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Überblick
- Heute, in unserer letzten Vorlesung, beschäftigen wir uns mit
veränderlichen Zinssätzen und der Theorie der Zinsstruktur.
Theorie der Zinsstruktur
Theorie der Zinsstruktur
Theorie der Zinsstruktur
- Bisher sind wir stets von einem einheitlichen Zins r ausgegangen, der
insb. unabhängig von dem Anlagehorizont bzw. bei Festzinstiteln
unabhängig von der Laufzeit des Zinstitels ist.
- Empirische Analysen zeigen jedoch, dass die Rendite eine Funktion der
Restlaufzeit ist und sich diese Funktion im Zeitablauf ändert.
- Zur Quantifizierung dieses Sachverhalts führen wir im Folgenden die
Konzepte der Renditestrukturkurve sowie der Zinsstrukturkurve ein.
- Die folgende Abbildung zeigt die Zinsstruktur in zwei
unterschiedlichen Zeitpunkten.
[image]
Wir unterscheiden die folgenden Zinssätze:
- Spot Rate - der aktuelle Zinssatz heute (t = 0).
- Forward Rate - der Zinssatz, der heute festgelegt wird, zu einem
festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft.
- Future Rate - die erwartete zukünftige Spot Rate.
- Yield to Maturity - der interne Zinsfuß einer verzinslichen Anlage.
Definition: Die internen Renditen der Einheitszerobonds werden als Spot
Rates (Kassazinssätze) bezeichnet. Ist b(0, t) der Preis des
Einheitszerobonds mit Laufzeit t, so gilt die interne Zinsfuß-Gleichung:
b(0, t) = 1 ⋅ (1 + r)^(−t).
D. h. die Preise b(0, t), t > 0, der Einheitszerobonds sind äquivalent
zu den Diskontierungsfaktoren.
[image]
Definition: Die Forward Rate (Terminzinssatz) ist der Zinssatz, der
heute (Zeitpunkt 0) vereinbart wird für eine Mittelanlage zum Zeitpunkt
s über t − s Perioden.
Formel der impliziten Forward Rate:
$$\begin{aligned}
r_{s,t} = \sqrt[t-s]{\frac{(1+r_{0,t})^t}{(1+r_{0,s})^s}}-1
\end{aligned}$$
[image]
Definition: Renditestrukturkurve Die Renditestrukturkurve (Yield Curve)
beschreibt die funktionale Abhängigkeit der Rendite (interner Zinsfuß)
von Kuponanleihen (gleicher Gattung und Bonität) von ihrer Restlaufzeit.
Renditestrukturkurven
Die Renditestrukturkurve (Yield Curve) erfasst die funktionale
Abhängigkeit der Rendite (auf Basis des internen Zinsfußes) von
Festzinstiteln (gleicher Gattung und Bonität) von ihrer Restlaufzeit.
Bei ganzzahligen Restlaufzeiten T = 1, …, n ist die Renditestrukturkurve
zu einem festen Zeitpunkt s spezifiziert durch die Menge der
Renditegrößen
{y₁(s), ..., y_(n)(s)}
und im allg. Fall durch die Menge der Renditegröße
{y_(T)(s); T > 0},
wobei y_(T)(s) die Rendite eines Bonds zum Zeitpunkt s bei einer
Restlaufzeit von T Perioden bezeichne. Alternativ wird auch die Notation
y(s, s + T) verwendet.
- In der Praxis betrachtet man die durchschnittliche empirische Rendite
von Anleihen (gleicher Gattung und Bonität) gleicher Restlaufzeit.
- Anschließend verwendet man ein Glättungsverfahren zur Anpassung einer
bestimmten funktionalen Struktur an die empirischen Renditen.
- Sind die internen Renditen für alle Restlaufzeiten identisch, so
spricht man von einer flachen Renditestruktur.
- Nehmen die Renditen mit zunehmender Restlaufzeit zu, liegt eine
steigende (normale) Renditestruktur vor.
- Nehmen die Renditen mit zunehmender Laufzeit ab, spricht man von einer
fallenden (inversen) Renditestruktur.
Renditestrukturkurven
[image]
Zinsstrukturkurven
Definition: Zinsstrukturkurve Die Zinsstrukturkurve beschreibt die
funktionale Abhängigkeit der Renditen (interne Renditen) von
Nullkuponanleihen (gleicher Gattung und Bonität) von ihrer Restlaufzeit.
- Die Zinsstrukturkurve (Term Structure of Interest Rates) erfasst
ebenfalls die funktionale Abhängigkeit der Rendite von ihrer
Restlaufzeit. Hierbei werden jedoch nur Nullkuponanleihen zugrunde
gelegt.
- Bei ganzzahligen Restlaufzeiten T = 1, …, n ist die Zinsstrukturkurve
zu einem festen Zeitpunkt s spezifiziert durch die Menge der Größen
{r₁(s), ..., r_(n)(s)}
und im allg. Fall durch die Menge der Größen
{r_(T)(s); T > 0}
wobei r_(T)(s) den internen Zinsfuß (auch: Kassazinssatz, Spot Rate)
zum Zeitpunkt s einer Nullkuponanleihe mit Restlaufzeit T bezeichnet.
Alternativ wird auch die Notation r(s, s + T) verwendet.
Diskontstrukturkurve Die Diskontstrukturkurve ist allg. spezifiziert
durch die Größen
{b_(T)(s); T > 0}
Sie ist äquivalent zur Zinsstrukturkurve und gibt die Kurse von
Einheitszerobonds mit Restlaufzeit T zum Zeitpunkt s an. Alternativ zur
Notation b_(T)(s) wird auch die Notation b(s, s + T) verwendet.
Der Zusammenhang zwischen Zins- und Diskontstrukturkurve ist bei
diskreter Verzinsung gegeben durch
$$r_T(s) = \sqrt[T]{ \frac {1}{b_T(s)} } - 1 \Leftrightarrow b_T(s) = \left[ 1 + r_T(s) \right] ^{-T}$$
- Vor dem Hintergrund der Problematik des internen Zinsfußes im Kontext
der Wiederanlage von zwischenzeitlichen Zahlungen, ist nur die Zins-
bzw. äquivalent die Diskontstruktur eine unverzerrte Konzeption zur
Quantifizierung der Fristigkeitsabhängigkeit der Zinssätze, da hier
die Wiederanlageproblematik entfällt.
- Hieraus lassen sich weitergehende Überlegungen bspw. zur Bewertung von
festverzinslichen Titeln oder zur Quantifizierung des
Zinsänderungsrisikos anstellen.
- Eine zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Zinsstruktur {r_(T)(s)}
beinhaltet neben den Kassazinssätzen auch Informationen über die
impliziten Terminsätze (Implied Forward Rates).
- Die Forward Rates f₁(s), …, f_(T)(s) geben dabei die Verzinsung für
die zukünftigen sukzessiven Perioden
[s, s + 1], [s + 1, s + 2], …, [s + T − 1, s + T] an.
- Aufgrund von Arbitrageüberlegungen gilt:
(1 + r_(0, s))^(s) ⋅ (1 + f_(s, t))^(t − s) = (1 + r_(0, t))^(t)
- Ein Investor, der über t Perioden Geld anlegen möchte, wägt ab
zwischen einer einmaligen Anlage zum Zinssatz r_(0, t) über t
Perioden, und einer Anlage jeweils auf eine Periode revolvierend zu
den Zinssätzen r_(0, 1), f_(1, 2), f_(2, 3), …, f_(t − 1, t).
Renditestrukturtypen
[image]
Quelle: Albrecht (2007), S. 84.
- Allgemein gilt
[1 + r_(T)(s)]^(T) = [1 + f₁(s)][1 + f₂(s)] ⋅ ... ⋅ [1 + f_(T)(s)]
- Damit folgt
$$r_T(s) = \sqrt[T]{ \prod [1 + f_t(s)] } - 1$$
- Außerdem gilt ferner
1 + f₁(s) = 1 + r₁(s)  bzw.  f₁(s) = r₁(s)
sowie für T ≥ 2
$$\label{eq:ref1}
1 + f_T(s) = \frac {[1 + r_T(s)]^T}{[1 + r_{T-1}(s)]^{T-1}} = \frac {[1 + r_T(s)]^T}{[1 + f_1(s)] ... [1 + f_{T-1}(s)]}$$
- Bei flacher Zinsstruktur fallen Spot und Forward Rate zusammen, denn
aus r_(t)(s) = r für alle t folgt unmittelbar f_(t)(s) = r für alle t.
- Die Forward Rates lassen sich ebenso aus der Diskontstruktur ableiten.
Zwischen Diskontsätzen und Forward Rates gilt zunächst der
Zusammenhang
$$b_T(s) = [1 + r_T(s)]^{-T} = \prod_{i=1}^T [1 + f_t(s)]^{-1}$$
- In Gleichung [eq:ref1] ist daher nur [1 + r_(T)(s)]^(T) durch
$\frac{1}{b_T(s)}$ zu ersetzen.
Zeitstruktur der Zinssätze
[image]
[image]
[image]
Anwendung auf die Kursrechnung
- Wir wollen nun den fairen Wert P₀ eines Zahlungsstroms
Z = {Z₁, …, Z_(T)} im verallgemeinerten Zinsmodell bestimmen und
stellen dafür eine Arbitragefreiheitsüberlegung an.
- Den Ausgangspunkt bilden die Zinsstruktur {r₁, …, r_(T)} in t = 0 bzw.
die daraus abgeleiteten impliziten Terminzinssätze {f₁, …, f_(T)},
wobei r_(t) := r_(t)(0) und f_(t) := f_(t)(0).
- Eine Investition von P₀ in Zerobonds gemäß der aktuellen Zinsstruktur
muss denselben Endwert haben wie der Kauf des Titels und die
Reinvestition der Rückflüsse zu Marktbedingungen.
- Diese Überlegung beruht darauf, dass die Zinsstruktur {r₁, …, r_(T)}
für t > 0 unverändert bleibt bzw. die impliziten Terminsätze auch
eintreten, d.h. mit den zukünftigen Wiederanlagezinssätzen
zusammenfallen (Vernachlässigung des Zinsänderungsrisikos).
- Unter Benutzung der Terminsätze folgt daraus die Bedingung
$$P_0 \prod_{t=1}^T (1 + f_t) = \sum_{t=1}^T Z_t \prod_{i=t+1}^T (1 + f_i)$$
- Hieraus ergibt sich
$$P_0(f_1,...,f_T) = \sum_{t=1}^T Z_t \left( \prod_{i=1}^t (1 + f_i) \right) ^{-1}$$
- In Abhängigkeit von den Spot Rates lautet die Preisgleichung
entsprechend
$$P_0(r_1,...,r_T) = \sum_{t=1}^T Z_t(1 + r_t)^{-t}$$
- und in Abhängigkeit von den Diskontfaktoren schließlich
$$P_0(b_1,...,b_T) = \sum_{t=1}^T Z_tb_t$$
- Hieraus wird insb. deutlich, dass der Preis eines Kuponbonds der Summe
der Barwerte der Zerobonds, in die er zerlegt werden kann
(Bond-Stripping), entspricht.
- Wir schauen uns nun die Methode des Bootstrapping an.
- Für jede der Restlaufzeiten t = 1, …, m liege hierbei ein Kuponbond
mit Laufzeit t, Preis P_(t) und Zahlungsstrom Z = {Z_(t1), …, Z_(tt)}
vor.
- Damit besteht das Gleichungssystem
$$\begin{split}
P_1 &= Z_{11}b_1 \\
P_2 &= Z_{21}b_1 + Z_{22}b_2 \\
\vdots \\
P_t &= Z_{t1}b_1 + Z_{t2}b_2 +...+ Z_{tt}b_t \\
\vdots \\
P_m &= Z_{m1}b_1 + Z_{m2}b_2 +...+ Z_{mt}b_t +...+ Z_{mm}b_m
\end{split}$$
für die Diskontstrukturkurve {b₁, …, b_(m)}.
- Nach rekursivem Auflösen des Gleichungssystems gilt
b₁ = P₁/Z₁₁, b₂ = (P₂ − Z₂₁b₁)/Z₂₂, etc.
- So kann die Diskontstruktur direkt aus den Kuponbondpreisen abgeleitet
werden (und daraus dann die Zinsstruktur).
Beispiel: Bootstrapping Gegeben sind drei Kuponbonds mit identischem
Nennwert N = 1000, den Restlaufzeiten t = 1, 2 sowie 3, einem
einheitlichen Kupon von Z = 50 und Marktpreisen P₁ = 999, P₂ = 998 sowie
P₃ = 997. Bestimmen Sie die Diskontstruktur {b₁, b₂, b₃} sowie die
Zinsstruktur {r₁, r₂, r₃}.
- Zahlungsströme:
- Bond 1: {−999, 1050}
- Bond 2: {−998, 50, 1050}
- Bond 3: {−997, 50, 50, 1050}
- Bootstrapping-Gleichungssystem:
1. 999 = 1050b₁
2. 998 = 50b₁ + 1050b₂
3. 997 = 50b₁ + 50b₂ + 1050b₃
- Aus (1) folgt $b_1 = \frac {999}{1050} = 0.9514$
- und damit $r_1 = \frac {1}{b_1} - 1 = 5.1051\%$
- Aus (2) folgt
$b_2 = \frac {998-50b_1}{1050} = \frac {998-47.57}{1050} = \frac {950.43}{1050} = 0.9052$
- und damit $r_2 = \sqrt {\frac {1}{b_2}} - 1 = 5.1078\%$
- Aus (3) folgt schließlich:
$b_3 = \frac {997-50b_1-50b_2}{1050} = \frac {997-47.57-45.26}{1050} = \frac {904.17}{1050} = 0.8611$
- und damit $r_3 = \sqrt[3] {\frac {1}{b_3}} - 1 = 5.1106\%$.
Erklärung der Zinsstruktur
Erklärung der Zinsstruktur
- Frage: Was bestimmt die Gestalt der Zinsstruktur?
- Mögliche Erklärungen liefern die Erwartungstheorie und die
Liquiditätstheorie.
Erwartungstheorie
- Idee: Ausnutzung des Zusammenhangs zwischen den heutigen
Forward-Zinssätzen/Terminzinssätzen und den Zinssätzen der kommenden
Periode.
- Die Erwartungstheorie unterstellt Risikoneutralität und besagt, dass
eine Investition in eine Reihe von Anleihen mit kurzer Laufzeit im
Gleichgewicht die gleiche erwartete Rendite bieten muss wie eine
Investition in eine einzelne Anleihe mit langer Laufzeit.
- Sie besagt, dass der einzige Grund für eine nach oben geneigte
Laufzeitstruktur darin besteht, dass die Anleger einen Anstieg der
kurzfristigen Zinssätze erwarten.
- Der einzige Grund für eine sinkende Terminstruktur ist, dass die
Anleger erwarten, dass die kurzfristigen Zinssätze fallen.
- Die Erwartungstheorie kann keine vollständige Erklärung für die
Zinsstruktur sein, wenn sich die Anleger Sorgen um das Risiko machen.
- Begründung durch Arbitrageüberlegungen. Es gilt:
(1 + r_(0, s))^(s) ⋅ (1 + r̃_(s, t))^(t − s) = (1 + r_(0, t))^(t)
- Die Forward-Zinssätze sind bekannt, daraus sollen sich die kommenden
Zinssätze erklären lassen.
- Die Zinsstruktur wird über die Erwartungen über die Entwicklung der
kurzfristigen Zinssätze erklärt:
- Investor, der über t Perioden Geld anlegen möchte, wägt ab zwischen
einmaliger Anlage zum Zinssatz r_(0, t) über t Perioden, und Anlage
jeweils auf eine Periode revolvierend zu den Zinssätzen
r_(0, 1), r̃_(1, 2), r̃_(2, 3), …, r̃_(t − 1, t).
- Zinssätze r̃_(1, 2), r̃_(2, 3), …, r̃_(t − 1, t) sind im ZP 0
unbekannt.
- Erwartungstheorie unterstellt Risikoneutralität ⇒ Kapitalanleger
verhält sich gegenüber einem mit unsicheren Zinserwartungen
verbundenen Risiko neutral.
- Erwartetes EV beider Anlageformen ist (wg. der Risikoneutralität)
gleich groß:
(1 + r_(0, t))^(t) = (1 + r_(0, 1)) ⋅ (1 + E[r̃_(1, 2)]) ⋅ (1 + E[r̃_(2, 3)])… ⋅ (1 + E[r̃_(t − 1, t)]).
- Dieser Argumentation entsprechend gilt:
E[r̃_(1, 2)⁽¹⁾] = r_(1, 2)⁽⁰⁾.
- D. h. der erwartete Einjahres-Zinssatz in einem Jahr (E[r̃_(1, 2)⁽¹⁾])
entspricht dem heutigen Forward-Zinssatz (r_(1, 2)⁽⁰⁾).
⇒ Eine Prognose, die mit großen Unsicherheiten verbunden ist.
- Auf einem arbitragefreien Kapitalmarkt definiert die gegenwärtige
Zinsstruktur eindeutig die Terminzinssätze. Diese legen die
Erwartungswerte der zukünftigen Zinssätze fest.
Liquiditätspräferenztheorie
- Postuliert, dass Forward-Zinssätze immer über den zukünftigen
Zinssätzen liegen.
- Begründung:
- Anleger/Finanzinvestoren wollen liquide bleiben und bevorzugen daher
eher kurze Laufzeiten bei der Anlage.
⇒ trotz steigender Zinssätze finden Kapitalgeber eine längerfristige
Bindung uninteressant.
- Folge: Anlegern muss für längere Laufzeiten eine Prämie geboten
werden = Zinsstrukturkurve ist ansteigend auch wenn Zinsen in der
Zukunft nicht steigen (Zinssätze müssen wg. der Prämie nicht
zwingend steigen!).
- Schuldner bevorzugen dagegen langfristiges Kapital (u. a. wegen
Planungssicherheit).
- Insgesamt:
- Überschussangebot an Kapital im kurzfristigen Bereich, weil sich
viele Investoren nur kurzfristig binden möchten.
- Überschussnachfrage an Kapital im langfristigen Bereich;
Kapitalnehmer bevorzugen langfristige Finanzierungen.
- ⇒ um diese Überschüsse zum Ausgleich zu bringen, muss die
Zinsstruktur ansteigen.
- Bei einer flachen Zinsstrukturkurve gäbe es ein Überangebot an
kurzfristigem und eine Übernachfrage nach langfristigem Kapital. Um
das Ungleichgewicht zu beseitigen, müssen die Zinsen am langen Ende
steigen. Eine steigende Zinsstrukturkurve stellt sich ein und kann
über die Zeit hinweg stabil bleiben.
Kritik
- Investoren, die durch eine Geldanlage Auszahlungen zu späteren
Terminen finanzieren wollen.
- Die aus einer Geldanlage resultierenden zukünftigen Einzahlungen
sollten möglichst die geplanten Auszahlungen übersteigen.
⇒ Wichtig, das Risiko (Unsicherheit des Zinssatzes) dieser
Einzahlungen zu minimieren.
⇒ Investor, der das Risiko aus den späteren Einzahlungen minimieren
will, wird daher bei gleichem erwarteten EV beider Anlagealternativen
die langfristige Anlage vorziehen oder eine Risikoprämie für die
kurzfristige revolvierende Anlage verlangen.
- Bei Dominanz dieser Investoren → inverse ZSK!
Reale und nominale Zinssätze
Reale und nominale Zinssätze
- Es gibt verschiedene Indizes, die die realen Preise darstellen.
- Der bekannteste ist der Consumer Price Index (CPI), der angibt, wie
teuer ein typischer Warenkorb einer Familie ist.
- Über die Differenz des CPI von einem zum nächsten Jahr kann folglich
die Inflationsrate bestimmt werden.
- Inflation im Euro-Raum gemessen am harmonisierten
Verbraucherpreisindex (1997 - 2023)
[image]
Reale und nominale Zinssätze
- Die Formel für die Umwandlung der nominalen Cash Flows einer
zukünftigen Periode t in reale Cash Flows heute lautet
$$\begin{aligned}
\text{Realer Cash Flow (in $t$)}=\frac{\text{Nominaler Cash Flow (in $t$)}}{(1+\text{Inflationsrate})^t}
\end{aligned}$$
- Die Formel zur Berechnung der realen Spot Rate r_(real) ist ähnlich:
$$\begin{aligned}
1+r_{\text{Real}}=\frac{1+r_{\text{Nominal}}}{1+\text{Inflationsrate}}
\end{aligned}$$
- Wie beeinflusst die zukünftige erwartete Inflation den nominalen
Zinssatz?
- Fisher’s Theorie: Eine Änderung der erwarteten Inflationsrate bewirkt
die gleiche proportionale Änderung des nominalen Zinssatzes und hat
keinen Effekt auf den realen Zinssatz.
Reale und nominale Zinssätze
- Die Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen Inflationsrate und
Treasury Bill Rate.
- Offensichtlich forderten die Investoren meistens dann einen hohen
Zinssatz, wenn auch die Inflationsrate hoch war.
[image]
Analyse des Zinsänderungsrisikos
Analyse des Zinsänderungsrisikos
- Wie aus der Darstellung der Entwicklung der Zinsstruktur deutlich
wird, unterliegt die Zinsstrukturkurve einer zeitlichen Änderung.
Dabei bewirken Zinsänderungen
- eine Änderung des Kurses (Barwert)
- eine Änderung der Reinvestitionserträge aus den Rückflüssen
(Endwert)
- Barwerte (Kurse) und Endwerte (resultierendes Endvermögen) unterliegen
somit einem Zinsänderungsrisiko.
- Die Quantifizierung der Zinsstrukturkurve und ihrer zeitlichen
Änderungen ist die Voraussetzung für eine Quantifizierung der
Auswirkungen des Zinsänderungsrisikos.
- Wir konzentrieren uns dabei auf einen einfachen deterministischen
Ansatz und treffen dazu folgende Annahmen:
- Die Zinsstruktur in s = 0 sei flach: r_(t)(0) = r.
- Kauf eines festverzinslichen Titels {Z₁, …, Z_(T)} zum Kurs (Barwert)
P(r).
- Die Zinsänderung besteht in einem einmaligen Übergang in eine flache
Zinsstruktur der Höhe r + Δr.
- Der übergang geschieht unmittelbar nach Kauf bzw. in t = 0. Man
vergleicht also die Änderung des Barwerts bei einer Änderung des
Diskontierungsfaktors.
- Um die Auswirkungen einer Zinsänderung r + Δr zu quantifizieren
bestimmen wir (approximativ) die hieraus resultierende Barwertänderung
ΔP = P(r + Δr) − P(r) sowie die entsprechende Endwertänderung
ΔK_(T) = K_(T)(r + Δr) − K_(T)(r).
- Hierzu analysieren wir zunächst die Eigenschaften der Barwertfunktion
bei Annahme einer flachen Zinsstruktur.
- Es gilt
$$P(r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{-t}$$
$$P'(r) = - \frac {1}{1+r} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r)^{-t} < 0$$
$$P''(r) = \frac {1}{(1+r)^2} \sum \limits_{t=1}^T t(t+1)Z_t(1+r)^{-t} > 0$$
- Die Barwertfunktion ist somit eine streng monoton fallende und konvexe
Funktion.
- Dies impliziert:
- Bei steigendem Marktzins fällt der Barwert (Kurs).
- Bei fallendem Marktzins steigt der Barwert (Kurs).
- Eine Zinssenkung führt zu einer stärkeren Kursveränderung als eine
gleich hohe Zinserhöhung.
[image]
- Analog analysieren wir die Endwertfunktion. Es gilt:
$$K_T(r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{T-t}$$
$$K_T'(r) = \frac {1}{1+r} \sum \limits_{t=1}^T (T-t)Z_t(1+r)^{-t} > 0$$
$$K_T''(r) = \frac {1}{(1+r)^2} \sum \limits_{t=1}^T (T-t)(T-t-1)Z_t(1+r)^{-t} > 0$$
- Die Endwertfunktion ist somit ebenfalls konvex, jedoch streng monoton
steigend.
- Dies impliziert:
- Bei steigendem Marktzins steigen die Reinvestitionserträge und damit
der Endwert (relative Vermögenssteigerung)
- Bei fallendem Marktzins fallen die Reinvestitionserträge und damit
der Endwert (relative Vermögensminderung)
- Insgesamt wirken Zinsänderungseffekte somit entgegengesetzt auf Bar-
und Endwert.
- Effekt 1: Wenn Zinssätze steigen, sinken Anleihenpreise: Wenn die
vorherrschenden Zinssätze steigen, werden Anleihen mit fixen
Kuponzahlungen ceteris paribus weniger wertvoll, weil die
Kuponzahlungen im Vergleich zum Markt nicht ansteigen (Barwert/Preis
sinkt).
- Effekt 2: Höhere Zinszahlungen ermöglichen bessere
Wiederanlagemöglichkeiten für zwischenzeitliche Rückflüsse aus
Kuponzahlungen (Endwert steigt).
Barwert- und Endwertänderung bei einer Zinsänderung
[image]
Quelle: Albrecht (2007), S. 88.
Beispiel: Anleihe mit EZü e_(t)
Annahme: flache Zinsstruktur mit k = 9%
$$\begin{array}{r|c|c|c|c}
t & 0 & 1 & 2 & 3 \\ \hline
e_t & & 9 & 9 & 109
\end{array}$$
$$\begin{aligned}
\Rightarrow & PV & = 100 \\
& FV & = 100 \cdot 1,09^3 = 129,50
\end{aligned}$$
[image]
Annahme: unmittelbare (d. h. in t = 0⁺) Zinsänderung auf k = 10%
$$\begin{aligned}
\Rightarrow & PV & = \frac{9}{1,1} + \frac{9}{1,1^2} + \frac{109}{1,1^3} = 97,51 \\
& & \text{nur Effekt 1 wirksam} \\
& FV & = 97,51 \cdot 1,1^3 = 129,79 \\
& & \text{nur Effekt 2 wirksam}
\end{aligned}$$
Für alle Kapitalwerte K_(t) mit t ∈ ]0, 3[ sind beide Effekte wirksam!
[image]
- Ob das Vermögen mit Zinsänderung $\stackrel{>}{<}$ dem Vermögen ohne
Zinsänderung ist, hängt davon ab, welcher ZP untersucht wird!
- Es gibt einen ZP D, bei dem das Vermögen mit Zinsänderung gleich dem
Vermögen ohne Zinsänderung ist, d. h. im ZP D besteht kein
Zinsänderungsrisiko!
- Man sagt: Im ZP D ist das (End-)Vermögen gegenüber Zinsänderungen
immunisiert.
- Man kann sogar zeigen, dass das Vermögen ohne Zinsänderungen im ZP D
ein Minimum hat, d. h., dass jede Zinsänderung (pos. oder neg.) zu
einem Vermögenszuwachs führt.
- Dazu schauen wir uns im folgenden das Konzept der Duration an.
Die Duration
- Im Rahmen einer Analyse des Zinsänderungsrisikos wenden wir uns nun
einer Reihe von (eng verwandten) Kennziffern zur Zinssensitivität des
Barwerts zu.
- Wir beginnen mit der absoluten Duration, definiert durch
$$D_A(r) = -P'(r) = \frac {1}{1+r} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r)^{-t}$$
- Diese entspricht somit der ersten Ableitung der Barwertfunktion,
jedoch mit negativem Vorzeichen. Da P^(′)(r) < 0, folgt D_(A)(r) > 0.
- Aus geometrischer Sicht wird unter Verwendung der ersten Ableitung der
Barwertfunktion die Änderung der Barwertfunktion linear approximiert
durch die entsprechende Änderung des Funktionswerts der Tangente an
die Barwertkurve.
Absolute Duration als lin. Approximation der Barwertkurve
[image]
Quelle: Albrecht (2007), S. 89.
- Aus analytischer Sicht ist die absolute Duration ein approximatives
Maß für die absolute Kursänderung bei absoluter Zinsänderung, denn es
gilt entsprechend zur geometrischen Darstellung
ΔP(r) ≈ −D_(A)(r) ⋅ Δr
- Je höher die Duration, desto größer das Zinsänderungsrisiko im Sinne
einer Barwertänderung.
- Die Höhe der Duration hängt dabei wiederum von dem
Ausgangsrenditenniveau r ab.
- Die lineare Approximation der Barwertkurve unterliegt einem
Approximationsfehler, der umso größer ist,
- je größer Δr
- je gekrümmter die Barwertkurve r ist.
- Der Effekt steigender Zinsen (Kursverlust) wird somit überschätzt, der
Effekt fallender Zinsen (Kursanstieg) hingegen unterschätzt.
- Aus der absoluten Duration lassen sich weitere Durationsmaße ableiten.
- Die modifizierte Duration (Modified Duration), definiert durch
$$D_M(r) \coloneqq \frac {D_A(r)}{P(r)} = \frac {\frac {1}{1+r} \sum tZ_t(1+r)^{-t} }{P(r)}$$
ist ein approximatives Maß für die relative Kursänderung bei absoluter
Zinsänderung.
- Es gilt
$$\frac {\Delta P(r)}{P(r)} \approx -D_M(r) \cdot \Delta r$$
- Die Macaulay-Duration (oft nur als Duration bezeichnet) ist definiert
durch
$$\label{eq:Macaulay}
D(r) = (1+r)D_M(r) = \frac {\sum tZ_t(1+r)^{-t} }{P(r)}$$
- Sie ergibt sich aus der zeitgewichteten Summe der diskontierten
Zahlungen dividiert durch den Barwert der Anleihe und kann auch als
das gewichtete Mittel der Fälligkeitszeitpunkte der einzelnen
Zahlungen interpretiert werden.
- Die Duration gibt somit die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer an.
- Ihre Einheit entspricht dabei der gewählten Zeiteinheit (i.d.R.
Jahre).
- Als ΔP(r) bzw. D(r) entsprechende Approximation erhält man
$$\frac {\Delta P(r)}{P(r)} \approx - \frac {(1+r+\Delta r)-(1+r)}{1+r}D(r) = - \frac{\Delta r}{1+r} D(r)$$
- Die Macaulay-Duration ist somit ein Maß für die relative Kursänderung
bei relativer Änderung des Aufzinsungsfaktors.
Beispiel: Duration eines Standardbonds Wir betrachten einen Standardbond
mit einer Laufzeit von 4 Jahren, einem Nennwert von 1000 Euro sowie
einem Nominalzins von 6%. Zu bestimmen ist die Duration des Bonds, wenn
der anfängliche Zinssatz 4% beträgt. Der Zahlungsstrom des Bonds ist
zunächst gegeben durch { 60, 60, 60, 1060 }.
Es gilt im Einzelnen
$$\begin{aligned}
\frac{60}{1.04} &= 57.692\\
\frac{60}{1.04^{2}}&= 55.473 \quad & \mbox{und damit} \quad & 2 \cdot \frac{60}{1.04^{2}} = 110.946\\
\frac{60}{1.04^{3}}&= 53.340 \quad & \mbox{und damit} \quad & 3 \cdot \frac{60}{1.04^{3}} = 160.020\\
\frac{1060}{1.04^{4}}&= 906.092 \quad & \mbox{und damit} \quad & 4 \cdot \frac{1060}{1.04^{4}} = 3624.37
\end{aligned}$$
Als Macaulay-Duration ergibt sich nach diesen Vorüberlegungen
$$D = \frac {57.692+110.946+160.020+3624.37}{57.692+55.473+53.340+906.092}= \frac {3953.028}{1072.597} = 3.6855$$
Die Duration des Bonds beträgt somit 3.6855 Jahre.
Beispiel: Duration eines Zerobonds Betrachtet man einen Zerobond mit
Laufzeit T, so erhält man durch Auswertung der von Gleichung
[eq:Macaulay] das Resultat D(r) = T. Bei einem Zerobond stimmt somit die
Duration stets mit seiner Laufzeit überein.
- Die Duration eines Zerobonds mit Laufzeit T beinhaltet gleichzeitig
die maximale Duration aller Bonds mit gleicher Laufzeit, denn es gilt
$$\frac {\sum tZ_t(1+r)^{-t} }{P(r)} \le \frac {T \sum Z_t(1+r)^{-t} }{P(r)} = T$$
- Die Duration hängt nicht nur vom anfänglichen Zinsniveau, sondern auch
von der Restlaufzeit und Kuponhöhe ab.
- Abschließend zum Thema Duration betrachten wir noch die
Portfolioduration.
- Diese berechnet sich als die gewichtete Summe der Durationen der
einzelnen Titel.
- Es seien X = {X₁, …, X_(T)} und Z = {Z₁, …, Z_(T)} zwei
Zahlungsreihen.
- Dann gilt insbesondere
$$D_{X+Z} = \frac {P_X}{P_X + P_Z} D_X + \frac {P_Z}{P_X + P_Z} D_Z$$
- Für die Portfolioduration gilt allgemein analog
$$D_P = \sum \limits_{i=1}^n x_iD_i$$
wobei x_(i) = P_(i)/P dem Barwert von Titel i bezogen auf den
Gesamtwert des Portfolios entspricht.
- Der in der vorherigen Abbildung veranschaulichte Approximationsfehler
bei der Quantifizierung der durch eine Zinsänderung induzierte
Barwertänderung lässt sich durch Einbeziehung der Konvexität
verringern.
- Theoretischer Ausgangspunkt ist dabei die Taylor-Entwicklung einer
Funktion f im Punkt x₀. Durch den Abbruch der Taylorreihe erst nach
dem zweiten Glied wird die lineare Approximation verbessert, konkret
$$\Delta P = P'(r) \cdot \Delta r + \frac {1}{2} P''(r)\ (\Delta r)^2 = -D_A(r) \cdot \Delta r + \frac {1}{2} C_A(r)\ (\Delta r)^2$$
- Dabei ist die absolute Konvexität gegeben durch die zweite Ableitung
der Barwertfunktion
$$C_A(r) = P''(r) = \frac {1}{(1+r)^2} \sum \limits_{t=1}^T t(t+1)Z_t(1+r)^{-t}$$
Konvexität
- Der Betrag $\frac{1}{2} C_A(r)(\Delta r)^2$ erfasst dabei die absolute
Kursänderung aufgrund des quadratischen Anteils der Krümmung der
Barwertkurve.
- Eine Division von ΔP durch P ergibt die Approximation
$$\frac {\Delta P}{P} \approx -D_M \cdot \Delta r + \frac {1}{2} C(r)\ (\Delta r)^2$$
wobei die Konvexität C(r) definiert ist durch
$$C(r) = \frac {P''(r)}{P} = \frac {\sum \limits_{t=1}^T t(t+1)Z_t(1+r)^{-t}}{(1+r)^2 \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{-t}}$$
Zinsänderungsimmunisierung
- Zuvor wurden die gegenläufigen Wirkungen einer Zinsänderung bzgl.
Barwert und Endwert eines Bonds veranschaulicht. Ist es in bestimmten
Konstellationen möglich, die anfängliche (vor Eintritt der
Zinsänderung) Wertentwicklung trotz einer eingetretenen Zinsänderung
sicherzustellen?
- Dazu betrachten wir zunächst den Wert eines durch die Rückflüsse
{Z₁, …, Z_(T)} charakterisierten, festverzinslichen Titels zu einem
beliebigen Zeitpunkt 0 ≤ s ≤ T unter dem anfänglichen Zins r₀.
- Hierbei gilt
$$K_s(r_0) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r_0)^{s-t}$$
- Bei sofortiger einmaliger Zinsänderung r + Δr in t = 0 ergibt sich für
den Barwert zum Zeitpunkt s unter dieser Konstellation
$$K_s(r_0 + \Delta r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r+\Delta r)^{s-t}$$
- Ist es zu einem Zeitpunkt s möglich, dass für Zinsänderungen eines
bestimmten Ausmaßes Δr stets
K_(s)(r₀ + Δr) ≥ K_(s)(r₀)
gilt?
- In einem solchen Fall wäre gewährleistet, dass - zumindest in diesem
Zeitpunkt und für Änderungen des anfänglichen Zinssatzes in einem
bestimmten Umfang—der Wert des Bonds zum Zeitpunkt s trotz
Zinsänderung nicht geringer ist als unter dem anfänglich geltenden
Zins.
- Die Erfüllung der obigen Ungleichung läuft auf die Frage der Existenz
eines lokalen oder sogar globalen Minimums hinaus.
- Die Antwort ist dabei positiv und sie lautet
s = D(r₀)
- Wenn wir einen Zeitpunkt wählen, welcher der Duration zum anfänglichen
Zins entspricht, so besitzt die Wertfunktion K_(s) = K_(D) ein Minimum
im Punkt r₀ und die obige Ungleichung ist erfüllt.
- Im Folgenden wollen wir den Nachweis der Eigenschaft eines lokalen
Minimums erbringen. Allgemein gilt
$K_s(r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{s-t}$ sowie
$K'_s(r) = (1+r)^{s-1}\sum \limits_{t=1}^T (s-t)Z_t(1+r)^{-t}$.
- Damit folgt
0 = K^(′)_(s)(r₀) ̄
$= s(1+r_0)^{s-1} \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r_0)^{-t}$
$- (1+r_0)^{s-1} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r_0)^{-t}$
$= s(1+r_0)^{s-1}P(r_0) - (1+r_0)^{s-1} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r_0)^{-t}$
- Insgesamt folgt
$$\quad s = \frac {\sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r_0)^{-t}}{P(r_0)} = D(r_0)$$
d.h. die Eigenschaft eines lokalen Minimums ist nachgewiesen.
- Allgemeiner lässt sich zeigen, dass sogar ein globales Minimum
vorliegt, d.h. die obige Ungleichung gilt sogar für zugelassene
Zinsänderungen in beliebiger Höhe.
- Weiterhin bedeutet die Ungleichung, dass spätestens bis zum Zeitpunkt
s = D(r₀) ein anfänglicher Kursverlust infolge steigender Zinsen durch
die verbesserten Reinvestitionsmöglichkeiten zumindest kompensiert,
ggf. sogar überkompensiert worden ist.
- Zu beachten ist, dass die Aussage nicht K_(s)(r₀ + Δr) = K_(s)(r₀)
lautet, d.h. die Zinsänderungen werden nicht notwendigerweise alle im
gleichen Zeitpunkt kompensiert, sondern jede Zinsänderung besitzt in
der Regel einen eigenen Kompensationszeitpunkt.
- Sicher ist aber, dass im Zeitpunkt s die Wertentwicklung gleich der
unteren Grenze K_(s)(r₀) ist oder darüber liegt.
- Fasst man den Wert K_(s)(r₀) als Untergrenze eines (nach oben
unbegrenzten) Fensters auf, das sich um den Zeitpunkt der Duration
befindet, so erhält man das sogenannte Durationsfenster (Duration
Window).
Durationsfenster
[image]
Quelle: Albrecht (2007), S. 94.
- Die zentrale Annahme bei den vorherigen Analysen ist die einer flachen
Zinsstruktur, die nur einer einzigen anfänglichen deterministischen
Änderung einer bestimmten Form unterliegen darf.
- Mehrfache Änderungen sind kein Problem, da man nach jeder erfolgten
Zinsänderungen entsprechende Anpassungen vornehmen kann.
- Bezüglich der Annahme einer flachen Zinsstruktur gibt es inzwischen
eine Reihe von Erweiterungen wie die Single-Faktor-Durationsmodelle,
Faktormodelle der Zinsstruktur sowie die Key-Rate-Duration.
- Ein weiteres Problem des Durationsansatzes ist, dass traditionelle
Durationskonzepte Zinsänderungsrisiken nicht mehr erfassen können,
wenn die Höhe der Zinszahlungen selbst von Zinsänderungen beeinflusst
wird wie bei zinssensitiven Produkten oder Bonds mit eingebetteten
Optionen. Hier können optionsadjustierte Durationsmaße angewandt
werden.
- Insgesamt können wir festhalten, dass das einfache Durationsmaß ein
sehr nützliches Konzept im Sinne einer ersten Approximation für die
Analyse des Außmaßes des Zinsänderungsrisikos und einer darauf
aufbauenden Portfoliosteuerung darstellt.
- Es unterliegt jedoch einer Reihe von Beschränkungen und liefert nur
approximative Ergebnisse.
- Daher kommt es vor allem auf den spezifischen Anwendungszweck an, ob
mit diesem Ansatz oder verfeinerten Analysen gearbeitet wird.
Zusammenfassung und Ausblick
- Heute haben wir uns mit der Theorie der Zinsstruktur beschäftigt.
- Wir haben über Zinsänderungen gesprochen und über die Möglichkeit,
sich dagegen abzusichern (Duration).
Vielen Dank!