Zahlen zur&#252;ckgegriffen werden k&#246;nne, und zum Anderen die Ermittlung der konkreten Gefahrendichte aufgrund der besonderen Anschlagssituation in der Stadt Bagdad nicht geeignet sei, die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer erheblichen individuellen Gefahr darzustellen.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Beide Begr&#252;ndungselemente stehen in Widerspruch zu den in den o.g. Urteilen vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Anforderungen an die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte. Danach bedarf es keines exakten Zahlenmaterials, sondern lediglich einer ann&#228;herungsweisen quantitativen Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willk&#252;rlicher Gewalt andererseits. Diesbez&#252;glicher Feststellungen &#252;ber das Niveau willk&#252;rlicher Gewalt bedarf es entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts &#8222;in jedem Fall&#8220;.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Liegen keine gefahrerh&#246;henden pers&#246;nlichen Umst&#228;nde vor, ist f&#252;r die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung ein besonders hohes Niveau willk&#252;rlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerh&#246;hende pers&#246;nliche Umst&#228;nde vor, gen&#252;gt auch ein geringeres Niveau willk&#252;rlicher Gewalt. Auch im Fall gefahrerh&#246;hender pers&#246;nlicher Umst&#228;nde muss aber ein hohes Niveau willk&#252;rlicher Gewalt bzw. eine hohe Gefahrendichte f&#252;r die Zivilbev&#246;lkerung in dem fraglichen Gebiet festgestellt werden. Allein das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts und die - vom Verwaltungsgericht hier nicht gepr&#252;fte - Feststellung eines gefahrerh&#246;henden Umstandes in der Person des Ausl&#228;nders w&#252;rden daf&#252;r nicht ausreichen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010&#160;&#160; - 10 C 4.09 -, juris Rn. 33 (zu &#167; 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) und vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, juris Rn. 24 (zu &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch vorzunehmende wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Sch&#228;digungen setzt eine quantitative Ermittlung des Gef&#228;hrdungsniveaus voraus; sie macht die Feststellungen bez&#252;glich der Gefahrendichte nicht entbehrlich.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat auch dargelegt, dass das Urteil auf der Abweichung beruht, weil bei Auswertung des Zahlenmaterials - zu erg&#228;nzen w&#228;re: auch unter Ber&#252;cksichtigung einer gewissen Dunkelziffer - Erhebliches daf&#252;r spricht, dass die erforderliche Gefahrenschwelle nicht erreicht ist.</p>
171,286
ovgnrw-2019-01-10-9-a-407918a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
9 A 4079/18.A
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:41
2019-02-12T13:44:34
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.9A4079.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.</p> <p>Die Beklagte tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. In Verfahren, auf die - wie hier - das Asylgesetz (AsylG) Anwendung findet, ist die Berufung nur zuzulassen, wenn einer der in &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 AsylG aufgef&#252;hrten Zulassungsgr&#252;nde geltend gemacht und den Anforderungen des &#167;&#160;78 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 AsylG entsprechend dargelegt wird.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Daran fehlt es hier. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten Abweichung von der &#252;bergeordneten Rechtsprechung (Zulassungsgrund gem&#228;&#223; &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;2 AsylG) zuzulassen.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Eine die Berufung nach &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;2 AsylG er&#246;ffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsf&#228;higen Tatsachensatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der &#252;bergeordneten Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat. Eine Divergenz liegt aber nicht schon dann vor, wenn in der angefochtenen Entscheidung ein in der &#252;bergeordneten Rechtsprechung aufgestellter Rechts- oder Tatsachensatz lediglich &#252;bersehen, &#252;bergangen oder sonst wie nicht richtig angewandt worden sein sollte.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. zu &#167;&#160;132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Beschluss vom 21.&#160;Juli 2017 - 8 B 4.16 -, juris Rn. 3, m.w.N.; zu &#167; 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG: OVG NRW, Beschluss vom 8.&#160;Mai 2018 - 9 A 1434/18.A -, juris Rn.&#160;23 ff.; zu &#167;&#160;124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO: Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, &#167;&#160;124 Rn.&#160;158&#160;f., m.w.N.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Ma&#223;st&#228;ben zeigt die Antragsbegr&#252;ndung nicht auf, dass das angefochtene Urteil von einem Grundsatz abweicht, den das Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 27. April 2010 - 10 C 4.09 -, BVerwGE 136, 360, und juris, sowie vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, InfAuslR 2014, 233, und juris, aufgestellt hat.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte durch das angefochtene Urteil vom 19.&#160;September 2018 unter Aufhebung der Ziffern 2 bis 5 des Bescheides des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 27. April 2017 verpflichtet, dem Kl&#228;ger, einem Shabak aus Telkef/Provinz Ninive, den subsidi&#228;ren Schutzstatus nach &#167;&#160;4 AsylG zuzuerkennen. Zur Begr&#252;ndung hat es ausgef&#252;hrt: Zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt bestehe nach den der Kammer vorliegenden Erkenntnissen in der Provinz Ninive ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (Seite 6 ff. des Urteilsabdrucks), der ungeachtet etwaiger gefahrerh&#246;hender Umst&#228;nde zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens bzw. der Unversehrtheit des Kl&#228;gers als Zivilperson infolge willk&#252;rlicher Gewalt f&#252;hre (Seite 9 ff. des Urteilsabdrucks). Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, juris, Rn. 24) erforderliche Feststellung zur Gefahrendichte, die jedenfalls auch eine ann&#228;herungsweise quantitative Ermittlung des T&#246;tungs- und Verletzungsrisikos umfasse, sei aber nicht m&#246;glich. Die wesentlichen Quellen, die Statistiken &#252;ber Opferzahlen ver&#246;ffentlichten, erh&#246;ben keinen Anspruch auf Vollst&#228;ndigkeit, das empirische Material sei auch nach den Aussagen des Ausw&#228;rtigen Amtes im Lagebericht vom 12. Februar 2018 nur eingeschr&#228;nkt verwendbar; Iraqbodycount enthalte f&#252;r die Provinz Ninive keine aktuellen Daten. Dass eine auch nur ansatzweise realistische Einsch&#228;tzung des Gef&#228;hrdungsrisikos bei dieser Ausgangslage nicht m&#246;glich sei, k&#246;nne nicht zu Lasten des Kl&#228;gers gehen (Seite 11 des Urteilsabdrucks). Im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung hat das Verwaltungsgericht sodann ma&#223;gebend darauf abgestellt, dass es &#8211; wie zuvor bei Feststellung der Voraussetzungen des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgef&#252;hrt &#8211; bereits zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen zu Lasten der Zivilbev&#246;lkerung gekommen sei.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte meint, das Verwaltungsgericht habe &#8211; abweichend von den Rechtsgrunds&#228;tzen, die das Bundesverwaltungsgericht aufgestellt habe &#8211; abstrakt den Satz zugrunde gelegt, dass im Fall einer (vermeintlichen) Nicht-Feststellbarkeit der Gefahrendichte allein darauf abzustellen sei, dass es bereits zu schweren Menschenrechtsverletzungen gegen die in der Herkunftsregion des Antragstellers lebende Zivilbev&#246;lkerung gekommen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien Feststellungen zur Gefahrendichte aber stets erforderlich. Im &#220;brigen teile die Beklagte die Bewertung der Tatsachenlage hinsichtlich einer Bedrohung im Rahmen eines bewaffneten Konflikts nicht. Es l&#228;gen bezogen auf das Jahr 2018 Opferzahlen von UNAMI und Joel Wing vor, wonach die Zahl der Vorf&#228;lle ein neues Tief erreicht habe. Auch die Einwohnerzahl der Provinz Ninive von 2.820.000 sei bekannt. Nach den vorliegenden Daten sei das Risiko, in der Provinz Ninive Opfer willk&#252;rlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu werden, weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt. Das Verwaltungsgericht lege einen unzutreffenden materiell-rechtlichen Ma&#223;stab (&#167; 108 Abs. 1 VwGO) zugrunde. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass die Unerweislichkeit einer Tatsache zu Lasten des Beteiligten gehe, der aus ihr eine g&#252;nstige Rechtsposition herleite.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Diese Ausf&#252;hrungen m&#246;gen geeignet sein, Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begr&#252;nden, die in asylrechtlichen Verfahren indessen f&#252;r sich genommen nicht zur Zulassung der Berufung f&#252;hren. Eine Divergenz ergibt sich aus der Antragsbegr&#252;ndung nicht.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Gew&#228;hrung subsidi&#228;ren Schutzes nach &#167; 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (nunmehr: AsylG) setzt neben dem Vorliegen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Kl&#228;gers als Zivilperson infolge willk&#252;rlicher Gewalt voraus. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es dazu in jedem Fall einer ann&#228;herungsweisen quantitativen Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willk&#252;rlicher Gewalt andererseits.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Liegen keine gefahrerh&#246;henden pers&#246;nlichen Umst&#228;nde vor, ist f&#252;r die Annahme einer ernsthaften individuellen Bedrohung ein besonders hohes Niveau willk&#252;rlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerh&#246;hende pers&#246;nliche Umst&#228;nde vor, gen&#252;gt auch ein geringeres Niveau willk&#252;rlicher Gewalt. Auch im Fall gefahrerh&#246;hender pers&#246;nlicher Umst&#228;nde muss aber ein hohes Niveau willk&#252;rlicher Gewalt bzw. eine hohe Gefahrendichte f&#252;r die Zivilbev&#246;lkerung in dem fraglichen Gebiet festgestellt werden. Allein das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts und die - vom Verwaltungsgericht hier offen gelassene - Feststellung eines gefahrerh&#246;henden Umstandes in der Person des Ausl&#228;nders w&#252;rden daf&#252;r nicht ausreichen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 &#160;&#160; - 10 C 4.09 -, juris Rn. 33 und vom 13. Februar 2014 - 10 C 6.13 -, juris Rn. 24.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch vorzunehmende wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Sch&#228;digungen setzt eine quantitative Ermittlung des Gef&#228;hrdungsniveaus voraus; sie macht die Feststellungen bez&#252;glich der Gefahrendichte nicht entbehrlich.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu &#167; 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG bzw. der gleichlautenden Regelung in &#167; 4 Abs.&#160;1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (nunmehr: AsylG) formulierten Rechtsgrunds&#228;tze, insbesondere in Bezug auf die Erforderlichkeit einer quantitativen Ermittlung des Gef&#228;hrdungsniveaus, nicht grunds&#228;tzlich in Frage gestellt. Es erscheint auch zweifelhaft, ob den Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts der abstrakte Satz zu entnehmen ist, dass im Fall einer Nicht-Feststellbarkeit der Gefahrendichte &#8222;allein&#8220; darauf abzustellen sei, dass es bereits zu schweren Menschenrechtsverletzungen gegen die in der Herkunftsregion des Ausl&#228;nders lebende Zivilbev&#246;lkerung gekommen sei. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht auf diesen Gesichtspunkt lediglich &#8222;im Rahmen der wertenden Gesamtbetrachtung ... ma&#223;gebend&#8220; abgestellt. Ungeachtet dessen verhalten sich die von der Beklagten angef&#252;hrten Urteile des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls nicht zu der f&#252;r das Verwaltungsgericht letztlich entscheidungserheblichen Frage, wie in dem Fall, dass schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen bekannt sind, die ann&#228;herungsweise quantitative Einsch&#228;tzung des Gef&#228;hrdungsrisikos aber tats&#228;chlich nicht m&#246;glich ist, zu entscheiden ist bzw. wer das Risiko der Unaufkl&#228;rbarkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen tr&#228;gt.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Antragsbegr&#252;ndung legt danach allenfalls dar, dass das Verwaltungsgericht die vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtsgrunds&#228;tze fehlerhaft angewendet hat, indem es keine hinreichenden Feststellungen zur individuellen Betroffenheit des Kl&#228;gers getroffen und sowohl die Anforderungen an die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr als auch die Bedeutung der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten wertenden Gesamtbetrachtung verkannt hat.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Sache nach r&#252;gt die Beklagte zum Einen eine unzureichende Sachverhaltsermittlung und Sachverhaltsw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts und zum Anderen eine materiell-rechtlich fehlerhafte Beweislastentscheidung. Beides ist jedoch nach dem in &#167; 78 Abs. 3 AsylG zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers einer &#220;berpr&#252;fung durch das Oberverwaltungsgericht im Zulassungsverfahren entzogen.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet dessen, dass ein Verfahrensmangel mit der Antragsbegr&#252;ndung nicht ausdr&#252;cklich ger&#252;gt wird, f&#252;hrt der diesbez&#252;gliche Vortrag der Beklagten auch inhaltlich nicht auf einen beachtlichen Verfahrensmangel. Fehler bei der Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung sowie Aufkl&#228;rungsm&#228;ngel geh&#246;ren nicht zu den in &#167;&#160;138 VwGO genannten und in &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 AsylG in Bezug genommenen Verfahrensfehlern.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.&#160;November 1995 &#8209;&#160;9&#160;B 710.94&#160;-, DVBl. 1996, 108; Beschluss vom 19.&#160;Oktober 1999 - 9 B 407.99&#160;-, Buchholz 310 &#167;&#160;108 Abs.&#160;1 VwGO Nr.&#160;11; Beschluss vom 12.&#160;Januar 2009 - 5 B 48.08&#160;-, juris.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Erg&#228;nzend sei angemerkt, dass hier ersichtlich auch keine &#220;berraschungsentscheidung (Geh&#246;rsversto&#223; i.S.d. &#167; 138 Nr. 3 VwGO) vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat die Beteiligten mit Verf&#252;gung vom 31. Juli 2018 auf seine Bewertung der Sachlage, d.h. sowohl auf die seiner Einsch&#228;tzung nach bestehende Nichtaufkl&#228;rbarkeit der Gefahrendichte als auch auf die beabsichtigte Bewertung, dass diese Nichtaufkl&#228;rbarkeit nicht zu Lasten des Kl&#228;gers gehen d&#252;rfe, hingewiesen. Die Beklagte hat dies aber nicht zum Anlass genommen, zu dem ihr vorliegenden Datenmaterial und der materiellen Beweislastverteilung vorzutragen, sondern hat vielmehr an ihrem Verzicht auf m&#252;ndliche Verhandlung festgehalten.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO i. V. m. &#167;&#160;83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;80 AsylG).</p>
171,285
ovgnrw-2019-01-10-6-a-225618a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 2256/18.A
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:41
2019-02-12T13:44:34
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.6A2256.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Dem Kl&#228;ger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Vers&#228;umung der Frist zur Begr&#252;ndung des Antrags auf Zulassung der Berufung gew&#228;hrt.</p> <p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts D&#252;sseldorf vom 21.&#160;M&#228;rz&#160;2018 wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Dem Kl&#228;ger ist gem&#228;&#223; &#167; 60 Abs. 1 VwGO auf seinen innerhalb der Frist des &#167; 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellten Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der vers&#228;umten Antragsbegr&#252;ndungsfrist zu gew&#228;hren. Der Prozessbevollm&#228;chtigte des Kl&#228;gers war ohne Verschulden gehindert, den Antrag auf Zulassung der Berufung vor Fristablauf zu begr&#252;nden, weil er bis dahin trotz rechtzeitigen Antrags ohne sein Verschulden keine Akteneinsicht erhalten hat.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Vgl. zur Frage der Wiedereinsetzung bei nicht gew&#228;hrter Akteneinsicht BGH, Beschluss vom 11. Januar 2018 - III ZB 81/17 -, NJW 2018, 952 = juris Rn. 8 ff.; OVG NRW, Beschluss vom 22. Februar 2016 &#8209;&#160;6 B 1357/15 -, juris Rn. 3, jeweils m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Mit der Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung am 12. Juni 2018 hatte er kurzfristige Akteneinsicht beantragt. Diese h&#228;tte auch noch bis Fristablauf am 18.&#160;Juni 2018 erfolgen und ihm eine rechtzeitige Begr&#252;ndung erm&#246;glichen k&#246;nnen. Aus Gr&#252;nden, die allein der Sph&#228;re des Gerichts zuzuordnen sind, hat er die Akten aber erst einen Monat sp&#228;ter, am 13. Juli 2018, erhalten. Der Prozessbevollm&#228;chtigte, der erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils mandatiert worden ist, war auch nicht gehalten, vor der Gew&#228;hrung der Einsicht in die Gerichtsakten eine Begr&#252;ndung innerhalb der daf&#252;r laufenden Frist einzureichen. Vielmehr konnte er erst nach Vorliegen der Gerichtsakte, aus der sich etwa eventuelle Verfahrensfehler ergeben k&#246;nnen, dar&#252;ber entscheiden, welche Zulassungsgr&#252;nde vorgetragen werden sollen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2018 - III ZB 81/17 -, a. a. O., Rn. 9 ff.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die allein geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache (&#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) wird nicht dargelegt. Der Kl&#228;ger formuliert schon keine konkrete, kl&#228;rungsbed&#252;rftige Rechtsfrage. Diese kann der Antragsbegr&#252;ndung auch nicht im Wege der Auslegung entnommen werden. Diese wendet sich vielmehr im Stile einer Berufungsschrift gegen die W&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts, es stehe nicht fest, dass der Kl&#228;ger sich auf einer festen &#220;berzeugung und einem ernst gemeinten religi&#246;sen Einstellungswandel beruhend vom Islam abgekehrt und zum Christentum hingewendet habe. Auch mit der allenfalls verallgemeinerungsf&#228;higen R&#252;ge, das Gericht habe sich nicht lediglich an formalen Gesichtspunkten des Christentums orientieren d&#252;rfen und unter Hinzuziehung eines Sachverst&#228;ndigen pr&#252;fen m&#252;ssen, ob wahrhaftig Glaube vorliege, wird kein grunds&#228;tzlicher Kl&#228;rungsbedarf aufgezeigt. Es ist in der Rechtsprechung gekl&#228;rt, wann im Falle einer Konversion zum Christentum von politischer Verfolgung im Iran auszugehen ist und welchen Grunds&#228;tzen die gerichtliche Pr&#252;fung hierbei folgen muss.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. nur EuGH, Urteil vom 5. September 2012 - verb. Rs. C 71/11 und C-99/11 -, NVwZ 2012, 1612 = juris Rn. 65 ff.; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 C 23.12 -, BVerwGE 146, 67 = juris, Rn. 24 ff.; OVG NRW, Urteil vom 7. November 2012 - 13 A 1999/07.A -, juris Rn. 29 ff., sowie Beschluss vom 10. Februar 2017 - 13 A 2648/16.A -, juris Rn. 9 ff.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO, &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 80 AsylG).</p>
171,284
ovgnrw-2019-01-10-6-a-106918a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 1069/18.A
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:41
2019-02-12T13:44:34
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.6A1069.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>1. Der Antrag der Kl&#228;ger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanw&#228;ltin O.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; aus I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; wird abgelehnt.</p> <p>2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 26.&#160;Januar&#160;2018 wird abgelehnt.</p> <p>Die Kl&#228;ger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">I. Der Antrag der Kl&#228;ger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanw&#228;ltin O.&#160;&#160; aus I.&#160;&#160; bleibt erfolglos, weil die Voraussetzungen der &#167;&#167; 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den nachfolgenden Gr&#252;nden nicht die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">II. Der Antrag der Kl&#228;ger auf Zulassung der Berufung ist unbegr&#252;ndet. Sie berufen sich auf die Zulassungsgr&#252;nde gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 Nrn. 3 und 1 AsylG. Keiner dieser Zulassungsgr&#252;nde ist gegeben.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">1. a. Die Beanstandung der Kl&#228;ger unter Abschnitt I. der Antragsschrift, es liege der Berufungszulassungsgrund des &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. &#167; 138 Nr. 3 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG wegen Versagung rechtlichen Geh&#246;rs vor, greift nicht durch.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Gebot des rechtlichen Geh&#246;rs verpflichtet das Gericht, die Ausf&#252;hrungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erw&#228;gung zu ziehen. Es gebietet nicht, dass sich das Gericht in seinen schriftlichen Entscheidungsgr&#252;nden mit jeder Einzelheit ausdr&#252;cklich und in ausf&#252;hrlicher Breite auseinander setzt. Deshalb m&#252;ssen, um eine Versagung rechtlichen Geh&#246;rs festzustellen, im Einzelfall besondere Umst&#228;nde deutlich machen, dass tats&#228;chliches Vorbringen eines Beteiligten entweder &#252;berhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2011&#160;- 10 B 38.11&#160;-, juris Rn. 2.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung aufgestellte Behauptung, das Gericht habe bei seiner Urteilsfindung die eingereichten Bescheinigungen zum psychischen Gesundheitszustand der Kl&#228;gerin zu 2. au&#223;er Acht gelassen, ist unzutreffend. Das Verwaltungsgericht hat die Unterlagen vielmehr im Tatbestand seiner Entscheidung erw&#228;hnt und in den Entscheidungsgr&#252;nden (S. 21 UA) auch im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen des &#167; 60 Abs. 7 AufenthG gew&#252;rdigt. Die noch eingereichte Bescheinigung vom 1. Februar 2018 konnte das Gericht bei seinem Urteil vom 26. Januar 2018 naturgem&#228;&#223; nicht zur Kenntnis nehmen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">b. Entgegen der Auffassung der Kl&#228;ger liegt auch keine &#220;berraschungsentscheidung vor. Dies w&#228;re der Fall, wenn das Gericht einen bis dahin nicht er&#246;rterten rechtlichen oder tats&#228;chlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben h&#228;tte, mit welcher der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2010 - 5 B 21.09 -, Buchholz 310 &#167; 86 Abs. 3 VwGO Nr. 61 = juris Rn. 18.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen sind nicht erf&#252;llt. Die Frage der Glaubhaftigkeit der Konversion der Kl&#228;ger stand vielmehr inmitten des erstinstanzlichen Verfahrens. Dass das Gericht das Vorbringen der Kl&#228;ger anders gew&#252;rdigt hat, als diese es f&#252;r richtig halten, begr&#252;ndet keine &#220;berraschungsentscheidung.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">2. Die Berufung ist nicht wegen der ferner geltend gemachten grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache (&#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zuzulassen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Eine Rechtssache hat grunds&#228;tzliche Bedeutung, wenn f&#252;r die Entscheidung der</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Vorinstanz eine grunds&#228;tzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht gekl&#228;rte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch f&#252;r die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich w&#228;re und deren Kl&#228;rung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Die Darlegung der Grundsatzbedeutung gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG setzt voraus, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder h&#246;chstgerichtlich noch nicht hinreichend gekl&#228;rte und (auch) f&#252;r die Berufungsentscheidung erhebliche Frage rechtlicher oder tats&#228;chlicher Art herausgearbeitet und formuliert wird; zudem muss angegeben werden, worin die allgemeine, &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Darzulegen sind die konkrete Frage, ihre Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit, Kl&#228;rungsf&#228;higkeit und allgemeine Bedeutung.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2016 &#8209;&#160;13 A 1222/16.A&#160;-, juris Rn. 2 ff.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Diesen Anforderungen entspricht der Zulassungsantrag nicht. Der Hinweis darauf, die von ihm aufgeworfenen Fragen betr&#228;fen viele konvertierte Kl&#228;ger und h&#228;tten f&#252;r k&#252;nftige Entscheidungen der Verwaltungsgerichts grunds&#228;tzliche Bedeutung, ist unzureichend.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Im &#220;brigen ist in der Rechtsprechung gekl&#228;rt, dass ein Schutzsuchender, der sich auf eine Verfolgungsgef&#228;hrdung mit der Begr&#252;ndung beruft, er sei zu einer in seinem Herkunftsland bek&#228;mpften Religion &#252;bergetreten, die inneren Beweggr&#252;nde glaubhaft machen muss, die ihn zur Konversion veranlasst haben. Es muss festgestellt werden k&#246;nnen, dass die Hinwendung zu der angenommenen Religion auf einer festen &#220;berzeugung und einem ernst gemeinten religi&#246;sen Einstellungswandel und nicht auf Opportunit&#228;tserw&#228;gungen beruht, und der Glaubenswechsel nunmehr die religi&#246;se Identit&#228;t des Schutzsuchenden pr&#228;gt. Wann eine solche Pr&#228;gung anzuerkennen ist, l&#228;sst sich nicht allgemein beschreiben. Nach dem aus der Gesamtheit des Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahrens gewonnenen Eindruck muss sich der Schutzsuchende aus voller innerer &#220;berzeugung von seinem bisherigen Bekenntnis gel&#246;st und dem anderen Glauben zugewandt haben. F&#252;r die Frage, ob ein ernsthafter Glaubenswechsel vorliegt, kommt es entscheidend auf die Glaubhaftigkeit der Schilderung und die Glaubw&#252;rdigkeit der Person des Asylbewerbers an, die das Gericht - wie hier geschehen - im Rahmen einer pers&#246;nlichen Anh&#246;rung des Asylbewerbers zu &#252;berpr&#252;fen und tatrichterlich zu w&#252;rdigen hat. Da ma&#223;geblich ist, ob sich der Betroffene nach R&#252;ckkehr in sein Herkunftsland in einer Art und Weise religi&#246;s bet&#228;tigen wird, die ihn der tats&#228;chlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen wird, gen&#252;gt der Formalakt der Taufe regelm&#228;&#223;ig nicht. Von einem Erwachsenen, der sich zum Bekenntniswechsel entschlossen hat, darf im Regelfall erwartet werden, dass er mit den wesentlichen Grundz&#252;gen seiner neuen Religion vertraut ist. Welche Anforderungen im Einzelnen zu stellen sind, richtet sich vorwiegend nach seiner Pers&#246;nlichkeit und seiner intellektuellen Disposition. &#220;berdies wird regelm&#228;&#223;ig nur dann anzunehmen sein, dass der Konvertit ernstlich gewillt ist, seine christliche Religion auch im Herkunftsland auszu&#252;ben, wenn er seine Lebensf&#252;hrung bereits in Deutschland dauerhaft an den grundlegenden Geboten der neu angenommenen Konfession ausgerichtet hat.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 20. Januar 2016 - 13 A 1868/15.A -, juris Rn. 22 m.w.N.; Bay.&#160;VGH, Beschluss vom 16. November 2015 &#8209;&#160;14&#160;ZB 13.30207 -, juris Rn. 15; s. auch BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 - 1 B 40.15 -, NVwZ 2015, 1678 = juris Rn. 13 f.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO, &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG unanfechtbar.</p>
171,283
ovgnrw-2019-01-10-4-e-111818
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 E 1118/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:41
2019-02-12T13:44:33
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.4E1118.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf die Beschwerde des Kl&#228;gers wird die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 24.10.2018 ge&#228;ndert.</p> <p>Der Streitwert wird f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren auf 500,00 Euro festgesetzt.</p> <p>Das Verfahren &#252;ber die Beschwerde ist gerichtsgeb&#252;hrenfrei; au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde, &#252;ber die gem&#228;&#223; &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. &#167; 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist unzul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der nach &#167; 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ma&#223;gebliche Beschwerdewert von 200,00 Euro wird nicht erreicht. Bei dem angegriffenen Streitwert in H&#246;he von 1.000,00 Euro belaufen sich die angefallenen Gerichtsgeb&#252;hren unter Ansatz einer dreifachen Verfahrensgeb&#252;hr auf lediglich 159,00 Euro (vgl. Nr. 5110 der Anlage 1 zu &#167; 3 Abs. 2 GKG, Anlage 2 zu &#167;&#160;34 GKG).</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Davon unber&#252;hrt bleibt die Befugnis des Senats nach &#167; 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu &#228;ndern. Dementsprechend &#228;ndert der Senat den Wert des Streitgegenstandes auf 500,00 Euro ab.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Dieser Streitwert (die H&#228;lfte des Streitwertes der Hauptsache) ergibt sich in diesem ein selbstst&#228;ndiges Vollstreckungsverfahren betreffenden Streitfall &#8211;&#160;in dem es um die Androhung eines Zwangsgeldes von 1.000,00 Euro geht &#8211; auf der Grundlage von Nummer 1.7.1, Satz 2. des Streitwertkatalogs 2013 f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit [NVwZ-Beilage 2013, 58 (68)].</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus &#167; 68 Abs. 3 GKG.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
171,282
ovgnrw-2019-01-10-4-b-133318
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 B 1333/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:40
2019-02-12T13:44:33
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.4B1333.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31.8.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegr&#252;ndet. Das Verwaltungsgericht hat den sinngem&#228;&#223;en Antrag,</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">die aufschiebende Wirkung der Klage 19 K 1261/18 (VG Gelsenkirchen) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.2.2018 hinsichtlich der Schlie&#223;ungsverf&#252;gung unter II. wiederherzustellen,</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">zu Recht abgelehnt. Es hat angenommen, die im Rahmen des &#167; 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabw&#228;gung falle zu Lasten des Antragstellers aus. Die Schlie&#223;ungsverf&#252;gung, die sich auf die &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; am X.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; I1.---weg 118 in E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; bezieht, sei auf der Grundlage von &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig. Die Antragstellerin verf&#252;ge f&#252;r die streitbetroffene Spielhalle nicht &#252;ber die nach &#167;&#167;&#160;24 Abs.&#160;1 Gl&#252;StV, 16 Abs.&#160;2 AG Gl&#252;StV NRW erforderliche gl&#252;cksspielrechtliche Erlaubnis. Die Verf&#252;gung sei nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei die Erteilung einer Erlaubnis f&#252;r die Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit einer weiteren Spielhalle stehe, wegen Versto&#223;es gegen das Verbundverbot nach &#167;&#160;16 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 AG Gl&#252;StV NRW i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Gl&#252;StV ausgeschlossen. F&#252;r eine unbillige H&#228;rte im Sinne des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Gl&#252;StV fehle es an jeglichem Anhalt. Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin sei auch mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes unbedenklich, weil sich der Antragsteller, der beide Spielhallen selbst betreibe, nicht gegen eine zugunsten eines Konkurrenten ausgefallene Auswahlentscheidung wende.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diese Einsch&#228;tzung wird durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Pr&#252;fung der Senat gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz&#160;6 VwGO beschr&#228;nkt ist, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Sie ist offensichtlich zutreffend.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller dagegen, dass die Schlie&#223;ungsverf&#252;gung auf &#167; 15 Abs. 2 GewO gest&#252;tzt worden ist. Nach &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GewO kann die zust&#228;ndige Beh&#246;rde die Fortsetzung des Betriebs verhindern, wenn ein Gewerbe, zu dessen Aus&#252;bung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne Zulassung betrieben wird. Die Bestimmung setzt voraus, dass ein grunds&#228;tzlich nach Gewerberecht oder gewerberechtlichem Nebenrecht zulassungsbed&#252;rftiges Gewerbe betrieben wird, eine derartige Zulassung aber fehlt. Das auf das in Rede stehende Gewerbe bezogene Zulassungserfordernis kann sich auch aus landesrechtlichen Vorschriften ergeben.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2006 &#8210; 6 C 19.06 &#8210;, BVerwGE 126, 149 = juris, Rn. 39.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Erfordernis einer Erlaubnis nach &#167;&#167;&#160;24 Abs.&#160;1 Gl&#252;StV, 16 Abs.&#160;2 AG Gl&#252;StV NRW, deren Fehlen die Antragsgegnerin der Antragstellerin vorh&#228;lt, geh&#246;rt zum Gewerberecht oder zum gewerberechtlichen Nebenrecht, auf das &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO abstellt, obwohl es landesrechtlich begr&#252;ndet ist. Es f&#228;llt unter das in die Gesetzgebungskompetenz der L&#228;nder fallende Recht der Spielhallen nach Art.&#160;70, Art.&#160;74 Abs.&#160;1 Nr.&#160;11 GG, das den Landesgesetzgeber zur Regelung s&#228;mtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen f&#252;r die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschlie&#223;lich der r&#228;umlichen Bez&#252;ge in ihrem Umfeld erm&#228;chtigt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 &#8210; 1 BvR 1314/12 u. a. &#8210;, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 100 ff., 105, 108; OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 &#8211; 4 A 589/17 &#8211;, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn.&#160;53&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">&#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO gilt im Bereich des in die Gesetzgebungskompetenz der L&#228;nder &#252;bergegangenen Rechts der Spielhallen gem&#228;&#223; Art.&#160;125a Abs.&#160;1 Satz&#160;1 GG als Bundesrecht fort. Es ist in Nordrhein-Westfalen nicht gem&#228;&#223; Art.&#160;125a Abs.&#160;1 Satz&#160;2 GG durch Landesrecht ersetzt worden, weil die insoweit allein in Betracht kommende neue Erm&#228;chtigung in &#167;&#160;9 Abs.&#160;1 S&#228;tze 2 und 3 Gl&#252;StV gem&#228;&#223; &#167;&#160;2 Abs.&#160;3 Gl&#252;StV f&#252;r Spielhallen nicht gilt. Deshalb hat der Senat bereits entschieden, dass &#167;&#160;15 Abs. 2 GewO taugliche Grundlage daf&#252;r sein kann, gegen Spielhallen vorzugehen, die ohne die nach &#167;&#167; 24 Abs. 1 Gl&#252;StV, 16 Abs. 2 AG Gl&#252;StV NRW erforderliche Erlaubnis betrieben werden.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 9&#160;ff.; so f&#252;r Hessen auch Hess. VGH, Beschluss vom 26.10.2018 &#8210; 8 B 1558/18 &#8210;, juris, Rn.&#160;13&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen des Antragstellers bietet keinen Anlass, dies anders zu beurteilen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nichts anderes folgt insbesondere aus der vom Antragsteller angef&#252;hrten &#8210; h&#246;chstrichterlich best&#228;tigten &#8210; Rechtsprechung, wonach die &#220;bergangsvorschrift des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV Vertrauensschutz nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen gew&#228;hrt.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8.11.2013 &#8210; 7 ME 82/13 &#8210;, GewArch 2014, 30 = juris, Rn.&#160;5&#160;ff.; BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 42&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Hieraus ergibt sich zwar, dass auch zu Gunsten eines Neubetreibers einer unter &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV fallenden Altspielhalle, f&#252;r die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis nach &#167; 33i GewO erteilt worden war, nach Ablauf der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist bei Vorliegen eines H&#228;rtefalls f&#252;r einen angemessenen Zeitraum eine Befreiung von der Erf&#252;llung einzelner Anforderungen der &#167;&#167; 24 Abs. 2, 25 Gl&#252;StV nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 Gl&#252;StV zugelassen werden kann.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.2.2016 &#8210; 4 A 809/15 &#8210;, ZfWG 2016, 238 = juris, Rn.&#160;6&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die f&#252;nfj&#228;hrige &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV soll aber nur dem Interesse der Betreiber Rechnung tragen, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle get&#228;tigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, wobei dieser Investitionsschutz bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen soll.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 48.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dass die &#220;bergangsfrist aus Bestandsschutzgesichtspunkten standortbezogen zu verstehen ist, rechtfertigt kein entsprechendes Verst&#228;ndnis des Erlaubniserfordernisses nach &#167; 24 Gl&#252;StV. Dieses hat das Erlaubniserfordernis gem&#228;&#223; &#167;&#160;33i GewO in Nordrhein-Westfalen mit Ablauf der &#220;berleitungsfristen zeitlich gestuft ersetzt und ist &#8210; wie das fr&#252;here Erlaubniserfordernis nach &#167;&#160;33i GewO &#8210;,</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 45,</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">betreiber- und betriebsbezogen zu verstehen. Jedenfalls f&#252;r das nordrhein-westf&#228;lische Landesrecht ist bereits letztinstanzlich und rechtskr&#228;ftig gekl&#228;rt, dass zu den Erlaubnisvoraussetzungen neben standortbezogenen Erfordernissen nach &#167;&#160;16 Abs.&#160;2 Satz 3 Nr. 1 und 2 lit. a AG Gl&#252;StV NRW i. V. m. &#167;&#167; 1 Satz 1 Nr. 3, 4 Abs. 3, 24 Abs.&#160;2 Satz 1 Gl&#252;StV auch die Einhaltung der Erfordernisse des Jugendschutzes bzw. die Gew&#228;hrleistung des Jugend- und Spielerschutzes sowie nach &#167;&#167;&#160;4 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 Nr.&#160;5, 16 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 AG Gl&#252;StV NRW i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#167;&#160;2 Abs.&#160;3, 4 Abs.&#160;1, 24 Gl&#252;StV das Erfordernis der pers&#246;nlichen Zuverl&#228;ssigkeit geh&#246;ren,</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 &#8211; 4 A 589/17 &#8211;, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn. 46&#160;ff., 60&#160;ff., 68&#160;ff., rechtskr&#228;ftig nach Zur&#252;ckweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch BVerwG, Beschluss vom 2.10.2018 &#8210; 8 B 31.18 &#8210;, juris,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">mithin betreiberbezogene Anforderungen.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. im Ausgangspunkt &#228;hnlich zum nieders&#228;chsischen Recht VG Osnabr&#252;ck, Urteil vom 17.5.2017 &#8210;&#160;1 A 294/16 &#8210;, juris, Rn.&#160;20.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg wendet der Antragsteller auch ein, nach &#167; 15 Abs.&#160;2 GewO h&#228;tte der Betrieb nicht untersagt werden d&#252;rfen, sondern allenfalls die Fortsetzung des Betriebs so lange verhindert werden d&#252;rfen, bis der im Fehlen der Zulassung liegende Mangel behoben ist. Die Antragsgegnerin hat die Schlie&#223;ung der Spielhalle angeordnet, also entsprechend der Erm&#228;chtigung die Fortsetzung des Betriebs verhindert. Hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen f&#252;r ein Einschreiten nach &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GewO ist unerheblich, ob die Voraussetzungen der erforderlichen, aber fehlenden Erlaubnis in absehbarer Zukunft vorliegen k&#246;nnen. Denn Zweck der Erm&#228;chtigung ist es, den Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung des Gesch&#228;ftsverkehrs durchzusetzen, also die vorherige beh&#246;rdliche Pr&#252;fung der Erlaubnisf&#228;higkeit der beabsichtigten Gewerbet&#228;tigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten T&#228;tigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn.&#160;18&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Erm&#228;chtigung greift erst recht, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen auch k&#252;nftig voraussichtlich nicht vorliegen werden, auch wenn Grund f&#252;r das Einschreiten hierbei das blo&#223;e Fehlen der Erlaubnis bleibt, nicht aber eine hierf&#252;r nicht erforderliche Gewerbeuntersagung. Im Rahmen der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit hat die Beh&#246;rde bei Entscheidungen nach &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GewO zu ber&#252;cksichtigen, ob es sich um eine nur formell oder auch &#8210; m&#246;glicherweise dauerhaft &#8210; materiell rechtswidrige Betriebsf&#252;hrung handelt. Unabh&#228;ngig davon hat sie von ihrem Ermessen, wo dies sachgerecht erscheint, etwa durch Gew&#228;hren angemessener Fristen so Gebrauch zu machen, dass durch die Betriebseinstellung weder dem Betriebsinhaber noch den Betriebsangeh&#246;rigen vermeidbarer Schaden entsteht.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn.&#160;36&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das Vorgehen gegen dauerhaft materiell rechtswidrige unerlaubte Spielhallen ist nicht deshalb generell unzul&#228;ssig oder nur eingeschr&#228;nkt m&#246;glich, weil Spielhallen nicht den Regelungen der Gl&#252;cksspielaufsicht nach &#167; 9 Gl&#252;StV unterfallen. Der nordrhein-westf&#228;lische Gesetzgeber hat anders als einige andere Landesgesetzgeber das Recht der Spielhallen nicht vollst&#228;ndig neu regeln wollen, sondern anl&#228;sslich der Umsetzung des Gl&#252;cksspielstaatsvertrags in Landesrecht nur einen abgrenzbaren Teilbereich.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 &#8211; 4 A 589/17 &#8211;, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn.&#160;49&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Da der Gl&#252;cksspielstaatsvertrag und das Landesausf&#252;hrungsgesetz keine &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO ersetzende Eingriffserm&#228;chtigungsnorm enthalten, gilt diese Vorschrift &#8210; wie ausgef&#252;hrt &#8210; nach Art.&#160;125a Abs.&#160;1 Satz&#160;1 GG als Bundesrecht fort. Vor dem 28.10.2011 genehmigte und schon bei Inkrafttreten des Gl&#252;cksspielstaatsvertrags bestehende Mehrfachspielhallen hat der Gesetzgeber ausschlie&#223;lich durch die &#220;bergangsvorschriften in &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Gl&#252;StV i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;18 AG Gl&#252;StV NRW gesch&#252;tzt, nicht aber dadurch, dass er bewusst auf eine Eingriffserm&#228;chtigung verzichtet hat, wie der Antragsteller meint. Eine restriktive Auslegung des &#167; 15 Abs. 2 GewO ist nicht geboten.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist das Verwaltungsgericht schlie&#223;lich davon ausgegangen, dass der Spielhallenbetrieb der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; neben der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; materiell rechtswidrig ist, weil es f&#252;r eine unbillige H&#228;rte im Sinne des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Gl&#252;StV an jeglichem Anhalt fehle.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen H&#228;rte sollen (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend ber&#252;cksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten H&#228;rte f&#252;hren w&#252;rden, einer die widerstreitenden Interessen abw&#228;genden Einzelfallentscheidung zugef&#252;hrt werden k&#246;nnen. H&#228;rten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, k&#246;nnen keinen H&#228;rtefall begr&#252;nden, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge &#8210; hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen &#8210; in der Regel nicht eintreten w&#252;rde. Deshalb sind an die Erf&#252;llung der tatbestandlichen Voraussetzung der &#8222;unbilligen H&#228;rte&#8220; hohe Anforderungen zu stellen. Diese sind regelm&#228;&#223;ig nicht bereits dann erf&#252;llt, wenn mit der Schlie&#223;ung von Spielhallen wirtschaftliche Einbu&#223;en und sonstige Belastungen verbunden sind. Insbesondere k&#246;nnen die Spielhallenbetreiber nicht die verlustfreie Abwicklung ihrer zu schlie&#223;enden Spielhallen verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV die regelm&#228;&#223;ig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der gro&#223;z&#252;gig bemessenen &#220;bergangsfrist einen schonenden &#220;bergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Gesch&#228;ftsmodelle erm&#246;glichen. Die Annahme einer unbilligen H&#228;rte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelf&#228;llen beschr&#228;nkt bleiben.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.6.2018 &#8211; 8 B 1903/17 &#8211;, ZfWG 2018, 419 = juris, Rn. 36&#160;ff., m.&#160;w.&#160;N.; siehe dazu auch Ministerium f&#252;r Inneres und Kommunales NRW, Erlass vom 10.5.2016, S.&#160;6&#160;f.,&#160;https://www.im.nrw/sites/default/files/media/document/file/Spielhallenerlass%202016.pdf.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ein solcher atypischer Einzelfall ist nicht ansatzweise ersichtlich. W&#228;hrend die f&#252;nfj&#228;hrige &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV dem Interesse der Betreiber Rechnung tragen soll, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle get&#228;tigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, wobei dieser Investitionsschutz bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen soll,</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 48,</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">wirkt dieser dem Bestandsschutz dienende Zweck im Rahmen der H&#228;rtefallregelung nur insoweit und solange nach, wie dies erforderlich ist, um &#8210; im Einzelfall &#8210; unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die mit &#167;&#167; 24 und 25 Gl&#252;StV verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. Begr&#252;ndung zu &#167; 29 Gl&#252;StV, abgedruckt etwa in Bay. LT-Drs. 16/11995, S.&#160;32, sowie in Nds. LT-Drs. 16/4795, S.&#160;94.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Nach diesem Regelungszweck kommt es auf st&#228;dtebauliche Aspekte nicht an. Sofern bei H&#228;rtefallentscheidungen nach &#167; 29 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 Hs. 2 Gl&#252;StV der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gem&#228;&#223; &#167;&#160;33i GewO sowie die Ziele des &#167;&#160;1 Gl&#252;StV zu ber&#252;cksichtigen sind, wird dadurch gerade zum Ausdruck gebracht, dass die f&#252;r atypische Einzelf&#228;lle vorgesehene Ber&#252;cksichtigung grundrechtlich gesch&#252;tzter Positionen der Spielhallenbetreiber f&#252;r einen angemessenen Zeitraum &#252;ber die f&#252;nfj&#228;hrige &#220;bergangsfrist hinaus im Rahmen von H&#228;rtefallentscheidungen nur unter Ber&#252;cksichtigung der Ziele des &#167;&#160;1 Gl&#252;StV in Betracht kommt. Dies &#228;ndert nichts daran, dass eine H&#228;rte einen atypischen Einzelfall voraussetzt, in dem auf Grund des Vertrauens in die fr&#252;here Rechtslage f&#252;r den Betrieb und somit auch f&#252;r den jeweiligen Betreiber besondere unvermeidbare Belastungen gegeben sind, denen andere Betriebe von Bestandsspielhallen, die nach Ablauf von f&#252;nf Jahren geschlossen werden m&#252;ssen, grunds&#228;tzlich nicht ausgesetzt sind. Die Vorstellung des Antragstellers, ein H&#228;rtefall sei gegeben bei mit den Zielen des Gl&#252;cksspielstaatsvertrags vereinbaren Bestandsspielhallen, die nach Ablauf der &#220;bergangsfrist nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 gegen das Verbot von Mehrfachkonzessionen nach &#167;&#160;25 Abs.&#160;1 und 2 Gl&#252;StV versto&#223;en, findet im Gesetz keinen Niederschlag. Im Gegenteil ging es dem Gesetzgeber ma&#223;geblich darum, nach Ablauf der &#220;bergangsfrist die Voraussetzungen f&#252;r eine wirksame Suchtbek&#228;mpfung sowie den Jugend- und Spielerschutz (&#167; 1 Gl&#252;StV) im Bereich der Spielhallen insbesondere durch das &#8210; nur noch in atypischen Einzelf&#228;llen ausnahmsweise mit Blick auf fr&#252;here Investitionen vereinzelt zu durchbrechende &#8210; Verbot von Mehrfachkonzessionen und die Regelung von Mindestabst&#228;nden zu erreichen.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Vgl. LT-Drs. 16/17, S.&#160;43.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Er reagierte damit gerade auf das in der Vergangenheit gestiegene Angebot an Spielger&#228;ten in Spielhallen, weshalb der Antragsteller mit seinen Hinweisen auf in der Vergangenheit legal betriebene Mehrfachspielhallen, auf die Au&#223;enwirkung seines Betriebs, auf die Verantwortlichkeit des Gesetzgebers f&#252;r die Neuregelung sowie auf seine bisher rechtskonforme Betriebsf&#252;hrung keine unbillige atypische H&#228;rte aufzeigt.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch die mit der Neuregelung beabsichtigte Kanalisierung des nat&#252;rlichen Spieltriebs der Bev&#246;lkerung durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Gl&#252;cksspiel darstellendes Gl&#252;cksspielangebot (&#167;&#160;1 Satz&#160;1 Nr.&#160;2 Gl&#252;StV) sollte gerade im Bereich der Spielhallen dadurch geschaffen werden, dass Mehrfachspielhallen verboten und Mindestabst&#228;nde eingef&#252;hrt wurden. Es ist keine Frage einer unbilligen H&#228;rte, ob der Kanalisierungseffekt durch gro&#223;z&#252;gigere Spielhallenzulassungen besser erf&#252;llt werden k&#246;nnte. H&#228;rten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, k&#246;nnen n&#228;mlich keinen H&#228;rtefall begr&#252;nden. Davon, dass keine hinreichende Alternative legalen Gl&#252;cksspiels verbliebe, kann im &#220;brigen schon mit Blick auf den dem Antragsteller gestatteten Betrieb der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; am selben Standort keine Rede sein, selbst wenn die n&#228;chstgelegene Spielhalle etwa 1,85 km entfernt l&#228;ge. Insofern kann nach der gesetzlichen Konzeption lediglich Raum sein f&#252;r die Er&#246;ffnung einer weiteren Spielhalle, die den Mindestabstand einh&#228;lt; eine H&#228;rte, die die vor&#252;bergehende Fortf&#252;hrung einer unzul&#228;ssig gewordenen Mehrfachspielhalle gebieten k&#246;nnte, folgt daraus nach den hierf&#252;r ma&#223;geblichen rechtlichen Ma&#223;st&#228;ben keinesfalls.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Innerhalb der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;18 AG Gl&#252;StV NRW i.&#160;V.&#160;m. &#167; 29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV musste sich der Antragsteller ebenso wie der fr&#252;here Betreiber zur Zeit seiner Betriebsf&#252;hrung darauf einstellen, dass k&#252;nftig von mehreren Spielhallen an einem Standort nur noch eine Spielhalle betrieben werden darf.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 &#8211; 8 C 6.15 &#8211;, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 55.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">In Nordrhein-Westfalen bestand zudem f&#252;r Spielhallen, die der am 30.6.2017 abgelaufenen f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV unterfielen, grunds&#228;tzlich jedenfalls bis zum 30.11.2017 zumindest ein Anspruch auf eine H&#228;rtefallerlaubnis nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 Gl&#252;StV, nachdem die Spielhallenbetreiber durch Ministerialerlass und auch von der Antragsgegnerin auf einen Lauf der &#220;bergangsfrist bis zum 30.11.2017 hingewiesen worden waren und sich deshalb hierauf einstellen durften.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2017 &#8211; 4&#160;B 307/17 &#8211;, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn.&#160;71&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Da der Antragsteller selbst entscheiden konnte, welche seiner beiden Spielhallen nach tats&#228;chlichem oder angenommenem Ablauf der &#220;bergangsfrist fortbestehen sollte, stand auch nicht erst mit der H&#228;rtefallentscheidung fest, dass er einen Betrieb tats&#228;chlich aufgeben musste. Schon innerhalb der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist konnte der Antragsteller verl&#228;ssliche Planungen dazu anstellen, welche seiner beiden Spielhallen er k&#252;nftig aufgeben wolle, so dass sich eine H&#228;rte aufgrund von Unsicherheiten, ob eine Spielhalle fortbestehen kann, allenfalls f&#252;r eine verbleibende Spielhalle ergeben kann, die mit weiteren Spielhallen anderer Anbieter in einem Konkurrenzverh&#228;ltnis steht.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 8.6.2017 &#8211; 4 B 307/17 &#8211;, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 75; OVG Saarl., Beschluss vom 20.12.2018 &#8210; 1 B 231/18 &#8210;, juris, Rn.&#160;77.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Ermessensfehler sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermessensentscheidung nicht ber&#252;cksichtigte Besonderheiten, denen die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Ermessens h&#228;tte Rechnung tragen m&#252;ssen, ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass das &#8222;Auswahlverfahren&#8220; zwischen den beiden Hallen des Antragstellers rechtlich zu beanstanden w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Versto&#223; gegen das Transparenzgebot ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die aus dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung folgende Pflicht zur Transparenz ist bei Auswahlentscheidungen heranzuziehen, bei denen angesichts bestimmter objektiver Kriterien ein eindeutiges grenz&#252;berschreitendes Interesse besteht. Hier ist den Mitgliedstaaten ein gewisses Ermessen zuzuerkennen, um zur Einhaltung dieser Grunds&#228;tze bestimmte Ma&#223;nahmen zu erlassen. Die Verpflichtung zur Transparenz soll u. a. die Gefahr willk&#252;rlicher Entscheidungen ausschlie&#223;en.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Vgl. EuGH, Urteil vom 16.4.2015 &#8210; C-278/14 &#8210;, VergabeR 2015, 555 = juris, Rn. 16 und 25 ff., m.&#160;w.&#160;N.; hierzu auch OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 8.6.2017 &#8211; 4 B 307/17 &#8211;, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 55&#160;ff., und vom 15.5.2017 &#8210; 4 A 1504/15 &#8210;, NVwZ-RR 2017, 690 = juris, Rn. 26 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Grunds&#228;tze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gr&#252;nden der Staatsangeh&#246;rigkeit waren hier schon deshalb nicht einschl&#228;gig, weil die Antragsgegnerin eine Auswahl nur zwischen zwei Hallen zu treffen hatte, die beide vom Antragsteller betrieben werden. Zudem hatte die Antragsgegnerin dem Antragsteller bereits mit Schreiben vom 23.10.2017 Gelegenheit gegeben mitzuteilen, f&#252;r welche seiner beiden Spielhallen die Erlaubnis nach &#167;&#160;24 Gl&#252;StV erteilt werden sollte. Nachdem der Antragsteller von dieser M&#246;glichkeit keinen Gebrauch gemacht hatte, war es gemessen am Zweck der Erm&#228;chtigung zur Auswahl nicht ermessensfehlerhaft und rechtsstaatlich unbedenklich, mit Blick auf die r&#228;umlichen Gegebenheiten die von der Stra&#223;e aus besser erkennbare &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; statt der wirtschaftlich und hinsichtlich der Betriebsabl&#228;ufe im Wesentlichen vergleichbaren &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; auszuw&#228;hlen. Dies gilt umso mehr, nachdem der Antragsteller gegen die ihm hierf&#252;r erteilte Erlaubnis nicht mit dem Ziel vorgegangen ist, stattdessen eine Erlaubnis f&#252;r &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; zu erhalten.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ein Ermessensfehler liegt auch nicht darin, dass die Antragsgegnerin davon ausgegangen ist, sie m&#252;sse <span style="text-decoration:underline">vor</span> der Durchf&#252;hrung des Auswahlverfahrens &#252;ber die H&#228;rtefallbefreiung entscheiden. Die Antragsgegnerin hat mit der streitgegenst&#228;ndlichen Verf&#252;gung vom 15.2.2018 rechtsfehlerfrei <span style="text-decoration:underline">zugleich</span> &#252;ber die vom Antragsteller nicht selbst vorgenommene Auswahl und &#252;ber die von ihm erst am 9.2.2018 erstmals geltend gemachten H&#228;rtegr&#252;nde entschieden sowie eine unbillige H&#228;rte zutreffend verneint. Da der Antragsteller nicht &#252;ber die sp&#228;testens nach dem 30.11.2017 erforderlichen gl&#252;cksspielrechtlichen Erlaubnisse verf&#252;gte, h&#228;tte er schon zu diesem Zeitpunkt eine jedenfalls materiell-rechtswidrige Spielhalle bereits von sich aus schlie&#223;en m&#252;ssen, zumal er insoweit bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal Gr&#252;nde f&#252;r eine unbillige H&#228;rte benannt hatte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb die Antragsgegnerin, die der mehrfachen Bitte des Bevollm&#228;chtigten des Antragstellers um Fristverl&#228;ngerung entsprochen und deshalb erst im Februar 2018 die Auswahl f&#252;r den Antragsteller vorgenommen hatte, rechtlich daran gehindert gewesen sein k&#246;nnte, zugleich &#252;ber den H&#228;rteantrag zu entscheiden. Ob im Fall einer (echten) Konkurrenz zu Spielhallen anderer Betreiber etwas anderes gelten k&#246;nnte, bedarf hier keiner Kl&#228;rung. Die Auswahl h&#228;tte jedenfalls seit dem Erhalt des Schreibens vom 23.10.2017 bis Mitte Februar 2018 vom Antragsteller selbst vorgenommen werden k&#246;nnen, weshalb er hinreichend Gelegenheit hatte, sich f&#252;r den Erhalt der einen oder der anderen I.&#160;&#160;&#160;&#160; einzusetzen. Selbst im Laufe der mit der Rechtsmittelfrist &#252;bereinstimmenden Frist f&#252;r die Schlie&#223;ung der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; von einem Monat nach Bekanntgabe h&#228;tte der Antragsteller noch geltend machen k&#246;nnen, anstelle der Erlaubnis f&#252;r &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; eine solche f&#252;r &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; erhalten zu wollen. Da ohnehin keine Gr&#252;nde f&#252;r eine unbillige H&#228;rte gegeben waren, durfte die Antragsgegnerin auch rechtsfehlerfrei zugleich hier&#252;ber entscheiden.</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Schon mit Blick auf die gro&#223;z&#252;gige &#220;bergangsfrist von f&#252;nf Jahren und die insoweit bestehende Rechtsklarheit, nach ihrem Ablauf bei Fehlen unbilliger H&#228;rten jedenfalls eine I.&#160;&#160;&#160;&#160; schlie&#223;en zu m&#252;ssen, war auch die dem Antragsteller im Februar 2018 einger&#228;umte Frist von einem Monat zur Abwicklung der Gesch&#228;fte ausreichend, auch wenn er seinen Betrieb nicht ohne erforderliche Erlaubnis neu begonnen hat. Insoweit sind die Erw&#228;gungen des Senats, auf die sich der Antragsteller beruft, hier schon deshalb nicht einschl&#228;gig, weil die Antragsgegnerin ihr Ermessen &#8210; anders als im vom Senat entschiedenen Fall &#8210; ordnungsgem&#228;&#223; auch insoweit ausge&#252;bt hat, als sie erwogen hat, durch Gew&#228;hren angemessener Fristen keinen vermeidbaren Schaden entstehen zu lassen.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn.&#160;32&#160;ff., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich ergibt sich nicht schon dadurch eine rechtserhebliche Ungleichbehandlung des Antragstellers, weil die Antragsgegnerin in anderen, weniger klar liegenden, F&#228;llen m&#246;glicherweise von der Anordnung der sofortigen Vollziehung absieht. Trotz des umfangreichen Beschwerdevorbringens kann bereits im Verfahren vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes sicher beurteilt werden, dass der Antragsteller den Betrieb einer seiner beiden Spielhallen schon im vergangenen Jahr einzustellen hatte und Gr&#252;nde f&#252;r einen weiteren Betrieb ohne Erlaubnis, die er nicht besitzt und die materiell-rechtlich nicht erteilt werden kann, nicht vorliegen. In dem gleichwohl beabsichtigten verbotenen Weiterbetrieb entgegen der gesetzlichen Zielrichtung deutlich &#252;ber die gro&#223;z&#252;gig gew&#228;hrten &#220;bergangsfristen und Zeitr&#228;ume f&#252;r rechtlich erforderliche Kl&#228;rungen hinaus, liegt &#8210; im Interesse des vom Gesetzgeber angestrebten verbesserten Spielerschutzes &#8210; die von der Antragsgegnerin zu verhindernde Gefahr.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Danach &#252;berwiegt das &#246;ffentliche Interesse an der Verhinderung der Betriebsf&#252;hrung gegen&#252;ber den rechtlich nicht schutzw&#252;rdigen gegenl&#228;ufigen Interessen des Antragstellers an einer vorl&#228;ufig weiteren Nutzung. Dies gilt umso mehr, nachdem die Antragsgegnerin k&#252;rzlich unwidersprochen vorgetragen hat, der Antragsteller betreibe nunmehr beide Spielhallen nicht einmal mehr voneinander getrennt, sondern als Gro&#223;spielhalle, wobei die h&#246;chstzul&#228;ssige Zahl an Geldspielger&#228;ten &#252;berschritten werde.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i.&#160;V.&#160;m. &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
171,281
ovgnrw-2019-01-10-1-b-160218
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 B 1602/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:40
2019-02-12T13:44:33
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.1B1602.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Die Antragsgegnerin tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme etwaiger au&#223;ergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, der dieser selbst tr&#228;gt.</p> <p>Der Streitwert wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 12.612,84&#160;Euro und &#8211;&#160;unter entsprechender &#196;nderung der erstinstanzlichen Festsetzung von Amts wegen&#160;&#8211; f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren auf 12.588,71&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Senat ist bei der &#220;berpr&#252;fung der erstinstanzlichen Entscheidung auf die Pr&#252;fung der von dem Rechtmittelf&#252;hrer fristgerecht dargelegten Gr&#252;nde beschr&#228;nkt (&#167;&#160;146 Abs.&#160;4 Satz&#160;6 i.&#160;V.&#160;m. Satz&#160;1 und 3 VwGO). Die Gr&#252;nde, die die Antragsgegnerin mit den innerhalb der Begr&#252;ndungsfrist vorgelegten Schrifts&#228;tzen vom 25.&#160;Oktober 2018 und 14.&#160;November 2018 geltend macht, rechtfertigen es nicht, den angefochtenen Beschluss abzu&#228;ndern und den sinngem&#228;&#223; gestellten Antrag des Antragstellers abzulehnen,</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die durch Stellenausschreibung Nr.&#160;2017_0486_01 ausgeschriebene, nach A&#160;12 BBesO bewertete Stelle &#8222;Sachbearbeiterin/Sachbearbeiter in der Gruppe 'Wertpapierverwaltung (E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; )' (Z 503)&#8220; mit dem Beigeladenen oder einem/einer anderen Bewerber/in zu besetzen und diese/n zu bef&#246;rdern, bis &#252;ber die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat seine stattgebende Entscheidung, soweit es um die von der Beschwerde allein thematisierte Frage des Anordnungsanspruchs geht, im Kern wie folgt begr&#252;ndet: Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei durch die getroffene Auswahlentscheidung verletzt. Die Antragsgegnerin sei fehlerhaft von einem Beurteilungsgleichstand der beiden Bewerber ausgegangen und habe ihre Entscheidung auf der Grundlage dieser Annahme zu Unrecht am konkreten Dienstposten orientiert. Ein Beurteilungsgleichstand der Bewerber k&#246;nne zwar bei Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen angenommen werden, die den Zeitraum vom 1.&#160;April 2016 bis zum 31.&#160;M&#228;rz 2017 (Regelbeurteilung des Beigeladenen) bzw. bis zum 18.&#160;April 2017 (anlassbezogene fiktive Fortschreibung f&#252;r den Antragsteller) abdeckten. Denn die um einen Punktwert besser ausgefallene Beurteilung des Beigeladenen im rangniedrigeren Amt A&#160;10 BBesO (Gesamtnote &#8222;C&#8220;, &#8222;Die Normalanforderungen werden teilweise &#252;bertroffen&#8220;) d&#252;rfe der im rangh&#246;heren Amt A&#160;11 BBesO erteilten Beurteilung des Antragstellers (Gesamtnote &#8222;D&#8220;, &#8222;Die Normalanforderungen werden voll erf&#252;llt&#8220;) ohne Rechtsfehler gleichgestellt werden. Eine Binnendifferenzierung sei beanstandungsfrei unterblieben, da die fiktive Fortschreibung nur eine Gesamtnote ausweise. Bei der anschlie&#223;enden Ber&#252;cksichtigung der jeweils den Zeitraum vom 1.&#160;April 2015 bis zum 31.&#160;M&#228;rz 2016 betreffenden Vorbeurteilungen der Bewerber habe die Antragsgegnerin aber verkannt, dass der Antragsteller grunds&#228;tzlich besser beurteilt sei als der Beigeladene. Beide h&#228;tten die Gesamtnote &#8222;D&#8220; erreicht; der Antragsteller habe aber ein h&#246;heres Amt bekleidet (A&#160;11 BBesO) als der Beigeladene (A&#160;10 BBesO). Unabh&#228;ngig davon sei die Auswahlentscheidung auch deshalb rechtwidrig, weil die beiden dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers, die dieser jeweils angefochten habe, fehlerhaft und deswegen neu zu erstellen seien. Die Begr&#252;ndung des Gesamturteils in der Vorbeurteilung gen&#252;ge nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Denn es werde nicht erl&#228;utert, wie sich die hier nach den Beurteilungsrichtlinien unterschiedlichen Bewertungsskalen f&#252;r die zehn Einzelbewertungen (f&#252;nfstufig) und f&#252;r das Gesamturteil (siebenstufig) zueinander verhielten und wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen gebildet worden sei. Vor diesem Hintergrund sei auch die fiktive Fortschreibung der Vorbeurteilung rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe ihre Auswahlentscheidung auch nicht auf einen weiteren, auf den konkreten Dienstposten bezogenen Qualifikationsvergleich st&#252;tzen und ma&#223;geblich auf die Ergebnisse der im Auswahlverfahren bearbeiteten schriftlichen Aufgaben und der durchgef&#252;hrten strukturierten Interviews abstellen d&#252;rfen. Es sei nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Wahrnehmung der Aufgaben des streitigen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder F&#228;higkeiten voraussetze, die ein Laufbahnbewerber regelm&#228;&#223;ig nicht mitbringe und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeintr&#228;chtigung der Aufgabenerledigung auch nicht verschaffen k&#246;nne. Einziges eindeutig und unschwer feststellbares und damit konstitutives Element in der Stellenausschreibung sei die Eingrenzung des Bewerberkreises auf Beamte des gehobenen Dienstes der Besoldungsgruppen A&#160;10 bis A&#160;12. Bei den &#252;brigen Anforderungen handele es sich demnach allenfalls um Kriterien, die bei gleicher Eignung der Bewerber ma&#223;geblich ber&#252;cksichtigt werden sollen. Dieses Verst&#228;ndnis liege auch der Auswahlentscheidung zugrunde, weil die Antragsgegnerin auf der Grundlage ihrer fehlerhaften Annahme eines Leistungsgleichstands in Auswertung der im Auswahlverfahren gezeigten Leistungen nur &#8222;weniger gute&#8220; fachliche Kenntnisse und F&#252;hrungskompetenzen des Antragstellers angenommen habe. Auch mit den insoweit behaupteten Defiziten des Antragstellers sei die Zul&#228;ssigkeit einer an den Anforderungen des Dienstpostens orientierten Auswahlentscheidung nicht dargetan. Da im Ergebnis beide Bewerber den Anforderungskriterien gerecht w&#252;rden, m&#252;sse es hier ma&#223;geblich auf die durch die dienstlichen Beurteilungen ausgewiesenen Abstufungen in der Qualifikation ankommen. Im Falle einer erneuten, rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung sei der Antragsteller auch nicht chancenlos.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Hiergegen macht die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen geltend: Ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Ihre Auswahlentscheidung sei rechtm&#228;&#223;ig. Indem das Verwaltungsgericht implizit einen Beurteilungsvorsprung des Antragstellers (wegen der Vorbeurteilungen) angenommen habe, habe es unzul&#228;ssig in ihren Beurteilungsspielraum eingegriffen, der ihr bei der Gewichtung der in unterschiedlichen Status&#228;mtern erteilten Beurteilungen zustehe. Sie habe auch in Ansehung der Vorbeurteilungen von einer in etwa vergleichbaren Beurteilungslage ausgehen d&#252;rfen, zumal die Vorbeurteilungen nicht mehr aktuell seien und daher ohnehin nur erg&#228;nzend herangezogen werden k&#246;nnten. Es liege im Ermessen bzw. im Beurteilungsspielraum des Dienstherrn, bei einem nach den aktuellen dienstlichen Beurteilungen gegebenen Leistungsgleichstand nicht auf die nicht mehr aktuellen Vorbeurteilungen, sondern sogleich auf das leistungsbezogene, prognostisch wertvolle Erkenntnismittel eines sog. strukturierten Auswahlgespr&#228;chs zur&#252;ckzugreifen, das grunds&#228;tzlich die gleiche Aussagekraft habe wie Vorbeurteilungen. Dieser Weg sei im Auswahlvermerk beschritten worden. Die dortige Aussage zu den Vorbeurteilungen, bei der in Bezug auf den Beigeladenen irrt&#252;mlich von der Gesamtnote &#8222;C&#8220; ausgegangen worden sei, habe die Darstellung nur abrunden sollen und sei nicht in die Bewertung der Beurteilungslage bzw. in den Leistungsvergleich eingeflossen. Das werde durch entsprechende Textpassagen auf Seite&#160;2 des Auswahlvermerks belegt. Die Vorbeurteilung des Antragstellers sei mithin f&#252;r die Auswahlentscheidung nicht unmittelbar von Belang. Sie sei aber auch nicht wegen ihres Charakters als &#8222;Ausgangsbeurteilung&#8220; f&#252;r die fiktive Fortschreibung &#8211;&#160;mittelbar&#160;&#8211; relevant. Denn sie weise keine Fehler auf, die sich auf die fiktive Fortschreibung auswirken k&#246;nnten. Zum einen (Schriftsatz vom 25.&#160;Oktober 2018, Seite&#160;5&#160;f., (1), und Seite&#160;6&#160;f., b)) liege der vom Verwaltungsgericht angenommene Begr&#252;ndungsmangel schon nicht vor. Die Bewertung der Leistungen des Antragstellers mit der mittleren von sieben Rangstufen (&#8222;D&#8220;) sei schon deshalb plausibel und dr&#228;nge sich auf, weil acht der zehn Einzelmerkmale mit der mittleren Auspr&#228;gung benotet worden seien und nur bei zwei Einzelmerkmalen eine lediglich um eine Stufe bessere Note vergeben worden sei. Das gelte, obwohl die Notenskalen unterschiedlich seien, da die damit zu 80&#160;Prozent vergebene Einzelnote &#8222;entspricht den Anforderungen in vollem Umfang&#8220; w&#246;rtlich der Definition der Gesamtnote &#8222;D&#8220; (&#8222;Die Normalanforderungen werden voll erf&#252;llt&#8220;) entspreche. Zudem liege eine kurze, aber ausreichende Begr&#252;ndung vor. Zum anderen (Schriftsatz vom 25.&#160;Oktober 2018, Seite&#160;6, (2)) sei der mit dem Begr&#252;ndungserfordernis auch verfolgte Zweck, bei einem sp&#228;teren Leistungsvergleich eine Aussch&#228;rfung vornehmen zu k&#246;nnen, hier nicht betroffen. Es sei nicht ersichtlich, dass sich durch eine (n&#228;here) Begr&#252;ndung des Gesamturteils die fiktive Fortschreibung &#228;ndern w&#252;rde, da bei ihr allein auf die Rangstufe (und nicht auf die Bewertung der Einzelkriterien) abgestellt werde. Die prognostische Einsch&#228;tzung, der Beigeladene sei im Vergleich zum Antragsteller der besser geeignete Bewerber, weil er sich im streng an den Anforderungen der zu besetzenden Stelle orientierten Auswahlverfahren (schriftliche Arbeit, strukturiertes Interview) fachlich besser pr&#228;sentiert habe, falle in den weiten Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin und sei nicht zu beanstanden.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Auch in Ansehung dieses Beschwerdevorbringens erweist sich die angefochtene Entscheidung nicht als fehlerhaft. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsanspruch (vgl. &#167;&#160;123 Abs.&#160;1 und 3 VwGO i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#167;&#160;920 Abs.&#160;2, 294 Abs.&#160;1 ZPO) zu. Die zu seinen Lasten getroffene Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin verletzt seinen aus Art.&#160;33 Abs.&#160;2 GG folgenden Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung &#252;ber seine Bewerbung (Bewerbungsverfahrensanspruch) (dazu 1.), und seine Auswahl in einem erneuten, rechtsfehlerfreien Auswahlverfahren erscheint zumindest m&#246;glich (dazu 2.).</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">1. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragsstellers wird, wie das Verwaltungsgericht selbst&#228;ndig entscheidungstragend angenommen hat, durch die Annahme verletzt, nach den aktuellen dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen bestehe ein Leistungsgleichstand. Von einem solchen Gleichstand kann nicht ausgegangen werden, weil (jedenfalls) die insoweit f&#252;r den Antragsteller in den Vergleich eingestellte &#8222;fiktive Beurteilung&#8220; rechtswidrig ist (dazu b)). Diese beruht auf dem nicht hinreichend begr&#252;ndeten Gesamtergebnis der &#8211;&#160;damit rechtswidrigen&#160;&#8211; Vorbeurteilung (dazu a)). Vor diesem Hintergrund erweist sich das sonstige Beschwerdevorbringen als nicht erheblich (dazu c)).</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">a) Die dem Antragsteller erteilte Regelbeurteilung vom 17.&#160;Mai 2016 (Vorbeurteilung) erweist sich gemessen an den Anforderungen, die an eine hinreichende Begr&#252;ndung solcher dienstlicher Beurteilungen zu stellen sind (dazu aa)), als fehlerhaft. Das in dieser Regelbeurteilung ausgeworfene Gesamturteil ist unzureichend begr&#252;ndet (dazu bb)). Ferner wird erg&#228;nzend darauf hingewiesen, dass die Regelbeurteilung auch deshalb fehlerhaft ist, weil das Gesamturteils unter Versto&#223; gegen Art.&#160;33 Abs.&#160;2 GG anhand eines auch von den Anforderungen des Dienstpostens abh&#228;ngigen Gewichtungsma&#223;stabes gebildet worden ist (dazu cc)).</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">aa) Gesamturteil und Einzelbewertungen einer dienstlichen Beurteilung m&#252;ssen in dem Sinne miteinander &#252;bereinstimmen, dass sich das Gesamturteil nachvollziehbar und plausibel aus den Einzelbewertungen herleiten l&#228;sst. Dabei steht es im Ermessen des Dienstherrn, festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen beimessen will. Das abschlie&#223;ende Gesamturteil darf sich nicht auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den einzelnen Leistungsmerkmalen beschr&#228;nken. Vielmehr kommt im Gesamturteil die unterschiedliche Bedeutung der Einzelbewertungen durch ihre entsprechende Gewichtung zum Ausdruck. Das abschlie&#223;ende Gesamturteil ist danach durch eine W&#252;rdigung, Gewichtung und Abw&#228;gung der einzelnen, auf die Bestenauswahl bezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Diese Gewichtung bedarf bei sog. Ankreuzbeurteilungen schon deshalb einer Begr&#252;ndung, weil nur so die Einhaltung gleicher Ma&#223;st&#228;be gew&#228;hrleistet und das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen &#220;berpr&#252;fung zugef&#252;hrt werden kann. Einer &#8211;&#160;ggf. kurzen&#160;&#8211; Begr&#252;ndung bedarf es insbesondere dann, wenn die Beurteilungsrichtlinien f&#252;r die Einzelbewertungen einerseits und f&#252;r das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen. Denn hier muss erl&#228;utert werden, wie sich die unterschiedlichen Bewertungsskalen zueinander verhalten und wie das Gesamturteil aus den Einzelbewertungen gebildet wurde. Im &#220;brigen sind die Anforderungen an die Begr&#252;ndung f&#252;r das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. G&#228;nzlich entbehrlich ist eine Begr&#252;ndung f&#252;r das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note &#8211;&#160;vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null&#160;&#8211; geradezu aufdr&#228;ngt.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.&#160;M&#228;rz 2018&#8211; 2&#160;A&#160;10.17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;42&#160;f., m.&#160;w.&#160;N., Beschluss vom 21.&#160;Dezember 2016 &#8211;&#160;2&#160;VR&#160;1.16&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;39, und Urteil vom 17.&#160;September 2015 &#8211;&#160;2&#160;C&#160;13.14&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;26 bis 31, sowie OVG NRW, Urteil vom 17.&#160;August 2018 &#8211;&#160;1&#160;A&#160;379/17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;79, und Beschluss vom 5.&#160;September 2017 &#8211;&#160;1&#160;B&#160;498/17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;33 bis 42.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">bb) Nach Ma&#223;gabe dieser Grunds&#228;tze ist das in der Vorbeurteilung des Antragstellers ausgeworfene Gesamturteil unzureichend begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Diese Bewertung beruht nicht schon darauf, dass die Vorgaben fehlerhaft w&#228;ren, die die seit dem 1.&#160;Mai 2010 geltenden &#8222;Richtlinien f&#252;r die Beurteilung der Angeh&#246;rigen der Deutschen Bundesbank&#8220; (im Folgenden: BRL) zur &#8222;Gesamtbeurteilung&#8220; (Nr.&#160;7.3 BRL) machen. Diese Vorgaben erlauben es vielmehr, den o.&#160;g. Anforderungen zu entsprechen. Nach Nr.&#160;7.3 Satz&#160;1 BRL ist die Beurteilung mit einer (schriftlichen, vgl. insbesondere den Beurteilungsvordruck nach Nr.&#160;7.1 BRL) zusammenfassenden W&#252;rdigung von Eignung, Bef&#228;higung und fachlicher Leistung abzuschlie&#223;en, der sich ausweislich des Beurteilungsvordrucks das nach Nr.&#160;7.3 Satz&#160;3 BRL einer der sieben Rangstufen (&#8222;A&#8220; bis &#8222;&#8220;G&#8220;) zuzuordnende Gesamturteil anschlie&#223;t. Grundlage der zusammenfassenden W&#252;rdigung (und des vergebenen Gesamturteils) sind die Bewertungen der einzelnen, im Ankreuzverfahren nach einer f&#252;nfstufigen Bewertungsskala benoteten Merkmale aus der Leistungs- und Potenzialbeurteilung, ihre Gewichtung und erg&#228;nzend das Gesamtbild von Leistung und Verhalten (vgl. Nr.&#160;7.1, 7.2 und 7.3 Satz&#160;2 BRL). Die Beurteilungsrichtlinien bestimmen allerdings nicht, nach welchem Ma&#223;stab die Einzelbewertungen in ein Gesamturteil &#8222;&#252;bersetzt&#8220; werden.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die in der Vorbeurteilung des Antragstellers erfolgte schriftliche zusammenfassende W&#252;rdigung, die die Vergabe eines Gesamturteils der mittleren Rangstufe &#8222;D &#8211; Die Normalanforderungen werden voll erf&#252;llt&#8220; plausibel aus der Bewertung der einzelnen Leistungs- und Potenzialmerkmale ableiten soll, stellt nur eine Scheinbegr&#252;ndung dar und gen&#252;gt daher den o.&#160;g. Begr&#252;ndungsanforderungen ersichtlich nicht. Sie lautet:</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">&#8222;Herr X.&#160;&#160;&#160; ist fachlich ein zentraler Keyplayer in der Arbeitseinheit. In seiner strukturierten, analytischen und zielgerichteten Arbeitsweise ist er in der Lage auch komplexe Aufgabenstellungen zu bearbeiten. Neuen Aufgaben gegen&#252;ber ist er jederzeit aufgeschlossen. Sein sehr gutes Querschnittswissen in der IT setzt er nutzbringend zur Unterst&#252;tzung der Aufgabenerf&#252;llung des Teams ein. Herr X.&#160;&#160;&#160; erf&#252;llt damit insgesamt die mit der Bef&#246;rderung nach A&#160;11 gestiegenen Anforderungen in vollem Umfang.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Der letzte Satz enth&#228;lt lediglich eine zum vergebenen Gesamturteil passende Behauptung. Aus welchen Gr&#252;nden die vergebenen Einzelbewertungen und erg&#228;nzend das Gesamtbild von Leistung und Verhalten zu dem zuerkannten Gesamturteil gef&#252;hrt haben, wird dagegen nicht erl&#228;utert. Die vorangehenden S&#228;tze stellen nur die gesehenen Leistungen bzw. das erkannte Potenzial des Antragstellers auszugsweise dar; eine Gewichtung findet auch hier nicht statt.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine Begr&#252;ndung des Gesamturteils war entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht deshalb ausnahmsweise entbehrlich, weil sich die Vergabe der zuerkannten Gesamtnote &#8211;&#160;vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null&#160;&#8211; geradezu aufdr&#228;ngt. Letzteres kann hier nicht zugrunde gelegt werden. Der Antragsteller hat in Bezug auf die f&#252;r ihn bewerteten 10&#160;Leistungsmerkmale achtmal die mittlere Note &#8222;entspricht den Anforderungen in vollem Umfang&#8220; und zweimal die zweitbeste Note &#8222;&#252;bertrifft die Anforderungen&#8220; erhalten. Vier der f&#252;nf Potenzialmerkmale sind mit der mittleren Note &#8222;erkennbar ausgepr&#228;gt&#8220; benotet worden, und das Merkmal &#8222;analytische und konzeptionelle F&#228;higkeiten&#8220; ist mit der zweitbesten Note &#8222;deutlich ausgepr&#228;gt&#8220; bewertet worden. Vor diesem Hintergrund mag es sein, dass die Einzelbewertungen ungeachtet der Unzul&#228;ssigkeit einer rein arithmetischen Betrachtung in ihrer Summe eine deutliche Tendenz zu der jeweiligen mittleren <span style="text-decoration:underline">Einzel</span>notenstufe aufweisen. Daraus ergibt sich jedoch keinesfalls zwingend (im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null) die Vergabe der mittleren <span style="text-decoration:underline">Gesamt</span>note &#8222;D&#8220;. Zwar entspricht deren textliche Definition (&#8222;Die Normalanforderungen werden voll erf&#252;llt&#8220;) in etwa der f&#252;r die Bewertung der Einzelleistungen geltenden mittleren Note (&#8222;entspricht den Anforderungen in vollem Umfang&#8220;). Zu ber&#252;cksichtigen ist aber, dass die Antragsgegnerin insoweit unterschiedliche Bewertungsskalen verwendet. Es bedarf daher schon generell der Erl&#228;uterung, in welchem Verh&#228;ltnis die Noten f&#252;r die Einzelmerkmale zu den Noten f&#252;r das Gesamturteil stehen. Insoweit sind verschiedene &#8222;&#220;bersetzungs&#8220;-Modelle denkbar. Folgt man etwa dem an der textlichen Beschreibung haftenden Modell der Antragsgegnerin, k&#246;nnen die Noten &#8220;C&#8220; bis &#8222;A&#8220;, die s&#228;mtlich ein bestimmtes &#220;bertreffen der Normalanforderungen verlangen, nur vergeben werden, wenn der Beamte bei den Einzelmerkmalen &#252;berwiegend oder immer eine der beiden textlich korrespondieren besten Noten (&#8222;&#252;bertrifft die Anforderungen&#8220; bzw. &#8222;&#252;bertrifft die Anforderungen in besonderem Ma&#223;e&#8220;) erhalten hat. Ohne weiteres m&#246;glich (und grunds&#228;tzlich n&#228;herliegend) ist aber auch ein Modell mit einer von der mittleren Notenstufe &#8222;D&#8220; ausgehenden symmetrischen, f&#228;cherartigen Spreizung, bei der (idealtypisch) z.&#160;B. eine Bewertung der Einzelmerkmale ausschlie&#223;lich mit der zweitbesten Note zu einer Benotung f&#252;hrt, die bereits zwischen den Gesamtnoten &#8222;C&#8220; und &#8222;B&#8220; liegt. Hier w&#252;rden Einzelbewertungen, wie sie der Antragsteller erhalten hat (mittlere Note zu 80&#160;Prozent, zweitbeste Note zu 20&#160;Prozent), zwar im Gesamturteil noch etwas n&#228;her an der Note &#8222;D&#8220; als an der Note &#8222;C&#8220; liegen. F&#228;llt jedoch die von den Beurteilungsrichtlinien vorgeschriebene erg&#228;nzende Betrachtung des Gesamtbildes von Leistung und Verhalten besser als das Notenbild aus, k&#246;nnten die Beurteilenden (Berichtsverfasser und Schlusszeichner) durchaus schon die Gesamtnote &#8222;C&#8220; vergeben.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">cc) Nur erg&#228;nzend wird darauf hingewiesen, dass die Regelbeurteilung auch deshalb fehlerhaft ist, weil der Bildung des Gesamturteils unter Versto&#223; gegen Art.&#160;33 Abs.&#160;2 GG ein auch von den Anforderungen des Dienstpostens abh&#228;ngiger Gewichtungsma&#223;stab zugrunde gelegt worden ist. In der Leistungsbeurteilung sind &#8211;&#160;richtlinienkonform (vgl. Nr.&#160;7.2.4 BRL)&#160;&#8211; vier der insgesamt zehn Einzelkriterien durch Ankreuzen als f&#252;r den Arbeitsplatz bzw. als &#8211;&#160;so die Formulierung in Nr.&#160;7.2.4 BRL&#160;&#8211; f&#252;r die Erf&#252;llung der &#252;bertragenen Aufgaben besonders wichtig gekennzeichnet worden. Eine solche einzelfall- und dienstpostenbezogene Gewichtung der Einzelmerkmale verst&#246;&#223;t gegen die aus Art.&#160;33 Abs.&#160;2 GG abzuleitende Verpflichtung des Dienstherrn, bei der dienstlichen Beurteilung die gezeigten Leistungen einheitlich allein am Ma&#223;stab des jeweiligen Statusamtes des zu beurteilenden Beamten zu messen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">N&#228;her hierzu und m.&#160;w.&#160;N.: Senatsurteil vom 17.&#160;August 2018 &#8211;&#160;1&#160;A&#160;379/17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;95, 101&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">b) Die Rechtswidrigkeit der Vorbeurteilung des Antragstellers hat die Rechtswidrigkeit der &#8222;fiktiven Beurteilung&#8220; vom 18.&#160;Mai 2017 zur Folge. Letzterer liegt die Bildung einer Vergleichsgruppe aus Beamten zugrunde, die zum Beurteilungsstichtag 1.&#160;April 2016 mit der Rangstufe&#160;&#8222;D&#8220; beurteilt worden waren (vgl. die entsprechenden Erl&#228;uterungen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 26.&#160;Oktober 2017, S.&#160;3 bis 5). Ob dies die zutreffende Vergleichsgruppe ist, ist offen, weil es &#8211;&#160;wie bereits ausgef&#252;hrt&#160;&#8211; m&#246;glich ist, dass die Beurteilenden im Falle rechtsfehlerfreier Neuerstellung der Vorbeurteilung des Antragstellers die Gesamtnote &#8222;C&#8220; vergeben.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">c) Mit Blick auf das Vorstehende kommt es nicht mehr auf das Beschwerdevorbringen zu der &#8211;&#160;in Auswertung des (allerdings wenig klaren) Auswahlvermerks im Ergebnis wohl zu bejahenden&#160;&#8211; Frage an, ob die Antragsgegnerin ihre Auswahlentscheidung in der (hier nicht zugrunde zu legenden, s.&#160;o.) Annahme eines nach den aktuellen Beurteilungen gegebenen Leistungsgleichstandes unter Auslassung eines Vergleichs anhand der Vorbeurteilungen sogleich auf die Ergebnisse der schriftlichen Ausarbeitungen und der strukturierten Interviews gest&#252;tzt hat. Ebenso ist hier die sich anschlie&#223;ende, vom Senat bislang nicht entschiedene rechtliche Frage ohne Bedeutung, ob ein solches Vorgehen grunds&#228;tzlich zul&#228;ssig ist.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Bejahend OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 29.&#160;Mai 2018 &#8211;&#160;OVG&#160;10&#160;S&#160;66.16&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;17 bis 19, m.&#160;w.&#160;N., und Nds. OVG, Beschluss vom 21.&#160;Februar 2007 &#8211;&#160;5&#160;LA&#160;171/06&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;15&#160;f. und 18 (Gleichrangigkeit der im Falle eines nach Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen gegebenen Leistungsgleichstands in Betracht kommenden erg&#228;nzenden, jeweils leistungsbezogenen Kriterien der Ergebnisse fr&#252;herer dienstlicher Beurteilungen einerseits und der Resultate von Vorstellungsgespr&#228;chen oder Auswahlverfahren mit Elementen eines Assessment-Centers andererseits); a.&#160;A. Hoffmann, A., in: Sch&#252;tz/Maiwald, Stand: Dezember 2018, LBG NRW 2016 &#167;&#160;19 Rn.&#160;40 a.&#160;E. und Rn.&#160;67&#160;f., wonach das Ergebnis von Assessment-Centern o.&#160;&#228;. als Hilfskriterium (Rn.&#160;40) bzw. als leistungsbezogene, aber nachrangige Erkenntnisquelle (Rn.&#160;67&#160;f.) erst nach einer Auswertung fr&#252;herer dienstlicher Beurteilungen herangezogen werden darf.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2. Die Auswahl des Antragstellers bei einer erneuten, rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung erscheint bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Umst&#228;nde des Einzelfalls zumindest m&#246;glich.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Zu diesem Erfordernis n&#228;her: Senatsbeschluss vom 23.&#160;Mai 2017 &#8211;&#160;1&#160;B&#160;99/17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;9 bis 13, m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Antragsteller kann im Konkurrenzverh&#228;ltnis zu dem Beigeladenen nicht als chancenlos eingestuft werden. Nach dem Vorstehenden kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragsteller bei rechtsfehlerfreier fiktiver Fortschreibung der Vorbeurteilung die Gesamtnote &#8222;C&#8220; erh&#228;lt. Der Antragsteller w&#228;re dann, obwohl die zu vergleichenden Gesamturteile beide auf &#8222;C&#8220; lauten w&#252;rden, aktuell besser beurteilt als der im Statusamt A&#160;10 BBesO beurteilte Beigeladene, weil seine Leistungen an den h&#246;heren Anforderungen des Statusamtes A&#160;11 BBesO gemessen werden. Bei&#8211; wie hier &#8211; formal gleichlautenden Gesamturteilen ist die Beurteilung des Beamten im h&#246;heren Statusamt grunds&#228;tzlich besser als die Beurteilung eines Konkurrenten im niedrigeren Statusamt.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Hierzu und zu m&#246;glichen Ausnahmen von diesem Grundsatz vgl. zuletzt den Senatsbeschluss vom 7.&#160;Januar 2019 &#8211;&#160;1&#160;B&#160;1792/18&#160;&#8211;, BA S.&#160;4 bis 6, demn&#228;chst in juris.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167;&#160;154 Abs.&#160;2, 162 Abs.&#160;3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die etwaigen au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen f&#252;r erstattungsf&#228;hig zu erkl&#228;ren, weil dieser im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt hat und damit kein Kostenrisiko eingegangen ist. Im &#220;brigen steht der Beigeladene auf der Seite der unterlegenen Antragsgegnerin.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwerts f&#252;r das erstinstanzliche Verfahren, welche der Senat in Anwendung der Regelung des &#167;&#160;63 Abs.&#160;3 GKG unter &#196;nderung der erstinstanzlichen Festsetzung (Wertstufe bis 16.000,00&#160;Euro) vornimmt, beruht auf den &#167;&#167;&#160;40, 53 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 GKG sowie &#167;&#160;52 Abs.&#160;1 i.&#160;V.&#160;m. Abs.&#160;6 Satz&#160;1 Nr.&#160;1, Satz&#160;2 bis 4 GKG. Auszugehen ist nach diesen Vorschriften von dem Jahresbetrag (&#167;&#160;52 Abs.&#160;6 Satz&#160;1 Nr.&#160;1 GKG) der Bez&#252;ge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Ma&#223;gabe des im Zeitpunkt der Antragstellung bekanntgemachten, f&#252;r Bundesbeamte geltenden Besoldungsrechts unter Zugrundelegung der jeweiligen Erfahrungsstufe fiktiv f&#252;r das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Antragstellung zu zahlen sind. Nicht zu ber&#252;cksichtigen sind dabei die nach &#167;&#160;52 Abs.&#160;6 Satz&#160;1 Nr.&#160;1 und Satz&#160;3 GKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Ma&#223;gaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen &#167;&#160;52 Abs.&#160;6 Satz&#160;4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorl&#228;ufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grunds&#228;tzen zu ermittelnde Jahresbetrag bel&#228;uft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A&#160;12 BBesO und bei Zugrundelegung der Erfahrungsstufe&#160;4 (vgl. den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 13.&#160;November 2018) f&#252;r das ma&#223;gebliche Jahr 2017 auf 50.354,83&#160;Euro (Januar 2017: 4.107,75 Euro, f&#252;r die &#252;brigen 11&#160;Monate jeweils 4.204,28&#160;Euro = 46.247,08&#160;Euro). Nicht einzustellen in die Berechnung dieses Betrages ist eine &#8222;Jahressonderzahlung&#8220; von 3.286,20&#160;Euro, die der Antragsteller nach der Mitteilung der Antragsgegnerin in dem vor dem Senat gef&#252;hrten Verfahren 1&#160;E&#160;432/17 im Jahre 2016 erhalten haben soll (dortiger Schriftsatz vom 8.&#160;Juni 2017) und die das Verwaltungsgericht bei seiner Streitwertfestsetzung ber&#252;cksichtigt hat. Denn eine solche oder eine vergleichbare Zahlung au&#223;erhalb der monatlichen Tabellenbez&#252;ge sehen die auf den Antragsteller anzuwendenden besoldungsrechtlichen Regelungen schon seit 2009 nicht mehr vor (vgl. insoweit auch den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 13. November 2018). Die angesprochene &#8222;Jahressonderzahlung&#8220; d&#252;rfte tats&#228;chlich vielmehr die Jahressumme der nicht ruhegehaltf&#228;higen, monatlich gezahlten Bankzulage (gewesen) sein. Die Division des o.&#160;g. Jahresbetrages mit dem Faktor&#160;4 f&#252;hrt auf den im Tenor festgesetzten Streitwert von 12.588,71&#160;Euro.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwerts f&#252;r das Beschwerdeverfahren beruht auf den vorzitierten, die erstinstanzliche Festsetzung betreffenden Vorschriften sowie zus&#228;tzlich auf &#167;&#160;47 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 GKG. Der danach zu ermittelnde, auf das Jahr der Beschwerdeerhebung (2018) zu beziehende Vierteljahresbetrag der fiktiv zu zahlenden Bez&#252;ge nach A&#160;12 BBesO, Erfahrungsstufe&#160;4, bel&#228;uft sich auf den im Tenor festgesetzten Betrag von 12.612,84&#160;Euro (4.204,28&#160;Euro x 3). Bei der Berechnung der Jahresbez&#252;ge kann noch nicht auf das Monatsgehalt abgestellt werden, das nach dem Bundesbesoldungs- und &#8209;versorgungsanpassungsgesetz 2018/2019/2020 vom 8.&#160;November 2018 r&#252;ckwirkend ab dem 1.&#160;M&#228;rz 2018 gilt. Denn dieses Gesetz war zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 29.&#160;Oktober 2018 noch nicht im Bundesgesetzblatt ver&#246;ffentlicht; dies ist erst am 13.&#160;November 2018 geschehen (BGBl. I S.&#160;1810).</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den &#167;&#167;&#160;68 Abs.&#160;1 Satz&#160;5, 66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 GKG und im &#220;brigen gem&#228;&#223; &#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO unanfechtbar.</p>
171,280
ovgnrw-2019-01-10-1-a-417118
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
1 A 4171/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:40
2019-02-12T13:44:33
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.1A4171.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird auf Kosten des Kl&#228;gers abgelehnt.</p> <p>Der Streitwert wird f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 3.619,42&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der auf die Zulassungsgr&#252;nde nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1, 2 und 5 VwGO gest&#252;tzte Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 und Abs.&#160;5 Satz&#160;2 VwGO zuzulassen, wenn einer der Gr&#252;nde des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 VwGO innerhalb der Begr&#252;ndungsfrist dargelegt ist und vorliegt. &#8222;Darlegen&#8220; i.&#160;S.&#160;v. &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 VwGO bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erl&#228;utern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Die Zulassungsbegr&#252;ndung soll es dem Oberverwaltungsgericht erm&#246;glichen, die Zulassungsfrage allein auf ihrer Grundlage zu beurteilen, also ohne weitere aufw&#228;ndige Ermittlungen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Hiervon ausgehend rechtfertigt das Zulassungsvorbringen die begehrte Zulassung der Berufung aus keinem der geltend gemachten Zulassungsgr&#252;nde. Soweit es den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung gen&#252;gt, greift es in der Sache nicht durch.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">1. Die Berufung kann zun&#228;chst nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i.&#160;S.&#160;d. &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO zugelassen werden. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begr&#252;ndet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gr&#252;nden im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Pr&#252;fung der Sach- und Rechtslage beantworten l&#228;sst. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erf&#252;llt.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat zur Begr&#252;ndung seiner die Klage abweisenden Entscheidung ausgef&#252;hrt: Die Klage gegen den Widerruf der Bankzulage, die nach deren (r&#252;ckwirkender) Wiedergew&#228;hrung ab dem 1.&#160;Februar 2018 noch den Widerrufszeitraum vom 24.&#160;November 2016 bis zum 31.&#160;Januar 2018 betreffe, sei unbegr&#252;ndet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. November 2016 in der Gestalt deren Widerspruchsbescheides vom 4.&#160;April 2017 sei rechtm&#228;&#223;ig und verletze den Kl&#228;ger nicht in seinen Rechten. Zutreffend habe die Beklagte den Widerruf auf &#167;&#160;31 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Nr.&#160;1 Buchstabe b) BBankG i.&#160;V.&#160;m &#167;&#160;2 Abs.&#160;2 Satz&#160;2 BBankPersV gest&#252;tzt. Wegen der weiteren Begr&#252;ndung nehme das Gericht auf die Ausf&#252;hrungen im Widerspruchsbescheid Bezug und sehe von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgr&#252;nde ab. Die Einwendungen des Kl&#228;gers im Klageverfahren f&#252;hrten zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Insbesondere sei der Widerruf nicht deshalb ermessensfehlerhaft, weil die l&#228;ngerfristige Erkrankung des Kl&#228;gers ab dem 4.&#160;Januar 2016 kausal auf ein Fehlverhalten der Beklagten zur&#252;ckzuf&#252;hren w&#228;re. Zweifelhaft sei schon, ob im Zusammenhang mit der Einleitung und Durchf&#252;hrung des gegen den Kl&#228;ger gerichteten Beschwerdeverfahrens nach dem AGG &#252;berhaupt ein Fehlverhalten bzw. eine Verletzung der F&#252;rsorgepflicht vorliege. Ungeachtet dessen sei jedenfalls eine solche (psychische) Erkrankung des Kl&#228;gers, die zu den f&#252;r die Widerrufsentscheidung ma&#223;geblichen erheblichen Fehlzeiten gef&#252;hrt h&#228;tte und auf ein Verhalten der Beklagten zur&#252;ckzuf&#252;hren w&#228;re, nicht dargetan. Den vom Kl&#228;ger herangezogenen &#228;rztlichen Stellungnahmen bzw. Attesten vom 21. bzw. 28.&#160;Juni 2017 fehle schon jegliche bzw. hinreichende Aussagekraft. Auch aus den amts&#228;rztlichen Mitteilungen vom 9.&#160;September 2016 und vom 9.&#160;Dezember 2016 ergebe sich keine psychische Erkrankung, die f&#252;r die langen Fehlzeiten urs&#228;chlich gewesen bzw. auf ein Fehlverhalten der Beklagten zur&#252;ckzuf&#252;hren w&#228;re. Auch sonst seien keine Ermessensfehler ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die insoweit (auch unter Zuordnung zu den anderen geltend gemachten Zulassungsgr&#252;nden) ge&#228;u&#223;erten Zweifel im o.&#160;g. Sinne liegen nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">a) Der Kl&#228;ger wendet sich zun&#228;chst gegen die Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts, es sei bereits zweifelhaft, dass sich die im anwaltlichen Schreiben vom 5.&#160;Mai 2016 dargelegten, das Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit dem AGG-Verfahren betreffenden Vorw&#252;rfe gegen&#252;ber der Beklagten &#252;berhaupt verifizieren lassen (Schriftsatz vom 19.&#160;November 2018, S.&#160;2 bis 5 sowie die weiteren Ausf&#252;hrungen unter dem Gliederungspunkt 4.). Er tr&#228;gt vor: Das Verwaltungsgericht habe insoweit den einschl&#228;gigen Schriftverkehr und namentlich das erw&#228;hnte anwaltliche Schreiben unzureichend und einseitig gew&#252;rdigt. Das werde schon durch die Formulierung &#8222;es erscheint bereits zweifelhaft&#8220; belegt, die eine Beweisaufnahme nicht beenden k&#246;nne und (auch) das Vorliegen eines Verfahrensmangels begr&#252;nde. Das die Vorw&#252;rfe der Frau L.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; (jetzt: C.&#160;&#160;&#160;&#160; ) gegen den Kl&#228;ger betreffende AGG-Verfahren habe mangels Beschwerdeberechtigung schon nicht eingeleitet werden d&#252;rfen und sei intransparent und unfair gef&#252;hrt worden. Die Beklagte habe auch auf Beschwerden des Kl&#228;gers keine Abhilfe geschaffen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieses Vorbringen kann das Vorliegen ernstlicher Zweifel i.&#160;S.&#160;d. &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO oder eines &#8222;Verfahrensfehlers&#8220; schon deshalb nicht aufzeigen, weil die insoweit ger&#252;gten Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungstragend sind. Sie betreffen, nachdem das Gericht durch Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid das Vorliegen eines Widerrufstatbestandes bejaht und die dortige Ermessensaus&#252;bung unbeanstandet gelassen hat, den im Klageverfahren erhobenen Einwand des Kl&#228;gers, seine monatelange Erkrankung sei auf ein Fehlverhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der AGG-Beschwerde zur&#252;ckzuf&#252;hren (UA S.&#160;5, vorletzter Absatz). Diesen Einwand hat das Verwaltungsgericht nicht mit seinen ger&#252;gten Erw&#228;gungen zur Frage eines Fehlverhaltens der Beklagten zur&#252;ckgewiesen. Diese Bewertung ergibt sich schon aus dem Umstand, dass das Gericht das Vorliegen eines Fehlverhaltens der Beklagten im Zusammenhang mit der Sachbehandlung des AGG-Verfahrens nur bezweifelt, sich insoweit aber gerade nicht festgelegt hat (UA S.&#160;5&#160;f.). Klar best&#228;tigt wird sie durch die sich im Urteil unmittelbar anschlie&#223;enden Ausf&#252;hrungen, dass &#8222;ungeachtet der vorangegangenen Frage einer fehlerhaften Sachbehandlung durch die Beklagte (&#8230;) <strong>jedenfalls</strong>&#8220; (Hervorhebung durch den Senat) eine f&#252;r die erheblichen Fehlzeiten urs&#228;chliche und auf ein Verhalten der Beklagten zur&#252;ckzuf&#252;hrende (psychische) Erkrankung nicht dargetan sei.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">b) Gegen die vorgenannte, die Zur&#252;ckweisung des fraglichen Einwands des Kl&#228;gers allein tragende Erw&#228;gung macht dieser im Zulassungsverfahren das Folgende geltend: Auch diese W&#252;rdigung sei nicht zutreffend. Mit den eingereichten beiden &#228;rztlichen Stellungnahmen seien seine schwere Erkrankung und die Miturs&#228;chlichkeit des Verhaltens der Beklagte f&#252;r diese Erkrankung nachgewiesen, zumal seine &#196;rzte wegen seiner langj&#228;hrigen Behandlung insoweit &#252;ber bessere Erkenntnisse verf&#252;gten als die Amts&#228;rztin. Beide Stellungnahmen h&#228;tten knapp ausfallen d&#252;rfen, da die &#196;rzte durch das jeweilige Anschreiben instruiert worden seien. Die Bewertung, der Stellungnahme des Dr.&#160;H.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; komme keine Aussagekraft zu, sei unverst&#228;ndlich. Zudem habe das Verwaltungsgericht die im amts&#228;rztlichen Gutachten vom 9.&#160;September 2016 auf dessen Seite&#160;2 fettgedruckte &#196;u&#223;erung &#252;bergangen. Die weiteren Aussagen des Gutachtens (zur sofortigen Dienstf&#228;higkeit des Kl&#228;gers) seien durch die besonders gewichtigen Arbeitsunf&#228;higkeitsbescheinigungen widerlegt. Mit Schriftsatz vom 6.&#160;Januar 2018 macht der Kl&#228;ger au&#223;erhalb der Zulassungsbegr&#252;ndungsfrist insoweit &#8222;erg&#228;nzend&#8220; noch geltend, dass ein Arzt zwar nicht &#8222;Mobbing&#8220; bescheinigen, wohl aber fachlich die Glaubhaftigkeit von Konfliktschilderungen bewerten und die (Mit-) Urs&#228;chlichkeit des Konflikts f&#252;r die bestehende Erkrankung feststellen k&#246;nne.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das alles greift nicht durch.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Soweit das Zulassungsvorbringen die Stellungnahme eines Arztes/einer &#196;rztin der &#8222;Hausarztpraxis T.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; &#8220; vom 28.&#160;Juni 2017 betrifft, fehlt es bereits an einer hinreichenden Darlegung im o.&#160;g. Sinne. Der Kl&#228;ger setzt sich n&#228;mlich nicht einmal ansatzweise mit den Erw&#228;gungen des Verwaltungsgerichts auseinander, dass&#8211;&#160;erstens&#160;&#8211; schon keine konkrete Erkrankung diagnostiziert werde und dass&#8211;&#160;zweitens&#160;&#8211; die gemachten Angaben auch unter Ber&#252;cksichtigung des zugrunde liegenden Fragenkatalogs viel zu allgemein seien, um den behaupteten Kausalzusammenhang zwischen dem der Beklagten vorgeworfenen Verhalten und der geltend gemachten Erkrankung zu belegen. Unabh&#228;ngig davon erweisen sich diese Erw&#228;gungen auch im Lichte des Zulassungsvorbringens als zutreffend. Auf die Frage nach den Feststellungen und Diagnosen (Frage 3.1) ist lediglich ausgef&#252;hrt: &#8222;Konfliktsituationen am Arbeitsplatz. Der Patient leidet an Magenschmerzen, &#220;belkeit, innerliche Unruhe und Schlafst&#246;rungen&#8220;. Aus dieser &#196;u&#223;erung ergibt sich nicht die Diagnose einer (im &#220;brigen auch mit der Zulassungsbegr&#252;ndung, in der nur von&#8222;einer manifesten psychischen Erkrankung&#8220; die Rede ist, nicht benannten) konkreten Erkrankung. Die &#196;u&#223;erung differenziert schon nicht nach Feststellungen und Diagnosen, f&#252;hrt keine bestimmte (psychische) Krankheit an, enth&#228;lt keine Codierung nach ICD-10 und gibt daher in der Summe nur ein beschriebenes komplexes Beschwerdebild wieder. Ist schon keine bestimmte Diagnose gestellt, so fehlt es f&#252;r den in der Stellungnahme behaupteten urs&#228;chlichen Zusammenhang &#8222;mit den Vorg&#228;ngen am Arbeitsplatz&#8220; an einem klaren Bezugsobjekt. Vor diesem Hintergrund ist es ohne Bedeutung, dass der Hausarzt/die Haus&#228;rztin die Schilderung des Kl&#228;gers &#8222;zum Arbeitsplatzkonflikt f&#252;r stimmig und plausibel&#8220; gehalten hat. Aus demselben Grund ist auch das als &#8222;erg&#228;nzend&#8220; bezeichnete, in Wirklichkeit aber neue, nicht fristgerecht vorgelegte und daher ohnehin nicht ber&#252;cksichtigungsf&#228;hige Zulassungsvorbringen nicht erheblich, nach dem eine solche Einsch&#228;tzung der Glaubhaftigkeit fachlich m&#246;glich sein soll. Dieses Zulassungsvorbringen krankt im &#220;brigen auch daran, dass nicht dargelegt ist, dass und warum eine solche fachliche Bef&#228;higung auch bei einem (hier in Rede stehenden) Facharzt f&#252;r Allgemeinmedizin angenommen werden k&#246;nnen soll.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, die &#228;rztliche Bescheinigung des Dr.&#160;H.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; (Arzt f&#252;r Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Psychotherapie, Hom&#246;opathie, Akupunktur, Naturheilverfahren) besitze f&#252;r die in Rede stehende Frage keinerlei Aussagekraft, ist keinen ernstlichen Zweifeln i.&#160;S.&#160;d. &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO ausgesetzt. Dr.&#160;H.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hat auf die Anfrage des Kl&#228;gers lediglich einen Ausdruck der Ergebnisse seiner (offenbar einmaligen) Untersuchung vom 10.&#160;Februar 2016 &#252;bersandt. Danach hat er neben einigen weiteren HNO-Befunden nur ein Tinnitusleiden diagnostiziert, unter dem der Kl&#228;ger allerdings nach eigenen Angaben bereits seit einigen Jahren (!) ab und an leide, und die Klagen des Kl&#228;gers &#252;ber ein Mobbing am Arbeitsplatz ohne eigene &#228;rztliche Bewertung wiedergegeben. In psychischer Hinsicht hat er &#8211;&#160;als Arzt f&#252;r Psychotherapie fachlich kompetent&#160;&#8211; nur einen Verdacht auf eine psychosomatische Belastungsreaktion ge&#228;u&#223;ert und ferner ausdr&#252;cklich festgehalten, dass kein Hinweis auf eine akute psychische Dekompensation vorliege.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die Annahme des Verwaltungsgerichts, eine f&#252;r die erheblichen Fehlzeiten urs&#228;chliche und auf ein Verhalten der Beklagten zur&#252;ckzuf&#252;hrende (psychische) Erkrankung sei nicht dargetan, wird auch nicht durch den Hinweis auf die fettgedruckte Passage in der amts&#228;rztlichen Mitteilung vom 9.&#160;September 2016 schl&#252;ssig in Frage gestellt. Danach litt der Kl&#228;ger &#8222;vorwiegend an einem komplexen psychosomatischen Beschwerdebild&#8220; und war es &#8222;zu einem depressiven Erleben mit Nervosit&#228;t und innerer Anspannung&#8220; gekommen. Die Symptomatik sei &#8222;nach Aussage des Betroffenen ausschlie&#223;lich im Zusammenhang mit einer beruflichen Belastungssituation zu sehen, die massiv kr&#228;nkend und entwertend erlebt&#8220; worden sei und sich seit zwei Jahren entwickelt habe. Die die Frage der Ursachen betreffende &#196;u&#223;erung enth&#228;lt sich einer eigenen Bewertung und gibt nur die Meinung des Kl&#228;gers wieder (&#8222;nach Aussage des Betroffenen&#8220;). Die Darstellung der Beschwerden bleibt unterhalb der Schwelle der Diagnose einer konkreten (psychischen) Erkrankung. Bekr&#228;ftigt wird dieser Befund durch die weitere &#8211;&#160;schon vom Verwaltungsgericht hervorgehobene&#160;&#8211; &#196;u&#223;erung der Amts&#228;rztin, der Kl&#228;ger sei &#8222;derzeit in der Lage, in dem jetzigen Aufgabenbereich uneingeschr&#228;nkt Dienst zu verrichten&#8220;. Dieser &#196;u&#223;erung, die die Amts&#228;rztin im Gefolge ihrer weiteren Mitteilung vom 9.&#160;Dezember 2016 gegen&#252;ber der Beklagten (nicht: gegen&#252;ber dem Verwaltungsgericht) telefonisch noch einmal bekr&#228;ftigt hat (vgl. UA S.&#160;7, Ende des zweiten Absatzes), wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kl&#228;ger auch nach den amts&#228;rztlichen Untersuchungen weiter Arbeitsunf&#228;higkeitsbescheinigungen vorgelegt hat und dem Dienst ferngeblieben ist. Denn solche nicht mit einer Begr&#252;ndung zu versehenden privat&#228;rztlichen Bescheinigungen geben von vornherein keinen Anlass, von einer nicht in sonstiger Weise in Frage gestellten medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes abzuweichen bzw. diese auch nur zu &#252;berpr&#252;fen.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Zu den Voraussetzungen, unter denen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes Vorrang vor der abweichenden Beurteilung des behandelnden Privatarztes zukommt, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 5.&#160;Juni 2014 &#8211;&#160;2&#160;C&#160;22.13&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;20, sowie Beschl&#252;sse vom 11.&#160;Juni 2014 &#8211;&#160;2&#160;B&#160;3.13&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;18&#160;f., und vom 28.&#160;Dezember 2012 &#8211;&#160;2&#160;B&#160;105.11&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;8.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">2. Die Berufung kann auch nicht nach &#167;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;5 VwGO zugelassen werden. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verst&#246;&#223;e gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln. Nicht erfasst sind hingegen Verst&#246;&#223;e gegen Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt. Ein Verfahrensmangel ist nur dann ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begr&#252;ndenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen W&#252;rdigung substantiiert dargetan wird.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20.&#160;Dezember 2017 &#8211;&#160;5&#160;B 10.17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;19, m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Daran gemessen kommt die Zulassung der Berufung nicht in Betracht.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">a) Der Kl&#228;ger macht zun&#228;chst geltend, das Verwaltungsgericht habe den hier bereits weiter oben angef&#252;hrten fettgedruckten Passus aus der amts&#228;rztlichen Mitteilung vom 9.&#160;September 2016 &#8222;&#252;bergangen&#8220;. Hiermit ist schon deshalb kein Verfahrensfehler dargelegt, weil keine Vorschrift des Prozessrechts bezeichnet wird, gegen die ein Versto&#223; vorliegen soll. Der Sache nach will der Kl&#228;ger insoweit wohl einen Versto&#223; gegen den &#220;berzeugungsgrundsatz (&#167;&#160;108 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO) r&#252;gen, nach dem es Sache des Tatsachengerichts ist, sich im Wege der freien Beweisw&#252;rdigung eine &#220;berzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Die Grunds&#228;tze der Beweisw&#252;rdigung sind rechtsmittelrechtlich grunds&#228;tzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen. Deshalb ist die Einhaltung der aus &#167;&#160;108 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO folgenden Verpflichtung nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials r&#252;gt, aus dem er andere Schl&#252;sse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein &#8211;&#160;angeblicher&#160;&#8211; Mangel in der Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung angesprochen, der die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;5 VwGO grunds&#228;tzlich nicht rechtfertigen kann.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa BVerwG, Beschl&#252;sse vom 20.&#160;Dezember 2017 &#8211;&#160;5&#160;B 10.17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;22, und vom 12.&#160;Januar 2009 &#8211;&#160;5&#160;B&#160;48.08&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;6, jeweils m.&#160;w.&#160;N.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5.&#160;Aufl. 2018, &#167;&#160;124 Rn.&#160;189&#160;f.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Ein Versto&#223; gegen &#167;&#160;108 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO kann aber insbesondere dann einen Verfahrensfehler begr&#252;nden, wenn das angegriffene Urteil von einem falschen oder unvollst&#228;ndigen Sachverhalt ausgeht, also etwa entscheidungserheblichen Akteninhalt &#252;bergeht oder auf einer aktenwidrigen Tatsachengrundlage basiert. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche W&#252;rdigung einbezieht, insbesondere Umst&#228;nde &#252;bergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm h&#228;tte aufdr&#228;ngen m&#252;ssen. In solchen F&#228;llen fehlt es an einer tragf&#228;higen Tatsachengrundlage f&#252;r die innere &#220;berzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche W&#252;rdigung als solche nicht zu beanstanden ist. In Bezug auf das Ergebnis der tatrichterlichen Beweisw&#252;rdigung selbst ist nur zu pr&#252;fen, ob es gegen allgemeine Grunds&#228;tze der Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung (insbesondere gegen gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungss&#228;tze) verst&#246;&#223;t oder gedankliche Br&#252;che und Widerspr&#252;che enth&#228;lt.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa BVerwG, Beschl&#252;sse vom 20.&#160;Dezember 2017 &#8211;&#160;5&#160;B 10.17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;22, und vom 23.&#160;Dezember 2015 &#8211;&#160;2&#160;B&#160;40.14&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;53, jeweils m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ein solcher verfahrensrechtlich relevanter Versto&#223; gegen &#167;&#160;108 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO ist hier nicht gegeben. Der Kl&#228;ger hat schon nicht hinreichend dargelegt, dass das Verwaltungsgericht &#8211;&#160;insoweit allein in Betracht kommend&#160;&#8211; entscheidungserheblichen Akteninhalt &#252;bergangen hat oder diesen unter Versto&#223; gegen allgemeine Grunds&#228;tze der Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung bewertet hat. Unabh&#228;ngig davon ist ein solches Verhalten des Verwaltungsgerichts aber auch nicht erkennbar. Zur Begr&#252;ndung wird auf die obigen Ausf&#252;hrungen (Gliederungspunkt 1. b)) Bezug genommen, nach denen die erfolgte W&#252;rdigung des fraglichen Passus durch das Verwaltungsgericht nicht auf die Annahme ernstlicher Zweifel i.&#160;S.&#160;v. &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO f&#252;hrt.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">b) Der Kl&#228;ger r&#252;gt ferner, das Verwaltungsgericht h&#228;tte Beweis erheben bzw. weitere Nachforschungen anstellen m&#252;ssen (Schriftsatz vom 19.&#160;November 2018, Seite&#160;5 und 6). Angesichts seiner Zweifel an den &#196;u&#223;erungen der beiden Privat&#228;rzte, die einen deutlich weiteren Zeitraum beleuchteten und eine deutlich bessere &#220;bersicht als die Amts&#228;rztin h&#228;tten, h&#228;tte es diese &#196;rzte zu der Behauptung des Kl&#228;gers befragen m&#252;ssen, die manifeste psychische Erkrankung sei durch die &#8222;wahrheitswidrigen Behauptungen der Frau C.&#160;&#160;&#160;&#160; und die unterlassene Hilfeleistung der Beklagten&#8220; herbeigef&#252;hrt worden.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Mit diesem Vortrag r&#252;gt der Kl&#228;ger der Sache nach, das Verwaltungsgericht sei gehalten gewesen, vor der erfolgten Entscheidung ohne m&#252;ndliche Verhandlung &#252;ber die entsprechenden Beweisantritte im Schriftsatz des Kl&#228;gers vom 13.&#160;Juli 2017 durch Beschluss zu entscheiden. Diese R&#252;ge greift ungeachtet der Frage ihrer hinreichenden Darlegung der Sache nach nicht durch. Die Pflicht zur Vorabentscheidung gem&#228;&#223; &#167;&#160;86 Abs.&#160;2 VwGO gilt im Grundsatz nur f&#252;r in der m&#252;ndlichen Verhandlung gestellte unbedingte Beweisantr&#228;ge, nicht dagegen f&#252;r (nur) in vorbereitenden Schrifts&#228;tzen angek&#252;ndigte Beweisantr&#228;ge. Verzichtet ein Beteiligter nach schrifts&#228;tzlicher Ank&#252;ndigung eines Beweisantrages auf die Durchf&#252;hrung einer m&#252;ndlichen Verhandlung (&#167;&#160;101 Abs.&#160;2 VwGO), so hat er sich der M&#246;glichkeit begeben, den Anspruch auf Vorabentscheidung aus &#167;&#160;86 Abs.&#160;2 VwGO geltend zu machen.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10.&#160;August 2016&#8211;&#160;1&#160;A&#160;429/15&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;3 f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">So liegt der Fall hier. Der Kl&#228;ger hat auf die Anfrage des Verwaltungsgerichts vom 20.&#160;M&#228;rz 2018 hin mit Schriftsatz vom 8.&#160;Juni 2018 sein Einverst&#228;ndnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erkl&#228;rt, also nach Formulierung der Beweisantritte im Schriftsatz vom 13. Juli 2017.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Unabh&#228;ngig davon war eine entsprechende Beweiserhebung zur Kausalit&#228;tsfrage auch nicht geboten. Nach den obigen Ausf&#252;hrungen zum Gliederungspunkt 1. b) hat das Verwaltungsgericht n&#228;mlich beanstandungsfrei angenommen, dass eine solche (psychische) Erkrankung, die f&#252;r die langen Fehlzeiten urs&#228;chlich gewesen bzw. auf ein Fehlverhalten der Beklagten zur&#252;ckzuf&#252;hren w&#228;re, schon nicht dargetan sei.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Auch der weiter geltend gemachte Versto&#223; gegen die Pflicht zur Amtsermittlung (&#167;&#160;86 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO) liegt ungeachtet der Frage hinreichender Darlegung jedenfalls der Sache nach nicht vor. Ein solcher im Rahmen von &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;5 VwGO zu ber&#252;cksichtigender Aufkl&#228;rungsmangel kann hier nur dann angenommen werden, wenn sich die Beweiserhebung geradezu aufdr&#228;ngt. Das kann, da eine Beweiserhebung vorliegend schon nicht geboten war (s.&#160;o.), ersichtlich nicht angenommen werden.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">3. Die Berufung kann auch nicht nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;2 VwGO zugelassen werden. Besondere tats&#228;chliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Pr&#252;fung als offen erscheint. Dies ist dann der Fall, wenn das Zulassungsvorbringen &#8211;&#160;etwa wegen der Komplexit&#228;t der betroffenen Tatsachen- bzw. Rechtsfragen&#160;&#8211; Anlass zu solchen Zweifel gibt, welche sich nicht schon ohne weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit kl&#228;ren und entscheiden lie&#223;en.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 17.&#160;Dezember 2018 &#8211;&#160;1&#160;A&#160;206/17&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;50&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Rechtliche oder tats&#228;chliche Schwierigkeiten in diesem Sinne sind schon nicht dargelegt. Die Zulassungsbegr&#252;ndung beschr&#228;nkt sich, was diesen Zulassungsgrund angeht, auf die blo&#223;e Behauptung, er sei gegeben. Unabh&#228;ngig davon weist die Rechtssache mit Blick auf die vorstehenden Ausf&#252;hrungen unter den Gliederungspunkten&#160;1. und 2. solche Schwierigkeiten auch nicht auf; namentlich k&#246;nnen die Erfolgsaussichten des angestrebten Rechtsmittels danach nicht schon als offen bezeichnet werden.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">4. Soweit der Kl&#228;ger schlie&#223;lich erg&#228;nzend auf seine bisherigen Ausf&#252;hrungen erster Instanz hinweist und diese &#8222;zum Vortrag der II.&#160;Instanz&#8220; machen will, ist dies f&#252;r die Zulassungsentscheidung ohne Bedeutung. Es fehlt insoweit bereits an der Bezeichnung, welches Vorbringen erfasst sein soll, und an dessen Zuordnung zu einem Zulassungsgrund. Ungeachtet dessen k&#246;nnen mit einer solchen Bezugnahme insbesondere ernstliche Zweifel i.&#160;S.&#160;d. &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO auch deshalb nicht dargetan werden, weil es insoweit an jeglicher Auseinandersetzung mit den Gr&#252;nden der angefochtenen Entscheidung fehlt.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Zu letzterem vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 23.&#160;Mai 2014 &#8211;&#160;1&#160;A&#160;2043/13&#160;&#8211;, juris, Rn.&#160;5&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den &#167;&#167;&#160;47 Abs.&#160;1 und 3, 52 Abs.&#160;1 GKG. Hierbei ist ber&#252;cksichtigt, dass sich der von dem Kl&#228;ger angegriffene Widerruf der Bankzulage nach deren (r&#252;ckwirkender) Wiedergew&#228;hrung ab dem 1.&#160;Februar 2018 nur noch auf einen 14monatigen Zeitraum bezieht. Vor diesem Hintergrund berechnet sich der Streitwert nach dem 14fachen, im fraglichen Zeitraum unver&#228;ndert gebliebenen (vgl. &#167;&#160;31 Abs.&#160;5 Satz&#160;2 BBankG) Monatsbetrag der Bankzulage (14 x 258,53&#160;Euro = 3.619,42&#160;Euro).</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den &#167;&#167;&#160;68 Abs.&#160;1 Satz&#160;5, 66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 GKG und im &#220;brigen gem&#228;&#223; &#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nun rechtskr&#228;ftig, &#167;&#160;124a Abs.&#160;5 Satz&#160;4 VwGO.</p>
171,279
ovgnrw-2019-01-10-11-a-256016
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
11 A 2560/16
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:40
2019-02-12T13:44:33
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.11A2560.16.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 5.000&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Zulassungsvorbringen f&#252;hrt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils i. S. v. &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO. &#8222;Ernstliche Zweifel&#8220; im Sinne des Gesetzes sind gegeben, wenn die Richtigkeit des angefochtenen Urteils einer weiteren Pr&#252;fung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnism&#246;glichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin m&#246;glich ist.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.&#160;Juni 2002 &#8209;&#160;7&#160;AV&#160;1.02&#160;&#8209;, Buchholz 310 &#167;&#160;124b VwGO Nr.&#160;1 =&#160;juris.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das ist nicht der Fall. Die Kl&#228;gerin legt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht dar. Das Verwaltungsgericht hat den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids im Wege des Wiederaufgreifens zu Recht verneint. Die Kl&#228;gerin hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen ihres Verfahrens.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">I.&#160;Der Kl&#228;gerin steht ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach &#167; 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht zu.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1.&#160;Ein Wiederaufnahmegrund nach &#167; 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift hat die Beh&#246;rde auf Antrag des Betroffenen &#252;ber die Aufhebung oder &#196;nderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachtr&#228;glich zugunsten des Betroffenen ge&#228;ndert hat. Diese Voraussetzungen sind nicht erf&#252;llt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Eine nachtr&#228;gliche &#196;nderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">liegt vor, wenn sich die f&#252;r den ergangenen Verwaltungsakt entscheidungserheblichen Rechtsnormen oder tats&#228;chlichen Grundlagen ge&#228;ndert haben, sodass die &#196;nderung eine dem Betroffenen g&#252;nstigere Entscheidung erfordert oder doch erm&#246;glicht. Die Sach- oder Rechtslage muss sich hinsichtlich solcher Umst&#228;nde ge&#228;ndert haben, die f&#252;r den bestandskr&#228;ftigen Verwaltungsakt tats&#228;chlich ma&#223;geblich waren. Nicht ausreichend ist die &#196;nderung tats&#228;chlicher oder rechtlicher Voraussetzungen f&#252;r den mit der Verpflichtungsklage erstrebten Verwaltungsakt, die f&#252;r die bestandskr&#228;ftige Ablehnung nicht (allein) ausschlaggebend waren.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 - 1 C 23.17 -, juris, Rn. 13.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">An einer &#196;nderung des f&#252;r die bestandskr&#228;ftige Ablehnung ausschlaggebenden Ablehnungsgrunds fehlt es hier.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Ablehnungsbescheid vom 15. November 1993 und der Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1997 hatten das Nichtvorliegen der deutschen Volkszugeh&#246;rigkeit u.&#160;a. mit der fehlenden Abstammung von einem deutschen Volkszugeh&#246;rigen begr&#252;ndet. Durch rechtskr&#228;ftiges Urteil vom 29. Februar 2000 - 17 K 2692/97 - hatte das Verwaltungsgericht K&#246;ln die gegen diese Bescheide gerichtete Klage u. a. mit der Begr&#252;ndung abgewiesen, die Kl&#228;gerin stamme bereits nicht von einer deutschen Volkszugeh&#246;rigen ab. Zu diesem bestandskr&#228;ftig festgestellten und rechtskr&#228;ftig best&#228;tigten Ablehnungsgrund hat die Kl&#228;gerin einen durchgreifenden Wiederaufnahmegrund nicht geltend gemacht.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">a.&#160;In Bezug auf diesen Ablehnungsgrund kann das am 14. September 2013 in Kraft getretene Zehnte BVFG-&#196;nderungsgesetz (BGBl. I. S. 3554) keine &#196;nderung der Rechtslage zugunsten der Kl&#228;gerin darstellen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">aa.&#160;Die mit diesem Gesetz erfolgten Erleichterungen der Anforderungen an das Bekenntnis zum deutschen Volkstum und an die deutschen Sprachkenntnisse stehen mit dem ausschlaggebenden auf die fehlende Abstammung von einem deutschen Volkszugeh&#246;rigen gest&#252;tzten Ablehnungsgrund in keinem Zusammenhang.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 - 1 C 24.17 -, Rn. 16.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">bb.&#160;Die Kl&#228;gerin hat auch betreffend ihre Mutter, deren fehlende deutsche Volkszugeh&#246;rigkeit in den bestandskr&#228;ftigen und rechtskr&#228;ftig best&#228;tigten Bescheiden ausschlaggebend f&#252;r die Verneinung der Abstammung von einer deutschen Volkszugeh&#246;rigen war, keine mit Blick auf das Zehnte BVFG-&#196;nderungsgesetz ein Wiederaufgreifen rechtfertigende Gr&#252;nde hinsichtlich ihres oder hinsichtlich des bestandskr&#228;ftig abgeschlossenen Verfahrens ihrer Mutter geltend gemacht.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">b.&#160;Eine &#196;nderung der Rechtslage ist nicht mit dem in der Zulassungsbegr&#252;ndung aufgef&#252;hrten Hinweis dargetan, hinsichtlich der Abstammung k&#246;nne nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2008 - 5 C 8.07 - auch auf die Gro&#223;eltern abgestellt werden. Mit diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht eine umstrittene, zuvor in der Rechtspraxis &#252;berwiegend enger gehandhabte Auslegungsfrage zu dem Abstammungsmerkmal erstmals gekl&#228;rt. Die erstmalige Kl&#228;rung einer Rechtsfrage durch die h&#246;chstrichterliche Rechtsprechung begr&#252;ndet ebenso wie eine &#196;nderung dieser Rechtsprechung regelm&#228;&#223;ig keine &#196;nderung der Rechtslage i. S. v. &#167; 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2018 - 1 C 23.17 -, jurist, Rn. 17.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2.&#160;Andere oder weitere Wiederaufgreifensgr&#252;nde nach &#167; 51 Abs. 1 VwVfG hat die Kl&#228;gerin nicht - auch nicht sinngem&#228;&#223; - geltend gemacht.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">II.&#160;Der Kl&#228;gerin steht auch nicht der von ihr begehrte Anspruch auf ein Wiederaufgreifen nach &#167; 51 Abs. 5 i. V. m. den &#167;&#167; 48, 49 VwVfG zu.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die in &#167; 51 Abs. 5 VwVfG verankerte Erm&#228;chtigung der Beh&#246;rde, nach pflichtgem&#228;&#223;em Ermessen zugunsten des Betroffenen ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren im Ermessenswege wiederaufzugreifen, erm&#246;glicht auch bei rechtskr&#228;ftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren die nachtr&#228;gliche Kontrolle inhaltlich unrichtiger Entscheidungen. Trifft die Beh&#246;rde eine positive Entscheidung zum Wiederaufgreifen (Stufe 1), wird hierdurch die Rechtskraft durchbrochen und der Weg f&#252;r eine neue Sachentscheidung er&#246;ffnet. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensaus&#252;bung. Dabei handelt die Beh&#246;rde grunds&#228;tzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie ein Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskr&#228;ftige Best&#228;tigung ihrer Entscheidung in dem fr&#252;heren Verwaltungsverfahren ablehnt. In diesen F&#228;llen bedarf es regelm&#228;&#223;ig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserw&#228;gungen der Beh&#246;rde. Umst&#228;nde, die ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten, m&#252;ssen in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht mit einem der in &#167; 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG geregelten zwingenden Wiederaufgreifensgr&#252;nde vergleichbar sein. Allein der Umstand, dass der rechtskr&#228;ftig best&#228;tigte Verwaltungsakt &#8209;&#160;gemessen an den sich aus der aktuellen Rechtsprechung ergebenden Anforderungen - nicht rechtm&#228;&#223;ig verf&#252;gt werden durfte, gen&#252;gt hierf&#252;r nicht. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt n&#228;mlich prinzipiell kein gr&#246;&#223;eres Gewicht zu als dem Gebot der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Beh&#246;rde zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem rechtskr&#228;ftig best&#228;tigten Verwaltungsakt &#8222;schlechthin unertr&#228;glich&#8220; w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 5 C 9.11 -, BayVBl. 2012, 478 (479 f.) = juris, Rn. 29, m.&#160;w. N.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden vom 12. Mai 2015 und vom 18. November 2015 auch ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinn des abgeschlossenen Verfahrens abgelehnt hat.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Bundesvertriebengesetz enth&#228;lt keine Wertung dahin, dass bei der hier in Rede stehenden Fallgestaltung das Gebot der Rechtssicherheit hinter den Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit zur&#252;ckzutreten hat. Das Festhalten an der rechtskr&#228;ftig best&#228;tigten Ablehnung eines Aufnahmebescheids erweist sich nicht als &#8222;schlechthin unertr&#228;glich&#8220;. Ob sich die Aufrechterhaltung eines Verwaltungsakts als &#8222;schlechthin unertr&#228;glich&#8220; darstellt, h&#228;ngt von den Umst&#228;nden des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschl&#228;gigen Gesichtspunkte ab. Die Ablehnung eines Wiederaufgreifens des Verfahrens ist insbesondere dann schlechthin unertr&#228;glich, wenn Umst&#228;nde gegeben sind, die die Berufung der Beh&#246;rde auf die Unanfechtbarkeit als einen Versto&#223; gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Genauso verh&#228;lt es sich bei offensichtlicher Fehlerhaftigkeit des rechtskr&#228;ftigen Urteils, mit dem der fr&#252;here Verwaltungsakt best&#228;tigt wurde.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 5 C 9.11 -, BayVBl. 2012, 478 (480) = juris, Rn. 30, m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. F&#252;r einen Versto&#223; gegen Treu und Glauben ist nichts ersichtlich. Das Urteil des Verwaltungsgerichts K&#246;ln vom 29. Februar 2000 - 17 K 2692/97 - erweist sich auch nicht als offensichtlich fehlerhaft. Das folgt schon daraus, dass sich diese Entscheidung hinsichtlich der angenommenen Beschr&#228;nkung des Abstammungsmerkmals auf die Eltern an der Rechtsprechung auch des Bundesverwaltungsgerichts zur fr&#252;heren Rechtslage orientiert und auf die Gesetzesmaterialien zum Kriegsfolgenbereinigungsgesetz zu berufen vermocht hat (BTDrucks 12/3212 S.&#160;23).</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2011 - 5 C 9.11 -, BayVBl. 2012, 478 (480) = juris, Rn. 30, m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskr&#228;ftig (&#167;&#160;124a Abs.&#160;5 Satz&#160;4 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167;&#160; 47 Abs.&#160;1 und 3, 52 Abs.&#160;2 GKG.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO, 68 Abs.&#160;1 Satz&#160;5 i. V. m. 66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 GKG).</p>
171,278
ovgnrw-2019-01-10-13-a-312317a
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
13 A 3123/17.A
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:39
2019-02-12T13:44:33
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.13A3123.17A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 9. Oktober 2017 wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht gem&#228;&#223; &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG wegen der allein geltend gemachten grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Darlegung der grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache (&#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) erfordert, dass der Rechtsmittelf&#252;hrer eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufzeigt, weshalb diese Frage f&#252;r den Rechtsstreit entscheidungserheblich und kl&#228;rungsbed&#252;rftig ist. Ferner muss dargelegt werden, weshalb der Frage eine allgemeine, &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 14. Juli 2017 - 13 A 1519/17.A -, juris, Rn. 6, und vom 8. Juni 2016 - 13 A 1222/16.A -, juris, Rn. 4, m. w. N; Bay. VGH, Beschluss vom 6. M&#228;rz 2018 - 20 ZB 17.30931 -, juris, Rn. 4.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Eine auf die grunds&#228;tzliche Bedeutung einer Tatsachenfrage gest&#252;tzte Grundsatzr&#252;ge erfordert dar&#252;ber hinaus die Angabe konkreter Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die f&#252;r die Entscheidung erheblichen Tatsachen auch einer anderen als der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen W&#252;rdigung zug&#228;nglich sind, etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegenteilige Ausk&#252;nfte oder abweichende Rechtsprechung. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelf&#252;hrers, durch die Benennung von bestimmten begr&#252;ndeten Informationen, Ausk&#252;nften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit daf&#252;r darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einsch&#228;tzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Antragsbegr&#252;ndung zutreffend sind, sodass es zur Kl&#228;rung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens bedarf.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 29. M&#228;rz 2018 - 19 A 552/17.A -, juris, Rn. 4, vom 22. Januar 2018 - 4 A 2357/16.A -, juris, Rn. 4, und vom 28. August 2017 &#8209;&#160;13 A 2020/17.A -, juris, Rn. 22; Bay. VGH, Beschluss vom 14. September 2017 - 11 ZB 17.31124 -, juris, Rn. 3; OVG Sachsen-Anhalt, Be-schluss vom 4. April 2017 - 3 L 69/17 -, juris, Rn. 15; S&#228;chs. OVG, Beschluss vom 1. Juni 2016 - 1 A 291/15.A -, juris, Rn. 4; Hess. VGH, Beschluss vom 1. M&#228;rz 2004 - 6 UZ 2532/02.A -, InfAuslR 2004, 262, juris, Rn. 13.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Gemessen daran kommt der Frage,</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">&#8222;ob sich aus einer Verfolgung aufgrund der Bekennung zur Homosexualit&#228;t ein fl&#252;chtlings- und asylrelevanter Verfolgungsgrund im Rahmen eines Asylverfahrens ergeben kann&#8220;,</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">eine grunds&#228;tzliche Bedeutung nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat ausgef&#252;hrt, eine direkte staatliche Verfolgung wegen Homosexualit&#228;t gebe es im Kosovo nicht, auch sei nicht zu erkennen, dass die staatlichen Beh&#246;rden private &#220;bergriffe auf Homosexuelle f&#246;rderten oder nur duldeten. Dass gesellschaftliche Diskriminierungen, wie sie zwar weiterhin anzutreffen seien, ein Ma&#223; erreichten, dass zur Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft und/oder zur Feststellung von Abschiebungshindernissen f&#252;hren k&#246;nnte, sei nicht zu erkennen, da zumindest in der Hauptstadt Pristina auch f&#252;r Homosexuelle zumutbare Lebensbedingungen herrschten.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Mit seinem Zulassungsantrag hat der Kl&#228;ger zwar Erkenntnisquellen benannt, diese aber nicht weiter ausgewertet und insbesondere auch nicht dargelegt, dass ihnen etwas anders als vom Verwaltungsgericht angenommen zu entnehmen ist. Hiervon ist im &#220;brigen auch nicht auszugehen. Art. 24 der kosovarischen Verfassung verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Gleichgeschlecht-liche zivile Partnerschaften sind nach der Verfassung erlaubt. Die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung wird f&#252;r die Bereiche Beruf, Ausbildung, soziale Sicherheit und Unterkunft durch das Antidiskriminierungsgesetz aus dem Jahre 2004 untersagt. Homosexualit&#228;t ist zwar in der kosovarischen Gesellschaft vor allem au&#223;erhalb der Hauptstadt ein Tabuthema und Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualit&#228;t bekennen w&#252;rden, m&#252;ssen damit rechnen, sozial ausgegrenzt zu werden. Dass die staatlichen Beh&#246;rden, soweit es zu &#220;bergriffen kommt, grunds&#228;tzlich weder schutzf&#228;hig noch schutzwillig sind, ist nicht festzustellen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Vgl. insoweit US Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017 - Kosovo vom 20. April 2018, S. 29; COMMISSION STAFF WORKING DOCUMENT, Kosovo 2018 Report vom 17. April 2018, COM (2018) 450 final, S. 25 f.; Ausw&#228;rtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Kosovo als sicheres Herkunftsland im Sinne des &#167; 29a AsylG vom 3. M&#228;rz 2018 (Stand Dezember 2017), S. 14; EASO Country of Origin Information Report Kosovo, November 2016, S. 36; Amnesty InternationaI, Diskriminierung von LGBTI-Personen im Kosovo: Verborgene Liebe, vom 28.&#160;Dezember 2013; Schweizerische Fl&#252;chtlingshilfe, Kosovo: Homosexualit&#228;t, vom 21. Dezember 2011; sowie ferner Tiroler Tageszeitung, Onlineausgabe von Mittwoch, 10. Oktober 2018, Homosexuelle im Kosovo demonstrierten f&#252;r ihre Rechte.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dass f&#252;r den Einzelfall des bereits im Jahr 1992 ausgereisten Kl&#228;gers etwas anderes gelten k&#246;nnte, ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden. Ohnehin w&#252;rde dies nicht zur Zulassung der Berufung wegen der geltend gemachten grunds&#228;tzlichen Bedeutung f&#252;hren.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO, &#167;&#160;83 b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;80 AsylG unanfechtbar.</p>
171,219
ovgrlp-2019-01-10-6-a-1004218
{ "id": 910, "name": "Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz", "slug": "ovgrlp", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
6 A 10042/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:50:08
2019-02-12T13:44:23
Beschluss
ECLI:DE:OVGRLP:2019:0110.6A10042.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag der Kl&#228;ger, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 29. November 2017 zuzulassen, wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger haben die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgr&#252;nde im Sinne von &#167; 78 Abs. 3 Asylgesetz &#8211; AsylG &#8211; vorliegt bzw. ordnungsgem&#228;&#223; ger&#252;gt worden ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>1. Der von den Kl&#228;gern geltend gemachte Zulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung nach &#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG liegt nicht vor bzw. ist nicht entsprechend den Anforderungen nach &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Der Zulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargestellte Rechts- oder Tatsachenfrage f&#252;r die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch f&#252;r die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich w&#228;re, bisher h&#246;chstrichterlich oder &#8211; bei tats&#228;chlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen &#8211; durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht gekl&#228;rt, aber kl&#228;rungsbed&#252;rftig ist und &#252;ber den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. etwa Happ, in: Eyermann [Hrsg.], VwGO, 14. Auflage 2014, &#167; 124 Rn. 36 ff.). Die Darlegung der Grundsatzr&#252;ge erfordert, dass eine bestimmte, obergerichtlich oder h&#246;chstrichterlich noch nicht hinreichend gekl&#228;rte und f&#252;r die Berufungsentscheidung erhebliche Frage herausgearbeitet und formuliert wird; dar&#252;ber hinaus sind ihre Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit, ihre Kl&#228;rungsf&#228;higkeit und ihre allgemeine Bedeutung darzulegen (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 4. Auflage 2014, &#167; 124a Rn. 211).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Danach kann die Berufung wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung nicht zugelassen werden, weil die von den Kl&#228;gern f&#252;r grunds&#228;tzlich kl&#228;rungsbed&#252;rftig angesehen Frage, ob bei der Entscheidung des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge &#252;ber die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs. 1 AufenthG eine Befristungsdauer von 30 Monaten vorgenommen werden darf, &#8222;wenn lediglich keine Gr&#252;nde f&#252;r eine k&#252;rzere Befristungsdauer gegeben sind&#8220;, nicht die geltend gemachte grunds&#228;tzliche Bedeutung hat, sondern anhand des Gesetzes beantwortet werden kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Insoweit stimmt der Senat mit dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 9. Mai 2017 &#8211;1 LZ 254/17 &#8211;; juris) und dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 28. November 2016 &#8211; 11 ZB 16.30463 &#8211;, juris ) darin &#252;berein, dass die der Frage zugrunde liegende Praxis des Bundesamtes, in F&#228;llen, in denen wie hier keine individuellen Gr&#252;nde f&#252;r die Entscheidung &#252;ber die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes vorgebracht werden oder ersichtlich sind, sich bei der gebotenen Befristungs-entscheidung generell aus Gr&#252;nden der Gleichbehandlung f&#252;r eine Frist von 30 Monaten zu entscheiden und damit das in &#167; 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG festgesetzte H&#246;chstma&#223; zur H&#228;lfte auszusch&#246;pfen, rechtlich nicht zu beanstanden ist. Hierzu hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der oben genannten Entscheidung, zutreffend ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Dass die im Bescheid getroffene Ermessensentscheidung des Bundesamts zu begr&#252;nden ist, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (&#167; 31 Abs. 1 Satz 2 AsylG). Zum Begr&#252;ndungsinhalt und -umfang kann erg&#228;nzend auf die Regelungen in &#167; 39 Abs. 1 S&#228;tze 2 und 3 VwVfG zur&#252;ckgegriffen werden, wonach in der Begr&#252;ndung die wesentlichen tats&#228;chlichen und rechtlichen Gr&#252;nde mitzuteilen sind, die die Beh&#246;rde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, und die Begr&#252;ndung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen soll, von denen die Beh&#246;rde bei der Aus&#252;bung ihres Ermessens ausgegangen ist. Inhalt und Umfang der Begr&#252;ndung von Ermessensentscheidungen richten sich im &#220;brigen nicht nach allgemeinen Ma&#223;st&#228;ben, sondern nach den Umst&#228;nden des Einzelfalls (stRspr, vgl. nur BVerwG, U.v. 14.10.1965 &#8211; II C 3.63 &#8211; BVerwGE 22, 215). Auch bei der Bemessung der Frist f&#252;r das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs. 3 AufenthG hat das Bundesamt die im Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannten Umst&#228;nden zu ber&#252;cksichtigen. Fall&#252;bergreifende, verallgemeinerungsf&#228;hige Kriterien k&#246;nnen hierzu nicht festgelegt werden. Es ist jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Bundesamt sich in F&#228;llen, in denen &#8211; wie hier &#8211; keine individuellen Gr&#252;nde vorgebracht werden oder ersichtlich sind, generell aus Gr&#252;nden der Gleichbehandlung f&#252;r eine Frist von 30 Monaten entscheidet und damit das in &#167; 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG festgelegte H&#246;chstma&#223; zur H&#228;lfte aussch&#246;pft.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Diesen &#252;berzeugenden Ausf&#252;hrungen schlie&#223;t sich der Senat an. Eine Zulassung der Berufung wegen der von den Kl&#228;gern als grunds&#228;tzlich kl&#228;rungsbed&#252;rftig geltend gemachten Frage scheidet deshalb aus.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>2. Auch der weiter geltend gemachte Zulassungsgrund der Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs als Verfahrensmangel gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 Asylgesetz &#8211; AsylG &#8211; i.V.m. &#167; 138 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung &#8211; VwGO &#8211; liegt nicht vor bzw. ist nicht ordnungsgem&#228;&#223; im Sinne von &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>a) Die Kl&#228;ger tragen insoweit vor, das Verwaltungsgericht habe ihren Geh&#246;rsanspruch dadurch verletzt, dass das Urteil Ausf&#252;hrungen zu den Voraussetzungen einer Asylanerkennung gem&#228;&#223; Art 16a Grundgesetz &#8211; GG &#8211; enthalte, obwohl ein derartiger Anspruch nicht Streitgegenstand der Klage sei. Eine Verletzung des durch Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gew&#228;hrleisteten Anspruchs auf rechtliches Geh&#246;r, der das entscheidende Gericht verpflichtet, die Ausf&#252;hrungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erw&#228;gung zu ziehen (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 1990 &#8211; 2 BvR 562/88 &#8211;, BVerfGE 93, 24 [35] m.w.N.), ist damit aber nicht dargelegt. Die sich in einem Satz ersch&#246;pfenden Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts zum Asylanspruch (auf Seite 3 letzter Absatz Satz 1 des Urteilsabdrucks hei&#223;t es diesbez&#252;glich: Gem&#228;&#223; Art. 16a GG genie&#223;en politisch Verfolgte Asyl) sind angesichts des Streitgegenstandes der Klage, der ausweislich des Klageantrags den Asylanspruch nicht erfasst, zwar &#252;berfl&#252;ssig, stellen aber ersichtlich keine Verletzung des rechtlichen Geh&#246;rs in dem oben umschrieben Sinne dar, zumal das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgr&#252;nden auf das Klagevorbringen und den der Klage zugrundeliegenden Streitgegenstand in Einzelnen eingegangen ist und damit den Vortag der Kl&#228;ger zur Kenntnis genommen und in seine Erw&#228;gungen mit einbezogen hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>b) Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch auf Gew&#228;hrung rechtlichen Geh&#246;rs auch nicht dadurch verletzt, dass es den Vortrag der Kl&#228;ger zu 1) und 2) zu einer von ihnen geltend gemachten Vorverfolgung nicht als glaubhaft angesehen hat. Vielmehr betrifft diese R&#252;ge allein Sachverhaltsw&#252;rdigung des erstinstanzlichen Gerichts. Das rechtliche Geh&#246;r ist jedoch nicht verletzt, wenn das Gericht dem Vortrag eines Beteiligten nicht die aus seiner Sicht richtige Bedeutung beimisst (vgl. Guckelberger, in: Sodan/Ziekow a.a.O., &#167; 152a Rn. 4, 17). Die R&#252;ge der Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs ist nicht geeignet, eine &#8211; vermeintlich &#8211; fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhalts einschlie&#223;lich seiner rechtlichen W&#252;rdigung zu beanstanden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2012 &#8211; 13 A 1118/12.A &#8211;, juris, m.w.N.). Die Sachverhaltsfeststellung und -w&#252;rdigung betrifft keinen Verfahrensfehler, sondern einen materiellen Fehler, der mit der Geh&#246;rsr&#252;ge aber nicht angegriffen werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995 &#8211; 9 B 710/94 &#8211;, juris, und Beschluss vom 29. Juni 2005 &#8211; 1 B 185/04 &#8211;, juris,).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Ungeachtet dessen verm&#246;gen die Kl&#228;ger mit ihrem Vortrag, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag zu der von ihnen behaupteten Verfolgung nicht richtig gew&#252;rdigt und damit ihr Verfahrensrecht auf Gew&#228;hrung rechtlichen Geh&#246;rs verletzt, auch deshalb nicht durchzudringen, weil ein solcher vermeintlicher Verfahrensfehler jedenfalls nicht erheblich f&#252;r die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewesen w&#228;re. Ein Verfahrensfehler ist nur erheblich, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf ihm &#8222;beruhen&#8220; kann, was voraussetzt, dass zumindest die M&#246;glichkeit besteht, dass das Gericht ohne den Verfahrensversto&#223; zu einem f&#252;r den Rechtsmittelf&#252;hrer sachlich g&#252;nstigeren Ergebnis gelangt w&#228;re. Die Verfahrensr&#252;ge ist daher unbegr&#252;ndet, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts auf einer weiteren selbst&#228;ndig tragenden, nicht erfolgreich mit Zulassungsgr&#252;nden angegriffenen Begr&#252;ndung beruht (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow a.a.O. &#167; 124 Rn. 220). Dies ist hier der Fall. Das Verwaltungsgericht hat eine Gef&#228;hrdung der Kl&#228;ger im Falle einer R&#252;ckkehr nach Armenien n&#228;mlich selbst&#228;ndig tragend auch deshalb ausgeschlossen, weil sie gehalten seien, vor einer bef&#252;rchteten Verfolgung durch Dritte Schutz bei dem armenischen Staat und seinen &#252;ber&#246;rtlichen Beh&#246;rden zu suchen (vgl. S.4 Abs. 2 des Urteilsabdrucks). Diese Begr&#252;ndung haben die Kl&#228;ger mit ihrem Zulassungsvorbringen indessen nicht angegriffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>c) Soweit die Kl&#228;ger schlie&#223;lich vortragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts beinhalte bez&#252;glich der Ausf&#252;hrungen zu einer negativen Einsch&#228;tzung der Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens eine &#220;berraschungsentscheidung, so vermag auch dieser Vortrag die Zulassung der Berufung wegen der Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs nicht zu begr&#252;nden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Eine Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs in Form einer &#220;berraschungsentscheidung haben die Kl&#228;ger mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht dargelegt. Sie machen insoweit im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe es vers&#228;umt, in der m&#252;ndlichen Verhandlung auf Bedenken an der Glaubhaftigkeit, insbesondere auf vermeintliche Widerspr&#252;che zu dem Vortag einer Vorverfolgung hinzuweisen. Aus dem Anspruch auf rechtliches Geh&#246;r folgt jedoch grunds&#228;tzlich weder eine Hinweis- oder Aufkl&#228;rungspflicht in Bezug auf die Rechtsansicht des Gerichts, noch ist das Gericht verpflichtet, bereits in der m&#252;ndlichen Verhandlung das m&#246;gliche oder voraussichtliche Ergebnis der Sachverhalts- oder Beweisw&#252;rdigung bekannt zu geben (vgl. Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, Band 3, &#167; 78 Rn. 281, 282). Eine unzul&#228;ssige &#220;berraschungsentscheidung ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das Gericht in seiner Entscheidung auf einen rechtlichen oder tats&#228;chlichen Gesichtspunkt abstellt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren er&#246;rtert wurde und der zun&#228;chst als fernliegend anzusehen war und damit dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gibt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 2012 &#8211; 9 B 71/11 &#8211;, juris,m.w.N.; BayVGH, Beschluss vom 11. Februar 2015 &#8211; 13a ZB 15.50005 &#8211;, juris). Allein der Verzicht auf einen Hinweis zu einem widerspr&#252;chlichen oder sonst unglaubhaften Vortrag begr&#252;ndet indessen keine unzul&#228;ssige &#8222;&#220;berraschung&#8220;, wenn dieser Vortrag, wie hier durch das Verwaltungsgericht, sp&#228;ter in den Urteilsgr&#252;nden als unglaubhaft bewertet wird (vgl. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30. Mai 2003 &#8211; 7 LA 101/03 &#8211;, juris). Der Umstand, dass es im Asylverfahren stets auch um die Glaubw&#252;rdigkeit des Betroffenen und um die Glaubhaftigkeit seines Vortrags geht, ist selbstverst&#228;ndlich und bedarf grunds&#228;tzlich nicht eines besonderen Hinweises durch das Gericht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. November 2001 &#8211; 1 B 347/01&#8211;u.a, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Zudem w&#228;re der geltend gemachte Verfahrensfehler, wie oben bereits dargelegt, f&#252;r die Entscheidung nicht erheblich gewesen, weil das Verwaltungsgericht ungeachtet der Glaubhaftigkeit des Vorbringens der Kl&#228;ger zu einer Vorverfolgung die Klageabweisung selbst&#228;ndig tragend auch darauf gest&#252;tzt hat, dass der armenische Staat und seine Beh&#246;rden Schutz vor Verfolgungen durch Dritte bieten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung ergibt sich aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gem&#228;&#223; &#167; 83b AsylG nicht erhoben.</p></dd> </dl> </div></div> </div>
171,201
ovgni-2019-01-10-9-la-16818
{ "id": 601, "name": "Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgni", "city": null, "state": 11, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
9 LA 168/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:49:56
2019-02-12T13:44:20
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antr&#228;ge der Kl&#228;ger auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 30. Oktober 2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 7. Kammer (Einzelrichterin) &#8211; und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger tragen die au&#223;ergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Die au&#223;ergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Prozesskostenhilfeverfahrens werden nicht erstattet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die geltend gemachten Zulassungsgr&#252;nde eines Verfahrensfehlers im Sinne von &#167; 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. &#167; 138 Nr. 3 VwGO und einer grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG sind nicht entsprechend den Voraussetzungen des &#167; 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG hinreichend dargelegt bzw. liegen nicht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Soweit sich die Kl&#228;ger auf die Ausf&#252;hrungen des Verwaltungsgerichts in dem Verfahren des Ehemannes (7 A 3635/17) beziehen, bleibt ihr Vorbringen schon deshalb erfolglos, weil jenes Verfahren durch Beschluss des Senats vom 21. Dezember 2018 (9 LA 169/18) bereits rechtskr&#228;ftig abgeschlossen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Antrag der Kl&#228;ger hat aber auch keinen Erfolg, wenn man ihren Vortrag auf das gegen sie ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts bezieht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>a) Die Kl&#228;ger r&#252;gen die Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Sie tragen vor, das Verwaltungsgericht st&#252;tze sein Urteil u. a. auf einen Lagebericht des Ausw&#228;rtigen Amtes, Stand: September 2016. Dieser Lagebericht sei jedoch weder in der m&#252;ndlichen Verhandlung erw&#228;hnt worden noch in der Erkenntnismittelliste zu finden. Sie h&#228;tten deshalb keine Stellung dazu nehmen k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Der Lagebericht des Ausw&#228;rtigen Amtes ist jedoch in der den Kl&#228;gern &#252;bersandten Erkenntnismittelliste des Verwaltungsgerichts aufgef&#252;hrt. Es handelt sich um den Lagebericht vom 19. Oktober 2016, Stand: September 2016. Mithin hatten die Kl&#228;ger hinreichend Gelegenheit, zu diesem Lagebericht Stellung zu beziehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger meinen, es liege eine &#220;berraschungsentscheidung vor, weil das Verwaltungsgericht keinen richterlichen Hinweis erteilt habe, dass es die T&#228;tigkeit des Ehemanns der Kl&#228;gerin zu 1. als Techniker f&#252;r ausl&#228;ndische und inl&#228;ndische Streitkr&#228;fte in Frage stelle. Wie bereits ausgef&#252;hrt, ist das Verfahren des Ehemanns bereits rechtskr&#228;ftig abgeschlossen, so dass sich die Kl&#228;ger auf diesbez&#252;gliche Einw&#228;nde nicht mehr berufen k&#246;nnen. Im &#220;brigen hatte bereits das Bundesamt den Vortrag des Ehemanns der Kl&#228;gerin zu 1. nicht f&#252;r glaubhaft gehalten. Der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. musste deshalb davon ausgehen, dass es ma&#223;geblich auf die Glaubhaftigkeit ankommen w&#252;rde. Es oblag ihm, hierzu in der m&#252;ndlichen Verhandlung umfassend vorzutragen. Eines richterlichen Hinweises bedurfte es nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>b) Die Berufung ist auch nicht wegen einer grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Eine Rechtssache ist i. S. d. &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG grunds&#228;tzlich bedeutsam, wenn sie eine h&#246;chstrichterlich noch nicht gekl&#228;rte Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fall&#252;bergreifenden Kl&#228;rung in einem Berufungsverfahren bedarf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger halten die Frage f&#252;r grunds&#228;tzlich bedeutsam,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">&#8222;ob eine Familie mit zwei minderj&#228;hrigen Kindern im Falle einer R&#252;ckkehr &#8211; jedenfalls in Kabul &#8211; eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a>13</a></dt> <dd><p>Sie beziehen sich dabei auf die Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018, wonach angesichts der gegenw&#228;rtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanit&#228;ren Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grunds&#228;tzlich nicht verf&#252;gbar ist (UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S. 129).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>In der Zulassungsbegr&#252;ndung fehlt es jedoch an einer Darlegung, ob die Bewertung des UNHCR, die auf von dem UNHCR selbst definierten Ma&#223;st&#228;ben beruht (siehe UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S. 120 ff. und Leitfaden zur Pr&#252;fung einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Afghanistan, November 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452666/1930_1543481244_5bfeca114.pdf), den in der Rechtsprechung entwickelten Grunds&#228;tzen f&#252;r die Bewertung der Frage, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative vorliegt, entspricht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a class="HauptRed" name="rd_15" title="zum Orientierungssatz">15</a></dt> <dd><p>Der UNHCR geht davon aus, dass Zivilisten, die in Kabul tagt&#228;glich ihren wirtschaftlichen oder sozialen Aktivit&#228;ten nachgehen, Gefahr laufen, Opfer der allgegenw&#228;rtigen in der Stadt bestehenden Gefahr zu werden (UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S. 127). Diese Einsch&#228;tzung hat der UNHCR auf die von UNAMA berichteten Zahlen ziviler Opfer in Kabul im Jahr 2017 und in den ersten sechs Monaten des Jahres 2018 gest&#252;tzt. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass der UNHCR die von dem Bundesverwaltungsgericht entwickelten Vorgaben einer quantitativen Betrachtung der Gefahrendichte im Verh&#228;ltnis zur Einwohnerzahl ber&#252;cksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 27.4.2010 &#8211; 10 C 4.09 &#8211; juris Rn. 33, vom 17.11.2011 &#8211; 10 C 13.10 &#8211; juris Rn. 22 und vom 13.2.2014 &#8211; 10 C 6.13 &#8211; juris Rn. 24). Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang festgestellt (S. 10, 11 UA), dass die Gefahrendichte in Kabul die Erheblichkeitsschwelle des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht erreicht hat. Konkrete Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Schwelle nunmehr &#252;berschritten w&#228;re, werden von den Kl&#228;gern nicht genannt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der UNHCR begr&#252;ndet seine Einsch&#228;tzung weiter mit dem rapiden Bev&#246;lkerungswachstum in Kabul, das die notwendigen Infrastruktureinrichtungen, den Dienstleistungssektor und die Arbeitsplatzkapazit&#228;ten &#252;berfordere (UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S.&#160;128).Nach den vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grunds&#228;tzen bietet ein verfolgungssicherer Ort erwerbsf&#228;higen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel dann, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grunds&#228;tzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach &#220;berwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen k&#246;nnen (BVerwG, Urteil vom 1.2.2007 &#8211; 1 C 24.06 &#8211; juris Rn. 11). Dies erfordert aber eine Gesamtschau und eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Pr&#252;fung unter Ber&#252;cksichtigung objektiver Gesichtspunkte und pers&#246;nlicher und famili&#228;rer Umst&#228;nde. Relevant kann dabei sein, ob die Person in der fraglichen Region eine famili&#228;re Anbindung hat (vgl. VGH BW, Urteil vom 3.11.2017 &#8211; A 11 S 1704/17 &#8211; juris Rn. 199 zur internen Fluchtalternative im Rahmen des Art. 3 EMRK). Auch der UNHCR geht davon aus, dass die Frage, ob eine Flucht- oder Neuansiedlungsalternative &#8222;zumutbar&#8221; ist, im jeweiligen Einzelfall unter Ber&#252;cksichtigung der pers&#246;nlichen Umst&#228;nde der Antragstellenden beurteilt werden muss; ma&#223;gebliche Faktoren sind dabei Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die famili&#228;re Situation und Verwandtschaftsverh&#228;ltnisse sowie der jeweilige Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien vom 30.8.2018, S. 122). Der UNHCR h&#228;lt zwar eine interne Schutzalternative in Kabul grunds&#228;tzlich nicht f&#252;r verf&#252;gbar. Dies schlie&#223;t aber eine Verf&#252;gbarkeit im Einzelfall nicht aus.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Ist die Beantwortung der Frage, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, von Einzelumst&#228;nden abh&#228;ngig, kann sie nicht grunds&#228;tzlich gekl&#228;rt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen hat das Verwaltungsgericht im Rahmen der Pr&#252;fung von Abschiebungsschutz gem&#228;&#223; &#167; 60 Abs. 5 AufenthG die Umst&#228;nde des vorliegenden Einzelfalls gepr&#252;ft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Kl&#228;ger in das Netzwerk ihrer Gro&#223;familien in Kabul zur&#252;ckkehren k&#246;nnen. Selbst wenn die Familie nicht in das Netzwerk zur&#252;ckkehren k&#246;nnte &#8211; so das Verwaltungsgericht weiter &#8211;, sei dem Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. nach seiner freiwilligen Wiedereinreise nach Afghanistan im M&#228;rz 2010 der berufliche Wiedereinstieg ohne Weiteres gegl&#252;ckt. Dies hebe ihn von der Masse der R&#252;ckkehrer erheblich ab. Zudem sei er als Informatiker besonders gut ausgebildet und langj&#228;hrig berufserfahren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Diese Feststellungen des Verwaltungsgerichts haben die Kl&#228;ger nicht mit durchgreifenden Verfahrensr&#252;gen angegriffen. Soweit sie vortragen, in der Klagebegr&#252;ndung des Ehemanns lasse sich keine Aussage dazu finden, dass er neben den Kl&#228;gern des vorliegenden Verfahrens weitere Verwandte habe, trifft dies nicht zu. Aus der Klagebegr&#252;ndung des Ehemanns ergibt sich, dass sich die Kl&#228;ger zusammen mit dem Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. vor der Ausreise bei dem Vater der Kl&#228;gerin zu 1. versteckt haben. Die Kl&#228;ger zeigen auch mit ihrem Einwand, bei ihnen stelle sich im Falle einer R&#252;ckkehr dieselbe Problematik wie bei den faktischen Iranern, keinen Verfahrensfehler auf. Sie hatten hinreichend Gelegenheit, hierzu im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorzutragen. Soweit sie sich gegen die Einsch&#228;tzung des Verwaltungsgerichts wenden, dass der Ehemann der Kl&#228;gerin zu 1. aufgrund seiner Ausbildung eine Arbeit finden k&#246;nne, wenden sie sich gegen die W&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts im konkreten Einzelfall. Damit kann jedoch weder ein Verfahrensfehler noch eine grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache begr&#252;ndet werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die von den Kl&#228;gern aufgeworfene Frage,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">&#160;&#8222;ob ein Afghane, der an Depression leidet, nach mehrj&#228;hrigem Auslandsaufenthalt nach seiner R&#252;ckkehr, eine ausreichende Lebensgrundlage &#8211; jedenfalls in Kabul &#8211; finden kann&#8220;,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>stellt sich hier nicht, weil die Kl&#228;ger nicht an Depressionen leiden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Die Frage,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">&#8222;ob ein afghanischer Mann, der vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland mehrere Jahre f&#252;r ausl&#228;ndische Streitkr&#228;fte t&#228;tig war, jedenfalls in Kabul eine ausreichende Lebensgrundlage finden kann.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>ist hier ebenfalls nicht entscheidungserheblich, weil die in der Frage genannten Eigenschaften ebenfalls nicht auf die Kl&#228;ger zutreffen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>2. Die Bewilligung der von den Kl&#228;gern beantragten Prozesskostenhilfe f&#252;r das Zulassungsverfahren kommt nicht in Betracht, weil die Rechtsverfolgung nicht die nach &#167; 166 Abs.&#160;1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit &#167; 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht bietet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#167; 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO und &#167; 83b AsylG sowie auf &#167;&#160;166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. &#167; 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 80 AsylG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000226&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
171,145
vg-schleswig-holsteinisches-2019-01-10-4-b-8818
{ "id": 1071, "name": "Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht", "slug": "vg-schleswig-holsteinisches", "city": 647, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 B 88/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:49:27
2019-02-12T13:44:11
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2019:0110.4B88.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird auf ... &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin begehrt vorl&#228;ufigen Rechtsschutz gegen ihre Heranziehung zur Entrichtung von Rundfunkbeitr&#228;gen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner f&#252;hrt die Antragstellerin seit Januar 2014 unter der Beitragsnummer ... als Betriebsst&#228;tte der Staffel 1 zur Entrichtung von Rundfunkbeitr&#228;gen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 3. Juli 2017 setzte der Antragsgegner gegen&#252;ber der Antragstellerin f&#252;r den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. M&#228;rz 2017 Rundfunkbeitr&#228;ge sowie einen S&#228;umniszuschlag in H&#246;he von insgesamt 237,77 Euro fest. Mit einem weiteren Bescheid vom 1. August 2017 setzte der Antragsgegner f&#252;r den Zeitraum vom 1. April 2017 bis zum 30. Juni 2017 Rundfunkbeitr&#228;ge und einen S&#228;umniszuschlag in H&#246;he von insgesamt 25,49 Euro fest.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner nahm ein zweiseitiges Schreiben der Antragstellerin vom 1. August 2017 zur Verwaltungsakte, welches die Antragstellerin als &#8222;Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 3. Juli 2017&#8220; betitelte. Dieses Schreiben enth&#228;lt keine Unterschrift.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit einem weiteren Schreiben vom 12. September 2017 bezog sich die Antragstellerin unter anderem auf einen Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 1. August 2017. Inhaltlich verwies sie auf die Gr&#252;nde aus ihrem Widerspruchsschreiben vom 1. August 2017 und brachte erg&#228;nzende inhaltliche Gesichtspunkte gegen die Rundfunkbeitragserhebung vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner wies die Widerspr&#252;che der Antragstellerin sodann in einem Widerspruchsbescheid vom 17. September 2018 als unzul&#228;ssig zur&#252;ck. Ein Widerspruch k&#246;nne nach &#167; 70 Abs. 1 VwGO nur schriftlich innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Bescheides wirksam erhoben werden. Das Schreiben der Antragstellerin vom 1. August 2017 habe keine Unterschrift getragen und erf&#252;lle die an ein Widerspruchsschreiben zu stellenden Voraussetzungen daher nicht. Der Bescheid des Antragsgegners vom 1. Juli 2017 sei am 7. August 2017 zur Post gegeben worden und gelte daher nach &#167; 110 Abs. 2 LVwG als am 10. August 2017 bekanntgegeben. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 12. September 2017 sei bei dem Antragsgegner am 18. September 2017 und somit nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingegangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin legte dem Antragsgegner mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 ein Widerspruchsschreiben gegen den Festsetzungsbescheid vom 3. Juli 2017 vor, welches auf den 1. August 2018 datiert ist, drei Seiten umfasst und auf der letzten Seite die Unterschrift des Gesch&#228;ftsf&#252;hrers der Antragstellerin tr&#228;gt. Zudem legte sie einen Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG vor, auf welchem das Datum 3. August 2017 als Einlieferung eines Einschreibens maschinell festgehalten ist. Handschriftlich ist der Vermerk &#8222;ARD&#8220; aufgebracht. Sie legte zudem eine E-Mail vom 3. August 2017 vor, welche an &#8222;[email protected]&#8220; adressiert ist und die inhaltlich ebenfalls ein Widerspruchsschreiben gegen den Festsetzungsbescheid vom 3. Juli 2017 enth&#228;lt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich des Bescheides vom 1. August 2017 legte die Antragstellerin eine an &#8222;[email protected]&#8220; adressierte E-Mail vom 16. August 2017 vor, in der sie inhaltlich ihren Widerspruch gegen den Bescheid zum Ausdruck brachte. Ferner &#252;bermittelte sie erneut ihr Schreiben vom 12. September 2017 sowie einen Posteinlieferungsbeleg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin hat am 18. Oktober 2018 Klage erhoben und den vorliegenden Antrag auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes gestellt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung tr&#228;gt sie vor, dass sie frist- und ordnungsgem&#228;&#223; Widerspr&#252;che gegen die streitbefangenen Bescheide erhoben habe. Die Antragstellerin sei sich sicher, dass sie die Widerspr&#252;che ordnungsgem&#228;&#223; unterzeichnet und fristgem&#228;&#223; versandt habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die aufschiebende Wirkung der Widerspr&#252;che der Kl&#228;gerin gegen die oben aufgef&#252;hrten Bescheide des Beklagten bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache wiederherzustellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner stellt keinen ausdr&#252;cklichen Antrag.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Er verteidigt sich gleichwohl gegen das Vorbringen der Antragstellerin und wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Bei dem Schreiben der Antragstellerin vom 1. August 2017 handele es sich nicht um einen Widerspruch im Rechtssinne. Den Anforderungen an die Schriftform bzw. denjenigen des &#167; 3a Abs. 2 VwVfG habe das Schreiben nicht gen&#252;gt. Es sei weder unterschrieben noch mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen gewesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>1. Das Gericht legt den Antrag der Antragstellerin dahingehend aus, dass diese die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 19. Oktober 2018 erhobenen Klage (Az.: 4 A 351/18) gegen die Festsetzungsbescheide des Antragsgegners vom 3. Juli 2017 und 1. August 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2018 begehrt, vgl. &#167;&#167; 122, 88 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>2. Der so verstandene Antrag ist bereits unzul&#228;ssig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>F&#252;r den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die streitbefangenen Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides besteht im vorliegenden Fall kein Rechtsschutzbed&#252;rfnis. Die Antragstellerin kann ihr Antragsziel nicht erreichen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Der Eintritt der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der angegriffene Verwaltungsakt bestandskr&#228;ftig und die Unzul&#228;ssigkeit der Klage daher bereits im summarischen Verfahren offensichtlich ist (VG Schleswig, Beschl. v. 02.11.2017 &#8211; 4 B 109/17 m.V.a. OVG Koblenz, Beschluss vom 07.10.2003, Az.: 2 B 332/02, NVwZ-RR 2004, S. 315; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, &#167; 80 Rn. 50). So liegt es hier. Die angegriffenen Bescheide sind unanfechtbar geworden und die in der Hauptsache erhobene Klage (Az.: 4 A 351/18) damit offensichtlich unzul&#228;ssig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>a) Der streitbefangene Festsetzungsbescheid vom 1. August 2017 ist bestandskr&#228;ftig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Das Schreiben der Antragstellerin vom 12. September 2017 hat die Widerspruchsfrist des &#167; 70 Abs. 1 VwGO nicht gewahrt. Gem&#228;&#223; &#167; 70 Abs. 1 VwGO ist der Widerspruch innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach &#167; 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) oder zur Niederschrift bei der Beh&#246;rde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Beh&#246;rde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt. Wird die Widerspruchsfrist vers&#228;umt, so wird der Verwaltungsakt unanfechtbar (Eyermann/Rennert, 15. Aufl. 2019, VwGO &#167; 70 Rn. 7).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin ist &#252;ber die Widerspruchsfrist in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides vom 1. August 2017 gem. &#167; 70 Absatz Abs. 2 VwGO i.V.m. &#167; 58 Abs. 1 VwGO ebenso zutreffend belehrt worden wie &#252;ber den Rechtsbehelf und die Verwaltungsbeh&#246;rde, bei der der Rechtsbehelf anzubringen ist sowie deren Sitz. Die Rechtsbehelfsbelehrung umfasst zudem den Hinweis, dass bei elektronischer Einlegung des Widerspruchs mittels De-Mail in der Sendevariante &#8222;mit sicherer Anmeldung&#8220; nach &#167; 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz an eine in den Bescheiden benannte E-Mailadresse ([email protected]) zu richten ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Der Lauf der Frist des &#167; 70 Abs. 1 VwGO beginnt mit der Bekanntgabe (&#167; 110 Abs. 1 LVwG) des Verwaltungsaktes an den Beschwerten (vgl. Schoch/Schneider/Bier/Dolde/Porsch, 34. EL Mai 2018, VwGO &#167; 70 Rn. 16). Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post &#252;bermittelt wird, gilt gem&#228;&#223; &#167; 110 Abs. 2 LVwG am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der streitgegenst&#228;ndliche Bescheid vom 1. August 2017 ist von dem Antragsgegner ausweislich eines Historiensatzes in der Verwaltungsakte am 7. August 2017 zur Post gegeben worden. Er gilt damit nach &#167; 110 Abs. 2 Satz 1 LVwG als am 10. August 2017 bekannt gegeben. Die Frist zur Erhebung eines Widerspruchs gegen den Bescheid endete daher am 10. September 2017 (vgl. &#167;&#167; 70, 57 Abs. 2 VwGO, &#167; 222 ZPO, &#167;&#167; 187 ff. BGB). Das Widerspruchsschreiben der Antragstellerin ist erst am 12. September 2017 verfasst worden und dem Antragsgegner folglich nach Ablauf der Widerspruchsfrist zugegangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Ferner hat die Antragstellerin durch ihre E-Mail vom 16. August 2017 keinen formgerechten Widerspruch erhoben. Es kann dahinstehen, ob diese E-Mail dem Antragsgegner tats&#228;chlich zugegangen ist, was dieser bestreitet. Selbst wenn man den Zugang der E-Mail bei dem Antragsgegner unterstellt, so hat diese jedenfalls nicht den Anforderungen des &#167; 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprochen. Der Widerspruch ist durch die E-Mail weder zur Niederschrift bei einer Beh&#246;rde noch schriftlich oder in elektronischer Form gem. &#167; 3a Abs. 2 VwVfG erhoben worden. Letztgenannte Norm sieht zwar vor, dass eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist. Die Ersetzung der durch &#167; 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO angeordneten Schriftform durch die elektronische Form setzt nach &#167; 3a Abs. 2 Satz 2 VwVfG indes voraus, dass das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen ist (Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, &#167; 70 Rn. 11; Bay. VGH, Urt. v. 16.06.2007 - 11 CS 06.1959, juris), woran es hier unstreitig fehlt. Der Antragsgegner hat den elektronischen Zugang ferner dahingehend ge&#246;ffnet, dass die Widerspruchserhebung durch De-Mail in der Sendevariante &#8222;mit best&#228;tigter Anmeldung&#8220; nach &#167; 5 Abs. 5 De-Mail-Gesetz an die De-Mail-Adresse &#8222;[email protected]&#8220; erfolgen kann. Diese Voraussetzung erf&#252;llt die von der Antragstellerin vorgelegte E-Mail ebenfalls nicht. Sie ist an &#8222;[email protected]&#8220; und an &#8222;[email protected]&#8220; und somit schon nicht an die in der Rechtsbehelfsbelehrung benannte Adresse gerichtet gewesen. Dar&#252;ber hinaus handelt es sich nicht um eine De-Mail, die &#167; 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes gen&#252;gen w&#252;rde, sondern um eine einfache E-Mail.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>b) Die Antragstellerin hat auch gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 3. Juli 2017 keinen den Formerfordernissen des &#167; 70 Abs. 1 VwGO gen&#252;genden Widerspruch erhoben, so dass dieser Festsetzungsbescheid ebenfalls bestandskr&#228;ftig geworden ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin hat die Abschrift einer E-Mail vom 3. August 2017 vorgelegt, mit welcher sie Widerspruch gegen den vorgenannten Bescheid erhoben haben will. Es kann auch insoweit dahinstehen, ob diese E-Mail dem Antragsgegner tats&#228;chlich zugegangen ist. Der Widerspruch gen&#252;gt den Anforderungen des &#167; 3a Abs. 2 VwVfG ebenfalls nicht. Auch im Falle dieser elektronischen Kommunikation handelt es sich um eine einfache E-Mail, die nicht mit einer elektronischen Signatur versehen war oder den Anforderungen des &#167; 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes gen&#252;gte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Schlie&#223;lich hat auch das dem Antragsgegner postalisch &#252;bersandte Widerspruchsschreiben vom 1. August 2017 nicht die von &#167; 70 Abs. 1 VwGO geforderte Schriftform gewahrt. Die Schriftlichkeit ist das im Rechtsverkehr typische Merkmal, um den Urheber eines Schriftst&#252;cks und seinen Willen festzustellen, die niedergeschriebene Erkl&#228;rung in den Verkehr zu bringen (BVerwG, Urt. v. 06.12.1988 &#8211; 9 C 40/87, BVerwGE 81, 32-41, Rn. 6). Ein Schriftsatz ohne eigenh&#228;ndige Unterschrift stellt zun&#228;chst einen Entwurf und noch keinen schriftlich zu erhebenden Widerspruch dar, weil erst die eigenh&#228;ndige Unterschrift zum Ausdruck bringt, dass das Schriftst&#252;ck, das bis dahin ein unfertiges Internum war, nunmehr f&#252;r den (Rechts-)Verkehr bestimmt ist (vgl. so zum Erfordernis der Schriftlichkeit bei Klagerhebung, BVerwG, Urt. v. 06.12.1988 &#8211; 9 C 40/87, BVerwGE 81, 32-41, Rn. 6).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Auf dem von dem Antragsgegner zur Verwaltungsakte genommenen zweiseitigen Schreiben findet sich keine Unterschrift des Gesch&#228;ftsf&#252;hrers der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat zwar nach Erlass des Widerspruchsbescheides ein Schreiben ihres Gesch&#228;ftsf&#252;hrers vorgelegt, welches ebenfalls auf den 1. August 2017 datiert, drei Seiten umfasst und auf der letzten Seite eine handschriftliche Unterzeichnung enth&#228;lt. Der Antragsgegner bestreitet jedoch den Zugang eines dreiseitigen unterschriebenen Widerspruchsschreibens. Die Antragstellerin ist f&#252;r den Zugang dieses Widerspruchsschreibens beweisbelastet (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 10.12.2015 &#8211; 2 S 1516/14, Rn. 50 juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.10.2005 &#8211; 3 Nc 37/05, Rn. 8 juris). Diesen Beweis vermag sie durch die Vorlage des dreiseitigen Schreibens nach summarischer Pr&#252;fung nicht zu erbringen. Zwar enth&#228;lt auch das von dem Antragsgegner zur Verwaltungsakte genommene Schreiben den Aufdruck &#8222;Seite 1/3&#8220; sowie &#8222;Seite 2/3&#8220;, eine dritte Seite findet sich jedoch nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Grunds&#228;tzlich hat der Beitragsschuldner die M&#246;glichkeit, durch Vorlage entsprechender Unterlagen den Beweis anzutreten, dass er ein den Formanforderungen gen&#252;gendes Schreiben an den Antragsgegner versendet hat, welches bei diesem im konkreten Einzelfall ggf. abhandengekommen und nicht zur Akte gelangt ist. Diesen Beweis vermag die Antragstellerin im konkreten Fall jedoch bereits deswegen nicht zu f&#252;hren, weil es sich bei dem von ihr vorgelegten (dreiseitigen) Schriftst&#252;ck um ein eigenst&#228;ndiges Schreiben handelt, das offensichtlich nicht mit demjenigen identisch ist, das dem Antragsgegner zugegangen ist. Dies wird bereits durch den Umstand erkennbar, dass der Text auf der ersten Seite der Schreiben nicht &#252;bereinstimmt. Das von der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren vorgelegte Schriftst&#252;ck enth&#228;lt gegen&#252;ber dem von dem Antragsgegner zur Akte genommenen Schriftst&#252;ck einen weiteren Absatz, der sich auf der Version des Antragsgegners erst auf der zweiten Seite findet. Auf der zweiten Seite des in der Verwaltungsakte des Antragsgegners befindlichen Widerspruchsschreibens fehlt sodann der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der auf dem von der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten Schreiben enthalten ist. Das in der Verwaltungsakte befindliche Widerspruchsschreiben enth&#228;lt dar&#252;ber hinaus auf der zweiten Seite eine Ziffer 5, die auf dem von der Antragstellerin vorgelegten dreiseitigen Schreiben vollst&#228;ndig fehlt. Das inhaltliche Vorbringen endet in dem letztgenannten Schreiben mit der Ziffer 4.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Der Zugang des mit der Unterschrift versehenen dreiseitigen Schriftst&#252;ckes kann im vorliegenden Einzelfall auch nicht durch den von der Antragstellerin vorgelegten Einlieferungsbeleg der Deutschen Post AG bewiesen werden. Durch die Vorlage dieses Beleges kann allenfalls der Beweis angetreten werden, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner (irgend-)ein Schreiben zukommen lie&#223;, was zwischen den Beteiligten jedoch unstreitig ist. Eine konkrete Zuordnung des im Verwaltungsverfahren vorgelegten dreiseitigen und unterschriebenen Schriftst&#252;ckes zu dem Einlieferungsbeleg ist jedoch nicht m&#246;glich. Beide Versionen des Widerspruchsschreibens der Antragstellerin sind mit dem Datum 1. August 2017 versehen und kommen als Versandobjekt des vorgelegten Einlieferungsbeleges vom 3. August 2017 in Betracht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>3. Nach alledem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus &#167; 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167; 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG, wobei die Kammer in st&#228;ndiger Rechtsprechung in einstweiligen Rechtsschutzverfahren in Abgabensachen ein Viertel des geforderten Abgabenbetrages als Streitwert festsetzt. Der Antragsgegner hat mit den streitbefangenen Bescheiden Rundfunkbeitr&#228;ge und S&#228;umniszuschl&#228;ge in H&#246;he von insgesamt 263,26 &#8364; festgesetzt. Hieraus ergibt sich beim Ansatz eines Viertels der festgesetzte Streitwert in H&#246;he von 65,81 &#8364;.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,088
bverwg-2019-01-10-5-pb-1318-5-pb-13
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
5 PB 13/18, 5 PB 13/18 (5 P 1/19)
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:48:51
2019-01-29T12:48:51
Beschluss
ECLI:DE:BVerwG:2019:100119B5PB13.18.0
<h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist gem&#228;&#223; &#167; 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. &#167; 72 Abs. 2 Nr. 1, &#167; 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zuzulassen. Die vorliegende Rechtssache kann dem Senat Gelegenheit zur Kl&#228;rung der Frage geben, welche Bedeutung dem Merkmal der Unmittelbarkeit im Kontext des &#167; 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG zukommt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
171,068
bgh-2019-01-10-ix-zb-4018
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
IX ZB 40/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-29T12:48:13
2019-01-29T12:48:13
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2019:100119BIXZB40.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn vom 27. M&#228;rz 2018 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 zur&#252;ckgewiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Gegenstandswert f&#252;r das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.517,14 &#8364; festgesetzt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Das Amtsgericht Paderborn er&#246;ffnete am 16. Oktober 2013 das Insolvenzverfahren &#252;ber den Nachlass des am 20. Dezember 2008 verstorbenen E.&#160;&#160;&#160;W.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;(fortan: Schuldner) und bestellte den weiteren Beteiligten zu 1 zum Insolvenzverwalter. Den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 stehen Pflichtteilsanspr&#252;che gegen den Schuldner zu. Der weitere Beteiligte zu 1 verwertete das Verm&#246;gen des Schuldners und erzielte eine Insolvenzmasse von 67.594,08 &#8364;. Davon entfallen 47.093,98 &#8364; auf einen vom weiteren Beteiligten zu 1 geltend gemachten und gegen den Anfechtungsgegner vergleichsweise durchgesetzten Anfechtungsanspruch. Die zur Tabelle festgestellten Insolvenzforderungen betragen 41.540,86 &#8364;. Davon entfallen jeweils 19.710 &#8364; auf die von den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 zur Insolvenztabelle angemeldeten Pflichtteilsanspr&#252;che, die der weitere Beteiligte zu 1 in voller H&#246;he im Rang des &#167; 327 InsO zur Tabelle feststellte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Das Insolvenzgericht setzte die Verg&#252;tung des weiteren Beteiligten zu 1 antragsgem&#228;&#223; fest und legte dabei eine Masse von 67.594,08 &#8364; zugrunde. Auf die von den weiteren Beteiligten zu 2 und 3 eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht die Verg&#252;tung des weiteren Beteiligten zu 1 teilweise herabgesetzt und die weitergehende Beschwerde zur&#252;ckgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 2 und 3 eine weitere Herabsetzung der Verg&#252;tung des weiteren Beteiligten zu 1.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Die statthafte und zul&#228;ssige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, die Verg&#252;tung berechne sich nach dem Wert der Insolvenzmasse, auf den sich die Schlussrechnung beziehe. Zur Masse geh&#246;rten auch Gegenst&#228;nde und Forderungen, die der Insolvenzverwalter im Wege der Insolvenzanfechtung der Insolvenzmasse zuf&#252;hre. Danach betrage die Berechnungsgrundlage 67.594,08 &#8364;. Dass der Insolvenzverwalter den vergleichsweise erzielten Erl&#246;s aus den Anfechtungsanspr&#252;chen wieder zur&#252;ckf&#252;hren m&#252;sse, sei unerheblich. Ma&#223;geblich sei der Bestand der Masse auch dann, wenn dieser h&#246;her als die Gesamtverbindlichkeiten der Insolvenzgl&#228;ubiger sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Jedoch sei die Verg&#252;tung des weiteren Beteiligten zu 1 gem&#228;&#223; &#167; 3 Abs. 2 lit. e InsVV um 50 vom Hundert zu k&#252;rzen. Der weitere Beteiligte zu 1 sei zuvor bereits als Gutachter t&#228;tig gewesen und die rechtlichen und wirtschaftlichen Verh&#228;ltnisse des Erblassers seien bereits mit der Erstattung des Gutachtens gekl&#228;rt gewesen. Die Verm&#246;gensverh&#228;ltnisse des Schuldners seien &#252;berschaubar gewesen. Die Zahl der Gl&#228;ubiger habe unter f&#252;nf gelegen, es sei lediglich ein Grundst&#252;ck zu verwerten und ein Anfechtungsanspruch durchzusetzen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>2. Das h&#228;lt rechtlicher &#220;berpr&#252;fung stand.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>a) Berechnungsgrundlage f&#252;r die Verg&#252;tung des Insolvenzverwalters ist die am Ende des Insolvenzverfahrens vorhandene Masse. &#167; 63 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt, dass der Regelsatz der Verg&#252;tung nach dem "Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens" berechnet wird. Dabei richtet sich die Berechnungsgrundlage nicht nach dem am Verfahrensende stehenden Guthabensaldo, sondern dem Wert der Insolvenzmasse, welcher der Verwaltungs- und Verf&#252;gungsbefugnis des Verwalters unterliegt oder w&#228;hrend des Verfahrens unterlag (BGH, Urteil vom 5. M&#228;rz 2015 - IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn. 20).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Zur Berechnungsgrundlage f&#252;r die Verg&#252;tung z&#228;hlen alle Verm&#246;genswerte, die zum Zeitpunkt der Beendigung der zu verg&#252;tenden T&#228;tigkeit zu dem gesicherten und verwalteten Verm&#246;gen geh&#246;rt haben (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2005 - IX ZB 6/03, WM 2005, 1663, 1664 mwN). Ma&#223;geblich f&#252;r die Berechnungsgrundlage ist daher die gesamte Teilungsmasse, die f&#252;r eine Verteilung unter den Gl&#228;ubigern zur Verf&#252;gung steht (BGH, Beschluss vom 20. Juli 2017 - IX ZB 75/16, WM 2017, 1620 Rn. 11). Zur Berechnungsgrundlage z&#228;hlen s&#228;mtliche Massezufl&#252;sse, die auch tats&#228;chlich an die Masse ausbezahlt werden und daher die Masse erh&#246;hen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2015 - IX ZB 9/13, WM 2015, 617 Rn. 8 mwN). Im Hinblick auf den T&#228;tigkeitsumfang des Insolvenzverwalters ist eine Beschr&#228;nkung auf solche Massezufl&#252;sse, die tats&#228;chlich zur Verteilung unter die Insolvenzgl&#228;ubiger kommen, nicht geboten. Zum einen hat der Gesetzgeber davon abgesehen, dass Masseverbindlichkeiten die Berechnungsgrundlage mindern. Gem&#228;&#223; &#167; 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV werden die Kosten des Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten nicht abgesetzt. Zum anderen hat der Gesetzgeber ausdr&#252;cklich bestimmt, dass eine Begrenzung der Berechnungsgrundlage auf die H&#246;he der Schulden ausscheidet (BT-Drucks. 12/2443 S. 130). Daraus ergibt sich, dass die tats&#228;chliche H&#246;he der am Ende des Insolvenzverfahrens erzielten Masse f&#252;r die Berechnungsgrundlage ausschlaggebend ist; f&#252;r welche Zwecke die vorhandene Insolvenzmasse einzusetzen ist, ist f&#252;r die Berechnungsgrundlage regelm&#228;&#223;ig unerheblich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>b) Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben erh&#246;ht auch der vom weiteren Beteiligten zu 1 erzielte Erl&#246;s aus der Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs die Berechnungsgrundlage. Dabei kann im Streitfall unterstellt werden, dass die ohne diesen Erl&#246;s vorhandene Masse ausreicht, um s&#228;mtliche gegen&#252;ber &#167; 327 Abs. 1 InsO vorrangigen Insolvenzforderungen vollst&#228;ndig aus der Masse befriedigen zu k&#246;nnen, mithin der Erl&#246;s aus dem Anfechtungsanspruch hierf&#252;r nicht erforderlich war. Soweit &#167; 328 Abs. 1 InsO bestimmt, dass nicht zur Erf&#252;llung der in &#167; 327 Abs. 1 InsO bezeichneten Verbindlichkeiten verwendet werden darf, was infolge der Anfechtung einer vom Erblasser oder ihm gegen&#252;ber vorgenommenen Rechtshandlung zur Insolvenzmasse zur&#252;ckgew&#228;hrt wird, hat diese Bestimmung keinen Einfluss auf die Berechnungsgrundlage f&#252;r die Verg&#252;tung des Insolvenzverwalters. &#167; 328 Abs. 1 InsO beruht auf dem Gedanken, dass die Anfechtbarkeit nur zum Schutz derjenigen dienen soll, die bereits Gl&#228;ubiger des Erblassers waren (M&#252;nchKomm-InsO/Siegmann, 3. Aufl., &#167; 328 Rn. 1). Das &#228;ndert aber nichts daran, dass der aus der erfolgreichen Durchsetzung eines Anfechtungsanspruchs erzielte Erl&#246;s der Verwaltung des Insolvenzverwalters unterliegt und bei Beendigung des Insolvenzverfahrens Bestandteil der Masse ist. Selbst wenn ein solcher Erl&#246;s nach Abschluss des Insolvenzverfahrens an den Anfechtungsgegner zur&#252;ckgew&#228;hrt werden muss, unterliegt er der Verwaltung des Insolvenzverwalters und ist Bestandteil der Masse. Aus den gleichen Gr&#252;nden erh&#246;ht auch eine rechtsgrundlose Zahlung an die Masse die Berechnungsgrundlage (BGH, Urteil vom 5. M&#228;rz 2015 - IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn. 24).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde, in solchen F&#228;llen d&#252;rfe der Erl&#246;s aus dem Anfechtungsanspruch als durchlaufender Posten nicht zur Erh&#246;hung der Berechnungsgrundlage f&#252;hren. Hierf&#252;r fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage. Dabei kann dahinstehen, ob r&#252;ckflie&#223;ende Betr&#228;ge und durchlaufende Gelder die Berechnungsgrundlage stets erh&#246;hen oder au&#223;er Betracht zu bleiben haben. Aus &#167; 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV ergibt sich, dass Vorsch&#252;sse zur Durchf&#252;hrung des Insolvenzverfahrens sowie Zusch&#252;sse Dritter zur Erf&#252;llung eines Insolvenzplans au&#223;er Betracht bleiben. Das gilt erst recht f&#252;r Darlehen, die zur Erf&#252;llung des Insolvenzplans zur Verf&#252;gung gestellt werden (BGH, Beschluss vom 17. M&#228;rz 2011 - IX ZB 145/10, NZI 2011, 445 Rn. 11). Einzelne Stimmen wollen dies auf von der Masse verauslagte Prozess-, Vollstreckungs- und Anwaltskosten, die der Gegner sp&#228;ter erstattet, sowie auf rechtsgrundlose Leistungen des Insolvenzverwalters erstrecken, die der Bereicherungsschuldner an die Masse zur&#252;ckerstattet (vgl. M&#252;nchKomm-InsO/Riedel, 3. Aufl., &#167; 1 InsVV Rn. 41 ff; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. M&#228;rz 2015 - IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn. 23). Hiermit ist die vom Insolvenzverwalter erwirkte Leistung auf den Anfechtungsanspruch nicht vergleichbar. Insbesondere ergibt sich daraus kein Rechtssatz, wonach durchlaufende Posten bei der Berechnungsgrundlage stets unber&#252;cksichtigt bleiben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>c) Die zwischen den Beteiligten streitigen Fragen sind nicht im Verg&#252;tungsfestsetzungsverfahren zu kl&#228;ren. Ob und in welchem Umfang der Erl&#246;s aus der Anfechtung an den Anfechtungsgegner im Hinblick auf &#167; 328 InsO zur&#252;ckzuzahlen ist, hat auf die H&#246;he der Berechnungsgrundlage f&#252;r die Verg&#252;tung keinen Einfluss. Gleiches gilt f&#252;r die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die weiteren Beteiligten zu 2 und 3 im Hinblick auf ihre im Rang des &#167; 327 InsO zur Tabelle festgestellte Forderung bei einer zu wesentlichen Teilen aus dem Erl&#246;s eines Anfechtungsanspruchs bestehenden Insolvenzmasse eine Zuteilung auf ihre nachrangigen Forderungen erhalten k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Unerheblich ist schlie&#223;lich die vom Beschwerdegericht er&#246;rterte Frage, ob der weitere Beteiligte zu 1 pflichtwidrig handelte, indem er den Anfechtungsanspruch geltend machte. Die Insolvenzverwalterverg&#252;tung ist als T&#228;tigkeitsverg&#252;tung ausgestaltet, so dass der Einwand mangelhafter oder erfolgloser Leistung die H&#246;he der Verg&#252;tung grunds&#228;tzlich nicht zu beeinflussen vermag (BGH, Beschluss vom 22. November 2018 - IX ZB 14/18, Rn. 24 mwN, zVb). Ob die Auffassung des Beschwerdegerichts, der weitere Beteiligte zu 1 habe sich bei der weiteren Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs pflichtgem&#228;&#223; verhalten, rechtlicher &#220;berpr&#252;fung standhielte, kann daher dahinstehen. Soweit der weitere Beteiligte zu 1 hinsichtlich der weiteren Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs m&#246;glicherweise dann pflichtwidrig gehandelt haben k&#246;nnte, wenn die Verwertungshandlungen erkennbar ausschlie&#223;lich Kosten zu Lasten der Masse ausl&#246;sten, ohne dass die Insolvenzgl&#228;ubiger oder die &#252;brigen Beteiligten des Insolvenzverfahrens hierdurch besser gestanden haben, ber&#252;hrt dies nicht die H&#246;he der Verg&#252;tung des weiteren Beteiligten zu 1, kann aber einen Schadensersatzanspruch der weiteren Beteiligten zu 2 und 3 rechtfertigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>d) Gegen die Bemessung des Abschlags erhebt die Rechtsbeschwerde keine Einwendungen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Kayser&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Grupp&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">M&#246;hring</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Schoppmeyer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">R&#246;hl&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
161,440
ovgnrw-2019-01-10-4-b-133218
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 B 1332/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-16T07:00:01
2019-02-12T13:44:06
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.4B1332.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 31.8.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p> <p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 EUR festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde des Antragstellers ist unbegr&#252;ndet. Das Verwaltungsgericht hat den sinngem&#228;&#223;en Antrag,</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">die aufschiebende Wirkung der Klage 19 K 1262/18 (VG Gelsenkirchen) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.2.2018 hinsichtlich der Schlie&#223;ungsverf&#252;gung unter II. wiederherzustellen,</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">zu Recht abgelehnt. Es hat angenommen, die im Rahmen des &#167; 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabw&#228;gung falle zu Lasten des Antragstellers aus. Die Schlie&#223;ungsverf&#252;gung, die sich auf die &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; an der S.-----stra&#223;e 3-5 in E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; bezieht, sei auf der Grundlage von &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig. Die Antragstellerin verf&#252;ge f&#252;r die streitbetroffene Spielhalle nicht &#252;ber die nach &#167;&#167;&#160;24 Abs.&#160;1 Gl&#252;StV, 16 Abs.&#160;2 AG Gl&#252;StV NRW erforderliche gl&#252;cksspielrechtliche Erlaubnis. Die Verf&#252;gung sei nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei die Erteilung einer Erlaubnis f&#252;r die Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit einer weiteren Spielhalle stehe, wegen Versto&#223;es gegen das Verbundverbot nach &#167;&#160;16 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 AG Gl&#252;StV NRW i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;25 Abs.&#160;2 Gl&#252;StV ausgeschlossen. F&#252;r eine unbillige H&#228;rte im Sinne des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Gl&#252;StV fehle es an jeglichem Anhalt. Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin sei auch mit Blick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes unbedenklich, weil sich der Antragsteller, der beide Spielhallen selbst betreibe, nicht gegen eine zugunsten eines Konkurrenten ausgefallene Auswahlentscheidung wende.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Diese Einsch&#228;tzung wird durch das Beschwerdevorbringen, auf dessen Pr&#252;fung der Senat gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz&#160;6 VwGO beschr&#228;nkt ist, nicht durchgreifend in Frage gestellt. Sie ist offensichtlich zutreffend.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg wendet sich der Antragsteller dagegen, dass die Schlie&#223;ungsverf&#252;gung auf &#167; 15 Abs. 2 GewO gest&#252;tzt worden ist. Nach &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GewO kann die zust&#228;ndige Beh&#246;rde die Fortsetzung des Betriebs verhindern, wenn ein Gewerbe, zu dessen Aus&#252;bung eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung (Zulassung) erforderlich ist, ohne Zulassung betrieben wird. Die Bestimmung setzt voraus, dass ein grunds&#228;tzlich nach Gewerberecht oder gewerberechtlichem Nebenrecht zulassungsbed&#252;rftiges Gewerbe betrieben wird, eine derartige Zulassung aber fehlt. Das auf das in Rede stehende Gewerbe bezogene Zulassungserfordernis kann sich auch aus landesrechtlichen Vorschriften ergeben.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2006 &#8210; 6 C 19.06 &#8210;, BVerwGE 126, 149 = juris, Rn. 39.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Erfordernis einer Erlaubnis nach &#167;&#167;&#160;24 Abs.&#160;1 Gl&#252;StV, 16 Abs.&#160;2 AG Gl&#252;StV NRW, deren Fehlen die Antragsgegnerin der Antragstellerin vorh&#228;lt, geh&#246;rt zum Gewerberecht oder zum gewerberechtlichen Nebenrecht, auf das &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO abstellt, obwohl es landesrechtlich begr&#252;ndet ist. Es f&#228;llt unter das in die Gesetzgebungskompetenz der L&#228;nder fallende Recht der Spielhallen nach Art.&#160;70, Art.&#160;74 Abs.&#160;1 Nr.&#160;11 GG, das den Landesgesetzgeber zur Regelung s&#228;mtlicher gewerberechtlicher Voraussetzungen f&#252;r die Erlaubnis von Spielhallen und die Art und Weise ihres Betriebs einschlie&#223;lich der r&#228;umlichen Bez&#252;ge in ihrem Umfeld erm&#228;chtigt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.3.2017 &#8210; 1 BvR 1314/12 u. a. &#8210;, BVerfGE 145, 20 = juris, Rn. 100 ff., 105, 108; OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 &#8211; 4 A 589/17 &#8211;, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn.&#160;53&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">&#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO gilt im Bereich des in die Gesetzgebungskompetenz der L&#228;nder &#252;bergegangenen Rechts der Spielhallen gem&#228;&#223; Art.&#160;125a Abs.&#160;1 Satz&#160;1 GG als Bundesrecht fort. Es ist in Nordrhein-Westfalen nicht gem&#228;&#223; Art.&#160;125a Abs.&#160;1 Satz&#160;2 GG durch Landesrecht ersetzt worden, weil die insoweit allein in Betracht kommende neue Erm&#228;chtigung in &#167;&#160;9 Abs.&#160;1 S&#228;tze 2 und 3 Gl&#252;StV gem&#228;&#223; &#167;&#160;2 Abs.&#160;3 Gl&#252;StV f&#252;r Spielhallen nicht gilt. Deshalb hat der Senat bereits entschieden, dass &#167;&#160;15 Abs. 2 GewO taugliche Grundlage daf&#252;r sein kann, gegen Spielhallen vorzugehen, die ohne die nach &#167;&#167; 24 Abs. 1 Gl&#252;StV, 16 Abs. 2 AG Gl&#252;StV NRW erforderliche Erlaubnis betrieben werden.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn. 9&#160;ff.; so f&#252;r Hessen auch Hess. VGH, Beschluss vom 26.10.2018 &#8210; 8 B 1558/18 &#8210;, juris, Rn.&#160;13&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen des Antragstellers bietet keinen Anlass, dies anders zu beurteilen.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Nichts anderes folgt insbesondere aus der vom Antragsteller angef&#252;hrten &#8210; h&#246;chstrichterlich best&#228;tigten &#8210; Rechtsprechung, wonach die &#220;bergangsvorschrift des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV Vertrauensschutz nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen gew&#228;hrt.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 8.11.2013 &#8210; 7 ME 82/13 &#8210;, GewArch 2014, 30 = juris, Rn.&#160;5&#160;ff.; BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 42&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Hieraus ergibt sich zwar, dass auch zu Gunsten eines Neubetreibers einer unter &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV fallenden Altspielhalle, f&#252;r die bis zum 28.10.2011 eine Erlaubnis nach &#167; 33i GewO erteilt worden war, nach Ablauf der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist bei Vorliegen eines H&#228;rtefalls f&#252;r einen angemessenen Zeitraum eine Befreiung von der Erf&#252;llung einzelner Anforderungen der &#167;&#167; 24 Abs. 2, 25 Gl&#252;StV nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 Gl&#252;StV zugelassen werden kann.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29.2.2016 &#8210; 4 A 809/15 &#8210;, ZfWG 2016, 238 = juris, Rn.&#160;6&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die f&#252;nfj&#228;hrige &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV soll aber nur dem Interesse der Betreiber Rechnung tragen, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle get&#228;tigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, wobei dieser Investitionsschutz bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen soll.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 48.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Dass die &#220;bergangsfrist aus Bestandsschutzgesichtspunkten standortbezogen zu verstehen ist, rechtfertigt kein entsprechendes Verst&#228;ndnis des Erlaubniserfordernisses nach &#167; 24 Gl&#252;StV. Dieses hat das Erlaubniserfordernis gem&#228;&#223; &#167;&#160;33i GewO in Nordrhein-Westfalen mit Ablauf der &#220;berleitungsfristen zeitlich gestuft ersetzt und ist &#8210; wie das fr&#252;here Erlaubniserfordernis nach &#167;&#160;33i GewO &#8210;,</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 45,</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">betreiber- und betriebsbezogen zu verstehen. Jedenfalls f&#252;r das nordrhein-westf&#228;lische Landesrecht ist bereits letztinstanzlich und rechtskr&#228;ftig gekl&#228;rt, dass zu den Erlaubnisvoraussetzungen neben standortbezogenen Erfordernissen nach &#167;&#160;16 Abs.&#160;2 Satz 3 Nr. 1 und 2 lit. a AG Gl&#252;StV NRW i. V. m. &#167;&#167; 1 Satz 1 Nr. 3, 4 Abs. 3, 24 Abs.&#160;2 Satz 1 Gl&#252;StV auch die Einhaltung der Erfordernisse des Jugendschutzes bzw. die Gew&#228;hrleistung des Jugend- und Spielerschutzes sowie nach &#167;&#167;&#160;4 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 Nr.&#160;5, 16 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 AG Gl&#252;StV NRW i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#167;&#160;2 Abs.&#160;3, 4 Abs.&#160;1, 24 Gl&#252;StV das Erfordernis der pers&#246;nlichen Zuverl&#228;ssigkeit geh&#246;ren,</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 &#8211; 4 A 589/17 &#8211;, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn. 46&#160;ff., 60&#160;ff., 68&#160;ff., rechtskr&#228;ftig nach Zur&#252;ckweisung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch BVerwG, Beschluss vom 2.10.2018 &#8210; 8 B 31.18 &#8210;, juris,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">mithin betreiberbezogene Anforderungen.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. im Ausgangspunkt &#228;hnlich zum nieders&#228;chsischen Recht VG Osnabr&#252;ck, Urteil vom 17.5.2017 &#8210;&#160;1 A 294/16 &#8210;, juris, Rn.&#160;20.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Ohne Erfolg wendet der Antragsteller auch ein, nach &#167; 15 Abs.&#160;2 GewO h&#228;tte der Betrieb nicht untersagt werden d&#252;rfen, sondern allenfalls die Fortsetzung des Betriebs so lange verhindert werden d&#252;rfen, bis der im Fehlen der Zulassung liegende Mangel behoben ist. Die Antragsgegnerin hat die Schlie&#223;ung der Spielhalle angeordnet, also entsprechend der Erm&#228;chtigung die Fortsetzung des Betriebs verhindert. Hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen f&#252;r ein Einschreiten nach &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GewO ist unerheblich, ob die Voraussetzungen der erforderlichen, aber fehlenden Erlaubnis in absehbarer Zukunft vorliegen k&#246;nnen. Denn Zweck der Erm&#228;chtigung ist es, den Erlaubnisvorbehalt zur Sicherung des Gesch&#228;ftsverkehrs durchzusetzen, also die vorherige beh&#246;rdliche Pr&#252;fung der Erlaubnisf&#228;higkeit der beabsichtigten Gewerbet&#228;tigkeit zu sichern und damit die mit einer unerlaubten T&#228;tigkeit verbundenen Gefahren abzuwehren.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn.&#160;18&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die Erm&#228;chtigung greift erst recht, wenn die Erlaubnisvoraussetzungen auch k&#252;nftig voraussichtlich nicht vorliegen werden, auch wenn Grund f&#252;r das Einschreiten hierbei das blo&#223;e Fehlen der Erlaubnis bleibt, nicht aber eine hierf&#252;r nicht erforderliche Gewerbeuntersagung. Im Rahmen der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit hat die Beh&#246;rde bei Entscheidungen nach &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 GewO zu ber&#252;cksichtigen, ob es sich um eine nur formell oder auch &#8210; m&#246;glicherweise dauerhaft &#8210; materiell rechtswidrige Betriebsf&#252;hrung handelt. Unabh&#228;ngig davon hat sie von ihrem Ermessen, wo dies sachgerecht erscheint, etwa durch Gew&#228;hren angemessener Fristen so Gebrauch zu machen, dass durch die Betriebseinstellung weder dem Betriebsinhaber noch den Betriebsangeh&#246;rigen vermeidbarer Schaden entsteht.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn.&#160;36&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Das Vorgehen gegen dauerhaft materiell rechtswidrige unerlaubte Spielhallen ist nicht deshalb generell unzul&#228;ssig oder nur eingeschr&#228;nkt m&#246;glich, weil Spielhallen nicht den Regelungen der Gl&#252;cksspielaufsicht nach &#167; 9 Gl&#252;StV unterfallen. Der nordrhein-westf&#228;lische Gesetzgeber hat anders als einige andere Landesgesetzgeber das Recht der Spielhallen nicht vollst&#228;ndig neu regeln wollen, sondern anl&#228;sslich der Umsetzung des Gl&#252;cksspielstaatsvertrags in Landesrecht nur einen abgrenzbaren Teilbereich.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16.4.2018 &#8211; 4 A 589/17 &#8211;, NWVBl. 2018, 379 = juris, Rn.&#160;49&#160;f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Da der Gl&#252;cksspielstaatsvertrag und das Landesausf&#252;hrungsgesetz keine &#167;&#160;15 Abs.&#160;2 GewO ersetzende Eingriffserm&#228;chtigungsnorm enthalten, gilt diese Vorschrift &#8210; wie ausgef&#252;hrt &#8210; nach Art.&#160;125a Abs.&#160;1 Satz&#160;1 GG als Bundesrecht fort. Vor dem 28.10.2011 genehmigte und schon bei Inkrafttreten des Gl&#252;cksspielstaatsvertrags bestehende Mehrfachspielhallen hat der Gesetzgeber ausschlie&#223;lich durch die &#220;bergangsvorschriften in &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Gl&#252;StV i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;18 AG Gl&#252;StV NRW gesch&#252;tzt, nicht aber dadurch, dass er bewusst auf eine Eingriffserm&#228;chtigung verzichtet hat, wie der Antragsteller meint. Eine restriktive Auslegung des &#167; 15 Abs.&#160;2 GewO ist nicht geboten.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zutreffend ist das Verwaltungsgericht schlie&#223;lich davon ausgegangen, dass der Spielhallenbetrieb der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; neben der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; materiell rechtswidrig ist, weil es f&#252;r eine unbillige H&#228;rte im Sinne des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Gl&#252;StV an jeglichem Anhalt fehle.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Mit dem unbestimmten Rechtsbegriff der unbilligen H&#228;rte sollen (nur) atypische, vom Gesetzgeber nicht ausreichend ber&#252;cksichtigte, besonders gelagerte Fallkonstellationen, in denen die Anwendung der gesetzlichen Vorgaben zu einer nicht intendierten H&#228;rte f&#252;hren w&#252;rden, einer die widerstreitenden Interessen abw&#228;genden Einzelfallentscheidung zugef&#252;hrt werden k&#246;nnen. H&#228;rten, die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Tatbestands bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, k&#246;nnen keinen H&#228;rtefall begr&#252;nden, weil sonst die vom Gesetzgeber beabsichtigte Folge &#8210; hier eine Verringerung von Anzahl und Dichte der Spielhallen &#8210; in der Regel nicht eintreten w&#252;rde. Deshalb sind an die Erf&#252;llung der tatbestandlichen Voraussetzung der &#8222;unbilligen H&#228;rte&#8220; hohe Anforderungen zu stellen. Diese sind regelm&#228;&#223;ig nicht bereits dann erf&#252;llt, wenn mit der Schlie&#223;ung von Spielhallen wirtschaftliche Einbu&#223;en und sonstige Belastungen verbunden sind. Insbesondere k&#246;nnen die Spielhallenbetreiber nicht die verlustfreie Abwicklung ihrer zu schlie&#223;enden Spielhallen verlangen. Der Gesetzgeber wollte mit der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV die regelm&#228;&#223;ig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der gro&#223;z&#252;gig bemessenen &#220;bergangsfrist einen schonenden &#220;bergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Gesch&#228;ftsmodelle erm&#246;glichen. Die Annahme einer unbilligen H&#228;rte muss daher auf wenige Ausnahmen in besonders atypischen Einzelf&#228;llen beschr&#228;nkt bleiben.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 12.6.2018 &#8211; 8 B 1903/17 &#8211;, ZfWG 2018, 419 = juris, Rn. 36&#160;ff., m.&#160;w.&#160;N.; siehe dazu auch Ministerium f&#252;r Inneres und Kommunales NRW, Erlass vom 10.5.2016, S.&#160;6&#160;f.,&#160;https://www.im.nrw/sites/default/files/media/document/file/Spielhallenerlass%202016.pdf.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Ein solcher atypischer Einzelfall ist nicht ansatzweise ersichtlich. W&#228;hrend die f&#252;nfj&#228;hrige &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV dem Interesse der Betreiber Rechnung tragen soll, eine Amortisierung der im Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtslage in die Spielhalle get&#228;tigten Investitionen zu erreichen und dabei einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, wobei dieser Investitionsschutz bei einem Betreiberwechsel nicht entfallen soll,</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2017 &#8211; 8 C 16.16 &#8211;, ZfWG 2017, 394 = juris, Rn. 48,</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">wirkt dieser dem Bestandsschutz dienende Zweck im Rahmen der H&#228;rtefallregelung nur insoweit und solange nach, wie dies erforderlich ist, um &#8210; im Einzelfall &#8210; unzumutbaren Belastungen Rechnung zu tragen, ohne aber die mit &#167;&#167; 24 und 25 Gl&#252;StV verfolgten Allgemeinwohlinteressen auf Dauer hintanzustellen.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Vgl. Begr&#252;ndung zu &#167; 29 Gl&#252;StV, abgedruckt etwa in Bay. LT-Drs. 16/11995, S.&#160;32, sowie in Nds. LT-Drs. 16/4795, S.&#160;94.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Nach diesem Regelungszweck kommt es auf st&#228;dtebauliche Aspekte nicht an. Sofern bei H&#228;rtefallentscheidungen nach &#167; 29 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 Hs. 2 Gl&#252;StV der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gem&#228;&#223; &#167;&#160;33i GewO sowie die Ziele des &#167;&#160;1 Gl&#252;StV zu ber&#252;cksichtigen sind, wird dadurch gerade zum Ausdruck gebracht, dass die f&#252;r atypische Einzelf&#228;lle vorgesehene Ber&#252;cksichtigung grundrechtlich gesch&#252;tzter Positionen der Spielhallenbetreiber f&#252;r einen angemessenen Zeitraum &#252;ber die f&#252;nfj&#228;hrige &#220;bergangsfrist hinaus im Rahmen von H&#228;rtefallentscheidungen nur unter Ber&#252;cksichtigung der Ziele des &#167;&#160;1 Gl&#252;StV in Betracht kommt. Dies &#228;ndert nichts daran, dass eine H&#228;rte einen atypischen Einzelfall voraussetzt, in dem auf Grund des Vertrauens in die fr&#252;here Rechtslage f&#252;r den Betrieb und somit auch f&#252;r den jeweiligen Betreiber besondere unvermeidbare Belastungen gegeben sind, denen andere Betriebe von Bestandsspielhallen, die nach Ablauf von f&#252;nf Jahren geschlossen werden m&#252;ssen, grunds&#228;tzlich nicht ausgesetzt sind. Die Vorstellung des Antragstellers, ein H&#228;rtefall sei gegeben bei mit den Zielen des Gl&#252;cksspielstaatsvertrags vereinbaren Bestandsspielhallen, die nach Ablauf der &#220;bergangsfrist nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 gegen das Verbot von Mehrfachkonzessionen nach &#167;&#160;25 Abs.&#160;1 und 2 Gl&#252;StV versto&#223;en, findet im Gesetz keinen Niederschlag. Im Gegenteil ging es dem Gesetzgeber ma&#223;geblich darum, nach Ablauf der &#220;bergangsfrist die Voraussetzungen f&#252;r eine wirksame Suchtbek&#228;mpfung sowie den Jugend- und Spielerschutz (&#167; 1 Gl&#252;StV) im Bereich der Spielhallen insbesondere durch das &#8210; nur noch in atypischen Einzelf&#228;llen ausnahmsweise mit Blick auf fr&#252;here Investitionen vereinzelt zu durchbrechende &#8210; Verbot von Mehrfachkonzessionen und die Regelung von Mindestabst&#228;nden zu erreichen.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Vgl. LT-Drs. 16/17, S.&#160;43.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Er reagierte damit gerade auf das in der Vergangenheit gestiegene Angebot an Spielger&#228;ten in Spielhallen, weshalb der Antragsteller mit seinen Hinweisen auf in der Vergangenheit legal betriebene Mehrfachspielhallen, auf die Au&#223;enwirkung seines Betriebs, auf die Verantwortlichkeit des Gesetzgebers f&#252;r die Neuregelung sowie auf seine bisher rechtskonforme Betriebsf&#252;hrung keine unbillige atypische H&#228;rte aufzeigt.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Auch die mit der Neuregelung beabsichtigte Kanalisierung des nat&#252;rlichen Spieltriebs der Bev&#246;lkerung durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Gl&#252;cksspiel darstellendes Gl&#252;cksspielangebot (&#167;&#160;1 Satz&#160;1 Nr.&#160;2 Gl&#252;StV) sollte gerade im Bereich der Spielhallen dadurch geschaffen werden, dass Mehrfachspielhallen verboten und Mindestabst&#228;nde eingef&#252;hrt wurden. Es ist keine Frage einer unbilligen H&#228;rte, ob der Kanalisierungseffekt durch gro&#223;z&#252;gigere Spielhallenzulassungen besser erf&#252;llt werden k&#246;nnte. H&#228;rten, die der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen hat und die dem Gesetzeszweck entsprechen, k&#246;nnen n&#228;mlich keinen H&#228;rtefall begr&#252;nden. Davon, dass keine hinreichende Alternative legalen Gl&#252;cksspiels verbliebe, kann im &#220;brigen schon mit Blick auf den dem Antragsteller gestatteten Betrieb der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; am selben Standort keine Rede sein. Insofern kann nach der gesetzlichen Konzeption lediglich Raum sein f&#252;r die Er&#246;ffnung einer weiteren Spielhalle, die den Mindestabstand einh&#228;lt; eine H&#228;rte, die die vor&#252;bergehende Fortf&#252;hrung einer unzul&#228;ssig gewordenen Mehrfachspielhalle gebieten k&#246;nnte, folgt daraus nach den hierf&#252;r ma&#223;geblichen rechtlichen Ma&#223;st&#228;ben keinesfalls.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Innerhalb der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist des &#167;&#160;18 AG Gl&#252;StV NRW i.&#160;V.&#160;m. &#167; 29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV musste sich der Antragsteller ebenso wie der fr&#252;here Betreiber zur Zeit seiner Betriebsf&#252;hrung darauf einstellen, dass k&#252;nftig von mehreren Spielhallen an einem Standort nur noch eine Spielhalle betrieben werden darf.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 &#8211; 8 C 6.15 &#8211;, BVerwGE 157, 126 = juris, Rn. 55.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">In Nordrhein-Westfalen bestand zudem f&#252;r Spielhallen, die der am 30.6.2017 abgelaufenen f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Gl&#252;StV unterfielen, grunds&#228;tzlich jedenfalls bis zum 30.11.2017 zumindest ein Anspruch auf eine H&#228;rtefallerlaubnis nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;4 Gl&#252;StV, nachdem die Spielhallenbetreiber durch Ministerialerlass und auch von der Antragsgegnerin auf einen Lauf der &#220;bergangsfrist bis zum 30.11.2017 hingewiesen worden waren und sich deshalb hierauf einstellen durften.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2017 &#8211; 4&#160;B 307/17 &#8211;, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn.&#160;71&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Da der Antragsteller selbst entscheiden konnte, welche seiner beiden Spielhallen nach tats&#228;chlichem oder angenommenem Ablauf der &#220;bergangsfrist fortbestehen sollte, stand auch nicht erst mit der H&#228;rtefallentscheidung fest, dass er einen Betrieb tats&#228;chlich aufgeben musste. Schon innerhalb der f&#252;nfj&#228;hrigen &#220;bergangsfrist konnte der Antragsteller verl&#228;ssliche Planungen dazu anstellen, welche seiner beiden Spielhallen er k&#252;nftig aufgeben wolle, so dass sich eine H&#228;rte aufgrund von Unsicherheiten, ob eine Spielhalle fortbestehen kann, allenfalls f&#252;r eine verbleibende Spielhalle ergeben kann, die mit weiteren Spielhallen anderer Anbieter in einem Konkurrenzverh&#228;ltnis steht.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 8.6.2017 &#8211; 4 B 307/17 &#8211;, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 75; OVG Saarl., Beschluss vom 20.12.2018 &#8210; 1 B 231/18 &#8210;, juris, Rn.&#160;77.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Ermessensfehler sind vor diesem Hintergrund nicht ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermessensentscheidung nicht ber&#252;cksichtigte Besonderheiten, denen die Antragsgegnerin im Rahmen ihres Ermessens h&#228;tte Rechnung tragen m&#252;ssen, ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass das &#8222;Auswahlverfahren&#8220; zwischen den beiden Hallen des Antragstellers rechtlich zu beanstanden w&#228;re.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Der geltend gemachte Versto&#223; gegen das Transparenzgebot ist nicht ansatzweise ersichtlich. Die aus dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung folgende Pflicht zur Transparenz ist bei Auswahlentscheidungen heranzuziehen, bei denen angesichts bestimmter objektiver Kriterien ein eindeutiges grenz&#252;berschreitendes Interesse besteht. Hier ist den Mitgliedstaaten ein gewisses Ermessen zuzuerkennen, um zur Einhaltung dieser Grunds&#228;tze bestimmte Ma&#223;nahmen zu erlassen. Die Verpflichtung zur Transparenz soll u. a. die Gefahr willk&#252;rlicher Entscheidungen ausschlie&#223;en.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Vgl. EuGH, Urteil vom 16.4.2015 &#8210; C-278/14 &#8210;, VergabeR 2015, 555 = juris, Rn. 16 und 25 ff., m.&#160;w.&#160;N.; hierzu auch OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 8.6.2017 &#8211; 4 B 307/17 &#8211;, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 55&#160;ff., und vom 15.5.2017 &#8210; 4 A 1504/15 &#8210;, NVwZ-RR 2017, 690 = juris, Rn. 26 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Die Grunds&#228;tze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung aus Gr&#252;nden der Staatsangeh&#246;rigkeit waren hier schon deshalb nicht einschl&#228;gig, weil die Antragsgegnerin eine Auswahl nur zwischen zwei Hallen zu treffen hatte, die beide vom Antragsteller betrieben werden. Zudem hatte die Antragsgegnerin dem Antragsteller bereits mit Schreiben vom 24.10.2017 Gelegenheit gegeben mitzuteilen, f&#252;r welche seiner beiden Spielhallen die Erlaubnis nach &#167;&#160;24 Gl&#252;StV erteilt werden sollte. Nachdem der Antragsteller von dieser M&#246;glichkeit keinen Gebrauch gemacht hatte, war es gemessen am Zweck der Erm&#228;chtigung zur Auswahl nicht ermessensfehlerhaft und rechtsstaatlich unbedenklich, mit Blick auf die nur in &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; vorhandenen eigenen Toiletten diese statt der wirtschaftlich und hinsichtlich der Betriebsabl&#228;ufe im Wesentlichen vergleichbaren &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; auszuw&#228;hlen. Dies gilt umso mehr, nachdem der Antragsteller gegen die ihm hierf&#252;r erteilte Erlaubnis nicht mit dem Ziel vorgegangen ist, stattdessen eine Erlaubnis f&#252;r &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; zu erhalten.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Ein Ermessensfehler liegt auch nicht darin, dass die Antragsgegnerin davon ausgegangen ist, sie m&#252;sse <span style="text-decoration:underline">vor</span> der Durchf&#252;hrung des Auswahlverfahrens &#252;ber die H&#228;rtefallbefreiung entscheiden. Die Antragsgegnerin hat mit der streitgegenst&#228;ndlichen Verf&#252;gung vom 14.2.2018 rechtsfehlerfrei <span style="text-decoration:underline">zugleich</span> &#252;ber die vom Antragsteller nicht selbst vorgenommene Auswahl und &#252;ber die von ihm erst am 9.2.2018 erstmals geltend gemachten H&#228;rtegr&#252;nde entschieden sowie eine unbillige H&#228;rte zutreffend verneint. Da der Antragsteller nicht &#252;ber die sp&#228;testens nach dem 30.11.2017 erforderlichen gl&#252;cksspielrechtlichen Erlaubnisse verf&#252;gte, h&#228;tte er schon zu diesem Zeitpunkt eine jedenfalls materiell-rechtswidrige Spielhalle bereits von sich aus schlie&#223;en m&#252;ssen, zumal er insoweit bis zu diesem Zeitpunkt nicht einmal Gr&#252;nde f&#252;r eine unbillige H&#228;rte benannt hatte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb die Antragsgegnerin, die der mehrfachen Bitte des Bevollm&#228;chtigten des Antragstellers um Fristverl&#228;ngerung entsprochen und deshalb erst im Februar 2018 die Auswahl f&#252;r den Antragsteller vorgenommen hatte, rechtlich daran gehindert gewesen sein k&#246;nnte, zugleich &#252;ber den H&#228;rteantrag zu entscheiden. Ob im Fall einer (echten) Konkurrenz zu Spielhallen anderer Betreiber etwas anderes gelten k&#246;nnte, bedarf hier keiner Kl&#228;rung. Die Auswahl h&#228;tte jedenfalls seit dem Erhalt des Schreibens vom 24.10.2017 bis Mitte Februar 2018 vom Antragsteller selbst vorgenommen werden k&#246;nnen, weshalb er hinreichend Gelegenheit hatte, sich f&#252;r den Erhalt der einen oder der anderen I.&#160;&#160;&#160;&#160; einzusetzen. Selbst im Laufe der mit der Rechtsmittelfrist &#252;bereinstimmenden Frist f&#252;r die Schlie&#223;ung der &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; von einem Monat nach Bekanntgabe h&#228;tte der Antragsteller noch geltend machen k&#246;nnen, anstelle der Erlaubnis f&#252;r &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 1&#8220; eine solche f&#252;r &#8222;I.&#160;&#160;&#160;&#160; 2&#8220; erhalten zu wollen. Da ohnehin keine Gr&#252;nde f&#252;r eine unbillige H&#228;rte gegeben waren, durfte die Antragsgegnerin auch rechtsfehlerfrei zugleich hier&#252;ber entscheiden.</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Schon mit Blick auf die gro&#223;z&#252;gige &#220;bergangsfrist von f&#252;nf Jahren und die insoweit bestehende Rechtsklarheit, nach ihrem Ablauf bei Fehlen unbilliger H&#228;rten jedenfalls eine I.&#160;&#160;&#160;&#160; schlie&#223;en zu m&#252;ssen, war auch die dem Antragsteller im Februar 2018 einger&#228;umte Frist von einem Monat zur Abwicklung der Gesch&#228;fte ausreichend, auch wenn er seinen Betrieb nicht ohne erforderliche Erlaubnis neu begonnen hat. Insoweit sind die Erw&#228;gungen des Senats, auf die sich der Antragsteller beruft, hier schon deshalb nicht einschl&#228;gig, weil die Antragsgegnerin ihr Ermessen &#8210; anders als im vom Senat entschiedenen Fall &#8210; ordnungsgem&#228;&#223; auch insoweit ausge&#252;bt hat, als sie erwogen hat, durch Gew&#228;hren angemessener Fristen keinen vermeidbaren Schaden entstehen zu lassen.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 B 179/18 &#8211;, NWVBl. 2018, 529 = juris, Rn.&#160;32&#160;ff., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich ergibt sich nicht schon dadurch eine rechtserhebliche Ungleichbehandlung des Antragstellers, weil die Antragsgegnerin in anderen, weniger klar liegenden, F&#228;llen m&#246;glicherweise von der Anordnung der sofortigen Vollziehung absieht. Trotz des umfangreichen Beschwerdevorbringens kann bereits im Verfahren vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes sicher beurteilt werden, dass der Antragsteller den Betrieb einer seiner beiden Spielhallen schon im vergangenen Jahr einzustellen hatte und Gr&#252;nde f&#252;r einen weiteren Betrieb ohne Erlaubnis, die er nicht besitzt und die materiell-rechtlich nicht erteilt werden kann, nicht vorliegen. In dem gleichwohl beabsichtigten verbotenen Weiterbetrieb entgegen der gesetzlichen Zielrichtung deutlich &#252;ber die gro&#223;z&#252;gig gew&#228;hrten &#220;bergangsfristen und Zeitr&#228;ume f&#252;r rechtlich erforderliche Kl&#228;rungen hinaus, liegt &#8210; im Interesse des vom Gesetzgeber angestrebten verbesserten Spielerschutzes &#8210; die von der Antragsgegnerin zu verhindernde Gefahr.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Danach &#252;berwiegt das &#246;ffentliche Interesse an der Verhinderung der Betriebsf&#252;hrung gegen&#252;ber den rechtlich nicht schutzw&#252;rdigen gegenl&#228;ufigen Interessen des Antragstellers an einer vorl&#228;ufig weiteren Nutzung.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i.&#160;V.&#160;m. &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
161,439
ovgnrw-2019-01-10-4-e-111918
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 E 1119/18
2019-01-10T00:00:00
2019-01-16T07:00:01
2019-02-12T13:44:06
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0110.4E1119.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Aachen vom 24.10.2018 wird zurückgewiesen.</p> <p>Das Verfahren über die Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde, über die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist unbegründet.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die angegriffene Streitwertfestsetzung entspricht den gesetzlichen Vorgaben. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen; mehrere Streitgegenstände werden gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Senat folgt in ständiger Praxis regelmäßig den Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ-Beilage 2013, 58, 68).</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Danach entspricht der Streitwert in diesem ein selbstständiges Vollstreckungsverfahren betreffenden Streitfall – in dem es um die Festsetzung eines Zwangsgeldes von 1000,00 Euro und die Androhung eines weiteren Zwangsgeldes von 2000,00 Euro geht – auf der Grundlage von Nummer 1.7.1, Sätze 1 und 2. des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [NVwZ-Beilage 2013, 58 (68)] der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes zuzüglich der Hälfte des angedrohten Zwangsgeldes. Den sich dabei ergebenden Betrag von 2000,00 Euro hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus § 68 Abs. 3 GKG.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
161,427
lsgmv-2019-01-10-l-8-as-24718-b-er
{ "id": 477, "name": "Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern", "slug": "lsgmv", "city": null, "state": 10, "jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
L 8 AS 247/18 B ER
2019-01-10T00:00:00
2019-01-16T06:59:45
2019-01-21T11:45:13
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong>Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 14. Mai 2018 wird zurückgewiesen.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong>Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.</strong></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gründe</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:90pt"><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beteiligten streiten in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren darüber, ob der Antragsgegner den gegen die Antragstellerin für ihr selbstgenutztes Hausgrundstück festgesetzten Straßenbaubeitrag nach § 22 SGB II vorläufig zu übernehmen hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die 1953 geborene Antragstellerin bewohnt allein das in ihrem Eigentum stehende Hausgrundstück W.-weg 22 in A-Stadt. Sie verfügt über kein Einkommen und steht im laufenden SGB II-Leistungsbezug bei dem Antragsgegner. Zuletzt wurde ihr mit Bescheid vom 27. November 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Januar 2018, 1. März 2018, 13. März 2018 und 4. Juni 2018 für die Zeit von Januar bis Dezember 2018 Arbeitslosengeld II bewilligt, u. a. für März 2018 489,02 € (= 416 € Regelbedarf + 9,57 € Mehrbedarf für Warmwasserzeugung + 63,45 € Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe der im März 2018 fälligen Trink- und Abwassergebühren).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Heranziehungsbescheid vom 27. Dezember 2017 setzte das Amt Dorf Mecklenburg-A-Stadt gegen die Antragstellerin einen Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.610,09 € für die Erneuerung und Verbesserung der Fahrbahn und Straßenentwässerung der W.-straße fest, der spätestens drei Monate nach Bekanntgabe des Bescheides zu zahlen sei. Nach § 7 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern (KAG M-V) sei derjenige beitragspflichtig, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des bevorteilten Grundstückes sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Am 23. Januar 2018 beantragte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner die Übernahme des Straßenbaubeitrages.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 13. März 2018 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass sie vorrangig die Beantragung des Erlasses oder die Niederschlagung der Forderung bzw. die Eintragung einer Sicherungshypothek ins Grundbuch bis zum 30. März 2018 nachzuweisen habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 3. Mai 2018 versagte der Antragsgegner die beantragte Übernahme des Kostenbeitrages für die Straßenerneuerung als einmalige Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II ab 1. Januar 2018 gemäß § 66 SGB I ganz, da die Antragstellerin die mit Schreiben vom 13. März 2018 angeforderten Nachweise nicht eingereicht habe und damit ihren Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I nicht nachgekommen sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Den hiergegen am 8. Mai 2018 eingelegten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juni 2018 zurück. Die von der Antragstellerin dagegen am 4. Juli 2018 erhobene Klage ist bei dem Sozialgericht Schwerin – S 11 AS 635/18 – anhängig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Bereits am 20. März 2018 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Schwerin den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und zur Begründung ausgeführt, dass der Antragsgegner nach ihrer Ansicht die Kosten der Straßenerneuerung übernehmen müsse. Sie befinde sich im Leistungsbezug des Antragsgegners und könne die Kosten nicht aus eigenen Mitteln zahlen. Einem Leistungsempfänger stünden in Mecklenburg-Vorpommern monatlich ca. 385,85 € für Miete sowie Betriebskosten vom Jobcenter zu. Dies ergebe jährlich ca. 4.630 €. Sie nehme nur ca. 200 € monatlich (Betriebskosten ca. 75 € monatlich sowie ca. 1.400 € für Öl im Jahr) an Leistungen für Wohnraum in Anspruch, sodass allein durch die nicht in Anspruch genommene Differenz von ca. 2.300 € die Straßenerneuerungskosten über 1.610,09 € gedeckt und somit vom Antragsgegner zu zahlen wären.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr unverzüglich die beantragten Kosten zur Straßenerneuerung in Höhe von 1.610 € zu gewähren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">den Antrag abzulehnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Zur Begründung hat der Antragsgegner dargelegt, dass der Landkreis Nordwestmecklenburg in seiner Richtlinie zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II (KdU-Richtlinie) geregelt habe, das Anschlussgebühren ausnahmsweise übernommen werden könnten, wenn der Antragsteller nachweise, dass er sich erfolglos bei der den Gebührenbescheid erlassenden Kommune um eine Stundung, Ratenzahlung oder um die Eintragung einer Hypothek ins Grundbuch gemäß der bei der Kommune bestehenden Satzung zur Stundung, Niederschlagung und Erlass bemüht habe. Der Leistungsberechtigte habe einen schriftlichen Nachweis über seine Bemühungen beim Jobcenter einzureichen. Der Nachweis müsse eine Information der Kommune enthalten, dass hinsichtlich der Anschlussgebühren eine Stundung, ein Erlass bzw. die Eintragung einer Hypothek ins Grundbuch nicht möglich sei. Die Antragstellerin sei mit Schreiben vom 13. März 2018 aufgefordert worden, die Nachweise einzureichen. Die Nachweise seien bei dem Antragsgegner noch nicht eingegangen. Im Übrigen sei fraglich, ob ein Straßenbaubeitrag noch zu den Kosten der Unterkunft zählen könne.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Mit Beschluss vom 14. Mai 2018 hat das Sozialgericht den Antragsgegner nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG vorläufig verpflichtet, der Antragstellerin die beantragten Kosten zur Straßenerneuerung in Höhe von 1.610 € zu gewähren. Die Antragstellerin habe neben den übrigen Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II einen Anspruch auf Übernahme der beantragten Kosten für den Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.610 € gemäß § 22 Abs. 1 SGB II und damit einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zu den Unterkunftskosten für selbstgenutzte Hausgrundstücke zählten dabei alle notwendigen Ausgaben, die nach § 7 Abs. 2 Satz 1 DV zu § 82 SGB XII bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen seien. Bei dem Straßenbaubeitrag handele es sich um eine sonstige öffentliche Abgabe im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 DV zu § 82 SGB XII. Im Hinblick auf § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II sei nicht ersichtlich, wie es der Antragstellerin möglich gewesen wäre, die Kosten für den vom Amt Dorf Mecklenburg-A-Stadt mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 erhobenen Straßenbaubeitrag zu senken, sodass die Frage der Angemessenheit dahin gestellt bleiben könne. Die einmalig geschuldete Zahlung wäre im März 2018 als Fälligkeitsmonat zu übernehmen gewesen, sodass die Forderung des Antragsgegners auf vorrangige Beantragung des Erlasses oder der Niederschlagung der Forderung bzw. Eintragung einer Sicherungshypothek ins Grundbuch nicht eingreife.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Gegen den am 17. Mai 2018 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 5. Mai 2018 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben. Eine besondere Eilbedürftigkeit scheide aus, weil die Antragstellerin nach § 2 SGB II verpflichtet gewesen sei, die Stundung oder den Erlass des Straßenbaubeitrages gem. § 12 KAG M-V i.V.m. § 222 bzw. § 227 Abgabenordnung geltend zu machen. Auch ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Es sei nicht höchstrichterlich geklärt, ob Straßenbaubeiträge als Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II zu berücksichtigen seien. Zudem sei § 7 Abs. 2 Satz 1 DV zu § 82 SGB XII weder direkt noch analog anwendbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der Antragsgegner beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 14. Mai 2018 aufzuheben und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Beschwerde zurückzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:90pt"><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Das Sozialgericht hat zu Recht die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG bejaht. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs als auch ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Den hierfür erforderlichen Anordnungsanspruch hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht. Dieser folgt aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt. Vorliegend ist es im März 2018 zu einer Änderung zu Gunsten der Antragstellerin gekommen, als der gegen sie festgesetzte Straßenbaubeitrag in Höhe von 1.610,09 € fällig wurde. Um diesen Betrag erhöhen sich gemäß § 22 SGB II die Kosten der Unterkunft und Heizung für März 2018, da die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld II unstreitig weiter vorliegen. Der Antragsgegner hat auch mit Änderungsbescheid vom 18. Mai 2018 – in Ausführung des streitigen Beschlusses vom 14. Mai 2018 – entsprechend höhere Leistungen für März 2018 unter Abänderung der hierzu bereits ergangenen Bescheide – jedoch vorbehaltlich des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens – bewilligt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II regelt, dass Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind. Danach sind bezogen auf selbst genutzte Eigenheime grundsätzlich die Aufwendungen berücksichtigungsfähig, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks anfallen (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 61/10 R –, juris, Rn. 14 f.). Anhaltspunkt hierfür sind alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 51/10 R –, Rn. 12, juris). Insoweit findet § 7 Abs. 2 DV zu § 82 SGB XII entsprechende Anwendung (vgl. BSG, wie vor). Nach dessen Satz 1 Nr. 2 gehören zu diesen Ausgaben neben Steuern vom Grundbesitz auch sonstige öffentliche Abgaben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Nach diesem Maßstab handelt es sich bei dem Straßenbaubeitrag, für den die Antragstellerin mit Bescheid vom 27. Dezember 2017 herangezogen wurde, um Kosten der Unterkunft. Für Straßenbaubeiträge nach § 8 KAG M-V, die als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen (§ 7 Abs. 6 KAG M-V), ist nach § 7 Abs. 2 KAG M-V derjenige beitragspflichtig, der – wie die Antragstellerin – im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des bevorteilten Grundstückes ist. Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen und nicht auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 61/10 R –, juris, Rn. 14). Der Straßenbaubeitrag ist somit vollständig im Monat seiner Fälligkeit im März 2018 berücksichtigungsfähig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Der Straßenbaubeitrag ist als einmalige Aufwendung in der von der Antragstellerin geltend gemachten Höhe von 1.610 € auch angemessen i. S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist an den im Kalenderjahr anfallenden Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 61/10 R –, juris, Rn. 19 f.). Die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft im SGB II sind unabhängig von der Angemessenheit der Heizkosten zu beurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 36/08 R –, juris). Nach der KdU-Richtlinie des Landkreises Nordwestmecklenburg in der jeweils gültigen Fassung ist in A-Stadt für eine Person eine monatliche Bruttokaltmiete in Höhe von 315,50 € und ab 1. März 2018 von 325,50 € maximal angemessen und damit im Kalenderjahr 2018 eine Bruttokaltmiete von insgesamt 3.886 €. Der Antragstellerin sind dagegen für ihr Eigenheim in 2018 ohne Berücksichtigung von Heizkosten insgesamt Unterkunftskosten in Höhe von 1.289,84 € entstanden und mit Bescheid vom 27. November 2017 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Januar 2018, 1. März 2018, 13. März 2018 und 4. Juni 2018 gewährt worden, sodass auch bei Hinzurechnung des streitigen Straßenbaubeitrages in Höhe von 1.610,09 € die gesamten Unterkunftskosten lediglich 2.899,93 € betragen und damit angemessen sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Im Übrigen steht dem Anspruch gemäß § 22 SGB II nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – nicht um einen Erlass oder eine Stundung des Straßenbaubeitrages durch das Amt Dorf Mecklenburg-A-Stadt bemüht hat. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II, auf die sich der Antragsgegner zur Begründung bezieht, greift nicht ein. Zwar müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte nach dieser Vorschrift alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Die mit diesem Selbsthilfegrundsatz zum Ausdruck kommende Obliegenheit zur Eigenaktivität kann als Auslegungshilfe bei der Anwendung und Interpretation aller Regelungen, die Rechte und Pflichten der Leistungsberechtigen normieren, herangezogen werden (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – B 14 AS 7/09 R –, juris, Rn. 19). Insoweit hat zwar das Thüringer Landessozialgericht ohne nähere Begründung vertreten, dass Straßenausbaubeiträge als Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Selbsthilfegrundsatz gemäß § 2 SGB II nur dann zu übernehmen seien, wenn die leistungsberechtigte Person die Erfolglosigkeit des Abschlusses einer Stundungsvereinbarung nachgewiesen habe (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 14. März 2013 – L 9 AS 1302/10 –, juris, Rn. 32). Dem folgt der Senat jedoch nicht, weil die Regelung des § 22 Abs. 1 SGB II keinen Rückgriff auf die Auslegungshilfe des § 2 SGB II erfordert. So enthält § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II – wie ausgeführt – bereits die Beschränkung, dass Kosten der Unterkunft und Heizung nur im Rahmen der Angemessenheit zu gewähren sind. Erst wenn diese Aufwendungen die Angemessenheitsgrenze übersteigen, sind sie nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf (ausnahmsweise) so lange anzuerkennen, wie es der oder dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die danach mögliche Leistungskürzung ist als besonderer gesetzlicher Anwendungsfall des allgemeinen Grundsatzes des Forderns nach § 2 SGB II ausgestaltet (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2008 – B 11b AS 43/06 R –, juris, Rn. 15, noch zur nahezu identischen Vorgängerregelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Nach Erteilung der Kostensenkungsaufforderung im Fall des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II trifft den Leistungsberechtigten gemäß § 2 SGB II die Pflicht, mit dem Grundsicherungsträger in einen Dialog über die angemessenen Kosten der Unterkunft einzutreten, und damit die Obliegenheit, die (unangemessenen) Kosten der Unterkunft und Heizung zu senken (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 70/06 R – juris). Sind dagegen die Kosten der Unterkunft und Heizung – wie hier die der Antragstellerin – angemessen, ist die leistungsberechtigte Person nicht darüber hinaus nach § 2 SGB II verpflichtet, die angemessenen Wohnkosten noch weiter zu senken. Dies hätte ansonsten zur Konsequenz, dass sich die leistungsberechtigte Person (regelmäßig) an jeden Gläubiger ihrer Unterkunftskosten zwecks Erlass und Stundung wenden müsste. So hätte die Antragstellerin – was der Antragsgegner offenkundig nicht verlangt – bei dem zuständigen Amt Erlass und Stundung nicht nur des Straßenbaubeitrages, sondern auch der Grundbesitzabgaben beantragen müssen oder etwa gegenüber dem Heizöllieferanten ebenfalls Erlass bzw. zumindest den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung über den Rechnungsbetrag von 1.476,46 € für die Lieferung von Heizöl im Januar 2018 geltend machen müssen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Daraus folgt zugleich, dass der Versagungsbescheid vom 3. Mai 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juni 2018 nach § 66 SGB I sich mangels Verletzung einer Mitwirkungspflicht im Sinne von § 60 SGB I als rechtswidrig erweisen dürfte, weil die Antragstellerin nicht verpflichtet war, den Erlass und die Stundung des Straßenbaubeitrages geltend zu machen und dies dem Antragsgegner gegenüber nachzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Der Anordnungsgrund gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG folgt grundsätzlich und so auch vorliegend aus dem Anordnungsanspruch auf existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II, weil der Antragstellerin das Abwarten auf den Ausgang des mitunter langwierigen Hauptsacheverfahrens nicht zumutbar ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Der Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a> </div>
180,263
vg-freiburg-2019-01-09-4-k-124518
{ "id": 157, "name": "Verwaltungsgericht Freiburg", "slug": "vg-freiburg", "city": 109, "state": 3, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 K 1245/18
2019-01-09T00:00:00
2019-02-07T14:18:57
2019-02-12T13:33:30
Urteil
<h2>Tenor</h2> <p/><p>Die Klagen werden abgewiesen.</p><p>Die Kl&#228;gerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.</p><p>Die Berufung wird zugelassen.</p> <h2>Tatbestand</h2> <table><tr><td>&#160;</td><td><table><tr><td/></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Die beiden Kl&#228;gerinnen sind jeweils Fraktionsgemeinschaften im Gemeinderat der Stadt Freiburg. Sie begehren vom beklagten Oberb&#252;rgermeister Auskunft &#252;ber die Stellenanmeldungen der &#196;mter der Stadt f&#252;r die Fertigung des Haushaltsplanentwurfs.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>Der Gemeinderat der Stadt Freiburg umfasst 48 Gemeinder&#228;te. Vier Gemeinder&#228;te haben sich zur Kl&#228;gerin zu 1, sieben Gemeinder&#228;te haben sich zur Kl&#228;gerin zu 2 zusammengeschlossen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>Mit E-Mail vom 07.03.2017 wandte sich die Kl&#228;gerin zu 1 an den Beklagten mit der Bitte, ihr &#8222;rechtzeitig zur zweiten Lesung (des Haushaltsplanentwurfs) eine Liste der Stellenantr&#228;ge und -vorschl&#228;ge zu schicken, die innerhalb der Verwaltung nicht genehmigt wurden.&#8220; Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte sie aus: Sie ben&#246;tige die Information, um sachgerecht &#252;ber den Stellenplan als Teil des Haushaltsplans beschlie&#223;en zu k&#246;nnen. Der E-Mail beigef&#252;gt war ein von den Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerinnen gefertigtes Kurz-Gutachten vom 02.03.2017. Das Rechtsamt der Stadt Freiburg kam demgegen&#252;ber zum Ergebnis, dass eine Gemeinderatsfraktion keinen entsprechenden Auskunftsanspruch habe. Das von ihm befragte Regierungspr&#228;sidium Freiburg teilte diese Rechtsauffassung. Mit Schreiben vom 17.03.2017 teilte der Leiter des Haupt- und Personalamts der Stadt Freiburg der Kl&#228;gerin zu 1 mit, dass ihr Anliegen nicht vom Informationsrecht nach &#167; 24 Abs. 4 GemO umfasst sei, und unterrichtete hiervon die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen, Fraktionsgemeinschaften und die im Gemeinderat vertretene Gruppierung.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Kl&#228;gerinnen haben am 07.02.2018 Klage erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen ist, den Kl&#228;gerinnen als Gemeinder&#228;ten bzw. Fraktionsgemeinschaften Auskunft dar&#252;ber zu erteilen, welche der verwaltungsinternen Stellenanforderungen nicht in den Haushaltsplan-Entwurf f&#252;r das Haushaltsjahr Doppelhaushalt 2017/2018 Eingang gefunden haben. In der m&#252;ndlichen Verhandlung haben sie diesen Antrag teils erweitert, teils genauer gefasst. Sie tragen vor: Die Klagen seien als Feststellungsklagen zul&#228;ssig. Auch die Kl&#228;gerin zu 2 sei klagebefugt. Denn auch sie habe ein sch&#252;tzenswertes Interesse daran, dass elementare, die Arbeit eines Gemeinderats bzw. einer Fraktion betreffende Fragen entsprechend den Vorgaben der Gemeindeordnung von dem (Ober-)B&#252;rgermeister bzw. der Verwaltung beantwortet w&#252;rden. Die Klagen seien auch begr&#252;ndet. Vor Aufstellung des Stellenplans als Teil der Haushaltssatzung frage die Verwaltung regelm&#228;&#223;ig bei allen &#196;mtern nach, welche Stellen aus deren Sicht zur Wahrnehmung der jeweiligen Aufgaben erforderlich seien. Diese &#8222;verwaltungsinternen Stellenanforderungen&#8220; bildeten die Grundlage der dann zu treffenden Entscheidung &#252;ber die konkrete Ausgestaltung des Stellenplan-Entwurfs, der Teil des dem Gemeinderat vorzulegenden Haushaltsplan-Entwurfs werde. Zur wirksamen und sachgerechten Wahrnehmung ihrer Aufgaben m&#252;sse ein Gemeinderat bzw. eine Fraktionsgemeinschaft wissen, welche weitergehenden Stellen die &#196;mter jeweils angefordert h&#228;tten. Nur dann k&#246;nnten sie entscheiden, ob der Stellenplan sachgerecht, angemessen und zutreffend sei. Sie habe auch nach Verabschiedung des Doppelhaushalts 2017/2018 ein Interesse an der Kl&#228;rung ihres Informationsanspruchs im Hinblick auf kommende Haushaltsberatungen. Dieses Interesse habe auch die Kl&#228;gerin zu 2. Der Beklagte h&#228;tte das Auskunftsverlangen erf&#252;llen m&#252;ssen. Es sei die vornehmste und origin&#228;re Aufgabe des Gemeinderats, im Stellenplan die Stellen der Beamten sowie der nicht nur vor&#252;bergehend besch&#228;ftigten Arbeitnehmer, die f&#252;r die Erf&#252;llung der Aufgaben im Haushaltsjahr erforderlich seien, zu beschlie&#223;en. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus &#167; 24 Abs. 4 GemO. Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs sei es, dem Gemeinderat einen vollst&#228;ndigen &#220;berblick &#252;ber die Qualit&#228;t der Aufgabenerledigung durch die anderen Gemeindeorgane zu geben, damit dieser auf etwaige Missst&#228;nde reagieren k&#246;nne. Eine sachgerechte Beratung im Gemeinderat sei nur m&#246;glich, wenn die Gemeinder&#228;te die Grundlagen und Hintergr&#252;nde des Zustandekommens des Haushaltsplan-Entwurfs kennen. Der Auskunftsanspruch umfasse auch Personalangelegenheiten sowie Steuerfragen, unabh&#228;ngig von ihrer Vertraulichkeit und Individualit&#228;t. Dem Anspruch lasse sich auch nicht entgegenhalten, dass es um &#8222;individuelle Bedarfsbeurteilungen&#8220; gehe und dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung selbst nicht Adressaten eines Auskunftsanspruchs seien. Das Auskunftsbegehren sei auch nicht etwa missbr&#228;uchlich.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Die Kl&#228;gerinnen beantragen,</td></tr></table><blockquote><blockquote/></blockquote></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6&#160;</td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="6"/>festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kl&#228;gerinnen dar&#252;ber Auskunft zu erteilen, welche der verwaltungsinternen Stellenantr&#228;ge der Amtsleitungen und Dezernate nicht die Haushaltsplan-Entw&#252;rfe Eingang gefunden haben.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Der Beklagte beantragt,</td></tr></table><blockquote><blockquote/></blockquote></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8&#160;</td></tr></table></td><td><table style="margin-left:6pt"><tr><td><rd nr="8"/>die Klagen abzuweisen.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Er tr&#228;gt vor: F&#252;r den nunmehr gestellten Klagantrag best&#252;nden keine Zweifel mehr an der Klagebefugnis der Kl&#228;gerin zu 2. Die Kl&#228;gerinnen h&#228;tten keinen Anspruch auf Auskunft dar&#252;ber, welche Stellenw&#252;nsche der Amtsleitungen und Dezernenten nicht in den Haushaltsplan-Entwurf der Stadt Freiburg f&#252;r den Doppelhaushalt 2017/2018 Eingang gefunden h&#228;tten. Allerdings beziehe sich der Auskunftsanspruch gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 GemO auf einzelne Angelegenheiten der Gemeinde und ihre Verwaltung. Dazu geh&#246;re auch der Stellenplan gem&#228;&#223; &#167; 57 GemO. Gegenstand der begehrten Auskunft sei jedoch nicht der Stellenplan-Entwurf. Gegenstand der begehrten Auskunft seien vielmehr individuelle Stellenvorschl&#228;ge einzelner &#196;mter. Eine Anfrage zu solchen Stellenbedarfsmeldungen einzelner &#196;mter ziele ihrem Wesen nach auf die Mitteilung subjektiver Einsch&#228;tzungen der Verwaltungsbediensteten, die dem (Ober-) B&#252;rgermeister nachgeordnet seien. Solche subjektiven Einsch&#228;tzungen und Werturteile nachgeordneter Verwaltungsbediensteten seien jedoch von dem Auskunftsanspruch nach &#167; 24 Abs. 4, 3 GemO nicht umfasst. Dies ergebe sich aus Folgendem: Nach den genannten Vorschriften k&#246;nne Auskunft nur vom (Ober-)B&#252;rgermeister begehrt werden. Nur er sei dazu berufen, gegen&#252;ber der b&#252;rgerschaftlichen Vertretung die Belange der Verwaltung zu wahren. Zwar h&#228;tten die Kl&#228;gerinnen den Auskunftsanspruch formal an den Oberb&#252;rgermeister gerichtet. In der Sache verlangten sie aber Auskunft &#252;ber Stellenw&#252;nsche einzelner Amts- und Abteilungsleitungen oder anderer F&#252;hrungskr&#228;fte. Sei ein Auskunftsanspruch aber nicht auf Tatsachen, sondern wie hier auf die Abfrage von individuellen Einsch&#228;tzungen, Meinungen und Werturteilen gerichtet, k&#246;nne der (Ober-)B&#252;rgermeister als Adressat des Auskunftsanspruchs allenfalls verpflichtet seien, &#252;ber seine eigene Meinung und Einsch&#228;tzung bzw. &#252;ber die Einsch&#228;tzung einer von ihm repr&#228;sentierten einheitlichen Verwaltung Auskunft zu erteilen. Seine Einsch&#228;tzung finde sich jedoch im Entwurf des Stellenplans selbst. Dieses Ergebnis entspreche der gesetzgeberischen Wertung von &#167; 33 Abs. 2 GemO. Danach k&#246;nne der (Ober-)B&#252;rgermeister in den Sitzungen des Gemeinderats den Vortrag einem Gemeindebediensteten &#252;bertragen. Die Mitwirkung eines Bediensteten beschr&#228;nke sich jedoch darauf, anstelle des (Ober-)B&#252;rgermeisters den Vorschlag der Gemeindeverwaltung vorzutragen. Eine eigene Wertung k&#246;nne er nicht vornehmen, auch nicht auf entsprechende Fragen des Gemeinderats hin. Die beanspruchte Unterrichtung &#252;ber subjektive Einsch&#228;tzungen einzelner nachgeordneter Bediensteter w&#252;rde dar&#252;ber hinaus das Prinzip der Einheitlichkeit der Verwaltung konterkarieren sowie der Funktion des (Ober-)B&#252;rgermeisters als Verwaltungsspitze zuwiderlaufen. Das Prinzip der Einheitlichkeit der Verwaltung sei in Literatur und Rechtsprechung anerkannt. Auch die innere Organisation der Gemeinde folge, nicht zuletzt aus Gr&#252;nden der Funktionsf&#228;higkeit, diesem Prinzip. Es k&#246;nne vom Gemeinderat nicht eingeschr&#228;nkt werden. Ihm sei auch bei der Beantwortung einer Anfrage nach &#167; 24 Abs. 4 und 3 GemO Rechnung zu tragen. Der an den (Ober-)B&#252;rgermeister zu richtende Auskunftsanspruch treffe daher diesen in seiner Eigenschaft als Leiter der Gemeindeverwaltung. Es k&#228;me einer Preisgabe des Prinzips der Einheitlichkeit der Verwaltung gleich, wenn der (Ober-)B&#252;rgermeister verpflichtet w&#228;re, &#252;ber zahlreiche (ggf. von der gesamtst&#228;dtischen Einsch&#228;tzung abweichende) individuelle Einsch&#228;tzungen und die daraus resultierenden Antr&#228;ge/W&#252;nsche einzelner Bediensteter Auskunft zu erteilen. Dies verdeutliche der Verfahrensablauf, der zu dem Entwurf des Stellenplans f&#252;hre. In dem Verfahren zur Aufstellung des Entwurfs des Stellenplans w&#252;rden zun&#228;chst Vorschl&#228;ge auf den untersten Hierarchieebenen formuliert und von den n&#228;chsth&#246;heren Hierarchieebenen im Abgleich mit weiteren Vorschl&#228;gen anderer, nachgeordneter Ebenen bewertet. Diese Bewertungen in Gestalt von Abw&#228;gungs- und Priorisierungsvorg&#228;ngen erfolgten auf jeder Hierarchieebene, bei Sachgebietsleitungen, Abteilungsleitungen, Amtsleitungen und bei den Dezernaten. So seien bei der Stadt Freiburg etwa 380 F&#252;hrungs-/Leitungspersonen besch&#228;ftigt, die im Rahmen von Haushaltsberatungen potentiell einen nach ihrer subjektiven Einsch&#228;tzung bestehenden Stellenbedarf anmeldeten. Bei einer so gro&#223;en Anzahl von Einzelmeinungen sei es zudem fraglich, ob sich der geltend gemachte Auskunftsanspruch noch auf eine einzelne Angelegenheit im Sinn von &#167; 24 Abs. 4 GemO beziehe oder nicht vielmehr Ausforschungscharakter habe. Die begehrte Information sei auch nicht f&#252;r die Aufgabenerf&#252;llung des Gemeinderats von Bedeutung. Die konkrete Aufteilung der Stellen geh&#246;re nicht zu den Aufgaben des Gemeinderats, sondern obliege nur dem (Ober-)B&#252;rgermeister. Die Zuweisung der Stellen zu den einzelnen &#196;mtern und Dienststellen obliege kraft seiner Kompetenz nach &#167; 44 Abs. 1 GemO allein dem (Ober-)B&#252;rgermeister. Das zeige sich auch daran, dass Teil C des Stellenplans gem&#228;&#223; Anl. 11 zu &#167; 5 GemHVO, in dem die Aufteilung der Stellen auf die Teilhaushalte dargestellt werde, nur nachrichtlich aufgef&#252;hrt und nicht vom Gemeinderat beschlossen werde. Auch die Kontrollfunktion des Gemeinderats erfordere keine Kenntnis von den einzelnen Stellenbedarfseinsch&#228;tzungen. Daraus k&#246;nne geschlossen werden, dass diese Information des Gemeinderats grunds&#228;tzlich als ausreichend angesehen werde, zumal Anhaltspunkt f&#252;r die Zahl der erforderlichen Stellen zun&#228;chst die Stellenbesetzung des Vorjahres sei und wesentliche Abweichungen hiervon gem&#228;&#223; &#167; 5 Abs. 2 Satz 2 GemHVO zu erl&#228;utern seien. Sofern der Gemeinderat dar&#252;ber hinaus seine Kontrollfunktion wahrnehmen wolle, etwa weil Anhaltspunkte daf&#252;r best&#252;nden, dass in bestimmten Bereichen eine Personalunterdeckung bestehen k&#246;nnte, k&#246;nne er selbstverst&#228;ndlich Anfragen und Antr&#228;ge stellen. Diese k&#246;nnten sich dann aber nur auf eine Einsch&#228;tzung der einheitlichen Gemeindeverwaltung beziehen. Schlie&#223;lich stellten interne Stellenvorschl&#228;ge, die keinen Eingang in den Stellenplanentwurf gefunden h&#228;tten, keine Frage von gemeindepolitischer Bedeutung dar, da sie den Haushalt gerade nicht belasteten.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Mit Schreiben vom 17.09.2018 haben beide Kl&#228;gerinnen den Beklagten um Auskunft &#252;ber die Anzahl der Stellenanmeldungen des Amtes f&#252;r Kinder, Jugend und Familie f&#252;r Fachkr&#228;fte im Kommunalen Sozialen Dienst zum Doppelhaushalt 2019/2020 gebeten, den der Gemeinderat voraussichtlich im M&#228;rz 2019 beschlie&#223;en wird. Mit Schreiben vom 22.10.2018 an beide Kl&#228;gerinnen hat die f&#252;r dieses Amt zust&#228;ndige B&#252;rgermeisterin einen Auskunftsanspruch insoweit verneint.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Auf Anfrage der Kammer dazu, wie nach der Aktenordnung der Stadt Freiburg mit den Vorschl&#228;gen der &#196;mter &#252;ber weitere Stellen verfahren werde, hat der Beklagte mitgeteilt, dass einzelne Stellenantr&#228;ge/-w&#252;nsche der Fach&#228;mter zu keinem Zeitpunkt Eingang in Haushaltsakten der Stadtk&#228;mmerei f&#228;nden. In die Haushaltsakten bzw. den Haushaltsplan gehe erst der zwischen dem Beklagten und den Dezernenten besprochene und abgestimmte Stellenplan ab dem Zeitpunkt der zweiten Lesung des Haushaltsplanentwurfs ein; erst dann werde auch der Gemeinderat &#252;ber die Entwicklung der Planstellen, der Personalaufwendungen und den Stellplan zum Doppelhaushalt informiert.</td></tr></table></td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Der Kammer liegt je ein Heft Akten des Haupt- und Personalamts der Stadt Freiburg und der Stadtk&#228;mmerei vor.</td></tr></table></td></tr></table> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <table><tr><td>&#160;</td><td> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Dass die Kl&#228;gerinnen in der m&#252;ndlichen Verhandlung die Klagantr&#228;ge nach Hinweis des Gerichts teils erweitert und teils genauer gefasst haben, ist zul&#228;ssig. Sofern und soweit darin eine Klag&#228;nderung liegen sollte, ist dem der Beklagte nicht entgegengetreten; diese w&#228;re im &#220;brigen auch sachdienlich (vgl. &#167; 91 Abs. 1 und 2 VwGO).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Mit den ge&#228;nderten Klagantr&#228;gen sind die Klagen zwar zul&#228;ssig (I.), aber nicht begr&#252;ndet (II.).</td></tr></table> <table><tr><td>I.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>1. Die Kl&#228;gerinnen als Fraktionsgemeinschaften im Gemeinderat und der Beklagte als Oberb&#252;rgermeister k&#246;nnen als Organe der Gemeindeverfassung im innerst&#228;dtischen Kommunalverfassungsstreit Beteiligte eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein (gem&#228;&#223; &#167; 61 Nr. 1 bzw. Nr. 2 VwGO in analoger Anwendung, vgl. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-W&#252;rttemberg, 10. Aufl., &#167; 17, Rn. 7 m.w.N.).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>F&#252;r Fraktionsgemeinschaften ergibt sich dies aus &#167; 32a GemO i.V.m. der Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats der Stadt Freiburg vom 18.10.1977, zuletzt ge&#228;ndert am 20.03.2018. Fraktionsgemeinschaften unterscheiden sich von Fraktionen im Allgemeinen dadurch, dass ihre Mitglieder nicht von einer, sondern von mehreren Listen gew&#228;hlt sind. Fraktionsgemeinschaften sind, wie der Begriff deutlich macht, keine Fraktionen im Sinn von &#167; 32a GemO. Fraktionen sind zun&#228;chst einmal Zusammenschl&#252;sse der Mitglieder des Gemeinderats, die auf derselben Kommunalwahlliste kandidiert haben, u.U. k&#246;nnen auch Zusammenschl&#252;sse verschiedener Listen, die ein sehr hohes Ma&#223; an politischer &#220;bereinstimmung haben, Fraktionen sein (vgl. Wahlpr&#252;fungsausschuss des Deutschen Bundestags vom 18.10.2018 - WP 28/17 - BT-Drucks. 19/5200; Schwerdtfeger, Vereinbarungen von Schwesterparteien, NVwZ 2017, 841 zu VG Wiesbaden, Urt. v. 30.12.2016 - 6 K 1805/16.Wi -, juris). Gebildet werden Fraktionsgemeinschaften aus dem Bed&#252;rfnis von in der Regel kleineren Gruppierungen, die den Fraktionsstatus allein jeweils nicht erlangen k&#246;nnen, sich zur Durchsetzung ihrer gemeinsamen politischen Vorstellungen zusammenzuschlie&#223;en und dabei auch Fraktionsrechte zu erhalten. Der Gesetzgeber hat zwar davon abgesehen, Fraktionsgemeinschaften, anders als - erstmals im Jahr 2015 - Fraktionen, gesetzlich zu regeln (vgl. &#167; 32a GemO). Dennoch ist das Recht zur Bildung auch von Fraktionsgemeinschaften wohl allgemein anerkannt (vgl. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-W&#252;rttemberg, 10. Aufl., &#167; 14 Rn. 119; vgl. Bayer. VGH, Beschl. v. 20.03.2017 - 4 ZB 16.1815 -, juris; vgl. auch, allerdings zu eher niedrigen Anforderungen an eine Fraktionsbildung, S&#228;chs. OVG, Beschl. v. 06.05.2009 - 4 A 116/09 -, juris). Ausdr&#252;cklich anerkannt sind sie in der Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats der Stadt Freiburg. Zwar wird in deren &#167; 2 ausdr&#252;cklich nur bestimmt, dass sich die Stadtr&#228;te zu &#8222;Fraktionen&#8220; zusammenschlie&#223;en k&#246;nnen und dass eine Fraktion aus mindestens drei Stadtr&#228;ten bestehen muss. Die Anerkennung von Fraktionsgemeinschaften ergibt sich aber ohne Weiteres aus ihrer ausdr&#252;cklichen Gleichstellung mit Fraktionen bei einzelnen Organrechten (&#167; 3 Abs. 2: Zusammensetzung des &#196;ltestenrats und &#167; 11 Abs. 2 und 3: Rederecht und Redezeit). Der Vertreter des Beklagten hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung zudem best&#228;tigt, dass dar&#252;ber hinaus in der Praxis den Fraktionsgemeinschaften auch die weiteren Fraktionsrechte aus der Gesch&#228;ftsordnung (insbesondere &#167; 13 Abs. 1 und 2: Einflussnahme auf die Tagesordnung von Gemeinderat und von Aussch&#252;ssen) zugestanden sind. Zwischen den Beteiligten ist auch nicht etwa streitig, dass die Kl&#228;gerinnen das f&#252;r den Zusammenschluss als Fraktionsgemeinschaft erforderliche Ma&#223; an organisatorischer und inhaltlicher Zusammenarbeit erf&#252;llen.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>2. Die Klagen sind als Feststellungsklagen gem&#228;&#223; &#167; 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zul&#228;ssig. Denn zwischen den Kl&#228;gerinnen als Fraktionsgemeinschaften und dem Beklagten als Oberb&#252;rgermeister besteht ein gemeinderechtlich erhebliches Rechtsverh&#228;ltnis, da sie jeweils von der Gemeindeordnung in Verbindung mit der Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats mit jeweils eigenen Rechten bzw. Pflichten ausgestattet sind, die hier im Streit stehen. Dieses Rechtsverh&#228;ltnis ist nicht begrenzt auf die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegende Anfrage der Kl&#228;gerin zu 1 vom 07.03.2017 und deren Ablehnung durch den Beklagten im Schreiben vom 17.03.2017. Vielmehr hat der Beklagte allen Fraktionen und Fraktionsgemeinschaften sowie der weiteren Gruppierung im Gemeinderat deutlich gemacht, dass er k&#252;nftig allgemein entsprechende Anfragen mit der von ihm f&#252;r richtig gehaltenen Einschr&#228;nkung beantworten werde.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>3. Aus diesem Grund steht auch nicht nur der Kl&#228;gerin zu 1, sondern auch der Kl&#228;gerin zu 2 gem&#228;&#223; &#167; 42 Abs. 2 VwGO eine Klagebefugnis zu. Denn auch bei ihr steht aufgrund der Rechtsauffassung des Beklagten ihr Organrecht auf Unterrichtung bzw. Auskunft infrage (vgl. BVerwG. Beschl. v. 22.12.1988 - 7 B 208/87 -, NVwZ 1989, 470; VGH Bad.-W&#252;rtt., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 -, VBlBW 1999, 304 = juris, Rn. 22). Jedenfalls durch die in der m&#252;ndlichen Verhandlung erweiterte Antragstellung ist das Klagebegehren beider Kl&#228;gerinnen von der Ablehnung des Antrags der Kl&#228;gerin zu 1 durch den Beklagten gel&#246;st worden und kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Kl&#228;gerin zu 2, um eine Klagebefugnis zu erhalten, dem urspr&#252;nglichen Antrag der Kl&#228;gerin zu 1 h&#228;tte anschlie&#223;en m&#252;ssen (so f&#252;r andere Fallgestaltungen VG Karlsruhe, Urt. v. 09.02.2017 - 9 K 933/16 -, juris, Rn. 19; VG Oldenburg, Beschl. v. 02.04.2004 - 2 B 1229/04 -, juris, Rn. 2; VG D&#252;sseldorf, Urt. v. 20.10.2017 - 1 K 8645/16 -, juris, Rn. 23, alle juris). Dementsprechend hat der Beklagte hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung die Klagebefugnis f&#252;r den ge&#228;nderten Klagantrag auch nicht mehr in Zweifel gezogen.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die Klagebefugnis fehlt den Kl&#228;gerinnen auch nicht deshalb, weil sie m&#246;glicherweise nicht nur Auskunft im Sinne von &#167; 24 Abs. 4 GemO, sondern Unterrichtung im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 GemO begehren und nicht Fraktionen, sondern (nur) Fraktionsgemeinschaften sind. Denn der Beklagte hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung best&#228;tigt, dass in der Praxis der Kommunalverfassung der Stadt Fraktionsgemeinschaften dieses Organrecht zusteht.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>4. Schlie&#223;lich ist das Feststellungsinteresse (&#167; 43 Abs. 1 VwGO) der Kl&#228;gerinnen nicht zweifelhaft.</td></tr></table> <table><tr><td>II.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Die Klagen sind aber nicht begr&#252;ndet. Den Kl&#228;gerinnen steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterrichtung bzw. Auskunft &#252;ber die Stellenantr&#228;ge der Amtsleitungen bzw. Dezernenten in den jeweils laufenden Haushaltsberatungen zu.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>1. Ein entsprechender Anspruch scheitert allerdings noch nicht daran, dass eine Anfrage nach s&#228;mtlichen &#252;ber den Stellenplanentwurf hinausgehenden Stellenanmeldungen der Amtsleitungen und der Dezernate als Unterrichtung im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 GemO verstanden werden k&#246;nnte, auf die nicht einzelne Abgeordnete, sondern nur Fraktionen und die Gesamtheit eines Sechstels der Gemeinder&#228;te Anspruch haben. Einer Abgrenzung zur Auskunft gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 4 GemO (vgl. dazu VGH Bad.-W&#252;rtt., Urt. v. 30.03.1992 - 1 S 1762/91 -, BWGZ 1992, 472 = D&#214;V 1992, 838 = juris, sowie OVG Sachsen, Urt. v. 07.07.2015 - 4 A 12/14 - NVwZ-RR 2016, 193) bedarf es insoweit nicht, weil zul&#228;ssigerweise von Gemeinder&#228;ten gebildeten Fraktionsgemeinschaften - wie Fraktionen - unabh&#228;ngig von der Einhaltung des Quorums von einem Sechstel der der Gemeinder&#228;te jedenfalls dann ein Recht auf Unterrichtung &#252;ber Gemeindeangelegenheiten gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 GemO zusteht, wenn die Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats bzw. ihre allgemeine Handhabung dies vorsieht. Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Gemeindeordnung eine entsprechende Gleichbehandlung von Fraktionen und Gemeinder&#228;ten in den Gemeinden verbieten w&#252;rde, hat die Kammer nicht. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zugang von Fraktionsgemeinschaften zu bestimmten Organrechten, die ein bestimmtes Quorum erfordern zur weiteren Minderung der Bedeutung dieser Einschr&#228;nkung f&#252;hrt; denn die Minderung der Bedeutung des Quorums f&#252;r einzelne Organrechte folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber die (meisten) von der Einhaltung von Quoren abh&#228;ngigen Rechte auch den Fraktionen einr&#228;umt, die nach den Gesch&#228;ftsordnungen der Gemeinder&#228;te h&#228;ufig von nur drei, in kleineren Gemeinden auch von nur zwei Gemeinder&#228;ten gebildet werden k&#246;nnen (zur Kritik hieran vgl. LT-Drucks. 15/7265, Stellungnahme des St&#228;dtetags, Nr. 6; vgl. auch, noch weitergehend und nach Kritik von Kommunalverb&#228;nden gestrichenen, &#167; 32a Abs. 4 GemO-E im Entwurf - Stand: 30.01.2015 - eines Gesetzes zur &#196;nderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften, ver&#246;ffentlicht im Internet-Beteiligungsportal des Landes).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>2. Unstreitig ist auch, dass die Frage, wie hoch der Stellenbedarf der &#196;mter ist, eine Angelegenheit der Gemeinde im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 GemO betrifft.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>3. Die Informationsrechte von Gemeinder&#228;ten auf Unterrichtung und Auskunft durch den (Ober-)B&#252;rgermeister gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 und &#167; 24 Abs. 4 GemO umfassen aber nicht das Recht, von diesem die Standpunkte von Amtsleitern oder Dezernenten zu erfragen, die diese im verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess vertreten bzw. vertreten haben. Ein entsprechendes Auskunfts- oder Unterrichtungsrecht der Kl&#228;gerinnen besteht jedenfalls deshalb nicht, weil die Anspruchsberechtigten nach &#167; 24 Abs. 3 und 4 GemO grunds&#228;tzlich nur eine Unterrichtung oder Auskunft durch den (Ober-)B&#252;rgermeister verlangen k&#246;nnen. Dies schlie&#223;t nicht nur aus, dass sich Gemeinder&#228;te insoweit - ohne Einverst&#228;ndnis des (Ober-)B&#252;rgermeisters - unmittelbar an nachgeordnete Bedienstete der Gemeindeverwaltung wenden k&#246;nnen. Dies schlie&#223;t vielmehr auch aus, dass der (Ober-)B&#252;rgermeister verpflichtet ist, dar&#252;ber Auskunft zu geben, wie die ihm nachgeordneten Bediensteten der Gemeinde auf eine entsprechende Frage antworten w&#252;rden oder wie sie - hierauf richtet sich das Begehren der Kl&#228;gerinnen hier - gemeindeintern in der Vergangenheit eine solche Frage beantwortet haben. Dies mag eine Auspr&#228;gung des in der baden-w&#252;rttembergischen Gemeindeordnung nicht geregelten, aber in verschiedenen Zusammenh&#228;ngen betonten Grundsatzes der Einheitlichkeit der Verwaltung sein (vgl. etwa VG M&#252;nster, Urt. v. 06.05.2011 - 1 K 508/10 -, NVwZ-RR 2011, 741; VG Potsdam, Beschl. v. 19.11.1997 - 2 L 1202/97 -; &#167; 52 Abs. 1 nw GemO), folgt aber jedenfalls unmittelbar schon aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften und im &#220;brigen auch aus einer Gesamtschau der gemeinder&#228;tlichen Informationsrechte.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Zu Recht weist der Beklagte in diesem Zusammenhang auch auf &#167; 33 Abs. 2 Halbs. 2 GemO hin. Nach dieser Vorschrift muss der (Ober-)B&#252;rgermeister bzw. Vorsitzende des Gemeinderats auf Verlangen des (ganzen) Gemeinderats einen Bediensteten zu sachverst&#228;ndigen Ausk&#252;nften hinzuziehen. Dabei macht der Umstand, dass ein solches Befragungsrecht allein auf sachverst&#228;ndige Ausk&#252;nfte gerichtet ist, und der Umstand, dass ein entsprechendes Recht nur dem ganzen Gemeinderat zusteht, deutlich, dass der Gesetzgeber im Verh&#228;ltnis von Gemeinderat zu (Ober-)B&#252;rgermeister letzteren davor sch&#252;tzen will, in einen (fachlichen) Gegensatz zu den nachgeordneten Bediensteten der Verwaltung zu geraten. &#220;berdies ist anerkannt, dass nachgeordnete Bedienstete der Gemeindeverwaltung bei der Beantwortung entsprechender Fragen weisungsgebunden sind (OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 31.07.2009 - 4 O 127/09 -; VG Magdeburg, Beschl. v. 09.11.2015 - 9 B 745/15 -; VG Meiningen, Beschl. v. 14.04.2015 - 2 K 286/14 -, alle juris).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Dieses vom Wortlaut der Vorschriften vorgegebene Verst&#228;ndnis entspricht der starken Stellung, welche die Gemeindeverfassung nach der baden-w&#252;rttembergischen Gemeindeordnung dem (Ober-)B&#252;rgermeister als Leiter der Gemeindeverwaltung (&#167; 44 Abs. 1 GemO) gegen&#252;ber dem Gemeinderat einr&#228;umt. Diese Stellung w&#228;re beeintr&#228;chtigt, wenn der (Ober-)B&#252;rgermeister verpflichtet w&#228;re, mittels des Rechts auf Unterrichtung oder Auskunft den Gemeinder&#228;ten Einblick in den verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess zu geben. Denn schon die Offenlegung einer Meinungsverschiedenheit mit einer nachgeordneten Leitungsebene in der Verwaltung k&#246;nnte ggf. die jeweilige &#220;berzeugungskraft des (Ober-)B&#252;rgermeisters in einzelnen Fragen gegen&#252;ber dem Gemeinderat schw&#228;chen, erst Recht best&#252;nde eine solche M&#246;glichkeit, wenn der (Ober-)B&#252;rgermeister folgerichtig auch gezwungen w&#228;re, auf weitere Nachfragen jeweils die abweichende Meinung der nachgeordneten Verwaltungsebene zu erl&#228;utern.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Dass der (Ober-)B&#252;rgermeister somit nicht zur Meinung der nachgeordneten Bediensteten der Gemeindeverwaltung befragt werden kann, gilt allgemein und damit auch f&#252;r das Klageziel der Kl&#228;gerinnen, Auskunft oder Unterrichtung &#252;ber (zus&#228;tzliche) Stellenforderungen der Amtsleitungen und Dezernate zu erhalten, um ihr Organrecht, den Gemeindehaushalt zu beraten und zu beschlie&#223;en, sachgem&#228;&#223; aus&#252;ben zu k&#246;nnen. Insoweit erscheint es der Kammer zwar nicht als zweifelhaft, dass die geforderte Unterrichtung bzw. Auskunft f&#252;r den Gemeinderat hilfreich w&#228;re, den vom (Ober-)B&#252;rgermeister vorgelegten Haushaltsplanentwurf kritisch zu w&#252;rdigen und ggf. - auch nach Einholung weiterer Ausk&#252;nfte zu evtl. gegebenen Defiziten bei der Ausstattung mit Stellen in einzelnen Bereichen - die Notwendigkeit von &#196;nderungsantr&#228;gen zu begr&#252;nden. Dagegen l&#228;sst sich wohl auch nicht einwenden, dass der Gemeinderat mit der Haushaltssatzung auch den Stellenplan beschlie&#223;t (&#167; 80 Abs. 1 Satz 4, &#167; 57 GemO, &#167; 5 GemHVO), der von ihm beschlossene Stellenplan aber nicht die Aufteilung der Stellen auf die Teilhaushalte umfasst, weil die insoweit vorgesehene Verteilung dem Stellenplan nur nachrichtlich beigef&#252;gt wird (&#167; 5 Abs. 1 Satz 4 GemHVO, vgl. auch Anlage 11 zu &#167; 5 GemHVO, Teil C). Denn aus dieser &#220;bersicht ergibt sich jedenfalls, wie sich die Gesamtzahl der Stellen nach der Vorstellung des (Ober-)B&#252;rgermeisters auf die Teilbereiche verteilt und lassen sich daraus ggf. Hinweise daf&#252;r gewinnen, ob der Gemeinderat zus&#228;tzliche Stellen in den Stellenplan aufnehmen sollte, ggf. unter Verzicht auf andere Ausgaben. Auch haben die Kl&#228;gerinnen in der m&#252;ndlichen Verhandlung wohl mit Recht darauf hingewiesen, dass jedenfalls die abschlie&#223;ende Meinung der Amtsleitungen oder Dezernenten zur Erforderlichkeit von (zus&#228;tzlichen) Stellen im Allgemeinen sehr stark von objektiven Gegebenheiten und weniger von subjektiven Einsch&#228;tzungen gepr&#228;gt sein d&#252;rfte. Dies alles &#228;ndert aber nichts daran, dass es letztlich dem (Ober-)B&#252;rgermeister in seiner Gesamtverantwortung obliegt, gegen&#252;ber dem Gemeinderat eine einheitliche Auffassung der Verwaltung zur Notwendigkeit von Stellen zu vertreten, mit der er die Teil- Stellenw&#252;nsche der Amtsleitungen und Dezernate abschlie&#223;end bewertet und in einen Ausgleich gebracht hat.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Diese Auslegung von &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 und &#167; 24 Abs. 4 GemO wird auch dadurch gest&#252;tzt, dass das Interesse der Verwaltung, ihre interne Willensbildung vor Preisgabe zu sch&#252;tzen, auch sonst anerkannt ist (vgl. im Informationsfreiheitsrecht etwa &#167; 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG, &#167; 8 UIG und dazu VGH Bad.-W&#252;rtt., Urt. v. 29.06.2017 - 10 S 436/15 -, Rn. 40; ferner &#167; 3 Nr. 3 IFG und &#167; 4 Abs. 1 Nr. 6 LIFG; vgl. auch, zum Recht von Bundestagsabgeordneten, die Regierung zu befragen, BVerfG, Urt. v. 07.11.2017 - 2 BVerfGE 2/11 -, BVerfGE 147, 50 = NVwZ 2018, 51 = juris, Rn. 227 ff.).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Die gefundene Auslegung f&#252;gt sich schlie&#223;lich auch in die Systematik der Informationsrechte des Gemeinderats ein. Denn neben dem Auskunfts- und dem Unterrichtungsrecht steht dem Gemeinderat ein Akteneinsichtsrecht gegen&#252;ber dem (Ober-)B&#252;rgermeister gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 2 GemO zu. Dieses erlaubt &#252;ber die Unterrichtung von Entscheidungen und Sachverhalten hinaus den Einblick in die verwaltungsinternen Abstimmungs-, Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse, soweit sie verschriftlich und nach den Grunds&#228;tzen geordneter Aktenf&#252;hrung, ggf. auch der gemeindlichen Aktenordnung, verschriftlicht (bzw. bei elektronischer Aktenf&#252;hrung gespeichert) und Bestandteil von Akten geworden sind. Wegen dieses besonders umfassenden Einblicks setzt das Recht des Gemeinderats auf Akteneinsicht aber voraus, dass es von einem Viertel des Gemeinderats geltend gemacht wird. Die Regelung eines eigenen Akteneinsichtsrechts und die Festsetzung unterschiedlich hoher Quoren legen eine Differenzierung der Reichweite des jeweiligen Informationsrechts gegen&#252;ber dem (Ober-)B&#252;rgermeister nahe. Ob eine Wahrnehmung dieses Rechts dem hier gegebenen Informationsinteresse der Kl&#228;gerinnen dienen w&#252;rde, es ggf. aus den obenstehenden &#220;berlegungen zumindest bis zur Entscheidung des (Ober-)B&#252;rgermeisters &#252;ber die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs zu beschr&#228;nken w&#228;re und ob &#252;berhaupt und ggf. in welchem Umfang die Stellenanmeldungen der oberen Fachebenen der Verwaltung Bestandteil von Akten im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 Satz 2 GemO sind (was der Beklagte f&#252;r die Akten der f&#252;r den Haushaltsentwurf verantwortlichen Stadtk&#228;mmerei verneint hat, jedenfalls f&#252;r die Akten der Amtsleitungen und Dezernate aber offen ist), ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 159 Satz 1 VwGO i.V.m. &#167; 100 Abs. 1 ZPO.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-W&#252;rttemberg ist gem&#228;&#223; &#167; 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen; denn die Frage, ob Fraktionsgemeinschaften ein Unterrichtungs- oder Auskunftsrecht &#252;ber die (zus&#228;tzlichen) Stellenforderungen nachgeordneter Stellen der Gemeindeverwaltung haben, hat grunds&#228;tzliche Bedeutung (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/><strong>Beschluss vom 16.01.2019</strong></td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Der Streitwert wird auf 20.000 EUR festgesetzt.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/><strong>Gr&#252;nde</strong></td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Bei Kommunalverfassungsstreitigkeiten wird der Streit allgemein gem&#228;&#223; &#167; 52 Abs. 1 GKG mit 10.000,- EUR bemessen (vgl. Nr. 22.7 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschl. v. 18.10.2010 - 1 S 2029/10 -, juris, Rn. 14; anders allerdings VGH-Bad.-W&#252;rtt., Beschl. v. 20.11.2018 - 1 S 1824/18 -, juris, Rn. 63 ohne weitere Begr&#252;ndung). Verfolgen wie hier mehrere Kl&#228;ger in einem Verfahren das gleiche Ziel, sind die Werte der einzelnen Klagen dennoch gem&#228;&#223; &#167; 39 Abs. 1 GKG zu addieren, es sei denn, sie begehren oder bek&#228;mpfen eine Ma&#223;nahme als Rechtsgemeinschaft (vgl. Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs); dies ist hier nicht der Fall.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Wegen der Beschwerdem&#246;glichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf &#167; 68 Abs. 1 GKG verwiesen.</td></tr></table> </td></tr></table> <h2>Gründe</h2> <table><tr><td>&#160;</td><td> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Dass die Kl&#228;gerinnen in der m&#252;ndlichen Verhandlung die Klagantr&#228;ge nach Hinweis des Gerichts teils erweitert und teils genauer gefasst haben, ist zul&#228;ssig. Sofern und soweit darin eine Klag&#228;nderung liegen sollte, ist dem der Beklagte nicht entgegengetreten; diese w&#228;re im &#220;brigen auch sachdienlich (vgl. &#167; 91 Abs. 1 und 2 VwGO).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Mit den ge&#228;nderten Klagantr&#228;gen sind die Klagen zwar zul&#228;ssig (I.), aber nicht begr&#252;ndet (II.).</td></tr></table> <table><tr><td>I.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>1. Die Kl&#228;gerinnen als Fraktionsgemeinschaften im Gemeinderat und der Beklagte als Oberb&#252;rgermeister k&#246;nnen als Organe der Gemeindeverfassung im innerst&#228;dtischen Kommunalverfassungsstreit Beteiligte eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein (gem&#228;&#223; &#167; 61 Nr. 1 bzw. Nr. 2 VwGO in analoger Anwendung, vgl. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-W&#252;rttemberg, 10. Aufl., &#167; 17, Rn. 7 m.w.N.).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>F&#252;r Fraktionsgemeinschaften ergibt sich dies aus &#167; 32a GemO i.V.m. der Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats der Stadt Freiburg vom 18.10.1977, zuletzt ge&#228;ndert am 20.03.2018. Fraktionsgemeinschaften unterscheiden sich von Fraktionen im Allgemeinen dadurch, dass ihre Mitglieder nicht von einer, sondern von mehreren Listen gew&#228;hlt sind. Fraktionsgemeinschaften sind, wie der Begriff deutlich macht, keine Fraktionen im Sinn von &#167; 32a GemO. Fraktionen sind zun&#228;chst einmal Zusammenschl&#252;sse der Mitglieder des Gemeinderats, die auf derselben Kommunalwahlliste kandidiert haben, u.U. k&#246;nnen auch Zusammenschl&#252;sse verschiedener Listen, die ein sehr hohes Ma&#223; an politischer &#220;bereinstimmung haben, Fraktionen sein (vgl. Wahlpr&#252;fungsausschuss des Deutschen Bundestags vom 18.10.2018 - WP 28/17 - BT-Drucks. 19/5200; Schwerdtfeger, Vereinbarungen von Schwesterparteien, NVwZ 2017, 841 zu VG Wiesbaden, Urt. v. 30.12.2016 - 6 K 1805/16.Wi -, juris). Gebildet werden Fraktionsgemeinschaften aus dem Bed&#252;rfnis von in der Regel kleineren Gruppierungen, die den Fraktionsstatus allein jeweils nicht erlangen k&#246;nnen, sich zur Durchsetzung ihrer gemeinsamen politischen Vorstellungen zusammenzuschlie&#223;en und dabei auch Fraktionsrechte zu erhalten. Der Gesetzgeber hat zwar davon abgesehen, Fraktionsgemeinschaften, anders als - erstmals im Jahr 2015 - Fraktionen, gesetzlich zu regeln (vgl. &#167; 32a GemO). Dennoch ist das Recht zur Bildung auch von Fraktionsgemeinschaften wohl allgemein anerkannt (vgl. Engel/Heilshorn, Kommunalrecht Baden-W&#252;rttemberg, 10. Aufl., &#167; 14 Rn. 119; vgl. Bayer. VGH, Beschl. v. 20.03.2017 - 4 ZB 16.1815 -, juris; vgl. auch, allerdings zu eher niedrigen Anforderungen an eine Fraktionsbildung, S&#228;chs. OVG, Beschl. v. 06.05.2009 - 4 A 116/09 -, juris). Ausdr&#252;cklich anerkannt sind sie in der Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats der Stadt Freiburg. Zwar wird in deren &#167; 2 ausdr&#252;cklich nur bestimmt, dass sich die Stadtr&#228;te zu &#8222;Fraktionen&#8220; zusammenschlie&#223;en k&#246;nnen und dass eine Fraktion aus mindestens drei Stadtr&#228;ten bestehen muss. Die Anerkennung von Fraktionsgemeinschaften ergibt sich aber ohne Weiteres aus ihrer ausdr&#252;cklichen Gleichstellung mit Fraktionen bei einzelnen Organrechten (&#167; 3 Abs. 2: Zusammensetzung des &#196;ltestenrats und &#167; 11 Abs. 2 und 3: Rederecht und Redezeit). Der Vertreter des Beklagten hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung zudem best&#228;tigt, dass dar&#252;ber hinaus in der Praxis den Fraktionsgemeinschaften auch die weiteren Fraktionsrechte aus der Gesch&#228;ftsordnung (insbesondere &#167; 13 Abs. 1 und 2: Einflussnahme auf die Tagesordnung von Gemeinderat und von Aussch&#252;ssen) zugestanden sind. Zwischen den Beteiligten ist auch nicht etwa streitig, dass die Kl&#228;gerinnen das f&#252;r den Zusammenschluss als Fraktionsgemeinschaft erforderliche Ma&#223; an organisatorischer und inhaltlicher Zusammenarbeit erf&#252;llen.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>2. Die Klagen sind als Feststellungsklagen gem&#228;&#223; &#167; 43 Abs. 1 VwGO statthaft und auch sonst zul&#228;ssig. Denn zwischen den Kl&#228;gerinnen als Fraktionsgemeinschaften und dem Beklagten als Oberb&#252;rgermeister besteht ein gemeinderechtlich erhebliches Rechtsverh&#228;ltnis, da sie jeweils von der Gemeindeordnung in Verbindung mit der Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats mit jeweils eigenen Rechten bzw. Pflichten ausgestattet sind, die hier im Streit stehen. Dieses Rechtsverh&#228;ltnis ist nicht begrenzt auf die dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegende Anfrage der Kl&#228;gerin zu 1 vom 07.03.2017 und deren Ablehnung durch den Beklagten im Schreiben vom 17.03.2017. Vielmehr hat der Beklagte allen Fraktionen und Fraktionsgemeinschaften sowie der weiteren Gruppierung im Gemeinderat deutlich gemacht, dass er k&#252;nftig allgemein entsprechende Anfragen mit der von ihm f&#252;r richtig gehaltenen Einschr&#228;nkung beantworten werde.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>3. Aus diesem Grund steht auch nicht nur der Kl&#228;gerin zu 1, sondern auch der Kl&#228;gerin zu 2 gem&#228;&#223; &#167; 42 Abs. 2 VwGO eine Klagebefugnis zu. Denn auch bei ihr steht aufgrund der Rechtsauffassung des Beklagten ihr Organrecht auf Unterrichtung bzw. Auskunft infrage (vgl. BVerwG. Beschl. v. 22.12.1988 - 7 B 208/87 -, NVwZ 1989, 470; VGH Bad.-W&#252;rtt., Urt. v. 25.03.1999 - 1 S 2059/98 -, VBlBW 1999, 304 = juris, Rn. 22). Jedenfalls durch die in der m&#252;ndlichen Verhandlung erweiterte Antragstellung ist das Klagebegehren beider Kl&#228;gerinnen von der Ablehnung des Antrags der Kl&#228;gerin zu 1 durch den Beklagten gel&#246;st worden und kommt es nicht mehr darauf an, ob sich die Kl&#228;gerin zu 2, um eine Klagebefugnis zu erhalten, dem urspr&#252;nglichen Antrag der Kl&#228;gerin zu 1 h&#228;tte anschlie&#223;en m&#252;ssen (so f&#252;r andere Fallgestaltungen VG Karlsruhe, Urt. v. 09.02.2017 - 9 K 933/16 -, juris, Rn. 19; VG Oldenburg, Beschl. v. 02.04.2004 - 2 B 1229/04 -, juris, Rn. 2; VG D&#252;sseldorf, Urt. v. 20.10.2017 - 1 K 8645/16 -, juris, Rn. 23, alle juris). Dementsprechend hat der Beklagte hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung die Klagebefugnis f&#252;r den ge&#228;nderten Klagantrag auch nicht mehr in Zweifel gezogen.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die Klagebefugnis fehlt den Kl&#228;gerinnen auch nicht deshalb, weil sie m&#246;glicherweise nicht nur Auskunft im Sinne von &#167; 24 Abs. 4 GemO, sondern Unterrichtung im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 GemO begehren und nicht Fraktionen, sondern (nur) Fraktionsgemeinschaften sind. Denn der Beklagte hat in der m&#252;ndlichen Verhandlung best&#228;tigt, dass in der Praxis der Kommunalverfassung der Stadt Fraktionsgemeinschaften dieses Organrecht zusteht.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>4. Schlie&#223;lich ist das Feststellungsinteresse (&#167; 43 Abs. 1 VwGO) der Kl&#228;gerinnen nicht zweifelhaft.</td></tr></table> <table><tr><td>II.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Die Klagen sind aber nicht begr&#252;ndet. Den Kl&#228;gerinnen steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Unterrichtung bzw. Auskunft &#252;ber die Stellenantr&#228;ge der Amtsleitungen bzw. Dezernenten in den jeweils laufenden Haushaltsberatungen zu.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>1. Ein entsprechender Anspruch scheitert allerdings noch nicht daran, dass eine Anfrage nach s&#228;mtlichen &#252;ber den Stellenplanentwurf hinausgehenden Stellenanmeldungen der Amtsleitungen und der Dezernate als Unterrichtung im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 GemO verstanden werden k&#246;nnte, auf die nicht einzelne Abgeordnete, sondern nur Fraktionen und die Gesamtheit eines Sechstels der Gemeinder&#228;te Anspruch haben. Einer Abgrenzung zur Auskunft gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 4 GemO (vgl. dazu VGH Bad.-W&#252;rtt., Urt. v. 30.03.1992 - 1 S 1762/91 -, BWGZ 1992, 472 = D&#214;V 1992, 838 = juris, sowie OVG Sachsen, Urt. v. 07.07.2015 - 4 A 12/14 - NVwZ-RR 2016, 193) bedarf es insoweit nicht, weil zul&#228;ssigerweise von Gemeinder&#228;ten gebildeten Fraktionsgemeinschaften - wie Fraktionen - unabh&#228;ngig von der Einhaltung des Quorums von einem Sechstel der der Gemeinder&#228;te jedenfalls dann ein Recht auf Unterrichtung &#252;ber Gemeindeangelegenheiten gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 GemO zusteht, wenn die Gesch&#228;ftsordnung des Gemeinderats bzw. ihre allgemeine Handhabung dies vorsieht. Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Gemeindeordnung eine entsprechende Gleichbehandlung von Fraktionen und Gemeinder&#228;ten in den Gemeinden verbieten w&#252;rde, hat die Kammer nicht. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zugang von Fraktionsgemeinschaften zu bestimmten Organrechten, die ein bestimmtes Quorum erfordern zur weiteren Minderung der Bedeutung dieser Einschr&#228;nkung f&#252;hrt; denn die Minderung der Bedeutung des Quorums f&#252;r einzelne Organrechte folgt schon daraus, dass der Gesetzgeber die (meisten) von der Einhaltung von Quoren abh&#228;ngigen Rechte auch den Fraktionen einr&#228;umt, die nach den Gesch&#228;ftsordnungen der Gemeinder&#228;te h&#228;ufig von nur drei, in kleineren Gemeinden auch von nur zwei Gemeinder&#228;ten gebildet werden k&#246;nnen (zur Kritik hieran vgl. LT-Drucks. 15/7265, Stellungnahme des St&#228;dtetags, Nr. 6; vgl. auch, noch weitergehend und nach Kritik von Kommunalverb&#228;nden gestrichenen, &#167; 32a Abs. 4 GemO-E im Entwurf - Stand: 30.01.2015 - eines Gesetzes zur &#196;nderung kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften, ver&#246;ffentlicht im Internet-Beteiligungsportal des Landes).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>23&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="23"/>2. Unstreitig ist auch, dass die Frage, wie hoch der Stellenbedarf der &#196;mter ist, eine Angelegenheit der Gemeinde im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 GemO betrifft.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>24&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="24"/>3. Die Informationsrechte von Gemeinder&#228;ten auf Unterrichtung und Auskunft durch den (Ober-)B&#252;rgermeister gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 und &#167; 24 Abs. 4 GemO umfassen aber nicht das Recht, von diesem die Standpunkte von Amtsleitern oder Dezernenten zu erfragen, die diese im verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess vertreten bzw. vertreten haben. Ein entsprechendes Auskunfts- oder Unterrichtungsrecht der Kl&#228;gerinnen besteht jedenfalls deshalb nicht, weil die Anspruchsberechtigten nach &#167; 24 Abs. 3 und 4 GemO grunds&#228;tzlich nur eine Unterrichtung oder Auskunft durch den (Ober-)B&#252;rgermeister verlangen k&#246;nnen. Dies schlie&#223;t nicht nur aus, dass sich Gemeinder&#228;te insoweit - ohne Einverst&#228;ndnis des (Ober-)B&#252;rgermeisters - unmittelbar an nachgeordnete Bedienstete der Gemeindeverwaltung wenden k&#246;nnen. Dies schlie&#223;t vielmehr auch aus, dass der (Ober-)B&#252;rgermeister verpflichtet ist, dar&#252;ber Auskunft zu geben, wie die ihm nachgeordneten Bediensteten der Gemeinde auf eine entsprechende Frage antworten w&#252;rden oder wie sie - hierauf richtet sich das Begehren der Kl&#228;gerinnen hier - gemeindeintern in der Vergangenheit eine solche Frage beantwortet haben. Dies mag eine Auspr&#228;gung des in der baden-w&#252;rttembergischen Gemeindeordnung nicht geregelten, aber in verschiedenen Zusammenh&#228;ngen betonten Grundsatzes der Einheitlichkeit der Verwaltung sein (vgl. etwa VG M&#252;nster, Urt. v. 06.05.2011 - 1 K 508/10 -, NVwZ-RR 2011, 741; VG Potsdam, Beschl. v. 19.11.1997 - 2 L 1202/97 -; &#167; 52 Abs. 1 nw GemO), folgt aber jedenfalls unmittelbar schon aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften und im &#220;brigen auch aus einer Gesamtschau der gemeinder&#228;tlichen Informationsrechte.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>25&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="25"/>Zu Recht weist der Beklagte in diesem Zusammenhang auch auf &#167; 33 Abs. 2 Halbs. 2 GemO hin. Nach dieser Vorschrift muss der (Ober-)B&#252;rgermeister bzw. Vorsitzende des Gemeinderats auf Verlangen des (ganzen) Gemeinderats einen Bediensteten zu sachverst&#228;ndigen Ausk&#252;nften hinzuziehen. Dabei macht der Umstand, dass ein solches Befragungsrecht allein auf sachverst&#228;ndige Ausk&#252;nfte gerichtet ist, und der Umstand, dass ein entsprechendes Recht nur dem ganzen Gemeinderat zusteht, deutlich, dass der Gesetzgeber im Verh&#228;ltnis von Gemeinderat zu (Ober-)B&#252;rgermeister letzteren davor sch&#252;tzen will, in einen (fachlichen) Gegensatz zu den nachgeordneten Bediensteten der Verwaltung zu geraten. &#220;berdies ist anerkannt, dass nachgeordnete Bedienstete der Gemeindeverwaltung bei der Beantwortung entsprechender Fragen weisungsgebunden sind (OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 31.07.2009 - 4 O 127/09 -; VG Magdeburg, Beschl. v. 09.11.2015 - 9 B 745/15 -; VG Meiningen, Beschl. v. 14.04.2015 - 2 K 286/14 -, alle juris).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>26&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="26"/>Dieses vom Wortlaut der Vorschriften vorgegebene Verst&#228;ndnis entspricht der starken Stellung, welche die Gemeindeverfassung nach der baden-w&#252;rttembergischen Gemeindeordnung dem (Ober-)B&#252;rgermeister als Leiter der Gemeindeverwaltung (&#167; 44 Abs. 1 GemO) gegen&#252;ber dem Gemeinderat einr&#228;umt. Diese Stellung w&#228;re beeintr&#228;chtigt, wenn der (Ober-)B&#252;rgermeister verpflichtet w&#228;re, mittels des Rechts auf Unterrichtung oder Auskunft den Gemeinder&#228;ten Einblick in den verwaltungsinternen Meinungsbildungsprozess zu geben. Denn schon die Offenlegung einer Meinungsverschiedenheit mit einer nachgeordneten Leitungsebene in der Verwaltung k&#246;nnte ggf. die jeweilige &#220;berzeugungskraft des (Ober-)B&#252;rgermeisters in einzelnen Fragen gegen&#252;ber dem Gemeinderat schw&#228;chen, erst Recht best&#252;nde eine solche M&#246;glichkeit, wenn der (Ober-)B&#252;rgermeister folgerichtig auch gezwungen w&#228;re, auf weitere Nachfragen jeweils die abweichende Meinung der nachgeordneten Verwaltungsebene zu erl&#228;utern.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>27&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="27"/>Dass der (Ober-)B&#252;rgermeister somit nicht zur Meinung der nachgeordneten Bediensteten der Gemeindeverwaltung befragt werden kann, gilt allgemein und damit auch f&#252;r das Klageziel der Kl&#228;gerinnen, Auskunft oder Unterrichtung &#252;ber (zus&#228;tzliche) Stellenforderungen der Amtsleitungen und Dezernate zu erhalten, um ihr Organrecht, den Gemeindehaushalt zu beraten und zu beschlie&#223;en, sachgem&#228;&#223; aus&#252;ben zu k&#246;nnen. Insoweit erscheint es der Kammer zwar nicht als zweifelhaft, dass die geforderte Unterrichtung bzw. Auskunft f&#252;r den Gemeinderat hilfreich w&#228;re, den vom (Ober-)B&#252;rgermeister vorgelegten Haushaltsplanentwurf kritisch zu w&#252;rdigen und ggf. - auch nach Einholung weiterer Ausk&#252;nfte zu evtl. gegebenen Defiziten bei der Ausstattung mit Stellen in einzelnen Bereichen - die Notwendigkeit von &#196;nderungsantr&#228;gen zu begr&#252;nden. Dagegen l&#228;sst sich wohl auch nicht einwenden, dass der Gemeinderat mit der Haushaltssatzung auch den Stellenplan beschlie&#223;t (&#167; 80 Abs. 1 Satz 4, &#167; 57 GemO, &#167; 5 GemHVO), der von ihm beschlossene Stellenplan aber nicht die Aufteilung der Stellen auf die Teilhaushalte umfasst, weil die insoweit vorgesehene Verteilung dem Stellenplan nur nachrichtlich beigef&#252;gt wird (&#167; 5 Abs. 1 Satz 4 GemHVO, vgl. auch Anlage 11 zu &#167; 5 GemHVO, Teil C). Denn aus dieser &#220;bersicht ergibt sich jedenfalls, wie sich die Gesamtzahl der Stellen nach der Vorstellung des (Ober-)B&#252;rgermeisters auf die Teilbereiche verteilt und lassen sich daraus ggf. Hinweise daf&#252;r gewinnen, ob der Gemeinderat zus&#228;tzliche Stellen in den Stellenplan aufnehmen sollte, ggf. unter Verzicht auf andere Ausgaben. Auch haben die Kl&#228;gerinnen in der m&#252;ndlichen Verhandlung wohl mit Recht darauf hingewiesen, dass jedenfalls die abschlie&#223;ende Meinung der Amtsleitungen oder Dezernenten zur Erforderlichkeit von (zus&#228;tzlichen) Stellen im Allgemeinen sehr stark von objektiven Gegebenheiten und weniger von subjektiven Einsch&#228;tzungen gepr&#228;gt sein d&#252;rfte. Dies alles &#228;ndert aber nichts daran, dass es letztlich dem (Ober-)B&#252;rgermeister in seiner Gesamtverantwortung obliegt, gegen&#252;ber dem Gemeinderat eine einheitliche Auffassung der Verwaltung zur Notwendigkeit von Stellen zu vertreten, mit der er die Teil- Stellenw&#252;nsche der Amtsleitungen und Dezernate abschlie&#223;end bewertet und in einen Ausgleich gebracht hat.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>28&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="28"/>Diese Auslegung von &#167; 24 Abs. 3 Satz 1 und &#167; 24 Abs. 4 GemO wird auch dadurch gest&#252;tzt, dass das Interesse der Verwaltung, ihre interne Willensbildung vor Preisgabe zu sch&#252;tzen, auch sonst anerkannt ist (vgl. im Informationsfreiheitsrecht etwa &#167; 28 Abs. 2 Nr. 2 UVwG, &#167; 8 UIG und dazu VGH Bad.-W&#252;rtt., Urt. v. 29.06.2017 - 10 S 436/15 -, Rn. 40; ferner &#167; 3 Nr. 3 IFG und &#167; 4 Abs. 1 Nr. 6 LIFG; vgl. auch, zum Recht von Bundestagsabgeordneten, die Regierung zu befragen, BVerfG, Urt. v. 07.11.2017 - 2 BVerfGE 2/11 -, BVerfGE 147, 50 = NVwZ 2018, 51 = juris, Rn. 227 ff.).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>29&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="29"/>Die gefundene Auslegung f&#252;gt sich schlie&#223;lich auch in die Systematik der Informationsrechte des Gemeinderats ein. Denn neben dem Auskunfts- und dem Unterrichtungsrecht steht dem Gemeinderat ein Akteneinsichtsrecht gegen&#252;ber dem (Ober-)B&#252;rgermeister gem&#228;&#223; &#167; 24 Abs. 3 Satz 2 GemO zu. Dieses erlaubt &#252;ber die Unterrichtung von Entscheidungen und Sachverhalten hinaus den Einblick in die verwaltungsinternen Abstimmungs-, Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse, soweit sie verschriftlich und nach den Grunds&#228;tzen geordneter Aktenf&#252;hrung, ggf. auch der gemeindlichen Aktenordnung, verschriftlicht (bzw. bei elektronischer Aktenf&#252;hrung gespeichert) und Bestandteil von Akten geworden sind. Wegen dieses besonders umfassenden Einblicks setzt das Recht des Gemeinderats auf Akteneinsicht aber voraus, dass es von einem Viertel des Gemeinderats geltend gemacht wird. Die Regelung eines eigenen Akteneinsichtsrechts und die Festsetzung unterschiedlich hoher Quoren legen eine Differenzierung der Reichweite des jeweiligen Informationsrechts gegen&#252;ber dem (Ober-)B&#252;rgermeister nahe. Ob eine Wahrnehmung dieses Rechts dem hier gegebenen Informationsinteresse der Kl&#228;gerinnen dienen w&#252;rde, es ggf. aus den obenstehenden &#220;berlegungen zumindest bis zur Entscheidung des (Ober-)B&#252;rgermeisters &#252;ber die Einbringung des Haushaltsplanentwurfs zu beschr&#228;nken w&#228;re und ob &#252;berhaupt und ggf. in welchem Umfang die Stellenanmeldungen der oberen Fachebenen der Verwaltung Bestandteil von Akten im Sinne von &#167; 24 Abs. 3 Satz 2 GemO sind (was der Beklagte f&#252;r die Akten der f&#252;r den Haushaltsentwurf verantwortlichen Stadtk&#228;mmerei verneint hat, jedenfalls f&#252;r die Akten der Amtsleitungen und Dezernate aber offen ist), ist im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>30&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="30"/>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 159 Satz 1 VwGO i.V.m. &#167; 100 Abs. 1 ZPO.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>31&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="31"/>Die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof Baden-W&#252;rttemberg ist gem&#228;&#223; &#167; 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen; denn die Frage, ob Fraktionsgemeinschaften ein Unterrichtungs- oder Auskunftsrecht &#252;ber die (zus&#228;tzlichen) Stellenforderungen nachgeordneter Stellen der Gemeindeverwaltung haben, hat grunds&#228;tzliche Bedeutung (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>32&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="32"/><strong>Beschluss vom 16.01.2019</strong></td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>33&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="33"/>Der Streitwert wird auf 20.000 EUR festgesetzt.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>34&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="34"/><strong>Gr&#252;nde</strong></td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>35&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="35"/>Bei Kommunalverfassungsstreitigkeiten wird der Streit allgemein gem&#228;&#223; &#167; 52 Abs. 1 GKG mit 10.000,- EUR bemessen (vgl. Nr. 22.7 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschl. v. 18.10.2010 - 1 S 2029/10 -, juris, Rn. 14; anders allerdings VGH-Bad.-W&#252;rtt., Beschl. v. 20.11.2018 - 1 S 1824/18 -, juris, Rn. 63 ohne weitere Begr&#252;ndung). Verfolgen wie hier mehrere Kl&#228;ger in einem Verfahren das gleiche Ziel, sind die Werte der einzelnen Klagen dennoch gem&#228;&#223; &#167; 39 Abs. 1 GKG zu addieren, es sei denn, sie begehren oder bek&#228;mpfen eine Ma&#223;nahme als Rechtsgemeinschaft (vgl. Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs); dies ist hier nicht der Fall.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>36&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="36"/>Wegen der Beschwerdem&#246;glichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf &#167; 68 Abs. 1 GKG verwiesen.</td></tr></table> </td></tr></table>
180,219
lsgmv-2019-01-09-l-14-as-52413
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L 14 AS 524/13
2019-01-09T00:00:00
2019-02-07T14:18:19
2019-02-12T13:33:23
Urteil
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 22. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Au&#223;ergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">Die Revision wird nicht zugelassen.</p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Tatbestand</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beteiligten streiten &#252;ber einen Leistungsanspruch der Kl&#228;gerinnen nach dem SGB II im Monat Mai 2011, insbesondere im Hinblick auf die &#220;bernahme einer in diesem Monat f&#228;llig gewordenen Heizkostennachzahlung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Die im Juni 2005, September 2006 und Oktober 2008 geborenen Kl&#228;gerinnen lebten gemeinsam mit ihrer nicht erwerbst&#228;tigen Mutter. Von September 2009 bis Januar 2011 bewohnten sie eine 85,78 m&#178; gro&#223;en Mietwohnung in A-Stadt (Bahnhofstra&#223;e 4) und bezogen vom Beklagten Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Bis zu dessen Auszug am 25. Januar 2010 geh&#246;rte auch der seinerzeitige Partner der Mutter der Kl&#228;gerinnen zu der Bedarfsgemeinschaft. An Heizkosten gew&#228;hrte der Beklagte entsprechend den Abschlagsforderungen des seinerzeitigen Vermieters und nach Abzug der Pauschalen f&#252;r Warmwasserbereitung 74,11 Euro f&#252;r Januar, 78,28 Euro monatlich f&#252;r Februar bis Mai und 138,96 Euro f&#252;r Juni bis Dezember 2010.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Am 06. Januar 2011 zogen die Kl&#228;gerinnen und ihre Mutter nach Kostensenkungsaufforderung und mit Zustimmung des Beklagten in eine andere, ca. 75 m&#178; gro&#223;e Wohnung (P-Stra&#223;e 13, A-Stadt). F&#252;r diese war eine monatliche Netto-Kaltmiete in H&#246;he von 313,00 Euro, ein monatlicher Betriebskostenvorschuss in H&#246;he von 60,00 Euro und ein monatlicher Heizkostenvorschuss in H&#246;he von 82,00 Euro zu entrichten, insgesamt monatlich 455,00 Euro.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 bewilligte der Beklagte der Mutter der Kl&#228;gerinnen auf ihren Antrag f&#252;r den Zeitraum 01. Januar bis 30. Juni 2011 erneut Grundsicherungsleistungen. Ein individueller Leistungsanspruch der Kl&#228;gerinnen ergab sich nach den Berechnungen des Beklagten im Hinblick auf &#252;berschie&#223;endes Einkommen nicht. Die drei Kl&#228;gerinnen verf&#252;gten &#252;ber jeweils 133 Euro monatlichen Unterhaltsvorschuss, 82,33 Euro monatliches Wohngeld (Kl&#228;gerin zu 3: 82,34 Euro) und monatliches Kindergeld in H&#246;he von 184 Euro (Kl&#228;gerin zu 3: 190 Euro). Der urspr&#252;nglich vorgenommene Abzug der Warmwasserpauschale entfiel im Rahmen sp&#228;terer &#196;nderungsbescheide (vom 26. M&#228;rz und 12. Mai 2011), sodass der Mutter der Kl&#228;gerinnen letztlich f&#252;r den Monat Mai 2011 ein Betrag in H&#246;he von 427,00 Euro bewilligt wurde. Ein eigener Leistungsanspruch der Kl&#228;gerinnen wurde weiterhin nicht angenommen, da deren o.g. Einkommen (399,33 Euro bzw. 405,34 Euro) ihren Gesamtbedarf in H&#246;he von 328,75 Euro (215,00 Euro Sozialgeld, 113,75 Euro anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung) &#252;berstieg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Den am 23. Januar 2011 seitens der Kl&#228;gerinnen und ihrer Mutter erhobenen Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2011 (W157/11) als unbegr&#252;ndet zur&#252;ck. Als zustehender Leistungsanspruch der Mutter der Kl&#228;gerinnen wurde hierin f&#252;r Mai 2011 ein Betrag in H&#246;he von insgesamt 421,00 Euro errechnet. Die bewilligten Leistungen seien wegen einer falschen Kindergeldanrechnung rechtswidrig zu hoch gewesen, aus Vertrauensschutzgr&#252;nden werde eine R&#252;ckforderung nicht geltend gemacht. Hinsichtlich der Kl&#228;gerinnen legte die Beklagte im Einzelnen dar, dass das jeweilige Einkommen den Bedarf &#252;bersteige, weshalb sich kein eigener Anspruch ergebe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Hiergegen haben allein die Kl&#228;gerinnen am 25. Juli 2011 bei dem Sozialgericht Neubrandenburg Klage erhoben. Zur Begr&#252;ndung haben sie schlie&#223;lich vorgetragen, es seien im Hinblick auf eine Nebenkostennachforderung f&#252;r das Jahr 2010 h&#246;here Leistungen f&#252;r Mai 2011 zu zahlen. Ausweislich der vorgelegten Abrechnung der Vermieterin vom 04. April 2011 wurde eine Heizkostennachforderung in H&#246;he von 690,35 Euro (Gesamtkosten 2.239,84 Euro abzgl. Vorauszahlungen in H&#246;he von 1.549,49 Euro) sowie eine Betriebskostennachforderung in H&#246;he von 164,03 Euro f&#252;r das Jahr 2010 geltend gemacht, jeweils f&#228;llig am 01. Mai 2011. Nach der Anlage zur Nebenkostenabrechnung betrug der Anteil der Wohnfl&#228;che der Wohnung der Kl&#228;gerinnen an der Gesamtwohnfl&#228;che ca. 13,6 % (85,78 m&#178; von insgesamt 630,96 m&#178; Wohnfl&#228;che des mit einer Gaszentralheizung beheizten Geb&#228;udes), w&#228;hrend die auf die Wohnung der Kl&#228;gerinnen entfallenden W&#228;rmez&#228;hlereinheiten ca. 27,6 % ausmachten (22.332,16 von insgesamt 81.038,65 Einheiten). Wegen der nach der Heizkostenverordnung vorzunehmenden Verteilung (70 % nach Verbrauch, 30 % nach Wohnfl&#228;che) machte der Anteil der Wohnung der Kl&#228;gerin an den Heizkosten (ohne Warmwasser) hingegen 23,5 % aus. Unter Ber&#252;cksichtigung auch der Warmwasser-Kosten betrug der Anteil ca. 23,2 %.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Der Beklagte anerkannte die Betriebskostennachzahlung mit Bescheid vom 24. Juni 2011 (wohl versehentlich mit 167,03 Euro statt mit den von der Vermieterin geltend gemachten 164,03 Euro), ber&#252;cksichtigte f&#252;r den Monat Juni 2011 einen entsprechend h&#246;heren Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft und brachte den Betrag unmittelbar an die Vermieterin zur Auszahlung. Die &#220;bernahme der Heizkostennachzahlung lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid vom 24. Juni 2011 hingegen wegen Unangemessenheit vollst&#228;ndig ab. Einem hiergegen erhobenen Widerspruch half er mit Widerspruchsbescheid vom 06. Oktober 2011 (W 1103/11) in H&#246;he von 148,58 Euro teilweise ab; im &#220;brigen wies er den Widerspruch zur&#252;ck. Eine Umsetzung dieser Entscheidung erfolgte durch schlichte &#220;berweisung des Betrages an die Mutter der Kl&#228;gerinnen, ohne dass (f&#252;r Mai oder f&#252;r Juni 2011) eine gesonderte Leistungsberechnung erfolgt w&#228;re. Ein gegen den vorgenannten Widerspruchsbescheid gerichtetes weiteres Klageverfahren (Sozialgericht Neubrandenburg &#8211; S 14 AS 2598/11) haben die Beteiligten wegen der Identit&#228;t des Leistungsbegehrens mit dem vorliegenden Verfahren f&#252;r erledigt erkl&#228;rt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;ger haben im vorliegenden Verfahren beantragt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Die Beklagte wird unter Ab&#228;nderung des Bescheides vom 27. Dezember 2010 in der Fassung seiner &#196;nderungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Juni 2011 (Az. W 157/11) verpflichtet, den Kl&#228;gern f&#252;r den Monat Mai 2011 Leistungen nach dem SGB II in der gesetzlichen H&#246;he zu bewilligen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hat beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Er hat darauf hingewiesen, es liege ein offensichtlich unwirtschaftliches Heizverhalten vor. Die tats&#228;chlichen Heizkosten &#252;berstiegen den Grenzwert nach dem bundesweiten Heizkostenspiegel 2011 f&#252;r das Abrechnungsjahr 2010 deutlich (2.239,84 Euro zu 1.386 Euro). Die Bereinigung der tats&#228;chlichen Kosten auch um die Kosten der Warmwasseraufbereitung k&#246;nne wegen der H&#246;he des &#252;bersteigenden Betrages dahinstehen. Besonderheiten, die einen derartig hohen Heizverbrauch erkl&#228;ren k&#246;nnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch das Alter der Kinder (5, 4 und 2 Jahre) rechtfertige keine derartige &#220;berschreitung des Grenzwertes, es habe sich nicht mehr um Kleinkinder gehandelt. Der Beklagte habe Heizkosten bis zur Angemessenheitsgrenze von 1.386 Euro &#252;bernommen. Zus&#228;tzlich zu den laufenden Vorauszahlungen seien im Vorverfahren von der Heizkostennachforderung weitere 148,58 Euro &#252;bernommen worden, mithin insgesamt sogar zu viel. Einer Kostensenkungsaufforderung habe es auch unter Ber&#252;cksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht bedurft. Lediglich im Rahmen der Zumutbarkeitspr&#252;fung seien Kostensenkungsaufforderungen als Information gegen&#252;ber dem Hilfebed&#252;rftigen mit Aufkl&#228;rungs- und Warnfunktion von Bedeutung. In den F&#228;llen eines unangemessenen Heizverhaltens sei eine solche Kostensenkungsaufforderung entbehrlich. Auch sei dem Beklagten ein fr&#252;herer Hinweis gar nicht m&#246;glich gewesen, da er erst im April 2011 mit Einreichung der Nebenkostenabrechnung Kenntnis von den unangemessenen Heizkosten erlangt habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2013 stattgegeben und den Beklagten verurteilt, &#8222;den Kl&#228;gern Leistungen f&#252;r den Monat Mai 2011 nach dem SGB II in gesetzlicher H&#246;he zu bewilligen. Hierbei hat er die im Mai f&#228;llige Nachzahlung f&#252;r die Heizkosten i. H. v. 690,35 &#8364; als angemessene Kosten der Heizung zu ber&#252;cksichtigen.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung hat das Sozialgericht ausgef&#252;hrt, zwar seien die Heizkosten objektiv nicht angemessen, sondern deutlich zu hoch. Der H&#246;chstwert nach dem Heizkostenspiegel werde um circa 58 % &#252;berschritten, was unwirtschaftliches Heizen vermuten lasse. Diese Vermutung h&#228;tten die Kl&#228;gerinnen auch nicht entkr&#228;ften k&#246;nnen. Gleichwohl sei die Heizkostennachforderung vollumf&#228;nglich zu &#252;bernehmen, da es den Kl&#228;gerinnen nicht m&#246;glich gewesen sei, ihr Heizverhalten anzupassen. Es mangele an einer Kostensenkungsaufforderung. Es stehe auch nicht fest, dass die Kl&#228;gerinnen auf anderem Wege Kenntnis von der Unangemessenheit der Heizkosten h&#228;tten erlangen k&#246;nnen. Zwar sei die objektive deutliche &#220;berschreitung des angemessenen Verbrauchs ein gewichtiges Indiz f&#252;r die Kenntnis oder grob fahrl&#228;ssige Unkenntnis von der Unangemessenheit des Energieverbrauchs, doch f&#252;r sich nicht ausreichend. Andere Indizien habe es nicht gegeben. Der vage Vortrag der Mutter der Kl&#228;gerinnen zum Heizverhalten gen&#252;ge als weiteres Indiz nicht. Es best&#252;nden auch keine Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Kl&#228;gerinnen in der Vergangenheit bereits unangemessene Heizkosten verursacht h&#228;tten und aufgrund dessen h&#228;tten vorgewarnt sein m&#252;ssen. Die Berufung werde zugelassen, da die Klage besondere Schwierigkeiten tats&#228;chlicher Art aufweise.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hat gegen das ihm am 08. November 2013 zugestellte Urteil am 06. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Zur Begr&#252;ndung verweist er auf das deutliche &#220;berschreiten des Grenzwertes, der unangemessenes Heizen indiziere. Auch habe die Mutter der Kl&#228;gerinnen im Termin ausgesagt, sie habe f&#252;r alle ihre bisher bewohnten Wohnungen hohe Heizkostennachforderungen erhalten und k&#246;nne sich das nicht erkl&#228;ren. Diese Aussage lasse den Schluss zu, dass es sehr wohl das Heizverhalten der Mutter der Kl&#228;gerinnen sei und nicht der bauliche Zustand der bisherigen Wohnung Ursache f&#252;r die hohen Nachforderungen sein k&#246;nne. Der Beklagte vertrete nach wie vor die Auffassung, dass in einem solchen Falle des objektiven unwirtschaftlichen Heizkostenverhaltens eine vorherige Kostensenkungsaufforderung entbehrlich sei. Das Sozialgericht habe sich trotz Hinweises des Beklagten nicht mit entsprechender Rechtsprechung des 10. Senats des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern auseinandergesetzt. Von einem Leistungsberechtigten nach dem SGB II k&#246;nne nichts anderes erwarten werden als von einem Nichtleistungsberechtigten, der seine Heizkosten aus seinem eigenen Einkommen finanzieren m&#252;sse. Gerade beim Umzug in eine neue Wohnung, bei dem er die Kosten mangels Erfahrungswerten schlecht einsch&#228;tzen k&#246;nne, sei ein vorsichtiger Umgang mit den Heizkosten zu verlangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der Beklagte beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">das Urteil des SG Neubrandenburg vom 22. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerinnen beantragen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">die Berufung des Beklagten zur&#252;ckzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Sie verweisen auf die fehlende vorherige Kostensenkungsaufforderung. Selbst wenn eine solche entbehrlich sei, seien die Kosten jedenfalls nicht unangemessen. Sie machen die Verfassungswidrigkeit des &#167; 22 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II geltend. Der unbestimmte Rechtsbegriff der &#8222;angemessenen Kosten&#8220; lasse sich nicht verfassungsm&#228;&#223;ig auslegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Der f&#252;r das Verfahren urspr&#252;nglich zust&#228;ndig gewesene 10. Senat des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat das angegriffene Urteil mit Urteil vom 25. Januar 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kl&#228;gerinnen hat das Bundessozialgericht (B 14 AS 157/17 B) dieses Urteil mit Beschluss vom 25. April 2018 wegen falscher Besetzung des Senats aufgehoben und die Sache an das Landessozialgericht zur&#252;ckverwiesen. Der Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerinnen ist vom nunmehr zust&#228;ndigen erkennenden Senat des Landessozialgerichts Gelegenheit gegeben worden, erg&#228;nzend vorzutragen. Hiervon hat sie keinen Gebrauch gemacht, sondern lediglich im Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung erneut auf die nach ihrer Auffassung bestehende Erforderlichkeit einer Kostensenkungsaufforderung hingewiesen. Der Beklagte hat seinen bisherigen Vortrag unter nochmaligem Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 19. September 2008, B 14 AS 54/07 R, wiederholt.</p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Entscheidungsgr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Die zul&#228;ssige Berufung ist auch begr&#252;ndet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten verletzen die Kl&#228;gerinnen nicht in ihren Rechten. Ihnen steht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kein Leistungsanspruch f&#252;r den Monat Mai 2011 zu, da ihr jeweiliges Einkommen ausreichte, ihren Bedarf zu decken. Die vom Sozialgericht im Wege eines Grundurteils ausgesprochene Leistungsverpflichtung des Beklagten war daher aufzuheben und die Klagen der Kl&#228;gerinnen abzuweisen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Mit dem angegriffenen Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 ist den Kl&#228;gerinnen jeweils kein eigener Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zuerkannt worden. Der Beklagte hat hierbei (jedenfalls zun&#228;chst zutreffend) den individuellen Bedarfen der Kl&#228;gerinnen in H&#246;he von insgesamt 328,75 Euro (215 Euro Sozialgeld, 113,75 Euro kopfteilige Kosten der Unterkunft und Heizung f&#252;r die aktuell bewohnte Wohnung) deren Einkommen aus Unterhaltsvorschuss, Wohngeld und Kindergeld in H&#246;he von 399,33 Euro bzw. 405,34 Euro gegen&#252;ber gestellt. Alle Sozialleistungen waren als Einkommen bei den minderj&#228;hrigen Kl&#228;gerinnen unabh&#228;ngig davon zu ber&#252;cksichtigen, ob ihnen diese pers&#246;nlich oder ihrer Mutter gew&#228;hrt wurden. Dies folgt f&#252;r das der Mutter gew&#228;hrte Kindergeld aus &#167; 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 05. Dezember 2006 (nunmehr Satz 5 der Norm), w&#228;hrend Berechtigte des Anspruchs auf Unterhaltsvorschuss gem&#228;&#223; &#167; 1 Abs. 1 Unterhaltsvorschussgesetz ohnehin die minderj&#228;hrigen Kl&#228;gerinnen selbst waren. Inhaber des Anspruchs auf das hier bezogene sog. Kinderwohngeld (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 &#8211; B 14 AS 37/17 R &#8211; Rn. 16 f.) ist zwar nach der Konzeption des Wohngeldgesetzes (WoGG) grunds&#228;tzlich der Wohnungsmieter, &#167; 1 Abs. 2 Alt. 1 WoGG, hier also die Mutter der Kl&#228;gerinnen. Grundsicherungsrechtlich ist das Kinderwohngeld gleichwohl als Einkommen des Kindes anzusehen, f&#252;r das es gew&#228;hrt wird, da &#167; 40 WoGG in der seit 2009 geltenden Fassung ausdr&#252;cklich anordnet, dass das einer vom Wohngeld ausgeschlossenen wohngeldberechtigten Person bewilligte Wohngeld bei Sozialleistungen nicht als deren Einkommen zu ber&#252;cksichtigen ist, sodass nur eine Anrechnung auf den Bedarf der Kinder als Einnahme in Geld im Sinne von &#167; 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Betracht kommt (BSG, a.a.O., Rn. 20 ff., Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31. August 2017 &#8211; L 20 AS 1182/15).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Bei Erlass des Bewilligungsbescheides f&#252;r das erste Halbjahr 2011 vom 27. Dezember 2010 ist der Beklagte mithin zutreffend davon ausgegangen, dass das Einkommen der Kl&#228;gerinnen ihren grundsicherungsrechtlichen Bedarf um ca. 70 Euro monatlich &#252;bertrifft, sodass sich (nach Abzug dieses Einkommens&#252;berschusses der Kinder aus Kindergeld) lediglich f&#252;r deren Mutter ein Individualanspruch ergab. Auch aus der im Monat Mai 2011 f&#228;llig gewordenen Nebenkostenabrechnung f&#252;r das Jahr 2010 vom 04. April 2011 folgt kein Anspruch der Kl&#228;gerinnen auf &#196;nderung des vorgenannten Bescheides. Zwar ist gem&#228;&#223; &#167; 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, mit Wirkung f&#252;r die Zukunft aufzuheben, soweit in den tats&#228;chlichen oder rechtlichen Verh&#228;ltnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche &#196;nderung eintritt. Ob eine &#196;nderung der Verh&#228;ltnisse wesentlich ist, richtet sich dabei allein nach dem Verf&#252;gungssatz des ma&#223;geblichen Verwaltungsaktes. Nur wenn dieser anders h&#228;tte lauten m&#252;ssen, w&#228;re die &#196;nderung bereits vor dem Erlasszeitpunkt eingetreten, ist Wesentlichkeit im Sinne von &#167; 48 Abs. 1 SGB X anzunehmen. Dabei ist im Falle einer Mehrheit von Adressaten des in Rede stehenden Verwaltungsaktes allein auf den den jeweiligen Adressaten betreffenden Verf&#252;gungssatz abzustellen. Da vorliegend allein die minderj&#228;hrigen Kl&#228;gerinnen den Widerspruchsbescheid vom 21. Juni 2011 und damit den Bewilligungsbescheid vom 27. Dezember 2010 zur &#220;berpr&#252;fung des Gerichts gestellt haben, ist er gegen&#252;ber der Mutter der Kl&#228;gerinnen bestandskr&#228;ftig geworden. Ein Erfolg der Klage setzt mithin voraus, dass die &#196;nderung (F&#228;lligkeit der Nebenkostenabrechnung) zu einem eigenen Anspruch der Kl&#228;gerinnen gef&#252;hrt hat, w&#228;hrend eine (blo&#223;e) Erh&#246;hung des Leistungsanspruchs deren Mutter der Klage nicht zum Erfolg verhelfen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Ein eigener Anspruch der Kl&#228;gerinnen ergibt sich jedoch nicht, selbst wenn man davon ausgeht, dass die im Mai 2011 zu ber&#252;cksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung um die Nachforderung f&#252;r (kalte) Betriebskosten aus 2010 (kopfteilig) zu erh&#246;hen sind, obschon die vermieterseits geltend gemachten 164,03 Euro vom Beklagten bereits an den Vermieter ausgezahlt und lediglich bescheidm&#228;&#223;ig im (falschen) Monat Juni 2011 ber&#252;cksichtigt worden sind; hierdurch verringerte sich lediglich der Einkommens&#252;berschuss der Kl&#228;gerinnen auf ca. 30 Euro. Denn weitere Forderungen der ehemaligen Vermieterin waren jedenfalls nicht anspruchserh&#246;hend zu ber&#252;cksichtigen. Insbesondere bestand kein Anspruch auf Ber&#252;cksichtigung der Nachzahlung f&#252;r im Jahr 2010 entstandene Heizkosten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Ein solcher Anspruch ist allerdings nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Kl&#228;gerinnen die Wohnung, f&#252;r welche die Abrechnung erstellt wurde, im F&#228;lligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnt haben, da es sich hier um einen Umzug w&#228;hrend des Leistungsbezugs in Erf&#252;llung einer Kostensenkungsobliegenheit nach Aufforderung durch den Leistungstr&#228;ger (&#167; 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) gehandelt hat und die Heizkosten auch w&#228;hrend des Leistungsbezuges verursacht worden sind, vgl. BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 &#8211; B 14 AS 40/14 R &#8211; Rn. 21 in Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011 &#8211; B 4 AS 9/11 R. Die mithin grunds&#228;tzlich m&#246;gliche Ber&#252;cksichtigung auch der Heizkostennachforderung bei den Bedarfen f&#252;r Unterkunft und Heizung im Mai 2011 scheidet aber deshalb aus, weil gem&#228;&#223; &#167; 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Anspruch hierauf nur insoweit besteht, wie diese angemessen sind.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Der Beklagte hatte in 2010 (nach Abzug der seinerzeit noch anzusetzenden Warmwasserpauschalen) bereits insgesamt 1.359,95 Euro auf die Heizkosten der Bedarfsgemeinschaft der Kl&#228;gerinnen gezahlt. F&#252;r einen Leistungsanspruch der Kl&#228;gerinnen zu 1. und 2. im allein streitigen Monat Mai 2011 w&#228;re zu verlangen, dass wenigstens 1.478,26 Euro (entsprechend einer Nachzahlung in H&#246;he von wenigstens 118,31 Euro) als angemessene Heizkosten zu beanspruchen sind. Hinsichtlich der Kl&#228;gerin zu 3., die &#252;ber ein um 6,01 Euro h&#246;heres Einkommen verf&#252;gte, errechnet sich ein entsprechend noch h&#246;herer Betrag (Nachzahlung in H&#246;he von 124,35 Euro). Als angemessener Heizkostenbedarf f&#252;r das Jahr 2010 k&#246;nnen jedoch keinesfalls mehr als 1.386 Euro ber&#252;cksichtigt werden. Dieser Betrag errechnet sich, wenn man die f&#252;r einen Vier-Personen-Haushalt maximal angemessen Wohnfl&#228;che von 90 m&#178; und den sich aus dem bundesweiten Heizspiegel f&#252;r 2010 (in Ermangelung eines kommunalen Heizspiegels) ergebenden Maximalwert von 15,40 Euro je m&#178; (gasbeheiztes Geb&#228;ude mit Wohnfl&#228;che zwischen 501 und 1000 m&#178;) ber&#252;cksichtigt. Dabei l&#228;sst der Senat zugunsten der Kl&#228;gerinnen au&#223;er Betracht, dass weitere 164,03 Euro Betriebskostennachforderung vom Beklagten bereits &#252;bernommen und lediglich im falschen Monat in die Leistungsberechnung eingestellt worden sind, dass die tats&#228;chliche Wohnfl&#228;che nicht 90, sondern lediglich knapp 86 m&#178; betragen hat und dass der bundesweite Heizspiegel 2011 (f&#252;r das Jahr 2010) erst im September 2011 ver&#246;ffentlicht worden sein d&#252;rfte (so jedenfalls das Erstelldatum des im Internet unter https://www.heizspiegel.de/heizkosten-pruefen/heizspiegel/ ver&#246;ffentlichten PDF-Dokuments), w&#228;hrend sich nach dem Heizspiegel f&#252;r das Vorjahr nur ein Maximalwert von 1.332 Euro ergeben w&#252;rde. Unber&#252;cksichtigt bleibt schlie&#223;lich der im Zuge des Vorverfahrens &#8222;anerkannte&#8220; und zur Auszahlung gebrachte, nicht jedoch in die Leistungsberechnung f&#252;r einen konkreten Monat eingestellte weitere Betrag in H&#246;he von 148,58 Euro.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Die auf die (ehemalige) Wohnung der Kl&#228;gerinnen entfallenen Heizkosten lagen mit 1.979,99 Euro (ohne Warmwasserkosten) um 49 % bzw. 43 % und damit weit &#252;ber den nach Heizspiegel (2010 bzw. 2011) maximal zu erwartenden Werten. Sie &#252;berstiegen zudem die durchschnittlichen Kosten des Rests des von den Kl&#228;gerinnen seinerzeit bewohnten 8-Parteien-Miethauses um mehr als 95 %, lagen mithin fast doppelt so hoch. Geht man davon aus, dass die Kl&#228;gerinnen im Hinblick auf ihr geringes Alter im Jahr 2010 einen &#252;berdurchschnittlichen W&#228;rmebedarf hatten, ist gleichwohl festzustellen, dass der Durchschnittswert des Rests des Hauses um bis zu 30 % h&#228;tte &#252;berschritten werden k&#246;nnen, ohne den Maximalwert des Heizspiegels 2011 zu erreichen. Hiermit war mithin ein bereits deutlich &#8222;w&#228;rmeres Wohnen&#8220; m&#246;glich, als im Rest des Hauses &#252;blich. Da die Wohnung der Kl&#228;gerinnen im Erdgeschoss des Mehrparteienhausees belegen war und dieses im &#220;brigen mit 11,83 Euro/m&#178; nur geringf&#252;gig oberhalb des im Heizspiegel als &#8222;mittel&#8220; bezeichneten Bereichs vergleichbarer Geb&#228;ude lag (7,30 &#8211; 11,50 Euro/m&#178;), sind auch keinerlei Anhaltspunkte daf&#252;r ersichtlich, dass die hohen tats&#228;chlichen Kosten unvermeidbar mit dem Mietgegenstand verbunden waren. Erst Recht sind derartige Anhaltspunkte kl&#228;gerseits nicht vorgetragen worden. Allein urs&#228;chlich f&#252;r die massiv &#252;berh&#246;hten Heizkosten kann mithin nur das Heizverhalten der Bewohner der Wohnung der Kl&#228;gerinnen gewesen sein. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies durch Heizen bei stundenlang ge&#246;ffneten Fenstern, durch st&#228;ndig deutlich &#252;berh&#246;hte Temperaturen oder anderweitig dargestellt hat. Jedenfalls kann kein Heizverhalten vorgelegen haben, wie es &#252;blicherweise zu erwarten ist, wenn die hierdurch beeinflussten Kosten selbst und nicht durch Dritte getragen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Im Ergebnis ist die Heizkostennachforderung bei der Leistungsberechnung nicht zu ber&#252;cksichtigen, weil es sich hierbei nicht um &#8222;angemessene&#8220; Kosten im Sinne von &#167; 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, sondern um das Ergebnis eines offensichtlich grob unwirtschaftlichen Heizverhaltens. Auf einen derartigen unangemessenen &#8222;Bedarf&#8220; besteht nach dem Gesetz kein Anspruch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts musste der Beklagte, um sich auf die Unangemessenheit der &#8211; wie gezeigt &#8211; massiv &#252;berh&#246;hten Heizkosten berufen zu k&#246;nnen, die Kl&#228;gerinnen (bzw. deren Mutter) nicht zun&#228;chst durch eine Kostensenkungsaufforderung dazu anhalten, ihr Heizverhalten anzupassen und sich so vern&#252;nftig zu verhalten, wie auch ein Nichthilfebed&#252;rftiger &#252;blicherweise agiert. Zwar werden gem&#228;&#223; &#167; 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der hier ma&#223;geblichen Fassung grunds&#228;tzlich auch Aufwendungen f&#252;r die Heizung solange als Bedarf anerkannt, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht m&#246;glich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch l&#228;ngstens f&#252;r sechs Monate. Dem Hilfebed&#252;rftigen soll hierdurch f&#252;r eine &#220;bergangszeit der r&#228;umliche Lebensmittelpunkt auch bei unangemessenen Heizkosten erhalten bleiben, nicht anders als im Falle sonstiger unangemessener Unterkunftskosten. Diese Regelung zielt jedoch vornehmlich auf diejenigen F&#228;lle ab, in denen die unangemessenen Heizkosten gerade auf einer unangemessen Wohnungsgr&#246;&#223;e beruhen, sodass eine Senkung auch der Heizkosten nur durch einen Wohnungswechsel oder eine anderweitige Verkleinerung der bewohnten (und beheizten) Fl&#228;che m&#246;glich ist. Einschr&#228;nkungen ergeben sich auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der der Senat folgt, allerdings in F&#228;llen unwirtschaftlichen Heizverhaltens, vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2008 &#8211; B 14 AS 54/07 R.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 193 SGG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Gr&#252;nde f&#252;r eine Zulassung der Revision im Sinne von &#167; 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a> </div>
180,208
bsg-2019-01-09-b-13-r-2518-b
{ "id": 8, "name": "Bundessozialgericht", "slug": "bsg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
B 13 R 25/18 B
2019-01-09T00:00:00
2019-02-07T14:18:00
2019-02-07T14:18:00
Beschluss
ECLI:DE:BSG:2019:090119BB13R2518B0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Beschwerde der Kl&#228;gerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. Dezember 2017 wird als unzul&#228;ssig verworfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Antrag, ihr Prozesskostenhilfe zur Durchf&#252;hrung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen und Rechtsanwalt P. (K.) beizuordnen, wird abgelehnt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Beteiligten haben einander f&#252;r das Beschwerdeverfahren keine au&#223;ergerichtlichen Kosten zu erstatten.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>I. Im Streit steht eine Entscheidung der Beklagten &#252;ber eine Ma&#223;nahme zur Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen eines Fortsetzungsfeststellungsbegehrens.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die Beklagte hatte der Kl&#228;gerin die Zusage erteilt, dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewilligen. Im M&#228;rz 2011 beantragte die Kl&#228;gerin alsdann derartige Leistungen in "Form" eines Ausbildungskostenzuschusses f&#252;r die Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau im Reiseb&#252;ro "R.". Dies lehnte die Beklagte ab. Nach hiergegen gerichteten ebenfalls erfolglosen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und Widerspruchs hat die Kl&#228;gerin vor dem SG im Hauptsacheverfahren beantragt, "&#8230; die Beklagte unter Aufhebung &#8230; zu verpflichten, den Antrag &#8230; auf Gew&#228;hrung eines Ausbildungszuschusses f&#252;r eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden". Als das Reiseb&#252;ro "R." im Jahr 2013 sein Ausbildungsangebot zur&#252;ckzog, hat die Kl&#228;gerin ihren Klageantrag umgestellt. Sie beantragt nunmehr, "&#8230; festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid &#8230; ermessenfehlerhaft war". Diesem Begehren hat das SG <em>(Gerichtsbescheid vom 21.1.2015)</em> stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG <em>(Urteil vom 14.12.2017)</em> den Gerichtsbescheid des SG aufgehoben und die Fortsetzungsfeststellungsklage abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Gegen Letzteres wendet sich die Kl&#228;gerin mit ihrer Beschwerde an das BSG. Sie r&#252;gt einen Verfahrensfehler des LSG <em>(&#167; 160 Abs 2 Nr 3 SGG)</em>.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>II. Die Beschwerde der Kl&#228;gerin ist unzul&#228;ssig. Ihre Beschwerdebegr&#252;ndung gen&#252;gt nicht der vorgeschriebenen Form. Sie hat den geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels <em>(&#167; 160 Abs 2 Nr 3 SGG)</em> nicht in der hierf&#252;r erforderlichen Weise bezeichnet <em>(&#167; 160a Abs 2 S 3 SGG)</em>.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gest&#252;tzt, dass ein Verfahrensmangel iS von &#167; 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen k&#246;nne, m&#252;ssen f&#252;r dessen Bezeichnung <em>(&#167; 160a Abs 2 S 3 SGG)</em> die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begr&#252;ndenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Dar&#252;ber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die M&#246;glichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin r&#252;gt einen Versto&#223; des LSG gegen &#167; 123 SGG, denn das LSG habe mit seiner Auslegung ihrer beiden Antr&#228;ge aus dem Klageverfahren den Streitgegenstand verkannt. Sie hat das Vorliegen der einen derartigen Verfahrensfehler begr&#252;ndenden Tatsachen jedoch nicht hinreichend dargebracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Nach &#167; 123 SGG entscheidet das Gericht &#252;ber die vom Kl&#228;ger (Kl&#228;gerin) erhobenen Anspr&#252;che, ohne an die Fassung der Antr&#228;ge gebunden zu sein. Bei unklaren Antr&#228;gen muss das Gericht mit den Beteiligten kl&#228;ren, was gewollt ist, und vor allem bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Antr&#228;ge gestellt werden <em>(&#167; 106 Abs 1, &#167; 112 Abs 2 S 2 SGG; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, &#167; 123 RdNr 3; Schmidt, aaO, &#167; 112 RdNr 8)</em>. Im &#220;brigen ist das Gewollte, also das mit der Klage bzw der Berufung verfolgte Prozessziel, bei nicht eindeutigen Antr&#228;gen im Wege der Auslegung festzustellen <em>(vgl etwa BSG Urteil vom 22.3.1988 - 8/5a RKn 11/87 - BSGE 63, 93, 94 = SozR 2200 &#167; 205 Nr 65, juris RdNr 11)</em>. Dabei ist unter Heranziehung von &#167; 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen. Zugrunde zu legen sind insoweit der Wortlaut des Begehrens, aber auch die sonstigen Umst&#228;nde des Falles, die f&#252;r das Gericht und die anderen Beteiligten erkennbar sind <em>(vgl nur BSG Urteil vom 25.6.2002 - B 11 AL 23/02 R - juris RdNr 21; BSG Beschluss vom 8.11.2005 - B 1 KR 76/05 B - SozR 4-1500 &#167; 158 Nr 2 juris RdNr 1)</em>. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass nach Ma&#223;gabe des Meistbeg&#252;nstigungsprinzips alles begehrt wird, was dem Kl&#228;ger (Kl&#228;gerin) aufgrund des Sachverhalts rechtlich zusteht <em>(vgl etwa BSG Urteil vom 24.4.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - SozR 4-3250 &#167; 69 Nr 9 RdNr 16)</em>. Die Auslegung von Antr&#228;gen richtet sich danach, was als Leistung m&#246;glich ist, wenn jeder verst&#228;ndige Antragsteller mutma&#223;lich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst h&#228;tte und keine Gr&#252;nde zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen; im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Kl&#228;ger alles zugesprochen haben m&#246;chte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht <em>(BSG Urteil vom 10.3.1994 - 7 RAr 38/93 - BSGE 74, 77, 79 = SozR 3-4100 &#167; 104 Nr 11, RdNr 15)</em>. Bei einem Rechtsanwalt oder anderen qualifizierten Prozessbevollm&#228;chtigten ist allerdings in der Regel anzunehmen, dass der Wortlaut des Antrags das wirklich Gewollte wiedergibt <em>(BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 10 &#220;G 29/13 B - juris RdNr 12)</em>.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerdebegr&#252;ndung der Kl&#228;gerin l&#228;sst bereits Darlegungen dazu vermissen, dass das LSG ihr Klagebegehren entgegen dem Wortlaut der Antr&#228;ge verkannt haben soll.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Sie bringt vor, ihr urspr&#252;nglicher Antrag sei auf die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung im Hinblick auf die Gew&#228;hrung eines Ausbildungszuschusses f&#252;r eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtet gewesen. Nach der Aufgabe des Ausbildungsangebots durch das Reiseb&#252;ro "R." habe sie dieses Begehren in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag gewandelt, verbunden mit der Feststellung, dass der Ausgangsbescheid ermessensfehlerhaft gewesen sei, weil f&#252;r den mit der Klage urspr&#252;nglich verfolgten Anspruch das Rechtsschutzbed&#252;rfnis entfallen sei. Dass das LSG den ersten Antrag, den sie ausdr&#252;cklich in ein Verpflichtungsbegehren gekleidet hat, nicht als solches angesehen und behandelt hat, behauptet sie zwar. Dies widerspricht jedoch der von ihr selbst wiedergegebenen Entscheidungsbegr&#252;ndung des LSG. Sie f&#252;hrt ausdr&#252;cklich aus, das LSG habe ihren Antrag als "Verpflichtungsantrag" ausgelegt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Soweit sie vorbringen will, das LSG habe diesen Antrag entgegen ihres Begehrens einengend auf die Verpflichtung der Beklagten zur Bescheidung &#252;ber einen Ausbildungszuschuss f&#252;r eine Ausbildung beim Reiseb&#252;ro "R." ausgelegt, mangelt es an Darlegungen dazu, dass das LSG damit das wirklich von ihr Gewollte verfehlt hat. Insoweit gen&#252;gt es angesichts der von ihr selbst dargestellten Begr&#252;ndung des LSG, insbesondere dessen Hinweis auf den Verfahrensgang und die Hintergr&#252;nde des Rechtsstreits nicht vorzubringen, als anwaltlich Vertretene sei allein auf den Wortlaut des Antrags abzustellen. Rechtsprechung und Literatur gehen zwar davon aus, dass ein von einem Rechtsanwalt formulierter Antrag in der Regel das Gewollte zutreffend wiedergibt <em>(vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, &#167; 123 RdNr 3; BSG Beschluss vom 5.6.2014 - B 10 &#220;G 29/13 B - juris RdNr 12)</em>. Andererseits schlie&#223;t nicht allein der Umstand der anwaltlichen Vertretung eine an &#167; 133 BGB orientierte Auslegung des Begehrens aus <em>(BSG Urteil vom 14.12.2006 - B 4 R 19/06 R - SozR 4-3250 &#167; 14 Nr 3 - juris RdNr 24; Giesbert in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2017, &#167; 123 SGG RdNr 20)</em>, zumindest dann, wenn die gew&#228;hlte Formulierung - wie hier - nicht eindeutig ist <em>(vgl BSG Urteil vom 14.6.2018 - B 9 SB 2/16 R - SozR 4-1500 &#167; 92 Nr 4 RdNr 11; BVerwG Urteil vom 22.2.1985 - 8 C 107/83 - juris RdNr 25)</em>.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <th colspan="1" rowspan="1" valign="top"/> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">Selbst wenn man jedoch annehmen wollte, es handele sich um eine einengende Auslegung des Vordergerichts, die - folgte man den Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin - nicht durch</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">a) die urspr&#252;ngliche, auf einen konkreten Ausbildungsplatz beim Reiseb&#252;ro "R." gerichtete Antragstellung gegen&#252;ber der Beklagten,</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">b) das Vorbringen zur Eilbed&#252;rftigkeit wegen des Erhalts der Ausbildungsm&#246;glichkeit bei diesem Reiseb&#252;ro im vorl&#228;ufigen Rechtsschutz und</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">c) das Vorbringen im Klageverfahren, das urspr&#252;ngliche Begehren habe sich durch den Wegfall des Ausbildungsplatzes erledigt, gerechtfertigt sei,</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:justify">so mangelt es an hinreichenden Darlegungen zur prozessualen Erforderlichkeit einer Umstellung der Klageart in eine Fortsetzungsfeststellungsklage. Insoweit gen&#252;gt es nicht auf den Wegfall des Rechtsschutzbed&#252;rfnisses f&#252;r einen Bescheidungsantrag zu verweisen. Denn war der urspr&#252;ngliche Klageantrag nur auf die ermessensfehlerfreie Bescheidung der Kl&#228;gerin gerichtet, betreffend eine Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau unabh&#228;ngig von dem konkreten Ausbildungsplatzangebot, h&#228;tte es Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;gerin dazu bedurft, warum sich dieser urspr&#252;ngliche Klageantrag durch den Wegfall des Ausbildungsplatzes bei dem Reiseb&#252;ro "R." erledigt gehabt haben soll. Nach &#167; 131 Abs 1 S 3 SGG setzt die Fortsetzungsfeststellungsklage die Erledigung des Verwaltungsaktes voraus. Die Umstellung in eine Fortsetzungsfeststellungsklage, dh das prozessuale Vorgehen der Kl&#228;gerin, w&#252;rde sie damit nur dann beg&#252;nstigen, wenn mit dem Wegfall des Ausbildungsangebotes sich ihr Begehren auf eine konkrete Leistung, die durch den streitigen Bescheid abgelehnt worden war, erledigt hatte. Anderenfalls h&#228;tte es keiner Klageumstellung bedurft und alsdann mangelte es an Tatsachenvortrag, der den ger&#252;gten Verfahrensfehler der Verkennung des Streitgegenstandes begr&#252;nden k&#246;nnte.</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Soweit die Beschwerdeschrift so zu verstehen sein sollte, dass das LSG das Begehren nicht mit der Begr&#252;ndung h&#228;tte ablehnen d&#252;rfen, es bestehe ein Ermessensspielraum, betr&#228;fe dies die materielle Richtigkeit der Entscheidung des LSG und kann nicht zum Erfolg einer Nichtzulassungsbeschwerde f&#252;hren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Schlussendlich mangelt es in der Beschwerdebegr&#252;ndung an Darlegungen zum Beruhen der Entscheidung des LSG auf dem ger&#252;gten Verfahrensfehler. Es finden sich in der Beschwerdeschrift keinerlei Ausf&#252;hrungen zu dem bei einer Fortsetzungsfeststellungsklage zwingend erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Insoweit h&#228;tte die Kl&#228;gerin darlegen m&#252;ssen, auch wenn sich das LSG unter Ber&#252;cksichtigung seiner Rechtsauffassung nicht dazu verhalten musste, dass und aus welchen Gr&#252;nden es dieses h&#228;tte bejahen m&#252;ssen und eine Revision zum Erfolg f&#252;r sie f&#252;hren k&#246;nne.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Von einer weiteren Begr&#252;ndung sieht der Senat ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Der Kl&#228;gerin kann f&#252;r das Beschwerdeverfahren vor dem BSG PKH unter Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht gew&#228;hrt werden <em>(vgl &#167; 73a Abs 1 S 1 SGG iVm &#167; 114 ZPO), </em>weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung - wie bereits ausgef&#252;hrt - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des &#167; 193 SGG.<br/> </p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
180,190
bgh-2019-01-09-viii-zb-2617
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
VIII ZB 26/17
2019-01-09T00:00:00
2019-02-07T14:17:43
2019-02-07T14:17:43
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2019:090119BVIIIZB26.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts N&#252;rnberg-F&#252;rth - 7. Zivilkammer - vom 20. M&#228;rz 2017 aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.800 &#8364; festgesetzt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin und ihr Ehemann waren Miteigent&#252;mer eines Zweifamilienhauses. Mit Vertrag vom 1. Oktober 2013 vermieteten sie eine der beiden Wohnungen an den Beklagten zu 1. Sp&#228;ter wurde die Kl&#228;gerin, welche die andere Wohnung im Haus bewohnt, durch &#220;bertragung des Miteigentumsanteils ihres Ehemanns Alleineigent&#252;merin des Anwesens. Sie k&#252;ndigte das Mietverh&#228;ltnis mit Schreiben vom 18. Februar 2016 gem&#228;&#223; &#167; 573a Abs. 1 BGB und nahm den Beklagten zu 1 sowie seinen vollj&#228;hrigen Sohn, den Beklagten zu 2, auf R&#228;umung und Herausgabe der Wohnung in Anspruch.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Nach dem Auszug der Beklagten aus der streitgegenst&#228;ndlichen Wohnung haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache &#252;bereinstimmend f&#252;r erledigt erkl&#228;rt. Das Amtsgericht hat die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt. Deren hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Beklagten, der Kl&#228;gerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Das Rechtsbeschwerdegericht hat zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung ausgef&#252;hrt, dass die Kosten des Rechtsstreits gem&#228;&#223; &#167; 91 a ZPO den Beklagten aufzuerlegen gewesen seien, da sie ohne die &#252;bereinstimmende Erledigungskl&#228;rung voraussichtlich unterlegen w&#228;ren. Zwar habe eine K&#252;ndigung bei mehreren Vermietern grunds&#228;tzlich durch alle Vermieter zu erfolgen. Auch greife &#167; 566 Abs. 1 BGB, nach dessen Wortlaut eine Ver&#228;u&#223;erung an einen Dritten zu erfolgen habe, nicht ein, da die Ver&#228;u&#223;erung hier an einen der bisherigen Eigent&#252;mer und Vermieter erfolgt sei. Allerdings komme &#167; 566 Abs. 1 BGB analog zur Anwendung, da der Vermieter, der den (h&#228;lftigen) Miteigentumsanteil des anderen Vermieters erworben habe, dergestalt in den Mietvertrag eintrete, dass die K&#252;ndigung allein durch den Erwerber des h&#228;lftigen Miteigentums wirksam sei. Zwar verliere der Mieter dadurch mit der Ver&#228;u&#223;erung einen seiner Schuldner. Einen Ausgleich hierf&#252;r sehe jedoch die Regelung in &#167; 566 Abs. 2 BGB vor.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde sei gem&#228;&#223; &#167; 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da die Frage der analogen Anwendung von &#167; 566 Abs. 1 BGB auf den Fall des Erwerbs eines Miteigentumsanteils bislang h&#246;chstrichterlich nicht entschieden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>III.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>1. Die von dem Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist nach &#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Die Entscheidung des Beschwerdegerichts, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, ist f&#252;r den Senat nach &#167; 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO unabh&#228;ngig davon bindend, ob es die Voraussetzungen des &#167; 574 Abs. 2 ZPO zutreffend beurteilt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl&#252;sse vom 30. Januar 2018 - VIII ZB 74/16, WuM 2018, 151 Rn. 6; vom 8. Mai 2012 - VIII ZB 91/11, WuM 2012, 332 Rn. 3 mwN; vom 7. Oktober 2008 - XI ZB 24/07, NJW-RR 2009, 425 Rn. 9 mwN). Es ist daher unsch&#228;dlich, dass - was das Beschwerdegericht verkannt hat - gegen eine Kostenentscheidung die Rechtsbeschwerde nicht aus materiell-rechtlichen Gr&#252;nden zugelassen werden darf, da es nicht Zweck des Kostenverfahrens ist, Rechtsfragen von grunds&#228;tzlicher Bedeutung zu kl&#228;ren oder das Recht fortzubilden, soweit es - wie im Streitfall - um Fragen des materiellen Rechts geht (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschl&#252;sse vom 30. Januar 2018 - VIII ZB 74/16, aaO; vom 8. M&#228;rz 2011 - VIII ZB 65/10, WuM 2011, 242 Rn. 7; vom 8. Mai 2012 - VIII ZB 91/11, aaO Rn. 7; jeweils mwN). Ebenso ist es f&#252;r die Wirksamkeit der Zulassung der Rechtsbeschwerde ohne Bedeutung, dass das Berufungsgericht irrig das Vorliegen eines Zulassungsgrundes angenommen hat, obwohl die von ihm als Grund f&#252;r die Zulassung genannte Frage sich in der vorliegenden Fallgestaltung ohne weiteres anhand der - von ihm allerdings nicht ber&#252;cksichtigten - Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantwortet und eine vereinzelte entgegenstehende Literaturmeinung kein Bed&#252;rfnis zu einer h&#246;chstrichterlichen Kl&#228;rung zu begr&#252;nden vermag.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begr&#252;ndet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Nach der &#252;bereinstimmenden Erledigterkl&#228;rung der Parteien waren die Kosten des Rechtsstreits gem&#228;&#223; &#167; 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO der Kl&#228;gerin aufzuerlegen. Denn die Kl&#228;gerin w&#228;re bei Fortf&#252;hrung des Rechtsstreits voraussichtlich in der Sache unterlegen, weil das Mietverh&#228;ltnis durch die allein von ihr ausgesprochene K&#252;ndigung vom 18. Februar 2016 nicht wirksam beendet worden ist und ihr deshalb der von ihr geltend gemachte Anspruch auf R&#228;umung und Herausgabe der Wohnung nicht zustand. Die K&#252;ndigung h&#228;tte vielmehr auch von dem fr&#252;heren Ehemann der Kl&#228;gerin erkl&#228;rt werden m&#252;ssen, der die Wohnung zusammen mit ihr an den Beklagten zu 1 vermietet hatte. Die vom Beschwerdegericht vorgenommene analoge Anwendung des &#167; 566 Abs. 1 BGB kommt in der vorliegenden Konstellation, dass einer von zwei Miteigent&#252;mern, die eine Wohnung vermietet haben, sp&#228;ter Alleineigent&#252;mer wird, nicht in Betracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>a) Gem&#228;&#223; &#167; 566 Abs. 1 BGB tritt bei einer Ver&#228;u&#223;erung des vermieteten Wohnraums nach der &#220;berlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich w&#228;hrend der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverh&#228;ltnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Nach dem Wortlaut des &#167; 566 Abs. 1 BGB muss die Ver&#228;u&#223;erung an einen Dritten erfolgen, das hei&#223;t, der ver&#228;u&#223;ernde Eigent&#252;mer und der Erwerber m&#252;ssen personenverschieden sein, der Erwerber darf bis zum Erwerb nicht Vermieter gewesen sein (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 6. Juli 1994 - VIII ARZ 2/94, BGHZ 126, 357, 363 f. - noch zu der Vorg&#228;ngerregelung in &#167; 571 BGB aF). Eine direkte Anwendung des &#167; 566 BGB kommt damit, wie das Beschwerdegericht im Ansatz noch zutreffend gesehen hat, nicht in Betracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>b) Eine Analogie ist - was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht gepr&#252;ft hat - zul&#228;ssig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungsl&#252;cke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber w&#228;re bei einer Interessenabw&#228;gung, bei der er sich von den gleichen Grunds&#228;tzen h&#228;tte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abw&#228;gungsergebnis gekommen. Die L&#252;cke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben (st. Rspr.; siehe nur Senatsurteil vom 14. Dezember 2016 - VIII ZR 232/15, BGHZ 213, 136 Rn. 33 mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Sinn und Zweck des &#167; 566 BGB ist der Schutz des Mieters vor einem Verlust des Besitzes an der Wohnung gegen&#252;ber einem neuem Erwerber im Falle der Ver&#228;u&#223;erung der Mietsache (BGH, Urteil vom 12. Juli 2017 - XII ZR 26/16, NZM 2017, 847 Rn. 29 mwN). Dieser Schutzzweck ist von vornherein nicht ber&#252;hrt, wenn - wie hier - einer von zwei vermietenden Miteigent&#252;mern seinen Eigentumsanteil auf den anderen &#252;bertr&#228;gt, so dass dieser Alleineigent&#252;mer der Mietsache wird. Denn der nunmehrige Alleineigent&#252;mer ist (weiter) an den Mietvertrag gebunden und ein Verlust des Besitzes auf Seiten des Mieters infolge des Ver&#228;u&#223;erungsvorgangs ist somit nicht zu besorgen. Damit scheidet eine analoge Anwendung des &#167; 566 BGB auf einen solchen Fall aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Soweit in der vom Berufungsgericht herangezogenen Kommentarstelle allgemeine Erw&#228;gungen dazu angestellt werden, es sei auch im Hinblick auf m&#246;gliche weitere Ver&#228;u&#223;erungsvorg&#228;nge "praktikabler, das Ausscheiden des ver&#228;u&#223;ernden Miteigent&#252;mers aus der Vermieterstellung sogleich zu vollziehen" (so Schmidt-Futterer/Streyl, Mietrecht, 13. Aufl., &#167; 566 BGB Rn. 77; dagegen zutreffend M&#252;nchKommBGB/H&#228;ublein, 7. Aufl., &#167; 566 Rn. 22), ergibt sich daraus offensichtlich keine tragf&#228;hige Grundlage f&#252;r eine Analogie.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Milger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Hessel&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. Fetzer</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dr. B&#252;nger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Kosziol&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
178,102
bgh-2019-01-09-xii-zb-28018
{ "id": 4, "name": "Bundesgerichtshof", "slug": "bgh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
XII ZB 280/18
2019-01-09T00:00:00
2019-02-01T13:09:23
2019-02-01T13:09:23
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2019:090119BXIIZB280.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hechingen vom 30. April 2018 aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Betreuungsbeh&#246;rde) wendet sich gegen die betreuungsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung der Betroffenen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>F&#252;r die Betroffene, die unter einer paranoiden Schizophrenie leidet, ist eine rechtliche Betreuung u.a. mit dem Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten eingerichtet. Am 3. Dezember 2017 wurde ihr Mietverh&#228;ltnis fristlos gek&#252;ndigt, weil sie andere Mieter des Wohnhauses durch n&#228;chtliches Klingeln und Klopfen an der Wohnungst&#252;r bel&#228;stigt hatte, in deren Wohnungen eingedrungen war und Mitbewohner mehrfach beleidigt hatte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Am 7. Dezember 2017 hat der Betreuer der Betroffenen beantragt, die Unterbringung der Betroffenen in einer geschlossenen Einrichtung betreuungsgerichtlich zu genehmigen. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines psychiatrischen Gutachtens und Anh&#246;rung der Betroffenen deren Unterbringung in einer geschlossenen Abteilung einer Pflegeeinrichtung f&#252;r die Dauer von sechs Monaten, gerechnet vom Tag der Aufnahme in der Einrichtung an, genehmigt. Das Landgericht hat die - unzutreffend als "sofortige Beschwerde" bezeichnete - Beschwerde der Betreuungsbeh&#246;rde zur&#252;ckgewiesen. Hiergegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses begehrt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Die Rechtsbeschwerde ist begr&#252;ndet. Sie f&#252;hrt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zur&#252;ckverweisung der Sache an das Landgericht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>1. Das Landgericht hat seine Entscheidung auf Eigengef&#228;hrdung nach &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB gest&#252;tzt und sie wie folgt begr&#252;ndet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Betroffene leide unter einer psychischen Krankheit in Form einer paranoiden Schizophrenie und sei aufgrund dieser Erkrankung nicht in der Lage, einen freien Willen zu bilden und danach zu handeln. Es bestehe auch eine ernstliche und konkrete Gefahr f&#252;r Leib oder Leben der Betroffenen. Diese setze kein zielgerichtetes Verhalten der Betroffenen voraus, so dass auch eine v&#246;llige Verwahrlosung ausreichen k&#246;nne, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch k&#246;rperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Daf&#252;r seien hier objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte gegeben, weil der Betroffenen Obdachlosigkeit drohe und diese eine konkrete Gefahr der Unterversorgung und Verwahrlosung der Betroffenen bedeute. Aufgrund der paranoiden Wahnvorstellungen mit Beeintr&#228;chtigungs- und Beziehungswahnerleben werde die Betroffene einer geordneten Tagesstruktur nicht nachkommen und deswegen in eine v&#246;llige Verwahrlosung hineingleiten. Der Grad der Gefahr sei gro&#223; und in Relation zum m&#246;glichen Schaden ohne freiheitsentziehende Ma&#223;nahme so hoch, dass die Unterbringung f&#252;r den genehmigten Zeitraum verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Gefahr der Obdachlosigkeit sei auch bereits zum jetzigen Zeitpunkt gegeben. Die Berechtigung der fristlosen K&#252;ndigung stehe au&#223;er Frage. Die Betroffene habe daher die Wohnung zu r&#228;umen und an den Vermieter herauszugeben. Ein Abwarten der zwangsweisen R&#228;umung nach Erlass eines R&#228;umungsurteils und die darauffolgende Einweisung in ein Obdachlosenheim sei kein geeignetes Mittel, um die drohende Gefahr von der Betroffenen abzuwenden. Au&#223;erdem sei dies mit der W&#252;rde der Betroffenen nicht vereinbar, insbesondere weil die Gr&#252;nde f&#252;r die au&#223;erordentliche K&#252;ndigung des Mietverh&#228;ltnisses in der psychischen Erkrankung der Betroffenen ihren Ursprung h&#228;tten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Geeignete mildere Mittel als die Unterbringung f&#252;r einen Zeitraum von sechs Monaten seien nicht ersichtlich, weil eine Vermittlung der Betroffenen auf dem freien Wohnungsmarkt nicht m&#246;glich sei und sie eine offene Heimunterbringung oder Unterst&#252;tzungsma&#223;nahmen Dritter - wie in der Vergangenheit - nicht akzeptiere.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>2. Dies h&#228;lt rechtlicher Nachpr&#252;fung nicht stand. Die materiellen Voraussetzungen f&#252;r eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen gem&#228;&#223; &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB sind nicht ausreichend festgestellt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>a) Gem&#228;&#223; &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist eine Unterbringung des Betreuten durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zul&#228;ssig, solange sie zum Wohl des Betreuten erforderlich ist, weil aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich selbst t&#246;tet oder erheblichen gesundheitlichen Schaden zuf&#252;gt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>aa) Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Senats setzt die Genehmigung einer geschlossenen Unterbringung nach &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zwar keine akute, unmittelbar bevorstehende Gefahr f&#252;r den Betreuten voraus. Notwendig ist allerdings eine ernstliche und konkrete Gefahr f&#252;r Leib und Leben des Betreuten. Dies setzt kein zielgerichtetes Verhalten des Betreuten voraus, so dass auch eine v&#246;llige Verwahrlosung ausreichen kann, wenn damit eine Gesundheitsgefahr durch k&#246;rperliche Verelendung und Unterversorgung verbunden ist (Senatsbeschluss vom 13. Januar 2010 - XII ZB 248/09 - FamRZ 2010, 365 Rn. 14). Erforderlich sind aber objektivierbare und konkrete Anhaltspunkte f&#252;r den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens. Der Grad der Gefahr ist dabei in Relation zum m&#246;glichen Schaden ohne Vornahme der freiheitsentziehenden Ma&#223;nahme zu bemessen (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 - XII ZB 577/16 - FamRZ 2017, 1342 Rn. 10 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Die Prognose einer nicht anders abwendbaren Suizidgefahr oder einer Gefahr erheblicher gesundheitlicher Sch&#228;den ist Sache des Tatrichters. Sie baut im Wesentlichen auf der Anh&#246;rung des Betroffenen und der weiteren Beteiligten sowie auf dem nach &#167; 321 FamFG einzuholenden Sachverst&#228;ndigengutachten auf (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 - XII ZB 577/16 - FamRZ 2017, 1342 Rn. 11 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>bb) Die Genehmigung der Unterbringung muss zudem erforderlich sein. Wenn die Gefahr durch andere Mittel als die freiheitsentziehende Unterbringung abgewendet werden kann, kommt eine Unterbringung als unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig nicht in Betracht (Senatsbeschluss vom 24. Mai 2017 - XII ZB 577/16 - FamRZ 2017, 1342 Rn. 12 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>b) Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts ist eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen nach diesen Ma&#223;st&#228;ben nicht zu rechtfertigen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>aa) Zwar leidet die Betroffene, wie das Landgericht in &#220;bereinstimmung mit dem Sachverst&#228;ndigengutachten festgestellt hat, an einer behandlungsbed&#252;rftigen paranoiden Schizophrenie und damit an einer psychischen Krankheit iSv &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>bb) Das Landgericht hat aber keine konkreten Umst&#228;nde f&#252;r die Annahme aufgezeigt, die Betroffene werde sich erheblichen gesundheitlichen Schaden iSv &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zuf&#252;gen, wenn die Unterbringung unterbleibt. Es f&#252;hrt hierzu lediglich aus, dass die bevorstehende Obdachlosigkeit f&#252;r die Betroffene eine konkrete und ernstliche Gefahr der Unterversorgung und der Verwahrlosung bedeute und die Betroffene krankheitsbedingt einer geordneten Tagesstruktur nicht nachkommen und deshalb in eine v&#246;llige Verwahrlosung hineingleiten w&#252;rde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>Dass die Betroffene nach dem Verlust ihrer Wohnung tats&#228;chlich obdachlos w&#252;rde, hat das Landgericht aber nicht festgestellt. Auch wenn die Betroffene sich bislang nicht selbst um eine neue Wohnung bem&#252;ht hat, ist es jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sie mit Hilfe ihres Betreuers, dem auch der Aufgabenkreis der Wohnungsangelegenheiten &#252;bertragen ist, neuen Wohnraum finden kann. Soweit in der angegriffenen Entscheidung in diesem Zusammenhang ausgef&#252;hrt wird, eine Vermittlung der Betroffenen auf dem freien Wohnungsmarkt sei nicht m&#246;glich, beruht dies nicht auf entsprechenden Feststellungen. Insbesondere kann der angegriffenen Entscheidung nicht entnommen werden, ob der Betreuer bereits erfolglos versucht hat, der Betroffenen eine neue Wohnung zu verschaffen. Zudem hat sich das Landgericht auch nicht ausreichend mit der Frage befasst, ob einer Obdachlosigkeit der Betroffenen durch andere, gegebenenfalls durch den Betreuer zu organisierende Hilfen begegnet werden k&#246;nnte. Die Annahme des Landgerichts, die Betroffene werde eine offene Heimunterbringung oder Unterst&#252;tzungsma&#223;nahmen Dritter nicht akzeptieren, wird ebenfalls nicht von entsprechenden Feststellungen getragen. Zwar mag die Betroffene in der Vergangenheit derartige Hilfsangebote abgelehnt haben. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, dass die inzwischen 70-j&#228;hrige Betroffene auch in ihrer jetzigen Situation diese ablehnende Haltung aufrechterhalten werde. Denn aufgrund der K&#252;ndigung ihres Mietverh&#228;ltnisses und dem damit verbundenen Verlust ihrer Wohnung hat sich die aktuelle Lebenssituation der Betroffenen grundlegend ver&#228;ndert. Daher kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die Betroffene nunmehr bereit ist, Hilfen anzunehmen. Erfolglose Bem&#252;hungen des Betreuers, der Betroffenen andere Hilfen anzubieten, hat das Landgericht jedenfalls nicht festgestellt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>Ebenso wenig hat das Landgericht ausreichende Feststellungen f&#252;r den Eintritt eines erheblichen Gesundheitsschadens getroffen, falls eine Unterbringung der Betroffenen unterbleibt. Die angef&#252;hrte Gefahr einer Verwahrlosung ist als solche nicht ausreichend, eine Selbstgef&#228;hrdung im Sinne des &#167; 1906 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu begr&#252;nden, weil damit nicht aufgezeigt ist, inwieweit mit ihr die konkrete Gefahr eines erheblichen gesundheitlichen Schadens f&#252;r die Betroffene verbunden sein soll (vgl. Senatsbeschluss vom 14. M&#228;rz 2018 - XII ZB 629/17 - FamRZ 2018, 950 Rn. 30). Konkrete Anhaltspunkte daf&#252;r, dass der Betroffenen ohne die Unterbringung ein erheblicher gesundheitlicher Schaden droht, ergeben sich auch nicht aus dem vom Landgericht in Bezug genommenen Sachverst&#228;ndigengutachten. Auch darin wird insoweit lediglich ausgef&#252;hrt, dass sich die Betroffene bislang nicht um eine Wohnung bem&#252;ht habe, sie krankheitsbedingt hierzu auch nicht in der Lage sei und ihr deshalb eine dauerhafte Obdachlosigkeit drohe, die mit der Gefahr eines erheblichen gesundheitlichen Schadens verbunden sei. Welche konkreten gesundheitlichen Gefahren f&#252;r die Betroffene ohne die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung bestehen sollen und wie wahrscheinlich diese sind, wird in dem Sachverst&#228;ndigengutachten nicht dargelegt. Auch die angegriffene Entscheidung verh&#228;lt sich hierzu nicht. Dazu h&#228;tte aber bereits deshalb Anlass bestanden, weil die Betroffene bis zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung trotz ihrer psychischen Erkrankung offensichtlich in der Lage war, sich selbst angemessen zu versorgen und ihren eigenen Hausstand zu f&#252;hren. In der angegriffenen Entscheidung werden damit letztlich nur abstrakte Gefahren beschrieben, die sich aus dem Verlust der Wohnung f&#252;r die Betroffene ergeben k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>3. Die angegriffene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung ist dem Senat verwehrt, weil die Sache mangels hinreichender Tatsachenfeststellung noch nicht entscheidungsreif ist (vgl. &#167; 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG). Die angegriffene Entscheidung ist daher aufzuheben; die Sache ist an das Landgericht zur&#252;ckzuverweisen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>4. Von einer weiteren Begr&#252;ndung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet w&#228;re, zur Kl&#228;rung von Rechtsfragen grunds&#228;tzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (&#167; 74 Abs. 7 FamFG).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Dose&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Klinkhammer&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">G&#252;nter</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Botur&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Kr&#252;ger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
178,088
bverwg-2019-01-09-1-c-2518
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
1 C 25/18
2019-01-09T00:00:00
2019-02-01T13:09:14
2019-02-01T13:09:14
Urteil
ECLI:DE:BVerwG:2019:090119U1C25.18.0
<h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Die Kl&#228;gerin, eritreische Staatsangeh&#246;rige, wendet sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unzul&#228;ssig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Die Kl&#228;gerin reiste nach eigenen Angaben am 5. November 2016 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 16. November 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass sie zuvor illegal nach Italien eingereist war. Das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 9. Januar 2017 ein Aufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 13. M&#228;rz 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zust&#228;ndigkeit als unzul&#228;ssig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 5. April 2017 den Antrag der Kl&#228;gerin auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Gegen diesen Beschluss erhob die Kl&#228;gerin fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begr&#252;ndung trug sie vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 5. April 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte der Kl&#228;gerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu best&#228;tigen, dass bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung der Kl&#228;gerin erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erkl&#228;rung ab und setzte mit Bescheid vom 19. September 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 13. M&#228;rz 2017 bis zur Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Einen am 10. Oktober 2017 gestellten Antrag der Kl&#228;gerin, den Beschluss vom 5. April 2017 abzu&#228;ndern und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 27. Oktober 2017 ab. Nach der mit Bescheid vom 19. September 2017 erfolgten Aussetzung der Vollziehung bestehe kein Rechtsschutzbed&#252;rfnis f&#252;r einen solchen Antrag, weil die Kl&#228;gerin nicht mehr vollziehbar ausreisepflichtig sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 28. Februar 2018 den Bescheid vom 13. M&#228;rz 2017 aufgehoben. Die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen, weil durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO die &#220;berstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grunds&#228;tzlich k&#246;nne zwar eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der &#220;berstellungsfristen f&#252;hren. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen h&#228;tten. Die &#220;berstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. F&#252;r eine Beschr&#228;nkung der Vollzugsaussetzung auf die F&#228;lle, in welchen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung best&#252;nden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. &#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangeh&#246;rigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zust&#228;ndigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer z&#252;gigen Bearbeitung von Asylantr&#228;gen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekund&#228;rmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verz&#246;gerung durch das rechtliche Vorgehen der Kl&#228;gerin verursacht worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> Die Kl&#228;gerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen h&#228;tten auf den Ablauf der &#220;berstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schlie&#223;e &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus. &#167; 34a Abs. 1 AsylG setze f&#252;r den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nne. Komme die Beh&#246;rde zu der &#220;berzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei diese aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> In der Annahme, dass mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. M&#228;rz 2018 - 2 BvR 780/16 - der Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu erwarten sei, nicht aber absehbar sei, dass kurzfristig das bei dem Bundesverwaltungsgericht anh&#228;ngige Revisionsverfahren zum Abschluss kommen werde, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 29. Juni 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 13. M&#228;rz 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p> Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, &#252;ber die der Senat mit Einverst&#228;ndnis der Verfahrensbeteiligten ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheidet (&#167; 141 Satz 1, &#167; 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. &#167; 101 Abs. 2 VwGO), ist begr&#252;ndet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO habe die &#220;berstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zust&#228;ndiger Mitgliedstaat geworden sei, verst&#246;&#223;t gegen revisibles Recht (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zur&#252;ckverweisung hindert eine abschlie&#223;ende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich f&#252;r die rechtliche Beurteilung des kl&#228;gerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur &#196;nderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. M&#228;rz 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einf&#252;hrung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zust&#228;ndig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach &#167; 77 Abs. 1 AsylG regelm&#228;&#223;ig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten m&#252;ndlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, m&#252;sste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr tr&#228;fe, die w&#228;hrend des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen &#196;nderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gr&#252;nden des materiellen Rechts geboten ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gest&#252;tzt. Ein Asylantrag ist hiernach unzul&#228;ssig, wenn ein anderer Staat nach Ma&#223;gabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union oder eines v&#246;lkerrechtlichen Vertrags f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens zust&#228;ndig ist (1.1). Diese Zust&#228;ndigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der &#220;berstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen (1.2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Pr&#252;fung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens die Republik Italien origin&#228;r zust&#228;ndig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zust&#228;ndigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen lie&#223; und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zust&#228;ndig war, &#252;ber den die Kl&#228;gerin ohne die erforderlichen Einreisepapiere und damit im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO illegal (s.a. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Stand Februar 2014, Art. 13 Anm. K6) in das Unionsgebiet eingereist ist und in dem sie im Eurodac-System erfasst worden ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Aufnahme der Kl&#228;gerin ersucht (Art. 21 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Aufnahmegesuch gilt nach Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO als angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>1.2 Diese Zust&#228;ndigkeit ist auch nicht nachtr&#228;glich auf die Beklagte &#252;bergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang durch Ablauf der &#220;berstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der Annahme des Aufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung (&#167; 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>"1.2.1 In F&#228;llen der Zust&#228;ndigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufh&#228;lt, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalit&#228;ten und Fristen der &#220;berstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die &#220;berstellung, sobald dies praktisch m&#246;glich ist und sp&#228;testens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber einen Rechtsbehelf oder eine &#220;berpr&#252;fung, wenn diese gem&#228;&#223; Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verz&#246;gert sich die &#220;berstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat hier&#252;ber unverz&#252;glich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zust&#228;ndig ist &lt;ABl. L 222 S. 3&gt;). Wird die &#220;berstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgef&#252;hrt, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zust&#228;ndigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat &#252;ber.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist durch den fristgem&#228;&#223; gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein &#220;berstellungsverbot ausl&#246;st (vgl. &#167; 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), wor&#252;ber das Bundesamt die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die &#220;berstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden &#220;berstellungsverbots (&#167; 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen F&#228;llen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl &#214;sterreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gr&#252;nden seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) h&#228;lt es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union weiterhin f&#252;r gekl&#228;rt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in F&#228;llen, in denen eine &#220;berstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten &#252;ber eine zusammenh&#228;ngende Frist von sechs Monaten verf&#252;gen m&#252;ssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme f&#252;r die Bewerkstelligung der &#220;berstellung sollen nutzen d&#252;rfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.3 Die &#220;berstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den &#246;sterreichischen Beh&#246;rden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - &#220;bergang der Zust&#228;ndigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch die Beh&#246;rde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en k&#246;nnen, von Amts wegen t&#228;tig zu werden, um die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der &#220;berpr&#252;fung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene M&#246;glichkeit wird im nationalen Recht durch &#167; 80 Abs. 4 VwGO er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Nichts anderes folgt f&#252;r die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine &#220;berstellung nicht durchgef&#252;hrt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten er&#246;ffnete M&#246;glichkeit, dass auch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung aussetzen k&#246;nnen, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verl&#246;re im &#220;brigen in weitem Ma&#223;e seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden k&#246;nnte, ohne dass die Gefahr best&#252;nde, dass die &#220;berstellungsfrist abl&#228;uft und ein Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang die Folge w&#228;re (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Die Wirkung, die &#220;berstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entf&#228;llt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig w&#228;re. Vielmehr h&#228;lt sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>aa) Nach &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Beh&#246;rden grunds&#228;tzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Regelungen des Asylgesetzes schlie&#223;en eine beh&#246;rdliche Aussetzung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. &#167; 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den F&#228;llen des &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgef&#252;hrt werden kann (Abs. 1), und enth&#228;lt Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO weder ausdr&#252;cklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich k&#246;nnen auch bei einer im Sinne des &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tats&#228;chlich m&#246;glichen Abschiebung Gr&#252;nde vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtsschutzes - vor&#252;bergehend bis zu einer abschlie&#223;enden gerichtlichen Kl&#228;rung auszusetzen. &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen F&#228;llen - entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endg&#252;ltige gerichtliche Kl&#228;rung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgr&#252;nden ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach &#167; 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vor&#252;bergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorl&#228;ufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des &#167; 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; &#167; 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Ma&#223;stab f&#252;r die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schlie&#223;t weitergehende beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>&#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschr&#228;nkt das beh&#246;rdliche Aussetzungsermessen f&#252;r das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei &#246;ffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Ma&#223;stab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, &#167; 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 &#167; 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also &#167; 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (&#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) er&#246;ffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschr&#228;nkungen ergeben sich daraus, dass die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur beg&#252;nstigt, indem aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zun&#228;chst nicht mehr erfolgen k&#246;nnen, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die &#220;berstellungsfrist unterbricht und so dazu f&#252;hren kann, dass ein vom Antragsteller m&#246;glicherweise erstrebter Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nicht erfolgt; zu ber&#252;cksichtigen sind auch die Belange des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Mindestvoraussetzung einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes und der Erm&#246;glichung einer raschen Bestimmung des f&#252;r die inhaltliche Pr&#252;fung des Asylantrags zust&#228;ndigen Mitgliedstaats (vgl. Erw&#228;gungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den f&#252;r die Pr&#252;fung ihres Asylbegehrens zust&#228;ndigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekund&#228;rmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nach Ablauf der &#220;berstellungsfrist soll verhindern, dass Asylantr&#228;ge monate- oder gar jahrelang nicht gepr&#252;ft werden, zugleich soll das Ziel einer m&#246;glichst schnellen Pr&#252;fung nicht dazu f&#252;hren, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenh&#228;ngende &#220;berstellungsfrist von sechs Monaten zur Verf&#252;gung steht, in der nur noch die &#220;berstellungsmodalit&#228;ten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. &#167; 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren f&#252;r die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes &lt;ABl. L 180 S. 60&gt;) erlaubt eine beh&#246;rdliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erw&#228;gungen, die nicht rechtlich zwingend sein m&#252;ssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats nicht willk&#252;rlich verkennen und auch sonst nicht missbr&#228;uchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschlie&#223;enden Kl&#228;rung dieser Willk&#252;r- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann &#252;berschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig er&#246;ffneter &#220;berstellungsm&#246;glichkeit die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund beh&#246;rdlicher Vers&#228;umnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grunds&#228;tzen beachtlich und hat die &#220;berstellungsfrist neuerlich unterbrochen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kl&#228;ger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anh&#228;ngigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kl&#228;ger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen oder &#220;berstellungsma&#223;nahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der &#220;berstellungsentscheidung nicht zur Gew&#228;hrung aufschiebender Wirkung gef&#252;hrt hat, &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die &#220;berstellungsentscheidung aber noch nicht endg&#252;ltig entschieden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kl&#228;ger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerkl&#228;rung sachlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als au&#223;erordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsma&#223;nahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualit&#228;t einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden beh&#246;rdlichen Erkl&#228;rung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdef&#252;hrer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivit&#228;t auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorg&#228;nge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass f&#252;r eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegen&#252;ber einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willk&#252;r und nicht rechtsmissbr&#228;uchlich, weil sie die Ber&#252;cksichtigung der Effektivit&#228;t verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endg&#252;ltige Ver&#228;nderung der Rechtslage durch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang infolge Ablaufs der &#220;berstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht f&#252;hren die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der &#220;berstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Kl&#228;gers - erst mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung stand f&#252;r diesen fest, dass w&#228;hrend des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen zu rechnen sei - dient die beh&#246;rdliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verh&#228;ltnis zu dem zust&#228;ndigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der &#220;berstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Interesse des Kl&#228;gers an einer zeitnahen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Sachentscheidung &#252;ber seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorl&#228;ufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endg&#252;ltigen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zun&#228;chst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das m&#246;gliche Ziel, damit auch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang zu erwirken, w&#228;re weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzw&#252;rdig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der &#220;berstellungsfrist w&#228;hrend des Revisionsverfahrens ber&#252;cksichtigen k&#246;nnte, weil auch w&#228;hrend des Revisionsverfahrens die &#220;berstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die &#220;berstellung lediglich bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der R&#252;cknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kl&#228;ger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch R&#252;cknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung gen&#252;gt angesichts der im Revisionsverfahren zu kl&#228;renden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begr&#252;ndet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willk&#252;rfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>Diese Erw&#228;gungen, an denen der Senat festh&#228;lt, gelten auch im vorliegenden Verfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzul&#228;ssig erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gem&#228;&#223; Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Bet&#228;tigung des durch Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen f&#252;r eine Reduktion des den nationalen Beh&#246;rden in Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 &lt;noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines Asylantrags zust&#228;ndig ist - Dublin II-VO -&gt;) nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschlie&#223;end beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zust&#228;ndigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zust&#228;ndigkeit wegen sog. systemischer M&#228;ngel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR &lt;GK&gt;, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Pr&#252;fung der internationalen Zust&#228;ndigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die &#220;berstellung in den zun&#228;chst als zust&#228;ndig bestimmten Mitgliedstaat als unm&#246;glich erweist, weil es wesentliche Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen f&#252;r Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entw&#252;rdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union den Vorschriften der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention, der Europ&#228;ischen Konvention f&#252;r Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen M&#228;ngeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen f&#252;r Asylantragsteller regelhaft so defizit&#228;r sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. M&#228;rz 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 &lt;1040&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zust&#228;ndigkeit bereits durch Fristablauf &#252;bergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnissen getroffen, welche f&#252;r die Beurteilung eines Zust&#228;ndigkeits&#252;bergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ma&#223;geblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 5. April 2017 einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien gepr&#252;ft und verneint hatte, hat es sich diese Ausf&#252;hrungen in seinem Urteil nicht ausdr&#252;cklich zu eigen gemacht und auch nicht gepr&#252;ft, ob sich die Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien bis zu dem f&#252;r seine Entscheidung im Klageverfahren ma&#223;geblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise ver&#228;ndert hatten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig von der Frage, ob die Beteiligten Umst&#228;nde vorgetragen haben, welche die Vermutung f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell ersch&#252;ttern k&#246;nnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der ver&#246;ffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische M&#228;ngel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien &#252;berwiegend - jedenfalls f&#252;r gesunde, alleinstehende junge Personen - verneint worden (statt vieler OVG M&#252;nster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG K&#246;ln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erw&#228;gungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer M&#228;ngel verneint haben, belegen indes, dass Anlass f&#252;r eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - f&#252;r die R&#252;ckf&#252;hrung junger Vollj&#228;hriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; f&#252;r anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran &#228;ndert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG L&#252;neburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn f&#252;r das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tats&#228;chliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur&#252;ckzuverweisen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzul&#228;ssigkeit des Asylantrags nach &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtm&#228;&#223;ig ist, l&#228;sst auch keine abschlie&#223;ende Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der beh&#246;rdlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, n&#228;mlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>4. F&#252;r die abschlie&#223;ende Entscheidung weist der Senat darauf hin, dass sich ein Beschluss &#252;ber die &#220;bertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nicht in den vorgelegten Gerichtsakten befindet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>5. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p> </dd> </dl> </div>
178,087
bverwg-2019-01-09-1-c-3518
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1 C 35/18
2019-01-09T00:00:00
2019-02-01T13:09:14
2019-02-01T13:09:14
Urteil
ECLI:DE:BVerwG:2019:090119U1C35.18.0
<h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger, nach eigenen Angaben mauretanischer Staatsangeh&#246;riger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzul&#228;ssig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger reiste nach eigenen Angaben am 3. M&#228;rz 2017 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 10. M&#228;rz 2017 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass er zuvor illegal nach Italien eingereist war und dort bereits einen Asylantrag gestellt hatte. Das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 15. M&#228;rz 2017 ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 31. M&#228;rz 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zust&#228;ndigkeit als unzul&#228;ssig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 22. Juni 2017 den Antrag des Kl&#228;gers auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Gegen diesen Beschluss erhob der Kl&#228;ger fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begr&#252;ndung trug er vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 22. Juni 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte des Kl&#228;gers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu best&#228;tigen, dass bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung des Kl&#228;gers erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erkl&#228;rung ab und setzte mit Bescheid vom 17. August 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 31. M&#228;rz 2017 bis zur Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 6. Februar 2018 den Bescheid vom 31. M&#228;rz 2017 aufgehoben. Die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen, weil durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO die &#220;berstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grunds&#228;tzlich k&#246;nne zwar eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der &#220;berstellungsfristen f&#252;hren. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen h&#228;tten. Die &#220;berstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. F&#252;r eine Beschr&#228;nkung der Vollzugsaussetzung auf die F&#228;lle, in welchen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung best&#252;nden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. &#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangeh&#246;rigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zust&#228;ndigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer z&#252;gigen Bearbeitung von Asylantr&#228;gen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekund&#228;rmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verz&#246;gerung durch das rechtliche Vorgehen des Kl&#228;gers verursacht worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger verteidigt die angegriffene Entscheidung. Beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen h&#228;tten auf den Ablauf der &#220;berstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schlie&#223;e &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus. &#167; 34a Abs. 1 AsylG setze f&#252;r den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nne. Komme die Beh&#246;rde zu der &#220;berzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei diese aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> In der Annahme, dass mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. M&#228;rz 2018 - 2 BvR 780/16 - der Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu erwarten sei, nicht aber absehbar sei, dass kurzfristig das bei dem Bundesverwaltungsgericht anh&#228;ngige Revisionsverfahren zum Abschluss kommen werde, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 3. Juli 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 31. M&#228;rz 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, &#252;ber die der Senat mit Einverst&#228;ndnis der Verfahrensbeteiligten ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheidet (&#167; 141 Satz 1, &#167; 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. &#167; 101 Abs. 2 VwGO), ist begr&#252;ndet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO habe die &#220;berstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zust&#228;ndiger Mitgliedstaat geworden sei, verst&#246;&#223;t gegen revisibles Recht (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zur&#252;ckverweisung hindert eine abschlie&#223;ende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich f&#252;r die rechtliche Beurteilung des kl&#228;gerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur &#196;nderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. M&#228;rz 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einf&#252;hrung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zust&#228;ndig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach &#167; 77 Abs. 1 AsylG regelm&#228;&#223;ig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten m&#252;ndlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, m&#252;sste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr tr&#228;fe, die w&#228;hrend des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen &#196;nderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gr&#252;nden des materiellen Rechts geboten ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gest&#252;tzt. Ein Asylantrag ist hiernach unzul&#228;ssig, wenn ein anderer Staat nach Ma&#223;gabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union oder eines v&#246;lkerrechtlichen Vertrags f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens zust&#228;ndig ist (1.1). Diese Zust&#228;ndigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der &#220;berstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen (1.2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Pr&#252;fung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens die Republik Italien origin&#228;r zust&#228;ndig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zust&#228;ndigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen lie&#223; und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zust&#228;ndig war, in dem der Kl&#228;ger seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Wiederaufnahme des Kl&#228;gers ersucht (Art. 23 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Wiederaufnahmegesuch gilt nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO als angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>1.2 Diese Zust&#228;ndigkeit ist auch nicht nachtr&#228;glich auf die Beklagte &#252;bergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang durch Ablauf der &#220;berstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der durch Fristablauf bewirkten Annahme des Wiederaufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung (&#167; 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>"1.2.1 In F&#228;llen der Zust&#228;ndigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufh&#228;lt, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalit&#228;ten und Fristen der &#220;berstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die &#220;berstellung, sobald dies praktisch m&#246;glich ist und sp&#228;testens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber einen Rechtsbehelf oder eine &#220;berpr&#252;fung, wenn diese gem&#228;&#223; Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verz&#246;gert sich die &#220;berstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat hier&#252;ber unverz&#252;glich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zust&#228;ndig ist &lt;ABl. L 222 S. 3&gt;). Wird die &#220;berstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgef&#252;hrt, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zust&#228;ndigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat &#252;ber.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist durch den fristgem&#228;&#223; gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein &#220;berstellungsverbot ausl&#246;st (vgl. &#167; 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), wor&#252;ber das Bundesamt die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die &#220;berstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden &#220;berstellungsverbots (&#167; 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen F&#228;llen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl &#214;sterreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gr&#252;nden seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) h&#228;lt es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union weiterhin f&#252;r gekl&#228;rt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in F&#228;llen, in denen eine &#220;berstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten &#252;ber eine zusammenh&#228;ngende Frist von sechs Monaten verf&#252;gen m&#252;ssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme f&#252;r die Bewerkstelligung der &#220;berstellung sollen nutzen d&#252;rfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.3 Die &#220;berstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den &#246;sterreichischen Beh&#246;rden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - &#220;bergang der Zust&#228;ndigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch die Beh&#246;rde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en k&#246;nnen, von Amts wegen t&#228;tig zu werden, um die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der &#220;berpr&#252;fung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene M&#246;glichkeit wird im nationalen Recht durch &#167; 80 Abs. 4 VwGO er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Nichts anderes folgt f&#252;r die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine &#220;berstellung nicht durchgef&#252;hrt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten er&#246;ffnete M&#246;glichkeit, dass auch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung aussetzen k&#246;nnen, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verl&#246;re im &#220;brigen in weitem Ma&#223;e seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden k&#246;nnte, ohne dass die Gefahr best&#252;nde, dass die &#220;berstellungsfrist abl&#228;uft und ein Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang die Folge w&#228;re (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Die Wirkung, die &#220;berstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entf&#228;llt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig w&#228;re. Vielmehr h&#228;lt sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>aa) Nach &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Beh&#246;rden grunds&#228;tzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Regelungen des Asylgesetzes schlie&#223;en eine beh&#246;rdliche Aussetzung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. &#167; 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den F&#228;llen des &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgef&#252;hrt werden kann (Abs. 1), und enth&#228;lt Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO weder ausdr&#252;cklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich k&#246;nnen auch bei einer im Sinne des &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tats&#228;chlich m&#246;glichen Abschiebung Gr&#252;nde vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtsschutzes - vor&#252;bergehend bis zu einer abschlie&#223;enden gerichtlichen Kl&#228;rung auszusetzen. &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen F&#228;llen - entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endg&#252;ltige gerichtliche Kl&#228;rung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgr&#252;nden ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach &#167; 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vor&#252;bergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorl&#228;ufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des &#167; 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; &#167; 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Ma&#223;stab f&#252;r die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schlie&#223;t weitergehende beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>&#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschr&#228;nkt das beh&#246;rdliche Aussetzungsermessen f&#252;r das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei &#246;ffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Ma&#223;stab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, &#167; 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 &#167; 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also &#167; 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (&#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) er&#246;ffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschr&#228;nkungen ergeben sich daraus, dass die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur beg&#252;nstigt, indem aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zun&#228;chst nicht mehr erfolgen k&#246;nnen, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die &#220;berstellungsfrist unterbricht und so dazu f&#252;hren kann, dass ein vom Antragsteller m&#246;glicherweise erstrebter Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nicht erfolgt; zu ber&#252;cksichtigen sind auch die Belange des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Mindestvoraussetzung einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes und der Erm&#246;glichung einer raschen Bestimmung des f&#252;r die inhaltliche Pr&#252;fung des Asylantrags zust&#228;ndigen Mitgliedstaats (vgl. Erw&#228;gungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den f&#252;r die Pr&#252;fung ihres Asylbegehrens zust&#228;ndigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekund&#228;rmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nach Ablauf der &#220;berstellungsfrist soll verhindern, dass Asylantr&#228;ge monate- oder gar jahrelang nicht gepr&#252;ft werden, zugleich soll das Ziel einer m&#246;glichst schnellen Pr&#252;fung nicht dazu f&#252;hren, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenh&#228;ngende &#220;berstellungsfrist von sechs Monaten zur Verf&#252;gung steht, in der nur noch die &#220;berstellungsmodalit&#228;ten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. &#167; 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren f&#252;r die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes &lt;ABl. L 180 S. 60&gt;) erlaubt eine beh&#246;rdliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erw&#228;gungen, die nicht rechtlich zwingend sein m&#252;ssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats nicht willk&#252;rlich verkennen und auch sonst nicht missbr&#228;uchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschlie&#223;enden Kl&#228;rung dieser Willk&#252;r- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann &#252;berschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig er&#246;ffneter &#220;berstellungsm&#246;glichkeit die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund beh&#246;rdlicher Vers&#228;umnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grunds&#228;tzen beachtlich und hat die &#220;berstellungsfrist neuerlich unterbrochen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kl&#228;ger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anh&#228;ngigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kl&#228;ger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen oder &#220;berstellungsma&#223;nahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der &#220;berstellungsentscheidung nicht zur Gew&#228;hrung aufschiebender Wirkung gef&#252;hrt hat, &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die &#220;berstellungsentscheidung aber noch nicht endg&#252;ltig entschieden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kl&#228;ger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerkl&#228;rung sachlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als au&#223;erordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsma&#223;nahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualit&#228;t einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden beh&#246;rdlichen Erkl&#228;rung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdef&#252;hrer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivit&#228;t auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorg&#228;nge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass f&#252;r eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegen&#252;ber einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willk&#252;r und nicht rechtsmissbr&#228;uchlich, weil sie die Ber&#252;cksichtigung der Effektivit&#228;t verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endg&#252;ltige Ver&#228;nderung der Rechtslage durch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang infolge Ablaufs der &#220;berstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht f&#252;hren die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der &#220;berstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Kl&#228;gers - erst mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung stand f&#252;r diesen fest, dass w&#228;hrend des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen zu rechnen sei - dient die beh&#246;rdliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verh&#228;ltnis zu dem zust&#228;ndigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der &#220;berstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Interesse des Kl&#228;gers an einer zeitnahen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Sachentscheidung &#252;ber seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorl&#228;ufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endg&#252;ltigen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zun&#228;chst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das m&#246;gliche Ziel, damit auch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang zu erwirken, w&#228;re weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzw&#252;rdig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der &#220;berstellungsfrist w&#228;hrend des Revisionsverfahrens ber&#252;cksichtigen k&#246;nnte, weil auch w&#228;hrend des Revisionsverfahrens die &#220;berstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die &#220;berstellung lediglich bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der R&#252;cknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kl&#228;ger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch R&#252;cknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung gen&#252;gt angesichts der im Revisionsverfahren zu kl&#228;renden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begr&#252;ndet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willk&#252;rfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Diese Erw&#228;gungen, an denen der Senat festh&#228;lt, gelten auch im vorliegenden Verfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzul&#228;ssig erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gem&#228;&#223; Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Bet&#228;tigung des durch Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen f&#252;r eine Reduktion des den nationalen Beh&#246;rden in Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 &lt;noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines Asylantrags zust&#228;ndig ist - Dublin II-VO -&gt;) nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschlie&#223;end beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zust&#228;ndigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zust&#228;ndigkeit wegen sog. systemischer M&#228;ngel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR &lt;GK&gt;, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Pr&#252;fung der internationalen Zust&#228;ndigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die &#220;berstellung in den zun&#228;chst als zust&#228;ndig bestimmten Mitgliedstaat als unm&#246;glich erweist, weil es wesentliche Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen f&#252;r Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entw&#252;rdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union den Vorschriften der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention, der Europ&#228;ischen Konvention f&#252;r Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen M&#228;ngeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen f&#252;r Asylantragsteller regelhaft so defizit&#228;r sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. M&#228;rz 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 &lt;1040&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zust&#228;ndigkeit bereits durch Fristablauf &#252;bergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnissen getroffen, welche f&#252;r die Beurteilung eines Zust&#228;ndigkeits&#252;bergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ma&#223;geblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 22. Juni 2017 einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien gepr&#252;ft und verneint hatte, hat es sich diese Ausf&#252;hrungen in seinem Urteil nicht ausdr&#252;cklich zu eigen gemacht und auch nicht gepr&#252;ft, ob sich die Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien bis zu dem f&#252;r seine Entscheidung im Klageverfahren ma&#223;geblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise ver&#228;ndert hatten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig von der Frage, ob die Beteiligten Umst&#228;nde vorgetragen haben, welche die Vermutung f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell ersch&#252;ttern k&#246;nnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der ver&#246;ffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische M&#228;ngel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien &#252;berwiegend - jedenfalls f&#252;r gesunde, alleinstehende junge M&#228;nner - verneint worden (statt vieler OVG M&#252;nster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG K&#246;ln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erw&#228;gungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer M&#228;ngel verneint haben, belegen indes, dass Anlass f&#252;r eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - f&#252;r die R&#252;ckf&#252;hrung junger Vollj&#228;hriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; f&#252;r anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran &#228;ndert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG L&#252;neburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn f&#252;r das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tats&#228;chliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur&#252;ckzuverweisen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzul&#228;ssigkeit des Asylantrags nach &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtm&#228;&#223;ig ist, l&#228;sst auch keine abschlie&#223;ende Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der beh&#246;rdlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, n&#228;mlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p> </dd> </dl> </div>
178,086
bverwg-2019-01-09-1-c-1918
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1 C 19/18
2019-01-09T00:00:00
2019-02-01T13:09:14
2019-02-01T13:09:14
Urteil
ECLI:DE:BVerwG:2019:090119U1C19.18.0
<h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger, nach eigenen Angaben eritreischer Staatsangeh&#246;riger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzul&#228;ssig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger reiste nach eigenen Angaben am 20. Januar 2017 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 26. Januar 2017 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass er zuvor illegal nach Italien eingereist war. Das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 27. Januar 2017 ein Aufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 4. April 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zust&#228;ndigkeit als unzul&#228;ssig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 10. Mai 2017 den Antrag des Kl&#228;gers auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Gegen diesen Beschluss erhob der Kl&#228;ger fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begr&#252;ndung trug er vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 10. Mai 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte des Kl&#228;gers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu best&#228;tigen, dass bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung des Kl&#228;gers erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erkl&#228;rung ab und setzte mit Bescheid vom 12. Juli 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 4. April 2017 bis zur Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Januar 2018 den Bescheid vom 4. April 2018 aufgehoben. Die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen, weil durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO die &#220;berstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grunds&#228;tzlich k&#246;nne zwar eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der &#220;berstellungsfristen f&#252;hren. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen h&#228;tten. Die &#220;berstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. F&#252;r eine Beschr&#228;nkung der Vollzugsaussetzung auf die F&#228;lle, in welchen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung best&#252;nden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. &#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangeh&#246;rigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zust&#228;ndigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer z&#252;gigen Bearbeitung von Asylantr&#228;gen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekund&#228;rmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verz&#246;gerung durch das rechtliche Vorgehen des Kl&#228;gers verursacht worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger verteidigt die angegriffene Entscheidung. Beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen h&#228;tten auf den Ablauf der &#220;berstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schlie&#223;e &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus. &#167; 34a Abs. 1 AsylG setze f&#252;r den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nne. Komme die Beh&#246;rde zu der &#220;berzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei diese aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> Nachdem der Kl&#228;ger im Juni 2018 mitgeteilt hatte, das Verfassungsbeschwerdeverfahren sei mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. M&#228;rz 2018 - 2 BvR 780/16 - beendet worden, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 28. Juni 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 4. April 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, &#252;ber die der Senat mit Einverst&#228;ndnis der Verfahrensbeteiligten ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheidet (&#167; 141 Satz 1, &#167; 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. &#167; 101 Abs. 2 VwGO), ist begr&#252;ndet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO habe die &#220;berstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zust&#228;ndiger Mitgliedstaat geworden sei, verst&#246;&#223;t gegen revisibles Recht (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zur&#252;ckverweisung hindert eine abschlie&#223;ende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich f&#252;r die rechtliche Beurteilung des kl&#228;gerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur &#196;nderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. M&#228;rz 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einf&#252;hrung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zust&#228;ndig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach &#167; 77 Abs. 1 AsylG regelm&#228;&#223;ig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten m&#252;ndlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, m&#252;sste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr tr&#228;fe, die w&#228;hrend des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen &#196;nderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gr&#252;nden des materiellen Rechts geboten ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gest&#252;tzt. Ein Asylantrag ist hiernach unzul&#228;ssig, wenn ein anderer Staat nach Ma&#223;gabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union oder eines v&#246;lkerrechtlichen Vertrags f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens zust&#228;ndig ist (1.1). Diese Zust&#228;ndigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der &#220;berstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen (1.2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Pr&#252;fung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens die Republik Italien origin&#228;r zust&#228;ndig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zust&#228;ndigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen lie&#223; und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zust&#228;ndig war, &#252;ber den der Kl&#228;ger ohne die erforderlichen Einreisepapiere und damit im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO illegal (s.a. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Stand Februar 2014, Art. 13 Anm. K6) in das Unionsgebiet eingereist ist und in dem er im Eurodac-System erfasst worden ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Aufnahme des Kl&#228;gers ersucht (Art. 21 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Aufnahmegesuch gilt nach Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO als angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>1.2 Diese Zust&#228;ndigkeit ist auch nicht nachtr&#228;glich auf die Beklagte &#252;bergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang durch Ablauf der &#220;berstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der Annahme des Aufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung (&#167; 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>"1.2.1 In F&#228;llen der Zust&#228;ndigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufh&#228;lt, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalit&#228;ten und Fristen der &#220;berstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die &#220;berstellung, sobald dies praktisch m&#246;glich ist und sp&#228;testens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber einen Rechtsbehelf oder eine &#220;berpr&#252;fung, wenn diese gem&#228;&#223; Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verz&#246;gert sich die &#220;berstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat hier&#252;ber unverz&#252;glich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zust&#228;ndig ist &lt;ABl. L 222 S. 3&gt;). Wird die &#220;berstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgef&#252;hrt, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zust&#228;ndigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat &#252;ber.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist durch den fristgem&#228;&#223; gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein &#220;berstellungsverbot ausl&#246;st (vgl. &#167; 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), wor&#252;ber das Bundesamt die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die &#220;berstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden &#220;berstellungsverbots (&#167; 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen F&#228;llen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl &#214;sterreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gr&#252;nden seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) h&#228;lt es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union weiterhin f&#252;r gekl&#228;rt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in F&#228;llen, in denen eine &#220;berstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten &#252;ber eine zusammenh&#228;ngende Frist von sechs Monaten verf&#252;gen m&#252;ssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme f&#252;r die Bewerkstelligung der &#220;berstellung sollen nutzen d&#252;rfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.3 Die &#220;berstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den &#246;sterreichischen Beh&#246;rden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - &#220;bergang der Zust&#228;ndigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch die Beh&#246;rde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en k&#246;nnen, von Amts wegen t&#228;tig zu werden, um die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der &#220;berpr&#252;fung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene M&#246;glichkeit wird im nationalen Recht durch &#167; 80 Abs. 4 VwGO er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Nichts anderes folgt f&#252;r die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine &#220;berstellung nicht durchgef&#252;hrt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten er&#246;ffnete M&#246;glichkeit, dass auch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung aussetzen k&#246;nnen, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verl&#246;re im &#220;brigen in weitem Ma&#223;e seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden k&#246;nnte, ohne dass die Gefahr best&#252;nde, dass die &#220;berstellungsfrist abl&#228;uft und ein Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang die Folge w&#228;re (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Die Wirkung, die &#220;berstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entf&#228;llt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig w&#228;re. Vielmehr h&#228;lt sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>aa) Nach &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Beh&#246;rden grunds&#228;tzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Regelungen des Asylgesetzes schlie&#223;en eine beh&#246;rdliche Aussetzung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. &#167; 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den F&#228;llen des &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgef&#252;hrt werden kann (Abs. 1), und enth&#228;lt Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO weder ausdr&#252;cklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich k&#246;nnen auch bei einer im Sinne des &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tats&#228;chlich m&#246;glichen Abschiebung Gr&#252;nde vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtsschutzes - vor&#252;bergehend bis zu einer abschlie&#223;enden gerichtlichen Kl&#228;rung auszusetzen. &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen F&#228;llen - entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endg&#252;ltige gerichtliche Kl&#228;rung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgr&#252;nden ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach &#167; 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vor&#252;bergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorl&#228;ufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des &#167; 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; &#167; 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Ma&#223;stab f&#252;r die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schlie&#223;t weitergehende beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>&#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschr&#228;nkt das beh&#246;rdliche Aussetzungsermessen f&#252;r das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei &#246;ffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Ma&#223;stab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, &#167; 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 &#167; 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also &#167; 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (&#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) er&#246;ffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschr&#228;nkungen ergeben sich daraus, dass die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur beg&#252;nstigt, indem aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zun&#228;chst nicht mehr erfolgen k&#246;nnen, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die &#220;berstellungsfrist unterbricht und so dazu f&#252;hren kann, dass ein vom Antragsteller m&#246;glicherweise erstrebter Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nicht erfolgt; zu ber&#252;cksichtigen sind auch die Belange des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Mindestvoraussetzung einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes und der Erm&#246;glichung einer raschen Bestimmung des f&#252;r die inhaltliche Pr&#252;fung des Asylantrags zust&#228;ndigen Mitgliedstaats (vgl. Erw&#228;gungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den f&#252;r die Pr&#252;fung ihres Asylbegehrens zust&#228;ndigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekund&#228;rmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nach Ablauf der &#220;berstellungsfrist soll verhindern, dass Asylantr&#228;ge monate- oder gar jahrelang nicht gepr&#252;ft werden, zugleich soll das Ziel einer m&#246;glichst schnellen Pr&#252;fung nicht dazu f&#252;hren, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenh&#228;ngende &#220;berstellungsfrist von sechs Monaten zur Verf&#252;gung steht, in der nur noch die &#220;berstellungsmodalit&#228;ten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. &#167; 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren f&#252;r die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes &lt;ABl. L 180 S. 60&gt;) erlaubt eine beh&#246;rdliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erw&#228;gungen, die nicht rechtlich zwingend sein m&#252;ssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats nicht willk&#252;rlich verkennen und auch sonst nicht missbr&#228;uchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschlie&#223;enden Kl&#228;rung dieser Willk&#252;r- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann &#252;berschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig er&#246;ffneter &#220;berstellungsm&#246;glichkeit die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund beh&#246;rdlicher Vers&#228;umnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grunds&#228;tzen beachtlich und hat die &#220;berstellungsfrist neuerlich unterbrochen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kl&#228;ger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anh&#228;ngigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kl&#228;ger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen oder &#220;berstellungsma&#223;nahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der &#220;berstellungsentscheidung nicht zur Gew&#228;hrung aufschiebender Wirkung gef&#252;hrt hat, &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die &#220;berstellungsentscheidung aber noch nicht endg&#252;ltig entschieden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kl&#228;ger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerkl&#228;rung sachlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als au&#223;erordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsma&#223;nahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualit&#228;t einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden beh&#246;rdlichen Erkl&#228;rung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdef&#252;hrer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivit&#228;t auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorg&#228;nge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass f&#252;r eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegen&#252;ber einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willk&#252;r und nicht rechtsmissbr&#228;uchlich, weil sie die Ber&#252;cksichtigung der Effektivit&#228;t verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endg&#252;ltige Ver&#228;nderung der Rechtslage durch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang infolge Ablaufs der &#220;berstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht f&#252;hren die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der &#220;berstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Kl&#228;gers - erst mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung stand f&#252;r diesen fest, dass w&#228;hrend des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen zu rechnen sei - dient die beh&#246;rdliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verh&#228;ltnis zu dem zust&#228;ndigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der &#220;berstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Interesse des Kl&#228;gers an einer zeitnahen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Sachentscheidung &#252;ber seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorl&#228;ufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endg&#252;ltigen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zun&#228;chst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das m&#246;gliche Ziel, damit auch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang zu erwirken, w&#228;re weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzw&#252;rdig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der &#220;berstellungsfrist w&#228;hrend des Revisionsverfahrens ber&#252;cksichtigen k&#246;nnte, weil auch w&#228;hrend des Revisionsverfahrens die &#220;berstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die &#220;berstellung lediglich bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der R&#252;cknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kl&#228;ger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch R&#252;cknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung gen&#252;gt angesichts der im Revisionsverfahren zu kl&#228;renden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begr&#252;ndet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willk&#252;rfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Diese Erw&#228;gungen, an denen der Senat festh&#228;lt, gelten auch im vorliegenden Verfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzul&#228;ssig erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gem&#228;&#223; Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Bet&#228;tigung des durch Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen f&#252;r eine Reduktion des den nationalen Beh&#246;rden in Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 &lt;noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines Asylantrags zust&#228;ndig ist - Dublin II-VO -&gt;) nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschlie&#223;end beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zust&#228;ndigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zust&#228;ndigkeit wegen sog. systemischer M&#228;ngel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR &lt;GK&gt;, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Pr&#252;fung der internationalen Zust&#228;ndigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die &#220;berstellung in den zun&#228;chst als zust&#228;ndig bestimmten Mitgliedstaat als unm&#246;glich erweist, weil es wesentliche Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen f&#252;r Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entw&#252;rdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union den Vorschriften der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention, der Europ&#228;ischen Konvention f&#252;r Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen M&#228;ngeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen f&#252;r Asylantragsteller regelhaft so defizit&#228;r sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. M&#228;rz 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 &lt;1040&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zust&#228;ndigkeit bereits durch Fristablauf &#252;bergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnissen getroffen, welche f&#252;r die Beurteilung eines Zust&#228;ndigkeits&#252;bergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ma&#223;geblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 10. Mai 2017 einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien gepr&#252;ft und verneint hatte, hat es sich diese Ausf&#252;hrungen in seinem Urteil nicht ausdr&#252;cklich zu eigen gemacht und auch nicht gepr&#252;ft, ob sich die Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien bis zu dem f&#252;r seine Entscheidung im Klageverfahren ma&#223;geblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise ver&#228;ndert hatten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig von der Frage, ob die Beteiligten Umst&#228;nde vorgetragen haben, welche die Vermutung f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell ersch&#252;ttern k&#246;nnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der ver&#246;ffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische M&#228;ngel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien &#252;berwiegend - jedenfalls f&#252;r gesunde, alleinstehende junge M&#228;nner - verneint worden (statt vieler OVG M&#252;nster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG K&#246;ln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erw&#228;gungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer M&#228;ngel verneint haben, belegen indes, dass Anlass f&#252;r eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - f&#252;r die R&#252;ckf&#252;hrung junger Vollj&#228;hriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; f&#252;r anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran &#228;ndert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG L&#252;neburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn f&#252;r das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tats&#228;chliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur&#252;ckzuverweisen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzul&#228;ssigkeit des Asylantrags nach &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtm&#228;&#223;ig ist, l&#228;sst auch keine abschlie&#223;ende Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der beh&#246;rdlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, n&#228;mlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p> </dd> </dl> </div>
178,084
bverwg-2019-01-09-1-c-2418
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1 C 24/18
2019-01-09T00:00:00
2019-02-01T13:09:14
2019-02-01T13:09:14
Urteil
ECLI:DE:BVerwG:2019:090119U1C24.18.0
<h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin, eritreische Staatsangeh&#246;rige, wendet sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unzul&#228;ssig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin reiste nach eigenen Angaben am 19. September 2016 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 22. September 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass sie zuvor illegal nach Italien eingereist war. Das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 21. Oktober 2016 ein Aufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 18. Januar 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zust&#228;ndigkeit als unzul&#228;ssig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 21. Februar 2017 den Antrag der Kl&#228;gerin auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Gegen diesen Beschluss erhob die Kl&#228;gerin fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begr&#252;ndung trug sie vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 21. Februar 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte der Kl&#228;gerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu best&#228;tigen, dass bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung der Kl&#228;gerin erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erkl&#228;rung ab und setzte mit Bescheid vom 10. August 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 18. Januar 2017 bis zur Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Einen am 29. Juli 2017 gestellten Antrag der Kl&#228;gerin, den Beschluss vom 21. Februar 2017 abzu&#228;ndern und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 7. November 2017 ab. Nach der mit Bescheid vom 10. August 2017 erfolgten Aussetzung der Vollziehung bestehe kein Rechtsschutzbed&#252;rfnis f&#252;r einen solchen Antrag, weil die Kl&#228;gerin nicht mehr vollziehbar ausreisepflichtig sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 26. Januar 2018 den Bescheid vom 18. Januar 2017 aufgehoben. Die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen, weil durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO die &#220;berstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grunds&#228;tzlich k&#246;nne zwar eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der &#220;berstellungsfristen f&#252;hren. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen h&#228;tten. Die &#220;berstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. F&#252;r eine Beschr&#228;nkung der Vollzugsaussetzung auf die F&#228;lle, in welchen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung best&#252;nden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. &#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangeh&#246;rigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zust&#228;ndigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer z&#252;gigen Bearbeitung von Asylantr&#228;gen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekund&#228;rmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verz&#246;gerung durch das rechtliche Vorgehen der Kl&#228;gerin verursacht worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;gerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen h&#228;tten auf den Ablauf der &#220;berstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schlie&#223;e &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus. &#167; 34a Abs. 1 AsylG setze f&#252;r den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nne. Komme die Beh&#246;rde zu der &#220;berzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei diese aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>In der Annahme, dass mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. M&#228;rz 2018 - 2 BvR 780/16 - der Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu erwarten sei, nicht aber absehbar sei, dass kurzfristig das bei dem Bundesverwaltungsgericht anh&#228;ngige Revisionsverfahren zum Abschluss kommen werde, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 29. Juni 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 18. Januar 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, &#252;ber die der Senat mit Einverst&#228;ndnis der Verfahrensbeteiligten ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheidet (&#167; 141 Satz 1, &#167; 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. &#167; 101 Abs. 2 VwGO), ist begr&#252;ndet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO habe die &#220;berstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zust&#228;ndiger Mitgliedstaat geworden sei, verst&#246;&#223;t gegen revisibles Recht (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zur&#252;ckverweisung hindert eine abschlie&#223;ende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich f&#252;r die rechtliche Beurteilung des kl&#228;gerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur &#196;nderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. M&#228;rz 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einf&#252;hrung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zust&#228;ndig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach &#167; 77 Abs. 1 AsylG regelm&#228;&#223;ig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten m&#252;ndlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, m&#252;sste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr tr&#228;fe, die w&#228;hrend des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen &#196;nderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gr&#252;nden des materiellen Rechts geboten ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gest&#252;tzt. Ein Asylantrag ist hiernach unzul&#228;ssig, wenn ein anderer Staat nach Ma&#223;gabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union oder eines v&#246;lkerrechtlichen Vertrags f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens zust&#228;ndig ist (1.1). Diese Zust&#228;ndigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der &#220;berstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen (1.2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Pr&#252;fung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens die Republik Italien origin&#228;r zust&#228;ndig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zust&#228;ndigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen lie&#223; und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zust&#228;ndig war, &#252;ber den die Kl&#228;gerin ohne die erforderlichen Einreisepapiere und damit im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO illegal (s.a. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Stand Februar 2014, Art. 13 Anm. K6) in das Unionsgebiet eingereist ist und in dem sie im Eurodac-System erfasst worden ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Aufnahme der Kl&#228;gerin ersucht (Art. 21 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Aufnahmegesuch gilt nach Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO als angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>1.2 Diese Zust&#228;ndigkeit ist auch nicht nachtr&#228;glich auf die Beklagte &#252;bergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang durch Ablauf der &#220;berstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der Annahme des Aufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung (&#167; 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>"1.2.1 In F&#228;llen der Zust&#228;ndigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufh&#228;lt, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalit&#228;ten und Fristen der &#220;berstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die &#220;berstellung, sobald dies praktisch m&#246;glich ist und sp&#228;testens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber einen Rechtsbehelf oder eine &#220;berpr&#252;fung, wenn diese gem&#228;&#223; Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verz&#246;gert sich die &#220;berstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat hier&#252;ber unverz&#252;glich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zust&#228;ndig ist &lt;ABl. L 222 S. 3&gt;). Wird die &#220;berstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgef&#252;hrt, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zust&#228;ndigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat &#252;ber.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist durch den fristgem&#228;&#223; gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein &#220;berstellungsverbot ausl&#246;st (vgl. &#167; 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), wor&#252;ber das Bundesamt die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die &#220;berstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden &#220;berstellungsverbots (&#167; 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen F&#228;llen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl &#214;sterreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gr&#252;nden seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) h&#228;lt es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union weiterhin f&#252;r gekl&#228;rt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in F&#228;llen, in denen eine &#220;berstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten &#252;ber eine zusammenh&#228;ngende Frist von sechs Monaten verf&#252;gen m&#252;ssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme f&#252;r die Bewerkstelligung der &#220;berstellung sollen nutzen d&#252;rfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.3 Die &#220;berstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den &#246;sterreichischen Beh&#246;rden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - &#220;bergang der Zust&#228;ndigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch die Beh&#246;rde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en k&#246;nnen, von Amts wegen t&#228;tig zu werden, um die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der &#220;berpr&#252;fung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene M&#246;glichkeit wird im nationalen Recht durch &#167; 80 Abs. 4 VwGO er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Nichts anderes folgt f&#252;r die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine &#220;berstellung nicht durchgef&#252;hrt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten er&#246;ffnete M&#246;glichkeit, dass auch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung aussetzen k&#246;nnen, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verl&#246;re im &#220;brigen in weitem Ma&#223;e seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden k&#246;nnte, ohne dass die Gefahr best&#252;nde, dass die &#220;berstellungsfrist abl&#228;uft und ein Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang die Folge w&#228;re (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Die Wirkung, die &#220;berstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entf&#228;llt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig w&#228;re. Vielmehr h&#228;lt sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>aa) Nach &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Beh&#246;rden grunds&#228;tzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Regelungen des Asylgesetzes schlie&#223;en eine beh&#246;rdliche Aussetzung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. &#167; 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den F&#228;llen des &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgef&#252;hrt werden kann (Abs. 1), und enth&#228;lt Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO weder ausdr&#252;cklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich k&#246;nnen auch bei einer im Sinne des &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tats&#228;chlich m&#246;glichen Abschiebung Gr&#252;nde vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtsschutzes - vor&#252;bergehend bis zu einer abschlie&#223;enden gerichtlichen Kl&#228;rung auszusetzen. &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen F&#228;llen - entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endg&#252;ltige gerichtliche Kl&#228;rung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgr&#252;nden ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach &#167; 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vor&#252;bergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorl&#228;ufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des &#167; 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; &#167; 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Ma&#223;stab f&#252;r die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schlie&#223;t weitergehende beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>&#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschr&#228;nkt das beh&#246;rdliche Aussetzungsermessen f&#252;r das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei &#246;ffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Ma&#223;stab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, &#167; 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 &#167; 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also &#167; 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (&#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) er&#246;ffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschr&#228;nkungen ergeben sich daraus, dass die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur beg&#252;nstigt, indem aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zun&#228;chst nicht mehr erfolgen k&#246;nnen, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die &#220;berstellungsfrist unterbricht und so dazu f&#252;hren kann, dass ein vom Antragsteller m&#246;glicherweise erstrebter Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nicht erfolgt; zu ber&#252;cksichtigen sind auch die Belange des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Mindestvoraussetzung einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes und der Erm&#246;glichung einer raschen Bestimmung des f&#252;r die inhaltliche Pr&#252;fung des Asylantrags zust&#228;ndigen Mitgliedstaats (vgl. Erw&#228;gungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den f&#252;r die Pr&#252;fung ihres Asylbegehrens zust&#228;ndigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekund&#228;rmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nach Ablauf der &#220;berstellungsfrist soll verhindern, dass Asylantr&#228;ge monate- oder gar jahrelang nicht gepr&#252;ft werden, zugleich soll das Ziel einer m&#246;glichst schnellen Pr&#252;fung nicht dazu f&#252;hren, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenh&#228;ngende &#220;berstellungsfrist von sechs Monaten zur Verf&#252;gung steht, in der nur noch die &#220;berstellungsmodalit&#228;ten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. &#167; 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren f&#252;r die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes &lt;ABl. L 180 S. 60&gt;) erlaubt eine beh&#246;rdliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erw&#228;gungen, die nicht rechtlich zwingend sein m&#252;ssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats nicht willk&#252;rlich verkennen und auch sonst nicht missbr&#228;uchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschlie&#223;enden Kl&#228;rung dieser Willk&#252;r- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann &#252;berschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig er&#246;ffneter &#220;berstellungsm&#246;glichkeit die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund beh&#246;rdlicher Vers&#228;umnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grunds&#228;tzen beachtlich und hat die &#220;berstellungsfrist neuerlich unterbrochen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kl&#228;ger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anh&#228;ngigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kl&#228;ger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen oder &#220;berstellungsma&#223;nahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der &#220;berstellungsentscheidung nicht zur Gew&#228;hrung aufschiebender Wirkung gef&#252;hrt hat, &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die &#220;berstellungsentscheidung aber noch nicht endg&#252;ltig entschieden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kl&#228;ger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerkl&#228;rung sachlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als au&#223;erordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsma&#223;nahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualit&#228;t einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden beh&#246;rdlichen Erkl&#228;rung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdef&#252;hrer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivit&#228;t auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorg&#228;nge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass f&#252;r eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegen&#252;ber einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willk&#252;r und nicht rechtsmissbr&#228;uchlich, weil sie die Ber&#252;cksichtigung der Effektivit&#228;t verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endg&#252;ltige Ver&#228;nderung der Rechtslage durch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang infolge Ablaufs der &#220;berstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht f&#252;hren die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der &#220;berstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Kl&#228;gers - erst mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung stand f&#252;r diesen fest, dass w&#228;hrend des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen zu rechnen sei - dient die beh&#246;rdliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verh&#228;ltnis zu dem zust&#228;ndigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der &#220;berstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Interesse des Kl&#228;gers an einer zeitnahen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Sachentscheidung &#252;ber seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorl&#228;ufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endg&#252;ltigen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zun&#228;chst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das m&#246;gliche Ziel, damit auch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang zu erwirken, w&#228;re weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzw&#252;rdig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der &#220;berstellungsfrist w&#228;hrend des Revisionsverfahrens ber&#252;cksichtigen k&#246;nnte, weil auch w&#228;hrend des Revisionsverfahrens die &#220;berstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die &#220;berstellung lediglich bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der R&#252;cknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kl&#228;ger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch R&#252;cknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung gen&#252;gt angesichts der im Revisionsverfahren zu kl&#228;renden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begr&#252;ndet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willk&#252;rfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>Diese Erw&#228;gungen, an denen der Senat festh&#228;lt, gelten auch im vorliegenden Verfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzul&#228;ssig erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gem&#228;&#223; Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Bet&#228;tigung des durch Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen f&#252;r eine Reduktion des den nationalen Beh&#246;rden in Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 &lt;noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines Asylantrags zust&#228;ndig ist - Dublin II-VO -&gt;) nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschlie&#223;end beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zust&#228;ndigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zust&#228;ndigkeit wegen sog. systemischer M&#228;ngel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR &lt;GK&gt;, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Pr&#252;fung der internationalen Zust&#228;ndigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die &#220;berstellung in den zun&#228;chst als zust&#228;ndig bestimmten Mitgliedstaat als unm&#246;glich erweist, weil es wesentliche Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen f&#252;r Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entw&#252;rdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union den Vorschriften der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention, der Europ&#228;ischen Konvention f&#252;r Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen M&#228;ngeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen f&#252;r Asylantragsteller regelhaft so defizit&#228;r sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. M&#228;rz 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 &lt;1040&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zust&#228;ndigkeit bereits durch Fristablauf &#252;bergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnissen getroffen, welche f&#252;r die Beurteilung eines Zust&#228;ndigkeits&#252;bergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ma&#223;geblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 21. Februar 2017 einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien gepr&#252;ft und verneint hatte, hat es sich diese Ausf&#252;hrungen in seinem Urteil nicht ausdr&#252;cklich zu eigen gemacht und auch nicht gepr&#252;ft, ob sich die Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien bis zu dem f&#252;r seine Entscheidung im Klageverfahren ma&#223;geblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise ver&#228;ndert hatten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig von der Frage, ob die Beteiligten Umst&#228;nde vorgetragen haben, welche die Vermutung f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell ersch&#252;ttern k&#246;nnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der ver&#246;ffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische M&#228;ngel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien &#252;berwiegend - jedenfalls f&#252;r gesunde, alleinstehende junge Personen - verneint worden (statt vieler OVG M&#252;nster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG K&#246;ln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erw&#228;gungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer M&#228;ngel verneint haben, belegen indes, dass Anlass f&#252;r eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - f&#252;r die R&#252;ckf&#252;hrung junger Vollj&#228;hriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; f&#252;r anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran &#228;ndert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG L&#252;neburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn f&#252;r das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tats&#228;chliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur&#252;ckzuverweisen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzul&#228;ssigkeit des Asylantrags nach &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtm&#228;&#223;ig ist, l&#228;sst auch keine abschlie&#223;ende Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der beh&#246;rdlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, n&#228;mlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p> </dd> </dl> </div>
175,061
eugh-2019-01-09-c-62016
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C-620/16
2019-01-09T00:00:00
2019-01-31T19:21:09
2019-01-31T19:21:09
Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2019:3
<p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DES GENERALANWALTS</p> <p class="C36Centre">MACIEJ SZPUNAR</p> <p class="C36Centre">vom 9.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement"> <b>Rechtssache C</b>&#8209;<b>620/16</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Europ&#228;ische Kommission</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>gegen</b> </p> <p class="C37Centregras"> <b>Bundesrepublik Deutschland</b> </p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vertragsverletzung &#8211; Art.&#160;258 AEUV&#160;&#8211; Beschluss des Rates 2014/699/EU &#8211; Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit &#8211; Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV &#8211; Zul&#228;ssigkeit &#8211; In der Vergangenheit liegendes Verhalten &#8211; Weigerung der Bundesrepublik Deutschland, ihr Stimmrecht bei der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses gem&#228;&#223; dem Beschluss des Rates auszu&#252;ben&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C21Titrenumerote1">I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einleitung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sowohl die Europ&#228;ische Union (im Folgenden auch: Union) als auch 26 ihrer Mitgliedstaaten sind Parteien des &#220;bereinkommens &#252;ber den internationalen Eisenbahnverkehr vom 9.&#160;Mai 1980 in der Fassung des &#196;nderungsprotokolls von Vilnius vom 3.&#160;Juni 1999 (im Folgenden: COTIF), das von der Zwischenstaatlichen Organisation f&#252;r den internationalen Eisenbahnverkehr, einer internationalen Organisation mit Sitz in Bern, verwaltet wird. Zur Vorbereitung einer Sitzung dieser Organisation erlie&#223; der Rat am 24.&#160;Juni 2014 den Beschluss&#160;2014/699/EU(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>), in dem die Aufteilung der Zust&#228;ndigkeiten zwischen der Europ&#228;ischen Union und ihren Mitgliedstaaten hinsichtlich der Aus&#252;bung der Stimmrechte bei dieser Sitzung festgelegt wurde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Ereignisse im Anschluss daran f&#252;hrten zu zwei Verfahren vor dem Gerichtshof: erstens zu einer von der Bundesrepublik Deutschland erhobenen Nichtigkeitsklage gegen den Rat, die vor allem darauf gest&#252;tzt wurde, dass die Union nicht zust&#228;ndig gewesen sei, den Beschluss zu erlassen (diese Klage wurde vom Gerichtshof in seinem Urteil vom 5. Dezember 2017, Deutschland/Rat abgewiesen)(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>); zweitens zu einem von der Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren, dem Gegenstand der vorliegenden Rechtssache.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit ihrer Klage gem&#228;&#223; Art.&#160;258 AEUV beantragt die Kommission, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus dem Beschluss 2014/699 und aus Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV versto&#223;en hat, indem sie nicht im Einklang mit diesem Beschluss abgestimmt und im Zusammenhang mit dieser Sitzung &#246;ffentlichen Widerspruch gegen dessen Inhalt ge&#228;u&#223;ert hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Rechtssache wirft grundlegende Fragen auf hinsichtlich der Zul&#228;ssigkeit von Vertragsverletzungsklagen, wenn das vorgeworfene vertragsverletzende Verhalten in der Vergangenheit liegt und seine Rechtswirkungen angeblich bereits ersch&#246;pft sind. Insoweit bietet sich dem Gerichtshof die Gelegenheit, seine Rechtsprechung zur Zul&#228;ssigkeit von Vertragsverletzungsklagen weiter zu pr&#228;zisieren.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus wird an dieser Rechtssache die Bedeutung des in Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV niedergelegten Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit im Zusammenhang mit den Au&#223;enbeziehungen der Europ&#228;ischen Union deutlich, und zwar insbesondere in Situationen, in denen dieser Grundsatz zu anderen als den in sonstigen unionsrechtlichen Bestimmungen niedergelegten Rechtswirkungen f&#252;hrt. In dieser Hinsicht veranschaulicht das vorliegende Verfahren den Umstand, auf den bereits im Schrifttum hingewiesen wurde, dass es in der Praxis nicht immer einfach ist, den Grundsatz der begrenzten Einzelerm&#228;chtigung(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>) von anderen Grunds&#228;tzen, etwa dem in Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, zu &#8222;isolieren&#8220;(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meine Pr&#252;fung dieser Rechtssache f&#252;hrt mich dazu, dem Gerichtshof vorzuschlagen, die Vertragsverletzungsklage der Kommission f&#252;r sowohl zul&#228;ssig als auch begr&#252;ndet zu befinden.</p> <p class="C21Titrenumerote1">II.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>V&#246;lkerrecht</b> </p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>COTIF</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das COTIF trat am 1.&#160;Juli 2006 in Kraft. Die Parteien des COTIF &#8211; 49 Staaten, darunter alle Mitgliedstaaten der Europ&#228;ischen Union (mit Ausnahme der Republik Zypern und der Republik Malta) &#8211; bilden die Zwischenstaatliche Organisation f&#252;r den internationalen Eisenbahnverkehr (im Folgenden: OTIF). Die Europ&#228;ische Union ist dem COTIF mit Wirkung vom 1.&#160;Juli 2011 beigetreten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;2 &#167;&#160;1 COTIF ist es das Ziel der OTIF, den internationalen Eisenbahnverkehr in jeder Hinsicht zu f&#246;rdern, zu verbessern und zu erleichtern, indem sie insbesondere einheitliche Rechtsordnungen f&#252;r verschiedene, den internationalen Eisenbahnverkehr betreffende Rechtsbereiche aufstellt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der OTIF&#8209;Revisionsausschuss besteht grunds&#228;tzlich aus allen Parteien des COTIF. Nach Art.&#160;17 &#167;&#160;1 Buchst.&#160;a und b COTIF entscheidet er im Rahmen seiner Zust&#228;ndigkeiten &#252;ber Antr&#228;ge auf &#196;nderung des COTIF und pr&#252;ft au&#223;erdem die Antr&#228;ge, die der OTIF&#8209;Generalversammlung zur Entscheidung vorzulegen sind. Die jeweiligen Zust&#228;ndigkeiten dieser beiden OTIF&#8209;Gremien f&#252;r &#196;nderungen des COTIF sind in dessen Art.&#160;33 geregelt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Titel&#160;VI (&#8222;&#196;nderung des [COTIF])&#8220; Art.&#160;33 (&#8222;Zust&#228;ndigkeiten&#8220;) des COTIF lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#167;&#160;2&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Generalversammlung entscheidet &#252;ber Antr&#228;ge auf &#196;nderung des &#220;bereinkommens, soweit in den &#167;&#167;&#160;4 bis 6 nichts anderes bestimmt ist.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8230;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#167;&#160;4&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vorbehaltlich einer Feststellung der Generalversammlung gem&#228;&#223; &#167;&#160;3 Satz&#160;1 entscheidet der Revisionsausschuss &#252;ber Antr&#228;ge auf &#196;nderung der</p> <p class="C38Marge1doubleretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Artikel&#160;9 und 27&#160;&#167;&#167;&#160;2 bis 5;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;</p> <p class="C11Marge1avecretrait">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Einheitlichen Rechtsvorschriften CUV, ausgenommen Artikel&#160;1, 4, 5 und 7 bis 12;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;35 COTIF (&#8222;Beschl&#252;sse der Aussch&#252;sse&#8220;) lautet:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8222;&#167;&#160;1&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die von den Aussch&#252;ssen beschlossenen &#196;nderungen des &#220;bereinkommens werden den Mitgliedstaaten vom Generalsekret&#228;r mitgeteilt.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#167;&#160;2&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die vom Revisionsausschuss beschlossenen &#196;nderungen des &#220;bereinkommens selbst treten f&#252;r alle Mitgliedstaaten am ersten Tage des zw&#246;lften Monats nach dem Monat in Kraft, in dem der Generalsekret&#228;r sie den Mitgliedstaaten mitgeteilt hat. Innerhalb von vier Monaten, gerechnet vom Tage der Mitteilung, k&#246;nnen die Mitgliedstaaten Widerspruch erheben. Erhebt ein Viertel der Mitgliedstaaten Widerspruch, treten die &#196;nderungen nicht in Kraft. Wenn ein Mitgliedstaat innerhalb der Frist von vier Monaten gegen einen Beschluss des Revisionsausschusses Widerspruch erhebt und das &#220;bereinkommen k&#252;ndigt, wird die K&#252;ndigung in dem Zeitpunkt wirksam, der f&#252;r das Inkrafttreten dieses Beschlusses vorgesehen ist.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#167;&#160;3&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die vom Revisionsausschuss beschlossenen &#196;nderungen der Anh&#228;nge zum &#220;bereinkommen treten f&#252;r alle Mitgliedstaaten am ersten Tage des zw&#246;lften Monats nach dem Monat in Kraft, in dem der Generalsekret&#228;r sie den Mitgliedstaaten mitgeteilt hat. Die vom Fachausschuss RID oder vom Fachausschuss f&#252;r technische Fragen beschlossenen &#196;nderungen treten f&#252;r alle Mitgliedstaaten am ersten Tage des sechsten Monats nach dem Monat in Kraft, in dem der Generalsekret&#228;r sie den Mitgliedstaaten mitgeteilt hat.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#167;&#160;4&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Innerhalb von vier Monaten, gerechnet vom Tage der Mitteilung des Generalsekret&#228;rs nach &#167;&#160;3, k&#246;nnen die Mitgliedstaaten Widerspruch erheben. Erhebt ein Viertel der Mitgliedstaaten Widerspruch, treten die &#196;nderungen nicht in Kraft. In den Mitgliedstaaten, die den Beschl&#252;ssen rechtzeitig widersprochen haben, ist die Anwendung des jeweiligen Anhangs insgesamt im Verkehr mit und zwischen den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der Beschl&#252;sse ausgesetzt. Jedoch sind bei einem Widerspruch gegen die Verbindlichkeitserkl&#228;rung einer technischen Norm oder gegen die Annahme einer einheitlichen technischen Vorschrift nur diese im Verkehr mit und zwischen den Mitgliedstaaten mit dem Inkrafttreten der Beschl&#252;sse ausgesetzt; entsprechendes gilt bei einem teilweisen Widerspruch.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;38 &#167;&#160;2 COTIF kann die Europ&#228;ische Union als regionale Organisation, die dem COTIF beigetreten ist, die Rechte aus&#252;ben, die ihren Mitgliedern aufgrund des &#220;bereinkommens zustehen, soweit sie Gegenst&#228;nde betreffen, die in die Zust&#228;ndigkeit der regionalen Organisation fallen. Gem&#228;&#223; Art.&#160;38 &#167;&#160;3 COTIF stehen ihr hinsichtlich der Wahrnehmung des Stimmrechts und des in Art.&#160;35 &#167;&#167;&#160;2 und 4 vorgesehenen Widerspruchsrechts so viele Stimmen zu, wie die Zahl ihrer Mitglieder betr&#228;gt, die zugleich Mitgliedstaaten der OTIF sind. Letztere d&#252;rfen ihre Rechte, insbesondere das Stimmrecht, nur in dem Umfang wahrnehmen, wie Art.&#160;35 &#167;&#160;2 COTIF es zul&#228;sst.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Beitrittsvereinbarung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die am 23.&#160;Juni 2011 in Bern unterzeichnete Vereinbarung zwischen der Europ&#228;ischen Union und der [OTIF] &#252;ber den Beitritt der Europ&#228;ischen Union zum [COTIF] vom 9.&#160;Mai 1980 in der Fassung des &#196;nderungsprotokolls von Vilnius vom 3.&#160;Juni 1999 (ABl.&#160;2013, L&#160;51, S.&#160;8, im Folgenden: Beitrittsvereinbarung) ist gem&#228;&#223; ihrem Art.&#160;9 am 1.&#160;Juli 2011 in Kraft getreten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;6 dieser Vereinbarung lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Beschl&#252;ssen in Angelegenheiten, in denen die Union ausschlie&#223;lich zust&#228;ndig ist, nimmt die Union die Stimmrechte ihrer Mitgliedstaaten im Rahmen des [COTIF] wahr.</p> <p class="C02AlineaAltA">(2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Beschl&#252;ssen in Angelegenheiten, in denen die Union gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten zust&#228;ndig ist, nehmen entweder die Union oder ihre Mitgliedstaaten an der Abstimmung teil.</p> <p class="C02AlineaAltA">(3)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vorbehaltlich des Artikels&#160;26 Absatz&#160;7 des [COTIF] verf&#252;gt die Union &#252;ber dieselbe Anzahl von Stimmen wie ihre Mitgliedstaaten, die auch Parteien des [COTIF] sind. Wenn die Union an der Abstimmung teilnimmt, sind ihre Mitgliedstaaten nicht stimmberechtigt.</p> <p class="C02AlineaAltA">(4)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Union unterrichtet in jedem einzelnen Fall die anderen Parteien des &#220;bereinkommens, wenn sie bei den verschiedenen Tagesordnungspunkten der Tagungen der Generalversammlung und anderer Entscheidungsgremien die Stimmrechte nach den Abs&#228;tzen&#160;1 bis 3 aus&#252;ben wird. Diese Verpflichtung gilt auch f&#252;r Beschl&#252;sse, die im schriftlichen Verfahren gefasst werden. Diese Unterrichtung erfolgt fr&#252;hzeitig genug &#252;ber das OTIF&#8209;Generalsekretariat, damit die betreffenden Informationen zusammen mit den Sitzungsunterlagen weitergeleitet oder Beschl&#252;sse im schriftlichen Verfahren gefasst werden k&#246;nnen.&#8220;</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Unionsrecht</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Beitrittsvereinbarung wurde durch den Beschluss des Rates 2013/103/EU im Namen der Union genehmigt(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Laut Art.&#160;5 dieses Beschlusses &#8222;[enth&#228;lt dessen] Anhang&#160;III &#8230; die internen Regelungen f&#252;r die Vorbereitung der OTIF&#8209;Sitzungen sowie f&#252;r die Abgabe von Erkl&#228;rungen und die Stimmabgabe in diesen Sitzungen&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Anhang&#160;III (&#8222;Interne Regelungen f&#252;r Rat, Mitgliedstaaten und Kommission in Bezug auf die Verfahren im Rahmen der OTIF&#8220;) lautet:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Angesichts der Notwendigkeit einer geschlossenen v&#246;lkerrechtlichen Vertretung der Union und ihrer Mitgliedstaaten in Einklang mit dem Vertrag &#252;ber die Europ&#228;ische Union und dem Vertrag &#252;ber die Arbeitsweise der Europ&#228;ischen Union und der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union auch bei der Umsetzung internationaler Verpflichtungen werden der Rat, die Mitgliedstaaten und die Kommission folgende interne Regelungen anwenden:</p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Geltungsbereich</b> </p> <p class="C10Marge1">Diese internen Regelungen gelten f&#252;r alle Sitzungen eines im Rahmen der OTIF eingerichteten Gremiums. Jeder Hinweis auf eine &#8218;Sitzung&#8216; im Sinne dieser Regelungen schlie&#223;t sinngem&#228;&#223; auch Hinweise auf andere Verfahren wie beispielsweise schriftliche Verfahren ein.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Koordinierungsverfahren</b> </p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Vorbereitung einer OTIF&#8209;Sitzung &#8211; unter anderem der Tagungen der Generalversammlung, des Verwaltungsausschusses und anderer Aussch&#252;sse &#8211; finden Koordinierungssitzungen wie folgt statt:</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;im Vorfeld der OTIF&#8209;Sitzung in Br&#252;ssel in der zust&#228;ndigen Arbeitsgruppe des Rates (in der Regel die Gruppe &#8218;Landverkehr&#8216;), so bald wie m&#246;glich und so oft wie n&#246;tig, sowie zus&#228;tzlich</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;vor Ort, insbesondere zu Beginn und bei Bedarf w&#228;hrend und nach Abschluss einer OTIF&#8209;Sitzung.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den Koordinierungssitzungen werden die Standpunkte vereinbart, die nur im Namen der Union oder gegebenenfalls im Namen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu vertreten sind. Standpunkte der Mitgliedstaaten in Angelegenheiten, die in deren ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit fallen, k&#246;nnen in diesen Sitzungen in die Koordinierung einbezogen werden, wenn die Mitgliedstaaten dies vereinbaren.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den Koordinierungssitzungen wird &#252;ber die Aus&#252;bung der Zust&#228;ndigkeiten in Bezug auf die Erkl&#228;rungen und Abstimmungen zu jedem Tagesordnungspunkt der OTIF&#8209;Sitzung entschieden, zu dem eine Erkl&#228;rung abgegeben werden kann oder bei denen mit einer Abstimmung zu rechnen ist.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Vorbereitung der Koordinierungssitzungen nach Ziffer 2.1 &#8211; unter Einschluss der Entw&#252;rfe von Erkl&#228;rungen und Positionspapieren &#8211; finden erforderlichenfalls in dem zust&#228;ndigen Ausschuss, der mit der jeweiligen Unionsrechtsvorschrift f&#252;r den Eisenbahnverkehr eingesetzt wurde, Vorgespr&#228;che statt; hierbei handelt es sich um folgende Aussch&#252;sse:</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausschuss f&#252;r den Gefahrguttransport bei Angelegenheiten, die unter Anlage C des &#220;bereinkommens fallen; sind Aspekte der Eisenbahninteroperabilit&#228;t oder das im Rahmen der Richtlinie 2004/49/EG entwickelte gemeinsame Sicherheitskonzept betroffen, so ist auch der Ausschuss f&#252;r Eisenbahninteroperabilit&#228;t und Eisenbahnsicherheit einzubeziehen;</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausschuss f&#252;r die Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Union bei Angelegenheiten, die unter die Anlagen&#160;A, B, D und E des &#220;bereinkommens fallen, sowie bei anderen von der OTIF ausgearbeiteten Systemen einheitlicher Rechtsvorschriften;</p> <p class="C12Marge1avectiretlong">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausschuss f&#252;r Eisenbahninteroperabilit&#228;t und Eisenbahnsicherheit bei Angelegenheiten, die unter die Anlagen&#160;F und G des &#220;bereinkommens fallen.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.5.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vor einer OTIF&#8209;Sitzung gibt die Kommission einen Hinweis darauf, welche Tagesordnungspunkte der Unionskoordinierung unterliegen, und erstellt die Entw&#252;rfe von Erkl&#228;rungen und Positionspapieren, die in Koordinierungssitzungen zu er&#246;rtern sind.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.6.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;K&#246;nnen die Kommission und die Mitgliedstaaten in Koordinierungssitzungen keinen gemeinsamen Standpunkt &#8211; auch wegen Uneinigkeit &#252;ber die Zust&#228;ndigkeitsverteilung &#8211; erzielen, so wird der Ausschuss der St&#228;ndigen Vertreter und/oder der Rat mit der Angelegenheit befasst.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Erkl&#228;rungen und Abstimmungen in OTIF</b>&#8209;<b>Sitzungen</b> </p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Tagesordnungspunkten, die in die ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit der Union fallen, ergreift die Kommission im Namen der Union das Wort und stimmt in ihrem Namen ab. Nach entsprechender Koordinierung k&#246;nnen auch die Mitgliedstaaten das Wort ergreifen, um den Unionsstandpunkt zu unterst&#252;tzen und/oder zu erg&#228;nzen.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Tagesordnungspunkten, die in die ausschlie&#223;liche Zust&#228;ndigkeit der Mitgliedstaaten fallen, wird das Rede- und Stimmrecht von den Mitgliedstaaten ausge&#252;bt.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Tagesordnungspunkten, die in die Zust&#228;ndigkeit sowohl der Union als auch der Mitgliedstaaten fallen, tragen der Vorsitz und die Kommission den gemeinsamen Standpunkt vor. Nach entsprechender Koordinierung k&#246;nnen auch die Mitgliedstaaten das Wort ergreifen, um den gemeinsamen Standpunkt zu unterst&#252;tzen und/oder zu erg&#228;nzen. Die Mitgliedstaaten bzw. die Kommission stimmen im Namen der Union und ihrer Mitgliedstaaten entsprechend dem gemeinsamen Standpunkt ab. Die Entscheidung dar&#252;ber, wer das Stimmrecht aus&#252;bt, wird je nach dem &#220;berwiegen der Zust&#228;ndigkeit (z.&#160;B. je nachdem, ob &#252;berwiegend der Mitgliedstaat oder &#252;berwiegend die Union zust&#228;ndig ist) getroffen.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.4.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Bei Tagesordnungspunkten, die in die Zust&#228;ndigkeit sowohl der Union als auch der Mitgliedstaaten fallen und zu denen zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten kein gemeinsamer Standpunkt gem&#228;&#223; Ziffer&#160;2.6 erzielt werden konnte, k&#246;nnen die Mitgliedstaaten und die Kommission in Fragen, die eindeutig in ihre jeweilige Zust&#228;ndigkeit fallen, das Rede- und Stimmrecht aus&#252;ben.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.5.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Fragen, in denen zwischen Kommission und Mitgliedstaaten keine Einigung &#252;ber die Zust&#228;ndigkeitsverteilung erreicht wurde, oder wenn die f&#252;r einen Unionsstandpunkt erforderliche Mehrheit nicht erreicht werden konnte, bem&#252;hen sich alle Seiten nach Kr&#228;ften, die Lage zu kl&#228;ren oder einen Unionsstandpunkt festzulegen. Bis dahin und nach entsprechender Koordinierung k&#246;nnten gegebenenfalls die Mitgliedstaaten und/oder die Kommission das Wort ergreifen, sofern der vertretene Standpunkt einem k&#252;nftigen Standpunkt der Union nicht vorgreift, mit der Unionspolitik sowie fr&#252;heren Unionsstandpunkten in Einklang steht und dem Unionsrecht entspricht.</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.6.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Vertreter der Mitgliedstaaten und der Kommission k&#246;nnen in OTIF&#8209;Arbeitsgruppen mitwirken, die die Sitzungen der OTIF&#8209;Fachaussch&#252;sse vorbereiten, namentlich des Fachausschusses f&#252;r die Bef&#246;rderung gef&#228;hrlicher G&#252;ter (Committee of Experts for the Carriage of Dangerous Goods &#8211; RID) und des Sachverst&#228;ndigenausschusses (Committee of Technical Experts &#8211; TEC). In diesen Arbeitsgruppen k&#246;nnen die Vertreter der Mitgliedstaaten und der Kommission fachliche Beitr&#228;ge leisten und auf der Grundlage ihrer Sachkenntnis uneingeschr&#228;nkt an den Facher&#246;rterungen teilnehmen. Die Union ist durch diese Er&#246;rterungen nicht gebunden.</p> <p class="C10Marge1">Die Vertreter der Mitgliedstaaten und der Kommission bem&#252;hen sich nach Kr&#228;ften, um zu einem gemeinsamen Standpunkt zu gelangen und diesen bei den Er&#246;rterungen in den OTIF&#8209;Arbeitsgruppen zu vertreten.</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C21Titrenumerote1">III.&#160;<b>Vorgeschichte des Rechtsstreits</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Sachverhalt</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 24.&#160;Juni 2014 erlie&#223; der Rat den Beschluss&#160;2014/699.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;1 Abs.&#160;1 dieses Beschlusses &#8222;[entspricht d]er Standpunkt, der im Namen der Union anl&#228;sslich der 25.&#160;Sitzung des durch das [COTIF] eingerichteten Revisionsausschusses zu vertreten ist, &#8230; dem Anhang dieses Beschlusses&#8220;. Nach dessen Art.&#160;1 Abs.&#160;2 k&#246;nnen &#8222;[g]eringf&#252;gige &#196;nderungen der im Anhang dieses Beschlusses genannten Dokumente &#8230; ohne weiteren Beschluss des Rates von den Vertretern der Union im Revisionsausschuss vereinbart werden&#8220;.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Abschnitt&#160;3 des Anhangs zu diesem Beschluss nennt in Bezug auf die verschiedenen Tagesordnungspunkte f&#252;r die 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses die Aufteilung der Zust&#228;ndigkeit zwischen der Europ&#228;ischen Union und ihren Mitgliedstaaten, die Aus&#252;bung der Stimmrechte und den empfohlenen abgestimmten Standpunkt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Teile von Punkt&#160;4 sowie die Punkte&#160;5, 7 und 12 der Tagesordnung betreffen die in diesem Streit relevanten &#196;nderungen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses trug die Kommission den Standpunkt der Europ&#228;ischen Union entsprechend der Festlegung im Anhang des Beschlusses 2014/699 vor, w&#228;hrend die Bundesrepublik Deutschland einen eigenst&#228;ndigen Standpunkt zu den &#196;nderungsantr&#228;gen in Bezug auf Art.&#160;12 COTIF sowie die Anh&#228;nge&#160;B (CIM), D (CUV) und E (CUI) einnahm und beanspruchte, ihr Stimmrecht zu diesen Punkten selbst auszu&#252;ben. Die Bundesrepublik Deutschland stimmte gegen den von der Europ&#228;ischen Union vertretenen Standpunkt zu den beantragten &#196;nderungen von Art.&#160;12 COTIF und Anhang&#160;D (CUV). Da diese Antr&#228;ge die erforderliche Mehrheit erhielten, wurden die in Rede stehenden &#196;nderungen vom OTIF&#8209;Revisionsausschuss angenommen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vorverfahren</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Schreiben vom 4.&#160;August 2014 gab die Kommission der Bundesrepublik Deutschland Gelegenheit, ihr Verhalten bei der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses zu erl&#228;utern.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In ihrer Antwort vom 12.&#160;November 2014 vertrat die Bundesrepublik Deutschland den Standpunkt, dass ihr Verhalten vollkommen legitimiert und rechtm&#228;&#223;ig sei, da keine der in Rede stehenden &#196;nderungen in die Zust&#228;ndigkeit der Europ&#228;ischen Union falle, weil diese ihre Zust&#228;ndigkeit in den betreffenden Bereichen nicht ausge&#252;bt habe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 22.&#160;Dezember 2014 erhob die Bundesrepublik Deutschland Klage beim Gerichtshof, um die teilweise Nichtigerkl&#228;rung des Beschlusses&#160;2014/699 insoweit zu erwirken, als er sich auf die streitigen &#196;nderungen bezieht. Ihre R&#252;gen betrafen mutma&#223;liche Verst&#246;&#223;e gegen (i)&#160;den Grundsatz der begrenzten Einzelerm&#228;chtigung (Art.&#160;5 Abs.&#160;2 EUV) wegen Unzust&#228;ndigkeit der Union, (ii)&#160;gegen die Begr&#252;ndungspflicht (Art.&#160;296 AEUV) und (iii)&#160;gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV) in Verbindung mit dem Grundsatz eines effektiven Rechtsschutzes(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 29.&#160;Mai 2015 leitete die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gem&#228;&#223; Art.&#160;258 Abs.&#160;1 AEUV ein, indem sie ein Aufforderungsschreiben an die Bundesrepublik Deutschland richtete, in dem sie den Standpunkt vertrat, dieser Mitgliedstaat habe durch sein Verhalten auf der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses gegen seine Verpflichtungen aus dem Beschluss&#160;2014/699 und aus Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV versto&#223;en. Daraus, dass die Bundesrepublik Deutschland ihren eigenen Ausf&#252;hrungen zufolge ihr Verhalten f&#252;r ausdr&#252;cklich legitimiert erachte, k&#246;nne ferner geschlossen werden, dass sie wahrscheinlich in Zukunft in einer &#228;hnlichen Situation ebenso handeln w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In ihrer Antwort vom 7.&#160;Juli 2015 wies die Bundesrepublik Deutschland die Einw&#228;nde der Kommission zur&#252;ck.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 11.&#160;Dezember 2015 gab die Kommission eine mit Gr&#252;nden versehene Stellungnahme ab, in der sie ihren im Aufforderungsschreiben zum Ausdruck gebrachten Standpunkt wiederholte. Die Kommission forderte die Bundesrepublik Deutschland auf, die notwendigen Ma&#223;nahmen zu treffen, um der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme binnen zwei Monaten nach Eingang des Schreibens nachzukommen und insbesondere die darin beschriebene vertragsverletzende Praxis nicht weiter fortzusetzen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Schreiben vom 1.&#160;Februar 2016 erwiderte die Bundesrepublik Deutschland auf die mit Gr&#252;nden versehene Stellungnahme, wobei sie den in ihrer Antwort auf das Aufforderungsschreiben vertretenen Standpunkt wiederholte.</p> <p class="C22Titrenumerote2">C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Verfahren vor dem Gerichtshof</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kommission ist der Ansicht, dass die Bundesrepublik Deutschland keinerlei Ma&#223;nahmen getroffen habe, um die Folgen des mutma&#223;lichen rechtsverletzenden Verhaltens zu beseitigen oder jedenfalls zu begrenzen und Zweifel in Bezug auf ihr k&#252;nftiges Vorgehen auszur&#228;umen. Die Bundesrepublik Deutschland habe auch weder gegen&#252;ber der OTIF noch gegen&#252;ber der Kommission die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens einger&#228;umt, sondern, im Gegenteil, daran festgehalten, dass ihr Verhalten rechtm&#228;&#223;ig gewesen sei.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da die Erwiderung der Bundesrepublik Deutschland vom 1.&#160;Februar 2016 der Kommission nicht gen&#252;gte, hat sie die vorliegende Klage erhoben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 5.&#160;Dezember 2017, nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens in der vorliegenden Rechtssache, hat der Gerichtshof sein Urteil in der Rechtssache Deutschland/Rat(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>) erlassen, in dem er die Klage der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich aller drei von ihr vorgebrachten Klagegr&#252;nde abgewiesen hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit gesondertem Schriftsatz, der am 8.&#160;Februar 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland eine Einrede der Unzul&#228;ssigkeit erhoben. Am 10.&#160;Mai 2017 hat der Gerichtshof nach Anh&#246;rung des Generalanwalts seine Entscheidung dem Endurteil vorbehalten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Rat der Europ&#228;ischen Union hat mit Schriftsatz, der am 4.&#160;Dezember 2017 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, beantragt, als Streithelfer zur Unterst&#252;tzung der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 3.&#160;Januar 2018 hat der Pr&#228;sident des Gerichtshofs diesem Antrag stattgegeben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die deutsche Regierung und die Kommission wie auch der Rat der Europ&#228;ischen Union haben in der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 4.&#160;Juli 2018 m&#252;ndliche Ausf&#252;hrungen gemacht.</p> <p class="C21Titrenumerote1">IV.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zul&#228;ssigkeit der Klage</b> </p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vorbringen der Parteien</b> </p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Bundesrepublik Deutschland</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland h&#228;lt die Klage f&#252;r unzul&#228;ssig. Das in dieser Sache in Rede stehende Verhalten habe nach Ende der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses &#8211; also vor Ablauf der von der Kommission in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist &#8211; keinerlei Wirkungen mehr entfaltet. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs k&#246;nne die Kommission bei diesem daher keine Vertragsverletzungsklage mehr erheben, falls der betreffende Mitgliedstaat die Vertragsverletzung vor Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist beendet habe; dar&#252;ber hinaus sei eine Vertragsverletzungsklage unzul&#228;ssig, wenn die Handlung, f&#252;r die der Mitgliedstaat ger&#252;gt werde, bereits vor Ablauf dieser Frist keinerlei Wirkung mehr entfaltet habe(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Aus&#252;bung des Stimmrechts durch sie &#8211; so die Bundesrepublik Deutschland &#8211; habe, wie die Kommission auch selbst einr&#228;ume, keinen Einfluss auf das Ergebnis der Abstimmungen auf der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses gehabt; die Reputation, Glaubw&#252;rdigkeit oder einheitliche Vertretung der Europ&#228;ischen Union gegen&#252;ber Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft habe dadurch keinerlei Schaden genommen. Jedenfalls habe die Union das Verfahren zum Erlass des Beschlusses 2014/699 so ausgestaltet, dass der Bundesrepublik Deutschland der Rechtsschutz gegen diesen Beschluss&#160;abgeschnitten gewesen sei, und so eine Ursache f&#252;r die Meinungsverschiedenheit w&#228;hrend dieser Sitzung gesetzt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich sei die behauptete Sch&#228;digung des Ansehens der Europ&#228;ischen Union nicht mehr r&#252;ckg&#228;ngig zu machen. Der Vortrag der Kommission, Deutschland habe keinerlei Schritte unternommen, um die Folgen seines in diesem Vertragsverletzungsverfahren in Rede stehenden Verhaltens zu beseitigen oder Zweifel in Bezug auf sein k&#252;nftiges Verhalten auszur&#228;umen, sei unzutreffend. Tats&#228;chlich habe die Bundesrepublik Deutschland, als der Beschluss (EU) 2015/1734(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>) des Rates erlassen worden sei, eine Erkl&#228;rung abgegeben (im Folgenden: Erkl&#228;rung vom 17.&#160;September 2015), die in die Niederschrift der Ratstagung aufgenommen worden sei; darin habe Deutschland zwar weiterhin die Auffassung vertreten, dass der Ratsbeschluss rechtswidrig sei, aber dennoch erkl&#228;rt, dass die Bundesrepublik Deutschland vor einer Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Deutschland/Kommission (C&#8209;600/14) ihr Stimmrecht bei den streitigen Punkten nicht abweichend von den Standpunkten der Union aus&#252;ben werde. Damit habe sie die in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme beanstandete Praxis schon beendet, bevor die darin genannte Frist &#252;berhaupt begonnen habe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Soweit die Kommission erwarte, dass die Bundesrepublik Deutschland sich &#246;ffentlich entschuldige und ihre Rechtsauffassung aufgebe, sei keine Grundlage hierf&#252;r ersichtlich und fraglich, inwieweit eine solche Entschuldigung die behauptete Sch&#228;digung des Ansehens und der Glaubw&#252;rdigkeit der Europ&#228;ischen Union nachtr&#228;glich beseitigen k&#246;nnte. Jedenfalls spreche weder im Aufforderungsschreiben noch in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme etwas f&#252;r die Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Nichtabgabe einer solchen Entschuldigung gegen Unionsrecht versto&#223;en habe. Zudem gen&#252;gten nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fortbestehende rechtliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Mitgliedstaat und Kommission f&#252;r die Zul&#228;ssigkeit einer Vertragsverletzungsklage nicht, solange der Mitgliedstaat sich gleichwohl in seinem Verhalten der Auffassung der Kommission beuge. Dies gelte erst recht, wenn die Rechtsfrage, wie im vorliegenden Fall, bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Gerichtshof sei.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorbringen der Bundesrepublik Deutschland l&#228;sst sich meines Erachtens am besten auf den Punkt bringen mit der polnischen Wendung &#8222;poci&#261;g odjecha&#322;&#8220;(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>).</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Kommission</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kommission r&#228;umt ein, dass eine Klage nach Art.&#160;258 AEUV wegen eines Versto&#223;es, der vor Ablauf der in der mit&#160;Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist alle seine Wirkungen verloren habe, unzul&#228;ssig sei; allerdings gelte dieser Grundsatz nicht uneingeschr&#228;nkt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus dem Urteil vom 31.&#160;M&#228;rz 1992, Kommission/Italien(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>), k&#246;nne geschlossen werden, dass auch bei Vertragsverletzungen, die nach Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist keine Wirkungen mehr entfalteten, die Klage zul&#228;ssig bleibe, wenn die Kommission selbst bei rechtzeitigem Handeln nicht die erforderliche Zeit gehabt h&#228;tte, das Vorverfahren vor Beendigung des Versto&#223;es zum Abschluss zu bringen. In derartigen F&#228;llen bestehe ein &#246;ffentliches Interesse daran, dass der Gerichtshof die Rechtslage kl&#228;re, um Zweifel auf Seiten des betroffenen Mitgliedstaats oder anderer Mitgliedstaaten zu vermeiden. Dieses Interesse sei besonders offenkundig, wenn Meinungsverschiedenheiten zwischen der Kommission und dem betroffenen Mitgliedstaat hinsichtlich der Rechtm&#228;&#223;igkeit von dessen Verhalten fortbest&#252;nden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Unter den im vorliegenden Fall gegebenen Umst&#228;nden sei es ihr nicht m&#246;glich gewesen, ein Vertragsverletzungsverfahren rechtzeitig erfolgreich abzuschlie&#223;en.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem h&#228;lt die Kommission nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs einen Nachweis der Gefahr einer Wiederholung des behaupteten Verhaltens f&#252;r nicht erforderlich.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die R&#252;ge einer mutma&#223;lichen Verletzung des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit gem&#228;&#223; Art.&#160;4 Abs.&#160;3 AEUV angeht, r&#228;umt die Kommission ein, dass eine vollst&#228;ndige Beseitigung des eingetretenen Schadens nicht mehr m&#246;glich sei; allerdings k&#246;nne der Schaden durch m&#246;gliche Klarstellungen Deutschlands in einer sp&#228;teren Sitzung der OTIF begrenzt werden. Da es der Kommission unm&#246;glich gewesen sei, diesem irreparablen Schaden durch ein Vertragsverletzungsverfahren zuvorzukommen, sei diese Klage jedenfalls als zul&#228;ssig anzusehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu dem Argument, das Verhalten der Europ&#228;ischen Union habe zu einer ihrer Glaubw&#252;rdigkeit und ihrem Ansehen abtr&#228;glichen Situation gef&#252;hrt, f&#252;hrt die Kommission aus, dass, w&#228;hrend die Wirkungen des Verhaltens der Bundesrepublik Deutschland unbestreitbar seien, eine R&#252;ge des Verhaltens von Kommission und Rat allenfalls im Rahmen der Begr&#252;ndetheit der Klage ehoben werden k&#246;nne. Jedenfalls sei dieses Vorbringen nicht stichhaltig. Diese &#220;berlegung gelte auch f&#252;r das Argument des Mitgliedstaats, ihm sei jeglicher Rechtsschutz abgeschnitten worden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Des Weiteren tritt die Kommission dem Vorbringen entgegen, die Bundesrepublik Deutschland habe bereits alles getan, um die Zweifel an ihrem k&#252;nftigen Verhalten auszur&#228;umen bzw. im Rahmen des M&#246;glichen die sch&#228;dlichen Folgen der Vertragsverletzung f&#252;r das Erscheinungsbild der Union zu beseitigen. Insbesondere habe der Mitgliedstaat im OTIF&#8209;Revisionsausschuss nicht klargestellt, dass ihm ein Fehler unterlaufen sei.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der vorliegenden Rechtssache stellt sich die Frage, ob die Klage der Kommission deshalb unzul&#228;ssig ist, weil die Rechtswirkungen des zur Last gelegten Versto&#223;es mutma&#223;lich bereits vor Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist ersch&#246;pft waren.</p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Wortlaut des Vertrags</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ausgangspunkt ist der Wortlaut von Art.&#160;258 AEUV.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach dieser Bestimmung hat die Kommission, wenn ihrer Auffassung nach ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus den Vertr&#228;gen (d.&#160;h. gegen eine sich aus Unionsrecht ergebende Verpflichtung) versto&#223;en hat, eine mit Gr&#252;nden versehene Stellungnahme dazu abzugeben, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat zuvor Gelegenheit zur &#196;u&#223;erung gegeben hat. Kommt der Mitgliedstaat dieser Stellungnahme nicht innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nach, kann die Kommission den Gerichtshof anrufen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Wortlaut von Art.&#160;258 AEUV k&#246;nnte tats&#228;chlich zu dem Schluss verleiten, dass diese Bestimmung logischerweise einen fortdauernden Versto&#223; voraussetzt, den der Mitgliedstaat im Lauf des Verfahrens beenden kann. Man k&#246;nnte argumentieren, Voraussetzung daf&#252;r, dass ein Mitgliedstaat einer mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme nachkommen k&#246;nne, m&#252;sse ein fortdauernder Versto&#223; sein, da es dem Mitgliedstaat sonst unm&#246;glich w&#228;re, der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme nachzukommen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings sollte diesem kategorischen Ansatz, auch wenn er verlockend erscheinen mag, nicht gefolgt werden.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einschl&#228;gige Rechtsprechung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zun&#228;chst ist zu sagen, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs einen solchen Ansatz nicht st&#252;tzt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtig ist, dass es der Kommission nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht m&#246;glich ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, wenn der betreffende Mitgliedstaat der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme der Kommission vor Ablauf der darin gesetzten Frist nachgekommen ist(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Allerdings ist es recht selten vorgekommen, dass der Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage tats&#228;chlich wegen Unzul&#228;ssigkeit abgewiesen hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;So hat der Gerichtshof in der Rechtssache Kommission/Italien(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>), die die Vergabe &#246;ffentlicher Auftr&#228;ge betraf, festgestellt, dass, wenn alle Wirkungen einer Ausschreibung vor Erlass einer mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme ersch&#246;pft seien, der ger&#252;gte Versto&#223; bei Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht mehr bestehe und die Klage der Kommission daher als unzul&#228;ssig abzuweisen sei(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof st&#252;tzte seine Begr&#252;ndung auf den Umstand, dass &#8222;die Kommission nicht rechtzeitig gehandelt hat, um &#8211; mit Hilfe der Verfahren, die ihr zur Verf&#252;gung stehen &#8211; zu verhindern, dass der ger&#252;gte Versto&#223; Wirkungen entfaltet, und dass sie sich nicht einmal darauf berufen hat, dass das in Artikel [258&#160;AEUV] vorgesehene Vorverfahren nicht habe abgeschlossen werden k&#246;nnen, bevor der Versto&#223; abgestellt wurde&#8220;(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>). Damit folgte der Gerichtshof &#8222;im Kern&#8220;(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>) den Schlussantr&#228;gen des Generalanwalts Lenz, wonach Ausnahmen von dieser Regel(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>) geboten sein k&#246;nnen in F&#228;llen von &#8222;Saisonverst&#246;&#223;en&#160;&#8230;, wenn die Vertragsverletzung wegen ihrer Zielsetzung und rechtlichen Natur nur befristet eingef&#252;hrt wird (wie z.&#160;B. bei saisonabh&#228;ngigen Einfuhr- oder Ausfuhrbeschr&#228;nkungen zum Schutz der einheimischen Wirtschaftsteilnehmer) und die Durchf&#252;hrung des Vorverfahrens zur Vertragsverletzungsklage dadurch rein zeitlich erschwert, wenn nicht gar unm&#246;glich wird&#8220;(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens war dieser Aspekt f&#252;r die Begr&#252;ndung des Gerichtshofs entscheidend: Da die Kommission weder gehandelt hatte, als sie h&#228;tte handeln k&#246;nnen, noch einen angemessenen Grund f&#252;r ihre Unt&#228;tigkeit angegeben hatte, sollte es ihr nicht m&#246;glich sein, sp&#228;ter ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den Mitgliedstaat einzuleiten, falls der vorgeworfene Versto&#223; nicht mehr bestand.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtsprechung des Gerichtshofs nimmt somit eine zweistufige (kumulative) Pr&#252;fung vor. Danach ist eine Klage unzul&#228;ssig, wenn erstens der Versto&#223; bei Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht mehr bestand. Zweitens muss die Kommission in der Lage gewesen sein, durch ihr Handeln zu verhindern, dass der vorgeworfene Versto&#223; Wirkungen entfaltet. Sollte eine dieser Voraussetzungen nicht erf&#252;llt sein, kann die Klage nicht unzul&#228;ssig sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der vorliegenden Sache ergibt diese Pr&#252;fung, dass die Klage der Kommission zul&#228;ssig ist, da sie keine M&#246;glichkeit hatte, zu verhindern, dass Deutschland den mutma&#223;lichen Versto&#223; beging(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hinzu kommt, dass die Kommission, wie Generalanwalt Mengozzi klargestellt hat, zwar grunds&#228;tzlich nicht gegen bereits beendete Zuwiderhandlungen vorgehen darf, dass dies &#8222;jedoch &#8230; nicht die M&#246;glichkeit verschlie&#223;en [darf], kurzzeitige Zuwiderhandlungen, in deren Fall die Kommission selbst bei rechtzeitigem Handeln de facto nicht die Zeit h&#228;tte, vor ihrer Beendigung das Vorverfahren zum Abschluss zu bringen, &#8230; zu verfolgen&#8220;(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>). Ein &#252;berzeugendes Argument ist meines Erachtens auch Generalanwalt Geelhoeds Warnung, dass eine &#252;bertrieben starre Auslegung der Zul&#228;ssigkeitsvoraussetzungen &#8222;[i]n letzter Konsequenz &#8230; n&#228;mlich bedeuten [w&#252;rde], dass ein Vorgehen nach Artikel&#160;[258 AEUV] gegen vollendete und unumkehrbare Zuwiderhandlungen gegen das [Unionsrecht] k&#252;nftig unm&#246;glich w&#228;re. Damit k&#246;nnte systematischen Zuwiderhandlungen &#8230; T&#252;r und Tor ge&#246;ffnet werden.&#8220;(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>)</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der von mir vorgeschlagene Ansatz steht in vollem Umfang mit der fr&#252;hen Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Zul&#228;ssigkeit in Vertragsverletzungsverfahren in Einklang. Schon 1973 war der Gerichtshof bestrebt, einem Mitgliedstaat, der sich auf eine verwegene Argumentation zur Zul&#228;ssigkeit st&#252;tzte, einen Riegel vorzuschieben, als er feststellte, dass &#8222;der Beklagten keinesfalls gefolgt werden [kann], soweit sie sich, um sich dem Klageanspruch zu entziehen, auf von ihr selbst geschaffene vollendete Tatsachen beruft&#8220;(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>). F&#252;r n&#228;here Ausf&#252;hrungen zur Bedeutung dieser Feststellung in der vorliegenden Rechtssache sehe ich keine Notwendigkeit.</p> <p class="C24Titrenumerote4">c)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Kommission braucht nicht ein &#8222;spezifisches Rechtsschutzinteresse&#8220; gesondert nachzuweisen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Abschlie&#223;end ist hinzuzuf&#252;gen, dass im Zusammenhang mit Art.&#160;258 AEUV die Klageerhebung nicht den Nachweis eines spezifischen Rechtsschutzinteresses durch die Kommission erfordert(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>). In der Tat braucht die Kommission bei der Wahrnehmung der ihr in Art.&#160;258 AEUV einger&#228;umten Zust&#228;ndigkeiten kein spezifisches Rechtsschutzinteresse nachzuweisen. In Anbetracht ihrer Rolle als H&#252;terin der Vertr&#228;ge ist allein die Kommission f&#252;r die Entscheidung zust&#228;ndig, ob es angebracht ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, und wegen welcher dem betroffenen Mitgliedstaat zuzurechnenden Handlung oder Unterlassung dieses Verfahren zu er&#246;ffnen ist(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>).</p> <p class="C24Titrenumerote4">d)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Keine enge Auslegung von Art.&#160;258 AEUV</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zu dem allgemeineren und grundlegenderen Argument der deutschen Regierung, dass Art.&#160;258 AEUV als Verfahrensvorschrift eng auszulegen sei, um maximale Rechtssicherheit zu gew&#228;hrleisten, gen&#252;gt der Hinweis, dass der Rechtsprechung des Gerichtshofs kein solcher Grundsatz zu entnehmen ist(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ganz im Gegenteil. Neben seiner liberalen Rechtsprechung zur Zul&#228;ssigkeit von Vorlagen zur Vorabentscheidung(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>) hat sich der Gerichtshof auch bei der Auslegung von Verfahrensvorschriften der Vertr&#228;ge nicht gescheut, diese (milde ausgedr&#252;ckt) <i>praeter legem</i> auszulegen, um den Rechtsstaatsgrundsatz, auf dem die Unionsrechtsordnung(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>) beruht, oder den Grundsatz des interinstitutionellen Gleichgewichts aufrechtzuerhalten(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>). Im Urteil Uni&#243;n de Peque&#241;os Agricultores/Rat, auf das die deutsche Regierung ihr Vorbringen insbesondere st&#252;tzt, hat sich der Gerichtshof tats&#228;chlich entschieden, Art.&#160;263 Abs.&#160;4 AEUV nicht zu weit auszulegen. Anders als in der vorliegenden Rechtssache ging es dort allerdings um die Bestimmung der individuellen Betroffenheit im Sinne von Art.&#160;263 AEUV und somit um die &#220;berwachung der Rechtm&#228;&#223;igkeit von Handlungen der Unionsorgane. H&#228;tte der Gerichtshof diese Kriterien gelockert und seine Rechtsprechung ge&#228;ndert, h&#228;tte dies Auswirkungen auf das gesamte Rechtsschutzsystem der Unionsrechtsordnung sowie das Verh&#228;ltnis zwischen Nichtigkeitsklagen gem&#228;&#223; Art.&#160;263 AEUV und dem Vorabentscheidungsverfahren nach Art.&#160;267 AEUV und deren Zusammenspiel gehabt, weshalb der Gerichtshof auf die M&#246;glichkeit hinwies, die Vertr&#228;ge gem&#228;&#223; Art.&#160;48 EU zu &#228;ndern(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zusammenfassend ist zu sagen, dass die vorliegende Klage daher zul&#228;ssig ist.</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Begr&#252;ndetheit der Klage</b> </p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Versto&#223; gegen den Beschluss&#160;2014/699</b> </p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vorbringen der Parteien</b> </p> <p class="C25Titrenumerote5">1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Kommission</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kommission tr&#228;gt vor, die Bundesrepublik Deutschland habe gegen den Beschluss&#160;2014/699 versto&#223;en, indem sie auf der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses sowohl entgegen dem in diesem Beschluss von der Europ&#228;ischen Union zu den Punkten 4 und 7 der Tagesordnung dieses Revisionsausschusses festgelegten Standpunkt abgestimmt als auch &#246;ffentlichen Widerspruch gegen die Aus&#252;bung des Stimmrechts durch die Union ge&#228;u&#223;ert habe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;288 Abs.&#160;4 AEUV sei der Beschluss&#160;2014/699 n&#228;mlich sowohl f&#252;r die Unionsorgane als auch f&#252;r die Mitgliedstaaten in allen Teilen verbindlich. Die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland im Rat gegen den Beschluss gestimmt und diesen mit einer Nichtigkeitsklage vor dem Gerichtshof angefochten habe, &#228;ndere weder etwas an der Verbindlichkeit des Beschlusses noch an den sich f&#252;r die Mitgliedstaaten daraus ergebenden Verpflichtungen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs seien die Mitgliedstaaten n&#228;mlich nicht berechtigt, einseitig Ausgleichs- oder Abwehrma&#223;nahmen zu ergreifen, um einer m&#246;glichen Missachtung des Unionsrechts durch das Organ, das den streitigen Beschluss erlassen habe, entgegenzuwirken. Solange also der Gerichtshof den Beschluss&#160;2014/699 nicht f&#252;r nichtig erkl&#228;rt oder jedenfalls dessen Durchf&#252;hrung ausgesetzt habe, habe sich die Bundesrepublik Deutschland daran zu halten. Andernfalls w&#252;rde die koh&#228;rente und einheitliche Anwendung des Unionsrechts, ein grundlegendes Merkmal des Unionssystems, unterminiert.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auch dem Argument, es sei f&#252;r die Bundesrepublik Deutschland weder m&#246;glich noch zweckm&#228;&#223;ig gewesen, vorl&#228;ufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen, k&#246;nne die Kommission nicht folgen. Sie betont, dass durch den Vertrag ein umfassendes Rechtsschutzsystem geschaffen worden sei, das es &#8211; wie sich aus den Art.&#160;278 und 279 AEUV ergebe &#8211; erlaube, auch eilbed&#252;rftigen Situationen zu begegnen. Etwaige hiermit verbundene Schwierigkeiten wie die von diesem Mitgliedstaat geltend gemachten berechtigten die Mitgliedstaaten nicht, eigenm&#228;chtig im Widerspruch zum Unionsrecht zu handeln.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Zusammenhang f&#252;hrt die Kommission weiter aus, dass es der Bundesrepublik Deutschland ohne Weiteres m&#246;glich gewesen w&#228;re, rechtzeitig einstweiligen Rechtsschutz zu erlangen. Dabei sei zu ber&#252;cksichtigen, dass die Beschl&#252;sse des OTIF&#8209;Revisionsausschusses selbst noch kein vom Tag des Beschlusses anwendbares Recht geschaffen h&#228;tten; bis zum Inkrafttreten der betreffenden &#196;nderungen habe es noch weiterer Schritte bedurft. Im Zeitraum zwischen der Beschlussfassung durch den OTIF&#8209;Revisionsausschuss und dem Inkrafttreten der &#196;nderungen h&#228;tte die Bundesrepublik Deutschland einstweiligen Rechtsschutz erwirken k&#246;nnen. Zum einen habe die &#196;nderung von Art.&#160;12 COTIF, wie aus Art.&#160;33 &#167;&#167;&#160;2 und 4 Buchst.&#160;a COTIF hervorgehe, noch einer Best&#228;tigung durch die Generalversammlung der OTIF bedurft; diese habe erst am 30.&#160;September 2015 stattgefunden. Zum anderen sei die &#196;nderung der Art.&#160;2 und 9 von Anhang D (CUV) nach Art.&#160;35 &#167;&#167;&#160;3 und&#160;4 COTIF nicht sofort wirksam geworden. H&#228;tte der Gerichtshof den Beschluss&#160;2014/699 ausgesetzt, so h&#228;tte f&#252;r die Europ&#228;ische Union die M&#246;glichkeit bestanden, innerhalb von vier Monaten nach Ergehen dieses &#196;nderungsbeschlusses Widerspruch bei der OTIF einzulegen.</p> <p class="C25Titrenumerote5">2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Bundesrepublik Deutschland</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Auffassung der Bundesrepublik Deutschland gen&#252;gt die Klageschrift nicht den Vorgaben f&#252;r eine hinreichend klare Formulierung, da die Kommission im Klageantrag nicht ausreichend deutlich gemacht habe, dass sie dem Mitgliedstaat allein in Bezug auf die Tagesordnungspunkte&#160;4 und 7 der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses vorwerfe, seine Verpflichtungen nicht erf&#252;llt zu haben. Sie habe diese Klarstellung erst in ihrer kurzen Erwiderung vorgenommen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus h&#228;lt es die Bundesrepublik Deutschland f&#252;r m&#246;glich, den in Rede stehenden Beschluss wegen seiner mutma&#223;lich schwerwiegenden M&#228;ngel als inexistent anzusehen(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>), was der Gerichtshof von Amts wegen zu ber&#252;cksichtigen habe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland r&#228;umt ein, gegen den Beschluss 2014/699 versto&#223;en zu haben, soweit er Festlegungen f&#252;r die Aus&#252;bung der Stimmrechte der Europ&#228;ischen Union bez&#252;glich der Tagesordnungspunkte&#160;5, 7 und 12 auf der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses enthalte. Jedoch k&#246;nnten ihr die entsprechenden Bestimmungen dieses Beschlusses nicht entgegengehalten werden, da sie aus den Gr&#252;nden rechtswidrig seien, die bereits in der Rechtssache vorgetragen worden seien, in der das Urteil vom 5.&#160;Dezember 2017, Deutschland/Rat (C&#8209;600/14, EU:C:2017:935), ergangen sei(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der beklagte Mitgliedstaat h&#228;lt sich in diesem Zusammenhang f&#252;r berechtigt, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses im Wege der Einrede nach Art.&#160;277 AEUV geltend zu machen. In der vorliegenden Rechtssache mache die Kommission der Bundesrepublik Deutschland nicht zum Vorwurf, gegen eine an die Mitgliedstaaten gerichtete Richtlinie oder Entscheidung versto&#223;en zu haben, deren Rechtswidrigkeit nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs von den Mitgliedstaaten nicht als Verteidigung gegen eine auf die Nichteinhaltung dieses betreffenden Rechtsakts gest&#252;tzte Vertragsverletzungsklage angef&#252;hrt werden k&#246;nne, sondern einen Versto&#223; gegen einen demjenigen, f&#252;r den er bestimmt ist, nicht gem&#228;&#223; Art.&#160;297 Abs.&#160;2 Unterabs.&#160;3 AEUV bekannt gegebenen Beschluss mit allgemeiner Geltung. Die Wendung &#8222;in einem Rechtsstreit, bei dem die Rechtm&#228;&#223;igkeit eines &#8230; Rechtsakts mit allgemeiner Geltung angefochten wird&#8220; in Art.&#160;277 AEUV erfasse auch den Fall, in dem die Rechtm&#228;&#223;igkeit eines Akts allgemeiner Geltung in einem Vertragsverletzungsverfahren in Zweifel gezogen werde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland macht geltend, sie k&#246;nne sich in diesem Verfahren, das die Nichteinhaltung des Beschlusses&#160;2014/699 durch sie betreffe, inzident auf die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses insbesondere im Hinblick auf die Tatsache berufen, dass es ihr faktisch nicht m&#246;glich gewesen sei, vor Beginn der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses Rechtsschutz zu erlangen. Da die Union das Verfahren zum Erlass des Beschlusses&#160;2014/699 so ausgestaltet habe, dass Deutschland kein Rechtsschutz dagegen zur Verf&#252;gung gestanden habe, liefe es auf einen Versto&#223; gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz <i>nemo turpitudinem suam allegans auditur</i> (niemand wird geh&#246;rt, der sich auf seine eigene Sch&#228;ndlichkeit beruft) hinaus, wenn dem Mitgliedstaat die M&#246;glichkeit verwehrt w&#252;rde, sich im vorliegenden Verfahren inzidenter auf die Rechtswidrigkeit des Beschlusses zu berufen. Zudem w&#228;re es unzul&#228;ssig gewesen &#8211; wie von der Kommission vorgeschlagen&#160;&#8211;, nach der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses beim Gerichtshof eine einstweilige Anordnung zu beantragen, um den Rat zu zwingen, gem&#228;&#223; Art.&#160;35 COTIF Widerspruch gegen die in dieser Sitzung beschlossenen &#196;nderungen zu erheben. Wie dem auch sei, der Bundesrepublik Deutschland gehe es nicht darum, die Annahme der streitigen &#196;nderungen zu verhindern, sondern vielmehr darum, die Frage der Zust&#228;ndigkeit kl&#228;ren zu lassen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedenfalls habe sie in Bezug auf die &#196;nderung von Art.&#160;12 COTIF (dem Gegenstand von Punkt&#160;4 der Tagesordnung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses) nicht gegen den Beschluss&#160;2014/699 versto&#223;en, da dort festgelegt sei, dass die Mitgliedstaaten das Stimmrecht aus&#252;bten und dass es sich lediglich um einen &#8222;empfohlenen abgestimmten Standpunkt&#8220; handele. Gem&#228;&#223; Art.&#160;288 Abs.&#160;5 AEUV seien Empfehlungen nicht verbindlich. Hinsichtlich der &#196;nderung der Art.&#160;2 und&#160;9 des Anhangs D (CUV) (dem Gegenstand von Punkt&#160;7 der Tagesordnung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses) habe der Beschluss&#160;2014/699 zwar die Aus&#252;bung der Stimmrechte durch die Union vorgesehen, doch sei diese darauf beschr&#228;nkt gewesen, Empfehlungen &#8211; ohne jede Bindungswirkung &#8211; f&#252;r Standpunkte festzulegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der m&#252;ndlichen Verhandlung hat die Bundesrepublik Deutschland die Einrede der Rechtswidrigkeit nach Art.&#160;277 AEUV f&#246;rmlich zur&#252;ckgenommen.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Soweit die Bundesrepublik Deutschland die Genauigkeit des Vorbringens der Kommission beanstandet, ist f&#252;r mich aus dem Vortrag der Kommission klar ersichtlich, dass die Bundesrepublik Deutschland nur zu den Punkten&#160;4 und 7 auf der Tagesordnung der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses eine andere Ansicht ge&#228;u&#223;ert und entgegen dem im Beschluss&#160;2014/699 festgelegten Standpunkt der Union abgestimmt hat. Au&#223;erdem hat die Kommission lediglich insoweit auf Art.&#160;1 und den Anhang des Beschlusses 2014/699 Bezug genommen, als dieser Anhang diejenigen &#196;nderungen des COTIF betrifft, die Gegenstand der Punkte&#160;4 und 7 der Tagesordnung der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses sind. Ungeachtet der allgemeinen Formulierung im Klageantrag der Kommission, der sich auf den gesamten Beschluss&#160;2014/699 bezieht, ist f&#252;r mich daher ersichtlich, dass &#252;ber den Umfang des vorgeworfenen Versto&#223;es keine Ungewissheit bestehen konnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Des Weiteren handelt es sich hier auch nicht um einen inexistenten Rechtsakt(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Abgesehen davon, dass keine vern&#252;nftige Auslegung der im Beschluss&#160;2014/699 enthaltenen Bezugnahmen auf die &#8222;empfohlenen abgestimmten Standpunkte&#8220; zu dem Ergebnis f&#252;hren kann, dass es einem Mitgliedstaat gestattet w&#228;re, vom Standpunkt der Union abzuweichen, h&#228;tte der Gerichtshof, h&#228;tte er dem Beschluss innewohnende logische M&#228;ngel festgestellt, die ihn zu einem inexistenten Rechtsakt gemacht h&#228;tten, diese Feststellung wohl bereits im Urteil vom 5.&#160;Dezember 2017, Deutschland/Rat (C&#8209;600/14, EU:C:2017:935), getroffen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was den Versto&#223; angeht, kann die Pr&#252;fung recht kurz ausfallen, da die Bundesrepublik Deutschland den Sachvortrag der Kommission nicht bestreitet und zudem die Einrede der Rechtswidrigkeit zur&#252;ckgenommen hat.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point83">83.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Niederschrift der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses l&#228;sst keinen Raum f&#252;r Zweifel: Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre Ansichten zu den Punkten&#160;4 und 7 der Tagesordnung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses zum Ausdruck gebracht und ein Stimmrecht entgegen dem im Beschluss&#160;2014/699 festgelegten Standpunkt der Union ausge&#252;bt. Auch hinsichtlich des Tagesordnungspunkts&#160;7 hat die Bundesrepublik Deutschland ein Stimmrecht zu entgegen den in diesem Beschluss festgelegten Abstimmungsmodalit&#228;ten ausge&#252;bt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point84">84.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Europ&#228;ische Union zust&#228;ndig war, den Beschluss zu erlassen. Darum geht es hier jedoch nicht. Nachdem der Beschluss&#160;2014/699 erlassen war, war Deutschland verpflichtet, ihn zu beachten und durchzuf&#252;hren. In der Europ&#228;ischen Union, die auf Rechtsstaatlichkeit gr&#252;ndet, gilt f&#252;r Handlungen der Organe die Vermutung der Rechtm&#228;&#223;igkeit. Es gibt Verfahren f&#252;r die &#220;berpr&#252;fung der Rechtm&#228;&#223;igkeit solcher Handlungen. Deutschland kann danach jede Handlung nach den Bestimmungen von Art.&#160;263 Abs.&#160;1 AEUV angreifen, ohne ein Rechtsschutzinteresse nachweisen zu m&#252;ssen. In einer solchen Situation ist von einem Mitgliedstaat zu erwarten, dass er &#8222;die Z&#228;hne zusammenbei&#223;t&#8220; und den Beschluss einh&#228;lt &#8211; unabh&#228;ngig davon, ob dies dem Mitgliedstaat gef&#228;llt oder nicht. Keinesfalls darf der Mitgliedstaat das Recht in die eigene Hand nehmen. Einseitiges Handeln ist nicht m&#246;glich. Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung ist ein Mitgliedstaat nicht berechtigt, einseitig Ausgleichs- oder Abwehrma&#223;nahmen zu ergreifen, um einer (m&#246;glichen) Missachtung der unionsrechtlichen Vorschriften durch ein Organ(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>) entgegenzuwirken. Die Bundesrepublik Deutschland hat daher den Bestimmungen des Beschlusses&#160;2014/699 zuwidergehandelt und somit gegen sie versto&#223;en.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Versto&#223; gegen Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV</b> </p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Vorbringen der Parteien</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point85">85.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Kommission macht geltend, die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland auf der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses entgegen dem Standpunkt der Union abgestimmt, sich von der Stimmabgabe der Union distanziert und auf der Aus&#252;bung ihres Stimmrechts bestanden habe, obwohl dieses Recht auf die Union &#252;bertragen gewesen sei, habe Anlass zu Verwirrung hinsichtlich des Abstimmungsergebnisses gegeben und die Glaubw&#252;rdigkeit und das Ansehen der Union, die Geschlossenheit ihrer internationalen Vertretung und ihr Image im Allgemeinen beeintr&#228;chtigt. Dieses Verhalten habe daher den in Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verletzt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point86">86.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland ist dagegen der Ansicht, die Kommission habe weder f&#252;r eine tats&#228;chliche Beeintr&#228;chtigung der Glaubw&#252;rdigkeit und des Ansehens der Union noch f&#252;r die Verursachung einer solchen Beeintr&#228;chtigung durch das Verhalten Deutschlands einen Nachweis erbracht. Ursache f&#252;r die Verwirrung bei der Abstimmung in diesem Gremium seien, im Gegenteil, der Beitritt der Europ&#228;ischen Union zur OTIF, der die OTIF vor neue Herausforderungen gestellt habe, und die &#252;berst&#252;rzte Art und Weise der Vorbereitung der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses durch die Unionsorgane gewesen.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point87">87.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV bestimmt, dass sich nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit die Union und die Mitgliedstaaten gegenseitig bei der Erf&#252;llung der Aufgaben, die sich aus den Vertr&#228;gen ergeben, achten und unterst&#252;tzen. Die Mitgliedstaaten ergreifen alle geeigneten Ma&#223;nahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erf&#252;llung der Verpflichtungen, die sich aus den Vertr&#228;gen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben. Die Mitgliedstaaten unterst&#252;tzen die Union bei der Erf&#252;llung ihrer Aufgabe und unterlassen alle Ma&#223;nahmen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gef&#228;hrden k&#246;nnten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point88">88.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese f&#252;r die Unionsrechtsordnung zentrale Bestimmung, die die Gew&#228;hrleistung der Funktionsweise der Union bezweckt(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>) und die als &#8222;Gesch&#228;ftsgrundlage des gesamten europ&#228;ischen Integrationsprojekts&#8220;(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>) bezeichnet worden ist und die den durch Reziprozit&#228;t gepr&#228;gten Charakter der Zusammenarbeit zwischen der Europ&#228;ischen Union und ihren Mitgliedstaaten unterstreicht, ist eine allgemeine Norm, der in verschiedenen anderen Bestimmungen des Vertrags eine konkrete Auspr&#228;gung gegeben wurde(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point89">89.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da jeder Versto&#223; gegen Unionsrecht &#8211; so wie der Versto&#223; gegen den Beschluss&#160;2014/699 &#8211; den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten verletzt(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>), tritt Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV grunds&#228;tzlich hinter den spezifischen Versto&#223; zur&#252;ck und entfaltet keine eigenen rechtlichen Wirkungen. In vielen F&#228;llen hat er daher deklaratorischen Charakter. Der Gerichtshof sieht z.&#160;B. in Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Nichtumsetzung von Richtlinien, sobald er eine fehlende Umsetzung festgestellt hat, von der Pr&#252;fung dieses Grundsatzes ab, da er nicht gepr&#252;ft zu werden &#8222;braucht&#8220;(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point90">90.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es gibt jedoch F&#228;lle, in denen Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV eine selbst&#228;ndige Grundlage f&#252;r Verpflichtungen bildet(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point91">91.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hier ist Raum f&#252;r eine solche gesonderte Anwendung von Art.&#160;4 Abs.&#160;3 AEUV gegeben, nicht zuletzt deshalb, weil der Streitgegenstand in den Bereich der Au&#223;enbeziehungen der Union f&#228;llt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point92">92.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insbesondere im Bereich gemischter Abkommen(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>) hat der Gerichtshof mehrfach hervorgehoben, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Unionsorganen sowohl bei der Aushandlung und dem Abschluss eines &#220;bereinkommens <i>als auch bei dessen Durchf&#252;hrung</i> sicherzustellen sei, wenn dessen Gegenstand teils in die Zust&#228;ndigkeit der Union, teils in diejenige der Mitgliedstaaten falle. Diese Pflicht zur Zusammenarbeit ergibt sich aus der Notwendigkeit eines geschlossenen Auftretens der Europ&#228;ischen Union auf der internationalen Ebene(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point93">93.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich w&#252;rde behaupten, dass diese Aussage(<a href="#Footnote43" name="Footref43">43</a>) gleicherma&#223;en zutrifft, wenn man Ursache und Wirkung umdreht und das Erfordernis eines geschlossenen Auftretens als Ausfluss der Pflicht zur Zusammenarbeit betrachtet(<a href="#Footnote44" name="Footref44">44</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point94">94.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Vereinbarung zwischen dem Rat und der Kommission &#252;ber die Abstimmung innerhalb einer internationalen Organisation (der United Nations Food and Agriculture Organization [Weltern&#228;hrungsorganisation der Vereinten Nationen] FAO) die Erf&#252;llung dieser Pflicht zur Zusammenarbeit zwischen der Europ&#228;ischen Union und ihren Mitgliedstaaten im Rahmen der betreffenden internationalen Organisation darstelle(<a href="#Footnote45" name="Footref45">45</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point95">95.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Obgleich in keinem dieser F&#228;lle die Glaubw&#252;rdigkeit und das Ansehen der Union auf internationaler Ebene <i>konkret </i>gef&#228;hrdet war, ist dieser Rechtsprechung zu entnehmen, dass dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit im Bereich der Au&#223;enbeziehungen besondere Bedeutung zukommt und dass er speziell auf die Aus&#252;bung der Stimmrechte im Bereich der geteilten Zust&#228;ndigkeit Anwendung findet(<a href="#Footnote46" name="Footref46">46</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point96">96.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Meines Erachtens braucht der Gerichtshof daher im vorliegenden Fall nichts weiter zu tun, als diesen Gedanken um eine weitere &#220;berlegung zu erg&#228;nzen. Er sollte klarstellen, dass das Ansehen und die Glaubw&#252;rdigkeit der Union auf internationaler Ebene ein gesondertes rechtliches Interesse darstellen, das durch Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV gesch&#252;tzt ist und das &#8211; in der vorliegenden Rechtssache &#8211; in Wortlaut und Zweck des Beschlusses 2014/699 zum Ausdruck kommt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point97">97.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Durch die Nichteinhaltung dieses Beschlusses in Verbindung mit der klaren Bekundung der Ablehnung seines Inhalts nimmt das Ansehen der Union auf internationaler Ebene Schaden. Es vermittelt den Eindruck, die Europ&#228;ische Union handle bei der Vorbereitung auf die Sitzung einer internationalen Organisation als Einheit nicht hinreichend effektiv.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point98">98.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die blo&#223;e Tatsache, dass die Stimme der Bundesrepublik Deutschland keine Auswirkung auf das Ergebnis der Sitzung hatte, &#228;ndert &#8211; wie die Kommission zutreffend geltend macht &#8211; an dieser Feststellung nichts.</p> <p class="C21Titrenumerote1">V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point99">99.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Anbetracht dieser Ausf&#252;hrungen bin ich deshalb der Auffassung, der Gerichtshof sollte</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;feststellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen den Beschluss&#160;2014/699/EU des Rates vom 24.&#160;Juni 2014 zur Festlegung des im Namen der Europ&#228;ischen Union anl&#228;sslich der 25. Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses zu bestimmten &#196;nderungen des &#220;bereinkommens &#252;ber den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und seiner Anh&#228;nge zu vertretenden Standpunkts sowie gegen Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV versto&#223;en hat, indem sie auf der 25.&#160;Sitzung des Revisionsausschusses der Zwischenstaatlichen Organisation f&#252;r den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) gegen den in diesem Beschluss festgelegten Standpunkt abstimmte und &#246;ffentlich Widerspruch gegen diesen Standpunkt sowie gegen die darin geregelte Aus&#252;bung der Stimmrechte durch die Union aussprach;</p> <p class="C09Marge0avecretrait">&#8211;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;der Bundesrepublik Deutschland die Kosten auferlegen.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Englisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beschluss des Rates zur Festlegung des im Namen der Europ&#228;ischen Union anl&#228;sslich der 25.&#160;Sitzung des OTIF&#8209;Revisionsausschusses zu bestimmten &#196;nderungen des &#220;bereinkommens &#252;ber den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und seiner Anh&#228;nge zu vertretenden Standpunkts (ABl.&#160;2014, L&#160;293, S.&#160;26).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;600/14, EU:C:2017:935.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;5 Abs.&#160;2 EUV.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Govaere,&#160;I., &#8222;To Give or To Grab: The Principle of Full, Crippled and Split Conferral of Powers Post-Lisbon&#8220;, in M.&#160;Cremona, <i>Structural Principles in EU External Relations Law</i>, Hart Publishing, Oxford and Portland, Oregon 2018, S.&#160;71 bis 91, S.&#160;73.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beschluss des Rates vom 16.&#160;Juni 2011 &#252;ber die Unterzeichnung und den Abschluss der Vereinbarung zwischen der Europ&#228;ischen Union und der Zwischenstaatlichen Organisation f&#252;r den Internationalen Eisenbahnverkehr &#252;ber den Beitritt der Europ&#228;ischen Union zum &#220;bereinkommen &#252;ber den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9.&#160;Mai 1980 in der Fassung des &#196;nderungsprotokolls von Vilnius vom 3.&#160;Juni 1999 (ABl.&#160;2013, L&#160;51, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Urteil vom 5.&#160;Dezember 2017, Deutschland/Rat (C&#8209;600/14, EU:C:2017:935), hat der Gerichtshof die Klage der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang abgewiesen. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 5.&#160;Dezember 2017, Deutschland/Rat (C&#8209;600/14, EU:C:2017:935).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Bundesrepublik Deutschland verweist auf die folgenden Rechtssachen: Urteile vom 5.&#160;Juni 2003, Kommission/Italien (C&#8209;145/01, EU:C:2003:324, Rn.&#160;15), vom 27.&#160;Oktober 2005, Kommission/Italien (C&#8209;525/03, EU:C:2005:648, Rn.&#160;15), und vom 11.&#160;Oktober 2007, Kommission/Griechenland (C&#8209;237/05, EU:C:2007:592, Rn.&#160;29).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beschluss vom 18.&#160;September 2015 zur Festlegung des im Namen der Europ&#228;ischen Union auf der 12.&#160;Generalversammlung der Zwischenstaatlichen Organisation f&#252;r den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) zu bestimmten &#196;nderungen des &#220;bereinkommens &#252;ber den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) und seiner Anh&#228;nge zu vertretenden Standpunkts (ABl.&#160;2015, L&#160;252, S.&#160;43).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;W&#246;rtlich &#8222;der Zug ist abgefahren&#8220;, was der englischen Wendung &#8222;das Schiff hat abgelegt&#8220; entspricht. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;C&#8209;362/90, EU:C:1992:158, Rn.&#160;11 bis 13. </p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe z.&#160;B. Urteile vom 24.&#160;M&#228;rz 1988, Kommission/Griechenland (240/86, EU:C:1988:173, Rn.&#160;15 und 16), und vom 15.&#160;Januar 2002, Kommission/Italien (C&#8209;439/99, EU:C:2002:14, Rn.&#160;16 und 17). Einen umfassenden &#220;berblick &#252;ber die Rechtsprechung in fr&#252;heren Vertragsverletzungsverfahren gibt Prete,&#160;L., <i>Infringement proceedings in EU law</i>, Wolters Kluwer, Alphen aan den Rijn 2017, S.&#160;151 bis 154.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 31.&#160;M&#228;rz 1992 (C&#8209;362/90, EU:C:1992:158).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteil vom 31.&#160;M&#228;rz 1992, Kommission/Italien (C&#8209;362/90, EU:C:1992:158, Rn.&#160;11 und 12). In einer anderen das Vergaberecht betreffenden Rechtssache hat der Gerichtshof, was die Vergabe &#246;ffentlicher Auftr&#228;ge betrifft, befunden, dass eine Vertragsverletzungsklage unzul&#228;ssig sei, wenn bei Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist alle Wirkungen des betreffenden Vertrags bereits ersch&#246;pft gewesen seien: Urteil vom 2.&#160;Juni 2005, Kommission/Griechenland (C&#8209;394/02&#160;EU:C:2005:336, Rn.&#160;18). In jenem Fall war der Vertrag bei Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist jedoch noch nicht vollst&#228;ndig beendet, da die Arbeiten erst zu 85&#160;% abgeschlossen waren. Siehe auch Urteil vom 29.&#160;Oktober 2009, Kommission/Deutschland (C&#8209;536/07, EU:C:2009:664, Rn.&#160;23). Auch hier waren bei Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist nicht alle Wirkungen des betreffenden Vertrags, n&#228;mlich des streitigen Vorhabens in seiner Gesamtheit betrachtet, allein dadurch ersch&#246;pft, dass die zu errichtenden Bauwerke fertiggestellt waren, weil n&#228;mlich der Abschnitt &#8222;Miete&#8220; dieses Vorhabens zu diesem Zeitpunkt weiterhin seine Wirkungen entfaltete.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteil vom 31.&#160;M&#228;rz 1992, Kommission/Italien (C&#8209;362/90, EU:C:1992:158, Rn.&#160;12). Diese Formel wurde im Urteil vom 25.&#160;Oktober 2001, Deutschland/Kommission (C&#8209;276/99, EU:C:2001:576, Rn.&#160;32), wiederholt. Das letztgenannte Urteil erging aufgrund von Art.&#160;88 des inzwischen ausgelaufenen Vertrags &#252;ber die Gr&#252;ndung der Europ&#228;ischen Gemeinschaft f&#252;r Kohle und Stahl. Hier unterschieden sich die Vertragsverletzungsverfahren insofern, als die Rollen bei Abschluss des Vorverfahrens im Vergleich zu Art.&#160;258 AEUV umgekehrt verteilt waren: Statt einer mit Gr&#252;nden versehenen <i>Stellungnahme</i> erlie&#223; die Kommission eine <i>Entscheidung</i> (Art.&#160;14 EGKS, in dieser Hinsicht Art.&#160;288 AEUV vergleichbar), die der Mitgliedstaat dann vor dem Gerichtshof anfechten konnte.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Kommission/Griechenland (C&#8209;237/05, EU:C:2007:98, Nr.&#160;42, Fn.&#160;11).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach dieser Regel &#8222;[ist b]ei <i>vor</i> [Ablauf der in der mit Gr&#252;nden versehenen Stellungnahme gesetzten Frist] beendeten Verst&#246;&#223;en &#8230; grunds&#228;tzlich kein Raum, das Rechtsschutzinteresse zu bejahen&#8220;, siehe Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Lenz in der Rechtssache Kommission/Italien (C&#8209;362/90, EU:C:1992:95, Nr.&#160;12).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Lenz in der Rechtssache Kommission/Italien (C&#8209;362/90, EU:C:1992:95, Nr.&#160;13).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dabei ist zu betonen, dass wir uns in dieser Sache noch in der Zul&#228;ssigkeitspr&#252;fung befinden. Ob zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt tats&#228;chlich eine Vertragsverletzung vorlag, ist nat&#252;rlich eine Frage der Begr&#252;ndetheit der Klage; siehe auch Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Kommission/&#214;sterreich (C&#8209;328/96, EU:C:1999:5, Nr.&#160;30).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Kommission/Griechenland (C&#8209;237/05, EU:C:2007:98, Nr.&#160;66).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Geelhoed in den verbundenen Rechtssachen Kommission/Deutschland (C&#8209;20/01 und C&#8209;28/01, EU:C:2002:717, Nr.&#160;53). Der Vollst&#228;ndigkeit halber sei erw&#228;hnt, dass dieses Zitat Zuwiderhandlungen gegen eine &#8222;Richtlinie [betrifft], die anhand rechtlich unantastbarer Vertr&#228;ge mit langer Geltungsdauer vorgenommen w&#252;rden&#8220; (in jener Rechtssache ging es um Vergabeverfahren).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteil vom 7.&#160;Februar 1973, Kommission/Italien (39/72, EU:C:1973:13, Rn.&#160;10).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin Kokott in der Rechtssache Kommission/Italien (C&#8209;385/02, EU:C:2004:276, Nr.&#160;15). Siehe auch Nowak,&#160;C., &#8222;&#167;&#160;10 Vertragsverletzungsverfahren&#8220;, Nr.&#160;44, in Leible,&#160;St., Terhechte,&#160;J.&#160;Ph., <i>Europ&#228;isches Rechtsschutz- und Verfahrensrecht (Enzyklop&#228;die Europarecht, Band 3)</i>, Nomos, Baden-Baden, 2014, wo weiter differenziert wird zwischen den Begriffen &#8222;Rechtsschutzinteresse&#8220;, &#8222;Rechtsschutzbed&#252;rfnis&#8220; und &#8222;Klageerhebungsinteresse&#8220;. Vgl. auch P&#243;&#322;torak,&#160;N., &#8222;Commentary on Article 258 TFEU&#8220; in A.&#160;Wr&#243;bel (Hrsg.), <i>Traktat o funkcjonowaniu Unii Europejskiej. Komentarz Lex</i>, Bd.&#160;II, Warschau 2012, S.&#160;269.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteil vom 10.&#160;April 2003, Kommission/Deutschland (C&#8209;20/01 und C&#8209;28/01, EU:C:2003:220, Rn.&#160;29 und 30 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung). Siehe auch Schlussantr&#228;ge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Kommission/Griechenland (C&#8209;394/02, EU:C:2005:105, Nr.&#160;15). Vgl. ferner Taborowski,&#160;M., <i>Konsekwencje naruszania prawa Unii Europejskiej przez s&#261;dy krajowe</i>, Lex &#8211; Wolters Kluwer, Warschau 2012, S.&#160;265&#160;ff.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Interessanterweise erkennt die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Klagebeantwortung &#8211; als Teil ihrer Ausf&#252;hrungen zur Einrede der Rechtswidrigkeit (siehe nachstehend in den vorliegenden Schlussantr&#228;gen), um eine solche Einrede im Zusammenhang mit einem Vertragsverletzungsverfahren zu begr&#252;nden &#8211; selbst an, dass der Gerichtshof in F&#228;llen, in denen andernfalls die Gefahr einer Rechtsschutzl&#252;cke bestanden h&#228;tte, die relevanten Vertragsbestimmungen weit ausgelegt oder sogar &#252;ber ihren Wortlaut hinaus fortgebildet habe.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. z.&#160;B. Urteile vom 27.&#160;Februar 2018, Associa&#231;&#227;o Sindical dos Ju&#237;zes Portugueses (C&#8209;64/16, EU:C:2018:117, Rn.&#160;19 bis 26), und vom 25.&#160;Juli 2018, AY (Haftbefehl &#8211; Zeuge) (C&#8209;268/17, EU:C:2018:602, Rn.&#160;23 bis 31).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteil vom 23.&#160;April 1986, Les Verts/Parlament (294/83, EU:C:1986:166, Rn.&#160;24).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteil vom 22.&#160;Mai 1990, Parlament/Rat (C&#8209;70/88, EU:C:1990:217, Rn.&#160;26).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteil vom 25.&#160;Juli 2002, Uni&#243;n de Peque&#241;os Agricultores/Rat (C&#8209;50/00&#160;P, EU:C:2002:462, Rn.&#160;45).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Auf die in der m&#252;ndlichen Verhandlung an die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Frage, warum dieser Aspekt &#8211; dass es sich um einen rechtlich inexistenten Akt handele &#8211; nicht bereits in der Rechtssache Deutschland/Kommission (C&#8209;600/14) geltend gemacht worden sei, antwortete diese, sie sei darauf erst zu einem sp&#228;teren Zeitpunkt aufmerksam geworden.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In jener Rechtssache hatte die Bundesrepublik Deutschland die Auffassung vertreten, der Beschluss&#160;2014/699 verletze den Grundsatz der begrenzten Einzelerm&#228;chtigung (Art.&#160;5 Abs.&#160;2 EUV), sei nicht ausreichend begr&#252;ndet und versto&#223;e gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Verbindung mit dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es mag einiges daf&#252;r sprechen, einem Mitgliedstaat, der einen von ihm f&#252;r existent gehaltenen Rechtsakt bereits mit der Nichtigkeitsklage angefochten hat, das Recht zu verwehren, sich sp&#228;ter auf dessen angebliche Inexistenz zu berufen, doch ist es nat&#252;rlich Sache des Gerichtshofs, die Frage, ob es sich um einen inexistenten Akt handelt, von Amts wegen zu pr&#252;fen.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 12.&#160;Februar 2009, Kommission/Griechenland (C&#8209;45/07, EU:C:2009:81, Rn.&#160;26). Dasselbe gilt auch f&#252;r den Fall eines Versto&#223;es durch einen anderen Mitgliedstaat, vgl. Urteil vom 23.&#160;Mai 1996, Hedley Lomas (C&#8209;5/94, EU:C:1996:205, Rn.&#160;20 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Obwexer,&#160;W., in von der Groeben,&#160;H., Schwarze,&#160;J., Hatje, J.&#160;A. (Hrsg.), <i>Europ&#228;isches Unionsrecht (Kommentar)</i>, 7.&#160;Aufl., Nomos, Baden-Baden 2015, Art.&#160;4 EUV, Rn.&#160;67.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Kahl,&#160;W., in Calliess, Chr., Ruffert, M.&#160;(Hrsg.), <i>EUV/AEUV</i>, 5.&#160;Aufl., C.&#160;H.&#160;Beck, M&#252;nchen 2016, Art.&#160;4 EUV, Rn.&#160;35. Vgl. auch Sikora, A., <i>Sankcje finansowe w razie niewykonania wyrok&#243;w Trybuna&#322;u Sprawiedliwo&#347;ci Unii Europejskiej</i>, Lex &#8211; Wolters Kluwer, Warschau 2011, S.&#160;38&#160;ff.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Z.&#160;B. in Art.&#160;344 AEUV, siehe Urteil vom 30.&#160;Mai 2006, Kommission/Irland (C&#8209;459/03, EU:C:2006:345, Rn.&#160;169).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. z.&#160;B. Franzius,&#160;C., in Pechstein,&#160;M., Nowak,&#160;C., H&#228;de, U.&#160;(Hrsg.), <i>Frankfurter Kommentar zu EUV, GRC und AEUV</i>, Bd.&#160;II, Mohr Siebeck, T&#252;bingen 2017, Art.&#160;4 EUV, Rn.&#160;101.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Urteile vom 13.&#160;Oktober 1993, Kommission/Spanien (C&#8209;378/92, EU:C:1993:843, Rn.&#160;6), und vom 19.&#160;Januar 1995, Kommission/Belgien (C&#8209;66/94, EU:C:1995:13, Rn.&#160;6).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Lenz, C.&#160;O., in Lenz, C.&#160;O., Borchardt, K.&#8209;D., <i>EU-Vertr&#228;ge Kommentar</i>, 6.&#160;Aufl., Bundesanzeiger Verlag, K&#246;ln 2013, Art.&#160;4 EUV, Rn.&#160;17 ff; Streinz,&#160;R., in Streinz, R.&#160;(Hrsg.), <i>EUV/AEUV (Kommentar)</i>, 2.&#160;Aufl., C.&#160;H.&#160;Beck, M&#252;nchen 2012, Art.&#160;4 EUV, Rn.&#160;27.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit bei gemischten Abkommen, siehe Heliskoski,&#160;J., <i>Mixed Agreements as a Technique for Organizing the International Relations of the European Community and its Member States</i>, Kluwer Law International, Den Haag 2001, S.&#160;61 bis 67, und Cremona,&#160;M., &#8222;Defending the Community Interest: the Duties of Cooperation and Compliance&#8220;, in de Witte,&#160;B., Cremona, M.&#160;(Hrsg.), <i>EU Foreign Relations Law</i>, Hart Publishing, Oxford and Portland, Oregon 2008, S.&#160;158 bis 161.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe auch Beschluss vom 14.&#160;November 1978 (1/78, EU:C:1978:202, Rn.&#160;34 bis 36) (analog zum EAG-Vertrag), Gutachten 2/91 (&#220;bereinkommen Nr.&#160;170 der IAO) vom 19.&#160;M&#228;rz 1993 (EU:C:1993:106, Rn.&#160;36), Gutachten 1/94 (WTO-Abkommen) vom 15. November 1994 (EU:C:1994:384, Rn.&#160;108) und Gutachten 2/00 (Protokoll von Cartagena &#252;ber die biologische Sicherheit) vom 6. Dezember 2001 (EU:C:2001:664, Rn.&#160;18). Vgl. auch Gutachten 1/08 (Abkommen zur &#196;nderung der Listen spezifischer Verpflichtungen nach dem GATS) vom 30.&#160;November 2009 (EU:C:2009:739, Rn.&#160;136) und Urteil vom 20.&#160;April 2010, Kommission/Schweden (C 246/07, EU:C:2010:203, Rn.&#160;73).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref43" name="Footnote43">43</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Zwischenzeit scheint der Gerichtshof das Erfordernis eines geschlossenen Auftretens aufgegeben zu haben, vgl. Urteil vom 28.&#160;April 2015, Kommission/Rat (C&#8209;28/12, EU:C:2015:282, Rn.&#160;54).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref44" name="Footnote44">44</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#196;hnlich Hillion, Chr., &#8222;Mixity and Coherence in EU External Relations: The Significance of the &#8218;Duty of Cooperation&#8216;&#8220;, in Hillion, Chr., Koutrakos,&#160;P., <i>Mixed agreements revisited</i>, Hart Publishing, Oxford and Portland, Oregon 2010, S.&#160;87 bis 115, S.&#160;89, der die Ansicht vertritt, dass die Rechtsgrundlage f&#252;r die Pflicht zur Zusammenarbeit in Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV zu finden sei. Auf S.&#160;91 f&#252;hrt er &#252;berzeugend aus, dass &#8222;das Erfordernis &#8230; urspr&#252;nglich nicht als Grundlage der Pflicht zur Zusammenarbeit vorgesehen [war], sondern als Mittel, sie auf den EWG-Kontext anzuwenden, da ihre Grundlage dieselbe ist wie im Euratom-Kontext, n&#228;mlich der allgemeine Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref45" name="Footnote45">45</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Urteil vom 19.&#160;M&#228;rz 1996, Kommission/Rat (C&#8209;25/94, EU:C:1996:114, Rn.&#160;49). Hinsichtlich der Ereignisse, die zu diesem Rechtsstreit gef&#252;hrt hatten, siehe Heliskoski,&#160;J., &#8222;Internal struggle for international presence: the exercise of voting rights within the FAO&#8220;, in Dashwood,&#160;A., Hillion,&#160;Chr., <i>The general law of E.C. external relations</i>, Sweet &amp; Maxwell, London 2000, S.&#160;79 bis 99.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref46" name="Footnote46">46</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur Vermeidung von Missverst&#228;ndnissen sei gesagt, dass ich den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Art.&#160;4 Abs.&#160;3 EUV so verstehe, dass er die &#8222;Pflicht zur Zusammenarbeit&#8220; einschlie&#223;t, auf die der Gerichtshof in der Vergangenheit in den vorstehend angef&#252;hrten Rechtssachen Bezug genommen hat. So verstehe ich auch die Schlussantr&#228;ge der Generalanw&#228;ltin Sharpston zum Gutachten 2/15 (Freihandelsabkommen mit Singapur) vom 16.&#160;Mai 2017 (EU:C:2016:992, Nr.&#160;569). Dar&#252;ber hinaus ist dies insbesondere seit der Entscheidung &#252;ber die MOX-Anlage klar, in der der Gerichtshof in diesem Zusammenhang erstmals direkt auf die fr&#252;here Vertragsbestimmung des Art.&#160;10&#160;EG Bezug genommen hat (obgleich es in der Sache im Wesentlichen um die speziellere Bestimmung des Art.&#160;344&#160;AEUV ging), vgl. Urteil vom 30.&#160;Mai 2006, Kommission/Irland (C&#8209;459/03, EU:C:2006:345, Rn.&#160;114). Vgl. zu diesem Punkt auch Hillion, Chr., &#8222;Mixity and Coherence in EU External Relations: The Significance of the &#8218;Duty of Cooperation&#8216;&#8220;, in Hillion,&#160;Chr., Koutrakos,&#160;P., <i>Mixed agreements revisited</i>, Hart Publishing, Oxford and Portland, Oregon 2010, S.&#160;87 bis 115, S.&#160;90 und 91.</p>
175,060
eugh-2019-01-09-c-44418
{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-444/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-31T19:21:09
2019-01-31T19:21:09
Beschluss
ECLI:EU:C:2019:1
<p class="C19Centre">BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)</p> <p class="C19Centre">9.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote*" name="Footref*">*</a>)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Vorlage zur Vorabentscheidung&#160;&#8211; Art.&#160;53 Abs.&#160;2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs&#160;&#8211; Freier Dienstleistungsverkehr&#160;&#8211; Beschr&#228;nkungen&#160;&#8211; Gl&#252;cksspiel&#160;&#8211; Gl&#252;cksspielmonopol in einem Mitgliedstaat&#160;&#8211; Werbepraktiken des Monopolisten&#160;&#8211; Beurteilungskriterien&#160;&#8211; Offensichtliche Unzul&#228;ssigkeit&#8220;</p> <p class="C02AlineaAltA">In der Rechtssache C&#8209;444/18</p> <p class="C02AlineaAltA">betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art.&#160;267 AEUV, eingereicht vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (&#214;sterreich) mit Entscheidung vom 2.&#160;Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 6.&#160;Juli 2018, in dem Verfahren</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Fluctus s.r.o.,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Fluentum s.r.o.,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>SD,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">Beteiligte:</p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Landespolizeidirektion Steiermark,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA"> <b>Finanzpolizei,</b> </p> <p class="C02AlineaAltA">erl&#228;sst</p> <p class="C19Centre">DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)</p> <p class="C02AlineaAltA">unter Mitwirkung des Kammerpr&#228;sidenten T.&#160;von Danwitz, der Richterin M.&#160;Berger und des Richters P.&#160;G.&#160;Xuereb (Berichterstatter),</p> <p class="C02AlineaAltA">Generalanwalt: N.&#160;Wahl,</p> <p class="C02AlineaAltA">Kanzler: A.&#160;Calot Escobar,</p> <p class="C02AlineaAltA">aufgrund der nach Anh&#246;rung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gem&#228;&#223; Art.&#160;53 Abs.&#160;2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gr&#252;nden versehenen Beschluss zu entscheiden,</p> <p class="C02AlineaAltA">folgenden</p> <p class="C75Debutdesmotifs"> <b>Beschluss</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point1">1</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art.&#160;56 AEUV.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point2">2</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ergeht im Rahmen eines von der Fluctus s.r.o. und der Fluentum&#160;s.r.o., zweier in der Slowakei niedergelassener Gesellschaften, der Inhaberin bzw. der Eigent&#252;merin von Gl&#252;cksspielautomaten, sowie von SD, dem Gesch&#228;ftsf&#252;hrer dieser beiden Gesellschaften, eingeleiteten Verfahrens wegen der Entscheidungen der Landespolizeidirektion Steiermark (&#214;sterreich), mit denen diese Automaten beschlagnahmt und Verwaltungsstrafen wegen der Nichteinhaltung der &#246;sterreichischen Vorschriften &#252;ber das Gl&#252;ckspiel verh&#228;ngt wurden.</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point3">3</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;3 (&#8222;Gl&#252;cksspielmonopol&#8220;) des Gl&#252;cksspielgesetzes vom 28.&#160;November 1989 (BGBl. 620/1989) in der auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: GSpG) bestimmt: </p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Das Recht zur Durchf&#252;hrung von Gl&#252;cksspielen ist, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Gl&#252;cksspielmonopol).&#8220;</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point4">4</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#167;&#160;56 (&#8222;Zul&#228;ssige Werbung&#8220;) Abs.&#160;1 GSpG sieht vor:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Die Konzession&#228;re und Bewilligungsinhaber nach diesem Bundesgesetz haben bei ihren Werbeauftritten einen verantwortungsvollen Ma&#223;stab zu wahren. Die Einhaltung dieses verantwortungsvollen Ma&#223;stabes ist ausschlie&#223;lich im Aufsichtswege zu &#252;berwachen und nicht dem Klagswege nach &#167;&#167;&#160;1 ff [des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb] zug&#228;nglich. Abs.&#160;1 Satz&#160;1 stellt kein Schutzgesetz im Sinne des &#167;&#160;1311 [des Allgemeinen B&#252;rgerlichen Gesetzbuches] dar.&#8220;</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Ausgangsverfahren und Vorlagefragen</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point5">5</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dem Vorlagebeschluss l&#228;sst sich entnehmen, dass von Bediensteten der (&#246;sterreichischen) Finanzpolizei in verschiedenen Betriebslokalen durchgef&#252;hrte Kontrollen zur vorl&#228;ufigen Beschlagnahme von Gl&#252;cksspielautomaten f&#252;hrten, da diese Maschinen ohne die nach dem GSpG erforderliche beh&#246;rdliche Bewilligung betrieben worden seien.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point6">6</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese mutma&#223;lichen Verwaltungs&#252;bertretungen wurden in der Folge der Landespolizeidirektion Steiermark zur Kenntnis gebracht, die die vorl&#228;ufigen Beschlagnahmen durch Bescheide best&#228;tigte, Verwaltungsstrafverfahren einleitete und &#252;ber die Gesellschaft, die Inhaberin dieser Gl&#252;ckspielautomaten war, die Gesellschaft, die Eigent&#252;merin dieser Automaten war, sowie den Gesch&#228;ftsf&#252;hrer dieser beiden Gesellschaften Geldstrafen verh&#228;ngte.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point7">7</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gegen die Beschlagnahmebescheide und die Straferkenntnisse der Landespolizeidirektion Steiermark wurden Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (&#214;sterreich) erhoben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point8">8</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht hat Zweifel an der Unionsrechtskonformit&#228;t der Werbepraktiken des Inhabers des Gl&#252;cksspielmonopols in &#214;sterreich.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point9">9</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es gibt an, dass alle drei &#246;sterreichischen H&#246;chstgerichte, u.&#160;a. der Verfassungsgerichtshof, best&#228;tigten, dass das durch das GSpG eingerichtete Gl&#252;cksspielmonopol unionsrechtskonform sei. Es f&#252;hrt jedoch aus, dass eine Vorschrift, mit der ein Gl&#252;ckspielmonopol eingef&#252;hrt werde, mit den von ihr verfolgten Zielen, insbesondere dem Verbraucherschutz, der Betrugsbek&#228;mpfung und der Vermeidung von Anreizen f&#252;r die B&#252;rger zu &#252;berm&#228;&#223;igen Ausgaben f&#252;r das Spielen, in Einklang stehen m&#252;sse, damit sie mit dem Unionsrecht vereinbar sei, und dass diese Forderung nach Koh&#228;renz auch f&#252;r die vom Inhaber eines Monopols durchgef&#252;hrte Werbung gelte. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point10">10</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht ist aber der Ansicht, dass die offensive Werbepolitik des Gl&#252;cksspielmonopolisten in &#214;sterreich nicht ma&#223;voll und nicht streng auf das beschr&#228;nkt sei, was f&#252;r die Kanalisierung der Verbraucher zu kontrollierten Spielernetzwerken notwendig sei. Die Werbepolitik dieses Konzession&#228;rs rege im Gegenteil zu aktiver Teilnahme am Spiel an, indem das Spiel verharmlost werde, ihm ein positives Image verliehen werde, seine Anziehungskraft durch In&#8209;Aussicht&#8211;Stellen bedeutender Gewinne erh&#246;ht werde, neue Zielgruppen zum Spielen angeregt w&#252;rden und das inhaltliche Angebot laufend ausgedehnt werde. Diese Politik entspreche daher nicht den von der Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Grenzen f&#252;r die Werbung im Gl&#252;cksspielbereich. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point11">11</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zudem unterl&#228;gen die Werbeaktivit&#228;ten des Inhabers des Gl&#252;cksspielmonopols in &#214;sterreich keiner wirksamen Aufsicht, da &#167;&#160;56 Abs.&#160;1 GSpG in Bezug auf diese Aktivit&#228;ten nur Aufsichtsma&#223;nahmen vorsehe und eine Kontrolle ihres ma&#223;vollen Charakters durch eine Klage auf der Grundlage des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ausschlie&#223;e. Au&#223;erdem unterliege auch eine Vielzahl von dritten Unternehmen, die in &#214;sterreich Gl&#252;cksspiele anb&#246;ten, insbesondere im Onlinebereich, keiner wirksamen Aufsicht. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point12">12</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das vorlegende Gericht ist daher der Ansicht, dass das in &#214;sterreich eingerichtete Gl&#252;cksspielmonopol einschlie&#223;lich seiner Begleitregelungen gegen&#252;ber einem Beg&#252;nstigten der Dienstleistungsfreiheit wie den Beschwerdef&#252;hrern des Ausgangsverfahrens nicht mehr anwendbar sei.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point13">13</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Zusammenhang hat das Landesverwaltungsgericht Steiermark beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen: </p> <p class="C09Marge0avecretrait">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist die Dienstleistungsfreiheit (Art.&#160;56 AEUV) dahin auszulegen, dass es bei der W&#252;rdigung der vom Gerichtshof f&#252;r den Fall eines staatlichen Gl&#252;cksspielmonopols in st&#228;ndiger Rechtsprechung formulierten unzul&#228;ssigen Werbepraktiken des Konzessionsinhabers darauf ankommt, ob es in einer gesamthaften Betrachtung im relevanten Zeitraum tats&#228;chlich zu einem Wachstum des Gl&#252;cksspielmarkts gekommen ist, oder gen&#252;gt es schon, dass die Werbung darauf abzielt, zu aktiver Teilnahme am Spiel anzuregen, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen f&#252;r im Allgemeininteresse liegende Aktivit&#228;ten ein positives Image verliehen wird oder seine Anziehungskraft durch zugkr&#228;ftige Werbebotschaften erh&#246;ht wird, die bedeutende Gewinne verf&#252;hrerisch in Aussicht stellen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist die Dienstleistungsfreiheit weiters dahin auszulegen, dass besagte unzul&#228;ssige Werbepraktiken des Monopolisten im Fall ihres Vorliegens jedenfalls die Koh&#228;renz der Monopolregelung ausschlie&#223;en, oder kann im Fall entsprechender Werbeaktivit&#228;ten privater Anbieter von Seiten des Monopolisten auch zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost, ihm wegen der Verwendung der Einnahmen f&#252;r im Allgemeininteresse liegende Aktivit&#228;ten ein positives Image verliehen wird oder seine Anziehungskraft durch zugkr&#228;ftige Werbebotschaften erh&#246;ht wird, die bedeutende Gewinne verf&#252;hrerisch in Aussicht stellen?</p> <p class="C09Marge0avecretrait">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ist ein staatliches Gericht, das im Rahmen seiner Zust&#228;ndigkeit die Bestimmungen der Dienstleistungsfreiheit anzuwenden hat, aus eigener Entscheidungsbefugnis gehalten, f&#252;r die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es jede seiner Auffassung nach entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet l&#228;sst, selbst wenn in einem verfassungsrechtlichen Verfahren deren Unionsrechtskonformit&#228;t best&#228;tigt wurde?</p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Zur Zul&#228;ssigkeit des Vorabentscheidungsersuchens</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point14">14</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Gem&#228;&#223; Art.&#160;53 Abs.&#160;2 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn ein Vorabentscheidungsersuchen offensichtlich unzul&#228;ssig ist, nach Anh&#246;rung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gr&#252;nden versehenen Beschluss zu entscheiden, ohne das Verfahren fortzusetzen.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point15">15</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Bestimmung ist in der vorliegenden Rechtssache anzuwenden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point16">16</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das in Art.&#160;267 AEUV vorgesehene Verfahren ein Instrument der Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den nationalen Gerichten, mit dem der Gerichtshof diesen Gerichten Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts gibt, die sie zur Entscheidung des bei ihnen anh&#228;ngigen Rechtsstreits ben&#246;tigen (vgl. u.&#160;a. Beschluss vom 7.&#160;Juni 2018, Filippi u.&#160;a., C&#8209;589/16, EU:C:2018:417, Rn.&#160;19 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point17">17</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine dem nationalen Gericht dienliche Auslegung des Unionsrechts ist nur m&#246;glich, wenn dieses den tats&#228;chlichen und rechtlichen Rahmen, in dem sich seine Fragen stellen, darlegt oder zumindest die tats&#228;chlichen Annahmen erl&#228;utert, auf denen diese Fragen beruhen. Der Gerichtshof ist n&#228;mlich nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung einer Unionsvorschrift zu &#228;u&#223;ern (Beschluss vom 7.&#160;Juni 2018, easyJet Airline, C&#8209;241/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:421, Rn.&#160;11 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point18">18</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hebt auch die Notwendigkeit hervor, dass das nationale Gericht die genauen Gr&#252;nde angibt, aus denen es die Auslegung des Unionsrechts f&#252;r fraglich und die Vorlage von Vorabentscheidungsfragen an den Gerichtshof f&#252;r erforderlich h&#228;lt (vgl. u.&#160;a. Beschl&#252;sse vom 3.&#160;Juli 2014, Talasca, C&#8209;19/14, EU:C:2014:2049, Rn.&#160;19 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 30.&#160;Mai 2018, SNCB, C&#8209;190/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:355, Rn.&#160;18 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point19">19</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Da die Vorlageentscheidung als Grundlage f&#252;r das Verfahren vor dem Gerichtshof dient, ist es n&#228;mlich unerl&#228;sslich, dass das nationale Gericht in der Vorlageentscheidung selbst den tats&#228;chlichen und rechtlichen Rahmen des Ausgangsrechtsstreits erl&#228;utert und ein Mindestma&#223; an Erl&#228;uterungen zu den Gr&#252;nden f&#252;r die Wahl der Unionsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang gibt, den es zwischen diesen Bestimmungen und den nationalen Rechtsvorschriften sieht, die auf den bei ihm anh&#228;ngigen Rechtsstreit anzuwenden sind (vgl. u.&#160;a. Beschluss vom 3.&#160;Juli 2014, Talasca, C&#8209;19/14, EU:C:2014:2049, Rn.&#160;20 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point20">20</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens sind ausdr&#252;cklich in Art.&#160;94 der Verfahrensordnung aufgef&#252;hrt, von dem das vorlegende Gericht im Rahmen der in Art.&#160;267 AEUV vorgesehenen Zusammenarbeit Kenntnis haben sollte und den es sorgf&#228;ltig zu beachten hat (vgl. u.&#160;a. Beschl&#252;sse vom 30.&#160;Mai 2018, SNCB, C&#8209;190/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:355, Rn.&#160;19 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung, sowie vom 21.&#160;Juni 2018, Idroenergia, C&#8209;166/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:476, Rn.&#160;14 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point21">21</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;94 der Verfahrensordnung muss jedes Vorabentscheidungsersuchen &#8222;eine kurze Darstellung des Streitgegenstands und des ma&#223;geblichen Sachverhalts, wie er vom vorlegenden Gericht festgestellt worden ist, oder zumindest eine Darstellung der tats&#228;chlichen Umst&#228;nde, auf denen die Fragen beruhen&#8220;, &#8222;den Wortlaut der m&#246;glicherweise auf den Fall anwendbaren nationalen Vorschriften und gegebenenfalls die einschl&#228;gige nationale Rechtsprechung&#8220; sowie &#8222;eine Darstellung der Gr&#252;nde, aus denen das vorlegende Gericht Zweifel bez&#252;glich der Auslegung oder der G&#252;ltigkeit bestimmter Vorschriften des Unionsrechts hat, und den Zusammenhang, den es zwischen diesen Vorschriften und dem auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren nationalen Recht herstellt&#8220;, enthalten (Beschluss vom 7.&#160;Juni 2018, easyJet Airline, C&#8209;241/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:421, Rn.&#160;12 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point22">22</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Anforderungen finden sich auch in den Empfehlungen des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union an die nationalen Gerichte bez&#252;glich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl.&#160;2016, C&#160;439, S.&#160;1).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point23">23</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#220;berdies ist hervorzuheben, dass die Angaben in den Vorlageentscheidungen nicht nur dem Gerichtshof sachdienliche Antworten erm&#246;glichen, sondern auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die M&#246;glichkeit geben sollen, gem&#228;&#223; Art.&#160;23 der Satzung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union Erkl&#228;rungen abzugeben. Der Gerichtshof hat dar&#252;ber zu wachen, dass diese M&#246;glichkeit gewahrt wird, wobei zu ber&#252;cksichtigen ist, dass den Beteiligten aufgrund der genannten Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (Beschluss vom 7.&#160;Juni 2018, easyJet Airline, C&#8209;241/18, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:421, Rn.&#160;14 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point24">24</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit seiner ersten Frage m&#246;chte das vorlegende Gericht wissen, ob Art.&#160;56 AEUV dahin auszulegen ist, dass es bei der Beurteilung, ob die Werbepraktiken des Konzessionsinhabers im Fall eines staatlichen Gl&#252;cksspielmonopols zul&#228;ssig sind, darauf ankommt, ob es in einer gesamthaften Betrachtung im relevanten Zeitraum tats&#228;chlich zu einem Wachstum des Gl&#252;cksspielmarkts gekommen ist oder ob es gen&#252;gt, dass die Werbung auf eine aktive Teilnahme an diesen Spielen abzielt. Mit seiner zweiten Frage m&#246;chte es wissen, ob dieser Artikel dahin auszulegen ist, dass bei der Beurteilung dieser Praktiken Werbeaktivit&#228;ten privater Anbieter zu ber&#252;cksichtigen sind. Mit seiner dritten Frage m&#246;chte es wissen, ob das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass das vorlegende Gericht aus eigener Entscheidungsbefugnis gehalten ist, jede seiner Auffassung nach dem Unionsrecht entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts unangewendet zu lassen, selbst wenn vom nationalen Verfassungsgericht deren Unionsrechtskonformit&#228;t best&#228;tigt worden ist.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point25">25</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Was die erste und die zweite Frage angeht, hat das vorlegende Gericht nicht klar erl&#228;utert, warum es veranlasst war, sich Fragen zu bestimmten Kriterien f&#252;r die Beurteilung von Werbepraktiken des Inhabers des Gl&#252;cksspielmonopols zu stellen, und inwieweit die Antwort auf diese Fragen f&#252;r die Entscheidung des bei ihm anh&#228;ngigen Rechtsstreits erforderlich ist. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point26">26</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In der Vorlageentscheidung hat das vorlegende Gericht zwar dargelegt, dass der Verfassungsgerichtshof die Vereinbarkeit des Gl&#252;cksspielmonopols mit dem Unionsrecht best&#228;tigt habe. Es hat jedoch den Inhalt der &#246;sterreichischen Verfassungsrechtsprechung nicht dargetan und nicht klar erl&#228;utert, wie eine Antwort auf die erste und die zweite Frage es ihm gegebenenfalls erm&#246;glichen w&#252;rde, von dieser Rechtsprechung abzuweichen und den Ausgangsrechtsstreit zu entscheiden. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point27">27</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht nicht mit der erforderlichen Genauigkeit und Klarheit dargestellt hat, aus welchen Gr&#252;nden die beantragte Auslegung seiner Ansicht nach f&#252;r die Entscheidung des Ausgangsverfahrens erforderlich oder sachdienlich ist. Das vorlegende Gericht erm&#246;glicht es dem Gerichtshof daher weder, ihm eine sachliche Antwort zu geben, damit es den Ausgangsrechtsstreit entscheiden kann, noch gibt es den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die M&#246;glichkeit, gem&#228;&#223; Art.&#160;23 der Satzung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union Erkl&#228;rungen abzugeben.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point28">28</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist daher festzustellen, dass die erste und die zweite Frage offensichtlich unzul&#228;ssig sind. </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point29">29</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wegen der offensichtlichen Unzul&#228;ssigkeit der ersten und der zweiten Frage braucht die dritte Frage nicht mehr beantwortet zu werden.</p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point30">30</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Angesichts aller vorstehenden Erw&#228;gungen ist gem&#228;&#223; Art.&#160;53 Abs.&#160;2 der Verfahrensordnung festzustellen, dass das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen offensichtlich unzul&#228;ssig ist. </p> <p class="C04Titre1">&#160;<b>Kosten</b> </p> <p class="C01PointnumeroteAltN"> <a name="point31">31</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;F&#252;r die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anh&#228;ngigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.</p> <p class="C41DispositifIntroduction">Aus diesen Gr&#252;nden hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) beschlossen:</p> <p class="C30Dispositifalinea"> <b>Das vom Landesverwaltungsgericht Steiermark (&#214;sterreich) mit Entscheidung vom 2.&#160;Juli 2018 eingereichte Vorabentscheidungsersuchen ist offensichtlich unzul&#228;ssig.</b> </p> <p class="C77SignaturesAlinea">Luxemburg, den 9. Januar 2019</p> <table width="100%"> <tr> <td width="33%"> <p class="C77Signatures" style="text-align:left">Der Kanzler</p> </td><td width="33%">&#160;</td><td width="33%"> <p class="C77Signatures" style="text-align:right">Der Pr&#228;sident der Siebten Kammer</p> </td> </tr> </table> <table width="100%"> <tr> <td width="33%"> <p class="C77SignaturesAlinea" style="text-align:left">A.&#160;Calot Escobar</p> </td><td width="33%">&#160;</td><td width="33%"> <p class="C77SignaturesAlinea" style="text-align:right">T. von&#160;Danwitz</p> </td> </tr> </table> <hr/> <p class="C42FootnoteLangue"> <a href="#Footref*" name="Footnote*">*</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahrenssprache: Deutsch.</p>
175,059
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{ "id": 2, "name": "Europäischer Gerichtshof", "slug": "eugh", "city": null, "state": 19, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
C-668/17 P
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Schlussantrag des Generalanwalts
ECLI:EU:C:2019:4
<p class="C36Centre">SCHLUSSANTR&#196;GE DES GENERALANWALTS</p> <p class="C36Centre">MACIEJ SZPUNAR</p> <p class="C36Centre">vom 9.&#160;Januar 2019(<a href="#Footnote1" name="Footref1">1</a>)</p> <p class="C38Centregrasgrandespacement">Rechtssache C&#8209;668/17&#160;P</p> <p class="C37Centregras">Viridis Pharmaceutical Ltd</p> <p class="C37Centregras">gegen</p> <p class="C37Centregras"> <b>Amt der </b>Europ&#228;ischen Union f&#252;r geistiges Eigentum (EUIPO)</p> <p class="C71Indicateur">&#8222;Rechtsmittel &#8211; Unionsmarke &#8211; Verfallsverfahren &#8211; Wortmarke Boswelan &#8211; Verfallserkl&#228;rung &#8211; Benutzung einer Marke im Rahmen einer klinischen Studie&#8220;</p> <br/> <br/> <br/> <br/> <p class="C02AlineaAltA"> <br/> </p> <p class="C21Titrenumerote1">I.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Einleitung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point1">1.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Viridis Pharmaceutical Ltd (im Folgenden: Rechtsmittelf&#252;hrerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europ&#228;ischen Union vom 15.&#160;September 2017, Viridis Pharmaceutical/EUIPO &#8211; Hecht-Pharma (Boswelan)(<a href="#Footnote2" name="Footref2">2</a>), mit dem dieses ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der F&#252;nften Beschwerdekammer des Amts der Europ&#228;ischen Union f&#252;r geistiges Eigentum (EUIPO) vom 29.&#160;Februar 2016 (Sache R&#160;2837/2014&#8209;5) zu einem Verfallsverfahren zwischen der Hecht-Pharma GmbH<b/>und der Rechtsmittelf&#252;hrerin (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat. Dieses Verfahren betraf den Verfall einer insbesondere f&#252;r Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose eingetragenen Marke.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point2">2.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen dieses Verfahrens machte die Rechtsmittelf&#252;hrerin geltend, dass die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke, die f&#252;r Arzneimittel eingetragen sei, deren Vermarktung und Bewerbung bis zur Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen verboten gewesen seien, im Rahmen einer zur Vervollst&#228;ndigung des Antrags auf Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen durchgef&#252;hrten klinischen Studie erfolgt sei. Hilfsweise brachte sie vor, dass ab der Einreichung des Antrags, um eine klinische Pr&#252;fung dieser Arzneimittel durchzuf&#252;hren, die Durchf&#252;hrung dieser klinischen Pr&#252;fung zumindest einen berechtigten Grund f&#252;r die Nichtbenutzung der Marke darstelle.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point3">3.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das Gericht hat die Klage abgewiesen, wobei es davon ausging, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin nicht geltend machen k&#246;nne, sie habe die angegriffene Marke ernsthaft benutzt oder einen berechtigten Grund f&#252;r ihre Nichtbenutzung gehabt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point4">4.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit ihrem Rechtsmittel beanstandet die Rechtsmittelf&#252;hrerin im Wesentlichen die Erw&#228;gungen des Gerichts zur ernsthaften Benutzung einer Marke.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point5">5.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die sich in der vorliegenden Rechtssache stellenden Rechtsfragen betreffen somit die Auslegung der Begriffe &#8222;ernsthafte Benutzung&#8220; und &#8222;berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung&#8220; im Sinne der Verordnungen (EG) Nr.&#160;207/2009(<a href="#Footnote3" name="Footref3">3</a>) und (EU) 2017/1001(<a href="#Footnote4" name="Footref4">4</a>) im Kontext eines Verfallsverfahrens zu einer f&#252;r Arzneimittel eingetragenen Marke.</p> <p class="C21Titrenumerote1">II.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Rechtlicher Rahmen</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point6">6.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der zehnte Erw&#228;gungsgrund der Verordnung Nr.&#160;207/2009 lautet wie folgt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Der Schutz der [Unionsmarke] sowie jeder eingetragenen &#228;lteren Marke, die ihr entgegensteht, ist nur insoweit berechtigt, als diese Marken tats&#228;chlich benutzt werden.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point7">7.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Art.&#160;15 (&#8222;Benutzung der [Unionsmarke]&#8220;) Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;207/2009 bestimmt: </p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;Hat der Inhaber die [Unionsmarke] f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die sie eingetragen ist, innerhalb von f&#252;nf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der [Union] benutzt, oder hat er eine solche Benutzung w&#228;hrend eines ununterbrochenen Zeitraums von f&#252;nf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die [Unionsmarke] den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung vorliegen.&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point8">8.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die in Art.&#160;15 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;207/2009 genannten Sanktionen werden in Art.&#160;51 (&#8222;Verfallsgr&#252;nde&#8220;) dieser Verordnung konkretisiert, dessen Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a bestimmt:</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8222;(1) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die [Unionsmarke] wird auf Antrag beim [EUIPO] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren f&#252;r verfallen erkl&#228;rt,</p> <p class="C09Marge0avecretrait">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von f&#252;nf Jahren in der [Union] f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung vorliegen; der Verfall der Rechte des Inhabers kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist; wird die Benutzung jedoch innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von f&#252;nf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unber&#252;cksichtigt, sofern die Vorbereitungen f&#252;r die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag gestellt oder die Widerklage erhoben werden k&#246;nnte;</p> <p class="C02AlineaAltA">&#8230;&#8220;</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point9">9.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Verordnung Nr.&#160;207/2009 wurde durch die Verordnung 2017/1001 aufgehoben und ersetzt. Nach der Entsprechungstabelle in Anhang&#160;III der letzteren Verordnung entsprechen die Art.&#160;15 und 51 der Verordnung Nr.&#160;207/2009 den Art.&#160;18 bzw. 58 der Verordnung 2017/1001(<a href="#Footnote5" name="Footref5">5</a>).</p> <p class="C21Titrenumerote1">III.&#160;<b>Verfahren vor dem EUIPO</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point10">10.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtsmittelf&#252;hrerin ist die Rechtsnachfolgerin einer Gesellschaft, die beim EUIPO am 30.&#160;September 2003 das Wortzeichen Boswelan als Unionsmarke f&#252;r pharmazeutische Erzeugnisse sowie Pr&#228;parate f&#252;r die Gesundheitspflege der Klasse 5 des Abkommens von Nizza &#252;ber die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen f&#252;r die Eintragung von Marken vom 15.&#160;Juni 1957 in revidierter und ge&#228;nderter Fassung (im Folgenden: Abkommen von Nizza) angemeldet hatte. Die Eintragung der Marke erfolgte am 24.&#160;April 2007.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point11">11.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 24.&#160;Oktober 2010 beantragte die Rechtsmittelf&#252;hrerin die Genehmigung einer klinischen Studie zu einem Arzneimittel f&#252;r die Behandlung von Multipler Sklerose, das zur allgemeineren Kategorie der pharmazeutischen Erzeugnisse und Pr&#228;parate f&#252;r die Gesundheitspflege geh&#246;rt. Der genaue Zeitpunkt des Abschlusses dieser Studie wurde nicht bestimmt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point12">12.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 18.&#160;November 2013 stellte Hecht-Pharma einen Antrag auf Erkl&#228;rung des Verfalls der angegriffenen Marke f&#252;r alle eingetragenen Waren, da sie f&#252;r einen ununterbrochenen Zeitraum von f&#252;nf Jahren vor der Stellung dieses Antrags nicht ernsthaft benutzt worden sei.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point13">13.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit Entscheidung vom 26.&#160;September 2014 erkl&#228;rte die L&#246;schungsabteilung des EUIPO die Marke der Rechtsmittelf&#252;hrerin hinsichtlich aller eingetragenen Waren f&#252;r verfallen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point14">14.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Am 6.&#160;November 2014 legte die Rechtsmittelf&#252;hrerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung bei der Beschwerdekammer des EUIPO eine Beschwerde ein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point15">15.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit der streitigen Entscheidung wies die F&#252;nfte Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde zur&#252;ck.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point16">16.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Beschwerdekammer f&#252;hrte erstens aus, dass die von der Rechtsmittelf&#252;hrerin eingereichten Unterlagen nicht zum Nachweis einer ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke in der Europ&#228;ischen Union geeignet seien, und zweitens, dass im vorliegenden Fall die Durchf&#252;hrung einer klinischen Studie allein kein vom Willen der Rechtsmittelf&#252;hrerin unabh&#228;ngiger Grund sei, der zur Nichtbenutzung der angegriffenen Marke berechtigen w&#252;rde.</p> <p class="C21Titrenumerote1">IV.&#160;&#160;&#160;&#160;Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point17">17.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit am 30.&#160;Mai 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob die Rechtsmittelf&#252;hrerin Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung, soweit diese die angegriffene Marke hinsichtlich der zur allgemeineren Kategorie der &#8222;pharmazeutischen Erzeugnisse und Pr&#228;parate f&#252;r die Gesundheitspflege&#8220; geh&#246;renden Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose f&#252;r verfallen erkl&#228;rte. Im Rahmen dieser Klage machte die Rechtsmittelf&#252;hrerin drei Klagegr&#252;nde geltend, wobei der erste einen Versto&#223; gegen Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 betraf, soweit die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die beigebrachten Tatsachen und Beweismittel nicht ausreichten, eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke f&#252;r die Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose nachzuweisen, der zweite einen Versto&#223; gegen Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009, soweit die Beschwerdekammer zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die beigebrachten Tatsachen und Beweismittel nicht ausreichten, um einen berechtigten Grund f&#252;r die Nichtbenutzung dieser Marke hinsichtlich dieser Arzneimittel nachzuweisen, und der dritte einen Versto&#223; gegen Art.&#160;83 der Verordnung Nr.&#160;207/2009 und insbesondere den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit die Beschwerdekammer von den Pr&#252;fungsrichtlinien des EUIPO abgewichen sei.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point18">18.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den im angefochtenen Urteil angef&#252;hrten Gr&#252;nden hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen.</p> <p class="C21Titrenumerote1">V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Antr&#228;ge der Parteien</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point19">19.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In ihrer Rechtsmittelschrift beantragt die Rechtsmittelf&#252;hrerin, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssache an das Gericht zur&#252;ckzuverweisen und dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen oder, hilfsweise, die Kostenentscheidung vorzubehalten. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point20">20.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das EUIPO und Hecht-Pharma beantragen, das Rechtsmittel zur&#252;ckzuweisen und der Rechtsmittelf&#252;hrerin die Kosten aufzuerlegen.</p> <p class="C21Titrenumerote1">VI.&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C22Titrenumerote2">A.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vorbemerkung zur zeitlichen Anwendung der Verordnungen &#252;ber die Unionsmarke</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point21">21.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie die Rechtsmittelf&#252;hrerin in ihrer Rechtsmittelschrift angibt, st&#252;tzt sie ihre Rechtsmittelgr&#252;nde auf einen Versto&#223; gegen die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001. Nach Art.&#160;211 dieser Verordnung sei zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils, also am 15.&#160;September 2017, die Verordnung Nr.&#160;207/2009 bereits durch die Verordnung 2017/1001 aufgehoben und ersetzt gewesen. Im &#220;brigen nimmt auch Hecht-Pharma in ihrer Rechtsmittelbeantwortung auf die Bestimmungen der letzteren Verordnung Bezug. Das EUIPO beruft sich hingegen auf die Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point22">22.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin keinen Rechtsmittelgrund geltend macht, mit dem sie r&#252;gte, das Gericht habe das angefochtene Urteil auf einer falschen Rechtsgrundlage erlassen oder &#220;bergangsbestimmungen der Verordnung 2017/1001 unrichtig angewandt. Jedenfalls ist das Urteil am 15.&#160;September 2017 erlassen worden, d.&#160;h. nach dem Inkrafttreten der Verordnung 2017/1001 (6.&#160;Juli 2017), aber vor ihrer Anwendbarkeit (1.&#160;Oktober 2017)(<a href="#Footnote6" name="Footref6">6</a>). Daher war Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 beim Erlass des angefochtenen Urteils anwendbar(<a href="#Footnote7" name="Footref7">7</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point23">23.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem entspricht der im Rahmen des Rechtsmittels angef&#252;hrte Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001 Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009. Ebenso &#252;bernimmt Art.&#160;18 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;1 der Verordnung 2017/1001 den Wortlaut von Art.&#160;15 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;207/2009(<a href="#Footnote8" name="Footref8">8</a>). Diese beiden Bestimmungen f&#252;hren die Verpflichtung zur Benutzung der Marke ein und verweisen, bei Fehlen eines berechtigten Grundes, auf die Bestimmungen dieser Verordnung &#252;ber die Folgen der Nichtbenutzung. Alter Wein in neuen Flaschen(<a href="#Footnote9" name="Footref9">9</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point24">24.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher ist die W&#252;rdigung zu den Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009 meines Erachtens auf die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 &#252;bertragbar. Aus diesem Grund werde ich mich in den vorliegenden Schlussantr&#228;gen auf die einschl&#228;gigen Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009 und auf die ihnen entsprechenden Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 beziehen. Ebenso werde ich die Bezugnahmen auf die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 durch die Rechtsmittelf&#252;hrerin und Hecht-Pharma auch als solche auf die entsprechenden Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009 verstehen.</p> <p class="C22Titrenumerote2">B.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum Rechtsmittel</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point25">25.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Rechtsmittelf&#252;hrerin macht zwei Rechtsmittelgr&#252;nde geltend. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point26">26.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der erste Rechtsmittelgrund, der einen Versto&#223; gegen Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] betrifft, besteht aus zwei Teilen. Mit dem ersten Teil stellt die Rechtsmittelf&#252;hrerin die Feststellung des Gerichts in Frage, dass eine rechtserhaltende Benutzung f&#252;r ein Arzneimittel nur vorliegen k&#246;nnte, wenn eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen eines Arzneimittels, f&#252;r das die Marke eingetragen worden sei, vom Inhaber dieser Marke erlangt worden sei. Mit dem zweiten Teil r&#252;gt die Rechtsmittelf&#252;hrerin das angefochtene Urteil, soweit das Gericht davon ausgegangen sei, dass die Benutzung einer Marke im Rahmen einer klinischen Studie keine ernsthafte Benutzung darstelle.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point27">27.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass diese zwei Teile unterschiedliche Situationen betreffen. Der zweite Teil betrifft nur die Benutzung einer Marke im Rahmen einer klinischen Studie, w&#228;hrend der erste Teil allgemeiner die Benutzung vor der Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen betrifft. Dies vorausgeschickt, war die Rechtsmittelf&#252;hrerin nach den in Rn.&#160;40 des angefochtenen Urteils zusammengefassten Beurteilungen des Gerichts nicht in der Lage, andere Handlungen geltend zu machen als diejenigen im Rahmen des Verfahrens der klinischen Pr&#252;fung.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point28">28.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Rechtsmittelf&#252;hrerin dem Gericht vor, gegen Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] versto&#223;en zu haben, indem es das Vorliegen berechtigter Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung der angegriffenen Marke in dem Fall ausgeschlossen habe, in dem das Erzeugnis, f&#252;r das die Marke eingetragen worden sei, Gegenstand einer klinischen Pr&#252;fung sei.</p> <p class="C22Titrenumerote2">C.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur Zul&#228;ssigkeit der Rechtsmittelgr&#252;nde</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point29">29.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In ihrer Rechtsmittelbeantwortung weist Hecht-Pharma darauf hin, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin mit ihren Rechtsmittelgr&#252;nden eine neue W&#252;rdigung der Tatsachen bzw. des Sachverhalts begehre. Diese Rechtsmittelgr&#252;nde seien daher offensichtlich unzul&#228;ssig.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point30">30.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In einem Rechtsmittel, zu dem der Beschluss Mart&#237;n Osete/EUIPO(<a href="#Footnote10" name="Footref10">10</a>) ergangen ist, warf eine Rechtsmittelf&#252;hrerin dem Gericht vor, eine &#252;berm&#228;&#223;ig enge Auslegung des Begriffs &#8222;berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung&#8220; im Sinne von Art.&#160;51 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;207/2009 gew&#228;hlt zu haben. Insbesondere wies sie darauf hin, dass gewisse Regelungen die Vermarktung der Parfums, f&#252;r die die Marke eingetragen worden sei, &#252;berm&#228;&#223;ig erschwerten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point31">31.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof hat in diesem Beschluss festgestellt, dass unter dem Deckmantel einer fehlerhaften Auslegung des Begriffs &#8222;berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung&#8220; die Rechtsmittelf&#252;hrerin in Wirklichkeit darauf abzielte, die Tatsachenw&#252;rdigungen des Gerichts in Frage zu stellen. Folglich hat der Gerichtshof den betreffenden Rechtsmittelgrund als offensichtlich unzul&#228;ssig zur&#252;ckgewiesen. In ihrem Rechtsmittel hatte sich die Rechtsmittelf&#252;hrerin nach meinem Daf&#252;rhalten n&#228;mlich insbesondere auf die Beweismittel konzentriert, um zu veranschaulichen, dass das Bestehen berechtigter Gr&#252;nde klar nachgewiesen sei(<a href="#Footnote11" name="Footref11">11</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point32">32.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Jedoch zielt die Rechtsmittelf&#252;hrerin in der vorliegenden Rechtssache auf die Auslegung &#8211; als solche &#8211; der Begriffe &#8222;ernsthafte Benutzung&#8220; und &#8222;berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung&#8220; im Sinne der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Verordnung 2017/1001] im Kontext eines Verfallsverfahrens zu einer Marke ab, die f&#252;r ein Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch eingetragen wurde, dessen Vermarktung und Bewerbung bis zur Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen verboten waren. Daher erfordert die Pr&#252;fung der Rechtsmittelgr&#252;nde, die Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Verordnung 2017/1001] im Licht der Regelung f&#252;r Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch in der Union auszulegen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point33">33.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich meine daher, dass mit den vorliegenden Rechtsmittelgr&#252;nden keine neue W&#252;rdigung der Tatsachen bzw. des Sachverhalts begehrt wird, sondern Rechtsfragen aufgeworfen werden. Sie sind daher zul&#228;ssig.</p> <p class="C22Titrenumerote2">D.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zur Begr&#252;ndetheit</b> </p> <p class="C23Titrenumerote3">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum ersten Rechtsmittelgrund</b> </p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes</b> </p> <p class="C25Titrenumerote5">1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Stellungnahmen der Parteien</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point34">34.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes r&#252;gt die Rechtsmittelf&#252;hrerin, dass, erstens, das Gericht in Rn.&#160;36 des angefochtenen Urteils von einem Grundsatz ausgegangen sei, wonach eine rechtserhaltende Benutzung einer f&#252;r ein Arzneimittel eingetragenen Marke nur vorliegen k&#246;nne, wenn eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen erlangt worden sei. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs h&#228;nge die Frage, ob eine Benutzung ausreichend sei, von einer Einzelfallbeurteilung ab(<a href="#Footnote12" name="Footref12">12</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point35">35.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Rahmen ihrer Kritik an dem Grundsatz, von dem das Gericht ausgegangen sei, macht die Rechtsmittelf&#252;hrerin zweitens geltend, dass die Handlungen im Rahmen der klinischen Pr&#252;fungen, die einen Teil des Verfahrens der Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen darstellten, rechtm&#228;&#223;ig gewesen seien(<a href="#Footnote13" name="Footref13">13</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point36">36.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens vertritt die Rechtsmittelf&#252;hrerin schlie&#223;lich die Auffassung, dass unter Ber&#252;cksichtigung der Besonderheiten des Arzneimittelsektors ein Zeitraum von f&#252;nf Jahren als zu kurz anzusehen sei. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point37">37.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das EUIPO und, die Zul&#228;ssigkeit des ersten Rechtsmittelgrundes vorausgesetzt, Hecht-Pharma halten hingegen den ersten Teil dieses Rechtsmittelgrundes f&#252;r unbegr&#252;ndet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point38">38.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das EUIPO bringt insbesondere vor, dass entgegen den Ausf&#252;hrungen der Rechtsmittelf&#252;hrerin das Gericht die Erlangung einer arzneimittelrechtlichen Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen nicht als <i>unabdingbare </i>Voraussetzung f&#252;r das Vorliegen einer ernsthaften Benutzung angesehen habe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point39">39.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hecht-Pharma ist ihrerseits der Ansicht, dass die angegriffene Marke f&#252;r die Waren benutzt werden m&#252;sse, f&#252;r die sie eingetragen sei. Im vorliegenden Fall sei daher zu beurteilen, ob diese Marke f&#252;r ein Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose benutzt werde. Eine ernsthafte Benutzung f&#252;r ein solches Arzneimittel k&#246;nne nur nachgewiesen werden, wenn das fragliche Produkt tats&#228;chlich ein Arzneimittel sei. Es sei aber erst am Ende der von der Rechtsmittelf&#252;hrerin durchgef&#252;hrten klinischen Studie m&#246;glich, festzustellen, ob das gepr&#252;fte Produkt ein Arzneimittel im Sinne dieser Definition darstelle. Die Benutzung dieses Produkts im Rahmen der klinischen Pr&#252;fung k&#246;nne daher keine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke f&#252;r ein Arzneimittel darstellen.</p> <p class="C25Titrenumerote5">2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>W&#252;rdigung</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point40">40.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Erstes bin ich hinsichtlich des Vorbringens der Rechtsmittelf&#252;hrerin, mit dem sie r&#252;gt, das Gericht sei von einem Grundsatz ausgegangen, wonach eine rechtserhaltende Benutzung nur vorliegen k&#246;nne, wenn eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen erlangt worden sei, wie das EUIPO der Ansicht, dass dieses auf einer unrichtigen Auslegung des angefochtenen Urteils beruht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point41">41.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In Rn.&#160;36 des angefochtenen Urteils hat das Gericht zwar darauf hingewiesen, dass nur die Erlangung einer Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen geeignet sei, eine &#246;ffentliche und nach au&#223;en gerichtete Benutzung der angegriffenen Marke zu erm&#246;glichen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point42">42.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In den Rn.&#160;37 bis 39 des angefochtenen Urteils hat das Gericht jedoch eine W&#252;rdigung der Situation der Rechtsmittelf&#252;hrerin vorgenommen, unbeschadet der Tatsache, dass sie die Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen nicht erlangt hatte. Somit ist das Gericht in keiner Weise davon ausgegangen, dass mangels dieser Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen eine f&#252;r ein Arzneimittel eingetragene Marke nicht Gegenstand einer &#8222;ernsthaften Benutzung&#8220; im Sinne von Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] sein k&#246;nne. Im &#220;brigen beanstandet der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes haupts&#228;chlich die Erw&#228;gungen des Gerichts in Rn.&#160;39 des angefochtenen Urteils. Daher wird bei der W&#252;rdigung dieses Teils die G&#252;ltigkeit des Grundsatzes, von dem das Gericht ausgegangen sein soll, bewertet werden k&#246;nnen, zumindest soweit dieser Grundsatz die Benutzung einer Marke im Rahmen klinischer Studien betreffen w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point43">43.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Zweites gen&#252;gt zur Rechtm&#228;&#223;igkeit der Handlungen w&#228;hrend klinischer Studien die Feststellung, dass die Rechtm&#228;&#223;igkeit von Handlungen, in deren Rahmen eine Marke eingesetzt wird, diese Handlungen nicht automatisch in ernsthafte Nutzungshandlungen in Bezug auf diese Marke verwandelt(<a href="#Footnote14" name="Footref14">14</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point44">44.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Als Drittes bin ich der Ansicht, dass auch das Vorbringen der Rechtsmittelf&#252;hrerin zur Unzul&#228;nglichkeit der F&#252;nfjahresfrist nicht durchgreifen kann. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point45">45.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die F&#252;nfjahresfrist, wie sie in Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] vorgesehen ist, ist unabh&#228;ngig vom Wirtschaftszweig anwendbar, zu dem die Waren oder Dienstleistungen geh&#246;ren, f&#252;r die eine Marke eingetragen wurde. Jedoch werden die Besonderheiten eines Wirtschaftszweigs ber&#252;cksichtigt, wenn es um die Beurteilung der Umst&#228;nde geht, die je nach dem Markt der betreffenden Waren oder Dienstleistungen eine ernsthafte Benutzung darstellen (oder nicht). Jedenfalls werde ich auf diese Frage im Rahmen der Analyse zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes eingehen. Au&#223;erdem k&#246;nnen die Umst&#228;nde, unter denen die Frist von f&#252;nf Jahren unzureichend w&#252;rde, um eine ernsthafte Benutzung einer Marke zu beginnen, im Rahmen der Pr&#252;fung der Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung ber&#252;cksichtigt werden, auf die ich mich im Rahmen der Analyse zum zweiten Rechtsmittelgrund beziehen werde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point46">46.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich ist meines Erachtens der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unbegr&#252;ndet.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes</b> </p> <p class="C25Titrenumerote5">1)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Stellungnahmen der Parteien</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point47">47.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes r&#252;gt die Rechtsmittelf&#252;hrerin, dass das Gericht in Rn.&#160;39 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, die Benutzung einer Marke im Rahmen einer klinischen Studie stelle eine rein interne Benutzung dar und solche Nutzungshandlungen k&#246;nnten jedenfalls nicht als ernsthaft im Sinne von Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] angesehen werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point48">48.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Verpflichtung zur Benutzung einer eingetragenen Marke &#8211; so die Rechtsmittelf&#252;hrerin &#8211; sei kein Selbstzweck und das Nutzungserfordernis bezwecke, das Markenregister von unbenutzten Marken freizuhalten. Die Auslegung des Begriffs der Benutzung sollte daher Gegenstand einer gewissen Gro&#223;z&#252;gigkeit sein, wie Art.&#160;15 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;18 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] und der 25.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Verordnung 2017/1001(<a href="#Footnote15" name="Footref15">15</a>) belegten, wonach die Benutzung einer Marke in einer anderen Form als derjenigen, in der sie eingetragen worden sei, f&#252;r die Rechtserhaltung ausreichen m&#252;sste.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point49">49.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das EUIPO und Hecht-Pharma halten den zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes f&#252;r unbegr&#252;ndet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point50">50.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das EUIPO bringt vor, dass die ernsthafte Benutzung auszuschlie&#223;en sei, wenn, wie das Gericht zu Recht entschieden habe, die Bestimmungen der arzneimittelrechtlichen Regelung es verb&#246;ten, ein noch nicht zugelassenes Arzneimittel zu bewerben, und somit eine Benutzung zur Erlangung eines Marktanteils rechtlich unm&#246;glich sei. Die anderen vom Gericht angef&#252;hrten Umst&#228;nde, n&#228;mlich der enge Teilnehmerkreis und die interne Natur der Benutzung, seien nicht ausschlaggebend gewesen. Daher k&#246;nnten die insoweit von der Rechtsmittelf&#252;hrerin geltend gemachten Argumente nicht durchgreifen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point51">51.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hecht-Pharma erg&#228;nzt insbesondere, dass eine klinische Studie eine vorbereitende Studie f&#252;r den Antrag auf Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen eines Produkts als Arzneimittel sei. Sinn und Zweck einer solchen vorbereitenden Studie sei es nicht, Marktanteile hinzuzugewinnen oder zu verteidigen; sie ziele vielmehr auf den Nachweis der Wirksamkeit des Produkts ab. Da die Studie randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert durchgef&#252;hrt werde, w&#252;ssten selbst die Beteiligten nicht, um welches Produkt und um welche Marke es sich handele.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point52">52.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Au&#223;erdem weist Hecht-Pharma darauf hin, dass der Begriff der ernsthaften Benutzung nicht Gegenstand einer gewissen Gro&#223;z&#252;gigkeit sein k&#246;nne. Der 25.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Verordnung 2017/1001 betreffe n&#228;mlich eine andere Frage.</p> <p class="C25Titrenumerote5">2)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>W&#252;rdigung</i> </p> <p class="C26Titrenumerote6">i)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Vorbemerkungen</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point53">53.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelf&#252;hrerin gr&#252;ndet Rn.&#160;39 des angefochtenen Urteils nicht auf der Annahme, dass die Benutzung einer Marke im Rahmen einer klinischen Studie interner Natur sei und daher allein aus dem Grund, dass sie an einen beschr&#228;nkten Adressatenkreis gerichtet sei, nicht als ernsthaft angesehen werden k&#246;nne. Nach dem Gericht konnte n&#228;mlich die Benutzung der angegriffenen Marke im Rahmen einer klinischen Studie gegen&#252;ber Dritten auch deshalb weder einer Markteinf&#252;hrung noch einer direkten Vorbereitungshandlung gleichgestellt werden, weil sie au&#223;erhalb des Wettbewerbs und ohne das Ziel erfolgte, Marktanteile zu erschlie&#223;en oder zu sichern.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point54">54.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Folglich will die Rechtsmittelf&#252;hrerin mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes meines Erachtens im Wesentlichen nachweisen, dass die Frage, ob die Benutzung einer f&#252;r ein Arzneimittel eingetragenen Marke im Rahmen einer klinischen Pr&#252;fung dieses Arzneimittels als ernsthafte Benutzung im Sinne von Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] eingestuft werden kann, entgegen der Feststellung des Gerichts in Rn.&#160;39 des angefochtenen Urteils zu bejahen ist.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point55">55.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese Frage wurde in der Lehre bereits gestellt und beantwortet. Insbesondere wurde geltend gemacht, dass die Durchf&#252;hrung von klinischen Studien vor der Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen keine ernsthafte Benutzung darstelle, da diese Studien nicht externer Natur seien(<a href="#Footnote16" name="Footref16">16</a>). Au&#223;erdem scheint mir dies auch die Auslegung der Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinien &#252;ber das System der nationalen Marken durch die innerstaatlichen Gerichte zu sein(<a href="#Footnote17" name="Footref17">17</a>). Meines Wissens hat jedoch der Gerichtshof noch nicht &#252;ber eine solche Frage befunden.</p> <p class="C26Titrenumerote6">ii)&#160;&#160;&#160;&#160;Natur der ernsthaften Benutzung im Licht der Rechtsprechung</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point56">56.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung wird eine Marke ernsthaft benutzt, wenn sie erstens f&#252;r die Erschlie&#223;ung oder Sicherung eines Absatzmarktes f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die sie eingetragen wurde, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen, und zweitens entsprechend ihrer Hauptfunktion benutzt wird(<a href="#Footnote18" name="Footref18">18</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point57">57.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Anforderungen betreffend erstens den gesch&#228;ftlichen Sinn und Zweck der Marke und zweitens ihre Hauptfunktion sind kumulativ. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point58">58.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum einen kann der Schutz der Marke nicht fortdauern, wenn die Marke ihren gesch&#228;ftlichen Sinn und Zweck verliert, der darin besteht, dass f&#252;r Waren oder Dienstleistungen, die mit dem die Marke bildenden Zeichen versehen sind, gegen&#252;ber Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen ein Absatzmarkt erschlossen oder gesichert wird(<a href="#Footnote19" name="Footref19">19</a>). Zum anderen gen&#252;gt der Umstand, dass eine Marke benutzt wird, um f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die sie eingetragen wurde, einen Absatzmarkt zu erschlie&#223;en oder zu sichern, und nicht nur zur Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte, nicht, um eine &#8222;ernsthafte Benutzung&#8220; zu bejahen. Es ist n&#228;mlich ebenso unerl&#228;sslich, dass diese Benutzung der Marke entsprechend ihrer Hauptfunktion vorgenommen wird, die darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentit&#228;t der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie es ihm erm&#246;glicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden(<a href="#Footnote20" name="Footref20">20</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point59">59.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Eine Benutzung, die in der Erschlie&#223;ung oder Sicherung eines Absatzmarktes f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen besteht, muss ihrem Wesen nach nach au&#223;en gerichtet sein. Dasselbe gilt f&#252;r die Erf&#252;llung ihrer Hauptfunktion durch die Marke. Die Erf&#252;llung dieser Funktion setzt die Pr&#228;senz der Marke auf dem Markt und folglich die Exposition der &#214;ffentlichkeit gegen&#252;ber dieser Marke voraus.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point60">60.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass aus diesen Erw&#228;gungen nicht abgeleitet werden kann, dass die Vermarktung der Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die die Marke eingetragen wurde, unerl&#228;sslich ist, um eine ernsthafte Benutzung zu bejahen. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point61">61.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie n&#228;mlich aus dem Urteil Ansul(<a href="#Footnote21" name="Footref21">21</a>) hervorgeht, kann eine ernsthafte Benutzung einer eingetragenen Marke in zwei Situationen vorliegen, n&#228;mlich in der Situation, in der die Waren bereits vermarktet werden, und in derjenigen, in der ihre Vermarktung unmittelbar bevorsteht. Eine solche Benutzung vor der Vermarktung als solche muss in Vorbereitungshandlungen im Hinblick auf die Gewinnung von Kunden bestehen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point62">62.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Diese beiden Situationen haben Gemeinsamkeiten. Insbesondere hat der Gerichtshof in Rn.&#160;37 des Urteils Ansul(<a href="#Footnote22" name="Footref22">22</a>) entschieden, dass die &#8222;ernsthafte Benutzung&#8220; der Marke <i>voraussetzt, dass diese auf dem Markt der </i>durch sie<i> gesch&#252;tzten Waren oder Dienstleistungen benutzt wird </i>und nicht nur innerhalb des betreffenden Unternehmens. Der Gerichtshof hat in der Folge diese Erw&#228;gungen im Urteil Verein Radetzky-Orden(<a href="#Footnote23" name="Footref23">23</a>) n&#228;her ausgef&#252;hrt und zwischen zwei F&#228;llen unterschieden: zum einen <i>eine Benutzung der Marken, um die eigenen Waren oder Dienstleistungen in der &#214;ffentlichkeit zu kennzeichnen oder deren Absatz zu f&#246;rdern</i>,<i/>und zum anderen eine <i>Benutzung, die sich auf die interne Verwendung </i>der Marken <i>beschr&#228;nkt</i>.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point63">63.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es scheint mir symptomatisch, dass der Gerichtshof im Urteil Ansul(<a href="#Footnote24" name="Footref24">24</a>) als Beispiel die Benutzung einer Marke im Rahmen von Werbekampagnen genannt hat, um eine Benutzung vor der Vermarktung der Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die sie eingetragen worden war, zu veranschaulichen. Dieses Beispiel veranschaulicht n&#228;mlich gut eine vorherige Benutzung, aber auch eine ernsthafte Benutzung. Folglich impliziert die Durchf&#252;hrung von Werbekampagnen, in deren Rahmen eine Marke eingesetzt wird, nicht automatisch das Vorliegen einer ernsthaften Benutzung. Dieses Beispiel zeigt jedoch deutlich, dass selbst in einer Phase vor der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen die Benutzungshandlungen externer Art sein und gleichzeitig Wirkungen f&#252;r die zuk&#252;nftigen Adressaten dieser Waren oder Dienstleistungen entfalten m&#252;ssen(<a href="#Footnote25" name="Footref25">25</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point64">64.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher ist jede ernsthafte Benutzung im Wesentlichen nach au&#223;en gerichtet. Hingegen geht aus den vorherigen Erw&#228;gungen nicht hervor, dass jede externe Benutzung einer Marke eine ernsthafte Benutzung darstellt. Die Tatsache allein, dass eine Marke gegen&#252;ber Dritten verwendet wird, bedeutet nicht, dass eine ernsthafte Benutzung vorliegt. F&#252;r die Feststellung einer solchen Benutzung ist es erforderlich, wie ich in den Nrn. 56 bis 59 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge ausgef&#252;hrt habe, zu pr&#252;fen, ob eine externe Nutzungshandlung in der Erschlie&#223;ung oder Sicherung eines Absatzmarktes f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die die Marke eingetragen wurde, besteht. Im Rahmen dieser Pr&#252;fung ist eine Analyse durchzuf&#252;hren, die insbesondere den Markt der betreffenden Waren oder Dienstleistungen ber&#252;cksichtigt.</p> <p class="C26Titrenumerote6">iii)&#160;Ber&#252;cksichtigung der Besonderheiten eines Wirtschaftszweigs </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point65">65.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach der Rechtsprechung sind bei der Pr&#252;fung der Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, s&#228;mtliche Umst&#228;nde zu ber&#252;cksichtigen, die belegen k&#246;nnen, dass die Marke tats&#228;chlich gesch&#228;ftlich verwertet wird, insbesondere Verwendungen, die <i>im betreffenden Wirtschaftszweig </i>als gerechtfertigt angesehen werden, um <i>Marktanteile f&#252;r die durch die Marke gesch&#252;tzten Waren oder Dienstleistungen </i>zu behalten oder zu gewinnen(<a href="#Footnote26" name="Footref26">26</a>). Die Pr&#252;fung der Umst&#228;nde des Einzelfalls kann es somit rechtfertigen, dass insbesondere die Art der betreffenden Ware oder Dienstleistung, <i>die Merkmale des jeweiligen Marktes</i> sowie der Umfang und die H&#228;ufigkeit der Benutzung der Marke ber&#252;cksichtigt werden(<a href="#Footnote27" name="Footref27">27</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point66">66.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Somit ist die Ber&#252;cksichtigung der Besonderheiten eines Wirtschaftszweigs, in dem eine Marke eingesetzt wird, in der Rechtsprechung des Gerichtshofs anerkannt worden. Insoweit scheint es mir angezeigt, einige Bemerkungen zur Regelung des Sektors der Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch in der Union zu machen. Die Begriffe dieser Regelung haben zwar nicht notwendigerweise dieselbe Bedeutung wie die Begriffe des Markenrechts. Jedoch schafft diese Regelung den Rahmen, in dem die Akteure dieses Sektors Handlungen im Zusammenhang mit Arzneimitteln vornehmen k&#246;nnen, f&#252;r die Marken eingetragen wurden, und es steht fest, dass eine Marke f&#252;r die Feststellung ihrer ernsthaften Benutzung auf dem Markt der betreffenden Waren oder Dienstleistungen verwendet worden sein muss(<a href="#Footnote28" name="Footref28">28</a>).</p> <p class="C26Titrenumerote6">iv)&#160;&#160;&#160;&#160;<i>Regelung der Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point67">67.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der harte Kern des unionsrechtlichen Systems betreffend den Sektor der Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch wird durch die Richtlinie 2001/83/EG(<a href="#Footnote29" name="Footref29">29</a>) und die Verordnung (EG) Nr.&#160;726/2004(<a href="#Footnote30" name="Footref30">30</a>) gebildet. Diese Gesetzgebungsakte der Union stellen einen Grundsatz auf, wonach Arzneimittel nicht in den Verkehr gebracht werden d&#252;rfen, ohne dass von der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen erteilt wurde(<a href="#Footnote31" name="Footref31">31</a>). Au&#223;erdem d&#252;rfen f&#252;r Arzneimittel keine &#8222;Ma&#223;nahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel [gesetzt werden], die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu f&#246;rdern&#8220;, insbesondere in der &#214;ffentlichkeit und bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln befugt sind(<a href="#Footnote32" name="Footref32">32</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point68">68.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem System stellt eine klinische Pr&#252;fung im Wesentlichen eine Untersuchung dar, die insbesondere durchgef&#252;hrt wird, um die Wirkungen, einschlie&#223;lich der Nebenwirkungen, eines Arzneimittels festzustellen oder zu &#252;berpr&#252;fen und um die Wirksamkeit und die Sicherheit seiner Anwendung nachzuweisen(<a href="#Footnote33" name="Footref33">33</a>). Die Ergebnisse einer solchen Pr&#252;fung sind nach Art.&#160;8 Abs.&#160;3 Buchst.&#160;i der Richtlinie 2001/83 dem Antrag auf Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen beizuf&#252;gen. Klinische Studien werden daher grunds&#228;tzlich vor der Vermarktung und Bewerbung der unter Art.&#160;6 der Richtlinie 2001/83 fallenden Arzneimittel durchgef&#252;hrt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point69">69.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dar&#252;ber hinaus wird eine klinische Studie grunds&#228;tzlich einer wissenschaftlichen und ethischen &#220;berpr&#252;fung unterzogen und ist vorab zu genehmigen(<a href="#Footnote34" name="Footref34">34</a>). Ebenso unterliegen wesentliche &#196;nderungen im Laufe einer klinischen Studie der Kontrolle der Mitgliedstaaten(<a href="#Footnote35" name="Footref35">35</a>). Au&#223;erdem ist der Sponsor einer klinischen Pr&#252;fung f&#252;r ihre Einleitung, ihr Management und die Aufstellung ihrer Finanzierung verantwortlich(<a href="#Footnote36" name="Footref36">36</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point70">70.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Um diesen Teil meiner Analyse zusammenzufassen: Meines Erachtens hat der Unionsgesetzgeber einen Ansatz gew&#228;hlt, der den Zugang der Verbraucher oder Endabnehmer zu nicht zugelassenen Arzneimitteln beschr&#228;nkt, um die mit der Anwendung solcher Arzneimittel verbundenen Risiken zu beschr&#228;nken.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point71">71.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im &#220;brigen kann die Benutzung einer Marke f&#252;r ein Arzneimittel w&#228;hrend klinischer Pr&#252;fungen folglich nicht als ernsthafte Benutzung vor der Vermarktung dieses Arzneimittels im Sinne des Urteils Ansul(<a href="#Footnote37" name="Footref37">37</a>) angesehen werden. Ebenso steht fest, wie aus Rn.&#160;38 des angefochtenen Urteils hervorgeht, dass die Situation der Rechtsmittelf&#252;hrerin der einer Benutzung vor der Vermarktung entspricht. Die Waren, f&#252;r die die Marke eingetragen wurde, d.&#160;h. die Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose, wurden nicht vermarktet, da ihre Vermarktung w&#228;hrend des relevanten Zeitraums verboten war(<a href="#Footnote38" name="Footref38">38</a>).</p> <p class="C26Titrenumerote6">v)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<i>F&#252;r Humanarzneimittel eingetragene Marken</i> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point72">72.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Die Klasse&#160;5 des Abkommens von Nizza, zu der die pharmazeutischen Erzeugnisse sowie die Pr&#228;parate f&#252;r die Gesundheitspflege geh&#246;ren, umfasst nach der Lehre besonders viele Eintragungen(<a href="#Footnote39" name="Footref39">39</a>). Au&#223;erdem, glaubt man den Hinweisen in der Lehre, neigen die Akteure des Arzneimittelsektors dazu, Marken f&#252;r Arzneimittel in der Anfangsphase ihrer Entwicklung anzumelden(<a href="#Footnote40" name="Footref40">40</a>). Diese Eile w&#252;rde sich durch den Willen erkl&#228;ren, einflussreiche Kreise zu sensibilisieren, da eine Gefahr best&#252;nde, dass w&#228;hrend der Entwicklungsphase eines Arzneimittels sich die &#196;rzte und Fachkr&#228;fte mehr an seinen Gattungsnamen als an die Marke gew&#246;hnten(<a href="#Footnote41" name="Footref41">41</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point73">73.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der Unionsgesetzgeber dieses Verhalten der Akteure des Humanarzneimittelsektors ber&#252;cksichtigt hat. Die Richtlinie 2001/83 anerkennt n&#228;mlich, zumindest in einem gewissen Umfang, die Rolle, die Marken in diesem Sektor spielen. Nach Art.&#160;1 Nr.&#160;20 dieser Richtlinie kann n&#228;mlich die Bezeichnung eines Arzneimittels ein gebr&#228;uchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen sein. Au&#223;erdem hat nach Art.&#160;89 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;b der Richtlinie 2001/83 Werbung, die nur f&#252;r zugelassene Arzneimittel erlaubt ist, insbesondere deren Namen zu enthalten.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point74">74.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Aus den oben genannten Bestimmungen ergibt sich, dass in bestimmten F&#228;llen eine f&#252;r ein Arzneimittel eingetragene Marke mit dem Namen dieses Arzneimittels &#252;bereinstimmen kann. Folglich kann eine solche Marke in der Kommunikationsstrategie des Inhabers nur dann benutzt werden, wenn die Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels erlangt wurde.</p> <p class="C26Titrenumerote6">vi)&#160;&#160;&#160;&#160;Teilergebnis zur Benutzung einer Marke w&#228;hrend der klinischen Pr&#252;fungen </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point75">75.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem weise ich darauf hin, dass, wie aus Nr.&#160;70 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge hervorgeht, der Unionsgesetzgeber den Zugang der Verbraucher und Endabnehmer zu nicht zugelassenen Arzneimitteln beschr&#228;nken will. Im System der Regelung der Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch k&#246;nnen die klinischen Pr&#252;fungen einer Filterma&#223;nahme gleichgehalten werden, die den Marktzugang der nicht zugelassenen Arzneimittel verhindert.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point76">76.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ebenso ist es aufgrund der Rolle, die eingetragene Marken f&#252;r solche Arzneimittel in diesem System spielen, das vom Unionsgesetzgeber verfolgte Ziel, auch den Einsatz solcher Marken auf dem betreffenden Markt zu beschr&#228;nken. Daher wird auch die Exposition der &#214;ffentlichkeit gegen&#252;ber einer f&#252;r ein (noch) nicht zugelassenes Arzneimittel eingetragenen Marke qualitativ und quantitativ beschr&#228;nkt, zumindest soweit diese Marke auf dem Wettbewerbsmarkt der Arzneimittel eingesetzt werden k&#246;nnte.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point77">77.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Es ist darauf hinzuweisen, dass nicht zugelassene Arzneimittel w&#228;hrend der klinischen Pr&#252;fungen f&#252;r die Teilnehmer sowie f&#252;r andere in diese Studien einbezogene Personen verf&#252;gbar sind. Ich schlie&#223;e nicht aus, dass die zu diesen beiden Gruppen geh&#246;renden Personen das Arzneimittel mit seinem Namen in Verbindung bringen k&#246;nnten, und folglich die f&#252;r dieses Arzneimittel eingetragene Marke mit ihrem Inhaber. Au&#223;erdem k&#246;nnen sie w&#228;hlen und entscheiden, ob sie in eine Studie einbezogen werden oder nicht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point78">78.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Wie sich jedoch aus Nr.&#160;64 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge ergibt, stellt nicht jede externe Benutzung automatisch eine ernsthafte Benutzung dar. Die Exposition gegen&#252;ber dieser Marke, die einen Absatzmarkt f&#252;r die Waren erschlie&#223;en k&#246;nnte, f&#252;r die sie auf dem betreffenden Markt eingetragen wurde, muss notwendigerweise innerhalb dieses Marktes stattfinden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point79">79.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich denke nicht, dass dies bei einer Marke der Fall ist, die im Rahmen einer klinischen Studie benutzt wird.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point80">80.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens sind im Rahmen der klinischen Pr&#252;fungen nicht zugelassene Arzneimittel grunds&#228;tzlich nicht Gegenstand einer Vermarktung oder Bewerbung im Hinblick auf ein Eindringen in den Markt der vermarkteten Waren derselben Klasse. Ebenso ist eine klinische Pr&#252;fung, die eine Untersuchung der Risiken der Anwendung eines Arzneimittels unter Bedingungen darstellt, die einer vorherigen Genehmigung unterliegen, keine Form der gesch&#228;ftlichen Verwertung einer f&#252;r dieses Arzneimittel eingetragenen Marke, die in der Erschlie&#223;ung oder Sicherung eines Absatzmarktes f&#252;r dieses Arzneimittel besteht, und sollte es auch nicht sein. Daher kann eine klinische Pr&#252;fung nicht einmal einer Vorbereitungshandlung f&#252;r die Vermarktung im Sinne des Urteils Ansul(<a href="#Footnote42" name="Footref42">42</a>) gleichgesetzt werden.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point81">81.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Sinne dieser &#220;berlegungen denke ich nicht, dass klinische Pr&#252;fungen eines Arzneimittels im gro&#223;en Rahmen eine ernsthafte Benutzung einer f&#252;r ein gepr&#252;ftes Arzneimittel eingetragenen Marke darstellen k&#246;nnten. Wie aus dem zehnten Erw&#228;gungsgrund der Richtlinie 2001/83 hervorgeht, ist die Absicht des Gesetzgebers, Versuche zu vermeiden, die nicht notwendig sind(<a href="#Footnote43" name="Footref43">43</a>). Die Gr&#246;&#223;enordnung einer klinischen Pr&#252;fung wird n&#228;mlich nicht durch gesch&#228;ftliche Erw&#228;gungen, sondern durch die wissenschaftliche Notwendigkeit bestimmt. Au&#223;erdem unterliegt diese Gr&#246;&#223;enordnung der Genehmigung eines Mitgliedstaats(<a href="#Footnote44" name="Footref44">44</a>). Meines Erachtens ergibt sich das Fehlen einer ernsthaften Benutzung mehr aus den qualitativen Merkmalen der Benutzung einer Marke im Rahmen der klinischen Pr&#252;fungen als aus ihren quantitativen Merkmalen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point82">82.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens h&#228;ngen die Exposition gegen&#252;ber der Marke sowie die Entscheidung, die die Teilnehmer und andere in eine klinische Studie einbezogene Personen getroffen haben, haupts&#228;chlich nicht von den Merkmalen des Produkts, seiner Herkunft oder gar der gesch&#228;ftlichen Strategie des Inhabers, sondern von dem Willen ab, an einer Untersuchung zu diesem Arzneimittel teilzunehmen. Ich halte es in diesem Kontext f&#252;r symptomatisch, dass, wie das Gericht in Rn.&#160;59 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, im vorliegenden Fall die finanzielle Investition eine entscheidende Rolle im Hinblick auf die Rekrutierung der Teilnehmer und anderer in die klinische Studie einbezogener Personen spielt. Im &#220;brigen wurde die angegriffene Marke unter Umst&#228;nden wie denen des Ausgangsverfahrens f&#252;r Waren der Klasse&#160;5 des Abkommens von Nizza eingetragen, n&#228;mlich pharmazeutische Erzeugnisse und Pr&#228;parate f&#252;r die Gesundheitspflege. Daher musste diese Marke einen Absatzmarkt nicht f&#252;r wissenschaftliche Studien, sondern f&#252;r Waren dieser Klasse erschlie&#223;en. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point83">83.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Schlie&#223;lich k&#246;nnen diese Erw&#228;gungen nicht durch das Argument der Rechtsmittelf&#252;hrerin in Frage gestellt werden, dass die Auslegung des Begriffs &#8222;ernsthafte Benutzung&#8220; Gegenstand einer gewissen Gro&#223;z&#252;gigkeit sein m&#252;sse, da nach Art.&#160;15 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;18 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] der Unionsgesetzgeber die Benutzung einer Marke in einer Form zulasse, die von der Eintragung abweiche. Gegenstand dieser Bestimmungen ist es, dem Inhaber einer eingetragenen Marke zu erm&#246;glichen, im Rahmen seines Gesch&#228;ftsbetriebs Ver&#228;nderungen an dem Zeichen vorzunehmen, die, ohne dessen Unterscheidungskraft zu beeinflussen, seine bessere Anpassung an die Erfordernisse der Vermarktung und Bewerbung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen gestatten(<a href="#Footnote45" name="Footref45">45</a>). Eine gewisse Gro&#223;z&#252;gigkeit hinsichtlich der Form einer Marke ist zwar zul&#228;ssig, sie kann jedoch nicht die Merkmale im Zusammenhang mit der Ernsthaftigkeit der Benutzung betreffen. Eine solche Benutzung muss jedenfalls die in den Nrn. 56 bis 59 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge dargelegten Anforderungen erf&#252;llen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point84">84.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zusammengefasst bin ich der Auffassung, dass die Benutzung einer f&#252;r ein gepr&#252;ftes Arzneimittel eingetragenen Marke im Rahmen der klinischen Studien keine ernsthafte Benutzung dieser Marke darstellt. Dies vorausgeschickt bin ich jedoch nicht der Ansicht, dass bei Fehlen einer Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen eine Marke, die f&#252;r ein den Gegenstand einer klinischen Pr&#252;fung bildendes Arzneimittel eingetragen ist, auf keinen Fall ernsthaft benutzt werden kann.</p> <p class="C26Titrenumerote6">vii)&#160;Ausnahmen, die die Regel best&#228;tigen</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point85">85.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ich weise zur Veranschaulichung darauf hin, dass nach Art.&#160;83 Abs.&#160;1 und 2 der Verordnung Nr.&#160;726/2004 die Mitgliedstaaten abweichend von Art.&#160;6 der Richtlinie 2001/83 ein nicht zugelassenes Arzneimittel f&#252;r einen &#8222;compassionate use&#8220; (Mitleidsindikation) einer Gruppe von Patienten zur Verf&#252;gung stellen k&#246;nnen, die an einer zu Invalidit&#228;t f&#252;hrenden chronischen oder schweren Krankheit leiden oder deren Krankheit als lebensbedrohend gilt und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufriedenstellend behandelt werden k&#246;nnen. Eine solche M&#246;glichkeit besteht insbesondere in Bezug auf ein Arzneimittel, das im Rahmen einer klinischen Studie gepr&#252;ft wird. Andere Gesichtspunkte des &#8222;compassionate use&#8220; sind generell auf nationaler Ebene geregelt. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point86">86.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Daher kann ich aufgrund einer gewissen Freiheit der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Regelung des &#8222;compassionate use&#8220; nicht von vornherein ausschlie&#223;en, dass eine solche Benutzung eines Arzneimittels, f&#252;r das eine Marke eingetragen wurde, eine ernsthafte Benutzung dieser Marke implizieren w&#252;rde.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point87">87.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Erstens ist es irrelevant, dass nach den weiterhin bestehenden nationalen Bestimmungen die Zurverf&#252;gungstellung eines solchen Arzneimittels f&#252;r einen &#8222;compassionate use&#8220; gegebenenfalls ohne Gewinnerzielungsabsicht zu erfolgen hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs schlie&#223;t der Umstand, dass der Inhaber der Marke keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, nicht aus, dass er bestrebt sein kann, f&#252;r seine Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschlie&#223;en und anschlie&#223;end zu sichern(<a href="#Footnote46" name="Footref46">46</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point88">88.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens ist es nicht erforderlich, dass die Benutzung mengenm&#228;&#223;ig bedeutend ist, um als &#8222;ernsthaft&#8220; eingestuft zu werden. Selbst eine geringf&#252;gige Benutzung kann f&#252;r diese Einstufung ausreichen, vorausgesetzt, sie wird in dem betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen(<a href="#Footnote47" name="Footref47">47</a>). In diesem Sinne kann ein nicht zugelassenes Arzneimittel, das Gegenstand eines &#8222;compassionate use&#8220; sein k&#246;nnte, auf seine k&#252;nftige Vermarktung an Personen ausgelegt sein, die an einer zu Invalidit&#228;t f&#252;hrenden chronischen oder schweren Krankheit leiden oder deren Krankheit als lebensbedrohend gilt. Dieser Markt ist daher begrenzt, und folglich k&#246;nnen auch die Handlungen, die eine ernsthafte Benutzung darstellen, mengenm&#228;&#223;ig beschr&#228;nkt sein.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point89">89.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Drittens kann meines Erachtens der &#8222;compassionate use&#8220; eines Arzneimittels, f&#252;r das eine Marke eingetragen wurde, deren Inhaber nicht schlechter stellen als andere Akteure auf dem Markt f&#252;r vertriebene Arzneimittel. Der Markteinsatz einer Marke, die f&#252;r ein Arzneimittel eingetragen ist, das Gegenstand eines &#8222;compassionate use&#8220; ist, k&#246;nnte n&#228;mlich unter Umst&#228;nden erfolgen, die mit denjenigen der Vermarktung eines zugelassenen Arzneimittels vergleichbar sind.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point90">90.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Viertens scheint mir schlie&#223;lich eine Auslegung, die das Vorliegen einer ernsthaften Benutzung im Rahmen eines &#8222;compassionate use&#8220; nicht systematisch ausschlie&#223;t, auch durch die Systematik der Verordnung Nr.&#160;726/2004 und der Richtlinie 2001/83 best&#228;tigt zu werden. Zum einen er&#246;ffnet Art.&#160;6 der Richtlinie 2001/83, der den Grundsatz aufstellt, wonach nicht zugelassene Arzneimittel nicht in den Verkehr gebracht werden d&#252;rfen, Titel&#160;III (&#8222;Inverkehrbringen&#8220;) dieser Richtlinie. Zum anderen sieht Art.&#160;83 Abs.&#160;1 der Verordnung Nr.&#160;726/2004 ausdr&#252;cklich eine <i>Abweichung </i>von Art.&#160;6 der Richtlinie 2001/83 vor. In dem Fall, in dem die Zurverf&#252;gungstellung eines Arzneimittels unter den in Art.&#160;83 Abs.&#160;1 und 2 der Verordnung Nr.&#160;726/2004 genannten Umst&#228;nden kein Inverkehrbringen darstellte, h&#228;tte eine solche Abweichung keinen Sinn.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point91">91.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Ergebnis schlie&#223;e ich nicht aus, dass eine f&#252;r pharmazeutische Erzeugnisse und Pr&#228;parate f&#252;r die Gesundheitspflege der Klasse&#160;5 des Abkommens von Nizza und insbesondere f&#252;r ein unter die Richtlinie 2001/83 fallendes Arzneimittel eingetragene Marke in gewissen F&#228;llen vor der Erlangung einer Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels Gegenstand einer ernsthaften Benutzung sein kann. Die Frage, ob eine solche Benutzung ausreichend ist, unterliegt der Beurteilung im Einzelfall. Unbeschadet dessen bin ich der Auffassung, dass die Benutzung einer solchen Marke im Rahmen von klinischen Studien keine ernsthafte Benutzung im Sinne von Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] darstellen kann. Im Rahmen einer klinischen Studie wird eine Marke n&#228;mlich nicht benutzt, um f&#252;r die Waren oder Dienstleistungen, f&#252;r die sie eingetragen wurde, einen Absatzmarkt zu erschlie&#223;en oder zu sichern.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point92">92.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach alledem ist meines Erachtens der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes unbegr&#252;ndet.</p> <p class="C23Titrenumerote3">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Zum zweiten Rechtsmittelgrund</b> </p> <p class="C24Titrenumerote4">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>Stellungnahmen der Parteien</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point93">93.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund, der haupts&#228;chlich die Rn.&#160;60 und 61 des angefochtenen Urteils betrifft, wirft die Rechtsmittelf&#252;hrerin dem Gericht vor, gegen Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] versto&#223;en zu haben, indem es das Vorliegen berechtigter Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung der angegriffenen Marke ausgeschlossen habe. Insbesondere habe das Gericht zu Unrecht das Vorliegen berechtigter Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung in den F&#228;llen ausgeschlossen, in denen erstens die klinische Studie erst deutlich nach der Eintragung der Marke beantragt werde und zweitens nicht so umfassende finanzielle Mittel aufgewendet w&#252;rden wie sie n&#246;tig gewesen w&#228;ren, um schnellstm&#246;glich diese Studie abschlie&#223;en zu k&#246;nnen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point94">94.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zur St&#252;tzung dieses Rechtsmittelgrundes weist die Rechtsmittelf&#252;hrerin erstens darauf hin, dass das Gericht, indem es ihr vorgeworfen habe, den Antrag auf Zulassung der klinischen Studie lange nach der Eintragung der Marke gestellt zu haben, die f&#252;nfj&#228;hrige Schonfrist entwertet habe. Eine Arzneimittelmarke, deren Benutzungsschonfrist ablaufe, w&#252;rde dadurch uneinsetzbar, da nur die Einreichung eines Antrags auf Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen geeignet w&#228;re, die Nichtbenutzung zu rechtfertigen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point95">95.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zweitens h&#228;tten es im Hinblick auf die Ber&#252;cksichtigung finanzieller Investitionen bei der Beurteilung des Vorliegens rechtfertigender Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung durch das Gericht finanzstarke Unternehmen leichter, markenrechtlich in ad&#228;quater Weise f&#252;r ihre Investitionen gesch&#252;tzt zu werden, als dies bei finanzschw&#228;cheren Unternehmen der Fall sei. Jedenfalls k&#246;nne das Gericht nicht die abstrakte Annahme postulieren, dass mit einem Mehr an Investitionen die in Rede stehende klinische Studie schneller durchgef&#252;hrt h&#228;tte werden k&#246;nnen. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point96">96.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Das EUIPO und, unter der Annahme, dass der zweite Rechtsmittelgrund zul&#228;ssig ist, Hecht-Pharma halten diesen Rechtsmittelgrund f&#252;r unbegr&#252;ndet.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point97">97.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Auffassung des EUIPO gr&#252;ndet das Ergebnis, wonach die Handlungen der Rechtsmittelf&#252;hrerin in ihrem Einflussbereich blieben und die klinische Studie im vorliegenden Fall keinen berechtigten Grund f&#252;r die Nichtbenutzung darstellen k&#246;nne, auf einer Gesamtbeurteilung, die neben dem Zeitablauf und den finanziellen Investitionen insbesondere die Tatsache ber&#252;cksichtige, dass sich keine Anhaltspunkte f&#252;r einen Abschluss dieser Studie feststellen lie&#223;en, dass die in Rede stehende klinische Studie nationalen Regeln unterliege und nur eine Etappe auf dem Weg zum Vertrieb eines Arzneimittels zur Behandlung von Multipler Sklerose darstelle und dass es schlie&#223;lich keine gesetzliche Verpflichtung zur Bezeichnung eines Arzneimittels w&#228;hrend einer klinischen Studie gebe.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point98">98.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Hecht-Pharma r&#228;umt ein, dass ein verschlepptes Zulassungsverfahren einen berechtigten Grund f&#252;r die Nichtbenutzung darstellen k&#246;nne. Zur vorliegenden Rechtssache weist Hecht-Pharma jedoch insbesondere darauf hin, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin drei Jahre zwischen der Eintragung der angegriffenen Marke und dem Antrag auf Genehmigung der Durchf&#252;hrung einer klinischen Pr&#252;fung habe verstreichen lassen und dass sie bisher noch keinen Antrag auf Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen gestellt habe.</p> <p class="C24Titrenumerote4">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;<b>W&#252;rdigung</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point99">99.</a>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Urteil H&#228;upl(<a href="#Footnote48" name="Footref48">48</a>) hat der Gerichtshof entschieden, dass f&#252;r die Rechtfertigung der Nichtbenutzung einer Marke drei Voraussetzungen kumulativ erf&#252;llt sein m&#252;ssen. Das Hindernis muss erstens vom Willen des Inhabers dieser Marke unabh&#228;ngig sein, zweitens einen ausreichend unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen und drittens so beschaffen sein, dass es die Benutzung dieser Marke unm&#246;glich oder unzumutbar macht.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point100">100.</a>&#160;Die Erw&#228;gungen des Gerichts, aufgrund derer es das Vorliegen berechtigter Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung verneint hat, zielten jedoch nur auf die erste Voraussetzung betreffend den Umstand, dass das Hindernis vom Willen des Inhabers unabh&#228;ngig ist. Ich erinnere daran, dass nach den Ausf&#252;hrungen des Gerichts in Rn.&#160;61 des angefochtenen Urteils zwar die Durchf&#252;hrung einer klinischen Studie zwar tats&#228;chlich einen Grund f&#252;r die Nichtbenutzung einer Marke darstellen kann, jedoch die im vorliegenden Fall von der Rechtsmittelf&#252;hrerin angef&#252;hrten Handlungen und Ereignisse <i>in ihrem Einfluss- und Verantwortungsbereich lagen, so dass sie nicht von ihrem Willen unabh&#228;ngige Hindernisse betrafen</i>.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point101">101.</a>&#160;Um zu diesen Feststellungen zu gelangen, ber&#252;cksichtigte das Gericht mehrere Kriterien, n&#228;mlich zum einen den Zeitablauf zwischen der Eintragung der Marke &#8211; der sich nicht aus einer gesetzlichen Verpflichtung sondern aus der eigenen Entscheidung der Rechtsmittelf&#252;hrerin ergab &#8211; und dem Beginn der klinischen Pr&#252;fung (wobei der genaue Zeitpunkt ihres Abschlusses nicht festgestellt werden konnte(<a href="#Footnote49" name="Footref49">49</a>)) sowie zum anderen die Angemessenheit der von der Rechtsmittelf&#252;hrerin get&#228;tigten Investitionen(<a href="#Footnote50" name="Footref50">50</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point102">102.</a>&#160;Ohne mich zu Fragen betreffend das Vorliegen eines ausreichend unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem Hindernis und der angegriffenen Marke sowie die Auswirkung dieses Hindernisses auf die M&#246;glichkeit oder Zumutbarkeit der Benutzung dieser Marke, die vom Gericht im angefochtenen Urteil nicht entschieden wurden, &#228;u&#223;ern zu wollen, ist daher die Frage zu pr&#252;fen, ob in der Situation, in der ein Hindernis aus Gr&#252;nden im Zusammenhang mit dem Beginn und der Finanzierung der klinischen Pr&#252;fung eines Arzneimittels, f&#252;r das diese Marke eingetragen wurde, besteht, dieses Hindernis vom Willen eines Inhabers unabh&#228;ngig (oder nicht) ist(<a href="#Footnote51" name="Footref51">51</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point103">103.</a>&#160;Im Urteil H&#228;upl(<a href="#Footnote52" name="Footref52">52</a>) hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass Art.&#160;19 Abs.&#160;1 des &#220;bereinkommens &#252;ber handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums(<a href="#Footnote53" name="Footref53">53</a>) als Auslegungshilfe f&#252;r den im Unionsrecht verwendeten Begriff der berechtigten Gr&#252;nde herangezogen werden kann. Diese Bestimmung f&#252;hrt n&#228;mlich als Beispiele Einfuhrbeschr&#228;nkungen oder sonstige staatliche Auflagen f&#252;r die von einer Marke beanspruchten Waren oder Dienstleistungen an. Daher kann ein Hindernis rechtlicher Art auch einen berechtigten Grund f&#252;r die Nichtbenutzung darstellen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point104">104.</a>&#160;Nach meiner Analyse des ersten Rechtsmittelgrundes ist zwar im Rahmen des insbesondere durch die Richtlinie 2001/83 und die Verordnung Nr.&#160;726/2004 eingef&#252;hrten Systems die ernsthafte Benutzung einer f&#252;r ein nicht zugelassenes Arzneimittel eingetragenen Marke nur in Ausnahmef&#228;llen m&#246;glich, und ihre ernsthafte Benutzung im Rahmen der klinischen Pr&#252;fungen ist unm&#246;glich(<a href="#Footnote54" name="Footref54">54</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point105">105.</a>&#160;Erstens kann jedoch nicht angenommen werden, dass jeder rechtliche Zwang, der unmittelbar mit der Marke in Zusammenhang steht und ihre Benutzung unm&#246;glich macht, ein Hindernis darstellt, das automatisch als berechtigter Grund f&#252;r die Nichtbenutzung eingestuft werden m&#252;sste. Jede Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit muss im Einklang mit bestimmten Rechtsvorschriften ausge&#252;bt werden. Ich erinnere in diesem Kontext daran, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass der Begriff &#8222;berechtigte Gr&#252;nde&#8220; nicht zu weit ausgelegt werden darf(<a href="#Footnote55" name="Footref55">55</a>). Folglich reicht meines Erachtens die Tatsache allein, dass ein Hindernis f&#252;r die Benutzung einer Marke besteht, wie das Erfordernis, bei der Vermarktung der von dieser Marke beanspruchten Waren das Unionsrecht zu beachten, nicht aus, um die Nichtbenutzung dieser Marke zu rechtfertigen(<a href="#Footnote56" name="Footref56">56</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point106">106.</a>&#160;Zweitens stellt im Kontext der Unionsmarken, unabh&#228;ngig von den Erw&#228;gungen zur Rolle der klinischen Studien in der Regelung der Arzneimittel f&#252;r den menschlichen Gebrauch, die Durchf&#252;hrung der klinischen Pr&#252;fung eines Arzneimittels, f&#252;r das eine Marke eingetragen wurde, f&#252;r ihren Inhaber eine Handlung dar, mit der dieser ein Hindernis f&#252;r die ernsthafte Benutzung dieser Marke beseitigen will. </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point107">107.</a>&#160;In dem Fall, in dem der Inhaber Handlungen vornehmen kann, die ein Hindernis f&#252;r die ernsthafte Benutzung beseitigen oder zumindest seine Dauer verringern k&#246;nnten, kann n&#228;mlich nicht angenommen werden, dass dieses Hindernis g&#228;nzlich von seinem Willen unabh&#228;ngig ist. Ich schlie&#223;e jedoch nicht aus, dass, wenn diese Handlungen vom Inhaber verlangen, ein besonderes Verfahren zu durchlaufen, dieser auf andere Hindernisse sto&#223;en k&#246;nnte, die durch die Beh&#246;rden verursacht werden, die mit der F&#252;hrung dieser Verfahren betraut sind. Ich neige zu der Annahme, dass solche Hindernisse berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung darstellen k&#246;nnen. Was z.&#160;B. die Situation des Inhabers einer f&#252;r ein Arzneimittel eingetragenen Marke betrifft, k&#246;nnte sich herausstellen, dass die f&#252;r die vorherige Genehmigung einer klinischen Pr&#252;fung verantwortlichen Beh&#246;rden den von diesem Inhaber gestellten Genehmigungsantrag nicht innerhalb der ihnen auferlegten Frist gepr&#252;ft haben.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point108">108.</a>&#160;Diese &#220;berlegungen werden durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs best&#228;tigt, wonach der Begriff &#8222;berechtigte Gr&#252;nde&#8220; sich im Wesentlichen auf vom Markeninhaber unabh&#228;ngige Umst&#228;nde bezieht(<a href="#Footnote57" name="Footref57">57</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point109">109.</a>&#160;Eine klinische Pr&#252;fung und wesentliche &#196;nderungen, die an ihr vorgenommen werden, m&#252;ssen zwar vorab von einem Mitgliedstaat genehmigt werden(<a href="#Footnote58" name="Footref58">58</a>). Solche Genehmigungen werden jedoch nach den in den ma&#223;geblichen Rechtsvorschriften aufgef&#252;hrten Kriterien erteilt, die daher f&#252;r einen Inhaber, der als Sponsor einer klinischen Studie handelt, vorhersehbar sind. Der Sponsor ist n&#228;mlich f&#252;r die Einleitung, das Management und die Aufstellung der Finanzierung einer klinischen Studie verantwortlich(<a href="#Footnote59" name="Footref59">59</a>).</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point110">110.</a>&#160;Zum vorliegenden Rechtsmittel ist zu bemerken, dass die vom Gericht im angefochtenen Urteil herangezogenen und mit dem zweiten Rechtsmittelgrund beanstandeten Kriterien in die so definierte Verantwortung der Rechtsmittelf&#252;hrerin fallen(<a href="#Footnote60" name="Footref60">60</a>). Au&#223;erdem bestehen keine Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin sich auf andere tats&#228;chliche Umst&#228;nde berufen h&#228;tte, die veranschaulichen k&#246;nnten, dass nicht in ihre Verantwortung fallende Hindernisse eine Auswirkung auf den Beginn oder die Durchf&#252;hrung der klinischen Studie hatten. Jedenfalls w&#252;rde die Beurteilung solcher tats&#228;chlicher Umst&#228;nde nicht in die Zust&#228;ndigkeit des mit einem Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts befassten Gerichtshofs fallen.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point111">111.</a>&#160;Im &#220;brigen bin ich der Meinung, dass dann, wenn die Kl&#228;gerin solche tats&#228;chlichen Umst&#228;nde geltend machte, im Einzelfall zu pr&#252;fen w&#228;re, ob w&#228;hrend der Frist nach Art.&#160;51 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung Nr.&#160;207/2009 [Art.&#160;58 Abs.&#160;1 Buchst.&#160;a der Verordnung 2017/1001] eine &#196;nderung der Unternehmensstrategie im Hinblick auf die Umgehung des Hindernisses mit einer nicht vernachl&#228;ssigbaren Wahrscheinlichkeit die Benutzung der angegriffenen Marke vor Ablauf dieser Frist h&#228;tte m&#246;glich machen k&#246;nnen. Verneinendenfalls w&#228;re davon auszugehen, dass berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung bestanden. Bejahendenfalls k&#246;nnte ein Inhaber nicht geltend machen, dass ein berechtigter Grund f&#252;r die Nichtbenutzung vorliegt.</p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point112">112.</a>&#160;Aufgrund dieser Erw&#228;gungen ist meines Erachtens der zweite Rechtsmittelgrund unbegr&#252;ndet.</p> <p class="C21Titrenumerote1">VII.&#160;<b>Ergebnis</b> </p> <p class="C01PointAltN"> <a name="point113">113.</a>&#160;Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, das Rechtsmittel zur&#252;ckzuweisen und der Rechtsmittelf&#252;hrerin die Kosten aufzuerlegen.</p> <hr/> <p class="C40FootnoteLangue"> <a href="#Footref1" name="Footnote1">1</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Originalsprache: Franz&#246;sisch.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref2" name="Footnote2">2</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;T&#8209;276/16, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2017:611.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref3" name="Footnote3">3</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verordnung des Rates vom 26.&#160;Februar 2009 &#252;ber die Unionsmarke (ABl.&#160;2009, L&#160;78, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref4" name="Footnote4">4</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verordnung des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 14.&#160;Juni 2017 &#252;ber die Unionsmarke (ABl.&#160;2017, L&#160;154, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref5" name="Footnote5">5</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Zum einander entsprechenden Inhalt dieser Bestimmungen siehe Nr.&#160;23 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref6" name="Footnote6">6</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im &#220;brigen war zwar der Antrag auf Verfallserkl&#228;rung, der das Verfahren einleitete, in dem die Entscheidungen des EUIPO und das angefochtene Urteil erlassen wurden, am 18.&#160;November 2013, d.&#160;h. unter Geltung der Verordnung Nr.&#160;207/2009, gestellt worden. Jedoch hat sich der Gerichtshof in einem entsprechenden Fall, der die Verkn&#252;pfung der Verordnung (EG) Nr.&#160;40/94 des Rates vom 20.&#160;Dezember 1993 &#252;ber die Gemeinschaftsmarke (ABl.&#160;1994, L&#160;11, S.&#160;1) mit der Verordnung Nr.&#160;207/2009 betraf, auf die Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009 Bezug genommen, die zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidungen des EUIPO und folglich zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Urteils anwendbar war, w&#228;hrend das fragliche Verfallsverfahren nach der Verordnung Nr.&#160;40/94 eingeleitet worden war. Vgl. Urteil vom 26.&#160;September 2013, Centrotherm Systemtechnik/centrotherm Clean Solutions (C&#8209;609/11&#160;P, EU:C:2013:592). Dazu hat der Gerichtshof in Rn.&#160;31 dieses Urteils festgestellt: &#8222;Da mit der &#8230; Verordnung [Nr.&#160;207/2009] jedoch die Verordnung Nr.&#160;40/94 kodifiziert wurde und deren einschl&#228;gige Bestimmungen dabei nicht ge&#228;ndert wurden, wird im Folgenden ausschlie&#223;lich auf die Bestimmungen der Verordnung Nr.&#160;207/2009 verwiesen.&#8220; Vgl. auch Schlussantr&#228;ge von Generalanw&#228;ltin Sharpston in den Rechtssachen Centrotherm Systemtechnik/centrotherm Clean Solutions (C&#8209;609/11&#160;P und C&#8209;610/11&#160;P, EU:C:2013:308, Nr.&#160;4).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref7" name="Footnote7">7</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. entsprechend Urteil vom 21.&#160;Februar 2018, Repower/EUIPO &#8211; repowermap.org (REPOWER) (T&#8209;727/16, EU:T:2018:88, Rn.&#160;27).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref8" name="Footnote8">8</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Dasselbe gilt im &#220;brigen f&#252;r Art.&#160;18 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;2 der Verordnung 2017/1001, der mit Art.&#160;15 Abs.&#160;1 Unterabs.&#160;2 der Verordnung Nr.&#160;207/2009 quasi identisch ist. Der einzige Unterschied ist die Hinzuf&#252;gung folgender Worte am Ende dieser Bestimmung der Verordnung 2017/1001: &#8222;unabh&#228;ngig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist.&#8220; Weiter hat der 25.&#160;Erw&#228;gungsgrund der Verordnung 2017/1001 keine Entsprechung in der Verordnung Nr.&#160;207/2009. Er lautet wie folgt: &#8222;Aus Gr&#252;nden der Billigkeit und Rechtssicherheit sollte die Benutzung einer Unionsmarke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, ausreichend sein, um die Rechte aus der Marke zu wahren, unabh&#228;ngig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch eingetragen ist.&#8220; Die Situation der Rechtsmittelf&#252;hrerin entspricht aber nicht der in diesem Erw&#228;gungsgrund beschriebenen. Es besteht kein Anhaltspunkt daf&#252;r, dass die Rechtsmittelf&#252;hrerin die angegriffene Marke in einer Form benutzte, die von der Eintragung abweicht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref9" name="Footnote9">9</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Der Gerichtshof wird daher in der vorliegenden Rechtssache nicht &#252;ber die Anwendbarkeit der Bestimmungen der Verordnung 2017/1001, die keine Entsprechung in ihrer Vorg&#228;ngerverordnung haben, im Rahmen eines nach der Verordnung Nr.&#160;207/2009 eingeleiteten Verfahrens zu befinden haben. Zu einer &#228;hnlichen Frage vgl. die Rechtssache Textilis (C&#8209;21/18, beim Gerichtshof anh&#228;ngig).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref10" name="Footnote10">10</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Beschluss vom 22.&#160;Februar 2018, Mart&#237;n Osete/EUIPO (C&#8209;529/17&#160;P, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:105).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref11" name="Footnote11">11</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. insbesondere Rn.&#160;27 der Rechtsmittelschrift in der Rechtssache, in der der Beschluss vom 22.&#160;Februar 2018, Mart&#237;n Osete/EUIPO (C&#8209;529/17&#160;P, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2018:105), ergangen ist, in der die Rechtsmittelf&#252;hrerin die Feststellung des Gerichts beanstandete, wonach &#8222;die von der Inhaberin der Unionsmarken beigebrachten Beweise zu den rechtlichen Zw&#228;ngen, denen sie begegnet sei, &#8230; nicht (hinreichend) belegt [haben], dass berechtigte Gr&#252;nde f&#252;r die Nichtbenutzung im angegebenen Zeitraum vorlagen&#8220;. Die Rechtsmittelf&#252;hrerin wies in Rn.&#160;29 dieser Rechtsmittelschrift ferner darauf hin, dass &#8222;daran zu erinnern und zu betonen [ist], dass das Vorliegen berechtigter Gr&#252;nde dennoch durch die zahlreichen gesammelten Beweise nachgewiesen ist&#8220;.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref12" name="Footnote12">12</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM (C&#8209;234/06&#160;P, EU:C:2007:514, Rn.&#160;73). Zur Veranschaulichung dieser Rechtsprechungslinie beruft sich die Rechtsmittelf&#252;hrerin auch auf den Beschluss vom 27.&#160;Januar 2004, La Mer Technology (C&#8209;259/02, EU:C:2004:50, Rn.&#160;21 und 24), und das Urteil vom 21.&#160;November 2013, Recaro/HABM &#8211; Certino Mode (RECARO) (T&#8209;524/12, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:T:2013:604, Rn.&#160;25 und 26).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref13" name="Footnote13">13</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;In diesem Kontext zielt die Rechtsmittelf&#252;hrerin auf eine klinische Studie als solche sowie auf die Handlungen im Rahmen dieser Studie ab, n&#228;mlich die Lieferung von mehr als 400&#160;000 mit der Marke Boswelan versehenen Kapseln an eine Universit&#228;tsklinik, die Inrechnungstellung der Waren durch ein als Vermittler auftretendes Drittunternehmen sowie die Benutzung der Marke bei der Rekrutierung der Teilnehmer an den Studien und im Rahmen der &#246;ffentlich zug&#228;nglichen Angaben zu diesen Studien.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref14" name="Footnote14">14</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Schlussantr&#228;ge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Ansul (C&#8209;40/01, EU:C:2002:412, Nr.&#160;49).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref15" name="Footnote15">15</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Fn.&#160;8 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref16" name="Footnote16">16</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. u.&#160;a. Sitko, J.&#160;J., &#8222;Special Criteria of Trade Mark Protection with Regard to Pharmaceutical Products in the European Union Legal System&#8220;, <i>International Review of Intellectual Property and Competition Law</i>, 2014, Nr.&#160;6, S.&#160;667 und 668; Trzebiatowski, M., <i>Obowi&#261;zek u&#380;ywania znaku towarowego. Studium z prawa polskiego na tle prawnopor&#243;wnawczym</i>, C.H.&#160;Beck, Warschau 2007, S.&#160;147 und 148.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref17" name="Footnote17">17</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im Urteil vom 24.&#160;November 1999, I&#160;ZB&#160;17/97 (Neue Juristische Wochenschrift 2000, 1487) entschied der Bundesgerichtshof (Deutschland) eine &#228;hnliche Frage im Kontext der Auslegung einer deutschen Bestimmung zur Umsetzung von Art.&#160;10 der Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.&#160;Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten &#252;ber die Marken (ABl.&#160;1989, L&#160;40, S.&#160;1). In den Rn.&#160;18 und 19 dieses Urteils wies er darauf hin, dass die Benutzung einer Marke im Rahmen eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens nicht als eine ernsthafte Benutzung angesehen werden k&#246;nne. Jedoch wies er auch darauf hin, dass die Durchf&#252;hrung des vorgesehenen Zulassungsverfahrens grunds&#228;tzlich als ein berechtigter Grund f&#252;r die Nichtbenutzung angesehen werden k&#246;nne. Ebenso anerkannten franz&#246;sische Gerichte, dass ein Antrag auf Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen, der die logische Folge der klinischen Studien sei, einen berechtigten Grund f&#252;r die Nichtbenutzung einer Marke darstelle, die f&#252;r ein dem Zulassungsverfahren unterliegendes Arzneimittel eingetragen worden sei (vgl. Urteil vom 1.&#160;Juni 1999, Tribunal de grande instance de Paris [Landgericht Paris, Frankreich], 3.&#160;Kammer, Almonda Sociedade Gestora de participacoes sociais/Opfermann Arzneimittel GmbH, PIBD 1999 682 III-354). Aus diesen Urteilen kann somit abgeleitet werden, dass die Benutzung einer f&#252;r ein getestetes Arzneimittel eingetragenen Marke im Rahmen von klinischen Pr&#252;fungen keine ernsthafte Benutzung darstellt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref18" name="Footnote18">18</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8.&#160;Juni 2017, W.&#160;F.&#160;G&#246;zze Frottierweberei und G&#246;zze (C&#8209;689/15, EU:C:2017:434, Rn.&#160;37).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref19" name="Footnote19">19</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 15.&#160;Januar 2009, Silberquelle (C&#8209;495/07, EU:C:2009:10, Rn.&#160;18). Vgl. auch Urteil vom 17.&#160;Juli 2014, Reber Holding/HABM (C&#8209;141/13&#160;P, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:C:2014:2089, Rn.&#160;32), in dem der Gerichtshof darauf hingewiesen hat, dass nicht jede nachgewiesene gesch&#228;ftliche Verwertung automatisch als &#8222;ernsthafte&#8220; Benutzung der angegriffenen Marke eingestuft werden kann.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref20" name="Footnote20">20</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 8.&#160;Juni 2017, W.&#160;F.&#160;G&#246;zze Frottierweberei und G&#246;zze (C&#8209;689/15, EU:C:2017:434, Rn.&#160;39 bis 41). Vgl. auch Schlussantr&#228;ge von Generalanw&#228;ltin Kokott in der Rechtssache Pandalis/EUIPO (C&#8209;194/17&#160;P, EU:C:2018:725, Nr.&#160;65).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref21" name="Footnote21">21</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003 (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref22" name="Footnote22">22</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003 (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref23" name="Footnote23">23</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 9.&#160;Dezember 2008 (C&#8209;442/07, EU:C:2008:696, Rn.&#160;23).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref24" name="Footnote24">24</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003 (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref25" name="Footnote25">25</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Trzebiatowski, M., &#8222;Poj&#281;cie rzeczywistego u&#380;ywania znaku towarowego (orzecznictwo krajowe na tle orzecznictwa wsp&#243;lnotowego)&#8220;, <i>Europejski Przegl&#261;d S&#261;dowy</i>, 2010, S.&#160;22.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref26" name="Footnote26">26</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003, Ansul (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145, Rn.&#160;38).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref27" name="Footnote27">27</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003, Ansul (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145, Rn.&#160;39). Vgl. auch Beschluss vom 27.&#160;Januar 2004, La Mer Technology (C&#8209;259/02, EU:C:2004:50, Rn.&#160;23).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref28" name="Footnote28">28</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15.&#160;Januar 2009, Silberquelle (C&#8209;495/07, EU:C:2009:10, Rn.&#160;19).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref29" name="Footnote29">29</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Richtlinie des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 6.&#160;November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes f&#252;r Humanarzneimittel (ABl.&#160;2001, L&#160;311, S.&#160;67).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref30" name="Footnote30">30</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Verordnung des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 31.&#160;M&#228;rz 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren f&#252;r die Genehmigung und &#220;berwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europ&#228;ischen Arzneimittel-Agentur (ABl.&#160;2004, L&#160;136, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref31" name="Footnote31">31</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Nach Art.&#160;6 der Richtlinie 2001/83 darf ein Arzneimittel <i>in einem Mitgliedstaat</i> erst dann <i>in den Verkehr</i> gebracht werden, wenn von der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen erteilt wurde oder wenn eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen nach der Verordnung Nr.&#160;726/2004 erteilt wurde. Ebenso treffen nach Art.&#160;76 der Richtlinie 2001/83 die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Ma&#223;nahmen, damit in ihrem Gebiet nur Arzneimittel vertrieben werden, f&#252;r die nach dem Unionsrecht eine Genehmigung zum Inverkehrbringen erteilt worden ist. Die Verordnung Nr.&#160;726/2004 bestimmt ihrerseits in Art.&#160;3 Abs.&#160;1, dass ein unter den Anhang fallendes Arzneimittel <i>innerhalb der Union</i> nur in <i>Verkehr</i> gebracht werden darf, wenn von der Union gem&#228;&#223; dieser Verordnung eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen erteilt worden ist. Au&#223;erdem kann nach Art.&#160;3 Abs.&#160;2 dieser Verordnung f&#252;r ein nicht unter ihren Anhang fallendes Arzneimittel von der Union gem&#228;&#223; dieser Verordnung eine Genehmigung f&#252;r das Inverkehrbringen erteilt werden, wenn: a) das Arzneimittel einen neuen Wirkstoff enth&#228;lt, der bei Inkrafttreten dieser Verordnung nicht in der Union genehmigt war, oder b) der Antragsteller nachweist, dass das Arzneimittel eine bedeutende Innovation in therapeutischer, wissenschaftlicher oder technischer Hinsicht darstellt oder dass die Erteilung einer Genehmigung gem&#228;&#223; der Verordnung Nr.&#160;726/2004 auf Unionsebene im Interesse der Patienten oder der Tiergesundheit ist.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref32" name="Footnote32">32</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Art.&#160;86 Abs.&#160;1 und Art.&#160;87 der Richtlinie 2001/83.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref33" name="Footnote33">33</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Art.&#160;2 Buchst.&#160;a der Richtlinie 2001/20/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 4.&#160;April 2001 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten &#252;ber die Anwendung der guten klinischen Praxis bei der Durchf&#252;hrung von klinischen Pr&#252;fungen mit Humanarzneimitteln (ABl.&#160;2001, L&#160;121, S.&#160;34) sowie Anhang&#160;I dieser Richtlinie, soweit er den Begriff &#8222;klinische Pr&#252;fung&#8220; n&#228;her bestimmt. Vgl. auch Art.&#160;2 Abs.&#160;2 Buchst.&#160;a der Verordnung (EU) Nr.&#160;536/2014 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 16.&#160;April 2014 &#252;ber klinische Pr&#252;fungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl.&#160;2014, L&#160;158, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref34" name="Footnote34">34</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Art.&#160;9 der Richtlinie 2001/20 sowie Art.&#160;4 der Verordnung Nr.&#160;536/2014.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref35" name="Footnote35">35</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. insbesondere Art.&#160;10 der Richtlinie 2001/20 und Art.&#160;15 der Verordnung Nr.&#160;536/2014.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref36" name="Footnote36">36</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. insbesondere Art.&#160;2 Buchst.&#160;e der Richtlinie 2001/20 sowie Art.&#160;2 Abs.&#160;2 Nr.&#160;14 der Verordnung Nr.&#160;536/2014, die zur eindeutigen Bestimmung der Verantwortlichkeiten einen Sponsor als eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation definieren, die bzw. das die Verantwortung f&#252;r die Einleitung, das Management und die Aufstellung der Finanzierung einer klinischen Pr&#252;fung &#252;bernimmt.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref37" name="Footnote37">37</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003, Ansul (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145, Rn.&#160;37). Siehe auch Nr.&#160;61 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref38" name="Footnote38">38</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Ferner ist das auch der von der Rechtsmittelf&#252;hrerin in ihrem Rechtsmittel vertretene Ansatz. Die Rechtsmittelf&#252;hrerin weist insbesondere in Rn.&#160;17 der Rechtsmittelschrift darauf hin, dass es &#8222;auf der Hand [liegt], dass die Verneinung einer ernsthaften Benutzung mit im Kern allein dem Argument, einer breiten &#214;ffentlichkeit d&#252;rfe die in Rede stehende Ware weder verkauft noch ihr gegen&#252;ber beworben werden, nicht richtig ist&#8220;. Au&#223;erdem macht die Rechtsmittelf&#252;hrerin zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes geltend, dass nach diesem Urteil die ernsthafte Benutzung vorliegen k&#246;nne, wenn der Vertrieb vorbereitet werde und unmittelbar bevorstehe. Sodann vertritt sie im Rahmen des zweiten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes die Auffassung, dass &#8222;[u]nabh&#228;ngig davon, ob genau diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind, &#8230; die vorstehend zitierte &#8218;Ansul&#8216;-Entscheidung des Gerichtshofes [zeigt], dass eine ernsthafte Benutzung auch dann vorliegen kann, wenn eine an einen unbeschr&#228;nkten oder doch zumindest breiten Adressatenkreis gerichtete Handlung gerade nicht vorliegt&#8220;. Die im Rahmen der Richtlinie 2001/83 verwendeten Begriffe m&#252;ssen zwar nicht notwendigerweise Begriffen entsprechen, die im markenrechtlichen Kontext verwendet werden. Jedoch scheint die Rechtsmittelf&#252;hrerin selbst davon auszugehen, dass der Begriff &#8222;Inverkehrbringen&#8220; im Sinne von Art.&#160;6 der Richtlinie 2001/83 dem vom Gerichtshof im Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003, Ansul (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145), verwendeten Begriff &#8222;Vertrieb&#8220; entspricht.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref39" name="Footnote39">39</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Sitko, J.&#160;J., a.&#160;a.&#160;O., S.&#160;658.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref40" name="Footnote40">40</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mosback H., &#8222;Protection of Pharmaceutical Trade Marks in Europe&#8220;, <i>Journal of Intellectual Property Law Practice</i>, 2013, Bd.&#160;8, Nr.&#160;1, S.&#160;71; Sitko, J.&#160;J., a.&#160;a.&#160;O., S.&#160;658.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref41" name="Footnote41">41</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Mosback H., a.&#160;a.&#160;O., S.&#160;71.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref42" name="Footnote42">42</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 11.&#160;M&#228;rz 2003 (C&#8209;40/01, EU:C:2003:145, Rn.&#160;37).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref43" name="Footnote43">43</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne auch Schlussantr&#228;ge von Generalanwalt Wahl in der Rechtssache Olainfarm (C&#8209;104/13, EU:C:2014:342, Nr.&#160;25).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref44" name="Footnote44">44</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Nr.&#160;69 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref45" name="Footnote45">45</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. meine Schlussantr&#228;ge in der Rechtssache EUIPO/Grau Ferrer (C&#8209;597/14&#160;P, EU:C:2016:2, Nr.&#160;102 und die dort angef&#252;hrte Rechtsprechung).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref46" name="Footnote46">46</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 9.&#160;Dezember 2008, Verein Radetzky-Orden (C&#8209;442/07, EU:C:2008:696, Rn.&#160;16 und 17).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref47" name="Footnote47">47</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Beschluss vom 27.&#160;Januar 2004, La Mer Technology (C&#8209;259/02, EU:C:2004:50, Rn.&#160;24). Vgl. zur Benutzung der Marken im Pharmasektor auch das Urteil vom 5.&#160;Juli 2017 der Cour de cassation (Kassationsgerichtshof, Frankreich), Kammer f&#252;r Handelssachen, Nr.&#160;13&#8209;11513.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref48" name="Footnote48">48</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 14.&#160;Juni 2007 (C&#8209;246/05, EU:C:2007:340, Rn.&#160;54 und 55).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref49" name="Footnote49">49</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Rn.&#160;55 bis 58 und 60 des angefochtenen Urteils.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref50" name="Footnote50">50</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. Rn.&#160;59 des angefochtenen Urteils.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref51" name="Footnote51">51</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Im &#220;brigen ist meines Erachtens, wie im die Zul&#228;ssigkeit der Rechtsmittelgr&#252;nde betreffenden Teil der vorliegenden Schlussantr&#228;ge dargelegt, der zweite Rechtsmittelgrund zul&#228;ssig, da er auf die Art der Umst&#228;nde abzielt, die bei der Feststellung, ob ein Hindernis vom Willen des Inhabers unabh&#228;ngig ist, ber&#252;cksichtigt werden k&#246;nnen. Ein &#228;hnlicher Rechtsmittelgrund scheint mir vom Gerichtshof im Urteil vom 13.&#160;September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM (C&#8209;234/06&#160;P, EU:C:2007:514, Rn.&#160;99), als zul&#228;ssig angesehen worden zu sein.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref52" name="Footnote52">52</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 14.&#160;Juni 2007 (C&#8209;246/05, EU:C:2007:340, Rn.&#160;48).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref53" name="Footnote53">53</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#220;bereinkommen &#252;ber handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums im Anhang 1 C des &#220;bereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation, das durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22.&#160;Dezember 1994 &#252;ber den Abschluss der &#220;bereink&#252;nfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europ&#228;ischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zust&#228;ndigkeiten fallenden Bereiche von der Europ&#228;ischen Gemeinschaft genehmigt wurde (ABl.&#160;1994, L&#160;336, S.&#160;1).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref54" name="Footnote54">54</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Nr.&#160;91 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref55" name="Footnote55">55</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 14.&#160;Juni 2007, H&#228;upl (C&#8209;246/05, EU:C:2007:340, Rn.&#160;51).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref56" name="Footnote56">56</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8.&#160;Juni 2017, Kaane American International Tobacco/EUIPO &#8211; Global Tobacco (GOLD MOUNT) (T&#8209;294/16, nicht ver&#246;ffentlicht, EU:T:2017:382, Rn.&#160;42).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref57" name="Footnote57">57</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Urteil vom 13.&#160;September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM (C&#8209;234/06&#160;P, EU:C:2007:514, Rn.&#160;102).</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref58" name="Footnote58">58</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Nr.&#160;69 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref59" name="Footnote59">59</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Nr.&#160;69 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p> <hr/> <p class="Cfootnotetext"> <a href="#Footref60" name="Footnote60">60</a><sup/>&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;Siehe Nr.&#160;109 der vorliegenden Schlussantr&#228;ge.</p>
171,346
ovgsl-2019-01-09-2-b-28918
{ "id": 938, "name": "Oberverwaltungsgericht des Saarlandes", "slug": "ovgsl", "city": null, "state": 14, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
2 B 289/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:51:14
2019-02-12T13:44:44
Beschluss
<h2>Tenor</h2> <p/><p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5.9.2018 &#8211; 5 L 2434/17 &#8211; wird zur&#252;ckgewiesen.</p><p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tr&#228;gt die Antragstellerin. Au&#223;ergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.</p><p>Der Streitwert f&#252;r das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,- EUR festgesetzt.</p> <h2>Gründe</h2> <p/> <p><strong>I.</strong></p> <p><rd nr="1"/>Die Antragstellerin wendet sich gegen eine den Beigeladenen unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilte Baugenehmigung zur &#196;nderung der Nutzung eines ehemaligen Dienstgeb&#228;udes der Forstwirtschaft au&#223;erhalb der Ortslage der Antragstellerin auf der 34,31 ar gro&#223;en Parzelle Nr. 2/36 in Flur 12 der Gemarkung D f&#252;r private Zwecke. Im November 1997 erteilte die Antragstellerin dem staatlichen Hochbauamt eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang f&#252;r das Anwesen.(vgl. den Bescheid der Antragstellerin vom 7.11.1997 &#8211; DokNr. B 19 &#8211;) Im April 1998 wurde f&#252;r das Anwesen dann die wasserrechtliche Genehmigung erteilt, das durch eine Kleinkl&#228;ranlage mit nachgeschaltetem Pflanzenbeet gereinigte h&#228;usliche Abwasser und das damit abflie&#223;ende Oberfl&#228;chenwasser auf dem benachbarten Flurst&#252;ck Nr. 2/35 &#252;ber die belebte Bodenzone versickern zu lassen.(vgl. den Bescheid des Ministeriums f&#252;r Umwelt, Energie und Verkehr vom 28.4.1998 &#8211; E/4-32/98 Wa/Kr &#8211;)</p> <p><rd nr="2"/>Im September 2015 kauften die Beigeladenen das Grundst&#252;ck von der Landesfinanzverwaltung.(vgl. die Urkundenrolle Nr. 1401/2015 der Notare K &amp; R, S, vom 11.9.2015 (Kaufpreis: EUR)) Dabei wurde ihnen vertraglich ein Fahrrecht mit Fahrzeugen aller Art &#252;ber die Parzellen Nrn. 2/37 und 2/24 (insoweit Flur 14 in der Gemarkung L) zwischen dem Forsthaus und dem K Weg (L 279) einger&#228;umt(vgl. &#167; 17, Seiten 12/13 des vorgenannten Vertrags Fn 1) sowie eine Baulast zu Lasten der genannten Parzellen eingetragen, wonach eine Fl&#228;che von mehr als 3 m als Zufahrt und Zugang zu dem Vorhaben der Beigeladenen angelegt, unterhalten und benutzt werden soll. Im M&#228;rz 2016 beantragten die Beigeladenen im vereinfachten Verfahren die Baugenehmigung f&#252;r die Nutzungs&#228;nderung in ein Geb&#228;ude mit privater Wohnnutzung. Im August 2016 verpflichteten sie sich durch Baulast ferner, keine Neubebauung als Ersatz f&#252;r die aufgegebene Nutzung im Zusammenhang mit dem privilegierten Forsthaus im Au&#223;enbereich vorzunehmen.(vgl. die am 9.8.2016 unter dem Aktenzeichen 63-00595/16 in das Baulastenverzeichnis beim Antragsgegner eingetragene Baulast)</p> <p><rd nr="3"/>Nachdem die Antragstellerin im August 2016 &#8211; nach Aktenlage fristgerecht &#8211; ihr Einvernehmen unter Verweis auf eine fehlenden &#8222;Teilprivilegierung&#8220; gem&#228;&#223; &#167; 35 Abs. 4 BauGB sowie eine nicht ausreichende Erschlie&#223;ung des Anwesens betreffend die Zuwegung, die Wasserversorgung und den Strom- und Telefonanschluss versagt hatte, wurde sie vom Antragsgegner wiederholt, zuletzt unter Hinweis auf zwischenzeitlich vorliegende positive Stellungnahmen des Landesamts f&#252;r Umwelt- und Arbeitsschutz(vgl. das Schreiben vom 13.2.2017 &#8211; 3.0/meu/A-116055-2 &#8211;, wonach aus naturschutzrechtlicher Sicht keine Bedenken best&#252;nden, insbesondere die Verbotstatbest&#228;nde der Schutzgebietsverordnung durch den Innenausbau nicht ber&#252;hrt w&#252;rden) und des Saarforst Landesbetriebs, auch zu einer geplanten Ersetzung ihres Einvernehmens angeh&#246;rt. Im August 2017 erkl&#228;rte die Antragstellerin letztmalig, dass die Versagung des Einvernehmens aus ihrer Sicht rechtm&#228;&#223;ig erfolgt sei.</p> <p><rd nr="4"/>Im Oktober 2017 erteilte der Antragsgegner den Beigeladenen unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens eine Baugenehmigung f&#252;r die &#8222;Nutzungs&#228;nderung eines ehemals privilegierten Dienst- und Wohnhauses der Forstwirtschaft in ein Geb&#228;ude mit privater Wohnnutzung im Au&#223;enbereich".(vgl. den Bauschein vom 4.10.2017 &#8211; 63-00335/16 &#8211;) Zur Ersetzung des Einvernehmens ist im Bauschein unter anderem ausgef&#252;hrt, das Vorhaben diene der zweckm&#228;&#223;igen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz. Aufgrund einer Ortsbesichtigung des Anwesens am 2.9.2016 sei durch zwei Mitarbeiter des Bauaufsichtsamtes festgestellt worden, dass das bisherige Forsthaus in gutem Zustand und keinesfalls zerst&#246;rt oder in einem dem Verfall vergleichbaren Zustand sei. Die &#228;u&#223;ere Gestalt des Geb&#228;udes bleibe im Wesentlichen gewahrt. An der Bausubstanz werde nichts ver&#228;ndert. Das ausweislich der Pl&#228;ne des Reichsbauamtes Saarland-West vom Dezember 1936 zul&#228;ssigerweise errichtete ehemalige Forsthaus sei Teil eines im Au&#223;enbereich privilegierten forstwirtschaftlichen Betriebs gewesen, letztmalig 1984 neu besetzt worden und bis zum Beginn des Verkaufsverfahrens 2014 vom Revierf&#246;rster und dessen Familie bewohnt worden. Im Rahmen der beantragten Nutzungs&#228;nderung entstehe keine weitere neue Wohnung. Durch Eintragung einer Baulast sei die Verpflichtung &#252;bernommen worden, keine Neubebauung vorzunehmen. Das Vorhaben sei im &#220;brigen au&#223;enbereichsvertr&#228;glich im Sinne des &#167; 35 Abs. 3 BauGB. Schlie&#223;lich sei die Erschlie&#223;ung des Vorhabens gesichert.</p> <p><rd nr="5"/>Anfang November 2017 hat die Antragstellerin Widerspruch erhoben und im Dezember beim Verwaltungsgericht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Rechtsbehelfs beantragt. Zur Begr&#252;ndung machte sie geltend, das Vorhabengrundst&#252;ck sei weder wegem&#228;&#223;ig erschlossen noch liege eine gesicherte Erschlie&#223;ung hinsichtlich der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vor. Darauf, ob die Voraussetzungen einer &#8222;Teilprivilegierung" nach &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB vorl&#228;gen, komme es nicht an. Auch f&#252;r nicht privilegierte Wohnbauvorhaben im Au&#223;enbereich sei eine wegem&#228;&#223;ige Erschlie&#223;ung zu fordern, die hinsichtlich der Befahrbarkeit des Weges einer im Innenbereich erforderlichen und &#252;blichen Erschlie&#223;ung in etwa entspreche. Daher k&#246;nne den Ausf&#252;hrungen in der Begr&#252;ndung des Bauscheins nicht gefolgt werden, wonach insofern ein &#8222;au&#223;enbereichsgem&#228;&#223;er" Standard ausreiche. Unstreitig sei das ehemalige Forsthaus nicht von Nordosten her &#252;ber die Kreuzung P -Stra&#223;e/W Stra&#223;e/Z Stra&#223;e, die in D liege, gesichert erschlossen. Das (Wege-)Grundst&#252;ck, &#252;ber das der Feldweg aus D kommend verlaufe, stehe in ihrem Eigentum und ein durch Grunddienstbarkeit abgesichertes Wegerecht zugunsten des Baugrundst&#252;cks gebe es nicht. Auch habe sie diesen Waldweg durch eine verkehrspolizeiliche Anordnung vom 26.10.2017 wegerechtlich gesperrt. Das sei die verkehrsrechtliche Konsequenz der wegerechtlichen Situation, dass es sich bei dem Teil des Postwegs, der auf ihrer Gemarkung liege, nicht um einen &#246;ffentlichen Weg handele. Ein Anspruch gegen eine Gemeinde, dass diese ein nicht durch stra&#223;enrechtliche Widmung, sondern von ihr nur tats&#228;chlich dem &#246;ffentlichen Verkehr zur Verf&#252;gung gestelltes Grundst&#252;ck weiterhin f&#252;r diese Zwecke bereit halte, bestehe nicht. Die Entscheidung, die nicht &#246;ffentlich gewidmete Wegefl&#228;che im Anschluss an eine privilegierte Nutzung auch f&#252;r eine ausschlie&#223;lich privaten Zwecken dienende Nutzung nicht weiter offen zu halten, st&#252;tze sich auf die Befugnisse eines Eigent&#252;mers aus &#167; 903 BGB. Auch verfange der Hinweis der Beigeladenen auf ein Anliegerrecht nicht. Deren Grundst&#252;ck liege nicht an einer &#246;ffentlichen Stra&#223;e. Die Erschlie&#223;ung von S&#252;dwesten her ausgehend von der L 279 erf&#252;lle weder hinsichtlich seiner Breite noch der Befahrbarkeit die Anforderungen an eine gesicherte wegem&#228;&#223;ige Erschlie&#223;ung, die f&#252;r eine Zufahrt f&#252;r Feuerl&#246;sch- und Rettungsfahrzeuge sowie f&#252;r Fahrzeuge der Ver- und Entsorgung (M&#252;llabfuhr) notwendig seien. Dieser Forstwirtschaftsweg sei zun&#228;chst asphaltiert und gehe dann auf einer L&#228;nge von mehr als einem Kilometer in einen etwa 3 m breiten geschotterten Forstwirtschaftsweg &#252;ber. Dar&#252;ber hinaus handele es sich bei dem fraglichen Wegest&#252;ck um einen von Fu&#223;g&#228;ngern und Radfahrern stark frequentierten Bereich, der auch von forstwirtschaftlichen Fahrzeugen genutzt werde, so dass Begegnungsverkehr in nennenswertem Umfang stattfinde. Auch die Entw&#228;sserung sei nicht sichergestellt. Eine ordnungsgem&#228;&#223;e Abwasserbeseitigung sei in der Regel nur durch einen Anschluss an eine Kanalisation gew&#228;hrleistet. Eine Kleinkl&#228;ranlage oder eine geschlossene Grube reichten nicht aus. Daran &#228;ndere der Umstand nichts, dass dem Rechtsvorg&#228;nger durch Bescheid der obersten Wasserbeh&#246;rde vom April 1998 eine widerrufliche Befugnis dazu und ferner eine Ausnahme von der Wasserschutzgebietsverordnung &#8222;Hufengebiet" aus dem Jahr 1985 erteilt worden sei. Die Beigeladenen k&#246;nnten sich nicht auf diese der Forstverwaltung f&#252;r ein privilegiertes Vorhaben erteilten wasserrechtlichen Entscheidungen aus dem Jahr 1998 st&#252;tzen. Die Versorgung mit Trinkwasser sei aus mehreren Gr&#252;nden nicht dauerhaft gesichert. Bei der benutzten Wasserleitung der <em><noindex>energis</noindex> GmbH </em>handele es sich um eine Zubringer- bzw. Fernleitung, gerade nicht um eine Versorgungsleitung, was gegen ihre Wasserversorgungssatzung versto&#223;e. Danach versorge sie die Grundst&#252;cke auf ihrem Gebiet mit Trinkwasser. Die Versorgung eines Grundst&#252;cks &#252;ber eine Zubringerleitung der <em><noindex>energis</noindex> GmbH</em> versto&#223;e schon deshalb gegen rechtliche Vorschriften.</p> <p><rd nr="6"/>Der Antragsgegner hat ausgef&#252;hrt, die wegem&#228;&#223;ige Erschlie&#223;ung des Vorhabens sei zivilrechtlich und &#246;ffentlich-rechtlich gesichert. Es bestehe ein sowohl durch eine Grunddienstbarkeit als auch durch eine Baulast gesichertes Geh- und Fahrrecht &#252;ber den auf den Flurst&#252;cken 2/37 und 2/24 verlaufenden Forstwirtschaftsweg hin zur L 279. Die Zuwegung zum ehemaligen Forsthaus f&#252;hre von der L 279 &#252;ber einen zun&#228;chst asphaltierten Weg, der auf den letzten ca. 1,1 km geschottert sei. Hier sei kein neues Bauvorhaben beantragt worden, sondern es verbleibe beim vorhandenen Baubestand und auch die Nutzungsintensit&#228;t nehme nicht zu. Im ehemaligen Forsthaus habe sich neben dem Dienstsitz des F&#246;rsters dessen Dienstwohnung befunden, in der er mit seiner Familie gewohnt habe. Ausgelegt sei das Anwesen gerade auch im Hinblick auf die Ver- und Entsorgungseinrichtungen f&#252;r bis zu 6 Personen gewesen. Die Intensit&#228;t im Hinblick auf die von der forstwirtschaftlichen Nutzung mitumfasste Wohnnutzung durch die Familie des F&#246;rsters nehme durch die Nutzungs&#228;nderung zu einer reinen Wohnnutzung offensichtlich keinesfalls zu. Gleiches gelte f&#252;r die Zuwegung zum Vorhaben. Auf dem als Zuwegung gesicherten Forstwirtschaftsweg herrsche auf der gesamten L&#228;nge, also auch auf dem restlichen St&#252;ck zwischen dem Vorhaben und dem Ortsrand des Ortsteils D, ein reger Pkw-Verkehr. Der Weg werde von vielen Ortskundigen als &#8222;Abk&#252;rzung" genutzt. Begegnungsverkehr sei m&#246;glich. Der zur Nutzung durch Fahrzeuge des Saarforst-Landesbetriebs ausgelegte Weg weise eine ausreichende Breite auf. Er sei durchg&#228;ngig mindestens 3 m breit und werde auch von schweren Fahrzeugen zum Zwecke der Waldbewirtschaftung befahren. Mit der neuen Nutzung zu privaten Wohnzwecken gehe ein &#252;blicher Pkw-Verkehr einher, dem der Weg hinsichtlich seiner Breite gewachsen sei. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Weg f&#252;r sonstige Fahrzeuge, etwa f&#252;r Rettungsdienst und Feuerwehr, nicht gen&#252;gen sollte. Die Entsorgung der Hausabf&#228;lle (M&#252;lltonne) durch die M&#252;llabfuhr k&#246;nne an der Kreuzung P -Stra&#223;e/W Stra&#223;e/Z Stra&#223;e erfolgen, die nur etwa 300 m entfernt sei. Insgesamt entspreche der Weg hinsichtlich Breite und Befahrbarkeit in etwa der im Innenbereich erforderlichen und &#252;blichen Erschlie&#223;ung. Auch die Wasserversorgung sei auf Dauer gesichert. Die Versorgungsleitung verlaufe auf der Grenze zum Flurst&#252;ck Nr. 2/36 und der Wasserz&#228;hlerschacht samt Abzweigung der Trinkwasserleitung zum Forsthaus liege auf dem Vorhabengrundst&#252;ck. Gleiches gelte f&#252;r die Abwasserentsorgung. Das Zuleiten von Abwasser in Kleinkl&#228;ranlagen sei zul&#228;ssig, wenn oder solange das Abwasser nicht in eine &#246;ffentliche Kanalisation eingeleitet werden k&#246;nne. Die Antragstellerin habe auch offenkundig keine Bedenken hinsichtlich der Erschlie&#223;ung des Vorhabens gehabt, als noch ihr eigener Vorschlag im Raum gestanden habe, dass der Saarforst Landesbetrieb als vorheriger Eigent&#252;mer oder die Beigeladenen als neue Eigent&#252;mer auf eigene Kosten die Versorgungsleitungen f&#252;r Strom und Telekommunikation in die Erde verlegen lassen sollten. Im Gegenzug habe die Antragstellerin der grundbuchrechtlichen Eintragung eines Wegerechts als Zufahrt von der Kapelle in D zum Forsthaus zustimmen wollen. Daraus werde der eigentliche Grund f&#252;r die Versagung des Einvernehmens ersichtlich. Auch liege kein Versto&#223; gegen die Wasserversorgungssatzung der Antragstellerin vor. Das Vorhaben grenze weder an eine &#246;ffentliche Stra&#223;e noch f&#252;hre der dinglich gesicherte Zugang zu einer solchen Stra&#223;e mit betriebsfertiger Versorgungsleitung.</p> <p><rd nr="7"/>Die Beigeladenen haben vorgetragen, die Antragstellerin habe nicht dargelegt, inwiefern die Nutzungs&#228;nderung des fr&#252;heren Forsthauses D in ein Wohnhaus zu einer Verletzung ihrer kommunalen Selbstverwaltungsrechte f&#252;hren k&#246;nne. Es dr&#228;nge sich der Eindruck auf, dass die Ablehnungsgr&#252;nde vor dem Hintergrund pers&#246;nlicher Missgunst konstruiert seien, um die Investition in das Forsthaus und ihre Lebensplanung gezielt zunichte zu machen. Diese Abwehrhaltung der Gemeinde werde dadurch erkennbar, dass sie als Gegenleistung f&#252;r die Einr&#228;umung eines Wegerechts &#252;ber den von der Ortslage D abzweigenden Forstweg, der seit alters her die naheliegende wegem&#228;&#223;ige Verbindung zum Forsthaus darstelle, verlangt habe, die funktionst&#252;chtige Stromleitung der <em><noindex>energis</noindex></em> auf eigene Kosten in eine Erdtrasse zu verlegen, nachdem sie dieses Ansinnen gegen&#252;ber der Forstverwaltung des Landes nicht habe durchsetzen k&#246;nnen. Auf die Ablehnung habe die Antragstellerin mit ihrem Widerspruch gegen den Bauschein und faktisch mit einer Schranke an der Wegeinm&#252;ndung reagiert, um die Zufahrt zu dem Grundst&#252;ck zu versperren. Das Grundst&#252;ck sei auch f&#252;r eine Wohnnutzung ausreichend erschlossen. Es best&#252;nden zwei Zuwegungen durch den Forst, zum einen die &#8222;naheliegende" &#252;ber D und zum anderen die &#252;ber den am Munitionsdepot vorbei zur L 279 f&#252;hrenden Forsthausweg. Insoweit sei nicht ersichtlich, weshalb der zu erwartende motorisierte Anliegerverkehr als Wohnnutzer h&#246;heren rechtlichen und technischen Anforderungen an die Wegequalit&#228;t unterworfen sein sollte. Der von der Wohnnutzung ausgel&#246;ste motorisierte Verkehr werde die beiden Wege sowohl quantitativ als auch qualitativ weniger beanspruchen als der andauernde betriebliche und forstwirtschaftliche Verkehr. Sie forderten weder von der Gemeinde noch vom Land, die Wege durchgehend zu asphaltieren und dort einen Winterdienst sicherzustellen. Eine f&#252;r die Wohnnutzung in einem Einfamilienhaus ausreichende Erschlie&#223;ung erfordere keineswegs die hohen technischen Wegestandards, die die Antragstellerin zur Abwehr des Vorhabens konstruiere. Die derzeitige Absperrung dieses Wegs durch eine verschlossene Schranke stelle eine unzul&#228;ssige Schikane dar. Die umweltgerechte Abwasserentsorgung auf dem Grundst&#252;ck werde durch die genehmigte Pflanzenkl&#228;ranlage gesichert. Da das Grundst&#252;ck nicht an die zentrale gemeindliche Abwasseranlage angeschlossen sei und auch k&#252;nftig nicht angeschlossen werden m&#252;sse, seien Belange der Antragstellerin, die der Baugenehmigung im Zusammenhang mit der geregelten Abwasserbeseitigung als Erschlie&#223;ungserfordernis entgegengehalten werden k&#246;nnten, nicht ber&#252;hrt. Das Grundst&#252;ck sei auch &#252;ber die k&#252;rzere und traditionell genutzte Verbindung zur Ortslage D &#252;ber den Forstweg der Antragstellerin zu erreichen, f&#252;r die ein direkt aus dem Anliegerrecht herzuleitendes Benutzungsrecht bestehe. Insoweit verkenne die Antragstellerin, dass der in ihrem Eigentum stehende Forstweg nicht wie ein Privatgrundst&#252;ck zu behandeln sei, &#252;ber dessen Benutzung sie beliebig bestimmen k&#246;nne. Das von der Antragstellerin auf stra&#223;enverkehrsrechtlicher Grundlage verf&#252;gte und mit einer Schranke verst&#228;rkte Verkehrsverbot f&#252;r Fahrzeuge aller Art versto&#223;e sowohl gegen das allgemeine naturschutz- und waldrechtliche Betretungsrecht zu Erholungszwecken, als auch gegen das individuelle Anliegerrecht. Dabei gehe es nicht nur um das pers&#246;nliche Fahrrecht, sondern auch um die Erreichbarkeit des Wohngrundst&#252;cks auf diesem Weg f&#252;r Besucher, Dienstleister und vor allem f&#252;r die Notfallversorgung. Die Sperrung sei offensichtlich willk&#252;rlich, da die Antragstellerin die Befahrung ihres Wegs in der Vergangenheit w&#228;hrend der Nutzung als Forsthaus auch mit Schwerlastverkehr selbstverst&#228;ndlich gebilligt habe und dies zun&#228;chst auch ihnen gegen&#252;ber getan habe, allerdings mit der sachfremden und unzul&#228;ssigen Forderung, dass sie die Erdverlegung der Stromleitung veranlassen sollten. Das Grundst&#252;ck sei gem&#228;&#223; den technischen Vorgaben f&#252;r Trinkwasser an die im angrenzenden Weg verlaufende Wasserleitung angeschlossen. Der kommunale Anschluss- und Benutzungszwang greife nur ein, wenn ein Anschluss an das Wasserleitungsnetz der Antragstellerin m&#246;glich sei. Das sei nicht der Fall, zumal die Antragstellerin selbst zur Versorgung des Grundst&#252;cks technisch nicht in der Lage und auch nicht willens sei. Das Grundst&#252;ck sei seit Errichtung des Geb&#228;udes an die Wasserleitung der <em><noindex>energis</noindex></em> angeschlossen und werde mit Trinkwasser auf vertraglicher Grundlage versorgt. Im &#220;brigen h&#228;tten sie auf Wunsch der Feuerwehr der Antragstellerin einen neuen Hydranten gesetzt, der auch der Antragstellerin selbst diene, wenn beispielsweise ein Waldbrand zu l&#246;schen w&#228;re. Der Bundesgesetzgeber lasse eine Weiternutzung ehemals privilegierter Geb&#228;ude im Au&#223;enbereich zu Wohnzwecken zu. W&#252;rde man der Rechtsauffassung der Antragstellerin folgen, m&#252;ssten solche Geb&#228;ude nach Aufgabe der privilegierten Nutzung zwangsl&#228;ufig dem Verfall preisgegeben werden, was die Antragstellerin im eigenen und &#246;ffentlichen Interesse nicht ernsthaft fordern k&#246;nne. Es sei f&#252;r genehmigte bauliche Nutzungen im Au&#223;enbereich typisch, dass die Wegeverbindung zum &#246;ffentlichen Stra&#223;ennetz &#252;ber Wirtschaftswege verlaufe, die nicht dem allgemeinen Stra&#223;enverkehr gewidmet seien und nicht dem technischen Ausbaustandard einer klassifizierten Stra&#223;e entspr&#228;chen.</p> <p><rd nr="8"/>Das Verwaltungsgericht hat den Aussetzungsantrag der Antragstellerin im September 2018 zur&#252;ckgewiesen. In der Begr&#252;ndung hei&#223;t es unter anderem, nach derzeitigen Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass das Vorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zul&#228;ssig und damit die Ersetzung des Einvernehmens der Antragstellerin rechtm&#228;&#223;ig sei. Das Vorhaben im Au&#223;enbereich sei zwar nicht nach &#167; 35 Abs. 1 BauGB privilegiert, jedoch nach &#167; 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB beg&#252;nstigt, so dass der Nutzungs&#228;nderung die &#246;ffentlichen Belange einer Beeintr&#228;chtigung der nat&#252;rlichen Eigenart der Landschaft nach &#167; 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB und die Bef&#252;rchtung des Entstehens oder der Erweiterung einer Splittersiedlung im Sinne des &#167; 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB nicht entgegen gehalten werden k&#246;nnten. Das Vorhaben diene zudem einer zweckm&#228;&#223;igen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz (&#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. a BauGB). Das Erfordernis, dass das Vorhaben einer zweckm&#228;&#223;igen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz diene, solle die Weiterverwendung vorhandener Bausubstanz im Au&#223;enbereich f&#252;r andere Zwecke erleichtern. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen sei hier auszugehen, da das Forsthaus noch im Juni 2014 vom Revierf&#246;rster bewohnt worden ist und sich nach den vorliegenden Lichtbildern in einem baulich guten Zustand befinde. Die &#228;u&#223;ere Gestalt der Geb&#228;ude bleibe im Wesentlichen gewahrt (&#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. b BauGB), die Aufgabe der bisherigen Nutzung liege nicht mehr als sieben Jahre zur&#252;ck (&#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. c BauGB), das Geb&#228;ude sei vor mehr als sieben Jahren zul&#228;ssigerweise errichtet worden (&#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. d BauGB) und die Zahl der nach &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. f BauGB h&#246;chstzul&#228;ssigen Wohnungen werde vorliegend ebenfalls nicht &#252;berschritten. Die Beigeladenen h&#228;tten zudem entsprechend &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. g BauGB eine Baulast &#252;bernommen, keine Neubebauung als Ersatz f&#252;r die aufgegebene Nutzung im Zusammenhang mit dem privilegierten Forsthaus im Au&#223;enbereich vorzunehmen. Das Vorhaben der Beigeladenen erf&#252;lle ferner die in &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. e BauGB enthaltene Anforderung, wonach das Geb&#228;ude, um dessen Nutzungs&#228;nderung es gehe, im r&#228;umlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes stehen m&#252;sse. Das Geb&#228;ude befinde sich in einem Bereich, in dem immer noch durch den fr&#252;heren Eigent&#252;mer &#8211; das Saarland, vertreten durch den Saarforst Landesbetrieb &#8211; Forstwirtschaft betrieben werde. Daher k&#246;nne offen bleiben, ob f&#252;r die Beg&#252;nstigung des &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. e BauGB erforderlich sei, dass der land- oder forstwirtschaftliche Betrieb noch fortbestehe. Dem Vorhaben stehe wohl auch nicht die von &#167; 35 Abs. 2 BauGB zus&#228;tzlich geforderte Erschlie&#223;ung entgegen. Die Erschlie&#223;ung m&#252;sse nicht nur tats&#228;chlich vorhanden, sondern auch rechtlich auf Dauer gesichert sein. Dies sei vorliegend nach dem derzeitigen Erkenntnisstand sowohl hinsichtlich der wegerechtlichen Erschlie&#223;ung als auch der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung zu bejahen. Zun&#228;chst sei festzustellen, dass das Vorhabengrundst&#252;ck wohl wegerechtlich ausreichend erschlossen sei. Dabei k&#246;nne offen bleiben, ob die von der Antragstellerin vorgenommene Sperrung der Zuwegung von D aus zul&#228;ssig sei. Die Erschlie&#223;ung sei wohl &#252;ber den &#252;ber die Parzellen Nrn. 2/37, Flur 12, und 2/24, Flur 14, vom Forsthaus zum K Weg (L 279) f&#252;hrenden Forstweg ausreichend gesichert. Vorliegend bestehe eine Sicherung des Fahrrechts &#252;ber den genannten Weg sowohl durch eine Grunddienstbarkeit als auch durch eine Baulast. Soweit die Antragstellerin einwende, dass dieser Weg weder hinsichtlich seiner Breite noch hinsichtlich der Befahrbarkeit die Anforderungen an eine gesicherte wegem&#228;&#223;ige Erschlie&#223;ung erf&#252;lle, k&#246;nne dies im Eilverfahren nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt werden. F&#252;r nichtprivilegierte Wohnbauvorhaben im Au&#223;enbereich richteten sich die Anforderungen an die ausreichende wegem&#228;&#223;ige Erschlie&#223;ung nach den jeweiligen Gegebenheiten, insbesondere nach dem zu erwartenden Zu- und Abgangsverkehr, wobei indes gewisse Mindestanforderungen erf&#252;llt werden m&#252;ssten. Zwar sei der hier als Erschlie&#223;ung gedachte Weg auch nach den Angaben des Antragsgegners nur teilweise asphaltiert und weise wohl zumindest teilweise nur eine Breite von 3 m auf. Da dieser Weg lediglich den Verkehr aufnehmen m&#252;sse, der zum Forsthaus f&#252;hre, k&#246;nne auch unter Ber&#252;cksichtigung einer Breite von nur 3 m nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der durch den Forstverkehr und den Zielverkehr zum Munitionsdepot genutzte Weg nicht in der Lage sei, den von der Nutzung der baulichen Anlage ausgehenden zus&#228;tzlichen Verkehr ohne Beeintr&#228;chtigung der Verkehrssicherheit oder des Stra&#223;enzustands aufzunehmen. Zudem d&#252;rfte auch eine Nutzung durch Feuerl&#246;sch- und Rettungsfahrzeuge zumindest nicht offensichtlich unm&#246;glich sein. Auch wenn die Frage der wegerechtlichen Erschlie&#223;ung im vorliegenden Verfahren nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt werden k&#246;nne, m&#252;sse es im Hinblick auf die durch &#167; 212a Abs. 1 BauGB gesetzlich vorgegebene Wertung beim Vorrang der Interessen der Beigeladenen bleiben. Im Rahmen des Hauptsacheverfahrens werde dann gegebenenfalls zus&#228;tzlich die Frage zu kl&#228;ren sein, ob die Antragstellerin rechtm&#228;&#223;ig eine Sperrung des von D zum Forsthaus f&#252;hrenden Weges vorgenommen habe oder ob sie verpflichtet sei, dort die Zufahrt zu erm&#246;glichen. Auch die Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung seien nach derzeitigem Erkenntnisstand ausreichend gew&#228;hrleistet. Hinsichtlich der Wasserversorgung bestehe unstreitig ein Anschluss an das Wassernetz des Versorgers <em><noindex>energis</noindex></em>, der bereits vorher das Forsthaus versorgt habe und nunmehr auch bereit sei, die Beigeladenen zu beliefern. Welcher Art die am Forsthaus vorbeif&#252;hrende Leitung sei, sei aus Sicht der Kammer v&#246;llig belanglos, solange diese geeignet sei, das genehmigte Vorhaben mit Frischwasser zu versorgen. Soweit sich die Antragstellerin darauf berufe, dass eine Versorgung mit Trinkwasser &#252;ber eine Zubringerleitung der <em><noindex>energis</noindex></em> gegen ihre Wasserversorgungssatzung versto&#223;e, sei die Argumentation widerspr&#252;chlich. Da vor dem Grundst&#252;ck der Beigeladenen unstreitig keine Leitung der Wasserwerke der Antragstellerin verlaufe, k&#246;nne dem Vorhaben wohl kaum entgegen gehalten werden, dass es nicht &#252;ber eine Leitung der Wasserwerke versorgt werde. Auch hinsichtlich der Abwasserbeseitigung sei eine ausreichende Erschlie&#223;ung zu bejahen. Welche Anforderungen bei Au&#223;enbereichsvorhaben an die Abwasserentsorgung im Rahmen der bauplanungsrechtlichen Erschlie&#223;ung zu stellen seien, sei nicht geregelt. Zul&#228;ssig sei grunds&#228;tzlich auch eine Hausentw&#228;sserung durch eine Kleinkl&#228;ranlage f&#252;r einzelne Geb&#228;ude im Au&#223;enbereich. Das sei hier der Fall, da f&#252;r das Forsthaus durch die erteilte Genehmigung eine ausreichende Abwasserentsorgung sichergestellt sei. Die Genehmigung sei unbefristet erteilt worden und kn&#252;pfe weder daran an, wer Eigent&#252;mer des Forsthauses sei, noch ob darin eine privilegierte Nutzung stattfinde. Die Entsorgung der Hausabf&#228;lle sei ebenfalls ausreichend gew&#228;hrleistet. Es sei sowohl ohne weiteres m&#246;glich als auch zumutbar, die M&#252;lltonne f&#252;r die Leerung durch die M&#252;llabfuhr an die Kreuzung P -Stra&#223;e/W Stra&#223;e/Z Stra&#223;e zu bringen. Folglich sei auch von einer ausreichenden Erschlie&#223;ung des Grundst&#252;cks der Beigeladenen auszugehen und die genehmigte Nutzungs&#228;nderung bauplanungsrechtlich zul&#228;ssig.</p> <p><rd nr="9"/>Gegen diese Entscheidung richtet sich das Rechtsmittel der Antragstellerin.</p> <p><strong>II.</strong></p> <p><rd nr="10"/>Die gem&#228;&#223; &#167; 146 VwGO statthafte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 5.9.2018 &#8211; 5 L 2434/17 &#8211;, mit dem der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die den Beigeladenen unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens erteilte Baugenehmigung vom 4.10.2017 f&#252;r die &#8222;Nutzungs&#228;nderung eines ehemals privilegierten Dienst- und Wohnhauses der Forstwirtschaft in ein Geb&#228;ude mit privater Wohnnutzung im Au&#223;enbereich" auf der Parzelle Nr. 2/36 in Flur 12 der Gemarkung D zur&#252;ckgewiesen worden ist, ist zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag zu Recht nicht entsprochen. Mit der erstinstanzlichen Entscheidung ist auch auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens davon auszugehen, dass die Baugenehmigung die Antragstellerin nicht in eigenen Rechten, konkret nicht in dem unter anderem in &#167; 2 Abs. 1 BauGB verankerten Recht zu eigenverantwortlicher Bauleitplanung (Planungshoheit) verletzt (&#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entspr.).</p> <p><rd nr="11"/>Zur Sicherung dieser Rechtsposition der Kommunen hat der Bundesgesetzgeber nach der Entscheidung f&#252;r ein einheitliches Genehmigungsverfahren bei den staatlichen Bauaufsichtsbeh&#246;rden (heute &#167; 57 Abs. 1 LBO 2015) das Einvernehmenserfordernis in dem &#167; 36 BauGB normiert. Dieses gebietet allerdings mit Blick auf die aus dem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) abzuleitende Baufreiheit im Falle einer rechtswidrigen Versagung des Einvernehmens durch die Standortgemeinde eine Korrekturm&#246;glichkeit, die nach heutiger Rechtslage im Saarland eine (nur) unter diesen Voraussetzungen durch die &#167;&#167; 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB, 72 LBO 2015 zugelassene Ersetzungsentscheidung der staatlichen Baugenehmigungsbeh&#246;rde gew&#228;hrleistet. F&#252;r die gegen eine solche Baugenehmigung (&#167; 72 Abs. 3 Satz 1 LBO 2015) er&#246;ffneten Rechtsbehelfsm&#246;glichkeiten der Gemeinden im Streit um die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Ersetzung, konkret deren Anfechtung mit Widerspruch und Anfechtungsklage, gelten bezogen auf den vorl&#228;ufigen Rechtsschutz dieselben Grunds&#228;tze wie f&#252;r den baurechtlichen Nachbarstreit.(vgl. dazu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 2.8.2018 &#8211; 2 B 170/18 &#8211;, bei juris, wonach der Vorbescheid nach &#167; 76 LBO 2015 hingegen keine Zulassungsentscheidung im Sinne des &#167; 212a Abs. 1 BauGB darstellt; dazu Anmerkung von <noindex>Zeissler</noindex>, jurisPR-&#214;ffBauR 10/2018 (Anm. 1)) &#8222;Dritter&#8220; im Verst&#228;ndnis des &#167; 212a Abs. 1 BauGB ist insoweit jeder durch die einen anderen beg&#252;nstigende Baugenehmigung rechtlich Belastete und daher insbesondere auch eine Standortgemeinde, die sich unter Berufung auf die der Absicherung der gemeindlichen Planungshoheit dienenden Bestimmungen in &#167; 36 BauGB gegen eine ohne ihr Einvernehmen erteilte bauaufsichtliche Zulassung eines Bauvorhabens wendet. Nach dem dies klarstellenden &#167; 72 Abs. 4 LBO 2015 entf&#228;llt die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen die nach &#167;&#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 212a Abs. 1 BauGB sofort vollziehbare Baugenehmigung auch hinsichtlich der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens.(vgl. dazu etwa OVG des Saarlandes, Beschl&#252;sse vom 25.3.2011 &#8211; 2 B 100/11 &#8211;, BRS 78 Nr. 164 (Mehrfamilienhaus) und vom 13.7.2011 &#8211; 2 B 231/11 &#8211;, BauR 2012, 612 (Fachmarktzentrum))</p> <p><rd nr="12"/>In den Antragsverfahren nach den &#167;&#167; 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist Entscheidungskriterium f&#252;r die Verwaltungsgerichte die mit den Erkenntnism&#246;glichkeiten des Eilverfahrens zu prognostizierende Erfolgsaussicht des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs des vorl&#228;ufigen Rechtsschutz begehrenden Dritten gegen die Baugenehmigung. F&#252;r eine Anordnung der kraft ausdr&#252;cklicher gesetzlicher Anordnung (&#167;&#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 212a Abs. 1 BauGB) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung ist nur Raum, wenn die &#252;berschl&#228;gige Rechtskontrolle zumindest gewichtige Zweifel an der rechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung mit Blick auf die Position des jeweiligen Rechtsbehelfsf&#252;hrers ergibt. Das gilt auch f&#252;r das Aussetzungsbegehren einer Gemeinde. Der Unterschied zur Anfechtung durch private Nachbarn liegt im materiellen Pr&#252;fungsrahmen, also bei den Anforderungen an das Vorhaben, die durch eine Gemeinde reklamiert werden k&#246;nnen. Diese sind einerseits auf das Bauplanungsrecht reduziert (&#167; 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB), unterliegen insofern andererseits aber mit Blick auf die aus der Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 117 Abs. 2 SVerf) abzuleitende gemeindliche Planungshoheit &#8211; anders als bei privaten Dritten &#8211; keiner Einschr&#228;nkung auf die Privaten einen Drittschutz vermittelnden Bestimmungen. Die Gemeinde hat vielmehr generell einen Anspruch, dass die Untere Bauaufsichtsbeh&#246;rde keine nach den Anforderungen der &#167;&#167; 29 ff. BauGB nicht genehmigungsf&#228;higen Bauvorhaben zul&#228;sst und kann diesen Anspruch bei rechtzeitiger Versagung eines Einvernehmens auch geltend machen.</p> <p><rd nr="13"/>Die Anordnung des Suspensiveffekts des gemeindlichen Rechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung ist indes auch mit Blick auf die gemeindliche Planungshoheit nicht schon dann geboten, wenn dessen Erfolgsaussicht in der Hauptsache nach den eingeschr&#228;nkten Erkenntnism&#246;glichkeiten des Eilrechtsschutzverfahrens, speziell aufgrund des Erfordernisses einer Beweisaufnahme, als offen einzustufen ist.(vgl. zu etwa OVG des Saarlandes, Beschl&#252;sse vom 25.3.2011 &#8211; 2 B 100/11 &#8211;, BRS 78 Nr. 164 (Mehrfamilienhaus) und vom 13.7.2011 &#8211; 2 B 231/11 &#8211;, BauR 2012, 612 (Fachmarktzentrum)) Das Verwaltungsgericht hat von diesem Ansatz her im konkreten Fall die notwendigen &#8222;gewichtigen Zweifel&#8220; an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Baugenehmigung mit Blick auf die im Hauptsacheverfahren nach &#167; 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ma&#223;gebliche Rechtsposition der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht verneint.</p> <p><rd nr="14"/>Da gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO der Pr&#252;fungsumfang des Rechtsmittelgerichts im Beschwerdeverfahren gesetzlich auf die vom Rechtsmittelf&#252;hrer &#8222;dargelegten Gr&#252;nde&#8220; beschr&#228;nkt ist und sich die innerhalb der daf&#252;r geltenden Frist eingegangene Beschwerdebegr&#252;ndung der Antragstellerin vom 9.10.2018 nicht mit den vom Verwaltungsgericht &#8211; im &#220;brigen ohne Weiteres nachvollziehbar &#8211; bejahten Anforderungen an einen fortgeschriebenen Bestandsschutz f&#252;r die beg&#252;nstigte Weiternutzung von bestehenden &#8222;erhaltenswerten&#8220; Geb&#228;uden nach Aufgabe privilegierter Nutzungen im Au&#223;enbereich nach &#167; 35 Abs. 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB befasst, bedarf es im vorliegenden Fall keinen weiteren Ausf&#252;hrungen dazu. Vielmehr ist vom Vorliegen der dort enumerativ normierten Genehmigungsvoraussetzungen auszugehen.</p> <p><rd nr="15"/>Nach gegenw&#228;rtigem Erkenntnisstand kann dar&#252;ber hinaus auch nicht von einer feststehenden fehlenden Genehmigungsf&#228;higkeit wegen einer unzureichenden Erschlie&#223;ung (&#167; 35 Abs. 2 BauGB) des Vorhabens ausgegangen werden, mit der sich die Beschwerdebegr&#252;ndung auseinandersetzt. Dabei ist davon auszugehen, dass &#8211; wie der Bundesgesetzgeber 1998 in dieser Vorschrift ausdr&#252;cklich klargestellt hat &#8211; auch sonstige Bauvorhaben im Au&#223;enbereich nur zul&#228;ssig sind, wenn ihre Erschlie&#223;ung gesichert ist, und dass dieses Erfordernis auch f&#252;r die nach &#167; 35 Abs. 4 BauGB &#8211; wie hier &#8211; aus Bestandsschutzgr&#252;nden beg&#252;nstigt zul&#228;ssigen Au&#223;enbereichsvorhaben gilt. Erfasst werden dabei begrifflich neben der wegem&#228;&#223;igen Erschlie&#223;ung auch die Strom- und Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung.(vgl. hierzu etwa Rieger in Schr&#246;dter, BauGB, 8. Auflage 2015, &#167; 35 Rn 89; S&#246;fker in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 3. Auflage 2018 &#167; 35 Rn 59)</p> <p><rd nr="16"/>Durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich zun&#228;chst entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht hinsichtlich der Sicherstellung einer wegem&#228;&#223;igen Erschlie&#223;ung. Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung ausdr&#252;cklich und richtig herausgestellt, dass diese Frage in dem vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt werden kann, vielmehr eine Kl&#228;rung einschlie&#223;lich der Berechtigung der Antragstellerin zur &#8222;Sperrung des von D zum Forsthaus f&#252;hrenden Weges&#8220; gegebenenfalls in einem Hauptsacheverfahren vorzunehmen sein wird. Dem ist zuzustimmen. Nach der Entscheidung der Antragstellerin, die Nutzung der in der Vergangenheit unstreitig zur Verf&#252;gung gestellten Zuwegung aus &#246;stlicher Richtung von der Ecke P -Stra&#223;e/W Stra&#223;e/Z Stra&#223;e zum damaligen Forsthaus beziehungsweise der Wohnung des F&#246;rsters mit seiner Familie aus &#8222;verkehrsrechtlichen Gr&#252;nden&#8220; nicht weiter zu dulden, mussten sich die Beigeladenen um eine alternative Zuwegung bem&#252;hen, wobei nach gegenw&#228;rtigem Stand jedenfalls f&#252;r die vorliegende Entscheidung entgegen der Ansicht der Antragstellerin davon ausgegangen werden kann, dass ihnen das gelungen ist.</p> <p><rd nr="17"/>Die Beigeladenen, die im &#220;brigen eine &#8222;Sperrung&#8220; der erw&#228;hnten in ihrem Grundeigentum stehenden Zufahrt von Osten her durch die Antragstellerin, der sie insoweit nach der geschilderten &#8222;Vorgeschichte&#8220; unsachgem&#228;&#223;e Motive unterstellen, f&#252;r unrechtm&#228;&#223;ig erachten, verweisen insoweit auf eine &#8211; zwar deutlich l&#228;ngere &#8211; zweite, von der L 279 abzweigende Zuwegung zu dem ehemaligen Forsthaus (&#8222;Forsthausweg&#8220;) von S&#252;dwesten her &#252;ber zwei Grundst&#252;cke des Saarforstes. F&#252;r die Vorwegnahme des sich abzeichnenden k&#252;nftigen zivilrechtlichen Rechtsstreits um ein &#8222;Anliegerrecht&#8220; der Beigeladenen, das hei&#223;t die Beantwortung der Frage, ob f&#252;r eine am Ma&#223;stab des &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB zul&#228;ssige Nachfolgenutzung zwar keine &#8222;Neuerschlie&#223;ung&#8220; oder eine Verpflichtung der Gemeinde zur Annahme entsprechender Angebote Privater, wohl aber eine Pflicht zur Beibehaltung einer vorhandenen und bisher zur Verf&#252;gung stehenden Wegeverbindung ausgegangen werden kann, besteht daher in dem vorliegenden Verfahren &#8211; wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgef&#252;hrt hat &#8211; noch keine Veranlassung.(vgl. in dem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 31.10.1990 &#8211; 4 C 45.88 &#8211;, BRS 50 Nr. 86, wonach die Erschlie&#223;ung eines sonstigen Vorhabens im Au&#223;enbereich bei dessen tats&#228;chlich vorhandener Verbindung mit dem &#246;ffentlichen Wegenetz &#252;ber ein der Gemeinde geh&#246;riges Wegegrundst&#252;ck trotz Fehlens einer Widmung oder anderer f&#246;rmlicher Sicherungen ausnahmsweise auch dann rechtlich gesichert sein kann, wenn die Gemeinde aus Rechtsgr&#252;nden dauernd gehindert ist, den Anliegerverkehr zum Baugrundst&#252;ck zu untersagen)</p> <p><rd nr="18"/>Auch wenn man mit der Antragstellerin davon ausgeht, dass die Anforderungen an die Erschlie&#223;ung bei nach &#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB trotz des vom Gesetzgeber anerkannten &#8222;Erhaltungswerts&#8220; gegen&#252;ber im Verst&#228;ndnis des &#167; 35 Abs. 1 BauGB privilegierten Vorhaben, bei denen nach dem Wortlaut eine &#8222;ausreichende&#8220; Erschlie&#223;ung gefordert wird, strenger allein nach &#167; 35 Abs. 2 BauGB zu bestimmen sind, h&#228;ngen diese Anforderungen auch insoweit ma&#223;geblich davon ab, welchen Zu- und Abgangsverkehr das jeweilige konkrete Vorhaben ausl&#246;st.(vgl. sowohl Rieger in Schr&#246;dter BauGB, 8. Auflage 2015, &#167; 35 Rn 89 unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 31.10.1990 &#8211; 4 C 45.88 &#8211;, BRS 50 Nr. 86) Dass das hier zur Rede stehende, durch Baulast vom Baubestand her (&#167; 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 lit. g BauGB) und damit auch vom Umfang der Wohnnutzung her auf den bisherigen Bestand beschr&#228;nkte Wohnhausvorhaben &#8211; wenn &#252;berhaupt &#8211; zu einem gegen&#252;ber der Zeit der Benutzung des Anwesens als Betriebsstelle im Forstbetrieb mit gleichzeitigem Wohnsitz des F&#246;rsters und seiner Familie gesteigerten Verkehrsaufkommen f&#252;hren wird, kann nicht unterstellt werden. Es geht hier nach der den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 4.10.2017 jedenfalls nicht &#8211; mehr &#8211; um eine gewerbliche Benutzung.</p> <p><rd nr="19"/>Soweit die Antragstellerin Zweifel an der erforderlichen &#8222;Sicherung&#8220; dieser alternativen Erschlie&#223;ung vortr&#228;gt, kann dem nicht gefolgt werden. Zum bundesrechtlichen Begriff der gesicherten Erschlie&#223;ung geh&#246;rt ihre Sicherung in rechtlicher Hinsicht. Die Erschlie&#223;ung muss auf Dauer zur Verf&#252;gung stehen. Einer besonderen rechtlichen Sicherung bedarf es nur dann nicht, wenn das Baugrundst&#252;ck eine unmittelbare Zufahrt zum &#246;ffentlichen Wegenetz besitzt. Fehlt diese, so muss die Zug&#228;nglichkeit abgesichert werden. Aus der Notwendigkeit, die Erschlie&#223;ung auf Dauer zu sichern, folgt, dass eine rein schuldrechtliche Vereinbarung des Bauherrn mit einem privaten Nachbarn nicht ausreicht. Dagegen bestehen aus bundesrechtlicher Sicht keine Bedenken, eine gesicherte Zufahrt nicht nur anzunehmen, wenn die Zufahrt zum &#246;ffentlichen Stra&#223;ennetz &#246;ffentlich-rechtlich, also durch Baulast, gesichert ist, sondern beispielsweise auch schon dann, wenn sie dinglich, etwa &#8211; wie hier auf der Grundlage des &#167; 17 im Kaufvertrag vom 11.9.2015 &#8211; durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit, gesichert ist.(vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 22.11.1995 &#8211; 4 B 224.95 &#8211;, BRS 57 Nr. 104, grundlegend Urteil vom 3.5.1988 &#8211; 4 C 54.85 &#8211;, BRS 48 Nr. 92) Der Begriff der gesicherten Erschlie&#223;ung in den &#167;&#167; 30 bis 35 BauGB ist ein bundesrechtlicher Begriff, der nicht durch Landesrecht konkretisiert wird. Auf die Einhaltung weitergehender landesrechtlicher Erschlie&#223;ungserfordernisse in &#167;&#167; 5 Abs. 1 LBO 2015 hat die Antragstellerin als Gemeinde daher vorliegend mit Blick auf die Beschr&#228;nkung in &#167; 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB auf bodenrechtliche Aspekte (auch) der Erschlie&#223;ung keinen Anspruch. Auch diesen qualifizierten Anforderungen ist im &#220;brigen formal durch die im M&#228;rz 2017 in das Verzeichnis beim Antragsgegner eingetragenen Baulasten zu Lasten der landeseigenen (Saarforst Landesbetrieb) Parzellen Nr. 2/24 in der Gemarkung L(vgl. dazu Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Loseblatt, Band 2, &#167; 35 Rn 14, wonach es unerheblich ist, ob die Erschlie&#223;ung durch eine Nachbargemeinde &#8211; hier insoweit &#252;ber das Gebiet der Mittelstadt V&#246;lklingen &#8211; gesichert wird) und Nr. 2/37 gen&#252;gt worden (&#167; 2 Abs. 12 LBO 2015). Darin wurde die dauerhafte Verpflichtung &#252;bernommen, dass der bestehende &#8222;Forsthausweg&#8220; zu dem Anwesen der Beigeladenen f&#252;r die genehmigte private Nutzung als Wohnung &#8222;angelegt, unterhalten und benutzt&#8220; wird.</p> <p><rd nr="20"/>Nichts Anderes gilt mit Blick auf den von der Antragstellerin aus ihrer Sicht geschilderten Zustand des Weges. Der Einwand, dieser &#8222;Forsthausweg&#8220; erf&#252;lle aufgrund einer Breite zwischen 2,90 m und 3,60 m und wegen seines Ausbauzustands nicht die Anforderungen an eine gesicherte Erschlie&#223;ung kann jedenfalls im vorliegenden Verfahren eine abweichende Bewertung der beteiligten Interessen nicht rechtfertigen. Dem Vortrag lassen sich keine konkreten Anhaltspunkte daf&#252;r entnehmen, dass es bei der Nutzung dieser Zufahrt seit der &#8222;Sperrung&#8220; des von der Ortslage D kommenden Weges neben den nachvollziehbaren Erschwernissen aufgrund der L&#228;nge dieser Zuwegung zu irgendwelchen konkreten &#8222;Erschlie&#223;ungsproblemen&#8220; hinsichtlich der (weiteren) Erreichbarkeit des Anwesens gekommen w&#228;re. Der Antragsgegner sieht die Zuwegung dementsprechend bis heute als ausreichend an und verweist &#8211; unwidersprochen &#8211; im Beschwerdeverfahren darauf, dass auch die Feuerwehr der Antragstellerin den Weg zumindest einmal j&#228;hrlich zum Zwecke der Kontrolle dort gesetzter Hydranten &#8211; teilweise mit einem &#8222;gro&#223;en L&#246;schfahrzeug&#8220; &#8211; in beiden Richtungen befahre und kontrolliere. Konkrete Beanstandungen sind insoweit nicht bekannt geworden, jedenfalls nicht ansatzweise vorgetragen. Die abschlie&#223;ende Beurteilung w&#228;re daher in einem etwaigen Hauptsacheverfahren vorzunehmen. Die von der Antragstellerin in einem weiteren Schriftsatz vom gestrigen Tag erneut aufgeworfene Interpretationsfrage hinsichtlich mehrerer Fotoaufnahmen ist von daher hier ohne Belang. Es geht hier nur beispielsweise nicht darum, wieviel Laub am Wegesrand liegen bleibt und ob das mit gemessen wurde oder nicht. Diese Fragen wie auch die Frage der Tolerierbarkeit der L&#228;nge des Weges unter Erschlie&#223;ungsgesichtspunkten sind im vorliegenden Verfahren nicht abschlie&#223;end zu kl&#228;ren.</p> <p><rd nr="21"/>F&#252;r eine dem Hauptsacheverfahren entsprechende Sachverhaltsermittlung durch Beweisaufnahme etwa im Wege einer Ortsbesichtigung zur weiteren Ermittlung und Aufkl&#228;rung des Sachverhalts ist im Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes grunds&#228;tzlich kein Raum. Ein aus dem verfassungsrechtlichen Effektivit&#228;tsgebot des Art. 19 Abs. 4 GG ableitbares Erfordernis der verfahrensm&#228;&#223;igen &#8222;Vorwegnahme&#8220; des Hauptsacheverfahrens, insbesondere hinsichtlich der Tatsachenermittlung, besteht insoweit in aller Regel nicht.(vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.9.2016 &#8211; 2 B 191/16 &#8211;, SKZ 2016, 246, st&#228;ndige Rechtsprechung)</p> <p><rd nr="22"/>Von daher muss gegenw&#228;rtig auch den erneuten Hinweisen der Antragstellerin in der Beschwerdebegr&#252;ndung, sie sei nicht bereit, eine Grunddienstbarkeit auf ihrem zur Ortslage von D vorgelagerten Grundst&#252;ck, auf dem sich der fr&#252;her als Zuwegung zum Forsthaus benutzte, nach ihren Angaben aber inzwischen mittels einer &#8222;verkehrspolizeilichen Anordnung wegerechtlich gesperrte&#8220; Weg befindet, zu bestellen, im vorliegenden Verfahren nicht weiter nachgegangen werden.</p> <p><rd nr="23"/>Im Ergebnis nichts Anderes gilt hinsichtlich der &#8211; wie eingangs ausgef&#252;hrt &#8211; vom bodenrechtlichen Erschlie&#223;ungsbegriff ebenfalls umfassten Versorgung des Anwesens mit Trinkwasser. Da diese nach dem Vortrag der Beteiligten &#8211; wie in der Vergangenheit &#252;ber viele Jahre bei den fr&#252;heren Benutzern des Forsthauses &#8211; durch den Versorger <em><noindex>energis</noindex> GmbH</em> auch gegen&#252;ber den Beigeladenen erfolgt und zumindest aktuell tats&#228;chlich ohne Probleme gew&#228;hrleistet wird, besteht kein durchgreifender Grund, die Interessen der Beteiligten, insbesondere des Interesses der Antragstellerin an einer vorl&#228;ufigen Aussetzung der Genehmigung, im Rahmen des &#167; 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO abweichend von der erstinstanzlichen Entscheidung zu bewerten. Dass &#8211; mit den Worten der Antragstellerin &#8211; diese &#8222;Wasserautobahn&#8220; (Fernleitung) dinglich nicht gesichert ist, ist f&#252;r diese Entscheidung ohne Bedeutung. Die Beigeladenen haben bereits im Verwaltungsverfahren eine Jahresrechnung (2016) der <em><noindex>energis</noindex> GmbH</em> mit Kundenkonto auf ihren Namen und mit Bezeichnung der Verbrauchsstelle vorgelegt. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass es zumindest bis zu einer Kl&#228;rung im Hauptsacheverfahren insoweit zu Versorgungsproblemen kommen k&#246;nnte. Ob &#252;berhaupt hinsichtlich der Wasserversorgung &#252;ber den Nachweis einer schuldrechtlichen Vertragsbeziehung zwischen dem Versorger und den Beigeladenen hinaus auch insoweit wie bei der wegem&#228;&#223;igen Erschlie&#223;ung zus&#228;tzlich eine &#8222;dingliche Sicherung&#8220;, in welcher Form auch immer, erforderlich ist, mag hier dahinstehen. Welche Bedeutung die Anschlussrechte von Eigent&#252;merinnen und Eigent&#252;mern von durch Leitungen der gemeindlichen Wasserversorgung erschlossenen Grundst&#252;cken haben, erschlie&#223;t sich ebenso wenig wie die Frage einer Erschlie&#223;ungspflicht der Antragstellerin. Eine solche gemeindliche Wasserleitung existiert hier unstreitig nicht; gegenw&#228;rtig besteht auch faktisch kein Bedarf.</p> <p><rd nr="24"/>Gleiches gilt angesichts fehlender Hinweise f&#252;r einen gegen&#252;ber dem fr&#252;heren Zustand zu verzeichnenden gesteigerten Anfall auch hinsichtlich der Entw&#228;sserung. Insoweit nutzen die Beigeladenen die von dem Ministerium f&#252;r Umwelt im Jahre 1998 f&#252;r das (bewohnte) Forsthaus, &#252;brigens nach ausdr&#252;cklicher Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang durch die Antragstellerin im November 1997, erteilte Genehmigung. Ob das als dauerhafte L&#246;sung angesehen werden kann, mag hier dahinstehen, wobei allerdings von den Abw&#228;ssern her &#8211; jedenfalls unter Umweltgesichtspunkten &#8211; schwerlich ein Unterschied festzustellen sein d&#252;rfte hinsichtlich durch die Wohnnutzung im Rahmen eines privilegierten forstwirtschaftlichen Betriebs nach &#167; 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und einem insoweit &#8222;ungebundenen&#8220; Wohnen im Rahmen einer Nachfolgenutzung nach &#167; 35 Abs. 4 BauGB verursachter Abw&#228;sser. F&#252;r die vorliegende Entscheidung sieht dies auch der Senat daher als ausreichend an. F&#252;r eine Absicht der zust&#228;ndigen Beh&#246;rde zu einer zeitnahen Aufhebung der Genehmigung nach Beendigung der privilegierten Nutzung gibt es keine Anhaltspunkte. Derartiges l&#228;sst sich insbesondere auch dem Vortrag der Antragstellerin nicht entnehmen. Auch in dem Zusammenhang gilt ganz allgemein, dass die Einhaltung gegebenenfalls weitergehender bauordnungsrechtlicher Anforderungen (&#167; 42 Abs. 3 LBO 2015) nicht zu den nach &#167; 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB von der Antragstellerin allein zu beurteilenden bodenrechtlichen Anforderungen geh&#246;rt. Eine Anschlussm&#246;glichkeit an die gemeindliche Abwasserbeseitigungsanlage (Kanalisation) besteht unstreitig ebenfalls nicht. &#220;ber die Fragen einer Finanzierung gegebenenfalls k&#252;nftig zu schaffender Kan&#228;le muss hier nicht spekuliert werden. Eine solche ist seitens der Antragstellerin nicht beabsichtigt.</p> <p><rd nr="25"/>Demnach hat das Verwaltungsgericht den Aussetzungsantrag der Antragstellerin zu Recht als unbegr&#252;ndet angesehen und zur&#252;ckgewiesen. Daher war die Beschwerde zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><strong>III.</strong></p> <p><rd nr="26"/>Die Kostenentscheidung beruht auf dem &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der au&#223;ergerichtlichen Kosten des Beigeladenen war mangels der &#220;bernahme eigener Kostenrisiken in zweiter Instanz kein Erstattungsausspruch nach &#167; 162 Abs. 3 VwGO veranlasst (&#167; 154 Abs. 3 VwGO).</p> <p><rd nr="27"/>Die hier an den Nrn. 9.7.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs (2013) orientierte Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den &#167;&#167; 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 47 GKG.(vgl. OVG des Saarlandes, Beschl&#252;sse vom 13.7.2011 &#8211; 2 B 231/11 &#8211;, BRS 78 Nr. 165, und vom 2.8.2018 &#8211; 2 B 170/18 &#8211;, bei juris.)</p> <p><rd nr="28"/>Der Beschluss ist nicht anfechtbar.</p>
171,300
vg-gelsenkirchen-2019-01-09-7-l-172718
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7 L 1727/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:46
2019-02-12T13:44:36
Beschluss
ECLI:DE:VGGE:2019:0109.7L1727.18.00
<h2>Tenor</h2> <ul><li><p>1. Der Antrag auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes wird auf Kosten des Antragstellers abgelehnt.</p> </li> <li><p>2. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.</p> </li> </ul><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">1.&#160;&#160;Der Antrag,</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">die aufschiebende Wirkung der Klage 7&#160;K 4854/18 gegen die&#160;Ordnungsverf&#252;gung des Antragsgegners vom 16.&#160;August 2018 anzuordnen,</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">hat keinen Erfolg. Er ist zul&#228;ssig, aber unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Nach &#167;&#160;80 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 Verwaltungsgerichtsordnung &#8209;&#160;VwGO&#160;&#8209; kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung u.a. in den F&#228;llen des Absatzes&#160;2 Satz&#160;1 Nr.&#160;3, in denen die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage kraft Bundesrechts entf&#228;llt, ganz oder teilweise anordnen. Im vorliegenden Fall entfaltet die Klage des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis in der Ordnungsverf&#252;gung des Antragsgegners kraft Bundesrechts keine aufschiebende Wirkung, &#167;&#160;4 Abs.&#160;9 des Stra&#223;enverkehrsgesetzes &#8209;&#160;StVG&#160;&#8209;. Ferner kann das Gericht der Hauptsache nach &#167;&#160;112 Satz&#160;2 des Justizgesetzes NRW &#8209;&#160;JustG NRW&#160;&#8209; i.V.m. &#167;&#160;80 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle des &#167;&#160;112 Satz&#160;1 JustG NRW ganz oder teilweise anordnen. Nach &#167;&#160;112 Satz&#160;1 JustG NRW haben Rechtsbehelfe, die sich gegen Ma&#223;nahmen einer Vollzugsbeh&#246;rde in der Verwaltungsvollstreckung richten, keine aufschiebende Wirkung. Die Zwangsgeldandrohung ist eine Ma&#223;nahme einer Vollzugsbeh&#246;rde in der Verwaltungsvollstreckung.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die nach &#167;&#160;80 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 VwGO vorzunehmende Interessenabw&#228;gung (&#8222;kann&#8220;) f&#228;llt zulasten des Antragstellers aus. Die streitgegenst&#228;ndliche Ordnungsverf&#252;gung ist offensichtlich rechtm&#228;&#223;ig. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer zun&#228;chst auf die Ausf&#252;hrungen in der angegriffenen Ordnungsverf&#252;gung, denen sie folgt (&#167;&#160;117 Abs.&#160;5 VwGO). In Erg&#228;nzung dazu ist Folgendes auszuf&#252;hren:</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 Nr.&#160;3 StVG gilt der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen und ist die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich acht oder mehr Punkte nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem ergeben. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;4 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 StVG n.F. ergeben sich Punkte mit der Begehung der Straftat oder Ordnungswidrigkeit, sofern sie rechtskr&#228;ftig geahndet wird. Ma&#223;geblicher Zeitpunkt zur Ermittlung des Punktestandes ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;5 StVG der Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Ma&#223;nahme f&#252;hrenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit und nicht, wie der Antragsteller meint, zum Zeitpunkt der Entziehungsverf&#252;gung. Da die letzte Tat am 23.&#160;Februar 2018 begangen wurde, ist dieser Tag ma&#223;geblich. Sp&#228;tere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen bleiben gem. &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;7 StVG grunds&#228;tzlich unber&#252;cksichtigt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Der Antragsgegner hat den Punktestand des Antragstellers im Fahreignungs-Bewertungssystem zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt am 23.&#160;Februar 2018 zu Recht mit acht Punkten beziffert. Welche Verkehrsverst&#246;&#223;e der Antragsgegner seiner Berechnung im Einzelnen zugrunde gelegt hat, ist der Aufstellung auf Bl. 32&#160;f. der Verwaltungsvorg&#228;nge zu entnehmen. Die Kammer hat die Berechnung nachvollzogen und hierbei keinen Fehler festgestellt. Der Punktestand im Fahreignungs-Bewertungssystem entwickelte sich wie folgt:</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Durch den Geschwindigkeitsversto&#223; am 29.&#160;Juni 2015 (Rechtskraft der Entscheidung: 24.&#160;September 2015) wurden f&#252;r den Antragsteller zwei Punkte eingetragen. Wegen des Au&#223;erachtlassens der besonderen Vorsicht beim R&#252;ckw&#228;rtsfahren mit Unfallfolge am 16.&#160;August 2015 (Rechtskraft: 16.&#160;September 2015, Bu&#223;geld: 100,00&#160;Euro) und dem Geschwindigkeitsversto&#223; vom 7.&#160;November 2015 (Rechtskraft: 7.&#160;Mai 2016, Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes: 8.&#160;Januar 2018) wurde f&#252;r den Kl&#228;ger jeweils ein Punkt eingetragen. Wegen des verbotswidrigen Benutzens eines Mobil- oder Autotelefons am 13.&#160;Januar 2016 (Rechtskraft: 8.&#160;M&#228;rz 2016) wurde ein weiterer Punkt eingetragen. Der Geschwindigkeitsversto&#223; vom 12.&#160;Juni 2017 (Rechtskraft: 4.&#160;Dezember 2017) wurde mit zwei Punkten geahndet, so dass sich ein Punktestand von sieben Punkten ergab. Aufgrund des Geschwindigkeitsversto&#223;es vom 23.&#160;Februar 2018 (Rechtskraft: 9.&#160;Mai 2018) wurde ein weiterer Punkt eingetragen und der Punktestand erh&#246;hte sich in diesem ma&#223;geblichen Zeitpunkt auf acht Punkte.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die zu den acht Punkten f&#252;hrenden Verkehrsverst&#246;&#223;e durften bei der Berechnung des Punktestandes ber&#252;cksichtigt werden, da sie noch verwertbar waren. Diese vorgenannten Verkehrsverst&#246;&#223;e waren im ma&#223;geblichen Zeitpunkt der letzten Tat, dem 23.&#160;Februar 2018, noch nicht gem&#228;&#223; &#167;&#160;29 Abs.&#160;1 StVG zu tilgen. Die f&#252;r die Tat vom 29.&#160;Juni 2015 gem. &#167;&#160;29 Abs.&#160;1 Nr.&#160;2 lit.&#160;b StVG ma&#223;gebliche f&#252;nfj&#228;hrige Tilgungsfrist, die mit Rechtskraft zu laufen begann, war offensichtlich noch nicht abgelaufen. Die f&#252;nfj&#228;hrige Tilgungsfrist ergibt sich daraus, dass dieser Geschwindigkeitsversto&#223; innerhalb geschlossener Ortschaften als besonders verkehrssicherheitsbeeintr&#228;chtigende Ordnungswidrigkeit gem. &#167;&#160;40 FeV i.V.m. Ziffer&#160;2.2.3 der Anlage&#160;13 zur FeV i.V.m. Ziffer&#160;11.3.6 Bu&#223;geldkatalog-Verordnung &#8209;&#160;BKat&#160;&#8209; mit zwei Punkten geahndet wurde.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Insbesondere f&#252;r die Tat vom 16.&#160;August 2015 war die nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 StVG ma&#223;gebliche Tilgungsfrist von zwei Jahren und sechs Monaten ab Rechtskraft der Bu&#223;geldentscheidung bis zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt der letzten Tat &#8209;&#160;dem 23.&#160;Februar 2018&#160;&#8209; noch nicht abgelaufen. Die Tat durfte im Zeitpunkt der Entziehungsverf&#252;gung noch verwertet werden, obwohl die Tilgungsfrist im Entziehungszeitpunkt, dem 16.&#160;August 2018, mittlerweile abgelaufen war. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;29 Abs.&#160;6 Satz&#160;1 StVG sind Eintragungen nach Eintritt der Tilgungsreife zu l&#246;schen, wenn nicht Satz&#160;2 der Vorschrift etwas anderes bestimmt. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;29 Abs.&#160;6 Satz&#160;2 StVG wird eine Eintragung nach &#167;&#160;28 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 oder 3 lit.&#160;a oder c StVG nach Eintritt der Tilgungsreife erst nach einer &#220;berliegefrist von einem Jahr gel&#246;scht. Die Voraussetzungen des &#167;&#160;28 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 lit.&#160;a, bb StVG liegen bez&#252;glich der Tat vom 16.&#160;August 2015 vor, da es sich bei dieser um eine rechtskr&#228;ftige Entscheidung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach &#167;&#160;24 StVG handelt, welche in der Bu&#223;geldkatalogverordnung bezeichnet und wegen der gegen den Betroffenen eine Geldbu&#223;e von 100,00&#160;Euro und damit mehr als 60,00&#160;Euro festgesetzt worden ist. Nach &#167;&#160;29 Abs.&#160;6 Satz&#160;3 Nr.&#160;2 StVG darf w&#228;hrend dieser &#220;berliegefrist der Inhalt dieser Eintragung im Sinne des &#167;&#160;28 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 oder 3 lit.&#160;a oder c StVG noch zum Zweck der Ergreifung von Ma&#223;nahmen nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem nach &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 StVG an die nach Landesrecht zust&#228;ndige Beh&#246;rde &#252;bermittelt, genutzt oder &#252;ber sie eine Auskunft erteilt werden. Diese Voraussetzungen liegen f&#252;r die Tat vom 16.&#160;August 2015 (Rechtskraft: 16.&#160;September 2015) vor. Sie hat sich nach der am 16.&#160;M&#228;rz 2018 eingetretenen Tilgungsreife zum Entziehungszeitpunkt (16.&#160;August 2018) noch in der einj&#228;hrigen &#220;berliegefrist gem. &#167;&#160;29 Abs.&#160;6 Satz&#160;2 StVG befunden.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist es f&#252;r die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Entziehungsverf&#252;gung unerheblich, ob nach dem ma&#223;geblichen Zeitpunkt der letzten Tat &#8209;&#160;dem 23.&#160;Februar 2018&#160;&#8209; hinsichtlich weiterer Taten Tilgungsreife eingetreten ist, da gem. &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;7 StVG sp&#228;tere Verringerungen des Punktestandes auf Grund von Tilgungen insoweit unber&#252;cksichtigt bleiben.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Des Weiteren ist auch das Stufenverfahren nach &#167;&#160;4&#160;Abs.&#160;5 StVG ordnungsgem&#228;&#223; durchgef&#252;hrt worden. Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom 13.&#160;April 2016 bei einem bekannten Punktestand von vier Punkten gem&#228;&#223; &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 Nr.&#160;1 StVG ermahnt und auf die M&#246;glichkeit eines freiwilligen Fahreignungsseminars hingewiesen. Die Verwarnung nach &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 Nr.&#160;2 StVG erfolgte ordnungsgem&#228;&#223; mit Schreiben vom 23.&#160;Januar 2018 bei einem Punktestand von sieben Punkten.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt der Kenntniserlangung im Zusammenhang mit &#167;&#160;4 Abs.&#160;6 Satz 3 StVG: OVG NRW, Beschluss vom 7.&#160;Oktober 2015 &#8209;&#160;16&#160;B 554/15&#160;&#8209;, juris Rn.&#160;12 ff.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermahnung war die Tat vom 7.&#160;November 2015 zwar schon begangen. Gleichwohl war die Tat nicht zu ber&#252;cksichtigen, da sie noch nicht rechtskr&#228;ftig und mangels Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes bis zu diesem Zeitpunkt dem Antragsgegner mithin noch nicht bekannt war und damit auch nicht zur Ergreifung einer Ma&#223;nahme f&#252;hren konnte.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vgl. zum Wegfall der Warnfunktion des Stufenverfahrens: VG Augsburg, Beschluss vom 23.&#160;Februar 2016 &#8209;&#160;Au&#160;7&#160;S 16.136&#160;&#8209; juris Rn. 34 ff.; BT-Drs. 18/2775, S. 9 f., vgl. auch VG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.&#160;April 2017 &#8209;&#160;3&#160;B 36/17&#160;&#8209;, juris.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die vom Antragsgegner verf&#252;gte Entziehung der Fahrerlaubnis war gem&#228;&#223; &#167;&#160;4 Abs.&#160;5 Satz&#160;1 Nr.&#160;3 StVG zwingend. Ein Ermessen steht dem Antragsgegner nicht zu.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die in der Ordnungsverf&#252;gung enthaltene deklaratorische Aufforderung zur Abgabe des F&#252;hrerscheins (vgl. &#167;&#160;3 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 StVG) begegnet keinen rechtlichen Bedenken.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Zwangsgeldandrohung entspricht den Anforderungen von &#167;&#167;&#160;55 Abs.&#160;1, 57 Abs.&#160;1 Nr.&#160;2, 60, 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen und ist rechtm&#228;&#223;ig.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Dass das Interesse des Antragstellers, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu k&#246;nnen, aus anderen Gr&#252;nden Vorrang gegen&#252;ber dem &#246;ffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverf&#252;gung genie&#223;t, ist nicht festzustellen. Zwar kann die Fahrerlaubnisentziehung die pers&#246;nliche Lebensf&#252;hrung und damit die Wahrnehmung grundrechtlicher Freiheiten des Erlaubnisinhabers gravierend beeinflussen und im Einzelfall bis zur Vernichtung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage reichen. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen pers&#246;nlichen und beruflichen Schwierigkeiten f&#252;r den Antragsteller muss er als Betroffener jedoch angesichts des von fahrungeeigneten Verkehrsteilnehmern ausgehenden besonderen Risikos f&#252;r die Sicherheit des &#246;ffentlichen Stra&#223;enverkehrs und des aus Art.&#160;2 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 Grundgesetz ableitbaren Auftrags zum Schutz vor erheblichen Gefahren f&#252;r Leib und Leben hinnehmen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">So auch: OVG&#160;NRW, Beschluss vom 13.&#160;Februar 2015 &#8209;&#160;16&#160;B 74/15&#160;&#8209;, juris, m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#160;53 Abs.&#160;2 Nr.&#160;2 i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;52 Abs.&#160;1 i.&#160;V.&#160;m. Abs.&#160;2 Gerichtskostengesetz - GKG -. Sie entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorl&#228;ufigen Rechtsschutzverfahren.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.&#160;Mai 2009 &#8209;&#160;16&#160;E 550/09&#160;&#8209;, juris.</p>
171,299
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10 K 4187/18.A
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:46
2019-02-12T13:44:36
Urteil
ECLI:DE:VGAR:2019:0109.10K4187.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Klage wird abgewiesen.</p> <p>Die Kl&#228;ger tragen die Kosten des Verfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Tatbestand:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger begehren mit ihrer Klage die Anerkennung als Asylberechtigte, die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft sowie hilfsweise die Zuerkennung des subsidi&#228;ren Schutzstatus, die Feststellung von Abschiebungsverboten und eine Verk&#252;rzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger zu 1. wurde am 16. Februar 1982 geboren, die Kl&#228;gerin zu 2. am 05. April 1993. Ihr Geburtsort ist jeweils L.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; /Aserbaidschan. Die Kl&#228;gerin zu 3. ist ihr gemeinsames Kind. Sie wurde am 17. Mai 2011 in C.&#160;&#160;&#160; /Aserbaidschan geboren. Die Kl&#228;ger sind nach eigenen Angaben aserbaidschanischer Staatsangeh&#246;rige aserbaidschanischer Volks- und islamischer Glaubenszugeh&#246;rigkeit. Sie reisten &#8211; ebenfalls nach eigenen Angaben &#8211; am 28. Dezember 2016 auf dem Luftweg &#252;ber Ungarn nach Deutschland ein und stellten am 16. Januar 2017 Asylantr&#228;ge beim Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge (Bundesamt).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Im Rahmen seiner pers&#246;nlichen Anh&#246;rung vor dem Bundesamt am 24. Mai 2018 gab der Kl&#228;ger zu 1. zu seinen Fluchtgr&#252;nden im Wesentlichen Folgendes an: Er habe in Aserbaidschan verschiedene Berufe ausge&#252;bt und zuletzt mit Baumaterialien gehandelt. Diese T&#228;tigkeit habe er im Sommer 2016 wegen anhaltender Verluste aufgegeben. Aserbaidschan habe er aber weder aus wirtschaftlichen noch aus politischen Gr&#252;nden verlassen. Ziel der Ausreise sei es vielmehr gewesen, seiner Tochter &#8211; der Kl&#228;gerin zu 3. &#8211; eine ad&#228;quate medizinische Behandlung zukommen zu lassen. Sie leide an einer Skoliose dritten Grades und sei von ihrer Geburt an in medizinischer Behandlung gewesen. Im Laufe der Zeit habe die Familie das Vertrauen in die aserbaidschanischen &#196;rzte verloren. Diese h&#228;tten veraltete, risikoreiche und zu teure Behandlung vorgeschlagen. In Deutschland erhoffe man sich eine sachgerechte Behandlung.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin zu 2. best&#228;tigte in ihrer pers&#246;nlichen Anh&#246;rung vor dem Bundesamt, die ebenfalls am 24. Mai 2018 stattfand, im Wesentlichen die Angaben des Kl&#228;gers zu 1. Erg&#228;nzend gab sie an, dass die in Aserbaidschan wohnende Familie des Kl&#228;gers zu 1. einen geringen Teil der Behandlungskosten mitgetragen habe. Gleiches gelte f&#252;r ihre Mutter. Die Kl&#228;gerin zu 3. sei f&#252;nf oder sechs Mal im Iran operiert worden. Bis sie erwachsen sei m&#252;ssten noch mehrere risikoreiche Operationen durchgef&#252;hrt werden. Diese k&#246;nnten in Aserbaidschan nicht fachgerecht durchgef&#252;hrt werden, die Familie k&#246;nne die Kosten daf&#252;r zudem nicht tragen.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Bescheid vom 01. Oktober 2018 lehnte das Bundesamt die Antr&#228;ge auf Asylanerkennung, auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft und auf Gew&#228;hrung subsidi&#228;ren Schutzes als offensichtlich unbegr&#252;ndet ab. Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Die Kl&#228;ger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs. 1 des Gesetzes &#252;ber den Aufenthalt, die Erwerbst&#228;tigkeit und die Integration von Ausl&#228;ndern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz &#8211; AufenthG) auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zur Begr&#252;ndung f&#252;hrte das Bundesamt aus, dass die Kl&#228;ger keine Fl&#252;chtlinge im Sinne des &#167; 3 AslyG seien und ihnen auch keiner der in &#167; 4 AsylG genannten ernsthaften Sch&#228;den drohe. Nach ihrem eigenen Vortrag habe eine Verfolgung weder gedroht noch stattgefunden. Es l&#228;gen auch keine Abschiebungsverbote vor. Aus den von den Kl&#228;ger eingereichten Attesten ergebe sich, dass bei der Kl&#228;gerin zu 3. kein akuter medizinischer Handlungsbedarf bestehe. Etwaige in den n&#228;chsten Jahren notwendige Operationen k&#246;nnten auch in Aserbaidschan durchgef&#252;hrt werden. Der Kl&#228;ger zu 1. und auch die Kl&#228;gerin zu 2, die nach eigenen Angaben &#252;ber ein abgeschlossenes Lehramtsstudium verf&#252;ge, seien in der Lage einer geregelten Arbeit nachzugehen und so m&#246;gliche Kosten der Behandlung zu erwirtschaften.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Bescheid wenden sich die Kl&#228;ger mit der vorliegenden Klage, die am&#160; 15. Oktober 2018 bei Gericht eingegangen ist. Zur Begr&#252;ndung tragen sie im Wesentlichen vor: Ihre Angaben vor dem Bundesamt k&#246;nnten jedenfalls nicht zu einer offensichtlichen Unbegr&#252;ndetheit ihrer Antr&#228;ge f&#252;hren. Im &#220;brigen habe der Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union (EuGH) mit Urteil vom 19. Juni 2018 (Az.: C&#160;&#8211;181/16) entschieden, dass ein abgelehnter Asylbewerber bis zum endg&#252;ltigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nicht abgeschoben werden d&#252;rfe. In der m&#252;ndlichen Verhandlung haben sie zudem vorgetragen, dass die Krankheit der Kl&#228;gerin zu 3. in Aserbaidschan nicht behandelbar sei, bis zu ihrer Vollj&#228;hrigkeit noch etwa zehn risikoreiche Operationen zu Kosten von jeweils 60.000,00 &#8364; notwendig seien und die Lebensqualit&#228;t der Kl&#228;gerin zu 3. bereits jetzt erheblich eingeschr&#228;nkt sei.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger beantragen sinngem&#228;&#223;,</p> <span class="absatzRechts">10</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides vom01. Oktober 2018, zugestellt am 08. Oktober 2018, zu verpflichten, die Kl&#228;ger als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuzuerkennen,<strong>h i l f s w e i s e,</strong></p> </li> <li><span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2. den Kl&#228;gern den subsidi&#228;ren Schutzstatus zuzuerkennen,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>w e i t e r&#160;&#160; h i l f s w e i s e,</strong></p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">3.&#160;&#160; Abschiebungsverbote nach &#167; 60 Abs. 5 und 7 Abs. 1 AufenthG festzustellen,</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks"><strong>w e i t e r&#160;&#160; h i l f s w e i s e,</strong></p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">4.&#160;&#160; das Offensichtlichkeitsurteil aufzuheben und die Beklagte unter</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; entsprechender Abwendung des Bescheides zu verpflichten, die</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Einreise- und Aufenthaltsverbote auf einen Monat zu befristen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt schrifts&#228;tzlich,</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Sie st&#252;tzt sich auf die Begr&#252;ndung des angefochtenen Bescheides.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Mit Beschluss vom 04. Dezember 2018 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter &#252;bertragen. Das Gericht hat die Kl&#228;ger in der m&#252;ndlichen Verhandlung zu ihrem pers&#246;nlichen Verfolgungsschicksal angeh&#246;rt.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorg&#228;nge des Bundesamtes Bezug genommen. Ferner wird auf die Niederschrift der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 09. Januar 2019 sowie die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisgrundlagen Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Entscheidungsgr&#252;nde:</span></strong></p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der Einzelrichter ist zust&#228;ndig, nachdem ihm die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung &#252;bertragen hat (&#167; 76 Abs. 1 AsylG). Das Gericht kann ferner trotz des Nichterscheinens eines Vertreters der Beklagten im Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung entscheiden, da die Beklagte mit der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass bei ihrem Ausbleiben auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann (&#167; 102 Abs. 1 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung &#8211; VwGO). Schlie&#223;lich ist das Gericht auch nicht gehalten, das Verfahren gem&#228;&#223; &#167; 94 VwGO auszusetzen und eine Vorlage an den Gerichtshof der Europ&#228;ischen Union zu beschlie&#223;en. Unabh&#228;ngig davon, dass eine Vorlagepflicht nur f&#252;r letztinstanzliche Gerichte besteht (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 24. Auflage 2018, &#167; 94 VwGO Rn. 21), ist aus dem im Folgenden dargestellten Gr&#252;nden eine entsprechende Entscheidung nicht zum Erlass des Urteils erforderlich (Art. 267 des Vertrag &#252;ber die Arbeitsweise der Europ&#228;ischen Union &#8211; AEUV).</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Klage ist unbegr&#252;ndet, da die in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 14. November 2016 getroffenen Entscheidungen rechtm&#228;&#223;ig sind und die Kl&#228;ger nicht in ihren Rechten verletzen (&#167; 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Kl&#228;ger haben im ma&#223;geblichen Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung (&#167; 77 Abs. 1 S. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, die Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft nach &#167; 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG i.V.m. &#167; 60 Abs. 1 S. 1 AufenthG, die Gew&#228;hrung subsidi&#228;ren Schutzes gem&#228;&#223; &#167; 4 AsylG oder die Feststellung von Abschiebungsverboten nach &#167; 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Auch die Abschiebungsandrohung ist rechtm&#228;&#223;ig und verletzt die Kl&#228;ger nicht in ihren Rechten (&#167; 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Dies gilt ebenso f&#252;r die Befristungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 11 Abs. 1 &#8211; 3 AufenthG.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger sind weder als Asylberechtigte anzuerkennen noch ist ihnen die Fl&#252;chtlingseigenschaft zuzuerkennen. Nach &#167; 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausl&#228;nder ein Fl&#252;chtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 &#252;ber die Rechtsstellung der Fl&#252;chtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begr&#252;ndeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit&#228;t, politischen &#220;berzeugung oder Zugeh&#246;rigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr.1) au&#223;erhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangeh&#246;rigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gew&#246;hnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zur&#252;ckkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zur&#252;ckkehren will (Nr. 2b). Das Vorliegen eines solchen Fluchtgrundes wird von den Kl&#228;gern nicht behauptet. Auch im &#220;brigen sind bei der von Amts wegen vorzunehmenden gerichtlichen &#220;berpr&#252;fung keine Anhaltspunkte hierf&#252;r ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger k&#246;nnen auch keinen subsidi&#228;r Schutz gem&#228;&#223; &#167; 4 AsylG i.V.m. &#167;&#160;60 Abs. 2 AufenthG beanspruchen. Nach &#167; 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausl&#228;nder subsidi&#228;r Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verh&#228;ngung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willk&#252;rlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind nicht erf&#252;llt. Die Kl&#228;ger haben zum Vorliegen einer solchen Gefahr nichts vorgetragen. Gr&#252;nde f&#252;r ihre Annahme sind auch im &#220;brigen nicht ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Ferner haben die Kl&#228;ger keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach &#167;&#160;60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 AufenthG. Ein die Androhung hinderndes Verbot der Abschiebung nach &#167; 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG ist in der Regel gegeben, wenn in dem Zielstaat f&#252;r den Ausl&#228;nder eine erhebliche konkrete Gefahr f&#252;r Leib, Leben oder Freiheit besteht.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Eine solche liegt aus gesundheitlichen Gr&#252;nden vor, wenn sich die vorhandene Erkrankung des Ausl&#228;nders auf Grund zielstaatsbezogener Umst&#228;nde in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr f&#252;r Leib oder Leben f&#252;hrt, also wenn eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der R&#252;ckkehr des Ausl&#228;nders droht. Ausgehend vom asylrechtlichen Prognosema&#223;stab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit reicht es dabei nicht aus, dass eine Verschlechterung des Gesundheitszustands im Bereich des M&#246;glichen liegt; sie muss vielmehr &#252;berwiegend wahrscheinlich sein.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 17. Oktober 2006 &#8211;1 C 18/05 &#8211;juris; Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein&#8211;Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 30.10.2006 &#8211; 13 A 2820/04 &#8211; juris.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Dies ist etwa dann der Fall, wenn eine notwendige &#228;rztliche Behandlung oder Medikation im Zielstaat wegen des geringen Versorgungsstandes generell nicht verf&#252;gbar ist oder der Ausl&#228;nder sie tats&#228;chlich, also individuell aus finanziellen oder sonstigen Gr&#252;nden, nicht erlangen kann.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 &#8211; 1 C 18/05 &#8211; juris; BVerwG, Urteil vom 29. 10. 2002 &#8211; 1 C 1/02 &#8211; juris.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Allerdings kann von einer zu ber&#252;cksichtigenden Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht schon dann gesprochen werden, wenn lediglich eine Heilung des Krankheitszustandes im Zielstaat nicht zu erwarten oder die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleichwertig ist. Ferner ist eine wesentliche Verschlechterung nicht bereits bei einer bef&#252;rchteten ung&#252;nstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei au&#223;ergew&#246;hnlich schweren k&#246;rperlichen oder psychischen Sch&#228;den. Denn das Verbot der Abschiebung nach &#167; 60 Abs. 7 AufenthG soll dem Ausl&#228;nder keine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern nur vor einer gravierenden Beeintr&#228;chtigung seiner Rechtsg&#252;ter Leib und Leben bewahren. Daher ist der Ausl&#228;nder auch grunds&#228;tzlich auf die im Zielstaat allgemein &#252;blichen medizinischen Standards verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; OVG M&#252;nster, Beschl&#252;sse vom 20. September 2006 &#8211; 13 A 1740/05 &#8211; juris; 6. September 2004 &#8211; 18 B 2661/03 &#8211; juris; 05. August 2004 &#8211; 13 A 2160/04 &#8211; juris; 20. Oktober 2000 &#8211;18 B 1520/00 &#8211; juris.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von diesen Grunds&#228;tzen f&#252;hrt das Vorbringen der Antragssteller nicht zur Annahme eines in Bezug auf die Antragstellerin zu 3. vorliegenden Abschiebungsverbotes aus gesundheitlichen Gr&#252;nden.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Zur Begr&#252;ndung wird gem&#228;&#223; &#167; 77 Abs. 2 AsylG auf die Ausf&#252;hrungen in dem angegriffenen Bescheid verwiesen (dort S. 7 &#8211; 10), denen das Gericht folgt. Im Hinblick auf die Ausf&#252;hrungen der Kl&#228;ger in der m&#252;ndlichen Verhandlung ist erg&#228;nzend auszuf&#252;hren:</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Aus dem Ambulanzbrief der orthop&#228;dischen Klinik W.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; vom 19. Juli 2017 ergibt sich, dass die Kl&#228;gerin zu 3. an einer linkskonvexen thorakalen Skoliose mit Cobb-Winkel von 45,5&#176;, einer Beinl&#228;ngendifferenz von minus 0,5 cm links und einem Verdacht auf Entwicklungsst&#246;rungen leidet. Sie sei 2014 im Iran komplikationslos operiert worden. Das Gangbild sei normal. Zur Abkl&#228;rung der Notwendigkeit einer Operation wurde die Kl&#228;gerin zu 3. an Prof. E.&#160; . U.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; T1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in C1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; verwiesen, ansonsten wurde die routinem&#228;&#223;ige Vorstellung in drei Monaten empfohlen. Aus dem sich daran anschlie&#223;enden Attest des Arztes der Klinik f&#252;r Orthop&#228;die und Unfallchirurgie in C1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , Prof. E.&#160; . U.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; T1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; , vom 20. September 2018 folgt, dass die Kl&#228;gerin zu 3. an einer angeborenen Deformit&#228;t der Wirbels&#228;ule und der Rippen leidet, diese zur Zeit der Erstellung des Attest jedoch zu keinen Beschwerden f&#252;hrte. Ein aktueller medizinischer Handlungsbedarf bestehe nicht. Allerdings sei der Verlauf der Erkrankung schwierig vorherzusehen und in den n&#228;chsten Monaten und Jahren zu beobachten. Bei einer deutlichen Verschlechterung der Skoliose werde die Kl&#228;gerin zu 3. langfristig unter erheblichen Beschwerden wie Schmerzen im Bereich des Nackens und der oberen Brustwirbels&#228;ule leiden. Dann sei eine aufwendige operative Therapie notwendig. Ferner ist das Attest wohl so zu verstehen, dass eine operative Therapie in den n&#228;chsten zwei bis drei Jahren generell empfehlenswert sein wird.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Demnach kann nicht festgestellt werden, dass die Erkrankung der Kl&#228;gerin zu 3. lebensbedrohlich ist. Die Atteste best&#228;tigen auch nicht den Vortrag, nach dem der behandelnde Arzt der Klinik in C1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; gesagt habe, dass bis zur Vollj&#228;hrigkeit zehn Operationen notwendig sein werden. Gleiches gilt f&#252;r die Behauptung, dass nach seiner Auskunft jede dieser Operationen 60.000,00 &#8364; kosten soll. Im &#220;brigen k&#246;nnen die Kosten einer Behandlung in Deutschland nicht mit denen in Aserbaidschan gleichgesetzt werden.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Aus den Attesten ergibt sich auch nicht, dass die Kl&#228;gerin zu 3. bei einer R&#252;ckkehr nach Aserbaidschan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine schwerwiegende Gesundheitsbeeintr&#228;chtigung erleiden wird. Vielmehr liegen zurzeit keine gravierenden Beeintr&#228;chtigungen vor, der weitere Krankheitsverlauf ist offen.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Selbst dann, wenn es zu dem denkbar ung&#252;nstigsten Verlauf kommen sollte, w&#228;ren die Kl&#228;ger gehalten die Kl&#228;gerin zu 3. in Aserbaidschan behandeln zu lassen. Ihre in der m&#252;ndlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, dass die dortigen &#196;rzte ihnen gesagt h&#228;tten dass die Krankheit in Aserbaidschan generell nicht behandelbar ist, steht in Widerspruch zu ihren vor dem Bundesamt gemachten Angaben. Dort haben sie vorgetragen, dass die aserbaidschanischen &#196;rzte ihnen unter anderem ein Korsett und eine Operation empfohlen h&#228;tten. Dies entspricht im Wesentlichen den im Attest der Klinik f&#252;r Orthop&#228;die Unfallchirurgie in C1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; vorgeschlagenen Behandlungsmethoden, auch wenn der dortige behandelnde Arzt aktuell weder eine Operation noch ein Korsett f&#252;r geboten h&#228;lt. Es ist auch im &#220;brigen davon auszugehen, dass die Erkrankung in Aserbaidschan behandelbar ist.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Dass die Kl&#228;ger kein Vertrauen in die aserbaidschanischen &#196;rzte haben, f&#252;hrt nicht zur Annahme eines Abschiebungsverbots. Zwar war den Kl&#228;gern zu 1. und 2 in der m&#252;ndlichen Verhandlung deutlich anzumerken, dass sie der Kl&#228;gerin zu 3., die aufgrund ihrer bestehenden leiblichen Verwandtschaft und der bisherigen Fehlgeburten ihr einziges Kind bleiben soll, die bestm&#246;gliche &#228;rztliche Versorgung zukommen lassen wollen. Nach den oben dargestellten Grunds&#228;tzen sind sie jedoch darauf verwiesen, das aserbaidschanische Gesundheitssystem in Anspruch zu nehmen.</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Eine Therapie in Aserbaidschan ist f&#252;r die Kl&#228;ger auch finanzierbar. Sie sind in der Lage arbeiten zu gehen und k&#246;nnen gegebenenfalls die Unterst&#252;tzung der M&#252;tter des Kl&#228;gers zu 1. und der Kl&#228;gerin zu 2. sowie der Schwestern der Kl&#228;gerin zu 2. in Anspruch zu nehmen. Sie haben auch die Kosten der bisherigen Behandlung der Kl&#228;gerin zu 3. in Aserbaidschan und sogar eine operative Therapie im Iran tragen k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Abschiebungsandrohung beruht auf &#167;&#167; 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit &#167; 59 AufenthG und ist ebenfalls rechtm&#228;&#223;ig. Etwas anderes folgt auch nicht aus den Grunds&#228;tzen, die der Europ&#228;ische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 19. Juni 2018 (&#8222;Gnandi&#8220;) aufgestellt hat.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">In dieser Entscheidung hat sich der EuGH mit der Frage befasst, ob in den F&#228;llen, in denen der Antrag eines Ausl&#228;nders auf Gew&#228;hrung internationalen Schutzes abgelehnt wurde, eine R&#252;ckkehrentscheidung unmittelbar nach oder zusammen mit der Ablehnung erlassen werden darf. Dies k&#246;nnte deshalb problematisch sein, weil die Aufforderung zum Verlassen des Staatsgebietes dann vor einer etwaigen gerichtlichen Entscheidung &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit der Ablehnung ergeht. Der EuGH ist der Ansicht, dass die Richtlinien 2008/115/EG und 2005/85/EG sowie die Art. 18, Art. 19 Abs. 2 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union einem solchen Vorgehen der Beh&#246;rden dann nicht entgegenstehen, wenn unter anderem alle Rechtswirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die Ablehnung ausgesetzt werden, der Ausl&#228;nder w&#228;hrend dieses Zeitraums in den Genuss der Rechte aus der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen f&#252;r die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten kommen kann und wenn er sich auf jede nach Erlass der R&#252;ckkehrentscheidung eingetretene &#196;nderung der Umst&#228;nde berufen kann, die im Hinblick auf die Richtlinie 2008/115/EG und insbesondere ihren Art. 5 erheblichen Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben kann. Die Pr&#252;fung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, sei Sache der nationalen Gerichte.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, Celex-Nr. 62016CJ0181 &#8211; juris Rn. 68.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">In den Entscheidungsgr&#252;nden f&#252;hrt der EuGH unter anderem aus, dass zur Vermeidung einer der Charta der Grundrechte widersprechenden Behandlung dem Ausl&#228;nder ein Rechtsbehelf zustehen m&#252;sse, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfalte. Ferner m&#252;ssten w&#228;hrend der Frist f&#252;r die Einlegung des Rechtsbehelfs und im Fall seiner Einlegung bis zur Entscheidung &#252;ber ihn unter anderem alle Wirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung ausgesetzt werden. Hierzu gen&#252;ge es nicht, dass der Mitgliedsstaat von einer zwangsweisen Umsetzung der R&#252;ckkehrentscheidung absehe; vielmehr m&#252;ssten alle ihrer Rechtswirkungen ausgesetzt werden. Diese bedeute insbesondere, dass die Frist f&#252;r die freiwillige Ausreise nicht zu laufen beginnen d&#252;rfe, solange der Ausl&#228;nder ein Bleiberecht habe.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, Celex-Nr. 62016CJ0181 &#8211; juris Rn. 54 &#8211; 66.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Diesen Rechtsschutzanforderungen wird das deutsche Asylverfahrensrecht unzweifelhaft bei Klagen, die nach &#167; 75 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung haben, gerecht; im Ergebnis allerdings auch in den F&#228;llen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet. Dies gilt sowohl f&#252;r die vom EuGH geforderte Aussetzung aller Rechtswirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung als auch das Erfordernis eines Rechtsbehelfs, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfaltet.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Auf die Erf&#252;llung dieser Rechtsschutzanforderungen auch bei der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet kommt es im vorliegenden Fall an, weil das Bundesamt eine derartige Regelung in dem angefochtenen Bescheid zu Recht getroffen hat. Die Ablehnung des Asylantrags einschlie&#223;lich der Antr&#228;ge auf Zuerkennung der Fl&#252;chtlingseigenschaft und auf Gew&#228;hrung subsidi&#228;ren Schutzes als offensichtlich unbegr&#252;ndet dr&#228;ngt sich hier auf, weil sich weder aus dem Vortrag der Kl&#228;ger noch sonst konkrete Anhaltspunkte f&#252;r entsprechende Anspr&#252;che ergeben.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Im Hinblick auf das Erfordernis der Aussetzung aller Rechtswirkungen bedarf es der Entscheidung, ob die unter Ziffer 4. des angefochtenen Bescheids getroffene Anordnung, nach der die Ausreisefrist von einer Woche grunds&#228;tzlich bereits mit der Bekanntgabe des Bescheides und nicht erst nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens zu laufen beginnt (vgl. &#167;&#167; 36 Abs. 1, 38 Abs. 1 S. 2 AsylG) zu einer Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung f&#252;hrt. Diese Frage, die in Rechtsprechung und Literatur noch nicht abschlie&#223;end gekl&#228;rt ist, ist zu verneinen.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Teilweise wird vertreten, dass die Anordnung einer solchen Frist zu freiwilligen Ausreise, die mit der Bekanntgabe des Bescheides und nicht dem Abschluss des (gerichtlichen) Verfahrens zu laufen beginnt, zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung insgesamt f&#252;hre.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg, Beschluss vom 17. Dezember 2018&#160;&#8211; 3 L 1935/18.A&#160;&#8211;, juris; wohl auch Verwaltungsgerichtshof Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 18. Dezember 2018&#160;&#8211; 11 S 2125/18&#160;&#8211;, juris Rn. 14; offen gelassen von VG W&#252;rzburg, Beschluss vom 24. September 2018&#160;&#8211; W 2 S 18.31990&#160;&#8211;, juris; Gutmann, Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, in: NVwZ 2018, S. 1629 &#8211; 1631; siehe auch Hruschka, Anmerkung zum EuGH-Urteil vom 19. Juni 2018 in der Rechtssache &#8222;Gnandi&#8220;, in: Asylmagazin 2018, Heft 9, S. 290 &#8211; 293, der die Notwendigkeit einer &#196;nderung des nationalen Rechts sieht.</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Nach anderer Auffassung ist bereits nach der geltenden Gesetzeslage davon auszugehen, dass der Lauf der Ausreisefrist erst mit der (negativen) gerichtlichen Entscheidung &#252;ber den Eilantrag in Gang gesetzt wird. Dies f&#252;hre bei einer im &#220;brigen gegebenen Rechtm&#228;&#223;igkeit des Bescheides zur vollst&#228;ndigen Ablehnung des Eilantrags. Als Begr&#252;ndung wird teilweise eine europarechtskonforme Auslegung des &#167; 36 Abs. 1, Abs. 3 S. 8 AsylG und teilweise die Ansicht, dass mit rechtzeitiger Stellung des Eilantrags die im Bescheid gesetzte Ausreisefrist gem&#228;&#223; &#167;&#160;59 Abs.&#160;1 S.&#160;6 AufenthG unterbrochen wird, herangezogen.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Stuttgart, Beschluss vom 11. Dezember 2018&#160;&#8211; A 2 K 10728/18&#160;&#8211;, juris; VG Berlin, Beschluss vom 30. November 2018&#160;&#8211; 31 L 682.18 A&#160;&#8211;, juris Rn. 27&#160; m.w.N.; noch offen gelassen von VG Berlin, Beschluss vom 24. September 2018&#160;&#8211; 36 L 358.18 A&#160;&#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich wird vertreten, dass sich aus den vom EuGH aufgestellten Grunds&#228;tzen generell keine Rechtswidrigkeit einer solchen Abschiebungsandrohung ergibt.</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. November 2018 &#8211; 5 L 4508/18.F.A. &#8211; juris; VG M&#252;nster, Beschluss vom 08. Oktober 2018&#160;&#8211; 9 L 976/18&#160;&#8211;, juris; VG Stade, Beschluss vom 30.07.2018 - 2 B 1616/18 - asyl.net: M26508, unter Hinweis auf VG Hannover, Beschluss vom 12. Juli 2018, 10 B 4228/18; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 05. Juli 2018&#160;&#8211; 20 B 17.31636&#160;&#8211;, juris Rn. 40; Wittkopp, Abschiebung abgelehnter Asylbewerber im Einklang mit Unionsrecht &#8211; Das Urteil &#8222;Gnandi&#8220; des EuGH, in: ZAR 2018, S. 325 &#8211; 331; Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge, EuGH: Zur Verbindung von Ablehnungs- und R&#252;ckkehrentscheidungen, in: Entscheiderbrief 11-12/2018, S. 4 &#8211; 6;&#160; siehe auch Verwaltungsgerichtshof Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 29. November 2018&#160;&#8211; 12 S 2504/18&#160;&#8211;, juris.</p> <span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Dieser letztgenannten Auffassung ist zu folgen. Es ist nicht davon auszugehen, dass der EuGH auch f&#252;r die F&#228;lle der Ablehnung eines nach dem 20. Juli 2015 gestellten Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet verlangt, dass die Frist erst nach dem Abschluss des gerichtlichen Hauptsacheverfahrens zu laufen beginnt.</p> <span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Denn das in dem Verfahren &#8222;Gnandi&#8220; ergangene Urteil st&#252;tzt sich auf die Bestimmungen der Richtlinie 2005/85/EG, die jedoch mittlerweile durch die Richtlinie 2013/32/EU abgel&#246;st worden sind.</p> <span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">In der Richtlinie 2005/85/EG war in Art. 39 Abs. 1 im Wesentlichen nur geregelt, dass abgelehnte Asylbewerber das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht oder Tribunal haben. In Art. 39 Abs. 3 dieser Richtlinie wurde den Mitgliedsstaaten zudem die M&#246;glichkeit einger&#228;umt, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen Vorschriften festzulegen im Zusammenhang mit den Fragen, ob der Rechtsbehelf nach Art. 39 Abs.&#160;1 zur Folge hat, dass Antragsteller sich bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf im betreffenden Mitgliedstaat aufhalten d&#252;rfen und der M&#246;glichkeit eines Rechtsmittels oder von Sicherungsma&#223;nahmen, wenn der Rechtsbehelf nach Art. 39 Abs.&#160;1 nicht zur Folge hat, dass sich Antragsteller bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf im betreffenden Mitgliedstaat aufhalten d&#252;rfen.</p> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Diese Regeln sind mit der Richtlinie 2013/32/EU durch ein ausdifferenzierteres System ersetzt worden. Demnach stellen die Mitgliedsstaaten gem&#228;&#223; Art. 46 Abs. 1 sicher, dass Antragsteller das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor einem Gericht gegen die in Art. 46 Abs. 1 a) bis c) genannten ablehnenden Entscheidungen haben. Nach Art. 46 Abs. 4 und 5 legen die Mitgliedsstaaten angemessene Fristen f&#252;r die Wahrnehmung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf nach Art. 46 Abs. 1 fest und gestatten unbeschadet von Art. 46 Abs. 6 den Antragstellern das Recht zum Verbleib in ihrem Staatsgebiet bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist oder bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf. Nach Art. 46 Abs. 6 sind demgegen&#252;ber unter anderem in dem hier vorliegenden Fall der Ablehnung eines Antrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet die Gerichte befugt, &#8222;entweder auf Antrag des Antragstellers oder von Amts wegen dar&#252;ber zu entscheiden, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, wenn die Entscheidung zur Folge hat, das Recht des Antragstellers auf Verbleib in dem Mitgliedstaat zu beenden und wenn in diesen F&#228;llen das Recht auf Verbleib in dem betreffenden Mitgliedstaat bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf im nationalen Recht nicht vorgesehen ist&#8220;. Gem&#228;&#223; Art. 46. Abs. 8 gestatten die Mitgliedsstaaten dem Antragsteller bis zur Entscheidung in dem Verfahren nach den Abs. 6 und 7 dar&#252;ber, ob der Antragsteller im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf, im Hoheitsgebiet zu verbleiben.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Diesem Regelungssystem entsprechen die &#167;&#167; 34 &#8211; 43 AsylG und &#167;&#167; 74, 75 AsylG. Demnach ist insbesondere die Bestimmung, dass bei einer Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet der Antragssteller nur bis zum Abschluss des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ein Recht zum Verbleib hat, nach Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU europarechtskonform. Unter anderem in den F&#228;llen der offensichtlichen Unbegr&#252;ndetheit ist es ausdr&#252;cklich zul&#228;ssig, dass (1) die Beh&#246;rden eine Entscheidung treffen k&#246;nnen, die das Recht des Asylbewerbers auf Verbleib im Mitgliedsstaat beendet, dass (2) das nationale Recht nicht vorsehen muss, dass ein Recht auf Verbleib im Mitgliedstaat bis zur Entscheidung &#252;ber den Rechtsbehelf besteht und dass es (3) dann einem Gericht obliegt dar&#252;ber zu entscheiden, ob der Asylbewerber (bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens) im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verbleiben darf (Art. 46 Abs. 6 a.E.). Dieses gestufte Rechtsschutzsystem, dem das deutsche Verfahrensrecht entspricht, setzt voraus, dass eine von der Beh&#246;rde gesetzte Ausreisefrist sofort zu laufen beginnt, weil die Beh&#246;rde es sonst nicht in der Hand h&#228;tte das Recht auf Verbleib zu beenden und eine gesonderte Entscheidung eines Gerichts &#252;ber den Verbleib bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens &#252;berfl&#252;ssig w&#228;re. W&#252;rde die Ausreisefrist w&#228;hrend der Rechtsbehelfsfrist und&#160; &#8211; bei Einlegung eines Rechtsbehelfs &#8211; bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht zu laufen beginnen, br&#228;uchte es nicht der von Art. 46 Abs. 6 und &#167;&#167; 80 Abs. 5 VwGO, 36 Abs. 3 AsylG vorgesehenen Entscheidung des Gerichts &#252;ber ein (vorl&#228;ufiges) Bleiberecht. Auch die Regelung des Art. 46 Abs. 8 h&#228;tte keinen Anwendungsbereich, wenn die Ausreisfrist nicht schon zu laufen beginnen w&#252;rde. Ferner sieht Art. 46 Abs. 8 ein Bleiberecht nur f&#252;r den Zeitraum bis zur gerichtlichen Eilentscheidung und nicht bis zum Ablauf einer danach beginnenden Ausreisfrist vor. Von dem EuGH ist dies in der Entscheidung &#8222;Gnandi&#8220; nicht ber&#252;cksichtigt worden, weil die Richtlinie 2013/32/EU gem&#228;&#223; ihres Art. 52 erst auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Antr&#228;ge auf internationalen Schutz Anwendung findet.</p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26. November 2018 &#8211; 5 L 4508/18.F.A. &#8211; juris Rn. 14; VG M&#252;nster, Beschluss vom 08. Oktober 2018&#160;&#8211; 9 L 976/18&#160;&#8211;, juris; VG Stade, Beschluss vom 30.07.2018 &#8211; 2 B 1616/18 &#8211; asyl.net: M26508, unter Hinweis auf VG Hannover, Beschluss vom 12. Juli 2018 &#8211; 10 B 4228/18 &#8211;.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Die Auffassung, dass aufgrund des formalen Kriteriums des Fristbeginns die nach den &#167;&#167; 34 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG erlassen Abschiebungsandrohungen generell rechtswidrig sein sollen, w&#252;rde zudem zu nur schwer hinnehmbaren Ergebnissen f&#252;hren. Dies gilt vor allem f&#252;r die von ihr gezogenen Konsequenz, dass jedem Eilantrag unabh&#228;ngig von seiner Begr&#252;ndetheit im &#220;brigen stattzugeben sein soll. Denn dann w&#228;re ein Ausl&#228;nder, dessen Antrag auch nach der Auffassung des Gerichts offensichtlich keinen Erfolg haben wird (etwa weil sein Vorbringen offenkundig falsch ist, er gef&#228;lschte Beweismittel vorgelegt oder &#252;ber seine Identit&#228;t get&#228;uscht hat, &#167; 30 Abs. 3 Nr. 1 &#8211; 3 AsylG) oder bereits unzul&#228;ssig ist (&#167;&#167; 36 Abs. 1, 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4, Art. 46 Abs. 6 b) der Richtlinie 2013/32/EU), bis zum Abschluss des oft mehrere Jahre dauernden Hauptsacheverfahrens nicht vollziehbar ausreisepflichtig. Dies w&#252;rde dem Wortlaut der &#167;&#167; 34 &#8211; 43, 74, 75 AsylG sowie des Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU und ihrem Regelungszweck, erkennbar aussichtslose Verfahren effizient zu gestalten, zuwiderlaufen.</p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">In der hier vertretenen L&#246;sung liegt keine unzumutbare Verk&#252;rzung des Rechtsschutzes des Ausl&#228;nders. Dieser darf in den F&#228;llen des negativen Ausgangs des Eilverfahrens und der damit tats&#228;chlich vorliegenden offensichtlichen Unbegr&#252;ndetheit seines Antrags nicht auf einen l&#228;ngeren Aufenthalt im Bundesgebiet vertrauen, sondern muss ich auf seine Ausreise nach Beendigung des Eilverfahrens einstellen. Dies gilt erst recht f&#252;r die F&#228;lle der erfolglosen Durchf&#252;hrung eines Hauptsacheverfahrens. Ferner ist ihm unabh&#228;ngig davon nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens eine Frist zur freiwilligen Ausreise zuzubilligen.</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1986 &#8211; 1 C 16/85 &#8211;, juris Rn 21 und 22.</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">Aufgrund der Bestimmungen der Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU ist es auch nicht selbstverst&#228;ndlich, dass der EuGH verbindliche Anforderungen f&#252;r alle Verfahrensarten aufstellen wollte, die &#252;ber die Bestimmungen der Richtlinie 2013/32/EU hinausgehen. Der Entscheidung &#8222;Gnandi&#8220; ist schon nicht ausdr&#252;cklich zu entnehmen, dass die Ausreisefrist erst nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zu laufen beginnen muss. Die nicht Teil des Tenors gewordene Formulierung, dass diese Frist nicht zu laufen beginnen darf, &#8222;solange der Betroffene ein Bleiberecht hat&#8220;, kann auch so verstanden werden, dass er nur w&#228;hrend des laufenden gerichtlichen Verfahrens den Mitgliedsstaat nicht verlassen muss. Dies entspricht dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits und der Vorlagefrage. Ferner stellt der EuGH in den weiteren Entscheidungsgr&#252;nden hinsichtlich der Rechte des Antragsstellers stets auf den Abschluss des gerichtlichen Verfahrens und nicht an eine sich daran ankn&#252;pfende Ausreisefrist ab.</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018, &#8211; C-181/16, Celex-Nr. 62016CJ0181 &#8211; juris Rn. 63 a.E. und&#160; 66 a.E.</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Auch in seinem Beschluss vom 05. Juli 2018, in dem wiederholt auf die im Verfahren &#8222;Gnandi&#8220; ergangene Entscheidung Bezug genommen wird, fordert der EuGH nur, das die Wirkungen der R&#252;ckkehrentscheidung bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens auszusetzen sind. Unter Hinweis auf Art. 46 Abs. 8 der Richtlinie 2013/32/EU stellt er ausdr&#252;cklich fest, dass in den F&#228;llen der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegr&#252;ndet die Mitgliedsstaaten Ausl&#228;ndern einen Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet nur bis zu einer gerichtlichen Entscheidung &#252;ber ihr Bleiberecht gestatten m&#252;ssen. Er verlangt nicht, dass sich daran noch die urspr&#252;nglich gesetzte Ausreisefrist anschlie&#223;t.</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; EuGH, Beschluss vom 05. Juli 2018&#160;&#8211; C-269/18 PPU&#160;&#8211;, juris Rn. 53; siehe auch VG Berlin, Beschluss vom 30. November 2018&#160;&#8211; 31 L 682.18 A&#160;&#8211; juris Rn. 21.</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">Die geltende Rechtslage wird im Ergebnis auch dem vom EuGH aufgestellten Erfordernis eines Rechtsbehelfs, der kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfaltet, gerecht.</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">Zwar hat gem&#228;&#223; &#167;&#167; 75 Abs. 1, 36 Abs. 1 AsylG eine Klage gegen die in dem Bescheid getroffenen Entscheidungen nicht kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Vielmehr ist der Ausl&#228;nder gehalten, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu stellen.</p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Dies entspricht jedoch&#160; &#8211; wie dargestellt&#160; &#8211; dem von Art. 46 Abs. 6 und 8 der Richtlinie 2013/32/EU ausdr&#252;cklich vorgesehenen Regelungssystem.</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">Ferner sind die Folgen der Stellung des Antrags auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes im Ergebnis mit denen einer kraft Gesetzes bestehenden aufschiebenden Wirkung identisch, so dass eine &#228;quivalente Rechtsschutzdichte besteht.</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">So ist gem&#228;&#223; &#167;&#160;36 Abs. 3 S. 8 AsylG eine Abschiebung des Ausl&#228;nders vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zul&#228;ssig. Dabei handelt es sich um mehr als ein (vom EuGH als nicht ausreichend angesehenes) blo&#223;es Absehen von einer Abschiebung durch die Beh&#246;rden, weil die Rechtsfolge gesetzlich vorgeschrieben ist. Auch eine Inhaftierung des Ausl&#228;nders ist w&#228;hrend der Dauer des gerichtlichen Eilverfahrens nicht zul&#228;ssig, da keine vollziehbare Ausreispflicht besteht (vgl. &#167; 62 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG).</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">Dem Ausl&#228;nder stehen mindestens f&#252;r die Dauer des gerichtlichen Verfahrens alle Rechte aus der Richtlinie 2003/9/EG und der sie abl&#246;senden Richtlinie 2013/33/EU zu. Insbesondere beh&#228;lt er seine Rechte aus der Aufenthaltsgestattung (vgl. &#167; 67 Abs. 1 Nr. 4 AsylG) einschlie&#223;lich der Rechte aus dem Asylbewerberleistungsgesetz (vgl. &#167; 1 Abs. 1 Nr. 1 des Asylbewerberleistungsgesetz &#8211; AsylbLG).</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">Der Pr&#252;fungsumfang des Verfahrens auf Gew&#228;hrung einstweiligen Rechtsschutzes gen&#252;gt ebenfalls den europarechtlichen Anforderungen. Zwar ist eine m&#252;ndliche Verhandlung nicht erforderlich (&#167;&#167; 80 Abs. 5, Abs. 7, 101 Abs. 3 VwGO, 36 Abs. 3 S. 4 AsylG), daf&#252;r ist gem&#228;&#223; &#167; 36 Abs. 4 S. 1 VwGO die Abschiebung bereits bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsandrohung auszusetzen und nicht erst bei voller richterlicher &#220;berzeugung. Der Ausl&#228;nder kann sich zudem auf jede nach Erlass der R&#252;ckkehrentscheidung eingetretene &#196;nderung von Umst&#228;nden berufen, die Einfluss auf die Beurteilung seiner Situation haben k&#246;nnte (vgl. &#167; 77 Abs. 1 S. 1 AsylG).</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich wird der Ausl&#228;nder durch die dem Bescheid beigef&#252;gte Rechtsbehelfsbelehrung transparent &#252;ber die Einhaltung der vorgenannten Garantien informiert.</p> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Vgl.&#160;&#160;&#160; VG Berlin, Beschluss vom 30. November 2018&#160;&#8211; 31 L 682.18 A&#160;&#8211; juris Rn. 22 &#8211; 29 m.w.N., auch zur Gegenansicht; VG M&#252;nster, Beschluss vom 08. Oktober 2018&#160;&#8211; 9 L 976/18&#160;&#8211;, juris Rn. 11.</p> <span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots entspricht den Voraussetzungen des &#167;&#160;11 Abs. 2 und&#160; Abs. 3 AufenthG.</p> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Nach alldem ist die Klage auch hinsichtlich s&#228;mtlicher Hilfsantr&#228;ge unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167;&#167; 154 Abs. 1, 159 S. 1 VwGO i.V.m. &#167; 100 Abs. 1 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus &#167; 83 b AsylG.</p>
171,298
olgd-2019-01-09-2-u-2918
{ "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
2 U 29/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:45
2019-02-12T13:44:36
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2019:0109.2U29.18.00
<h2>Tenor</h2> <ul class="ol"><li><p>I. Die Berufung gegen das am 5. Juli 2018 verk&#252;ndete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts D&#252;sseldorf wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>II. Die Kl&#228;gerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Kl&#228;gerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120&#160;% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher H&#246;he leistet.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>IV. Die Revision wird nicht zugelassen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>V. Der Streitwert wird auf 1.500.000,- &#8364; festgesetzt.</p> </li> </ul><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">I.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europ&#228;ischen Patents 1 272 195 B1, der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 601 13 975 T2 gef&#252;hrt wird. Das Klagepatent wurde am 2. April 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorit&#228;t vom 5. April 2000 in englischer Verfahrenssprache angemeldet; der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 12. Oktober 2005 ver&#246;ffentlicht. In einem Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren wurde das Klagepatent im erteilten Umfang aufrechterhalten (Entscheidung des Technischen Beschwerdekammer des EPA vom 14. Februar 2013, Anlagen HE 4/HE 4a). Derzeit ist das Klagepatent Gegenstand von beim Bundespatentgericht anh&#228;ngigen Nichtigkeitsverfahren; eine Entscheidung steht dort noch aus.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Klagepatent betrifft die &#8222;Verwendung von Fulvestrant in der Behandlung von resistentem Brustkrebs&#8220;; sein Patentanspruch 1 ist wie folgt gefasst:</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Use of fulvestrant in the preparation of a medicament for the treatment of a patient with breast cancer who previously has been treated with an aromatase inhibitor and tamoxifen and has failed with such previous treatment.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In der eingetragenen deutschen &#220;bersetzung hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Verwendung von Fulvestrant bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Klage wendet sich die Kl&#228;gerin gegen das Anbieten und Inverkehrbringen des Arzneimittels &#8222;F&#8230; 250 ml Injektionsl&#246;sung in einer Fertigspritze&#8220; zur therapeutischen Verwendung f&#252;r die beanspruchte Patientinnengruppe. Die A&#8230; UK ist Inhaberin der Marktzulassung f&#252;r das Referenzarzneimittel Fa&#8230;<sup>&#174;</sup>.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform wurde erstmals am 15. Dezember 2015 in der Lauer-Taxe gelistet. In der &#8222;Gebrauchsinformation: Informationen f&#252;r Anwender&#8220; (Anlage HE 6) findet sich folgender Hinweis:</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;F&#8230; enth&#228;lt den Wirkstoff Fulvestrant, der zur Gruppe der &#214;strogen-Blocker geh&#246;rt. &#214;strogene geh&#246;ren zu den weiblichen Geschlechtshormonen und k&#246;nnen in bestimmten F&#228;llen am Wachstum von Brustkrebs beteiligt sein.</em></p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><em>F&#8230; wird zur Behandlung von fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs bei Frauen nach der Menopause angewendet.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die ver&#246;ffentlichte &#8222;Fachinformation&#8220; (Anlage HE 7) lautet auszugsweise wie folgt:</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;4.1 Anwendungsgebiete</em></p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><em>F&#8230; ist angezeigt zur Behandlung von postmenopausalen Frauen mit &#246;strogenrezeptorpositivem lokal fortgeschrittenem und metastasiertem Mammakarzinom bei Rezidiv w&#228;hrend oder nach adjuvanter Anti&#246;strogen-Therapie oder bei Progression der Erkrankung unter der Behandlung mit einem Anti&#246;strogen.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Nachdem der Vertrieb der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform nach vor&#252;bergehend erfolgreichen einstweiligen Verf&#252;gungsverfahren zwischenzeitlich eingestellt war, ist die angegriffene Ausf&#252;hrungsform &#8211; nachdem die Verbotsverf&#252;gungen aufgehoben wordensind &#8211; seit dem 1.&#160;M&#228;rz 2017 wieder in der Lauer-Taxe gelistet.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beanstandet das streitbefangene Pr&#228;parat der Beklagten als patentverletzend. Sie st&#252;tzt sich auf eine von der i&#8230; AG durchgef&#252;hrte Sonderauswertung des Tumorregisters Mammakarzinom (Anlage HE 8), deren Datenbasis auf dem Stichtag 31.10.2016 beruht und die f&#252;r den betrachteten 10-Jahreszeitraum von 2007 bis 2016 insgesamt 444 Patientinnen mit HR-positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Brustkrebs ber&#252;cksichtigt, die einer Fulvestrant-Therapie unterzogen worden sind. Ausweislich der nachstehend eingeblendeten Tabelle waren die Patientinnen wie folgt mit Tamoxifen (nachfolgend: Tam) und/oder einem Aromataseinhibitor (nachfolgend: AI) vorbehandelt worden:</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">&#160;<img height="91" width="20" src="2_U_29_18_Urteil_20190109_0.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /><img height="92" width="26" src="2_U_29_18_Urteil_20190109_1.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /><img height="355" width="624" src="2_U_29_18_Urteil_20190109_2.jpeg" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Da das Klagepatent nicht nach einer palliativen oder adjuvanten Vorbehandlung unterscheide und auch eine adjuvante Verabreichung von Tamoxifen sowie einem Aromataseinhibitor im Sinne des Klagepatens als &#8222;fehlgeschlagen&#8220; betrachtet werden k&#246;nne, wenn es danach zu einem abermaligen Auftreten der Brustkrebserkrankung komme, seien s&#228;mtliche Patientinnen relevant, die &#8211; sei es adjuvant oder palliativ &#8211; mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor vorbehandelt worden seien (vgl. die obigen Klammern). Bei ann&#228;hernd der H&#228;lfte der in die Auswertung einbezogenen Patientinnen (exakt: 45,7&#160;%) liege der Sachverhalt mithin so, dass ihre Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor versagt habe und ihnen danach Fulvestrant verordnet worden sei. Nachdem die Fachinformation zur angegriffenen Ausf&#252;hrungsform selbst lediglich die Vorbehandlung mit Tamoxifen als Indikation benenne, best&#228;tige die Sonderauswertung, dass in der &#228;rztlichen und klinischen Praxis eine feste Verschreibungs&#252;bung herrsche, nach der Fulvestrant in weitem Umfang auch dann zum Einsatz komme, wenn sowohl eine Vorbehandlung mit dem Anti&#246;strogen Tamoxifen versagt habe als auch eine (weitere) Vorbehandlung mit einem Aromataseinhibitor gescheitert sei. Die Kl&#228;gerin mache sich diese Verschreibungspraxis zunutze, weswegen sie sich so behandeln lassen m&#252;sse, als habe sie die Verwendung des Wirkstoffs Fulvestrant nach fehlgeschlagener Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor selbst empfohlen.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgef&#252;hrt: Die zul&#228;ssige Klage sei unbegr&#252;ndet. Zwar k&#246;nne der Kl&#228;gerin in ihrer Auffassung gefolgt werden, dass ein Fehlschlagen einer vorausgegangenen Brustkrebsbehandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen immer dann vorliege, wenn der zun&#228;chst durchgef&#252;hrten Therapie mit den besagten Wirkstoffen der Erfolg versagt geblieben sei, was nicht nur bei einer palliativen Gabe zur Behandlung eines manifesten Tumors der Fall sei, sondern ebenso dann, wenn die Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor adjuvant erfolgt sei, sich jedoch als nicht zielf&#252;hrend (und damit &#8222;fehlgeschlagen&#8220;) herausgestellt habe, weil es trotzdem zu einem erneuten Ausbruch der Brustkrebserkrankung gekommen sei. Auch k&#246;nne auf eine sinnf&#228;llige Herrichtung verzichtet werden, wenn eine tats&#228;chliche Verschreibungspraxis im Sinne der gesch&#252;tzten Verwendung existiere, die jede weitere Herrichtungsma&#223;nahme er&#252;brige und die sich die Beklagte zunutze mache. Das Klagebegehren scheitere jedoch daran, dass nicht mit der gebotenen Verl&#228;sslichkeit festgestellt werden k&#246;nne, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform in hinreichendem Umfang bei einer palliativen Therapie nach Fehlschlagen einer Behandlung mit Tamoxifen und Fehlschlagen einer Behandlung mit einem Aromataseinhibitor verwendet werde. Die von der Kl&#228;gerin vorgelegte Sonderauswertung der i&#8230; AG sei zum Nachweis des behaupteten Verwendungsumfangs ungeeignet. Weder erschienen die ausgewerteten Zahlen hinreichend aussagekr&#228;ftig noch lasse sich ausschlie&#223;en, dass im Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung eine entscheidungserhebliche &#196;nderung der Verwendungspraxis mit R&#252;cksicht auf neuartige CDK4/6-Inhibitoren eingetreten sei.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung der Kl&#228;gerin, zu deren Rechtfertigung sie im Wesentlichen geltend macht: Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte den Umfang der patentgem&#228;&#223;en Verschreibungspraxis nur vor dem Hintergrund ihrer unzutreffenden und vom Landgericht zu Recht verworfenen Patentauslegung in Abrede gestellt habe, nur eine palliative Vorbehandlung sei relevant, weil allein sie &#8222;fehlschlagen&#8220; k&#246;nne. Ausgehend von dem richtigen, weiten Verst&#228;ndnis des Klagepatents sei der erhebliche Verwendungsumfang von Fulvestrant im Anschluss an eine (palliative oder adjuvante) Vortherapie mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor daher unstreitig und gerichtlich nicht weiter aufzukl&#228;ren. Selbst wenn jedoch Nachweise erforderlich sein sollten, w&#252;rden sie durch die vorgelegte Sonderauswertung hinreichend erbracht. Da keine besseren, auf breiterer Datenbasis beruhenden Untersuchungen verf&#252;gbar seien, &#252;berspanne das Landgericht die Anforderungen an den Nachweis einer bestimmten Verschreibungspraxis. Der Einsatz neuartiger CDK4/6-Inhibitoren habe rechtlich keine Bedeutung, weil es patentgem&#228;&#223; auf eine bestimmte, erfolglose Vorbehandlung, aber nicht darauf ankomme, ob Fulvestrant als Monotherapie oder in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor eingesetzt werde.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">das landgerichtliche Urteil abzu&#228;ndern und</p> <span class="absatzRechts">23</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">I. die Beklagte zu verurteilen,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">25</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">1. es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verh&#228;ngenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Gesch&#228;ftsf&#252;hrern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Fulvestrant-Arzneimittel, insbesondere F&#8230;,</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug,</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuf&#252;hren oder zu besitzen,</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; indem</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Fulvestrant-Arzneimittel, insbesondere F&#8230;, in der Bundesrepublik Deutschland anbietet, in Verkehr bringt oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken einf&#252;hrt oder besitzt, ohne auszuschlie&#223;en, dass sie zur Behandlung einer Brustkrebspatientin verwendet werden, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug,</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; insbesondere indem sie</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">(a) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in Ziffer 4.1 der Fachinformation und Ziffer 1, 2. Absatz der Gebrauchsinformation von F&#8230; einen Ausschluss der Verwendung f&#252;r den Fall aufnehmen l&#228;sst, dass die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">(b) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in s&#228;mtlichen Werbe- und Informationsmaterialien zu F&#8230;, insbesondere auch auf den Internetseiten der Beklagten, einen ausdr&#252;cklichen, gut erkennbaren Warnhinweis aufnimmt, dass F&#8230; nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(c) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die folgenden Adressaten, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anschreibt und (i) darauf hinweist, dass F&#8230; nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug; und (ii) diese auffordert, ihre Mitglieder entsprechend zu informieren, dass zur Vermeidung von Patentrechtsverst&#246;&#223;en f&#252;r die Patientinnenpopulation Fa&#8230;<sup>&#174;</sup> unter Ausschluss der aut-idem Substitution verschrieben werden muss:</p> <span class="absatzRechts">36</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r Gyn&#228;kologie und Geburtshilfe (DGGG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r H&#228;matologie und medizinische Onkologie (DGHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Berufsverband Niedergelassener Gyn&#228;kologischer Onkologen (BNGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Berufsverband der Niedergelassenen H&#228;matologen und Onkologen (BNHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Arbeitsgemeinschaft Gyn&#228;kologische Onkologie Kommission Mamma (AGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Deutscher Apothekerverband (DAV) / Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverb&#228;nde (ABDA), und</p> </li> <li><span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Kassen&#228;rztliche Vereinigungen; und</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">(d) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die gesetzlichen Krankenkassen, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anschreibt und darauf hinweist, dass F&#8230; nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <span style="text-decoration:underline">hilfsweise</span>: es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verh&#228;ngenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Gesch&#228;ftsf&#252;hrern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Fulvestrant-Arzneimittel, insbesondere F&#8230;,</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug,</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ohne</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">(a) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in Ziffer 4.1 der Fachinformation und Ziffer 1, 2. Absatz der Gebrauchsinformation von F&#8230; einen Ausschluss der Verwendung f&#252;r den Fall aufzunehmen, dass die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">(b) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in s&#228;mtlichen Werbe- und Informationsmaterialien zu F&#8230;, insbesondere auch auf den Internetseiten der Beklagten, einen ausdr&#252;cklichen, gut erkennbaren Warnhinweis aufzunehmen, dass F&#8230; nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">(c) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die folgenden Adressaten, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anzuschreiben und (i) darauf hinzuweisen, dass F&#8230; nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug; und (ii) diese auffordert, ihre Mitglieder entsprechend zu informieren, dass zur Vermeidung von Patentrechtsverst&#246;&#223;en f&#252;r die Patientinnenpopulation Fa&#8230;<sup>&#174;</sup> unter Ausschluss der aut-idem Substitution verschrieben werden muss:</p> <span class="absatzRechts">55</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r Gyn&#228;kologie und Geburtshilfe (DGGG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r H&#228;matologie und medizinische Onkologie (DGHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Berufsverband Niedergelassener Gyn&#228;kologischer Onkologen (BNGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Berufsverband der Niedergelassenen H&#228;matologen und Onkologen (BNHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Arbeitsgemeinschaft Gyn&#228;kologische Onkologie Kommission Mamma (AGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Deutscher Apothekerverband (DAV) / Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverb&#228;nde (ABDA), und</p> </li> <li><span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Kassen&#228;rztliche Vereinigungen; und</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">(d) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die gesetzlichen Krankenkassen, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass F&#8230; nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Kl&#228;gerin unverz&#252;glich und schriftlich</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. Oktober 2005 begangen hat, und zwar unter Angabe</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">ab)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, f&#252;r die die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">ac)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die f&#252;r die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden, und</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. November 2005 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines gesonderten Verzeichnisses, insbesondere unter Angabe:</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der einzelnen Lieferungen, aufgeschl&#252;sselt nach Liefermengen, -zeiten und &#8211;preisen unter Einschluss von Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,</p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">ab)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der einzelnen Angebote, aufgeschl&#252;sselt nach Angebotsmengen, -zeiten und &#8211;preisen unter Einschluss von Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempf&#228;nger,</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">ac)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der betriebenen Werbung, aufgeschl&#252;sselt nach Werbetr&#228;gern, deren Auflagenh&#246;he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, und</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">ad)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschl&#252;sselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">wobei</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur f&#252;r die Zeit ab dem 30. April 2006 anzugeben sind, und</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen;</p> <span class="absatzRechts">79</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks">II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kl&#228;gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist und noch entstehen wird aufgrund der seit dem 12. November 2005 begangenen Handlungen gem&#228;&#223; Ziffer I.1..</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Ferner regt sie an, die Vollstreckungssicherheiten f&#252;r die einzelnen Urteilsausspr&#252;che getrennt festzusetzen und ihr zu gestatten, eine Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung abwenden zu d&#252;rfen.</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">die Berufung zur&#252;ckzuweisen,</p> <span class="absatzRechts">84</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">1. <span style="text-decoration:underline">hilfsweise</span> f&#252;r den Fall, dass die Antr&#228;ge zu 1. bzw. 1.(a) zuzuerkennen sein sollten,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">sie - die Beklagte - nur dazu zu verpflichten, bei der nach der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 zust&#228;ndigen Zulassungsbeh&#246;rde zu beantragen, dass in Ziffer 4.1 der Fachinformation nach Anlage HE 7 sowie in Ziffer 1, Absatz 2 der Gebrauchsinformation nach Anlage HE 6 folgender Zusatz aufgenommen wird:</p> <span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">&#8222;Aus patentrechtlichen Gr&#252;nden ist F&#8230;<sup>&#174;</sup> nicht zu verwenden zur palliativen Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug.&#8220;;</p> <span class="absatzRechts">88</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">2. <span style="text-decoration:underline">hilfsweise</span> f&#252;r den Fall, dass die Antr&#228;ge zu 2. bzw. 2.(a) zuzuerkennen sein sollten,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">90</span><p class="absatzLinks">sie - die Beklagte - nur dazu zu verpflichten, bei der nach der Verordnung (EG) Nr. 1234/2008 zust&#228;ndigen Zulassungsbeh&#246;rde zu beantragen, dass in Ziffer 4.1 der Fachinformation nach Anlage HE 7 sowie in Ziffer 1, Absatz 2 der Gebrauchsinformation nach Anlage HE 6 folgender Zusatz aufgenommen wird:</p> <span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">&#8222;Aus patentrechtlichen Gr&#252;nden ist F&#8230;<sup>&#174;</sup> nicht zu verwenden zur palliativen Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug.&#8220;;</p> <span class="absatzRechts">92</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">weiter hilfsweise</span>,</p> <span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">ihr - der Beklagten - hinsichtlich der kl&#228;gerischen Antr&#228;ge zu 1. und 1.(a) bzw. 2. und 2.(a) eine Umstellungsfrist von wenigstens 300 Tagen zu gew&#228;hren;</p> <span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">weiter hilfsweise</span>,</p> <span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">das Verfahren gem&#228;&#223; &#167; 148 ZPO bis zum Vorliegen einer erstinstanzlichen Entscheidung &#252;ber die Nichtigkeitsklage betreffend das Patent EP 1 272 195 B1 auszusetzen;</p> <span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">weiter hilfsweise</span>,</p> <span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">ihr - der Beklagten - nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenb&#252;rgschaft) abzuwenden.</p> <span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und h&#228;lt dar&#252;ber hinaus an ihrer bereits erstinstanzlich vorgebrachten Rechtsverteidigung fest.</p> <span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks">Die Klage sei bereits wegen Versto&#223;es gegen die Pflicht zur Klagenkonzentration (&#167; 145 PatG) unzul&#228;ssig, nachdem zwischen den Parteien vor dem Landgericht Mannheim (2 O 256/15) - was unstreitig ist - seit dem 14.&#160;Dezember 2015 eine Verletzungsklage aus dem deutschen Teil des europ&#228;ischen Patents 2 266 573 der Kl&#228;gerin anh&#228;ngig sei, die sich gegen dieselbe angegriffene Ausf&#252;hrungsform richte. In diesen Rechtsstreit habe die Kl&#228;gerin auch das hiesige Klagepatent einf&#252;hren m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Das Klagebegehren sei dar&#252;ber hinaus auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Es scheitere schon daran, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform nicht f&#252;r die patentgesch&#252;tzte Verwendung (Brustkrebsbehandlung nach fehlgeschlagener Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor) sinnf&#228;llig hergerichtet sei. Selbst wenn auf das Erfordernis einer Herrichtung unter bestimmten Umst&#228;nden verzichtet werde, was rechtlich nicht vertretbar sei, fehle der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform die Eignung f&#252;r den patentgem&#228;&#223;en Einsatzzweck, was sich nicht zuletzt daran zeige, dass das Originalpr&#228;parat der Kl&#228;gerin Fa&#8230;<sup>&#174;</sup> &#252;ber keine Zulassung f&#252;r die erfindungsgem&#228;&#223;e Verwendung verf&#252;ge. Es existiere auch keine Verschreibungspraxis, die zu einer erfindungsgem&#228;&#223;en Verwendung von Fulvestrant f&#252;hre. Bei richtigem Verst&#228;ndnis des Klagepatents k&#246;nne von einem Fehlschlagen der Vorbehandlung n&#228;mlich nur dann gesprochen werden, wenn die Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor angesichts eines manifesten Tumors palliativ &#8211; und nicht nur adjuvant &#8211; erfolgt sei. Gehe man hiervon aus, liege nach den eigenen Zahlen der Kl&#228;gerin aus der Sonderauswertung der i&#8230; AG ein hinreichender Verwendungsumfang nicht vor. Das gelte umso mehr, als die dortigen Zahlen schon wegen der geringen Datenbasis, aber auch deshalb nicht aussagekr&#228;ftig seien, weil seit der Erhebung gravierende Ver&#228;nderungen insofern eingetreten seien, als eine neue Wirkstoffklasse (die CDK4/6-Inhibitoren) zugelassen worden sei, welche sich als erfolgversprechend gerade auch in Kombination mit Fulvestrant darstellen w&#252;rden.</p> <span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Die Aufnahme eines Ausschlusses der patentgem&#228;&#223;en Verwendung in die Fach- und Gebrauchsinformation sei ihr &#8211; der Beklagten &#8211; rechtlich unm&#246;glich; die Anbringung eines Warnhinweises in Werbe- und Informationsmaterialien sei vor dem Hintergrund des Regelungen des HWG wettbewerbsrechtlich irref&#252;hrend. Eine Anspruchsgrundlage f&#252;r das Begehren der Kl&#228;gerin, Mitglieder und die gesetzlichen Krankenkassen anzuschreiben, sei nicht zu erkennen.</p> <span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks">Letztlich werde sich das Klagepatent im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens auch als nicht rechtsbest&#228;ndig erweisen.</p> <span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Anlagen Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">II.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1.</span></p> <span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zul&#228;ssig. &#167; 145 PatG steht ihrer Erhebung in einem separaten Verfahren nicht entgegen.</p> <span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Im angefochtenen Urteil (Umdruck S. 10) hat das Landgericht im Einzelnen begr&#252;ndet, dass und warum die Kl&#228;gerin nicht gehalten war, ihre Anspr&#252;che aus dem Klagepatent in das im Dezember 2015 anh&#228;ngig gemachte Klageverfahren gegen dieselbe angegriffene Ausf&#252;hrungsform aus dem EP 2 266 573 vor dem Landgericht Mannheim einzuf&#252;hren. Es hat dargelegt, dass es sich bei den Gegenst&#228;nden der beiden Klagen nicht um &#8222;dieselbe Handlung&#8220; im Sinne des &#167; 145 PatG handelt, die nur vorliege, wenn sich die Verletzungstatbest&#228;nde in ihrer durch die Merkmale der Klageantr&#228;ge konkretisierten Form im Wesentlichen decken (Benkard/Grabinski/Z&#252;lch, PatG, 11. Aufl. &#167; 145 Rn. 6), was hier nicht der Fall sei, weil vor dem Landgericht Mannheim ein Formulierungspatent in Rede stehe, w&#228;hrend es vorliegend um ein Verwendungspatent gehe. Auch von einer &#8222;gleichartigen Handlung&#8220;, die anzunehmen sei, wenn es sich wegen des engen technischen Zusammenhangs geradezu aufdr&#228;nge, bestimmte Verletzungshandlungen gemeinsam in einer einzigen Klage aus mehreren Patenten anzugreifen, um dem Beklagten mehrere Prozesse zu ersparen (BGH GRUR 2011, 411 &#8211; Raffvorhang; Benkard/Grabinski/Z&#252;lch, PatG, 11. Aufl. &#167; 145 Rn. 6), k&#246;nne nicht ausgegangen werden. In der vorliegenden Klage stellten sich mit R&#252;cksicht auf den v&#246;llig unterschiedlichen Patentgegenstand ganz andere Streitfragen als im Rechtsstreit vor dem Landgericht Mannheim.</p> <span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Diese Erw&#228;gungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen; ein solcher wird auch von der Beklagten nicht einmal ansatzweise aufgezeigt.</p> <span class="absatzRechts">110</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">2.</span></p> <span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist jedoch unbegr&#252;ndet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verneint und dementsprechend die Klage abgewiesen.</p> <span class="absatzRechts">112</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1.</span></p> <span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks"><ins>Das Klagepatent</ins> betrifft die Behandlung von Brustkrebs.</p> <span class="absatzRechts">114</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">a)</span></p> <span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">Nach den Erl&#228;uterungen der Klagepatentschrift wirken &#214;strogene (die bis zur Menopause in den Eierst&#246;cken, aber auch &#8211; unabh&#228;ngig von der Menopause &#8211; in anderem Gewebe gebildet werden) bei mindestens einem Drittel der Brustkrebserkrankungen wachstumsf&#246;rdernd (Absatz [0004]). Es stellt deswegen einen anerkannten Behandlungsansatz bei der Brustkrebstherapie dar, die &#214;strogenzufuhr im Patienten zu unterbinden, was bei pr&#228;menopausalen Frauen durch eine (operative, radiologische oder medikament&#246;se) Entfernung/Ausschaltung der Eierst&#246;cke geschieht, mit der die Neuproduktion von &#214;strogen unterbunden wird, w&#228;hrend bei postmenopausalen Frauen mithilfe von Aromataseinhibitoren die Umwandlung anderer Hormone in &#214;strogen blockiert wird (Absatz [0005]).</p> <span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">Als Alternative zu dem beschriebenen &#214;strogenentzug ist es nach der Schilderung des Klagepatents bekannt, Anti&#246;strogene &#8211; vornehmlich Tamoxifen &#8211; einzusetzen, deren Funktion es ist, sich kompetitiv an die &#214;strogenrezeptoren der hormonabh&#228;ngigen Tumorzellen anzulagern und auf diese Weise die &#214;strogenbindung an den Tumor zu verhindern (Absatz [0006]). Ein Nachteil von Tamoxifen liegt allerdings in seiner teilweise agonistischen Wirkung, die zu einer unvollst&#228;ndigen Blockade der &#246;strogenvermittelten Wirksamkeit auf den Krebszellen f&#252;hrt (Absatz [0006]).</p> <span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war es in der therapeutischen Praxis bereits gebr&#228;uchlich, postmenopausale Patientinnen, die an fortgeschrittenem Brustkrebs leiden und bei denen die Krankheit nach der Behandlung mit Tamoxifen weiter fortgeschritten ist, mit einem Aromataseinhibitor (wie Anastrozol oder Letrozol) zu behandeln (Absatz [0007]; Anm.: Bei pr&#228;menopausalen Patientinnen kommt die Verabreichung eines Aromatseinhibitors nicht in Betracht, weil dieser die noch funktionierende &#214;strogenproduktion in den Eierst&#246;cken nicht unterbinden w&#252;rde).</p> <span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">Vor dem geschilderten Hintergrund ist es als Aufgabe der Erfindung anzusehen, einen Therapieweg f&#252;r den (bislang noch nicht bew&#228;ltigten) Fall aufzuzeigen, dass &#8211; im Anschluss an eine fehlgeschlagene Behandlung mit Tamoxifen &#8211; auch die nachfolgende Behandlung mit einem Aromataseinhibitor scheitert (Absatz [0007] a.E.; Technische Beschwerdekammer 3.3.02, Entscheidung vom 14.02.2013, Anlage HE 4a, S. 11 Rz. 2.4.3).</p> <span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">Zur L&#246;sung dieser Problemstellung schl&#228;gt das Klagepatent vor, die &#8211; unter der in Abfolge durchgef&#252;hrten (Absatz [0007] Satz 1) Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor erfolglose &#8211; Brustkrebstherapie mit Fulvestrant fortzusetzen. Im Einzelnen stellt Patentanspruch 1 folgende Merkmalkombination unter Schutz:</p> <span class="absatzRechts">120</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">1. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Verwendung von Fulvestrant bei der Herstellung eines Arzneimittels.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">122</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks">2. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das Arzneimittel dient zur Behandlung einer Brustkrebspatientin.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">124</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks">3. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Bei der (mit dem Fulvestrantarzneimittel zu behandelnden) Krebspatientin ist eine vorangegangene Behandlung</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit einem Aromataseinhibitor</p> <span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks">und</p> <span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit Tamoxifen</p> <span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks">fehlgeschlagen.</p> <span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span></p> <span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks">Erfindungsgem&#228;&#223; bleibt offen, ob zun&#228;chst mit Tamoxifen und anschlie&#223;end mit einem Aromataseinhibitor behandelt oder in umgekehrter Reihenfolge vorgegangen wurde. Notwendige Bedingung jeder Patentbenutzung ist allerdings, dass die beiden Wirkstoffe sequenziell hintereinander &#8211; und nicht gleichzeitig nebeneinander &#8211; verabreicht wurden; auch die Kl&#228;gerin macht insoweit nichts anderes geltend.</p> <span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Wesentlich ist des Weiteren, dass die aufeinanderfolgende Behandlung mit beiden Wirkstoffen fehlgeschlagen ist, d.h. weder Tamoxifen noch der Aromataseinhibitor zu einem therapeutischen Erfolg gef&#252;hrt haben. Nicht der blo&#223;e Einsatz von Fulvestrant im Anschluss an eine vorherige Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor als solche gen&#252;gt daher den Anforderungen des Patentanspruchs, sondern erst eine solche therapeutische Verwendung von Fulvestrant, die ihren Grund in einem Versagen der anderen, vorrangig durchgef&#252;hrten Behandlungsans&#228;tze (Tamoxifen und Aromataseinhibitor) findet. Denn der Patentanspruch begn&#252;gt sich nicht damit, dass Fulvestrant &#252;berhaupt als drittes Therapeutikum zum Einsatz kommt, sondern stellt dar&#252;ber hinaus explizit darauf ab, dass die vorangegangenen Behandlungen mit Tamoxifen <span style="text-decoration:underline">und</span> einem Aromataseinhibitor fehlgeschlagen sind, d.h. (worauf sp&#228;ter nochmals eingegangen wird) <em>jede einzelne von ihnen</em> versagt hat und <em>deswegen</em> die Behandlung mit Fulvestrant aufgenommen und fortgesetzt wird.</p> <span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">c)</span></p> <span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Bei der fehlgeschlagenen Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, der sich die Fulvestrant-Patientin vorangehend unterzogen haben muss, hat es sich um eine palliative &#8211; und nicht nur um eine adjuvante &#8211; Brustkrebstherapie zu handeln. Das abweichende Verst&#228;ndnis des Landgerichts, wonach auch eine adjuvante, d.h. im Hinblick auf mit dem Eingriff nicht entfernte Krebszellen rein pr&#228;ventive Wirkstoffgabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor im Anschluss an eine Krebsoperation ausreicht, wenn es anschlie&#223;end zu einem erneuten Krebsbefund kommt, wird dem auslegungsrelevanten Inhalt der Klagepatentschrift nicht gerecht.</p> <span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">aa)</span></p> <span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Zwar ist auch eine blo&#223; adjuvante Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, wie sie im Anschluss an die operative Entfernung eines Brustkrebstumors gebr&#228;uchlich ist, dem reinen Wortsinn nach als &#8222;Behandlung&#8220; im Rahmen einer Krebstherapie aufzufassen. Denn sie geschieht nach medizinisch-therapeutischen Regeln zu dem Zweck, <em>etwaige</em> unerkannte Krebszellen, die im weiteren Verlauf metastasieren <em>k&#246;nnten</em>, medikament&#246;s auszuschalten.</p> <span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">bb)</span></p> <span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf eine lediglich adjuvante Behandlung l&#228;sst sich jedoch &#8211; wie die Beklagte mit Recht geltend macht &#8211; vielfach &#252;berhaupt nicht beurteilen, ob sie &#8222;fehlgeschlagen&#8220; ist, weswegen in ihr folgerichtig auch keine &#8222;vorangegangene Behandlung&#8220; gesehen werden kann, deren erfolglose Durchf&#252;hrung Anspruch 1 des Klagepatents zwingend voraussetzt.</p> <span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Deutlich wird dies schon an dem in der Praxis gebr&#228;uchlichen Szenario, dass der Brustkrebstumor operativ entfernt wurde und anschlie&#223;end prophylaktisch (adjuvant) zun&#228;chst f&#252;r einen vorbestimmten Zeitraum (von z.B. zwei Jahren) Tamoxifen und danach im Rahmen einer Switch-Therapie f&#252;r einen weiteren vorbestimmten Zeitraum (von z.B. drei Jahren) ein Aromataseinhibitor verabreicht wurde, um die ggf. drohende Bildung von Metastasen zu verhindern. Kommt es in einer solchen Konstellation nach Abschluss der Switch-Behandlung (z.B. im sechsten Jahr nach der Operation) zu einer erneuten Tumorbildung, l&#228;sst sich keine belastbare Aussage dahingehend treffen, dass <em>beide</em> Vorbehandlungen, und mithin auch die Erstbehandlung mit Tamoxifen, ihre Wirkung verfehlt haben; vielmehr kann die abermalige Erkrankung nach Abschluss des Behandlungszyklus ihre Ursache auch (und m&#246;glicherweise noch wahrscheinlicher) darin haben, dass die Umstellung auf einen Aromataseinhibitor den bis dahin unter der Behandlung mit Tamoxifen erfolgreich versperrten Weg f&#252;r eine Tumorbildung freigemacht hat. Dieselbe Unw&#228;gbarkeit besteht, wenn die abermalige Tumorbildung sich zwar noch w&#228;hrend der Therapie mit einem Aromataseinhibitor eingestellt hat, allerdings in deutlichem zeitlichen Abstand zur Beendigung der Behandlung mit Tamoxifen; auch hier kann sich der Ursachenzusammenhang ohne weiteres so verhalten, dass die Wiedererkrankung der Behandlungsumstellung auf den &#8211; im Gegensatz zum Tamoxifen &#8211; nicht wirksamen Aromataseinhibitor zuzuschreiben ist. Ob eine bestimmte Krebstherapie (n&#228;mlich die Behandlung sowohl mit Tamoxifen als auch die daran anschlie&#223;ende bzw. vorausgehende Behandlung mit einem Aromataseinhibitor) versagt hat, l&#228;sst sich demgegen&#252;ber eindeutig und abschlie&#223;end beurteilen, wenn die Behandlung palliativ an einem &#252;ber die Therapiedauer hinweg manifesten Tumor erfolgt. Hier legen die Therapieresultate, die sich unter der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor verifizierbar eingestellt haben, zweifelsfrei Zeugnis dar&#252;ber ab, ob das Tumorwachstum gegen&#252;ber dem Zustand vor dem jeweiligen Behandlungsbeginn fortgeschritten ist oder nicht. Schon diese &#220;berlegung spricht daf&#252;r, im Rahmen des Klagepatents allein palliative Behandlungsergebnisse zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks">Eine Best&#228;tigung dieser Sicht findet sich an diversen Stellen der Patentbeschreibung. Zu verweisen ist zun&#228;chst auf Absatz [0018], der f&#252;r den Fachmann legaliter definiert, wie die vom Klagepatent im Zusammenhang mit den Vorbehandlungen gebrauchten Begriffe &#8222;fehlgeschlagen&#8220; und &#8222;versagt&#8220; zu interpretieren sind. A.a.O. hei&#223;t es:</p> <span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks"><em>Der Begriff &#8222;fehlgeschlagen&#8220; bzw. &#8222;versagt&#8220; wird hier in dem Sinne verwendet, dass das</em> <strong><em>Wachstum des Brustkrebses</em></strong> <em>durch die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen, oder aber auch beiden,</em> <strong><em>nicht l&#228;nger einged&#228;mmt wird</em></strong><em>.&#8220;</em> (Anm.: Hervorhebung ist hinzugef&#252;gt)</p> <span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks">Da nur Tumorzellen &#8222;<em>wachsen</em>&#8220; k&#246;nnen und da nur das Wachstum von Tumorzellen &#8222;<em>einged&#228;mmt werden kann</em>&#8220;, versteht der Fachmann, dass mit dem Wort &#8222;<em>Brustkrebs</em>&#8220; (&#8222;breast cancer&#8220;) der Sache nach das (unter der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor in seinem Wachstum nicht beherrschbare) Mammakarzinom gemeint ist, so, wie dies auch der deutschen &#220;bersetzung der Patentbeschreibung entspricht. Technisch sinnvoll verstanden, besagt deshalb auch die eigene Begriffsdefinition des Klagepatents, dass ein Fehlschlag der Vorbehandlungen an einem manifesten Tumor festzustellen ist, der palliativ mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor therapiert worden ist.</p> <span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(3)</span></p> <span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks">Damit stimmen auch alle weiteren Vorteilsangaben der Patentschrift (Anm.: Hervorhegungen sind zur Verdeutlichung hinzugef&#252;gt) &#252;berein. So hebt Absatz [0009] hervor, dass Fulvestrant sich in einer Phase-II-Studie an Frauen, <span style="text-decoration:underline">deren Brustkrebs nach Tamoxifen-Therapie progredierte</span>, bereits als wirksam erwiesen habe, und unterstreicht Absatz [0011], dass Fulvestrant eine <span style="text-decoration:underline">deutliche Hemmwirkung auf das Wachstum von MCF-7-Brustkrebszellen</span> beim Menschen zeigt und eine gegen&#252;ber Tamoxifen signifikant h&#246;here <span style="text-decoration:underline">Reduzierung der MCF-7-Zellzahlen</span> erbracht hat. Absatz [0012] nimmt Bezug auf Studien, die belegen, dass nach einer Langzeitbehandlung mit Tamoxifen <span style="text-decoration:underline">weiterwachsende</span> Tamoxifen-resistente <span style="text-decoration:underline">MCF-7-Tumoren</span> gegen&#252;ber Fulvestrantbehandlung empfindlich bleiben und Fulvestrant das <span style="text-decoration:underline">Wachstum etablierter MCF-7-Tumoren</span> doppelt so lange unterdr&#252;ckte wie die Behandlung mit Tamoxifen. Als &#252;berraschend beschreibt Absatz [0013] schlie&#223;lich die Erkenntnis, dass der Brustkrebs <span style="text-decoration:underline">nach vorangegangener fehlgeschlagener Behandlung</span> <em>sowohl</em> mit einem Aromataseinhibitur <em>als auch</em> mit Tamoxifen gegen&#252;ber der <span style="text-decoration:underline">Weiterbehandlung</span> mit Fulvestrant <em>empfindlich</em> ist. Gerade der vorzitierten Beschreibungsstelle kommt besonderes Gewicht zu, weil die Patentbeschreibung hier mit dem Verweis auf eine f&#252;r den Fachmann &#252;berraschende Erkenntnis den eigentlichen Erfindungsgedanken herausstellt, dass trotz der mit den kumulativ gescheiterten Vorbehandlungen verbundenen doppelten Resistenz gegen&#252;ber sowohl Tamoxifen als auch einem Aromataseinhibitor eine Wirksamkeit (Empfindlichkeit) des Krebses gegen&#252;ber Fulvestrant erhalten bleibt. Allen vorzitierten Bemerkungen liegt die gemeinsame Vorstellung von einer Wirksamkeit von Fulvestrant bei der palliativen Bek&#228;mpfung (Weiterbehandlung) eines manifesten Tumors zugrunde.</p> <span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(4)</span></p> <span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks">Sie deckt sich nicht zuletzt vollst&#228;ndig mit den Erl&#228;uterungen, die die Klagepatentschrift in ihrem Absatz [0007] zum vorbekannten Stand der Technik und zu dem &#8211; ausgehend hiervon &#8211; durch die Erfindung zu erbringenden Fortschritt gibt. Nach den besagten Ausf&#252;hrungen war es bekannt, postmenopausalen Frauen mit Brustkrebs, bei denen die <span style="text-decoration:underline">Krankheit nach der Behandlung mit Tamoxifen fortschritt</span>, einen Aromataseinhibitor wie Anastrozol oder Letrozol zu verabreichen, um einen Therapieerfolg zu erzielen. Die nachfolgende Zweittherapie mit Anastrozol oder Lestrozol im Anschluss an die unter der Behandlung mit Tamoxifen nicht einged&#228;mmte Krebserkrankung repr&#228;sentiert deswegen eine palliative Behandlung an einem manifesten (fortschreitenden) Tumor. Wie eingangs erw&#228;hnt, widmet sich das Klagepatent bei dieser Ausgangslage der Aufgabe, einen Behandlungsansatz f&#252;r denjenigen Fall bereitzustellen, dass auch die Zweitbehandlung mit einem Aromataseinhibitor (Anastrozol oder Lestrozol) scheitert. Bezug genommen ist insoweit auf die aus dem Stand der Technik gel&#228;ufige Behandlungssituation eines trotz Tamoxifenbehandlung progredierenden Brustkrebstumors, der auch unter der Wirkung eines Aromataseinhibitors nicht einzud&#228;mmen ist. Auf ihn &#8211; den trotz zweier Vorbehandlungen manifesten Tumor &#8211; bezieht sich deshalb auch die L&#246;sung des Klagepatents, bei Fehlschlagen der im Stand der Technik empfohlenen Zweitbehandlung mit einem Aromataseinhibitor als dritten Wirkstoff Fulvestrant zu verabreichen.</p> <span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(5)</span></p> <span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdekammerentscheidung vom 14.02.2013 liegt kein anderes Verst&#228;ndnis der Erfindung zugrunde. Im Gegenteil wird auch dort der Beitrag des Klagepatents durchweg in der Empfehlung von Fulvestrant zur Drittlinienbehandlung von doppelt resistentem Brustkrebs gesehen (vgl. Rz. 2.4.4, 2.4.5 Mitte) und im Rahmen der Pr&#252;fung auf erfinderische T&#228;tigkeit mit der sich infolge <span style="text-decoration:underline">jeder</span> Tumorbehandlung st&#228;rker einstellenden Therapieresistenz argumentiert. In Rz. 2.4.6 hei&#223;t es in diesem Sinne &#8211; auszugsweise &#8211; wie folgt (Anm.: Hervorhebungen sind hinzugef&#252;gt):</p> <span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Bei der Beurteilung, ob die Verwendung von Fulvestrant als ein Drittlinien-Agens &#8230; naheliegt, sind die folgenden Faktoren zu ber&#252;cksichtigen:</em></p> <span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks"><em>(a)&#160;&#160;&#160; Mit jeder neuen Resistenz wird der <span style="text-decoration:underline">Tumor &#8222;b&#246;sartiger&#8220; und schwieriger zu behandeln</span>. Folglich ist es keineswegs selbstverst&#228;ndlich, dass ein Wirkstoff, der bei der Zweitlinienbehandlung wirksam ist, f&#252;r eine <span style="text-decoration:underline">Drittlinienbehandlung</span> geeignet ist.</em></p> <span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks"><em>(b)&#160;&#160;&#160; Falls der <span style="text-decoration:underline">Tumor</span> - &#8230; - <span style="text-decoration:underline">gegen einen Aromataseinhibitor und</span> einen partiellen &#214;strogenagonisten wie <span style="text-decoration:underline">Tamoxifen resistent ist</span>, w&#252;rde der Fachmann tendenziell ein <span style="text-decoration:underline">Drittlinien</span>-<span style="text-decoration:underline">Agens</span> w&#228;hlen, dessen Wirkmechanismus von jenem eines partiellen &#214;strogenagonisten und eines Aromataseinhibitors verschieden ist. Ob dies den Fachmann veranlassen w&#252;rde, eine Verbindung wie Fulvestrant in Betracht zu ziehen, ist jedoch fraglich angesichts der Tatsache, dass sich Fulvestrant &#8230; im Hinblick auf seinen Wirkmechanismus nicht grundlegend von Tamoxifen unterscheidet. &#8230; Daher w&#228;re eine Verbindung wie Fulvestrant unter diesen Umst&#228;nden nicht die erste Wahl f&#252;r den Fachmann gewesen.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(6)</span></p> <span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Demgegen&#252;ber bietet die Klagepatentschrift keinen Anhaltspunkt daf&#252;r, dass eine blo&#223; adjuvante Vorbehandlung relevant sein k&#246;nnte. Zwar sieht der in den Abs&#228;tzen [0028] ff. umrissene Pr&#252;fplan, der in der Patentschrift (Absatz [0028]) als bevorzugtes Ausf&#252;hrungsbeispiel der Erfindung ausgewiesen ist, eine Ber&#252;cksichtigung auch solcher Patientinnen vor, die vor ihrer Behandlung mit Anastrozol oder Letrozol den Wirkstoff Tamoxifen erhalten haben (Absatz [0038]). Aus Absatz [0037] ergibt sich jedoch, dass es w&#228;hrend der Anastrozol- oder Letrozol-Behandlung zu einer Krankheitsprogression gekommen sein muss, womit die Behandlung mit dem Aromataseinhibitor palliativ geschehen ist. Nichts anderes gilt f&#252;r die vorgelagerte Tamoxifen-Therapie, die nach dem Beschreibungstext nicht &#8222;entweder&#8220; als Zusatztherapie (adjuvant) &#8222;oder&#8220; zur Behandlung einer fortgeschrittenen Krebserkrankung (palliativ) erfolgt sein kann, sondern &#8222;sowohl&#8220; zus&#228;tzlich &#8222;als auch&#8220; palliativ stattgefunden haben muss. Letztlich kann dies aber sogar auf sich beruhen, weil der Pr&#252;fplan ohnehin jenseits der geltenden Anspruchsfassung des Klagepatents liegt, weil ihm die &#8211; nicht patentgem&#228;&#223;e - Situation eines lediglich einmaligen Fehlschlagens einer Vorbehandlung (sic.: mit einem Aromataseinhibitor) zugrunde liegt.</p> <span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(7)</span></p> <span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">Gerade weil ein blo&#223; einmaliges Fehlschlagen nicht ausreicht, ist der Patentanspruch im Zuge des Erteilungsverfahrens dahingehend beschr&#228;nkt worden, dass ein Patentschutz nicht schon &#8211; wie urspr&#252;nglich angemeldet &#8211; f&#252;r die Verwendung von Fulvestrant nach erfolgloser Krebsbehandlung mit einem Aromataseinhibitor (einfache Resistenz) gew&#228;hrt wird, sondern erst dann eingreift, wenn sich dar&#252;ber hinaus auch eine Vorbehandlung mit Tamoxifen &#8211; und somit eine doppelte Resistenz des zu behandelnden Krebses &#8211; als fehlgeschlagen herausgestellt hat. Zwar definiert Absatz [0018] den Begriff des &#8222;Fehlschlagens&#8220; f&#252;r die Zwecke der Erfindung legaliter dahin, &#8222;<em>dass das Wachstum des Mammakarzinoms (breast cancer) durch die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen, oder auch beidem, nicht l&#228;nger einged&#228;mmt wird</em>, wobei aus dem Wort &#8222;oder&#8220; auf erste Sicht der Schluss gezogen werden k&#246;nnte, im Zusammenhang mit der Erfindung reiche die Feststellung eines konkreten Fehlschlagens nur im Hinblick auf einen Wirkstoff, d.h. entweder des Aromataseinhibitors oder von Tamoxifen. Ein derartiges Verst&#228;ndnis st&#252;nde jedoch in eklatantem Gegensatz zu dem gesamten restlichen Inhalt der Patentschrift, wie er vorstehend erl&#228;utert worden ist, und kann deswegen keine sinnvolle Interpretation f&#252;r den Durchschnittsfachmann sein. Vielmehr wird er die besagte Beschreibungsstelle als Erl&#228;uterung verstehen, die dem urspr&#252;nglichen, deutlich weitergehenden Anmeldungsinhalt geschuldet ist und die &#8211; genauso wie der klinische Pr&#252;fplan gem&#228;&#223; Beispiel 1 - au&#223;erhalb des geltenden Erfindungsgedankens liegt und deshalb im Zuge des Erteilungsverfahrens richtigerweise zum Teil (n&#228;mlich im Hinblick auf ein Fehlschlagen nur einer Vorbehandlung) h&#228;tte gestrichen werden m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">2.</span></p> <span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von dem dargelegten Verst&#228;ndnis des Klagepatents und seiner technischen Lehre scheidet eine Patentverletzung im Streitfall aus.</p> <span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">a)</span></p> <span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">Wie die Kl&#228;gerin einr&#228;umt, ist das streitbefangene Pr&#228;parat von der Beklagten nicht sinnf&#228;llig f&#252;r die patentgem&#228;&#223;e Verwendung hergerichtet. Soweit in der Gebrauchsinformation &#252;berhaupt eine palliative Vorbehandlung angesprochen wird, bezieht sie sich auf eine Progression der Krebserkrankung unter der Behandlung mit einem Anti&#246;strogen. Die vom Klagepatent vorausgesetzte weitere fehlgeschlagene Vortherapie mit einem Aromataseinhibitor findet demgegen&#252;ber keinerlei Erw&#228;hnung. Gleiches gilt &#8211; worauf an dieser Stelle nur vorsorglich hinzuweisen ist &#8211; dann, wenn eine adjuvante Vortherapie mit in Betracht gezogen wird, denn auch der fehlgeschlagene adjuvante Einsatz eines Aromataseinhibitors findet in der Gebrauchsinformation keine Erw&#228;hnung.</p> <span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span></p> <span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Senats (GRUR 2017, 1107 &#8211; &#214;strogenblocker) ist - da im Zentrum des durch ein Verwendungspatent vermittelten Schutzes die objektive Eignung des betreffenden Arzneimittels f&#252;r die patentgem&#228;&#223;e Verwendung steht (BGH, GRUR 2016, 921 &#8211; Pemetrexed) - eine Haftung des Pr&#228;paratvertreibers allerdings in Ausnahmef&#228;llen auch ohne eigene sinnf&#228;llige Herrichtungsma&#223;nahmen denkbar.</p> <span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">aa)</span></p> <span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Mit R&#252;cksicht auf den nicht allumfassenden, sondern eingeschr&#228;nkten, n&#228;mlich zweckgebundenen Stoffschutz m&#252;ssen lediglich Bedingungen erf&#252;llt sein: Erstens muss das Produkt f&#252;r den patentgem&#228;&#223;en Zweck tauglich sein und Zweitens muss sich der Vertreiber Umst&#228;nde zunutze machen, die in &#228;hnlicher Weise wie eine sinnf&#228;llige Herrichtung daf&#252;r sorgen, dass es mit dem Pr&#228;parat zu dem zweckgebundenen therapeutischen Gebrauch kommt. Letzteres verlangt einen hinreichenden, nicht blo&#223; vereinzelten Verwendungsumfang nach Ma&#223;gabe des Klagepatents sowie ein dahingehendes Wissen oder zumindest ein treuwidriges Verschlie&#223;en des Lieferanten vor der diesbez&#252;glichen Kenntnisnahme (Senat, GRUR 2017, 1107 &#8211; &#214;strogenblocker). Wenn dem Generikaunternehmen die ihm g&#252;nstige Verschreibungspraxis gel&#228;ufig ist oder jedenfalls h&#228;tte bekannt sein m&#252;ssen und es diese Praxis durch Belieferung seiner Gro&#223;h&#228;ndler dennoch f&#252;r sich ausnutzt, ist es angemessen, den Generikahersteller daf&#252;r in die patentrechtliche Pflicht zu nehmen.</p> <span class="absatzRechts">166</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">In welchem genauen Umfang die herrichtungsfreie Verwendung nach Ma&#223;gabe des Klagepatents stattfinden muss, um haftungsbegr&#252;ndend zu sein, hat der Senat bisher noch nicht entschieden. Ma&#223;geblich sind folgende, an der Herrichtungssituation orientierte &#220;berlegungen: Die sinnf&#228;llige Herrichtung muss den patentgem&#228;&#223;en Gebrauch nicht als alleinigen und ausschlie&#223;lichen Verwendungszweck vorgeben; vielmehr kommt es nur darauf an, dass der erfindungsgem&#228;&#223;e Gebrauch &#8211; ggf. neben anderen &#8211; &#252;berhaupt zu derjenigen Verwendung geh&#246;rt, zu der die Herrichtung anleitet. Relevant ist daher sowohl die Konstellation, dass die Gebrauchsanleitung selbst mehrere Verwendungsm&#246;glichkeiten erw&#228;hnt, zu denen der patentgesch&#252;tzte Gebrauch z&#228;hlt, als auch der Fall, dass sich die Gebrauchsanleitung nur zu der gesch&#252;tzten Verwendung verh&#228;lt, jedoch offensichtlich ist, dass es daneben andere, konkurrierende Einsatzgebiete gibt. Weil dem so ist, kann auch in F&#228;llen des herrichtungsfreien cross-label-use nicht nur ein solcher Gebrauch haftungsrelevant sein, der ausschlie&#223;lich oder nahezu ausschlie&#223;lich die patentgem&#228;&#223;e Verwendung betrifft. Entscheidend ist vielmehr das sichere Wissen (dem das Verschlie&#223;en vor der Erkenntnis gleich steht) darum, dass es mit dem vertriebenen Arzneimittel tats&#228;chlich zu der patentgerechten Verordnung und Verwendung kommen wird. Denn derjenige, der in dem besagten Wissen agiert, muss sich hinsichtlich der Konsequenzen so behandeln lassen, als h&#228;tte er den f&#252;r sich gesch&#228;ftlich ausgenutzten herrichtungsfreien Zustand selbst durch eine entsprechende Herrichtungsma&#223;nahme herbeigef&#252;hrt. Tatrichterlich muss also &#8211; erstens &#8211; festgestellt werden, dass es in hinreichendem Umfang zu einer patentgerechten Verwendung gekommen ist, und dass dem Generikaunternehmen dieser Sachverhalt &#8211; zweitens &#8211; schlechterdings nicht verborgen geblieben sein kann. Mit der Zahl der nachweisbar vorgefallenen patentgem&#228;&#223;en Verwendungsf&#228;lle steigt naturgem&#228;&#223; die Chance auf eine dahingehende tatrichterliche Feststellung, weswegen blo&#223; vereinzelt gebliebene Gebrauchsf&#228;lle im Allgemeinen keine herrichtungsfreie Haftung begr&#252;nden k&#246;nnen. Ein weiteres Haftungsszenario kann sich aus besonderen, &#252;berragenden Vorteilen der patentgem&#228;&#223;en Verwendung gegen&#252;ber anderen Therapiezwecken ergeben, die geradezu dazu herausfordern, das Pr&#228;parat patentgerecht &#8211; und nicht anders &#8211; einzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Handelt es sich &#8211; wie hier &#8211; um ein verschreibungspflichtiges Medikament, dessen Einnahme nur nach Ma&#223;gabe der &#228;rztlichen Verordnung zu Anwendungsgebieten und Dosierung zu erwarten steht, entscheidet diejenige Verschreibungspraxis, die nach dem Inhalt der dem Arzt f&#252;r seine Verordnung zur Verf&#252;gung stehenden Mittel in Rechnung zu stellen ist. Zentrale Bedeutung hat insoweit die Fachinformation, die integraler Bestandteil der Arzneimittelgenehmigung ist und abschlie&#223;end die Merkmale von dessen f&#252;r den Vertrieb genehmigter Version definiert. Weil die genehmigte mit der auf den Markt gebrachten Version des Arzneimittels &#252;bereinstimmen <em>muss</em>, steht nach der Lebenserfahrung fest, dass der Arzt die einzelnen Medikamente nur nach Ma&#223;gabe ihrer jeweiligen konkreten Fachinformation verordnen wird, so dass ein Generikum, das &#8211; anders als das Pr&#228;parat des Originators &#8211; z.B. aus patentrechtlichen Gr&#252;nden eine bestimmte (patentgesch&#252;tzte) Indikation/Dosierung nicht aufweist, einem Patienten daf&#252;r auch nicht verschrieben werden wird, weswegen das generische Medikament &#8211; in der weiterenFolge &#8211; auch nicht therapeutisch in diesem Sinne zum Einsatz kommen wird.</p> <span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(3)</span></p> <span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Unterlassungshaftung macht es dennoch einen ganz wesentlichen Unterschied, ob das Arzneimittel sinnf&#228;llig hergerichtet wurde oder nicht: Beruht die Haftung des Generikaunternehmens (oder sonstigen Vertreibers) auf einer sinnf&#228;lligen Herrichtung des Pr&#228;parates f&#252;r die patentgesch&#252;tzte Verwendung, so begr&#252;ndet nach allgemeinen Regeln jeder singul&#228;re Verletzungsfall (= sinnf&#228;llige Herrichtung mit nachfolgendem Angebot/Vertrieb), auch der allererste und einzige, die Gefahr k&#252;nftiger Wiederholung (des Vertriebs sinnf&#228;llig hergerichteter Pr&#228;parate und im Anschluss daran deren herrichtungsgem&#228;&#223;er Verwendung), was ohne weiteres zur Unterlassungsverurteilung f&#252;hrt, sofern der Verletzer nicht vorgerichtlich eine ausreichend strafbew&#228;hrte Unterwerfungserkl&#228;rung abgibt. V&#246;llig anders verh&#228;lt es sich bei einem Vertreiber, der keine Herrichtungsma&#223;nahme unternommen hat und dessen Haftung allein auf einer tats&#228;chlichen, der gesch&#252;tzten Verwendungsweise entsprechenden Verschreibungspraxis beruhen soll. Selbst wenn in der Vergangenheit ein hinreichender tats&#228;chlicher Gebrauch praktiziert worden ist (was f&#252;r die betreffende Zeit zur Schadenersatz- und Auskunftspflicht des Vertreibers f&#252;hrt), kommt eine Unterlassungsverurteilung nur in Betracht, wenn sich auch aktuell, d.h. f&#252;r den Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung, noch eine haftungsrelevante Verschreibungs&#252;bung feststellen l&#228;sst. Ist dies nicht der Fall, weil das Pr&#228;parat zwar in fr&#252;heren Zeiten cross-label eingesetzt wurde, sich die Verschreibungspraxis zwischenzeitlich jedoch (z.B. wegen neuer Wirkstoffe, die das fragliche Arzneimittel als Therapeutikum zunehmend abgel&#246;st haben) ge&#228;ndert hat, scheidet eine Verurteilung zur Unterlassung aus. Denn sie kn&#252;pft eben nicht &#8211; wie die Haftung wegen sinnf&#228;lliger Herrichtung &#8211; an ein bestimmtes Verhalten des Verletzers an, dessen kausalit&#228;tsbegr&#252;ndende Wiederholung nach der Lebenserfahrung zu erwarten ist, sondern sie fu&#223;t einzig und allein auf bestimmten &#228;u&#223;eren Rahmenbedingungen (sic.: einer tats&#228;chlichen Verschreibungshandhabung), die, wenn sie aufgrund des Wandels der Zeit nicht mehr gegeben sind, auch keine Grundlage mehr f&#252;r eine Unterlassungspflicht des Vertreibers bilden k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">bb)</span></p> <span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen der Kl&#228;gerin ergibt nicht, dass das streitbefangene Pr&#228;parat der Beklagten aufgrund einer tats&#228;chlichen Verschreibungspraxis in einem ausreichenden Umfang in solchen F&#228;llen zum Einsatz kommt oder gekommen ist, bei denen die Krebspatientin zuvor palliativ erfolglos sowohl mit Tamoxifen als auch mit einem Aromataseinhibitor behandelt worden ist.</p> <span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks">Nach der Sonderauswertung der i&#8230; AG &#8211; deren Richtigkeit zugunsten der Kl&#228;gerin unterstellt werden kann und in Bezug auf die die Kl&#228;gerin selbst darauf beharrt, dass ihre Ergebnisse repr&#228;sentativ sind &#8211; ist von folgenden Daten f&#252;r die Verwendung von Fulvestrant nach palliativer Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor auszugehen:</p> <span class="absatzRechts">176</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p><strong>Zeitraum der Behandlung mit Fulvestrant:</strong></p> </td> <td><p>2007 &#8211; 2009</p> </td> <td><p>2010 - 2012</p> </td> <td><p>2013 - 2014</p> </td> <td><p>2015 - 2016</p> </td> </tr> <tr><td><p><strong>&#8230; % der Brustkrebs-</strong></p> <p><strong>patientinnen:</strong></p> </td> <td><p>6,9</p> </td> <td><p>3,1</p> </td> <td><p>2,2</p> </td> <td><p>0,0</p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Maximal waren daher weniger als 7 % aller Krebspatientinnen, die mit Fulvestrant therapiert worden sind, zuvor palliativ erfolglos mit Tamoxifen sowie einem Aromataseinhibitor behandelt worden. Schon angesichts dieses deutlich einstelligen Zahlenwertes geschieht die zur Erfindungsbenutzung f&#252;hrende Verschreibungspraxis lediglich vereinzelt und keinesfalls in einem Umfang, dass er der Beklagten keinesfalls verborgen bleiben konnte. Auch die Kl&#228;gerin, die sich zur Rechtfertigung ihrer Klageanspr&#252;che auf den palliativen und adjuvanten Gesamteinsatz von Fulvestrant st&#252;tzt, der im Durchschnitt der Jahre bei 45,7 % gelegen hat, zeigt nicht konkret auf, dass und weshalb f&#252;r die Beklagte ein (allein ma&#223;geblicher) palliativer Benutzungsumfang, der sich mit weniger als 7 % in einer g&#228;nzlich anderen Gr&#246;&#223;enordnung abspielt, un&#252;bersehbar gewesen sein soll. Schon deswegen scheiden s&#228;mtliche Klageanspr&#252;che aus. Mit Blick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch kommt eine Haftung der Beklagten erst Recht nicht in Betracht, weil &#8211; bezogen auf den Tag der m&#252;ndlichen Verhandlung (09.01.2019) &#8211; f&#252;r die letzten vier Jahre kein einziger Fall einer patentgem&#228;&#223;en Fulvestrant-Verordnung nach erfolgloser palliativer Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor nachweisbar ist. F&#252;r den ma&#223;geblichen aktuellen Zeitpunkt l&#228;sst sich daher eine zur patentgesch&#252;tzten Verwendung f&#252;hrende Verordnungspraxis schlechterdings nicht feststellen. Seit Einleitung des Klageverfahrens mag die Beklagte zwar aufgrund der ihr pr&#228;sentierten Sonderauswertung in Kenntnis &#252;ber die dem Patent entsprechende Verschreibungspraxis gewesen sein, was von diesem Zeitpunkt an den Vorwurf tragen k&#246;nnte, die Beklagte habe sich durch ihre unver&#228;nderte Belieferung von Abnehmern den praktizierten off-label-use bewusst und mithin haftungsbegr&#252;ndend zunutze gemacht; allerdings belegen die Daten der Kl&#228;gerin, die schon f&#252;r die lange vor Rechtsh&#228;ngigkeit liegenden Jahre 2015 und 2016 einen Nullwert ausweisen, nicht, dass es mit solchen, von der Beklagten in Kenntnis des Sachverhaltes unternommenen Lieferungen zumindest ein Mal zu einer patentgerechten Verschreibung und Verwendung gekommen ist.</p> <span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">179</span><p class="absatzLinks">Aus der eidesstattlichen Versicherung des Privatgutachters der Kl&#228;gerin Prof. Dr. J&#8230; vom 14.02.2017 (Anlage HE 9) ergeben sich keine im Vergleich zu den Daten aus der Sonderauswertung zugunsten der Kl&#228;gerin anderen Erkenntnisse. Soweit in der Versicherung &#8211; ohnehin auf blo&#223; subjektiven Sch&#228;tzungen des Verfassers beruhende &#8211; Zahlen einer Fulvestrant-Therapie genannt werden, handelt es sich ausnahmslos um solche Patientinnen, die zuvor <em>adjuvant</em> mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor versorgt worden sind, ohne dass insoweit irgendeine n&#228;here Aufschl&#252;sselung stattfindet. Dazu, in wie vielen F&#228;llen Fulvestrant nach einer fehlgeschlagenen palliativen Vorbehandlung mit den besagten Wirkstoffen verabreicht worden ist, verh&#228;lt sich Prof. Dr. J&#8230; nicht.</p> <span class="absatzRechts">180</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">cc)</span></p> <span class="absatzRechts">181</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis mangelnder Patentverletzung w&#228;re im &#220;brigen kein anderes, wenn solche adjuvanten Vorbehandlungen ber&#252;cksichtigt w&#252;rden, von denen feststeht, dass sie sich als bei der Behandlung der Brustkrebserkrankung, an der die zu versorgende Patientin leidet, unwirksam erwiesen haben. Denn die von der Kl&#228;gerin pr&#228;sentierten Daten lassen diesbez&#252;gliche spezifizierte Feststellungen nicht zu.</p> <span class="absatzRechts">182</span><p class="absatzLinks">Zwar sieht die Sonderauswertung eine gesonderte Fallgruppe derjenigen Patientinnen vor, die mit <em>einem</em> Wirkstoff (Tamoxifen bzw. einem Aromataseinhibitor) adjuvant (d.h. postoperativ prophylaktisch) und mit dem jeweils <em>anderen</em> Wirkstoff (d.h. einem Aromataseinhibitor bzw. Tamoxifen) palliativ therapiert worden sind, woraus folgt, dass es vor der palliativen Behandlung zu einem abermaligen Krebstumor gekommen sein muss, weil es ansonsten keinen Grund f&#252;r eine palliative Therapie geben w&#252;rde. Die adjuvante Vorbehandlung k&#246;nnte dann als &#8222;fehlgeschlagen&#8220; betrachtet werden, wenn die erneute Tumorbildung unter der laufenden adjuvanten Vorbehandlung oder in engem zeitlichen Zusammenhang zu ihrer Beendigung stattgefunden hat. Denn dann st&#252;nde fest, dass die erste (adjuvante) Vorbehandlung gescheitert ist, weil unter ihr abermals ein Tumor aufgetreten ist. Ist die Gabe von Fulvestrant unmittelbar im Anschluss an die palliative Vorbehandlung erfolgt, so w&#228;re ferner davon auszugehen, dass auch die zweite, palliative Therapie fehlgeschlagen ist, weil ihr Versagen der Grund f&#252;r die Fulvestrant-Therapie gewesen ist.</p> <span class="absatzRechts">183</span><p class="absatzLinks">Die Sonderauswertung l&#228;sst indessen nicht zweifelsfrei erkennen, ob die Verh&#228;ltnisse tats&#228;chlich so gewesen sind oder ob (und ggf. in welchem Umfang) der Tumor unter der palliativen Zweitbehandlung &#8211; was die Annahme eines Fehlschlages ausschlie&#223;enw&#252;rde &#8211; zun&#228;chst einged&#228;mmt werden konnte und Fulvestrant (z.B. aus Gr&#252;nden einer ggf. zwischenzeitlichen Unvertr&#228;glichkeit oder Kontraindikation) erst geraume Zeit sp&#228;ter verabreicht wurde, weil es im Abstand zu der erfolgreichen Palliativbehandlung w&#228;hrend und als Folge des therapiefreien Intervalls zur abermaligen Ausbildung eines Tumors gekommen ist. Die Er&#246;rterungen im Verhandlungstermin vom 09.01.2019 haben diesbez&#252;glich ebenfalls keine Klarheit erbracht.</p> <span class="absatzRechts">184</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet der vorstehenden Ausf&#252;hrungen kommt speziell eine Unterlassungsverurteilung keinesfalls in Betracht, weil &#8211; unter Einschluss der zus&#228;tzlichen Fallgruppe (&#8222;eines adjuvant, eines palliativ&#8220;) &#8211; ausweislich der Sonderauswertung f&#252;r die Zeit von 2015 bis 2016 von einem patentgem&#228;&#223;en Verwendungsumfang von insgesamt lediglich 1,9 % auszugehen ist. Dieser Wert ist schon f&#252;r sich betrachtet f&#252;r eine Haftung der Beklagten g&#228;nzlich unzureichend; erst Recht gilt dies, wenn ber&#252;cksichtigt wird, dass f&#252;r den vorangehenden Zeitraum von 2013 bis 2014 noch deutlich h&#246;here Werte ausgewiesen sind (&#8222;eines adjuvant, eines palliativ&#8220;: 15,7 %; &#8222;beides palliativ&#8220;: 2,2 %) und zus&#228;tzlich in Rechnung gestellt wird, dass sich die ohnehin schon marginalen Werte f&#252;r 2015 bis 2016 auf eine signifikant geringere Patientenzahl (von 52) st&#252;tzen als sie den Zahlen der Vorjahre (174, 129, 89) zugrunde liegen. Der skizzierte Verlauf l&#228;sst f&#252;r die Jahre 2017 und 2018 nur eine einzige Prognose zu, n&#228;mlich die eines von 1,9 % weiter signifikant abfallenden patentgem&#228;&#223;en Verwendungsumfangs, womit angesichts der aktuellen Bedeutungslosigkeit des palliativen sowie des teils adjuvanten und teils palliativen Gebrauchs von Fulvestrant ein Unterlassungsanspruch auszuscheiden hat.</p> <span class="absatzRechts">185</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">III.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">186</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 97 Abs. 1 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">187</span><p class="absatzLinks">Die Anordnungen zur vorl&#228;ufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf &#167;&#167; 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">188</span><p class="absatzLinks">Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierf&#252;r in &#167; 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung zur Patentauslegung hat die Rechtssache weder grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des &#167; 543 Abs.&#160;2 Nr. 2 ZPO. Gleiches gilt mit Blick auf die vom Bundesgerichtshof allerdings noch nicht entschiedene Rechtsfrage, ob die Haftung eines Generikaunternehmens auch unabh&#228;ngig von einer sinnf&#228;lligen Herrichtung seines Pr&#228;parates in Betracht kommen kann. Denn angesichts der von der Kl&#228;gerin dargelegten Datenlage ist der patentgem&#228;&#223;e Verwendungsumfang derma&#223;en gering, dass &#8211; selbst wenn man die grunds&#228;tzliche Rechtsfrage (wie der Senat) zugunsten des Schutzrechtsinhabers beurteilen will &#8211; eine Haftung der Beklagten unter keinen Umst&#228;nden denkbar ist.</p>
171,297
olgd-2019-01-09-2-u-2718
{ "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
2 U 27/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:44
2019-02-12T13:44:36
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2019:0109.2U27.18.00
<h2>Tenor</h2> <ul class="ol"><li><p>I. Die Berufung gegen das am 5. Juli 2018 verk&#252;ndete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts D&#252;sseldorf wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>II. Die Kl&#228;gerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>III. Das Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorl&#228;ufig vollstreckbar. Die Kl&#228;gerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 120&#160;% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher H&#246;he leistet.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>IV. Die Revision wird nicht zugelassen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>V. Der Streitwert wird auf 1.500.000,- &#8364; festgesetzt.</p> </li> </ul><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">I.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist eingetragene Inhaberin des deutschen Teils des europ&#228;ischen Patents&#160; 1 272 195 B1, der beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 601 13 975 T2 gef&#252;hrt wird. Das Klagepatent wurde am 2. April 2001 unter Inanspruchnahme einer britischen Priorit&#228;t vom 5. April 2000 in englischer Verfahrenssprache angemeldet; der Hinweis auf die Patenterteilung wurde am 12. Oktober 2005 ver&#246;ffentlicht. In einem Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren wurde das Klagepatent im erteilten Umfang aufrechterhalten (Entscheidung des Technischen Beschwerdekammer des EPA vom 14. Februar 2013, Anlagen HE 4/HE 4a). Derzeit ist das Klagepatent Gegenstand von beim Bundespatentgericht anh&#228;ngigen Nichtigkeitsverfahren; eine Entscheidung steht dort noch aus.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Klagepatent betrifft die &#8222;Verwendung von Fulvestrant in der Behandlung von resistentem Brustkrebs&#8220;; sein Patentanspruch 1 ist wie folgt gefasst:</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Use of fulvestrant in the preparation of a medicament for the treatment of a patient with breast cancer who previously has been treated with an aromatase inhibitor and tamoxifen and has failed with such previous treatment.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">In der eingetragenen deutschen &#220;bersetzung hat Patentanspruch 1 folgenden Wortlaut:</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Verwendung von Fulvestrant bei der Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Mit ihrer Klage wendet sich die Kl&#228;gerin gegen das Anbieten und Inverkehrbringen des Arzneimittels &#8222;A. 250 ml Injektionsl&#246;sung in einer Fertigspritze&#8220; zur therapeutischen Verwendung f&#252;r die beanspruchte Patientinnengruppe. Die B. UK ist Inhaberin der Marktzulassung f&#252;r das Referenzarzneimittel C.&#174;.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die angegriffene Ausf&#252;hrungsform wurde erstmals am 1. September 2016 in der Lauer-Taxe gelistet. In der &#8222;Gebrauchsinformation: Informationen f&#252;r Anwender&#8220; (Anlage HE 6) findet sich folgender Hinweis:</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;A.&#174; enth&#228;lt den Wirkstoff Fulvestrant, der zur Gruppe der &#214;strogen-Blocker geh&#246;rt. &#214;strogene geh&#246;ren zu den weiblichen Geschlechtshormonen und k&#246;nnen in bestimmten F&#228;llen am Wachstum von Brustkrebs beteiligt sein.</em></p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks"><em>A.&#174; wird zur Behandlung von fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs bei Frauen nach der Menopause angewendet.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">In der ver&#246;ffentlichten &#8222;Fachinformation&#8220; (Stand September 2017, Anlage B 10) findet sich nachfolgender Hinweis:</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;A.&#174; wird angewendet zur Behandlung von &#246;strogenrezeptor-positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom bei postmenopausalen Frauen:</em></p> <span class="absatzRechts">14</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>die keine vorhergehende endokrine Therapie erhalten haben, oder</em></p> </li> <li><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>mit Rezidiv w&#228;hrend oder nach adjuvanter Anti&#246;strogen-Therapie oder bei Progression der Erkrankung unter Anti&#246;strogen-Therapie.&#8220;</em></p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beanstandet das streitbefangene Pr&#228;parat der Beklagten als patentverletzend. Sie st&#252;tzt sich auf eine von der D. AG durchgef&#252;hrte Sonderauswertung des Tumorregisters Mammakarzinom (Anlage HE 8), deren Datenbasis auf dem Stichtag 31.10.2016 beruht und die f&#252;r den betrachteten 10-Jahreszeitraum&#160; von 2007 bis 2016 insgesamt 444 Patientinnen mit HR-positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Brustkrebs ber&#252;cksichtigt, die einer Fulvestrant-Therapie unterzogen worden sind. Ausweislich der nachstehend eingeblendeten Tabelle waren die Patientinnen wie folgt mit Tamoxifen (nachfolgend: Tam) und/oder einem Aromataseinhibitor (nachfolgend: AI) vorbehandelt worden:</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">&#160;<img height="91" width="20" src="2_U_27_18_Urteil_20190109_0.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /><img height="92" width="26" src="2_U_27_18_Urteil_20190109_1.png" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /><img height="355" width="621" src="2_U_27_18_Urteil_20190109_2.jpeg" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Da das Klagepatent nicht nach einer palliativen oder adjuvanten Vorbehandlung unterscheide und auch eine adjuvante Verabreichung von Tamoxifen sowie einem Aromataseinhibitor im Sinne des Klagepatens als &#8222;fehlgeschlagen&#8220; betrachtet werden k&#246;nne, wenn es danach zu einem abermaligen Auftreten der Brustkrebserkrankung komme, seien s&#228;mtliche Patientinnen relevant, die &#8211; sei es adjuvant oder palliativ &#8211; mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor vorbehandelt worden seien (vgl. die obigen Klammern). Bei ann&#228;hernd der H&#228;lfte der in die Auswertung einbezogenen Patientinnen (exakt: 45,7&#160;%) liege der Sachverhalt mithin so, dass ihre Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor versagt habe und ihnen danach Fulvestrant verordnet worden sei. Nachdem die Fachinformation zur angegriffenen Ausf&#252;hrungsform selbst lediglich die Vorbehandlung mit Tamoxifen als Indikation benenne, best&#228;tige die Sonderauswertung, dass in der &#228;rztlichen und klinischen Praxis eine feste Verschreibungs&#252;bung herrsche, nach der Fulvestrant in weitem Umfang auch dann zum Einsatz komme, wenn sowohl eine Vorbehandlung mit dem Anti&#246;strogen Tamoxifen versagt habe als auch eine (weitere) Vorbehandlung mit einem Aromataseinhibitor gescheitert sei. Die Kl&#228;gerin mache sich diese Verschreibungspraxis zunutze, weswegen sie sich so behandeln lassen m&#252;sse, als habe sie die Verwendung des Wirkstoffs Fulvestrant nach fehlgeschlagener Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor selbst empfohlen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begr&#252;ndung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgef&#252;hrt: Die zul&#228;ssige Klage sei unbegr&#252;ndet. Zwar k&#246;nne der Kl&#228;gerin in ihrer Auffassung gefolgt werden, dass ein Fehlschlagen einer vorausgegangenen Brustkrebsbehandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen immer dann vorliege, wenn der zun&#228;chst durchgef&#252;hrten Therapie mit den besagten Wirkstoffen der Erfolg versagt geblieben sei, was nicht nur bei einer palliativen Gabe zur Behandlung eines manifesten Tumors der Fall sei, sondern ebenso dann, wenn die Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor adjuvant erfolgt sei, sich jedoch als nicht zielf&#252;hrend (und damit &#8222;fehlgeschlagen&#8220;) herausgestellt habe, weil es trotzdem zu einem erneuten Ausbruch der Brustkrebserkrankung gekommen sei. Auch k&#246;nne auf eine sinnf&#228;llige Herrichtung verzichtet werden, wenn eine tats&#228;chliche Verschreibungspraxis im Sinne der gesch&#252;tzten Verwendung existiere, die jede weitere Herrichtungsma&#223;nahme er&#252;brige und die sich die Beklagte zunutze mache. Das Klagebegehren scheitere jedoch daran, dass nicht mit der gebotenen Verl&#228;sslichkeit festgestellt werden k&#246;nne, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform in hinreichendem Umfang bei einer palliativen Therapie nach Fehlschlagen einer Behandlung mit Tamoxifen und Fehlschlagen einer Behandlung mit einem Aromataseinhibitor verwendet werde. Die von der Kl&#228;gerin vorgelegte Sonderauswertung der D. AG sei zum Nachweis des behaupteten Verwendungsumfangs ungeeignet. Weder erschienen die ausgewerteten Zahlen hinreichend aussagekr&#228;ftig noch lasse sich ausschlie&#223;en, dass im Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung eine entscheidungserhebliche &#196;nderung der Verwendungspraxis mit R&#252;cksicht auf neuartige CDK4/6-Inhibitoren eingetreten sei.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Hiergegen richtet sich die Berufung der Kl&#228;gerin, zu deren Rechtfertigung sie im Wesentlichen geltend macht: Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte den Umfang der patentgem&#228;&#223;en Verschreibungspraxis nur vor dem Hintergrund ihrer unzutreffenden und vom Landgericht zu Recht verworfenen Patentauslegung in Abrede gestellt habe, nur eine palliative Vorbehandlung sei relevant, weil allein sie &#8222;fehlschlagen&#8220; k&#246;nne. Ausgehend von dem richtigen, weiten Verst&#228;ndnis des Klagepatents sei der erhebliche Verwendungsumfang von Fulvestrant im Anschluss an eine (palliative oder adjuvante) Vortherapie mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor daher unstreitig und gerichtlich nicht weiter aufzukl&#228;ren. Selbst wenn jedoch Nachweise erforderlich sein sollten, w&#252;rden sie durch die vorgelegte Sonderauswertung hinreichend erbracht. Da keine besseren, auf breiterer Datenbasis beruhenden Untersuchungen verf&#252;gbar seien, &#252;berspanne das Landgericht die Anforderungen an den Nachweis einer bestimmten Verschreibungspraxis. Der Einsatz neuartiger CDK4/6-Inhibitoren habe rechtlich keine Bedeutung, weil es patentgem&#228;&#223; auf eine bestimmte, erfolglose Vorbehandlung, aber nicht darauf ankomme, ob Fulvestrant als Monotherapie oder in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor eingesetzt werde.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin beantragt,</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">das landgerichtliche Urteil abzu&#228;ndern und</p> <span class="absatzRechts">24</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">I. die Beklagte zu verurteilen,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">26</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">1. es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verh&#228;ngenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Gesch&#228;ftsf&#252;hrern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Fulvestrant-Arzneimittel, insbesondere A.,</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug,</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuf&#252;hren oder zu besitzen,</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; indem</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Fulvestrant-Arzneimittel, insbesondere A., in der Bundesrepublik Deutschland anbietet, in Verkehr bringt oder gebraucht oder zu den genannten Zwecken einf&#252;hrt oder besitzt, ohne auszuschlie&#223;en, dass sie zur Behandlung einer Brustkrebspatientin verwendet werden, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug,</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; insbesondere indem sie</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">(a) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in Ziffer 4.1 der Fachinformation und Ziffer 1, 2. Absatz der Gebrauchsinformation von A. einen Ausschluss der Verwendung f&#252;r den Fall aufnehmen l&#228;sst, dass die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">(b) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in s&#228;mtlichen Werbe- und Informationsmaterialien zu A., insbesondere auch auf den Internetseiten der Beklagten, einen ausdr&#252;cklichen, gut erkennbaren Warnhinweis aufnimmt, dass A. nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">(c) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die folgenden Adressaten, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anschreibt und (i) darauf hinweist, dass A. nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug; und (ii) diese auffordert, ihre Mitglieder entsprechend zu informieren, dass zur Vermeidung von Patentrechtsverst&#246;&#223;en f&#252;r die Patientinnenpopulation C.<sup>&#174;</sup> unter Ausschluss der aut-idem Substitution verschrieben werden muss:</p> <span class="absatzRechts">37</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r Gyn&#228;kologie und Geburtshilfe (DGGG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r H&#228;matologie und medizinische Onkologie (DGHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Berufsverband Niedergelassener Gyn&#228;kologischer Onkologen (BNGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Berufsverband der Niedergelassenen H&#228;matologen und Onkologen (BNHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">Arbeitsgemeinschaft Gyn&#228;kologische Onkologie Kommission Mamma (AGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Deutscher Apothekerverband (DAV) / Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverb&#228;nde (ABDA), und</p> </li> <li><span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Kassen&#228;rztliche Vereinigungen; und</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">(d) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die gesetzlichen Krankenkassen, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anschreibt und darauf hinweist, dass A. nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <span style="text-decoration:underline">hilfsweise</span>: es bei Meidung eines f&#252;r jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verh&#228;ngenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Gesch&#228;ftsf&#252;hrern der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Fulvestrant-Arzneimittel, insbesondere A.,</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zur Behandlung einer Brustkrebspatientin, bei der die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug,</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Abnehmern in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder an solche zu liefern,</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; ohne</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks">(a) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in Ziffer 4.1 der Fachinformation und Ziffer 1, 2. Absatz der Gebrauchsinformation von A. einen Ausschluss der Verwendung f&#252;r den Fall aufzunehmen, dass die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">(b) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; in s&#228;mtlichen Werbe- und Informationsmaterialien zu A., insbesondere auch auf den Internetseiten der Beklagten, einen ausdr&#252;cklichen, gut erkennbaren Warnhinweis aufzunehmen, dass A. nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks">(c) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die folgenden Adressaten, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anzuschreiben und (i) darauf hinzuweisen, dass A. nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug; und (ii) diese auffordert, ihre Mitglieder entsprechend zu informieren, dass zur Vermeidung von Patentrechtsverst&#246;&#223;en f&#252;r die Patientinnenpopulation C.<sup>&#174;</sup> unter Ausschluss der aut-idem Substitution verschrieben werden muss:</p> <span class="absatzRechts">56</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r Gyn&#228;kologie und Geburtshilfe (DGGG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">58</span><p class="absatzLinks">Deutsche Gesellschaft f&#252;r H&#228;matologie und medizinische Onkologie (DGHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">Berufsverband Niedergelassener Gyn&#228;kologischer Onkologen (BNGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">Berufsverband der Niedergelassenen H&#228;matologen und Onkologen (BNHO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">Arbeitsgemeinschaft Gyn&#228;kologische Onkologie Kommission Mamma (AGO),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks">Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA),</p> </li> <li><span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks">Deutscher Apothekerverband (DAV) / Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverb&#228;nde (ABDA), und</p> </li> <li><span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Kassen&#228;rztliche Vereinigungen; und</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks">(d) &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die gesetzlichen Krankenkassen, mit Kopie an die Prozessbevollm&#228;chtigten der Kl&#228;gerin, anzuschreiben und darauf hinzuweisen, dass A. nicht zur Behandlung von Patientinnen verwendet werden darf, bei denen die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Kl&#228;gerin unverz&#252;glich und schriftlich</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie (die Beklagte) die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. Oktober 2005 begangen hat, und zwar unter Angabe</p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks">ab)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Namen und Anschriften der Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, f&#252;r die die Erzeugnisse bestimmt waren,</p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">ac)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Preise, die f&#252;r die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden, und</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer I.1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. November 2005 begangen hat, und zwar unter Vorlage eines gesonderten Verzeichnisses, insbesondere unter Angabe:</p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">aa)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der einzelnen Lieferungen, aufgeschl&#252;sselt nach Liefermengen, -zeiten und &#8211;preisen unter Einschluss von Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer,</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks">ab)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der einzelnen Angebote, aufgeschl&#252;sselt nach Angebotsmengen, -zeiten und &#8211;preisen unter Einschluss von Produktbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempf&#228;nger,</p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">ac)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der betriebenen Werbung, aufgeschl&#252;sselt nach Werbetr&#228;gern, deren Auflagenh&#246;he, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, und</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks">ad)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschl&#252;sselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,</p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">wobei</p> <span class="absatzRechts">78</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Verkaufsstellen, Einkaufspreise und Verkaufspreise nur f&#252;r die Zeit ab dem 30. April 2006 anzugeben sind, und</p> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen sind, wobei geheimhaltungsbed&#252;rftige Details au&#223;erhalb der auskunftspflichtigen Daten geschw&#228;rzt werden d&#252;rfen;</p> <span class="absatzRechts">80</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kl&#228;gerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr entstanden ist und noch entstehen wird aufgrund der seit dem 12. November 2005 begangenen Handlungen gem&#228;&#223; Ziffer I.1..</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks">Ferner regt sie an, die Vollstreckungssicherheiten f&#252;r die einzelnen Urteilsausspr&#252;che getrennt festzusetzen und ihr zu gestatten, eine Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung abwenden zu d&#252;rfen.</p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">die Berufung zur&#252;ckzuweisen,</p> <span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">hilfsweise</span> f&#252;r den Fall, dass die Antr&#228;ge zu I. und I.1.(a) sowie I.2 und I.2.(a) zuzuerkennen sein sollten,</p> <span class="absatzRechts">86</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks">1. sie - die Beklagte - nur dazu zu verpflichten, einen Antrag bei der zust&#228;ndigen Zulassungsbeh&#246;rde zu stellen zum Ausschluss der Verwendung f&#252;r den Fall, dass die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlschlug;</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">88</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">89</span><p class="absatzLinks">2. ihr &#8211; der Beklagten - eine Aufbrauchsfrist von wenigstens 300 Tagen f&#252;r den Vertrieb der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform ohne den Ausschluss der Verwendung f&#252;r den Fall, dass die vorangegangene Behandlung mit einem Aromataseinhibitor und Tamoxifen fehlgeschlagen ist, zu gew&#228;hren;</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">90</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">91</span><p class="absatzLinks">3. das Verfahren gem&#228;&#223; &#167; 148 ZPO bis zum Vorliegen einer erstinstanzlichen Entscheidung &#252;ber die Nichtigkeitsklage betreffend das Patent EP 1 272 195 B1 auszusetzen;</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">92</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">93</span><p class="absatzLinks">4. ihr - der Beklagten - nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenb&#252;rgschaft) abzuwenden.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">94</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und h&#228;lt dar&#252;ber hinaus an ihrer bereits erstinstanzlich vorgebrachten Rechtsverteidigung fest.</p> <span class="absatzRechts">95</span><p class="absatzLinks">Das Klagebegehren scheitere schon daran, dass die angegriffene Ausf&#252;hrungsform nicht f&#252;r die patentgesch&#252;tzte Verwendung (Brustkrebsbehandlung nach fehlgeschlagener Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor) sinnf&#228;llig hergerichtet sei. Selbst wenn auf das Erfordernis einer Herrichtung unter bestimmten Umst&#228;nden verzichtet werde, was rechtlich nicht vertretbar sei, fehle der angegriffenen Ausf&#252;hrungsform die Eignung f&#252;r den patentgem&#228;&#223;en Einsatzzweck, was sich nicht zuletzt daran zeige, dass das Originalpr&#228;parat der Kl&#228;gerin C.&#174; &#252;ber keine Zulassung f&#252;r die erfindungsgem&#228;&#223;e Verwendung verf&#252;ge. Es existiere auch keine Verschreibungspraxis, die zu einer erfindungsgem&#228;&#223;en Verwendung von Fulvestrant f&#252;hre. Bei richtigem Verst&#228;ndnis des Klagepatents k&#246;nne von einem Fehlschlagen der Vorbehandlung n&#228;mlich nur dann gesprochen werden, wenn die Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor angesichts eines manifesten Tumors palliativ &#8211; und nicht nur adjuvant &#8211; erfolgt sei. Gehe man hiervon aus, liege nach den eigenen Zahlen der Kl&#228;gerin aus der Sonderauswertung der D. AG ein hinreichender Verwendungsumfang nicht vor. Das gelte umso mehr, als die dortigen Zahlen schon wegen der geringen Datenbasis, aber auch deshalb nicht aussagekr&#228;ftig seien, weil seit der Erhebung gravierende Ver&#228;nderungen insofern eingetreten seien, als eine neue Wirkstoffklasse (die CDK4/6-Inhibitoren) zugelassen worden sei, welche sich als erfolgversprechend gerade auch in Kombination mit Fulvestrant darstellen w&#252;rden.</p> <span class="absatzRechts">96</span><p class="absatzLinks">Die Aufnahme eines Ausschlusses der patentgem&#228;&#223;en Verwendung in die Fach- und Gebrauchsinformation sei ihr &#8211; der Beklagten &#8211; rechtlich unm&#246;glich; die Anbringung eines Warnhinweises in Werbe- und Informationsmaterialien sei vor dem Hintergrund des Regelungen des HWG wettbewerbsrechtlich irref&#252;hrend. Eine Anspruchsgrundlage f&#252;r das Begehren der Kl&#228;gerin, Mitglieder und die gesetzlichen Krankenkassen anzuschreiben, sei nicht zu erkennen.</p> <span class="absatzRechts">97</span><p class="absatzLinks">Letztlich werde sich das Klagepatent im Rahmen des Nichtigkeitsverfahrens auch als nicht rechtsbest&#228;ndig erweisen.</p> <span class="absatzRechts">98</span><p class="absatzLinks">Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Anlagen Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">99</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">II.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">100</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">101</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht eine Verletzung des Klagepatents durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform verneint und dementsprechend die Klage abgewiesen.</p> <span class="absatzRechts">102</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1.</span></p> <span class="absatzRechts">103</span><p class="absatzLinks">D<ins>as Klagepatent</ins> betrifft die Behandlung von Brustkrebs.</p> <span class="absatzRechts">104</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">a)</span></p> <span class="absatzRechts">105</span><p class="absatzLinks">Nach den Erl&#228;uterungen der Klagepatentschrift wirken &#214;strogene (die bis zur Menopause in den Eierst&#246;cken, aber auch &#8211; unabh&#228;ngig von der Menopause &#8211; in anderem Gewebe gebildet werden) bei mindestens einem Drittel der Brustkrebserkrankungen wachstumsf&#246;rdernd (Absatz [0004]). Es stellt deswegen einen anerkannten Behandlungsansatz bei der Brustkrebstherapie dar, die &#214;strogenzufuhr im Patienten zu unterbinden, was bei pr&#228;menopausalen Frauen durch eine (operative, radiologische oder medikament&#246;se) Entfernung/Ausschaltung der Eierst&#246;cke geschieht, mit der die Neuproduktion von &#214;strogen unterbunden wird, w&#228;hrend bei postmenopausalen Frauen mithilfe von Aromataseinhibitoren die Umwandlung anderer Hormone in &#214;strogen blockiert wird (Absatz [0005]).</p> <span class="absatzRechts">106</span><p class="absatzLinks">Als Alternative zu dem beschriebenen &#214;strogenentzug ist es nach der Schilderung des Klagepatents bekannt, Anti&#246;strogene &#8211; vornehmlich Tamoxifen &#8211; einzusetzen, deren Funktion es ist, sich kompetitiv an die &#214;strogenrezeptoren der hormonabh&#228;ngigen Tumorzellen anzulagern und auf diese Weise die &#214;strogenbindung an den Tumor zu verhindern (Absatz [0006]). Ein Nachteil von Tamoxifen liegt allerdings in seiner teilweise agonistischen Wirkung, die zu einer unvollst&#228;ndigen Blockade der &#246;strogenvermittelten Wirksamkeit auf den Krebszellen f&#252;hrt (Absatz [0006]).</p> <span class="absatzRechts">107</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war es in der therapeutischen Praxis bereits gebr&#228;uchlich, postmenopausale Patientinnen, die an fortgeschrittenem Brustkrebs leiden und bei denen die Krankheit nach der Behandlung mit Tamoxifen weiter fortgeschritten ist, mit einem Aromataseinhibitor (wie Anastrozol oder Letrozol) zu behandeln (Absatz [0007]; Anm.: Bei pr&#228;menopausalen Patientinnen kommt die Verabreichung eines Aromatseinhibitors nicht in Betracht, weil dieser die noch funktionierende &#214;strogenproduktion in den Eierst&#246;cken nicht unterbinden w&#252;rde).</p> <span class="absatzRechts">108</span><p class="absatzLinks">Vor dem geschilderten Hintergrund ist es als Aufgabe der Erfindung anzusehen, einen Therapieweg f&#252;r den (bislang noch nicht bew&#228;ltigten) Fall aufzuzeigen, dass &#8211; im Anschluss an eine fehlgeschlagene Behandlung mit Tamoxifen &#8211; auch die nachfolgende Behandlung mit einem Aromataseinhibitor scheitert (Absatz [0007] a.E.; Technische Beschwerdekammer 3.3.02, Entscheidung vom 14.02.2013, Anlage HE 4a, S. 11 Rz. 2.4.3).</p> <span class="absatzRechts">109</span><p class="absatzLinks">Zur L&#246;sung dieser Problemstellung schl&#228;gt das Klagepatent vor, die &#8211; unter der in Abfolge durchgef&#252;hrten (Absatz [0007] Satz 1) Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor erfolglose &#8211; Brustkrebstherapie mit Fulvestrant fortzusetzen. Im Einzelnen stellt Patentanspruch 1 folgende Merkmalkombination unter Schutz:</p> <span class="absatzRechts">110</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">111</span><p class="absatzLinks">1. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Verwendung von Fulvestrant bei der Herstellung eines Arzneimittels.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">112</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">113</span><p class="absatzLinks">2. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das Arzneimittel dient zur Behandlung einer Brustkrebspatientin.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">114</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">115</span><p class="absatzLinks">3. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Bei der (mit dem Fulvestrantarzneimittel zu behandelnden) Krebspatientin ist eine vorangegangene Behandlung</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">116</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit einem Aromataseinhibitor</p> <span class="absatzRechts">117</span><p class="absatzLinks">und</p> <span class="absatzRechts">118</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit Tamoxifen</p> <span class="absatzRechts">119</span><p class="absatzLinks">fehlgeschlagen.</p> <span class="absatzRechts">120</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span></p> <span class="absatzRechts">121</span><p class="absatzLinks">Erfindungsgem&#228;&#223; bleibt offen, ob zun&#228;chst mit Tamoxifen und anschlie&#223;end mit einem Aromataseinhibitor behandelt oder in umgekehrter Reihenfolge vorgegangen wurde. Notwendige Bedingung jeder Patentbenutzung ist allerdings, dass die beiden Wirkstoffe sequenziell hintereinander &#8211; und nicht gleichzeitig nebeneinander &#8211; verabreicht wurden; auch die Kl&#228;gerin macht insoweit nichts anderes geltend.</p> <span class="absatzRechts">122</span><p class="absatzLinks">Wesentlich ist des Weiteren, dass die aufeinanderfolgende Behandlung mit beiden Wirkstoffen fehlgeschlagen ist, d.h. weder Tamoxifen noch der Aromataseinhibitor zu einem therapeutischen Erfolg gef&#252;hrt haben. Nicht der blo&#223;e Einsatz von Fulvestrant im Anschluss an eine vorherige Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor als solche gen&#252;gt daher den Anforderungen des Patentanspruchs, sondern erst eine solche therapeutische Verwendung von Fulvestrant, die ihren Grund in einem Versagen der anderen, vorrangig durchgef&#252;hrten Behandlungsans&#228;tze (Tamoxifen und Aromataseinhibitor) findet. Denn der Patentanspruch begn&#252;gt sich nicht damit, dass Fulvestrant &#252;berhaupt als drittes Therapeutikum zum Einsatz kommt, sondern stellt dar&#252;ber hinaus explizit darauf ab, dass die vorangegangenen Behandlungen mit Tamoxifen <span style="text-decoration:underline">und</span> einem Aromataseinhibitor fehlgeschlagen sind, d.h. (worauf sp&#228;ter nochmals eingegangen wird) <em>jede einzelne von ihnen</em> versagt hat und <em>deswegen</em> die Behandlung mit Fulvestrant aufgenommen und fortgesetzt wird.</p> <span class="absatzRechts">123</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">c)</span></p> <span class="absatzRechts">124</span><p class="absatzLinks">Bei der fehlgeschlagenen Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, der sich die Fulvestrant-Patientin vorangehend unterzogen haben muss, hat es sich um eine palliative &#8211; und nicht nur um eine adjuvante &#8211; Brustkrebstherapie zu handeln. Das abweichende Verst&#228;ndnis des Landgerichts, wonach auch eine adjuvante, d.h. im Hinblick auf mit dem Eingriff nicht entfernte Krebszellen rein pr&#228;ventive Wirkstoffgabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor im Anschluss an eine Krebsoperation ausreicht, wenn es anschlie&#223;end zu einem erneuten Krebsbefund kommt, wird dem auslegungsrelevanten Inhalt der Klagepatentschrift nicht gerecht.</p> <span class="absatzRechts">125</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">aa)</span></p> <span class="absatzRechts">126</span><p class="absatzLinks">Zwar ist auch eine blo&#223; adjuvante Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, wie sie im Anschluss an die operative Entfernung eines Brustkrebstumors gebr&#228;uchlich ist, dem reinen Wortsinn nach als &#8222;Behandlung&#8220; im Rahmen einer Krebstherapie aufzufassen. Denn sie geschieht nach medizinisch-therapeutischen Regeln zu dem Zweck, <em>etwaige</em> unerkannte Krebszellen, die im weiteren Verlauf metastasieren <em>k&#246;nnten</em>, medikament&#246;s auszuschalten.</p> <span class="absatzRechts">127</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">bb)</span></p> <span class="absatzRechts">128</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf eine lediglich adjuvante Behandlung l&#228;sst sich jedoch &#8211; wie die Beklagte mit Recht geltend macht &#8211; vielfach &#252;berhaupt nicht beurteilen, ob sie &#8222;fehlgeschlagen&#8220; ist, weswegen in ihr folgerichtig auch keine &#8222;vorangegangene Behandlung&#8220; gesehen werden kann, deren erfolglose Durchf&#252;hrung Anspruch 1 des Klagepatents zwingend voraussetzt.</p> <span class="absatzRechts">129</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">130</span><p class="absatzLinks">Deutlich wird dies schon an dem in der Praxis gebr&#228;uchlichen Szenario, dass der Brustkrebstumor operativ entfernt wurde und anschlie&#223;end prophylaktisch (adjuvant) zun&#228;chst f&#252;r einen vorbestimmten Zeitraum (von z.B. zwei Jahren) Tamoxifen und danach im Rahmen einer Switch-Therapie f&#252;r einen weiteren vorbestimmten Zeitraum (von z.B. drei Jahren) ein Aromataseinhibitor verabreicht wurde, um die ggf. drohende Bildung von Metastasen zu verhindern. Kommt es in einer solchen Konstellation nach Abschluss der Switch-Behandlung (z.B. im sechsten Jahr nach der Operation) zu einer erneuten Tumorbildung, l&#228;sst sich keine belastbare Aussage dahingehend treffen, dass <em>beide</em> Vorbehandlungen, und mithin auch die Erstbehandlung mit Tamoxifen, ihre Wirkung verfehlt haben; vielmehr kann die abermalige Erkrankung nach Abschluss des Behandlungszyklus ihre Ursache auch (und m&#246;glicherweise noch wahrscheinlicher) darin haben, dass die Umstellung auf einen Aromataseinhibitor den bis dahin unter der Behandlung mit Tamoxifen erfolgreich versperrten Weg f&#252;r eine Tumorbildung freigemacht hat. Dieselbe Unw&#228;gbarkeit besteht, wenn die abermalige Tumorbildung sich zwar noch w&#228;hrend der Therapie mit einem Aromataseinhibitor eingestellt hat, allerdings in deutlichem zeitlichen Abstand zur Beendigung der Behandlung mit Tamoxifen; auch hier kann sich der Ursachenzusammenhang ohne weiteres so verhalten, dass die Wiedererkrankung der Behandlungsumstellung auf den &#8211; im Gegensatz zum Tamoxifen &#8211; nicht wirksamen Aromataseinhibitor zuzuschreiben ist. Ob eine bestimmte Krebstherapie (n&#228;mlich die Behandlung sowohl mit Tamoxifen als auch die daran anschlie&#223;ende bzw. vorausgehende Behandlung mit einem Aromataseinhibitor) versagt hat, l&#228;sst sich demgegen&#252;ber eindeutig und abschlie&#223;end beurteilen, wenn die Behandlung palliativ an einem &#252;ber die Therapiedauer hinweg manifesten Tumor erfolgt. Hier legen die Therapieresultate, die sich unter der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor verifizierbar eingestellt haben, zweifelsfrei Zeugnis dar&#252;ber ab, ob das Tumorwachstum gegen&#252;ber dem Zustand vor dem jeweiligen Behandlungsbeginn fortgeschritten ist oder nicht. Schon diese &#220;berlegung spricht daf&#252;r, im Rahmen des Klagepatents allein palliative Behandlungsergebnisse zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">131</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">132</span><p class="absatzLinks">Eine Best&#228;tigung dieser Sicht findet sich an diversen Stellen der Patentbeschreibung. Zu verweisen ist zun&#228;chst auf Absatz [0018], der f&#252;r den Fachmann legaliter definiert, wie die vom Klagepatent im Zusammenhang mit den Vorbehandlungen gebrauchten Begriffe &#8222;fehlgeschlagen&#8220; und &#8222;versagt&#8220; zu interpretieren sind. A.a.O. hei&#223;t es:</p> <span class="absatzRechts">133</span><p class="absatzLinks"><em>Der Begriff &#8222;fehlgeschlagen&#8220; bzw. &#8222;versagt&#8220; wird hier in dem Sinne verwendet, dass das</em> <strong><em>Wachstum des Brustkrebses</em></strong> <em>durch die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen, oder aber auch beiden,</em> <strong><em>nicht l&#228;nger einged&#228;mmt wird</em></strong><em>.&#8220;</em> (Anm.: Hervorhebung ist hinzugef&#252;gt)</p> <span class="absatzRechts">134</span><p class="absatzLinks">Da nur Tumorzellen &#8222;<em>wachsen</em>&#8220; k&#246;nnen und da nur das Wachstum von Tumorzellen &#8222;<em>einged&#228;mmt werden kann</em>&#8220;, versteht der Fachmann, dass mit dem Wort &#8222;<em>Brustkrebs</em>&#8220; (&#8222;breast cancer&#8220;) der Sache nach das (unter der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor in seinem Wachstum nicht beherrschbare) Mammakarzinom gemeint ist, so, wie dies auch der deutschen &#220;bersetzung der Patentbeschreibung entspricht. Technisch sinnvoll verstanden, besagt deshalb auch die eigene Begriffsdefinition des Klagepatents, dass ein Fehlschlag der Vorbehandlungen an einem manifesten Tumor festzustellen ist, der palliativ mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor therapiert worden ist.</p> <span class="absatzRechts">135</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(3)</span></p> <span class="absatzRechts">136</span><p class="absatzLinks">Damit stimmen auch alle weiteren Vorteilsangaben der Patentschrift (Anm.: Hervorhegungen sind zur Verdeutlichung hinzugef&#252;gt) &#252;berein. So hebt Absatz [0009] hervor, dass Fulvestrant sich in einer Phase-II-Studie an Frauen, <span style="text-decoration:underline">deren Brustkrebs nach Tamoxifen-Therapie progredierte</span>, bereits als wirksam erwiesen habe, und unterstreicht Absatz [0011], dass Fulvestrant eine <span style="text-decoration:underline">deutliche Hemmwirkung auf das Wachstum von MCF-7-Brustkrebszellen</span> beim Menschen zeigt und eine gegen&#252;ber Tamoxifen signifikant h&#246;here <span style="text-decoration:underline">Reduzierung der MCF-7-Zellzahlen</span> erbracht hat. Absatz [0012] nimmt Bezug auf Studien, die belegen, dass nach einer Langzeitbehandlung mit Tamoxifen <span style="text-decoration:underline">weiterwachsende</span> Tamoxifen-resistente <span style="text-decoration:underline">MCF-7-Tumoren</span> gegen&#252;ber Fulvestrantbehandlung empfindlich bleiben und Fulvestrant das <span style="text-decoration:underline">Wachstum etablierter MCF-7-Tumoren</span> doppelt so lange unterdr&#252;ckte wie die Behandlung mit Tamoxifen. Als &#252;berraschend beschreibt Absatz [0013] schlie&#223;lich die Erkenntnis, dass der Brustkrebs <span style="text-decoration:underline">nach vorangegangener fehlgeschlagener Behandlung</span> <em>sowohl mit</em> einem Aromataseinhibitur <em>als auch</em> mit Tamoxifen gegen&#252;ber der <span style="text-decoration:underline">Weiterbehandlung</span> mit Fulvestrant empfindlich ist. Gerade der vorzitierten Beschreibungsstelle kommt besonderes Gewicht zu, weil die Patentbeschreibung hier mit dem Verweis auf eine f&#252;r den Fachmann &#252;berraschende Erkenntnis den eigentlichen Erfindungsgedanken herausstellt, dass trotz der mit den kumulativ gescheiterten Vorbehandlungen verbundenen doppelten Resistenz gegen&#252;ber sowohl Tamoxifen als auch einem Aromataseinhibitor eine Wirksamkeit (Empfindlichkeit) des Krebses gegen&#252;ber Fulvestrant erhalten bleibt. Allen vorzitierten Bemerkungen liegt die gemeinsame Vorstellung von einer Wirksamkeit von Fulvestrant bei der palliativen Bek&#228;mpfung (Weiterbehandlung) eines manifesten Tumors zugrunde.</p> <span class="absatzRechts">137</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(4)</span></p> <span class="absatzRechts">138</span><p class="absatzLinks">Sie deckt sich nicht zuletzt vollst&#228;ndig mit den Erl&#228;uterungen, die die Klagepatentschrift in ihrem Absatz [0007] zum vorbekannten Stand der Technik und zu dem &#8211; ausgehend hiervon &#8211; durch die Erfindung zu erbringenden Fortschritt gibt. Nach den besagten Ausf&#252;hrungen war es bekannt, postmenopausalen Frauen mit Brustkrebs, bei denen die <span style="text-decoration:underline">Krankheit nach der Behandlung mit Tamoxifen fortschritt</span>, einen Aromataseinhibitor wie Anastrozol oder Letrozol zu verabreichen, um einen Therapieerfolg zu erzielen. Die nachfolgende Zweittherapie mit Anastrozol oder Lestrozol im Anschluss an die unter der Behandlung mit Tamoxifen nicht einged&#228;mmte Krebserkrankung repr&#228;sentiert deswegen eine palliative Behandlung an einem manifesten (fortschreitenden) Tumor. Wie eingangs erw&#228;hnt, widmet sich das Klagepatent bei dieser Ausgangslage der Aufgabe, einen Behandlungsansatz f&#252;r denjenigen Fall bereitzustellen, dass auch die Zweitbehandlung mit einem Aromataseinhibitor (Anastrozol oder Lestrozol) scheitert. Bezug genommen ist insoweit auf die aus dem Stand der Technik gel&#228;ufige Behandlungssituation eines trotz Tamoxifenbehandlung progredierenden Brustkrebstumors, der auch unter der Wirkung eines Aromataseinhibitors nicht einzud&#228;mmen ist. Auf ihn &#8211; den trotz zweier Vorbehandlungen manifesten Tumor &#8211; bezieht sich deshalb auch die L&#246;sung des Klagepatents, bei Fehlschlagen der im Stand der Technik empfohlenen Zweitbehandlung mit einem Aromataseinhibitor als dritten Wirkstoff Fulvestrant zu verabreichen.</p> <span class="absatzRechts">139</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(5)</span></p> <span class="absatzRechts">140</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdekammerentscheidung vom 14.02.2013 liegt kein anderes Verst&#228;ndnis der Erfindung zugrunde. Im Gegenteil wird auch dort der Beitrag des Klagepatents durchweg in der Empfehlung von Fulvestrant zur Drittlinienbehandlung von Brustkrebs gesehen (vgl. Rz. 2.4.4, 2.4.5 Mitte) und im Rahmen der Pr&#252;fung auf erfinderische T&#228;tigkeit mit der sich infolge <span style="text-decoration:underline">jeder</span> Tumorbehandlung st&#228;rker einstellenden Therapieresistenz argumentiert. In Rz. 2.4.6 hei&#223;t es in diesem Sinne &#8211; auszugsweise &#8211; wie folgt (Anm.: Hervorhebungen sind hinzugef&#252;gt):</p> <span class="absatzRechts">141</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Bei der Beurteilung, ob die Verwendung von Fulvestrant als ein Drittlinien-Agens &#8230; naheliegt, sind die folgenden Faktoren zu ber&#252;cksichtigen:</em></p> <span class="absatzRechts">142</span><p class="absatzLinks"><em>(a)&#160;&#160;&#160; Mit jeder neuen Resistenz wird der <span style="text-decoration:underline">Tumor &#8222;b&#246;sartiger&#8220; und schwieriger zu behandeln</span>. Folglich ist es keineswegs selbstverst&#228;ndlich, dass ein Wirkstoff, der bei der Zweitlinienbehandlung wirksam ist, f&#252;r eine <span style="text-decoration:underline">Drittlinienbehandlung</span> geeignet ist.</em></p> <span class="absatzRechts">143</span><p class="absatzLinks"><em>(b)&#160;&#160;&#160; Falls der <span style="text-decoration:underline">Tumor</span> - &#8230; - <span style="text-decoration:underline">gegen einen Aromataseinhibitor und</span> einen partiellen &#214;strogenagonisten wie <span style="text-decoration:underline">Tamoxifen resistent ist</span>, w&#252;rde der Fachmann tendenziell ein <span style="text-decoration:underline">Drittlinien</span>-<span style="text-decoration:underline">Agens</span> w&#228;hlen, dessen Wirkmechanismus von jenem eines partiellen &#214;strogenagonisten und eines Aromataseinhibitors verschieden ist. Ob dies den Fachmann veranlassen w&#252;rde, eine Verbindung wie Fulvestrant in Betracht zu ziehen, ist jedoch fraglich angesichts der Tatsache, dass sich Fulvestrant &#8230; im Hinblick auf seinen Wirkmechanismus nicht grundlegend von Tamoxifen unterscheidet. &#8230; Daher w&#228;re eine Verbindung wie Fulvestrant unter diesen Umst&#228;nden nicht die erste Wahl f&#252;r den Fachmann gewesen.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">144</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(6)</span></p> <span class="absatzRechts">145</span><p class="absatzLinks">Demgegen&#252;ber bietet die Klagepatentschrift keinen Anhaltspunkt daf&#252;r, dass eine blo&#223; adjuvante Vorbehandlung relevant sein k&#246;nnte. Zwar sieht der in den Abs&#228;tzen [0028] ff. umrissene Pr&#252;fplan, der in der Patentschrift (Absatz [0028]) als bevorzugtes Ausf&#252;hrungsbeispiel der Erfindung ausgewiesen ist, eine Ber&#252;cksichtigung auch solcher Patientinnen vor, die vor ihrer Behandlung mit Anastrozol oder Letrozol den Wirkstoff Tamoxifen erhalten haben (Absatz [0038]). Aus Absatz [0037] ergibt sich jedoch, dass es w&#228;hrend der Anastrozol- oder Letrozol-Behandlung zu einer Krankheitsprogression gekommen sein muss, womit die Behandlung mit dem Aromataseinhibitor palliativ geschehen ist. Nichts anderes gilt f&#252;r die vorgelagerte Tamoxifen-Therapie, die nach dem Beschreibungstext nicht &#8222;entweder&#8220; als Zusatztherapie (adjuvant) &#8222;oder&#8220; zur Behandlung einer fortgeschrittenen Krebserkrankung (palliativ) erfolgt sein kann, sondern &#8222;sowohl&#8220; zus&#228;tzlich &#8222;als auch&#8220; palliativ stattgefunden haben muss. Letztlich kann dies aber sogar auf sich beruhen, weil der Pr&#252;fplan ohnehin jenseits der geltenden Anspruchsfassung des Klagepatents liegt, weil ihm die &#8211; nicht patentgem&#228;&#223;e - Situation eines lediglich einmaligen Fehlschlagens einer Vorbehandlung (sic.: mit einem Aromataseinhibitor) zugrunde liegt.</p> <span class="absatzRechts">146</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(7)</span></p> <span class="absatzRechts">147</span><p class="absatzLinks">Gerade weil ein blo&#223; einmaliges Fehlschlagen nicht ausreicht, ist der Patentanspruch im Zuge des Erteilungsverfahrens dahingehend beschr&#228;nkt worden, dass ein Patentschutz nicht schon &#8211; wie urspr&#252;nglich angemeldet &#8211; f&#252;r die Verwendung von Fulvestrant nach erfolgloser Krebsbehandlung mit einem Aromataseinhibitor (einfache Resistenz) gew&#228;hrt wird, sondern erst dann eingreift, wenn sich dar&#252;ber hinaus auch eine Vorbehandlung mit Tamoxifen &#8211; und somit eine doppelte Resistenz des zu behandelnden Krebses &#8211; als fehlgeschlagen herausgestellt hat. Zwar definiert Absatz [0018] den Begriff des &#8222;Fehlschlagens&#8220; f&#252;r die Zwecke der Erfindung legaliter dahin, &#8222;<em>dass das Wachstum des Mammakarzinoms (breast cancer) durch die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen, oder auch beidem, nicht l&#228;nger einged&#228;mmt wird</em>, wobei aus dem Wort &#8222;oder&#8220; auf erste Sicht der Schluss gezogen werden k&#246;nnte, im Zusammenhang mit der Erfindung reiche die Feststellung eines konkreten Fehlschlagens nur im Hinblick auf einen Wirkstoff, d.h. entweder des Aromataseinhibitors oder von Tamoxifen. Ein derartiges Verst&#228;ndnis st&#252;nde jedoch in eklatantem Gegensatz zu dem gesamten restlichen Inhalt der Patentschrift, wie er vorstehend erl&#228;utert worden ist, und kann deswegen keine sinnvolle Interpretation f&#252;r den Durchschnittsfachmann sein. Vielmehr wird er die besagte Beschreibungsstelle als Erl&#228;uterung verstehen, die dem urspr&#252;nglichen, deutlich weitergehenden Anmeldungsinhalt geschuldet ist und die &#8211; genauso wie der klinische Pr&#252;fplan gem&#228;&#223; Beispiel 1 &#8211; au&#223;erhalb des geltenden Erfindungsgedankens liegt und deshalb im Zuge des Erteilungsverfahrens richtigerweise zum Teil (n&#228;mlich im Hinblick auf ein Fehlschlagen nur einer Vorbehandlung) h&#228;tte gestrichen werden m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">148</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">2.</span></p> <span class="absatzRechts">149</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von dem dargelegten Verst&#228;ndnis des Klagepatents und seiner technischen Lehre scheidet eine Patentverletzung im Streitfall aus.</p> <span class="absatzRechts">150</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">a)</span></p> <span class="absatzRechts">151</span><p class="absatzLinks">Wie die Kl&#228;gerin einr&#228;umt, ist das streitbefangene Pr&#228;parat von der Beklagten nicht sinnf&#228;llig f&#252;r die patentgem&#228;&#223;e Verwendung hergerichtet. Soweit in der Gebrauchsinformation &#252;berhaupt eine palliative Vorbehandlung angesprochen wird, bezieht sie sich auf eine Progression der Krebserkrankung unter der Behandlung mit einem Anti&#246;strogen. Die vom Klagepatent vorausgesetzte weitere fehlgeschlagene Vortherapie mit einem Aromataseinhibitor findet demgegen&#252;ber keinerlei Erw&#228;hnung. Gleiches gilt &#8211; worauf an dieser Stelle nur vorsorglich hinzuweisen ist &#8211; dann, wenn eine adjuvante Vortherapie mit in Betracht gezogen wird, denn auch der fehlgeschlagene adjuvante Einsatz eines Aromataseinhibitors findet in der Gebrauchsinformation keine Erw&#228;hnung.</p> <span class="absatzRechts">152</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span></p> <span class="absatzRechts">153</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Senats (GRUR 2017, 1107 &#8211; &#214;strogenblocker) ist - da im Zentrum des durch ein Verwendungspatent vermittelten Schutzes die objektive Eignung des betreffenden Arzneimittels f&#252;r die patentgem&#228;&#223;e Verwendung steht (BGH, GRUR 2016, 921 &#8211; Pemetrexed) &#8211; eine Haftung des Pr&#228;paratvertreibers allerdings in Ausnahmef&#228;llen auch ohne eigene sinnf&#228;llige Herrichtungsma&#223;nahmen denkbar.</p> <span class="absatzRechts">154</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">aa)</span></p> <span class="absatzRechts">155</span><p class="absatzLinks">Mit R&#252;cksicht auf den nicht allumfassenden, sondern eingeschr&#228;nkten, n&#228;mlich zweckgebundenen Stoffschutz m&#252;ssen lediglich Bedingungen erf&#252;llt sein: Erstens muss das Produkt f&#252;r den patentgem&#228;&#223;en Zweck tauglich sein und Zweitens muss sich der Vertreiber Umst&#228;nde zunutze machen, die in &#228;hnlicher Weise wie eine sinnf&#228;llige Herrichtung daf&#252;r sorgen, dass es mit dem Pr&#228;parat zu dem zweckgebundenen therapeutischen Gebrauch kommt. Letzteres verlangt einen hinreichenden, nicht blo&#223; vereinzelten Verwendungsumfang nach Ma&#223;gabe des Klagepatents sowie ein dahingehendes Wissen oder zumindest ein treuwidriges Verschlie&#223;en des Lieferanten vor der diesbez&#252;glichen Kenntnisnahme (Senat, GRUR 2017, 1107 &#8211; &#214;strogenblocker). Wenn dem Generikaunternehmen die ihm g&#252;nstige Verschreibungspraxis gel&#228;ufig ist oder jedenfalls h&#228;tte bekannt sein m&#252;ssen und es diese Praxis durch Belieferung seiner Gro&#223;h&#228;ndler dennoch f&#252;r sich ausnutzt, ist es angemessen, den Generikahersteller daf&#252;r in die patentrechtliche Pflicht zu nehmen.</p> <span class="absatzRechts">156</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">157</span><p class="absatzLinks">In welchem genauen Umfang die herrichtungsfreie Verwendung nach Ma&#223;gabe des Klagepatents stattfinden muss, um haftungsbegr&#252;ndend zu sein, hat der Senat bisher noch nicht entschieden. Ma&#223;geblich sind folgende, an der Herrichtungssituation orientierte &#220;berlegungen: Die sinnf&#228;llige Herrichtung muss den patentgem&#228;&#223;en Gebrauch nicht als alleinigen und ausschlie&#223;lichen Verwendungszweck vorgeben; vielmehr kommt es nur darauf an, dass der erfindungsgem&#228;&#223;e Gebrauch &#8211; ggf. neben anderen &#8211; &#252;berhaupt zu derjenigen Verwendung geh&#246;rt, zu der die Herrichtung anleitet. Relevant ist daher sowohl die Konstellation, dass die Gebrauchsanleitung selbst mehrere Verwendungsm&#246;glichkeiten erw&#228;hnt, zu denen der patentgesch&#252;tzte Gebrauch z&#228;hlt, als auch der Fall, dass sich die Gebrauchsanleitung nur zu der gesch&#252;tzten Verwendung verh&#228;lt, jedoch offensichtlich ist, dass es daneben andere, konkurrierende Einsatzgebiete gibt. Weil dem so ist, kann auch in F&#228;llen des herrichtungsfreien cross-label-use nicht nur ein solcher Gebrauch haftungsrelevant sein, der ausschlie&#223;lich oder nahezu ausschlie&#223;lich die patentgem&#228;&#223;e Verwendung betrifft. Entscheidend ist vielmehr das sichere Wissen (dem das Verschlie&#223;en vor der Erkenntnis gleich steht) darum, dass es mit dem vertriebenen Arzneimittel tats&#228;chlich zu der patentgerechten Verordnung und Verwendung kommen wird. Denn derjenige, der in dem besagten Wissen agiert, muss sich hinsichtlich der Konsequenzen so behandeln lassen, als h&#228;tte er den f&#252;r sich gesch&#228;ftlich ausgenutzten herrichtungsfreien Zustand selbst durch eine entsprechende Herrichtungsma&#223;nahme herbeigef&#252;hrt. Tatrichterlich muss also &#8211; erstens &#8211; festgestellt werden, dass es in hinreichen-dem Umfang zu einer patentgerechten Verwendung gekommen ist, und dass dem Generikaunternehmen dieser Sachverhalt &#8211; zweitens &#8211; schlechterdings nicht verborgen geblieben sein kann. Mit der Zahl der nachweisbar vorgefallenen patentgem&#228;&#223;en Verwendungsf&#228;lle steigt naturgem&#228;&#223; die Chance auf eine dahingehende tatrichterliche Feststellung, weswegen blo&#223; vereinzelt gebliebene Gebrauchsf&#228;lle im Allgemeinen keine herrichtungsfreie Haftung begr&#252;nden k&#246;nnen. Ein weiteres Haftungsszenario kann sich aus besonderen, &#252;berragenden Vorteilen der patentgem&#228;&#223;en Verwendung gegen&#252;ber anderen Therapiezwecken ergeben, die geradezu dazu herausfordern, das Pr&#228;parat patentgerecht &#8211; und nicht anders &#8211; einzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">158</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">159</span><p class="absatzLinks">Handelt es sich &#8211; wie hier - um ein verschreibungspflichtiges Medikament, dessen Einnahme nur nach Ma&#223;gabe der &#228;rztlichen Verordnung zu Anwendungsgebieten und Dosierung zu erwarten steht, entscheidet diejenige Verschreibungspraxis, die nach dem Inhalt der dem Arzt f&#252;r seine Verordnung zur Verf&#252;gung stehenden Mittel in Rechnung zu stellen ist. Zentrale Bedeutung hat insoweit die Fachinformation, die integraler Bestandteil der Arzneimittelgenehmigung ist und abschlie&#223;end die Merkmale von dessen f&#252;r den Vertrieb genehmigter Version definiert. Weil die genehmigte mit der auf den Markt gebrachten Version des Arzneimittels &#252;bereinstimmen <em>muss</em>, steht nach der Lebenserfahrung fest, dass der Arzt die einzelnen Medikamente nur nach Ma&#223;gabe ihrer jeweiligen konkreten Fachinformation verordnen wird, so dass ein Generikum, das &#8211; anders als das Pr&#228;parat des Originators &#8211; z.B. aus patentrechtlichen Gr&#252;nden eine bestimmte (patentgesch&#252;tzte) Indikation/Dosierung nicht aufweist, einem Patienten daf&#252;r auch nicht verschrieben werden wird, weswegen das generische Medikament &#8211; in der weiterenFolge &#8211; auch nicht therapeutisch in diesem Sinne zum Einsatz kommen wird.</p> <span class="absatzRechts">160</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(3)</span></p> <span class="absatzRechts">161</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Unterlassungshaftung macht es dennoch einen ganz wesentlichen Unterschied, ob das Arzneimittel sinnf&#228;llig hergerichtet wurde oder nicht: Beruht die Haftung des Generikaunternehmens (oder sonstigen Vertreibers) auf einer sinnf&#228;lligen Herrichtung des Pr&#228;parates f&#252;r die patentgesch&#252;tzte Verwendung, so begr&#252;ndet nach allgemeinen Regeln jeder singul&#228;re Verletzungsfall (= sinnf&#228;llige Herrichtung mit nachfolgendem Angebot/Vertrieb), auch der allererste und einzige, die Gefahr k&#252;nftiger Wiederholung (des Vertriebs sinnf&#228;llig hergerichteter Pr&#228;parate und im Anschluss daran deren herrichtungsgem&#228;&#223;er Verwendung), was ohne weiteres zur Unterlassungsverurteilung f&#252;hrt, sofern der Verletzer nicht vorgerichtlich eine ausreichend strafbew&#228;hrte Unterwerfungserkl&#228;rung abgibt. V&#246;llig anders verh&#228;lt es sich bei einem Vertreiber, der keine Herrichtungsma&#223;nahme unternommen hat und dessen Haftung allein auf einer tats&#228;chlichen, der gesch&#252;tzten Verwendungsweise entsprechenden Verschreibungspraxis beruhen soll. Selbst wenn in der Vergangenheit ein hinreichender tats&#228;chlicher Gebrauch praktiziert worden ist (was f&#252;r die betreffende Zeit zur Schadenersatz- und Auskunftspflicht des Vertreibers f&#252;hrt), kommt eine Unterlassungsverurteilung nur in Betracht, wenn sich auch aktuell, d.h. f&#252;r den Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung, noch eine haftungsrelevante Verschreibungs&#252;bung feststellen l&#228;sst. Ist dies nicht der Fall, weil das Pr&#228;parat zwar in fr&#252;heren Zeiten cross-label eingesetzt wurde, sich die Verschreibungspraxis zwischenzeitlich jedoch (z.B. wegen neuer Wirkstoffe, die das fragliche Arzneimittel als Therapeutikum zunehmend abgel&#246;st haben) ge&#228;ndert hat, scheidet eine Verurteilung zur Unterlassung aus. Denn sie kn&#252;pft eben nicht &#8211; wie die Haftung wegen sinnf&#228;lliger Herrichtung &#8211; an ein bestimmtes Verhalten des Verletzers an, dessen kausalit&#228;tsbegr&#252;ndende Wiederholung nach der Lebenserfahrung zu erwarten ist, sondern sie fu&#223;t einzig und allein auf bestimmten &#228;u&#223;eren Rahmenbedingungen (sic.: einer tats&#228;chlichen Verschreibungshandhabung), die, wenn sie aufgrund des Wandels der Zeit nicht mehr gegeben sind, auch keine Grundlage mehr f&#252;r eine Unterlassungspflicht des Vertreibers bilden k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">162</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">bb)</span></p> <span class="absatzRechts">163</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen der Kl&#228;gerin ergibt nicht, dass das streitbefangene Pr&#228;parat der Beklagten aufgrund einer tats&#228;chlichen Verschreibungspraxis in einem ausreichenden Umfang in solchen F&#228;llen zum Einsatz kommt oder gekommen ist, bei denen die Krebspatientin zuvor palliativ erfolglos sowohl mit Tamoxifen als auch mit einem Aromataseinhibitor behandelt worden ist.</p> <span class="absatzRechts">164</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">165</span><p class="absatzLinks">Nach der Sonderauswertung der D. AG &#8211; deren Richtigkeit zugunsten der Kl&#228;gerin unterstellt werden kann und in Bezug auf die die Kl&#228;gerin selbst darauf beharrt, dass ihre Ergebnisse repr&#228;sentativ sind &#8211; ist von folgenden Daten f&#252;r die Verwendung von Fulvestrant nach palliativer Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor auszugehen:</p> <span class="absatzRechts">166</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p><strong>Zeitraum der Behandlung mit Fulvestrant:</strong></p> </td> <td><p>2007 &#8211; 2009</p> </td> <td><p>2010 - 2012</p> </td> <td><p>2013 - 2014</p> </td> <td><p>2015 - 2016</p> </td> </tr> <tr><td><p><strong>&#8230; % der Brustkrebs-</strong></p> <p><strong>patientinnen:</strong></p> </td> <td><p>6,9</p> </td> <td><p>3,1</p> </td> <td><p>2,2</p> </td> <td><p>0,0</p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">167</span><p class="absatzLinks">Maximal waren daher weniger als 7 % aller Krebspatientinnen, die mit Fulvestrant therapiert worden sind, zuvor palliativ erfolglos mit Tamoxifen sowie einem Aromataseinhibitor behandelt worden. Schon angesichts dieses deutlich einstelligen Zahlenwertes geschieht die zur Erfindungsbenutzung f&#252;hrende Verschreibungspraxis vereinzelt und keinesfalls in einem Umfang, dass er der Beklagten keinesfalls verborgen bleiben konnte. Auch die Kl&#228;gerin, die sich zur Rechtfertigung ihrer Klageanspr&#252;che auf den palliativen und adjuvanten Gesamteinsatz von Fulvestrant st&#252;tzt, der im Durchschnitt der Jahre bei 45,7 % gelegen hat, zeigt nicht konkret auf, dass und weshalb f&#252;r die Beklagte ein (allein ma&#223;geblicher) palliativer Benutzungsumfang, der sich mit weniger als 7 % in einer g&#228;nzlich anderen Gr&#246;&#223;enordnung abspielt, un&#252;bersehbar gewesen sein soll. Schon deswegen scheiden s&#228;mtliche Klageanspr&#252;che aus. Mit Blick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch kommt eine Haftung der Beklagten erst Recht nicht in Betracht, weil &#8211; bezogen auf den Tag der m&#252;ndlichen Verhandlung (09.01.2019) &#8211; f&#252;r die letzten vier Jahre kein einziger Fall einer patentgem&#228;&#223;en Fulvestrant-Verordnung nach erfolgloser palliativer Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor nachweisbar ist. F&#252;r den ma&#223;geblichen aktuellen Zeitpunkt l&#228;sst sich daher eine zur patentgesch&#252;tzten Verwendung f&#252;hrende Verordnungspraxis schlechterdings nicht feststellen. Seit Einleitung des Klageverfahrens mag die Beklagte zwar aufgrund der ihr pr&#228;sentierten Sonderauswertung in Kenntnis &#252;ber die dem Patent entsprechende Verschreibungspraxis gewesen sein, was von diesem Zeitpunkt an den Vorwurf tragen k&#246;nnte, die Beklagte habe sich durch ihre unver&#228;nderte Belieferung von Abnehmern den praktizierten cross-label-use bewusst und mithin haftungsbegr&#252;ndend zunutze gemacht; allerdings belegen die Daten der Kl&#228;gerin, die schon f&#252;r die lange vor Rechtsh&#228;ngigkeit liegenden Jahre 2015 und 2016 einen Nullwert ausweisen, nicht, dass es mit solchen, von der Beklagten in Kenntnis des Sachverhaltes unternommenen Lieferungen zumindest ein Mal zu einer patentgerechten Verschreibung und Verwendung gekommen ist.</p> <span class="absatzRechts">168</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">169</span><p class="absatzLinks">Aus der eidesstattlichen Versicherung des Privatgutachters der Kl&#228;gerin Prof. Dr. E. vom 14.02.2017 (Anlage HE 9) ergeben sich keine im Vergleich zu den Daten aus der Sonderauswertung zugunsten der Kl&#228;gerin anderen Erkenntnisse. Soweit in der Versicherung &#8211; ohnehin auf blo&#223; subjektiven Sch&#228;tzungen des Verfassers beruhende &#8211; Zahlen einer Fulvestrant-Therapie genannt werden, handelt es sich ausnahmslos um solche Patientinnen, die zuvor <em>adjuvant</em> mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor versorgt worden sind, ohne dass insoweit irgendeine n&#228;here Aufschl&#252;sselung stattfindet. Dazu, in wie vielen F&#228;llen Fulvestrant nach einer fehlgeschlagenen palliativen Vorbehandlung mit den besagten Wirkstoffen verabreicht worden ist, verh&#228;lt sich Prof. Dr. E. nicht.</p> <span class="absatzRechts">170</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">cc)</span></p> <span class="absatzRechts">171</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis mangelnder Patentverletzung w&#228;re im &#220;brigen kein anderes, wenn solche adjuvanten Vorbehandlungen ber&#252;cksichtigt w&#252;rden, von denen feststeht, dass sie sich als bei der Behandlung der Brustkrebserkrankung, an der die zu versorgende Patientin leidet, unwirksam erwiesen haben. Denn die von der Kl&#228;gerin pr&#228;sentierten Daten lassen diesbez&#252;gliche spezifizierte Feststellungen nicht zu.</p> <span class="absatzRechts">172</span><p class="absatzLinks">Zwar sieht die Sonderauswertung eine gesonderte Fallgruppe derjenigen Patientinnen vor, die mit <em>einem</em> Wirkstoff (Tamoxifen bzw. einem Aromataseinhibitor) adjuvant (d.h. postoperativ prophylaktisch) und mit dem jeweils <em>anderen</em> Wirkstoff (d.h. einem Aromataseinhibitor bzw. Tamoxifen) palliativ therapiert worden sind, woraus folgt, dass es vor der palliativen Behandlung zu einem abermaligen Krebstumor gekommen sein muss, weil es ansonsten keinen Grund f&#252;r eine palliative Therapie geben w&#252;rde. Die adjuvante Vorbehandlung k&#246;nnte dann als &#8222;fehlgeschlagen&#8220; betrachtet werden, wenn die erneute Tumorbildung unter der laufenden adjuvanten Vorbehandlung oder in engem zeitlichen Zusammenhang zu ihrer Beendigung stattgefunden hat. Denn dann st&#252;nde fest, dass die erste (adjuvante) Vorbehandlung gescheitert ist, weil unter ihr abermals ein Tumor aufgetreten ist. Ist die Gabe von Fulvestrant unmittelbar im Anschluss an die palliative Vorbehandlung erfolgt, so w&#228;re ferner davon auszugehen, dass auch die zweite, palliative Therapie fehlgeschlagen ist, weil ihr Versagen der Grund f&#252;r die Fulvestrant-Therapie gewesen ist.</p> <span class="absatzRechts">173</span><p class="absatzLinks">Die Sonderauswertung l&#228;sst indessen nicht zweifelsfrei erkennen, ob die Verh&#228;ltnisse tats&#228;chlich so gewesen sind oder ob (und ggf. in welchem Umfang) der Tumor unter der palliativen Zweitbehandlung &#8211; was die Annahme eines Fehlschlages ausschlie&#223;enw&#252;rde &#8211; zun&#228;chst einged&#228;mmt werden konnte und Fulvestrant (z.B. aus Gr&#252;nden einer ggf. zwischenzeitlichen Unvertr&#228;glichkeit oder Kontraindikation) erst geraume Zeit sp&#228;ter verabreicht wurde, weil es im Abstand zu der erfolgreichen Palliativbehandlung w&#228;hrend und als Folge des therapiefreien Intervalls zur abermaligen Ausbildung eines Tumors gekommen ist. Die Er&#246;rterungen im Verhandlungstermin vom 09.01.2019 haben diesbez&#252;glich ebenfalls keine Klarheit erbracht.</p> <span class="absatzRechts">174</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet der vorstehenden Ausf&#252;hrungen kommt speziell eine Unterlassungsverurteilung keinesfalls in Betracht, weil &#8211; unter Einschluss der zus&#228;tzlichen Fallgruppe (&#8222;eines adjuvant, eines palliativ&#8220;) - ausweislich der Sonderauswertung f&#252;r die Zeit von 2015 bis 2016 von einem patentgem&#228;&#223;en Verwendungsumfang von insgesamt lediglich 1,9 % auszugehen ist. Dieser Wert ist schon f&#252;r sich betrachtet f&#252;r eine Haftung der Beklagten g&#228;nzlich unzureichend; erst Recht gilt dies, wenn ber&#252;cksichtigt wird, dass f&#252;r den vorangehenden Zeitraum von 2013 bis 2014 noch deutlich h&#246;here Werte ausgewiesen sind (&#8222;eines adjuvant, eines palliativ&#8220;: 15,7 %; &#8222;beides palliativ&#8220;: 2,2 %) und zus&#228;tzlich in Rechnung gestellt wird, dass sich die ohnehin schon marginalen Werte f&#252;r 2015 bis 2016 auf eine signifikant geringere Patientenzahl (von 52) st&#252;tzen als sie den Zahlen der Vorjahre (174, 129, 89) zugrunde liegen. Der skizzierte Verlauf l&#228;sst f&#252;r die Jahre 2017 und 2018 nur eine einzige Prognose zu, n&#228;mlich die eines von 1,9 % weiter signifikant abfallenden patentgem&#228;&#223;en Verwendungsumfangs, womit angesichts der aktuellen Bedeutungslosigkeit des palliativen sowie des teils adjuvanten und teils palliativen Gebrauchs von Fulvestrant ein Unterlassungsanspruch auszuscheiden hat.</p> <span class="absatzRechts">175</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">III.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">176</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 97 Abs. 1 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">177</span><p class="absatzLinks">Die Anordnungen zur vorl&#228;ufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf &#167;&#167; 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">178</span><p class="absatzLinks">Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, weil die hierf&#252;r in &#167; 543 ZPO aufgestellten Voraussetzungen ersichtlich nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung zur Patentauslegung hat die Rechtssache weder grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des &#167; 543 Abs.&#160;2 Nr. 2 ZPO. Gleiches gilt mit Blick auf die vom Bundesgerichtshof allerdings noch nicht entschiedene Rechtsfrage, ob die Haftung eines Generikaunternehmens auch unabh&#228;ngig von einer sinnf&#228;lligen Herrichtung seines Pr&#228;parates in Betracht kommen kann. Denn angesichts der von der Kl&#228;gerin dargelegten Datenlage ist der patentgem&#228;&#223;e Verwendungsumfang derma&#223;en gering, dass &#8211; selbst wenn man die grunds&#228;tzliche Rechtsfrage (wie der Senat) zugunsten des Schutzrechtsinhabers beurteilen will &#8211; eine Haftung der Beklagten unter keinen Umst&#228;nden denkbar ist.</p>
171,296
olgham-2019-01-09-12-u-12318
{ "id": 821, "name": "Oberlandesgericht Hamm", "slug": "olgham", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
12 U 123/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:44
2019-02-12T13:44:35
Teilurteil
ECLI:DE:OLGHAM:2019:0109.12U123.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf den Antrag der Beklagten vom 02.11.2018 wird das am 06.09.2018 verk&#252;ndete Urteil des Landgerichts Arnsberg hinsichtlich der Vollstreckbarkeitsentscheidung wie folgt abge&#228;ndert:</p> <p>Das Urteil ist bez&#252;glich der Stellung der Sicherheit gem&#228;&#223; &#167; 648a BGB (a.F.) gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 45.700 &#8364;, hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p> <p>Die Kostenentscheidung bleibt der die Instanz abschlie&#223;enden Entscheidung vorbehalten.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Gegenstand des Teilurteils ist der Antrag nach &#167; 718 Abs. 1 ZPO, vorab &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit zu entscheiden.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Landgericht hat mit am 06.09.2018 verk&#252;ndetem Urteil die Beklagte verurteilt, der Kl&#228;gerin f&#252;r Verg&#252;tungsanspr&#252;che einschlie&#223;lich der dazugeh&#246;rigen Nebenforderungen aus dem Bauvertrag vom 29.06.2016 f&#252;r das Bauvorhaben &#8222;Neubau S #, T #, #####-N-F&#8220; Sicherheit nach ihrer Wahl durch die in &#167; 232 BGB aufgef&#252;hrten Arten der Sicherheitsleistung in H&#246;he von 41.467,58 &#8364; zu leisten. Es hat das Urteil gegen Sicherheitsleistung hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung in H&#246;he von 2.000,00 &#8364; und hinsichtlich der Kostenentscheidung in H&#246;he von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages f&#252;r vorl&#228;ufig vollstreckbar erkl&#228;rt.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit hat es ausgef&#252;hrt, dies beruhe auf &#167; 709 ZPO, wobei sich die H&#246;he hinsichtlich der Hauptsacheverurteilung nach der Regelung des &#167; 717 Abs. 2 ZPO richte und die Folgen einer m&#246;glichen Ab&#228;nderung des Urteils ber&#252;cksichtige. Nach der Regelung des &#167; 648a Abs. 3 S. 1 BGB (a.F.) gehe der Gesetzgeber von &#8222;&#252;blichen Kosten der Sicherheitsleistung&#8220; bis zu einem Satz von 2 % f&#252;r das Jahr aus. Die Kammer habe den Betrag auf 5 % des ausgeurteilten Sicherheitsbetrages erh&#246;ht.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Berufung ist innerhalb der verl&#228;ngerten Berufungsbegr&#252;ndungsfrist begr&#252;ndet worden.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte wendet sich vorab gegen den Ausspruch &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Dazu f&#252;hrt sie aus, das Landgericht habe die H&#246;he der Sicherheitsleistung fehlerhaft festgesetzt. Die Sicherheitsleistung m&#252;sse vollst&#228;ndig den Schaden decken, den der Vollstreckungsschuldner im Falle der Ab&#228;nderung des Urteils bei zwischenzeitlich erfolgter Vollstreckung erleiden w&#252;rde. Der Schaden erstrecke sich auf die Wiederherstellung des fr&#252;heren Zustandes durch R&#252;ckgabe von allem, was der Vollstreckungsschuldner gezahlt oder geleistet habe. Vorliegend beliefe sich der Schaden im Falle der Vollstreckung zun&#228;chst auf mindestens den ausgeurteilten Betrag, da das Verm&#246;gen der Beklagten in diesem Umfang gemindert sei. Werde das Urteil im Berufungsverfahren aufgehoben und sollte die vollstreckte Bauhandwerkersicherheit nicht mehr vorhanden oder die Freigabe praktisch nicht mehr durchsetzbar sein, sei der Schaden endg&#252;ltig entstanden. &#167; 648a Abs. 3 S. 1 BGB (a.F.) regele nur die Kostentragung der Sicherheitsleistung beim Besteller, die der Unternehmer zu erstatten habe. Die Sicherheitsleistung h&#228;tte auf mindestens 45.700 &#8364; (41.467,58 &#8364; + 10 %) festgesetzt werden m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin verteidigt die ausgesprochene H&#246;he der Sicherheitsleistung.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgr&#252;nde</strong></p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>I.</strong></p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Der Antrag auf Vorabentscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit nach &#167; 718 Abs. 1 ZPO ist zul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist statthaft, da ein Urteil vorliegt, das f&#252;r vorl&#228;ufig vollstreckbar erkl&#228;rt wurde, und das Urteil mit der Berufung angefochten wurde (vgl. Herget in: Z&#246;ller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167;&#160;718 ZPO, Rn. 1). Die Berufung ist zul&#228;ssig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begr&#252;ndet wurde.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Es liegt auch das erforderliche Rechtsschutzbed&#252;rfnis vor. Das Rechtsschutzbed&#252;rfnis besteht, solange die Zwangsvollstreckung noch nicht beendet ist (vgl. M&#252;KoZPO/G&#246;tz, 5. Aufl. 2016, &#167; 718 ZPO, Rn. 3 m.w.N.). Die Kl&#228;gerin hat die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils beantragt und die vollstreckbare Ausfertigung wurde erteilt.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>II.</strong></p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Antrag ist auch begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks"><strong>1.</strong> Die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Hauptsacheentscheidung richtet sich &#8211; wie das Landgericht zutreffend zugrunde legt &#8211; nach &#167; 709 S. 1 ZPO, da keine Geldforderung zu vollstrecken ist.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Bei der Ermittlung der H&#246;he der auszusprechenden Sicherheitsleistung nach &#167; 709 S. 1 ZPO ist die Regelung des &#167; 717 Abs. 2 S. 1 ZPO zu beachten. Danach ist der Kl&#228;ger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Hinsichtlich des durch die Sicherheitsleistung abzuwendenden Schadens und der H&#246;he der auszusprechenden Sicherheitsleistung nach &#167; 709 S. 1 ZPO bestehen unterschiedliche Auffassungen:</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><strong>a)</strong> Die landgerichtliche Rechtsprechung ist sehr uneinheitlich.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">So bemisst das Landgericht Stuttgart die Sicherheitsleistung in Orientierung an &#167; 648a Abs. 3 BGB (a.F.) mit 2 % des Sicherungsbetrages (LG Stuttgart, Urteil vom 24. Oktober 2011 &#8211; 34 O 50/11 KfH &#8211;, Rn. 74, juris). Die Landgerichte Kassel, Bremen und Paderborn &#8211; wie auch vorliegend das Landgericht Arnsberg &#8211; orientieren sich ebenfalls an &#167; 648a Abs. 3 BGB (a.F.), nehmen allerdings einen Aufschlag vor, so dass sie die Sicherheitsleistung zwischen 3&#160;% und 5&#160;% der Sicherungssumme festsetzen (vgl. LG Kassel, Teilurteil vom 01. Dezember 2011 &#8211; 5 O 468/11 &#8211;, Rn. 50, juris; LG Bremen, Urteil vom 27. M&#228;rz 2014 &#8211; 7 O 256/13 &#8211;, Rn. 35, juris; LG Paderborn, Urteil vom 09. Juni 2011 &#8211; 3 O 521/10 &#8211;,&#160;Rn.&#160;34, juris). Das Landgericht Duisburg nimmt pauschal 1/10 des Hauptsachewertes f&#252;r die Sicherheitsleistung an (vgl. LG Duisburg, Urteil vom 21.06.2012 &#8211; 21 O 27/12). Das Landgericht Hagen hat den Betrag der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherheitsleistung nebst Kostenzuschlag f&#252;r die H&#246;he der Sicherheitsleistung zugrunde gelegt (vgl. LG Hagen (Westfalen), Urteil vom 27.07.2010 &#8211; 21 O 83/10).</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks"><strong>b)</strong> Das Oberlandesgericht Hamburg hat die Sicherheitsleistung in H&#246;he der Kosten eines Verfahrens auf Herausgabe bzw. Kraftloserkl&#228;rung einer Sicherheitsleistung zuz&#252;glich Avalzinsen in H&#246;he von 2 % f&#252;r einen Zeitraum von f&#252;nf Jahren sowie einen Sicherheitszuschlag in H&#246;he von 5 % auf den Betrag der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherung bemessen (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Teilurteil vom 23. Oktober 2015&#160;&#8211; 9 U 91/15&#160;&#8211;, juris). Dabei stellt es darauf ab, der Schuldner laufe bei der vorl&#228;ufigen Vollstreckung Gefahr, dass eine von ihm als Sicherheit gestellte B&#252;rgschaft nach einem etwa f&#252;r ihn g&#252;nstigen Verlauf des Rechtsmittelverfahrens pflichtwidrig nicht zur&#252;ckgegeben werde. Es halte ferner einen Sicherheitszuschlag in H&#246;he von 5 % auf den Betrag der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherung f&#252;r das Risiko, dass der Kl&#228;ger das dem Beklagten zustehende Wahlrecht, in welcher Form die Bauhandwerkersicherheit geleistet werde, an dessen Stelle aus&#252;ben w&#252;rde, gem&#228;&#223; &#167; 887 Abs. 2 ZPO Vorauszahlung des hierf&#252;r erforderlichen Geldbetrages verlangen k&#246;nnte und damit die Gefahr best&#252;nde, dass etwa Gl&#228;ubiger des Kl&#228;gers auf diesen Betrag zugreifen k&#246;nnten, f&#252;r angemessen. Das Risiko sch&#228;tze es aber als gering ein, weil auch noch nach Beginn der Zwangsvollstreckung die M&#246;glichkeit des Schuldners best&#252;nde, der Verbindlichkeit zur Bauhandwerkersicherheitsleistung in anderer Weise nachzukommen.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks"><strong>c)</strong> Das Oberlandesgericht Karlsruhe bemisst die nach &#167; 709 S. 1 ZPO auszusprechende Sicherheitsleistung nach dem Betrag der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherheitsleistung nebst Kostenzuschlag und m&#246;glicher weiterer Vollstreckungssch&#228;den und sch&#228;tzt den Gesamtbetrag auf 110 % des Betrages der ausgeurteilten Bauhandwerkersicherheitsleistung (vgl. OLG Karlsruhe, Teilurteil vom 11. Oktober 2016&#160;&#8211; 8 U 102/16&#160;&#8211;, juris).</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Es stellt dabei ebenfalls darauf ab, dass sich der Gl&#228;ubiger gem&#228;&#223; &#167; 887 Abs. 1 ZPO erm&#228;chtigen lasse und zugleich die Verurteilung des Schuldners zur Vorauszahlung der hierdurch entstehenden Kosten gem&#228;&#223; &#167; 887 Abs. 2 ZPO erwirken werde, wobei die Gefahr best&#252;nde, dass Gl&#228;ubiger des Gl&#228;ubigers auf den erlangten Betrag zugreifen k&#246;nnten. Die Erw&#228;gung, der Schuldner k&#246;nne zur Abwendung der Zwangsvollstreckung die Sicherheit gem&#228;&#223; &#167; 648a BGB (a.F.) stellen, liefe auf den vorweggenommenen Vorwurf eines Mitverschuldens hinaus. Es vertritt die Ansicht, dass nach der Konzeption des &#167; 709 ZPO die H&#246;he der zu leistenden Sicherheit unbeschadet der Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Sicherungsfalles zu bestimmen sei.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks"><strong>d)</strong> In der Literatur findet sich ein Anschluss an die Auffassung des OLG Karlsruhe (vgl. Herget in: Z&#246;ller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, &#167; 709 ZPO, Rn. 6; Ulrici in BeckOK ZPO, 30. Ed. 15.9.2018, ZPO &#167; 709 Rn. 5.3; Schmitz in Kniffka-Schmitz Bauvertragsrecht 2017, &#167; 648a, Rn. 35 nach ibr-online.de).</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><strong>e)</strong> Der Senat bemisst den durch die Sicherheitsleistung nach &#167; 709 ZPO abzudeckenden Schaden nach der H&#246;he der Bauhandwerkersicherheitsleistung nach &#167; 648a BGB (a.F.) (&#167; 650f BGB n.F.) nebst Kostenzuschlag und m&#246;glicher weiterer Vollstreckungssch&#228;den von zus&#228;tzlich rund 10 %.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Im Ergebnis und der wesentlichen Begr&#252;ndung folgt der Senat der Entscheidung des OLG Karlsruhe.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Denn im Fall der Verurteilung zur Bauhandwerkersicherheitsleistung richtet sich die Art und Weise der Bauhandwerkersicherheitsleistung nach den &#167;&#167; 232 ff. BGB und erg&#228;nzend nach &#167; 648a Abs. 2 S. 1 BGB (a.F.) (&#167; 650f Abs. 2 S. 1 BGB n.F.). Danach stehen dem Schuldner zur Bauhandwerkersicherheitsleistung verschiedene Alternativen zur Verf&#252;gung. Im Falle der Vollstreckung nach &#167; 887 Abs. 1 ZPO geht das Wahlrecht aus &#167;&#167; 232, 648a Abs. 2 BGB (a.F.) (&#167; 650f Abs. 2 S. 1 BGB n.F.) auf den vollstreckenden Gl&#228;ubiger &#252;ber. Auch wenn in der Praxis die Stellung einer B&#252;rgschaft die Regel ist, kann nach &#167; 232 Abs. 1, 1. Var. BGB die Bauhandwerkersicherheitsleistung durch Hinterlegung von Geld gestellt werden. F&#252;r den Fall, dass der vollstreckende Gl&#228;ubiger eine Erm&#228;chtigung nach &#167; 887 Abs. 1 ZPO erwirkt, Hinterlegung von Geld w&#228;hlt und daf&#252;r Vorschuss nach &#167; 887 Abs. 2 ZPO verlangt, h&#228;tte der Schuldner den vollen Betrag der Bauhandwerkersicherheitsleistung im Wege des Vorschusses an den Gl&#228;ubiger zu zahlen. Der Vollstreckungsschaden beliefe sich mindestens auf den vollen Betrag der Bauhandwerkersicherheitsleistung, wenn Gl&#228;ubiger des Gl&#228;ubigers vor Einzahlung bei der Hinterlegungsstelle auf den Betrag zugreifen. Der Senat bedenkt bei der Entscheidung, dass dieser Fall zwar ein theoretischer Fall ist, der aber nicht au&#223;erhalb jeder Wahrscheinlichkeit liegt. So sieht die Kommentarliteratur die Erm&#228;chtigung nach &#167; 887 Abs. 1 ZPO, Wahl der Hinterlegung von Geld und Vorschussanforderung nach &#167; 887 Abs. 2 ZPO als zweckm&#228;&#223;ige Vollstreckung an (vgl. Kniffka/Koeble Kompendium des Baurechts 4. Aufl., 10. Teil, Rn. 179). Dies ist auch eine Art der vorl&#228;ufigen Vollstreckung, die in der Praxis erfolgt (vgl. LG Hagen (Westfalen), Beschluss vom 30. November 2010&#160;&#8211; 21 O 83/10&#160;&#8211;, juris). Da die Sicherheitsleistung nach &#167; 709 S. 1 ZPO das Risiko f&#252;r jeden Fall der Vollstreckung abwenden soll, schlie&#223;t sich der Senat den Erw&#228;gungen des OLG Karlsruhe an, dass die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Sicherungsfalls ohne Ber&#252;cksichtigung zu bleiben hat.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Den Senat &#252;berzeugen die Erw&#228;gungen des OLG Hamburg dagegen nicht. Zun&#228;chst stellt das OLG Hamburg auf Kosten eines Verfahrens auf Herausgabe bzw. Kraftloserkl&#228;rung einer Sicherheitsleistung ab. F&#252;r den Eintritt eines solchen Schadens bedarf es einer Pflichtverletzung des Vollstreckungsgl&#228;ubigers, die mit der eigentlichen vorl&#228;ufigen Vollstreckung nichts zu tun hat, sondern dar&#252;ber hinausgeht. Die Sicherheitsleistung nach &#167; 709 ZPO soll aber den Schaden, der durch die vorl&#228;ufige Vollstreckung eintreten kann, und nicht einen Solchen durch eine noch zus&#228;tzlich hinzutretende Pflichtverletzung, abdecken.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Soweit das OLG Hamburg eine Risikoeinsch&#228;tzung vornimmt, setzt diese Risikoeinsch&#228;tzung voraus, dass der Schuldner die Sicherheit (zur Abwendung der Vollstreckung) leisten kann. Das kann aus ganz unterschiedlichen Gr&#252;nden nicht in jedem Fall angenommen werden, so dass im Falle der Ab&#228;nderung des Urteils der Schaden in voller H&#246;he entstehen kann.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Nach Auffassung des Senats steht auch der Gedanke der Bauhandwerkersicherung, dem Werkunternehmer eine Sicherheit bis zur Kl&#228;rung von Grund und/oder H&#246;he des Verg&#252;tungsanspruchs zu verschaffen, der Bemessung der Sicherheitsleistung nach &#167; 709 S. 1 ZPO in voller H&#246;he der Bauhandwerkersicherheitsleistung nicht entgegen. Die Regelungen der &#167;&#167; 708 ff. ZPO sehen diesen Schutz des Vollstreckungsschuldners vor. Insofern haben Belange des Vollstreckungsgl&#228;ubiger au&#223;er Betracht zu bleiben. Der Senat ber&#252;cksichtigt, dass der Werkunternehmer lediglich bis zum Abschluss eines Berufungsverfahrens eine die Bauhandwerkersicherheitsleistung &#252;bersteigende Summe zum Zwecke der vorl&#228;ufigen Vollstreckung aufwenden m&#252;sste, da ein Berufungsurteil entweder endg&#252;ltig oder jedenfalls vorl&#228;ufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar ist.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks"><strong>2.</strong> Gegen eine Aufteilung der Sicherheitsleistung getrennt f&#252;r den Hauptsacheausspruch und f&#252;r die Kosten bestehen keine Bedenken. Hinsichtlich der Kosten richtet sich die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit vorliegend nach &#167; 709 S. 2 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><strong>III.</strong></p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ist der die Instanz abschlie&#223;enden Entscheidung vorzubehalten.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Einer Entscheidung &#252;ber die vorl&#228;ufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht (vgl. M&#252;KoZPO/G&#246;tz, 5. Aufl. 2016, ZPO &#167; 718 Rn. 4 m.w.N.).</p>
171,295
olgd-2019-01-09-2-u-2818
{ "id": 820, "name": "Oberlandesgericht Düsseldorf", "slug": "olgd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
2 U 28/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:44
2019-02-12T13:44:35
Urteil
ECLI:DE:OLGD:2019:0109.2U28.18.00
<h2>Tenor</h2> <ul class="ol"><li><p>I. Die Berufung gegen das am 5. Juli 2018 verk&#252;ndete Urteil der 4c Zivilkammer des Landgerichts D&#252;sseldorf wird zur&#252;ckgewiesen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>II. Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>III. Das Urteil ist vollstreckbar.</p> </li> </ul> <ul class="ol"><li><p>IV. Der Streitwert wird auf 1.500.000,- &#8364; festgesetzt.</p> </li> </ul><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">I.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Von einer Darstellung des Sachverhaltes wird gem&#228;&#223; &#167;&#167; 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">II.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die zul&#228;ssige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Verf&#252;gungsantrag ist unbegr&#252;ndet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht eine Verletzung des Verf&#252;gungspatents (EP 1 272 195; deutscher Teil: DE 601 13 975 T2) durch die angegriffene Ausf&#252;hrungsform (F&#8230; 250 ml Injektionsl&#246;sung in einer Fertigspritze) verneint und dementsprechend den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverf&#252;gung zur&#252;ckgewiesen.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">1.</span></p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">D<ins>as</ins> Verf&#252;gungs<ins>patent</ins> betrifft die Behandlung von Brustkrebs.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">a)</span></p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Nach den Erl&#228;uterungen der Klagepatentschrift wirken &#214;strogene (die bis zur Menopause in den Eierst&#246;cken, aber auch &#8211; unabh&#228;ngig von der Menopause &#8211; in anderem Gewebe gebildet werden) bei mindestens einem Drittel der Brustkrebserkrankungen wachstumsf&#246;rdernd (Absatz [0004]). Es stellt deswegen einen anerkannten Behandlungsansatz bei der Brustkrebstherapie dar, die &#214;strogenzufuhr im Patienten zu unterbinden, was bei pr&#228;menopausalen Frauen durch eine (operative, radiologische oder medikament&#246;se) Entfernung/Ausschaltung der Eierst&#246;cke geschieht, mit der die Neuproduktion von &#214;strogen unterbunden wird, w&#228;hrend bei postmenopausalen Frauen mithilfe von Aromataseinhibitoren die Umwandlung anderer Hormone in &#214;strogen blockiert wird (Absatz [0005]).</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Als Alternative zu dem beschriebenen &#214;strogenentzug ist es nach der Schilderung des Klagepatents bekannt, Anti&#246;strogene &#8211; vornehmlich Tamoxifen &#8211; einzusetzen, deren Funktion es ist, sich kompetitiv an die &#214;strogenrezeptoren der hormonabh&#228;ngigen Tumorzellen anzulagern und auf diese Weise die &#214;strogenbindung an den Tumor zu verhindern (Absatz [0006]). Ein Nachteil von Tamoxifen liegt allerdings in seiner teilweise agonistischen Wirkung, die zu einer unvollst&#228;ndigen Blockade der &#246;strogenvermittelten Wirksamkeit auf den Krebszellen f&#252;hrt (Absatz [0006]).</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Dementsprechend war es in der therapeutischen Praxis bereits gebr&#228;uchlich, postmenopausale Patientinnen, die an fortgeschrittenem Brustkrebs leiden und bei denen die Krankheit nach der Behandlung mit Tamoxifen weiter fortgeschritten ist, mit einem Aromataseinhibitor (wie Anastrozol oder Letrozol) zu behandeln (Absatz [0007]; Anm.: Bei pr&#228;menopausalen Patientinnen kommt die Verabreichung eines Aromatseinhibitors nicht in Betracht, weil dieser die noch funktionierende &#214;strogenproduktion in den Eierst&#246;cken nicht unterbinden w&#252;rde).</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Vor dem geschilderten Hintergrund ist es als Aufgabe der Erfindung anzusehen, einen Therapieweg f&#252;r den (bislang noch nicht bew&#228;ltigten) Fall aufzuzeigen, dass &#8211; im Anschluss an eine fehlgeschlagene Behandlung mit Tamoxifen &#8211; auch die nachfolgende Behandlung mit einem Aromataseinhibitor scheitert (Absatz [0007] a.E.; Technische Beschwerdekammer 3.3.02, Entscheidung vom 14.02.2013, Anlage HE 4a, S. 11 Rz. 2.4.3).</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Zur L&#246;sung dieser Problemstellung schl&#228;gt das Verf&#252;gungspatent vor, die &#8211; unter der in Abfolge durchgef&#252;hrten (Absatz [0007] Satz 1) Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor erfolglose &#8211; Brustkrebstherapie mit Fulvestrant fortzusetzen. Im Einzelnen stellt Patentanspruch 1 folgende Merkmalkombination unter Schutz:</p> <span class="absatzRechts">15</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">1. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Verwendung von Fulvestrant bei der Herstellung eines Arzneimittels.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">17</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">2. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Das Arzneimittel dient zur Behandlung einer Brustkrebspatientin.</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">19</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">3. &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Bei der (mit dem Fulvestrantarzneimittel zu behandelnden) Krebspatientin ist eine vorangegangene Behandlung</p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">a)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit einem Aromataseinhibitor</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">und</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">b)&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit Tamoxifen</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">fehlgeschlagen.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span></p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Erfindungsgem&#228;&#223; bleibt offen, ob zun&#228;chst mit Tamoxifen und anschlie&#223;end mit einem Aromataseinhibitor behandelt oder in umgekehrter Reihenfolge vorgegangen wurde. Notwendige Bedingung jeder Patentbenutzung ist allerdings, dass die beiden Wirkstoffe sequenziell hintereinander &#8211; und nicht gleichzeitig nebeneinander &#8211; verabreicht wurden; auch die Verf&#252;gungskl&#228;gerin macht insoweit nichts anderes geltend.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Wesentlich ist des Weiteren, dass die aufeinanderfolgende Behandlung mit beiden Wirkstoffen fehlgeschlagen ist, d.h. weder Tamoxifen noch der Aromataseinhibitor zu einem therapeutischen Erfolg gef&#252;hrt haben. Nicht der blo&#223;e Einsatz von Fulvestrant im Anschluss an eine vorherige Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor als solche gen&#252;gt daher den Anforderungen des Patentanspruchs, sondern erst eine solche therapeutische Verwendung von Fulvestrant, die ihren Grund in einem Versagen der anderen, vorrangig durchgef&#252;hrten Behandlungsans&#228;tze (Tamoxifen und Aromataseinhibitor) findet. Denn der Patentanspruch begn&#252;gt sich nicht damit, dass Fulvestrant &#252;berhaupt als drittes Therapeutikum zum Einsatz kommt, sondern stellt dar&#252;ber hinaus explizit darauf ab, dass die vorangegangenen Behandlungen mit Tamoxifen <span style="text-decoration:underline">und</span> einem Aromataseinhibitor fehlgeschlagen sind, d.h. (worauf sp&#228;ter nochmals eingegangen wird) <em>jede einzelne von ihnen</em> versagt hat und <em>deswegen</em> die Behandlung mit Fulvestrant aufgenommen und fortgesetzt wird.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">c)</span></p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Bei der fehlgeschlagenen Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, der sich die Fulvestrant-Patientin vorangehend unterzogen haben muss, hat es sich um eine palliative &#8211; und nicht nur um eine adjuvante &#8211; Brustkrebstherapie zu handeln. Das abweichende Verst&#228;ndnis des Landgerichts, wonach auch eine adjuvante, d.h. im Hinblick auf mit dem Eingriff nicht entfernte Krebszellen rein pr&#228;ventive Wirkstoffgabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor im Anschluss an eine Krebsoperation ausreicht, wenn es anschlie&#223;end zu einem erneuten Krebsbefund kommt, wird dem auslegungsrelevanten Inhalt der Verf&#252;gungspatentschrift nicht gerecht.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">aa)</span></p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Zwar ist auch eine blo&#223; adjuvante Gabe von Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor, wie sie im Anschluss an die operative Entfernung eines Brustkrebstumors gebr&#228;uchlich ist, dem reinen Wortsinn nach als &#8222;Behandlung&#8220; im Rahmen einer Krebstherapie aufzufassen. Denn sie geschieht nach medizinisch-therapeutischen Regeln zu dem Zweck, <em>etwaige</em> unerkannte Krebszellen, die im weiteren Verlauf metastasieren <em>k&#246;nnten</em>, medikament&#246;s auszuschalten.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">bb)</span></p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">In Bezug auf eine lediglich adjuvante Behandlung l&#228;sst sich jedoch &#8211; wie die Verf&#252;gungsbeklagte mit Recht geltend macht &#8211; vielfach &#252;berhaupt nicht beurteilen, ob sie &#8222;fehlgeschlagen&#8220; ist, weswegen in ihr folgerichtig auch keine &#8222;vorangegangene Behandlung&#8220; gesehen werden kann, deren erfolglose Durchf&#252;hrung Anspruch 1 des Verf&#252;gungspatents zwingend voraussetzt.</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">Deutlich wird dies schon an dem in der Praxis gebr&#228;uchlichen Szenario, dass der Brustkrebstumor operativ entfernt wurde und anschlie&#223;end prophylaktisch (adjuvant) zun&#228;chst f&#252;r einen vorbestimmten Zeitraum (von z.B. zwei Jahren) Tamoxifen und danach im Rahmen einer Switch-Therapie f&#252;r einen weiteren vorbestimmten Zeitraum (von z.B. drei Jahren) ein Aromataseinhibitor verabreicht wurde, um die ggf. drohende Bildung von Metastasen zu verhindern. Kommt es in einer solchen Konstellation nach Abschluss der Switch-Behandlung (z.B. im sechsten Jahr nach der Operation) zu einer erneuten Tumorbildung, l&#228;sst sich keine belastbare Aussage dahingehend treffen, dass <em>beide</em> Vorbehandlungen, und mithin auch die Erstbehandlung mit Tamoxifen, ihre Wirkung verfehlt haben; vielmehr kann die abermalige Erkrankung nach Abschluss des Behandlungszyklus ihre Ursache auch (und m&#246;glicherweise noch wahrscheinlicher) darin haben, dass die Umstellung auf einen Aromataseinhibitor den bis dahin unter der Behandlung mit Tamoxifen erfolgreich versperrten Weg f&#252;r eine Tumorbildung freigemacht hat. Dieselbe Unw&#228;gbarkeit besteht, wenn die abermalige Tumorbildung sich zwar noch w&#228;hrend der Therapie mit einem Aromataseinhibitor eingestellt hat, allerdings in deutlichem zeitlichen Abstand zur Beendigung der Behandlung mit Tamoxifen; auch hier kann sich der Ursachenzusammenhang ohne weiteres so verhalten, dass die Wiedererkrankung der Behandlungsumstellung auf den &#8211; im Gegensatz zum Tamoxifen &#8211; nicht wirksamen Aromataseinhibitor zuzuschreiben ist. Ob eine bestimmte Krebstherapie (n&#228;mlich die Behandlung sowohl mit Tamoxifen als auch die daran anschlie&#223;ende bzw. vorausgehende Behandlung mit einem Aromataseinhibitor) versagt hat, l&#228;sst sich demgegen&#252;ber eindeutig und abschlie&#223;end beurteilen, wenn die Behandlung palliativ an einem &#252;ber die Therapiedauer hinweg manifesten Tumor erfolgt. Hier legen die Therapieresultate, die sich unter der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor verifizierbar eingestellt haben, zweifelsfrei Zeugnis dar&#252;ber ab, ob das Tumorwachstum gegen&#252;ber dem Zustand vor dem jeweiligen Behandlungsbeginn fortgeschritten ist oder nicht. Schon diese &#220;berlegung spricht daf&#252;r, im Rahmen des Verf&#252;gungspatents allein palliative Behandlungsergebnisse zu ber&#252;cksichtigen.</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Eine Best&#228;tigung dieser Sicht findet sich an diversen Stellen der Patentbeschreibung. Zu verweisen ist zun&#228;chst auf Absatz [0018], der f&#252;r den Fachmann legaliter definiert, wie die vom Verf&#252;gungspatent im Zusammenhang mit den Vorbehandlungen gebrauchten Begriffe &#8222;fehlgeschlagen&#8220; und &#8222;versagt&#8220; zu interpretieren sind. A.a.O. hei&#223;t es:</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks"><em>Der Begriff &#8222;fehlgeschlagen&#8220; bzw. &#8222;versagt&#8220; wird hier in dem Sinne verwendet, dass das</em> <strong><em>Wachstum des Brustkrebses</em></strong> <em>durch die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen, oder aber auch beiden,</em> <strong><em>nicht l&#228;nger einged&#228;mmt wird</em></strong><em>.&#8220;</em> (Anm.: Hervorhebung ist hinzugef&#252;gt)</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Da nur Tumorzellen &#8222;<em>wachsen</em>&#8220; k&#246;nnen und da nur das Wachstum von Tumorzellen &#8222;<em>einged&#228;mmt werden kann</em>&#8220;, versteht der Fachmann, dass mit dem Wort &#8222;<em>Brustkrebs</em>&#8220; (&#8222;breast cancer&#8220;) der Sache nach das (unter der Behandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor in seinem Wachstum nicht beherrschbare) Mammakarzinom gemeint ist, so, wie dies auch der deutschen &#220;bersetzung der Patentbeschreibung entspricht. Technisch sinnvoll verstanden, besagt deshalb auch die eigene Begriffsdefinition des Verf&#252;gungspatents, dass ein Fehlschlag der Vorbehandlungen an einem manifesten Tumor festzustellen ist, der palliativ mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor therapiert worden ist.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(3)</span></p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Damit stimmen auch alle weiteren Vorteilsangaben der Patentschrift (Anm.: Hervorhegungen sind zur Verdeutlichung hinzugef&#252;gt) &#252;berein. So hebt Absatz [0009] hervor, dass Fulvestrant sich in einer Phase-II-Studie an Frauen, <span style="text-decoration:underline">deren Brustkrebs nach Tamoxifen-Therapie progredierte</span>, bereits als wirksam erwiesen habe, und unterstreicht Absatz [0011], dass Fulvestrant eine <span style="text-decoration:underline">deutliche Hemmwirkung auf das Wachstum von MCF-7-Brustkrebszellen</span> beim Menschen zeigt und eine gegen&#252;ber Tamoxifen signifikant h&#246;here <span style="text-decoration:underline">Reduzierung der MCF-7-Zellzahlen</span> erbracht hat. Absatz [0012] nimmt Bezug auf Studien, die belegen, dass nach einer Langzeitbehandlung mit Tamoxifen <span style="text-decoration:underline">weiterwachsende</span> Tamoxifen-resistente <span style="text-decoration:underline">MCF-7-Tumoren</span> gegen&#252;ber Fulvestrantbehandlung empfindlich bleiben und Fulvestrant das <span style="text-decoration:underline">Wachstum etablierter MCF-7-Tumoren</span> doppelt so lange unterdr&#252;ckte wie die Behandlung mit Tamoxifen. Als &#252;berraschend beschreibt Absatz [0013] schlie&#223;lich die Erkenntnis, dass der Brustkrebs <span style="text-decoration:underline">nach vorangegangener fehlgeschlagener Behandlung</span> <em>sowohl</em> mit einem Aromataseinhibitur <em>als auch</em> mit Tamoxifen gegen&#252;ber der <span style="text-decoration:underline">Weiterbehandlung</span> mit Fulvestrant empfindlich ist. Gerade der vorzitierten Beschreibungsstelle kommt besonderes Gewicht zu, weil die Patentbeschreibung hier mit dem Verweis auf eine f&#252;r den Fachmann &#252;berraschende Erkenntnis den eigentlichen Erfindungsgedanken herausstellt, dass trotz der mit den kumulativ gescheiterten Vorbehandlungen verbundenen doppelten Resistenz gegen&#252;ber sowohl Tamoxifen als auch einem Aromataseinhibitor eine Wirksamkeit (Empfindlichkeit) des Krebses gegen&#252;ber Fulvestrant erhalten bleibt. Allen vorzitierten Bemerkungen liegt die gemeinsame Vorstellung von einer Wirksamkeit von Fulvestrant bei der palliativen Bek&#228;mpfung (Weiterbehandlung) eines manifesten Tumors zugrunde.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(4)</span></p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">Sie deckt sich nicht zuletzt vollst&#228;ndig mit den Erl&#228;uterungen, die die Verf&#252;gungspatentschrift in ihrem Absatz [0007] zum vorbekannten Stand der Technik und zu dem &#8211; ausgehend hiervon &#8211; durch die Erfindung zu erbringenden Fortschritt gibt. Nach den besagten Ausf&#252;hrungen war es bekannt, postmenopausalen Frauen mit Brustkrebs, bei denen die <span style="text-decoration:underline">Krankheit nach der Behandlung mit Tamoxifen fortschritt</span>, einen Aromataseinhibitor wie Anastrozol oder Letrozol zu verabreichen, um einen Therapieerfolg zu erzielen. Die nachfolgende Zweittherapie mit Anastrozol oder Lestrozol im Anschluss an die unter der Behandlung mit Tamoxifen nicht einged&#228;mmte Krebserkrankung repr&#228;sentiert deswegen eine palliative Behandlung an einem manifesten (fortschreitenden) Tumor. Wie eingangs erw&#228;hnt, widmet sich das Verf&#252;gungspatent bei dieser Ausgangslage der Aufgabe, einen Behandlungsansatz f&#252;r denjenigen Fall bereitzustellen, dass auch die Zweitbehandlung mit einem Aromataseinhibitor (Anastrozol oder Lestrozol) scheitert. Bezug genommen ist insoweit auf die aus dem Stand der Technik gel&#228;ufige Behandlungssituation eines trotz Tamoxifenbehandlung progredierenden Brustkrebstumors, der auch unter der Wirkung eines Aromataseinhibitors nicht einzud&#228;mmen ist. Auf ihn &#8211; den trotz zweier Vorbehandlungen manifesten Tumor &#8211; bezieht sich deshalb auch die L&#246;sung des Verf&#252;gungspatents, bei Fehlschlagen der im Stand der Technik empfohlenen Zweitbehandlung mit einem Aromataseinhibitor als dritten Wirkstoff Fulvestrant zu verabreichen.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(5)</span></p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Der Beschwerdekammerentscheidung vom 14.02.2013 liegt kein anderes Verst&#228;ndnis der Erfindung zugrunde. Im Gegenteil wird auch dort der Beitrag des Verf&#252;gungspatents durchweg in der Empfehlung von Fulvestrant zur Drittlinienbehandlung von Brustkrebs gesehen (vgl. Rz. 2.4.4, 2.4.5 Mitte) und im Rahmen der Pr&#252;fung auf erfinderische T&#228;tigkeit mit der sich infolge <span style="text-decoration:underline">jeder</span> Tumorbehandlung st&#228;rker einstellenden Therapieresistenz argumentiert. In Rz. 2.4.6 hei&#223;t es in diesem Sinne &#8211; auszugsweise &#8211; wie folgt (Anm.: Hervorhebungen sind hinzugef&#252;gt):</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><em>&#8222;Bei der Beurteilung, ob die Verwendung von Fulvestrant als ein Drittlinien-Agens &#8230; naheliegt, sind die folgenden Faktoren zu ber&#252;cksichtigen:</em></p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks"><em>(a)&#160;&#160;&#160; Mit jeder neuen Resistenz wird der <span style="text-decoration:underline">Tumor &#8222;b&#246;sartiger&#8220; und schwieriger zu behandeln</span>. Folglich ist es keineswegs selbstverst&#228;ndlich, dass ein Wirkstoff, der bei der Zweitlinienbehandlung wirksam ist, f&#252;r eine <span style="text-decoration:underline">Drittlinienbehandlung</span> geeignet ist.</em></p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks"><em>(b)&#160;&#160;&#160; Falls der <span style="text-decoration:underline">Tumor</span> - &#8230; - <span style="text-decoration:underline">gegen einen Aromataseinhibitor und</span> einen partiellen &#214;strogenagonisten wie <span style="text-decoration:underline">Tamoxifen resistent ist</span>, w&#252;rde der Fachmann tendenziell ein <span style="text-decoration:underline">Drittlinien</span>-<span style="text-decoration:underline">Agens</span> w&#228;hlen, dessen Wirkmechanismus von jenem eines partiellen &#214;strogenagonisten und eines Aromataseinhibitors verschieden ist. Ob dies den Fachmann veranlassen w&#252;rde, eine Verbindung wie Fulvestrant in Betracht zu ziehen, ist jedoch fraglich angesichts der Tatsache, dass sich Fulvestrant &#8230; im Hinblick auf seinen Wirkmechanismus nicht grundlegend von Tamoxifen unterscheidet. &#8230; Daher w&#228;re eine Verbindung wie Fulvestrant unter diesen Umst&#228;nden nicht die erste Wahl f&#252;r den Fachmann gewesen.&#8220;</em></p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(6)</span></p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Demgegen&#252;ber bietet die Verf&#252;gungspatentschrift keinen Anhaltspunkt daf&#252;r, dass eine blo&#223; adjuvante Vorbehandlung relevant sein k&#246;nnte. Zwar sieht der in den Abs&#228;tzen [0028] ff. umrissene Pr&#252;fplan, der in der Patentschrift (Absatz [0028]) als bevorzugtes Ausf&#252;hrungsbeispiel der Erfindung ausgewiesen ist, eine Ber&#252;cksichtigung auch solcher Patientinnen vor, die vor ihrer Behandlung mit Anastrozol oder Letrozol den Wirkstoff Tamoxifen erhalten haben (Absatz [0038]). Aus Absatz [0037] ergibt sich jedoch, dass es w&#228;hrend der Anastrozol- oder Letrozol-Behandlung zu einer Krankheitsprogression gekommen sein muss, womit die Behandlung mit dem Aromataseinhibitor palliativ geschehen ist. Nichts anderes gilt f&#252;r die vorgelagerte Tamoxifen-Therapie, die nach dem Beschreibungstext nicht &#8222;entweder&#8220; als Zusatztherapie (adjuvant) &#8222;oder&#8220; zur Behandlung einer fortgeschrittenen Krebserkrankung (palliativ) erfolgt sein kann, sondern &#8222;sowohl&#8220; zus&#228;tzlich &#8222;als auch&#8220; palliativ stattgefunden haben muss. Letztlich kann dies aber sogar auf sich beruhen, weil der Pr&#252;fplan ohnehin jenseits der geltenden Anspruchsfassung des Klagepatents liegt, weil ihm die &#8211; nicht patentgem&#228;&#223;e &#8211; Situation eines lediglich einmaligen Fehlschlagens einer Vorbehandlung (sic.: mit einem Aromataseinhibitor) zugrunde liegt.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(7)</span></p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">Gerade weil ein blo&#223; einmaliges Fehlschlagen nicht ausreicht, ist der Patentanspruch im Zuge des Erteilungsverfahrens dahingehend beschr&#228;nkt worden, dass ein Patentschutz nicht schon &#8211; wie urspr&#252;nglich angemeldet &#8211; f&#252;r die Verwendung von Fulvestrant nach erfolgloser Krebsbehandlung mit einem Aromataseinhibitor (einfache Resistenz) gew&#228;hrt wird, sondern erst dann eingreift, wenn sich dar&#252;ber hinaus auch eine Vorbehandlung mit Tamoxifen &#8211; und somit eine doppelte Resistenz des zu behandelnden Krebses &#8211; als fehlgeschlagen herausgestellt hat. Zwar definiert Absatz [0018] den Begriff des &#8222;Fehlschlagens&#8220; f&#252;r die Zwecke der Erfindung legaliter dahin, &#8222;<em>dass das Wachstum des Mammakarzinoms (breast cancer) durch die Behandlung mit einem Aromataseinhibitor oder Tamoxifen, oder auch beidem, nicht l&#228;nger einged&#228;mmt wird</em>, wobei aus dem Wort &#8222;oder&#8220; auf erste Sicht der Schluss gezogen werden k&#246;nnte, im Zusammenhang mit der Erfindung reiche die Feststellung eines konkreten Fehlschlagens nur im Hinblick auf einen Wirkstoff, d.h. entweder des Aromataseinhibitors oder von Tamoxifen. Ein derartiges Verst&#228;ndnis st&#252;nde jedoch in eklatantem Gegensatz zu dem gesamten restlichen Inhalt der Patentschrift, wie er vorstehend erl&#228;utert worden ist, und kann deswegen keine sinnvolle Interpretation f&#252;r den Durchschnittsfachmann sein. Vielmehr wird er die besagte Beschreibungsstelle als Erl&#228;uterung verstehen, die dem urspr&#252;nglichen, deutlich weitergehenden Anmeldungsinhalt geschuldet ist und die &#8211; genauso wie der klinische Pr&#252;fplan gem&#228;&#223; Beispiel 1 &#8211; au&#223;erhalb des geltenden Erfindungsgedankens liegt und deshalb im Zuge des Erteilungsverfahrens richtigerweise zum Teil (n&#228;mlich im Hinblick auf ein Fehlschlagen nur einer Vorbehandlung) h&#228;tte gestrichen werden m&#252;ssen.</p> <span class="absatzRechts">53</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">2.</span></p> <span class="absatzRechts">54</span><p class="absatzLinks">Ausgehend von dem dargelegten Verst&#228;ndnis des Verf&#252;gungspatents und seiner technischen Lehre scheidet eine Patentverletzung im Streitfall aus.</p> <span class="absatzRechts">55</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">a)</span></p> <span class="absatzRechts">56</span><p class="absatzLinks">Wie die Kl&#228;gerin einr&#228;umt, ist das streitbefangene Pr&#228;parat von der Verf&#252;gungsbeklagten nicht sinnf&#228;llig f&#252;r die patentgem&#228;&#223;e Verwendung hergerichtet. Soweit in der Gebrauchsinformation &#8211; die wie folgt lautet:</p> <span class="absatzRechts">57</span><p class="absatzLinks"><em>Fa&#8230; ist angezeigt zur Behandlung von &#214;strogenrezeptor-positivem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom bei postmenopausalen Frauen:</em></p> <span class="absatzRechts">58</span><ul class="absatzLinks"><li><span class="absatzRechts">59</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>die keine vorhergehende endokrine Therapie erhalten haben, oder</em></p> </li> <li><span class="absatzRechts">60</span><p class="absatzLinks">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; <em>mit Rezidiv w&#228;hrend oder nach adjuvanter Anti&#246;strogen-Therapie oder bei Progression der Erkrankung unter Anti&#246;strogen-Therapie. -</em></p> </li> </ul> <span class="absatzRechts">61</span><p class="absatzLinks">&#252;berhaupt eine palliative Vorbehandlung angesprochen wird, bezieht sie sich auf eine Progression der Krebserkrankung unter der Behandlung mit einem Anti&#246;strogen. Die vom Verf&#252;gungspatent vorausgesetzte weitere fehlgeschlagene Vortherapie mit einem Aromataseinhibitor findet demgegen&#252;ber keinerlei Erw&#228;hnung. Gleiches gilt &#8211; worauf an dieser Stelle nur vorsorglich hinzuweisen ist &#8211; dann, wenn eine adjuvante Vortherapie mit in Betracht gezogen wird, denn auch der fehlgeschlagene adjuvante Einsatz eines Aromataseinhibitors findet in der Gebrauchsinformation keine Erw&#228;hnung.</p> <span class="absatzRechts">62</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">b)</span></p> <span class="absatzRechts">63</span><p class="absatzLinks">Nach der Rechtsprechung des Senats (GRUR 2017, 1107 &#8211; &#214;strogenblocker) ist &#8211; da im Zentrum des durch ein Verwendungspatent vermittelten Schutzes die objektive Eignung des betreffenden Arzneimittels f&#252;r die patentgem&#228;&#223;e Verwendung steht (BGH, GRUR 2016, 921 &#8211; P&#8230;) &#8211;- eine Haftung des Pr&#228;paratvertreibers allerdings in Ausnahmef&#228;llen auch ohne eigene sinnf&#228;llige Herrichtungsma&#223;nahmen denkbar.</p> <span class="absatzRechts">64</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">aa)</span></p> <span class="absatzRechts">65</span><p class="absatzLinks">Mit R&#252;cksicht auf den nicht allumfassenden, sondern eingeschr&#228;nkten, n&#228;mlich zweckgebundenen Stoffschutz m&#252;ssen lediglich Bedingungen erf&#252;llt sein: Erstens muss das Produkt f&#252;r den patentgem&#228;&#223;en Zweck tauglich sein und Zweitens muss sich der Vertreiber Umst&#228;nde zunutze machen, die in &#228;hnlicher Weise wie eine sinnf&#228;llige Herrichtung daf&#252;r sorgen, dass es mit dem Pr&#228;parat zu dem zweckgebundenen therapeutischen Gebrauch kommt. Letzteres verlangt einen hinreichenden, nicht blo&#223; vereinzelten Verwendungsumfang nach Ma&#223;gabe des Klagepatents sowie ein dahingehendes Wissen oder zumindest ein treuwidriges Verschlie&#223;en des Lieferanten vor der diesbez&#252;glichen Kenntnisnahme (Senat, GRUR 2017, 1107 &#8211; &#214;strogenblocker). Wenn dem Generikaunternehmen die ihm g&#252;nstige Verschreibungspraxis gel&#228;ufig ist oder jedenfalls h&#228;tte bekannt sein m&#252;ssen und es diese Praxis durch Belieferung seiner Gro&#223;h&#228;ndler dennoch f&#252;r sich ausnutzt, ist es angemessen, den Generikahersteller daf&#252;r in die patentrechtliche Pflicht zu nehmen.</p> <span class="absatzRechts">66</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">67</span><p class="absatzLinks">In welchem genauen Umfang die herrichtungsfreie Verwendung nach Ma&#223;gabe des Klagepatents stattfinden muss, um haftungsbegr&#252;ndend zu sein, hat der Senat bisher noch nicht entschieden. Ma&#223;geblich sind folgende, an der Herrichtungssituation orientierte &#220;berlegungen: Die sinnf&#228;llige Herrichtung muss den patentgem&#228;&#223;en Gebrauch nicht als alleinigen und ausschlie&#223;lichen Verwendungszweck vorgeben; vielmehr kommt es nur darauf an, dass der erfindungsgem&#228;&#223;e Gebrauch &#8211; ggf. neben anderen &#8211; &#252;berhaupt zu derjenigen Verwendung geh&#246;rt, zu der die Herrichtung anleitet. Relevant ist daher sowohl die Konstellation, dass die Gebrauchsanleitung selbst mehrere Verwendungsm&#246;glichkeiten erw&#228;hnt, zu denen der patentgesch&#252;tzte Gebrauch z&#228;hlt, als auch der Fall, dass sich die Gebrauchsanleitung nur zu der gesch&#252;tzten Verwendung verh&#228;lt, jedoch offensichtlich ist, dass es daneben andere, konkurrierende Einsatzgebiete gibt. Weil dem so ist, kann auch in F&#228;llen des herrichtungsfreien cross-label-use nicht nur ein solcher Gebrauch haftungsrelevant sein, der ausschlie&#223;lich oder nahezu ausschlie&#223;lich die patentgem&#228;&#223;e Verwendung betrifft. Entscheidend ist vielmehr das sichere Wissen (dem das Verschlie&#223;en vor der Erkenntnis gleich steht) darum, dass es mit dem vertriebenen Arzneimittel tats&#228;chlich zu der patentgerechten Verordnung und Verwendung kommen wird. Denn derjenige, der in dem besagten Wissen agiert, muss sich hinsichtlich der Konsequenzen so behandeln lassen, als h&#228;tte er den f&#252;r sich gesch&#228;ftlich ausgenutzten herrichtungsfreien Zustand selbst durch eine entsprechende Herrichtungsma&#223;nahme herbeigef&#252;hrt. Tatrichterlich muss also &#8211; erstens &#8211; festgestellt werden, dass es in hinreichendem Umfang zu einer patentgerechten Verwendung gekommen ist, und dass dem Generikaunternehmen dieser Sachverhalt &#8211; zweitens &#8211; schlechterdings nicht verborgen geblieben sein kann. Mit der Zahl der nachweisbar vorgefallenen patentgem&#228;&#223;en Verwendungsf&#228;lle steigt naturgem&#228;&#223; die Chance auf eine dahingehende tatrichterliche Feststellung, weswegen blo&#223; vereinzelt gebliebene Gebrauchsf&#228;lle im Allgemeinen keine herrichtungsfreie Haftung begr&#252;nden k&#246;nnen. Ein weiteres Haftungsszenario kann sich aus besonderen, &#252;berragenden Vorteilen der patentgem&#228;&#223;en Verwendung gegen&#252;ber anderen Therapiezwecken ergeben, die geradezu dazu herausfordern, das Pr&#228;parat patentgerecht &#8211; und nicht anders &#8211; einzusetzen.</p> <span class="absatzRechts">68</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">69</span><p class="absatzLinks">Handelt es sich &#8211; wie hier &#8211; um ein verschreibungspflichtiges Medikament, dessen Einnahme nur nach Ma&#223;gabe der &#228;rztlichen Verordnung zu Anwendungsgebieten und Dosierung zu erwarten steht, entscheidet diejenige Verschreibungspraxis, die nach dem Inhalt der dem Arzt f&#252;r seine Verordnung zur Verf&#252;gung stehenden Mittel in Rechnung zu stellen ist. Zentrale Bedeutung hat insoweit die Fachinformation, die integraler Bestandteil der Arzneimittelgenehmigung ist und abschlie&#223;end die Merkmale von dessen f&#252;r den Vertrieb genehmigter Version definiert. Weil die genehmigte mit der auf den Markt gebrachten Version des Arzneimittels &#252;bereinstimmen <em>muss</em>, steht nach der Lebenserfahrung fest, dass der Arzt die einzelnen Medikamente nur nach Ma&#223;gabe ihrer jeweiligen konkreten Fachinformation verordnen wird, so dass ein Generikum, das &#8211; anders als das Pr&#228;parat des Originators &#8211; z.B. aus patentrechtlichen Gr&#252;nden eine bestimmte (patentgesch&#252;tzte) Indikation/Dosierung nicht aufweist, einem Patienten daf&#252;r auch nicht verschrieben werden wird, weswegen das generische Medikament &#8211; in der weiterenFolge &#8211; auch nicht therapeutisch in diesem Sinne zum Einsatz kommen wird.</p> <span class="absatzRechts">70</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(3)</span></p> <span class="absatzRechts">71</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die Unterlassungshaftung macht es dennoch einen ganz wesentlichen Unterschied, ob das Arzneimittel sinnf&#228;llig hergerichtet wurde oder nicht: Beruht die Haftung des Generikaunternehmens (oder sonstigen Vertreibers) auf einer sinnf&#228;lligen Herrichtung des Pr&#228;parates f&#252;r die patentgesch&#252;tzte Verwendung, so begr&#252;ndet nach allgemeinen Regeln jeder singul&#228;re Verletzungsfall (= sinnf&#228;llige Herrichtung mit nachfolgendem Angebot/Vertrieb), auch der allererste und einzige, die Gefahr k&#252;nftiger Wiederholung (des Vertriebs sinnf&#228;llig hergerichteter Pr&#228;parate und im Anschluss daran deren herrichtungsgem&#228;&#223;er Verwendung), was ohne weiteres zur Unterlassungsverurteilung f&#252;hrt, sofern der Verletzer nicht vorgerichtlich eine ausreichend strafbew&#228;hrte Unterwerfungserkl&#228;rung abgibt. V&#246;llig anders verh&#228;lt es sich bei einem Vertreiber, der keine Herrichtungsma&#223;nahme unternommen hat und dessen Haftung allein auf einer tats&#228;chlichen, der gesch&#252;tzten Verwendungsweise entsprechenden Verschreibungspraxis beruhen soll. Selbst wenn in der Vergangenheit ein hinreichender tats&#228;chlicher Gebrauch praktiziert worden ist (was f&#252;r die betreffende Zeit zur Schadenersatz- und Auskunftspflicht des Vertreibers f&#252;hrt), kommt eine Unterlassungsverurteilung nur in Betracht, wenn sich auch aktuell, d.h. f&#252;r den Zeitpunkt der m&#252;ndlichen Verhandlung, noch eine haftungsrelevante Verschreibungs&#252;bung feststellen l&#228;sst. Ist dies nicht der Fall, weil das Pr&#228;parat zwar in fr&#252;heren Zeiten cross-label eingesetzt wurde, sich die Verschreibungspraxis zwischenzeitlich jedoch (z.B. wegen neuer Wirkstoffe, die das fragliche Arzneimittel als Therapeutikum zunehmend abgel&#246;st haben) ge&#228;ndert hat, scheidet eine Verurteilung zur Unterlassung aus. Denn sie kn&#252;pft eben nicht &#8211; wie die Haftung wegen sinnf&#228;lliger Herrichtung &#8211; an ein bestimmtes Verhalten des Verletzers an, dessen kausalit&#228;tsbegr&#252;ndende Wiederholung nach der Lebenserfahrung zu erwarten ist, sondern sie fu&#223;t einzig und allein auf bestimmten &#228;u&#223;eren Rahmenbedingungen (sic.: einer tats&#228;chlichen Verschreibungshandhabung), die, wenn sie aufgrund des Wandels der Zeit nicht mehr gegeben sind, auch keine Grundlage mehr f&#252;r eine Unterlassungspflicht des Vertreibers bilden k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">72</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">bb)</span></p> <span class="absatzRechts">73</span><p class="absatzLinks">Das Vorbringen der Kl&#228;gerin ergibt nicht, dass das streitbefangene Pr&#228;parat der Beklagten aufgrund einer tats&#228;chlichen Verschreibungspraxis in einem ausreichenden Umfang in solchen F&#228;llen zum Einsatz kommt oder gekommen ist, bei denen die Krebspatientin zuvor palliativ erfolglos sowohl mit Tamoxifen als auch mit einem Aromataseinhibitor behandelt worden ist.</p> <span class="absatzRechts">74</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(1)</span></p> <span class="absatzRechts">75</span><p class="absatzLinks">Ausweislich der nachstehend eingeblendeten Sonderauswertung der i&#8230; AG</p> <span class="absatzRechts">76</span><p class="absatzLinks"><img height="355" width="621" src="2_U_28_18_Urteil_20190109_0.jpeg" alt="Die Entscheidung enth&#228;lt an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik." /></p> <span class="absatzRechts">77</span><p class="absatzLinks">&#8211; deren Richtigkeit zugunsten der Verf&#252;gungskl&#228;gerin unterstellt werden kann und in Bezug auf die die Kl&#228;gerin selbst darauf beharrt, dass ihre Ergebnisse repr&#228;sentativ sind &#8211; ist von folgenden Daten f&#252;r die Verwendung von Fulvestrant nach palliativer Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor auszugehen:</p> <span class="absatzRechts">78</span><table class="absatzLinks" cellpadding="0" cellspacing="0"><tbody><tr><td><p><strong>Zeitraum der Behandlung mit Fulvestrant:</strong></p> </td> <td><p>2007 &#8211; 2009</p> </td> <td><p>2010 - 2012</p> </td> <td><p>2013 - 2014</p> </td> <td><p>2015 - 2016</p> </td> </tr> <tr><td><p><strong>&#8230; % der Brustkrebs-</strong></p> <p><strong>patientinnen:</strong></p> </td> <td><p>6,9</p> </td> <td><p>3,1</p> </td> <td><p>2,2</p> </td> <td><p>0,0</p> </td> </tr> </tbody> </table> <span class="absatzRechts">79</span><p class="absatzLinks">Maximal waren daher weniger als 7 % aller Krebspatientinnen, die mit Fulvestrant therapiert worden sind, zuvor palliativ erfolglos mit Tamoxifen sowie einem Aromataseinhibitor behandelt worden. Schon angesichts dieses deutlich einstelligen Zahlenwertes geschieht die zur Erfindungsbenutzung f&#252;hrende Verschreibungspraxis lediglich vereinzelt und keinesfalls in einem Umfang, dass er der Beklagten keinesfalls verborgen bleiben konnte. Auch die Kl&#228;gerin, die sich zur Rechtfertigung ihrer Klageanspr&#252;che auf den palliativen und adjuvanten Gesamteinsatz von Fulvestrant st&#252;tzt, der im Durchschnitt der Jahre bei 45,7 % gelegen hat, zeigt nicht konkret auf, dass und weshalb f&#252;r die Beklagte ein (allein ma&#223;geblicher) palliativer Benutzungsumfang, der sich mit weniger als 7 % in einer g&#228;nzlich anderen Gr&#246;&#223;enordnung abspielt, un&#252;bersehbar gewesen sein soll. Schon deswegen scheiden s&#228;mtliche Klageanspr&#252;che aus. Mit Blick auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch kommt eine Haftung der Beklagten erst Recht nicht in Betracht, weil &#8211; bezogen auf den Tag der m&#252;ndlichen Verhandlung (09.01.2019) &#8211; f&#252;r die letzten vier Jahre kein einziger Fall einer patentgem&#228;&#223;en Fulvestrant-Verordnung nach erfolgloser palliativer Vorbehandlung mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor nachweisbar ist. F&#252;r den ma&#223;geblichen aktuellen Zeitpunkt l&#228;sst sich daher eine zur patentgesch&#252;tzten Verwendung f&#252;hrende Verordnungspraxis schlechterdings nicht feststellen. Seit Einleitung des Klageverfahrens mag die Beklagte zwar aufgrund der ihr pr&#228;sentierten Sonderauswertung in Kenntnis &#252;ber die dem Patent entsprechende Verschreibungspraxis gewesen sein, was von diesem Zeitpunkt an den Vorwurf tragen k&#246;nnte, die Beklagte habe sich durch ihre unver&#228;nderte Belieferung von Abnehmern den praktizierten cross-label-use bewusst und mithin haftungsbegr&#252;ndend zunutze gemacht; allerdings belegen die Daten der Kl&#228;gerin, die schon f&#252;r die lange vor Rechtsh&#228;ngigkeit liegenden Jahre 2015 und 2016 einen Nullwert ausweisen, nicht, dass es mit solchen, von der Beklagten in Kenntnis des Sachverhaltes unternommenen Lieferungen zumindest ein Mal zu einer patentgerechten Verschreibung und Verwendung gekommen ist.</p> <span class="absatzRechts">80</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">(2)</span></p> <span class="absatzRechts">81</span><p class="absatzLinks">Aus der eidesstattlichen Versicherung des Privatgutachters der Kl&#228;gerin Prof. Dr. Jackisch vom 14.02.2017 (Anlage HE 9) ergeben sich keine im Vergleich zu den Daten aus der Sonderauswertung zugunsten der Kl&#228;gerin anderen Erkenntnisse. Soweit in der Versicherung &#8211; ohnehin auf blo&#223; subjektiven Sch&#228;tzungen des Verfassers beruhende &#8211; Zahlen einer Fulvestrant-Therapie genannt werden, handelt es sich ausnahmslos um solche Patientinnen, die zuvor <em>adjuvant</em> mit Tamoxifen und einem Aromataseinhibitor versorgt worden sind, ohne dass insoweit irgendeine n&#228;here Aufschl&#252;sselung stattfindet. Dazu, in wie vielen F&#228;llen Fulvestrant nach einer fehlgeschlagenen palliativen Vorbehandlung mit den besagten Wirkstoffen verabreicht worden ist, verh&#228;lt sich Prof. Dr. J&#8230; nicht.</p> <span class="absatzRechts">82</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">cc)</span></p> <span class="absatzRechts">83</span><p class="absatzLinks">Das Ergebnis mangelnder Patentverletzung w&#228;re im &#220;brigen kein anderes, wenn solche adjuvanten Vorbehandlungen ber&#252;cksichtigt w&#252;rden, von denen feststeht, dass sie sich als bei der Behandlung der Brustkrebserkrankung, an der die zu versorgende Patientin leidet, unwirksam erwiesen haben. Denn die von der Kl&#228;gerin pr&#228;sentierten Daten lassen diesbez&#252;gliche spezifizierte Feststellungen nicht zu.</p> <span class="absatzRechts">84</span><p class="absatzLinks">Zwar sieht die Sonderauswertung eine gesonderte Fallgruppe derjenigen Patientinnen vor, die mit <em>einem</em> Wirkstoff (Tamoxifen bzw. einem Aromataseinhibitor) adjuvant (d.h. postoperativ prophylaktisch) und mit dem jeweils <em>anderen</em> Wirkstoff (d.h. einem Aromataseinhibitor bzw. Tamoxifen) palliativ therapiert worden sind, woraus folgt, dass es vor der palliativen Behandlung zu einem abermaligen Krebstumor gekommen sein muss, weil es ansonsten keinen Grund f&#252;r eine palliative Therapie geben w&#252;rde. Die adjuvante Vorbehandlung k&#246;nnte dann als &#8222;fehlgeschlagen&#8220; betrachtet werden, wenn die erneute Tumorbildung unter der laufenden adjuvanten Vorbehandlung oder in engem zeitlichen Zusammenhang zu ihrer Beendigung stattgefunden hat. Denn dann st&#252;nde fest, dass die erste (adjuvante) Vorbehandlung gescheitert ist, weil unter ihr abermals ein Tumor aufgetreten ist. Ist die Gabe von Fulvestrant unmittelbar im Anschluss an die palliative Vorbehandlung erfolgt, so w&#228;re ferner davon auszugehen, dass auch die zweite, palliative Therapie fehlgeschlagen ist, weil ihr Versagen der Grund f&#252;r die Fulvestrant-Therapie gewesen ist.</p> <span class="absatzRechts">85</span><p class="absatzLinks">Die Sonderauswertung l&#228;sst indessen nicht zweifelsfrei erkennen, ob die Verh&#228;ltnisse tats&#228;chlich so gewesen sind oder ob (und ggf. in welchem Umfang) der Tumor unter der palliativen Zweitbehandlung - was die Annahme eines Fehlschlages ausschlie&#223;en w&#252;rde - zun&#228;chst einged&#228;mmt werden konnte und Fulvestrant (z.B. aus Gr&#252;nden einer ggf. zwischenzeitlichen Unvertr&#228;glichkeit oder Kontraindikation) erst geraume Zeit sp&#228;ter verabreicht wurde, weil es im Abstand zu der erfolgreichen Palliativbehandlung w&#228;hrend und als Folge des therapiefreien Intervalls zur abermaligen Ausbildung eines Tumors gekommen ist. Die Er&#246;rterungen im Verhandlungstermin vom 09.01.2019 haben diesbez&#252;glich ebenfalls keine Klarheit erbracht.</p> <span class="absatzRechts">86</span><p class="absatzLinks">Ungeachtet der vorstehenden Ausf&#252;hrungen kommt speziell eine Unterlassungsverurteilung keinesfalls in Betracht, weil &#8211; unter Einschluss der zus&#228;tzlichen Fallgruppe (&#8222;eines adjuvant, eines palliativ&#8220;) - ausweislich der Sonderauswertung f&#252;r die Zeit von 2015 bis 2016 von einem patentgem&#228;&#223;en Verwendungsumfang von insgesamt lediglich 1,9 % auszugehen ist. Dieser Wert ist schon f&#252;r sich betrachtet f&#252;r eine Haftung der Beklagten g&#228;nzlich unzureichend; erst Recht gilt dies, wenn ber&#252;cksichtigt wird, dass f&#252;r den vorangehenden Zeitraum von 2013 bis 2014 noch deutlich h&#246;here Werte ausgewiesen sind (&#8222;eines adjuvant, eines palliativ&#8220;: 15,7 %; &#8222;beides palliativ&#8220;: 2,2 %) und zus&#228;tzlich in Rechnung gestellt wird, dass sich die ohnehin schon marginalen Werte f&#252;r 2015 bis 2016 auf eine signifikant geringere Patientenzahl (von 52) st&#252;tzen als sie den Zahlen der Vorjahre (174, 129, 89) zugrunde liegen. Der skizzierte Verlauf l&#228;sst f&#252;r die Jahre 2017 und 2018 nur eine einzige Prognose zu, n&#228;mlich die eines von 1,9 % weiter signifikant abfallenden patentgem&#228;&#223;en Verwendungsumfangs, womit angesichts der aktuellen Bedeutungslosigkeit des palliativen sowie des teils adjuvanten und teils palliativen Gebrauchs von Fulvestrant ein Unterlassungsanspruch auszuscheiden hat.</p> <span class="absatzRechts">87</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">III.</span></strong></p> <span class="absatzRechts">88</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 97 Abs. 1 ZPO.</p>
171,294
ovgnrw-2019-01-09-7-a-272117
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
7 A 2721/17
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:44
2019-02-12T13:44:35
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.7A2721.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.</p> <p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschlie&#223;lich der erstattungsf&#228;higen au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.</p> <p>Der Streitwert wird auch f&#252;r das Zulassungsverfahren auf 10.000,00&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Das Zulassungsvorbringen f&#252;hrt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des &#167; 124 Abs. 2 Nr.&#160;1 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Das Verwaltungsgericht hat ausgef&#252;hrt, die angegriffene Baugenehmigung vom 28.4.2016 versto&#223;e nicht gegen nachbarsch&#252;tzende Vorschriften, insbesondere nicht gegen Abstandsrecht oder gegen das planungsrechtliche Gebot der R&#252;cksichtnahme. Diese tragende Begr&#252;ndung wird durch das Vorbringen der Kl&#228;gerin nicht ersch&#252;ttert.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin r&#252;gt ohne Erfolg, das urspr&#252;ngliche Flachdach habe nicht nur eine andere Nutzung erfahren (fr&#252;her Gewerbe, jetzt Wohnen), es liege auch eine grenzst&#228;ndige Au&#223;enwand der Dachterrasse vor und es werde in voller Geschossh&#246;he Wohnraum geschaffen; dies l&#246;se Abstandfl&#228;chen aus. Damit verkennt die Kl&#228;gerin die tragende Erw&#228;gung der erstinstanzlichen Entscheidung, in der ausgef&#252;hrt wird, wegen der gegebenen Bauweise m&#252;sse nach &#167; 6 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW (in der bis zum 31.12.2018 g&#252;ltigen Fassung) ein Abstand nicht eingehalten werden (vgl. Seite 6 unten/7 oben des Urteilsabdrucks). Darauf hat die Beigeladene in ihrer Erwiderungsschrift vom 12.1.2018 zutreffend hingewiesen (vgl. Seite 2 f.).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Soweit die Kl&#228;gerin einen Versto&#223; gegen das R&#252;cksichtnahmegebot in der fehlenden wechselseitigen Vertr&#228;glichkeit ihres Hauses und des Hauses der Beigeladenen nach dem Umbau begr&#252;ndet sieht, f&#252;hrt dies zu keinem anderen Ergebnis. Ohne Erfolg r&#252;gt sie in diesem Zusammenhang eine Intensivierung der Nutzung insbesondere an Wochenenden. Hierzu kann auf die Erw&#228;gungen der Beigeladenen in ihrer Erwiderungsschrift vom 12.1.2018 (Seite 4) verwiesen werden.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Von dem Vorhaben geht entgegen der Meinung der Kl&#228;gerin auch keine unzumutbare Wirkung durch die Bausubstanz der Grenzbebauung auf dem Flachdach mit einer 3 m hohen und ca. 2 m breiten Geb&#228;udeau&#223;enwand aus. Soweit die Kl&#228;gerin wegen der Erweiterung des Geb&#228;udes der Beigeladenen eine Beeintr&#228;chtigung der Wohn- und Belichtungssituation insbesondere durch Verschattung geltend macht, hat schon das Verwaltungsgericht ausgef&#252;hrt, dass zwar Besonnung, Bel&#252;ftung und Belichtung&#160; durch das Vorhaben nachteilig ver&#228;ndert w&#252;rden, dennoch aber von keiner unzumutbaren Situation auszugehen sei (vgl. Seite 10 f. des Urteilsabdrucks). Eine solche unzumutbare Situation vermag auch der Senat nicht zu erkennen. In einem bebauten innerst&#228;dtischen Wohngebiet m&#252;ssen Nachbarn grunds&#228;tzlich hinnehmen, dass Grundst&#252;cke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und dass es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundst&#252;cks bzw. von Wohnr&#228;umen kommt.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 14.6.2016 - 7 A 1251/15 -, juris.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Danach f&#252;hrt das Vorbringen der Kl&#228;gerin auch nicht zu den behaupteten besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von &#167; 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Schlie&#223;lich ist auch die behauptete rechtsgrunds&#228;tzliche Bedeutung (vgl. &#167; 124 Abs.&#160;2 Nr. 3 VwGO) nicht aufgezeigt.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Eine Frage von grunds&#228;tzlicher Bedeutung wird nicht benannt. Soweit die Kl&#228;gerin geltend macht, die Einhaltung nachbarsch&#252;tzender Baurechtsvorschriften durch die Erlaubnisbeh&#246;rde sowie die Korrektur verletzender Verst&#246;&#223;e aufgrund fehlerhafter Genehmigungen durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit sei vom Einzelfall ausgehend f&#252;r die Baurechtsordnung einerseits und f&#252;r den Drittschutz andererseits vom grundlegendem Wert, ist diesen allgemeinen Formulierungen eine entscheidungs-erhebliche Frage von rechtsgrunds&#228;tzlicher Bedeutung nicht zu entnehmen. Das gleiche gilt f&#252;r die Erw&#228;gung der Kl&#228;gerin, der Schutz vor der Verletzung von Nachbarrechten habe grunds&#228;tzliche Bedeutung f&#252;r den zu entscheidenden Fall und f&#252;r die &#246;rtliche Baurechtsordnung in einer dicht bebauten Stadt wie K&#246;ln.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#167;&#160;154 Abs.&#160;2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre au&#223;ergerichtlichen Kosten erstattet bekommt, denn sie hat einen eigenen Antrag gestellt und sich mithin selbst einem Prozessrisiko ausgesetzt (vgl. &#167; 154 Abs. 3 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#160;52 Abs.&#160;1 GKG.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar.</p>
171,293
ovgnrw-2019-01-09-4-e-79618
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 E 796/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:43
2019-02-12T13:44:35
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.4E796.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Beschwerde der Kl&#228;gerin gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25.7.2018 wird verworfen.</p> <p>Das Verfahren &#252;ber die Beschwerde ist gerichtsge-b&#252;hrenfrei; au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde, &#252;ber die gem&#228;&#223; &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. &#167; 66 Abs. 6 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, ist unzul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der nach &#167; 68 Abs. 1 Satz 1 GKG ma&#223;gebliche Beschwerdewert von 200,00 Euro wird nicht erreicht. Der angegriffene Streitwert in H&#246;he von 100,00 Euro liegt in der geringstm&#246;glichen Wertstufe, so dass die Kl&#228;gerin durch einen noch geringeren Streitwert nicht weniger belastet w&#228;re. Selbst wenn man den zutreffenden Streitwert von 600,00 Euro zugrundelegt, den der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage &#8210; 4 A 3346/18 &#8210; festgesetzt hat, l&#228;ge ihre Beschwer durch die erfolgte Festsetzung im Vergleich zur jedenfalls anfallenden Mindestgeb&#252;hr bei nur 54,00 Euro und damit deutlich unter dem Beschwerdewert von 200,00 Euro. Nach dem Streitwert von 600,00 Euro angefallene Gerichtsgeb&#252;hren belaufen sich unter Ansatz einer dreifachen Verfahrensgeb&#252;hr auf 159,00 Euro, w&#228;hrend sie nach einem Streitwert der geringsten Wertstufe 105,00 Euro betragen w&#252;rden (vgl. Nr. 5110 der Anlage 1 zu &#167; 3 Abs. 2 GKG, Anlage 2 zu &#167;&#160;34 GKG).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen folgen aus &#167; 68 Abs. 3 GKG.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.11.2015 &#8210; 4 E 913/15 &#8210;, juris, Rn.&#160;2&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.</p>
171,292
ovgnrw-2019-01-09-4-a-334618
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
4 A 3346/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:43
2019-02-12T13:44:35
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.4A3346.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag der Kl&#228;gerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 25.7.2018 wird verworfen.</p> <p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert wird unter Ab&#228;nderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung f&#252;r beide Instanzen auf jeweils 600,00 Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">G r &#252; n d e :</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Das als allein statthafter Antrag auf Zulassung der Berufung verstandene Rechtsmittel ist unzul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist entgegen &#167; 67 Abs. 4 i.&#160;V.&#160;m. Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht durch einen Prozessbevollm&#228;chtigten vertreten. Das Vertretungserfordernis gilt bereits f&#252;r die Prozesshandlung, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird (vgl. &#167; 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auf das Vertretungserfordernis ist die Kl&#228;gerin in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils und nochmals mit der Eingangsverf&#252;gung vom 3.9.2018 hingewiesen worden.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167;&#160;39 Abs.&#160;1, 47 Abs.&#160;1, 52 Abs.&#160;1 und 3, 63 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 Nr.&#160;2 GKG. Der Senat geht davon aus, dass die Bedeutung einer Klage gegen die auferlegte Duldung einer Feuerst&#228;ttenschau f&#252;r den Betroffenen in gleicher H&#246;he wie diejenige gegen einen Feuerst&#228;ttenbescheid zu bemessen ist.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 22.10.2018 &#8210; 4 E 548/17 &#8210;, juris, Rn. 5&#160;f., m.&#160;w.&#160;N., und vom 11.12.2018 &#8211; 4 B 1638/18 &#8211;, juris, Rn.&#160;3&#160;f.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Letztere ist nach &#167;&#160;14b SchfHwG seit dem 22.7.2017 mit einem Streitwert von 500,00 Euro gesetzlich festgelegt, was der Senat wegen des &#252;bergangsregelungsfreien Inkrafttretens dieser Vorschrift nunmehr f&#252;r ma&#223;geblich h&#228;lt.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 22.10.2018 &#8210; 4 E 548/17 &#8210;, juris, Rn. 7, und vom 27.12.2018 &#8210; 4 A 4278/18 &#8210;, juris, Rn.&#160;7&#160;ff.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Streitwerterh&#246;hend kommt hinzu, dass die Klage auch gegen die in dem Bescheid vom 1.12.2016 auf 100,00 Euro festgesetzte Verwaltungsgeb&#252;hr gerichtet ist, die in voller H&#246;he zu ber&#252;cksichtigen ist.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist nach &#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO und &#167;&#160;68 Abs.&#160;1 Satz&#160;5 i.&#160;V.&#160;m. &#167;&#160;66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 GKG unanfechtbar.</p>
171,291
ovgnrw-2019-01-09-19-a-309217
{ "id": 823, "name": "Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen", "slug": "ovgnrw", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
19 A 3092/17
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:43
2019-02-12T13:44:35
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.19A3092.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p> <p>Der Streitwert f&#252;r das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00&#160;Euro festgesetzt.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Der Senat entscheidet &#252;ber die Berufungszulassung durch den Vorsitzenden als Berichterstatter, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erkl&#228;rt haben (&#167;&#167;&#160;87a Abs.&#160;2 und&#160;3, 125 Abs.&#160;1 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Berufungszulassungsantrag ist unbegr&#252;ndet. Nach &#167;&#160;124a Abs.&#160;5 Satz&#160;2 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn einer der Gr&#252;nde des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. Der Kl&#228;ger st&#252;tzt seinen Antrag auf die Zulassungsgr&#252;nde nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nrn.&#160;1 und&#160;5 VwGO. Keiner dieser Gr&#252;nde liegt vor. Die Berufung ist weder nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (I.) noch nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;5 VwGO wegen des ger&#252;gten Verfahrensmangels (II.) zuzulassen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">I.&#160;Aus der Zulassungsbegr&#252;ndung des inzwischen 13-j&#228;hrigen Kl&#228;gers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass seine Mutter &#252;ber die ihm vorgeworfenen schulischen Pflichtverletzungen informiert worden sei und zugleich die M&#246;glichkeit der Stellungnahme erhalten habe (S.&#160;7 des Urteilsabdrucks). Gegen diese Feststellung wendet der Kl&#228;ger ohne Erfolg ein, seine Mutter sei lediglich in einem Telefonanruf dar&#252;ber informiert worden, dass man ihm beleidigende &#196;u&#223;erungen &#252;ber Whatsapp vorwerfe, eine eigene Stellungnahme habe sie jedoch nicht abgeben k&#246;nnen, und seine Eltern h&#228;tten auch weder tats&#228;chliche noch rechtliche Informationen &#252;ber Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts, die Verfahrensabl&#228;ufe und die rechtlichen Konsequenzen einer m&#246;glichen schulischen Entscheidung erhalten.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Entgegen dieser Darstellung hatten die Eltern des Kl&#228;gers sehr wohl &#8222;Gelegenheit zur Stellungnahme&#8220; im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;6 Satz&#160;3 SchulG NRW, und sie haben diese Gelegenheit auch wahrgenommen. Die Klassenlehrerin G.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; hat die Mutter am Dienstag, dem 26.&#160;Januar 2016, telefonisch &#252;ber das ihrem Sohn vorgeworfene Fehlverhalten informiert und sie auf eine m&#246;gliche Ordnungsma&#223;nahme hingewiesen. Das ergibt sich aus dem Protokoll der Klassenlehrerin vom 4.&#160;Februar 2016 (Blatt&#160;22 des Verwaltungsvorgangs). Diese telefonische Information war auch hinreichend konkret, insbesondere enthielt sie den konkreten Hinweis auf die ihrem Sohn vorgeworfenen Beleidigungen gegen&#252;ber einer Mitsch&#252;lerin am Freitag, dem 22.&#160;Januar 2016, zwischen 17&#160;und 18&#160;Uhr, in den Sprachnachrichten der gemeinsamen Whatsapp-Chatgruppe &#8222;Klassen&#160;5 am DBG&#8220; der 5.&#160;Klassen des E.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; -Gymnasiums. Denn die Mutter hat der Klassenlehrerin am 27.&#160;Januar 2016 (Mittwoch) ebenfalls telefonisch mitgeteilt, dass noch ein weiterer Junge beteiligt gewesen sei, und sie hat ihr aus dem Mobiltelefon des Kl&#228;gers sowohl den Whatsapp-Verlauf dieser Chatgruppe zur genannten Zeit als auch die einzelnen Whatsapp-Sprachnachrichten weiter geleitet, welche unter anderem die von ihrem Sohn gesprochene Beleidigung einer Mitsch&#252;lerin als &#8222;Mobbing-Fotze&#8220; enthielten. Aus dieser Reaktion der Mutter l&#228;sst sich r&#252;ckschlie&#223;en, dass f&#252;r sie aus dem Anruf der Klassenlehrerin hinreichend klar ablesbar war, welche &#196;u&#223;erung die Schule ihrem Sohn als Beleidigung und Pflichtverletzung im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 SchulG NRW vorwarf. Hiernach hatten die Eltern zwischen dem genannten Telefonanruf am 26.&#160;Januar 2016 und dem postalischen Zugang des schriftlichen Bescheides des Schulleiters vom 27.&#160;Januar 2016 ausreichend Gelegenheit, den Vorfall mit ihrem Sohn zu besprechen und hierzu eine Stellungnahme gegen&#252;ber dem Schulleiter abzugeben.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Abgesehen davon durfte der Schulleiter einen dringenden Fall im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;6 Satz&#160;4 Halbsatz&#160;1 SchulG NRW annehmen, der auch ein Nachholen der Anh&#246;rung nach Halbsatz&#160;2 in der Zeit nach dem postalischen Zugang seines schriftlichen Bescheides vom 27.&#160;Januar 2016 gerechtfertigt h&#228;tte. Denn die am vorhergehenden Freitag ins Netz gestellten Whatsapp-Beleidigungen des Kl&#228;gers und seiner Klassenkameraden hatten nach den Angaben des Schulleiters viele der insgesamt etwa 80 im Chat angemeldeten Sch&#252;ler und deren Eltern schon w&#228;hrend des Wochenendes gelesen und ihre Lehrer sofort am Montagmorgen noch vor Unterrichtsbeginn dar&#252;ber informiert. Auch in der Klasse des Kl&#228;gers war der Vorfall danach bereits Thema, bevor seine Klassenlehrerin G.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; davon erfuhr. Diese Gesamtumst&#228;nde rechtfertigen die Annahme eines dringenden Falles im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;6 Satz&#160;4 Halbsatz&#160;1 SchulG NRW. Auch nach dem postalischen Zugang des schriftlichen Bescheides des Schulleiters vom 27.&#160;Januar 2016 hatten die Eltern des Kl&#228;gers ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;6 Satz&#160;3 SchulG NRW und haben diese ebenfalls wahrgenommen (Schreiben des Vaters des Kl&#228;gers vom 1.&#160;Februar 2016).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Zu Unrecht wirft der Kl&#228;ger dem Verwaltungsgericht weiter vor, es habe ungepr&#252;ft gelassen, ob die ihm angelastete Beleidigung der Sch&#252;lerin K.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; L.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; tats&#228;chlich von ihm oder aber vielmehr von seinem Mitsch&#252;ler O.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; stammte, dessen &#196;u&#223;erungen sich auf die Sch&#252;lerin K.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; bezogen h&#228;tten, w&#228;hrend er, der Kl&#228;ger, sich mit seinem Ausspruch auf eine Sch&#252;lerin mit dem Vornamen K1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; bezogen habe, die eine andere Sch&#252;lerin als K.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; L.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; sei (Nr.&#160;1.b. und 2.a. der Antragsbegr&#252;ndung). Dieser Vorwurf geht an den ma&#223;geblichen Erw&#228;gungen des angefochtenen Urteils vorbei. Das Verwaltungsgericht hat die Pflichtverletzungen des Kl&#228;gers im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 SchulG NRW zutreffend unter anderem darin gesehen, dass er eine Mitsch&#252;lerin mit der Bezeichnung als &#8222;Mobbing-Fotze&#8220; schwer beleidigt und in ihrem Pers&#246;nlichkeitsrecht verletzt hat (S.&#160;7 des Urteilsabdrucks).</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Es bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass diese Pflichtverletzung dem Kl&#228;ger im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;5 SchulG NRW zuzurechnen ist, zumal er auch zugegeben hat, die fragliche Beleidigung als Whatsapp-Sprachnachricht selbst gesprochen und in die genannte Chatgruppe gestellt zu haben. Die vom Kl&#228;ger angesprochene M&#246;glichkeit, &#8222;dass die Sch&#252;lerin K1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Behauptungen des Kl&#228;gers nicht wahrgenommen bzw. diese als unbedeutend eingestuft hat&#8220;, erscheint angesichts des Mediums, in dem die Beleidigung verbreitet wurde, lebensfremd und vermag schon deshalb kein Aufkl&#228;rungsdefizit zu begr&#252;nden. Davon abgesehen bliebe die schul&#246;ffentliche Herabw&#252;rdigung einer Mitsch&#252;lerin auch dann ein schwerwiegendes Fehlverhalten, wenn unterstellt w&#252;rde, dass sie von der betroffenen Sch&#252;lerin nicht zur Kenntnis genommen worden w&#228;re. Ebenso ist auch die weitere Pflichtverletzung dem Kl&#228;ger im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;5 SchulG NRW zuzurechnen, die das Verwaltungsgericht zutreffend darin gesehen hat, dass er mit seinem Mobiltelefon O.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; und zwei weiteren Mitsch&#252;lern erm&#246;glicht hat, in seiner Anwesenheit weitere Beleidigungen mittels Whatsapp-Sprachnachrichten in die genannte Chatgruppe einzustellen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vergeblich versucht der Kl&#228;ger ferner, sein Fehlverhalten durch die Vermutung zu relativieren, &#8222;dass es zuvor einen Konflikt gegeben haben&#8220; m&#252;sse, den O.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit K.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; L.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; um Schokoladenriegel gehabt habe und der das Verwaltungsgericht zur der Aufkl&#228;rung habe veranlassen m&#252;ssen, ob &#8222;der Kl&#228;ger mit seinem Kommentar auf Whatsapp die Interessen anderer Mitsch&#252;ler wahrnehmen wollte, indem er diese verteidigt und sich f&#252;r diese einsetzt.&#8220; Aus dieser Vermutung ergibt sich keinerlei konkreter Anhaltspunkt f&#252;r die in der Antragsbegr&#252;ndung ebenfalls nur als blo&#223;e Spekulation in den Raum gestellte &#8222;andere rechtliche Bewertung insbesondere hinsichtlich der Frage der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit der getroffenen Ordnungsma&#223;nahme&#8220;. Abgesehen davon liegt hierin schon deshalb keine unzureichende Sachverhaltsaufkl&#228;rung des Verwaltungsgerichts, weil der Kl&#228;ger im Widerspruchs- und Klageverfahren jederzeit Gelegenheit hatte, den behaupteten Konflikt und seine erstmals in der Antragsbegr&#252;ndung vermutungsweise in den Raum gestellte angebliche Interessenwahrnehmung f&#252;r O.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; mit konkreten Tatsachen zu untermauern. Von dieser Gelegenheit hat er bis heute keinen Gebrauch gemacht.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Bereits von der Sache her unzutreffend ist der weitere Vorwurf des Kl&#228;gers, &#8222;dass das Urteil nicht erkennen l&#228;sst, welche Ma&#223;nahmen von Seiten der Schule im Vorhinein ergriffen wurden, um im Wege erzieherischer Einwirkungen den Sch&#252;lern deutlich und bewusst zu machen, wie mit Nachrichten &#252;ber moderne Kommunikationsmittel &#8209;&#160;hier per Whatsapp&#160;&#8209; umzugehen ist, und welche Gefahren damit f&#252;r sie selbst und Dritte verbunden sind.&#8220; Auf den hiermit der Sache nach ger&#252;gten Versto&#223; gegen den in &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;4 SchulG NRW normierten Vorrang erzieherischer Einwirkungen nach Abs.&#160;2 vor den f&#246;rmlichen Ordnungsma&#223;nahmen nach Abs.&#160;3 ist das Verwaltungsgericht sehr wohl eingegangen. Auf S.&#160;11 des Urteilsabdrucks hat es hierzu ausgef&#252;hrt, die Ma&#223;nahme sei auch erforderlich, insbesondere seien nach der nicht zu beanstandenden Einsch&#228;tzung des Beklagten vorliegend erzieherische Einwirkungen im Sinn des &#167;&#160;53 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 SchulG NRW allein nicht ausreichend.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Diese W&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts ist auch zutreffend. Der Vorranggrundsatz nach &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;4 SchulG NRW zwingt die Schule nach dessen Wortlaut nur dann zur vorrangigen Anwendung von Erziehungsma&#223;nahmen nach Abs.&#160;2, wenn diese &#8222;ausreichen&#8220;, um angemessen auf das Fehlverhalten des Sch&#252;lers zu reagieren. Ist dieses Fehlverhalten aber nach der fehlerfreien p&#228;dagogischen Bewertung der Schule von einem solchen Gewicht, dass Erziehungsma&#223;nahmen nach Abs.&#160;2 nicht ausreichen, darf sie die Stufe dieser Ma&#223;nahmen &#252;berspringen und sofort eine f&#246;rmliche Ordnungsma&#223;nahme nach Abs.&#160;3 aussprechen, ohne zuvor mit Erziehungsma&#223;nahmen nach Abs.&#160;2 auf sein Fehlverhalten reagiert zu haben.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Zum &#220;berspringen leichter Ordnungsma&#223;nahmen bei Erlass einer schweren Ordnungsma&#223;nahme vgl. OVG NRW, Beschl&#252;sse vom 23.&#160;Februar 2007 &#8209;&#160;19 B 306/07&#160;-, juris, Rn.&#160;5&#160;ff., und vom 6.&#160;Juni 2006 &#8209;&#160;19 B 742/06&#160;&#8209;, NWVBl.&#160;2006, 429, juris, Rn.&#160;8 (China-B&#246;ller).</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Hier haben der Schulleiter und das Verwaltungsgericht das Fehlverhalten des Kl&#228;gers zutreffend als hinreichend schwer einstuft, um sogleich die mildeste Ordnungsma&#223;nahme des schriftlichen Verweises nach &#167;&#160;53 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 Nr.&#160;1 SchulG NRW auszusprechen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Mit seinen weiteren verharmlosenden Ausf&#252;hrungen zu dem ihm als damals 10-J&#228;hrigem angeblich fehlenden Wissen um die ehrkr&#228;nkende Breitenwirkung einer derartigen Nutzung von Whatsapp weckt der Kl&#228;ger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit auch dieser W&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts (Nr.&#160;1.d. und 2.b. der Antragsbegr&#252;ndung). Seine Behauptung, &#8222;f&#252;r ihn stellte sich die Situation nicht anders dar, als h&#228;tte er im Konflikt dem M&#228;dchen K1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; unmittelbar gegen&#252;bergestanden&#8220;, ist lebensfremd und steht im Widerspruch zur Mitteilung des Schulleiters in der Klageerwiderung, der Kl&#228;ger habe den Sachverhalt anl&#228;sslich seiner Anh&#246;rung am 26.&#160;Januar 2016 im vollem Umfang zugegeben. Die wiederholten Vorw&#252;rfe des Kl&#228;gers an den Schulleiter, er habe ihn dabei &#8222;eingesch&#252;chtert&#8220; und au&#223;erdem bei der Wissensvermittlung an der Schule &#252;ber den Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln &#8222;versagt&#8220;, entbehren ebenfalls jeder konkreten Tatsachengrundlage. Auff&#228;llig ist in diesem Zusammenhang zudem, dass der Kl&#228;ger sich angeblich &#8222;bereits im Vorfeld aus eigenem Antrieb bei der betreffenden Person schriftlich und m&#252;ndlich entschuldigt&#8220; haben will (Schreiben seines Vaters vom 1.&#160;Februar 2016), dieses Entschuldigungsschreiben jedoch nicht vorgelegt hat. Abgesehen davon ist die W&#252;rdigung des Schulleiters und des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, dass das Eingest&#228;ndnis des Kl&#228;gers und seine Entschuldigung die Wahl des schriftlichen Verweises als der mildesten der in &#167;&#160;53 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 SchulG NRW aufgez&#228;hlten Ordnungsma&#223;nahmen als angemessen im Sinn des Grundsatzes der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit erscheinen lassen, der als verfassungsrechtlicher Grundsatz in &#167;&#160;53 Abs.&#160;1 Satz&#160;3 SchulG NRW einfachgesetzlich konkretisiert ist.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">II.&#160;Die Berufung ist auch nicht nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;5 VwGO wegen der ger&#252;gten Aufkl&#228;rungsm&#228;ngel zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat seine Pflicht aus &#167;&#160;86 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO zur ersch&#246;pfenden Sachverhaltsaufkl&#228;rung nicht dadurch verletzt, dass es weder den Kl&#228;ger zu seinen Kenntnissen &#252;ber Whatsapp noch seine Mutter zu ihrer Anh&#246;rung durch die Klassenlehrerin pers&#246;nlich angeh&#246;rt hat. Eine solche Sachverhaltsaufkl&#228;rung dr&#228;ngte sich aus den bereits er&#246;rterten Gr&#252;nden nicht auf. Der Kl&#228;ger, der in der erstinstanzlichen m&#252;ndlichen Verhandlung anwaltlich und durch seine Eltern vertreten war, hat vor dem Verwaltungsgericht auch keine dahin gehende Beweiserhebung beantragt.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus &#167;&#167;&#160;47, 52 Abs.&#160;2 GKG. Die Bedeutung der Schulordnungsma&#223;nahme f&#252;r den Kl&#228;ger, auf die es nach diesen Vorschriften f&#252;r die Streitwertfestsetzung ankommt, bemisst der Senat in st&#228;ndiger Praxis in Anlehnung an Nr.&#160;38.3 des Streitwertkatalogs 2013 (NWVBl.&#160;2014, Heft&#160;1, Sonderbeilage, S.&#160;11) mit dem Auffangwert nach &#167;&#160;52 Abs.&#160;2 GKG.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">OVG NRW, Beschluss vom 21.&#160;September 2018 &#8209;&#160;19 A 2613/17&#160;&#8209;, juris, Rn.&#160;5 und&#160;20.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO, &#167;&#167;&#160;66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3, 68 Abs.&#160;1 Satz&#160;5 GKG).</p>
171,290
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14 A 4620/18.A
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:43
2019-02-12T13:44:34
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.14A4620.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung ist unbegr&#252;ndet. Der von ihm geltend gemachte Zulassungsgrund der grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache (&#167; 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) liegt nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Eine Rechtssache hat grunds&#228;tzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren kl&#228;rungsbed&#252;rftige und f&#252;r die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung &#252;ber den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung f&#252;r die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21. M&#228;rz 2013 - 6 A 2497/11 - , juris, Rn. 3.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die vom Kl&#228;ger aufgeworfene Frage:</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">M&#252;ssen zur&#252;ckkehrende syrische Fl&#252;chtlinge im Allgemeinen und Wehrdienstverweigerer im Besonderen damit rechnen, im Falle ihrer R&#252;ckkehr nach Syrien im Rahmen der dortigen Routineeinreisekontrollen festgenommen zu werden, weil ihnen die illegale Ausreise und der Auslandsaufenthalt bzw. die Verweigerung des Milit&#228;rdienstes als regimefeindliche Gesinnung ausgelegt wird?</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">ist nicht kl&#228;rungsbed&#252;rftig, da sie gekl&#228;rt ist. Der Senat hat die Frage mit Urteilen vom 21. Februar 2017 - 14 A 2316/16.A -, vom 4. Mai 2017 &#8209;&#160;14 A 2023/16.A&#160;&#8209;, vom 7.&#160;Februar 2018 &#8209;&#160;14&#160;A 2390/16.A&#160;&#8209; und vom 3. September 2018 - 14 A 837/18.A -, alle NRWE und juris, im verneinenden Sinne beantwortet.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Das Antragsvorbringen gibt keine Veranlassung, die genannte Frage als kl&#228;rungsbed&#252;rftig geblieben oder wieder geworden erscheinen zu lassen, da insoweit keine relevanten neuen Gesichtspunkte vorgebracht werden. Das gilt auch, soweit auf eine Auskunft von Amnesty international vom 20. September 2018 an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof und einen Bericht von ACCORD vom 24. August 2018 Bezug genommen wird. Beide Erkenntnisse sind dem Antrag nicht beigef&#252;gt worden. Unabh&#228;ngig davon gibt die dem Senat bekannte Auskunft von Amnesty international vom 20. September 2018 keinen Anlass, eine erneute Pr&#252;fung der Frage zu er&#246;ffnen. Die Stellungnahme wiederholt die bekannte, vom Senat nicht geteilte Einsch&#228;tzung dieser Organisation, ohne dass hinreichende tats&#228;chliche Erkenntnisse vorl&#228;gen, die die beachtliche Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung aller r&#252;ckkehrenden Asylbewerber wegen ihres Asylantrags oder einer Wehrdienstentziehung durch Flucht begr&#252;nden k&#246;nnten. Die Erkenntnisse belegen, soweit &#252;berhaupt hinreichende Tatsachen in den Einzelf&#228;llen mitgeteilt werden, lediglich die politische Verfolgung Oppositioneller, geben aber f&#252;r die hier in Rede stehende Frage nichts her.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO, &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 80 AsylG).</p>
171,220
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{ "id": 916, "name": "Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz", "slug": "verfgrp", "city": null, "state": 13, "jurisdiction": "Verfassungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
VGH B 25/18, VGH A 26/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:50:09
2019-02-12T13:44:23
Beschluss
ECLI:DE:VERFGRP:2019:0109.1B25.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Verfassungsbeschwerde wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdef&#252;hrerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, mit dem ihre Antr&#228;ge auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil und die Beiordnung eines Notanwalts zur Durchf&#252;hrung des Zulassungsverfahrens abgelehnt wurden. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte sie sich erfolglos gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeitr&#228;gen gewandt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>1. a) Das Verwaltungsgericht wies die gegen die Heranziehung zu Rundfunkbeitr&#228;gen gerichtete Klage mit Urteil vom 26. April 2018 in vollem Umfang ab, da die angegriffenen Festsetzungsbescheide formell und materiell rechtm&#228;&#223;ig seien und auch kein H&#228;rtefall, der zu einer Beitragsbefreiung f&#252;hren k&#246;nne, vorliege.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>b) Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beantragte die Beschwerdef&#252;hrerin mit Schriftsatz vom 22. Mai 2018 die Zulassung der Berufung sowie die Beiordnung eines Notanwalts, da sie keinen Anwalt finden k&#246;nne, der zur &#220;bernahme des Mandats bereit sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Mit Schriftsatz vom 3. August 2018 teilte die beklagte Rundfunkanstalt mit, dass das streitbefangene Beitragskonto der Beschwerdef&#252;hrerin r&#252;ckwirkend ab Januar 2013 abgemeldet worden sei und damit auch die angefochtenen Bescheide hinf&#228;llig seien. Hintergrund sei, dass der von der Beschwerdef&#252;hrerin f&#252;r das verwaltungsgerichtliche Verfahren Bevollm&#228;chtigte &#8222;im Rahmen der m&#252;ndlichen Verhandlung&#8220; vor dem Verwaltungsgericht am 26. April 2018 erkl&#228;rt habe, dass er der Ehegatte der Beschwerdef&#252;hrerin sei und sie in dem streitbefangenen Zeitraum auch einen gemeinsamen Wohnsitz gehabt h&#228;tten. Im Hinblick darauf gab der Beklagte eine Erledigungserkl&#228;rung ab, verwahrte sich jedoch ausdr&#252;cklich gegen die Kosten, da die Kl&#228;gerin den besagten Umstand nicht rechtzeitig mitgeteilt habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. August 2018 wurde die Beschwerdef&#252;hrerin darauf hingewiesen, dass der gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung unzul&#228;ssig sei, da er nicht durch einen Rechtsanwalt oder eine andere zur Vertretung berechtigte Person gestellt worden sei. Im Hinblick auf den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts erfolgte der Hinweis, dass dies schon deswegen nicht mehr in Betracht komme, weil die beklagten Rundfunkbeitragsbescheide aufgehoben worden seien, weshalb f&#252;r die weitere Rechtsverfolgung das Rechtsschutzinteresse fehle. Der Antrag auf Zulassung der Berufung w&#228;re daher auch bei Beiordnung eines Notanwalts unzul&#228;ssig geblieben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Mit Schriftsatz vom 12. August 2018 teilte die Beschwerdef&#252;hrerin mit, dass sie an ihren Antr&#228;gen uneingeschr&#228;nkt festhalte. Insbesondere bestehe das Rechtsschutzbed&#252;rfnis f&#252;r ihre Klage fort, da das Urteil des Verwaltungsgerichts Bindung entfalte. Die Aufhebung der Rundfunkbeitragsbescheide f&#252;hre nicht zur Beendigung des Rechtsstreits. Eine Erledigungserkl&#228;rung k&#252;ndigte die Beschwerdef&#252;hrerin nicht an. Im &#220;brigen machte die Beschwerdef&#252;hrerin umfangreiche Ausf&#252;hrungen zu den von ihr geltend gemachten Gesetzesverst&#246;&#223;en bei der Rundfunkbeitragserhebung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Das Oberverwaltungsgericht lehnte die Zulassung der Berufung und die Beiordnung eines Notanwalts zur Durchf&#252;hrung des Zulassungsverfahrens durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 23. August 2018 ab. Der Zulassungsantrag sei bereits unzul&#228;ssig, da er entgegen dem Erfordernis des &#167; 67 Abs. 4 S&#228;tze 1 bis 3 und 7 VwGO nicht durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige gem&#228;&#223; &#167; 67 Abs. 2 S&#228;tze 1 und 2 Nr. 3 bis 7 VwGO vertretungsbefugte Person oder Organisation vertreten sei. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts sei nach &#167; 78b Abs. 1 Zivilprozessordnung &#8211; ZPO &#8211; i.V.m. &#167; 173 Satz 1 VwGO abzulehnen, da die Rechtsverfolgung aussichtslos sei. Ein durch einen Rechtsanwalt gestellter Antrag k&#246;nne keine Aussicht auf Erfolg haben, da nach der Erkl&#228;rung der Beklagten, dass die angefochtenen Bescheide hinf&#228;llig geworden seien, das Rechtsschutzbed&#252;rfnis f&#252;r die Klage entfallen sei. Das Begehren der Beschwerdef&#252;hrerin habe sich erledigt und auch das diesbez&#252;gliche Urteil des Verwaltungsgerichts entfalte daher trotz Eintritt der Rechtskraft mit dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Rundfunkbeitragserhebung f&#252;r sie keine nachteiligen Folgen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Die hiergegen mit Schriftsatz vom 6. September 2018 erhobene Anh&#246;rungsr&#252;ge, mit der sich die Beschwerdef&#252;hrerin vor allem gegen eine &#8222;gezielte Aussteuerung&#8220; ihres Verfahrens sowie &#8222;Flucht aus dem Verfahren&#8220;, obwohl sich &#8222;nichts erledigt&#8220; habe, und dadurch eine Verletzung ihres Justizgew&#228;hrungsanspruchs sowie ihres Anspruchs auf rechtliches Geh&#246;r wandte, verwarf das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 4. Oktober 2018 ebenso, wie es die gleichzeitig erhobene Gegenvorstellung zur&#252;ckwies.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde r&#252;gt die Beschwerdef&#252;hrerin eine Verletzung ihres Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 124 der Verfassung f&#252;r Rheinland-Pfalz &#8211; LV &#8211;, ihres Anspruchs auf rechtliches Geh&#246;r aus Art. 6 Abs. 2 LV, ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren sowie einen Versto&#223; gegen das Willk&#252;rverbot des Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 LV. Das Oberverwaltungsgericht habe ihr durch die Nichtzulassung der Berufung und die Ablehnung ihres Antrags, einen Notanwalt zu bestellen, den Rechtsweg und das rechtliche Geh&#246;r abgeschnitten. Der mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts diene &#8222;einzig und alleine dazu, ein verwaltungsgerichtliches Verfahren durch angebliche Unzul&#228;ssigkeit auszusteuern&#8220;. Das Oberverwaltungsgericht habe ihr berechtigtes Feststellungs- und Rehabilitierungsinteresse &#8222;sehenden Auges unber&#252;cksichtigt gelassen&#8220; sowie verkannt, dass sie durch die Auferlegung der Kosten beschwert sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>3. Dem Beklagten des Ausgangsverfahrens sowie dem Ministerium der Justiz f&#252;r die Landesregierung wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Beklagte des Ausgangsverfahrens hat hiervon abgesehen. Die Landesregierung h&#228;lt die Verfassungsbeschwerde bereits f&#252;r unzul&#228;ssig, da die Beschwerdef&#252;hrerin eine Beschwerdebefugnis nicht dargelegt habe. Jedenfalls aber sei die Verfassungsbeschwerde unbegr&#252;ndet; die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts verletze die Beschwerdef&#252;hrerin nicht in ihren Grundrechten. Das Oberverwaltungsgericht habe insbesondere zu Recht entschieden, dass dem Rechtsschutzbegehren der Beschwerdef&#252;hrerin das Rechtsschutzbed&#252;rfnis gefehlt habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Verfassungsgerichtshof vorgelegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unbegr&#252;ndet. Sie kann deshalb durch einstimmigen Beschluss des gem&#228;&#223; &#167; 15a Abs. 1 Satz 2 des Landesgesetzes &#252;ber den Verfassungsgerichtshof &#8211; VerfGHG &#8211; gebildeten Ausschusses zur&#252;ckgewiesen werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>1. Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdef&#252;hrerin nicht in ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 124 LV.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>a) Die gem&#228;&#223; Art. 124 LV gew&#228;hrleistete Rechtsschutzgarantie enth&#228;lt ein Grundrecht auf effektiven und m&#246;glichst l&#252;ckenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der &#246;ffentlichen Gewalt. F&#252;r das Rechtsmittelrecht folgt aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes, dass die Gew&#228;hrleistung eines Instanzenzugs zwar von Verfassungs wegen nicht geboten ist; er&#246;ffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so verbietet die Rechtsschutzgarantie eine Auslegung und Anwendung dieser Rechtsnormen, die das Beschreiten des Rechtsweges in einer unzumutbaren, aus Sachgr&#252;nden nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschweren. Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Prozessordnung er&#246;ffnetes Rechtsmittel nicht ineffektiv machen und f&#252;r den Beschwerdef&#252;hrer &#8222;leerlaufen&#8220; lassen. Das gleiche gilt, wenn das Prozessrecht &#8211; wie hier die &#167;&#167; 124, 124a VwGO &#8211; den Verfahrensbeteiligten die M&#246;glichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 13. Dezember 2004 &#8211; VGH B 7/04 &#8211;, AS 35, 184 [188] m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschl&#252;sse vom 20. Dezember 2010 &#8211; 1 BvR 2011/10 &#8211;, juris Rn. 17 und vom 16. Januar 2017 &#8211; 2 BvR 2615/14 &#8211;, juris Rn. 18 m.w.N.; st. Rspr.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgr&#252;nde gem&#228;&#223; &#167; 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise auch f&#252;r die Entscheidung der Gerichte dar&#252;ber, ob die nach &#167; 67 Abs. 4 VwGO fehlende Postulationsf&#228;higkeit einer Partei vor den Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem die Partei einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet, durch Beiordnung eines Notanwalts behoben wird oder nicht. Bei der Auslegung und Anwendung der nach &#167; 173 Satz 1 VwGO anwendbaren Vorschrift des &#167; 78b Abs. 1 ZPO, wonach die Beiordnung abzulehnen ist, wenn die Rechtsverfolgung aussichtslos erscheint, d&#252;rfen die Gerichte daher nicht durch &#252;berm&#228;&#223;ig strenge Handhabung verfahrensrechtlicher Schranken den Anspruch auf gerichtliche Durchsetzung des materiellen Rechts unzumutbar verk&#252;rzen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Dezember 2002 &#8211; 1 BvR 1710/02 &#8211;, juris Rn. 11 ff.; vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 22. Dezember 1978 &#8211; Vf. 69-VI-77 &#8211;, juris Rn. 13).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Zwar ist die Auslegung und Anwendung des jeweiligen Verfahrensrechts grunds&#228;tzlich Sache der Fachgerichte. Die fehlerhafte Anwendung prozessrechtlicher Bestimmungen stellt jedoch dann zugleich einen Versto&#223; gegen Verfassungsrecht dar, wenn das Gericht bei Anwendung der Verfahrensvorschriften die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts &#8211; hier des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 124 LV &#8211; verkannt hat (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 13. Dezember 2004 &#8211; VGH B 7/04 &#8211;, AS 35, 184 [188] m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>b) Hieran gemessen verst&#246;&#223;t der den Antrag auf Zulassung der Berufung zur&#252;ckweisende sowie den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Zulassungsverfahrens ablehnende Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Art. 124 LV. Das Oberverwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung nachvollziehbar unter Auslegung des kl&#228;gerischen Begehrens dargelegt, weshalb auch ein durch einen (beigeordneten) Rechtsanwalt gestellter Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg haben k&#246;nnte und damit i.S. des &#167; 78b Abs. 1 Satz 1 ZPO aussichtslos erschiene, da f&#252;r die Klage das Rechtsschutzbed&#252;rfnis entfallen ist, nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 3. August 2018 mitgeteilt hatte, dass er das Beitragskonto der Beschwerdef&#252;hrerin r&#252;ckwirkend ab Januar 2013 abgemeldet habe und ausdr&#252;cklich darauf hingewiesen hat, das die angefochtenen Bescheide damit hinf&#228;llig sind. F&#252;r ein angesichts dieses erledigenden Ereignisses und der entsprechenden Erledigungserkl&#228;rung des Beklagten vom 3. August 2018 gleichwohl bestehendes Fortsetzungsfeststellungsinteresse oder, wie die Beschwerdef&#252;hrerin vortr&#228;gt, Rehabilitationsinteresse ist nichts dargetan oder sonst ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Zwar ist in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass im Falle der Erledigung des Rechtstreits &#8222;zwischen den Instanzen&#8220; die Einlegung eines (die Rechtskraft aufhaltenden) Rechtsbehelfs allein zu dem Zweck, um in dem Rechtsmittelverfahren durch &#252;bereinstimmende Erledigungserkl&#228;rungen eine Verfahrensbeendigung herbeizuf&#252;hren, nicht ausgeschlossen ist, sondern f&#252;r ein solches Vorgehen ein Rechtsschutzbed&#252;rfnis in der Regel gegeben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1993 &#8211; 8 C 40.91 &#8211;, NVwZ 1993, 979 f.; OVG RP, Beschluss vom 19. Januar 1983 &#8211; 11 B 195/82 &#8211;, AS 18, 86 [88 f.]; OVG NRW, Beschluss vom 26. M&#228;rz 2003 &#8211; 8 B 82/03 &#8211;, NVwZ-RR 2003, 701; Nds. OVG, Beschluss vom 27. Oktober 1997 &#8211; 7 M 4238/97 &#8211;, NVwZ-RR 1998, 337). Dies gilt auch f&#252;r einen Antrag auf Zulassung der Berufung nach &#167; 124a Abs. 4 VwGO (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 5. Aufl. 2018, &#167; 124a Rn. 337 f.; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke [Hrsg.], VwGO, 24. Aufl. 2018, &#167; 124a Rn. 51). Eine solche Erledigungserkl&#228;rung wollte die Beschwerdef&#252;hrerin hingegen, im Gegensatz zu dem Beklagten, nicht abgeben, sondern hat im Gegenteil deutlich zu erkennen gegeben, ihr Begehren in der Hauptsache weiterverfolgen zu wollen. Hierf&#252;r aber fehlt, wie das Oberverwaltungsgericht nachvollziehbar ausgef&#252;hrt hat, das Rechtsschutzbed&#252;rfnis. Aus demselben Grund kann die Beschwerdef&#252;hrerin auch nicht mit ihrem Einwand geh&#246;rt werden, das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass sie jedenfalls dadurch beschwert sei, dass sie nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Kosten zu tragen habe.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>2. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts l&#228;sst auch eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Geh&#246;r nicht erkennen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>a) Art. 6 Abs. 2 LV garantiert den Beteiligten an einem gerichtlichen Verfahren, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt und zur Sachlage zu &#228;u&#223;ern. Das Gericht hat diese &#196;u&#223;erung zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erw&#228;gung zu ziehen. Dabei ist grunds&#228;tzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch erwogen hat, und zwar auch dann, wenn nicht jeder Gesichtspunkt in den Gr&#252;nden der Entscheidung ausdr&#252;cklich beschieden wird. Eine Verletzung des Art. 6 Abs. 2 LV kann deshalb nur dann festgestellt werden, wenn im Einzelfall besondere Umst&#228;nde deutlich machen, dass Vorbringen &#252;berhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Im &#220;brigen gew&#228;hrleistet das Geh&#246;rsgrundrecht keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gr&#252;nden des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unber&#252;cksichtigt lassen. Ebenso kann ein Beteiligter aufgrund von Art. 6 Abs. 2 LV nicht beanspruchen, dass das Gericht seiner Rechtsansicht folgt (zum Ganzen VerfGH RP, Beschluss vom 16. M&#228;rz 2001 &#8211; VGH B 14/00 &#8211;, AS 29, 89 [92 f.]; Beschluss vom 4. Dezember 2001 &#8211; VGH B 15/01 &#8211;, AS 29, 224 [226]).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">b) Hiervon ausgehend ist eine Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs nicht ersichtlich. Die Beschwerdef&#252;hrerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde im Kern gegen die rechtliche W&#252;rdigung im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts. Dass das Gericht der Argumentation der Beschwerdef&#252;hrerin in den genannten Punkten nicht gefolgt ist, stellt allerdings nach dem oben Gesagten keine Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs dar.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">3. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verst&#246;&#223;t auch nicht gegen das Willk&#252;rverbot aus Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 LV.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">a) Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der Fachgerichte und der Nachpr&#252;fung durch den Verfassungsgerichtshof grunds&#228;tzlich entzogen; es ist nicht Aufgabe eines Verfassungsgerichts, die Entscheidungen der Fachgerichte nach Art eines Rechtsmittelgerichts zu &#252;berpr&#252;fen. Spezifisches Verfassungsrecht ist verletzt, wenn das Fachgericht bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts Bedeutung und Tragweite des jeweils betroffenen Grundrechts verkannt oder willk&#252;rlich entschieden hat (VerfGH RP, Beschluss vom 28. Juli 2010 &#8211; VGH B 1/10 &#8211;). Dabei macht die fehlerhafte Rechtsanwendung allein eine Gerichtsentscheidung nicht willk&#252;rlich. Willk&#252;r liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschl&#228;gige Norm nicht ber&#252;cksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (vgl. BVerfGE 89, 1 [13 f.]; 96, 189 [203], zu Art. 3 Abs. 1 GG). Willk&#252;rlich ist ein Richterspruch erst dann, wenn er bei verst&#228;ndiger W&#252;rdigung der die Verfassung beherrschenden Gedanken nicht mehr verst&#228;ndlich ist und sich daher der Schluss aufdr&#228;ngt, dass er auf sachfremden Erw&#228;gungen beruht (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 24. Oktober 2001 &#8211; VGH B 12/01 &#8211;, AS 29, 215 [215 f.]; VerfGH RP Urteil vom 24. Februar 2014 &#8211; VGH B 26/13 &#8211;, AS 42, 157 [182]).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>b) Hieran gemessen verst&#246;&#223;t der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nicht gegen Art. 17 Abs. 1 und Abs. 2 LV. Nach dem oben Gesagten ist in der angefochtenen Entscheidung kein Verfassungsversto&#223; zu erkennen, denn das Oberverwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung nachvollziehbar unter Auslegung des kl&#228;gerischen Begehrens dargelegt, weshalb auch ein durch einen (beigeordneten) Rechtsanwalt gestellter Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg haben k&#246;nnte und damit i.S. des &#167; 78b Abs. 1 Satz 1 ZPO aussichtslos erschiene.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>4. Aus dem oben Gesagten folgt gleichzeitig, dass die Beschwerdef&#252;hrerin auch nicht in ihrem Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 77 Abs. 2 LV (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 24. Februar 2014 &#8211; VGH B 26/13 &#8211;, AS 42, 157 [163]) verletzt ist. Dieser grundrechtlichen Gew&#228;hrleistung geht im &#220;brigen das Recht auf rechtliches Geh&#246;r aus Art. 6 Abs. 2 LV als spezielleres Prozessgrundrecht in seinem Anwendungsbereich vor (vgl. Stahnecker, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung f&#252;r Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 6 Rn. 30 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>III.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Mit der Zur&#252;ckweisung der Verfassungsbeschwerde erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>IV.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Das Verfahren ist gem&#228;&#223; &#167; 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Eine Auslagenerstattung findet nicht statt.</p></dd> </dl> </div></div> </div>
171,178
lagsn-2019-01-09-5-ta-6518
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5 Ta 65/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:49:43
2019-02-12T13:44:16
Beschluss
ECLI:DE:LAGST:2019:0109.5TA65.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div><dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p style="margin-left:36pt"><strong>Die Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt vom 12.04.2018 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 07.03.2018 (Az.: 7 Ca 3677/15 PKH) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 18.04.2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</strong></p></dd> </dl></div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Verg&#252;tungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts bei Abschluss eines Mehrvergleichs. Es soll die Rechtsfrage gekl&#228;rt werden, ob im Rahmen bewilligter Prozesskostenhilfe f&#252;r einen Vergleichswert eine 1,5-fache oder eine 1,0-fache Einigungsgeb&#252;hr zu erstatten ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf I. der Gr&#252;nde des Beschlusses des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 07.03.2018 Bezug genommen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die gem&#228;&#223; &#167;&#167; 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 RVG zul&#228;ssige Beschwerde der Bezirksrevisorin bei dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt ist unbegr&#252;ndet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Erstattung einer 1,5-fachen Einigungsgeb&#252;hr f&#252;r den Vergleichsmehrwert festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Prozessbevollm&#228;chtigte der Kl&#228;gerin steht wegen des abgeschlossenen Mehrvergleichs auch eine 1,5 Einigungsgeb&#252;hr (Nr. 1000 RVG-VV) zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Es ist umstritten, welche anwaltlichen Geb&#252;hren der im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt bei der vergleichsweisen Erledigung nicht rechtsh&#228;ngige Gegenst&#228;nde in einem gerichtlichen Vergleich verlangen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV entsteht die 1,5-fache Einigungsgeb&#252;hr f&#252;r die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit &#252;ber ein Rechtsverh&#228;ltnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschr&#228;nkt sich ausschlie&#223;lich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Nach Nr. 1003 RVG-VV betragen die Geb&#252;hren nach Nr. 1000 bis 1002 RVG-VV 1,0, wenn &#252;ber den Gegenstand ein anderes gerichtliches Verfahren als ein selbst&#228;ndiges Beweisverfahren anh&#228;ngig ist. Nach Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV gilt diese Reduzierung der Einigungsgeb&#252;hr auf 1,0 auch dann, wenn &#252;ber Verfahrensgegenst&#228;nde zugleich ein Verfahren &#252;ber die Prozesskostenhilfe anh&#228;ngig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe f&#252;r ein selbst&#228;ndiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrages i. S. d. Nr. 1000 erstreckt (&#167; 48 Abs. 3 RVG). Dabei stehen die Nummern 1000 (1,5-fach), 1003 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 (1,0-fach) und 1003 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 (1,5-fach) RVG-VV in einem Grundsatz &#8211; Ausnahme &#8211; R&#252;ckausnahmeverh&#228;ltnis (LAG Schleswig-Holstein, 11.04.2017 &#8211; 5 Ta 36/17 -; LAG Baden-W&#252;rttemberg, 27.04.2016; 5 Ta 118/15, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Nach einer Ansicht greift die Ausnahme der Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 RVG-VV mit der Folge der Reduzierung der Einigungsgeb&#252;hr auf 1,0 ein. Kommt der gerichtlich protokollierte Vergleich erst nach der Er&#246;rterung der Sach- und Rechtslage zu Stande, wurde nicht lediglich Prozesskostenhilfe f&#252;r die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt i. S. d. 2. Alternative in Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 RVG-VV (LAG M&#252;nchen, 02.11.2016, 6 Ta 287/16, LAG N&#252;rnberg, 25.06.2009, 4 Ta 61/09, LAG Hamm, 31.08.2007, 6 Ta 402/07, LAG Rheinland-Pfalz, 12.03.2015, 5 Ta 51/15, jeweils ver&#246;ffentlicht in juris; vgl. &#220;bersicht bei Gerold/Schmidt/M&#252;ller/Rabe, RVG, 23. Aufl. 2017, &#167; 48 Rdnr. 170 ff. m. w. N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>3.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Nach einer sich mittlerweile abzeichnenden &#252;berwiegenden anderen Ansicht wird angenommen, dass bei der Erweiterung der Prozesskostenhilfe auf den Abschluss eines Mehrvergleichs dem beigeordneten Rechtsanwalt s&#228;mtliche mit dem Vergleichsschluss anfallenden Geb&#252;hren aus der Staatskasse zu erstatten sind. Dabei werden vor allem der Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe sowie die Verfahrens&#246;konomie in den Vordergrund gestellt (LAG Baden-W&#252;rttemberg, 27.04.2016, 5 Ta 118/15; LAG Berlin-Brandenburg, 16.04.2018, 17 Ta (Kost) 6133/17; LAG Hamm, 03.08.2018, 8 Ta 653/17 unter Bezugnahme auf BGH, 17.01.2018, XII ZB 248/16, jeweils ver&#246;ffentlicht in juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>4.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdekammer folgt der zuletzt genannten Auffassung. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat in seinem Beschluss vom 16.04.2018 (17 Ta (Kost) 6133/17) zu Recht auf den Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe abgestellt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat zutreffend ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">"Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe soll gew&#228;hrleisten, dass unbemittelte Parteien in gleicher Weise Rechtsschutz in Anspruch nehmen k&#246;nnen wie Parteien, die die Kosten der Prozessf&#252;hrung aus eigenen Mitteln bestreiten k&#246;nnen. Er ist Ausfluss des verfahrensrechtlichen Gebots einer weitergehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes aus Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. dem in Art. 20 Abs. 3 GG niedergelegten Rechtsstaatsprinzip (BGH, Beschluss vom 17.01.2018; VII ZB 248/16). Die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung Unbemittelter darf im Vergleich zu Bemittelten nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig erschwert werden. Eine derartige Erschwerung trete jedoch ein, wollte man an dem beigeordneten Rechtsanwalt bei Abschluss eines Mehrvergleichs die sich nach dem RVG danach ergebenden Geb&#252;hren nur teilweise aus der Staatskasse erstatten. Die unbemittelte Partei, die die anwaltlichen Geb&#252;hren nicht selbst tragen kann, w&#228;re in diesem Fall gezwungen, hinsichtlich der nichtanh&#228;ngigen Gegenst&#228;nde ein weiteres gerichtliches Verfahren anzustrengen bzw. m&#252;sste sich einer &#8211; an sich sinnvollen &#8211; Gesamtbereinigung aller Anspr&#252;che verweigern. F&#252;r diese Ungleichbehandlung gibt es keinen hinreichend sachlichen Grund. So ist es insbesondere nicht entscheidend, dass eine Pr&#252;fung der hinreichenden Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Verteidigung hinsichtlich der in den Vergleich einbezogenen Regelgegenst&#228;nde nicht in gleicher Weise erfolgen kann wie bei dem eigentlichen Gegenstand des Verfahrens. Es geht bei der Einbeziehung nicht rechtsh&#228;ngiger Gegenst&#228;nde in einem gerichtlichen Vergleich nicht darum, ob ein insoweit gef&#252;hrtes eigenst&#228;ndiges Verfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg h&#228;tte, sondern es ist zu fragen, ob der bereits anh&#228;ngige Rechtsstreit durch Abschluss des Vergleichs beigelegt werden kann. Wird Prozesskostenhilfe f&#252;r den Mehrwert eines Vergleichs beantragt, besteht die erforderliche Erfolgsaussicht deshalb bereits dann, wenn zu erwarten ist, dass ein Vergleich zu Stande kommt (BAG, 16.02.2012 &#8211; 3 AZB 34/11 &#8211;, juris). Gegen die hier vertretene Auffassung kann ferner nicht mit Erfolg eingewandt werden, nach &#167; 48 Abs. 3 RVG komme eine Erstattung von Verfahrens- und Terminsgeb&#252;hr f&#252;r einen Mehrvergleich nur bei einer Beiordnung in Ehesachen in Betracht. Nach der genannten Vorschrift erstreckt sich die Beiordnung in Ehesachen ohne weiteres f&#252;r den Abschluss eines Vertrages i. S. d. Nr. 1000 RVG-VV erforderlichen T&#228;tigkeiten. Dies bedeutet jedoch nur, dass es insoweit keines ausdr&#252;cklichen Antrages auf Beiordnung und keiner gesonderten Bewilligung f&#252;r einen Mehrvergleich bedarf, w&#228;hrend in allen anderen weiteren Verfahren Prozesskostenhilfe f&#252;r einen Mehrvergleich beantragt und bewilligt werden muss (vgl. &#167; 48 Abs. 5 RVG). Das bei dem Abschluss eines Mehrvergleichs im Er&#246;rterungstermin nach &#167; 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO Prozesskostenhilfe nur f&#252;r den Vergleich selbst und nicht f&#252;r das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren bewilligt werden kann, ist f&#252;r die hier entscheidende Sachverhaltsgestaltung ebenfalls ohne Aussagekraft. Denn anders als im Anwendungsbereich des &#167; 118 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist der unbemittelten Partei Prozesskostenhilfe bereits bewilligt worden bzw. wird ihr zugleich bewilligt; dass Prozesskostenhilfe f&#252;r das Prozesskostenhilfeverfahren nicht bewilligt werden kann, ist deshalb ohne Belang (BGH vom 17.01.2018)."</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdekammer schlie&#223;t sich den Ausf&#252;hrungen des LAG Berlin-Brandenburg vollumf&#228;nglich an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Es geht darum, dass die Parteien mit geringem Einkommen die gleiche M&#246;glichkeit erhalten m&#252;ssen, ihre Streitigkeiten m&#246;glichst umfangreich beizulegen, wie Parteien mit ausreichend hohem Einkommen (vgl. auch BT-Drucksache, 17/11471 zu Nr. 25 (&#167; 48 RVG) Buchstabe b). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Vergleichsmehrwert nur anf&#228;llt, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit und/oder au&#223;ergerichtlicher Streit erledigt und/oder die Ungewissheit &#252;ber ein Rechtsverh&#228;ltnis beseitigt werden. Dabei muss gerade &#252;ber die Frage eines Anspruchs oder Rechts in Bezug auf die jeweilige Regelung zwischen den Parteien Streit und/oder Ungewissheit bestanden haben. Keine Werterh&#246;hung tritt ein, wenn es sich lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt (Streitwertkatalog f&#252;r die Arbeitsgerichtsbarkeit, Fassung 9. Februar 2018, I Nr. 25.1).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>III.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Entscheidung ergeht kostenfrei (&#167;&#167; 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG) und ist unanfechtbar (&#167;&#167; 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,143
vg-schleswig-holsteinisches-2019-01-09-2-b-4018
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2 B 40/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:49:26
2019-02-12T13:44:11
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2019:0109.2B40.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsf&#228;hig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Das vorl&#228;ufige Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Ihr Antrag, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 20.11.2018 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 13.11.2018 anzuordnen, beurteilt sich nach &#167;&#167; 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 S. 1, 1. Alt. VwGO; insoweit ist der Antrag statthaft und auch sonst zul&#228;ssig. Denn nach &#167; 80 Abs. 5 S. 1, 1. Alt. VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den F&#228;llen anordnen, in denen die aufschiebende Wirkung nach &#167; 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 &#8211; 3 VwGO entf&#228;llt. Das ist hier der Fall, da dem Widerspruch der Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung f&#252;r die Aufstellung von Containern f&#252;r die Unterbringung einer Kindergartengruppe auf dem Grundst&#252;ck Schulstra&#223;e 14 a in A-Stadt nach &#167; 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO iVm &#167; 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Der Antrag ist indessen unbegr&#252;ndet. Die gerichtliche Entscheidung nach &#167; 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabw&#228;gung. Gegenstand der Abw&#228;gung sind das Interesse der beigeladenen Bauherrin an der sofortigen Ausnutzung der ihr erteilten Baugenehmigung einerseits und das Interesse der antragstellenden Nachbarin, von der Vollziehung der Baugenehmigung bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben, andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabw&#228;gung k&#246;nnen auch Erkenntnisse &#252;ber die Rechtm&#228;&#223;igkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abw&#228;gung einzustellende Gesichtspunkte. Dar&#252;ber hinaus ist in die Abw&#228;gung einzustellen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens gem&#228;&#223; &#167; 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung haben sollen und der Gesetzgeber damit dem Bauverwirklichungsinteresse grunds&#228;tzlich den Vorrang einger&#228;umt hat. Insofern kann das Gericht die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage nur anordnen, wenn auf Seiten der Antragstellerin geltend gemacht werden kann, dass mit &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit ihre Rechtsposition durch den Bau und die Nutzung des genehmigten Vorhabens unertr&#228;glich oder in einem nicht wieder gutzumachenden Ma&#223;e beeintr&#228;chtigt bzw. gef&#228;hrdet wird. Dabei macht der Verweis auf die Rechtsposition des antragstellenden Nachbarn allerdings deutlich, dass bei baurechtlichen Nachbarrechtsbehelfen nicht allein die objektive Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in den Blick zu nehmen ist, sondern dass Rechtsbehelfe dieser Art nur erfolgreich sein k&#246;nnen, wenn dar&#252;ber hinaus gerade der klagende bzw. widersprechende Nachbar in subjektiv- &#246;ffentlichen Nachbarrechten verletzt ist. Ob die angefochtene Baugenehmigung insgesamt objektiv rechtm&#228;&#223;ig ist, ist nicht ma&#223;geblich. Vielmehr ist die Baugenehmigung allein daraufhin zu untersuchen, ob sie gegen Vorschriften verst&#246;&#223;t, die dem Schutz des um Rechtsschutz nachsuchenden Nachbarn dienen. Der Nachbar kann sich nur auf solche Interessen berufen, die das Gesetz im Verh&#228;ltnis der Grundst&#252;cksnachbarn untereinander als schutzw&#252;rdig ansieht. Dabei ist f&#252;r die Beurteilung der Verletzung von &#246;ffentlich-rechtlich gesch&#252;tzten Nachbarrechten durch eine Baugenehmigung allein der Regelungsinhalt der Genehmigungsentscheidung ma&#223;geblich. Eine hiervon abweichende Ausf&#252;hrung kann die Aufhebung der Baugenehmigung demgegen&#252;ber nicht rechtfertigen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Nach diesem Ma&#223;stab &#252;berwiegt vorliegend das Interesse der Beigeladenen, die ihr erteilte Baugenehmigung sofort, d. h. ungeachtet des Widerspruchs der Antragstellerin ausnutzen zu k&#246;nnen. Denn bei der in diesem Verfahren nur m&#246;glichen und gebotenen summarischen Pr&#252;fung der Sach- und Rechtslage l&#228;sst sich nicht mit hinreichender, d. h. &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die angefochtene Baugenehmigung des Antragsgegners vom 13.11.2018 Nachbarrechte der Antragstellerin verletzt. Es ist weder ein Versto&#223; gegen nachbarsch&#252;tzende Vorschriften des Bauordnungs- oder Bauplanungsrechts einschlie&#223;lich des Gebots der R&#252;cksichtnahme noch gegen sonstige nachbarsch&#252;tzende Vorschriften ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Dabei kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der Antragsgegner zu Recht die tatbestandlichen Voraussetzungen f&#252;r eine Befreiung von dem Nachweis der erforderlichen Stellpl&#228;tze durch die Beigeladene nach &#167; 50 Abs. 1 S. 5 LBO, wonach mit Einverst&#228;ndnis der Gemeinde ganz oder teilweise auf die Herstellung von Stellpl&#228;tzen und Garagen und die Zahlung eines Geldbetrages zur Abl&#246;sung verzichtet werden kann, als gegeben angesehen hat. Auf insoweit aus Sicht der Kammer durchaus bestehende Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Baugenehmigung braucht nicht eingegangen zu werden, weil, was auch der Prozessbevollm&#228;chtigte der Antragstellerin in der Antragsschrift nicht verkennt und in Abrede stellt, die bauordnungsrechtlichen Vorschriften &#252;ber die Verpflichtung zur Errichtung der f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Nutzung notwendigen Stellpl&#228;tze nicht nachbarsch&#252;tzend sind, sondern ausschlie&#223;lich dem &#246;ffentlichen Interesse an der Entlastung &#246;ffentlicher Verkehrsfl&#228;chen vom ruhenden Verkehr dienen. Der Nachbar kann nur mittelbar den Verzicht auf die Errichtung der nach &#167; 50 Abs. 1 S. 1 und 2 LBO an sich erforderlichen Stellpl&#228;tze r&#252;gen, n&#228;mlich dann, wenn sich hieraus ein Versto&#223; gegen das nachbarsch&#252;tzende Gebot der R&#252;cksichtnahme ergibt. Ein Versto&#223; liegt vor, wenn der Mangel an Stellpl&#228;tzen zu Beeintr&#228;chtigungen f&#252;hrt, die dem Nachbarn - auch unter Ber&#252;cksichtigung einer Vorbelastung seines Grundst&#252;cks - bei Abw&#228;gung aller Umst&#228;nde unzumutbar sind (vgl. dazu VGH Mannheim, Beschl. v. 10.01.2008, - 3 S 2773/07 -; Hess. VGH, Beschl. v. 12.05.2003 - 9 TG 2037/02 -; OVG Bremen, Beschl. v. 18.10.2002 - 1 B 315/02 -; OVG M&#252;nster, Urt. v. 10.07.1998 - 11 A 7238/95 -; OVG L&#252;neburg, Beschl. v. 14.03.1997 - 1 M 6589/96 -). Auf einen Versto&#223; gegen das R&#252;cksichtnahmegebot kann sich der Nachbar etwa dann berufen, wenn der Stellplatzmangel geeignet ist, die bestimmungsgem&#228;&#223;e Nutzung seines eigenen Grundst&#252;cks zu beeintr&#228;chtigen. Eine solche Beeintr&#228;chtigung liegt - jedenfalls solange der freie Zugang zum Grundst&#252;ck m&#246;glich ist - allerdings nicht schon darin, dass die angrenzenden Stra&#223;en durch Fahrzeuge von Nutzern der baulichen Anlage zum Parken in Anspruch genommen werden und dem Nachbarn nur noch mit den daraus folgenden Einschr&#228;nkungen zur Verf&#252;gung stehen. Das dem Nachbarn durch das Eigentum vermittelte Recht zur bestimmungsgem&#228;&#223;en Nutzung seines Grundst&#252;cks begr&#252;ndet kein Recht auf bevorzugte Nutzung des angrenzenden &#246;ffentlichen Stra&#223;enraums (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.03.1998, - 1 B 33/98 -). Probleme, die sich aus der Verteilung knappen &#246;ffentlichen Stra&#223;enraums auf verschiedene Verkehrsteilnehmer ergeben, sind mit den Mitteln des Stra&#223;enverkehrsrechts zu regeln. Als r&#252;cksichtslos kann der Verzicht auf die notwendigen Stellpl&#228;tze allerdings dann ger&#252;gt werden, wenn der durch ihn bewirkte parkende Verkehr und Parksuchverkehr den Nachbarn in der Wohnnutzung seines Grundst&#252;cks unzumutbar beeintr&#228;chtigt. Dies setzt i.d.R. entsprechende Immissionen, insbesondere L&#228;rm- und Abgaseinwirkungen, voraus (VGH Mannheim, Beschl. v. 10.01.2008, - 3 S 2773/07 -).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben kann die Kammer einen Versto&#223; gegen das R&#252;cksichtnahmegebot durch den von der Antragstellerin allein ger&#252;gten Stellplatzmangel nicht feststellen. Soweit die Antragstellerin r&#252;gt, dass es schon in der Vergangenheit zu chaotischen Verkehrsverh&#228;ltnissen dadurch gekommen ist, dass Eltern der Kinder des Kindergartens diese mit dem Pkw bis zum Kindergartengeb&#228;ude fahren oder von dort abholen und ihre Pkws dort vor&#252;bergehend abstellen, ist zun&#228;chst darauf hinzuweisen, dass entsprechende Einwendungen der Antragstellerin verwirkt sein d&#252;rften. Soweit ersichtlich existiert der Kindergarten schon bereits seit vielen Jahren. Der Betrieb des Kindergartens wurde durch die Baugenehmigung vom 12.08.2015 bez&#252;glich der bis dahin erfolgten Betreuung von ca. 65 Kindern legalisiert. In den Blick zu nehmen ist vorliegend nur die angefochtene Baugenehmigung, die die Aufstellung von Containern f&#252;r die Einrichtung einer weiteren Kindergartengruppe mit 15 Kindern zum Gegenstand hat. Es ist daher zu pr&#252;fen und zu prognostizieren, ob sich nunmehr durch den Betrieb des Kindergartens in diesem Umfange ein Versto&#223; gegen das R&#252;cksichtnahmegebot ergibt. Das ist nicht der Fall. Die Beigeladene hat im Einzelnen dargestellt, welche Ma&#223;nahmen sie zur Sicherstellung der Feuerwehrzufahrt zum Kindergarten und zur Wahrung der berechtigten Belange der angesiedelten Nachbarn eingeleitet hat. Diese Ma&#223;nahmen ersch&#246;pfen sich aus Sicht der Kammer auch nicht in &#8211; wie die Antragstellerin meint &#8211; &#8222;wolkigen Ank&#252;ndigungen, guten Hoffnungen und vagen Annahmen&#8220;. Vielmehr sind konkrete Ma&#223;nahmen durchgef&#252;hrt worden, die bereits Erfolge gezeitigt haben. So sind in dem ma&#223;gebenden Bereich der Schulstra&#223;e und in der Stichstra&#223;e zum Kindergarten und zum Grundst&#252;ck der Antragstellerin hin Halteverbotsschilder aufgestellt worden. Die Eltern der Kindergartenkinder sind vom Kindergarten selbst mit Schreiben vom 15.09.2018 erneut darauf hingewiesen worden, dass ein widerrechtliches Parken in der Stichstra&#223;e unzul&#228;ssig sei und dadurch der erforderliche Rettungsweg und die Zufahrt f&#252;r die Feuerwehr blockiert werden. Durch dieses Verhalten gef&#228;hrdeten die betroffenen Eltern das Leben aller Kinder in dieser Kindertagesst&#228;tte. Das Ordnungsamt wie auch die Polizei w&#252;rden die Beachtung des Halteverbotes insbesondere zu den &#8222;Bring- und Abholzeiten&#8220; &#252;berwachen und entsprechende Verst&#246;&#223;e zur Anzeige bringen, welches mit einem empfindlichen Bu&#223;geld verbunden sein werde. Dieses Hinweisschreiben des Kindergartens l&#228;sst aus Sicht der Kammer durchaus erwarten, dass die Eltern sich zuk&#252;nftig hieran halten werden, wobei es nicht darauf ankommt, dass dies vermutlich bei einigen Eltern bedauerlicherweise nur deshalb geschehen wird, weil sie sich ein Verwarnungsgeld ersparen wollen. Angesichts dieser durchgef&#252;hrten Ma&#223;nahmen besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass die Beigeladene entgegen ihrer Erkl&#228;rung, sie werde die Verkehrs&#252;berwachung in diesem Bereich noch weiter intensivieren, den Ank&#252;ndigungen keine Taten wird folgen lassen. Auch die Antragstellerin selbst r&#228;umt in der Antragsschrift ein, dass es durch die Aufstellung der Halteverbotsschilder im Stichweg seit September 2018 zum Eintritt eines positiven Effekts gekommen ist. Ihre Bef&#252;rchtung, dass dieser Effekt schnell wieder verpufft sein werde, w&#228;re nur dann berechtigt, wenn die Beigeladene tats&#228;chlich ihren &#220;berwachungsdruck aufgeben w&#252;rde. Dies anzunehmen besteht indes keine Veranlassung. Auch in ihrem letzten Schriftsatz vom 02.01.2019 bestreitet die Antragstellerin nicht, dass es gegenw&#228;rtig in dem Stichweg keine beklagenswerten Verkehrsverh&#228;ltnisse mehr gibt. Vielmehr macht sie geltend, dass es durch diese Ma&#223;nahmen letztlich nur zu einer Problemverlagerung in die eigentliche Schulstra&#223;e selbst hineingekommen sei. So habe sie am 21.12.2018 feststellen m&#252;ssen, dass ein Durchkommen in der Schulstra&#223;e kaum m&#246;glich gewesen sei. Vier Fahrzeuge h&#228;tten im absoluten Halteverbot geparkt, teilweise &#252;ber Stunden, wobei es sich um ein Fahrzeug eines KiTa-Mitarbeiters gehandelt habe. Mit diesem Vorbringen verkennt die Antragstellerin, dass sie im Grunde die allgemeinen Verkehrsverh&#228;ltnisse in der an sich beengten Schulstra&#223;e r&#252;gt, die nicht unmittelbar mit der Einrichtung einer weiteren Kindergartengruppe durch die angefochtene Baugenehmigung im Zusammenhang stehen. Gerade ihre Behauptung, es h&#228;tten mehrere Fahrzeuge am 21.12.2018 in der Schulstra&#223;e im absoluten Halteverbot &#252;ber mehrere Stunden gestanden, zeigt, dass dies keine Folge der Einrichtung der weiteren Kindergartengruppe ist, weil die Eltern, die ihre Kinder bringen oder abholen, dort regelm&#228;&#223;ig nur f&#252;r wenige Minuten - wenn auch gelegentlich illegal - in der Schulstra&#223;e parken werden. Aus Sicht der Kammer l&#228;sst sich jedenfalls nach den von der Beigeladenen bereits durchgef&#252;hrten und in Aussicht gestellten &#220;berwachungsma&#223;nahmen nicht die Prognose anstellen, die Antragstellerin und ihr Ehemann oder die Eltern w&#252;rden die Wohnh&#228;user Schulstra&#223;e 14 und 14 b wegen illegal in der Schulstra&#223;e oder im Stichweg parkender Pkws nicht erreichen oder verlassen k&#246;nnen. Dabei will die Kammer nicht ausschlie&#223;en, dass es trotz der Bem&#252;hungen der Beigeladenen in seltenen F&#228;llen vorkommen kann, dass unbelehrbare ignorante Eltern im Halteverbot im Bereich der Stichstra&#223;e bzw. der dortigen Schulstra&#223;e parken werden, jedoch ist auch zu ber&#252;cksichtigen, dass die Beeintr&#228;chtigungen der Antragstellerin durch derartige seltene Verst&#246;&#223;e nur tempor&#228;r geringf&#252;gig w&#228;ren, weil die Eltern sich dort im Kindergarten nur ganz kurz aufhalten werden, um z.B. ihre Kinder aus- oder anzukleiden. Eine nachhaltige Beeintr&#228;chtigung der Feuerwehrzufahrt ist aus den vorgenannten Gr&#252;nden ebenfalls nicht zu bef&#252;rchten. Das es in der Schulstra&#223;e im Bereich der Stichstra&#223;e &#8222;Dauerparker&#8220; geben mag, die die Zufahrt beeintr&#228;chtigen k&#246;nnten, w&#228;re nicht Folge des Betriebs des Kindergartens, insbesondere nicht der hier streitgegenst&#228;ndlichen Einrichtung einer neuen Gruppe mit 15 Kindern. Auch die eingereichten Fotos best&#228;tigen nur, dass es sich im Bereich der Schulstra&#223;e um beengte Verkehrsverh&#228;ltnisse handelt, die in St&#228;dten in vielen Bereichen anzutreffen sind und naturgem&#228;&#223; eine allgemeine besondere R&#252;cksicht von den Anliegern und Nutzern abverlangen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Danach ist der Antrag mit der sich aus &#167; 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen. Die au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gem. &#167; 162 Abs. 3 VwGO f&#252;r erstattungsf&#228;hig zu erkl&#228;ren, weil sie sich durch Stellung eines Sachantrages am Kostenrisiko beteiligt hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
171,089
bverwg-2019-01-09-1-c-3618
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
1 C 36/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-29T12:48:51
2019-01-29T12:48:51
Urteil
ECLI:DE:BVerwG:2019:090119U1C36.18.0
<h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Die Kl&#228;gerin, eritreische Staatsangeh&#246;rige, wendet sich gegen die Ablehnung ihres Asylantrags als unzul&#228;ssig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Die Kl&#228;gerin reiste nach eigenen Angaben am 24. November 2016 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 30. November 2016 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass sie zuvor illegal nach Italien eingereist war und dort bereits einen Asylantrag gestellt hatte. Das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 19. Dezember 2016 ein Wiederaufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 11. Januar 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zust&#228;ndigkeit als unzul&#228;ssig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 30. M&#228;rz 2017 den Antrag der Kl&#228;gerin auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Gegen diesen Beschluss erhob die Kl&#228;gerin fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begr&#252;ndung trug sie vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 30. M&#228;rz 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte der Kl&#228;gerin aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu best&#228;tigen, dass bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung der Kl&#228;gerin erfolgen werde. Das Bundesamt gab eine entsprechende Erkl&#228;rung ab und setzte mit Bescheid vom 17. August 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 11. Januar 2017 bis zur Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. April 2018 den Bescheid vom 11. Januar 2017 aufgehoben. Die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen, weil durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO die &#220;berstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grunds&#228;tzlich k&#246;nne zwar eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der &#220;berstellungsfristen f&#252;hren. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen h&#228;tten. Die &#220;berstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. F&#252;r eine Beschr&#228;nkung der Vollzugsaussetzung auf die F&#228;lle, in welchen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung best&#252;nden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. &#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangeh&#246;rigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zust&#228;ndigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer z&#252;gigen Bearbeitung von Asylantr&#228;gen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekund&#228;rmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verz&#246;gerung durch das rechtliche Vorgehen der Kl&#228;gerin verursacht worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> Die Kl&#228;gerin verteidigt die angegriffene Entscheidung. Beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen h&#228;tten auf den Ablauf der &#220;berstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schlie&#223;e &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus. &#167; 34a Abs. 1 AsylG setze f&#252;r den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nne. Komme die Beh&#246;rde zu der &#220;berzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei diese aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> In der Annahme, dass mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. M&#228;rz 2018 - 2 BvR 780/16 - der Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens zu erwarten sei, nicht aber absehbar sei, dass kurzfristig das bei dem Bundesverwaltungsgericht anh&#228;ngige Revisionsverfahren zum Abschluss kommen werde, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 3. Juli 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 11. Januar 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p> Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, &#252;ber die der Senat mit Einverst&#228;ndnis der Verfahrensbeteiligten ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheidet (&#167; 141 Satz 1, &#167; 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. &#167; 101 Abs. 2 VwGO), ist begr&#252;ndet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO habe die &#220;berstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zust&#228;ndiger Mitgliedstaat geworden sei, verst&#246;&#223;t gegen revisibles Recht (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zur&#252;ckverweisung hindert eine abschlie&#223;ende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p> Ma&#223;geblich f&#252;r die rechtliche Beurteilung des kl&#228;gerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur &#196;nderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. M&#228;rz 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einf&#252;hrung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zust&#228;ndig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach &#167; 77 Abs. 1 AsylG regelm&#228;&#223;ig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten m&#252;ndlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, m&#252;sste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr tr&#228;fe, die w&#228;hrend des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen &#196;nderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gr&#252;nden des materiellen Rechts geboten ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p> 1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gest&#252;tzt. Ein Asylantrag ist hiernach unzul&#228;ssig, wenn ein anderer Staat nach Ma&#223;gabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union oder eines v&#246;lkerrechtlichen Vertrags f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens zust&#228;ndig ist (1.1). Diese Zust&#228;ndigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der &#220;berstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen (1.2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p> 1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Pr&#252;fung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens die Republik Italien origin&#228;r zust&#228;ndig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zust&#228;ndigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen lie&#223; und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zust&#228;ndig war, in dem die Kl&#228;gerin ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Wiederaufnahme der Kl&#228;gerin ersucht (Art. 23 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Wiederaufnahmegesuch gilt nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO als angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p> 1.2 Diese Zust&#228;ndigkeit ist auch nicht nachtr&#228;glich auf die Beklagte &#252;bergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang durch Ablauf der &#220;berstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der durch Fristablauf bewirkten Annahme des Wiederaufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung (&#167; 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>"1.2.1 In F&#228;llen der Zust&#228;ndigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufh&#228;lt, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalit&#228;ten und Fristen der &#220;berstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die &#220;berstellung, sobald dies praktisch m&#246;glich ist und sp&#228;testens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber einen Rechtsbehelf oder eine &#220;berpr&#252;fung, wenn diese gem&#228;&#223; Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verz&#246;gert sich die &#220;berstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat hier&#252;ber unverz&#252;glich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zust&#228;ndig ist &lt;ABl. L 222 S. 3&gt;). Wird die &#220;berstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgef&#252;hrt, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zust&#228;ndigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat &#252;ber.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist durch den fristgem&#228;&#223; gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein &#220;berstellungsverbot ausl&#246;st (vgl. &#167; 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), wor&#252;ber das Bundesamt die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die &#220;berstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden &#220;berstellungsverbots (&#167; 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen F&#228;llen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl &#214;sterreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gr&#252;nden seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) h&#228;lt es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union weiterhin f&#252;r gekl&#228;rt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in F&#228;llen, in denen eine &#220;berstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten &#252;ber eine zusammenh&#228;ngende Frist von sechs Monaten verf&#252;gen m&#252;ssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme f&#252;r die Bewerkstelligung der &#220;berstellung sollen nutzen d&#252;rfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.3 Die &#220;berstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den &#246;sterreichischen Beh&#246;rden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - &#220;bergang der Zust&#228;ndigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch die Beh&#246;rde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en k&#246;nnen, von Amts wegen t&#228;tig zu werden, um die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der &#220;berpr&#252;fung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene M&#246;glichkeit wird im nationalen Recht durch &#167; 80 Abs. 4 VwGO er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Nichts anderes folgt f&#252;r die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine &#220;berstellung nicht durchgef&#252;hrt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten er&#246;ffnete M&#246;glichkeit, dass auch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung aussetzen k&#246;nnen, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verl&#246;re im &#220;brigen in weitem Ma&#223;e seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden k&#246;nnte, ohne dass die Gefahr best&#252;nde, dass die &#220;berstellungsfrist abl&#228;uft und ein Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang die Folge w&#228;re (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Die Wirkung, die &#220;berstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entf&#228;llt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig w&#228;re. Vielmehr h&#228;lt sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>aa) Nach &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Beh&#246;rden grunds&#228;tzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Regelungen des Asylgesetzes schlie&#223;en eine beh&#246;rdliche Aussetzung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. &#167; 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den F&#228;llen des &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgef&#252;hrt werden kann (Abs. 1), und enth&#228;lt Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO weder ausdr&#252;cklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich k&#246;nnen auch bei einer im Sinne des &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tats&#228;chlich m&#246;glichen Abschiebung Gr&#252;nde vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtsschutzes - vor&#252;bergehend bis zu einer abschlie&#223;enden gerichtlichen Kl&#228;rung auszusetzen. &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen F&#228;llen - entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endg&#252;ltige gerichtliche Kl&#228;rung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgr&#252;nden ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach &#167; 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vor&#252;bergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorl&#228;ufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des &#167; 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; &#167; 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Ma&#223;stab f&#252;r die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schlie&#223;t weitergehende beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>&#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschr&#228;nkt das beh&#246;rdliche Aussetzungsermessen f&#252;r das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei &#246;ffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Ma&#223;stab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, &#167; 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 &#167; 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also &#167; 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (&#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) er&#246;ffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschr&#228;nkungen ergeben sich daraus, dass die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur beg&#252;nstigt, indem aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zun&#228;chst nicht mehr erfolgen k&#246;nnen, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die &#220;berstellungsfrist unterbricht und so dazu f&#252;hren kann, dass ein vom Antragsteller m&#246;glicherweise erstrebter Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nicht erfolgt; zu ber&#252;cksichtigen sind auch die Belange des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Mindestvoraussetzung einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes und der Erm&#246;glichung einer raschen Bestimmung des f&#252;r die inhaltliche Pr&#252;fung des Asylantrags zust&#228;ndigen Mitgliedstaats (vgl. Erw&#228;gungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den f&#252;r die Pr&#252;fung ihres Asylbegehrens zust&#228;ndigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekund&#228;rmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nach Ablauf der &#220;berstellungsfrist soll verhindern, dass Asylantr&#228;ge monate- oder gar jahrelang nicht gepr&#252;ft werden, zugleich soll das Ziel einer m&#246;glichst schnellen Pr&#252;fung nicht dazu f&#252;hren, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenh&#228;ngende &#220;berstellungsfrist von sechs Monaten zur Verf&#252;gung steht, in der nur noch die &#220;berstellungsmodalit&#228;ten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009- C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. &#167; 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren f&#252;r die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes &lt;ABl. L 180 S. 60&gt;) erlaubt eine beh&#246;rdliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erw&#228;gungen, die nicht rechtlich zwingend sein m&#252;ssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats nicht willk&#252;rlich verkennen und auch sonst nicht missbr&#228;uchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschlie&#223;enden Kl&#228;rung dieser Willk&#252;r- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann &#252;berschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig er&#246;ffneter &#220;berstellungsm&#246;glichkeit die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund beh&#246;rdlicher Vers&#228;umnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grunds&#228;tzen beachtlich und hat die &#220;berstellungsfrist neuerlich unterbrochen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kl&#228;ger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anh&#228;ngigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kl&#228;ger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen oder &#220;berstellungsma&#223;nahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der &#220;berstellungsentscheidung nicht zur Gew&#228;hrung aufschiebender Wirkung gef&#252;hrt hat, &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die &#220;berstellungsentscheidung aber noch nicht endg&#252;ltig entschieden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kl&#228;ger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerkl&#228;rung sachlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als au&#223;erordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsma&#223;nahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualit&#228;t einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden beh&#246;rdlichen Erkl&#228;rung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdef&#252;hrer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivit&#228;t auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorg&#228;nge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass f&#252;r eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegen&#252;ber einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willk&#252;r und nicht rechtsmissbr&#228;uchlich, weil sie die Ber&#252;cksichtigung der Effektivit&#228;t verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endg&#252;ltige Ver&#228;nderung der Rechtslage durch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang infolge Ablaufs der &#220;berstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht f&#252;hren die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der &#220;berstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Kl&#228;gers - erst mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung stand f&#252;r diesen fest, dass w&#228;hrend des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen zu rechnen sei - dient die beh&#246;rdliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verh&#228;ltnis zu dem zust&#228;ndigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der &#220;berstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Interesse des Kl&#228;gers an einer zeitnahen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Sachentscheidung &#252;ber seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorl&#228;ufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endg&#252;ltigen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zun&#228;chst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das m&#246;gliche Ziel, damit auch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang zu erwirken, w&#228;re weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzw&#252;rdig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der &#220;berstellungsfrist w&#228;hrend des Revisionsverfahrens ber&#252;cksichtigen k&#246;nnte, weil auch w&#228;hrend des Revisionsverfahrens die &#220;berstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die &#220;berstellung lediglich bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der R&#252;cknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kl&#228;ger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch R&#252;cknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung gen&#252;gt angesichts der im Revisionsverfahren zu kl&#228;renden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begr&#252;ndet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willk&#252;rfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p> Diese Erw&#228;gungen, an denen der Senat festh&#228;lt, gelten auch im vorliegenden Verfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p> 2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzul&#228;ssig erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p> 2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gem&#228;&#223; Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Bet&#228;tigung des durch Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen f&#252;r eine Reduktion des den nationalen Beh&#246;rden in Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 &lt;noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines Asylantrags zust&#228;ndig ist - Dublin II-VO -&gt;) nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p> 2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschlie&#223;end beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zust&#228;ndigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zust&#228;ndigkeit wegen sog. systemischer M&#228;ngel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR &lt;GK&gt;, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p> 2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Pr&#252;fung der internationalen Zust&#228;ndigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die &#220;berstellung in den zun&#228;chst als zust&#228;ndig bestimmten Mitgliedstaat als unm&#246;glich erweist, weil es wesentliche Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen f&#252;r Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entw&#252;rdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union den Vorschriften der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention, der Europ&#228;ischen Konvention f&#252;r Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen M&#228;ngeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen f&#252;r Asylantragsteller regelhaft so defizit&#228;r sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. M&#228;rz 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 &lt;1040&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p> 2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zust&#228;ndigkeit bereits durch Fristablauf &#252;bergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnissen getroffen, welche f&#252;r die Beurteilung eines Zust&#228;ndigkeits&#252;bergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ma&#223;geblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 30. M&#228;rz 2017 einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien gepr&#252;ft und verneint hatte, hat es sich diese Ausf&#252;hrungen in seinem Urteil nicht ausdr&#252;cklich zu eigen gemacht und auch nicht gepr&#252;ft, ob sich die Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien bis zu dem f&#252;r seine Entscheidung im Klageverfahren ma&#223;geblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise ver&#228;ndert hatten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p> Unabh&#228;ngig von der Frage, ob die Beteiligten Umst&#228;nde vorgetragen haben, welche die Vermutung f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell ersch&#252;ttern k&#246;nnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der ver&#246;ffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische M&#228;ngel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien &#252;berwiegend - jedenfalls f&#252;r gesunde, alleinstehende junge Personen - verneint worden (statt vieler OVG M&#252;nster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG K&#246;ln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erw&#228;gungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer M&#228;ngel verneint haben, belegen indes, dass Anlass f&#252;r eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - f&#252;r die R&#252;ckf&#252;hrung junger Vollj&#228;hriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; f&#252;r anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran &#228;ndert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG L&#252;neburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn f&#252;r das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tats&#228;chliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur&#252;ckzuverweisen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p> 3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzul&#228;ssigkeit des Asylantrags nach &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtm&#228;&#223;ig ist, l&#228;sst auch keine abschlie&#223;ende Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der beh&#246;rdlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, n&#228;mlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p> 4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p> </dd> </dl> </div>
161,496
olgmuen-2019-01-09-7-u-150918
{ "id": 277, "name": "Oberlandesgericht München", "slug": "olgmuen", "city": null, "state": 4, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
7 U 1509/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T07:00:51
2019-02-12T13:44:08
Endurteil
<h2>Tenor</h2> <div> <p>1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 29.03.2018, Az. 16 HK O 7910/17, in Ziffer 1. dahingehend abgeändert, dass darüber hinaus festgestellt wird, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.2017 zu TOP 5 der Tagesordnung insoweit nichtig ist, als den Geschäftsführern der Beklagten für die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile der Beklagten an der ... Ha. GmbH Entlastung erteilt wird.</p> <p>2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und bleibt die Klage abgewiesen.</p> <p>3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 20%, die Klägerin 80%.</p> <p>4. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p> <p>Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p> <p>Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p> <p>5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.</p> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <p>A.</p> <p><rd nr="1"/>Die Parteien streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.2017.</p> <p><rd nr="2"/>Die Beklagte ist eine GmbH, deren Gegenstand „die Beteiligung bei anderen Gesellschaften und die Übernahme der persönlichen Haftung und der Geschäftsführung bei anderen Gesellschaften sowie die Verwaltung eigenen Vermögens und das Halten von Beteiligungen“ ist (§ 2 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrages vom 08.02.2017, im Folgenden als GV bezeichnet, laut Anl. K 2).</p> <p>§ 8 GV lautet:</p> <p>1. „Die Beschlüsse der Gesellschafter werden in Versammlungen gefasst. Zur Beschlussfassung ist einfache Stimmenmehrheit erforderlich. (…) Satzungsänderungen, die Auflösung der Gesellschaft, den (sic) Abschluss von Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen oder sonstiger Unternehmensverträgen (sic) sowie die Umwandlung oder Verschmelzungen können nur in förmlicher Gesellschafterversammlung mit 3/4-Mehrheit der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.“</p> <p>(…) 3. „Zur Gesellschafterversammlung ist durch Einschreibebrief, Telefax, E-Mail oder gegen Quittung zu laden. (…) Zu laden ist unter Angabe von Tagungsort, Tagungszeit, Tagesordnung und vorgeschlagener Beschlussfassung. Ladungsberechtigt ist jeder Geschäftsführer allein. Trifft die Gesellschafterversammlung hierüber keine andere Bestimmung, ist Versammlungsleiter der dienstälteste Geschäftsführer der Gesellschaft.“</p> <p>4. (…) „Eine Beschlussanfechtung ist nur binnen Monatsfrist seit Beschlusszustellung zulässig.“</p> <p><rd nr="3"/>Gesellschafter der Beklagten, deren Stammkapital 25.000,00 € beträgt, sind die Klägerin zu 34% und die T. W. GmbH zu 66%. Zu Geschäftsführern der Beklagten wurden der Geschäftsführer der Klägerin, Herr W. B., sowie die beiden Geschäftsführer der T.W. GmbH, die Herren T. K. und H.-T. L. bestellt.</p> <p><rd nr="4"/>Die Beklagte hielt 100% der Anteile an der ... Ha. GmbH sowie der ... Ho. GmbH.</p> <p><rd nr="5"/>Mit E-Mail vom 02.05.2017 (Anl. K 4 und B 6) teilte der Geschäftsführer der Beklagten L.den beiden weiteren Geschäftsführern der Beklagten mit, dass hinsichtlich des Grundstückskaufs J.ring 17 eine Deckungslücke von 663.913,00 € bestehe. Zur Vermeidung eines Insolvenzantrags werde er die Anteile der Beklagten an der ... Ha. GmbH zum Preis von 1,00 € „unter Freihaltung von allen Verpflichtungen“ an einen seiner Mandanten verkaufen. Dem E-Mail war folgender Gesellschafterumlaufbeschlussentwurf zur Unterschrift beigefügt:</p> <p>„Der Geschäftsführung wird der Auftrag erteilt sämtliche Gesellschaftsanteile an der ... Ha. GmbH (…) zum Kaufpreis von 1,00 € gegen Freistellung von der Verpflichtung der Leistung der Stammeinlage und Zusicherung der Finanzierung der Gesellschaft ... Ha. GmbH (…) im Hinblick auf sämtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag Notar Dr. P. UR.-Nr. …82/2017P zu veräußern.“</p> <p><rd nr="6"/>Die Ta. W. GmbH stimmte dem Umlaufbeschluss am 02.05.2017 zu, die Klägerin am 03.05.2017 ausdrücklich nicht (Anl. K 5).</p> <p><rd nr="7"/>In der Folge veräußerte die Beklagte ihre Geschäftsanteile an der ... Ha. GmbH.</p> <p><rd nr="8"/>Mit Klage vom 30.05.2017, eingegangen beim Landgericht München I am selben Tag und dem Geschäftsführer der Beklagten L. am 21.07.2017 zugestellt, focht die Klägerin den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 an.</p> <p><rd nr="9"/>Mit Schreiben vom 18.08.2017 (Anl. K 6) lud der Geschäftsführer der Beklagten L. die Gesellschafter zu einer Gesellschafterversammlung am 29.08.2017 um 12.00 Uhr in die Südliche M. Straße 60 in …G. Die Tagesordnung lautete wie folgt:</p> <p>„1. Finanzierung des Projektes der Tochtergesellschaft ... Ho. GmbH. 2. Stand des Projektes L.-Markt Ho (Berichterstattung durch GF B.).“</p> <p>a. - Wie ist der Stand der Vertragsabwicklung mit der Verkäuferseite?</p> <p>b. - Wie ist der Planungsstand mit der Gemeinde Ho.?</p> <p>c. - Wie ist der Stand der Vertragsverhandlungen mit L.?</p> <p>3. Abberufung des Geschäftsführers W. B.</p> <p>4. Einforderung der ausstehenden Gesellschaftereinlage B.Vermögensverwaltungsgesellschaft mbh & Co. KG i.H.v. 8.500,00 €</p> <p>5. Bestätigung des Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der ... Ha. GmbH vom 02.05.2017/03.05.2017“.</p> <p><rd nr="10"/>In der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.2017, zu der nur die T.W. GmbH vertreten durch den Geschäftsführer K. erschienen war, der sodann die Versammlungsleitung übernahm, wurden folgende Beschlüsse jeweils einstimmig gefasst:</p> <p>Zu TOP 1: Die Geschäftsführung wird mit der Beantragung der Finanzierung beauftragt.</p> <p>Zu TOP 2a: Der Geschäftsführer T. K. wird beauftragt, mit dem Verkäufer die eingetretene Situation und die Möglichkeit einer positiven Fortführung des Projektes zu erörtern.</p> <p>Zu TOP 2b: Die Geschäftsführung wird beauftragt, einen fachkundigen Berater zu mandatieren, der die planungsrechtliche Situation mit der Gemeinde H. erörtert.</p> <p>Zu Top 2c: Der Geschäftsführer T. K. wird beauftragt, mit der L. Dienstleistung GmbH & Co KG den Stand der Verhandlung zu erörtern und die Verhandlungen fortzusetzen.</p> <p>Zu TOP 3: Herr W. B. wird mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen und ihm keine Entlastung erteilt.</p> <p>Zu TOP 4: Die Geschäftsführung wird beauftragt, die ausstehende Stammeinlage der B.Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH & Co KG in Höhe von EUR 8.500,00 € einzufordern und das Kaduzierungsverfahren nach § 21 GmbHG einzuleiten.</p> <p>Zu TOP 5: Der Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017, der der Geschäftsführung mit 66 Ja-Stimmen und 34 Nein-Stimmen den Auftrag erteilte, sämtliche Geschäftsanteile an der ... Ha. GmbH (…) zu veräußern, wird vollumfänglich bestätigt. Den Geschäftsführern wird für diese Maßnahme gesondert Entlastung erteilt.</p> <p><rd nr="11"/>Das Protokoll der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.2017 (Anl. B 7) wurde der Klägerin am 13.09.2017 bekannt gegeben.</p> <p><rd nr="12"/>Der Klage(erweiterungs) schriftsatz, mit dem die Klägerin die Beschlüsse vom 29.08.2017 anfocht, ging am 10.10.2017 beim Landgericht ein. Nach gerichtlicher Streitwertfestsetzung mit Beschluss vom 12.10.2017 (Bl. 33 d.A.) und Zahlung des mit Kostenrechnung vom 13.10.2017 geforderten weiteren Vorschusses am 24.10.2017 (vgl. Kostenbeleg IV) durch die Klägerin wurde der Klage(erweiterungs) schriftsatz am 09.11.2017 der Beklagten zugestellt.</p> <p><rd nr="13"/>Hinsichtlich des Beschlusses vom 29.08.2017 behauptet die Klägerin, der Versammlungsort sei für sie nicht erreichbar gewesen, die Versammlung sei zu Unrecht vom Geschäftsführer K. geleitet und der Geschäftsführer B. grundlos abberufen worden.</p> <p><rd nr="14"/>Darüber hinaus habe der Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 nicht bestätigt werden können, da zum Zeitpunkt der Beschlussfassung darüber am 29.08.2017 der Verkauf der Geschäftsanteile der Beklagten an der ... Ha. GmbH bereits erfolgt sei, sodass nur noch über eine Genehmigung des Verkaufs hätte beschlossen werden können. Davon sei aber in der in der Einladung vom 18.08.2017 enthaltenen Tagesordnung nicht die Rede gewesen.</p> <p><rd nr="15"/>Schließlich habe am 02.02.2018 eine weitere Gesellschafterversammlung der Beklagten stattgefunden, in der eine Genehmigung des Anteilsverkaufs abgelehnt worden sei.</p> <p><rd nr="16"/>Die Klägerin beantragte,</p> <p>1. den Gesellschafterbeschluss der Beklagten im Umlaufverfahren vom 02.05.2017, der Geschäftsführung den Auftrag zu erteilen, sämtliche Geschäftsanteile an der ... Ha.GmbH zu veräußern, insgesamt für ungültig zu erklären,</p> <p>hilfsweise festzustellen, dass dieser Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 02.05.2017 nichtig ist.</p> <p>2. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 1 der Tagesordnung, die Geschäftsführung mit der Beantragung der Finanzierung des Projektes ... Ho. GmbH zu beauftragen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Gesellschafterbeschluss nichtig ist,</p> <p>3. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 2 a) bis c) der Tagesordnung, insbesondere den Geschäftsführer T. K. zu beauftragen, mit dem Verkäufer bezüglich des Projekts L, die eingetretene Situation und die Möglichkeit einer positiven Fortführung des Projektes zu erörtern, einen fachkundigen Berater zu beauftragen, mit der Gemeinde Ho, die planungsrechtliche Situation zu erörtern, sowie den Geschäftsführer K. zu beauftragen, mit der L, Dienstleistung GmbH & Co KG den Stand der Verhandlungen zu erörtern und die Verhandlungen fortzusetzen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss bzw. diese Beschlüsse nichtig sind,</p> <p>4. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 3 der Tagesordnung, Herrn W. B. als Geschäftsführer abzuberufen und ihm keine Entlastung zu erteilen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist,</p> <p>5. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 4 der Tagesordnung, die Geschäftsführung das Kaduzierungsverfahren gegenüber der Klägerin nach § 21 GmbHG einzuleiten (sic), wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist,</p> <p>6. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 5 der Tagesordnung, den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 zu bestätigen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist.</p> <p><rd nr="17"/>Die Beklagte beantragte</p> <p>Klageabweisung.</p> <p><rd nr="18"/>Sie erwiderte mit nicht nachgelassenem Schriftsatz, dass die auf den 02.02.2018 anberaumte Gesellschafterversammlung der Beklagten mit Schreiben vom 25.01.2018 abgeladen worden sei (Anl. B 9).</p> <p><rd nr="19"/>Das Landgericht München I stellte mit Endurteil vom 29.03.2018, Az. 16 HK O 7910/17, fest, dass der Gesellschafterbeschluss der Beklagten im Umlaufverfahren vom 02./03.05.2017 unwirksam sei, da er nicht im Umlaufverfahren hätte gefasst werden dürfen, und wies die Klage im Übrigen ab. Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Endurteils wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen.</p> <p><rd nr="20"/>Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Klageziel, soweit ihm das Landgericht nicht entsprochen hat, weiter.</p> <p><rd nr="21"/>Sie beantragt,</p> <p>das Urteil des Landgerichts München I, Geschäftszeichen 16 HK O 7910/17, verkündet am 29.03.2018, teilweise wie folgt abzuändern:</p> <p>1. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 1 der Tagesordnung, die Geschäftsführung mit der Beantragung der Finanzierung des Projektes ... Ho,GmbH zu beauftragen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Gesellschafterbeschluss nichtig ist;</p> <p>2. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 2a bis c der Tagesordnung, insbesondere den Geschäftsführer T. K, zu beauftragen, mit dem Verkäufer bezüglich des Projekts L, die eingetretene Situation und die Möglichkeit einer positiven Fortführung des Projektes zu erörtern, einen fachkundigen Berater zu beauftragen, mit der Gemeinde Ho, die planungsrechtliche Situation zu erörtern, sowie den Geschäftsführer K. zu beauftragen, mit der L, Dienstleistung GmbH & Co KG den Stand der Verhandlungen zu erörtern und die Verhandlungen fortzusetzen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss bzw. diese Beschlüsse nichtig sind;</p> <p>3. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 3 der Tagesordnung, Herrn W. B. als Geschäftsführer abzuberufen und ihm keine Entlastung zu erteilen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist;</p> <p>4. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 4 der Tagesordnung, die Geschäftsführung das Kaduzierungsverfahren gegenüber der Klägerin nach § 21 GmbHG einzuleiten (sic), wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist;</p> <p>5. Der Gesellschafterbeschluss der Beklagten vom 29.08.2017 zu Punkt 5 der Tagesordnung, den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 zu bestätigen, wird für ungültig erklärt, hilfsweise festzustellen, dass dieser Beschluss nichtig ist.</p> <p><rd nr="22"/>Die Beklagte beantragt,</p> <p>die Berufung zurückzuweisen.</p> <p><rd nr="23"/>Das Gericht hat am 05.12.2018 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung, die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt wird Bezug genommen.</p> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <p>B.</p> <p><rd nr="24"/>Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur insoweit begründet, als über die von keiner der Parteien angegriffene und damit rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 02.05.2017/03.05.2017 durch das Landgericht hinaus festzustellen war, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 29.08.2017 zu TOP 5 der Tagesordnung insoweit nichtig ist, als den Geschäftsführern der Beklagten für die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile der Beklagten an der ... Ha, GmbH Entlastung erteilt wird. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin unbegründet und bleibt die Klage abgewiesen.</p> <p>I.</p> <p><rd nr="25"/>1. Die Beschlüsse vom 29.08.2017 sind nicht schon deshalb anfechtbar, weil sich am vorgesehenen Ort der Versammlung „aktuell weder ein Briefkasten der Beklagten noch ein Klingelschild“ befunden habe.</p> <p><rd nr="26"/>Zum einen kommt es für die Frage der wirksamen Beschlussfassung schon nicht darauf an, ob „aktuell“, das heißt zum Zeitpunkt der Klageerweiterung vom 10.10.2017, ein Briefkasten und/oder ein Klingelschild der Beklagten vorhanden war. Erheblich ist - wenn überhaupt - nur, ob dies zum Zeitpunkt der Versammlung am 29.08.2017 der Fall war. Insoweit hat die Klägerin aber schon nichts vorgetragen.</p> <p><rd nr="27"/>Zum anderen hat das Landgericht - unterstellt es war zum Versammlungszeitpunkt tatsächlich kein Briefkasten und/oder Klingelschild der Beklagten am Versammlungslokal angebracht gewesen - zutreffend ausgeführt (LGU S. 8), dass, nachdem in der Einladung vom 18.08.2017 (Anl. K 5) als Tagungsort die Südliche M, Straße 60 in G,angegeben war und dies der Sitz der Beklagten ist, für die Klägerin bzw. deren Geschäftsführer ohne weiteres erkennbar war, dass die Versammlung in den Geschäftsräumen der Beklagten stattfand. Der Geschäftsführer der Klägerin, der zu diesem Zeitpunkt auch gleichzeitig noch Geschäftsführer der Beklagten war, wusste also, wo er sich hätte hinbegeben müssen, wenn er denn zu der Versammlung am 29.08.2017 hätte erscheinen wollen. Gegen diese Erwägungen des Landgerichts hat die Berufung auch nichts mehr erinnert.</p> <p><rd nr="28"/>2. Eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse vom 29.08.2017 folgt auch nicht aus der Leitung der Gesellschafterversammlung durch den Geschäftsführer der Beklagten K. Zwar sieht § 8 Ziffer 3 S. 5 GV vor, dass in Ermangelung einer anderweitigen Bestimmung durch die Gesellschafterversammlung „Versammlungsleiter der dienstälteste Geschäftsführer der Gesellschaft“ ist und war Herr K, zum Versammlungszeitpunkt nicht der dienstälteste Geschäftsführer der Beklagten. Jedoch ist § 8 Ziffer 3 S. 5 GV dahingehend auszulegen, dass der dienstälteste der jeweils anwesenden Geschäftsführer der Beklagten die Versammlung leiten soll. Die entgegen § 133 BGB am Buchstaben verharrende Auslegung der Klägerseite würde dagegen zum einen zu einer ungebührlichen Erschwerung der Durchführung von Gesellschafterversammlungen führen, und zum anderen letztendlich demjenigen Gesellschafterstamm, der den dienstältesten Geschäftsführer stellt, eine Blockademöglichkeit in die Hand geben. Da bei der Auslegung jedoch stets davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien vernünftige Ziele verfolgen (vgl. Ellenberger in Palandt, 78. Auflage, München 2019, Rdnr. 26 zu § 133 BGB), steht nach § 8 Ziffer 3 S. 5 GV die Versammlungsleitung dem dienstältesten anwesenden Geschäftsführer zu. Nachdem in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 nur der Geschäftsführer K. anwesend war, war er auch zu deren Leitung berufen.</p> <p>II.</p> <p><rd nr="29"/>Zu Recht hat das Landgericht eine Anfechtbarkeit des Beschlusses zu TOP 3 (Abberufung des Geschäftsführers W. B.) verneint. Denn - wie das Landgericht zutreffend ausführt (LGU S. 9) - ist nach § 38 Abs. 1 GmbHG die Bestellung eines Geschäftsführers jederzeit widerruflich, sofern nicht in der Satzung der Gesellschaft eine Beschränkung dieser freien Widerruflichkeit vorgesehen ist (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Eine solche Beschränkung enthält der Gesellschaftsvertrag jedoch gerade nicht (vgl. § 7 GV). Dagegen hat die Berufung auch nichts mehr eingewandt.</p> <p>III.</p> <p><rd nr="30"/>1. Der Beschluss zu TOP 5 vom 29.08.2017 ist dagegen wegen eines Verstoßes gegen § 51 Abs. 2 GmbHG insoweit nichtig, als den Geschäftsführern der Beklagten für die Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile der Beklagten an der ... Ha. GmbH Entlastung erteilt wird.</p> <p><rd nr="31"/>a. Ein Verstoß gegen § 51 Abs. 2 GmbHG liegt vor, da in der Einladung vom 18.08.2017 (Anl K 6) zu der Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 als Beschlussgegenstand zu TOP 5 nur die „Bestätigung des Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der ... Ha, GmbH vom 02.05.2017/03.05.2017“ aufgeführt und auch sonst die Entlastung der Geschäftsführer in der Tagesordnung nicht erwähnt war, während die Gesellschafterversammlung nicht nur den Bestätigungsbeschluss fasste, sondern auch noch „(d) en Geschäftsführern (…) für diese Maßnahmen gesondert Entlastung erteilt(e)“ (vgl. Protokoll der Gesellschafterversammlung laut Anl. B 7).</p> <p><rd nr="32"/>Die angekündigte Tagesordnung muss nämlich die Beschlussgegenstände hinreichend konkretisieren, wobei allerdings weder eine genaue Formulierung der Beschlussanträge noch eine Begründung erforderlich ist. Um dem Schutzzweck des § 51 Abs. 2, 4 GmbHG - nämlich den Schutz aller Gesellschafter vor Überraschung und Überrumpelung (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2002, Az. II ZR 69/01, III 1 b) - zu genügen, ist ausreichend, wenn klar ist, was gemeint ist, sodass unter Umständen auch eine allgemeine Formulierung oder Bezugnahme auf frühere Versammlungen hinreichend ist. Immer jedoch muss sich der Empfänger ein so genaues Bild machen können, dass er weiß, worüber verhandelt und Beschluss gefasst werden soll und sich hierauf vorbereiten kann (BGH, aaO; vgl. auch Schindler in BeckOK GmbHG, 36. Edition Stand 01.02.2018, Rdnr. 36 zu § 51 GmbH).</p> <p><rd nr="33"/>Diesen Anforderungen genügt die Tagesordnung vom 18.08.2017 jedoch hinsichtlich des Entlastungsbeschlusses nicht. Die angekündigte Bestätigung des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 ist inhaltlich nämlich etwas völlig anderes als die Entlastung der Geschäftsführer für ihre Handlungen im Rahmen des tatsächlichen Vollzugs des Beschlusses und damit des Verkaufs der Geschäftsanteile der Beklagten an der ... Ha, GmbH. Die Entlastung der Geschäftsführer hat darüber hinaus eine weitgehende Präklusionswirkung hinsichtlich etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer, wohingegen die bloße Bestätigung des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 eine derartige Wirkung nicht hat.</p> <p><rd nr="34"/>Nach alledem hätte hinsichtlich der Entlastung der Geschäftsführer in der Versammlung vom 29.08.2017 ein Beschluss nicht gefasst werden dürfen.</p> <p><rd nr="35"/>b. Zwar nimmt das Schrifttum überwiegend an, ein derartiger Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG führe nur zur Anfechtbarkeit (vgl. die Nachweise bei Schindler in BeckOK GmbHG, 36. Edition, Stand 01.02.2018, Rdnr. 61 zu § 51 GmbHG). Das Gericht folgt jedoch der neueren Rechtsprechung des BGH, der in diesen Fällen von einer Nichtigkeit des Beschlusses ausgeht (BGH, Urteil vom 29.05.2000, Az. II ZR 47/99, Rdnr. 7 aE). Der BGH bejahte in dieser Entscheidung vom 29.05.2000 aufgrund der nicht hinreichend genauen Bezeichnung des Beschlussgegenstandes in der Tagesordnung zwar unmittelbar nur einen Verstoß gegen Regelungen in der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats der beklagten Sparkasse, wonach „unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen sei“, stellte aber gleichzeitig ausdrücklich darauf ab, dass die Regelungen, gegen die verstoßen worden sei, inhaltsgleich mit § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG seien (BGH, aaO, Rdnr. 8). Daher ist ein entgegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG gefasster Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern nichtig.</p> <p><rd nr="36"/>c. Diese Nichtigkeit erstreckt sich entsprechend § 139 BGB nur auf den Entlastungsbeschluss, nicht aber auf die gleichzeitig erfolgte Bestätigung des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017, da die beiden Beschlussinhalte ohne weiteres trennbar sind, sodass die Bestätigung nicht mit der Entlastung steht und fällt. Die bloß formal einheitliche Beschlussfassung unter TOP 5 schafft keine engere als die ohnehin aufgrund des Sachzusammenhangs bestehende inhaltliche Verbindung.</p> <p><rd nr="37"/>d. Der Feststellung der Nichtigkeit des Entlastungsbeschlusses steht auch nicht entgegen, dass sich der Antrag der Klägerin in der Klageschrift (Antrag 5 im Klageerweiterungsschriftsatz, dort S. 2, Bl. 31 d.A.) und in der Berufungsbegründung (Antrag 5 im Berufungsbegründungsschriftsatz, dort S. 2, Bl. 83 d.A.) nur auf den Bestätigungsbeschluss bezieht, nicht aber auch ausdrücklich auf die Entlastung der Gesellschafter. Denn der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass beantragt ist, auch den Beschluss zu TOP 5 hinsichtlich der Entlastung der Geschäftsführer für nichtig zu erklären, da es der Klägerin ersichtlich darum geht, den gesamten Beschluss aus der Welt zu schaffen.</p> <p><rd nr="38"/>Da es sich insoweit um eine Nichtigkeitsklage handelt, führt auch die in § 8 Ziffer 4 Abs. 2 S. 2 GV statuierte Monatsfrist für die Beschlussanfechtung nicht zur Unbegründetheit der Klage, obwohl sich die Klage(erweiterung) vom 10.10.2017 hinsichtlich der Entlastung nicht zur Diskrepanz zwischen der mit der Einladung vom 18.08.2017 mitgeteilten Tagesordnung einerseits und der auf der Gesellschafterversammlung vom 29.09.2017 erfolgten Beschlussfassung andererseits verhält.</p> <p><rd nr="39"/>Auf eine etwaige Relevanz des Verstoßes kommt es bei der Nichtigkeitsklage nicht an, da die Nichtigkeit von jedermann in jeder Weise geltend gemacht werden kann (vgl. Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Auflage, München 2015, Rdnr. 91 zu § 47 GmbHG).</p> <p><rd nr="40"/>e. Nachdem der Entlastungsbeschluss bereits wegen Verstoßes gegen § 51 Abs. 2 und 4 GmbHG nichtig ist, kommt es auf den erstmals in der Berufungsbegründung von der Klägerin behaupteten Verstoß gegen § 47 Abs. 4 GmbHG, da der Geschäftsführer der Beklagten K. mit abgestimmt habe, obwohl es (auch) um seine Entlastung ging, nicht mehr an. Unerheblich ist daher insoweit, dass, da ein solcher Verstoß nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses führen würde und dieser behauptete Verstoß im Klageerweiterungsschriftsatz vom 10.10.2017 nicht gerügt worden war, die materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 8 Ziffer 4 Abs. 2 S. 2 GV greifen würde.</p> <p><rd nr="41"/>2. Insoweit als der Beschluss vom 29.08.2017 zu TOP 5 den Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 bestätigte, ist er dagegen weder anfechtbar noch gar nichtig.</p> <p><rd nr="42"/>a. Ein Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG liegt nicht vor.</p> <p><rd nr="43"/>aa. Wenn man - wie das Landgericht - davon ausgeht, dass der Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 aufgrund des Verstoßes gegen § 48 Abs. 2 GmbHG unwirksam (so bspw. Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 21. Auflage, München 2017, Rdnr. 36 zu § 48 GmbHG, Hillmann in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage, München 2016, Rdnr. 23 zu § 48 GmbHG) bzw. nichtig (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2006, Az. II ZR 135/04, Rdnr. 10 für einen im nicht in der Satzung vorgesehenen Kombinationsverfahren gefassten Beschluss) und deshalb eine Bestätigung dieses Beschlusses nicht möglich gewesen sein sollte, so wäre der Tagesordnungspunkt in der Einladung vom 18.08.2017 jedoch dahingehend auszulegen, dass Beschluss gefasst werden sollte über die Genehmigung des durch die Geschäftsführung der Beklagten zum Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung bereits längst ausgeführten Verkaufs der Geschäftsanteile an der ... Ha, GmbH. Denn nach den oben unter 1 a dargelegten Grundsätzen ist Schutzzweck § 51 Abs. 2, 4 GmbHG der Schutz der Gesellschafter vor Überrumpelung und war eine solche im konkreten Fall nicht zu befürchten. Aus der Bezeichnung des TOP 5 „Bestätigung des Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der ... Ha, vom 02.05.2017/03.05.2017“ wird nämlich klar, dass Inhalt der Beschlussfassung eine abschließende Entscheidung der Gesellschafter über den Anteilsverkauf sein sollte. Unerheblich ist insoweit, ob es sich dabei um eine Zustimmung zu einem noch bevorstehenden Verkauf oder aber um eine Genehmigung eines bereits erfolgten Verkaufs handelte. Der Geschäftsführer der Klägerin wusste auch, worum es bei dem Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 inhaltlich gegangen war, da er ihm ausdrücklich nicht zugestimmt hatte. Der Geschäftsführer der Klägerin wusste ferner zum Zeitpunkt der Einladung zur Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 auch bereits, dass der Geschäftsführer der Beklagten L, den Verkauf der Anteile bereits vollzogen hatte. Dies ergibt sich aus der von der Klägerin gegen den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 erhobenen Anfechtungsklage, in der ausgeführt wird, dass „die Veräußerung auf der Basis des Beschlussvorschlages sofort umgesetzt“ worden sei war (vgl. Klageschriftsatz vom 30.05.2017, S. 3, Bl. 3 d.A.). Da es sich bei der Beklagten um eine zweigliedrige Gesellschaft handelt, ist eine Überraschung anderer Gesellschafter nicht zu befürchten, sodass allein auf den Kenntnisstand der Klägerin (und der T.W. GmbH) abgestellt werden kann.</p> <p><rd nr="44"/>bb. Sollte dagegen mit einer im Schrifttum vertretenen Ansicht davon ausgegangen werden, dass der Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG nicht zur Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit des Umlaufbeschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 führte, da sich alle Gesellschafter (auch der Kläger) an der Abstimmung beteiligt hatten und lediglich die in § 48 Abs. 2 GmbHG vorgegebene Form verletzt worden war (so bspw. Liebscher in Münchener Kommentar zum GmbHG, 2. Auflage, München 2016, Rdnr. 172 zu § 48 GmbHG, Thüringer OLG, Beschluss vom 09.01.2006, Az. 6 U 569/05, Rdnr. 9 m.w.N.), so läge schon keine - für einen Verstoß gegen § 51 Abs. 2, 4 GmbHG allerdings zwingend notwendige - Diskrepanz zwischen dem in der Einladung vom 18.08.2017 (Anl. K 6) bezeichneten Tagesordnungspunkt 5 und dem in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 zu TOP 5 gefassten Beschluss vor. Denn angekündigt war in der Einladung vom 18.08.2017 unter TOP 5 die „Bestätigung des Beschlusses über den Verkauf der Anteile an der ... Ha, GmbH vom 02.05.2017/03.05.2017“. Beschlossen wurde in der Gesellschafterversammlung vom 29.08.2017 zu TOP 5, dass „(d) er Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017, der der Geschäftsführung mit 66 Ja-Stimmen und 34 Nein-Stimmen den Auftrag erteilte, sämtliche Geschäftsanteile an der ... Ha. GmbH (…) zu veräußern, (…) vollumfänglich bestätigt“ wird (vgl. Protokoll der Gesellschafterversammlung laut Anl. B 7). Ob und gegebenenfalls welche rechtlichen Konsequenzen diese Bestätigung auf den zum Zeitpunkt der Fassung des Bestätigungsbeschlusses am 29.08.2017 bereits längst vollzogenen Verkauf der Anteile der Beklagten an der ... Ha. GmbH hat, wäre dann keine Frage der Wirksamkeit des am 29.08.2017 gefassten Beschlusses, sondern der Wirksamkeit des Anteilsverkaufs, der vorliegend jedoch nicht streitgegenständlich ist.</p> <p><rd nr="45"/>b. Auch mit der gegen den Bestätigungsbeschluss vom 28.09.2017 erhobenen Rüge, der Beschluss hätte nach § 8 Ziffer 1 S. 4 GV einer 3/4-Mehrheit bedurft, vermag die Kägerin nicht durchzudringen.</p> <p><rd nr="46"/>aa. Zum einen ist die Klägerin mit dieser Rüge bereits entsprechend § 246 Abs. 1 AktG präkludiert, da sie sie zum ersten Mal in der Berufungsbegründung (dort S. 3, Bl. 84 d.A.) und damit nicht innerhalb der Monatsfrist des § 8 Ziffer 4 Abs. 2 S. 2 GV erhoben hat. Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin die ihrer Meinung nach unzureichende Mehrheit bereits in der Klage vom 30.05.2017 bemängelt hat. Denn diese Klage richtete sich ausschließlich gegen den Umlaufbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017, nicht aber gegen den späteren Bestätigungsbeschluss vom 29.08.2017, der vorliegend ausschließlich streitgegenständlich ist. Die Klägerin hätte damit die angeblich unzureichende Mehrheit bereits in ihrer Klageerweiterung vom 10.10.2017 rügen müssen. Dort wird aber nicht einmal mitgeteilt, mit welcher Mehrheit der Bestätigungsbeschluss vom 29.08.2017 gefasst wurde.</p> <p><rd nr="47"/>bb. Der Bestätigungsbeschluss wurde aber auch mit einer hinreichenden Mehrheit gefasst, da es nach § 8 Ziffer 1 S. 3 GV einer 3/4-Mehrheit gar nicht bedurfte, weil demnach nur für Satzungsänderungen, die Auflösung der Gesellschaft, den Abschluss von Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen, sonstige Unternehmensverträge sowie Umwandlungen oder Verschmelzungen eine qualifizierte Mehrheit erforderlich ist. Der Verkauf der Anteile der Beklagten an ihrer Tochter ... Ha. GmbH erfüllt jedoch keinen dieser Tatbestände. Insbesondere ist der Kaufvertrag entgegen der Ansicht der Klägerin kein „Unternehmensvertrag“. Die Satzung knüpft nämlich mit der Verwendung des Begriffes „Unternehmensvertrag“ ersichtlich an den in §§ 291 und 292 AktG legal definierten Terminus an. Die dort aufgestellten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unternehmensvertrages sind jedoch nicht erfüllt.</p> <p><rd nr="48"/>Im Übrigen wurde der Bestätigungsbeschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 sogar einstimmig und damit in jedem Fall mit der in § 8 Ziffer 1 S. 3 GV vorgesehenen Mehrheit gefasst. Denn danach kommt es für die Bestimmung der Mehrheit nur auf die in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen an. Bei den abgegebenen Stimmen handelte es sich aber ausweislich des Protokolls der Versammlung ausschließlich um Ja-Stimmen.</p> <p><rd nr="49"/>c. Der Wirksamkeit des Bestätigungsbeschlusses steht auch nicht entgegen, dass das Landgericht in seinem Endurteil vom 29.03.2018 festgestellt hat, dass der durch den Beschluss vom 29.08.2017 bestätigte Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 unwirksam ist (LGU Ziffer 1 des Tenors und Ziffer III der Entscheidungsgründe).</p> <p><rd nr="50"/>aa. Geht man von der Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit des Bestätigungsbeschlusses aus, konnte letzterer nicht bestätigt werden und ginge die Bestätigung durch den Beschluss vom 29.08.2017 ins Leere. In diesem Falle wäre der Bestätigungsbeschluss vom 29.08.2017 jedoch - wie bereits oben unter a. aa ausgeführt - als Genehmigung des bereits vollzogenen Verkaufs auszulegen.</p> <p><rd nr="51"/>bb. Geht man dagegen davon aus, dass der Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG nur zur Anfechtbarkeit des Beschlusses vom 02.05.2017/03.05.2017 führte, wäre eine Bestätigung ohne weiteres möglich. Denn leidet der Ausgangsbeschluss nur unter einem formalen Mangel, kann die Gesellschafterversammlung durch die Bestätigung ihren Willen bekunden, den Erstbeschuss trotz des ihm anhaftenden Verfahrensmangels als verbindliche Regelung der Gesellschaftsangelegenheit anzuerkennen, sofern nur der bestätigende Beschluss nunmehr verfahrensfehlerfrei gefasst, der Mangel des Erstbeschlusses also vermieden wird. Denn darin liegt der zentrale Zweck des Bestätigungsbeschlusses: Dieser kann den Verfahrensmangel zwar nicht ungeschehen machen, allerdings gibt er den Gesellschaftern die Möglichkeit zu erklären, dass sie trotz des formalen Fehlers am unbedenklichen Inhalt des Beschlusses festhalten wollen (vgl. insoweit BGH, Urteil vom 12.12.2005, Az. II ZR 253/03, Rdnr. 18). Da der Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 nur deshalb anfechtbar ist, weil er unter Verstoß gegen § 48 Abs. 2 GmbHG trotz fehlender Zustimmung der Klägerin zu dieser Vorgehensweise im Umlaufverfahren gefasst wurde, basiert die Nichtigkeit allein auf einem Formverstoß. Ein inhaltlicher Mangel des Beschlusses wurde weder von der Klägerin gerügt noch vom Landgericht festgestellt und ist auch nicht ersichtlich. Die in der gegen den Beschluss vom 02.05.2017/03.05.2017 gerichteten Klage der Klägerin vom 30.05.2017 bemängelte Beschlussfassung mit einer nach § 8 Ziffer 1 S. 4 GV nicht hinreichenden Mehrheit würde ebenfalls nur einen formalen Mangel begründen und greift im Übrigen aus den oben unter b. bb zum Beschluss vom 29.08.2017 bezeichneten Gründen ohnehin nicht durch.</p> <p><rd nr="52"/>d. Die von der Klägerin behauptete Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses vom 29.08.2017 durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 02.02.2018 ist im streitgegenständlichen Verfahren ohne Bedeutung. Streitgegenständlich sind nämlich entsprechend den Anträgen der Klägerin nur die „Ungültigerklärung“ sowie die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse vom 29.08.2017, nicht aber die Frage, ob die Beschlüsse durch eine spätere Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung im Nachhinein wieder aufgehoben wurden.</p> <p>IV.</p> <p><rd nr="53"/>Die Rüge der Klägerin das Landgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da der Klägervertreter den Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 20.02.2018 erst nach der Urteilsverkündung erhalten hätte, bleibt erfolglos, da die Klägerin in der Berufungsbegründung schon nicht dargelegt hat, was sie im Falle der Einräumung einer Schriftsatzfrist auf das Vorbringen der Beklagten vom 20.02.2018 vorgetragen hätte (zu diesem Erfordernis vgl. Greger in Zöller 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 20 zu § 139 ZPO). Das Berufungsgericht kann daher nicht überprüfen, ob der gerügte (unterstellte) Verfahrensfehler für die Entscheidung überhaupt kausal wurde.</p> <p>C.</p> <p><rd nr="54"/>Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 ZPO.</p> <p><rd nr="55"/>Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p> <p><rd nr="56"/>Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalles.</p> </div>
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31 Wx 39/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T07:00:51
2019-02-12T13:44:08
Beschluss
<h2>Tenor</h2> <div> <p>1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts München - Nachlassgericht - vom 11.12.2017 aufgehoben.</p> <p>2. Das Nachlassgericht wird angewiesen, den Erbschein vom 26.5.2017 einzuziehen.</p> <p>3. Außergerichtliche Kosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erstattet.</p> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <p>I.</p> <p><rd nr="1"/>Der in zweiter Ehe verheirate Erblasser ist am ...2016 verstorben. Die erste Ehe endete durch Scheidung, aus dieser Ehe gingen die Beteiligte zu 2 (= Beschwerdeführerin) und der am Beschwerdeverfahren nicht beteiligte Sohn F.H. hervor.</p> <p><rd nr="2"/>Die Beteiligte zu 1 ist die zweite Ehefrau des Erblassers, der Beteiligte zu 3 deren Sohn. Der Erblasser errichtete am 19.10.2015 ein Testament, in dem es auszugsweise heißt:</p> <p>„Mein Testament Ich G.J.H. geb. … in M. verfüge als meinen letzten Willen folgendes; Meine Ehefrau soll Alleinerbin werden.</p> <p>Nach ihrem hoffentlich späten Ableben, soll der Besitz an V. [= Beschwerdeführerin] + R. [= Beteiligter zu 3] je zur Hälfte übergehen … Eigenhändige Unterschrift des Erblassers.“</p> <p><rd nr="3"/>Das Nachlassgericht hat am 26.5.2017 einen Erbschein erteilt, der die Beteiligte zu 1 als Vorerbin ausweist, die von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen befreit ist.</p> <p><rd nr="4"/>Dagegen erhob die Beteiligte zu 2 am 18.8.2017 Beschwerde. Sie ist der Ansicht, es handele sich um eine nicht befreite Vorerbschaft.</p> <p><rd nr="5"/>Das Nachlassgericht hat die Beschwerde gegen den erteilten Erbschein als Anregung auf Einziehung des Erbscheins behandelt und ist dieser Anregung mit Beschluss vom11.12.2017 nicht nachgekommen. Es stützt seine Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass nicht nur die leibliche Tochter des Erblassers als Nacherbin bedacht ist, sondern auch der Sohn der zweiten Ehefrau, was dafür spreche, dass die Position der Ehefrau gestärkt werden sollte.</p> <p><rd nr="6"/>Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 4.1.2018.</p> <p><rd nr="7"/>Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus einer erst teilweise abbezahlten eigengenutzten Immobilie im Wert von ca. 570.000 €, bei der noch ca. 185.000 € offen sind.</p> <p>II.</p> <p><rd nr="8"/>Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.</p> <p><rd nr="9"/>Die Beschwerde vom 4.1.2018 ist zulässig, soweit Verfahrensgegenstand die Entscheidung des Nachlassgerichts ist, den Erbschein vom 26.5.2017 nicht einzuziehen.</p> <p><rd nr="10"/>Die Beschwerde ist auch begründet.</p> <p><rd nr="11"/>Im Gegensatz zum Nachlassgericht ist der Senat der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Einziehung des Erbscheins gemäß § 2361 BGB vorliegen, weil der Erbschein vom 26.5.2017 unrichtig ist.</p> <p><rd nr="12"/>1. Im Ausgangspunkt ist das Nachlassgericht zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Erblasser eine Vor- und Nacherbschaft im Sinne der §§ 2100 ff BGB angeordnet hat. Allein der Umstand, dass der Erblasser seine Ehefrau im Testament vom 19.10.2015 als Alleinerbin bezeichnet hat, bedingt für sich keine Auslegung in Richtung einer Vollerbschaft (Staudinger/Avenarius BGB Neubearbeitung <2013> § 2136 Rn. 18 juris). Aus der Auslegung der weiteren Verfügung wird deutlich, dass nach dem Tode der Ehefrau die Beteiligten zu 2 und 3 als Nacherben berufen sein sollen, d.h. der Erblasser ging von einem zweimaligen Anfall der Erbschaft aus (Gierl in: NK-Erbrecht 5. Auflage <2018> § 2100 Rn. 18).</p> <p><rd nr="13"/>2. Im Gegensatz zum Nachlassgericht ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Erblasser die Vorerbin als befreite Vorerbin eingesetzt hat.</p> <p><rd nr="14"/>a) Der Regelfall der Vorerbschaft ist die nicht befreite Vorerbschaft. Es bedarf einer Anordnung des Erblassers, wenn er dem Vorerben Verfügungsbefugnisse, die über die vom Gesetz vorgesehenen hinausreichen, einräumen will.</p> <p><rd nr="15"/>Die Befreiung eines Vorerben muss in der letztwilligen Verfügung, durch die er berufen wird, selbst enthalten sein, eine ausdrückliche Erklärung ist jedoch nicht erforderlich. Es genügt, wenn der dahingehende Wille des Erblassers im Testament irgendwie, wenn auch nur andeutungsweise oder versteckt, zum Ausdruck kommt. Trifft das zu, können auch sonstige, außerhalb des Testaments liegende Umstände zu dessen Auslegung herangezogen werden (vgl. etwa BGH FamRZ 1970, 192; BayObLG FamRZ 2005, 65, 67; OLG Hamm FamRZ 2011, 1331; Horn/Kroiß, Testamentsauslegung, 1. Auflage <2012> § 8 Rn. 36).</p> <p><rd nr="16"/>Aus der Bezeichnung als Alleinerbe kann allein nicht der Schluss auf eine Befreiung gezogen werden, vielmehr verhält sich diese Formulierung neutral im Hinblick auf die Verwaltungsbefugnis (BGH FamRZ 1970, 192; BayObLGZ 1958, 303; BayObLG FamRZ 1984, 1272; Staudinger/Avenarius, a.a.O., Rn. 18 juris).</p> <p><rd nr="17"/>Auch eine stillschweigende Befreiung ist denkbar (BayObLGZ 1960, 432). Sie kommt dann in Betracht, wenn der Erblasser wegen Fehlens eigener Abkömmlinge entferntere Verwandte zu Nacherben eingesetzt hat und der Vorerbe wesentlich zum Erwerb des Vermögens des Erblassers beigetragen hat (BayObLGZ 1960, 432).</p> <p><rd nr="18"/>Die Feststellungslast für die Befreiung trägt derjenige, der sich darauf beruft (Staudinger/Avenarius, a.a.O. Rn. 13 juris).</p> <p><rd nr="19"/>b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat vorliegend nicht davon überzeugt, dass der Erblasser im Testament vom 19.10.2015 eine Befreiung der Vorerbin angeordnet hat.</p> <p><rd nr="20"/>aa) Eine ausdrückliche Befreiung liegt, wie bereits das Nachlassgericht zutreffend erkannt hat, nicht vor. Aber auch im Wege der Auslegung lässt sich eine solche Befreiung nicht mit der für eine Entscheidungsfindung nötigen hinreichenden Sicherheit feststellen.</p> <p><rd nr="21"/>bb) Das Nachlassgericht hat im Rahmen der Auslegung im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Erblasser nicht nur seine (leibliche) Tochter, sondern auch das Kind seiner zweiten Ehefrau, der Vorerbin, als Nacherben berufen und der Vorerbin zugleich noch ein langes Leben gewünscht hat. Daraus hat es den Schluss gezogen, der Erblasser habe seiner zweiten Ehefrau eine starke Stellung einräumen wollen und sie deswegen von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen befreit.</p> <p><rd nr="22"/>Der Senat teilt diese Ansicht nicht. Der Umstand, dass neben der leiblichen Tochter des Erblassers auch das mit dem Erblasser nicht verwandte Kind der zweiten Ehefrau bedacht wurde, reicht nicht aus, eine Befreiung der Vorerbin von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen anzunehmen.</p> <p><rd nr="23"/>Zwar ist in der Rechtsprechung die Möglichkeit anerkannt, dass eine Befreiung von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen stillschweigend darin gesehen wird, wenn der Erblasser wegen Fehlens eigener Abkömmlinge entfernte Verwandte als Nacherben eingesetzt hat und der Vorerbe wesentlich zum Erwerb des Vermögens des Erblassers beigetragen hat (BayObLGZ 1960, 432). Eine mit dieser Rechtsprechung vergleichbare Situation liegt hier aber nicht vor.</p> <p><rd nr="24"/>Zum einen hat der Erblasser mit der Berufung seiner leiblichen Tochter jedenfalls eine nahe Angehörige als Nacherbin eingesetzt, was jedenfalls kein Indiz dafür ist, dass der Vorerbe von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen befreit werden sollte.</p> <p><rd nr="25"/>Zum anderen hat die Vorerbin aber auch keinen (wesentlichen) Beitrag zum Vermögenserwerb des Erblassers beigetragen. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus einer erst teilweise abbezahlten eigengenutzten Immobilie, die nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beschwerdeführerin bislang überwiegend aus Mitteln des Erblassers, nicht aber aus Mitteln der Vorerbin finanziert wurde. Allein die Berufung des mit dem Erblasser nicht verwandten Sohnes der zweiten Ehefrau reicht nach Ansicht des Senats jedenfalls nicht für eine Überzeugungsbildung in Richtung einer Befreiung der Vorerbin aus.</p> <p><rd nr="26"/>Gleiches gilt für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Wunsch des Erblassers, seine zweite Ehefrau möge möglichst noch lange leben. Der Senat vermag darin kein Indiz in die ein oder andere Richtung erkennen.</p> <p><rd nr="27"/>cc) Soweit sich die Vorerbin für die Annahme einer Befreiung darauf stützt, der Erblasser hätte sie bei fehlender Befreiung durch die Anordnung der Vorerbschaft in eine „missliche Lage“ gebracht, weil der wirtschaftliche Vorteil der nicht befreiten Vorerbin dann lediglich in der Differenz zwischen dem Wohnvorteil der ererbten Immobilie einerseits und den monatlich zu entrichteten Raten für Zins und Tilgung liege, vermag der Senat aus dieser Argumentation - ihre Richtigkeit unterstellt - nicht das gewünschte Auslegungsergebnis zu entnehmen, denn es ist eine durchaus denkbare Möglichkeit, dass der Erblasser der Vorerbin bis an deren Lebensende eben diesen Vermögensvorteil (nur) zuwenden wollte. Entgegenstehende Anhaltspunkte ergeben sich jedenfalls nicht aus dem Testament vom 19.10.2015.</p> <p><rd nr="28"/>dd) Auch im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung, zu der sich die Beteiligten aufgrund des Hinweisbeschlusses des Senats vom 13.11.2018 geäußert haben, lässt sich eine Befreiung nicht mit der nötigen hinreichenden Sicherheit feststellen.</p> <p><rd nr="29"/>(1) Die ergänzende Auslegung setzt voraus, dass das Testament eine planwidrige Regelungslücke aufweist, die durch den festzustellenden Willen des Erblassers zu schließen ist. Dabei muss aus dem Gesamtbild des Testaments selbst eine Willensrichtung des Erblassers erkennbar sein, die tatsächlich in Richtung der vorgesehenen Ergänzung geht. Durch sie darf kein Wille in das Testament hingetragen werden, der darin nicht andeutungsweise ausgedrückt ist (vgl. Fleindl in: NK-Erbrecht, 5. Auflage <2018> § 2084 Rn. 45; Burandt/Rojahn Erbrecht 3. Auflage <2018> § 2084 Rn. 17; Palandt/Weidlich BGB 78. Auflage <2019> § 2084 Rn. 9 m.w.N.). Durch ergänzende Testamentsauslegung kann also die durch den Wegfall des Bedachten entstandene Lücke nur dann geschlossen werden, wenn die für die Zeit der Testamentserrichtung anhand des Testaments oder unter Zuhilfenahme von Umständen außerhalb des Testaments oder der allgemeinen Lebenserfahrung festzustellende Willensrichtung des Erblassers dafür eine genügende Grundlage bietet (BGHZ 22, 357 <360>; LM § 2078 Nr. 3; FamRZ 1983, 380 <382>; MüKoBGB/Leipold 7. Auflage <2017> § 2084 Rn. 95 m.w.N.). Nach der Willensrichtung des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung muss anzunehmen sein, dass er die Befreiung von Verfügungsbeschränkungen gewollt hätte, sofern er vorausschauend die spätere Entwicklung bedacht hätte (OLG München FGPrax 2013, 177 <178>).</p> <p><rd nr="30"/>(2) Zwar ist insoweit die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke möglich, weil die vom Erblasser angeordnete Pflichtteilsentziehung im Hinblick auf den Sohn F.H. unwirksam gewesen sein dürfte, was der Erblasser möglicherweise bei Errichtung der Verfügung nicht bedacht hat.</p> <p><rd nr="31"/>Ob eine Weiterentwicklung der Willensrichtung des Erblassers dahin möglich ist, dass er bei Kenntnis dieses Umstandes eine Befreiung der Vorerbin von den gesetzlichen Verfügungsbeschränkungen angeordnet hätte, kann nach Ansicht des Senats im Ergebnis dahinstehen, denn ein entsprechender Wille des Erblassers ist in der Verfügung jedenfalls auch nicht ansatzweise angedeutet, so dass eine ergänzende Testamentsauslegung letztlich nicht in Betracht kommt, denn durch die ergänzende Auslegung darf nicht ein Wille in das Testament hineingetragen werden, der nicht wenigstens andeutungsweise darin ausgedrückt ist (BeckOGK/Gierl, Stand 1.11.2018, BGB § 2084 Rn. 94).</p> <p>III.</p> <p><rd nr="32"/>Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.</p> <p><rd nr="33"/>Gerichtliche Kosten fallen für die erfolgreiche Beschwerde nicht an.</p> <p><rd nr="34"/>Für die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten sieht der Senat keine Veranlassung.</p> <p>IV.</p> <p><rd nr="35"/>Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.</p> </div>
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{ "id": 842, "name": "Verwaltungsgericht Düsseldorf", "slug": "vg-dusseldorf", "city": 413, "state": 12, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
27 K 8365/17
2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T07:00:02
2019-01-21T11:45:19
Urteil
ECLI:DE:VGD:2019:0109.27K8365.17.00
<h2>Tenor</h2> <p><strong>Die Klage wird abgewiesen.</strong></p> <p><strong>Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.</strong></p> <p><strong>Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.</strong></p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand:</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin war zunächst seit dem 23. Februar 2015 mit einer Betriebsstätte unter der im Rubrum genannten Anschrift beim Beklagten als rundfunkbeitragspflichtig erfasst. Mit Schreiben vom 31. August 2015 berief sich die Klägerin darauf, dass sich die Betriebsstätte in einer Wohnung befinde, für die bereits unter der Beitragsnummer 000 000 000 Rundfunkbeiträge im privaten Bereich geleistet würden. Weiter teilte die Klägerin mit, man habe zum 1. März 2014 ein Privatfahrzeug auf das Unternehmen umgemeldet. Daraufhin wurde die Betriebsstätte rückwirkend zum 1. März 2013 beitragsfrei gestellt. Dies teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 25. November 2015 mit und wies gleichzeitig darauf hin, dass für das Kraftfahrzeug ab dem Monat März 2014 der entsprechende Rundfunkbeitrag zu entrichten sei. Zahlungen erfolgten hierauf nicht.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Unter anderem mit Bescheid vom 2. Mai 2016 setzte der Beklagte Rundfunkbeiträge für das Kraftfahrzeug für den Zeitraum Dezember 2015 bis Februar 2016 in Höhe von 25,49 Euro inklusive eines Säumniszuschlages von 8 Euro fest. Mit Schreiben vom 13. Juni 2016 wandte sich die Klägerin gegen eine Mahnung des Beklagten vom 3. Juni 2016 und widersprach allen „Rechnungen und Mahnungen in dieser Sache der letzten Monate“. Dieses Schreiben wertete der Beklagte als Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2016. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2017 als unbegründet zurück.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin hat am 15. Mai 2017 Klage erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor: Sie werde als „Ein-Mann-GmbH“, vergleichbar dem Inhaber einer Zweitwohnung, doppelt zu Rundfunkbeiträgen herangezogen, weil ihr Inhaber-Geschäftsführer das betreffende Kraftfahrzeug sowohl beruflich als auch privat nutze. Es ergebe sich insofern kein betrieblicher Vorteil der Klägerin, der nicht bereits durch die Beitragszahlung im privaten Bereich abgegolten sei. Im Haushalt des Geschäftsführers der Klägerin würden auch Radio, Fernsehen und PC nicht ausschließlich privat genutzt. Diese seien aber bereits durch den Rundfunkbeitrag im privaten Bereich abgegolten. Dies müsse auch für das Kraftfahrzeug gelten. Ein Beitragsschuldner dürfe zur Abschöpfung desselben Vorteils nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehrfach herangezogen werden.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks"><strong>den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2017 aufzuheben,</strong></p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks"><strong>hilfsweise,</strong></p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks"><strong>den Beklagten zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin aus dem Rundfunkbeitragsverhältnis zu unterlassen.</strong></p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks"><strong>die Klage abzuweisen.</strong></p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Zur Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet, die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. März 2018, der Beklagte mit Schriftsatz vom 6. Juli 2017.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgründe:</strong></p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Gericht konnte durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Das Gericht legt das Klagebegehren der Klägerin gemäß § 88 VwGO dahingehend aus, dass sich die Klage mit dem Hauptantrag allein gegen den Festsetzungsbescheid vom 2. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2017 richtet. Insbesondere waren zuvor und später ergangene Festsetzungsbescheide nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Diese sind vielmehr bestandskräftig geworden. Die Klägerin wollte sich mit Ihrem Schreiben vom 13. Juni 2016 (allenfalls) im Wege des Widerspruchs gegen den zuletzt ergangenen Festsetzungsbescheid wenden. Ein Widerspruch gegen den zuvor ergangenen Festsetzungsbescheid vom 1. April 2016 wäre ohnehin offensichtlich verfristet gewesen. Zu Gunsten der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie einen offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelf einlegen wollte. Die weiteren bei dem Verwaltungsvorgang des Beklagten befindlichen Festsetzungsbescheide sind sämtlich nach dem Schreiben der Klägerin vom 13. Juni 2016 ergangen. Dass gegen einen dieser Bescheide gesondert Widerspruch erhoben worden wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Diesem Verständnis des Klagebegehrens entspricht es, dass die Klägerin im vorliegenden Verfahren den Widerspruchsbescheid vom 5. April 2017 ihrer Klageschrift als Anlage beigefügt hat.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die so verstandene Klage hat keinen Erfolg. Sie mit dem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet (I.) und mit dem Hilfsantrag jedenfalls unbegründet (II.).</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks"><strong>I.</strong> Der Hauptantrag ist zulässig aber unbegründet. Der Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 2. Mai 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte hat die Klägerin mit diesem Bescheid zu Recht für den Zeitraum Dezember 2015 bis Februar 2016 zu Rundfunkbeiträgen in Höhe von 25,49 Euro inklusive eines Säumniszuschlages von 8 Euro herangezogen.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Das Gericht folgt den Feststellungen und der zutreffenden Begründung des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2017 und sieht aus diesem Grund von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Ergänzend ist folgendes auszuführen: Eine doppelte Inanspruchnahme desselben Beitragsschuldners, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 18. Juli 2018 mit Blick auf den personenidentischen Inhaber einer Erst- und Zweitwohnung problematisiert hat, kann hier schon deswegen nicht vorliegen, weil die Klägerin, eine juristische Person des Privatrechts, und deren Geschäftsführer, eine natürliche Person, personenverschieden sind. Unabhängig davon hat das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag in seiner derzeitigen Form nach umfassender Prüfung auch im betrieblichen Bereich für verfassungsmäßig gehalten. Weder die Beitragspflicht für Betriebsstätten gemäß § 5 Abs. 1 RBStV noch die Beitragspflicht für nicht ausschließlich zu privaten Zwecken genutzte Kraftfahrzeuge gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 RBStV verstoßen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2018 – 2 BvR 1675/16 u.a. –, juris Rn. 65 i. V. m. Rn. 112 ff.; vgl. hierzu auch OVG NRW, Urteil vom 21. August 2018 – 2 A 1635/15 –, juris, Rn. 23f.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 RBStV ist im nicht privaten Bereich unbeschadet der Beitragspflicht für eine Betriebsstätte jeweils 1/3 des Rundfunkbeitrags vom Inhaber eines Kraftfahrzeugs für jedes zugelassene Kraftfahrzeug, das zu gewerblichen Zwecken oder einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit oder zu gemeinnützigen oder öffentlichen Zwecken des Inhabers genutzt wird, zu entrichten, wobei es auf den Umfang der Nutzung zu diesem Zweck nicht ankommt. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dass das in Rede stehende Kraftfahrzeug durch die Klägerin auch gewerblich genutzt wird, trägt diese selbst vor.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Auch greift die Ausnahme gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 RBStV nicht ein. Nach dieser Vorschrift ist ein Rundfunkbeitrag nicht zu entrichten für jeweils ein Kraftfahrzeug für jede beitragspflichtige Betriebsstätte des Inhabers. Eine solche beitragspflichtige Betriebsstätte ist vorliegend jedoch nicht gegeben, weil die Betriebsstätte der Klägerin sich im Sinne von § 5 Abs. 5 Nr. 3 RBStV innerhalb einer beitragspflichtigen Wohnung befindet, für die bereits ein Rundfunkbeitrag entrichtet wird.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks"><strong>II.</strong> Ob und wieweit der Hilfsantrag zulässig ist, kann offenbleiben, denn er ist jedenfalls unbegründet. Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin mit Blick auf Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung für Rundfunkbeiträge besteht zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt nicht. Wie zuvor ausgeführt, ist die Heranziehung der Klägerin für Rundfunkbeiträge für das auch gewerblich genutzte Kraftfahrzeug rechtmäßig. Sonstige Anhaltspunkte, die eine Unterlassungspflicht des Beklagten mit Blick auf die Durchsetzung seiner sofort vollziehbaren Festsetzungsbescheide begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsmittelbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nur zuzulassen,</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">1.              wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">2.              wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">3.              wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">4.              wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">5.              wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –).</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks"><strong>Beschluss:</strong></p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks"><strong>Der Streitwert wird auf die unterste Wertstufe von bis zu 500,- Euro festgesetzt.</strong></p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks"><strong>Gründe:</strong></p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 und 3 des Gerichtskostengesetzes erfolgt.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsmittelbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="absatzLinks">Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.</p> <span class="absatzRechts">50</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.</p> <span class="absatzRechts">51</span><p class="absatzLinks">Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p> <span class="absatzRechts">52</span><p class="absatzLinks">War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.</p>
161,442
ovgnrw-2019-01-09-4-a-224518a
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4 A 2245/18.A
2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T07:00:01
2019-02-12T13:44:07
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.4A2245.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 9.5.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts M&#252;nster wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung vom Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.7.1989 &#8210; 9 B 239.89 &#8210;, NVwZ&#160;1990, 171 = juris, wegen Divergenz (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;2 AsylG) zuzulassen. In dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht weder ein allgemeines Ermessen er&#246;ffnet, ob einem Asylbewerber trotz widerspr&#252;chlichen Sachvortrags geglaubt werden kann, noch enth&#228;lt sie einen abstrakten Rechtssatz, der von dem im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.2.1988 &#8210; 9 C 32.87 &#8210;, DVBl. 1988, 653 = juris, Rn.&#160;9, aufgestellten Rechtssatz abweicht, auf den sich das Verwaltungsgericht gest&#252;tzt hat (Urteilsabdruck, Seite 5, zweiter Absatz). Danach kann dem Asylsuchenden bei erheblichen Widerspr&#252;chen oder Steigerungen im Sachvortrag nur bei einer &#252;berzeugenden Aufl&#246;sung der Unstimmigkeiten geglaubt werden. Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.7.1989 &#8210; 9 B 239.89 &#8210;, NVwZ&#160;1990, 171 = juris, Rn.&#160;3&#160;f., st&#252;tzt sich sinngem&#228;&#223; auf denselben Rechtssatz, wenn er klarstellt, der Richter k&#246;nne sich wegen erheblicher Widerspr&#252;che im Vorbringen des Asylbewerbers daran gehindert sehen, diesem zu glauben, es sei denn, die Widerspr&#252;che und Unstimmigkeiten k&#246;nnten &#252;berzeugend aufgel&#246;st werden. Zum Beleg bezieht er sich u.&#160;a.&#160;auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.2.1988 &#8210; 9 C 273.86 &#8210;, Buchholz 402.25 &#167;&#160;1 AsylVfG Nr.&#160;79 = juris, Rn.&#160;11, das &#8210; ebenso wie sein Urteil vom 23.2.1988 &#8210; 9 C 32.87 &#8210;, DVBl. 1988, 653 = juris, Rn.&#160;9 &#8210; auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.8.1974 &#8210; BVerwG 1 B 15.74 &#8210;, Buchholz 402.24 &#167;&#160;28 AuslG Nr.&#160;6, zur&#252;ckgef&#252;hrt worden ist. Dort hei&#223;t es: &#8222;Dass eine Glaubhaftmachung an widerspr&#252;chlichen Angaben scheitern und trotz erheblicher Widerspr&#252;che im Sachvortrag nur bei einer &#252;berzeugenden Aufl&#246;sung solcher Widerspr&#252;che bejaht werden kann, versteht sich von selbst und bedarf zu seiner Kl&#228;rung nicht der Zulassung und Durchf&#252;hrung des Revisionsverfahrens&#8220;.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.7.1989 &#8210; 9 B 239.89 &#8210;, NVwZ&#160;1990, 171 = juris, Rn.&#160;3&#160;f., stellt ausgehend von diesem Rechtssatz ausdr&#252;cklich klar, dass ein Gericht hiervon nicht abweicht, wenn es &#8210; in freier richterlicher &#220;berzeugungsbildung gem&#228;&#223; &#167;&#160;108 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 VwGO &#8210; im konkreten Einzelfall trotz eines insgesamt nicht ganz widerspruchsfreien Sachvortrags die Angaben des Kl&#228;gers in den entscheidenden Punkten als glaubhaft ansieht, weil die Befragung von Asylbewerbern aus anderen Kulturkreisen mit erheblichen Problemen verbunden ist, woraus sich h&#228;ufig Widerspr&#252;che im Sachvortrag ergeben k&#246;nnen, die nicht einfach den betroffenen Asylbewerbern angelastet werden d&#252;rfen. Im konkreten Einzelfall lie&#223;en sich die festgestellten Widerspr&#252;che im Sachvortrag, die zudem nicht den im Kern glaubhaften Vortrag des Kl&#228;gers betrafen, hierdurch &#252;berzeugend aufl&#246;sen. Ausgehend davon hat auch das Verwaltungsgericht weder ausdr&#252;cklich noch im Ergebnis einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von den im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.7.1989 &#8210; 9 B 239.89 &#8210;, NVwZ&#160;1990, 171 = juris, Rn.&#160;3, wiedergegebenen Grunds&#228;tzen abweicht. Abgesehen davon hat es selbst im konkreten Einzelfall die festgestellten Widerspr&#252;che nicht aufl&#246;sen k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund einer Versagung des rechtlichen Geh&#246;rs (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 AsylG i. V. m. &#167;&#160;138 Nr.&#160;3 VwGO) liegt nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das Gebot rechtlichen Geh&#246;rs verpflichtet das Gericht, die Ausf&#252;hrungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erw&#228;gung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grunds&#228;tzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erw&#228;gung gezogen hat. Ein Gericht ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgr&#252;nden ausdr&#252;cklich zu befassen. Deshalb m&#252;ssen im Einzelfall besondere Umst&#228;nde deutlich machen, dass tats&#228;chliches Vorbringen eines Beteiligten entweder &#252;berhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Teil eines Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die f&#252;r das Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist, in den Entscheidungsgr&#252;nden nicht ein, so l&#228;sst dies auf die Nichtber&#252;cksichtigung des Vortrags schlie&#223;en, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.2014 &#8210; 4 C 35.13 &#8210;, NVwZ 2015, 656 = juris, Rn. 42, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 21.1.2016 &#8210; 4 A 787/15.A &#8210;, juris, Rn. 3 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Mit seiner sinngem&#228;&#223;en R&#252;ge, das Verwaltungsgericht h&#228;tte angesichts der von ihm festgestellten erheblichen, nicht &#252;berzeugend aufgel&#246;sten Widerspr&#252;che im Vorbringen des Kl&#228;gers nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 21.7.1989 &#8210; 9 B 239.89 &#8210; ein ihm er&#246;ffnetes &#8222;Ermessen&#8220; aus&#252;ben m&#252;ssen, ob es das Vorbringen als unglaubhaft werte, zeigt der Kl&#228;ger keine Verletzung rechtlichen Geh&#246;rs auf. Insoweit beanstandet der Kl&#228;ger vielmehr lediglich die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts, zeigt jedoch keinen Verfahrensfehler i.&#160;S.&#160;d. &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;3 AsylG i.&#160;V.&#160;m. &#167; 138 VwGO auf. Die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung ist dem sachlichen Recht zuzuordnen und rechtfertigt von vornherein nicht die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Vgl. BVerwG, Beschl&#252;sse vom 1.2.2010 &#8210; 10 B 21.09 u. a. &#8210;, juris, Rn. 13, m. w. N., und vom 2.11.1995 &#8210; 9 B 710.94 &#8210;, DVBl. 1996, 108 = juris, Rn. 5.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf den &#167;&#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO und 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;80 AsylG).</p>
161,441
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2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T07:00:01
2019-02-12T13:44:06
Beschluss
ECLI:DE:OVGNRW:2019:0109.4A4554.18A.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die m&#252;ndliche Verhandlung vom 7.11.2018 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts K&#246;ln wird abgelehnt.</p> <p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens, f&#252;r das Gerichtskosten nicht erhoben werden.</p><br style="clear:both"> <h1><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde:</span></h1> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">Der Antrag des Kl&#228;gers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (&#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG). Grunds&#228;tzliche Bedeutung im Sinne des &#167;&#160;78 Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 AsylG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher h&#246;chstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht gekl&#228;rte Frage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich in dem angestrebten Berufungsverfahren stellen w&#252;rde und die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Kl&#228;rung bedarf. F&#252;r die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Kl&#228;rungsbed&#252;rftigkeit und -f&#228;higkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.7.2018 &#8211; 4 A 2573/18.A &#8211;, juris, Rn. 2 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Eine auf tats&#228;chliche Verh&#228;ltnisse gest&#252;tzte Grundsatzr&#252;ge erfordert &#252;berdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte daf&#252;r, dass die f&#252;r die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegens&#228;tzliche Ausk&#252;nfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen W&#252;rdigung zug&#228;nglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelf&#252;hrers, durch die Benennung von bestimmten begr&#252;ndeten Informationen, Ausk&#252;nften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit daf&#252;r darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einsch&#228;tzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Kl&#228;rung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens bedarf.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.4.2018 &#8211; 4 A 869/16.A &#8211;, juris, Rn. 6 f., m.&#160;w.&#160;N.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt die Antragsbegr&#252;ndung nicht.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;ger formuliert schon keine Rechts- oder Tatsachenfrage. Seinem Vorbringen zur Gef&#228;hrdung durch die eine Verm&#228;hlung ablehnende Familie seiner Freundin und jetzigen Ehefrau ist auch sinngem&#228;&#223; keine fall&#252;bergreifende Frage zu entnehmen. Wenn man seinem Vorbringen zu einer bef&#252;rchteten unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch die Familie seiner Ehefrau sinngem&#228;&#223; die Frage entnimmt, ob &#167; 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG auch vor Gef&#228;hrdungen durch angeheiratete Familienangeh&#246;rige sch&#252;tzt, legt er die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht dar. Das Verwaltungsgericht ist unter Bezugnahme auf die Gr&#252;nde des angefochtenen Bescheides vom 2.3.2017 gem&#228;&#223; &#167; 77 Abs. 2 AsylG davon ausgegangen, dass der Kl&#228;ger internen Schutz in der Anonymit&#228;t einer pakistanischen Gro&#223;stadt finden kann. Dem ist der Kl&#228;ger nicht mit durchgreifenden Zulassungsgr&#252;nden entgegen getreten. Auch wenn man seinem Vorbringen zu den sozio&#246;konomischen Verh&#228;ltnissen in Pakistan die Frage entnehmen k&#246;nnte, ob dem Kl&#228;ger Abschiebungsverbote nach &#167; 60 Abs. 5 und/oder 7 Satz 1 AufenthG zustehen, ist ihre &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung nicht dargelegt. Im &#220;brigen setzt sich das Zulassungsvorbringen weder mit den durch Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnissen auseinander, noch werden Erkenntnisquellen benannt, die die von ihm vorgetragene Gefahr der Verelendung bei R&#252;ckkehr nach Pakistan belegen.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Die vom Kl&#228;ger der Sache nach geltend gemachten Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind kein Zulassungsgrund gem&#228;&#223; &#167; 78 Abs. 3 AsylG. Andere Zulassungsgr&#252;nde, insbesondere Verfahrensm&#228;ngel, sind auch sinngem&#228;&#223; nicht geltend gemacht. Dies gilt auch insoweit, als der Kl&#228;ger die Sachverhalts- und Beweisw&#252;rdigung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zieht. Diese ist dem sachlichen Recht zuzuordnen und rechtfertigt von vornherein nicht die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11.12.2018 &#8210; 4 A 3890/18.A&#160;&#8210;, juris, Rn. 11 f., m. w. N.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO und &#167; 83b AsylG.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Dieser Beschluss ist gem&#228;&#223; &#167; 80 AsylG unanfechtbar.</p>
161,413
vg-schleswig-holsteinisches-2019-01-09-1-b-13718
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1 B 137/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T06:59:22
2019-01-21T11:45:05
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2019:0109.1B137.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Das Gericht legt das vorl&#228;ufige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers dahingehend aus, dass dieser sowohl einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 7. November 2018 als auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung in demselben Bescheid stellen m&#246;chte. Dar&#252;ber hinaus legt die Kammer den Antrag dahingehend aus, dass der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach &#167; 123 Abs. 1 VwGO erstrebt, ihn vorl&#228;ufig nicht abzuschieben und ihm auch weiterhin eine Duldung zu erteilen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Nach &#167;&#167; 88, 122 Abs. 1 VwGO darf das Gericht &#252;ber das Antragsbegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Antr&#228;ge nicht gebunden Das Gericht hat grunds&#228;tzlich das im Antrag und im gesamten Antragsvorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel zu ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung des Willens des Rechtsuchenden ist nach anerkannter Auslegungsregel zu dessen Gunsten davon auszugehen, dass er denjenigen Rechtsbehelf einlegen will, der nach Lage der Sache seinen Belangen entspricht und eingelegt werden muss, um den erkennbar angestrebten Erfolg zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1990 &#8211; 8 C 70.88 &#8211;, Rn. 23, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 2. Aufl., &#167; 88, Rn. 3). Neben dem Antrag und der Begr&#252;ndung ist auch die Interessenlage zu ber&#252;cksichtigen, soweit sie sich aus dem Parteivortrag und sonstigen erkennbaren Umst&#228;nden ergibt (BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2012 &#8211; 9 B 56/11 &#8211;, Rn. 7, juris). Ist der Rechtsschutzsuchende bei der Fassung des Antrages anwaltlich vertreten worden, kommt zwar der Antragsformulierung gesteigerte Bedeutung f&#252;r die Ermittlung des tats&#228;chlich Gewollten zu. Selbst dann darf die Auslegung jedoch vom Antragswortlaut abweichen, wenn die Begr&#252;ndung, die beigef&#252;gten Bescheide oder sonstige Umst&#228;nde eindeutig erkennen lassen, dass das wirkliche Ziel von der Antragsfassung abweicht (BVerwG, Beschluss vom 13. Januar 2012 &#8211; 9 B 56/11 &#8211;, Rn. 8, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Das Rechtsschutzziel des Antragstellers liegt hier erkennbar darin, w&#228;hrend der Dauer eines Rechtsbehelfsverfahrens auch im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sowie auf m&#246;gliche krankheitsbedingte Abschiebungshindernisse von Vollzugsma&#223;nahmen der Antragsgegnerin, n&#228;mlich letztlich einer Abschiebung, verschont zu bleiben. Die Antragsschrift ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid vom 7. November 2018 begehrt. Dies soll offenbar durch Ziffer 1 des Antrages in der Antragsschrift, der nach dem Wortlaut auf eine im Eilverfahren nicht m&#246;gliche Aufhebung der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung zielt, zum Ausdruck gebracht werden. Wenn in Ziffer 2 der Antragsschrift hilfsweise beantragt wird, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid von 7. November 2018 anzuordnen, so l&#228;sst sich daraus der Wille entnehmen, auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis zu beantragen. Dar&#252;ber hinaus l&#228;sst sich der Antragsschrift das Begehren entnehmen, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen auch aus krankheitsbedingten Gr&#252;nden und wegen der Ehe mit einer deutschen Staatsangeh&#246;rigen verschont zu bleiben. Das Gericht legt deshalb den Antrag dahingehend aus, dass der Antragsteller auch die vorl&#228;ufige Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach &#167; 123 Abs. 1 VwGO erstrebt, die Abschiebung auszusetzen und dem Antragsteller weiterhin eine Duldung zu erteilen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 7. November 2018 w&#228;re zwar grunds&#228;tzlich nach &#167; 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO statthaft, da der Widerspruch hiergegen nach &#167;&#167; 248 Abs. 1 S. 2 LVwG, 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO als Ma&#223;nahme der Verwaltungsvollstreckung kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung hat. Es fehlt dem Antragsteller jedoch insoweit an dem allgemeinen Rechtsschutzbed&#252;rfnis f&#252;r den Antrag. Das allgemeine Rechtsschutzinteresse wird f&#252;r jede gerichtliche Verfahrenshandlung verlangt, um den Missbrauch prozessualer Rechte zu verhindern. Damit sollen insbesondere solche Verfahren ausgeschlossen werden, in denen der Kl&#228;ger mit der Klage eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, die Klage also zurzeit nutzlos ist (BVerwG, Urteil vom 08. Juli 2009 &#8211; 8 C 4/09 &#8211;, Rn. 24, juris). So liegt der Fall hier.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller k&#246;nnte mit der erstrebten Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheides vom 7. November 2018 seine Rechtsstellung nicht verbessern. Denn es liegt gegen den Antragsteller bereits mit dem Bescheid des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge vom 2. Mai 2017 eine bestandskr&#228;ftige Abschiebungsandrohung vor, auf deren Grundlage grunds&#228;tzlich eine Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nnte. Diese Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist nicht unwirksam geworden. Nach &#167; 43 Abs. 2 VwVfG des Bundes bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zur&#252;ckgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Eine Aufhebung der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist nicht erfolgt, sie hat sich auch nicht auf andere Weise erledigt. Dem Antragsteller ist nach Bestandskraft der Abschiebungsandrohung des Bundesamtes durch die Antragsgegnerin lediglich eine Duldung, jedoch gerade keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, wodurch sich die Abschiebungsandrohung erledigt h&#228;tte. Die Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung l&#228;sst die Ausreisepflicht gem&#228;&#223; &#167; 60a Abs. 3 AufenthG grunds&#228;tzlich unber&#252;hrt. Nach Erl&#246;schen der Duldung wird gem&#228;&#223; &#167; 60a Abs. 5 Satz 3 AufenthG der Ausl&#228;nder unverz&#252;glich <span style="text-decoration:underline">ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben</span>, es sei denn, die Aussetzung der Abschiebung wird erneuert. Es bedarf daher grunds&#228;tzlich nach Erl&#246;schen einer Duldung keiner erneuten Abschiebungsandrohung und Fristsetzung, wie es in dem Bescheid vom 07. November 2018 geschehen ist. Ist die Abschiebung l&#228;nger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf der Duldung vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzuk&#252;ndigen; die Ank&#252;ndigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung f&#252;r als ein Jahr erneuert wird (&#167; 60 a Abs. 5 Satz 4 AufenthG). Die Abschiebungsandrohung des Bundesamtes ist auch durch die vor&#252;bergehende Aussetzung der Abschiebung durch Erteilung einer Duldung weiterhin vollziehbar; einer Abschiebungsandrohung stehen ohnehin nach &#167; 59 Abs. 3 AufenthG Gr&#252;nde f&#252;r die vor&#252;bergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in dem Bescheid vom 7. November 2018 ist nicht statthaft. Die Statthaftigkeit eines Antrags nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO setzt insoweit voraus, dass der angefochtene Verwaltungsakt eine den Antragsteller selbst&#228;ndig belastende und vollziehungsf&#228;hige Regelung enth&#228;lt. Das ist bei der Anfechtung der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nur dann der Fall, wenn der abgelehnte Antrag eine gesetzliche Erlaubnis-, Duldungs- oder Fortgeltungsfiktion nach &#167; 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG ausgel&#246;st hat, die durch die im Sinne von &#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbare (vgl. &#167; 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) Ablehnungsentscheidung der Beh&#246;rde erlischt (vgl. VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 20. November 2007 &#8211; 11 S 2364/07 &#8211;, InfAuslR 2008, 81 m. w. Nachw.). Nur in der Situation des Verlusts einer aufgrund der Antragstellung entstandenen Rechtsposition ist die Rechtsschutzm&#246;glichkeit des &#167; 80 Abs. 5 VwGO ausnahmsweise auch im Rahmen einer Versagungsgegenklage bzw. eines Versagensgegenwiderspruchs gegeben. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. &#167; 80 Abs. 5 VwGO h&#228;tte zwar nicht die Wiederherstellung der Fiktionswirkungen zur Folge, allerdings w&#252;rde in diesem Fall die Einstellung des Vollzugs nach &#167; 241 Abs. 1 Nr. 3 LVwG erreicht werden k&#246;nnen. Deshalb ist in diesen F&#228;llen &#167; 80 Abs. 5 VwGO der zutreffende Rechtsbehelf (vgl. dazu OVG Schleswig, Beschluss vom 25. Juli 2011 &#8211; 4 MB 40/11 -, n.v. S. 4 der Beschlussausfertigung).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Mit der Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann eine Erlaubnis- oder Duldungsfiktion nach &#167; 81 Abs. 3 Satz 1 oder 2 AufenthG nur dann eintreten, wenn sich der Ausl&#228;nder ohne Aufenthaltstitel rechtm&#228;&#223;ig im Bundesgebiet aufh&#228;lt. Die dem Antragsteller erteilten Duldungen begr&#252;ndeten jedoch keinen rechtm&#228;&#223;igen Aufenthalt. Duldungen lassen die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht vielmehr unber&#252;hrt (&#167; 60a Abs. 3 AufenthG; vgl. BayVGH, Beschluss vom 26. September 2005 &#8211; 24 C 05.1851 &#8211;, Juris; OVG Hamburg, Beschluss vom 21. April 2005 &#8211; 3 Bs 40.05 &#8211;, InfAuslR 2005, 306; vgl. auch zur Duldung nach &#167; 55 Abs. 2 AuslG: BVerwG, Urteil vom 25. September 1994 &#8211; 1 C 3.97 &#8211;, BVerwGE 105, 232 [235]). Von &#167; 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erfasst werden andere F&#228;lle, insbesondere die des &#167; 81 Abs. 2 AufenthG sowie die F&#228;lle, in denen gem&#228;&#223; &#167; 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zun&#228;chst eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels gegeben war (vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 07.02.2003, BT-Drucks. 15/420, S. 96). Eine Fortgeltungsfiktion nach &#167; 81 Abs. 4 AufenthG konnte mit der Antragstellung nicht eintreten. Beantragt ein Ausl&#228;nder vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verl&#228;ngerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt nach dieser Vorschrift der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde als fortbestehend. Dem Antragsteller ist jedoch zuvor noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorl&#228;ufigen Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Abschiebung des Antragstellers weiterhin auszusetzen und ihm eine Duldung zu erteilen, hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorl&#228;ufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverh&#228;ltnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gr&#252;nden n&#246;tig erscheint (Regelungsanordnung). Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorl&#228;ufigen Anordnung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (&#167; 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. &#167;&#167; 920 Abs. 2, 294 ZPO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Dem Antragsteller steht kein Anordnungsanspruch zu.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Die Abschiebung des Antragstellers, der nach rechtskr&#228;ftigem Abschluss des Asylverfahrens vollziehbar ausreisepflichtig ist, w&#228;re nach &#167; 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszusetzen, solange die Abschiebung aus tats&#228;chlichen oder rechtlichen Gr&#252;nden unm&#246;glich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Eine rechtliche oder tats&#228;chliche Unm&#246;glichkeit der Abschiebung in diesem Sinne ist nicht anzunehmen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Insoweit ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass insbesondere aus der geltend gemachten psychischen Erkrankung als rechtliche Unm&#246;glichkeit der Abschiebung eine Reiseunf&#228;higkeit des Antragstellers resultiert. In diesem Zusammenhang sind im vorliegenden aufenthaltsrechtlichen Verfahren sog. zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote (z. B nach &#167; 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG), etwa eine m&#246;gliche drohende Gef&#228;hrdung der Gesundheit oder des Lebens des Antragstellers durch die im Zielstaat der Abschiebung (T&#252;rkei) bestehenden Verh&#228;ltnisse in diesem Verfahren nicht zu ber&#252;cksichtigen. Nach &#167; 42 AsylG ist die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde an die Entscheidung des Bundesamtes f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge &#252;ber das Vorliegen der Voraussetzungen des &#167; 60 Abs. 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes gebunden. Insoweit ist bestandskr&#228;ftig festgestellt, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 10. Juli 2017 &#8211; 1 B 90/17 &#8211;, Rn. 4, juris); ein Asylfolgeantrag oder ein Antrag auf Ab&#228;nderung der Entscheidung des Bundesamtes zu den Voraussetzungen nach &#167; 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG ist nicht gestellt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Ein rechtliches Abschiebungshindernis im Sinne des &#167; 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegt u.a. dann vor, wenn durch die Beendigung des Aufenthalts eine konkrete Gefahr f&#252;r Leib oder Leben und damit f&#252;r die in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verb&#252;rgten Grundrechte zu bef&#252;rchten ist. Besteht diese Gefahr unabh&#228;ngig vom konkreten Zielstaat, kommt ein sogenanntes inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis wegen Reiseunf&#228;higkeit in Betracht und dies in zwei F&#228;llen: Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange ein Ausl&#228;nder wegen einer Erkrankung transportunf&#228;hig ist, das hei&#223;t, wenn sich sein Gesundheitszustand durch und w&#228;hrend des eigentlichen Vorgangs des Reisens wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunf&#228;higkeit im engeren Sinne). Au&#223;erhalb des eigentlichen Transportvorgangs kann sich zum anderen eine konkrete Gesundheitsgefahr aus dem ernsthaften Risiko ergeben, dass sich der Gesundheitszustand gerade durch die Abschiebung als solche wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (sogenannte Reiseunf&#228;higkeit im weiteren Sinne).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die beschriebenen Gefahren k&#246;nnen sich auch aus einer festgestellten psychischen Erkrankung ergeben. Dabei bedarf es im Falle der Geltendmachung einer Reiseunf&#228;higkeit im weiteren Sinne wegen psychischer Erkrankung einer Abgrenzung zur Fallgruppe des sogenannten zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gem&#228;&#223; &#167; 60 Abs. 7 AufenthG, dessen Nichtvorliegen im Asylverfahren vorliegend gem&#228;&#223; &#167; 42 Satz 1 AsylG mit Bindungswirkung f&#252;r die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde festgestellt worden ist (Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26. M&#228;rz 2018 &#8211; 4 MB 24/18 &#8211;, Rn. 3, juris m.w.Nw.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Gem. &#167; 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gr&#252;nde nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausl&#228;nder eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte &#228;rztliche Bescheinigung glaubhaft macht (Satz 2). Diese &#228;rztliche Bescheinigung soll insbesondere die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde enthalten, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad sowie die Folgen, die sich nach &#228;rztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben (Satz 3). Bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung entsprach es der Rechtsprechung, dass vom Ausl&#228;nder selbst vorgelegte &#228;rztliche Stellungnahmen zu psychischen Erkrankungen nachvollziehbar die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde anzugeben hatten, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt war (Befundtatsachen) sowie gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung zu benennen hatten. Ferner waren die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose) nachvollziehbar ebenso darzulegen wie die Folgen, die sich nach &#228;rztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umst&#228;nden des Einzelfalles richten (Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 26. M&#228;rz 2018 &#8211; 4 MB 24/18 &#8211;, Rn. 6, juris m.w.Nw.). Auch bei einer nicht v&#246;llig auszuschlie&#223;enden Suizidgefahr liegt nicht zwangsl&#228;ufig ein krankheitbedingtes Abschiebungshindernis vor, wenn die Abschiebung von der Ausl&#228;nderbeh&#246;rde so gestaltet werden kann, dass der Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (Bayr. VGH, Beschl. v. 5. Juli 2017 &#8211; 19 CE 17.657 -, juris Rn. 29). Ob dies hinreichend sichergestellt ist, kann allerdings nicht abstrakt, sondern nur unter W&#252;rdigung der Einzelfallumst&#228;nde beantwortet werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Ausgehend von diesen Grunds&#228;tzen hat der Antragsteller die gesetzliche Vermutung seiner Reisef&#228;higkeit nach &#167; 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG nicht widerlegt. Die vorgelegten Unterlagen lassen keine ausreichenden R&#252;ckschl&#252;sse auf ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Form einer Reiseunf&#228;higkeit zu. Die fach&#228;rztliche Stellungnahme des Zentrums f&#252;r Integrative Psychiatrie vom 8. September 2017 diagnostiziert zwar eine posttraumatische Belastungsst&#246;rung sowie eine schwere depressive Episode, benennt jedoch nicht vollst&#228;ndig und nachvollziehbar die tats&#228;chlichen Umst&#228;nde, auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Es wird ausgef&#252;hrt, dass bei dem Antragsteller ab dem 6. September 2017 die morgendliche Gabe eines Antidepressivums und wie bereits zuvor zur antidepressiven und schlafansto&#223;ende Behandlung eine Sedierung mit Mirtazapin (Bescheinigung vom 29. November 2016) erfolgt. Die in dem Attest enthaltenen Tatsachendarstellungen, die eine Ursache f&#252;r die geltend gemachte posttraumatische Belastungsst&#246;rung und die Depression sein k&#246;nnten, finden sich auf Seite 2 der Bescheinigung vom 8. September 2017. Es hei&#223;t dort, dass bei dem Antragsteller prognostisch bei ohnehin bestehenden suizidalen Gedanken mit jedoch gegenw&#228;rtiger Absprachef&#228;higkeit und Rundumbetreuung durch seinen Cousin eine konkrete und auch ge&#228;u&#223;erte Suizidgefahr bei konkretisierter Ausreise bestehe. Da der Patient politisch verfolgt sei (unter der gegenw&#228;rtigen Regierung w&#252;rde er sowohl als Levit als auch als Kurde unmittelbar inhaftiert), w&#252;rde dem Patienten statt einer ad&#228;quaten psychiatrisch/psychotherapeutischen Behandlung im Herkunftsland auch der Tod drohen, insbesondere in dem Fall aber Gewaltma&#223;nahmen, die gegen die Menschenw&#252;rde verstie&#223;en. Der Patient sei aus psychiatrischer Sicht nicht reisef&#228;hig, wobei von einer konkreten Suizidgefahr ausgegangen werden m&#252;sse.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose kommt und welche Tatsachen dieser zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunf&#228;higkeit zu begr&#252;nden (vgl. VGH M&#252;nchen, Beschl. v. 05.01.2017 &#8211; 10 CE 17.30 &#8211;, juris Rn. 7 m.&#8239;w.&#8239;N.; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2017 &#8211; 1 B 180/17 &#8211;, Rn. 14, juris). Die fach&#228;rztliche Bescheinigung beschreibt insoweit nicht konkret, aufgrund welcher Ereignisse in der Vergangenheit sich bei dem Antragsteller eine posttraumatische Belastungsst&#246;rung sowie eine Depression habe entwickeln k&#246;nnen. Die Bescheinigung bezieht sich bei der Prognose auf einen Sachverhalt (Verfolgung des Kl&#228;gers bei einer R&#252;ckkehr in die T&#252;rkei), der so bei der Pr&#252;fung durch das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge nicht festgestellt werden konnte. Der Antragsteller hatte zwar bei seiner Anh&#246;rung bei dem Bundesamt am 9. August 2016 ausgef&#252;hrt, er habe im Winter 2013 an Protesten teilgenommen und sei insgesamt ca. 15 mal kurzfristig festgenommen worden. Bei den meist eint&#228;gigen Inhaftierungen sei er beleidigt worden. Nach der letzten Festnahme im November 2013 seien noch 3 Monate vergangen, bis er seine Ausreise mit Hilfe eines Schleppers habe organisieren k&#246;nnen. Er habe die T&#252;rkei im Februar 2014 legal &#252;ber den Flughafen Istanbul verlassen. Das Bundesamt hat dann in seinem Bescheid vom 2. Mai 2017 den Sachvortrag des Antragstellers als nicht glaubhaft angesehen, weil die Angaben zu den fluchtausl&#246;senden Ereignissen arm an Details, vage und oberfl&#228;chlich geblieben seien. Mit einem abgebrochenen Hochschulstudium sollte der Antragsteller in der Lage sein, das eigenst&#228;ndig Erlebte im richtigen zeitlichen Ablauf wiederzugeben. Dar&#252;ber hinaus widerspr&#228;che es jeglicher Lebenserfahrung, dass der Antragsteller, obwohl er gesucht w&#252;rde, noch legal habe ausreisen k&#246;nnen. Der Antragsteller hat den auf diese Begr&#252;ndung gest&#252;tzten ablehnenden Bescheid des Bundesamtes bestandskr&#228;ftig werden lassen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Auch die amts&#228;rztliche Stellungnahme vom 28. November 2017 konnte sich mit diesen Umst&#228;nden nicht auseinandersetzen, da sie bei der Untersuchung des Antragstellers der Amts&#228;rztin nicht bekannt waren. Die Bewertung, dass es im Rahmen des R&#252;ckf&#252;hrungstransports und der damit verbundenen Belastung durch die drohende politische Verfolgung im Heimatland zu einer deutlichen Verschlechterung des Befindens kommen k&#246;nnte, unterstellt bei der medizinischen Diagnose und Prognose einen Sachverhalt, n&#228;mlich eine drohende politische Verfolgung, der so in dem Asylverfahren gerade nicht festgestellt werden konnte. Nach der Bewertung der Amts&#228;rztin mache es die m&#246;gliche Zuspitzung der gesundheitlichen Problematik w&#228;hrend bzw. durch die Reisebelastung erforderlich, dass am Zielort eine &#220;bergabe an kompetente Betreuungspersonen sowie eine gegebenenfalls erforderliche Weiterleitung in eine geeignete medizinische Weiterbehandlung sichergestellt sei. Angesichts der drohenden politischen Verfolgung im Heimatland erscheine diese Voraussetzung nicht umsetzbar. Allein die situative Belastung durch die drohenden Ma&#223;nahmen im Heimatland beinhalteten eine massive Belastung, die die prim&#228;r krankheitsbedingt eingeschr&#228;nkte Kompensationsf&#228;higkeit des Antragstellers &#252;berfordern k&#246;nne. Im Hinblick auf die vorliegende schwere Erkrankung k&#246;nne jede eingreifende Ver&#228;nderung der &#228;u&#223;eren Umst&#228;nde zu einer Dekompensation f&#252;hrten. Auch in diesem Zusammenhang geht die Amts&#228;rztin bei ihrer Prognose von einem Sachverhalt aus (drohende politische Verfolgung), der so in dem Asylverfahren gerade nicht festgestellt werden konnte.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Die Antragsgegnerin hat im &#220;brigen zugesichert, dass sie die vorgeschlagene medizinische Begleitung w&#228;hrend einer Abschiebung einschlie&#223;lich der erforderlichen Medikation und die &#220;bergabe an eine fachlich geschulte Betreuungsperson ber&#252;cksichtigen wird.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Die Abschiebung des Antragstellers erweist sich auch nicht im Hinblick auf einen geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder wegen Unzumutbarkeit einer vor&#252;bergehenden r&#228;umlichen Trennung der Eheleute als rechtlich unm&#246;glich im Sinne von &#167; 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. In den F&#228;llen, in denen der Antrag auf Erteilung bzw. Verl&#228;ngerung einer Aufenthaltserlaubnis eine Fiktionswirkung mit einhergehendem Bleiberecht (&#167;&#160;81 Abs.&#160;3 und 4&#160;AufenthG) nach der Entscheidung des Gesetzgebers nicht ausl&#246;st, scheidet aus gesetzessystematischen Gr&#252;nden die Erteilung einer Duldung f&#252;r die Dauer des Erteilungsverfahrens grunds&#228;tzlich aus. Dieser Grundsatz beruht auf der Erw&#228;gung, dass dies der in den &#167;&#167;&#160;50, 58 Abs.&#160;1 und 2, 81 Abs.&#160;3 und 4&#160;AufenthG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung widerspr&#228;che, die f&#252;r die Dauer eines Aufenthaltsgenehmigungsverfahrens ohne Hinzutreten besonderer Umst&#228;nde nur unter den Voraussetzungen des &#167;&#160;81&#160;AufenthG ein Bleiberecht gew&#228;hrt. Eine spezielle &#8222;Duldung&#8220; f&#252;r die Dauer des ausl&#228;nderbeh&#246;rdlichen Verfahrens bis zu einer beh&#246;rdlichen oder gerichtlichen Entscheidung allein wegen des Vorliegens eines solchen beh&#246;rdlichen Verfahrens und eines etwaigen Anspruchs auf Aufenthaltserlaubnis kommt nicht in Betracht, weil das Gesetz einen solchen Fall grunds&#228;tzlich nicht vorsieht, sondern gerade ausschlie&#223;t (Beschluss des Gerichts vom 10. August 2017 &#8211; 1&#160;B&#160;75/17 &#8211; mwN: OVG M&#252;nster, Beschluss vom 11. Januar 2016 &#8211; 17&#160;B&#160;890/15 &#8211;; OVG Magdeburg, Beschluss vom 14. Oktober 2009 &#8211; 2&#160;M&#160;142/09 &#8211;; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. Februar 2006&#160;&#8211; 7&#160;S&#160;65.05 &#8211;; VG Aachen, Beschluss vom 24. Mai 2016&#160;&#8211; 8&#160;L&#160;1025/15 &#8211;; VG Trier vom 14. Dezember 2011 &#8211; 1&#160;L&#160;1537/11 TR&#160;&#8211; alle zitiert nach Juris; Bergmann/Dienelt Ausl&#228;nderrecht, AufenthG &#167;&#160;81 Rn.&#160;40-47, beck-online).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Allerdings sind Ausnahmen von diesem Grundsatz insoweit anerkannt, als sich einer Abschiebung entgegenstehende rechtliche Hindernisse im Sinne des &#167;&#160;60a Abs.&#160;2&#160;AufenthG aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben k&#246;nnen, die ihre Grundlage etwa in den Grundrechten aus Art.&#160;2 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 (Leben und k&#246;rperliche Unversehrtheit), 6 Abs.&#160;1&#160;GG (Ehe und Familie) oder Art.&#160;8&#160;EMRK (Familien- und Privatleben) haben. Zum anderen k&#246;nnen Abschiebungsverbote aber auch ausnahmsweise aus Art.&#160;19 Abs.&#160;4&#160;GG in Verbindung mit einfachgesetzlichen Rechten folgen, wenn diese Rechte dem Ausl&#228;nder eine Rechtsposition einr&#228;umen, die durch eine Abschiebung verloren geht (Oberverwaltungsgericht f&#252;r das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05. Dezember 2011&#160;&#8211; 18&#160;B&#160;910/11&#160;&#8211;, Rn.&#160;4, juris). Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn sich der Ausl&#228;nder auf &#167;&#160;39 AufenthV (iVm &#167;&#160;99&#160;AufenthG) berufen kann, der die M&#246;glichkeit der Einholung eines Aufenthaltstitels vom Bundesgebiet aus vorsieht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Dem Antragsteller kann gegenw&#228;rtig im Hinblick auf die geschlossene Ehe vor seiner Ausreise kein Aufenthaltstitel zur Familienzusammenf&#252;hrung nach &#167; 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG erteilt werden. Die Kammer kann dabei offen lassen, ob bereits deshalb gegenw&#228;rtig kein Anspruch besteht, weil das Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei der Antragsgegnerin nach &#167; 79 Abs. 2 AufenthG auszusetzen w&#228;re. Beantragt ein Ausl&#228;nder, gegen den wegen des Verdachts einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit ermittelt wird, die Erteilung oder Verl&#228;ngerung eines Aufenthaltstitels, ist nach dieser Vorschrift die Entscheidung &#252;ber den Aufenthaltstitel bis zum Abschluss des Verfahrens, im Falle einer gerichtlichen Entscheidung bis zu deren Rechtskraft, auszusetzen, es sei denn, &#252;ber den Aufenthaltstitel kann ohne R&#252;cksicht auf den Ausgang des Verfahrens entschieden werden. Es kann offen bleiben, ob angesichts des noch laufenden Ermittlungsverfahrens des Antragstellers wegen Computerbetrugs die letztgenannten Voraussetzungen vorliegen, da bereits aus anderen Gr&#252;nden die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis ausscheidet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 10 Abs. 3 AufenthG kann n&#228;mlich einem Ausl&#228;nder, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Ma&#223;gabe des Abschnitts 5, also aus humanit&#228;ren Gr&#252;nden, erteilt werden. Nach Satz 3 der Vorschrift findet diese Bestimmung jedoch im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung. Als Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne des &#167; 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG kommt nur ein strikter Rechtsanspruch in Betracht, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2008 &#8211; 1 C 37.07 &#8211;, juris Rn. 20; Beschluss vom 16. Februar 2012 &#8211; 1 B 22.11 &#8211;, juris Rn. 4).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Dem Antragsteller steht ein solcher strikter Rechtsanspruch nicht zu. Nach &#167; 27 Abs. 1 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der famili&#228;ren Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet f&#252;r ausl&#228;ndische Familienangeh&#246;rige (Familiennachzug) zum Schutz von Ehe und Familie gem&#228;&#223; Art. 6 des Grundgesetzes erteilt und verl&#228;ngert. Nach &#167; 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausl&#228;ndischen Ehegatten eines Deutschen zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gew&#246;hnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Ob eine eheliche Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seiner Ehefrau besteht, ist zwischen den Beteiligten streitig, konkreter Sachvortrag und gegebenenfalls eine Glaubhaftmachung durch die Beteiligten ist bislang nicht erfolgt. Die Kammer kann jedoch auch diese Frage offen lassen, da bei dem Antragsteller die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Nach &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsinteresse besteht. Von dieser Voraussetzung kann zwar im Ermessenswege bei der Aufenthaltserlaubnis aus famili&#228;ren Gr&#252;nden nach &#167; 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG abgesehen werden, es handelt sich dann jedoch bei der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nicht mehr um einen Rechtsanspruch im Sinne von &#167; 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG. Es besteht bei dem Antragsteller ein Ausweisungsinteresse im Sinne von &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Danach wiegt ein Ausweisungsinteresse im Sinne von &#167; 53 Abs. 1 schwer, wenn der Ausl&#228;nder einen nicht nur vereinzelten oder geringf&#252;gigen Versto&#223; gegen Rechtsvorschriften begangen hat, die im Bundesgebiet als vors&#228;tzliche schwere Straftat anzusehen ist.Diese Vorschrift ist dahin zu verstehen, dass ein Rechtsversto&#223; nur dann unbeachtlich ist, wenn er vereinzelt und geringf&#252;gig ist, er hingegen immer beachtlich ist, wenn er vereinzelt, aber nicht geringf&#252;gig, oder geringf&#252;gig, aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1996 &#8211; 1 C 9.94 &#8211;, BVerwGE 102, 63, 66 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. September 2017 &#8211; 10 C 17.1434 &#8211;, juris Rn. 6; Nieders&#228;chsisches OVG, Beschluss vom 1. April 2010 &#8211; 8 PA 27/10 &#8211;, juris Rn. 7; jeweils zu &#167; 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F.). Eine vors&#228;tzlich begangene Straftat ist grunds&#228;tzlich kein geringf&#252;giger Versto&#223; gegen eine Rechtsvorschrift (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1996, a.a.O., S. 66 f. zu &#167; 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a.F.); OVG L&#252;neburg, Urteil vom 14. November 2018 &#8211; 13 LB 160/17 &#8211;, Rn. 40, juris zu &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller hielt sich nach eigenen Angaben seit Ende 2014 unrechtm&#228;&#223;ig in Deutschland auf und stellte erst am 9. August 2016 einen Asylantrag. Der Antragsteller erf&#252;llt damit die Voraussetzungen der Strafvorschrift des &#167; 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, weil er sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach &#167; 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG im Bundesgebiet aufgehalten hat und er dar&#252;ber hinaus gem&#228;&#223; &#167; 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG entgegen &#167; 14 Abs. 1 Nr. 1 in das Bundesgebiet eingereist ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Der nicht nur geringf&#252;gige Versto&#223; gegen Rechtsvorschriften entf&#228;llt nicht wegen des sp&#228;ter gestellten Asylantrages. Die Strafbarkeit wegen illegaler Einreise entf&#228;llt nur dann im Falle eines Asylantrags sowohl nach internationalem Recht (Art. 31 Abs. 1 der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention &#8211; GFK) als auch nach nationalem Recht (&#167; 95 Abs. 5 AufenthG), wenn die Antragstellung unverz&#252;glich erfolgt (&#167; 13 Abs. 3 AsylG). Wer den Asylantrag unverz&#252;glich nach der Einreise stellt, macht sich daher nicht strafbar und begr&#252;ndet hierdurch auch kein Ausweisungsinteresse im Sinne von &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, insbesondere kein Ausweisungsinteresse nach &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG. Eine Asylantragstellung innerhalb von zwei Wochen ist in der Regel noch als "unverz&#252;glich" anzusehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1997 &#8211; 9 C 35.96 &#8211;, BVerwGE 104, 262; Treiber, in: GK-AsylG, II - &#167; 13 RdNr. 171, m.w.N.). Diesen Zeitrahmen hat der Antragsteller jedoch nicht eingehalten, er hat den Asylantrag erst mehr als anderthalb Jahre nach seiner Einreise gestellt, nachdem er aus der Untersuchungshaft entlassen worden war.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller ist im Jahr 2014 ohne Visum nach Deutschland eingereist. Der Antragsteller unterliegt als t&#252;rkischer Staatsangeh&#246;riger der Visumpflicht f&#252;r die Einreise und den Aufenthalt sowohl zum Zweck der Arbeitsaufnahme als auch zum Zweck der Familienzusammenf&#252;hrung nach &#167;&#167; 4, 6 Abs. 3 AufenthG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. M&#228;rz 2001 (ABI EG Nr. L 81 S. 1) und deren Anhang I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller war von der Visumpflicht nicht nach den Standstill-Regelungen des Assoziationsrechts EWG-T&#252;rkei befreit. Auf die Stillhalteklausel des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen vom 12. September 1963 (BGBl 1972 II S. 385) - Zusatzprotokoll (ZP) - kann der Antragsteller sich nicht berufen, denn er beabsichtigte nicht, einer selbst&#228;ndigen Erwerbst&#228;tigkeit nachzugehen. Er strebt allenfalls die Aufnahme einer unselbst&#228;ndigen Arbeit an; dies ist zwischenzeitlich auch geschehen. Die f&#252;r t&#252;rkische Arbeitnehmer geschaffenen Stillhalteregelungen des Art. 7 ARB 2/76 und des Art. 13 ARB 1/80 setzen jedoch einen ordnungsgem&#228;&#223;en Aufenthalt des Arbeitnehmers im Aufnahmestaat voraus, &#252;ber den der Antragsteller nicht verf&#252;gt. Denn er ist illegal nach Deutschland eingereist, besitzt keine Aufenthaltserlaubnis und wird hier nur vor&#252;bergehend geduldet. Ein ordnungsgem&#228;&#223;er Aufenthalt liegt aber nur dann vor, wenn der t&#252;rkische Staatsangeh&#246;rige die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaats &#252;ber die Einreise, den Aufenthalt und gegebenenfalls die Besch&#228;ftigung beachtet hat, so dass seine Lage im Hoheitsgebiet dieses Staates rechtm&#228;&#223;ig ist (so EuGH, Urteil vom 7. November 2013 - Rs. C-225/12, Demir - NVwZ-RR 2014, 115 Rn. 35 m.w.N.). Der Antragsteller kann auch von seiner Ehefrau kein Recht auf Beachtung der Stillhalteklausel des Art. 7 ARB 2/76 oder des Art. 13 ARB 1/80 ableiten mit der Folge, dass es allein auf deren ordnungsgem&#228;&#223;en Aufenthalt ank&#228;me (vgl. dazu Urteil vom 6. November 2014 - BVerwG 1 C 4.14 - Rn. 15). Denn die Ehefrau ist deutsche und nicht t&#252;rkische Staatsangeh&#246;rige und kann daher ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht vermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2014 &#8211; 1 C 15/14 &#8211;, Rn. 13 - 14, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Da es demnach an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG (kein Ausweisungsinteresse) mangelt, kommt es nicht mehr darauf an, ob von dem grunds&#228;tzlichen Erfordernis des &#167; 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG abzusehen w&#228;re, nach dem die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis unter anderem voraussetzt, dass der Ausl&#228;nder mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und ob sich der Antragsteller etwa auf die Ausnahmeregelung des &#167; 39 Nr. 5 AufenthV st&#252;tzen k&#246;nnte, wonach ein Ausl&#228;nder &#252;ber die im Aufenthaltsgesetz geregelten F&#228;lle hinaus einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen oder verl&#228;ngern lassen kann, wenn seine Abschiebung nach &#167; 60a AufenthG ausgesetzt ist und er auf Grund einer Eheschlie&#223;ung oder der Begr&#252;ndung einer Lebenspartnerschaft im Bundesgebiet oder der Geburt eines Kindes w&#228;hrend seines Aufenthalts im Bundesgebiet einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Lediglich erg&#228;nzend sei erw&#228;hnt, dass die Voraussetzungen des &#167; 39 Nr. 5 AufenthV nicht vorliegen, da der Antragsteller wegen des Vorliegens eines Ausweisungsinteresses gerade keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erworben hat. Die Nachholung des Visumverfahrens w&#228;re f&#252;r ihn auch nicht unzumutbar im Sinne von &#167; 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanit&#228;ren Gr&#252;nden nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG nicht beanspruchen. Dem steht zwar nicht das Verbot des &#167; 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegen, da es sich bei der Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG um eine solche nach dem F&#252;nften Abschnitt des Kapitels 2 des Aufenthaltsgesetzes handelt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller erf&#252;llt aber weder die tatbestandlichen Voraussetzungen des &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG noch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausl&#228;nder, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tats&#228;chlichen Gr&#252;nden unm&#246;glich ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Eine rechtliche Unm&#246;glichkeit in diesem Sinne kann sich aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, die aus Verfassungsrecht etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG herzuleiten sind. Nach Art. 6 Abs. 1 GG schutzw&#252;rdige Belange k&#246;nnen einer Beendigung des Aufenthalts dann entgegenstehen, wenn es dem Ausl&#228;nder nicht zuzumuten ist, seine famili&#228;ren Bindungen durch Ausreise auch nur kurzfristig zu unterbrechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1997 &#8211; 1 C 9.95 &#8211;, BVerwGE 105, 35, 39 f.; Nieders&#228;chsisches OVG, Beschluss vom 20. Mai 2009 &#8211; 11 ME 110/09 &#8211;, juris Rn. 10; jeweils m.w.N.). Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst die Freiheit der Eheschlie&#223;ung und Familiengr&#252;ndung sowie das Recht auf ein eheliches und famili&#228;res Zusammenleben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.5.1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. -, BVerfGE 76, 1, 42). Er kn&#252;pft dabei nicht an blo&#223;e formal-rechtliche famili&#228;re Bindungen an. Entscheidend ist vielmehr die tats&#228;chliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern, mithin eine tats&#228;chlich bestehende famili&#228;re Lebensgemeinschaft (vgl. Nieders&#228;chsisches OVG, Beschluss vom 2. Februar 2011 &#8211; 8 ME 305/10 &#8211;, InfAuslR 2011, 151 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Unterstellt man, dass der Antragsteller mit seiner deutschen Ehefrau im Bundesgebiet bereits tats&#228;chlich eine eheliche Lebensgemeinschaft f&#252;hrt, ist nicht ersichtlich, dass es ihm oder seiner Ehefrau unzumutbar sein k&#246;nnte, diese etwa f&#252;r die Dauer der Nachholung des Visumverfahrens oder auch die Ableistung des Wehrdienstes des Antragstellers in der T&#252;rkei zu unterbrechen. Eine Trennung des Antragstellers von seiner deutschen Ehefrau f&#252;r die Dauer eines Visumverfahrens ist nicht unzumutbar. Die Eheleute waren bis vor kurzem noch unter verschiedenen Adressen gemeldet, offenbar hielt sich der Antragsteller auch noch zumindest h&#228;ufig bei seinem Onkel auf, ohne dass sich hieraus erkennbar nachhaltige negative Einfl&#252;sse f&#252;r die Ehe ergeben h&#228;tten. Zudem ist ma&#223;geblich zu ber&#252;cksichtigen, dass ein schutzw&#252;rdiges Vertrauen des Antragstellers und seiner Ehefrau dahingehend, dass die Ausl&#228;nderbeh&#246;rde vom Visumerfordernis absehen und so eine durch die Nachholung des Visumverfahrens bedingte zeitweise Trennung der Eheleute vermieden w&#252;rde, nicht entstanden ist. Die Eheleute mussten vielmehr bereits bei Eheschlie&#223;ung davon ausgehen, f&#252;r die Dauer des nachzuholenden Visumverfahrens nicht zusammen leben zu k&#246;nnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Entsprechendes gilt f&#252;r eine durch die Ableistung des Wehrdienstes bedingte Trennung der Eheleute. Ob die Ableistung des Wehrdienstes in der T&#252;rkei f&#252;r den Antragsteller eine Verfolgung im Sinne von &#167; 3 AsylG bedeutet, ihm dadurch ein ernsthafter Schaden im Sinne von &#167; 4 AsylG droht oder deshalb nationaler Abschiebungsschutz nach &#167; 60 Abs. 5 AufenthG oder &#167; 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gew&#228;hren ist, ist ausschlie&#223;lich im Asylverfahren zu pr&#252;fen; dies ist durch das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge in dem Bescheid vom 2. Mai 2017 geschehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 10. Dezember 2014 (1 C 15/14 &#8211;, Rn. 17, juris) zur Zumutbarkeit einer durch die Ableistung des Wehrdienstes in der T&#252;rkei bedingten Trennung von Eheleuten ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p style="margin-left:18pt">&#8222;Das Berufungsgericht ist zun&#228;chst zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass es f&#252;r den Kl&#228;ger nicht im Sinne des &#167; 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG unzumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Eine Unzumutbarkeit ergibt sich nicht aus der verfahrensbedingten Trennung des Kl&#228;gers von seiner Ehefrau. Zwar ist es m&#246;glich, dass es infolge der Nachholung des Visumverfahrens zu einer Trennung der Eheleute von 15 Monaten kommt, wenn der Kl&#228;ger das Verfahren von der T&#252;rkei und nicht von einem Drittland zu betreiben hat und dann in der T&#252;rkei seiner Verpflichtung zur Wehrdienstleistung nachkommen muss. Der Senat verkennt nicht, dass eine m&#246;gliche Trennungszeit von dieser Dauer einen nicht unerheblichen Eingriff in die durch Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK gesch&#252;tzte eheliche Lebensgemeinschaft darstellt. Das Oberverwaltungsgericht sieht diesen Eingriff aber mit Recht als nicht unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig an. Denn der Kl&#228;ger kommt mit der Wehrdienstleistung einer staatsb&#252;rgerlichen Pflicht nach, die auch bei Ehef&#252;hrung im Heimatland zu einer entsprechenden Trennung der Eheleute f&#252;hren kann. Zudem war den Eheleuten bei Eingehung der Ehe bekannt, dass es wegen des noch nicht geleisteten Wehrdienstes in der T&#252;rkei zu einer hierdurch bedingten, zeitlich begrenzten Trennung kommen k&#246;nnte - worauf bereits das Berufungsgericht hingewiesen hat.&#8220;</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>Diese Erw&#228;gungen treffen auch auf den Antragsteller zu und f&#252;hren deshalb nicht zu einer rechtlichen Unm&#246;glichkeit der Abschiebung weder als Voraussetzung f&#252;r die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanit&#228;ren Gr&#252;nden nach &#167; 25 Abs. 5 AufenthG noch als Voraussetzung f&#252;r die Erteilung einer Duldung nach &#167; 60 a Abs. 2 AufenthG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;1&#160;VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf &#167;&#160;53 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 i. V.&#160;m. &#167;&#160;52 Abs.&#160;1, Abs.&#160;2 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
161,403
vg-schleswig-holsteinisches-2019-01-09-11-b-16318
{ "id": 1071, "name": "Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht", "slug": "vg-schleswig-holsteinisches", "city": 647, "state": 17, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
11 B 163/18
2019-01-09T00:00:00
2019-01-16T06:59:13
2019-01-21T11:45:03
Beschluss
ECLI:DE:VGSH:2019:0109.11B163.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gründe<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>I.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller ist Staatsangehöriger Bosnien-Herzegowinas. Er ist Inhaber eines biometrischen Reisepasses, ausgestellt am 07.08.2017. In diesem befindet sich ein Einreisestempel des Flughafen Hamburg vom 24.05.2018. Der Antragsteller hatte sich bereits im Oktober/November 2017 im Bundesgebiet aufgehalten und versucht, sich beim Einwohnermeldeamt der Antragsgegnerin mit einem gefälschten kroatischen Ausweis anzumelden. Aufgrund dessen wurde am 27.11.2017 ein Strafverfahren wegen Urkundenfälschung eingeleitet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Am 15.06.2018 heiratete der Antragsteller die deutsche Staatsangehörige xxx xxx in xxx, Dänemark. Frau xxx hatte bereits mit Email vom 01.06.2018 um einen Termin bei der Antragsgegnerin wegen der Familienzusammenführung gebeten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 27.06.2018 wurde beantragt, „ein Visum zum Zwecke des Ehegattennachzuges zu erteilen“. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwecks Nachzug zu seiner Ehefrau. Mit dieser habe er vor der Eheschließung bereits zwei Jahre – mit Unterbrechungen – jeweils begrenzt auf drei Monate in der Wohnung der Ehefrau gelebt. Seine Ehefrau sei wirtschaftlich unabhängig und gut situiert. Aufgrund seines „aktuellen Visums“ sei er am 29.06.2018 ausreisepflichtig. Aufgrund der Beziehung zu seiner Ehefrau sei es zu Verwerfungen in den Familien gekommen. Seine Familie, eine sehr wohlhabende Juweliersfamilie, die man als „radikal katholisch“ bezeichnen könne, habe die Eheschließung mit der muslimischen Ehefrau nicht akzeptiert. Seine Familie habe angekündigt, ihn bei einer Rückkehr nach Bosnien einzusperren und seine Ausweispapiere zu vernichten. Dies sei der Familie durch ihre finanziellen Möglichkeiten und ihren Einfluss möglich. Aufgrund dieser Auseinandersetzung habe der Antragsteller eine schwere Depression entwickelt. Diesbezüglich reichte er ein Schreiben der psychologischen Psychotherapeutin xxx von 09.07.2018 nach (Bl. 70 Beiakte A). Danach sei der Antragsteller „aufgrund der Konflikte mit seiner Ursprungsfamilie aus psychotherapeutischer Sicht mittel bis langfristig nicht reisefähig in seine Heimat“.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Nachträglich mit Schreiben vom 08.08.2018 wurde zusätzlich beantragt, dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit zu erteilen. Dem Antrag wurde ein Arbeitsvertrag von 22.07.2018 beigefügt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Nachdem die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Ablehnung seines Antrags angehört hatte, suchte der Antragsteller am 08.09.2018 bei Gericht um Eilrechtsschutz nach. In diesem Verfahren legte er eine eidesstattliche Versicherung in deutscher Sprache vom 10.09.2018 vor (Bl. 37 d.A. in dem Verfahren 11 B 120/18). Der Antrag wurde mit Beschluss vom 26.09.2018 – 11 B 120/18 abgelehnt. Am 27.09.2018 wurde der Antragsteller beim Gesundheitsamt der Antragsgegnerin zur Überprüfung der Reisefähigkeit amtsärztlich untersucht. Die entsprechende amtsärztliche Stellungnahme erging am 02.10.2018 (Bl. 170 f. Beiakte A). Danach wird die Reisefähigkeit in Begleitung eines Arztes und in Aufsicht von Sicherheitspersonal zum Schutz der Mitreisenden bestätigt. Die Angaben des Antragstellers erscheinen nach Eindruck der Amtsärztin wenig glaubhaft. Eigengefährdung könne nicht sicher bestätigt werden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Mit Bescheid vom 17.10.2018 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ab und fordert den Antragsteller unter Androhung der Abschiebung nach Bosnien-Herzegowina auf, das Bundesgebiet zu verlassen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei ohne das erforderliche Visum eingereist. Die Nachholung des Visumverfahrens sei in seinem Fall nicht unzumutbar. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2018 zurückgewiesen. In dem Widerspruch wurde unter anderem ausgeführt, der Antragsteller habe sich bereits im Juni 2018 bemüht, einen Termin zur Visumerteilung in der deutschen Botschaft im Heimatland zu vereinbaren.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Am 15.12.2018 hat der Antragsteller Klage erhoben und gleichzeitig mit einem weiteren Schriftsatz um Eilrechtsschutz nachgesucht. In der Antragsschrift wird zur Begründung auf das Hauptsacheverfahren und das Verfahren unter dem Az. 11 B 120/18 verwiesen. Im Übrigen wiederholt er sein bisheriges Vorbringen und trägt unter anderem weiter vor, er sei immer noch bemüht, in seinem Heimatland ein Visum zum Zwecke des Ehegattennachzuges zu erhalten. Bereits im Juni 2018 habe er bei der deutschen Botschaft im Heimatland um eine Terminvereinbarung ersucht, ein Termin sei bis heute nicht vergeben worden. Mittlerweile habe er auch einen Sprachkurs mit abschließender Prüfung absolviert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller beantragt in der Klageschrift,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">1. die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">sowie in der Antragsschrift,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">2. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung die Abschiebung des Antragstellers bis zum Abschluss des Verfahrens über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Ehegattennachzuges zu untersagen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Antragsgegnerin beantragt,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p style="margin-left:90pt">den Antrag abzulehnen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Zur Begründung verweist sie auf den Bescheid vom 17.10.2018 und den Widerspruchsbescheid vom 12.12.2018.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Die Anträge waren nach dem erkennbaren Begehren des Antragstellers dahingehend auszulegen, dass er einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet während des Klageverfahrens erreichen möchte, §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>1.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Der in der Klageschrift gestellte Antrag (Antrag zu 1.), auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, die kraft Gesetzes gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 entfällt, ist unzulässig, da er nicht statthaft ist. Im Fall des Antragstellers ist hinsichtlich der Versagung der Aufenthaltserlaubnis einstweiliger Rechtsschutz nicht vorrangig nach §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu gewähren. Denn die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis durch den Bescheid vom 17.10.2018 und den Widerspruchsbescheid vom 05.12.2018 hat keine belastende Rechtsfolge ausgelöst, die im Sinne von § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung suspendierbar wäre.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>Dem Antragsteller kam vor dem Erlass des ablehnenden Bescheids nicht die Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG zugute, da er sich vor Antragstellung nicht rechtmäßig im Sinne dieser Vorschrift im Bundesgebiet aufgehalten hat. Als bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger bedurfte er zwar als sog. Positivstaater/Anhang-II-Staater nach Art. 20 Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), Art. 6 der VO (EU) 2016/399 – Schengener Grenzkodex (SGK), Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang II Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (EG-VisaVO) für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, grundsätzlich keines Visums. Indes ist ein visumsfreier Aufenthalt nur dann als rechtmäßig im Sinne des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG anzusehen, wenn der beabsichtigte Aufenthaltszweck nur auf einen Kurzaufenthalt gemäß Art. 1 Abs. 2 EG-VisaVO gerichtet ist. Dabei ist maßgeblich, welche Absichten der Betroffene im Zeitpunkt der Einreise in Bezug auf die Aufenthaltsdauer hat. Ein Staatsangehöriger eines der in Anhang II der EG-VisaVO genannten Staaten begründet demnach dann keinen rechtmäßigen Aufenthalt, wenn er bereits bei der Einreise die Absicht hat, sich länger als 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen im Bundesgebiet aufzuhalten (vgl. auch Beschluss der Kammer vom 14.02.2018 – 11 B 5/18; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Juni 2013 – 10 CS 13.1002 –, Rn. 13, juris; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 20. Oktober 2016 – 7 B 2174/16 –, InfAuslR 2017, 55; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. November 2015 – 18 B 387/15 –, Rn. 3 ff., juris; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 20. September 2018 – 11 S 1973/18 –, Rn. 14, juris; Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 23. September 2013 – 3 Bs 131/13 –, juris; <em>Samel</em> in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 81 Rn. 37); a.A. <em>Zeitler</em> in HTK-AuslR, § 81 AufenthG / zu Abs. 3 und 4, Stand: 06.01.2019, Rn. 11 f.). Die Anknüpfung an subjektive Merkmale kann sich zwar im Einzelfall als schwierig gestalten, doch ergibt sie sich nach Ansicht der Kammer aus der Gesamtsystematik der Visavorschriften. Art. 2 Nr. 2 a) der VO (EG) Nr. 810/2009 – Visakodex sowie in Art. 6 SGK regeln einen „geplanten“ Aufenthalt, insofern ist den Normen ein subjektives Element immanent. Daher ist der nach den Gesamtumständen zu beurteilende Aufenthaltszweck bei der Frage des rechtmäßigen Aufenthalts nach § 81 Abs. 3 Satz1 AufenthG zu berücksichtigen und nicht lediglich objektiv auf die Einhaltung der visumfreien Zeiträume zu achten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Unter Anwendung dieser Maßstäbe war der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet nicht rechtmäßig im Sinne des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Denn der Antragsteller beabsichtigte bereits bei der Einreise, dauerhaft bei seiner Ehefrau in der Bundesrepublik Aufenthalt zu nehmen. Dies zeigt bereits die kurze Zeitspanne zwischen dem Einreisedatum, der Eheschließung und der Antragstellung bei der Antragsgegnerin. Insbesondere ergibt sich dieser Einreisezweck auch aus der Email der Ehefrau des Antragstellers vom 01.06.2018, in der nach einem Termin zur Familienzusammenführung gefragt wurde.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Daher kann offenbleiben, ob die Privilegierung nach Art. 1 Abs. 2 EG-VisaVO mangels Einhaltung der visumfreien Zeiträume nach Art. 6 Abs. 1 SGK nicht einschlägig ist. Es ist nicht ersichtlich, ob dem Tag der Beantragung (27.06.2018) ein Zeitraum von 180 Tagen voranging, in dem sich der Antragsteller nicht mehr als 90 Tage im Bundesgebiet aufhielt. Die Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet sind weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch aus der Verwaltungsakte zweifelsfrei erkennbar. Der Antragsteller trägt selbst – ohne genauere Erläuterung – vor, er sei ab dem 29.06.2018 ausreisepflichtig geworden. Der letzte Einreisestempel im Reisepass datiert auf den 24.05.2018. Zudem hat sich der Antragsteller in der Vergangenheit mit einem gefälschten kroatischen Reisepass im Bundesgebiet aufgehalten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>2</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Der Antrag zu 2. ist zulässig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Er ist insbesondere als Antrag gerichtet auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft, da nach dem oben Gesagten einstweiliger Rechtsschutz nicht vorrangig nach §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO iVm § 84 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 AufenthG zu prüfen war.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Der Antrag ist jedoch unbegründet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen sicherungsfähigen Anspruch (Anordnungsanspruch) voraus. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgeblich sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Trotz der nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG fehlenden Fiktionswirkung eines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann eine Aussetzung der Abschiebung nach § 123 VwGO für die Dauer des Aufenthaltserlaubnisverfahrens erwirkt werden, wenn dies erforderlich ist, um sicherzustellen, dass eine ausländerrechtliche Regelung, die einen Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzt, den möglicherweise Begünstigten zu Gute kommt (vgl. dazu OVG Münster Beschluss vom 19.06.2017 – 18 B 336/17; Beschluss vom 5.12.2011 - 18 B 910/11-, juris, Rn. 35 ff., unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2011 - 1 C 5.10 -, InfAuslR 2011, 373, Rn. 10.; vgl. auch Rechtsprechung der Kammer für den Fall der verspäteten Antragstellung: Beschluss vom 14.11.2017 – 11 B 47/17; Beschluss vom 12.04.2018 – 11 B 47/18). In solchen Fällen scheidet die Gewährung gerichtlichen Eilrechtsschutzes gegen die Abschiebung nicht aus gesetzessystematischen Gründen aus.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>Eine solche Rechtsposition, die einen Anspruch auf vorläufige Duldung während des Verfahrens nach § 60a Abs. 2 AufenthG begründen würde, ergibt sich – auch vor dem Hintergrund der Garantie auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG – hier weder aus § 39 AufenthV noch aus § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG oder aus Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller hat zunächst keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu seiner Ehefrau nach § 27 AufenthG iVm §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 5, 30 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Gem. § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ist § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG wird vorausgesetzt, dass der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen nach § 2 Abs. 9 AufenthG dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Es obliegt dem Antragsteller, den entsprechenden Nachweis zu erbringen, § 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Der Nachweis über diese Kenntnisse ist zumindest durch ein geeignetes und zuverlässiges Zeugnis erbracht (BayVGH, Beschluss vom 10.2.2016 – 10 ZB 14.2577 – juris Rn. 13). Ein Sprachzertifikat ist zwar nachträglich vorgelegt worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>Jedoch erfordert ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zwecks Ehegattennachzug zu einer Deutschen außer dem Vorliegen der in § 28 AufenthG genannten Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich auch, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erfüllt ist, d.h. dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Nr. 1) und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat (Nr. 2). Etwas anderes gilt nur, wenn der Ausländer nach § 39 AufenthV berechtigt ist, die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise einzuholen oder ein Absehen von dieser Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in Betracht kommt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p>Diese allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Antragsteller ist nicht mit einem zum Zweck des Ehegattennachzugs erteilten nationalen Visum gemäß § 6 Abs. 3 AufenthG eingereist und hat auch nicht die für dessen Erteilung erforderlichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht. Ebenso ist er nicht mit dem erforderlichen Visum für einen Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit nach § 18 AufenthG eingereist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Demnach fehlt es an der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, der die Einhaltung des Visumverfahrens als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung gewährleisten soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Januar 2011 – 1 C 23.09 – Rn. 20, juris unter Verweis auf BTDrucks. 15/420 S. 70).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p>Aus diesem Grund kann der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nur Erfolg haben, soweit dem Antragsteller eine der o.g. Rechtspositionen zusteht. Dies ist indes nicht glaubhaft gemacht worden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Die Antragsteller ist nicht nach den Regelungen der §§ 39 ff. AufenthV ausnahmsweise berechtigt, den Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einzuholen und damit von dem Visumerfordernis befreit. Für den Antragsteller kommt lediglich § 39 Nr. 3 AufenthV in Betracht. Allerdings sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht erst nach der Einreise entstanden. Einreise meint dabei die letzte Einreise in das Bundesgebiet (BVerwG, Urteil vom 11.01.2011 – 1 C 23.09 – juris). Die Eheschließung in Dänemark erfolgte vor der letzten und damit maßgeblichen Einreise ins Bundesgebiet.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><p>Es konnte auch nicht gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vom Visumerfordernis abgesehen werden. Besondere Umstände nach § 5 Abs. 2 Satz Alt. 2 AufenthG, die es dem Antragsteller unzumutbar erscheinen lassen, das Bundesgebiet vorübergehend zur Nachholung des Visumverfahrens zu verlassen, liegen nicht vor. Als Ausnahmebestimmung ist die Vorschrift eng auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Nachholung des Visumverfahrens stets mit Unannehmlichkeiten verbunden ist (<em>Zeitler</em> in: HTK-AuslR / § 5 AufenthG / zu Abs. 2 Satz 2, Stand: 19.01.2018, Rn. 22).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><p>Der Umstand, dass die Eheleute möglicherweise eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des Visumverfahrens hinnehmen müssen, reicht hierfür auch unter Berücksichtigung des besonderen Schutzes der Ehe durch Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK nicht aus (BVerwG, Urteil vom 11.01.2011 – 1 C 23.09, Rn. 34, juris). Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen. Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Mai 2011 – 2 BvR 2625/10 –, Rn. 14, juris). Zudem wurde die Ehe geschlossen, als dem Antragsteller lediglich ein Besuch- und kein Daueraufenthalt erlaubt war, er also nicht darauf vertrauen konnte, im Bundesgebiet bleiben zu dürfen. Darüber hinaus besteht grundsätzlich die Möglichkeit des visumfreien Besuchsaufenthalts des Antragstellers – unter Berücksichtigung der erlaubten Zeiträume – und die Möglichkeit eines visumfreien Besuchsaufenthalts der Ehefrau in Bosnien für maximal 90 Tage innerhalb von sechs Monaten (https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bosnienundherzegowina-node/bosnienundherzegowinasicherheit/207694#content_2). Insofern bestehen in Bezug auf die eheliche Lebensgemeinschaft keine besonderen Umstände, aufgrund derer eine Sondersituation im Vergleich zu anderen Ausländern, die ohne das erforderliche Visum eingereist sind, besteht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><p>Der Vortrag des Antragstellers, bei einer Rückkehr werde ihn seine Familie einsperren und seine Ausweispapiere vernichten, begründet ebenfalls keine Unzumutbarkeit. Der Vortrag ist unsubstantiiert und steht in Widerspruch zu der Einlassung, er versuche seit Juni 2018 einen Termin zur Visumerteilung bei der Botschaft im Heimatland zu vereinbaren. Es erfolgt auch keine nachvollziehbare Erklärung, warum der Antragsteller sich nicht ggf. an die Strafverfolgungsbehörden in Bosnien-Herzegowina wenden kann. Trotz der allgemeinen Problematik der Korruption bestehen keine Anhaltspunkte einer generellen Schutzunfähigkeit oder Schutzunwilligkeit des bosnisch-herzegowinischen Staates (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: April 2018), 16.04.2018; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bosnien und Herzegowina Gesamtaktualisierung am 23.2.2018).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Dementsprechend liegt keine Unzumutbarkeit im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AufenthG vor. Auch nach 5 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG (vgl. zu dem Erfordernis des Vorliegens eines „strikten Rechtsanspruchs“ BVerwG, Urteil vom 10.12.2014 – 1 C 15.14 -, juris) besteht kein sicherungsfähiger Anspruch des Antragstellers. Nach dieser Vorschrift ist lediglich ein Ermessen der Behörde eröffnet, von der Nachholung des Visumverfahrens abzusehen (OVG Schleswig, Beschluss vom 10.04.2018 – 4 MB 44/18). Hinsichtlich des Antrags nach § 18 AufenthG liegt bereits kein strikter Rechtsanspruch vor. Bezüglich des Antrag nach § 28 AufenthG liegt- auch nach Vorlage des Sprachzertifikats – jedenfalls keine Ermessensreduzierung auf Null vor. Insoweit sind über die bei der Frage der Unzumutbarkeit erörterten Aspekte keine weiteren Umstände ersichtlich. Zu Lasten des Antragstellers wäre hingegen zu berücksichtigen, dass dieser sich bewusst gegen die Durchführung des richtigen Visumverfahrens entschieden hat.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p>Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Duldung eines weiteren Aufenthalts im Bundesgebiet wegen rechtlicher Unmöglichkeit aus gesundheitlichen Gründen nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG glaubhaft gemacht. Er hat keine Reiseunfähigkeit glaubhaft gemacht. Die vorgelegten Bescheinigungen der psychologischen Psychotherapeutin xxx vom 09.07.2018 und vom 13.12.2018 stellen keine qualifizierten ärztlichen Bescheinigungen im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG dar. Darüber hinaus widerlegen sie auch inhaltlich nicht die Vermutung des § 60a Abs. 2d AufenthG. Weder begründen sie Zweifel an der Transportfähigkeit des Antragstellers, noch liegt laut diesen Stellungnahmen eine ernstzunehmende suizidale Gefährdung vor. Die Aussage, der Antragsteller sei aus psychotherapeutischer Sicht nicht reisefähig in die Heimat, lässt nicht erkennen, dass dem Antragsteller eine schwerwiegende gesundheitliche Gefährdung droht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Die Kammer sieht in diesem Verfahren davon ab, die Ablehnung des Antrags unter der Maßgabe bestimmter Rückführungsmodalitäten auszusprechen. Aus den ärztlichen Berichten ist nicht erkennbar, dass dem Antragsteller andernfalls schwere gesundheitliche Folgen drohen. Hinsichtlich der von der Amtsärztin angenommenen Fremdgefährdung und der empfohlenen Sicherheitsmaßnahmen ist der Antragsteller nicht antragsbefugt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2 GKG.</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>
188,481
vg-freiburg-2019-01-08-5-k-632418
{ "id": 157, "name": "Verwaltungsgericht Freiburg", "slug": "vg-freiburg", "city": 109, "state": 3, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
5 K 6324/18
2019-01-08T00:00:00
2019-02-11T11:04:08
2019-02-12T13:55:08
Beschluss
<h2>Tenor</h2> <p/><p>Der Antrag wird abgelehnt.</p><p>Der Antragsteller tr&#228;gt die Kosten des Verfahrens.</p><p>Der Streitwert wird auf 11.250,-- EUR festgesetzt.</p> <h2>Gründe</h2> <table><tr><td>&#160;</td><td> <table><tr><td/></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>1&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="1"/>Der nach &#167; 80 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 4 und Satz 2 VwGO i.V.m. &#167; 12 LVwVG und auch sonst zul&#228;ssige Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 02.11.2018 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, mit der ihm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Fahrerlaubnis entzogen (Nr. 1), das F&#252;hren von Kraftfahrzeugen verboten (Nr. 2), die Verpflichtung zur Abgabe des F&#252;hrerscheins bis sp&#228;testens f&#252;nf Tage nach Zustellung der Entscheidung auferlegt sowie f&#252;r den Fall der nicht fristgerechten Abgabe die Wegnahme desselben angedroht wurde (Nr. 4), hat keinen Erfolg.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>2&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="2"/>1. Die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis und der Verpflichtung zur Abgabe des F&#252;hrerscheins in der Verf&#252;gung des Antragsgegners vom 02.11.2018 ist formell rechtm&#228;&#223;ig. Sie ist besonders angeordnet (&#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) und in einer den Anforderungen des &#167; 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO gen&#252;genden Weise begr&#252;ndet. Der Antragsteller hat vor allem auf die Gefahren abgestellt, die sich aus der Teilnahme eines ungeeigneten Fahrzeugf&#252;hrers am Stra&#223;enverkehr ergeben. Um die Gef&#228;hrdung hochrangiger Grundrechtsg&#252;ter wie Leben und k&#246;rperliche Unversehrtheit auszuschlie&#223;en, werde die sofortige Vollziehung angeordnet. Dasselbe gelte f&#252;r die sofortige Verpflichtung zur Abgabe des F&#252;hrerscheins nach &#167; 47 FeV, die verhindern solle, dass das Bestehen einer Fahrerlaubnis durch Vorzeigen des F&#252;hrerscheins vorget&#228;uscht werde. Dies l&#228;sst sich rechtlich nicht beanstanden. Es entspricht st&#228;ndiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, dass gerade im Bereich des Gefahrenabwehrrechts die Interessen, die Voraussetzung f&#252;r den Erlass des Verwaltungsakts sind, zugleich die Anordnung des Sofortvollzugs rechtfertigen k&#246;nnen (vgl. nur VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschluss vom 24.01.2012 - 10 S 3175/11 -, juris, Rn. 4). Der Antragsgegner hat die Gr&#252;nde angegeben, die nach seiner Ansicht im vorliegenden Fall dem &#246;ffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einr&#228;umen. Ob diese Erw&#228;gungen der Beh&#246;rde tats&#228;chlich gen&#252;gen, um die Anordnung des Sofortvollzugs zu rechtfertigen, ist f&#252;r die Einhaltung des formellen Begr&#252;ndungserfordernisses des &#167; 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht von Bedeutung, da das Gericht im Rahmen des &#167; 80 Abs. 5 VwGO eine eigene Interessenabw&#228;gung vornimmt, ohne auf die von der Beh&#246;rde nach &#167; 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vorgebrachten Gr&#252;nde beschr&#228;nkt zu sein (vgl. VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschluss vom 22.11.2004 - 10 S 2182/04 -, juris, Rn. 3).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>3&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="3"/>2. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Das &#246;ffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung &#252;berwiegt das private Interesse des Antragstellers, vorl&#228;ufig weiter im Besitz der Fahrerlaubnis zu bleiben und Kraftfahrzeuge im &#246;ffentlichen Verkehr f&#252;hren zu d&#252;rfen. Nach der im Verfahren auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes allein m&#246;glichen, aber auch ausreichenden summarischen Pr&#252;fung der Sach- und Rechtslage ist n&#228;mlich aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass der Antragsteller zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen nicht geeignet ist und somit ernstlich bef&#252;rchtet werden muss, dass er bei einer vorl&#228;ufigen weiteren Teilnahme am motorisierten Stra&#223;enverkehr die Sicherheit des Stra&#223;enverkehrs gef&#228;hrden wird.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>4&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="4"/>Die Fahrerlaubnisentziehung in dem angegriffenen Bescheid des Antragsgegners vom 02.11.2018 beruht auf den &#167;&#167; 3 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Nr. 1c Stra&#223;enverkehrsgesetz &#8211; StVG &#8211; in Verbindung mit &#167; 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie &#167; 11 Abs. 8 Satz 1 Fahrerlaubnisverordnung &#8211; FeV &#8211;. Nach diesen Vorschriften hat die Fahrerlaubnisbeh&#246;rde dem Inhaber einer Fahrerlaubnis diese zu entziehen, wenn sich der Fahrerlaubnisinhaber als ungeeignet zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen erweist. Zur Kl&#228;rung von Eignungszweifeln kann nach &#167; 11 Abs. 3 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbeh&#246;rde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schlie&#223;en, &#167; 11 Abs. 8 Satz 1 FeV.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>5&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="5"/>Danach ist beim Antragsteller von der Ungeeignetheit zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen auszugehen, denn er hat das vom Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald geforderte Gutachten bis zum Ablauf der ihm hierf&#252;r gesetzten Frist nicht vorgelegt. Daraus konnte das Landratsamt auf seine Nichteignung schlie&#223;en, da die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens entgegen der Ansicht des Antragstellers zu Recht erfolgte und auch nicht zu einer unzul&#228;ssigen Missachtung des Vorrangs des in &#167; 4 StVG normierten Punktesystems f&#252;hrt.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>6&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="6"/>Der &#8211; wie hier &#8211; gezogene Schluss von der Nichtbeibringung eines seitens der Fahrerlaubnisbeh&#246;rde geforderten Gutachtens auf die Nichteignung ist nur zul&#228;ssig, wenn die Anordnung der Untersuchung rechtm&#228;&#223;ig, insbesondere anlassbezogen und verh&#228;ltnism&#228;&#223;ig ist. In materiell-rechtlicher Hinsicht ist insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit entscheidend, ob die Umst&#228;nde, die der Beh&#246;rde Anlass f&#252;r die Anordnung gegeben haben, einen Fahreignungsmangel des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers als naheliegend erscheinen lassen (VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschluss vom 05.05.2014 - 10 S 705/14 -, juris, Rn. 5, m.w.N. aus der Rspr.). Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben begegnet die auf &#167; 46 Abs. 3 in Verbindung mit &#167; 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gest&#252;tzte Gutachtensanordnung des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald vom 25.09.2017 keinen rechtlichen Bedenken. Nach diesen Vorschriften kann bei einem erheblichen Versto&#223; oder wiederholten Verst&#246;&#223;en gegen verkehrsrechtliche Vorschriften zur Kl&#228;rung von Eignungszweifeln die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle f&#252;r Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) angeordnet werden. Diese Voraussetzungen erf&#252;llt der Antragsteller, da er sowohl erhebliche als auch wiederholte Verst&#246;&#223;e gegen verkehrsrechtliche Vorschriften in Form von Geschwindigkeits&#252;bertretungen begangen hat, die im Fahreignungsregister eingetragen sind und dort zum ma&#223;geblichen Zeitpunkt des Erlasses der Gutachtensanordnung zum Erreichen von 6 Punkten gef&#252;hrt haben.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>7&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="7"/>Der Einwand des Antragstellers, es habe sich um eine Geschwindigkeits&#252;bertretung in H&#246;he von 80 km/h anstelle von 81 km/h gehandelt, greift dabei nicht durch. Zum einen d&#252;rfte eine derart geringe Abweichung von 1 km/h im Ergebnis keine abweichende Wertung rechtfertigen. Zum anderen steht die H&#246;he der Geschwindigkeits&#252;bertretung aufgrund des seit 21.06.2018 rechtskr&#228;ftigen Urteils des AG Rottweil vom 04.06.2018, Az. 7 OWi 25 Js 1897/18, fest und ist als pr&#228;judiziell in hiesigem Verfahren zu beachten.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>8&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="8"/>Die Gutachtensanordnung ist auch im &#220;brigen rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt die vom Antragsteller geltend gemachte Umgehung des Punktesystems nach &#167; 4 StVG nicht vor.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>9&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="9"/>Nach &#167; 4 Abs. 1 Satz 1 StVG hat die nach Landesrecht zust&#228;ndige Beh&#246;rde zum Schutz vor Gefahren, die von Inhabern einer Fahrerlaubnis ausgehen, die wiederholt gegen die die Sicherheit des Stra&#223;enverkehrs betreffenden stra&#223;enverkehrsrechtlichen Vorschriften versto&#223;en, die in Absatz 5 genannten Ma&#223;nahmen des Punktesystems (Fahreignungs-Bewertungssystem) zu ergreifen. Das Fahreignungs-Bewertungssystem ist hingegen nicht anzuwenden, wenn sich die Notwendigkeit fr&#252;herer oder anderer die Fahreignung betreffender Ma&#223;nahmen nach den Vorschriften &#252;ber die Entziehung der Fahrerlaubnis nach &#167; 3 Abs. 1 oder einer auf Grund &#167; 6 Abs.1 Nr. 1 erlassenen Rechtsverordnung ergibt (vgl. &#167; 4 Abs. 1 Satz 3 StVG). Damit ist zum einen im &#246;ffentlichen Interesse sichergestellt, dass ungeeignete Kraftfahrer schon vor Erreichen von acht Punkten im Fahreignungsregister von der Teilnahme am motorisierten Stra&#223;enverkehr wirksam ausgeschlossen werden k&#246;nnen oder besondere Eignungszweifel durch weitergehende Ma&#223;nahmen, wie z. B. eine medizinisch-psychologische Untersuchung, sofort gekl&#228;rt werden k&#246;nnen. Zum anderen ergibt sich aus dem Punktesystem aber auch, dass der Gesetzgeber bewusst die weitere Stra&#223;enverkehrsteilnahme von Kraftfahrern mit einem nicht unerheblichen &#8222;S&#252;ndenregister&#8220; in Kauf genommen und die Entziehung der Fahrerlaubnis von der zuvor einger&#228;umten M&#246;glichkeit, Angebote und Hilfestellungen wahrzunehmen, abh&#228;ngig gemacht hat. Das Verlassen des Fahreignungs-Bewertungssystems auf der Grundlage des &#167; 4 Abs. 1 Satz 3 StVG muss daher auf besondere Ausnahmekonstellationen beschr&#228;nkt bleiben, etwa wenn ein Fahrerlaubnisinhaber durch einen erheblichen Verkehrsversto&#223; verkehrsauff&#228;llig geworden ist und sich aus einem derartigen Verhalten Fahreignungsm&#228;ngel oder zumindest Eignungsbedenken in charakterlicher Hinsicht ableiten lassen. Die Fahrerlaubnisbeh&#246;rde muss dabei im Einzelnen unter Auswertung aller konkreten Umst&#228;nde n&#228;her begr&#252;nden, warum sie aus besonderen Gr&#252;nden im Einzelfall, der sich erheblich vom Normalfall sonstiger Verkehrsteilnehmer mit einem Punktestand abheben muss, aufgrund einer W&#252;rdigung der Gesamtpers&#246;nlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art, der H&#228;ufigkeit oder des konkreten Hergangs der Verkehrsverst&#246;&#223;e Eignungsbedenken hegt, die sofortige weitergehende Aufkl&#228;rungsma&#223;nahmen etwa durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung gebieten, ohne dem Betroffenen die Chance zu belassen, zuvor die abgestuften Hilfsangebote des &#167; 4 StVG wahrzunehmen (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschluss vom 05.05.2014 - 10 S 705/14 -, juris, Rn. 7, m.w.N. aus der Rspr.).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>10&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="10"/>Diesen Anforderungen werden die allein ber&#252;cksichtigungsf&#228;higen (vgl. hierzu ausf&#252;hrlich VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschluss vom 05.05.2014, a.a.O., Rn. 8) Darlegungen des Landratsamts Breisgau-Hochschwarzwald in der Aufforderung zur Begutachtung vom 26.07.2018 gerecht. Jedenfalls die Zusammenschau der Gesichtspunkte der Wiederholtheit der Verst&#246;&#223;e auf der einen und der Erheblichkeit des letzten Versto&#223;es auf der anderen Seite durfte das Landratsamt dazu veranlassen, aus dem Fahreignungs-Bewertungssystem herauszutreten und eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>11&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="11"/>Zwar ist dem Antragsteller zuzugeben, dass allein der Tageszeit der letzten Geschwindigkeits&#252;berschreitung - ohne Feststellungen zu der konkret vor Ort gegebenen Verkehrslage - keine Aussage zur Erheblichkeit des Versto&#223;es entnommen werden kann. Jedoch gen&#252;gen die &#252;brigen Erw&#228;gungen des Landratsamts zum Schluss auf die Erheblichkeit des letztmaligen Verkehrsversto&#223;es.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>12&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="12"/>Hierbei hat das Landratsamt auf die (mehr als) 100%ige &#220;berschreitung der zul&#228;ssigen H&#246;chstgeschwindigkeit sowie die damit einhergehende nahezu unausweichliche Gef&#228;hrdung anderer Verkehrsteilnehmer abgestellt. Diese Einsch&#228;tzung ist auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Mit dem Antragsgegner ist die beschlie&#223;ende Kammer der Auffassung, dass der vom Antragsteller am 08.05.2017 begangene Verkehrsversto&#223;, bei dem er die Bundesautobahn A 81 (Singen &#8211; Stuttgart) in einem Abschnitt, in dem die zul&#228;ssige H&#246;chstgeschwindigkeit bei 80 km/h lag, mit einem Tempo &#8211; nach Abzug der Toleranz &#8211; von 161 km/h befuhr, von solcher Erheblichkeit ist, dass er geeignet ist, charakterliche Eignungsbedenken zu begr&#252;nden.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>13&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="13"/>Bei der durch die Fahrerlaubnisbeh&#246;rde zu treffenden Wertung ist zu ber&#252;cksichtigen, dass es sich vorliegend nicht nur um eine Geschwindigkeits&#252;berschreitung um (mehr als) 100 % handelt, sondern diese auch absolut gesehen &#8211; der Antragsteller war 81 km/h schneller als erlaubt &#8211; aus dem Rahmen &#8222;&#252;blicher&#8220; Verkehrsverst&#246;&#223;e deutlich hervorsticht und sich in ihr ein hohes Ma&#223; an Gleichg&#252;ltigkeit bzw. Gedankenlosigkeit gegen&#252;ber den Rechtsg&#252;tern anderer Verkehrsteilnehmer offenbart. Dies zeigt nicht zuletzt auch die Tatsache, dass die im Bu&#223;geldkatalog vorgesehene Staffelung bei Geschwindigkeitsverst&#246;&#223;en Differenzierungen lediglich bis zu einer &#220;berschreitung der zul&#228;ssigen H&#246;chstgeschwindigkeit um 70 km/h vorsieht; alle dar&#252;ber liegenden &#220;berschreitungen werden einheitlich mit zwei Punkten und drei Monaten Fahrverbot geahndet. Die Kammer verkennt dabei nicht, dass in der Rechtsprechung daraus verschiedentlich der Schluss gezogen wird, die fehlende Differenzierung jenseits der Grenze einer &#220;berschreitung um 70 km/h beeinflusse die Gewichtung von Geschwindigkeits&#252;berschreitungen im Fahrerlaubnisrecht in der Weise, dass allein an die H&#246;he der Geschwindigkeits&#252;berschreitung nicht bereits die W&#252;rdigung gekn&#252;pft werden kann, der Fahrerlaubnisinhaber sei deswegen in charakterlicher Hinsicht zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen ungeeignet, wenn nicht weitere Umst&#228;nde hinzutreten (vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 21.03.2017 - 3 L 293/17.NW -, juris, Rn. 17; OVG Rheinl.-Pfalz, Beschluss vom 27.05.2009 - 10 B 10387/09 -, juris, Rn. 10; NdsOVG, Beschluss vom 02.12.1999 - 12 M 4307/99 -, juris, Rn. 10). Dem vermag sie jedoch f&#252;r den vorliegenden Fall, der durch eine Geschwindigkeits&#252;berschreitung gekennzeichnet ist, die erheblich &#252;ber der h&#246;chsten Stufe (von mehr als 70 km/h) im Bu&#223;geldkatalog liegt und sich insoweit auch von den den genannten Gerichtsentscheidungen zugrundeliegenden F&#228;llen unterscheidet (Geschwindigkeits&#252;berschreitung dort: 51 bzw. 56 km/h), nicht zu folgen. Aus Sicht der Kammer ist es vielmehr &#252;berzeugender, die fehlende Differenzierung im Bu&#223;geldkatalog ab einer Geschwindigkeits&#252;berschreitung von mehr als 70 km/h als Anhaltspunkt daf&#252;r zu sehen, dass gerade in F&#228;llen von Geschwindigkeits&#252;berschreitungen, die deutlich &#252;ber 70 km/h liegen, weitere Ma&#223;nahmen au&#223;erhalb des Fahreignungs-Bewertungssystems m&#246;glich und ggf. sogar angezeigt sein d&#252;rften.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>14&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="14"/>Die Kammer h&#228;lt folglich in Fortf&#252;hrung ihrer bisherigen Rechtsprechung (vgl. Beschl&#252;sse vom 11.12.2007 - 5 K 2502/07 -, vom 03.05.2018 - 5 K 2343/18 - und vom 26.10.2018 - 5 K 5371/18) daf&#252;r, dass ein Geschwindigkeitsversto&#223; in der hier vorliegenden Gr&#246;&#223;enordnung bereits f&#252;r sich genommen, d.h. ohne das Hinzutreten weiterer, auf au&#223;ergew&#246;hnliche R&#252;cksichtslosigkeit oder Aggressivit&#228;t schlie&#223;en lassende Begleitumst&#228;nde, eine aus dem Kreis der &#8222;normalen Verkehrss&#252;nden&#8220; herausragende, besonders nachl&#228;ssige Einstellung gegen&#252;ber der Einhaltung von Verkehrsregeln offenbart, die geeignet ist, Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers hinsichtlich der Teilnahme am motorisierten Stra&#223;enverkehr aufkommen zu lassen. Das gilt namentlich, wenn es sich dabei wie im vorliegenden Fall nicht um die einzige erhebliche Geschwindigkeits&#252;berschreitung handelt.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>15&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="15"/>Im &#220;brigen ist nach der einschl&#228;gigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-W&#252;rttemberg (Beschluss vom 05.05.2014, a.a.O., Rn. 11) zu ber&#252;cksichtigen, dass das Landratsamt hier zun&#228;chst nur die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gefordert und aus dessen Nichtvorlage schlie&#223;lich auf die Ungeeignetheit des Antragstellers zum F&#252;hren von Kraftfahrzeugen geschlossen hat. Die Anforderungen an die Umst&#228;nde, die ausnahmsweise ein Abr&#252;cken von dem Punktsystem erm&#246;glichen, sind nicht zu &#252;berspannen, wenn die von der Fahrerlaubnisbeh&#246;rde ergriffene Ma&#223;nahme zur Aufkl&#228;rung der Eignungszweifel in ihrer Eingriffsintensit&#228;t deutlich hinter der unmittelbaren Entziehung der Fahrerlaubnis zur&#252;ckbleibt.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>16&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="16"/>Die auf &#167; 11 Abs. 3 FeV gest&#252;tzte Begutachtung setzt &#8211; wie &#167; 11 Abs. 7 FeV zeigt - vielmehr voraus, dass die Ungeeignetheit des Betroffenen noch nicht feststeht, sondern lediglich zu bef&#252;rchten ist (vgl. VGH Bad.-W&#252;rtt., Urteil vom 11.10.2017 - 10 S 746/17 -, juris, Rn. 35). Der Einwand des Antragstellers, bei &#167; 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV habe der Gesetzgeber nur derart gravierende Verkehrsverst&#246;&#223;e wie die Teilnahme an illegalen Stra&#223;enrennen im Blick, geht hiernach fehl.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>17&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="17"/>Nach alledem ist die Gutachtensanordnung des Landratsamts auch unter Ber&#252;cksichtigung des grunds&#228;tzlichen Vorrangs von Ma&#223;nahmen nach dem Punktesystem gem&#228;&#223; &#167; 4 StVG rechtlich nicht zu beanstanden.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>18&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="18"/>3. Nachdem die angegriffene Entziehung der Fahrerlaubnis somit rechtlich nicht zu beanstanden sein d&#252;rfte, ergibt sich die voraussichtliche rechtliche Unbedenklichkeit auch hinsichtlich der an diese Verf&#252;gung ankn&#252;pfenden Folgema&#223;nahmen.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>19&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="19"/>Die Verpflichtung zur Abgabe des F&#252;hrerscheins und das Verbot, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu f&#252;hren, finden ihre rechtliche Grundlage in &#167; 2 Abs. 1 Satz 1 und &#167; 3 Abs. 2 Satz 3 StVG sowie &#167; 47 Abs. 1 FeV und stellen lediglich die gesetzliche Folge der Fahrerlaubnisentziehung dar. Die Androhung der zwangsweisen Wegnahme des F&#252;hrerscheins begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken (&#167;&#167; 1, 2, 18, 20, 26 und 28 LVwVG).</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>20&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="20"/>4. Das Dringlichkeitsinteresse an der sofortigen Vollziehung ist ebenfalls gegeben. Aufgrund der bestehenden Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum F&#252;hren eines Fahrzeugs ist zu bef&#252;rchten, dass dessen weitere Teilnahme am Stra&#223;enverkehr die Sicherheit der &#252;brigen Verkehrsteilnehmer gef&#228;hrden w&#252;rde.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>21&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="21"/>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 1 VwGO.</td></tr></table> </td></tr><tr><td valign="top"><table><tr><td>22&#160;</td></tr></table></td><td><table><tr><td><rd nr="22"/>Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in &#167;&#167; 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen Nr. 1.5 und 46.5 des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Anh. &#167; 164). Nach der neueren st&#228;ndigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-W&#252;rttemberg sind bei der Festsetzung des Streitwerts in Verfahren wegen der Entziehung einer Fahrerlaubnis diejenigen Betr&#228;ge zu addieren, die f&#252;r die nach &#167; 6 Abs. 3 FeV eigenst&#228;ndig bedeutsamen Fahrerlaubnisklassen nach dem einschl&#228;gigen Streitwertkatalog f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit jeweils anzusetzen sind (vgl. grundlegend VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschluss vom 13.12.2007 - 10 S 1272/07 -, juris). Der Antragsteller hatte eine Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, AM, B, BE, C1, C1E und L, T. Davon haben die Fahrerlaubnisklassen A, B, C1, C1E, L und T selbst&#228;ndige, bei der Streitwertbemessung zu ber&#252;cksichtigende Bedeutung (vgl. VGH Bad.-W&#252;rtt., Beschl&#252;sse vom 19.10.2015 - 10 S 1689/15 -, juris, Rn. 22, und vom 06.08.2015 - 10 S 1176/15 -, juris, Rn. 26). Der danach ma&#223;gebliche Hauptsachestreitwert von 22.500,-- EUR war im Hinblick auf die Vorl&#228;ufigkeit des Verfahrens zu halbieren.</td></tr></table> </td></tr></table>
188,480
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2b O 152/17
2019-01-08T00:00:00
2019-02-11T11:04:06
2019-02-12T13:55:08
Urteil
ECLI:DE:LGD:2019:0108.2B.O152.17.00
<h2>Tenor</h2> <p>Der Beklagte wird verurteilt, an die Kl&#228;gerin 1.657.600,00 &#8364; nebst Zinsen in H&#246;he von neun Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 15.&#160;September 2017 zu zahlen.</p> <p>Die weitergehende Klage wird abgewiesen.</p> <p>Die Kosten des Rechtsstreits tr&#228;gt der Beklagte einschlie&#223;lich der Kosten der Nebenintervention.</p> <p>Das Urteil ist vorl&#228;ufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in H&#246;he von 110% des zu vollstreckenden Betrages.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist eine Kunstgalerie mit Sitz in B. Der Beklagte ist Insolvenzverwalter &#252;ber das Verm&#246;gen der Firma D Kunstberatung GmbH i.L. (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Im Besitz der Insolvenzschuldnerin befanden sich zum Zeitpunkt der Insolvenzer&#246;ffnung am 1. Oktober 2014 diverse von dem K&#252;nstler Prof. E&#160; entworfene X-Skulpturen in Bronze. Die Kl&#228;gerin ber&#252;hmte sich des Eigentums an diesen Skulpturen. Die Parteien schlossen unter dem 16. Juni 2015 und 16. September 2015 die als Anlagen K1 und K2 vorgelegten Vereinbarungen, in der sie sich darauf einigten, bestimmte Skulpturen im Rahmen von Auktionen zu versteigern. Die Erl&#246;se sollten abz&#252;glich Geb&#252;hren, Steuern und Kosten vom Beklagten bis zur Kl&#228;rung streitiger Eigentumsfragen an den Werken treuh&#228;nderisch verwaltet werden. Sofern die Parteien einvernehmlich das Eigentum der Kl&#228;gerin an den streitgegenst&#228;ndlichen Werken feststellen w&#252;rden, sollte der Reinerl&#246;s im Verh&#228;ltnis 25% zugunsten der Masse und 75% zugunsten der Kl&#228;gerin geteilt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarungen Anlagen K1 und K2 Bezug genommen. Insgesamt 73 Skulpturen waren zu Versteigerungen im Juni und September 2015 vorgesehen, davon wurden f&#252;r 70 St&#252;ck Erl&#246;se in H&#246;he von insgesamt 1.651.600,00 &#8364; erzielt (Anlage K3). Daneben leistete das Auktionshaus eine Zuzahlung in H&#246;he von 61.000,00 &#8364;. Der Gesamtbetrag wurde an den Beklagten ausgezahlt. Eine einvernehmliche Kl&#228;rung der Eigentumsfrage erfolgte nicht.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Es existieren f&#252;r einen Teil der Skulpturen die als Anlage B5 vorgelegten Rechnungen der Kl&#228;gerin an die Insolvenzschuldnerin aus den Jahren 2010/2011. Die sich aus diesen Rechnungen ergebenden Betr&#228;ge meldete die Kl&#228;gerin in einer Gesamth&#246;he von rund 900.000,00&#160;&#8364; zur Insolvenztabelle an und berief sich im Anschluss auf ein Aussonderungsrecht an den X-Skulpturen.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin erhob zun&#228;chst Teilklage gegen den Beklagten auf Auskehr der f&#252;r zwei der versteigerte X vereinnahmten Erl&#246;se in H&#246;he von 55.000,00 &#8364;. Das Verfahren war vor dem erkennenden Gericht unter dem Aktenzeichen 2b O 12/16 (LG D&#252;sseldorf / I-11 U 10/17 OLG D&#252;sseldorf) anh&#228;ngig. Die Forderung wurde der Kl&#228;gerin zugesprochen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin behauptet, sie sei Eigent&#252;merin der streitgegenst&#228;ndlichen Skulpturen. Sie sei aufgrund von vertraglicher Vereinbarungen vom 25. Februar 2003 (Anlage K4) und 10. Mai 2007 (Anlage K5) Lizenznehmerin des K&#252;nstlers Prof. E und habe die Firma F GmbH &amp; Co. KG mit dem Guss der Skulpturen beauftragt. Die Gie&#223;erei habe die Beauftragung best&#228;tigt, so beispielhaft mit Auftragsbest&#228;tigungen vom 7. Februar 2006 (Anlage K6) und 2. August 2006 (Anlage K7). Im Anschluss habe sie die Skulpturen gegossen und abgerechnet (Anlagen K8-K11). Sodann habe sie die Skulpturen an die Insolvenzschuldnerin geliefert. Dabei seien die Skulpturen jedoch Kommissionsware der Kl&#228;gerin gewesen. Dementsprechend habe die Insolvenzschuldnerin der Kl&#228;gerin Bericht &#252;ber die Best&#228;nde erstattet, so z.B. zum 31. Dezember 2008. Die vorliegenden Rechnungen aus den Jahren 2010/2011 seien nur zur Beendigung einer Auseinandersetzung mit dem Finanzamt erstellt worden. Ein Verkauf der Skulpturen und eine &#220;bereignung an die Insolvenzschuldnerin seien weder gewollt gewesen noch erfolgt.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2017 hat die Streithelferin ihren Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten der Kl&#228;gerin erkl&#228;rt. Das Gericht hatte den im Verfahren 2b O 12/16 gleicherma&#223;en erkl&#228;rten Beitritt im Hinblick auf der Streithelferin zugesprochene Schadensersatzanspr&#252;che im Falle der Nichterweislichkeit der Eigent&#252;merstellung gegen&#252;ber der Kl&#228;gerin (12 O 88/16 LG D&#252;sseldorf) f&#252;r zul&#228;ssig erachtet.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin und die Streithelferin beantragen,</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">den Beklagten zu verurteilen, an die Kl&#228;gerin 1.657.600,00 &#8364; nebst Zinsen in H&#246;he von neun Prozentpunkten &#252;ber dem Basiszinssatz seit dem 30. September 2015 zu zahlen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte beantragt, &#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beklagte ist der Ansicht, der Rechtsstreit falle in die Zust&#228;ndigkeit der Kammer f&#252;r Handelssachen. Er ist ferner der Ansicht, die Klage sei bereits unzul&#228;ssig, da die Klageschrift keine ladungsf&#228;hige Anschrift der Kl&#228;gerin enthalte. Hierzu behauptet er, bei der genannten Firmenanschrift handele es sich um ein Mehrparteienhaus, das keinen Briefkasten und kein Klingelschild der Kl&#228;gerin aufweise. Es handele sich daher bei der Kl&#228;gerin um eine Scheingesellschaft. Diese werde von dem Zeugen G kontrolliert. Als Scheingesellschaft sei sie auch nicht parteif&#228;hig. Hinsichtlich der Eigentumsverh&#228;ltnisse an den X-Skulpturen beruft sich der Beklagte auf die Vermutung des &#167; 1006 BGB. Ihm l&#228;gen keine Unterlagen &#252;ber eine etwaige Kommissionsvereinbarung vor. Vielmehr deuteten die Rechnungen darauf hin, dass die Insolvenzschuldnerin die streitgegenst&#228;ndlichen X-Skulpturen zu Eigentum erworben habe. Bei der Insolvenzschuldnerin habe er zudem die als Anlage B10 vorgelegte Bestandsliste gefunden, die die X-Skulpturen ausdr&#252;cklich nicht als Kommissionsware ausweise. Hilfsweise sei zu Gunsten der Insolvenzschuldnerin jedenfalls ein Provisionsanspruch in H&#246;he von 33% der erzielten Erl&#246;se zu verrechnen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Akte 2b O 12/16 lag vor.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schrifts&#228;tze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgr&#252;nde</strong></p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">I. Keine Zust&#228;ndigkeit der Kammer f&#252;r Handelssachen</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Der Rechtsstreit f&#228;llt nicht in die Zust&#228;ndigkeit der Kammer f&#252;r Handelssachen. Nach &#167; 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG w&#228;re Voraussetzung, dass die Klage gegen einen Kaufmann gerichtet ist. Bei Klagen gegen den Insolvenzverwalter ist die Eintragung des Schuldners ma&#223;geblich, wenn er &#8211; der Schuldner &#8211; das Gesch&#228;ft geschlossen hat (Z&#246;ller, ZPO, &#167; 95 GVG Rn. 3). Dies ist hier nicht der Fall. Es handelt sich um ein Verwertungsgesch&#228;ft, dass der Insolvenzverwalter selbst abgeschlossen hat. Den zugrundeliegende Lebenssachverhalt &#8211; Ver&#228;u&#223;erung der Skulpturen im Rahmen einer Versteigerung, Verteilung des Erl&#246;ses &#8211; hat der Beklagten in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter selbst geschaffen. Er resultiert nicht aus der Sph&#228;re der Insolvenzschuldnerin vor ihrer Insolvenzer&#246;ffnung.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">II. Zul&#228;ssigkeit der Klage</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zul&#228;ssig.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;gerin ist parteif&#228;hig. Soweit der Beklagte ausf&#252;hrt, es handele sich um eine Scheingesellschaft, folgt das Gericht dem nicht. Bei dem Begriff der Scheingesellschaft handelt es sich um eine juristische Fachbezeichnung. Sie setzt voraus, dass entweder ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden ist, dieser aber die Voraussetzungen eines Scheingesch&#228;fts erf&#252;llt oder aber gar kein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen, sondern lediglich nach au&#223;en der Rechtsschein einer Gesellschaft erweckt wird (M&#252;nchener Kommentar, BGB, &#167; 705 Rn. 377 f). Der Sachvortrag des Beklagten verh&#228;lt sich zu den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen nicht. Allein aus der behaupteten Tatsache, dass die Gesellschaft an ihrem genannten Sitz keine R&#228;umlichkeiten unterhalte und die unternehmerischen Entscheidungen durch einen Dritten getroffen w&#252;rden, ergeben sich keine zureichenden Anhaltspunkte f&#252;r eine Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft. Die Kl&#228;gerin ist im Handelsregister eingetragen und trat und tritt im Rechtsverkehr auf. Bedenken gegen die Wirksamkeit der mit ihr abgeschlossenen Vertr&#228;ge tr&#228;gt der Beklagte auch selbst nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Es liegt auch eine den Anforderungen des &#167; 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gen&#252;gende Parteibezeichnung der Kl&#228;gerin vor. Kl&#228;ger und Beklagte sind so genau zu bezeichnen, dass kein Zweifel an ihrer Person besteht. Die Angabe der Anschriften schreibt &#167;&#160;253 ZPO nicht ausdr&#252;cklich vor. Nach der Rechtsprechung ist sie jedoch f&#252;r beide Parteien zwingendes Erfordernis einer ordnungsgem&#228;&#223;en Klageerhebung, sofern sie ohne weiteres m&#246;glich ist und kein sch&#252;tzenswertes Interesse entgegensteht (Z&#246;ller, ZPO, &#167; 253 Rn. 8). Die Bezeichnung dient zum einen der Individualisierung, die Verwechslungen und Unklarheiten ausschlie&#223;t und zum anderen der Erreichbarkeit und somit des Kontakts im privaten wie im gesch&#228;ftlichen Verkehr (VGH Kassel, NJW 1990, 138). Gegebenenfalls kann allerdings den prozessualen Notwendigkeiten auf andere Weise Rechnung getragen werden, z.B. durch Benennung eines Zustellungsbevollm&#228;chtigten und Anordnung von Sicherheitsleistung f&#252;r die Prozesskosten (Z&#246;ller, ZPO, &#167; 253 Rn. 8). Die Kl&#228;gerin hat ihre im Handelsregister aufgef&#252;hrte Firmenanschrift genannt. Sie ist als juristische Person &#8211; anders als bei nat&#252;rlichen Personen &#8211; nicht zwingend auf R&#228;umlichkeiten angewiesen. In der Vergangenheit hat es offenbar niemals Schwierigkeiten in der Erreichbarkeit gegeben, zumindest sind solche nicht dargelegt. Bedenken hinsichtlich einer etwaigen Vollstreckung der Prozesskosten sind ebenfalls nicht dargelegt, ihnen k&#246;nnte ggf. durch Anordnung von Sicherheitsleistung abgeholfen werden (OLG D&#252;sseldorf I-2 U 29/10 Teilurteil, juris).</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">III. Begr&#252;ndetheit der Klage</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist auch begr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Der Kl&#228;gerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Auszahlung des im Rahmen der Versteigerung der streitgegenst&#228;ndlichen Affenskulpturen vereinnahmten Betrages zu. Nach den Ausf&#252;hrungen des Oberlandesgerichts D&#252;sseldorf im Parallelverfahren 2b O 12/16 (I- 11 U 10/17) ergibt sich der Anspruch dem Grunde nach unmittelbar aus den zwischen den Parteien am 16. Juni 2015 und 16. September 2015 getroffenen Vereinbarungen (Anlagen K1, K2). Die vom Gericht aufgekl&#228;rte Eigentumsfrage setze sich am Versteigerungserl&#246;s fort. Dies ergebe sich auf Ziffer 6. der Vereinbarung vom 16. September 2015. Soweit der Beklagte einwendet, die Vereinbarung sehe lediglich einen Zahlungsanspruch nach einvernehmlicher Kl&#228;rung der Eigentumsfrage vor, folgt das Gericht dem nicht. Bei diesem Verst&#228;ndnis erg&#228;be sich, dass die Kl&#228;gerin durch den Abschluss der Vereinbarungen vom 16. Juni 2015 / 16. September 2015 konkludent auf die ihr urspr&#252;nglich zustehenden Herausgabe- bzw. Erl&#246;sanspr&#252;che verzichtet h&#228;tte. Dies erscheint lebensfremd. Sie zun&#228;chst auf die Erhebung einer Klage auf Zustimmung zu ihrer Eigent&#252;merstellung zu verweisen, erscheint nicht sachgerecht. Selbst wenn man in Ziffer 6. der Vereinbarung vom 16.&#160;September 2015 keinen ausdr&#252;cklichen Anspruch auf Erl&#246;sauskehr an den Eigent&#252;mer sehen wollte, erg&#228;be sich dieser daher im Wege erg&#228;nzender Vertragsauslegung und hilfsweise aus &#167; 667 BGB.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Das Gericht geht davon aus, dass die Kl&#228;gerin Eigent&#252;merin der ver&#228;u&#223;erten Skulpturen gewesen ist. Das Bestreiten des Beklagten unter Berufung auf die Vermutung des &#167; 1006 BGB erscheint dem Gericht in Anbetracht der bereits aus dem Parallelverfahren bekannten Umst&#228;nde unzureichend.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Das Oberlandesgericht D&#252;sseldorf hat insoweit in seinem am 9. Mai 2018 verk&#252;ndeten Urteil (I-11 U 10/17) ausgef&#252;hrt, derjenige, der sich auf die Vermutung des &#167; 1006 Abs. 1 BGB st&#252;tzen k&#246;nne, m&#252;sse seinen unmittelbaren Besitz nachweisen und dar&#252;ber hinaus die Rechtsbehauptung aufstellen, Eigent&#252;mer der Sache zu sein. In pers&#246;nlicher Hinsicht gelte &#167; 1006 BGB nur zugunsten des Eigenbesitzers. Der Vortrag des Beklagten zum Eigenbesitzerwerb sei vor dem Hintergrund der Vortragsdichte der Kl&#228;gerin zu dem &#252;blichen Procedere zwischen der Kl&#228;gerin und der Schuldnerin hinsichtlich der Vermittlung eines behaupteten Fremdbesitzes jedenfalls so qualifiziert, dass ein fehlender Eigenbesitzerwerb der Schuldnerin zumindest wahrscheinlich sei, so dass den Beklagten vorliegend selbst nach der engsten Ansicht eine sekund&#228;re Darlegungslast zu den Umst&#228;nden seines Eigentumserwerbs treffe. Dementsprechend w&#228;re es vertretbar gewesen, die von dem Beklagten benannten Voraussetzungen des &#167; 1006 BGB, die zu seinen Gunsten die Vermutungswirkung ausl&#246;sten, jedenfalls durch den Vortrag der Kl&#228;gerin und die Beweisaufnahme als widerlegt anzusehen. Danach streite &#167; 1006 BGB nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr f&#252;r den Beklagten. Hinsichtlich der Skulptur 2 existiere bereits keine entsprechende &#8222;Rechnung&#8220;, die f&#252;r den Vortrag des Beklagten als Indiz f&#252;r einen Verkauf und eine &#220;bereignung an die Schuldnerin gewertet werden k&#246;nne. Jedenfalls spr&#228;chen im Rahmen der Gesamtumst&#228;nde die Buchf&#252;hrung, der Jahresabschluss und die Bilanz der Schuldnerin als Indizien f&#252;r die Feststellung des Landgerichts D&#252;sseldorf. Die Schuldnerin habe die streitgegenst&#228;ndlichen Skulpturen in Buchf&#252;hrung, Jahresabschluss und Bilanz nicht in der Spalte Eigentum gef&#252;hrt. Vielmehr habe sie der Kl&#228;gerin auf Anforderung Bericht &#252;ber die jeweiligen Best&#228;nde erstattet. Jedenfalls sei der Beklagte diesem Vortrag der Kl&#228;gerin nicht substantiiert entgegen getreten.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Daraus ergibt sich folgendes:</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Unstreitig hatte die Insolvenzschuldnerin eine Vielzahl von Kunstgegenst&#228;nden im Besitz, bei denen es sich offenbar teilweise um eigene Ware und teilweise um Fremdware handelte. Insoweit kann aus der schlichten Tatsache des Besitzes der Insolvenzschuldnerin zun&#228;chst kein R&#252;ckschluss auf Fremd- oder Eigenbesitz gezogen werden. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass sich auch der Fremdbesitzer auf die Eigentumsvermutung des &#167; 1006 BGB berufen k&#246;nne (SS v. 24. Mai 2018, Bl. 142 GA), f&#252;hrt der Bundesgerichtshof eindeutig aus, dass dies nur im Verh&#228;ltnis zu Dritten gilt (BGHZ 54, 319 &#8222;nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich auf die Eigentumsvermutung des &#167;&#160;1006 BGB nicht nur der durch die Vermutung beg&#252;nstigte Besitzer selbst, sondern - im Verh&#228;ltnis zu Dritten - jeder berufen, der sein Recht von dem Besitzer ableitet&#8220;). Dies gilt nicht im Verh&#228;ltnis zu demjenigen, von dem der Fremdbesitzer sein Besitzrecht ableitet. Die qualifizierte Behauptung von Eigenbesitz kann daher vorliegend nur hinsichtlich derjenigen Skulpturen, hinsichtlich derer der Beklagte einen Eigentumserwerb durch die Insolvenzschuldnerin konkret behauptet, mithin derjenigen Skulpturen, f&#252;r die Rechnungen vorliegen, aufgestellt werden. Diese betreffen nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien bereits nicht alle versteigerten Skulpturen. Auch hinsichtlich dieser Rechnungen ist dem Gericht allerdings aus dem Vorverfahren bekannt, dass diese nach dem Vortrag der Kl&#228;gerin &#8211; best&#228;tigt durch die Aussagen der Zeugen &#8211; nur zum Schein ausgestellt worden sind. Zwar m&#246;gen insoweit Bedenken gegen die Glaubw&#252;rdigkeit des Zeugen G bestehen, aus welchem Grund die Zeugin H jedoch die Unwahrheit gesagt haben sollte, wird auch im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt. Die vom Oberlandesgericht genannten Gesamtumst&#228;nde (Buchf&#252;hrung, Jahresabschluss, Bilanz) sprechen gleicherma&#223;en nach wie vor f&#252;r die kl&#228;gerische Darstellung. Soweit der Beklagte nunmehr erstmals die Bestandsliste Anlage B10 vorlegt, ergeben sich hieraus keine hinreichenden gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Beklagte f&#252;hrt auf Seite 16 seines Schriftsatzes vom 24. Mai 2018 selbst aus, dass der Beweiswert einer selbst erstellten Privaturkunde gering sein d&#252;rfte. Soweit er dies gegen&#252;ber der Kl&#228;gerin r&#252;gt, hat diese sich allerdings auf von der Gegenseite erstellte Dokumente berufen. Die vorgelegte Anlage B10 stellt auch kein hinreichendes Indiz dar um von einem Eigenbesitz der Insolvenzschuldnerin auszugehen. Es ist nicht klar wer die Liste gef&#252;hrt und wann aktualisiert hat. Sie steht offenkundig im Widerspruch zu Bilanz und Jahresabschluss der Insolvenzschuldnerin, die den behaupteten Eigenbestand nach dem unstreitigen Vortrag der Kl&#228;gerin nicht ausweisen. Zudem ist unerkl&#228;rlich, aus welchem Grund die Insolvenzschuldnerin der Kl&#228;gerin &#252;berhaupt Bestands&#252;bersichten h&#228;tte &#252;bermitteln sollen, wenn sie sich als Eigent&#252;merin der Skulpturen ansah.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Nach vorstehenden Ausf&#252;hrungen unter Ber&#252;cksichtigung der Entscheidung des Oberlandesgerichts D&#252;sseldorf (I-11 U 10/17) geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte seiner Darlegungslast auch hinsichtlich der Voraussetzungen des &#167; 1006 BGB nicht gen&#252;gt hat. Das Gericht verkennt nicht, dass das Oberlandesgericht D&#252;sseldorf im Vorverfahren die Voraussetzungen des &#167; 1006 BGB noch als gegeben angesehen hat. Nach Daf&#252;rhalten des erkennenden Gerichts k&#246;nnen in der Betrachtung des jetzt vorliegenden Falles jedoch die Erkenntnisse des Vorverfahrens nicht au&#223;er Betracht bleiben. Die darin bekannt gewordenen Gesamtumst&#228;nde lassen die bereits damals recht rudiment&#228;ren Ausf&#252;hrungen des Beklagten zu den Voraussetzungen des &#167; 1006 BGB nicht mehr ausreichend erscheinen.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Zwar ist umstritten, ob Erkenntnisse des erkennenden Gerichts aus einem Parallelverfahren gem&#228;&#223; &#167; 415 ZPO verwertet werden k&#246;nnen. In der Rechtsprechung wird ausgef&#252;hrt, die urkundliche Verwertung eines in einem anderen Verfahren erhobenen Beweisergebnisses sei auch dann zul&#228;ssig, wenn der Beweisgegner widerspreche. Vielmehr sei der Widerspruch erst dann beachtlich, wenn er sich entweder in qualifizierter Weise mit dem Beweisergebnis auseinandersetze und darlege, in welchen Punkten das Beweisergebnis zu beanstanden sei, oder der Widerspruch mit dem Antrag verbunden sei, die in dem anderen Verfahren vernommenen Zeugen unmittelbar zu h&#246;ren. Im erstgenannten Fall werde das Gericht den Einwendungen im Rahmen der Beweisw&#252;rdigung nach &#167; 286 ZPO nachgehen und kritisch pr&#252;fen, ob es allein auf der Grundlage der urkundlichen Beweise die erforderliche subjektive &#220;berzeugung von der Wahrheit der Beweistatsache gewinnen k&#246;nne. Im letztgenannten Fall d&#252;rfe sich das Gericht einer unmittelbaren Beweisaufnahme durch Vernehmung der benannten Zeugen nicht deshalb entziehen, weil die Mitglieder des Prozessgerichts die Kenntnisse aus dem anderen Verfahren in ihrer richterlichen Eigenschaft erlangt haben (OLG Saarbr&#252;cken 4 U 45/11 juris Rn. 91 unter Hinweis auf Rspr. und Lit.). Das Gericht hat diesen Erfordernissen Rechnung getragen. Die erkennende Einzelrichterin hatte seine Kenntnisse nicht nur zuf&#228;llig aufgrund der T&#228;tigkeit in einem Parallelverfahren erlangt, sondern gerade in einem zwischen denselben Parteien betriebenen Vorprozess, der nach dem Gesch&#228;ftsverteilungsplan gerade die Zust&#228;ndigkeit der Einzelrichterin f&#252;r die Folgesache begr&#252;ndete. Das Gericht hat die Einw&#228;nde gegen die Beweisw&#252;rdigung kritisch gepr&#252;ft. Zudem ber&#252;cksichtigt das Gericht die Erkenntnisse des Vorfahrens nur als substantiierten Kl&#228;gervortrag, dem der Beklagte nicht hinreichend entgegengetreten ist. Das OLG D&#252;sseldorf hat im Vorverfahren deutlich ausgef&#252;hrt, dass die Eigentumsvermutung des &#167; 1006 BGB auch durch qualifizierten Vortrag widerlegt werden kann.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte sich auf den Einwand widerspr&#252;chlichen Verhaltens der Kl&#228;gerin durch die Anmeldung einer Forderung &#252;ber rund 900.000,00 &#8364; einerseits und die Geltendmachung eines Aussonderungsrechts andererseits beruft, haben das erkennende Gericht und das Oberlandesgericht D&#252;sseldorf bereits im Parallelverfahren ausgef&#252;hrt, dass in der vorbehaltlosen Anmeldung einer Forderung nicht zugleich ein Verzicht auf die abgesonderte Befriedigung liegt und die Kl&#228;gerin plausible Beweggr&#252;nde geschildert hat.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Dem Beklagten steht gegen&#252;ber dem Anspruch auf Erl&#246;sauskehr auch kein Anspruch auf eine Provision zu. Insoweit hat das Oberlandesgericht im Parallelverfahren bereits dezidiert ausgef&#252;hrt, dass eine etwaige Provisionsvereinbarung zugunsten der Insolvenzschuldnerin nur f&#252;r den Fall des erfolgreichen Verkaufs durch die Insolvenzschuldnerin Geltung gehabt h&#228;tte und nicht erkennbar ist, dass diese auf eine Versteigerung im Insolvenzverfahren anwendbar w&#228;re. Zudem w&#228;re eine etwaige Provisionsabrede durch die speziellere Vereinbarung vom 16. September 2015 als &#252;berholt anzusehen.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Soweit der Beklagte erneut Zweifel an den im Parallelverfahren verwendeten Angaben des Zeugen G aufwirft, war eine erg&#228;nzende Beweisaufnahme nicht veranlasst. Hinsichtlich der benannten Zeugin K (Bl. 54 GA) fehlt es an der Angabe konkreter Beweistatsachen, zu denen die Vernehmung beantragt wird. Bei der Aussage, dass die Kl&#228;gerin dem Zeugen G &#8222;geh&#246;re&#8220; handelt es sich nicht um Tatsachen, sondern offenkundig einen R&#252;ckschluss. Hinsichtlich der benannten Zeugin T sind die genannten Beweisfragen nicht substantiiert genug. Die behauptete Tatsache, dass die Zeugin &#8222;den entsprechenden Treuhandvertrag&#8220; kopiert habe, sagt nichts &#252;ber dessen Inhalt aus. Eine Vernehmung beider Zeuginnen liefe daher auf Ausforschung hinaus.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Auf den nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagten vom 21. Dezember 2018 war eine Wiederer&#246;ffnung der m&#252;ndlichen Verhandlung nicht veranlasst. Im Wesentlichen enth&#228;lt er Rechtsausf&#252;hrungen, die nach Auffassung des Gerichts keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung bieten. Soweit er etwa auf Seite 8 neuen Vortrag zu der Bestandsliste enth&#228;lt, ist dieser als versp&#228;tet zur&#252;ckzuweisen, &#167; 296a ZPO. Auch insoweit sieht das Gericht allerdings zudem keinen erheblichen neuen Vortrag, der die vorstehenden Ausf&#252;hrungen zur Bestandsliste &#228;ndern w&#252;rde.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">IV. Nebenforderungen</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Die Zinsforderung ergibt sich aus &#167;&#167; 288 Abs. 2, 291 BGB. Einen Verzug zum 30.&#160;September 2015 vermag das Gericht nicht festzustellen. In der Vereinbarung vom 16. September 2015 haben sich die Parteien auf eine treuh&#228;nderische Verwahrung bis zur Kl&#228;rung der Eigentumsfrage geeinigt (Ziffer 3.). Ein Zinsanspruch ist nicht geregelt. Die Schreiben Anlagen K14, K15 stellen keine verzugsbegr&#252;ndenden Mahnungen dar. Vielmehr bleibt darin ausdr&#252;cklich unklar, ob die urspr&#252;nglich gesetzte Einigungsfrist &#252;ber dem 30. September 2015 hinaus verl&#228;ngert werden soll. Eine Mahnung war auch nicht gem&#228;&#223; &#167; 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich. Die Parteien standen best&#228;ndig in Vergleichsverhandlungen. Nach dem Verst&#228;ndnis des Gerichts gingen die Parteien davon aus, durch die urspr&#252;ngliche Teilklage (2b O 12/16) noch eine Gesamteinigung erzielen zu k&#246;nnen. Im dortigen Verfahren hat die Kl&#228;gerin auch lediglich Rechtsh&#228;ngigkeitszinsen geltend gemacht. Damit, dass die Kl&#228;gerin nunmehr auch die der H&#246;he nach erheblichen Verzugszinsen bei weiterer Weigerungshaltung des Beklagten geltend machen wird, musste der Beklagte &#8211; jedenfalls nach der in den Akten dokumentierten Konversation &#8211; erst seit Zustellung der Klageerweiterung vom 25. April 2018 ausgehen.</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">V. Nebenentscheidungen</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">Die Nebenentscheidungen beruhen auf &#167;&#167; 92 Abs. 2 Nr. 1, 101, 709 Satz 1 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Streitwert: 1.657.600,00 &#8364;</p>
188,442
bgh-2019-01-08-xi-zr-53517
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XI ZR 535/17
2019-01-08T00:00:00
2019-02-11T11:03:13
2019-02-11T11:03:13
Beschluss
ECLI:DE:BGH:2019:080119BXIZR535.17.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin-Sch&#246;neberg vom 31. Juli 2017 aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch &#252;ber die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zur&#252;ckverwiesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Der Gegenstandswert f&#252;r das Beschwerdeverfahren betr&#228;gt bis zu 40.000 &#8364;.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Gründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>I.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Kl&#228;ger machen gegen&#252;ber der beklagten Bank Schadensersatzanspr&#252;che im Zusammenhang mit dem von ihr finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung geltend.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Mit notarieller Urkunde vom 10. Juli 2008 boten die Kl&#228;ger der H.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;KG (im Folgenden: Verk&#228;uferin) den Kauf einer 22 qm gro&#223;en Eigentumswohnung in dem Objekt F.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;-Stra&#223;e&#160;&#160;&#160;&#160;in N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;im V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;zu einem Kaufpreis von 33.900 &#8364; an. Gem&#228;&#223; &#167; 5 des Kaufangebots war die Wohnung vermietet; die monatliche Nettokaltmiete hatte die Verk&#228;uferin mit 5,11 &#8364;/qm angegeben und f&#252;r zwei Jahre garantiert. Die Verk&#228;uferin nahm das Angebot der Kl&#228;ger mit notarieller Urkunde vom 8. August 2008 an.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Zur Finanzierung des Erwerbes der Wohnung schlossen die Kl&#228;ger mit der Beklagten am 4./11. Dezember 2008 einen Darlehensvertrag &#252;ber 33.900 &#8364; mit einer anf&#228;nglichen Tilgung von 1,5% j&#228;hrlich und einer monatlichen Annuit&#228;t von 203,97 &#8364;. In der Folgezeit leisteten die Kl&#228;ger an die Beklagte auf das Darlehen bis einschlie&#223;lich August 2016 insgesamt 18.765,24 &#8364;. Aufgrund Leerstands der Wohnung erzielten sie keine Mieteinnahmen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Im Jahr 2010 nahmen die Kl&#228;ger die Verk&#228;uferin vor dem Landgericht Leipzig auf R&#252;ckabwicklung des Kaufvertrags mit Erfolg in Anspruch, weil nach einem dort eingeholten Sachverst&#228;ndigengutachten der Verkehrswert der Wohnung im Jahr 2008 nur 10.500 &#8364; betragen habe und der Kaufpreis daher in sittenwidriger Weise &#252;berh&#246;ht gewesen sei. Die Verk&#228;uferin meldete Insolvenz an.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Mit der Klage begehren die Kl&#228;ger von der Beklagten die R&#252;ckzahlung der an die Beklagte auf die Darlehen geleisteten Zahlungen von 18.765,24 &#8364; nebst Zinsen und die Feststellung, dass weitere Anspr&#252;che gegen sie aus dem Darlehensvertrag nicht best&#252;nden und weitergehende Zahlungen an sie zur&#252;ckzuzahlen seien, jeweils Zug um Zug gegen &#220;bereignung der Eigentumswohnung, sowie ferner die Feststellung, dass die Beklagte ihnen zum Ausgleich des weiteren Verm&#246;gensschadens verpflichtet sei, soweit dieser im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung stehe, und die Feststellung, dass sich die Beklagte hinsichtlich der Annahme des &#220;bereignungsantrags in Annahmeverzug befinde. Zur Begr&#252;ndung berufen sie sich auf einen ihnen zustehenden Schadensersatzanspruch wegen einer Aufkl&#228;rungspflichtverletzung der Beklagten. Der Kaufpreis der Wohnung sei in sittenwidriger Weise &#252;berh&#246;ht gewesen, was der Beklagten bekannt gewesen sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung der Kl&#228;ger hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und dies - soweit hier von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begr&#252;ndet:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>Den Kl&#228;gern stehe gegen die Beklagte der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus &#167; 311 Abs. 2, &#167; 241 Abs. 2, &#167; 280 Abs. 1 BGB wegen einer Aufkl&#228;rungspflichtverletzung der Beklagten zu. Der Kaufpreis f&#252;r die Eigentumswohnung sei sittenwidrig &#252;berh&#246;ht gewesen. Dies habe die Beklagte auch erkannt, jedenfalls habe sie vor einer sich ihr evident aufdr&#228;ngenden sittenwidrigen Kaufpreis&#252;berh&#246;hung die Augen verschlossen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nach dem Ergebnis der durchgef&#252;hrten Beweisaufnahme habe der Verkehrswert der Wohnung zum Erwerbszeitpunkt nicht mehr als 17.842,10 &#8364; betragen, so dass der Kaufpreis 90% h&#246;her gelegen habe. Zwar habe die gerichtlich beauftragte Sachverst&#228;ndige den Verkehrswert mit 20.600 &#8364; bewertet. Dies sei aber ausschlie&#223;lich auf Grundlage des von der Sachverst&#228;ndigen ermittelten Vergleichswerts geschehen, d.h. insbesondere ohne Ber&#252;cksichtigung des wesentlich niedrigeren Ertragswerts. Die Bestimmung des Verkehrswerts nach der Vergleichswertmethode setze jedoch voraus, dass sich eine aussagekr&#228;ftige Menge von Vergleichspreisen hinreichend verl&#228;sslich ermitteln lasse. Daran best&#252;nden aber gewichtige Zweifel. Der streitgegenst&#228;ndlichen Wohnung vergleichbare Objekte (Wohneigentum in Mehrfamilienhaus, Baujahr um 1900, sanierter Altbau, Erstverkauf, Vertr&#228;ge aus den Jahren 2008 und 2009, ca. 22 qm Wohnfl&#228;che, Gemarkung N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;oder vergleichbar) lie&#223;en sich der Kaufpreissammlung des Gutachterausschusses f&#252;r Grundst&#252;ckswerte im V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;nicht entnehmen. Die im Sachverst&#228;ndigengutachten aufgef&#252;hrten Vergleichswohnungen seien durchweg gr&#246;&#223;er (47 bis 63 qm) oder Weiterverk&#228;ufe gewesen. Der - unter Ber&#252;cksichtigung eines Abschlags von 30% wegen der am Wertermittlungsstichtag schon 10-12 Jahre zur&#252;ckliegenden Sanierung - ermittelte Vergleichswert von 937 &#8364;/qm bewege sich an der oberen Grenze der Preisspanne f&#252;r den Weiterverkauf von Wohnungseigentum im V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;. Dies sei f&#252;r das streitgegenst&#228;ndliche Objekt mit einer mittleren Wohn- und schlechten Gesch&#228;ftslage in einer kleinen Gemeinde mit seit 1990 stetig schrumpfender Einwohnerzahl nicht gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Den Ertragswert habe die Sachverst&#228;ndige dagegen nachvollziehbar und &#252;berzeugend mit 12.072 &#8364; ermittelt, was einem Mittelwert der Preisspanne f&#252;r den Weiterverkauf von Wohnungseigentum im V.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;entspreche. Insoweit habe die Sachverst&#228;ndige nicht &#252;berzeugend begr&#252;nden k&#246;nnen, weshalb dieser Wert durch einen Marktanpassungsfaktor von 45% auf gerundet 17.500 &#8364; erh&#246;ht werden m&#252;sse.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Da der Vergleichswert nur auf einer vergleichsweise "schmalen" Basis zu ermitteln sei, sei es bei der Verfahrenswahl geboten, eine Mittelung des Vergleichswerts und des Ertragswerts vorzunehmen. Dies f&#252;hre zu einem Verkehrswert von 16.346,50 &#8364;. Der Einholung eines weiteren Sachverst&#228;ndigengutachtens nach &#167; 412 Abs. 1 ZPO bed&#252;rfe es nicht, weil das eingeholte Gutachten eine ausreichende Erkenntnisgrundlage vermittele. Der Verkehrswert werde von dem Kaufpreis um 107,38% &#252;berschritten und liege damit objektiv im sittenwidrigen Bereich.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Der Beklagten habe sich die Kenntnis von diesem Umstand auch aufdr&#228;ngen m&#252;ssen. Die von ihr vorgenommene Beleihungswertermittlung mit Hilfe des Online-Tools "Wertweiser" habe einen Vergleichswert von 26.400 &#8364; ergeben, zugleich aber auch einen Ertragswert von lediglich 8.450 &#8364;. Bereits das arithmetische Mittel beider Werte f&#252;hre mit 17.425 &#8364; in den sittenwidrigen Bereich. Dar&#252;ber hinaus habe sie gewusst, dass der Mietertrag weder der Angabe im Kaufvertrag (5,11 &#8364;/qm) noch dem Wertweiser-Wert (4,10 &#8364;/qm) entsprochen habe, sondern ausweislich der Finanzierungsanfrage tats&#228;chlich nur 4 &#8364;/qm betragen habe. Ungeachtet dessen habe die Beklagte auch von dem Leerstand der Wohnung gewusst. Schlie&#223;lich habe die Beklagte - unstreitig - auch s&#228;mtliche anderen f&#252;nf Verkaufsf&#228;lle der Verk&#228;uferin in N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;im Jahr 2008 finanziert, so dass ihr bewusst gewesen sein m&#252;sse, dass der in der Beleihungswertermittlung ausgewiesene Vergleichswert durch &#252;berh&#246;hte Kaufpreise aus diesen Erwerbsvorg&#228;ngen verzerrt gewesen sei. Dem k&#246;nne nicht entgegengehalten werden, dass eine finanzierende Bank keine Nachforschungen zu den von ihr zu finanzierenden Vorhaben anstellen m&#252;sse; denn vorliegend habe es keiner Nachforschungen bedurft, weil der Beklagten die sich aus der Ertragswertmethode resultierende Wertverzerrung positiv bekannt gewesen sei. Aufgrund dieses Missverh&#228;ltnisses habe die Beklagte auf den mit einem automatisierten Verfahren gewonnenen Vergleichswert nicht vertrauen d&#252;rfen. Dies gelte jedenfalls im vorliegenden Fall, bei dem die Beklagte auch s&#228;mtliche anderen Verkaufsf&#228;lle der Verk&#228;uferin in einer so kleinen Stadt wie N.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;finanziert habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>II.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und f&#252;hrt gem&#228;&#223; &#167; 544 Abs. 7 ZPO i.V.m. &#167; 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zur&#252;ckverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Die Begr&#252;ndung, mit der das Berufungsgericht eine sittenwidrige &#220;berteuerung des Immobilienerwerbs und in der Folge eine Verletzung der entsprechenden Hinweispflicht der Beklagten bejaht hat, kann keinen Bestand haben. Insoweit verletzt der angegriffene Beschluss den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Geh&#246;r aus Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. Senatsbeschl&#252;sse vom 11. Mai 2004 - XI ZB 39/03, BGHZ 159, 135, 139 f. und vom 20. Oktober 2015 - XI ZR 532/14, WM 2015, 2279 Rn. 9).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass eine Bank ausnahmsweise eine Aufkl&#228;rungspflicht &#252;ber die Unangemessenheit des von ihr finanzierten Kaufpreises unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs trifft, wenn eine so wesentliche Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorliegt, dass die Bank von einer sittenwidrigen &#220;bervorteilung des K&#228;ufers durch den Verk&#228;ufer ausgehen muss (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 47, vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 17 und vom 18. Oktober 2016 - XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286 Rn. 19 mwN). Das ist anzunehmen, wenn der Verkaufspreis knapp doppelt so hoch ist wie der Verkehrswert der Wohnung, wobei die im Kaufpreis enthaltenen Nebenkosten nicht in den Vergleich einzubeziehen sind (Senatsurteil vom 18. Oktober 2016 aaO mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Geh&#246;r hinsichtlich der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zu einer sittenwidrigen &#220;berteuerung des Kaufpreises der Immobilie geltend, weil das Berufungsgericht von der Beurteilung des gerichtlich beauftragten Sachverst&#228;ndigen, der Verkehrswert der streitgegenst&#228;ndlichen Wohnung sei sachgerecht anhand des Vergleichswertverfahrens zu ermitteln, abgewichen ist und ohne Einholung eines weiteren Gutachtens nach &#167; 412 Abs. 1 ZPO und ohne Nachweis seiner eigenen besonderen Sachkunde eine eigene Wertermittlung vorgenommen hat. Zudem muss das Gericht, wenn es bei seiner Entscheidung eigene Sachkunde in Anspruch nehmen will, den Parteien zuvor einen entsprechenden Hinweis erteilen (vgl. nur BGH, Beschl&#252;sse vom 13. Januar 2015 - VI ZR 204/14, NJW 2015, 1311 Rn. 5 mwN und vom 8. M&#228;rz 2016 - VI ZR 243/14, juris Rn. 12). Daran fehlt es hier.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>a) Die W&#252;rdigung, ob ein Rechtsgesch&#228;ft gegen die guten Sitten verst&#246;&#223;t, ist eine Rechtsfrage, die der Nachpr&#252;fung im Wege der Revision unterliegt (vgl. Senatsurteile vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71 Rn. 23 und vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 30 Rn. 36). Demgegen&#252;ber k&#246;nnen aber die dieser W&#252;rdigung zugrunde liegenden tats&#228;chlichen Feststellungen des Berufungsgerichts - hier zum Wert der Immobilie im Zeitpunkt des Erwerbs - im Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahren nur eingeschr&#228;nkt &#252;berpr&#252;ft werden (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2016 - XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286 Rn. 21 mwN).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>b) Dieser &#220;berpr&#252;fung h&#228;lt die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht stand. Es hat den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Geh&#246;r verletzt, indem es bei der Ermittlung des Wertes der von den Kl&#228;gern erworbenen Wohnung von der Anwendung des Vergleichswertverfahrens abgesehen und stattdessen einen Mittelwert von Vergleichswert und Ertragswert festgesetzt hat.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>aa) Die Auswahl der geeigneten Wertermittlungsmethode zur Feststellung des tats&#228;chlichen Wertes einer Immobilie steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn das Gesetz nicht die Anwendung eines bestimmten Verfahrens anordnet, im pflichtgem&#228;&#223;en Ermessen des Tatrichters (Senatsurteile vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 324/06, WM 2008, 967 Rn. 32 mwN und vom 18. Oktober 2016 - XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286 Rn. 31). Die Methodenwahl ist unter Ber&#252;cksichtigung der im gew&#246;hnlichen Gesch&#228;ftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und sonstiger Umst&#228;nde des Einzelfalles zu treffen; sie ist zu begr&#252;nden. L&#228;sst sich eine aussagekr&#228;ftige Menge von Vergleichspreisen verl&#228;sslich ermitteln, wird die Vergleichswertmethode als die einfachste und zuverl&#228;ssigste Methode angesehen; sie steht deshalb bei Wohnungseigentum im Vordergrund (Senatsurteile aaO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>bb) Zu Recht r&#252;gt die Nichtzulassungsbeschwerde, dass das Berufungsgericht die von dem Sachverst&#228;ndigen gew&#228;hlte Wertermittlungsmethode gegen eine andere ausgetauscht hat, ohne, was hierzu Voraussetzung gewesen w&#228;re, seine eigene besondere Sachkunde auszuweisen, insbesondere einleuchtend und nachvollziehbar aufzuzeigen, dass seine abweichende Beurteilung nicht auf einem Mangel an Sachkunde beruht (BGH, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 11 mwN). Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die vergleichsweise "schmale" Basis f&#252;r die Ermittlung des Vergleichswerts bietet keine Grundlage f&#252;r dessen Meinung, bei Wohnungseigentum, das - wie hier - der Kapitalanlage und der Steuerersparnis dient, den Verkehrswert durch einen Mittelwert von Vergleichs- und Ertragswert zu bestimmen. Die Vorgehensweise des Berufungsgerichts, einen schematischen rechnerischen Mittelwert aus Vergleichswert und Ertragswert zu bilden, ist unzul&#228;ssig (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1970 - VII ZR 189/68, NJW 1970, 2018 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>Liegen - wie hier nach den Bekundungen des gerichtlich bestellten Sachverst&#228;ndigen - die Voraussetzungen f&#252;r eine verl&#228;ssliche Verkehrswertermittlung nach Vergleichspreisen vor, kann auch dann, wenn eine andere Wertermittlungsmethode zu einem deutlich abweichenden Ergebnis f&#252;hrt, an dem durch Vergleich ermittelten Ergebnis nicht vorbeigegangen werden. Dies gilt insbesondere, wenn es um die Frage der Sittenwidrigkeit geht. Die Rechtsprechung l&#228;sst auf der objektiven Grundlage eines besonders groben Missverh&#228;ltnisses von Leistung zu Gegenleistung den Schluss auf das - f&#252;r das Unwerturteil des &#167; 138 Abs. 1 BGB unerl&#228;ssliche (BGH, Urteil vom 19. Juli 2002 - V ZR 240/01, WM 2003, 154, 155 f.) - subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung zu. Hierf&#252;r ist aber keine Grundlage gegeben, wenn der direkte Vergleich mit dem ma&#223;geblichen Markt, den die Auswertung der tats&#228;chlich erzielten Preise bei Vorliegen hinreichenden Vergleichsmaterials leistet, zur Verneinung eines besonders groben Missverh&#228;ltnisses f&#252;hrt. Der Verk&#228;ufer, dessen Preis im Rahmen vergleichbarer Verkaufsf&#228;lle verbleibt, muss sich nicht entgegenhalten lassen, ihm sei eine au&#223;ergew&#246;hnliche Gegenleistung zugestanden worden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2004 - V ZR 213/03, BGHZ 160, 8, 15).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>3. Aufgrund dessen verletzen auch die Ausf&#252;hrungen des Berufungsgerichts zu der eine Aufkl&#228;rungspflicht ausl&#246;senden Kenntnis der Beklagten von einem groben Missverh&#228;ltnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der finanzierten Immobilie den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Geh&#246;r. Sie sind auch im &#220;brigen rechtsfehlerhaft.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>a) Nach der st&#228;ndigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Kreditinstitut nur pr&#228;sentes Wissen von einer sittenwidrigen &#220;berteuerung offenbaren. Das erfordert grunds&#228;tzlich positive Kenntnis der Bank von der sittenwidrigen &#220;berteuerung des Kaufpreises f&#252;r das finanzierte Objekt. Die Bank ist mithin nicht verpflichtet, sich durch eigene Nachforschungen hinsichtlich etwaiger Risiken des zu finanzierenden Vorhabens einen Wissensvorsprung zu verschaffen (Senatsurteile vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 173 mwN und vom 18. Oktober 2016 - XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286 Rn. 34 mwN). Ausnahmsweise steht die blo&#223;e Erkennbarkeit von aufkl&#228;rungspflichtigen Tatsachen - wie hier der sittenwidrigen &#220;berteuerung eines Wohnungskaufpreises - der positiven Kenntnis dann gleich, wenn sich diese einem zust&#228;ndigen Bankmitarbeiter nach den Umst&#228;nden des Einzelfalls aufdr&#228;ngen musste; er ist dann nach Treu und Glauben nicht berechtigt, seine Augen vor solchen Tatsachen zu verschlie&#223;en (Senatsurteile vom 7. April 1992 - XI ZR 200/91, WM 1992, 977, vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 508/12, WM 2014, 124 Rn. 21 und vom 18. Oktober 2016 aaO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>b) Danach ist bereits der Ausgangspunkt der Erw&#228;gungen des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, die Beklagte habe anhand ihr vorliegender Angaben zur monatlichen Bruttokaltmiete f&#252;r die zu finanzierende Eigentumswohnung eine einfache &#220;berschlagsrechnung des Ertragswerts durchf&#252;hren m&#252;ssen, aus deren Ergebnis sich ihr sodann die Sittenwidrigkeit des vereinbarten Kaufpreises aufgedr&#228;ngt h&#228;tte. Da eine finanzierende Bank keine Nachforschungen zu einem von ihr finanzierten Vorhaben anstellen muss, ist sie auch nicht zur Ermittlung des - exakten oder &#252;berschl&#228;gigen - Ertragswerts einer Immobilie verpflichtet (vgl. Senatsurteil vom 18. Oktober 2016 - XI ZR 145/14, BGHZ 212, 286 Rn. 35). Wertermittlungen, die Banken im eigenen Interesse vornehmen, betreffen den Beleihungswert, den die Bank kl&#228;rt, um die Realisierung ihrer Anspr&#252;che im Falle einer k&#252;nftigen Zwangsvollstreckung abzusch&#228;tzen. Eine Kontrolle dieser internen Bewertung anhand der prognostizierten Ertr&#228;ge des Darlehensnehmers aus der finanzierten Immobilie schuldet weder der Verk&#228;ufer noch die finanzierende Bank (vgl. Senatsurteile vom 18. Dezember 2007 - XI ZR 324/06, WM 2008, 967 Rn. 35 und vom 18. Oktober 2016 aaO Rn. 36).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>4. Das Berufungsurteil beruht auf der Geh&#246;rsverletzung. Diese Voraussetzung ist schon dann erf&#252;llt, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht bei Ber&#252;cksichtigung des &#252;bergangenen Vorbringens anders entschieden h&#228;tte (vgl. BVerfGE 7, 95, 99; 60, 247, 250; 62, 392, 396; 65, 305, 308; 89, 381, 392 f.). Dies ist der Fall, weil das Berufungsgericht seiner Entscheidung keinen weiteren selbst&#228;ndig tragenden Gesichtspunkt zugrunde gelegt hat, der eine Haftung der Beklagten wegen einer vorvertraglichen Aufkl&#228;rungspflichtverletzung begr&#252;nden k&#246;nnte. Insbesondere bestand keine Verpflichtung der Beklagten, die Kl&#228;ger auf ein blo&#223; ung&#252;nstiges Verh&#228;ltnis von Verkehrswert und Kaufpreis hinzuweisen, und zwar unabh&#228;ngig davon, ob die Beklagte dazu &#252;ber Erkenntnisse verf&#252;gte. Schon der Verk&#228;ufer muss im Regelfall darauf nicht hinweisen. Erst recht trifft die Bank, die nur die Finanzierung &#252;bernimmt, vorvertraglich keine Verpflichtung, den K&#228;ufer auf einen f&#252;r ihn unwirtschaftlichen Kauf hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 47, vom 3. Juni 2008 - XI ZR 131/07, WM 2008, 1394 Rn. 25 und vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 508/12, WM 2014, 124 Rn. 26).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <table class="Rsp"> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Ellenberger&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Gr&#252;neberg&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Matthias</p> </td> </tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Derstadt&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">Tolkmitt&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"> <p style="text-align:left">&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;</p> </td> </tr> </table> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
180,255
olgham-2019-01-08-4-rvs-16618
{ "id": 821, "name": "Oberlandesgericht Hamm", "slug": "olgham", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Oberlandesgericht" }
4 RVs 166/18
2019-01-08T00:00:00
2019-02-07T14:18:45
2019-02-12T13:33:29
Beschluss
ECLI:DE:OLGHAM:2019:0108.4RVS166.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Revision wird als unbegr&#252;ndet verworfen, da die Nachpr&#252;fung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (&#167; 349 Abs. 2 StPO).</p> <p>Die sofortige Beschwerde wird ebenfalls als unbegr&#252;ndet verworfen.</p> <p>Die Kosten der Rechtsmittel einschlie&#223;lich der dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen tr&#228;gt die Landeskasse (&#167; 473 Abs. 1 StPO).</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration:underline">Gr&#252;nde</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in ihrer Antragsschrift Folgendes ausgef&#252;hrt:</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">&#8222;I.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Staatsanwaltschaft M&#252;nster hat gegen den Angeklagten am 08.03.2018 &#246;ffentliche Klage vor dem Amtsgericht - Strafrichter - Steinfurt wegen Erschleichens von Leistungen in zwei F&#228;llen erhoben (Bl. 6-7 R d. A.).</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Das&#160; Amtsgericht - Strafrichter - Steinfurt hat die Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens nach Zustellung der Anklageschrift (Bl. 10 11, 11 R d.A.) nicht ausdr&#252;cklich beschlossen, indes auf den &#8222;Widerspruch&#8220; des Angeklagten vom 01.04.2018 (Bl. 12 d.A.) mit Beschluss vom 03.05.2018 (Bl. 14 d. A.) das pers&#246;nliche Erscheinen des Angeklagten gem&#228;&#223; &#167; 236 StPO angeordnet. Mit weiterer Verf&#252;gung vom selben Tag hat das Amtsgericht einen Termin zur Hauptverhandlung anberaumt und den Angeklagten diesbez&#252;glich geladen (Bl. 14, 15 d. A.).</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Der Angeklagte ist nachfolgend mit Urteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 21.06.2018 wegen Erschleichens von Leistungen in zwei F&#228;llen zu einer Gesamtgeldstrafe von 20 Tagess&#228;tzen zu je 25,00 EUR verurteilt worden (Bl. 22-25 d. A.).</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Nach Verk&#252;ndung des Urteils hat der Angeklagte noch im Hauptverhandlungstermin Rechtsmittelverzicht erkl&#228;rt (Bl. 18 d. A.).</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft M&#252;nster mit bei dem Amtsgericht Steinfurt am 25.06.2018 eingegangenem Telefax-Schriftsatz vom selben Tag (Bl. 20 d. A.) unbestimmtes Rechtsmittel sowie sofortige Beschwerde gem&#228;&#223; &#167; 464 Abs. 3 StPO gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung eingelegt.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls am 21.06.2018(Bl. 18 d. A.) ist das Urteil auf Anordnung des Vorsitzenden vom 30.06.2018 (Bl. 25, 26 d. A.) der Staatsanwaltschaft M&#252;nster am 05.07.2018 zugestellt worden (Bl. 22, 27 d. A.). Mit bei dem Amtsgericht Steinfurt am 01.08.2018 eingegangenem (Bl. 31 d. A.) Schreiben der Staatsanwaltschaft M&#252;nster vom 16.07.2018 (Bl. 28 d. A.) hat diese das zuvor eingelegte Rechtsmittel als Revision bezeichnet, jene mit der konkludent erhobenen R&#252;ge der Verletzung formellen Rechts begr&#252;ndet und beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Steinfurt vom 21.06.2018 wegen des Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung aufzuheben und das Verfahren gem&#228;&#223; &#167; 206a StPO einzustellen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Dem Angeklagten ist neben einer Mitteilung hinsichtlich der Einlegung der Revision durch die Staatsanwaltschaft auch deren Revisionsbegr&#252;ndung am 03.08.2018 zugestellt worden (Bl. 33, 33 R d. A.).</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">a)</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Die rechtzeitig eingelegte sowie form- und fristgerecht begr&#252;ndete Revision der Staatsanwaltschaft M&#252;nster ist zul&#228;ssig. Der Revision, der nicht beigetreten wird, ist jedoch aus den nachstehenden Gr&#252;nden der Erfolg zu versagen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Das Verfahrenshindernis eines fehlenden Er&#246;ffnungsbeschlusses liegt nach hiesiger Rechtsansicht nicht vor.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Durch Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung wird das Hauptverfahren auf Grund vorl&#228;ufiger Tatbewertung unter den Voraussetzungen des &#167; 203 StPO er&#246;ffnet.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Zwar enth&#228;lt die Strafprozessordnung keine speziellen Formvorschriften f&#252;r den Er&#246;ffnungsbeschluss. Es bedarf jedoch insbesondere mit Blick auf dessen Bedeutung als Grundlage des Hauptverfahrens regelm&#228;&#223;ig einer schriftlichen Niederlegung der Entscheidung. Erforderlich ist aus Gr&#252;nden der Rechtsklarheit, dass die Urkunde aus sich heraus oder in Verbindung mit sonstigen Urkunden mit Sicherheit erkennen l&#228;sst, dass der Richter die Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens tats&#228;chlich beschlossen hat (zu vgl. BGH, Beschluss vom 16.06.2015 - 2 StR 29/15 -, zitiert nach juris). Ist dies unterblieben, so besteht ein Verfahrenshindernis, das durch nachtr&#228;gliche Erkl&#228;rung des Richters, die Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens beschlossen zu haben, nicht beseitigt wird (zu vgl. BGH, Beschluss vom 03.04.2012&#8218; - 2 StR 46/12 -; BGH, Beschluss vom 16.06.2015 - 2 StR 29/15 -, zitiert nach juris; Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, StPO, 61. Auflage, 2018, &#167; 207 Rdnr. 8). Es gen&#252;gt jedoch eine eindeutige und schl&#252;ssige schriftliche Erkl&#228;rung des Gerichts, aus der sich - ggf. in Verbindung mit sonstigen Urkunden - hinreichend deutlich ergibt, dass es eine bestimmt bezeichnete Anklage zur Hauptverhandlung zul&#228;sst (zu vgl. BGH, Beschluss vom 03.04.2012 - 2 StR 46/12 -; BGH, Beschluss vom 16.06.2015 - 2 StR 29/15 -; Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, a.a.O.) bzw. die Er&#246;ffnungsvoraussetzungen gepr&#252;ft hat und einen bestimmten Anklagevorwurf zur Hauptverhandlung zul&#228;sst (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.08.2016 &#8211; III-1 RVs 55/16 -, zitiert nach juris).</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Eine Termins- und Ladungsverf&#252;gung gen&#252;gt zur Annahme einer schl&#252;ssigen Zulassung der Anklage in der Regel nicht (zu vgl. BGH, Beschluss vom 11.01.2011 - 3 StR 484/10 -, zitiert nach juris; Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, a.a.O.).</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Das Amtsgericht Steinfurt hat einen ausdr&#252;cklichen Er&#246;ffnungsbeschluss zweifellos nicht abgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Soweit den Urteilsgr&#252;nden zu entnehmen ist, dass der erkennende Richter den sich nach Aktenlage ergebenden Sachverhalt aus Anlass einer am 04.04.2018 bei dem Amtsgericht eingegangenen Eingabe des Angeklagten - vor Durchf&#252;hrung der Hauptverhandlung am 21.06.2018 - im Hinblick auf die Voraussetzungen einer Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens gem&#228;&#223; &#167; 203 StPO gew&#252;rdigt habe, beseitigt auch diese nachtr&#228;gliche Erkl&#228;rung f&#252;r sich genommen das Verfahrenshindernis in Gestalt eines fehlenden Er&#246;ffnungsbeschlusses nicht.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Soweit das Amtsgericht Steinfurt vorliegend jedoch mit (von dem erkennenden Richter unterzeichnetem) Beschluss vom 03.05.2018 das pers&#246;nliche Erscheinen des Angeklagten gem&#228;&#223; &#167; 236 StPO angeordnet hat, kommt hierin eine schl&#252;ssige und eindeutige Willenserkl&#228;rung hinsichtlich der Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens zum Ausdruck.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Die Entscheidung dar&#252;ber, ob das pers&#246;nliche Erscheinen eines Angeklagten angeordnet wird, setzt voraus, dass dessen Anwesenheit in der Hauptverhandlung einen Beitrag zur Aufkl&#228;rung des Sachverhaltes erwarten l&#228;sst. Ist dies zu bejahen, steht die Entscheidung hinsichtlich der Anordnung im Ermessen des Gerichts, wobei eine pflichtgem&#228;&#223;e Ermessensaus&#252;bung eine sachgerechte und umfassende W&#252;rdigung aller f&#252;r und gegen die Anordnung sprechenden Gesichtspunkte verlangt. Die berechtigten Interessen des Angeklagten und das Interesse an m&#246;glichst vollst&#228;ndiger Sachaufkl&#228;rung sind gegeneinander abzuw&#228;gen (zu vgl. Meyer-Go&#223;ner/Schmitt, a.a.O., &#167; 236 Rdnr. 4).</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Es liegt daher auf der Hand, dass das Amtsgericht bei Anordnung des pers&#246;nlichen Erscheinens des Angeklagten als Reaktion auf dessen &#8222;Widerspruch&#8220; sein Ermessen dahingehend ausge&#252;bt hat, ob das Erscheinen zur Aufkl&#228;rung des Sachverhalts geboten ist und dem Angeklagten dieses unter Ber&#252;cksichtigung seiner Belange und der Bedeutung der Strafsache auch zugemutet werden kann.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Hierf&#252;r musste das Amtsgericht sich denknotwendig aber auch mit der Frage des Vorliegens eines hinreichenden Tatverdachts unter Ber&#252;cksichtigung der Einlassung des Angeklagten befassen.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Von einer inhaltlichen Auseinandersetzung des Amtsgerichts mit der Frage des Vorliegens eines hinreichenden Tatverdachtes ist dabei auch unter Ber&#252;cksichtigung des Umstands auszugehen, dass die Regelung des &#167; 236 StPO auch die Befugnis einr&#228;umt, das Erscheinen eines Angeklagten mit den Mitteln des Vorf&#252;hrungsbefehls oder Haftbefehls (i.S.d. &#167; 230 StPO) zu erzwingen. Obschon der Vorf&#252;hrungsbefehl allein der Sicherstellung des Erscheinens des Angeklagten in der Hauptverhandlung und der Haftbefehl der Sicherstellung der Durchf&#252;hrung der Hauptverhandlung dient (zu vgl. Karlsruher Kommentar, a.a.O., &#167; 230 Rdnr. 8, &#167; 236 Rdnr. 6), setzen beide Zwangsmittel (implizit) auch einen hinreichenden Tatverdacht voraus.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">Der betreffende Beschluss vom 03.05.2018, der das hiesige Strafverfahren schlie&#223;lich konkret in Bezug genommen hat, bringt damit zum Ausdruck, dass das Amtsgericht Steinfurt die Annahme eines hinreichenden Tatverdachts bejaht und die Er&#246;ffnung des Hauptverfahrens letztlich auch beschlossen hat. Die Anordnung des pers&#246;nlichen Erscheinens des Angeklagten ersetzt damit vorliegend ausnahmsweise den fehlenden ausdr&#252;cklichen Er&#246;ffnungsbeschluss.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Danach kommt ein Verfahrenshindernis nicht in Betracht.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Die Revision der Staatsanwaltschaft M&#252;nster ist daher als unbegr&#252;ndet zu verwerfen.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">b)</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die sofortige Beschwerde ist gem&#228;&#223; &#167; 464 Abs. 3 StPO statthaft und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie keinen Erfolg, da das Amtsgericht Steinfurt die sich aus &#167; 465 Abs. 1 StPO ergebende Kostentragungspflicht des Angeklagten im Fall der Verurteilung zutreffend ber&#252;cksichtigt hat.&#8220;</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Erg&#228;nzend zu diesen zutreffenden Ausf&#252;hrungen bemerkt der Senat, dass die Revision der Staatsanwaltschaft nicht deswegen unzul&#228;ssig ist, weil weder die Sachr&#252;ge ausdr&#252;cklich erhoben wurde, noch die R&#252;ge des Fehlens einer Verfahrensvoraussetzung den Begr&#252;ndungserfordernissen einer Verfahrensr&#252;ge gem. &#167; 344 Abs. 2 StPO gen&#252;gt. Die Ausf&#252;hrungen zum Fehlen eines wirksamen Er&#246;ffnungsbeschlusses sind als auf diesen Punkt beschr&#228;nkt erhobene Sachr&#252;ge auszulegen, so dass der Senat auf diese beschr&#228;nkte Sachr&#252;ge hin die von Amts wegen gebotene Pr&#252;fung der Verfahrensvoraussetzungen vornehmen konnte (vgl.&#160; OLG Hamm, Beschl. v. 15.02.2018 &#8211; 4 RBs 24/18 &#8211; juris m.w.N.).</p>
180,185
bfh-2019-01-08-ii-b-6218
{ "id": 6, "name": "Bundesfinanzhof", "slug": "bfh", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
II B 62/18
2019-01-08T00:00:00
2019-02-07T14:17:37
2019-02-07T14:17:37
Beschluss
ECLI:DE:BFH:2019:BA.080119.IIB62.18.0
<h2>Tenor</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des S&#228;chsischen Finanzgerichts vom 9. Mai 2018&#160;&#160;2 V 382/18 aufgehoben. Die Vollziehung des Bescheids &#252;ber die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen f&#252;r die Grunderwerbsteuer vom 13. Februar 2017 wird bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Einspruchsentscheidung, l&#228;ngstens bis zum Eintritt der Bestandskraft, ausgesetzt. Soweit er bereits vollzogen ist, wird die Vollziehung aufgehoben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="text-align:center">I. </p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p>Die Antragstellerin und Beschwerdef&#252;hrerin (Antragstellerin) ist eine KG mit Grundbesitz im Freistaat Sachsen. Komplement&#228;rin ist eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschr&#228;nkt) (G), die mittlerweile als GmbH eingetragen und deren Gesch&#228;ftsf&#252;hrer ... (X) ist; Kommanditist war zun&#228;chst nur X mit einer Einlage von 30.000&#160;&#8364;. Mit Vertrag vom 16.&#160;Januar 2013 setzte X seinen Kommanditanteil auf 2.500&#160;&#8364; herab, w&#228;hrend die ... (S) als Kommanditistin eintrat. Mit weiterem --bisher nicht aktenkundigen-- Vertrag vom 19.&#160;Februar 2013 erh&#246;hte S ihren Kommanditanteil auf 77.500&#160;&#8364;, eingetragen im Handelsregister am 6.&#160;M&#228;rz 2013. Im Jahre 2014 folgte eine weitere Erh&#246;hung des Kommanditanteils der S auf 137.500&#160;&#8364;.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p>Ausweislich der Anmeldung zum Handelsregister war die S am 10.&#160;August 2011 nach dem International Business Companies Act der Republik Seychellen (Seychellen) gegr&#252;ndet worden. Ihre Alleingesellschafterin war ausweislich der Feststellungen des Finanzgerichts (FG) in der Zeit vom 1.&#160;Februar 2013 bis 30.&#160;Juli 2015 die ... (C) mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln. X hatte in Zypern mit der C eine Vereinbarung abgeschlossen, der zufolge die C den Gesch&#228;ftsanteil an der S treuh&#228;nderisch f&#252;r X hielt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p>Im Jahre 2015 wurde dem Antragsgegner und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) angezeigt, dass X seinen Wohnsitz sowie die Antragstellerin und die G ihre Gesch&#228;ftsleitung nach ..., Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) im Zust&#228;ndigkeitsbereich des Finanzamts ... (FA Y) im Bundesland verlegt h&#228;tten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p>Das FA erlie&#223; am 13.&#160;Februar 2017 den streitgegenst&#228;ndlichen Bescheid, mit dem es sinngem&#228;&#223; feststellte, dass durch die Erh&#246;hung des Kommanditanteils vom 19.&#160;Februar/6.&#160;M&#228;rz 2013 unmittelbar bzw. mittelbar Anteile der grundbesitzenden Antragstellerin &#252;bergegangen seien und hierdurch ein Erwerbsvorgang nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) verwirklicht worden sei. &#220;ber den Einspruch ist nach Aktenlage noch nicht entschieden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p>Das Lagefinanzamt hat einen Bescheid &#252;ber die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 6.&#160;M&#228;rz 2013 erlassen. Das Finanzamt ... hat einen Bescheid &#252;ber Grunderwerbsteuer erlassen und betreibt die Vollstreckung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p>Die Generalstaatsanwaltschaft ... f&#252;hrt gegen X ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durch. Am 14.&#160;September 2017 hatte das Amtsgericht (AG) ... einen Untersuchungshaftbefehl erlassen, der allerdings nicht vollst&#228;ndig aktenkundig ist. Er wurde am 2.&#160;November 2017 unter Fortbestand des Tatverdachts gegen Auflagen und Weisungen au&#223;er Vollzug gesetzt. Der Haftbefehl st&#252;tzt sich --soweit es den vorliegenden Ausz&#252;gen zu entnehmen ist-- auf Vorg&#228;nge im Zusammenhang mit der S und der C.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p>So hei&#223;t es darin, die S sei nach den Feststellungen des Bundeszentralamtes f&#252;r Steuern (BZSt) eine Briefkastengesellschaft. Tats&#228;chlich k&#246;nnten weder eigenes Personal noch eigene Gesch&#228;ftsr&#228;ume, eigene Gesch&#228;ftsausstattung oder eine Teilnahme am Marktgeschehen im Rahmen ihrer gew&#246;hnlichen Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit auf den Seychellen oder am formalen Ort der Gesch&#228;ftsleitung auf Zypern festgestellt werden, auch wenn der Vertreter der C, die ihrerseits Gesch&#228;ftsf&#252;hrerin der S sei, in Zypern ans&#228;ssig sei. X habe als Bevollm&#228;chtigter sowie als tats&#228;chlich die Gesch&#228;ftsf&#252;hrung bestimmender wirtschaftlicher Inhaber alle wichtigen organisatorischen und rechtsgesch&#228;ftlichen Handlungen vorgenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p>Nachdem ein operatives Gesch&#228;ft der S im Zeitraum 2011 bis 2012 nicht festzustellen sei, sei die S, vertreten durch X, an dessen Stelle mehreren KGs beigetreten und habe diesen durch Erh&#246;hung der Kommanditanteile in erheblichem Umfange Kapital zuflie&#223;en lassen. Damit habe X zu privatn&#252;tzigen Zwecken seine ausl&#228;ndischen Eink&#252;nfte verlagert. Da als Ort der Gesch&#228;ftsleitung einer Briefkastenfirma der Wohnsitz des X anzusehen sei, sei die S als Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland unbeschr&#228;nkt k&#246;rperschaft- und gewerbesteuerpflichtig. Die Kapitalerh&#246;hungen der Kommanditanteile in den deutschen Verm&#246;gensverwaltungsgesellschaften des X wiederum seien als Entnahmen in das Privatverm&#246;gen infolge von Gewinnaussch&#252;ttungen zu bewerten. Im Zuge dieses Ermittlungsverfahrens brachte die Generalstaatsanwaltschaft zur Vollziehung von Verm&#246;gensarresten u.a. Pf&#228;ndungsbeschl&#252;sse in die (angeblichen) Kommanditanteile der S und des X sowie des Gesch&#228;ftsanteils der G an der Antragstellerin aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p>Der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Bescheids vom 13.&#160;Februar 2017 blieb sowohl beim FA als auch beim FG erfolglos. Das FG hat ausgef&#252;hrt, die &#246;rtliche Unzust&#228;ndigkeit des FA sei nach &#167;&#160;127 der Abgabenordnung (AO) unbeachtlich, der Bescheid im &#220;brigen rechtm&#228;&#223;ig. Die S habe mit der Kapitalerh&#246;hung vom 19.&#160;Februar 2013 ihren Kapitalanteil auf 96,875&#160;% aufgestockt. Unerheblich sei, welche Rolle X hinter der S einnehme, da es eine &#252;ber eine Kapitalgesellschaft vermittelte Beteiligung als Altgesellschafter an der Personengesellschaft nicht gebe. Ebenso wenig sei von Bedeutung, welche ertragsteuerlichen Folgen aus den Aktivit&#228;ten des X gezogen worden seien.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Mit der seitens des FG mit R&#252;cksicht auf das anh&#228;ngige Revisionsverfahren II&#160;R&#160;18/17 zugelassenen Beschwerde macht die Antragstellerin weiterhin Zweifel an der formellen und materiellen Rechtm&#228;&#223;igkeit des Bescheids sowie eine in der sofortigen Beitreibung liegende unbillige H&#228;rte geltend.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Das FA sei zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des angefochtenen Bescheids &#246;rtlich nicht mehr zust&#228;ndig gewesen, nachdem bereits im Jahre 2015 sowohl dem FA als auch dem &#246;rtlich zust&#228;ndigen FA Y der Umzug der Gesch&#228;ftsf&#252;hrung angezeigt worden sei. Es sei auch nicht nahezu ausgeschlossen, dass das FA Y angesichts der materiell-rechtlichen Zweifelhaftigkeit der Sache anders entschieden h&#228;tte. Diese wiederum liege darin, dass sich mittelbar die wirtschaftliche Verf&#252;gungsmacht des X &#252;ber das fragliche Grundst&#252;ck nicht ver&#228;ndert habe.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>Im Streitfall trete hinzu, dass es in entsprechender Anwendung des &#167;&#160;174 AO nicht zul&#228;ssig sei, wenn die Finanzverwaltung, zudem dasselbe FA, ein- und denselben Lebenssachverhalt mehrfach unterschiedlich w&#252;rdige, um m&#246;glichst viel Steuer zu generieren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>In dem Strafverfahren gegen X rechne die Finanzverwaltung u.a. die streitige Kapitalerh&#246;hung dem X f&#252;r einkommensteuerrechtliche Zwecke zu, ohne dass bisher allerdings entsprechende Bescheide ergangen w&#228;ren. Grunderwerbsteuerrechtlich werde allein auf die formale Eintragung der S im Handelsregister abgestellt. Das entspr&#228;che einer widerstreitenden Steuerfestsetzung i.S. des &#167;&#160;174 AO, wenn bereits Bescheide erlassen worden w&#228;ren. Der Nichterlass rechtsmittelf&#228;higer Bescheide schneide die Rechtsschutzm&#246;glichkeiten ab. Wegen der Ma&#223;nahmen der Steuerfahndung zeitige die (zudem falsche und damit rechtswidrige) einkommensteuerrechtliche Rechtsauffassung des FA bereits erhebliche Wirkungen. Das Verm&#246;gen des X sei gepf&#228;ndet und damit blockiert; die Antragstellerin habe dadurch auch keine Mittel mehr, die Grunderwerbsteuer auch nur vorl&#228;ufig zu zahlen. Wenn die W&#252;rdigungen ein- und desselben Lebenssachverhalts f&#252;r Zwecke der einzelnen Steuerarten einander denklogisch widerspr&#228;chen, liege ein Versto&#223; gegen das verfassungsrechtliche &#220;berma&#223;verbot vor. Zumindest w&#228;re in derartigen F&#228;llen die Rechtsfrage zu kl&#228;ren, ob die analoge Anwendung von &#167;&#160;174 AO in Frage kommt, wenn zwar die Voraussetzungen der Vorschrift noch nicht vorliegen, wohl aber die Finanzverwaltung durch anderweitige Ma&#223;nahmen die Folgen der widerstreitenden Festsetzung eintreten l&#228;sst.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>Die Antragstellerin beantragt,<br/>den Bescheid &#252;ber die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen f&#252;r die Grunderwerbsteuer vom 13.&#160;Februar 2017 ab Wirksamkeit und ohne Sicherheitsleistungen bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens von der Vollziehung auszusetzen bzw. die Vollziehung aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Das FA beantragt,<br/>die Beschwerde zur&#252;ckzuweisen<br/>und schlie&#223;t sich der Auffassung des FG an.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>Auf den Hinweis des Senats, dass Bedenken an der Rechtsf&#228;higkeit der S best&#252;nden, ist das FA dem entgegengetreten und hat einen Auszug der Datenbank ... vorgelegt, demzufolge die S am 10.&#160;August 2011 gegr&#252;ndet worden sei, noch bestehe und &#252;ber eine Anschrift auf den Seychellen verf&#252;ge.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p style="text-align:center">II. </p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>Die Beschwerde ist begr&#252;ndet. Bei der im Verfahren &#252;ber die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung gebotenen summarischen Pr&#252;fung bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angefochtenen Bescheids i.S. des &#167;&#160;69 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 i.V.m. Abs.&#160;2 Satz&#160;2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>1. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;69 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 i.V.m. Abs.&#160;2 Satz&#160;2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts u.a. aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an dessen Rechtm&#228;&#223;igkeit bestehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>a) Ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit eines Verwaltungsakts bestehen, wenn bei summarischer Pr&#252;fung der Sach- und Rechtslage neben den f&#252;r die Rechtm&#228;&#223;igkeit sprechenden Umst&#228;nden gewichtige, gegen die Rechtm&#228;&#223;igkeit sprechende Gr&#252;nde zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Bei der hiernach gebotenen Abw&#228;gung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu ber&#252;cksichtigen, wobei diese nicht &#252;berwiegen m&#252;ssen. Es ist eine summarische Pr&#252;fung aufgrund des Sachverhalts vorzunehmen, der sich aus den sog. pr&#228;senten Beweismitteln, dem Vortrag der Beteiligten und den Akten ergibt (st&#228;ndige Rechtsprechung, vgl. u.a. Beschl&#252;sse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20.&#160;Oktober 2011 VIII&#160;S&#160;5/11, BFH/NV 2012, 262, und vom 12.&#160;Juli 2017 X&#160;B&#160;16/17, BFHE 257, 523, Rz&#160;53).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>b) Verfahrensrechtlich beruht der Bescheid auf &#167;&#160;17 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 Nr.&#160;2 GrEStG. Danach werden in den F&#228;llen des &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a, 3 und 3a GrEStG die Besteuerungsgrundlagen durch das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Gesch&#228;ftsleitung der Gesellschaft befindet, gesondert festgestellt, wenn ein au&#223;erhalb des Bezirks dieses Finanzamts liegendes Grundst&#252;ck oder ein auf das Gebiet eines anderen Landes sich erstreckender Teil eines im Bezirk dieses Finanzamts liegenden Grundst&#252;cks betroffen wird.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>c) Materiell-rechtlich st&#252;tzt sich der angefochtene Bescheid auf &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a GrEStG. Diese Vorschrift fingiert einen grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgang bei bestimmten &#196;nderungen des Gesellschafterbestands einer Personengesellschaft.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>aa) Geh&#246;rt zum Verm&#246;gen einer Personengesellschaft ein inl&#228;ndisches Grundst&#252;ck und &#228;ndert sich innerhalb von f&#252;nf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95&#160;% der Anteile am Gesellschaftsverm&#246;gen auf neue Gesellschafter &#252;bergehen, gilt dies nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a Satz&#160;1 GrEStG als ein auf die &#220;bereignung eines Grundst&#252;cks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgesch&#228;ft.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>bb) Gesellschafter einer Personengesellschaft kann auch eine ausl&#228;ndische Kapitalgesellschaft sein. Diese wird grunderwerbsteuerrechtlich nicht anders behandelt als eine inl&#228;ndische Kapitalgesellschaft (ausdr&#252;cklich f&#252;r den Fall des Anteilserwerbs BFH-Urteil vom 2.&#160;August 2006 II&#160;R&#160;23/05, BFH/NV 2006, 2306, unter II.2.). Dies setzt aber voraus, dass das als ausl&#228;ndische Kapitalgesellschaft und damit als ausl&#228;ndische juristische Person auftretende Gebilde tats&#228;chlich rechtsf&#228;hig ist. Fehlt es daran, ist im Einzelfall zu pr&#252;fen, welche zivilrechtlichen Folgen sich hieraus f&#252;r Rechtsgesch&#228;fte mit der Scheingesellschaft ergeben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_24">24</a> </dt> <dd> <p>Jedenfalls kann ein nicht rechtsf&#228;higes Gebilde nicht Rechtstr&#228;ger und deshalb auch nicht Gesellschafter einer Personengesellschaft i.S. des &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a GrEStG sein.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_25">25</a> </dt> <dd> <p>cc) Die Frage, ob eine im Ausland gegr&#252;ndete juristische Person rechtsf&#228;hig ist, beurteilt sich grunds&#228;tzlich nach dem Recht, das am Ort ihres tats&#228;chlichen Verwaltungssitzes gilt (sog. Sitztheorie, vgl. BFH-Beschluss vom 12.&#160;Juni 1995 II&#160;S&#160;9/95, BFHE 177, 347, BStBl II 1995, 605, unter II.2.c).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_26">26</a> </dt> <dd> <p>aaa) Abweichend davon richtet sich die Frage der Rechtsf&#228;higkeit nach der sog. Gr&#252;ndungstheorie, wenn eine Gesellschaft in einem Vertragsstaat der Europ&#228;ischen Union (EU) oder des Europ&#228;ischen Wirtschaftsraums (EWR) oder in einem mit diesen aufgrund Staatsvertrags in Bezug auf die Niederlassungsfreiheit gleichgestellten Staat nach dessen Vorschriften wirksam gegr&#252;ndet ist. Diese ist in einem anderen Vertragsstaat auf der Grundlage der im Vertrag &#252;ber die Arbeitsweise der Europ&#228;ischen Union (AEUV) garantierten Niederlassungsfreiheit (Art.&#160;54 AEUV) unabh&#228;ngig von dem Ort ihres tats&#228;chlichen Verwaltungssitzes in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegr&#252;ndet wurde (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13.&#160;M&#228;rz 2003 VII&#160;ZR&#160;370/98, BGHZ 154, 185; vom 13.&#160;April 2010&#160;&#160;5&#160;StR&#160;428/09, Der Betrieb --DB-- 2010, 1581; BFH-Urteil vom 29.&#160;Juni 2016 II&#160;R&#160;14/12, BFH/NV 2017, 1, m.w.N.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_27">27</a> </dt> <dd> <p>bbb) F&#252;r Gesellschaften au&#223;erhalb des geschilderten Raumes bleibt es bei der Sitztheorie (im Einzelnen Palandt/Thorn, B&#252;rgerliches Gesetzbuch, 77.&#160;Aufl., Anhang des Einf&#252;hrungsgesetzes zum B&#252;rgerlichen Gesetzbuch&#160;12, Rz&#160;10 bis 13). Haben Kapitalgesellschaften, die nach ausl&#228;ndischem Recht gegr&#252;ndet wurden, ihren Sitz im Inland, k&#246;nnen sie im Regelfall mangels Einhaltung der inl&#228;ndischen Gr&#252;ndungsvorschriften f&#252;r Kapitalgesellschaften nicht als solche betrachtet werden. Damit entf&#228;llt die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft und ist auf die hinter ihr stehenden Gesellschafter zur&#252;ckzugreifen. Folgerichtig kommt in einem solchen Falle die Behandlung als rechtsf&#228;hige Personengesellschaft in Betracht (vgl. BGH-Urteile vom 1.&#160;Juli 2002 II&#160;ZR&#160;380/00, BGHZ 151, 204, unter II.1.; vom 27.&#160;Oktober 2008 II&#160;ZR&#160;158/06 "Trabrennbahn", BGHZ 178, 192, unter I.1.c). Dies wiederum setzt voraus, dass die Gesellschaft mehr als einen Gesellschafter hat, denn eine Einmann-Personengesellschaft existiert im deutschen Recht nicht (grundlegend f&#252;r die GbR Palandt/Sprau, a.a.O., &#167;&#160;705 Rz&#160;1). Hat mithin die ausl&#228;ndische Kapitalgesellschaft lediglich einen Gesellschafter, tritt dieser an die Stelle der Personengesellschaft. Damit entf&#228;llt die M&#246;glichkeit, in der Gesellschaft ein rechtsf&#228;higes Gebilde zu sehen. Ma&#223;gebender Rechtstr&#228;ger ist der Gesellschafter allein.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_28">28</a> </dt> <dd> <p>2. Der Senat geht aufgrund seiner Beschr&#228;nkung auf pr&#228;sente Beweismittel f&#252;r Zwecke der AdV davon aus, dass der Inhalt des bisher nicht aktenkundigen Vertrags vom 19.&#160;Februar 2013, mit dem der Kommanditanteil der S auf 77.500&#160;&#8364; erh&#246;ht worden sein soll, der Anmeldung zum Handelsregister und den Feststellungen des FG entspricht; im Hauptsacheverfahren bed&#252;rfte dies ggf. der &#220;berpr&#252;fung.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_29">29</a> </dt> <dd> <p>Es bestehen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angefochtenen Bescheids, weil S mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eine Briefkastengesellschaft (Domizilgesellschaft/Basisgesellschaft) ist, von der nicht feststeht, ob sie im Inland &#252;berhaupt rechtsf&#228;hig und als solche in der Lage ist, einen Anteil an der Antragstellerin zu halten. Die seitens der Antragstellerin vorgelegten Dokumente aus dem Ermittlungsverfahren gegen X, gegen deren Echtheit keine Bedenken bestehen, begr&#252;nden Zweifel daran, ob Erwerb und Erh&#246;hung des Kommanditanteils an der Antragstellerin durch die wirkliche oder vermeintliche ausl&#228;ndische Kapitalgesellschaft S die Voraussetzungen eines nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;2a GrEStG steuerbaren Tatbestands erf&#252;llen. Insoweit liegt eine Unsicherheit in der Beurteilung von Tat- und Rechtsfragen vor, die die AdV rechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_30">30</a> </dt> <dd> <p>a) Sollte die Sachverhaltsdarstellung in dem gegen X erlassenen Haftbefehl zutreffen, d&#252;rfte S als reine Briefkastengesellschaft au&#223;erhalb des Anwendungsbereichs des EU-Rechts nicht rechtsf&#228;hig gewesen sein.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_31">31</a> </dt> <dd> <p>aa) Die Rechtsf&#228;higkeit der S beurteilt sich nach dem Ort des tats&#228;chlichen Verwaltungssitzes und nicht nach ihrem Gr&#252;ndungsstatut. S wurde nach Aktenlage nach dem Recht der Seychellen gegr&#252;ndet, die weder Vertragsstaat der EU noch des EWR noch hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit gleichgestellt ist. Aus dem Umstand, dass die C als ihre Alleingesellschafterin --wenn auch in Treuhand f&#252;r X-- ihren Sitz augenscheinlich auf den im Wege der Assoziierung nach Art.&#160;198, 199 Nr.&#160;5, Anhang&#160;II AEUV in den Geltungsbereich der Niederlassungsfreiheit einbezogenen Britischen Jungferninseln hatte und mutma&#223;lich auch nach dem dortigen Recht gegr&#252;ndet wurde, folgt in diesem Zusammenhang schon deshalb nichts Gegenteiliges, weil nicht das Gesellschaftsstatut der Gesellschafterin C, sondern das der Gesellschaft S selbst ma&#223;gebend ist. Aus demselben Grunde kommt es erst recht nicht darauf an, dass der Vertreter der C auf dem zur EU geh&#246;renden Zypern ans&#228;ssig gewesen sein soll.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_32">32</a> </dt> <dd> <p>bb) Der tats&#228;chliche Verwaltungssitz der S k&#246;nnte sich in Deutschland befunden haben. Der Haftbefehl geht davon aus, dass S mangels Personals, Gesch&#228;ftsr&#228;umen, eigener Gesch&#228;ftsausstattung oder Teilnahme am Marktgeschehen weder auf den Seychellen noch auf Zypern irgendeine Form von Gesch&#228;ftst&#228;tigkeit ausge&#252;bt habe und X sowohl kraft Vollmacht als auch tats&#228;chlich die Gesch&#228;ftsf&#252;hrung bestimmt habe. X war in Deutschland ans&#228;ssig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_33">33</a> </dt> <dd> <p>cc) Es ist nicht erkennbar und auch in der Sache nicht wahrscheinlich, dass S die Gr&#252;ndungsvorschriften f&#252;r eine deutsche Gesellschaft eingehalten h&#228;tte, so dass ihr nach diesem Ma&#223;stab keine Rechtsf&#228;higkeit als Kapitalgesellschaft zuk&#228;me.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_34">34</a> </dt> <dd> <p>dd) Eine Rechtsf&#228;higkeit als Personengesellschaft ist bei der im AdV-Verfahren allein m&#246;glichen summarischen Pr&#252;fung ebenfalls nicht anzunehmen. Die S hatte lediglich eine Gesellschafterin, die C. Damit kann die S nicht Personengesellschaft sein, und zwar unabh&#228;ngig davon, welche Rechtsqualit&#228;t der C zukommen k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_35">35</a> </dt> <dd> <p>Nach alledem ist zweifelhaft, ob die S f&#252;r Zwecke der Grunderwerbsteuer als tauglicher Rechtstr&#228;ger zu behandeln ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_36">36</a> </dt> <dd> <p>b) G&#228;nzlich ungekl&#228;rt ist, ob der Gesellschaftsanteil an der Antragstellerin (und damit auch ein Erwerb des Gesellschaftsanteils) der C als Gesellschafterin der S zuzurechnen sein k&#246;nnte. Dies ist f&#252;r den Fall zu pr&#252;fen, dass die C mit ihrem Sitz auf den Britischen Jungferninseln ihrerseits nach den vorgenannten Ma&#223;st&#228;ben rechtsf&#228;hig ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_37">37</a> </dt> <dd> <p>Eine abschlie&#223;ende Beurteilung dieser Rechtsfrage ist dem Senat allerdings im AdV-Verfahren nicht m&#246;glich. Daf&#252;r w&#228;re u.a. die Frage zu beantworten, welche Rechtswirkungen die Treuhandvereinbarung zwischen der C und dem X betreffend den Gesellschaftsanteil an der S haben k&#246;nnte, welchen konkreten Inhalt diese Vereinbarung hat, ob f&#252;r das Zustandekommen und die Rechtswirkungen das Recht der Britischen Jungferninseln als Gr&#252;ndungsstatut der C, das Recht Zyperns als formalem Ort der Gesch&#228;ftsleitung und Ort des Vertragsschlusses oder aber das Recht Deutschlands als Ans&#228;ssigkeitsstaat des Treugebers X ma&#223;gebend ist. Zu den Rechtswirkungen einer Treuhandvereinbarung geh&#246;rt auch die Frage ihrer Reichweite, hier, ob das Treugut (der in der Hand der C befindliche Gesch&#228;ftsanteil an der S) noch dem Treuh&#228;nder --der C-- oder bereits dem Treugeber --dem X-- zuzurechnen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_38">38</a> </dt> <dd> <p>c) Der Senat geht mangels anderweitiger Anhaltspunkte von dem Sachverhalt aus, der dem Haftbefehl zugrunde liegt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_39">39</a> </dt> <dd> <p>aa) Wenn auch insoweit keine Bindung besteht, stellen doch diejenigen tats&#228;chlichen Annahmen, auf die sich ein Haftbefehl st&#252;tzt, in einem summarischen Verfahren wie dem vorliegenden AdV-Verfahren ein erhebliches Indiz f&#252;r deren inhaltliche Richtigkeit dar, wenn sie nicht substantiiert bestritten werden. Bestritten hat diese Feststellungen allenfalls die Antragstellerin, nicht hingegen das FA, das im Rahmen der Grunderwerbsteuer aus dem Bestreiten Vorteile h&#228;tte ziehen k&#246;nnen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_40">40</a> </dt> <dd> <p>Die Untersuchungshaft setzt nach &#167;&#160;112 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 der Strafprozessordnung (StPO) neben dem grunds&#228;tzlich erforderlichen Haftgrund dringenden Tatverdacht voraus, wobei es sich um einen zwar an dem Stadium der Ermittlungen orientierten und insofern ggf. auch unvollst&#228;ndigen, aber doch st&#228;rkeren Verdacht handeln muss (vgl. im Einzelnen Hilger in L&#246;we-Rosenberg, StPO, 26.&#160;Aufl. 2007, &#167;&#160;112, Rz&#160;16 bis 21). Die Einstufung der S als Briefkastengesellschaft war, soweit es sich den Ausz&#252;gen entnehmen l&#228;sst, wesentlicher Bestandteil des Haftbefehls. Der Senat hat aktuell keine Hinweise darauf, inwiefern der Haftbefehl auf unzutreffender Tatsachengrundlage beruhen sollte und folglich das AG zu Unrecht die Haft angeordnet haben sollte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_41">41</a> </dt> <dd> <p>Bezieht sich aber ein dringender Tatverdacht i.S. des &#167;&#160;112 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 StPO auf Sachverhaltselemente, die ihrerseits, wenn sie zutreffen, zur Rechtswidrigkeit eines angefochtenen Steuerverwaltungsakts f&#252;hren, so bestehen bei summarischer Pr&#252;fung im Allgemeinen auch ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit dieses Verwaltungsakts.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_42">42</a> </dt> <dd> <p>An dem dringenden Tatverdacht hat sich durch die Au&#223;ervollzugsetzung des Haftbefehls nichts ge&#228;ndert. Dies ergibt sich aus dem Beschluss selbst, der &#252;ber die Auflagen und Weisungen allein den Haftgr&#252;nden (Flucht- und Verdunkelungsgefahr) zu begegnen sucht. W&#228;re der Verdacht entfallen, h&#228;tte der Haftbefehl aufgehoben werden m&#252;ssen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_43">43</a> </dt> <dd> <p>bb) Der Senat verkennt nicht, dass die Antragstellerin selbst erkl&#228;rt, sie teile die im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen X vertretene Auffassung der Finanzverwaltung zur Einkommensteuer nicht. Sie hat nicht n&#228;her erl&#228;utert, ob sie die Sachverhaltsfeststellungen f&#252;r fehlerhaft oder die rechtliche W&#252;rdigung f&#252;r unzutreffend h&#228;lt oder ob es sich insoweit lediglich um eine salvatorische Klausel handelt, um ein inzidentes Schuldeingest&#228;ndnis zu Lasten des X sowie negative Folgen bei der Einkommensteuer zu vermeiden. Ein substantiierter Vortrag ist diese nicht durch Tatsachendarstellungen untermauerte Einlassung jedenfalls nicht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_44">44</a> </dt> <dd> <p>cc) Im &#220;brigen ist es ein Indiz f&#252;r die Richtigkeit der in dem Haftbefehl enthaltenen Feststellungen, dass sie sich auf die --wiederum nicht aktenkundigen-- Feststellungen des BZSt st&#252;tzen, die ihrerseits regelm&#228;&#223;ig auf belastbaren Informationen gr&#252;nden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_45">45</a> </dt> <dd> <p>dd) Soweit die Beh&#246;rden im vorliegenden Sachverhaltskomplex Ma&#223;nahmen ergriffen haben, von denen fraglich ist, ob sie nicht die Rechtsf&#228;higkeit der S voraussetzen (so etwa die Pf&#228;ndung in einen m&#246;glichen Kommanditanteil), steht das der vorliegenden --vorl&#228;ufigen-- Beurteilung nicht entgegen. Zum einen ist bereits der Pf&#228;ndungsbeschluss so offen gefasst, dass er m&#246;glicherweise verschiedene rechtliche Wertungen abdeckt --dies abschlie&#223;end zu beurteilen, ist nicht Aufgabe des vorliegenden Verfahrens--; zum anderen ist der Senat an diese Wertungen nicht gebunden.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_46">46</a> </dt> <dd> <p>ee) Der Senat weist ausdr&#252;cklich darauf hin, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf dem aktuellen Informationsstand beruht. Falls sich im Zuge der weiteren Aufkl&#228;rungsma&#223;nahmen die m&#246;gliche Annahme, die S sei eine nicht rechtsf&#228;hige Briefkastengesellschaft, als nicht zutreffend erweist, kommt eine &#196;nderung des Beschlusses nach &#167;&#160;69 Abs.&#160;6 FGO durch das jeweilige Gericht der Hauptsache in Betracht.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_47">47</a> </dt> <dd> <p>d) Offen kann bleiben, welche Folgen die unstreitige Verletzung der &#246;rtlichen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r den Erlass des Feststellungsbescheids durch das FA hat und ob insoweit &#167;&#160;127 AO anzuwenden ist. Nicht entscheidungserheblich ist auch die von der Antragstellerin geltend gemachte analoge Anwendung des &#167;&#160;174 AO.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_48">48</a> </dt> <dd> <p>3. &#220;ber eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheids zu entscheiden (&#167;&#160;69 Abs.&#160;3 Satz&#160;1 i.V.m. Abs.&#160;2 Satz&#160;6 FGO). Ein ausdr&#252;cklicher Ausschluss der Sicherheitsleistung kommt nicht in Betracht. Die vorstehenden Erw&#228;gungen lassen nicht den Schluss zu, dass der Rechtsbehelf gegen den Grundlagenbescheid mit gro&#223;er Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird (vgl. BFH-Beschluss vom 29.&#160;Juli 1997 VIII&#160;S&#160;1/97, BFH/NV 1998, 186).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_49">49</a> </dt> <dd> <p>4. Auf den Aspekt der unbilligen H&#228;rte war hiernach nicht mehr einzugehen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_50">50</a> </dt> <dd> <p>5. Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;135 Abs.&#160;1 FGO.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p/> </dd> </dl> </div>
178,085
bverwg-2019-01-08-1-c-1818
{ "id": 5, "name": "Bundesverwaltungsgericht", "slug": "bverwg", "city": null, "state": 2, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Bundesgericht" }
1 C 18/18
2019-01-08T00:00:00
2019-02-01T13:09:14
2019-02-01T13:09:14
Urteil
ECLI:DE:BVerwG:2019:080119U1C18.18.0
<h2>Tatbestand</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_1">1</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger, ein eritreischer Staatsangeh&#246;riger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzul&#228;ssig, die Feststellung, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen, die Anordnung der Abschiebung in die Republik Italien und die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 12 Monate.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_2">2</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger reiste nach eigenen Angaben am 15. September 2016 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 22. September 2016 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass er zuvor illegal nach Italien eingereist war. Das Bundesamt f&#252;r Migration und Fl&#252;chtlinge der Beklagten (Bundesamt) richtete am 24. Oktober 2016 ein Aufnahmegesuch an die Republik Italien, welches unbeantwortet blieb. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 18. Januar 2017 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zust&#228;ndigkeit als unzul&#228;ssig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung in die Republik Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_3">3</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 6. Februar 2017 den Antrag des Kl&#228;gers auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes ab.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_4">4</a> </dt> <dd> <p> Gegen diesen Beschluss erhob der Kl&#228;ger fristgerecht Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und beantragte sogleich den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Zur Begr&#252;ndung trug er vor, dass der Erlass des Beschlusses vom 6. Februar 2017 durch einen Richter auf Zeit die Rechte des Kl&#228;gers aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletze. Das Bundesverfassungsgericht bat das Bundesamt zu best&#228;tigen, dass bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Abschiebung des Kl&#228;gers erfolgen werde. Das Bundesamt setzte mit Bescheid vom 4. Juli 2017 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 18. Januar 2017 bis zur Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_5">5</a> </dt> <dd> <p> Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 19. Januar 2018 den Bescheid vom 18. Januar 2017 aufgehoben. Die Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Entscheidung &#252;ber den Asylantrag sei zwischenzeitlich auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen, weil durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO die &#220;berstellungsfrist nicht erneut unterbrochen worden sei. Grunds&#228;tzlich k&#246;nne zwar eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO, Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Unterbrechung der &#220;berstellungsfristen f&#252;hren. Dies erfordere aber Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung, welche nicht vorgelegen h&#228;tten. Die &#220;berstellungsfrist sei damit im Zeitpunkt des Urteils abgelaufen gewesen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_6">6</a> </dt> <dd> <p> Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision macht die Beklagte geltend, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung fehlerhaft zu eng bestimmt. F&#252;r eine Beschr&#228;nkung der Vollzugsaussetzung auf die F&#228;lle, in welchen Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung best&#252;nden, sei nichts Stichhaltiges erkennbar. Der Wortlaut von &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO lasse eine einengende Interpretation nicht zu. &#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO stelle ersichtlich einen Sonderfall dar. Nichts anderes folge aus dem Unionsrecht. Es sei nicht erkennbar, dass Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO allein dem Interesse des Drittstaatsangeh&#246;rigen zu dienen bestimmt sei. Zwar verfolge das Zust&#228;ndigkeitsbestimmungsverfahren der Dublin III-VO auf der einen Seite das Ziel einer z&#252;gigen Bearbeitung von Asylantr&#228;gen. Auf der anderen Seite solle aber auch die Sekund&#228;rmigration verhindert werden. Der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke verlange ebenfalls keine einengende Interpretation, weil die Verz&#246;gerung durch das rechtliche Vorgehen des Kl&#228;gers verursacht worden sei.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_7">7</a> </dt> <dd> <p> Der Kl&#228;ger verteidigt die angegriffene Entscheidung. Beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen h&#228;tten auf den Ablauf der &#220;berstellungsfrist keinen Einfluss, weil Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO auf eine aufschiebende Wirkung abstelle, die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe oder durch ein Gericht angeordnet werde. Das Bundesamt sei kein Gericht im vorgenannten Sinne. Zudem schlie&#223;e &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG als vorrangige Spezialregelung die Anwendbarkeit von &#167; 80 Abs. 4 VwGO aus. &#167; 34a Abs. 1 AsylG setze f&#252;r den Erlass einer Abschiebungsanordnung voraus, dass die Abschiebung durchgef&#252;hrt werden k&#246;nne. Komme die Beh&#246;rde zu der &#220;berzeugung, dass die Abschiebungsanordnung nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei diese aufzuheben.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_8">8</a> </dt> <dd> <p> Nachdem der Kl&#228;ger im Juni 2018 mitgeteilt hatte, das Verfassungsbeschwerdeverfahren sei mit Blick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. M&#228;rz 2018 - 2 BvR 780/16 - beendet worden, hat das Bundesamt mit Bescheid vom 27. Juni 2018 die Vollziehung der Abschiebungsanordnung aus dem Bescheid vom 18. Januar 2017 bis zur Beendigung des Revisionsverfahrens ausgesetzt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_9">9</a> </dt> <dd> <p> Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hat sich am Verfahren nicht beteiligt.</p> </dd> </dl> </div> <h2>Entscheidungsgründe</h2> <div> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_10">10</a> </dt> <dd> <p>Die form- und fristgerecht eingelegte Sprungrevision der Beklagten, &#252;ber die der Senat mit Einverst&#228;ndnis der Verfahrensbeteiligten ohne m&#252;ndliche Verhandlung entscheidet (&#167; 141 Satz 1, &#167; 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. &#167; 101 Abs. 2 VwGO), ist begr&#252;ndet. Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO habe die &#220;berstellungsfrist nicht unterbrochen, sodass die Bundesrepublik Deutschland zust&#228;ndiger Mitgliedstaat geworden sei, verst&#246;&#223;t gegen revisibles Recht (&#167; 137 Abs. 1 VwGO) (1.). Hinsichtlich der Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung erweist sich das Urteil auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO); insoweit bedarf es weiterer tats&#228;chlicher Feststellungen durch das Verwaltungsgericht. (2.). Die Zur&#252;ckverweisung hindert eine abschlie&#223;ende Entscheidung auch zu den weiteren Regelungen des angegriffenen Bescheides (3.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_11">11</a> </dt> <dd> <p>Ma&#223;geblich f&#252;r die rechtliche Beurteilung des kl&#228;gerischen Begehrens sind das Asylgesetz (AsylG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 12. Dezember 2018 in Kraft getretene Dritte Gesetz zur &#196;nderung des Asylgesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2250), die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. M&#228;rz 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt ge&#228;ndert durch das am 1. November 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Einf&#252;hrung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zust&#228;ndig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO -. Da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Tatsachengericht nach &#167; 77 Abs. 1 AsylG regelm&#228;&#223;ig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten m&#252;ndlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, m&#252;sste es seiner Entscheidung, wenn es diese nunmehr tr&#228;fe, die w&#228;hrend des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen &#196;nderungen zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gr&#252;nden des materiellen Rechts geboten ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_12">12</a> </dt> <dd> <p>1. Die Klage ist, soweit sie sich gegen die Unzul&#228;ssigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes richtet, als Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - BVerwGE 153, 162 Rn. 13 f.) und auch im &#220;brigen zul&#228;ssig, aber nicht begr&#252;ndet. Das Bundesamt hat insoweit seine Entscheidung zu Recht auf &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gest&#252;tzt. Ein Asylantrag ist hiernach unzul&#228;ssig, wenn ein anderer Staat nach Ma&#223;gabe der Dublin III-VO oder aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europ&#228;ischen Union oder eines v&#246;lkerrechtlichen Vertrags f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens zust&#228;ndig ist (1.1). Diese Zust&#228;ndigkeit ist hier auch in der Folgezeit nicht durch Ablauf der &#220;berstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen (1.2).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_13">13</a> </dt> <dd> <p>1.1 Das Verwaltungsgericht ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass - vorbehaltlich einer Pr&#252;fung nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO - f&#252;r die Durchf&#252;hrung des Asylverfahrens die Republik Italien origin&#228;r zust&#228;ndig war, weil sich eine anderweitige vorrangige Zust&#228;ndigkeit nach Kapitel III der Dublin III-VO (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO) nicht bestimmen lie&#223; und daher der Mitgliedstaat - hier die Republik Italien - zust&#228;ndig war, &#252;ber den der Kl&#228;ger illegal in das Unionsgebiet eingereist ist und in dem er im Eurodac-System erfasst worden ist (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO). Die Beklagte hat die Republik Italien fristgerecht um Aufnahme des Kl&#228;gers ersucht (Art. 21 Abs. 2, 3 Dublin III-VO). Dieses Aufnahmegesuch gilt nach Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO als angenommen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_14">14</a> </dt> <dd> <p>1.2 Diese Zust&#228;ndigkeit ist auch nicht nachtr&#228;glich auf die Beklagte &#252;bergegangen. Zu einem hier allein in Betracht kommenden Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang durch Ablauf der &#220;berstellungsfristen des Art. 29 Dublin III-VO (1.2.1) ist es nicht gekommen, weil die mit der Annahme des Aufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Frist jeweils vor ihrem Ablauf wirksam unterbrochen worden ist (1.2.2), und zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch durch die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung (&#167; 80 Abs. 4 VwGO) durch das Bundesamt (1.2.3). Hierzu hat der Senat in seinem Urteil vom 8. Januar 2019 - BVerwG 1 C 16.18 - ausgef&#252;hrt:</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>"1.2.1 In F&#228;llen der Zust&#228;ndigkeit eines anderen Mitgliedstaats als des Mitgliedstaats, in dem sich der Antragsteller aufh&#228;lt, regelt Art. 29 Dublin III-VO die Modalit&#228;ten und Fristen der &#220;berstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die &#220;berstellung, sobald dies praktisch m&#246;glich ist und sp&#228;testens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endg&#252;ltigen Entscheidung &#252;ber einen Rechtsbehelf oder eine &#220;berpr&#252;fung, wenn diese gem&#228;&#223; Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Verz&#246;gert sich die &#220;berstellung wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens mit aufschiebender Wirkung, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat hier&#252;ber unverz&#252;glich zu unterrichten (Art. 9 Abs. 1 der Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchf&#252;hrungsbestimmungen zur Verordnung &lt;EG&gt; Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines von einem Drittstaatsangeh&#246;rigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zust&#228;ndig ist &lt;ABl. L 222 S. 3&gt;). Wird die &#220;berstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgef&#252;hrt, ist der zust&#228;ndige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zust&#228;ndigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat &#252;ber.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.2 Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO ist hier die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erstmals nach der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden vom 6. April 2017 in Lauf gesetzt worden. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die so in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist durch den fristgem&#228;&#223; gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung vom 16. Juni 2017 - welcher kraft Gesetzes ein &#220;berstellungsverbot ausl&#246;st (vgl. &#167; 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 27 Abs. 3 Buchst. c Satz 2 Dublin III-VO) - unterbrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 2 Dublin III-VO), wor&#252;ber das Bundesamt die &#246;sterreichischen Beh&#246;rden auch informiert hat. Mit Ergehen der ablehnenden gerichtlichen Eilentscheidung vom 28. Juni 2017 wurde die sechsmonatige &#220;berstellungsfrist erneut in Gang gesetzt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2016 - 1 C 15.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 83 Rn. 11 und Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.). Die &#220;berstellungsfrist wird wegen des kraft Gesetzes damit verbundenen, verfahrenssichernden &#220;berstellungsverbots (&#167; 34a Abs. 2 AsylG; s.a. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 [ECLI:EU:C:2018:465] -) auch in solchen F&#228;llen unterbrochen, in denen ein gerichtlicher Eilantrag im Ergebnis ohne Erfolg bleibt oder nicht beschieden wird (a.A. wohl &#214;sterreichischer Verwaltungsgerichtshof, Entscheidung vom 14. Dezember 2017 - Ra 2015/20/0231-16 - und Schweizerisches Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. November 2014 - E-3971/2013 -). Aus den Gr&#252;nden seines Beschlusses vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - (Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 81 Rn. 18 ff.) h&#228;lt es der Senat in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europ&#228;ischen Union weiterhin f&#252;r gekl&#228;rt (s. nur EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 40 ff., 44), dass auch in F&#228;llen, in denen eine &#220;berstellung kraft Gesetzes oder kraft wirksamer Einzelfallentscheidung lediglich zeitweise ausgeschlossen war, die Mitgliedstaaten &#252;ber eine zusammenh&#228;ngende Frist von sechs Monaten verf&#252;gen m&#252;ssen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme f&#252;r die Bewerkstelligung der &#220;berstellung sollen nutzen d&#252;rfen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.3 Die &#220;berstellungsfrist, die mit dem Beschluss, mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes abgelehnt worden ist, neu in Lauf gesetzt worden ist, ist vor ihrem Ablauf wirksam durch die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch den Bescheid des Bundesamtes vom 17. August 2017 erneut unterbrochen worden. Diese Unterbrechung, die den &#246;sterreichischen Beh&#246;rden zudem auch mitgeteilt worden ist, dauerte im Zeitpunkt des Urteils des Verwaltungsgerichts an und hinderte den - vom Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommenen - &#220;bergang der Zust&#228;ndigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>a) Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gem&#228;&#223; &#167; 80 Abs. 4 VwGO durch die Beh&#246;rde ist generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 [ECLI:EU:C:2017:675], Khir Amayry - Rn. 71; BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18). Nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO k&#246;nnen die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden beschlie&#223;en k&#246;nnen, von Amts wegen t&#228;tig zu werden, um die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der &#220;berpr&#252;fung auszusetzen. Diese unionsrechtlich vorgesehene M&#246;glichkeit wird im nationalen Recht durch &#167; 80 Abs. 4 VwGO er&#246;ffnet.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Nichts anderes folgt f&#252;r die Unterbrechungswirkung daraus, dass Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO nicht auch auf Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO Bezug nimmt. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO ist allein entscheidend, dass ein Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat und daher eine &#220;berstellung nicht durchgef&#252;hrt werden kann. Die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO den Mitgliedstaaten er&#246;ffnete M&#246;glichkeit, dass auch die zust&#228;ndigen Beh&#246;rden die Durchf&#252;hrung der &#220;berstellungsentscheidung aussetzen k&#246;nnen, erweitert lediglich die Fallgruppen, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO verl&#246;re im &#220;brigen in weitem Ma&#223;e seine praktische Wirksamkeit, wenn die Regelung nicht angewendet werden k&#246;nnte, ohne dass die Gefahr best&#252;nde, dass die &#220;berstellungsfrist abl&#228;uft und ein Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang die Folge w&#228;re (EuGH, Urteil vom 13. September 2017 - C-60/16 - Rn. 71).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>b) Die Wirkung, die &#220;berstellungsfrist neuerlich zu unterbrechen, entf&#228;llt bei der Aussetzungsentscheidung vom 17. August 2017 nicht deswegen, weil diese rechtswidrig w&#228;re. Vielmehr h&#228;lt sie sich in den Grenzen, die durch das nationale Recht und Unionsrecht vorgegeben sind.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>aa) Nach &#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO haben die Beh&#246;rden grunds&#228;tzlich die Befugnis, nach Ermessen die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Regelungen des Asylgesetzes schlie&#223;en eine beh&#246;rdliche Aussetzung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. &#167; 34a AsylG ordnet allerdings an, dass u.a. in den F&#228;llen des &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG die Abschiebung anzuordnen ist, sobald feststeht, dass sie durchgef&#252;hrt werden kann (Abs. 1), und enth&#228;lt Sonderregelungen zu der Frist, die bei einem Antrag nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO zu beachten ist, sowie zu einem Verbot der Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung (Abs. 2). Damit ist aber die beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO weder ausdr&#252;cklich noch der Sache nach ausgeschlossen. Namentlich k&#246;nnen auch bei einer im Sinne des &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG rechtlich und tats&#228;chlich m&#246;glichen Abschiebung Gr&#252;nde vorliegen, die es rechtfertigen, deren Vollziehung - etwa zur Sicherung der Effektivit&#228;t gerichtlichen Rechtsschutzes - vor&#252;bergehend bis zu einer abschlie&#223;enden gerichtlichen Kl&#228;rung auszusetzen. &#167; 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gebietet in solchen F&#228;llen - entgegen der Auffassung der Kl&#228;gerseite - nicht, die Abschiebungsanordnung aufzuheben, was die endg&#252;ltige gerichtliche Kl&#228;rung gerade verhinderte. Denn selbst bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungsverboten oder Duldungsgr&#252;nden ist das Bundesamt nicht verpflichtet, die Abschiebungsanordnung nach &#167; 48 VwVfG aufzuheben; namentlich bei vor&#252;bergehenden Abschiebungshindernissen kann es deren Vollziehung auch (vorl&#228;ufig) aussetzen (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. September 2014 - 2 BvR 1795/14 - Asylmagazin 2014, 341). Auch aus weiteren Regelungen des Asylgesetzes ergibt sich kein bundesgesetzlicher Ausschluss des &#167; 80 Abs. 4 VwGO im Asylverfahren; &#167; 36 Abs. 4 AsylG etwa regelt allein den Ma&#223;stab f&#252;r die gerichtliche Anordnung der Aussetzung der Abschiebung und schlie&#223;t weitergehende beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidungen nicht aus.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>&#167; 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO beschr&#228;nkt das beh&#246;rdliche Aussetzungsermessen f&#252;r das Asylverfahren ebenfalls nicht. Hiernach 'soll' die Aussetzung bei &#246;ffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Dieser auf die (qualifizierte) Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bezogene Ma&#223;stab ist auf die Vollziehbarkeit sonstiger Verwaltungsakte weder unmittelbar noch - entgegen im Schrifttum teilweise vertretener Ansicht (s. etwa Gersdorf, in: Posser/Wolff, BeckOK VwGO, 47. Edition, Stand 1. Juli 2018, &#167; 80 Rn. 126) - entsprechend anzuwenden (s. nur BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - Buchholz 310 &#167; 80 VwGO Nr. 66 S. 3 f.).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>bb) Unionsrecht setzt in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung voraus, steht also &#167; 80 Abs. 4 VwGO gerade nicht entgegen. Es setzt aber dem nach nationalem Recht (&#167; 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO) er&#246;ffneten weiten Handlungsspielraum durch unionsrechtliche Vorgaben (vgl. insbesondere Art. 27 und 28 Dublin III-VO) gewisse Grenzen. Diese Beschr&#228;nkungen ergeben sich daraus, dass die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung den Antragsteller nicht nur beg&#252;nstigt, indem aufenthaltsbeendende Ma&#223;nahmen auf der Grundlage der Abschiebungsanordnung zun&#228;chst nicht mehr erfolgen k&#246;nnen, sondern mittelbar auch belastet, weil sie die &#220;berstellungsfrist unterbricht und so dazu f&#252;hren kann, dass ein vom Antragsteller m&#246;glicherweise erstrebter Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nicht erfolgt; zu ber&#252;cksichtigen sind auch die Belange des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Mindestvoraussetzung einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO ist, dass der Antragsteller einen Rechtsbehelf gegen die Abschiebungsanordnung eingelegt hat (Art. 27 Abs. 4 und Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO). Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes und der Erm&#246;glichung einer raschen Bestimmung des f&#252;r die inhaltliche Pr&#252;fung des Asylantrags zust&#228;ndigen Mitgliedstaats (vgl. Erw&#228;gungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel zu verhindern, dass sich Asylbewerber durch Weiterwanderung den f&#252;r die Pr&#252;fung ihres Asylbegehrens zust&#228;ndigen Mitgliedstaat aussuchen (Verhinderung von Sekund&#228;rmigration) (BVerwG, Urteil vom 27. April 2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 82 Rn. 13). Der Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang nach Ablauf der &#220;berstellungsfrist soll verhindern, dass Asylantr&#228;ge monate- oder gar jahrelang nicht gepr&#252;ft werden, zugleich soll das Ziel einer m&#246;glichst schnellen Pr&#252;fung nicht dazu f&#252;hren, dass dem jeweiligen Mitgliedstaat keine zusammenh&#228;ngende &#220;berstellungsfrist von sechs Monaten zur Verf&#252;gung steht, in der nur noch die &#220;berstellungsmodalit&#228;ten zu regeln sind (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 - Rn. 43 ff.) oder der Beschleunigungsgedanke zulasten eines effektiven Rechtsschutzes verwirklicht wird (vgl. &#167; 27 Abs. 3 und 4 Dublin III-VO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Eine beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtm&#228;&#223;igkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, Urteil vom 9. August 2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 Rn. 18); dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes (s.a. Art. 46 der Richtlinie 2013/32/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren f&#252;r die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes &lt;ABl. L 180 S. 60&gt;) erlaubt eine beh&#246;rdliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erw&#228;gungen, die nicht rechtlich zwingend sein m&#252;ssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zust&#228;ndigen Mitgliedstaats nicht willk&#252;rlich verkennen und auch sonst nicht missbr&#228;uchlich sind. Das vorliegende Verfahren gibt dabei keinen Anlass zur abschlie&#223;enden Kl&#228;rung dieser Willk&#252;r- oder Missbrauchsschwelle; sie wird aber dann &#252;berschritten sein, wenn bei klarer Rechtslage und offenkundig er&#246;ffneter &#220;berstellungsm&#246;glichkeit die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung allein dazu dient, die &#220;berstellungsfrist zu unterbrechen, weil sie aufgrund beh&#246;rdlicher Vers&#228;umnisse ansonsten nicht (mehr) gewahrt werden k&#246;nnte.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>cc) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes vom 17. August 2017 ist nach diesen Grunds&#228;tzen beachtlich und hat die &#220;berstellungsfrist neuerlich unterbrochen.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(1) Dem unionsrechtlichen Mindesterfordernis, dass der Kl&#228;ger einen Rechtsbehelf im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eingelegt hat, ist mit der am 16. Juni 2017 erhobenen und zum Zeitpunkt der Aussetzungsentscheidung weiterhin anh&#228;ngigen Klage, die sich auch gegen die Abschiebungsanordnung richtet, entsprochen. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass der Kl&#228;ger auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, der erfolglos geblieben ist. Unionsrecht verbietet den Mitgliedstaaten jedenfalls nicht, von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen oder &#220;berstellungsma&#223;nahmen auch dann abzusehen, wenn zwar eine erste gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der &#220;berstellungsentscheidung nicht zur Gew&#228;hrung aufschiebender Wirkung gef&#252;hrt hat, &#252;ber den Rechtsbehelf gegen die &#220;berstellungsentscheidung aber noch nicht endg&#252;ltig entschieden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>(2) Die Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes ist hier jedenfalls durch die von dem Kl&#228;ger erhobene Verfassungsbeschwerde, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts vom Bundesamt erteilte Stillhalteerkl&#228;rung sachlich gerechtfertigt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die Verfassungsbeschwerde entfaltet als au&#223;erordentlicher Rechtsbehelf selbst keine aufschiebende Wirkung. Diese wird auch nicht schon durch eine formlose Bitte des Bundesverfassungsgerichts bewirkt, zur Verfahrenssicherung bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde von Vollziehungsma&#223;nahmen abzusehen. Nicht zu vertiefen ist, welche Rechtsqualit&#228;t einer solchen 'Stillhaltebitte' des Bundesverfassungsgerichts und einer entsprechenden beh&#246;rdlichen Erkl&#228;rung zukommt, namentlich dann, wenn sie dem Antragsteller (und Verfassungsbeschwerdef&#252;hrer) nicht mitgeteilt wird. Diese - auf die Wahrung der Effektivit&#228;t auch des nationalen Verfahrens der Verfassungsbeschwerde bezogenen - Vorg&#228;nge sind jedenfalls ein hinreichender, sachlich rechtfertigender Anlass f&#252;r eine beh&#246;rdliche Aussetzung der Vollziehung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach &#167; 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt worden ist, entfaltet gegen&#252;ber einer beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO keine Sperrwirkung; dies gilt insbesondere dann, wenn diese gerichtliche Entscheidung ihrerseits Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Die beh&#246;rdliche Aussetzungsentscheidung war hier schon deswegen sachlich geboten, frei von Willk&#252;r und nicht rechtsmissbr&#228;uchlich, weil sie die Ber&#252;cksichtigung der Effektivit&#228;t verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes sicherstellte, ohne eine endg&#252;ltige Ver&#228;nderung der Rechtslage durch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang infolge Ablaufs der &#220;berstellungsfrist zu bewirken. Bereits nach nationalem Recht f&#252;hren die Erhebung der Verfassungsbeschwerde und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nach Art. 27 Abs. 3 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO zu einer Unterbrechung der &#220;berstellungsfrist. Dazu bedurfte es der - hier auch erfolgten - beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung. Neben der Effektivierung des Rechtsschutzes des Kl&#228;gers - erst mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsentscheidung stand f&#252;r diesen fest, dass w&#228;hrend des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen zu rechnen sei - dient die beh&#246;rdliche Aussetzungsanordnung auch der Klarstellung im Verh&#228;ltnis zu dem zust&#228;ndigen Mitgliedstaat, dass der Lauf der &#220;berstellungsfrist (erneut) unterbrochen worden ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>Dem Interesse des Kl&#228;gers an einer zeitnahen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit f&#252;r die Sachentscheidung &#252;ber seinen Asylantrag kommt dabei hier kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Mit der beh&#246;rdlichen Aussetzungsanordnung hat das Bundesamt der Sache nach (vorl&#228;ufig) seinem Rechtsschutzbegehren, vor der endg&#252;ltigen Kl&#228;rung der internationalen Zust&#228;ndigkeit nicht aus dem Bundesgebiet abgeschoben zu werden, entsprochen, welches er zun&#228;chst mit dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung und nachfolgend mit der mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde verfolgt hat. Das m&#246;gliche Ziel, damit auch einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang zu erwirken, w&#228;re weder nach nationalem noch nach Unionsrecht schutzw&#252;rdig.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt/> <dd> <p>1.2.4 Nicht zu vertiefen ist, ob der Senat einen Ablauf der &#220;berstellungsfrist w&#228;hrend des Revisionsverfahrens ber&#252;cksichtigen k&#246;nnte, weil auch w&#228;hrend des Revisionsverfahrens die &#220;berstellungsfrist nicht abgelaufen ist. Das Bundesamt hatte die &#220;berstellung lediglich bis zu einer Entscheidung &#252;ber die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ausgesetzt. Diese Aussetzung ist mit der R&#252;cknahme der Verfassungsbeschwerde durch den Kl&#228;ger gegenstandslos geworden, weil sie erkennbar zur Sicherung des durch R&#252;cknahme beendeten verfassungsgerichtlichen Verfahrens ergangen ist. Die damit neu in Lauf gesetzte &#220;berstellungsfrist ist indes vor ihrem Ablauf zur Sicherung des Revisionsverfahrens durch eine erneute Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes nach &#167; 80 Abs. 4 VwGO unterbrochen worden. Auch diese Aussetzungsentscheidung gen&#252;gt angesichts der im Revisionsverfahren zu kl&#228;renden Grundsatzfrage den nach nationalem und Unionsrecht zu stellenden Anforderungen. Dies gilt umso mehr, als durch das der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache ungeachtet der von der Beklagten eingelegten Revision nunmehr selbst 'ernstliche Zweifel' an der Abschiebungsanordnung begr&#252;ndet worden sind. Diese neue Verfahrenslage durfte das Bundesamt der Beklagten sachgerecht und willk&#252;rfrei zum Anlass der neuerlichen Aussetzung nehmen."</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_15">15</a> </dt> <dd> <p>Diese Erw&#228;gungen, an denen der Senat festh&#228;lt, gelten auch im vorliegenden Verfahren.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_16">16</a> </dt> <dd> <p>2. Das stattgebende Urteil zur Ablehnung des Asylantrags als unzul&#228;ssig erweist sich auch nicht aus anderen Gr&#252;nden als richtig (&#167; 144 Abs. 4 VwGO).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_17">17</a> </dt> <dd> <p>2.1 Die Bundesrepublik Deutschland war nicht verpflichtet, von ihrem gem&#228;&#223; Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 und 2 Dublin III-VO bestehenden Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Offenbleiben kann dabei, ob ein Antragsteller sich im gerichtlichen Verfahren auf eine etwa fehlerhafte Bet&#228;tigung des durch Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens berufen kann (nicht eindeutig insoweit EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-578/16 PPU [ECLI:EU:C:2017:127] - Rn. 88). Jedenfalls sind vorliegend die Voraussetzungen f&#252;r eine Reduktion des den nationalen Beh&#246;rden in Art. 17 Dublin III-VO einger&#228;umten Ermessens zum Selbsteintritt wegen unangemessen langer Verfahrensdauer (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 - C-4/11 [ECLI:EU:C:2013:740], Puid - Rn. 35 &lt;noch zu Art. 3 Abs. 2 der Verordnung [EG] Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der f&#252;r die Pr&#252;fung eines Asylantrags zust&#228;ndig ist - Dublin II-VO -&gt;) nicht erf&#252;llt.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_18">18</a> </dt> <dd> <p>2.2 Der Senat kann mangels hinreichender tatrichterlicher Feststellungen nicht abschlie&#223;end beurteilen, ob der Feststellung der anderweitigen internationalen Zust&#228;ndigkeit der Republik Italien hier entgegenstand, dass die Zust&#228;ndigkeit wegen sog. systemischer M&#228;ngel des dortigen Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO und EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a. -; EGMR &lt;GK&gt;, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) auf die Bundesrepublik Deutschland &#252;bergegangen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_19">19</a> </dt> <dd> <p>2.2.1 Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verlangt eine weitergehende Pr&#252;fung der internationalen Zust&#228;ndigkeit allerdings nur und erst dann, wenn sich die &#220;berstellung in den zun&#228;chst als zust&#228;ndig bestimmten Mitgliedstaat als unm&#246;glich erweist, weil es wesentliche Gr&#252;nde f&#252;r die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen f&#252;r Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entw&#252;rdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 - Rn. 79 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylantragsteller in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union den Vorschriften der Genfer Fl&#252;chtlingskonvention, der Europ&#228;ischen Konvention f&#252;r Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europ&#228;ischen Union entspricht (s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Dezember 2017 - 2 BvR 1872/17 - EuGRZ 2018, 69 Rn. 19). An die Widerlegung dieser Vermutung sind hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen M&#228;ngeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen f&#252;r Asylantragsteller regelhaft so defizit&#228;r sind, dass zu erwarten ist, dass diesem im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. M&#228;rz 2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1039 &lt;1040&gt;).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_20">20</a> </dt> <dd> <p>2.2.2 Das Verwaltungsgericht hat - nach seiner Rechtsauffassung, dass die Zust&#228;ndigkeit bereits durch Fristablauf &#252;bergegangen sei, folgerichtig - im Klageverfahren keine tatrichterlichen Feststellungen zu den tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnissen getroffen, welche f&#252;r die Beurteilung eines Zust&#228;ndigkeits&#252;bergangs nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO ma&#223;geblich sind. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 6. Februar 2017 einen Zust&#228;ndigkeits&#252;bergang mit Blick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in der Republik Italien gepr&#252;ft und verneint hatte, hat es sich diese Ausf&#252;hrungen in seinem Urteil nicht ausdr&#252;cklich zu eigen gemacht und auch nicht gepr&#252;ft, ob sich die Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien bis zu dem f&#252;r seine Entscheidung im Klageverfahren ma&#223;geblichen Zeitpunkt in entscheidungserheblicher Weise ver&#228;ndert hatten.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_21">21</a> </dt> <dd> <p>Unabh&#228;ngig von der Frage, ob die Beteiligten Umst&#228;nde vorgetragen haben, welche die Vermutung f&#252;r eine ordnungsgem&#228;&#223;e Behandlung von Asylantragstellern in der Republik Italien substantiell ersch&#252;ttern k&#246;nnten, kann ein solcher Ausnahmefall ohne entsprechende tatrichterliche Feststellung revisionsgerichtlich jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. In der ver&#246;ffentlichten Rechtsprechung waren zwar systemische M&#228;ngel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien &#252;berwiegend - jedenfalls f&#252;r gesunde, alleinstehende junge M&#228;nner - verneint worden (statt vieler OVG M&#252;nster, Urteil vom 24. August 2016 - 13 A 63/16.A -; VG Magdeburg, Urteil vom 27. April 2017 - 8 A 674/16 -; VG Trier, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 5 L 7778/17.TR -; VG Braunschweig, Urteil vom 26. September 2017 - 7 A 338/16 -; VG K&#246;ln, Urteil vom 26. Oktober 2017 - 19 K 5869/16.A -; VG Freiburg, Beschluss vom 10. Januar 2018 - A 4 K 6049/17 -; VG Augsburg, Urteil vom 22. Januar 2018 - Au 5 K 17.50400 - und VG Bayreuth, Beschluss vom 26. Januar 2018 - B 5 S 18.50036 -). Bereits Art und Umfang der hierauf bezogenen Erw&#228;gungen in jenen Entscheidungen, die im Ergebnis das Vorliegen systemischer M&#228;ngel verneint haben, belegen indes, dass Anlass f&#252;r eine dem Tatrichter vorzubehaltende Aufbereitung und Bewertung der vorhandenen Erkenntnisquellen bestand. Es kommt hinzu, dass einige Verwaltungsgerichte (s. etwa VG Hannover, Urteile vom 23. Januar 2018 - 10 A 5850/17 und 10 A 6779/17 -; vom 25. Januar 2018 - 10 A 10685/17 und 10 A 5810/17 -; vom 26. Januar 2018 - 10 A 5881/17 - und vom 30. Januar 2018 - 10 A 7134/17 -; s.a. - f&#252;r die R&#252;ckf&#252;hrung junger Vollj&#228;hriger - VG Berlin, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 28 L 209.17 A -; f&#252;r anerkannte international Schutzberechtigte s.a. VG Minden, Urteil vom 29. November 2017 - 10 K 1823/15.A -) aufgrund der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisse nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO beachtliche Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in der Republik Italien angenommen haben. Daran &#228;ndert nichts, dass diese Entscheidungen teils im Berufungsrechtszug keinen Bestand hatten (zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Hannover s. etwa OVG L&#252;neburg, Urteil vom 9. April 2018 - 10 LB 92/17 -). Denn f&#252;r das Revisionsverfahren kommt es nicht darauf an, welche Bewertung der tats&#228;chlichen Verh&#228;ltnisse in der Republik Italien im Ergebnis sachlich richtig ist; entscheidend ist, ob der Senat diese Feststellung und Bewertung ohne tats&#228;chliche Feststellungen treffen darf. Dies ist nicht der Fall, sodass der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht zur&#252;ckzuverweisen ist.</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_22">22</a> </dt> <dd> <p>3. Die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu der Frage, ob die Entscheidung der Beklagten zu der Unzul&#228;ssigkeit des Asylantrags nach &#167; 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG rechtm&#228;&#223;ig ist, l&#228;sst auch keine abschlie&#223;ende Beurteilung der Rechtm&#228;&#223;igkeit der beh&#246;rdlichen Folgeentscheidungen in dem Bescheid zu, n&#228;mlich der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Ziffer 2), der Abschiebungsanordnung (Ziffer 3) und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots (Ziffer 4).</p> </dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt> <a name="rd_23">23</a> </dt> <dd> <p>4. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.</p> </dd> </dl> </div>
171,345
ovgsl-2019-01-08-2-b-34218
{ "id": 938, "name": "Oberverwaltungsgericht des Saarlandes", "slug": "ovgsl", "city": null, "state": 14, "jurisdiction": "Verwaltungsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
2 B 342/18
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:51:14
2019-02-12T13:44:44
Beschluss
<h2>Tenor</h2> <p/><p>Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 4.12.2018 &#8211; 6 L 1917/18 &#8211; wird zur&#252;ckgewiesen.</p><p>Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tr&#228;gt der Antragsteller.</p><p>Der Streitwert wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 EUR festgesetzt.</p> <h2>Gründe</h2> <p/> <p><rd nr="1"/>Die nach &#167; 146 Abs. 1 VwGO statthafte und auch ansonsten zul&#228;ssige Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist unbegr&#252;ndet.</p> <p><rd nr="2"/>Die vom Antragsteller dargelegten Gr&#252;nde, die den Umfang der Pr&#252;fung des Senats nach &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bestimmen, rechtfertigen es nicht, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen.</p> <p><rd nr="3"/>Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, mit dem der Antragsteller begehrt hat, den Antragsgegner zu verpflichten von aufenthaltsbeendenden Ma&#223;nahmen ihm gegen&#252;ber vorl&#228;ufig Abstand zu nehmen, zu Recht zur&#252;ckgewiesen und ausgef&#252;hrt, es seien keine Rechtspositionen des Antragstellers ersichtlich, deren Verwirklichung durch die Vollziehung seiner Ausreisepflicht vereitelt oder wesentlich erschwert werden k&#246;nnten. Im Hinblick auf die am 3.8.2018 erfolgte Eheschlie&#223;ung mit Frau Z., die neben der griechischen auch die deutsche Staatsb&#252;rgerschaft besitzt, k&#246;nne sich der Antragsteller weder auf eine direkte oder analoge Anwendung des Freiz&#252;gigkeitsgesetzes noch auf Artikel 20, 21 AEUV berufen. Einem Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG st&#252;nden indessen die Regelversagungsgr&#252;nde aus &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 AufenthG entgegen. Indem er seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013 unter Aliaspersonalien im Rechtsverkehr aufgetreten sei, habe er ein Ausweisungsinteresse im Sinne von &#167; 54 Abs. 2 Nr. 8a AufenthG verwirklicht. Dadurch, dass er &#252;ber mehr als vier Jahre &#252;ber seine Herkunft und sein Alter get&#228;uscht und damit strafbewehrt falsche Angaben gemacht habe, stehe auch ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach &#167; 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG im Raum. Hinzu komme, dass der Antragsteller, dem zuvor bereits in einem Verfahren wegen besonders schweren Diebstahls oder Hehlerei aufgrund seiner falschen Altersangabe und der daraus folgenden Anwendung des Jugendstrafrechts am 17.1.2017 eine Einstellung nach &#167; 47 Abs. 1 JGG durch das Amtsgerichts zugute gekommen sei, mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 16.5.2018 (rechtskr&#228;ftig geworden am gleichen Tag) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Bet&#228;ubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei F&#228;llen in Tatmehrheit mit gewerbsm&#228;&#223;igem unerlaubten Handeltreibens mit Bet&#228;ubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei, deren Vollstreckung zur Bew&#228;hrung (Bew&#228;hrungszeit: f&#252;nf Jahre) ausgesetzt worden sei. Aufgrund dieser abgeurteilten Straftaten liege ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne des &#167; 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Soweit gem&#228;&#223; &#167; 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von &#167; 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abgesehen werden k&#246;nne, sei zu sehen, dass der Antragsteller ohne das f&#252;r die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderliche Visum eingereist sei und nicht berechtigt sei, nach Ma&#223;gabe der auf &#167; 99 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG beruhenden Bestimmung des &#167; 39 AufenthV nach der Einreise ins Bundesgebiet die von ihm begehrte Aufenthaltserlaubnis einzuholen. Dem Antragsteller stehe daher weder ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Ma&#223;gabe des &#167; 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zu noch k&#246;nne es f&#252;r ihn auch unter Ber&#252;cksichtigung des Schutzes der Ehe durch Artikel 6 GG und Artikel 8 EMRK als unzumutbar angesehen werden, das Visumverfahren nachzuholen. Besondere Umst&#228;nde, die auch nur eine vor&#252;bergehende Trennung der Eheleute als nicht mehr hinnehmbar erscheinen lie&#223;en, seien nicht feststellbar.</p> <p><rd nr="4"/>Die vom Antragsteller mit seiner Beschwerde dagegen vorgebrachten Gr&#252;nde rechtfertigen eine &#196;nderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht.</p> <p><rd nr="5"/>Der Antragsteller macht geltend, er habe einen Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung &#252;ber seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Hinblick auf die zwischenzeitlich aufgrund der Schwangerschaft seiner Ehefrau vorliegende famili&#228;re Situation. Die behandelnde Frauen&#228;rztin habe mit Schreiben vom 13.12.2018 best&#228;tigt, dass seine Ehefrau durch die beabsichtigte Abschiebung seelisch sehr belastet und der Erhalt der Familie aus &#228;rztlicher Sicht geboten sei. Von daher sei nunmehr von dem Antragsgegner zu pr&#252;fen, ob nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden k&#246;nne, wobei unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten seine famili&#228;ren Belange angemessen zu ber&#252;cksichtigen seien.</p> <p><rd nr="6"/>Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Aussetzung der Abschiebung, denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch i.S.v. &#167; 123 Abs. 1 VwGO glaubhaft gemacht. Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand im Beschwerdeverfahren besteht kein sicherungsf&#228;higer Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 25 Abs. 5 AufenthG oder auf Aussetzung der Abschiebung gem&#228;&#223; &#167; 60a Abs. 2 AufenthG. Es spricht nichts mit &#252;berwiegender Wahrscheinlichkeit daf&#252;r, dass die Abschiebung des Antragstellers gegenw&#228;rtig rechtlich unm&#246;glich ist, weil sie unzumutbar in seine durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gesch&#252;tzten famili&#228;ren Beziehungen eingriffe.</p> <p><rd nr="7"/>Die Aussetzung der Abschiebung zur Sicherung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach &#167; 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kommt nicht in Betracht. Nach der genannten Vorschrift kann einem Ausl&#228;nder, der - wie der Antragsteller - vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tats&#228;chlichen Gr&#252;nden unm&#246;glich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nach dem gegenw&#228;rtigen Erkenntnisstand nicht vor. Derzeit ist die Ausreise des Antragstellers nicht rechtlich oder tats&#228;chlich unm&#246;glich. Die Nachholung des Visumverfahren aus dem Heimatland ist dem Antragsteller auch unter Ber&#252;cksichtigung seiner durch Art. 6 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gesch&#252;tzten Belange zumutbar. Sowohl mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und ebenso mit Art. 8 Abs. 1 EMRK ist es grunds&#228;tzlich vereinbar, den Ausl&#228;nder auf die Einholung des erforderlichen Visums zu verweisen.(vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 10.5.2008&#8211; 2 BvR 588/08 &#8211;, juris) Der mit der Durchf&#252;hrung des Visumverfahrens &#252;blicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik begehrt, regelm&#228;&#223;ig hinzunehmen.(vgl. Beschluss des Senats vom 26.2.2010 - 2 B 511/09 -, juris) Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die vorherige Durchf&#252;hrung eines Visumverfahrens wichtigen &#246;ffentlichen Sicherheitsinteressen dient.(vgl. BayVGH, Beschluss vom 21.2.2013 - 10 CS 12.2679 -, juris) Sie soll gew&#228;hrleisten, dass die Voraussetzungen f&#252;r die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug vor der Einreise gepr&#252;ft werden k&#246;nnen, um die Zuwanderung von Personen, die diese Voraussetzungen nicht erf&#252;llen, von vornherein zu verhindern. Das &#246;ffentliche Sicherheitsinteresse ist hier erheblich betroffen, weil der Antragsteller seit der Begr&#252;ndung seines Aufenthalts in Deutschland im Januar 2013 unter falschem Namen sowie unter T&#228;uschung &#252;ber seine Staatsangeh&#246;rigkeit aufgetreten ist, in den folgenden Jahren diese T&#228;uschung bis im M&#228;rz 2017 aufrechtgehalten hat, und er w&#228;hrend seines Aufenthaltes wiederholt und in erheblichem Ma&#223;e straff&#228;llig geworden ist. Art. 6 GG k&#246;nnte derzeit allenfalls dann im Rahmen der Beurteilung einer Unm&#246;glichkeit aus rechtlichen Gr&#252;nden Bedeutung haben, wenn glaubhaft vorgetragen w&#252;rde, seine Ehefrau und damit auch das ungeborene Kind seien auf den Beistand des Antragstellers angewiesen. Erf&#252;llt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied die Lebenshilfe eines anderen Familienmitgliedes angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so dr&#228;ngt die Pflicht des Staates, die Familie zu sch&#252;tzen, regelm&#228;&#223;ig einwanderungspolitische Belange zur&#252;ck. Andernfalls sind dem im Bundesgebiet lebenden Familienmitglied grunds&#228;tzlich Anstrengungen zumutbar, die famili&#228;re Lebensgemeinschaft durch Besuche oder n&#246;tigenfalls zur G&#228;nze im Ausland herzustellen. Das Bestehen einer famili&#228;ren Beistandsgemeinschaft in diesem Sinne ist im vorliegenden Fall indes nicht glaubhaft gemacht. Im Rahmen der Beschwerde wird geltend gemacht, die Ehefrau sei durch die beabsichtigte Abschiebung des Antragstellers seelisch sehr belastet, in der Schwangerschaft sei die Unterst&#252;tzung durch den Kindsvater wichtig und w&#252;nschenswert und der Erhalt der Familie sei auch aus &#228;rztlicher Sicht geboten (vgl. Schreiben der behandelnden Frauen&#228;rztin Dr. med. E. S. vom 13.12.2018). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist ankn&#252;pfend an die vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grunds&#228;tze anerkannt, dass die Schutzpflichten aus Art. 6 GG, die prinzipiell erst ab der Geburt eines Kindes einsetzen, in besonders gelagerten Ausnahmef&#228;llen Vorwirkungen mit der Folge entfalten k&#246;nnen, dass die beabsichtigte Abschiebung auch eines werdenden Vaters unzumutbar sein kann(vgl. Beschluss vom des Senats vom 26.2.2010 &#8211; 2 B 511/09 &#8211; mit weiteren Nachweisen, juris). Eine solche Sondersituation ist etwa dann anzunehmen, wenn eine Gefahrenlage f&#252;r das ungeborene Kind und/oder die Mutter wegen einer sogenannten Risikoschwangerschaft besteht und die Unterst&#252;tzung der Schwangeren durch den abzuschiebenden Ausl&#228;nder zumindest &#252;berwiegend wahrscheinlich ist. Anhaltspunkte f&#252;r eine Risikoschwangerschaft, die Gefahr einer Fr&#252;hgeburt oder mangelnde k&#246;rperliche Leistungsf&#228;higkeit der Ehefrau des Antragstellers infolge der Schwangerschaft werden aber nicht vorgetragen. Eine Sondersituation, die es dem Antragsteller unzumutbar macht, zum derzeitigen Zeitpunkt eine Trennung f&#252;r die Dauer der Durchf&#252;hrung des Visumverfahrens hinzunehmen, besteht demzufolge nicht. Sein in diesem Zusammenhang erhobener Einwand, die voraussichtliche Dauer einer Trennung sei unzumutbar lang, weil gegen ihn eine Einreisesperre in H&#246;he von zwei Jahren verh&#228;ngt worden sei und er &#252;berdies bei Wiedereinreise im Falle eines Widerrufs einer Strafaussetzungsentscheidung noch die zweij&#228;hrige Haftstrafe verb&#252;&#223;en m&#252;sse, verf&#228;ngt nicht. Abgesehen davon best&#252;nde bei Widerruf der Strafaussetzung zur Bew&#228;hrung die M&#246;glichkeit, die famili&#228;re Lebensgemeinschaft in Deutschland vor&#252;bergehend wenigstens durch Besuche herzustellen.</p> <p><rd nr="8"/>Aus den vorstehenden Erw&#228;gungen ergibt sich, dass auch ein sicherungsf&#228;higer Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung gem&#228;&#223; &#167; 60a Abs. 2 AufenthG aller Voraussicht nach nicht besteht.</p> <p><rd nr="9"/>Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO zur&#252;ckzuweisen.</p> <p><rd nr="10"/>Die Streitwertfestsetzung beruht auf den &#167;&#167; 47, 52, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG.</p> <p><rd nr="11"/>Dieser Beschluss ist unanfechtbar.</p>
171,303
lagd-2019-01-08-3-ta-519
{ "id": 793, "name": "Landesarbeitsgericht Düsseldorf", "slug": "lagd", "city": null, "state": 12, "jurisdiction": "Arbeitsgerichtsbarkeit", "level_of_appeal": null }
3 Ta 5/19
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:50:47
2019-02-12T13:44:37
Beschluss
ECLI:DE:LAGD:2019:0108.3TA5.19.00
<h2>Tenor</h2> <p>I.Auf die sofortige Beschwerde der Verf&#252;gungskl&#228;gerin vom 21.12.2018 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 11.12.2018 aufgehoben und das einstweilige Verf&#252;gungsverfahren zur m&#252;ndlichen Verhandlung und erneuten Entscheidung - einschlie&#223;lich der Entscheidung &#252;ber die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Arbeitsgericht Oberhausen zur&#252;ckverwiesen.</p> <p>II.Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. </p> <p>III.Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.250,- &#8364; festgesetzt.</p> <p>- 2 -</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks">G r &#252; n d e:</p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin erstrebt mit ihrer am 30.11.2018 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingereichten Antragsschrift den Erlass einer einstweiligen Verf&#252;gung auf vorl&#228;ufige Besch&#228;ftigung als Auszubildende im Betrieb der Verf&#252;gungsbeklagten.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Verf&#252;gungskl&#228;gerin ist bei der Verf&#252;gungsbeklagten seit dem 22.08.2018 auf der Grundlage eines Ausbildungsvertrages vom 27.08.2018 als Auszubildende f&#252;r den Beruf der Altenpflegerin gegen eine Ausbildungsverg&#252;tung von 1.250,- &#8364; brutto monatlich besch&#228;ftigt. Eine Probezeit ist nicht vereinbart. Nachdem die Verf&#252;gungskl&#228;gerin ihre Ausbildung am 01.04.2016 bei einem anderen Ausbilder begonnen hatte, wurde sie von der Verf&#252;gungsbeklagten mit dem vorstehend zitierten Ausbildungsvertrag als Auszubildende im dritten Ausbildungsjahr eingestellt und die Ausbildung bei ihr fortgesetzt. Das voraussichtliche Ende der Ausbildung ist im Vertrag mit dem 31.03.2019 angegeben. In den Monaten Januar bis M&#228;rz 2019 sind die praktische, schriftliche und abschlie&#223;ende m&#252;ndliche Pr&#252;fung vorgesehen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Mit Schreiben vom 16.10.2018, der Verf&#252;gungskl&#228;gerin am 19.10.2018 zugegangen, k&#252;ndigte die Verf&#252;gungsbeklagte das Ausbildungsverh&#228;ltnis fristlos. In dem K&#252;ndigungsschreiben, wegen dessen Wortlauts im &#220;brigen auf Blatt 18 der Akte Bezug genommen wird, werden folgende K&#252;ndigungsgr&#252;nde genannt:</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">?"Sie haben sich nicht fristgerecht krank gemeldet. Sie waren am 11. und 12.10. krank geschrieben, hier erfolgte die Krankmeldung nicht fristgerecht vor Schulbeginn. Hierf&#252;r spreche ich Ihnen eine Abmahnung aus."</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">?"Die Folgekrankmeldung erfolgte ebenfalls nicht fristgerecht, sondern erst am 16.10. in der Mittagszeit, so dass hiermit eine fristlose K&#252;ndigung gerechtfertigt ist."</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">?"Ihr Auftreten mir gegen&#252;ber ist respektlos und unerzogen. Sie haben mir 2mal die AU wortlos auf den Schreibtisch geworfen und sind wieder gegangen. Ein solches Verhalten l&#228;sst eine weitere Zusammenarbeit nicht zu. Zu dem muss man daraus schlussfolgern, das Ihr Verhalten unseren Patienten gegen&#252;ber, genau so sein wird."</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">?Ihre Fehlzeiten sind so hoch, das eine Zulassung zur Pr&#252;fung voraussichtlich sowieso abgelehnt wird, somit ist Ihre Ausbildung hinf&#228;llig."</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">- 3 -</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Gegen diese K&#252;ndigung hat die Kl&#228;gerin mit Klageschrift vom 05.11.2018 vor dem Arbeitsgericht Oberhausen K&#252;ndigungsschutzklage zu dem Aktenzeichen 3 Ca 1425/18 erhoben. Mit Antragsschrift vom 30.11.2018 hat sie zudem das vorliegende einstweilige Verf&#252;gungsverfahren eingeleitet.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Sie beantragt,</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">die Verf&#252;gungsbeklagte zu verurteilen, sie ab sofort im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen Ausbildungsverh&#228;ltnisses vom 22.08.2018 in ihrem Betrieb zu besch&#228;ftigen bis zur Entscheidung im Verfahren zu dem Aktenzeichen 3 Ca 1425/18 des Arbeitsgerichts Oberhausen, l&#228;ngstens bis zum Fristablauf.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">Die - anwaltlich nicht vertretene - Verf&#252;gungsbeklagte hat sich im Verfahren bislang nicht ge&#228;u&#223;ert.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht Oberhausen hat den Antrag mit Beschluss vom 11.12.2018 ohne m&#252;ndliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden allein zur&#252;ckgewiesen und dies damit begr&#252;ndet, dass kein Verf&#252;gungsanspruch bestehe. Bis zu einem erstinstanzlich der K&#252;ndigungsschutzklage stattgebenden Urteil &#252;berwiege das Interesse der Verf&#252;gungsbeklagten an einer Nichtbesch&#228;ftigung der Verf&#252;gungskl&#228;gerin. Das sei auch nicht ausnahmsweise deshalb anders zu beurteilen, weil die K&#252;ndigung offensichtlich unwirksam w&#228;re, denn gerade das sei nicht der Fall.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Gegen den ihr &#252;ber ihre Prozessbevollm&#228;chtigten am 11.12.2018 zugestellten Beschluss hat die Verf&#252;gungskl&#228;gerin mit am 21.12.2018 bei dem Arbeitsgericht Oberhausen eingereichtem anwaltlichem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Dieser hat das Arbeitsgericht durch Entscheidung des Vorsitzenden vom 28.12.2018 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">1. Die sofortige Beschwerde ist zul&#228;ssig, insbesondere form- und fristgerecht im Sinne von &#167;&#167; 78 Satz 1 ArbGG, 567, 569 ZPO eingelegt worden.</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">2. Die sofortige Beschwerde ist auch begr&#252;ndet und f&#252;hrt im vorliegenden Fall ausnahmsweise gem&#228;&#223; &#167;&#167; 78 Satz 1 ArbGG, 572 Abs. 3 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zur&#252;ckverweisung des Verfahrens zur m&#252;ndlichen Verhandlung und erneuten Entscheidung an das Arbeitsgericht Oberhausen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">- 4 -</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">a. Die Aufhebung und Zur&#252;ckverweisung ist im vorliegenden Fall wegen eines schweren Verfahrensfehlers, n&#228;mlich der erstinstanzlichen Entscheidung durch den hierf&#252;r unzweifelhaft nicht zust&#228;ndigen Vorsitzenden statt der Kammer und damit wegen Entscheidung unter Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erforderlich.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">In arbeitsgerichtlichen Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verf&#252;gung gilt &#167; 62 Abs. 2 ArbGG. Nach dessen Satz 1 finden die entsprechenden Vorschriften der ZPO Anwendung. Satz 2 bestimmt allerdings spezialgesetzlich und abweichend von &#167; 937 Abs. 2 ZPO, dass die Entscheidung &#252;ber den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verf&#252;gung in dringenden F&#228;llen, "auch dann, wenn der Antrag zur&#252;ckzuweisen ist", ohne m&#252;ndliche Verhandlung ergehen kann. Nur dann ist zudem gem&#228;&#223; &#167; 53 Abs. 1 ArbGG die Alleinentscheidungskompetenz des Vorsitzenden - ohne die bei m&#252;ndlichen Verhandlungen obligatorische Zuziehung der ehrenamtlichen Richter - gegeben. Dementsprechend hat die Entscheidung dar&#252;ber, ob mit oder ohne m&#252;ndliche Verhandlung entschieden wird, unmittelbar Einfluss auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Enger als &#167; 937 Abs. 2 ZPO, wo eine Entscheidung ohne m&#252;ndliche Verhandlung sowohl bei besonderer Dringlichkeit als auch im Falle der Zur&#252;ckweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verf&#252;gung durch den Vorsitzenden ohne m&#252;ndliche Verhandlung erfolgen kann, schreibt &#167; 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG f&#252;r das arbeitsgerichtliche Verfahren vor, dass die Entscheidung ohne m&#252;ndliche Verhandlung nur in dringenden F&#228;llen m&#246;glich ist. Durch die Wendung "auch dann, wenn der Antrag zur&#252;ckzuweisen ist" wird hier in Abweichung von &#167; 937 Abs. 2 ZPO keine unabh&#228;ngig von der Dringlichkeit bestehende Alternative beschrieben, sondern klargestellt, dass bei dringlichen F&#228;llen "auch dann" ohne m&#252;ndliche Verhandlung entschieden werden kann, wenn eine zur&#252;ckweisende Entscheidung - mithin aus anderen Gr&#252;nden als der Dringlichkeit - erfolgt. Die Grundvoraussetzung der besonderen Dringlichkeit muss aber auch dann erf&#252;llt sein, anderenfalls ist aufgrund m&#252;ndlicher Verhandlung und damit unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (allg. M., vgl. LAG Schleswig-Holstein vom 26.05.2011 - 1 Ta 76c/11, juris, Rz. 24; LAG Sachsen vom 08.04.1997 - 1 Ta 89/97, MDR 1997, 855 f.; GMP/Germelmann, ArbGG, 8. Auflage, &#167; 62 Rn. 85; Walker in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, &#167; 62 Rn. 115 m.w.N.).</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Da es sich um eine f&#252;r die Bestimmung des gesetzlich zust&#228;ndigen Richters entscheidende Frage handelt, ob und warum ein dringender Fall nach &#167; 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG vorliegt (LAG Schleswig-Holstein vom 26.05.2011 - 1 Ta 76c/11, juris, Rz. 25) und dar&#252;ber hinaus mit dieser Verfahrensentscheidung der - weitere verfassungsrechtlich gew&#228;hrleistete - Anspruch auf rechtliches Geh&#246;r</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">- 5 -</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">unmittelbar betroffen ist, muss eine Entscheidung, die entgegen dem gesetzlichen Leitprinzip der Entscheidung aufgrund m&#252;ndlicher Verhandlung ausnahmsweise ohne diese und damit in anderer Besetzung des Spruchk&#246;rpers ergeht, eine zumindest kurze Begr&#252;ndung zu den Voraussetzungen des &#167; 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG enthalten (so ebenfalls LAG Schleswig-Holstein vom 26.05.2011 - 1 Ta 76c/11, juris, Rz. 27 m.w.N.). Denn grunds&#228;tzlich ist zwar der Einfluss, den ein Vorsitzender durch seine Befugnis zur Terminierung auf die Zusammensetzung der Richterbank gewinnen kann, mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar, da die Anberaumung von Gerichtsterminen nicht ohne R&#252;cksicht auf den Sach- und Streitstand erfolgen kann (BVerfG vom 20.03.2007 - 2 BvR 2470/06, juris, Rz. 25). Die Terminierung ist, um den von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG erstrebten Zweck zu erreichen, aber jedenfalls einer Willk&#252;rkontrolle zu unterziehen (BVerfG a.a.O.) und wird diesem Ma&#223;stab nicht gerecht, wenn sie weder die Beachtung der insoweit relevanten gesetzlichen Grundlage erkennen l&#228;sst noch &#252;berhaupt eine Begr&#252;ndung f&#252;r das richterliche Vorgehen der Entscheidung ohne m&#252;ndliche Verhandlung und damit in anderer Spruchk&#246;rperzusammensetzung enth&#228;lt.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Der angefochtene Beschluss enth&#228;lt keinerlei Begr&#252;ndung f&#252;r die Entscheidung durch den Vorsitzenden ohne m&#252;ndliche Verhandlung. Ihm ist nicht zu entnehmen, ob die gesetzliche Vorschrift des &#167; 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG gesehen und gepr&#252;ft worden ist.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Dar&#252;ber hinaus liegen die Voraussetzungen des dringenden Falles hier auch erkennbar nicht vor. Ein dringender Fall im Sinne von &#167; 62 Abs. 2 Satz 2 ArbGG liegt vor, wenn im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes die Warnung des Gegners oder die Zeitdauer, die mit einer m&#252;ndlichen Verhandlung verbunden ist, vermieden werden muss und die zeitliche Dringlichkeit nicht auf ein z&#246;gerliches Verhalten des Antragstellers zur&#252;ckzuf&#252;hren ist (Walker in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, &#167; 62 Rn. 115 m.w.N.). Der dringende Fall geht somit in den Anforderungen noch deutlich &#252;ber die des ohnehin stets erforderlichen Verf&#252;gungsgrundes hinaus. Sein Anwendungsbereich ist eng zu fassen, da mit ihm eine Ausnahme zu dem Grundsatz der m&#252;ndlichen Verhandlung als Regelfall auch bei der einstweiligen Verf&#252;gung erm&#246;glicht wird, damit zugleich der gesetzliche Richter (Kammer unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter oder Alleinentscheidung des Vorsitzenden) bestimmt und der Umfang des rechtlichen Geh&#246;rs geschm&#228;lert wird.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">In Anwendung dieser Grunds&#228;tze liegt der Ausnahmefall einer besonderen Dringlichkeit hier nicht vor. Unabh&#228;ngig davon, dass schon die Antragstellerin seit Zugang der fristlosen K&#252;ndigung nahezu 1 &#189; Monate bis zur Beantragung einer einstweiligen Verf&#252;gung hat verstreichen lassen, hat das Arbeitsgericht vor seiner Entscheidung noch mit einer Stellungnahmefrist von einer Woche beide</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">- 6 -</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Parteien zu der beabsichtigten Entscheidung angeh&#246;rt. Allein diese Zeit h&#228;tte bereits problemlos ausgereicht, die Sache zur m&#252;ndlichen Verhandlung vor der Kammer zu terminieren und dann zu entscheiden. Indem hier jedoch ohne jede Begr&#252;ndung in einem offensichtlich nicht dringenden Fall gleichwohl im Wege der Alleinentscheidung ohne m&#252;ndliche Verhandlung entschieden worden ist, liegt der Entscheidung ein schwerwiegender Verfahrensfehler zugrunde, denn sie ist nicht durch den gesetzlichen Richter getroffen worden. Das w&#228;re aufgrund notwendiger m&#252;ndlicher Verhandlung die Kammer gewesen.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">b. Dieser schwerwiegende Verfahrensfehler f&#252;hrt hier ausnahmsweise zur Aufhebung und Zur&#252;ckverweisung.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks">Diese ist zul&#228;ssig. Im Beschwerdeverfahren findet &#167; 68 ArbGG keine Anwendung, vielmehr sind &#252;ber &#167; 78 Satz 1 ArbGG die Vorschriften der &#167; 567 ff ZPO heranzuziehen (LAG Schleswig-Holstein vom 26.05.2011 - 1 Ta 76c/11, juris, Rz. 31-33; LAG Sachsen vom 08.04.1997 - 1 Ta 89/97, MDR 1997, 855; GMP/M&#252;ller-Gl&#246;ge, ArbGG, 8. Auflage, &#167; 78 Rn. 34 f.; Walker in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, &#167; 78 Rn. 55). Nach &#167; 572 Abs. 3 ZPO kommt eine Zur&#252;ckverweisung an das Ausgangsgericht unter anderem auch dann in Betracht, wenn der angefochtenen Entscheidung ein schwerwiegender Verfahrensfehler zugrunde liegt (vgl. Z&#246;ller/He&#223;ler, ZPO, 32. Auflage, &#167; 572 Rn. 23; OLG Celle vom 27.09.2002 - 6 W 118/02, juris). Grunds&#228;tzlich liegt die Entscheidung &#252;ber eine Zur&#252;ckverweisung auch bei schweren Verfahrensfehlern im Ermessen der Beschwerdekammer. Dabei ist insbesondere das besondere Beschleunigungsinteresse im arbeitsgerichtlichen Verfahren und mehr noch im vorliegenden Fall das Beschleunigungsinteresse im einstweiligen Verf&#252;gungsverfahren zu ber&#252;cksichtigen. Andererseits hat aber auch Ber&#252;cksichtigung zu finden, dass Verfahrensfehler, die durch die erstinstanzliche Entscheidung eines unzust&#228;ndigen Richters verursacht werden, unmittelbar verfahrensgrundrechtliche Auswirkungen (gesetzlicher Richter, rechtliches Geh&#246;r) haben und durch das Beschwerdegericht nicht korrigierbar sind, sondern vielmehr im Falle einer eigenen Sachentscheidung auch dessen Zust&#228;ndigkeit in Frage stellen k&#246;nnen (vgl. OLG Celle vom 27.09.2002 - 6 W 118/02, juris, Rz. 7). Denn bei Entscheidung aufgrund m&#252;ndlicher Verhandlung w&#228;re im vorliegenden Fall das zutreffende Rechtsmittel die Berufung gewesen. Berufungsverfahren (Sa-Verfahren) werden nach dem Gesch&#228;ftsverteilungsplan des Landesarbeitsgerichts separat und anders auf die Kammern verteilt als Beschwerdesachen (Ta-Verfahren).</p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Hier kommt hinzu, dass der aus einer Zur&#252;ckverweisung resultierende Verz&#246;gerungszeitraum geringf&#252;gig und vor dem Hintergrund des bereits verstrichenen Zeitraumes seit Ausspruch der K&#252;ndigung f&#252;r beide Parteien hinnehmbar ist. Die sofortige Beschwerde ist beim Landesarbeitsgericht am</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">- 7 -</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">03.01.2019 eingegangen. Mit der vorliegenden Entscheidung ist ein Zeitverzug von nur 5 Tagen (einschlie&#223;lich eines Wochenendes) f&#252;r die Parteien verbunden. Andererseits h&#228;tte die Beschwerdekammer im Falle einer Sachentscheidung selbst terminieren und der Beklagten noch gesondert rechtliches Geh&#246;r gew&#228;hren m&#252;ssen, denn nach summarischer Pr&#252;fung erscheint die Ansicht des Arbeitsgerichts, die fristlose K&#252;ndigung sei hier nicht offenkundig unwirksam, kaum haltbar. Eine versp&#228;tete Krankmeldung vermag ohne einschl&#228;gige vorherige Abmahnung auf den ersten Blick erkennbar keine au&#223;erordentliche, fristlose K&#252;ndigung zu begr&#252;nden. Liegt also wie hier - durch eidesstattliche Versicherung der Verf&#252;gungskl&#228;gerin glaubhaft gemacht - ein Arbeitsverh&#228;ltnis ohne bisherige Abmahnungen vor und erfolgt dann die erste Abmahnung wegen versp&#228;teter Krankmeldung zeitgleich im K&#252;ndigungsschreiben, so dass diese erkennbar keinerlei Steuerungswirkung entfalten konnte, bringt die Ausbilderin zum einen selbst schon zum Ausdruck, dass der geltend gemachte K&#252;ndigungsgrund ohne einschl&#228;gige Abmahnung keine K&#252;ndigung rechtfertigt und zum anderen liegt eine solche einschl&#228;gige Abmahnung offensichtlich nicht vor, da k&#252;ndigungsrechtlich von Bedeutung immer nur einschl&#228;gige Abmahnungen sein k&#246;nnen, die der Arbeitnehmer zuvor bereits erhalten hatte. Welchen Sinn sollte eine Abmahnung denn sonst auch haben? Das so bezeichnete "respektlose und unerzogene" Verhalten, das der Verf&#252;gungskl&#228;gerin vorgeworfen wird, hat gleichfalls auf den ersten Blick erkennbar kein solches Gewicht, dass es ohne vorangegangene Abmahnung eine K&#252;ndigung rechtfertigen k&#246;nnte - selbst unterstellt, bei entsprechender Substantiierung dieses Vorwurfes w&#228;re die Verf&#252;gungsbeklagte noch in der Lage, &#252;berhaupt einen konkreten Versto&#223; der Verf&#252;gungskl&#228;gerin gegen ihre Pflichten zu begr&#252;nden. Schlie&#223;lich sind die unsubstantiiert im K&#252;ndigungsschreiben benannten Fehlzeiten offenkundig nicht geeignet eine fristlose K&#252;ndigung zu begr&#252;nden, da sie schon gar kein Fehlverhalten der Verf&#252;gungskl&#228;gerin beschreiben und die restlichen Annahmen der Verf&#252;gungsbeklagten zu daraus resultierenden Auswirkungen auf die Zulassung zur Pr&#252;fung rein spekulativ sind. Schon angesichts der Offenkundigkeit der Unwirksamkeit der K&#252;ndigung, die auf andere als die nach &#167; 22 Abs. 3 BBiG hier schriftlich genannten Gr&#252;nde im Prozess nicht mehr gest&#252;tzt werden kann (BAG vom 12.02.2015 - 6 AZR 845/13, juris, Rz. 91), erst recht aber angesichts des zugunsten der Verf&#252;gungskl&#228;gerin in die Abw&#228;gung einzubeziehenden Umstandes, dass sie sich in der Endphase ihrer Ausbildung befindet und hier besonders triftige Gr&#252;nde f&#252;r eine vorzeitige Beendigung des Ausbildungsverh&#228;ltnisses in Anbetracht der Auswirkungen auf die M&#246;glichkeit zur erfolgreichen Ablegung der Pr&#252;fung und damit der Erzielung des Berufsabschlusses bestehen m&#252;ssten, wird das Arbeitsgericht eine erneute Pr&#252;fung des Besch&#228;ftigungsinteresses in Abw&#228;gung mit dem Beendigungsinteresse der Verf&#252;gungsbeklagten vorzunehmen haben. Sodann wird noch der Verf&#252;gungsgrund zu pr&#252;fen sein.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">- 8 -</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Diese Pr&#252;fung nun in der Beschwerdeinstanz vorzunehmen und hier Termin zur m&#252;ndlichen Verhandlung anzuberaumen, w&#252;rde zugleich bedeuten, die bislang im Verfahren passive Verf&#252;gungsbeklagte, die angesichts der erstinstanzlich erteilten Hinweise und Entscheidungen auch keinen Anlass zur Geltendmachung von Einw&#228;nden hatte, unmittelbar zu zwingen, im Beschwerdeverfahren nunmehr ihre Rechte mit anwaltlichem Vertreter wahrzunehmen. Denn f&#252;r die m&#252;ndliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht gilt auch im Beschwerdeverfahren der Vertretungszwang nach &#167; 11 Abs. 4 ArbGG (allg. M.: Schwab in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Auflage, &#167; 78 Rn. 32 m.w.N.). Weder ist es zeitlich erforderlich noch vor diesem Hintergrund angemessen, die nun anstehende und aufgrund m&#252;ndlicher Verhandlung vor der Kammer zu erfolgende Sachentscheidung im Beschwerderechtszug vorzunehmen. Dies wird das Arbeitsgericht Oberhausen vielmehr nach &#167; 572 Abs. 3 ZPO nach Zur&#252;ckverweisung selbst nachzuholen und dann erneut in der Sache zu entscheiden haben.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Dabei kommt dem Umstand, dass keine der Parteien sich auf die hier festgestellte Verletzung des Grundsatzes des gesetzlichen Richters berufen und eine Zur&#252;ckverweisung beantragt hat, kein entscheidendes Gewicht f&#252;r die nunmehr gleichwohl erfolgende Zur&#252;ckverweisung zu. Diese muss nicht beantragt werden, sondern steht nach &#167; 572 Abs. 3 ZPO allein im Ermessen des Beschwerdegerichts. Dieses wurde wie vorstehend ersichtlich ausge&#252;bt. Auf das Recht auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG kann auch keine der Parteien wirksam verzichten, da seine Beachtung im &#246;ffentlichen Interesse liegt (BGH vom 15.10.2013 - II ZR 112/11, juris, Rz. 7). Mithin mussten die Parteien - was auch angesichts des Beschleunigungsgebots im einstweiligen Verf&#252;gungsverfahren untunlich gewesen w&#228;re - nicht zuvor noch gesondert angeh&#246;rt und gefragt werden, ob sie mit einer Zur&#252;ckverweisung einverstanden sind oder den vorliegenden Besetzungsmangel der erstinstanzlichen Entscheidung hinnehmen wollen.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">F&#252;r die erneute Entscheidung durch das Arbeitsgericht wird darauf hingewiesen, dass dieses an die vorstehenden Ausf&#252;hrungen zur Erforderlichkeit der m&#252;ndlichen Verhandlung analog &#167; 563 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Die Bindungswirkung erstreckt sich allerdings nicht auf die Einsch&#228;tzung der Beschwerdekammer zu offensichtlichen Unwirksamkeit der K&#252;ndigung der Verf&#252;gungsbeklagten, da die diesbez&#252;glichen Erw&#228;gungen nicht tragend f&#252;r die Zur&#252;ckverweisung sind.</p> <span class="absatzRechts">41</span><p class="absatzLinks">Das Arbeitsgericht wird bei seiner erneuten Entscheidung zugleich &#252;ber die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben.</p> <span class="absatzRechts">42</span><p class="absatzLinks">- 9 -</p> <span class="absatzRechts">43</span><p class="absatzLinks">III.</p> <span class="absatzRechts">44</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsbeschwerde wird mangels dies nach &#167;&#167; 78 Satz 2, 72 ArbGG rechtfertigender Gr&#252;nde nicht zugelassen.</p> <span class="absatzRechts">45</span><p class="absatzLinks">Die Festsetzung des Gegenstandswertes entspricht einem Bruttoausbildungsverdienst.</p> <span class="absatzRechts">46</span><p class="absatzLinks">Diese Entscheidung ergeht ihrerseits ohne m&#252;ndliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden auf der Grundlage des &#167; 78 Satz 3 ArbGG.</p> <span class="absatzRechts">47</span><p class="h2 absatzLinks">R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g</p> <span class="absatzRechts">48</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben.</p> <span class="absatzRechts">49</span><p class="absatzLinks">Klein</p>
171,302
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4 C 67/18
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:50:46
2019-02-12T13:44:37
Urteil
ECLI:DE:AGST3:2019:0108.4C67.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Die Klage wird abgewiesen.</p> <p>Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kl&#228;ger.</p> <p>Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorl&#228;ufig vollstreckbar.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong>Tatbestand:</strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger sind gemeinschaftliche Eigent&#252;mer des Grundst&#252;cks G1. Die Beklagte ist alleinige Eigent&#252;merin des Grundst&#252;cks Grundbuch Stadt S G 2. Die Parteien sind direkte Grundst&#252;cksnachbarn. Die G&#228;rten grenzen auf einer L&#228;nge von etwa 13 m unmittelbar aneinander. Entlang der Grundst&#252;ckgrenze befindet sich ein Holzzaun, welcher das Grundst&#252;ck der Beklagten einfriedet und von dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger abgrenzen soll. Unmittelbar an den Holzzaun der Beklagten angrenzend befindet sich auf ihrem Grundst&#252;ck ein Holzschuppen, der den Zaun &#252;berragt und vom Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger aus sichtbar ist. Kl&#228;gerseits besteht die Absicht, den eigenen Garten umzustrukturieren und an der Grenze, aber auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger, einen Metallzaun zu setzen, um das Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger einzufrieden.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger behaupten, die Beklagte habe den etwa 2 m hohen Holzzaun errichtet. Der Holzzaun befinde sich vollst&#228;ndig auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger. Ferner behaupten die Kl&#228;ger, der Holzschuppen habe ein Fundament, die Ma&#223;e von ca. 4,50 x 3 x 2,5 m und sei sehr nur sehr wenig gepflegt. Sie sind der Ansicht, der Holzzaun, und denknotwendig der unmittelbar an diesen angrenzende baurechtlich unzul&#228;ssige Holzschuppen, der auch eine visuelle Beeintr&#228;chtigung darstelle, beeintr&#228;chtigten ihr Eigentum und m&#252;ssten folglich abgebaut und zur&#252;ckversetzt werden.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger haben urspr&#252;nglich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den sich vollst&#228;ndig auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger, Grundbuch Stadt S rechts G1, befindlichen Holzzaun zur&#252;ckzubauen und diesen bei eventueller Neuerrichtung unter Einhaltung der gesetzlichen Mindestabst&#228;nde wieder zu errichten, die Beklagte zu verurteilen, die sich auf der Grundst&#252;ckgrenze ihres Grundst&#252;cks Grundbuch Stadt S G2 und dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger Grundbuch Stadt S rechts G 2, befindliche Holzh&#252;tte zur&#252;ckzubauen sowie die Beklagte ferner zu verurteilen, an der Errichtung fester Grenzzeichen gem&#228;&#223; &#167; 919 BGB mitzuwirken.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Den Antrag zu 3. haben die Kl&#228;ger in der m&#252;ndlichen Verhandlung vom 04.09.2018 zur&#252;ckgenommen.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Die Kl&#228;ger beantragen nunmehr,</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">1. die Beklagte zu verurteilen, den sich vollst&#228;ndig auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger, Grundbuch S rechts, G 1, befindlichen Holzzaun zur&#252;ckzubauen und diesen bei eventueller Neuerrichtung unter Einhaltung der gesetzlichen Mindestabst&#228;nde wieder zu errichten,</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">2. die Beklagte zu verurteilen, die sich auf der Grundst&#252;ckgrenze ihres Grundst&#252;cks Grundbuch S G 2 und dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger Grundbuch Stadt S, G1, befindliche Holzh&#252;tte zur&#252;ckzubauen.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte beantragt,</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">die Klage abzuweisen.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte behauptet, der Holzzaun befinde sich vollst&#228;ndig auf ihrem Grundst&#252;ck, sei nur 1,80 m hoch und vom Voreigent&#252;mer des Grundst&#252;cks im Jahre 1978 durch eine Fachfirma errichtet worden. Die Beklagte tr&#228;gt vor, der Holzschuppen habe kein Fundament und st&#252;nde seit &#252;ber 30 Jahren auf ihrem Grundst&#252;ck. Sie ist der Ansicht, der Holzschuppen sei baurechtlich nicht genehmigungspflichtig.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">Die Beklagte erhebt die Einrede der Verj&#228;hrung und verweist auf unzul&#228;ssige Rechtsaus&#252;bung seitens der Kl&#228;ger.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">Das Gericht hat Beweis erhoben gem&#228;&#223; Beweisbeschluss vom 04.09.2018 durch Einholung eines Gutachtens des Sachverst&#228;ndigen Herrn C. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 29.10.2018 (Bl. 83-100 d.A.) verwiesen.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks"><strong>Entscheidungsgr&#252;nde:</strong></p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Die Klage ist zul&#228;ssig aber unbegr&#252;ndet.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Das Schlichtungsverfahren i.S.d. &#167; 53 I JustG NRW ist durchgef&#252;hrt worden, jedoch ohne Erfolg geblieben.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Den Kl&#228;gern steht kein Anspruch auf Beseitigung des streitgegenst&#228;ndlichen Holzzaunes im Wege des R&#252;ckbaus durch die Beklagte aus &#167;&#167; 823 I, 1004 BGB zu.</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Der Holzzaun stellt eine St&#246;rung eines gesch&#252;tzten Rechtsguts der Kl&#228;ger i.S.d. &#167;&#160;823 I BGB dar. Betroffen ist das kl&#228;gerische Eigentumsrecht an ihrem Grundst&#252;ck. Ausweislich des Sachverst&#228;ndigengutachtens stehen alle sieben Pf&#228;hle des Holzzaunes der Beklagten teilweise auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger. Die &#220;berschreitungen liegen zwischen 2 cm und 12 cm (10 cm, 12 cm, 2 cm, 7 cm, 8 cm, 10 cm). Auch die zwischen den Pf&#228;hlen befindlichen Zaunelemente ragen an einigen Stellen in das Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger hinein. Die &#220;berschreitungen liegen zwischen 2 cm und 4 cm (2 cm, 4 cm, 2 cm).</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">Die Rechtsgutsverletzung indiziert die Rechtswidrigkeit der St&#246;rung. F&#252;r die Beklagte sprechende Rechtfertigungsgr&#252;nde wurden nicht vorgetragen. Insbesondere trifft die Kl&#228;ger weder eine gesetzliche noch eine auf Rechtsgesch&#228;ft beruhende Duldungspflicht gem&#228;&#223; &#167; 1004 II BGB.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks">Der Anspruch der Kl&#228;ger richtet sich auch zutreffend gegen die Beklagte als Zustandsst&#246;rerin. Zustandsst&#246;rer&#160;ist derjenige, der zwar nicht selbst gehandelt hat, durch dessen ma&#223;gebenden&#160;Willen&#160;aber der&#160;beeintr&#228;chtigende Zustand aufrechterhalten&#160;wird, von dessen Willen also die Beseitigung dieses Zustands abh&#228;ngt. Im vorliegenden Fall h&#228;ngt die Beseitigung der St&#246;rung vom Willen der Beklagten als der Eigent&#252;merin ihres Grundst&#252;cks ab.</p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Eine etwaige Verj&#228;hrungseinrede der Beklagten greift zwar nicht, vgl. &#167; 902 Abs. 1 BGB. Der Geltendmachung des Anspruchs steht allerdings der Grundsatz von Treu und Glauben gem&#228;&#223; &#167; 242 BGB entgegen. Die Voraussetzungen des &#167; 242 BGB liegen im Einzelnen vor, wenn eine geringf&#252;gige, im Ergebnis folgenlos gebliebene Pflichtverletzung weitreichende eindeutig unangemessene Rechtsfolgen nach sich zieht. Unter Ber&#252;cksichtigung von &#167; 242 BGB kann die aufgrund einer Pflichtverletzung begehrte Rechtsfolge auch unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig sein, wenn diese Rechtsfolge nicht in einem angemessenen Verh&#228;ltnis zur Schwere der Pflichtverletzung steht. Im Verh&#228;ltnis zwischen Nachbarn k&#246;nnen an sich bestehende Rechte eingeschr&#228;nkt werden,&#160;wenn &#8211; gemessen an der objektiven Interessenlage &#8211; besondere Umst&#228;nde gegeben sind, die schutzw&#252;rdigen Interessen der einen Seite dies erfordern und schutzw&#252;rdige Belange der anderen Seite nicht entgegenstehen. Die R&#252;cksichtnahmepflicht kann insofern die Aus&#252;bung von Eigentumsrechten beschr&#228;nken.</p> <span class="absatzRechts">22</span><p class="absatzLinks">Gemessen an den vorgenannten Grunds&#228;tzen k&#246;nnen die Kl&#228;ger die Beseitigung des Zauns nicht verlangen. Nach den Feststellungen des Sachverst&#228;ndigen befinden sich alle Pf&#228;hle des Holzzauns teilweise auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger sowie einzelne Abschnitte der Zaunelemente. Andere Abschnitte des Zauns befinden sich jedoch ausschlie&#223;lich auf dem Grundst&#252;ck der Beklagten mit einigem Abstand (bis zu 4 cm) zur Grundst&#252;cksgrenze, was zumindest in diesen Bereichen zu einer faktischen Vergr&#246;&#223;erung des Kl&#228;gergrundst&#252;cks f&#252;hrt.</p> <span class="absatzRechts">23</span><p class="absatzLinks">Bei einer Gesamtl&#228;nge von etwa 13 m ragt nur einer der Pf&#228;hle des Holzzauns &#252;ber 10 cm &#252;ber das Grundst&#252;ck der Beklagten hinaus. Die Grundst&#252;cke beider Parteien sind gro&#223;z&#252;gig angelegt. Eine erheblich st&#246;rende Wirkung durch die sich einige Zentimeter auf dem Grundst&#252;ck der Kl&#228;ger befindlichen Pf&#228;hle und einzelner Zaunelemente ist mithin nicht feststellbar. Es erscheint fragw&#252;rdig, ob die von den Kl&#228;gern erstrebte Versetzung des Zauns, von dem letzten Endes nur die Pf&#228;hle versetzt werden m&#252;ssten, um den Grenzverlauf einzuhalten, ihnen einen nennenswerten Vorteil bringen k&#246;nnte. Die dadurch gewonnene Fl&#228;che w&#228;re minimal. Unter diesen Umst&#228;nden ist die von den Kl&#228;gern beanstandete Grenzverletzung allenfalls geringf&#252;gig.</p> <span class="absatzRechts">24</span><p class="absatzLinks">Die begehrte Entfernung des Holzzaunes ist zudem unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Die daf&#252;r erforderlichen Aufwendungen stehen au&#223;er Verh&#228;ltnis zu der gegebenen Eigentumsbeeintr&#228;chtigung. Alle sieben Pf&#228;hle der Zaunanlage m&#252;ssten, vermutlich durch ein Fachunternehmen, ausgehoben werden, um anschlie&#223;end um wenige Zentimeter verschoben zu werden. Der dabei eintretende Fl&#228;chengewinn des kl&#228;gerischen Grundst&#252;cks st&#252;nde au&#223;er Verh&#228;ltnis zum betriebenen Aufwand.</p> <span class="absatzRechts">25</span><p class="absatzLinks">In diesem Zusammenhang muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Holzzaun der Beklagten inzwischen seit 40 Jahren dort steht. Aufgrund des unstreitig hohen Alters erscheinen geringf&#252;gige Verschiebungen des Zaunes nach seiner Errichtung nicht unwahrscheinlich. Auch wenn es mangels eines Umstandsmoments nicht zu einer Verwirkung der Anspr&#252;che der Kl&#228;ger gekommen war, ist bei der Abw&#228;gung der Interessen im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverh&#228;ltnisses das Bestandsinteresse der Beklagten zu ber&#252;cksichtigen. Beachtenswert erscheint auch der Umstand, dass sich die Kl&#228;ger erst an dem Zaun der Beklagten gest&#246;rt haben, nachdem es in den vergangenen Jahren zu &#8211; zum Teil gerichtlichen &#8211; Auseinandersetzungen mit drei weiteren Nachbarn gekommen war.</p> <span class="absatzRechts">26</span><p class="absatzLinks">Die genannten Erw&#228;gungen stehen auch einem Anspruch der Kl&#228;ger auf R&#252;ckbau des Holzzaunes aus &#167; 861 BGB entgegen.</p> <span class="absatzRechts">27</span><p class="absatzLinks">Den Kl&#228;gern steht auch kein Anspruch auf R&#252;ckbau der Holzh&#252;tte gegen die Beklagte aus &#167;&#167; 823, 1004 BGB zu. Es liegt keine Verletzung eines Rechtsguts der Kl&#228;ger vor. Ausweislich der dem Gericht vorgelegten Lichtbilder der Holzh&#252;tte weist diese kein au&#223;ergew&#246;hnlich ungepflegtes Erscheinungsbild auf. Zudem ist sie f&#252;r die Kl&#228;ger nur in Gestalt des &#252;ber den Holzzaun ragenden Daches sichtbar. Es kann deshalb dahinstehen, ob visuelle Beeintr&#228;chtigungen eine Verletzung des Eigentumsrechts i.S.d. &#167; 823 I BGB darstellen k&#246;nnen.</p> <span class="absatzRechts">28</span><p class="absatzLinks">Ein Anspruch auf Beseitigung einer Eigentumsverletzung ergibt sich f&#252;r die Kl&#228;ger auch nicht unter Ber&#252;cksichtigung bauordnungsrechtlicher Vorschriften. Gem&#228;&#223; &#167; 6 XI BauO NRW sind Geb&#228;ude mit einer mittleren Wandh&#246;he bis zu 3&#160;m &#252;ber der Gel&#228;ndeoberfl&#228;che an der Grenze, die zu Abstellzwecken genutzt werden, ohne eigene Abstandfl&#228;chen zul&#228;ssig. Die Holzh&#252;tte der Beklagten wird unstreitig zu Abstellzwecken genutzt und weist eine H&#246;he von weniger als 3 m auf, sodass sie unmittelbar an der Grundst&#252;ckgrenze aufgestellt werden durfte.</p> <span class="absatzRechts">29</span><p class="absatzLinks">Die unabh&#228;ngig von der Frage des Abstandes zur Grundst&#252;cksgrenze bestehende Frage der generellen Genehmigungspflichtigkeit der Holzh&#252;tte kann ebenfalls dahingestellt bleiben. Weder haben die Kl&#228;ger substantiiert vorgetragen, wie ihr Eigentum durch die behauptete fehlende Baugenehmigung f&#252;r die Holzh&#252;tte beeintr&#228;chtigt sein soll noch wurden irgendwelche Gr&#252;nde daf&#252;r vorgetragen, weshalb bei einer etwaigen Nachholung des bauordnungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens eine Baugenehmigung f&#252;r die Holzh&#252;tte versagt werden w&#252;rde.</p> <span class="absatzRechts">30</span><p class="absatzLinks">Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus &#167;&#167; 91; 709 ZPO.</p> <span class="absatzRechts">31</span><p class="absatzLinks">Der Vortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz des Kl&#228;gervertreters vom 03.01.19 rechtfertigt nicht die Wiederer&#246;ffnung der m&#252;ndlichen Verhandlung. In dem Schreiben werden lediglich die bereits mitgeteilten Rechtsauffassungen der Kl&#228;gerseite wiederholt.</p> <span class="absatzRechts">32</span><p class="absatzLinks">Der Streitwert wird auf 3.000,00&#160;EUR festgesetzt.</p> <span class="absatzRechts">33</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsbehelfsbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">34</span><p class="absatzLinks">Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung f&#252;r jeden zul&#228;ssig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,</p> <span class="absatzRechts">35</span><p class="absatzLinks">1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR &#252;bersteigt oder</p> <span class="absatzRechts">36</span><p class="absatzLinks">2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.</p> <span class="absatzRechts">37</span><p class="absatzLinks">Die Berufung muss <strong>innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung</strong> dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht M&#252;nster, Am Stadtgraben 10, 48143 M&#252;nster, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erkl&#228;rung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.</p> <span class="absatzRechts">38</span><p class="absatzLinks">Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegen&#252;ber dem Landgericht M&#252;nster zu begr&#252;nden.</p> <span class="absatzRechts">39</span><p class="absatzLinks">Die Parteien m&#252;ssen sich vor dem Landgericht M&#252;nster durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere m&#252;ssen die Berufungs- und die Berufungsbegr&#252;ndungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.</p> <span class="absatzRechts">40</span><p class="absatzLinks">Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.</p>
171,301
lg-dusseldorf-2019-01-08-25-oh-918
{ "id": 808, "name": "Landgericht Düsseldorf", "slug": "lg-dusseldorf", "city": 413, "state": 12, "jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit", "level_of_appeal": "Landgericht" }
25 OH 9/18
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:50:46
2019-02-12T13:44:36
Beschluss
ECLI:DE:LGD:2019:0108.25OH9.18.00
<h2>Tenor</h2> <p>Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem&#228;&#223; &#167; 127 GNotKG wird die Kostenrechnung vom 18. Januar 2018 in der korrigierten Fassung des Notars Dr. L. aus D&#252;sseldorf best&#228;tigt.</p> <p>Die Entscheidung ergeht gerichtsgeb&#252;hrenfrei; au&#223;ergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.</p><br style="clear:both"> <span class="absatzRechts">1</span><p class="absatzLinks"><strong><span style="text-decoration: underline;">Gr&#252;nde</span></strong></p> <span class="absatzRechts">2</span><p class="absatzLinks">I.</p> <span class="absatzRechts">3</span><p class="absatzLinks">Die Beteiligte zu 1., vertreten durch den Kommanditisten H, beauftragte den Beteiligten zu 2. mit der Fertigung des Entwurfs der Anmeldung der Sitzverlegung und der inl&#228;ndischen Gesch&#228;ftsanschrift von Ratingen nach D&#252;sseldorf beim Handelsregister des Amtsgerichts D&#252;sseldorf (HRA). Der Notar fertigte den Entwurf.</p> <span class="absatzRechts">4</span><p class="absatzLinks">Am 26. Februar 2018 wurden der neue Sitz und die ge&#228;nderte Gesch&#228;ftsanschrift im Handelsregister eingetragen.</p> <span class="absatzRechts">5</span><p class="absatzLinks">Der Kostengl&#228;ubiger erstellte unter dem 18. Januar 2018 eine gegen die Beteiligte zu 1. gerichtete Kostenrechnung, welche er auf Einwendungen der Beteiligten zu 1. teilweise korrigierte.</p> <span class="absatzRechts">6</span><p class="absatzLinks">Gegen die Kostenrechnung hat die Beteiligte zu 1. einen Antrag auf Entscheidung gem&#228;&#223; &#167; 127 GNotKG eingebracht.</p> <span class="absatzRechts">7</span><p class="absatzLinks">Der Pr&#228;sident des Landgerichts hat unter dem 19. November 2018 Stellung genommen.</p> <span class="absatzRechts">8</span><p class="absatzLinks">II.</p> <span class="absatzRechts">9</span><p class="absatzLinks">Auf Antrag der Kostenschuldnerin nach &#167; 127 GNotKG war die streitgegenst&#228;ndliche Kostenrechnung vom 18. Januar 2018 in der korrigierten Fassung zu best&#228;tigen.</p> <span class="absatzRechts">10</span><p class="absatzLinks">Der Beteiligte zu 2. hat die urspr&#252;ngliche Kostenrechnung in zul&#228;ssiger Weise berichtigt und durch die korrigierte Kostenrechnung &#252;ber 140,48 &#8364; ersetzt, welche nunmehr Gegenstand dieses Verfahrens ist.</p> <span class="absatzRechts">11</span><p class="absatzLinks">1.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die ge&#228;nderte Kostenrechnung ist rechnerisch nicht zu beanstanden und entspricht dem Zitiergebot des &#167; 19 Abs. 2 und Abs. 3 GNotKG.</p> <span class="absatzRechts">12</span><p class="absatzLinks">2.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Geb&#252;hr des Nr. 24102 KV GNotKG f&#252;r die Fertigung eines Entwurfs f&#252;r eine Handelsregisteranmeldung ist entstanden, und zwar entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1. nach einem Gesch&#228;ftswert in H&#246;he von 30.000,-- &#8364;.</p> <span class="absatzRechts">13</span><p class="absatzLinks">&#167; 105 Abs. 5 GNotKG ist nicht einschl&#228;gig.</p> <span class="absatzRechts">14</span><p class="absatzLinks">&#167; 105 Abs. 5 GNotKG regelt den Gesch&#228;ftswert f&#252;r Anmeldungen, die f&#252;r das Unternehmen keinen wirtschaftlichen Wert haben, sondern fast ausschlie&#223;lich redaktioneller Art sind. Der Gesch&#228;ftswert betr&#228;gt immer 5.000,-- &#8364;, ohne R&#252;cksicht auf den Umfang der angemeldeten &#196;nderung.</p> <span class="absatzRechts">15</span><p class="absatzLinks">Das Gesetz sieht den Fall der &#8222;&#196;nderung einer Anschrift&#8220; ausdr&#252;cklich als Anmeldung ohne wirtschaftliche Bedeutung an. Gemeint ist die Anmeldung der &#196;nderung der Gesch&#228;ftsanschrift.</p> <span class="absatzRechts">16</span><p class="absatzLinks">Vorliegend ist neben der &#196;nderung der Gesch&#228;ftsanschrift die Sitzverlegung zur Eintragung angemeldet worden.</p> <span class="absatzRechts">17</span><p class="absatzLinks">Bei einer Personenhandelsgesellschaft betrifft die Anmeldung einer Sitzverlegung und der &#196;nderung der inl&#228;ndischen Gesch&#228;ftsanschrift (vgl. &#167;&#167; 161 Abs. 2, 107 HGB) dasselbe Rechtsverh&#228;ltnis bzw. dieselbe Tatsache und damit denselben Beurkundungsgegenstand (&#167;&#167; 86 Abs. 2, 109, 111 Nr. 3 GNotKG), weil anders als bei einer GmbH Sitz und Gesch&#228;ftsanschrift identisch sein m&#252;ssen</p> <span class="absatzRechts">18</span><p class="absatzLinks">Diese sp&#228;teren Anmeldungen sind gem&#228;&#223; &#167; 105 Abs. 4 Nr. 3 GNotKG bei einer Kommanditgesellschaft mit 30.000,-- &#8364; zu bewerten (vgl. Korintenberg-Tiedtke, GNotKG, 20. Aufl., &#167; 105 Rn. 69; Schneider/Volpert/F&#246;lsch-Heisel, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., &#167; 105 GNotKG Rn. 55; Bormann/Diehn/Sommerfeldt-Bormann, GNotKG, 2. Aufl., &#167; 105 Rn. 25).</p> <span class="absatzRechts">19</span><p class="absatzLinks">3.&#160;&#160;&#160;&#160;&#160;&#160; Die Beglaubigungsgeb&#252;hr ist f&#252;r die elektronische Beglaubigung der pdfA-Datei des Existenz- und Vertretungsnachweises aus England angefallen.</p> <span class="absatzRechts">20</span><p class="absatzLinks"><strong>Rechtsbehelfsbelehrung:</strong></p> <span class="absatzRechts">21</span><p class="absatzLinks">Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zul&#228;ssig, die bei dem Landgericht D&#252;sseldorf durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zu Protokoll der Gesch&#228;ftsstelle eingelegt werden kann. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erkl&#228;rung enthalten, dass Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt werde. Sie ist von dem Beschwerdef&#252;hrer oder seinem Bevollm&#228;chtigten zu unterzeichnen. Die Einlegung der Beschwerde muss binnen einer Frist von einem Monat nach schriftlicher Bekanntmachung des Beschlusses erfolgen, wobei der Eingang beim Landgericht entscheidend ist.</p>
171,212
ovgrlp-2019-01-08-2-b-1140618
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2 B 11406/18
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:50:07
2019-02-12T13:44:22
Beschluss
ECLI:DE:OVGRLP:2019:0108.2B11406.18.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 15. Oktober 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst tr&#228;gt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 41.407,14 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde hat keinen Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung &#252;ber seine Bewerbung auf die im Amtsblatt des Ministeriums f&#252;r Bildung vom 25. April 2016 ausgeschriebene, nach Besoldungsgruppe A 16 Landesbesoldungsordnung &#8211; LBesO &#8211; bewertete, Funktionsstelle der Oberstudiendirektorin/des Oberstudiendirektors als Schulleiterin bzw. Schulleiter des Gymnasiums M. zu sichern sucht, zu Recht abgelehnt. Denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (&#167; 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung &#8211; VwGO &#8211; i.V.m. &#167;&#167; 936, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die von ihm gegen dieses vorinstanzliche Ergebnis dargelegten Gr&#252;nde, auf die sich die Pr&#252;fung seiner Beschwerde gem&#228;&#223; &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschr&#228;nken hat, rechtfertigen keine Ab&#228;nderung des angefochtenen Beschlusses.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und h&#228;lt auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtm&#228;&#223;igkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung &#252;ber die Vergabe der in Rede stehenden Bef&#246;rderungsstelle den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz &#8211; GG &#8211;, Art. 19 Verfassung f&#252;r Rheinland-Pfalz &#8211; LV &#8211; und &#167; 9 Beamtenstatusgesetz &#8211; BeamtStG &#8211; niedergelegten Leistungsgrundsatz nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Auf die Gr&#252;nde des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschlie&#223;t, wird deshalb gem&#228;&#223; &#167; 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist deshalb nur erg&#228;nzend auszuf&#252;hren:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>I. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsgrund zur Seite. Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz &#8211; GG &#8211; sowie Art. 19 Verfassung f&#252;r Rheinland-Pfalz &#8211; LV &#8211; und &#167; 9 Beamtenstatusgesetz &#8211; BeamtStG &#8211; gew&#228;hren jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem &#246;ffentlichen Amt nach Eignung, Bef&#228;higung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar und einfachgesetzlich angeordneten Ma&#223;stabs gilt nicht nur f&#252;r die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne (Bef&#246;rderung, &#167; 8 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG), sondern auch f&#252;r die dieser Ernennung vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende Voraussetzung f&#252;r die nachfolgende &#196;mtervergabe vermittelt und die Auswahl f&#252;r die &#196;mtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird. Ein solcher Fall der sog. Vorwirkung einer Dienstposten&#252;bertragung f&#252;r die sp&#228;tere Bef&#246;rderung liegt hier vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Die Auswahl unter Bewerbern, deren statusrechtliches Amt der Rangordnung nach niedriger ist als die Besoldungsgruppe, welcher der zu besetzende Dienstposten zugeordnet ist, hat nach Art. 33 Abs. 2 GG und den die Verfassungsnorm konkretisierenden beamtenrechtlichen Vorschriften nach Eignung, Bef&#228;higung und fachlicher Leistung zu erfolgen. Gem&#228;&#223; &#167; 21 Abs. 2 Nr. 4 Landesbeamtengesetz &#8211; LBG &#8211; setzen Bef&#246;rderungen, die mit einer h&#246;herwertigen Funktion verbunden sind, eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus (vgl. auch &#167; 12 Abs. 1 Satz 1 Laufbahnverordnung &#8211; LbVO &#8211;). Die &#220;bertragung des h&#246;herwertigen Dienstpostens soll danach unter den Bedingungen praktischer T&#228;tigkeit die Prognose best&#228;tigen, dass der Inhaber des Dienstpostens &#8211; besser als etwaige Mitbewerber &#8211; den Anforderungen des Bef&#246;rderungsamtes gen&#252;gen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat anschlie&#223;end die Chance der Bef&#246;rderung. Er wird nach Ablauf der Bew&#228;hrungsfrist faktisch konkurrenzlos gestellt. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem h&#246;herwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen aus laufbahnrechtlichen Gr&#252;nden f&#252;r eine Bef&#246;rderung nicht in Betracht. Damit wird die Auslese f&#252;r die &#220;bertragung eines Bef&#246;rderungsamtes vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um den Bef&#246;rderungsdienstposten (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 &#8211; 2 BvR 2457/04 &#8211;, NVwZ 2008, 194; BVerwG, Urteile vom 16. August 2001 &#8211; 2 A 3.00 &#8211;, BVerwGE 115, 58 und vom 16. Oktober 2008 &#8211; 2 A 9.07 &#8211;, BVerwGE 132, 110; sowie Beschluss vom 22. November 2012 &#8211; 2 VR 5.12 &#8211;, BVerwGE 145, 112; OVG RP, Beschl&#252;sse vom 31. Oktober 2002 &#8211; 2 B 11577/02.OVG &#8211;, ESOVGRP; vom 21. M&#228;rz 2011 &#8211; 2 B 10234/11.OVG &#8211;, juris, und vom 11. Juni 2014 &#8211; 2 B 10430/14.OVG &#8211;, juris; stRspr). Diese &#8222;Vorwirkung&#8220; besteht im vorliegenden Fall.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der vom Antragsgegner zur Neubesetzung ausgeschriebene Dienstposten des Schulleiters des Gymnasiums M. ist f&#252;r den Antragsteller ein derart h&#246;herwertiger und damit &#8222;f&#246;rderlicher&#8220; Dienstposten, da er f&#252;r seine Bef&#246;rderung zum Oberstudiendirektor (Besoldungsgruppe A 16 LBesO) erforderlich ist. Dessen &#220;bertragung schafft n&#228;mlich f&#252;r den Antragsteller, der zurzeit ein Statusamt nach Besoldungsgruppe A 15 LBesO innehat, die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen f&#252;r eine sp&#228;tere Bef&#246;rderung im Sinne von &#167; 21 Abs. 2 Nr. 4 LBG. Damit wird die Auswahl f&#252;r ein sp&#228;teres Bef&#246;rderungsamt vorverlagert auf die Auswahl f&#252;r den Bef&#246;rderungsdienstposten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Diese &#8222;Vorwirkung&#8220; begr&#252;ndet f&#252;r den in der streitgegenst&#228;ndlichen Bewerberauswahl unterlegenen Antragsteller einen Anordnungsgrund. Denn mit der Aush&#228;ndigung der Ernennungsurkunde zur Oberstudiendirektorin im Landesdienst nach Ablauf der Probezeit an die Beigeladene w&#228;re ihre Ernennung wegen des Grundsatzes der &#196;mterstabilit&#228;t nicht mehr r&#252;ckg&#228;ngig zu machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2007 &#8211; 2 BvR 1586/07 &#8211;, NVwZ 2008, 70 und juris, dort Rn. 9). Einer der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannten Ausnahmef&#228;lle (vgl. hierzu etwa Urteil vom 21. August 2003 &#8211; 2 C 14.02 &#8211;, BVerwGE 118, 370 [375] und vom 4. November 2010 &#8211; 2 C 16.09 &#8211;, BVerwGE 138, Rn. 41) liegt hier erkennbar nicht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>II. Der Antragsteller hat allerdings keinen Anordnungsanspruch im Sinne von &#167; 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO glaubhaft gemacht. Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und h&#228;lt auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtm&#228;&#223;igkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung &#252;ber die Vergabe der in Rede stehende Stelle den in Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und &#167; 9 BeamtStG niedergelegten Leistungsgrundsatz nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und &#167; 9 BeamtStG haben Bewerber um einen h&#246;herwertigeren Bef&#246;rderungsdienstposten einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr &#252;ber ihre Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Bef&#228;higung und fachlicher Leistung entscheidet (sog. Bestenauslese). &#220;ber diese Auswahlkriterien verl&#228;sslich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelm&#228;&#223;ig vorrangige Bedeutung zukommt. Der Dienstherr kann diesen Vorrang allerdings entfallen lassen, wenn und soweit der zu vergebende Dienstposten Eignungsanforderungen stellt, die durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilung nicht umfassend abgedeckt sind. In diesen F&#228;llen ist es zul&#228;ssig, schon vor der eigentlichen Auswahlentscheidung ein besonderes Anforderungsprofil f&#252;r die Stelle festzulegen, an dem sich alle Bewerber messen lassen m&#252;ssen. &#220;ber die Eignung des Bewerberfeldes kann der Dienstherr dann in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erf&#252;llen oder die aus sonstigen Eignungsgr&#252;nden f&#252;r die &#196;mtervergabe von vornherein nicht in Betracht kommen, k&#246;nnen hierbei in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und m&#252;ssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. April 2006 &#8211; 2 VR 2.05 &#8211;, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 7). Gleiches gilt grunds&#228;tzlich auch f&#252;r Bewerber, die zwingende Vorgaben des Anforderungsprofils nicht erf&#252;llen (vgl. BVerwG, Beschl&#252;sse vom 25. Oktober 2011 &#8211; 2 VR 4.11 &#8211;, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50 und juris, dort Rn. 17 und 30; sowie vom 20. Juni 2013 &#8211; 2 VR 1.13 &#8211;, BVerwGE 147, Rn. 23). Bei der weiteren Eignungspr&#252;fung anhand des Anforderungsprofils kann der Dienstherr nach Lage des Einzelfalles auch die dienstlichen Beurteilungen in ihrer Bedeutung hinter andere Erkenntnismittel, z. B. dem Ergebnis eines strukturierten sachdienlichen Auswahlgespr&#228;chs oder &#8211; wie hier &#8211; eines speziell ausgestalteten &#220;berpr&#252;fungsverfahrens, zur&#252;cktreten lassen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 19. Februar 2004 &#8211; 2 A 11293/03.OVG &#8211; m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Hiervon ausgehend l&#246;st sich der Antragsgegner in st&#228;ndiger Verwaltungspraxis bei der Besetzung von h&#246;heren Funktionsstellen im Schuldienst vom Vorrang der dienstlichen Beurteilungen und legt seinen Auswahlentscheidungen &#8211; wie hier &#8211; bereits in der Ausschreibung besondere Anforderungen zugrunde, deren Erf&#252;llung anhand eines speziellen und f&#252;r alle Bewerber gleich ausgestalteten Auswahlverfahrens &#252;berpr&#252;ft wird. Einer solchen &#8222;funktionsbezogenen &#220;berpr&#252;fung&#8220; kommt dabei die Aufgabe zu, die Bef&#228;higung der Bewerber im Hinblick auf die Anforderungen des konkret ausgeschriebenen schulischen Amtes und damit ihre Eignung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und &#167; 9 BeamtStG festzustellen. Die letzten dienstlichen Beurteilungen werden hierbei zwar ber&#252;cksichtigt; in ihrem Gewicht treten sie jedoch regelm&#228;&#223;ig hinter den Ergebnissen der funktionsbezogenen &#220;berpr&#252;fung zur&#252;ck (vgl. zum Vorstehenden OVG RP, Beschluss vom 6. Juni 2011 &#8211; 2 B 10452/11.OVG &#8211; und vom 5. Februar 2018 &#8211; 2 B 11786/17 &#8211;, juris).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Diese Vorgehensweise ist vom Grundsatz her nicht zu beanstanden. Funktionsstellen im Schuldienst stellen besondere Eignungsanforderungen, die durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilung eines Lehrers in der Regel nicht umfassend abgedeckt sind (vgl. (vgl. OVG RP, Beschluss vom 26. Januar 1996 &#8211; 2 B 10008/96.OVG &#8211; ESOVGRP; Beschluss vom 19. Februar 2004 &#8211; 2 A 11293/03.OVG &#8211; m.w.N.). Allerdings darf den Ergebnissen der funktionsbezogenen &#220;berpr&#252;fung nicht in jedem Fall &#8211; also gleichsam schematisch &#8211; der Vorrang gegen&#252;ber den dienstlichen Beurteilungen einger&#228;umt werden. Denn auch wenn die dienstliche Beurteilung eines Lehrers die Anforderungen einer Funktionsstelle nicht umfassend abdeckt, so enth&#228;lt sie doch nicht selten einzelne wichtige Informationen, die unmittelbar oder mittelbar R&#252;ckschl&#252;sse auf die Eignung f&#252;r eine Funktionsstelle zulassen. Dies gilt namentlich dann, wenn der Bewerber schon zuvor Aufgaben wahrgenommen hat, die den auf der Stelle zu erf&#252;llenden Funktionen &#228;hneln (vgl. OVG RP, Beschluss vom 1. M&#228;rz 1996 &#8211; 2 B 10037/96.OVG &#8211;; Beschluss vom 28. Oktober 1993 &#8211; 2 B 12270/93.OVG &#8211; jeweils m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Auch bei der Besetzung von Funktionsstellen im Schuldienst sind daher die dienstlichen Beurteilungen der Bewerber in jedem Fall umfassend auszuwerten. Die so gewonnenen Erkenntnisse &#252;ber die Eignung der Bewerber sind &#8211; mit dem ihnen zukommenden Gewicht &#8211; in eine rational nachvollziehbare Abw&#228;gung mit den Ergebnissen der funktionsbezogenen &#220;berpr&#252;fung einzustellen. Eine erh&#246;hte Begr&#252;ndungslast trifft den Dienstherrn dabei jedenfalls dann, wenn &#8211; wie hier &#8211; ein Bewerber trotz deutlich besserer und f&#252;r das Anforderungsprofil aussagekr&#228;ftiger Beurteilung bei der Auswahl &#252;bergangen werden soll. Das Anforderungsprofil ist hier gleichsam &#8222;Schritt f&#252;r Schritt&#8220; abzuarbeiten, indem die eignungsrelevanten Erkenntnisse aus den dienstlichen Beurteilungen und den funktionsbezogenen &#220;berpr&#252;fungen den einzelnen Merkmalen des Anforderungsprofils zugeordnet und dort in nachvollziehbarer Weise gewichtet und abgewogen werden. Das abschlie&#223;ende Eignungsurteil &#252;ber die Bewerber ist sodann aufgrund einer Gesamtabw&#228;gung zu treffen, wobei die Einzelmerkmale des Anforderungsprofils nach ihrer Bedeutung f&#252;r die Aufgabenwahrnehmung auf der Stelle gewichtet werden k&#246;nnen. Dabei ist im Blick zu halten, dass eine dienstliche Beurteilung Beobachtungen &#252;ber einen l&#228;ngeren Zeitraum abdeckt, w&#228;hrend die funktionsbezogene &#220;berpr&#252;fung einen eher punktuellen Eindruck vermittelt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 25. August 1998 &#8211; 2 B 11710/98.OVG &#8211; ESOVGRP &#8211;; auch Beschluss vom 28. Oktober 1993 &#8211; 2 B 12270/93.OVG &#8211;).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>2. Ausgehend von diesen, vom Senat in st&#228;ndiger Rechtsprechung vertretenen Grunds&#228;tzen ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners zugunsten der Beigeladenen nicht zu beanstanden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>a) Dies gilt zun&#228;chst, soweit die Durchf&#252;hrung und das Ergebnis des schulfachlichen &#220;berpr&#252;fungsverfahrens betroffen sind. Sowohl in der Bewertung der sog. Unterrichtsmitschau einer fachfremden Unterrichtsstunde mit anschlie&#223;endem Beratungsgespr&#228;ch als auch der Leitung einer Gesamtkonferenz und dem funktionsbezogenen Kolloquium hat sich die Beigeladene ausweislich des Besetzungsberichts der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) vom 18. Mai 2017 (Bl. 2 ff. des Besetzungsvorgangs &#8211; BV &#8211;) gegen&#252;ber allen Bewerbern als die bessere Kandidatin f&#252;r die &#220;bernahme der Schulleiterstelle pr&#228;sentiert. Da sich der Antragsteller sowohl mit seinem Eilantrag als auch mit der Beschwerde ausschlie&#223;lich auf die Frage der hinreichenden Vergleichbarkeit seiner eigenen dienstlichen Beurteilung mit derjenigen der Beigeladenen beschr&#228;nkt, ist der Senat nach &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gehindert, zu weiteren Fragen im Zusammenhang mit der Auswahlentscheidung des Antragsgegners Stellung zu nehmen. Deshalb beschr&#228;nken sich die folgenden Ausf&#252;hrungen auf die mit der Beschwerde allein ger&#252;gte zeitliche Aktualit&#228;t der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>b) In diesem Zusammenhang ist zun&#228;chst festzuhalten, dass der Antragsgegner &#8211; entsprechend den Vorgaben des Senats &#8211; bei der Bewerberauswahl von den Ergebnissen der &#252;ber die Bewerber vorliegenden dienstlichen Beurteilungen ausgegangen ist. Diese hat er sowohl in statusrechtlicher Sicht als auch in Bezug auf die Vergleichbarkeit der unter anderen Vorgaben erstellten Beurteilung der Beigeladenen als externe Bewerberin inhaltlich ausgewertet, wobei er ausweislich des Besetzungsberichts der ADD vom 18. Mai 2017 der Beigeladenen schon nach dem Ergebnis ihrer dienstlichen Beurteilung einen Vorsprung attestiert hat, der von ihr sodann im funktionsbezogenen &#220;berpr&#252;fungsverfahren aufrechterhalten und ausgebaut worden sei (vgl. Bl. 16 BV).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>c) Entgegen der Auffassung der Beschwerde l&#228;sst sich gegen dieses, in zwei unabh&#228;ngig voneinander durchgef&#252;hrten Verfahrensschritten gewonnene, Ergebnis nicht erfolgreich einwenden, die dienstliche Beurteilung des Antragstellers sei als Auswahlinstrument nicht (mehr) tauglich, weil sie nicht mehr aktuell gewesen sei. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden, dass die dem Antragsteller am 24. Mai 2016 er&#246;ffnete und damit rechtswirksam gewordene dienstliche Beurteilung zum Zeitpunkt der Billigung des Besetzungsberichts der ADD vom 18. Mai 2017 durch die Ministerin f&#252;r Bildung am 23. Juni 2017 ebenso aktuell war wie die der Beigeladenen am 7. Juli 2016 er&#246;ffnete Beurteilung. Auf die infolge der Einw&#228;nde des Schulausschusses erst zu einem erheblich sp&#228;teren Zeitpunkt erfolgte Best&#228;tigung dieser &#8211; ungeachtet dessen zuvor bereits gef&#228;llten &#8211; Auswahlentscheidung durch die Ministerpr&#228;sidentin des Landes Rheinland-Pfalz kommt es dagegen ebenso wenig an wie auf die Zeitspanne, die durch das sich daran anschlie&#223;ende Eilverfahren verursacht worden ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p>aa) Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte der Antragsgegner dessen dienstliche Beurteilung 24. Mai 2016 der Auswahlentscheidung zugrunde legen. Da der Antragsteller mit seiner Beschwerde die von ihm noch erstinstanzlich thematisierte Frage der unterschiedlichen Beurteilungszeitr&#228;ume nicht mehr anspricht, sind aufgrund der prozessualen Beschr&#228;nkung des Streitstoffes in &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO nunmehr nur noch die Fragen nach der f&#252;r die Bestimmung der hinreichenden Aktualit&#228;t noch zu tolerierende Zeitdauer seit der Abfassung von dienstlichen Beurteilungen sowie die dabei erforderliche Festlegung von Anfangs- und Endzeitpunkt dieser Zeitspanne zu beantworten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>bb) Wann eine dienstliche Beurteilung nicht mehr aktuell ist und auf welche Zeitpunkte dabei abzustellen ist, wird im rheinland-pf&#228;lzischen Landesbeamtenrecht nicht einheitlich vorgegeben. So wird etwa im Personalbereich der Justiz festgelegt, dass eine dienstliche Beurteilung bei einer anstehenden Auswahlentscheidung grunds&#228;tzlich innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren zugrunde gelegt werden darf (Nr. 3.1.2.1 der Verwaltungsvorschrift &#8222;Dienstliche Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanw&#228;ltinnen und Staatsanw&#228;lte&#8220; des Ministeriums der Justiz vom 15. August 2916, Justizblatt 2016 S. 167 &#8211; BeurteilungsVV Justiz &#8211;). Der Anfangszeitpunkt bestimmt sich insofern nach der Erstellung, das hei&#223;t Er&#246;ffnung der dienstlichen Beurteilung (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. August 2018 &#8211; 2 B 10761/18.OVG &#8211;, juris Rn. 6). Auch der Endzeitpunkt in diesem Personalf&#252;hrungsbereich wird durch die verwaltungsinterne Anweisung der Richtlinie definiert: Ma&#223;geblich ist danach der Tag der Ver&#246;ffentlichung der Stellenausschreibung im Justizblatt (Nr. 3.2 BeurteilungsVV Justiz).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p>Derart genaue Vorgaben enthalten die Verwaltungsvorgaben im Personalbereich der Schulverwaltung von Rheinland-Pfalz nur in Bezug auf die Zeitdauer, die f&#252;r eine Bestimmung der hinreichenden Aktualit&#228;t einer dienstlichen Beurteilung in Betracht kommt. Diese wird nach Nr. 2.3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums f&#252;r Bildung, Frauen und Jugend und des Ministeriums f&#252;r Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur vom 29. Januar 2002 (Gemeinsames Amtsblatt 2002, Seite 247), zuletzt ge&#228;ndert durch Verwaltungsvorschrift des Ministeriums f&#252;r Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur vom 2. November 2007 (Gemeinsames Amtsblatt 2007, Seite 247) &#8222;Dienstliche Beurteilung der staatlichen Lehrkr&#228;fte an Schulen und Studienseminaren&#8220; gleichfalls mit zwei Jahren festgelegt. F&#252;r die Bestimmung des Anfangspunktes kommt auch hier die Er&#246;ffnung der Beurteilung in Betracht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>cc) Ma&#223;geblicher Ankn&#252;pfungspunkt f&#252;r die Bestimmung der hinreichenden Aktualit&#228;t der f&#252;r Besetzungsentscheidungen herangezogenen dienstlichen Beurteilungen ist der Zeitpunkt der vom Dienstherrn getroffenen Besetzungsentscheidung; dies ist regelm&#228;&#223;ig der Zeitpunkt der rechtsverbindlichen Abfassung des Besetzungsberichts bzw. -vermerks durch den f&#252;r die Besetzungsentscheidung zust&#228;ndigen Amtswalter. Auf sich hieran anschlie&#223;ende Umsetzungshandlungen, z. B. die Ausfertigung der Ernennungsurkunde durch oberste Dienstbeh&#246;rden (etwa, wie hier, durch die Ministerpr&#228;sidentin) oder eine Beteiligung weiterer Beh&#246;rden oder Gremien (etwa Wahlaussch&#252;sse oder &#8211; wie hier &#8211; Schultr&#228;ger und -aussch&#252;sse) kommt es f&#252;r die Bestimmung der hinreichenden Aktualit&#228;t der der Auswahlentscheidung zugrundeliegenden dienstlichen Beurteilungen dagegen nicht an.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p>Dieses Ergebnis entspricht der st&#228;ndigen verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung f&#252;r den Personalbereich der Bundesbeamten. Auch hier beurteilt sich die Frage, ob eine dienstliche Beurteilung noch hinreichend aktuell ist, nach dem verstrichenen Zeitraum zwischen ihrer Erstellung (Er&#246;ffnung) bzw. dem Beurteilungsstichtag und dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung. So darf bei Bundesbeamten das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 22 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz h&#246;chstens drei Jahre zur&#252;ckliegen. Ma&#223;geblicher Endzeitpunkt f&#252;r die Bemessung des &#8222;Aktualit&#228;tszeitraums&#8220; ist auch hier der Zeitpunkt der Auswahl (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2017 &#8211; 2 BvR 2076/16 &#8211;, NVwZ 2017, 472 und juris, dort Rn. 26; BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 &#8211; 2 VR 2.15 &#8211;, BVerwGE 155, 152 Rn. 22). Eine Auswahlentscheidung wird nach dieser Rechtsprechung insbesondere nicht dadurch rechtswidrig, dass infolge Einlegung eines Widerspruchs w&#228;hrend des Vorverfahrens die Drei-Jahres-Grenze &#252;berschritten wird; die dienstliche Beurteilung verliert dadurch nicht ihre urspr&#252;nglich gegebene hinreichende Aktualit&#228;t (vgl. hierzu ausf&#252;hrlich BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2017 &#8211; 2 VR 2.16 &#8211;, NVwZ-RR 2018, 395 und juris, dort Rn. 53). Auch hat das Bundesverwaltungsgericht in einer fr&#252;heren Entscheidung eine Auswahlentscheidung bereits als rechtswidrig beanstandet, weil eine nachtr&#228;gliche, das hei&#223;t nach der Auswahlentscheidung ausgesprochene, Bef&#246;rderung eines Mitbewerbers ber&#252;cksichtigt und so der zeitliche Bezugspunkt in unzul&#228;ssiger Weise nach hinten verschoben wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 &#8211; 2 A 7.09 &#8211;, BVerwGE 141, 361 Rn. 37).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p>Aus alledem folgt, dass der Dienstherr nach dem (von ihm willk&#252;rfrei gew&#228;hlten) Zeitpunkt der Auswahlentscheidung eingetretene nachtr&#228;gliche Qualifikationen eines rechtsfehlerfrei nicht ausgew&#228;hlten Bewerbers grunds&#228;tzlich nicht ber&#252;cksichtigen muss. Dieser Willk&#252;rvorbehalt ist lediglich Ausdruck des ohnehin geltenden Grundsatzes, dass der Dienstherr das beamtenrechtliche Auswahlverfahren, etwa durch eine bewusst manipulierte Festlegung des Zeitpunktes der Auswahlentscheidung, nicht so gestalten darf, dass er dadurch gezielt einen bestimmten Bewerber auszuschlie&#223;en versucht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 &#8211; 2 C 27.15 &#8211;, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 79 Rn. 35 sowie Beschluss vom 12. Dezember 2017 &#8211; 2 VR 2.16 &#8211;, juris Rn. 54). Die vorstehenden Grunds&#228;tze, die das Bundesverwaltungsgericht f&#252;r das Recht der Bundesbeamten entwickelt hat und denen sich der Senat anschlie&#223;t, gelten in gleichem Ma&#223;e f&#252;r die Beamten des Landes Rheinland-Pfalz.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p>dd) Das bedeutet freilich nicht, dass der Dienstherr zeitlich nach der Abfassung des ma&#223;gebenden Besetzungsvermerks auftretende Umst&#228;nde &#252;berhaupt nicht ber&#252;cksichtigen d&#252;rfte. Vielmehr ist er bis zum bestands- oder rechtskr&#228;ftigen Ende des Auswahlverfahrens berechtigt, nach der Erstellung der dienstlichen Beurteilung aufgetretene oder bekannt gewordene Umst&#228;nde zum Anlass zu nehmen, die bereits gef&#228;llte Auswahlentscheidung zu &#252;berdenken, wenn diese geeignet sind, die zuvor getroffene Bewerberauswahl in ein anderes Licht zu r&#252;cken. Hierzu kann es kommen, wenn bei dem zuvor bereits ausgew&#228;hlten Bewerber ein erforderlicher Bef&#228;higungsnachweis nachtr&#228;glich wegf&#228;llt oder wenn Umst&#228;nde erkennbar werden, die nach der bereits getroffenen Auswahl nunmehr Anlass bieten, an dessen Eignung zu zweifeln, etwa nach der Einleitung eines Disziplinarverfahrens. In derartigen Ausnahmef&#228;llen w&#228;re es nach dem Grundsatz der bestm&#246;glichen Besetzung der Stellen des &#246;ffentlichen Dienstes (Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV, &#167; 9 BeamtStG) schlichtweg nicht zu rechtfertigen, den Dienstherrn an der in Unkenntnis derartiger Umst&#228;nde zuvor gef&#228;llten Auswahlentscheidung festhalten zu wollen. Ein solcher Ausnahmefall wird vorliegend allerdings vom Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p>III. Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht nicht gem&#228;&#223; &#167; 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da diese keine Antr&#228;ge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. &#167; 154 Abs. 3 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>IV. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus &#167; 47 Abs. 1 Satz 1, &#167; 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. &#167; 52 Abs. 1 und 6 Gerichtskostengesetz &#8211; GKG &#8211;. Ma&#223;gebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der f&#252;r ein Kalenderjahr zu zahlenden Bez&#252;ge der Besoldungsgruppe A 16 LBesO mit Ausnahme nicht ruhegehaltsf&#228;higer Zulagen (&#167; 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts mit einem h&#246;heren Endgrundgehalt betrifft, ist der Streitwert gem&#228;&#223; &#167; 52 Abs. 6 Satz 4 GKG auf die H&#228;lfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 &#8211; 2 VR 5.12 &#8211;, S. 15 des Urteilsabdrucks; sowie Beschl&#252;sse vom 20. Juni 2013 &#8211; 2 VR 1.13 &#8211;, BVerwGE 147, 20; und vom 19. Dezember 2014 &#8211; 2 VR 1.14 &#8211;, I&#214;D 2015, 38 und juris, dort Rn. 43; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 &#8211; 2 B 11209/13.OVG &#8211;, I&#214;D 2014, 42; NdsOVG, Beschluss vom 25. August 2014 &#8211; 5 ME 116/14 &#8211;, NVwZ-RR 2014, 941.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p>V. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO).</p></dd> </dl> </div></div> </div>
171,204
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13 LA 401/18
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:49:58
2019-02-12T13:44:21
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag der Kl&#228;gerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover -&#160;Einzelrichterin der 1.&#160;Kammer&#160;- vom 11.&#160;Juli 2018 wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin tr&#228;gt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert des Berufungszulassungsverfahrens wird auf 5.000&#160;EUR festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>I.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin wendet sich gegen das Erl&#246;schen ihrer allgemeinen Beeidigung als Dolmetscherin und Erm&#228;chtigung als &#220;bersetzerin mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Am 22.&#160;Juni 2000 wurde die Kl&#228;gerin auf der Grundlage der vom Nieders&#228;chsischen Justizministerium erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift "Allgemeine Beeidigung von Dolmetschern" vom 15.&#160;Oktober 1951 (Nds. Rpfl. S.&#160;194), zuletzt ge&#228;ndert am 28.&#160;April 1975 (Nds. RPfl. S.&#160;104), von der Vizepr&#228;sidentin des Landgerichts A-Stadt als Dolmetscherin und &#220;bersetzerin f&#252;r die englische und die franz&#246;sische Sprache vereidigt und in die bei dem Landgericht A-Stadt gef&#252;hrte Dolmetscherliste eingetragen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Mit Schreiben vom 9.&#160;Dezember 2015 bat die Kl&#228;gerin den Beklagten festzustellen, dass sie &#252;ber den 31.&#160;Dezember 2015 hinaus befugt sei, die Benennung als allgemein beeidigte Dolmetscherin und &#220;bersetzerin zu f&#252;hren. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 14.&#160;Dezember 2015 ab. Zur Begr&#252;ndung nahm er auf die durch Art.&#160;1 Nr.&#160;2 des Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und anderer Gesetze vom 8.&#160;Dezember 2010 (Nds. GVBl. S.&#160;553) eingef&#252;hrte Bestimmung in &#167;&#160;9h Satz&#160;1 und 2 des Nieders&#228;chsischen Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Nds. AGGVG) Bezug, wonach allgemeine Beeidigungen von Dolmetschern und Erm&#228;chtigungen von &#220;bersetzern, die vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommen worden sind, sp&#228;testens mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015 erl&#246;schen. Er wies die Kl&#228;gerin auf die M&#246;glichkeit hin, einen (erneuten) Antrag auf allgemeine Beeidigung nach den seit dem 1.&#160;Januar 2011 geltenden &#167;&#167;&#160;9&#160;ff. Nds. AGGVG zu stellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Einen Antrag der Kl&#228;gerin vom 8.&#160;Februar 2016 auf Aufnahme in die Dolmetscher- und &#220;bersetzerliste lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 16.&#160;Februar 2016 ab. Dies begr&#252;ndete er mit der fehlenden allgemeinen Beeidigung als Dolmetscherin und Erm&#228;chtigung als &#220;bersetzerin, wie sie nach den Bestimmungen der durch das Gesetz zur Neuordnung von Vorschriften &#252;ber die Justiz vom 16.&#160;Dezember 2014 (Nds. GVBl. S.&#160;436) mit Wirkung vom 31.&#160;Dezember 2014 neu geschaffenen &#167;&#167;&#160;23&#160;ff. des Nieders&#228;chsischen Justizgesetzes (NJG) erforderlich sei. Die allgemeine Beeidigung vom 22.&#160;Juni 2000 sei gem&#228;&#223; &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015 erloschen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Die hierauf von der Kl&#228;gerin erhobene Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 16.&#160;Februar 2016, auf Feststellung, dass ihre Beeidigung vom 22.&#160;Juni 2000 weiterhin wirksam ist, und auf Feststellung, dass sie aufgrund der Beeidigung vom 22.&#160;Juni 2000 zum F&#252;hren der Benennung "allgemein beeidigte Dolmetscherin/&#220;bersetzerin f&#252;r die Gerichte und Notare des Landgerichtsbezirks A-Stadt" befugt ist, hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 11.&#160;Juli 2018 abgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich der Antrag der Kl&#228;gerin auf Zulassung der Berufung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p><strong>II.</strong></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Der Antrag bleibt ohne Erfolg.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Die Zulassung der Berufung setzt nach &#167;&#160;124a Abs.&#160;5 Satz&#160;2 VwGO voraus, dass einer der in &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 VwGO genannten Zulassungsgr&#252;nde dargelegt ist und vorliegt. Eine hinreichende Darlegung nach &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 und Abs.&#160;5 Satz&#160;2 VwGO erfordert, dass in der Begr&#252;ndung des Zulassungsantrags im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgef&#252;hrt wird, weshalb der benannte Zulassungsgrund erf&#252;llt sein soll. Zwar ist bei den Darlegungserfordernissen zu beachten, dass sie nicht in einer Weise ausgelegt und angewendet werden, welche die Beschreitung des er&#246;ffneten (Teil-)Rechtswegs in einer unzumutbaren, aus Sachgr&#252;nden nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert (vgl.&#160;BVerfG, Beschl. v.&#160;15.5.2018 -&#160;2&#160;BvR 287/17&#160;-, juris Rn.&#160;41 mit weiteren Nachweisen zur st&#228;ndigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts). Erforderlich sind aber qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verst&#228;ndliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausf&#252;hrungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenst&#228;ndigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl.&#160;Senatsbeschl. v.&#160;4.7.2018 -&#160;13&#160;LA&#160;247/17&#160;-, juris Rn.&#160;2).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Hier sind die von der Kl&#228;gerin geltend gemachten Zulassungsgr&#252;nde der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO (1.), der besonderen tats&#228;chlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;2 VwGO (2.) und der grunds&#228;tzlichen Bedeutung der Rechtssache nach &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;3 VwGO (3.) zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 und Abs.&#160;5 Satz&#160;2 VwGO gen&#252;genden Weise dargelegt und liegen im &#220;brigen nicht vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p><strong>1.&#160;</strong>Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 VwGO sind zu bejahen, wenn der Rechtsmittelf&#252;hrer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schl&#252;ssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl.&#160;BVerfG, Beschl. v.&#160;8.12.2009 -&#160;2&#160;BvR&#160;758/07&#160;-, BVerfGE 125, 104, 140). Die Richtigkeitszweifel m&#252;ssen sich dabei auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer &#196;nderung der angefochtenen Entscheidung f&#252;hren wird (vgl.&#160;BVerwG, Beschl. v.&#160;10.3.2004 -&#160;BVerwG 7&#160;AV&#160;4.03&#160;-, NVwZ-RR 2004, 542, 543). Eine den Anforderungen des &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 VwGO gen&#252;gende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgef&#252;hrt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelm&#228;&#223;ig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verst&#228;ndlicher Ausf&#252;hrungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenst&#228;ndigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl.&#160;Senatsbeschl. v.&#160;31.8.2017 -&#160;13&#160;LA&#160;188/15&#160;-, juris Rn.&#160;8; Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., VwGO, 7.&#160;Aufl. 2018, &#167;&#160;124a Rn.&#160;80 jeweils m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p><strong>a. </strong>Die Kl&#228;gerin wendet gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht ein Erl&#246;schen der allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung vom 22.&#160;Juni 2000 angenommen. Die allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung sei ein Verwaltungsakt, der bestandskr&#228;ftig geworden und weder widerrufen noch zur&#252;ckgenommen worden sei.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Diese Einw&#228;nde setzen die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung durchgreifenden ernstlichen Richtigkeitszweifeln nicht aus.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Kl&#228;gerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass die nach Pr&#252;fung der Voraussetzungen durch den Beklagten am 22.&#160;Juni 2000 erfolgte Entgegennahme und Protokollierung der Eidesleistung als Dolmetscherin und &#220;bersetzerin und die nachfolgende Aufnahme in die bei dem Beklagten gef&#252;hrte Liste der allgemein beeidigten Dolmetscher und &#220;bersetzer ein feststellender Verwaltungsakt im Sinne des &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 NVwVfG in Verbindung mit &#167;&#160;35 Satz&#160;1 VwVfG ist (vgl.&#160;mit eingehender Begr&#252;ndung: BVerwG, Urt. v.&#160;16.1.2007 -&#160;BVerwG 6&#160;C&#160;15.06&#160;-, juris Rn.&#160;22&#160;ff.). Dieser Verwaltungsakt ist gegen&#252;ber der Kl&#228;gerin auch bestandskr&#228;ftig geworden.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Die Wirksamkeit ihrer allgemeinen Beeidigung als Dolmetscherin und &#220;bersetzerin vom 22.&#160;Juni 2000 endete aber mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015.&#160;Nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 NVwVfG in Verbindung mit &#167;&#160;43 Abs.&#160;2 VwVfG bleibt ein Verwaltungsakt nur wirksam, solange und soweit er nicht zur&#252;ckgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben (Alternative 1 Varianten 1 bis 3) oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (Alternative 2 Varianten 1 und 2; vgl.&#160;zur Regelungssystematik: Stelkens/Bonk/Sachs, 9.&#160;Aufl. 2018, &#167;&#160;43 Rn.&#160;4). Nach &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG (und inhaltsgleich nach &#167;&#160;9h Satz&#160;1 und 2 Nds. AGGVG a.F.) erl&#246;schen allgemeine Beeidigungen von Dolmetschern sowie Erm&#228;chtigungen von &#220;bersetzern, die vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommen worden sind, sp&#228;testens mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Diese gesetzliche Erl&#246;schensregelung bewirkt eine anderweitige Aufhebung im Sinne des &#167;&#160;43 Abs.&#160;2 Alt.&#160;1 Var.&#160;3 VwVfG der vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen als Dolmetscher und Erm&#228;chtigungen als &#220;bersetzer (vgl.&#160;zur Zul&#228;ssigkeit einer solchen Aufhebung von Verwaltungsakten durch den Gesetzgeber: Beaucamp, Die Aufhebung bzw. &#196;nderung von Verwaltungsakten durch den Gesetzgeber, in: DVBl. 2006, 1401, 1402&#160;ff.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a>15</a></dt> <dd><p>Jedenfalls aber bestimmt die gesetzliche Erl&#246;schensregelung des &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG einen Zeitpunkt, mit dessen Ablauf die vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen als Dolmetscher und Erm&#228;chtigungen als &#220;bersetzer im Sinne des &#167;&#160;43 Abs.&#160;2 Alt.&#160;2 Var.&#160;1 VwVfG erledigt, also unwirksam sein sollen. Grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine solche, auch nachtr&#228;glich durch den Gesetzgeber vorgenommene aufl&#246;sende Befristung bestehen nicht (vgl.&#160;BVerfG, Beschl. v.&#160;7.3.2017 -&#160;1&#160;BvR&#160;1314/12&#160;-, BVerfGE 145, 20, 89&#160;ff. (zum Erl&#246;schen Spielhallenerlaubnisse nach einer gesetzlich bestimmten &#220;bergangsfrist)).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Die Wirksamkeit der allgemeinen Beeidigung der Kl&#228;gerin als Dolmetscherin und &#220;bersetzerin vom 22.&#160;Juni 2000 endete daher mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015, ohne dass hierf&#252;r ein Widerruf oder eine R&#252;cknahme dieser allgemeinen Beeidigung nach &#167;&#160;1 Abs.&#160;1 und Abs.&#160;3 Nr.&#160;1 NVwVfG in Verbindung mit &#167;&#167;&#160;48, 49 VwVfG erforderlich gewesen ist.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_17">17</a></dt> <dd><p><strong>b. </strong>Die Kl&#228;gerin wendet gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung weiter ein, die gesetzliche Erl&#246;schensregelung in &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG sei willk&#252;rlich und verletze das &#220;berma&#223;verbot. Die Regelung greife r&#252;ckwirkend in Form einer objektiven Zulassungsregelung in die grundrechtlich gesch&#252;tzte Berufsfreiheit ein. Die staatlichen Gerichte bildeten ein faktisches Monopol bei der Auswahl der in ihrem Gerichtsbezirk zugelassenen Dolmetscher und &#220;bersetzer. Ohne die Beeidigung als Dolmetscher oder die Erm&#228;chtigung als &#220;bersetzer sei der Zugang zu diesem Arbeitsmarkt praktisch verschlossen. Der damit verbundene Grundrechtseingriff sei unverh&#228;ltnism&#228;&#223;ig. Die Erl&#246;schensregelung sei zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsg&#252;ter nicht erforderlich. Den Inhabern einer allgemeinen Beeidigung oder Erm&#228;chtigung sei es auch nicht zuzumuten, eine solche erneut zu beantragen. Denn hierf&#252;r bed&#252;rfe es des Nachweises der gem&#228;&#223; &#167;&#160;23 NJG geforderten Kenntnisse durch geeignete Unterlagen und einer erneuten kostenpflichtigen Sachpr&#252;fung durch den Beklagten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_18">18</a></dt> <dd><p>Auch diese Einw&#228;nde setzen die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung durchgreifenden ernstlichen Richtigkeitszweifeln nicht aus. Die einfachgesetzliche Erl&#246;-schensregelung in &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG greift zwar in die nach Art.&#160;12 GG gesch&#252;tzte Berufsfreiheit der vor dem 1.&#160;Januar 2011 allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer ein (1), dieser Eingriff ist aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt (2).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_19">19</a></dt> <dd><p><strong>(1) </strong>Seit dem sogenannten "Apotheken-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts (Urt. v.&#160;11.6.1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377&#160;f.) unterscheidet dieses regelm&#228;&#223;ig zwischen Eingriffen in die Berufsfreiheit durch Berufsaus&#252;bungsregelungen, subjektive oder objektive Berufszulassungsregelungen. Die blo&#223;e Aus&#252;bungsregelung bestimmt, in welcher Art und Weise die Berufsangeh&#246;rigen ihre Berufst&#228;tigkeit im Einzelnen zu gestalten haben; sie kann durch vern&#252;nftige Erw&#228;gungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Die subjektive Zulassungsregelung macht den Zugang zu einem Beruf vom Vorliegen pers&#246;nlicher Eigenschaften, F&#228;higkeiten oder Leistungsnachweise abh&#228;ngig; sie kann nur gerechtfertigt sein, soweit ein &#252;berragendes Gemeinschaftsgut, das der Freiheit des Einzelnen vorgeht, gesch&#252;tzt werden soll. Die objektive Zulassungsvoraussetzung macht den Zugang zum Beruf hingegen von objektiven Bedingungen abh&#228;ngig, die mit der pers&#246;nlichen Qualifikation des Berufsanw&#228;rters nichts zu tun haben und auf die er keinen Einfluss nehmen kann; sie kann nur zur Abwehr nachweisbarer oder h&#246;chstwahrscheinlicher schwerer Gefahren f&#252;r ein &#252;berragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt sein (vgl.&#160;BVerfG, Urt. v.&#160;11.6.1958, a.a.O., S.&#160;405&#160;f., und Sachs, GG, 8.&#160;Aufl. 2018, Art.&#160;12 Rn.&#160;125&#160;ff. mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und deren Entwicklung).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_20">20</a></dt> <dd><p>Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben stellen sich Regelungen zur allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Erm&#228;chtigungen von &#220;bersetzern als blo&#223;e Berufsaus&#252;bungsregelungen dar. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 16.&#160;Januar 2007 (-&#160;BVerwG 6&#160;C&#160;15.06&#160;-, juris Rn.&#160;27&#160;ff.) ausgef&#252;hrt:</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_21">21</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">"Die T&#228;tigkeit der Dolmetscher und &#220;bersetzer ist ein von Art.&#160;12 Abs.&#160;1 GG gesch&#252;tzter Beruf. Mit den Regelungen &#252;ber deren allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung wird die Berufsaus&#252;bung im Sinne des Art.&#160;12 Abs.&#160;1 Satz&#160;2 GG geregelt. &#8230; Die Berufswahl wird durch die allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung nicht ber&#252;hrt, denn die T&#228;tigkeit als allgemein beeidigter Dolmetscher oder als erm&#228;chtigter &#220;bersetzer ist kein eigenst&#228;ndiger Beruf. Im Hinblick auf die &#246;ffentliche Bestellung von Sachverst&#228;ndigen nach &#167;&#160;36 GewO ist anerkannt, dass es sich hierbei nicht um die Zulassung zu einem Beruf handelt, sondern lediglich um die Zuerkennung einer besonderen Qualifikation (BVerfG, Beschluss vom 25.&#160;M&#228;rz 1992 - 1 BvR 298/86 - BVerfGE 86, 28 &lt;38&gt;; BVerwG, Urteil vom 26.&#160;Juni 1990 - BVerwG 1 C 10.88 - a.a.O. S.&#160;3). &#214;ffentlich bestellte und vereidigte Sachverst&#228;ndige unterscheiden sich von den &#252;brigen Sachverst&#228;ndigen nicht durch die Zugeh&#246;rigkeit zu einem bestimmten Beruf, sondern nur durch die staatliche Feststellung ihrer Qualifikation als Sachverst&#228;ndige. Wird ein Sachverst&#228;ndiger &#246;ffentlich bestellt und vereidigt, so &#228;ndert sich das Bild seiner beruflichen T&#228;tigkeit nicht. Auch in der sozialen Wirklichkeit treten &#246;ffentlich bestellte Sachverst&#228;ndige nicht als eigene Berufsgruppe in Erscheinung (BVerfG, Beschluss vom 25.&#160;M&#228;rz 1992 - 1 BvR 298/86 - a.a.O.). Diese &#220;berlegungen sind auf die T&#228;tigkeit der allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer &#252;bertragbar. Diese bilden keine eigenst&#228;ndige Berufsgruppe, sondern &#252;ben ihre T&#228;tigkeit ebenso wie andere Dolmetscher und &#220;bersetzer aus. Von diesen unterscheiden sie sich allein dadurch, dass sie durch die allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung eine gewisse staatliche Anerkennung vorweisen k&#246;nnen. Mit der allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung ist demnach keine Zulassung zu einem bestimmten Beruf verbunden; die Freiheit der Berufswahl ist nicht ber&#252;hrt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_22">22</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Auch die Berufsaus&#252;bung wird durch die allgemeine Beeidigung und die Erm&#228;chtigung nicht unmittelbar geregelt. Die allgemeine Beeidigung und die Erm&#228;chtigung er&#246;ffnen den Dolmetschern und &#220;bersetzern keine zus&#228;tzlichen beruflichen Bet&#228;tigungsm&#246;glichkeiten. Auch schr&#228;nkt deren Versagung den Umfang der durch sie in zul&#228;ssiger Weise durchf&#252;hrbaren T&#228;tigkeiten nicht ein. Die allgemeine Beeidigung hat, wie bereits ausgef&#252;hrt, rechtlich zur Folge, dass gem&#228;&#223; &#167;&#160;189 Abs.&#160;2 GVG die Vereidigung als Verhandlungsdolmetscher im Einzelfall durch die Berufung auf den geleisteten Eid ersetzt werden kann. Dar&#252;ber hinaus ist im Beurkundungsverfahren nach &#167;&#160;16 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 BeurkG bei der &#220;bersetzung der Niederschrift die Vereidigung eines allgemein beeidigten Dolmetschers entbehrlich. Das Gericht oder der Notar sind nach diesen Vorschriften nicht gehindert, einen nicht allgemein beeidigten Dolmetscher zu beauftragen, was auch unumg&#228;nglich ist, wenn f&#252;r eine bestimmte Sprache ein allgemein beeidigter Dolmetscher nicht verf&#252;gbar ist. Dieser ist dann gem&#228;&#223; &#167;&#160;189 Abs.&#160;1 GVG bzw. &#167;&#160;16 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 BeurkG zu vereidigen. Die Erm&#228;chtigung als &#220;bersetzer f&#252;hrt, wie ebenfalls schon ausgef&#252;hrt worden ist, dazu, dass gem&#228;&#223; &#167;&#160;2 Abs.&#160;1 BeurkVereinfV die &#220;bersetzung einer Urkunde, die in einer fremden Sprache abgefasst ist, als richtig und vollst&#228;ndig gilt, wenn dies von ihm bescheinigt wird. Gem&#228;&#223; &#167;&#160;142 Abs.&#160;3 ZPO kann das Gericht anordnen, dass von in fremder Sprache abgefassten Urkunden eine &#220;bersetzung beigebracht werde, die ein nach den Richtlinien der Landesjustizverwaltung hierzu erm&#228;chtigter &#220;bersetzer angefertigt hat. Auch nach diesen Vorschriften ist ein nicht erm&#228;chtigter &#220;bersetzer in keinem Fall rechtlich gehindert, an Stelle eines erm&#228;chtigten &#220;bersetzers t&#228;tig zu werden. Ein unmittelbarer Eingriff in die Freiheit der Berufsaus&#252;bung ist demnach mit der allgemeinen Beeidigung oder Erm&#228;chtigung nicht verbunden, insbesondere hat deren Versagung keine Einschr&#228;nkung der rechtlich zul&#228;ssigen beruflichen Bet&#228;tigungsm&#246;glichkeiten zur Folge.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_23">23</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Art.&#160;12 Abs.&#160;1 GG sch&#252;tzt indessen nicht nur vor Beeintr&#228;chtigungen, die sich gerade auf die berufliche Bet&#228;tigung beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben. Vielmehr kann das genannte Grundrecht auch durch Vorschriften und Ma&#223;nahmen ber&#252;hrt werden, die nur in ihren tats&#228;chlichen Auswirkungen und mittelbar geeignet sind, die Berufsfreiheit zu beeintr&#228;chtigen (BVerfG, Beschl&#252;sse vom 12.&#160;Oktober 1977 - 1 BvR 217/75 u.a. - BVerfGE 46, 120 &lt;137&gt; und vom 29.&#160;November 1989 - 1 BvR 1402/87 u.a. - BVerfGE 81, 108 &lt;121&#160;f.&gt;; BVerwG, Urteile vom 18.&#160;April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 - BVerwGE 71, 183 &lt;191&#160;f.&gt; = Buchholz 418.32 AMG Nr.&#160;11 S.&#160;15&#160;f. und vom 18.&#160;Oktober 1990 - BVerwG 3 C 2.88 - BVerwGE 87, 37 &lt;42&#160;f.&gt; = Buchholz 11 Art.&#160;12 GG Nr.&#160;209 S.&#160;27&#160;f.). Das setzt voraus, dass sie die Rahmenbedingungen der Berufsaus&#252;bung ver&#228;ndern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Aus&#252;bung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (BVerfG, Urteil vom 17.&#160;Februar 1998 - 1 BvF 1/91 - a.a.O. &lt;254&gt;; Beschluss vom 13.&#160;Juli 2004 - 1 BvR 1298/97 u.a. - BVerfGE 111, 191 &lt;213&gt;; BVerwG, Urteile vom 18.&#160;April 1985 - BVerwG 3 C 34.84 - a.a.O. und vom 6.&#160;November 1986 - BVerwG 3 C 72.84 - BVerwGE 75, 109 &lt;115&gt; = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr.&#160;84 S.&#160;61). Eine berufsregelnde Tendenz in diesem Sinn liegt vor, wenn die ma&#223;geblichen Normen oder Ma&#223;nahmen im Schwerpunkt T&#228;tigkeiten betreffen, die typischerweise beruflich ausge&#252;bt werden (BVerfG, Urteil vom 17.&#160;Februar 1998 - 1 BvF 1/91 - a.a.O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_24">24</a></dt> <dd><p style="margin-left:36pt">Vor diesem Hintergrund ist in Vorschriften, die die staatliche Anerkennung einer beruflichen Qualifikation vorsehen, eine die Berufsfreiheit ber&#252;hrende Regelung zu sehen (BVerfG, Beschluss vom 25.&#160;M&#228;rz 1992 - 1 BvR 298/86 - a.a.O. S.&#160;37; Kammerbeschluss vom 3.&#160;Mai 1999 - 1 BvR 1315/97 - NVwZ 1999, 1102 &lt;1103&gt;). Das gilt auch dann, wenn durch die zus&#228;tzliche berufliche Qualifikation nicht Art und Umfang der beruflichen Bet&#228;tigung reglementiert, sondern (lediglich) der Wettbewerb zwischen den Berufsangeh&#246;rigen und damit deren berufliche Entfaltungsm&#246;glichkeiten beeinflusst werden (BVerfG, Beschluss vom 25.&#160;M&#228;rz 1992 - 1 BvR 298/86 - a.a.O., Kammerbeschluss vom 3.&#160;Mai 1999 - 1 BvR 1315/97 - a.a.O.). Zwar erlangen Dolmetscher und &#220;bersetzer durch die allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung nicht die Stellung eines &#246;ffentlich bestellten Dolmetschers oder &#220;bersetzers. Mit der allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung ist jedoch ebenfalls die staatliche Anerkennung einer beruflichen Qualifikation verbunden, die sich nicht grundlegend von derjenigen unterscheidet, die mit der &#246;ffentlichen Bestellung erfolgt. Sowohl die allgemeine Beeidigung als auch die Erm&#228;chtigung erfolgen nur nach einer Pr&#252;fung der fachlichen und pers&#246;nlichen Eignung, deren Anforderungen sich nach den einschl&#228;gigen Regelungen in den einzelnen Bundesl&#228;ndern richten. Sie bieten daher eine gewisse Gew&#228;hr f&#252;r die Qualifikation der allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer. Soweit die allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung vorgenommen wird, kommt darin die Anerkennung der beruflichen Qualifikation zum Ausdruck. Demzufolge genie&#223;en der Titel und das Siegel eines allgemein beeidigten Dolmetschers in der Bev&#246;lkerung und bei den staatlichen Stellen Ansehen und Vertrauen (Tormin, ZRP 1987, 422 &lt;423&gt;). Beeidigung und Erm&#228;chtigung f&#252;hren als wichtige Werbefaktoren zu einem wesentlichen Vorsprung im Wettbewerb mit anderen - nicht allgemein beeidigten und erm&#228;chtigten - Dolmetschern und &#220;bersetzern und werden auch gerade aus diesen Gr&#252;nden angestrebt. Mit der allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung oder deren Versagung wirken die zust&#228;ndigen staatlichen Stellen damit erheblich auf die Berufsaussichten der Dolmetscher und &#220;bersetzer ein. Dies rechtfertigt es, in den hierauf bezogenen Vorschriften eine Regelung der Berufsaus&#252;bung zu sehen. Demgem&#228;&#223; ist auch anerkannt worden, dass das Hamburgische Gesetz &#252;ber die &#246;ffentliche Bestellung und allgemeine Vereidigung von Dolmetschern und &#220;bersetzern eine Berufsaus&#252;bungsregelung enth&#228;lt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 3.&#160;Mai 1999 - 1 BvR 1315/97 - a.a.O.)."</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_25">25</a></dt> <dd><p>Tangieren hiernach Regelungen &#252;ber den Zugang zur allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung sowie die damit verbundene Eintragung in das Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer nur die Berufsaus&#252;bung der Dolmetscher und &#220;bersetzer, gilt Gleiches f&#252;r Regelungen, die diesen Zugang zur allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung sowie die damit verbundene Eintragung in das Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer beenden. Auch die Erl&#246;schensregelung des &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG ist danach -&#160;entgegen der Ansicht der Kl&#228;gerin&#160;- nicht als objektive Zulassungs-, sondern als blo&#223;e Berufsaus&#252;bungsregelung anzusehen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_26">26</a></dt> <dd><p><strong>(2)</strong> Der danach mit der Erl&#246;schensregelung des &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG verbundene Eingriff in die Berufsaus&#252;bungsfreiheit der vor dem 1.&#160;Januar 2011 allgemein beeidigten Dolmetscher und &#220;bersetzer ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_27">27</a></dt> <dd><p>Die Erl&#246;schensregelung des &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG verfolgt ein legitimes Ziel und ist von vern&#252;nftigen Erw&#228;gungen des Gemeinwohls getragen. Die Neuregelung des Rechts der allgemeinen Beeidigung von Dolmetschern und Erm&#228;chtigung von &#220;bersetzern zun&#228;chst durch die mit Art.&#160;1 Nr.&#160;2 des Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und anderer Gesetze vom 8.&#160;Dezember 2010 (Nds. GVBl. S.&#160;553) eingef&#252;hrten Bestimmungen in &#167;&#167;&#160;9&#160;ff. Nds. AGGVG und nachfolgend durch die mit dem Gesetz zur Neuordnung von Vorschriften &#252;ber die Justiz vom 16.&#160;Dezember 2014 (Nds. GVBl. S.&#160;436) mit Wirkung vom 31.&#160;Dezember 2014 neu geschaffenen Bestimmungen in &#167;&#167;&#160;23&#160;ff. NJG sollte erstmals eine formalgesetzliche Rechtsgrundlage in Niedersachsen schaffen, nachdem die allgemeine Beeidigung der Dolmetscher und Erm&#228;chtigung der &#220;bersetzer bis dahin auf der Grundlage der vom Nieders&#228;chsischen Justizministerium erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift "Allgemeine Beeidigung von Dolmetschern" vom 15.&#160;Oktober 1951 (Nds. Rpfl. S.&#160;194), zuletzt ge&#228;ndert am 28.&#160;April 1975 (Nds. RPfl. S.&#160;104), erfolgt war. Die Notwendigkeit einer solchen formalgesetzlichen Rechtsgrundlage hatte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16.&#160;Januar 2007 (-&#160;BVerwG 6&#160;C&#160;15.06&#160;-, juris Rn.&#160;28 und 35&#160;ff.) im Hinblick auf die dargestellte Bedeutung der allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung f&#252;r die Berufsaus&#252;bungsfreiheit der Dolmetscher und &#220;bersetzer betont. Die Schaffung der danach erforderlichen gesetzlichen Rechtsgrundlage, welche auch die an den Nachweis der fachlichen Eignung und der pers&#246;nlichen Zuverl&#228;ssigkeit konkret zu stellenden Voraussetzungen formuliert und das einzuhaltende Verfahren bestimmt, dient der Rechtssicherheit und bietet die Grundlage f&#252;r gesetzm&#228;&#223;iges Handeln der Justizverwaltung. Zugleich verfolgte der Landesgesetzgeber, hierauf hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend hingewiesen, das Ziel, den Gerichten und Beh&#246;rden des Landes sowie den Notarinnen und Notaren das Auffinden und die Auswahl nachweislich fachlich geeigneter und pers&#246;nlich zuverl&#228;ssiger Sprachmittler zu erleichtern. Eine richtige gerichtliche Entscheidung setzt voraus, dass das Gericht den Sachvortrag der Parteien und die Aussagen von Zeuginnen oder Zeugen zutreffend erfasst. Die Gew&#228;hrleistung einer richtigen Sprach&#252;bertragung ist deshalb Bestandteil der Gew&#228;hrung des rechtlichen Geh&#246;rs. Die Bedeutung der Sprachmittlung f&#252;r ein faires Gerichtsverfahren und die Gew&#228;hrung effektiven Rechtsschutzes wird zudem durch die Regelung in Art.&#160;6 Abs.&#160;3 EMRK unterstrichen (vgl.&#160;zu diesen Zielen den Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Gesetzes &#252;ber Kosten im Bereich der Justizverwaltung, LT-Drs.&#160;16/855, S.&#160;7, 11&#160;f. und 17, sowie den Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes &#252;ber die Neuordnung von Vorschriften &#252;ber die Justiz, LT-Drs.&#160;17/1585, S.&#160;81).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_28">28</a></dt> <dd><p>Zur Erreichung dieser legitimen und von vern&#252;nftigen Erw&#228;gungen des Gemeinwohls getragenen Ziele war auch die Anordnung des Erl&#246;schens der vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen als Dolmetscher und Erm&#228;chtigungen als &#220;bersetzer gem&#228;&#223; &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG geeignet und erforderlich. Auch f&#252;r diese Altf&#228;lle bestand ersichtlich die Notwendigkeit, eine fachgesetzliche Rechtsgrundlage zu schaffen und die Anforderungen an den Nachweis der fachlichen Eignung und der pers&#246;nlichen Zuverl&#228;ssigkeit nicht nur gesetzlich zu konkretisieren, sondern auch deren Einhaltung im konkreten Einzelfall sicherzustellen. Zur Erreichung der Ziele gleich geeignete, f&#252;r die betroffenen Dolmetscher und &#220;bersetzbar merkbar mildere Mittel sind nicht ersichtlich.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_29">29</a></dt> <dd><p>Die Erl&#246;schensregelung des &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG ist auch mit dem Grundsatz der Verh&#228;ltnism&#228;&#223;igkeit im engeren Sinne und dem in Art.&#160;12 GG enthaltenen Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar. Sie schr&#228;nkt die Berufsaus&#252;bungsfreiheit der vor dem 1.&#160;Januar 2011 allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer nicht unangemessen ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_30">30</a></dt> <dd><p>&#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG bringt zwar alle vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen und Erm&#228;chtigungen sp&#228;testens mit Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015 zum Erl&#246;schen und entzieht den bisher allgemein beeidigten Dolmetschern und erm&#228;chtigten &#220;bersetzern so die bis dahin innegehabte Rechtsposition. Diese Rechtsposition k&#246;nnen die Dolmetscher und &#220;bersetzer indes wiedererlangen, indem sie in einem erneuten Antragsverfahren nach &#167;&#167;&#160;23&#160;ff. NJG ihre fachliche Eignung und auch ihre pers&#246;nliche Zuverl&#228;ssigkeit nachweisen. Hieraus ergeben sich f&#252;r sie keine unzumutbaren Anforderungen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die nach &#167;&#160;23 Abs.&#160;2 Nr.&#160;1 NJG erforderlichen <em>"Sprachkenntnisse, mit denen die Antragstellerin oder der Antragsteller a) praktisch alles, was sie oder er h&#246;rt, liest oder mittels Geb&#228;rdensprache aufnimmt, m&#252;helos verstehen kann, b) sich spontan, sehr fl&#252;ssig und genau ausdr&#252;cken kann und c) auch bei komplexeren Sachverhalten feinere Bedeutungsnuancen deutlich machen kann"</em>. Die damit als Regelvoraussetzung f&#252;r die allgemeine Beeidigung und Erm&#228;chtigung geforderte Sprachqualifikation der Stufe C&#160;2 des Gemeinsamen Europ&#228;ischen Referenzrahmens f&#252;r Sprachen des Europarates (vgl.&#160;Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Gesetzes &#252;ber Kosten im Bereich der Justizverwaltung, LT-Drs.&#160;16/855, S.&#160;13) hat der Gesetzgeber zutreffend als unerl&#228;sslich angesehen, um die an &#220;bertragungen f&#252;r Gerichte und Notare zu stellenden Qualit&#228;tsanforderungen der &#220;bertragung zu gew&#228;hrleisten und eine staatliche Anerkennung der beruflichen Qualifikation zu legitimieren. Dies rechtfertigt es zugleich, die fachlichen Anforderungen in gleicher Weise an die vor und die nach dem 1.&#160;Januar 2011 allgemein beeidigten Dolmetscher oder erm&#228;chtigten &#220;bersetzer zu stellen. Eine unangemessene Belastung der vor dem 1.&#160;Januar 2011 allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer, die diese fachlichen Anforderungen (noch) nicht erf&#252;llen, wird durch die unter Vertrauensschutzaspekten jedenfalls nicht zu kurz bemessene &#220;bergangsfrist von f&#252;nf Jahren vermieden (vgl.&#160;zur Diskussion der &#220;bergangsfrist im parlamentarischen Verfahren: Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Gesetzes &#252;ber Kosten im Bereich der Justizverwaltung, LT-Drs.&#160;16/3126, S.&#160;1 und 11; Beschlussempfehlung des Ausschusses f&#252;r Rechts- und Verfassungsfragen, Entwurf eines Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Gesetzes &#252;ber die Kosten im Bereich der Justizverwaltung, LT-Drs.&#160;16/3049, S.&#160;12), innerhalb der es den Dolmetschern und &#220;bersetzern durchaus zuzumuten gewesen ist, nach &#167;&#160;23 Abs.&#160;2 NJG erforderliche, aber noch nicht vorhandene Sprachqualifikationen zu erwerben. Die Gew&#228;hrung eines dar&#252;berhinausgehenden unbefristeten Bestandsschutzes war verfassungsrechtlich hingegen nicht geboten (so zutreffend auch Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Gesetzes &#252;ber Kosten im Bereich der Justizverwaltung, LT-Drs.&#160;16/855, S.&#160;19; Gesetzentwurf der Landesregierung, Entwurf eines Gesetzes &#252;ber die Neuordnung von Vorschriften &#252;ber die Justiz, LT-Drs.&#160;17/1585, S.&#160;81). Hinzu kommt, dass ein Gericht oder ein Notar unver&#228;ndert nicht gehindert sind, einen nicht allgemein beeidigten Dolmetscher oder erm&#228;chtigten zu beauftragen (vgl.&#160;BVerwG, Urt. v.&#160;16.1.2007, a.a.O., Rn.&#160;30). Schlie&#223;lich erweist sich die Erl&#246;schensregelung in &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG nicht deshalb als unangemessen, weil die Wiedererlangung der allgemeinen Beeidigung oder Erm&#228;chtigung in einem erneuten Antragsverfahren mit Kosten f&#252;r den Dolmetscher oder &#220;bersetzer verbunden ist. Auch wenn die anfallenden Verwaltungsgeb&#252;hren (vgl.&#160;&#167;&#160;111 Abs.&#160;2 Satz&#160;1 NJG in Verbindung mit Nr.&#160;4 der Anlage 2 zum NJG (Geb&#252;hrenverzeichnis): 150 EUR f&#252;r die erste und weitere 100 EUR f&#252;r jede weitere Fremdsprache) und die Aufwendungen f&#252;r etwa zu beschaffende Sprachzertifikate (vgl.&#160;die Kostenbeispiele unter www.europaeischer-referenzrahmen.de/englisch-sprachzertifikate.php und www.europaeischer-referenzrahmen.de/franzoesisch-sprachzertifikate.php, Stand: 8.1.2019) nicht zu vernachl&#228;ssigen sind, erweisen sie sich gerade auch angesichts der von der Kl&#228;gerin herausgestellten wirtschaftlichen Bedeutung der allgemeinen Beeidigung und Erm&#228;chtigung nicht als unzumutbare wirtschaftliche Belastung.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_31">31</a></dt> <dd><p><strong>c. </strong>Dem kl&#228;gerischen Zulassungsvorbringen ist schlie&#223;lich der Einwand zu entnehmen, dass die Erl&#246;schensregelung in &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung bewirke. Zum einen s&#228;hen &#220;bergangsregelungen anderer Bundesl&#228;nder einen weitergehenden Bestandsschutz vor. Zum anderen k&#246;nnten sich Personen aus einem anderen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union gem&#228;&#223; &#167;&#160;29 NJG schon dann in das vom Beklagten gef&#252;hrte Verzeichnis der allgemein beeidigten Dolmetscher und erm&#228;chtigten &#220;bersetzer eintragen lassen, wenn sie diese T&#228;tigkeit im Niederlassungsstaat w&#228;hrend der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang ausge&#252;bt h&#228;tten. Dies bewirke f&#252;r die in Deutschland ans&#228;ssigen Dolmetscher und &#220;bersetzer einen Versto&#223; gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_32">32</a></dt> <dd><p>Auch diese Einw&#228;nde greifen nicht durch.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_33">33</a></dt> <dd><p><strong>(1) </strong>Ein Versto&#223; gegen den grundgesetzlichen allgemeinen Gleichheitssatz des Art.&#160;3 Abs.&#160;1 GG liegt entgegen der Ansicht der Kl&#228;gerin nicht darin, dass die L&#228;nder den &#220;bergang von der allein auf Verwaltungsvorschriften beruhenden allgemeinen Beeidigung hin zu einer nach gesetzlichen Bestimmungen erfolgenden allgemeinen Beeidigung auf durchaus verschiedene Weise gestaltet haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_34">34</a></dt> <dd><p>Die insoweit getroffenen &#220;berleitungsvorschriften f&#252;r Dolmetscher, deren allgemeine Beeidigung allein auf Verwaltungsvorschriften beruhte, sehen etwa</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_35">35</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr><th colspan="3" rowspan="1"></th></tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#183;</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">in <em>Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz </em>und <em>Sachsen-Anhalt</em> eine unbeschr&#228;nkte Fortgeltung der allgemeinen Beeidigung (vgl.&#160;&#167;&#160;28k des Bremischen AGGVG in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;25.11.2014 (Brem. GBl. S.&#160;639) ge&#228;nderten Fassung; &#167;&#160;11 des Hessischen Dolmetscher- und &#220;bersetzergesetzes in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;5.10.2017 (GVBl. S.&#160;294) ge&#228;nderten Fassung; &#167;&#160;10 des Landesgesetzes Rheinland-Pfalz &#252;ber Dolmetscherinnen und Dolmetscher und &#220;bersetzerinnen und &#220;bersetzer in der Justiz (LD&#220;JG) in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;27.10.2009 (GVBl. S.&#160;358) ge&#228;nderten Fassung und &#167;&#160;12 des Dolmetschergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (DolmG LSA) in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;24.6.2014 (GVBl. LSA S.&#160;350, 358) ge&#228;nderten Fassung),</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_36">36</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr><th colspan="3" rowspan="1"></th></tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#183;</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">in <em>Brandenburg </em>und <em>Mecklenburg-Vorpommern</em> eine antragsgebundene Fortgeltung ohne erneute Pr&#252;fung der fachlichen Voraussetzungen (vgl.&#160;&#167;&#160;8 Abs.&#160;1 des Brandenburgischen Dolmetschergesetzes in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;17.12.2015 (GVBl. I Nr.&#160;38) ge&#228;nderten Fassung und &#167;&#160;11 Abs.&#160;1 des Gesetzes &#252;ber die &#246;ffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und &#220;bersetzern (Dolmetschergesetz - DolmG M-V) in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;16.5.2018 (GVOBl. M-V S.&#160;182) ge&#228;nderten Fassung), sowie</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_37">37</a></dt> <dd><table class="RspIndent" style="margin-left:36pt"> <tr><th colspan="3" rowspan="1"></th></tr> <tr> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">&#183;</td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top"></td> <td colspan="1" rowspan="1" valign="top">in <em>Baden-W&#252;rttemberg </em>und <em>Nordrhein-Westfalen</em> eine f&#252;r die Dauer von f&#252;nf Jahren befristete (Fort-)Geltung vor (vgl.&#160;&#167;&#160;46 Satz&#160;1 des Baden-W&#252;rttembergischen AGGVG in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;16.10.2018 (GBl. S.&#160;365) ge&#228;nderten Fassung und &#167;&#160;36 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 des Gesetzes &#252;ber die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen (Justizgesetz Nordrhein-Westfalen - JustG NRW) in der zuletzt durch Gesetz v.&#160;22.3.2018 (GV. NRW. S.&#160;172) ge&#228;nderten Fassung).</td> </tr> </table></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_38">38</a></dt> <dd><p>Eine hiermit verbundene Ungleichbehandlung verst&#246;&#223;t aber von vorneherein nicht gegen den grundgesetzlichen allgemeinen Gleichheitssatz. Denn ein Anspruch auf Gleichbehandlung nach Art.&#160;3 Abs.&#160;1 GG steht dem Einzelnen nur gegen&#252;ber dem nach der Kompetenzverteilung konkret zust&#228;ndigen Tr&#228;ger &#246;ffentlicher Gewalt zu (vgl.&#160;BVerfG, Beschl. v.&#160;1.3.2010 -&#160;1&#160;BvR 2584/06&#160;-, NVwZ-RR 2010, 505, 506; Beschl. v.&#160;12.5.1987 -&#160;2 BvR 1226/83 u.a.&#160;-, BVerfGE 76, 1, 73; BVerwG, Beschl. v.&#160;20.8.2008 -&#160;BVerwG 9 C 9.07&#160;-, Buchholz 401.70 Kirchensteuer Nr.&#160;29; Beschl. v.&#160;11.3.1986 -&#160;BVerwG 3 B 6.85&#160;-, Buchholz 418.731 HFlV Nr.&#160;6). Aus Art.&#160;3 Abs.&#160;1 GG kann daher kein Recht abgeleitet werden, von einem Tr&#228;ger &#246;ffentlicher Gewalt so behandelt zu werden wie ein anderer Grundrechtstr&#228;ger von einem anderen Tr&#228;ger &#246;ffentlicher Gewalt (vgl.&#160;BVerfG, Beschl. v.&#160;18.2.1998 -&#160;1&#160;BvR&#160;1318/86 u.a.&#160;-, BVerfGE 97, 271, 297).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_39">39</a></dt> <dd><p><strong>(2)</strong> Ein Versto&#223; gegen den grundgesetzlichen allgemeinen Gleichheitssatz des Art.&#160;3 Abs.&#160;1 GG liegt entgegen der Ansicht der Kl&#228;gerin auch nicht darin, dass sie nach Erl&#246;schen ihrer allgemeinen Beeidigung gem&#228;&#223; &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG erneut ein vollst&#228;ndiges Antragsverfahren nach &#167;&#167;&#160;22&#160;ff. NJG zu absolvieren hat, Personen aus einem anderen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union aber schon unter den in &#167;&#160;29 NJG genannten Voraussetzungen eine Erlaubnis zur vor&#252;bergehenden Dienstleistung erteilt werden kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_40">40</a></dt> <dd><p>Dabei kann der Senat hier dahinstehen lassen, ob die von der Kl&#228;gerin gegen&#252;bergestellten Sachverhalte &#252;berhaupt im Wesentlichen gleich sind und bejahendenfalls, ob eine signifikante und damit rechtfertigungsbed&#252;rftige Ungleichbehandlung vorliegt. Hieran bestehen jedenfalls Zweifel. Denn die Sachverhalte unterscheiden sich ersichtlich in der Art der betroffenen Berufsaus&#252;bung (&#167;&#167;&#160;22&#160;ff. NJG: dauerhafte Bet&#228;tigung im Bundesgebiet als allgemein beeidigter Dolmetscher oder erm&#228;chtigter &#220;bersetzer und dauerhafte Eintragung in das Verzeichnis nach &#167;&#160;28 NJG; &#167;&#160;29 NJG: vor&#252;bergehende und gelegentliche Bet&#228;tigung im Bundesgebiet als allgemein beeidigter Dolmetscher oder erm&#228;chtigter &#220;bersetzer und befristete Eintragung in das Verzeichnis nach &#167;&#160;28 NJG). Auch ist die Ungleichbehandlung nicht so offensichtlich, wie es die Kl&#228;gerin mit ihrem Zulassungsvorbringen behauptet. Denn die Zulassung zur vor&#252;bergehenden Dienstleistung erfordert nicht nur, dass die (im Niederlassungsstaat nicht reglementierte) T&#228;tigkeit als Dolmetscher oder &#220;bersetzer w&#228;hrend der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang ausge&#252;bt worden ist (&#167;&#160;29 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 Nr.&#160;3 NJG). Vielmehr ist daneben unter anderem auch erforderlich, dass eine Bescheinigung dar&#252;ber vorgelegt wird, dass die Person im Niederlassungsstaat zur Aus&#252;bung einer in &#167;&#160;22 NJG genannten oder einer vergleichbaren T&#228;tigkeit rechtm&#228;&#223;ig niedergelassen ist und dass ihr die Aus&#252;bung dieser T&#228;tigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vor&#252;bergehend, untersagt ist (&#167;&#160;29 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 Nr.&#160;1 NJG), dass ein Berufsqualifikationsnachweis im Sinne des &#167;&#160;23 Abs.&#160;2 bis 4 NJG vorgelegt wird (&#167;&#160;29 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 Nr.&#160;2 NJG) und dass der Nachweis erfolgt, unter welcher Berufsbezeichnung die T&#228;tigkeit im Niederlassungsstaat ausge&#252;bt wird (&#167;&#160;29 Abs.&#160;2 Satz&#160;3 Nr.&#160;4 NJG). Nur unter dieser Berufsbezeichnung darf die vor&#252;bergehende Dienstleistung im Bundesgebiet erbracht werden und die Eintragung im Verzeichnis nach &#167;&#160;28 NJG erfolgen (&#167;&#160;29 Abs.&#160;4 Satz&#160;2 Nr.&#160;1 und Abs.&#160;5 NJG).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_41">41</a></dt> <dd><p>Selbst wenn -&#160;unter Au&#223;erachtlassung dieser Zweifel&#160;- aber eine Ungleichbehandlung der von der Kl&#228;gerin gegen&#252;bergestellten Sachverhalte gegeben w&#228;re, verst&#246;&#223;t diese nicht gegen den grundgesetzlichen allgemeinen Gleichheitssatz des Art.&#160;3 Abs.&#160;1 GG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_42">42</a></dt> <dd><p>Eine Verletzung nationalen Verfassungsrechts unter dem Gesichtspunkt der Inl&#228;nderdiskriminierung scheidet bereits deshalb aus, weil eine auf zwingenden Vorgaben, hier insbesondere des Art.&#160;5 der Richtlinie 2005/36/EG des Europ&#228;ischen Parlaments und Rates vom 7.&#160;September 2005 &#252;ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU L 255 v.&#160;30.9.2005, S.&#160;22), zuletzt ge&#228;ndert durch die Richtlinie 2013/55/EU des Europ&#228;ischen Parlaments und Rates vom 20.&#160;November 2013 (ABl. EU L 354 v.&#160;28.12.2013, S.&#160;132), -&#160;Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie&#160;- (vgl.&#160;Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur &#196;nderung des Ausf&#252;hrungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und des Gesetzes &#252;ber Kosten im Bereich der Justizverwaltung, LT-Drs.&#160;16/3126, S.&#160;6&#160;ff.), beruhende Umsetzung des Rechts der Europ&#228;ischen Union nicht am Ma&#223;stab nationaler Grundrechte gemessen werden kann, auch wenn der Umsetzungsakt Aus&#252;bung deutscher Staatsgewalt ist (vgl.&#160;BVerfG, Urt. v.&#160;24.4.2013 -&#160;1&#160;BvR&#160;1215/07&#160;-, NJW 2013, 1499, 1500; Beschl. v.&#160;13.3.2007 -&#160;1&#160;BvF&#160;1/05&#160;-, BVerfGE 118, 79, 95).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_43">43</a></dt> <dd><p>Im &#220;brigen stellen die unionsrechtlichen Vorgaben der Berufsqualifikationsanerkennungsrichtlinie jedenfalls einen hinreichend gewichtigen sachlichen Grund dar, der eine Ungleichbehandlung rechtfertigen w&#252;rde. Ein gewichtiger sachlicher Grund f&#252;r die Ungleichbehandlung liegt in der Tatsache begr&#252;ndet, dass der nationale Gesetzgeber in seiner Gestaltungsfreiheit durch Europarecht gebunden war (vgl.&#160;BVerfG, Beschl. v.&#160;4.2.2010 -&#160;1 BvR 2514/09&#160;-, juris Rn.&#160;16; BVerwG, Urt. v.&#160;31.8.2011 -&#160;BVerwG 8&#160;C&#160;9.10&#160;-, BVerwGE 140, 276, 287). Verpflichtete n&#228;mlich Art.&#160;3 Abs.&#160;1 GG zur Gleichbehandlung der rein inl&#228;ndischen Sachverhalte mit den unionsrechtlich gepr&#228;gten Konstellationen, w&#252;rde er eine unionsrechtlich veranlasste Angleichung des innerstaatlichen deutschen Rechts in Sachbereichen bewirken, in denen der Europ&#228;ischen Union gar keine Kompetenzen zustehen (vgl.&#160;OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v.&#160;14.2.2014 -&#160;6&#160;A&#160;10959/13&#160;-, juris Rn.&#160;38 m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_44">44</a></dt> <dd><p><strong>(3)</strong> Darin, dass die Kl&#228;gerin nach Erl&#246;schen ihrer allgemeinen Beeidigung gem&#228;&#223; &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG erneut ein vollst&#228;ndiges Antragsverfahren nach &#167;&#167;&#160;22&#160;ff. NJG zu absolvieren hat, Personen aus einem anderen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union aber schon unter den in &#167;&#160;29 NJG genannten Voraussetzungen eine Erlaubnis zur vor&#252;bergehenden Dienstleistung erteilt werden kann, liegt entgegen der Ansicht der Kl&#228;gerin auch kein Versto&#223; gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot des Art.&#160;18 Abs.&#160;1 AEUV.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_45">45</a></dt> <dd><p>Eine Ungleichbehandlung des deutschen Staatsangeh&#246;rigen gegen&#252;ber Unionsb&#252;rgern anderer Mitgliederstaaten durch den deutschen Staat (sog. Inl&#228;nderdiskriminierung oder umgekehrte Diskriminierung) verletzt das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art.&#160;18 Abs.&#160;1 AEUV grunds&#228;tzlich nicht (vgl.&#160;OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v.&#160;24.10.2013 -&#160;OVG 12 B 42.11&#160;-, juris. 29; Hessischer VGH, Urt. v.&#160;7.7.2011 -&#160;7 B 1254/11&#160;-, juris Rn.&#160;18; Schwarze u.a., EU-Kommentar, 4.&#160;Aufl. 2019, Art.&#160;18 AEUV Rn.&#160;30; Streinz, EUV/AEUV, 3.&#160;Aufl. 2018, Art.&#160;18 AEUV Rn.&#160;6 und 64&#160;ff.). Nach Art.&#160;18 Abs.&#160;1 AEUV ist unbeschadet besonderer Bestimmungen der Vertr&#228;ge in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gr&#252;nden der Staatsangeh&#246;rigkeit verboten. Es verbleibt den Mitgliedstaaten sonach eine Sph&#228;re au&#223;erhalb des Anwendungsbereichs der Vertr&#228;ge, f&#252;r die Art.&#160;18 Abs.&#160;1 AEUV keine Geltung beansprucht (vgl.&#160;EuGH, Urt. v.&#160;18.7.2017 -&#160;C-566/15&#160;-, juris Rn.&#160;25 und 33&#160;f. ("Erzberger"); Urt. v.&#160;1.4.2008 -&#160;C-212/06&#160;-, juris Rn.&#160;38&#160;ff. ("Gouvernement de la Communaut&#233; fran&#231;aise u.a."); Urt. v.&#160;12.7.2005 -&#160;C-403/03&#160;-, juris Rn.&#160;17&#160;ff. ("Schempp") jeweils m.w.N.). Dieser Sph&#228;re der sog. rein innerstaatlichen Sachverhalte ist die Fallkonstellation der Kl&#228;gerin zuzuordnen, in der eine deutsche Staatsangeh&#246;rige im Bundesgebiet niedergelassen ist und hier Dienstleistungen als allgemein beeidigte Dolmetscherin und erm&#228;chtigte &#220;bersetzerin erbringt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_46">46</a></dt> <dd><p><strong>2.&#160;</strong>Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tats&#228;chlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Solche Schwierigkeiten sind nur dann anzunehmen, wenn die Beantwortung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage oder die Kl&#228;rung einer entscheidungserheblichen Tatsache in qualitativer Hinsicht mit &#252;berdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Daher erfordert die ordnungsgem&#228;&#223;e Darlegung dieses Zulassungsgrundes eine konkrete Bezeichnung der Rechts- oder Tatsachenfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und Erl&#228;uterungen dazu, worin diese besonderen Schwierigkeiten bestehen (vgl.&#160;Senatsbeschl. v.&#160;31.8.2017, a.a.O., Rn.&#160;50; Kopp/Schenke, VwGO, 24.&#160;Aufl. 2018, &#167;&#160;124a Rn.&#160;53).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_47">47</a></dt> <dd><p>Diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt das Zulassungsvorbringen nicht. Die Kl&#228;gerin verweist lediglich auf die in den einzelnen L&#228;ndern durchaus unterschiedlich getroffenen &#220;bergangsregelungen und die M&#246;glichkeit eines Versto&#223;es gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot (siehe im Einzelnen oben 1.c.), legt aber nicht dar, welche konkreten und entscheidungserheblichen Rechts- oder Tatsachenfragen sich hieraus ergeben sollen und dass die Beantwortung solcher Fragen mit besonderen, also in qualitativer Hinsicht &#252;berdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden sein soll.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_48">48</a></dt> <dd><p><strong>3.&#160;</strong>Die Berufung ist schlie&#223;lich nicht wegen grunds&#228;tzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des &#167;&#160;124 Abs.&#160;2 Nr.&#160;3 VwGO zuzulassen. Eine solche grunds&#228;tzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine h&#246;chstrichterlich noch nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang ungekl&#228;rte Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die sich im Rechtsmittelverfahren stellen w&#252;rde und im Interesse der Einheit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fall&#252;bergreifenden Kl&#228;rung durch das Berufungsgericht bedarf (vgl.&#160;Senatsbeschl. v.&#160;31.8.2017, a.a.O., Rn.&#160;53 m.w.N.). Um die grunds&#228;tzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des &#167;&#160;124a Abs.&#160;4 Satz&#160;4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die f&#252;r fall&#252;bergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie n&#228;her zu begr&#252;nden, weshalb sie eine &#252;ber den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Kl&#228;rung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Kl&#228;rung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl.&#160;Nieders&#228;chsisches OVG, Beschl. v.&#160;15.8.2014 -&#160;8&#160;LA&#160;172/13&#160;-, GewArch 2015, 84, 85; Eyermann, VwGO, 15.&#160;Aufl. 2019, &#167;&#160;124 Rn.&#160;35&#160;ff. m.w.N.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_49">49</a></dt> <dd><p>Auch diesen Darlegungsanforderungen gen&#252;gt der Zulassungsantrag nicht. Die dem kl&#228;gerischen Zulassungsvorbringen bei wohlwollender Auslegung zu entnehmenden konkreten Rechtsfragen,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_50">50</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">a. ob die vor dem 1.&#160;Januar 2011 vorgenommenen allgemeinen Beeidigungen als Dolmetscher und Erm&#228;chtigungen als &#220;bersetzer auch nach Ablauf des 31.&#160;Dezember 2015 wirksam bleiben,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_51">51</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">b. ob die einfachgesetzliche Erl&#246;schensregelung in &#167;&#160;31 Abs.&#160;1 Satz&#160;1 und 2 NJG einen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigten Eingriff in die nach Art.&#160;12 GG gesch&#252;tzte Berufsfreiheit der vor dem 1.&#160;Januar 2011 allgemein beeidigten Dolmetscher und &#220;bersetzer bewirkt, und</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_52">52</a></dt> <dd><p style="margin-left:54pt">c. ob die Erlaubnis zur vor&#252;bergehenden Dienstleistung f&#252;r Personen aus einem anderen Mitgliedstaat der Europ&#228;ischen Union gem&#228;&#223; &#167;&#160;29 NJG gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot verst&#246;&#223;t,</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_53">53</a></dt> <dd><p>sind, wie zu 1.&#160;ausgef&#252;hrt, ohne Weiteres anhand des Gesetzes und der bisher ergangenen bundes- und obergerichtlichen Rechtsprechung -&#160;verneinend&#160;- zu beantworten, ohne dass es hierzu der Durchf&#252;hrung eines Berufungsverfahrens bedarf. Unabh&#228;ngig davon ist nicht dargelegt, dass den Fragen eine fall&#252;bergreifende Bedeutung zukommt. Die schlichte Behauptung der Kl&#228;gerin, die aufgeworfenen Fragen k&#246;nnten in einer Vielzahl von F&#228;llen von Bedeutung sein, gen&#252;gt den Darlegungserfordernissen insoweit nicht.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_54">54</a></dt> <dd><p>Mit der Ablehnung des Berufungszulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskr&#228;ftig (&#167;&#160;124a Abs.&#160;5 Satz&#160;4 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_55">55</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167;&#160;154 Abs.&#160;2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_56">56</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167;&#160;47 Abs.&#160;1 Satz&#160;1, Abs.&#160;2 Satz&#160;1 und Abs.&#160;3, 52 Abs.&#160;2 GKG.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_57">57</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167;&#160;152 Abs.&#160;1 VwGO, &#167;&#167;&#160;68 Abs.&#160;1 Satz&#160;5, 66 Abs.&#160;3 Satz&#160;3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000207&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
171,203
ovgni-2019-01-08-7-me-8618
{ "id": 601, "name": "Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht", "slug": "ovgni", "city": null, "state": 11, "jurisdiction": null, "level_of_appeal": null }
7 ME 86/18
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:49:57
2019-02-12T13:44:20
Beschluss
<div id="dokument" class="documentscroll"> <a name="focuspoint"><!--BeginnDoc--></a><div id="bsentscheidung"><div> <h4 class="doc">Tenor</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 7. Kammer - vom 22. Oktober 2018 wird zur&#252;ckgewiesen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die Antragstellerin tr&#228;gt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Die au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsf&#228;hig.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Wert des Streitgegenstandes wird f&#252;r das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 &#8364; festgesetzt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> </div></div> <h4 class="doc">Gr&#252;nde</h4> <div><div> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 22. Oktober 2018 hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage vom 27. August 2018 (Az. 7 A 3267/18) gegen die der Beigeladenen zu 1. erteilte und f&#252;r sofort vollziehbar erkl&#228;rte einstweilige Erlaubnis vom 25. Juli 2018 zum Betrieb des Linienverkehrs auf der Linie F. - Stadtbuslinie G. in H. f&#252;r die Zeit vom 05. August 2018 bis zum 04.&#160;Februar 2019 abgelehnt. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht zudem den auf Erteilung einer entsprechenden einstweiligen Erlaubnis an die Antragstellerin gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>Zur Begr&#252;ndung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Gr&#252;nde des Urteils im Verfahren 7 A 3267/18 Bezug genommen. Darin hat es ausgef&#252;hrt, dass die an die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1. gerichteten Bescheide der Antragsgegnerin vom 25.&#160;Juli 2018 rechtm&#228;&#223;ig seien. Die der Erteilung der einstweiligen Erlaubnis gem&#228;&#223; &#167;&#160;20 Personenbef&#246;rderungsgesetz (PBefG) zugrundeliegende Auswahlentscheidung zwischen den Antr&#228;gen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1. sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis an die Beigeladene zu&#160;1. sei zun&#228;chst nicht deshalb rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin nicht stattdessen die der Beigeladenen zu 1. erteilte endg&#252;ltige Genehmigung zum Betrieb des Linienverkehrs f&#252;r sofort vollziehbar erkl&#228;rt habe. Die Rechtsordnung gebe eine bestimmte Vorgehensweise der Genehmigungsbeh&#246;rde insoweit nicht zwingend vor, so dass es&#160;ihr &#252;berlassen bleibe, ob sie von der M&#246;glichkeit des &#167; 20 PBefG Gebrauch mache oder die endg&#252;ltige Genehmigung f&#252;r sofort vollziehbar erkl&#228;re. Die Antragsgegnerin habe sich bei ihrer Entscheidung auch zu Recht daran orientiert, dass der Beigeladenen zu 1. auch die endg&#252;ltige Genehmigung zum Betrieb der Linie erteilt worden sei. Gehe es - wie hier - um den vorl&#228;ufigen Betrieb einer Linie, &#252;ber deren Genehmigung bereits eine positive Entscheidung der Genehmigungsbeh&#246;rde nach &#167; 15 PBefG vorliege, die aufgrund der Anfechtung eines Konkurrenten nicht vollzogen werden k&#246;nne, sei grunds&#228;tzlich davon auszugehen, dass das &#246;ffentliche Verkehrsinteresse an der Bew&#228;ltigung der entstandenen &#220;bergangssituation daf&#252;r spreche, demjenigen Unternehmer, dem die endg&#252;ltige Genehmigung erteilt worden sei, auch eine vorl&#228;ufige Erlaubnis zu erteilen. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn eine zwischenzeitlich eingetretene &#196;nderung der Sach- und Rechtslage Anlass f&#252;r eine erneute Pr&#252;fung der Beh&#246;rde gebe oder wenn bei der Erteilung der Genehmigung ganz offensichtlich eine falsche Rechtsanwendung erfolgt sei bzw. die Entscheidung offensichtlich fehlerhaft sei bzw. massive Fehlgewichtungen festzustellen seien. Der Betrieb durch den Inhaber der endg&#252;ltigen Genehmigung m&#252;sse offenkundig den gesetzlichen Regelungen des PBefG widersprechen. Es handele sich um eine ergebnisbezogene Pr&#252;fung. Die Vorwirkung entfalle daher insbesondere auch dann nicht, wenn die Genehmigungsentscheidung aus irgendwelchen Gr&#252;nden rechtswidrig sei, sondern allenfalls dann, wenn sich die Fehler offensichtlich auf die getroffene Entscheidung ausgewirkt haben. Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben sei die Entscheidung der Antragsgegnerin rechtm&#228;&#223;ig, weil zwingende Versagungsgr&#252;nde f&#252;r den Verkehr der Beigeladenen zu 1. im Sinne des &#167; 13 Abs. 2 Satz 1 PBefG nicht vorl&#228;gen und die gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 2b PBefG getroffene Auswahlentscheidung im Verfahren um die endg&#252;ltige Genehmigung nicht derart schwerwiegende Fehler aufweise, dass das &#246;ffentliche Interesse am Betrieb der Buslinie durch die Beigeladene zu 1. durchbrochen w&#252;rde. Der Betrieb der Stadtbuslinie G. durch die Beigeladene zu 1. widerspreche nicht offenkundig den gesetzlichen Regelungen des PBefG und es sei als offen anzusehen, wer die Genehmigung bei rechtm&#228;&#223;iger Auswahlentscheidung erhalte. Dass sich die Fehlerhaftigkeit der Genehmigungsentscheidung offensichtlich auf die getroffene Auswahlentscheidung ausgewirkt habe, k&#246;nne das Gericht nicht feststellen. Zur Begr&#252;ndung im Einzelnen werde auf die ausf&#252;hrlichen Gr&#252;nde im Verfahren betreffend die endg&#252;ltige Genehmigung (Az. 7 A 970/18) Bezug genommen. Daraus ergebe sich zwar, dass die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin betreffend die Genehmigung teilweise an Ermessensfehlern leide. Es erscheine aber nicht ausgeschlossen, dass auch eine rechtm&#228;&#223;ige Entscheidung der Antragsgegnerin zum gleichen Ergebnis f&#252;hre. Schlie&#223;lich rechtfertigten die Einw&#228;nde der Antragstellerin kein anderes Ergebnis, soweit sie sich darauf berufe, die Beigeladene zu 1. halte aktuell ihre Zusicherung bez&#252;glich des Einsatzes von Bussen mit Niederflurtechnik nicht ein.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Die Beschwerdebegr&#252;ndung, auf deren Pr&#252;fung das Beschwerdegericht - hinsichtlich der gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung sprechenden Gr&#252;nde (vgl. VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 25.11.2004 - 8 S 1870/04 -, NVwZ-RR 2006, 75) - nach &#167; 146 Abs. 4 Satz 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschr&#228;nkt ist, rechtfertigt es nicht, den angefochtenen Beschluss zu &#228;ndern.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin bem&#228;ngelt mit ihrer Beschwerdebegr&#252;ndung zun&#228;chst, dass die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der endg&#252;ltigen Genehmigung au&#223;er Acht gelassen habe. Die Antragsgegnerin h&#228;tte die der Beigeladenen zu 1. erteilte endg&#252;ltige Genehmigung mit einem Sofortvollzug versehen m&#252;ssen, anstatt eine einstweilige Erlaubnis zu erteilen. Der Wortlaut des &#167; 20 PBefG sehe eine Eilbed&#252;rftigkeit vor, die nur gegeben sein k&#246;nne, wenn f&#252;r die Durchf&#252;hrung eines ordnungsgem&#228;&#223;en Genehmigungsverfahrens keine Zeit (mehr) sei. Bei der einstweiligen Erlaubnis handele es sich nicht um eine Genehmigung im Sinne des Personenbef&#246;rderungsrechts. Sie sei jederzeit widerruflich und bei ihrer Erteilung seien die Entscheidungsma&#223;gaben gelockert, d.&#160;h. es erfolge keine vertiefende Pr&#252;fung der Genehmigungsvoraussetzungen. Hieraus folge, dass die einstweilige Erlaubnis gerade nicht die F&#228;lle einer erteilten endg&#252;ltigen Genehmigung erfassen solle, sondern nur die F&#228;lle, in denen eine endg&#252;ltige Genehmigung nicht (mehr) fristgem&#228;&#223; erteilt werden k&#246;nne bzw. eine solche nie beantragt worden sei. Zudem sei zu ber&#252;cksichtigen, dass ihre Rechtsschutzsuche ohne rechtfertigenden Grund erschwert werde; sie wende sich gegen die Entscheidung &#252;ber die endg&#252;ltige Genehmigung als auch gegen die Entscheidung &#252;ber die einstweilige Erlaubnis.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>Dieses Vorbringen f&#252;hrt nicht zum Erfolg der Beschwerde der Antragstellerin. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die der Beigeladenen zu 1. erteilte einstweilige Erlaubnis nicht bereits deshalb rechtswidrig ist, weil die Antragsgegnerin nicht stattdessen die der Beigeladenen zu 1. erteilte endg&#252;ltige Linienverkehrsgenehmigung f&#252;r sofort vollziehbar erkl&#228;rt hat. Das Verwaltungsgericht weist zu Recht darauf hin, dass der Wortlaut des &#167; 20 PBefG, wonach die Genehmigungsbeh&#246;rde dem Antragsteller bei Vorliegen der Voraussetzungen des &#167; 13 Abs. 1 oder Abs. 1a PBefG eine widerrufliche einstweilige Erlaubnis erteilen kann, wenn die sofortige Einrichtung, Erweiterung oder wesentliche &#196;nderung eines Linienverkehrs mit Kraftfahrzeugen im &#246;ffentlichen Verkehrsinteresse liegt, keine einschr&#228;nkenden Voraussetzungen dahingehend enth&#228;lt, dass eine Eilbed&#252;rftigkeit nur bejaht werden k&#246;nnte, wenn eine Genehmigung nicht beantragt ist oder nicht rechtzeitig ergehen kann. In der Vorschrift wird kein Bezug zum Status eines Genehmigungsverfahrens hergestellt. Es ist in der Rechtsprechung vielmehr anerkannt, dass die einstweilige Erlaubnis nach &#167; 20 Abs.&#160;1 PBefG auch dazu dienen kann, den Zustand zu &#252;berbr&#252;cken, der eintritt, wenn die Erteilung einer Linienverkehrsgenehmigung durch einen Konkurrenten angefochten ist, gleichwohl aber ein &#246;ffentliches Bed&#252;rfnis f&#252;r die Aufnahme des Linienverkehrs besteht (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016 - 7 ME 50/16 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017 - 7 B 11392/17 -, juris; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 24.07.2017 - 9 S 1431/17 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008 - 13 B 929/08 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007 -&#160;1&#160;M 148/07 -, juris; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 02.01.2007 - 3 S 2675/06 -, juris; a. A.: Heinze/Fiedler in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Auflage 2014, &#167; 20 Rn. 5 ff.). Daf&#252;r sprechen auch die Systematik und der Sinn und Zweck der Regelungen des Personenbef&#246;rderungsgesetzes. Dem Antragsteller um eine Linienverkehrsgenehmigung wird die Genehmigungsurkunde erst erteilt, wenn die Entscheidung unanfechtbar geworden ist (&#167; 15 Abs. 2 PBefG). Erst zu diesem Zeitpunkt kann von der Genehmigung Gebrauch gemacht werden. Genehmigungen im Sinne des PBefG d&#252;rfen auch nicht vorl&#228;ufig oder mit einem Widerrufsvorbehalt erteilt werden (&#167;&#160;15 Abs. 4 PBefG). Eine Eilbed&#252;rftigkeit im Sinne des &#167; 20 PBefG kann deshalb insbesondere bei fehlender Bestandskraft der Linienverkehrsgenehmigung aufgrund einer Konkurrentenklage bejaht werden. Aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. August 2012 (Az. 11 CS 12.1607, juris) ergibt sich nichts anderes. Dort wird lediglich ausgef&#252;hrt, dass &#167; 20 PBefG keine die Regelung des &#167; 80 Abs.&#160;2 Nr. 4 VwGO verdr&#228;ngende Sonderregelung darstelle. F&#252;r den Senat ist auch nicht erkennbar, dass der Rechtsschutz f&#252;r die Antragstellerin durch die von der Antragsgegnerin gew&#228;hlte Vorgehensweise unzumutbar erschwert w&#252;rde. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass neben der endg&#252;ltigen Linienverkehrsgenehmigung auch noch die einstweilige Erlaubnis angefochten werden muss. Dass dies f&#252;r die Antragstellerin unzumutbar w&#228;re, ist jedoch nicht ersichtlich. Auch im Falle der Anordnung der sofortigen Vollziehung der endg&#252;ltigen Linienverkehrsgenehmigung m&#252;sste ein weiteres Verfahren auf Gew&#228;hrung vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes angestrengt werden. Das vorliegende Verfahren zeigt zudem, dass die gerichtliche &#220;berpr&#252;fung der einstweiligen Erlaubnis auch unter zeitlichen Aspekten m&#246;glich ist. Schlie&#223;lich weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass auch die Antragstellerin die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis nach &#167; 20 PBefG beantragt hat und mit der vorliegenden Beschwerde weiterverfolgt. Diesem Begehren m&#252;sste nach der von ihr vertretenen Rechtsauffassung dann ebenfalls der Erfolg versagt bleiben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Die Antragstellerin wendet mit ihrer Beschwerdebegr&#252;ndung des Weiteren ein, dass es im Falle einer Antragskonkurrenz mehrerer Bewerber um eine einstweilige Erlaubnis zwar in der Regel sachgerecht sei, die einstweilige Erlaubnis demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endg&#252;ltige, wenn auch nicht bestandskr&#228;ftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden sei. Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn sich die Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich ge&#228;ndert habe oder wenn die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung offensichtlich fehlerhaft sei. In diesem Fall m&#252;sse die Genehmigungsbeh&#246;rde in eine erneute Pr&#252;fung der Genehmigungsvoraussetzungen eintreten. Dies verkenne das Verwaltungsgericht, wenn es zun&#228;chst ausf&#252;hre, dass die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin betreffend die Genehmigung teilweise an Ermessensfehlern leide, sodann aber feststelle, dass es nicht ausgeschlossen erscheine, dass auch eine rechtm&#228;&#223;ige Entscheidung der Antragsgegnerin zum gleichen Ergebnis f&#252;hre. Diese Auffassung &#252;berzeuge nicht. Die Entscheidung sei nicht offen, sondern k&#246;nne allein zu ihren, der Antragstellerin, Gunsten ergehen. Sie habe eine Vielzahl der im Rahmen der Auswahlentscheidung gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 2b PBefG zu ber&#252;cksichtigenden Ma&#223;st&#228;be in das Verfahren eingebracht; das Verwaltungsgericht sei dem in seiner Urteilsbegr&#252;ndung in der Sache 7 A 970/18 betreffend die Linienverkehrsgenehmigung auch weitestgehend gefolgt. Es habe eine Vielzahl von Fehlern in der Auswahlentscheidung aufgezeigt, die erhebliche Zweifel dahingehend ausl&#246;sten, dass die Auswahlentscheidung Bestand haben k&#246;nne. Lege man alle Aspekte zugrunde, werde &#252;berdeutlich, dass ihr, der Antragstellerin, Angebot deutlich besser und die Entscheidung in der Hauptsache gerade nicht offen sei. Dieses Ergebnis werde zudem noch dadurch gest&#252;tzt, dass allein ihr der Besitzstandsschutz gem&#228;&#223; &#167; 13 Abs. 3 PBefG zukomme. Der Besitzstandsschutz k&#246;nne sogar einen gewissen R&#252;ckstand ausgleichen. Insofern sei nicht nachvollziehbar, warum die im Verfahren 7 A 970/18 tenorierte Neubescheidung offen sein solle. Das Ermessen der Genehmigungsbeh&#246;rde sei auf Null geschrumpft, so dass ein Verpflichtungsurteil h&#228;tte ergehen m&#252;ssen. Wegen der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der endg&#252;ltigen Genehmigung sei auch die der Beigeladenen zu 1. ebenfalls erteilte einstweilige Erlaubnis rechtswidrig. Die einstweilige Erlaubnis sei ihr, der Antragstellerin, zu erteilen. Sie habe das bessere Verkehrsangebot abgegeben, ihr komme der Besitzstandsschutz zu Gute und sie habe den Verkehr bislang und stets beanstandungsfrei im Rahmen des gesamten Stadtverkehrs H. durchgef&#252;hrt. Hinzu komme, dass aufgrund des parallel verlaufenden gerichtlichen Verfahrens um die endg&#252;ltige Genehmigung die Verkehrsdurchf&#252;hrung f&#252;r einen l&#228;ngeren Zeitraum auf der Basis einstweiliger Erlaubnisse erfolgen m&#252;sse. Der gem&#228;&#223; Art.&#160;12 GG verfassungsrechtlich gesch&#252;tzte Marktzugang werde damit allein durch den Erhalt dieser einstweiligen Erlaubnisse gew&#228;hrleistet. Dem im Genehmigungswettbewerb unterlegenen Bewerber k&#246;nne nicht zugemutet werden, das Hauptverfahren um die endg&#252;ltige Genehmigung abzuwarten. Vielmehr m&#252;sse im Rahmen der Eilentscheidung eine Interessenabw&#228;gung stattfinden. Eine solche w&#252;rde hier zu ihren, der Antragstellerin, Gunsten ausfallen. Sie habe die Verkehre bislang durchgef&#252;hrt und sie m&#252;sse es wegen der fehlerhaften Auswahlentscheidung nicht hinnehmen, dass die Verkehre auf Basis einer rechtswidrigen Genehmigung von der Beigeladenen zu 1. durchgef&#252;hrt werden. Es sei fehlerhaft, im Falle eines offenen Ausgangs das Interesse an der Neuaufnahme der Verkehre durch den Konkurrenten h&#246;her zu bewerten als das Recht des Altbetreibers auf Beibehaltung der Verkehre.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Auch dieses Vorbringen vermag der Beschwerde der Antragstellerin nicht zum Erfolg zu verhelfen. Nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung - auf die sowohl das Verwaltungsgericht als auch die Beteiligten Bezug nehmen - ist es bei einem Konkurrieren mehrerer Bewerber um eine einstweilige Erlaubnis nach &#167; 20 PBefG in der Regel sachgerecht, die einstweilige Erlaubnis demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endg&#252;ltige, wenn auch noch nicht bestandskr&#228;ftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist, sog. &#8222;Vorwirkung&#8220; der Genehmigung (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a.&#160;a.&#160;O.; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 24.07.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007, a. a. O.; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 02.01.2007, a.&#160;a.&#160;O.). Dies gilt auch dann, wenn mit der Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis ein Unternehmerwechsel verbunden ist, die Genehmigungsbeh&#246;rde dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand aber im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums nur eine geringe Bedeutung beimisst (vgl. VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 24.07.2017, a.&#160;a.&#160;O.; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 02.01.2007, a.&#160;a.&#160;O.). Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Sach- und Rechtslage zwischenzeitlich ge&#228;ndert hat - was hier weder geltend gemacht wird noch sonst erkennbar ist - oder wenn die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung offensichtlich fehlerhaft ist (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a.&#160;a.&#160;O.; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 21.02.2011 - 3 Bs 131/10 -, juris) bzw. wenn bei der Erteilung der Genehmigung ganz offensichtlich eine falsche Rechtsanwendung erfolgt ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a.&#160;a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007, a. a. O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Nach diesen Ma&#223;st&#228;ben hat die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis nach &#167; 20 Abs. 1 PBefG an die Beigeladene zu 1., der auch die endg&#252;ltige, aber angefochtene Linienverkehrsgenehmigung erteilt wurde, sachgerecht ist. Bei der Erteilung der endg&#252;ltigen Linienverkehrsgenehmigung liegt keine &#8222;offensichtlich&#8220; falsche Rechtsanwendung vor. Zwar hat das Verwaltungsgericht Oldenburg in seinem Urteil vom 16. Oktober 2018 betreffend die endg&#252;ltige Linienverkehrsgenehmigung (Az. 7 A 970/18) festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung nach &#167; 13 Abs. 2b PBefG teilweise beurteilungs- und ermessensfehlerhaft ist. Es hat die Antragsgegnerin daher verpflichtet, &#252;ber den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer eigenwirtschaftlichen Linienverkehrsgenehmigung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Dieses Urteil ist jedoch nicht rechtskr&#228;ftig; die Beigeladene zu 1. hat bei dem beschlie&#223;enden Senat einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (Az. 7 LA 90/18), &#252;ber den noch nicht entschieden ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist f&#252;r den Senat angesichts des Zulassungsvorbringens jedenfalls nicht &#8222;offensichtlich&#8220;, dass die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft ist. Dies gilt umso mehr, als die Auswahlentscheidung nur eingeschr&#228;nkt gerichtlich &#252;berpr&#252;fbar ist. Im Rahmen der Auswahlentscheidung steht der Beh&#246;rde bei der Bewertung der Verkehrsbed&#252;rfnisse, ihrer befriedigenden Bedienung sowie der Gewichtung der &#246;ffentlichen Verkehrsinteressen ein gerichtlich nur beschr&#228;nkt &#252;berpr&#252;fbarer Beurteilungsspielraum zu, weil diese Entscheidung nicht nur prognostische, sondern auch verkehrs- und raumordnungspolitische Wertungen voraussetzt (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a.&#160;a.&#160;O.; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 24.07.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a.&#160;a.&#160;O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>Hinzu kommt - darauf weist das Verwaltungsgericht zu Recht hin -, dass eine &#8222;Vorwirkung&#8220; der Genehmigung nicht bereits dann entf&#228;llt, wenn die Genehmigungserteilung aus irgendwelchen Gr&#252;nden derzeit (offensichtlich) rechtswidrig ist. Vielmehr ist es erforderlich, dass sich die (offensichtlich) unrichtige oder unzureichende Rechtsanwendung offensichtlich auf die getroffene Entscheidung &#252;ber die beste Verkehrsbedienung auswirkt und deshalb die ansonsten anzunehmende &#8222;Vorwirkung&#8220; entf&#228;llt. In diesem Sinne wird vor allem hinsichtlich der Abw&#228;gungs- und Ermessensentscheidung nach &#167;&#160;13 Abs. 2b PBefG die innerhalb des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung nach &#167; 20 Abs. 1 PBefG anzulegende Pr&#252;fungsdichte auf &#8222;massive, nicht mehr tolerierbare Fehlgewichtungen&#8220; beschr&#228;nkt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.09.2008, a.&#160;a.&#160;O.). Die danach erforderliche Zielbezogenheit der Offensichtlichkeit l&#228;sst sich auch der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, wonach es nicht Sinn der einstweiligen Erlaubnis sein k&#246;nne, einen Linienverkehr zu erm&#246;glichen, bei dem schon jetzt &#8222;eindeutig&#8220; feststehe, dass er dem Gesetz widerspreche (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.10.1968 - VII C 90.66 -, juris; vgl. dazu auch: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 26.09.2017, a. a. O.). Vorliegend steht entgegen der Auffassung der Antragstellerin zum jetzigen Zeitpunkt nicht &#8222;eindeutig&#8220; fest, dass der Betrieb der Stadtbuslinie G. durch die Beigeladene zu 1. den gesetzlichen Regelungen des Personenbef&#246;rderungsgesetzes widerspricht. Unabh&#228;ngig davon, dass aufgrund des schwebenden Berufungszulassungsverfahrens betreffend die endg&#252;ltige Linienverkehrsgenehmigung (Az. 7 LA 90/18) noch offen ist, ob die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung -&#160;wie vom Verwaltungsgericht angenommen - &#252;berhaupt rechtlich zu beanstanden ist (siehe oben), erscheint es bei einer unterstellten Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass eine rechtm&#228;&#223;ige Entscheidung der Antragsgegnerin zu dem gleichen Ergebnis f&#252;hren w&#252;rde. Daran vermag auch das von der Antragstellerin erneut angef&#252;hrte Altunternehmerprivileg des &#167;&#160;13 Abs. 3 PBefG nichts zu &#228;ndern. Denn auch wenn dadurch ein gewisser R&#252;ckstand des Altunternehmers ausgeglichen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2013 - 3 C 30.12 -, juris), steht aufgrund des Beurteilungsspielraums der Antragsgegnerin nicht offenkundig fest, dass eine erneute Auswahlentscheidung allein zu Gunsten der Antragstellerin ausgehen kann.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Die &#220;berpr&#252;fung der Genehmigungsauswahlentscheidung auf offensichtliche Fehler zu beschr&#228;nken, ist auch mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes vereinbar. Denn die Erteilung einstweiliger Erlaubnisse erfolgt, wie sich &#167; 20 Abs. 1 PBefG entnehmen l&#228;sst, ausschlie&#223;lich im &#246;ffentlichen Verkehrsinteresse. Sie dient der &#220;berbr&#252;ckung solcher Zeiten, in denen eine unanfechtbare Genehmigung - hier wegen der Anfechtung durch einen Konkurrenten - noch nicht vorliegt, gleichwohl aber ein &#246;ffentliches Bed&#252;rfnis f&#252;r die Aufnahme des Linienverkehrs besteht. Der Beg&#252;nstigte verbessert dadurch seine Rechtsposition im Genehmigungsverfahren nicht, insbesondere erlangt er durch die Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis keine Rechtsposition, die der eines vorhandenen Unternehmers entspricht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird der verfassungsrechtlich gesch&#252;tzte Marktzugang auch nicht allein durch den Erhalt von einstweiligen Erlaubnissen gew&#228;hrleistet. Zwar ist ihr darin zuzustimmen, dass die Verkehrsdurchf&#252;hrung aufgrund des parallel verlaufenden gerichtlichen Verfahrens um die endg&#252;ltige Genehmigung regelm&#228;&#223;ig f&#252;r einen l&#228;ngeren Zeitraum auf der Basis einstweiliger Erlaubnisse erfolgt. Die endg&#252;ltige Linienverkehrsgenehmigung wird damit jedoch nicht bedeutungslos. Wie der zeitliche Ablauf des Verfahrens betreffend die endg&#252;ltige Genehmigung (Az. 7 A 970/18 bzw. 7 LA 90/18) zeigt, kann mit einer gerichtlichen Entscheidung in einem &#252;berschaubaren Zeitraum gerechnet werden; die Gefahr einer &#8222;Erledigung&#8220; durch Zeitablauf besteht regelm&#228;&#223;ig nicht. Diese Situation rechtfertigt es, die Ermessensgerechtigkeit der Erteilung der einstweiligen Erlaubnis an den erfolgreichen Bewerber um die Genehmigung nicht davon abh&#228;ngig zu machen, dass die Genehmigungsbeh&#246;rde ihre Genehmigungsauswahlentscheidung auf Einw&#228;nde eines Konkurrenten einer vertieften und abschlie&#223;enden Pr&#252;fung unterzieht. Verlangt man aber von der Genehmigungsbeh&#246;rde eine solche Pr&#252;fung nicht, kann auch die gerichtliche Pr&#252;fung nicht weitergehen (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.10.2007, a. a. O.; VGH Baden-W&#252;rttemberg, Beschluss vom 02.01.2007, a. a. O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>Soweit die Antragstellerin meint, im Rahmen der Eilentscheidung m&#252;sse eine Interessenabw&#228;gung stattfinden und im Falle eines offenen Ausgangs der Auswahlentscheidung sei es fehlerhaft, das Interesse an der Neuaufnahme der Verkehre durch den Konkurrenten h&#246;her zu bewerten als das Recht des Altbetreibers auf Beibehaltung der Verkehre, kann dem vor dem Hintergrund der oben zitieren Rechtsprechung, an der der Senat festh&#228;lt, nicht gefolgt werden. Erweist sich die im Rahmen der Erteilung der Linienverkehrsgenehmigung getroffene Auswahlentscheidung im Ergebnis nicht als &#8222;offensichtlich&#8220; fehlerhaft, bleibt es bei der &#8222;Vorwirkung&#8220; der endg&#252;ltigen Linienverkehrsgenehmigung, d. h. die einstweilige Erlaubnis ist demjenigen Unternehmer zu erteilen, dem auch die endg&#252;ltige, wenn auch noch nicht bestandskr&#228;ftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist. Eine Ausdehnung der Ausnahme auf nur &#8222;m&#246;glicherweise&#8220; fehlerhafte Auswahlentscheidungen -&#160;d. h. auf F&#228;lle, in den der Ausgang der Auswahlentscheidung offen ist -, w&#252;rde im Ergebnis einen gerichtlichen Eingriff in den planerisch-prognostischen Beurteilungsspielraum der Genehmigungsbeh&#246;rde darstellen.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung beruht auf &#167; 154 Abs. 2 VwGO. Hinsichtlich der au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf &#167; 162 Abs. 3 VwGO. Die au&#223;ergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsf&#228;hig, weil sie keinen eigenen Antrag gestellt und sich daher keinem Kostenrisiko (&#167; 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt haben.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167;&#167; 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei Streitigkeiten um Linienverkehrsgenehmigungen bel&#228;uft sich der Streitwert gem&#228;&#223; Ziffer 47.6 des Streitwertkatalogs f&#252;r die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nord&#214;R 2014, 11) zwar grunds&#228;tzlich auf 20.000,00 &#8364; je Linie. Dieser Betrag ist vorliegend allerdings auf 5.000,00 &#8364; reduziert worden, weil die Beteiligten im Verfahren des vorl&#228;ufigen Rechtsschutzes lediglich um eine einstweilige Erlaubnis mit sehr viel k&#252;rzerer Geltungsdauer streiten (vgl. Beschluss des Senats vom 20.05.2016, a. a. O.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167;&#167; 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> </div></div> <a name="DocInhaltEnde"><!--emptyTag--></a><div class="docLayoutText"> <p style="margin-top:24px">&#160;</p> <hr style="width:50%;text-align:center;height:1px;"> <p><img alt="Abk&#252;rzung Fundstelle" src="/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif" title="Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen." onmouseover="Tip('&lt;span class=&quot;contentOL&quot;&gt;Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedr&#252;ckt halten) k&#246;nnen Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einf&#252;gen.&lt;/span&gt;', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()">&#160;Diesen Link k&#246;nnen Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style="font-weight:bold;">genau dieses Dokument</span> verlinken m&#246;chten:<br>http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&amp;docid=MWRE190000208&amp;psml=bsndprod.psml&amp;max=true</p> </div> </div>
171,139
ovgsh-2019-01-08-2-la-21317
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2 LA 213/17
2019-01-08T00:00:00
2019-01-29T12:49:25
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Beschluss
ECLI:DE:OVGSH:2019:0108.2LA213.17.00
<div class="docLayoutText"> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Tenor<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer, Einzelrichter - vom 12. September 2017 wird abgelehnt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt die Kosten des Zulassungsverfahrens.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p>Der Streitwert wird f&#252;r das Zulassungsverfahren auf <strong>1.985,28 Euro</strong> festgesetzt.</p></dd> </dl> </div></div> <div class="docLayoutMarginTopMore"><h4 class="doc"> <!--hlIgnoreOn-->Gr&#252;nde<!--hlIgnoreOff--> </h4></div> <div class="docLayoutText"><div> <dl class="RspDL"> <dt></dt> <dd><p></p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_1">1</a></dt> <dd><p>Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, da der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (&#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_2">2</a></dt> <dd><p>F&#252;r das Vorliegen ernstlicher Zweifel ist nach st&#228;ndiger Rechtsprechung des Senats erforderlich, dass ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung begehrt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie dessen Misserfolg (Senatsbeschluss vom 14. Mai 1999 &#8211; 2 L 244/98 &#8211; juris, Rn. 21). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des &#167; 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen jedoch nur, wenn einzelne tragende Rechtss&#228;tze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schl&#252;ssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schl&#252;ssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tats&#228;chliche Umst&#228;nde aufzeigt, aus denen sich die gesicherte M&#246;glichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 20. Dezember 2010 &#8211; 1 BvR 2011/10 &#8211;, Rn. 19, juris). Ernstliche Zweifel in diesem Sinne wirft das Zulassungsvorbringen nicht auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_3">3</a></dt> <dd><p>Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen den Zweitwohnungssteuerbescheid f&#252;r das Veranlagungsjahr 2015 im Wesentlichen mit der Erw&#228;gung abgewiesen, dass die Zweitwohnung nicht als reine Kapitalanlage gehalten werde. Bei einer Eigenvermietung der Wohnung sei zwar nicht ausgeschlossen, dass es sich um eine reine Kapitalanlage handle, jedoch seien strenge Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung der Vorhaltung der Wohnung f&#252;r den pers&#246;nlichen Bedarf zu stellen. Widerlegende Umst&#228;nde l&#228;gen nicht vor. Die vom Kl&#228;ger erzielten Vermietungszeiten von 170 Tagen im Jahr seien nicht derart, dass eine Eigennutzung der Wohnung f&#252;r den Kl&#228;ger oder seine Familienangeh&#246;rigen ausgeschlossen sei. Es l&#228;gen auch keine sonstigen besonderen Umst&#228;nde vor, die trotz der Vermietung in Eigenregie die Annahme begr&#252;ndeten, die f&#252;r den pers&#246;nlichen Gebrauch streitende Vermutung sei widerlegt.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_4">4</a></dt> <dd><p>Der Kl&#228;ger tr&#228;gt zur Darlegung ernstlicher Zweifel vor: Die Vermutung, dass in F&#228;llen einer Eigenvermietung der Zweitwohnung, diese auch f&#252;r Zwecke der pers&#246;nlichen Lebensf&#252;hrung vorgehalten werde, m&#252;sse widerlegbar sein. Er habe im Schriftsatz vom 28. September 2017 unter Beweis gestellt, dass er und seine Frau seit sie Eigent&#252;mer seien, niemals in der Zweitwohnung gen&#228;chtigt h&#228;tten. Dar&#252;ber hinaus sei das Verwaltungsgericht offensichtlich davon ausgegangen, dass aus der relativ geringen Anzahl an Vermietungszeiten der Schluss gezogen werden k&#246;nne, die Zweitwohnung habe f&#252;r eine Eigennutzung zur Verf&#252;gung gestanden. Das Verwaltungsgericht habe dabei jedoch &#252;bersehen, dass die Vermarktung der Wohnung erst ab April 2015 m&#246;glich gewesen sei. Als Zeitpunkt f&#252;r den Besitz&#252;bergang sei vertraglich der 1. Februar 2015 vereinbart worden. Im Februar und M&#228;rz seien Renovierungsarbeiten durchgef&#252;hrt worden. Im &#220;brigen m&#252;sse dem Wohnungseigent&#252;mer freigestellt sein, in welchem Umfang er die Wohnung vermiete bzw. selbst dar&#252;ber entscheiden, wie intensiv sie genutzt werde. Es m&#252;sse nur sichergestellt sein, dass keine Eigennutzung erfolge.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_5">5</a></dt> <dd><p>1. Das Vorbringen zum Beweis(ermittlungs)antrag stellt die Richtigkeit des Urteils nicht schl&#252;ssig in Frage. Die Vermutung, dass die Zweitwohnung (auch) f&#252;r den pers&#246;nlichen Lebensbedarf vorgehalten wird, w&#228;re nicht dadurch ersch&#252;ttert, dass der Kl&#228;ger und seine Ehefrau im Veranlagungszeitraum nicht in der Wohnung &#252;bernachtet h&#228;tten.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_6">6</a></dt> <dd><p>Ein Vorhalten der Zweitwohnung f&#252;r die pers&#246;nliche Lebensf&#252;hrung ist bereits dann gegeben, wenn sich der Wohnungsinhaber die M&#246;glichkeit einer Eigennutzung offen gehalten hat; auf eine tats&#228;chliche eigene Nutzung kommt es nicht an. Hat der Zweitwohnungsinhaber die Wohnung im Erhebungsjahr tats&#228;chlich nicht selbst genutzt, ist die Steuerpflicht deshalb nicht ausgeschlossen, sofern er die Wohnung in Leerstandszeiten h&#228;tte nutzen k&#246;nnen. Auch wenn die rein tats&#228;chliche und rechtliche Nutzungsm&#246;glichkeit zur Verwirklichung des Steuertatbestandes des &#8222;Vorhaltens&#8220; nicht ausreicht, streitet f&#252;r die steuererhebende Gemeinde die Vermutung, dass die Zweitwohnung (auch) f&#252;r den pers&#246;nlichen Lebensbedarf vorgehalten wird, solange ihr Inhaber keine Umst&#228;nde vortr&#228;gt, die diese Vermutung ersch&#252;ttern. Der gesamte &#8222;objektive Sachverhalt&#8220; ist daraufhin zu &#252;berpr&#252;fen, ob sich aus ihm mit der gebotenen Sicherheit die subjektive Zweckbestimmung der Zweitwohnung entnehmen l&#228;sst. Diese innere Tatsache ist nur auf der Grundlage objektiver, nach au&#223;en in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachpr&#252;fbarer Umst&#228;nde zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 &#8211; 8 C 40.93 &#8211;, Ls. und Rn. 10, juris; Senatsurteile vom 18. Oktober 2000 &#8211; 2 L 64/99 &#8211;, Rn. 30, juris, und vom 13. Oktober 2005 &#8211; 2 LB 27/05 &#8211; [unver&#246;ffentlicht]; Senatsbeschl&#252;sse 5. November 2007 &#8211; 2 LA 11/07&#8211; und vom 17. Juni 2009 &#8211; 2 LA 25/09 &#8211; [unver&#246;ffentlicht]).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_7">7</a></dt> <dd><p>Bei einer Zweitwohnung, die vom Inhaber selbst an Dritte weitervermietet wird, ist regelm&#228;&#223;ig davon auszugehen, dass die Wohnung auch f&#252;r Zwecke der pers&#246;nlichen Lebensf&#252;hrung vorgehalten wird. Zwar ist auch in F&#228;llen der Eigenvermietung der Wohnung die Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht von vornherein ausgeschlossen, doch gelten insoweit strenge Anforderungen. Die Eigenvermietung der Wohnung l&#228;sst gerade die M&#246;glichkeit der jederzeitigen und kurzfristigen Zweck&#228;nderung offen und ist auch objektiv nicht geeignet, die Inanspruchnahme zu eigenen Zwecken auszuschlie&#223;en (BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 1994 &#8211; 8 B 22.94 &#8211;, Rn. 4, juris; Senatsurteil vom 18. Oktober 2000 &#8211; 2 L 64/99 &#8211;, Rn. 32, juris; Senatsbeschl&#252;sse vom 3. August 2007 &#8211; 2 LA 55/07 &#8211;, vom 5. November 2007 &#8211; 2 LA 11/07&#8211; und vom 17. Juni 2009 &#8211; 2 LA 25/09 &#8211; [unver&#246;ffentlicht]).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_8">8</a></dt> <dd><p>Der Behauptung, der Kl&#228;ger und seine Frau h&#228;tten, seit sie Eigent&#252;mer sind, niemals in der Zweitwohnung gen&#228;chtigt, ist nicht entscheidungserheblich. Der blo&#223;e Umstand der Nichtnutzung als solcher gen&#252;gt nicht den strengen Anforderungen, die bei einer Eigenvermietung an die Ersch&#252;tterung der Vermutung zu stellen sind. Dass die Zweitwohnung im Veranlagungszeitraum tats&#228;chlich nicht vom eigenvermietenden Wohnungsinhaber zur &#220;bernachtung genutzt wurde, zeigt nicht, dass sich keine Nutzungsm&#246;glichkeit vorbehalten wurde. Sonstige &#8211; objektiv erkennbare &#8211; Umst&#228;nde, die im Zusammenspiel mit einer tats&#228;chlichen Nichtnutzung erkennen lassen, dass der Kl&#228;ger die Wohnung als reine Kapitalanlage vorgehalten hat, sind nicht ersichtlich (hierzu noch unter 2.).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_9">9</a></dt> <dd><p>2. Das Vorbringen zum Umfang der Vermietung stellt die Richtigkeit des Urteils ebenfalls nicht schl&#252;ssig in Frage. Der Kl&#228;ger verkennt, dass das Verwaltungsgericht die Anzahl der vermieteten Tage nicht herangezogen hat, um eine Eigennutzung/ Eigennutzungsm&#246;glichkeit zu belegen, sondern &#8211; gerade entgegengesetzt &#8211; dazu, ob sich aus der Anzahl der vermieteten Tage ein Indiz daf&#252;r ergibt, dass sich keine Eigennutzung vorbehalten wurde. Das Verwaltungsgericht hat insoweit gepr&#252;ft, ob die Anzahl der vermieteten Tage ein Umstand ist, der die Vermutung, dass die Wohnung auch f&#252;r Zwecke der pers&#246;nlichen Lebensf&#252;hrung vorgehalten wird, ersch&#252;ttert. Es hat dies zutreffend verneint.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_10">10</a></dt> <dd><p>Das Vorbringen zur Besitzeinr&#228;umung zum 1. Februar 2015 sowie der Renovierung im Februar und M&#228;rz 2015, sodass die Wohnung erst ab April 2015 zur Vermarktung zur Verf&#252;gung stand, mit dem sich das Verwaltungsgericht nicht explizit befasst hat, rechtfertigt keine andere Bewertung. Auch bezogen auf den Zeitraum April bis Dezember 2015 (275 Tage) sind 170 Vermietungstage kein Umstand, der geeignet ist, die strengen Anforderungen zu erf&#252;llen, die bei einer Eigenvermietung an die Ersch&#252;tterung der Vermutung zu stellen sind. Zwar kann ein sehr hoher Vermietungsanteil bei gleichzeitiger tats&#228;chlicher Nichtnutzung im Einzelfall geeignet sein, die Vermutung zu ersch&#252;ttern, ein solcher liegt hier jedoch nicht vor. Der Auslastungsgrad f&#252;r den Zeitraum April bis Dezember 2015 betr&#228;gt circa 62 % (170/275).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_11">11</a></dt> <dd><p>3. Das Vorbringen, dass es dem Wohnungseigent&#252;mer freigestellt sein m&#252;sse, in welchem Umfang er die Wohnung vermiete bzw. selbst dar&#252;ber entscheiden k&#246;nnen m&#252;sse, wie intensiv sie genutzt werde, solange nur sichergestellt sei, dass keine Eigennutzung erfolge, zeigt keine ernstlichen Zweifel auf.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_12">12</a></dt> <dd><p>Dem Zweitwohnungsinhaber ist die Entscheidungsbefugnis &#252;ber den Zweck, zu dem die Zweitwohnung gehalten wird, unbenommen. Die beweisrechtlichen Grunds&#228;tze zur Ermittlung der Zweckbestimmung, die der Kl&#228;ger wohl moniert, lassen diese Entscheidungsbefugnis nicht nur unber&#252;hrt, sondern setzen diese voraus, da sie gerade auf die Ermittlung der konkreten Zwecksetzung (im Veranlagungszeitraum) gerichtet sind. Der Zweck, zu dem die Zweitwohnung gehalten wird, ist eine Tatfrage in Gestalt einer inneren Tatsache. Diese ist ihrer Natur nach einer unmittelbaren Anschauung nicht zug&#228;nglich, sondern muss durch &#228;u&#223;ere Umst&#228;nde erschlossen werden (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 &#8211; 8 C 40.93 &#8211;, Rn. 10, juris). Auch dass der Ausgangspunkt der Pr&#252;fung die widerlegliche tats&#228;chliche Vermutung ist, dass die Zweitwohnung zumindest auch der pers&#246;nlichen Lebensf&#252;hrung dient, beeintr&#228;chtigt nicht die Entscheidungsbefugnis des Zweitwohnungsinhabers. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Zweitwohnung vom Inhaber auch zu eigenen konsumtiven Zwecken genutzt wird. Diese Typizit&#228;t kann, gerade im Bereich der Massenverwaltung, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zur Grundlage einer tats&#228;chlichen Vermutung gemacht werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juni 1995 &#8211; 1 BvR 1800/94 &#8211;, Rn. 23, juris; BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2013 &#8211; 9 B 42.13 &#8211;, Rn. 3 mwN, juris). Dass die Entscheidungsbefugnis des Wohnungsinhabers angesichts dieser Vermutung nicht leer l&#228;uft, ist durch die M&#246;glichkeit zur Ersch&#252;tterung im Einzelfall hinreichend abgesichert.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_13">13</a></dt> <dd><p>Die Kostenentscheidung folgt aus &#167; 154 Abs. 2 VwGO.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_14">14</a></dt> <dd><p>Die Streitwertfestsetzung beruht auf &#167; 47 Abs. 1 und 3, &#167; 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Da der Bescheid vom 16. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Oktober 2016 vollumf&#228;nglich zum Gegenstand der Anfechtungsklage gemacht wurde, sind sowohl der Steuerbetrag f&#252;r das Jahr 2015 (986,14 &#8364;) als auch der Vorauszahlungsbetrag f&#252;r das Jahr 2016 (999,14 &#8364;) zu ber&#252;cksichtigen. Der Streitwert ist nicht nach &#167; 52 Abs. 3 Satz 2 GKG zu erh&#246;hen. Da der allein streitgegenst&#228;ndliche Zweck der Innehabung der Zweitwohnung von den Umst&#228;nden im Veranlagungsjahr abh&#228;ngig ist, liegen keine offensichtlich absehbaren Auswirkungen iSd &#167; 52 Abs. 3 Satz 2 GKG vor.</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_15">15</a></dt> <dd><p>Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskr&#228;ftig (&#167; 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).</p></dd> </dl> <dl class="RspDL"> <dt><a name="rd_16">16</a></dt> <dd><p>Dieser Beschluss ist unanfechtbar (&#167; 152 Abs. 1 VwGO, &#167; 68 Abs. 1 Satz 5, &#167; 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p></dd> </dl> </div></div> <br> </div>