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Überblick | |
- Heute, in unserer letzten Vorlesung, beschäftigen wir uns mit | |
veränderlichen Zinssätzen und der Theorie der Zinsstruktur. | |
Theorie der Zinsstruktur | |
Theorie der Zinsstruktur | |
Theorie der Zinsstruktur | |
- Bisher sind wir stets von einem einheitlichen Zins r ausgegangen, der | |
insb. unabhängig von dem Anlagehorizont bzw. bei Festzinstiteln | |
unabhängig von der Laufzeit des Zinstitels ist. | |
- Empirische Analysen zeigen jedoch, dass die Rendite eine Funktion der | |
Restlaufzeit ist und sich diese Funktion im Zeitablauf ändert. | |
- Zur Quantifizierung dieses Sachverhalts führen wir im Folgenden die | |
Konzepte der Renditestrukturkurve sowie der Zinsstrukturkurve ein. | |
- Die folgende Abbildung zeigt die Zinsstruktur in zwei | |
unterschiedlichen Zeitpunkten. | |
[image] | |
Wir unterscheiden die folgenden Zinssätze: | |
- Spot Rate - der aktuelle Zinssatz heute (t = 0). | |
- Forward Rate - der Zinssatz, der heute festgelegt wird, zu einem | |
festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft. | |
- Future Rate - die erwartete zukünftige Spot Rate. | |
- Yield to Maturity - der interne Zinsfuß einer verzinslichen Anlage. | |
Definition: Die internen Renditen der Einheitszerobonds werden als Spot | |
Rates (Kassazinssätze) bezeichnet. Ist b(0, t) der Preis des | |
Einheitszerobonds mit Laufzeit t, so gilt die interne Zinsfuß-Gleichung: | |
b(0, t) = 1 ⋅ (1 + r)^(−t). | |
D. h. die Preise b(0, t), t > 0, der Einheitszerobonds sind äquivalent | |
zu den Diskontierungsfaktoren. | |
[image] | |
Definition: Die Forward Rate (Terminzinssatz) ist der Zinssatz, der | |
heute (Zeitpunkt 0) vereinbart wird für eine Mittelanlage zum Zeitpunkt | |
s über t − s Perioden. | |
Formel der impliziten Forward Rate: | |
$$\begin{aligned} | |
r_{s,t} = \sqrt[t-s]{\frac{(1+r_{0,t})^t}{(1+r_{0,s})^s}}-1 | |
\end{aligned}$$ | |
[image] | |
Definition: Renditestrukturkurve Die Renditestrukturkurve (Yield Curve) | |
beschreibt die funktionale Abhängigkeit der Rendite (interner Zinsfuß) | |
von Kuponanleihen (gleicher Gattung und Bonität) von ihrer Restlaufzeit. | |
Renditestrukturkurven | |
Die Renditestrukturkurve (Yield Curve) erfasst die funktionale | |
Abhängigkeit der Rendite (auf Basis des internen Zinsfußes) von | |
Festzinstiteln (gleicher Gattung und Bonität) von ihrer Restlaufzeit. | |
Bei ganzzahligen Restlaufzeiten T = 1, …, n ist die Renditestrukturkurve | |
zu einem festen Zeitpunkt s spezifiziert durch die Menge der | |
Renditegrößen | |
{y₁(s), ..., y_(n)(s)} | |
und im allg. Fall durch die Menge der Renditegröße | |
{y_(T)(s); T > 0}, | |
wobei y_(T)(s) die Rendite eines Bonds zum Zeitpunkt s bei einer | |
Restlaufzeit von T Perioden bezeichne. Alternativ wird auch die Notation | |
y(s, s + T) verwendet. | |
- In der Praxis betrachtet man die durchschnittliche empirische Rendite | |
von Anleihen (gleicher Gattung und Bonität) gleicher Restlaufzeit. | |
- Anschließend verwendet man ein Glättungsverfahren zur Anpassung einer | |
bestimmten funktionalen Struktur an die empirischen Renditen. | |
- Sind die internen Renditen für alle Restlaufzeiten identisch, so | |
spricht man von einer flachen Renditestruktur. | |
- Nehmen die Renditen mit zunehmender Restlaufzeit zu, liegt eine | |
steigende (normale) Renditestruktur vor. | |
- Nehmen die Renditen mit zunehmender Laufzeit ab, spricht man von einer | |
fallenden (inversen) Renditestruktur. | |
Renditestrukturkurven | |
[image] | |
Zinsstrukturkurven | |
Definition: Zinsstrukturkurve Die Zinsstrukturkurve beschreibt die | |
funktionale Abhängigkeit der Renditen (interne Renditen) von | |
Nullkuponanleihen (gleicher Gattung und Bonität) von ihrer Restlaufzeit. | |
- Die Zinsstrukturkurve (Term Structure of Interest Rates) erfasst | |
ebenfalls die funktionale Abhängigkeit der Rendite von ihrer | |
Restlaufzeit. Hierbei werden jedoch nur Nullkuponanleihen zugrunde | |
gelegt. | |
- Bei ganzzahligen Restlaufzeiten T = 1, …, n ist die Zinsstrukturkurve | |
zu einem festen Zeitpunkt s spezifiziert durch die Menge der Größen | |
{r₁(s), ..., r_(n)(s)} | |
und im allg. Fall durch die Menge der Größen | |
{r_(T)(s); T > 0} | |
wobei r_(T)(s) den internen Zinsfuß (auch: Kassazinssatz, Spot Rate) | |
zum Zeitpunkt s einer Nullkuponanleihe mit Restlaufzeit T bezeichnet. | |
Alternativ wird auch die Notation r(s, s + T) verwendet. | |
Diskontstrukturkurve Die Diskontstrukturkurve ist allg. spezifiziert | |
durch die Größen | |
{b_(T)(s); T > 0} | |
Sie ist äquivalent zur Zinsstrukturkurve und gibt die Kurse von | |
Einheitszerobonds mit Restlaufzeit T zum Zeitpunkt s an. Alternativ zur | |
Notation b_(T)(s) wird auch die Notation b(s, s + T) verwendet. | |
Der Zusammenhang zwischen Zins- und Diskontstrukturkurve ist bei | |
diskreter Verzinsung gegeben durch | |
$$r_T(s) = \sqrt[T]{ \frac {1}{b_T(s)} } - 1 \Leftrightarrow b_T(s) = \left[ 1 + r_T(s) \right] ^{-T}$$ | |
- Vor dem Hintergrund der Problematik des internen Zinsfußes im Kontext | |
der Wiederanlage von zwischenzeitlichen Zahlungen, ist nur die Zins- | |
bzw. äquivalent die Diskontstruktur eine unverzerrte Konzeption zur | |
Quantifizierung der Fristigkeitsabhängigkeit der Zinssätze, da hier | |
die Wiederanlageproblematik entfällt. | |
- Hieraus lassen sich weitergehende Überlegungen bspw. zur Bewertung von | |
festverzinslichen Titeln oder zur Quantifizierung des | |
Zinsänderungsrisikos anstellen. | |
- Eine zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Zinsstruktur {r_(T)(s)} | |
beinhaltet neben den Kassazinssätzen auch Informationen über die | |
impliziten Terminsätze (Implied Forward Rates). | |
- Die Forward Rates f₁(s), …, f_(T)(s) geben dabei die Verzinsung für | |
die zukünftigen sukzessiven Perioden | |
[s, s + 1], [s + 1, s + 2], …, [s + T − 1, s + T] an. | |
- Aufgrund von Arbitrageüberlegungen gilt: | |
(1 + r_(0, s))^(s) ⋅ (1 + f_(s, t))^(t − s) = (1 + r_(0, t))^(t) | |
- Ein Investor, der über t Perioden Geld anlegen möchte, wägt ab | |
zwischen einer einmaligen Anlage zum Zinssatz r_(0, t) über t | |
Perioden, und einer Anlage jeweils auf eine Periode revolvierend zu | |
den Zinssätzen r_(0, 1), f_(1, 2), f_(2, 3), …, f_(t − 1, t). | |
Renditestrukturtypen | |
[image] | |
Quelle: Albrecht (2007), S. 84. | |
- Allgemein gilt | |
[1 + r_(T)(s)]^(T) = [1 + f₁(s)][1 + f₂(s)] ⋅ ... ⋅ [1 + f_(T)(s)] | |
- Damit folgt | |
$$r_T(s) = \sqrt[T]{ \prod [1 + f_t(s)] } - 1$$ | |
- Außerdem gilt ferner | |
1 + f₁(s) = 1 + r₁(s) bzw. f₁(s) = r₁(s) | |
sowie für T ≥ 2 | |
$$\label{eq:ref1} | |
1 + f_T(s) = \frac {[1 + r_T(s)]^T}{[1 + r_{T-1}(s)]^{T-1}} = \frac {[1 + r_T(s)]^T}{[1 + f_1(s)] ... [1 + f_{T-1}(s)]}$$ | |
- Bei flacher Zinsstruktur fallen Spot und Forward Rate zusammen, denn | |
aus r_(t)(s) = r für alle t folgt unmittelbar f_(t)(s) = r für alle t. | |
- Die Forward Rates lassen sich ebenso aus der Diskontstruktur ableiten. | |
Zwischen Diskontsätzen und Forward Rates gilt zunächst der | |
Zusammenhang | |
$$b_T(s) = [1 + r_T(s)]^{-T} = \prod_{i=1}^T [1 + f_t(s)]^{-1}$$ | |
- In Gleichung [eq:ref1] ist daher nur [1 + r_(T)(s)]^(T) durch | |
$\frac{1}{b_T(s)}$ zu ersetzen. | |
Zeitstruktur der Zinssätze | |
[image] | |
[image] | |
[image] | |
Anwendung auf die Kursrechnung | |
- Wir wollen nun den fairen Wert P₀ eines Zahlungsstroms | |
Z = {Z₁, …, Z_(T)} im verallgemeinerten Zinsmodell bestimmen und | |
stellen dafür eine Arbitragefreiheitsüberlegung an. | |
- Den Ausgangspunkt bilden die Zinsstruktur {r₁, …, r_(T)} in t = 0 bzw. | |
die daraus abgeleiteten impliziten Terminzinssätze {f₁, …, f_(T)}, | |
wobei r_(t) := r_(t)(0) und f_(t) := f_(t)(0). | |
- Eine Investition von P₀ in Zerobonds gemäß der aktuellen Zinsstruktur | |
muss denselben Endwert haben wie der Kauf des Titels und die | |
Reinvestition der Rückflüsse zu Marktbedingungen. | |
- Diese Überlegung beruht darauf, dass die Zinsstruktur {r₁, …, r_(T)} | |
für t > 0 unverändert bleibt bzw. die impliziten Terminsätze auch | |
eintreten, d.h. mit den zukünftigen Wiederanlagezinssätzen | |
zusammenfallen (Vernachlässigung des Zinsänderungsrisikos). | |
- Unter Benutzung der Terminsätze folgt daraus die Bedingung | |
$$P_0 \prod_{t=1}^T (1 + f_t) = \sum_{t=1}^T Z_t \prod_{i=t+1}^T (1 + f_i)$$ | |
- Hieraus ergibt sich | |
$$P_0(f_1,...,f_T) = \sum_{t=1}^T Z_t \left( \prod_{i=1}^t (1 + f_i) \right) ^{-1}$$ | |
- In Abhängigkeit von den Spot Rates lautet die Preisgleichung | |
entsprechend | |
$$P_0(r_1,...,r_T) = \sum_{t=1}^T Z_t(1 + r_t)^{-t}$$ | |
- und in Abhängigkeit von den Diskontfaktoren schließlich | |
$$P_0(b_1,...,b_T) = \sum_{t=1}^T Z_tb_t$$ | |
- Hieraus wird insb. deutlich, dass der Preis eines Kuponbonds der Summe | |
der Barwerte der Zerobonds, in die er zerlegt werden kann | |
(Bond-Stripping), entspricht. | |
- Wir schauen uns nun die Methode des Bootstrapping an. | |
- Für jede der Restlaufzeiten t = 1, …, m liege hierbei ein Kuponbond | |
mit Laufzeit t, Preis P_(t) und Zahlungsstrom Z = {Z_(t1), …, Z_(tt)} | |
vor. | |
- Damit besteht das Gleichungssystem | |
$$\begin{split} | |
P_1 &= Z_{11}b_1 \\ | |
P_2 &= Z_{21}b_1 + Z_{22}b_2 \\ | |
\vdots \\ | |
P_t &= Z_{t1}b_1 + Z_{t2}b_2 +...+ Z_{tt}b_t \\ | |
\vdots \\ | |
P_m &= Z_{m1}b_1 + Z_{m2}b_2 +...+ Z_{mt}b_t +...+ Z_{mm}b_m | |
\end{split}$$ | |
für die Diskontstrukturkurve {b₁, …, b_(m)}. | |
- Nach rekursivem Auflösen des Gleichungssystems gilt | |
b₁ = P₁/Z₁₁, b₂ = (P₂ − Z₂₁b₁)/Z₂₂, etc. | |
- So kann die Diskontstruktur direkt aus den Kuponbondpreisen abgeleitet | |
werden (und daraus dann die Zinsstruktur). | |
Beispiel: Bootstrapping Gegeben sind drei Kuponbonds mit identischem | |
Nennwert N = 1000, den Restlaufzeiten t = 1, 2 sowie 3, einem | |
einheitlichen Kupon von Z = 50 und Marktpreisen P₁ = 999, P₂ = 998 sowie | |
P₃ = 997. Bestimmen Sie die Diskontstruktur {b₁, b₂, b₃} sowie die | |
Zinsstruktur {r₁, r₂, r₃}. | |
- Zahlungsströme: | |
- Bond 1: {−999, 1050} | |
- Bond 2: {−998, 50, 1050} | |
- Bond 3: {−997, 50, 50, 1050} | |
- Bootstrapping-Gleichungssystem: | |
1. 999 = 1050b₁ | |
2. 998 = 50b₁ + 1050b₂ | |
3. 997 = 50b₁ + 50b₂ + 1050b₃ | |
- Aus (1) folgt $b_1 = \frac {999}{1050} = 0.9514$ | |
- und damit $r_1 = \frac {1}{b_1} - 1 = 5.1051\%$ | |
- Aus (2) folgt | |
$b_2 = \frac {998-50b_1}{1050} = \frac {998-47.57}{1050} = \frac {950.43}{1050} = 0.9052$ | |
- und damit $r_2 = \sqrt {\frac {1}{b_2}} - 1 = 5.1078\%$ | |
- Aus (3) folgt schließlich: | |
$b_3 = \frac {997-50b_1-50b_2}{1050} = \frac {997-47.57-45.26}{1050} = \frac {904.17}{1050} = 0.8611$ | |
- und damit $r_3 = \sqrt[3] {\frac {1}{b_3}} - 1 = 5.1106\%$. | |
Erklärung der Zinsstruktur | |
Erklärung der Zinsstruktur | |
- Frage: Was bestimmt die Gestalt der Zinsstruktur? | |
- Mögliche Erklärungen liefern die Erwartungstheorie und die | |
Liquiditätstheorie. | |
Erwartungstheorie | |
- Idee: Ausnutzung des Zusammenhangs zwischen den heutigen | |
Forward-Zinssätzen/Terminzinssätzen und den Zinssätzen der kommenden | |
Periode. | |
- Die Erwartungstheorie unterstellt Risikoneutralität und besagt, dass | |
eine Investition in eine Reihe von Anleihen mit kurzer Laufzeit im | |
Gleichgewicht die gleiche erwartete Rendite bieten muss wie eine | |
Investition in eine einzelne Anleihe mit langer Laufzeit. | |
- Sie besagt, dass der einzige Grund für eine nach oben geneigte | |
Laufzeitstruktur darin besteht, dass die Anleger einen Anstieg der | |
kurzfristigen Zinssätze erwarten. | |
- Der einzige Grund für eine sinkende Terminstruktur ist, dass die | |
Anleger erwarten, dass die kurzfristigen Zinssätze fallen. | |
- Die Erwartungstheorie kann keine vollständige Erklärung für die | |
Zinsstruktur sein, wenn sich die Anleger Sorgen um das Risiko machen. | |
- Begründung durch Arbitrageüberlegungen. Es gilt: | |
(1 + r_(0, s))^(s) ⋅ (1 + r̃_(s, t))^(t − s) = (1 + r_(0, t))^(t) | |
- Die Forward-Zinssätze sind bekannt, daraus sollen sich die kommenden | |
Zinssätze erklären lassen. | |
- Die Zinsstruktur wird über die Erwartungen über die Entwicklung der | |
kurzfristigen Zinssätze erklärt: | |
- Investor, der über t Perioden Geld anlegen möchte, wägt ab zwischen | |
einmaliger Anlage zum Zinssatz r_(0, t) über t Perioden, und Anlage | |
jeweils auf eine Periode revolvierend zu den Zinssätzen | |
r_(0, 1), r̃_(1, 2), r̃_(2, 3), …, r̃_(t − 1, t). | |
- Zinssätze r̃_(1, 2), r̃_(2, 3), …, r̃_(t − 1, t) sind im ZP 0 | |
unbekannt. | |
- Erwartungstheorie unterstellt Risikoneutralität ⇒ Kapitalanleger | |
verhält sich gegenüber einem mit unsicheren Zinserwartungen | |
verbundenen Risiko neutral. | |
- Erwartetes EV beider Anlageformen ist (wg. der Risikoneutralität) | |
gleich groß: | |
(1 + r_(0, t))^(t) = (1 + r_(0, 1)) ⋅ (1 + E[r̃_(1, 2)]) ⋅ (1 + E[r̃_(2, 3)])… ⋅ (1 + E[r̃_(t − 1, t)]). | |
- Dieser Argumentation entsprechend gilt: | |
E[r̃_(1, 2)⁽¹⁾] = r_(1, 2)⁽⁰⁾. | |
- D. h. der erwartete Einjahres-Zinssatz in einem Jahr (E[r̃_(1, 2)⁽¹⁾]) | |
entspricht dem heutigen Forward-Zinssatz (r_(1, 2)⁽⁰⁾). | |
⇒ Eine Prognose, die mit großen Unsicherheiten verbunden ist. | |
- Auf einem arbitragefreien Kapitalmarkt definiert die gegenwärtige | |
Zinsstruktur eindeutig die Terminzinssätze. Diese legen die | |
Erwartungswerte der zukünftigen Zinssätze fest. | |
Liquiditätspräferenztheorie | |
- Postuliert, dass Forward-Zinssätze immer über den zukünftigen | |
Zinssätzen liegen. | |
- Begründung: | |
- Anleger/Finanzinvestoren wollen liquide bleiben und bevorzugen daher | |
eher kurze Laufzeiten bei der Anlage. | |
⇒ trotz steigender Zinssätze finden Kapitalgeber eine längerfristige | |
Bindung uninteressant. | |
- Folge: Anlegern muss für längere Laufzeiten eine Prämie geboten | |
werden = Zinsstrukturkurve ist ansteigend auch wenn Zinsen in der | |
Zukunft nicht steigen (Zinssätze müssen wg. der Prämie nicht | |
zwingend steigen!). | |
- Schuldner bevorzugen dagegen langfristiges Kapital (u. a. wegen | |
Planungssicherheit). | |
- Insgesamt: | |
- Überschussangebot an Kapital im kurzfristigen Bereich, weil sich | |
viele Investoren nur kurzfristig binden möchten. | |
- Überschussnachfrage an Kapital im langfristigen Bereich; | |
Kapitalnehmer bevorzugen langfristige Finanzierungen. | |
- ⇒ um diese Überschüsse zum Ausgleich zu bringen, muss die | |
Zinsstruktur ansteigen. | |
- Bei einer flachen Zinsstrukturkurve gäbe es ein Überangebot an | |
kurzfristigem und eine Übernachfrage nach langfristigem Kapital. Um | |
das Ungleichgewicht zu beseitigen, müssen die Zinsen am langen Ende | |
steigen. Eine steigende Zinsstrukturkurve stellt sich ein und kann | |
über die Zeit hinweg stabil bleiben. | |
Kritik | |
- Investoren, die durch eine Geldanlage Auszahlungen zu späteren | |
Terminen finanzieren wollen. | |
- Die aus einer Geldanlage resultierenden zukünftigen Einzahlungen | |
sollten möglichst die geplanten Auszahlungen übersteigen. | |
⇒ Wichtig, das Risiko (Unsicherheit des Zinssatzes) dieser | |
Einzahlungen zu minimieren. | |
⇒ Investor, der das Risiko aus den späteren Einzahlungen minimieren | |
will, wird daher bei gleichem erwarteten EV beider Anlagealternativen | |
die langfristige Anlage vorziehen oder eine Risikoprämie für die | |
kurzfristige revolvierende Anlage verlangen. | |
- Bei Dominanz dieser Investoren → inverse ZSK! | |
Reale und nominale Zinssätze | |
Reale und nominale Zinssätze | |
- Es gibt verschiedene Indizes, die die realen Preise darstellen. | |
- Der bekannteste ist der Consumer Price Index (CPI), der angibt, wie | |
teuer ein typischer Warenkorb einer Familie ist. | |
- Über die Differenz des CPI von einem zum nächsten Jahr kann folglich | |
die Inflationsrate bestimmt werden. | |
- Inflation im Euro-Raum gemessen am harmonisierten | |
Verbraucherpreisindex (1997 - 2023) | |
[image] | |
Reale und nominale Zinssätze | |
- Die Formel für die Umwandlung der nominalen Cash Flows einer | |
zukünftigen Periode t in reale Cash Flows heute lautet | |
$$\begin{aligned} | |
\text{Realer Cash Flow (in $t$)}=\frac{\text{Nominaler Cash Flow (in $t$)}}{(1+\text{Inflationsrate})^t} | |
\end{aligned}$$ | |
- Die Formel zur Berechnung der realen Spot Rate r_(real) ist ähnlich: | |
$$\begin{aligned} | |
1+r_{\text{Real}}=\frac{1+r_{\text{Nominal}}}{1+\text{Inflationsrate}} | |
\end{aligned}$$ | |
- Wie beeinflusst die zukünftige erwartete Inflation den nominalen | |
Zinssatz? | |
- Fisher’s Theorie: Eine Änderung der erwarteten Inflationsrate bewirkt | |
die gleiche proportionale Änderung des nominalen Zinssatzes und hat | |
keinen Effekt auf den realen Zinssatz. | |
Reale und nominale Zinssätze | |
- Die Abbildung zeigt den Zusammenhang zwischen Inflationsrate und | |
Treasury Bill Rate. | |
- Offensichtlich forderten die Investoren meistens dann einen hohen | |
Zinssatz, wenn auch die Inflationsrate hoch war. | |
[image] | |
Analyse des Zinsänderungsrisikos | |
Analyse des Zinsänderungsrisikos | |
- Wie aus der Darstellung der Entwicklung der Zinsstruktur deutlich | |
wird, unterliegt die Zinsstrukturkurve einer zeitlichen Änderung. | |
Dabei bewirken Zinsänderungen | |
- eine Änderung des Kurses (Barwert) | |
- eine Änderung der Reinvestitionserträge aus den Rückflüssen | |
(Endwert) | |
- Barwerte (Kurse) und Endwerte (resultierendes Endvermögen) unterliegen | |
somit einem Zinsänderungsrisiko. | |
- Die Quantifizierung der Zinsstrukturkurve und ihrer zeitlichen | |
Änderungen ist die Voraussetzung für eine Quantifizierung der | |
Auswirkungen des Zinsänderungsrisikos. | |
- Wir konzentrieren uns dabei auf einen einfachen deterministischen | |
Ansatz und treffen dazu folgende Annahmen: | |
- Die Zinsstruktur in s = 0 sei flach: r_(t)(0) = r. | |
- Kauf eines festverzinslichen Titels {Z₁, …, Z_(T)} zum Kurs (Barwert) | |
P(r). | |
- Die Zinsänderung besteht in einem einmaligen Übergang in eine flache | |
Zinsstruktur der Höhe r + Δr. | |
- Der übergang geschieht unmittelbar nach Kauf bzw. in t = 0. Man | |
vergleicht also die Änderung des Barwerts bei einer Änderung des | |
Diskontierungsfaktors. | |
- Um die Auswirkungen einer Zinsänderung r + Δr zu quantifizieren | |
bestimmen wir (approximativ) die hieraus resultierende Barwertänderung | |
ΔP = P(r + Δr) − P(r) sowie die entsprechende Endwertänderung | |
ΔK_(T) = K_(T)(r + Δr) − K_(T)(r). | |
- Hierzu analysieren wir zunächst die Eigenschaften der Barwertfunktion | |
bei Annahme einer flachen Zinsstruktur. | |
- Es gilt | |
$$P(r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{-t}$$ | |
$$P'(r) = - \frac {1}{1+r} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r)^{-t} < 0$$ | |
$$P''(r) = \frac {1}{(1+r)^2} \sum \limits_{t=1}^T t(t+1)Z_t(1+r)^{-t} > 0$$ | |
- Die Barwertfunktion ist somit eine streng monoton fallende und konvexe | |
Funktion. | |
- Dies impliziert: | |
- Bei steigendem Marktzins fällt der Barwert (Kurs). | |
- Bei fallendem Marktzins steigt der Barwert (Kurs). | |
- Eine Zinssenkung führt zu einer stärkeren Kursveränderung als eine | |
gleich hohe Zinserhöhung. | |
[image] | |
- Analog analysieren wir die Endwertfunktion. Es gilt: | |
$$K_T(r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{T-t}$$ | |
$$K_T'(r) = \frac {1}{1+r} \sum \limits_{t=1}^T (T-t)Z_t(1+r)^{-t} > 0$$ | |
$$K_T''(r) = \frac {1}{(1+r)^2} \sum \limits_{t=1}^T (T-t)(T-t-1)Z_t(1+r)^{-t} > 0$$ | |
- Die Endwertfunktion ist somit ebenfalls konvex, jedoch streng monoton | |
steigend. | |
- Dies impliziert: | |
- Bei steigendem Marktzins steigen die Reinvestitionserträge und damit | |
der Endwert (relative Vermögenssteigerung) | |
- Bei fallendem Marktzins fallen die Reinvestitionserträge und damit | |
der Endwert (relative Vermögensminderung) | |
- Insgesamt wirken Zinsänderungseffekte somit entgegengesetzt auf Bar- | |
und Endwert. | |
- Effekt 1: Wenn Zinssätze steigen, sinken Anleihenpreise: Wenn die | |
vorherrschenden Zinssätze steigen, werden Anleihen mit fixen | |
Kuponzahlungen ceteris paribus weniger wertvoll, weil die | |
Kuponzahlungen im Vergleich zum Markt nicht ansteigen (Barwert/Preis | |
sinkt). | |
- Effekt 2: Höhere Zinszahlungen ermöglichen bessere | |
Wiederanlagemöglichkeiten für zwischenzeitliche Rückflüsse aus | |
Kuponzahlungen (Endwert steigt). | |
Barwert- und Endwertänderung bei einer Zinsänderung | |
[image] | |
Quelle: Albrecht (2007), S. 88. | |
Beispiel: Anleihe mit EZü e_(t) | |
Annahme: flache Zinsstruktur mit k = 9% | |
$$\begin{array}{r|c|c|c|c} | |
t & 0 & 1 & 2 & 3 \\ \hline | |
e_t & & 9 & 9 & 109 | |
\end{array}$$ | |
$$\begin{aligned} | |
\Rightarrow & PV & = 100 \\ | |
& FV & = 100 \cdot 1,09^3 = 129,50 | |
\end{aligned}$$ | |
[image] | |
Annahme: unmittelbare (d. h. in t = 0⁺) Zinsänderung auf k = 10% | |
$$\begin{aligned} | |
\Rightarrow & PV & = \frac{9}{1,1} + \frac{9}{1,1^2} + \frac{109}{1,1^3} = 97,51 \\ | |
& & \text{nur Effekt 1 wirksam} \\ | |
& FV & = 97,51 \cdot 1,1^3 = 129,79 \\ | |
& & \text{nur Effekt 2 wirksam} | |
\end{aligned}$$ | |
Für alle Kapitalwerte K_(t) mit t ∈ ]0, 3[ sind beide Effekte wirksam! | |
[image] | |
- Ob das Vermögen mit Zinsänderung $\stackrel{>}{<}$ dem Vermögen ohne | |
Zinsänderung ist, hängt davon ab, welcher ZP untersucht wird! | |
- Es gibt einen ZP D, bei dem das Vermögen mit Zinsänderung gleich dem | |
Vermögen ohne Zinsänderung ist, d. h. im ZP D besteht kein | |
Zinsänderungsrisiko! | |
- Man sagt: Im ZP D ist das (End-)Vermögen gegenüber Zinsänderungen | |
immunisiert. | |
- Man kann sogar zeigen, dass das Vermögen ohne Zinsänderungen im ZP D | |
ein Minimum hat, d. h., dass jede Zinsänderung (pos. oder neg.) zu | |
einem Vermögenszuwachs führt. | |
- Dazu schauen wir uns im folgenden das Konzept der Duration an. | |
Die Duration | |
- Im Rahmen einer Analyse des Zinsänderungsrisikos wenden wir uns nun | |
einer Reihe von (eng verwandten) Kennziffern zur Zinssensitivität des | |
Barwerts zu. | |
- Wir beginnen mit der absoluten Duration, definiert durch | |
$$D_A(r) = -P'(r) = \frac {1}{1+r} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r)^{-t}$$ | |
- Diese entspricht somit der ersten Ableitung der Barwertfunktion, | |
jedoch mit negativem Vorzeichen. Da P^(′)(r) < 0, folgt D_(A)(r) > 0. | |
- Aus geometrischer Sicht wird unter Verwendung der ersten Ableitung der | |
Barwertfunktion die Änderung der Barwertfunktion linear approximiert | |
durch die entsprechende Änderung des Funktionswerts der Tangente an | |
die Barwertkurve. | |
Absolute Duration als lin. Approximation der Barwertkurve | |
[image] | |
Quelle: Albrecht (2007), S. 89. | |
- Aus analytischer Sicht ist die absolute Duration ein approximatives | |
Maß für die absolute Kursänderung bei absoluter Zinsänderung, denn es | |
gilt entsprechend zur geometrischen Darstellung | |
ΔP(r) ≈ −D_(A)(r) ⋅ Δr | |
- Je höher die Duration, desto größer das Zinsänderungsrisiko im Sinne | |
einer Barwertänderung. | |
- Die Höhe der Duration hängt dabei wiederum von dem | |
Ausgangsrenditenniveau r ab. | |
- Die lineare Approximation der Barwertkurve unterliegt einem | |
Approximationsfehler, der umso größer ist, | |
- je größer Δr | |
- je gekrümmter die Barwertkurve r ist. | |
- Der Effekt steigender Zinsen (Kursverlust) wird somit überschätzt, der | |
Effekt fallender Zinsen (Kursanstieg) hingegen unterschätzt. | |
- Aus der absoluten Duration lassen sich weitere Durationsmaße ableiten. | |
- Die modifizierte Duration (Modified Duration), definiert durch | |
$$D_M(r) \coloneqq \frac {D_A(r)}{P(r)} = \frac {\frac {1}{1+r} \sum tZ_t(1+r)^{-t} }{P(r)}$$ | |
ist ein approximatives Maß für die relative Kursänderung bei absoluter | |
Zinsänderung. | |
- Es gilt | |
$$\frac {\Delta P(r)}{P(r)} \approx -D_M(r) \cdot \Delta r$$ | |
- Die Macaulay-Duration (oft nur als Duration bezeichnet) ist definiert | |
durch | |
$$\label{eq:Macaulay} | |
D(r) = (1+r)D_M(r) = \frac {\sum tZ_t(1+r)^{-t} }{P(r)}$$ | |
- Sie ergibt sich aus der zeitgewichteten Summe der diskontierten | |
Zahlungen dividiert durch den Barwert der Anleihe und kann auch als | |
das gewichtete Mittel der Fälligkeitszeitpunkte der einzelnen | |
Zahlungen interpretiert werden. | |
- Die Duration gibt somit die durchschnittliche Kapitalbindungsdauer an. | |
- Ihre Einheit entspricht dabei der gewählten Zeiteinheit (i.d.R. | |
Jahre). | |
- Als ΔP(r) bzw. D(r) entsprechende Approximation erhält man | |
$$\frac {\Delta P(r)}{P(r)} \approx - \frac {(1+r+\Delta r)-(1+r)}{1+r}D(r) = - \frac{\Delta r}{1+r} D(r)$$ | |
- Die Macaulay-Duration ist somit ein Maß für die relative Kursänderung | |
bei relativer Änderung des Aufzinsungsfaktors. | |
Beispiel: Duration eines Standardbonds Wir betrachten einen Standardbond | |
mit einer Laufzeit von 4 Jahren, einem Nennwert von 1000 Euro sowie | |
einem Nominalzins von 6%. Zu bestimmen ist die Duration des Bonds, wenn | |
der anfängliche Zinssatz 4% beträgt. Der Zahlungsstrom des Bonds ist | |
zunächst gegeben durch { 60, 60, 60, 1060 }. | |
Es gilt im Einzelnen | |
$$\begin{aligned} | |
\frac{60}{1.04} &= 57.692\\ | |
\frac{60}{1.04^{2}}&= 55.473 \quad & \mbox{und damit} \quad & 2 \cdot \frac{60}{1.04^{2}} = 110.946\\ | |
\frac{60}{1.04^{3}}&= 53.340 \quad & \mbox{und damit} \quad & 3 \cdot \frac{60}{1.04^{3}} = 160.020\\ | |
\frac{1060}{1.04^{4}}&= 906.092 \quad & \mbox{und damit} \quad & 4 \cdot \frac{1060}{1.04^{4}} = 3624.37 | |
\end{aligned}$$ | |
Als Macaulay-Duration ergibt sich nach diesen Vorüberlegungen | |
$$D = \frac {57.692+110.946+160.020+3624.37}{57.692+55.473+53.340+906.092}= \frac {3953.028}{1072.597} = 3.6855$$ | |
Die Duration des Bonds beträgt somit 3.6855 Jahre. | |
Beispiel: Duration eines Zerobonds Betrachtet man einen Zerobond mit | |
Laufzeit T, so erhält man durch Auswertung der von Gleichung | |
[eq:Macaulay] das Resultat D(r) = T. Bei einem Zerobond stimmt somit die | |
Duration stets mit seiner Laufzeit überein. | |
- Die Duration eines Zerobonds mit Laufzeit T beinhaltet gleichzeitig | |
die maximale Duration aller Bonds mit gleicher Laufzeit, denn es gilt | |
$$\frac {\sum tZ_t(1+r)^{-t} }{P(r)} \le \frac {T \sum Z_t(1+r)^{-t} }{P(r)} = T$$ | |
- Die Duration hängt nicht nur vom anfänglichen Zinsniveau, sondern auch | |
von der Restlaufzeit und Kuponhöhe ab. | |
- Abschließend zum Thema Duration betrachten wir noch die | |
Portfolioduration. | |
- Diese berechnet sich als die gewichtete Summe der Durationen der | |
einzelnen Titel. | |
- Es seien X = {X₁, …, X_(T)} und Z = {Z₁, …, Z_(T)} zwei | |
Zahlungsreihen. | |
- Dann gilt insbesondere | |
$$D_{X+Z} = \frac {P_X}{P_X + P_Z} D_X + \frac {P_Z}{P_X + P_Z} D_Z$$ | |
- Für die Portfolioduration gilt allgemein analog | |
$$D_P = \sum \limits_{i=1}^n x_iD_i$$ | |
wobei x_(i) = P_(i)/P dem Barwert von Titel i bezogen auf den | |
Gesamtwert des Portfolios entspricht. | |
- Der in der vorherigen Abbildung veranschaulichte Approximationsfehler | |
bei der Quantifizierung der durch eine Zinsänderung induzierte | |
Barwertänderung lässt sich durch Einbeziehung der Konvexität | |
verringern. | |
- Theoretischer Ausgangspunkt ist dabei die Taylor-Entwicklung einer | |
Funktion f im Punkt x₀. Durch den Abbruch der Taylorreihe erst nach | |
dem zweiten Glied wird die lineare Approximation verbessert, konkret | |
$$\Delta P = P'(r) \cdot \Delta r + \frac {1}{2} P''(r)\ (\Delta r)^2 = -D_A(r) \cdot \Delta r + \frac {1}{2} C_A(r)\ (\Delta r)^2$$ | |
- Dabei ist die absolute Konvexität gegeben durch die zweite Ableitung | |
der Barwertfunktion | |
$$C_A(r) = P''(r) = \frac {1}{(1+r)^2} \sum \limits_{t=1}^T t(t+1)Z_t(1+r)^{-t}$$ | |
Konvexität | |
- Der Betrag $\frac{1}{2} C_A(r)(\Delta r)^2$ erfasst dabei die absolute | |
Kursänderung aufgrund des quadratischen Anteils der Krümmung der | |
Barwertkurve. | |
- Eine Division von ΔP durch P ergibt die Approximation | |
$$\frac {\Delta P}{P} \approx -D_M \cdot \Delta r + \frac {1}{2} C(r)\ (\Delta r)^2$$ | |
wobei die Konvexität C(r) definiert ist durch | |
$$C(r) = \frac {P''(r)}{P} = \frac {\sum \limits_{t=1}^T t(t+1)Z_t(1+r)^{-t}}{(1+r)^2 \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{-t}}$$ | |
Zinsänderungsimmunisierung | |
- Zuvor wurden die gegenläufigen Wirkungen einer Zinsänderung bzgl. | |
Barwert und Endwert eines Bonds veranschaulicht. Ist es in bestimmten | |
Konstellationen möglich, die anfängliche (vor Eintritt der | |
Zinsänderung) Wertentwicklung trotz einer eingetretenen Zinsänderung | |
sicherzustellen? | |
- Dazu betrachten wir zunächst den Wert eines durch die Rückflüsse | |
{Z₁, …, Z_(T)} charakterisierten, festverzinslichen Titels zu einem | |
beliebigen Zeitpunkt 0 ≤ s ≤ T unter dem anfänglichen Zins r₀. | |
- Hierbei gilt | |
$$K_s(r_0) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r_0)^{s-t}$$ | |
- Bei sofortiger einmaliger Zinsänderung r + Δr in t = 0 ergibt sich für | |
den Barwert zum Zeitpunkt s unter dieser Konstellation | |
$$K_s(r_0 + \Delta r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r+\Delta r)^{s-t}$$ | |
- Ist es zu einem Zeitpunkt s möglich, dass für Zinsänderungen eines | |
bestimmten Ausmaßes Δr stets | |
K_(s)(r₀ + Δr) ≥ K_(s)(r₀) | |
gilt? | |
- In einem solchen Fall wäre gewährleistet, dass - zumindest in diesem | |
Zeitpunkt und für Änderungen des anfänglichen Zinssatzes in einem | |
bestimmten Umfang—der Wert des Bonds zum Zeitpunkt s trotz | |
Zinsänderung nicht geringer ist als unter dem anfänglich geltenden | |
Zins. | |
- Die Erfüllung der obigen Ungleichung läuft auf die Frage der Existenz | |
eines lokalen oder sogar globalen Minimums hinaus. | |
- Die Antwort ist dabei positiv und sie lautet | |
s = D(r₀) | |
- Wenn wir einen Zeitpunkt wählen, welcher der Duration zum anfänglichen | |
Zins entspricht, so besitzt die Wertfunktion K_(s) = K_(D) ein Minimum | |
im Punkt r₀ und die obige Ungleichung ist erfüllt. | |
- Im Folgenden wollen wir den Nachweis der Eigenschaft eines lokalen | |
Minimums erbringen. Allgemein gilt | |
$K_s(r) = \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r)^{s-t}$ sowie | |
$K'_s(r) = (1+r)^{s-1}\sum \limits_{t=1}^T (s-t)Z_t(1+r)^{-t}$. | |
- Damit folgt | |
0 = K^(′)_(s)(r₀) ̄ | |
$= s(1+r_0)^{s-1} \sum \limits_{t=1}^T Z_t(1+r_0)^{-t}$ | |
$- (1+r_0)^{s-1} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r_0)^{-t}$ | |
$= s(1+r_0)^{s-1}P(r_0) - (1+r_0)^{s-1} \sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r_0)^{-t}$ | |
- Insgesamt folgt | |
$$\quad s = \frac {\sum \limits_{t=1}^T tZ_t(1+r_0)^{-t}}{P(r_0)} = D(r_0)$$ | |
d.h. die Eigenschaft eines lokalen Minimums ist nachgewiesen. | |
- Allgemeiner lässt sich zeigen, dass sogar ein globales Minimum | |
vorliegt, d.h. die obige Ungleichung gilt sogar für zugelassene | |
Zinsänderungen in beliebiger Höhe. | |
- Weiterhin bedeutet die Ungleichung, dass spätestens bis zum Zeitpunkt | |
s = D(r₀) ein anfänglicher Kursverlust infolge steigender Zinsen durch | |
die verbesserten Reinvestitionsmöglichkeiten zumindest kompensiert, | |
ggf. sogar überkompensiert worden ist. | |
- Zu beachten ist, dass die Aussage nicht K_(s)(r₀ + Δr) = K_(s)(r₀) | |
lautet, d.h. die Zinsänderungen werden nicht notwendigerweise alle im | |
gleichen Zeitpunkt kompensiert, sondern jede Zinsänderung besitzt in | |
der Regel einen eigenen Kompensationszeitpunkt. | |
- Sicher ist aber, dass im Zeitpunkt s die Wertentwicklung gleich der | |
unteren Grenze K_(s)(r₀) ist oder darüber liegt. | |
- Fasst man den Wert K_(s)(r₀) als Untergrenze eines (nach oben | |
unbegrenzten) Fensters auf, das sich um den Zeitpunkt der Duration | |
befindet, so erhält man das sogenannte Durationsfenster (Duration | |
Window). | |
Durationsfenster | |
[image] | |
Quelle: Albrecht (2007), S. 94. | |
- Die zentrale Annahme bei den vorherigen Analysen ist die einer flachen | |
Zinsstruktur, die nur einer einzigen anfänglichen deterministischen | |
Änderung einer bestimmten Form unterliegen darf. | |
- Mehrfache Änderungen sind kein Problem, da man nach jeder erfolgten | |
Zinsänderungen entsprechende Anpassungen vornehmen kann. | |
- Bezüglich der Annahme einer flachen Zinsstruktur gibt es inzwischen | |
eine Reihe von Erweiterungen wie die Single-Faktor-Durationsmodelle, | |
Faktormodelle der Zinsstruktur sowie die Key-Rate-Duration. | |
- Ein weiteres Problem des Durationsansatzes ist, dass traditionelle | |
Durationskonzepte Zinsänderungsrisiken nicht mehr erfassen können, | |
wenn die Höhe der Zinszahlungen selbst von Zinsänderungen beeinflusst | |
wird wie bei zinssensitiven Produkten oder Bonds mit eingebetteten | |
Optionen. Hier können optionsadjustierte Durationsmaße angewandt | |
werden. | |
- Insgesamt können wir festhalten, dass das einfache Durationsmaß ein | |
sehr nützliches Konzept im Sinne einer ersten Approximation für die | |
Analyse des Außmaßes des Zinsänderungsrisikos und einer darauf | |
aufbauenden Portfoliosteuerung darstellt. | |
- Es unterliegt jedoch einer Reihe von Beschränkungen und liefert nur | |
approximative Ergebnisse. | |
- Daher kommt es vor allem auf den spezifischen Anwendungszweck an, ob | |
mit diesem Ansatz oder verfeinerten Analysen gearbeitet wird. | |
Zusammenfassung und Ausblick | |
- Heute haben wir uns mit der Theorie der Zinsstruktur beschäftigt. | |
- Wir haben über Zinsänderungen gesprochen und über die Möglichkeit, | |
sich dagegen abzusichern (Duration). | |
Vielen Dank! | |