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Zum ersten Mal in seiner Amtszeit muss Donald Trump fürchten, dass sich seine eigene Partei gegen ihn stellt und er das nicht verhindern kann. Konkret geht es um eine Resolution, die sich gegen den jüngst ausgerufenen nationalen Notstand ausspricht. Der US-Präsident hatte ihn damit begründet, Gelder für die Grenzsicherung zu benötigen, in dem Fall für den Bau seiner versprochenen "Mauer" zu Mexiko. Im Streit um den Haushalt hatte er nicht durchsetzen können, dass die von ihm gewünschten Milliarden dafür bereitgestellt werden. Die Demokraten im Repräsentantenhaus haben die Einspruch-Resolution bereits mit ihrer Mehrheit verabschiedet. Nun gibt es offenbar auch im Senat genügend Stimmen. Und das, obwohl die Republikaner dort über eine Mehrheit von drei Sitzen verfügen. Notstand-Bauchschmerz Der republikanische Senatsführer Mitch McConnell hat Trump bereits die Nachricht überbracht, die für kommende Woche geplante Abstimmung nicht verhindern zu können. Mindestens vier Republikaner haben bereits ihre Zustimmung angekündigt. Nach Aussage des republikanischen Senators Rand Paul könnten um die zehn Republikaner bereit sein, die Resolution zu unterstützen. Am Ende könnten es anderen Quellen zufolge sogar bis zu 15 Senatoren werden. Der Kongress wolle klarmachen, dass man "für die institutionellen Voraussetzungen und die Gewaltenteilung kämpfen wird", erklärte die Republikanerin Susan Collins. Sie hat sich wie Paul und einige andere bereits öffentlich positioniert. Als weitere mögliche Abweichler werden zum Beispiel der ehemalige Präsidentschaftskandidat Mitt Romney oder der texanische Senator Ted Cruz gehandelt. McConnell hatte wie einige andere Republikaner Trump vor der Ausrufung des Notstands gewarnt. Die Konservativen befürchten, dass der US-Präsident damit den Weg für ähnliche Schritte möglicher demokratischer Nachfolger bereite - zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Erderwärmung. "Das ist einer der Gründe, weshalb ich den Präsidenten - offensichtlich ohne Erfolg - darum gebeten habe, diesen Weg nicht zu gehen", sagte McConnell am Montag.
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Detailansicht öffnen Genug vom wirtschaftlichen Niedergang: Tausende Venezolaner demonstrieren bei einer Kundgebung in der Hauptstadt Caracas gegen die Politik von Präsident Nicolás Maduro. Sie hoffen, dass sich Oppositionsführer Juan Guaidó im Machtkampf durchsetzt. (Foto: Federico Parra/AFP) Der Machtkampf in Venezuela verschärft sich. Trotz schwerer Unruhen zeigt sich die Opposition hart und will Staatschef Nicolás Maduro zum Aufgeben zwingen. In dem südamerikanischen Ölland kündigten Oppositionsführer Juan Guaidó und andere Gegner der autoritären Regierung weitere Massenkundgebungen an. Die USA und andere Länder haben Guaidó bereits als Präsidenten anerkannt, die Spitze des Militärs stand am Donnerstag aber weiterhin zu Maduro. UN-Generalsekretär António Guterres rief die Konfliktparteien auf, weitere Gewalt zu vermeiden. Es dürfe zu keiner neuen Eskalation kommen. Bei den gewaltsamen Protesten wurden in den vergangenen Tagen nach Angaben der interamerikanischen Menschenrechtskommission mindestens 16 Menschen getötet. Die Reaktionen im Ausland sind alles andere als einhellig. Die Türkei und Russland stärkten Maduro den Rücken. Viele rechts regierte lateinamerikanische Länder und die USA haben hingegen Guaidó anerkannt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron twitterte ebenfalls eindeutig: "Nach der illegitimen Wahl von Nicolás Maduro 2018 unterstützt Europa die Wiederherstellung der Demokratie." Und auch Bundesaußenminister Heiko Maas machte klar, "wir sind nicht neutral in dieser Frage, sondern wir unterstützen das, was Guaidó dort tut". Die Bundesregierung setze sich für eine Neuwahl ein, sagte Maas in New York der Deutschen Welle. Spanien, das die Interessen von 200 000 Landsleuten in Venezuela vertritt, erkennt bisher weder Maduro noch Guaidó an. In Spanien leben Zehntausende Asylbewerber aus Venezuela, in mehreren Städten demonstrierten sie für die Opposition. Regierungschef Pedro Sánchez lobte den "Mut" Guaidós. Der 35 Jahre alte Parlamentspräsident hatte sich am Mittwoch selber zum Staatschef erklärt, weil Maduro kein rechtmäßiger Präsident sei. Er fühlt sich bestätigt durch die Organisation Amerikanischer Staaten, die Maduros Wahl im vergangenen Jahr nicht anerkennt. Guaidó gilt als Vertrauter des im Hausarrest sitzenden Oppositionspolitikers Leopoldo López, der eine sehr aggressive Linie gegen Maduro vertritt. Maduro hatte das Parlament, in dem die Opposition eine Mehrheit hat, im vergangenen Jahr entmachtet. Die Misswirtschaft seiner Regierung hat das Ölland in eine schwere Versorgungskrise gestürzt. Maduro verfügte den sofortigen Abbruch der Beziehungen zu den USA. Er kündigte an, dass er die venezolanische Botschaft und alle Konsulate in den USA schließen lassen wolle. US-Diplomaten hätten wiederum 72 Stunden Zeit, um Venezuela zu verlassen. Das Außenministerium in Washington stellte allerdings klar, dass die USA der Anordnung nicht folgen würden, da sie die Regierung Maduro nicht anerkennen. Präsident Donald Trump sagte auf die Frage von Journalisten, ob die USA militärisch eingreifen wollten: "Alle Optionen sind auf dem Tisch."
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Die Istanbuler Polizei hat am Freitagabend einen großen und friedlichen Marsch zum Internationalen Frauentag mit Tränengas und Barrieren gestoppt. Videos und Fotos auf oppositionellen türkischen Medienwebseiten zeigten hustende Menschen, die sich in Gebäudeeingänge oder Seitengassen flüchteten. Auch die große Zeitung Cumhuriyet berichtete, dass Tränengas eingesetzt worden sei. Einigen Videos in den sozialen Medien zufolge schossen Polizisten Gummigeschosse vor oder gegen die Füße von Demonstranten. Die Behinderung kam unerwartet. In den vergangenen Jahren hatten die Behörden die Märsche für Frauenrechte und gegen männliche Gewalt selbst während des Ausnahmezustands nach dem Putschversuch von 2016 erlaubt. Von der Polizei gab es zunächst keine Stellungnahme. Kleine Protestaktionen in anderen Stadtteilen Die größte Demonstration zum Frauentag in der Millionenstadt Istanbul zieht normalerweise die Istiklal-Einkaufsmeile hinunter. Diesmal hatte die Polizei die Straße, die am Taksim-Platz beginnt, schon früh am Abend und weit oben abgesperrt. Auch einige U-Bahn-Stationen an der Istiklal-Straße waren gesperrt. Eine Weile sangen und tanzten die mehrheitlich weiblichen Demonstranten an den Barrieren und forderten in Sprechchören, durchgelassen zu werden. Dann griff die Polizei ein und trieb sie auseinander. Kleinere Protestaktionen gingen später in Seitenstraßen oder anderen Stadtteilen weiter. In der Hauptstadt Ankara durfte am Freitagabend ein ähnlicher Protestmarsch ungehindert stattfinden.
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Der vergangene Sonntag war der erste in der Fastenzeit vor Ostern, und viele katholische Bischöfe in Deutschland nutzten ihre traditionellen Hirtenbriefe zur Reuebekundung: Der Skandal um die sexuelle Gewalt von Priestern gegen Schutzbefohlene müsse zur Umkehr und zur Erneuerung der Kirche führen. Er könne verstehen, dass Menschen nun der Kirche den Rücken kehrten, schrieb Bischof Felix Genn aus Münster; sein Limburger Amtsbruder Georg Bätzing erklärte, es müsse "der Missbrauch geistlicher Macht als eigentliche Ursache" benannt werden. Münchens Kardinal Reinhard Marx, der Bischofskonferenzvorsitzende, fügte hinzu: "Es geht hier nicht einfach um einige kirchenpolitische Maßnahmen, sondern um einen Weg der Erneuerung." Was das konkret bedeuten könnte, darüber beraten die deutschen Bischöfe seit Montagabend auf ihrer Frühjahrsversammlung in Lingen. Vor gut zwei Wochen erst endete der große Anti-Missbrauchsgipfel aller Bischofskonferenzvorsitzenden im Vatikan; Papst Franziskus bezeichnete dort mit starken Worten die sexuelle Gewalt als Werk des Teufels, die konkreten Ergebnisse des Treffens aber blieben hinter den Erwartungen vieler Katholiken zurück. Umso größer ist nun der Druck auf die deutschen Bischöfe. Am Montagabend hat der Bundesvorstand der katholischen Frauengemeinschaft (kfd) dem gastgebenden Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode 30 000 Unterschriften überreicht, mit denen die Frauen fordern, die Missbrauchsfälle kirchenunabhängig aufzuklären, "verkrustete Machtstrukturen" abzuschaffen und die kirchliche Sexualmoral zu ändern; demonstrativ richteten die Frauen dann Taschenlampen auf die Kirchentür: "Macht Licht an!" Doch die in Lingen versammelten Bischöfe sind sich uneins, wie die katholische Kirche aus der Krise finden könnte. Im Januar hatten unter anderem die Bischöfe Peter Kohlgraf (Mainz), Stefan Oster (Passau), Franz-Josef Overbeck (Essen) und Karl-Heinz Wiesemann (Speyer) ein Strategiepapier erarbeitet, mit einer dramatischen Analyse: Die Kirche befinde sich "in einer existenziellen Krise", heißt es da, "mit einem Grundproblem: Leben und Reden fallen in der Kirche weit auseinander". Es brauche "einen echten kirchlichen Wandel, der mit einem Mentalitätswandel (Demut) der Verantwortlichen beginnen" müsse. Die Bischöfe forderten in ihrem Papier einen "synodalen Prozess", eine solche allgemeine Kirchenversammlung werde "der Dramatik der Situation gerecht". Aber es gab heftigen Widerspruch, sodass das Vorhaben mehr oder weniger tot ist. So wird es in Lingen bei den Beratungen weniger darum gehen, inwieweit die katholische Kirche eine tief greifende Reform braucht, sondern vor allem um Konkretes: Wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit den Staatsanwaltschaften aus? Manche Bistümer haben alle Akten mit Verdachtsmomenten den Ermittlern übergeben, andere aber nicht. Wie unabhängig sollen die Anlaufstellen für Betroffene sein? In einem Bistum nimmt sich eine unabhängige Anwaltskanzlei der Opfer an, in einem anderen treffen sie auf einen pensionierten Religionslehrer. Genügen die Entschädigungsregelungen? Kardinal Marx kündigte in Lingen an, die katholische Kirche in Deutschland müsse in diesen Fragen "zügig vorangehen und nicht darauf warten, was in anderen Teilen der Weltkirche passiert". Papst Franziskus hat die Bischofskonferenzen aufgefordert, Leitlinien im Umgang mit Missbrauchsfällen zu erarbeiten - im Zweifel aber entscheidet jeder Bischof als letzte Instanz, ob und wie umgesetzt wird, was beschlossen wurde. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Vertreter der Betroffenen sich am Donnerstag, wenn die Konferenz endet, so äußern wie vor zwei Wochen in Rom: enttäuscht.
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Ein Bad in Blüten, Yoga mit Meerblick, Ausflüge zu goldglänzenden Tempeln, Elefanten und Teeplantagen. Das ist Sri Lanka, zumindest war es das in der Wahrnehmung vieler Touristen bis zu diesem blutigen Ostersonntag. Urlauber nehmen gern nur die bunte, überwinterungswarme Fassade der Insel wahr. Das ist auch einfach in den Ayurveda-Resorts und Hotelanlagen, wo man britischen Rasen imitiert und den Gästen zur Entspannung Öl über den Kopf träufelt. Doch das Schöne hat auf dieser jahrzehntelang von einem brutalen Bürgerkrieg zerrissenen Insel immer schon die Gewalt verdeckt. Trotzdem hat mit einem Anschlag wie diesem in der Tourismusbranche niemand gerechnet. Zehn Jahre lang gab es hier keine großen Terroranschläge. Und dass Urlauber als Ziel gewählt werden, kannte Sri Lanka bis dato überhaupt nicht. Nun aber ist das Trugbild einer heilen Welt, nach der sich die Einheimischen so sehnen wie ihre Gäste, zerbrochen. Das Auswärtige Amt hat bereits am Sonntag seine Reisehinweise für Sri Lanka aktualisiert. Reisende sind aufgefordert, "die Anschlagsorte weiträumig zu meiden" und "engen Kontakt zu Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften zu halten". Urlauber können trotz Ausgangssperre zum Flughafen fahren. Allerdings dauert die Abfertigung aufgrund der verstärkten Kontrollen derzeit länger. Auf der Insel bangen die Menschen nun, ob die Urlauber ausbleiben werden und damit eine der wichtigsten Einnahmequellen des armen Landes wegbricht. Eine mittelfristige Prognose sei schwierig, sagt Edwin Doldi, Sicherheitsexperte beim Münchner Anbieter Studiosus. Ob Kunden stornieren oder Sri Lanka erst gar nicht buchen, hänge von der Entwicklung in den nächsten Wochen ab. Kritisch könne es werden, "wenn es weitere Anschläge oder Ausschreitungen gibt oder die Kunden dem Staat generell nicht trauen". Derzeit reagieren die Urlauber nach Angaben verschiedener Reiseveranstalter besonnen. Fast alle Gäste hielten an ihrer geplanten Reise fest, teilte die Tui mit. Das Unternehmen hätte eine vorzeitige Rückreise kostenfrei organisiert, das Angebot werde aber nicht in Anspruch genommen. DER-Touristik kündigte kostenfreie Stornierungen für Abreisen bis zum 24. April an. Lufthansa erklärte, Kunden könnten Tickets nach Sri Lanka umbuchen. Dies gelte für Tickets, die bis zum 21. April für Flüge bis zum 31. Mai ausgestellt worden seien. Thomas Cook, der mehrere Hundert Reisende auf der Insel hat, kündigte an, man werde "Rückreisewünsche kulant behandeln". Ohne die Kulanz der Veranstalter sind Stornierungen schwierig. Der Reiserechtler Paul Degott geht zwar davon aus, dass Urlauber, die in den kommenden Wochen Pauschalreisen nach Sri Lanka gebucht haben, kostenfrei absagen können, weil die Situation vor Ort so ungewiss sei. Prinzipiell aber ist eine Stornierung nur möglich, wenn "höhere Gewalt" die Reise erheblich beeinträchtigt. Als höhere Gewalt gelten Naturkatastrophen, politische Unruhen und Krieg. Da der Begriff nicht klar definiert ist, entscheidet im Streitfall ein Gericht. Die Richter beziehen sich meist auf die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes, die in drei Kategorien unterteilt sind: Reisehinweise, Sicherheitshinweise und Reisewarnungen. Ausdrückliche Reisewarnungen spricht das Amt nur selten aus. Auf seiner Website sind aktuell Reise- oder Teilreisewarnungen für 25 Länder gelistet, darunter für den Norden der Sinai-Halbinsel, den Osten der Ukraine, Afghanistan oder Jemen. Sri Lanka gehört nicht dazu. Sri Lankas Tourismusbranche entwickelte sich seit dem Ende des Bürgerkriegs 2009 gut, wozu die deutschen Urlauber beigetragen haben. Die Zahl der Besucher hatte sich zwischen 2009 und 2018 laut der Nachrichtenagentur Reuters auf 2,3 Millionen verfünffacht. 2013 besuchten nach Angaben der Botschaft des Inselstaates etwa 85 000 Deutsche Sri Lanka. 2018 reisten dem Auswärtigen Amt zufolge knapp 157 000 Deutsche nach Sri Lanka. Sie sind damit nach Indern und Briten die wichtigste Gruppe. Die meisten Hotelanlagen liegen nach wie vor in dem von der singhalesischen Mehrheit bewohnten Westen und Süden der Insel. Zwar gibt es auch im Osten schöne Strände. Doch Orte wie Batticaloa oder Trincomalee, in denen überwiegend Tamilen leben, oder auch das muslimisch geprägte Kalmunai, wurden von der Regierung jahrzehntelang vernachlässigt. Hochsaison ist in Sri Lanka zwischen Januar und April. In diesem Frühjahr stagnierten die Urlauberzahlen erstmals seit Langem. Länder wie Großbritannien und Kanada hatten wegen der Übergriffe von nationalistischen Buddhisten auf Muslime und von Muslimen auf buddhistische Schreine Reisewarnungen ausgesprochen. Sri Lanka wollte gegensteuern und kündigte im März auf der Internationalen Reisemesse in Berlin die Aufhebung der Visumspflicht für EU-Bürger an. Die neue Regelung wurde allerdings bislang nicht umgesetzt.
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Als Jean-Claude Juncker sich 2015 zum ersten Mal mit einer großen Rede an das Europäische Parlament wandte, waren seine Prioritäten klar. "Wir brauchen mehr Union in unserer Flüchtlingspolitik", sagte er, es brauche einen "grundlegenden Wandel" im Asylsystem. In wenigen Wochen wird ein neues EU-Parlament gewählt, und kurz darauf wird auch Junckers Amtszeit zu Ende gehen. Für den Streit, wie dieser grundlegende Wandel zu bewerkstelligen ist, gilt das nicht - im Gegenteil: Dieser Donnerstag werde "der Tag sein, an dem wir offiziell erklären, dass wir uns nicht auf ein Asylpaket einigen werden können", sagte ein Diplomat im Vorfeld des Innenministertreffens am Donnerstag. Dabei hat sich die Situation seit 2015 vollkommen verändert: Im vergangenen Jahr kamen der Europäischen Kommission zufolge 150 000 Menschen auf illegalem Weg in die EU, 90 Prozent weniger als zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 und so wenige wie seit 2013 nicht. Die zentrale Mittelmeerroute vor allem über Libyen nach Italien, die in den vergangenen Jahren die meistgenutzte Route in die EU war, hat stark an Bedeutung verloren: Zahlen der Grenzschutzagentur Frontex zufolge kamen 2018 nur noch 23 000 Menschen auf dieser Route an, im Vorjahr waren es noch fast fünfmal so viele gewesen. Trotz aller Kritik an den Maßnahmen im Einzelnen zeigt die Flüchtlingspolitik der EU Wirkung. Obwohl der Druck zur Reform also längst nicht so groß ist wie 2015 - oder vielleicht auch gerade deswegen - geht es bei der Überarbeitung des europäischen Asylsystems nicht voran. Die Gespräche der Innenminister am Donnerstag blieben auch diesmal ohne konkrete Ergebnisse. Und beim anstehenden EU-Gipfeltreffen Ende des Monats steht das Thema zum ersten Mal seit Jahren noch nicht einmal mehr auf der Tagesordnung. Horst Seehofer (CSU) war mit einer Mission zu diesem letzten Innenministertreffen vor der Europawahl nach Brüssel gereist: "Wir sind für ein gemeinsames Asylpaket, aber es scheint so zu sein, dass dieses Regelwerk in dieser Legislatur nicht mehr verabschiedet werden kann", sagte er vor Beginn des Treffens. "Deshalb plädiere ich dafür, dass wir Teile dieses Regelwerks herauslösen." Das Regelwerk, das er meint, besteht aus sieben einzelnen Gesetzen. Zielländer wie Deutschland oder die Niederlande haben ein Interesse daran, dass zumindest ein paar dieser Gesetze verabschiedet werden, etwa jene, die die Weiterreise von Asylbewerbern innerhalb der EU erschweren. So beklagt sich der niederländische Migrationsminister Mark Harbers in einem Brief an den zuständigen EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos über Migranten, die von einem Mitgliedsland zum nächsten reisten und einfach einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat stellen würden, wenn sie beim ersten keinen Erfolg hätten. Es fehlten die Mittel, diesen Missbrauch des Asylsystems zu verhindern. Auch kämen viele Menschen in den Niederlanden an, ohne in einem anderen Mitgliedstaat registriert worden zu sein. Er schlägt darum vor, die Zugehörigkeit zum Schengenraum daran zu knüpfen, dass das jeweilige Land gewisse Asylregeln einhalte. Vor allem die Visegrád-Länder weigern sich, an einer Verteilung von Migranten teilzunehmen Tatsächlich dürfte es für einige der Gesetze, die Harbers meint, eine Mehrheit unter den Mitgliedstaaten geben. Aber beim Kernstück der Reform geht es nicht voran - der Überarbeitung der Dublin-Verordnung, die die Umverteilung von Asylbewerbern in der EU regelt. Vor allem die Länder der Visegrád-Gruppe (Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei) weigern sich, an einer Verteilung teilzunehmen. Ohne eine solche Entlastung aber werden die südeuropäischen Länder kaum Gesetzen zustimmen, die es Migranten erschweren würden, diese Länder wieder zu verlassen. Das macht Seehofers Mission so schwierig, wenigstens Teile der Asylreform zu verabschieden - auch wenn er sich nach dem Ministerrat verhalten optimistisch zeigte, dass das vor der Wahl doch noch gelingen könnte. Der Streit um die Verteilung der Asylbewerber ist so festgefahren, dass sich nicht einmal für jene Migranten eine Lösung finden lässt, die von Schiffen aus dem Mittelmeer gerettet werden, auch wenn Deutschland und Frankreich andere Mitgliedstaaten schon seit einer Weile umgarnen, wenigstens für diese Fälle einem Verteilmechanismus zuzustimmen. Angesichts dieser Lage hält es ein Diplomat fast schon für eine Erleichterung, dass die Asylreform beim Gipfel Ende des Monats nicht auf der Tagesordnung steht: "Wir hätten sowieso nichts zu besprechen."
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Nun hat sich also die österreichische Bundesregierung höchstselbst der Causa "Kuh-Urteil" angenommen. Anfang der Woche präsentierte sie einen "Aktionsplan für sichere Almen". So befremdlich eine Pressekonferenz mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zu vordergründig nebensächlichen Almfragen scheinen mag, ist solch ein Plan erst einmal logisch und richtig. Und zwar, weil nach dem Tod einer 45-jährigen deutschen Urlauberin durch einen Kuhangriff in einem Stubaier Seitental, gefolgt von einem jahrelangem Rechtsstreit, völlige Verunsicherung unter Österreichs Almbetreibern herrschte. Denn auf Außenstehende mag die im Februar in einem - noch nicht rechtskräftigen - Urteil verhängte Strafe von 180 000 Euro plus einer monatlichen Rente an die Hinterbliebenen vielleicht unangemessen wirken. Für Landwirte ist sie existenzbedrohend. Die Ankündigung des Aktionsplans dient also erstens einmal dem Zweck, die erhitzten Gemüter der Bauern zu beruhigen. Zweitens schafft sie mittelfristig eine wichtige Arbeitsgrundlage für die Tourismuswirtschaft, die von den Almen profitiert. Denn das Kuh-Urteil stellt die Destination Österreich wie eigentlich jedes Bergland vor das grundlegende Dilemma, ob das vom Touristen gemeinhin als attraktiv erachtete Gelände weiterhin uneingeschränkt offen zugänglich bleiben kann. Wurde doch genau dies dem Angeklagten zum Verhängnis: das Grünland, auf dem seine Tiere weiden, nicht ausreichend abgeriegelt, sondern es quasi der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt zu haben. Dabei soll die Ursache des Kuhangriffs sehr wahrscheinlich ein mitgeführter Hund gewesen sein. Das Problem ist eigentlich bekannt und wird auch publik gemacht. So warnen bereits vorhandene Ratgeber wie etwa die comicartig aufbereitete Broschüre "Eine Alm ist kein Streichelzoo" stets davor, dass Kühe aggressiv auf Hunde reagieren können. Verhindert hat das den tödlichen Unfall aber nicht. Der Aktionsplan der österreichischen Regierung sieht nun einerseits genaue Empfehlungen für Almbauern, andererseits einen Verhaltenskodex für Wanderer vor. Die Eigenverantwortung der Almbesucher soll dabei nicht alleine eingefordert, sondern auch gesetzlich verankert werden. Nur stellt sich dabei zwangsläufig auch die Frage, wie es generell um diese Eigenverantwortung der Reisenden steht. Kollidiert sie doch oft genug mit der Mentalität vieler Urlauber, sich eher nicht auf die Fremde einlassen zu wollen. Dass es nun weitere Regeln und Richtlinien für einen Almbesuch braucht, ist daher auch als ein Appell an die Vernunft der Wanderer zu verstehen, sich schon im Vorfeld eingehend mit jenem Terrain zu befassen, in dem man als Gast unterwegs ist. Sonst bleibt nur eine Lösung. Und die wird garantiert nicht darin bestehen, die Almen für die Kühe zu sperren.
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Endlich ist der Weg wieder frei: Priorin Laure-Marie (rechts) bedankt sich für die Räumung der Zufahrtsstraße zur Kinderalm. 30 Nonnen und ein Priester saßen im österreichischen St. Veit im Pongau auf 1300 Höhenmetern fest. Die Gäste wurden von der Bergrettung abgeholt - die Geistlichen blieben. Werden 30 Nonnen und ein Priester im Kloster eingeschneit. So fangen eigentlich Witze an, aber im österreichischen St. Veit im Pongau ist genau das passiert. Zehn Tage lang saßen die Nonnen und der Priester auf 1300 Höhenmetern fest, eingeschneit auf der sogenannten Kinderalm, dem Bergkloster des kontemplativen Ordens "Monastische Familie von Betlehem, der Aufnahme Mariens in den Himmel und des heiligen Bruno", dem weltweit mehr als 600 Nonnen und 70 Mönche angehören. Die französische Priorin Schwester Laure-Marie, 52, war dabei. SZ: Schwester Laure-Marie, Sie konnten weder ins Tal noch vor die Tür, die Gefahr vor umstürzenden Bäumen war zu groß. Was haben Sie denn bloß gemacht zehn Tage lang? Schwester Laure-Marie: Wir haben hier wie in einem Iglu gelebt und etwas mehr gebetet als sonst. Zum Beispiel für die Menschen, die im Schnee ihr Leben verloren haben, und für die Einsatzkräfte. Wir leben hier ja sehr abgeschieden. Stille und Einsamkeit sind uns vertraut. Kommt denn sonst niemand vorbei? Doch. Jeden Tag kommen Leute zum Gottesdienst. Außerdem haben wir Gästezimmer und einen kleinen Klosterladen. Dort verkaufen wir zum Beispiel Kerzen, Keramik und "Kräutergold", unseren Klostersirup. Der Laden war aber die letzten zehn Tage geschlossen. Sie sind 30 Schwestern in Ihrer Gemeinschaft und hatten einen Priester zu Besuch. Verzeihen Sie die Frage: Wie war das denn so für ihn? Das war ein junger Pfarrer aus Österreich. Für ihn war das eine ganz neue Erfahrung. Aber er hat nicht viel gesagt. Er wollte bei uns ja beten und in Stille leben, da redet man nicht viel. Aber dass wir hier einen Pfarrer zu Gast haben, das ist nicht unüblich. Als es vor zwei Wochen mit dem Schnee losging, hatten wir noch sieben Gäste im Kloster, die mussten von der Bergrettung abgeholt werden. Aber der Pfarrer ist geblieben. Der hatte keine Angst. Und die Schwestern hatten Angst? Nein. Wir haben das auch nicht als Event gesehen oder so. Auch nicht als Katastrophe. Da gibt es doch ganz andere in der Welt. Nein, wir Ordensschwestern haben wie auch sonst die Communio gelebt. Worin waren Sie denn eingeschränkt? Eigentlich haben wir hier sogar Schlitten und Schneeschuhe. Mit den Schlitten sind wir hier, auf 1300 Metern Höhe, schon öfter unterwegs gewesen. Die sind wichtig, auch für den Transport. Aber diesmal war es einfach viel zu viel Schnee. Wieso heißt es eigentlich "Kinderalm"? Die Gebäude hier gehörten früher zu einer Lungenheilstätte für Kinder. Das Kloster wurde in den 1980er-Jahren dazugebaut und besitzt zum Glück eine warme Heizung. Auch das Telefon hat immer funktioniert - trotz Schnee. Und der Bürgermeister von St. Veit drunten im Tal hat täglich bei uns angerufen. Wir hätten auch rausgeholt werden können, aber dann hat schon wieder die Sonne geschienen. Haben Sie auch Internet? Ja. Damit haben wir uns ab und zu über das Wetter informiert. Aber eigentlich vertrauen wir lieber Gott als dem Wetterbericht. Klingt sehr entspannt. Ja, ganz, ganz entspannt. Die Schwestern unserer Gemeinschaft sind zwischen 26 bis 86 Jahre alt. Die sind alle voller Kraft und können sich gut anpassen. Wir führen ein einfaches Leben, und die Menschen haben uns viele Lebensmittel zu Weihnachten geschenkt, deshalb hatten wir genügend Vorräte. So haben wir erfahren, dass Gott schenkt, was nötig ist.
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Was hat ein Uhu mit einem Kajak zu tun? Warum bröselte sich jemand den Magenstein einer Ziege ins Getränk? Unser Rätsel trieb wieder Tausende Leserinnen und Leser an den Rand des Allgemeinwissens - und darüber hinaus. Zum Heiligen Abend bescherte das SZ-Weihnachtsrätsel wieder acht extraharte Nüsse. Wer sie alle knacken wollte, musste sich unter anderem mit Geometrie, Imkerei, Grammatik, Turkmenistan, Unterarmknochen, Albert Einstein, Archäologie und der Queen befassen. Das eigentümliche Eigentum Ein Fußball ist kein Bienenschwarm. In juristischer Hinsicht ist er sogar das Gegenteil eines Bienenschwarms - jedenfalls, wenn die beiden versehentlich im Garten Ihres Nachbarn landen. Dann gehört der Ball natürlich immer noch Ihnen, aber Sie müssen erst mal fragen und dürfen nicht einfach so über den Zaun klettern. Im Fall der Bienen ist die Rechtslage genau umgekehrt: "Zieht ein Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigentümer ihn unverzüglich verfolgt", besagt § 961 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Und § 962 ergänzt: "Der Eigentümer des Bienenschwarms darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten." Wenn im Rätsel aber wirklich Bienen gesucht waren, dann hätten sie auch auf dem gezeigten Napoleon-Porträt zu finden sein müssen. Waren sie tatsächlich: als goldene Zierelemente auf dem roten Sesselbezug neben dem Feldherrn. Napoleon schätzte Bienen als Wappentiere, mehrere Gemälde verewigten ihn im mit Goldbienen bestickten Herrschermantel. Und was schließlich die zwölfteiligen, manchmal jedoch dreizehnteiligen "Vorderenden" anging: Damit waren die Fühler gemeint. Sie sind bei weiblichen Bienen in zwölf Abschnitte untergliedert, bei den Männchen jedoch in dreizehn. Eine männliche Biene wird DROHNE genannt. Dies war auch die gesuchte Antwort - denn die gleichnamigen Flugroboter sind das erwähnte "Problem für die ordnungsgemäße Durchführung des Strafvollzugs": Sie werden zunehmend benutzt, um auf dem Luftweg Drogen oder Handys in Gefängnisse zu schmuggeln. Detailansicht öffnen Der gemusterte Teppich auf Turkmenistans Flagge. (Foto: imago/imagebroker) Die fünf Ornamente Ungewöhnlich am dargestellten Teppich war, dass darauf gleich fünf verschiede- ne Medaillons prangten. Normalerweise findet man immer nur eines davon vor, in dutzendfacher Wiederholung. Es handelt sich um turkmenische Motive: Die traditionelle Teppichkunst der dortigen Volksstämme ist berühmt - und jeder Stamm verwendet sein eigenes Göl, sein unverkennbares Medaillon. Jedenfalls fast unverkennbar, denn es gibt allerhand Varianten, die selbst Fachleuten die Zuordnung schwer machen. Doch verschiedene Göls zusammen, das findet man auf klassischen Teppichen nicht. Aber auf Turkmenistans Nationalflagge. Dort dienen die fünf im Rätsel gezeigten Ornamente als nationale Identifikationssymbole. Mit ihrem roten Teppichstreifen ist diese Flagge die komplizierteste aller Staaten. Im Jahr 1997 wurde sogar noch etwas hinzugefügt: Unterhalb der fünf Göls kreuzen sich seither zwei OLIVENZWEIGE, offiziell als Zeichen immerwährender Neutralität des Landes. Dass diese Fünfergruppe "wohl das am häufigsten abgebildete Ensemble von Teppichmustern überhaupt" sei, wie im Rätsel behauptet, bezog sich indes nicht nur auf die Flagge: Auch auf jedem Geldschein des Landes sind diese fünf Göls abgedruckt. Detailansicht öffnen Das Studio der "Tagesschau". (Foto: Thorsten Jander/NDR/dpa) Das vielbeobachtete Ritual Gut möglich, dass einige Leserinnen und Leser diese Frage zwar unabhängig voneinander, aber trotzdem in derselben Sekunde gelöst haben - und zwar mit einem Gongschlag: Die rätselhafte Skizze zeigte nämlich den Grundriss des Studios der "TAGESSCHAU" mit seinen beiden charakteristischen dreiarmigen Tischen, der unterleuchteten Stufe davor und der riesigen gebogenen Leinwand im Hintergrund. Dort ist zum Beginn und Schluss der Sendung die erwähnte "Darstellung der Erde" zu sehen, in Form mehrerer Weltkarten. In den rechten der beiden Tische, jenen mit dem verlängerten Arm, ist zudem ein Bild der Erdkugel eingelassen - leicht asymmetrisch, so wie in der Skizze dargestellt. Noch immer darf sich Jan Hofer "Chefsprecher" der "Tagesschau" nennen, obwohl die Unsauberkeit seiner Aussprache mit den Jahren komödiantische Züge angenommen hat. Unklar ist nicht nur seine Artikulation, sondern auch sein richtiger Name: Verschiedentlich wird berichtet, "Jan Hofer" sei lediglich ein Pseudonym. Ein nordrhein-westfälischer Klempnermeister sagte der Rheinischen Post vor einigen Jahren, der junge Mann sei früher sein Lehrling gewesen: "Der heißt mit bürgerlichem Namen Johannes Neuenhofer". Auch diverse biografische Einträge geben diesen Namen an, doch die Quellenlage ist dürftig. Der Sprecher selbst schweigt dazu: Fragen zu seinem Namen pflegt er nicht zu beantworten. Auch auf Anfrage der SZ ließ er mitteilen, er "möchte sich dazu nicht äußern". Die lyrischen Türmchen Ein Haufen Holzwürfel, genauer gesagt: drei Türmchen waren da aufgestapelt, deren jedes einen bekannten Text darstellen sollte. Es war schnell zu erahnen, dass hier jedes Klötzchen für ein Wort stand. Die Zahl darauf gab die jeweilige Buchstabenanzahl an, jede Reihe bildete einen Vers. Aber welchen? Eines der Türmchen stehe für eine Nationalhymne, "deren häufigstes Wort früher oder später wird ersetzt werden müssen", verriet das Rätsel. Gemeint war jene des Vereinigten Königreichs: "God save our gracious Queen". Denn sofern Elizabeth II. nicht ihren Sohn Charles und dessen Sohn William und dessen Sohn George überlebt, wird ihr ein männlicher Monarch folgen. Dann lautet die britische Hymne wieder "... our gracious King", wie vormals. Das "alte, bilinguale Weihnachtslied" konnte nur "In dulci jubilo" sein. Vom Text "Unsers Herzens Wonne / liegt in praesepio" finden sich in älteren Liederbüchern zwar auch leicht abweichende Fassungen (etwa "leit" statt "liegt" oder "præsepio" mit der Ligatur "æ"), doch aufs Ganze betrachtet konnte man sicher sein, das richtige Lied gefunden zu haben. Und ein Gedicht von Goethe, nur acht Verszeilen kurz? "Über allen Gipfeln / ist Ruh, / in allen Wipfeln / spürest du / kaum einen Hauch; / die Vögelein schweigen im Walde. / Warte nur, balde / ruhest du auch." Ursprünglich mit "Ein Gleiches" überschrieben, weil es als Pendant zu einem anderen Gedicht namens "Wandrers Nachtlied" erschien, ist es heute eher unter letzterem Titel bekannt. In jedem Türmchen war ein Würfel markiert: das Wort "her" in "Send her victorious", das Wort "in" aus dem Vers "in allen Wipfeln" sowie das "O" von "Alpha es et O". Zusammen bildeten sie das Wort HEROIN, das in beiden Lesarten "die Kräfte der meisten Menschen übersteigt", wie es das Rätsel formulierte: als Heldin oder Rauschgift, je nach Betonung. Detailansicht öffnen Albert Einsteins Schrift. (Foto: The Hebrew University of Jerusalem) Der berühmte Buchstabe Um die seltsame Skulptur als Buchstaben zu erkennen, musste man sie zuerst mal drehen: Der eigentlich oberste Punkt lag auf etwa fünf Uhr. Richtig herum konnte man ein "E" entziffern - und zwar in der Handschrift Albert Einsteins. Nur drei Dokumente sind bekannt, in denen er seine berühmte Formel "E = mc²" handschriftlich hinterlassen hat; der im Rätsel dargestellte Buchstabe findet sich in Einsteins Manuskript für einen 1946 veröffentlichten Artikel in Science Illustrated. In der Formel steht das "E" für Energie, das "m" für Masse und das "c" für LICHTGESCHWINDIGKEIT. Wenn sich zum Beispiel eine Kanonenkugel in der prallen Sonne erwärmt, wird sie dabei automatisch schwerer - aber nur ein winzig, winzig kleines bisschen, weil der Umrechnungsfaktor c² so monströs ist: Die Lichtgeschwindigkeit beträgt rund eine Milliarde Stundenkilometer. Dies ins Quadrat gesetzt (und in die üblichen Grundeinheiten Meter und Sekunde umgerechnet) ergibt eine kaum vorstellbare Zahl: So viel mal kleiner als die Energiezufuhr ist der Massezuwachs - deswegen bemerkt man davon bei der Kanonenkugel gar nichts. Weil der Effekt im Alltag quasi unmessbar ist, wusste man nichts davon, bis Einstein dahinterkam. Als dezenter Hinweis auf seine Relativitätstheorie sollte übrigens die Bemerkung im Rätsel dienen, dass nur "relativ" wenige Leute die berühmte Formel genau erklären könnten. Die rätselhafte Säule Detailansicht öffnen 2131 Leserinnen und Leser haben Antworten eingereicht, 1517 von ihnen knackten sogar das Rätsel des Diskos. Albrecht Irion aus Stuttgart hatte obendrein Losglück: Er gewinnt Premierenkarten für den „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen, dazu zwei Nächte im Hotel Schloss Leopoldskron, dem vormaligen Wohnsitz des Festspiel- gründers Max Reinhardt. Herzlichen Glückwunsch! Bei den Gewinnern der Spiele melden wir uns. (Foto: privat) Drei Bildpaare hingen an der Wand: zunächst ein Uhu und ein Waldkauz. Daneben die beiden Unterarmknochen Elle und Speiche. Schließlich zwei Pärchen in Booten: Das eine saß mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, links ein Ruder, rechts ein Ruder - ein klassisches Ruderboot eben. Das andere Pärchen hingegen legte in Blickrichtung an, und zwar mit Doppelpaddeln, wie es typisch ist für ein Kajak. "Uhu", "Elle" und "Kajak" - die drei oberen Motive waren Palindrome, also Wörter, die rückwärts gelesen ebenso lauten wie vorwärts. Und dies solle auch für die abgebildete Steinsäule gelten, behauptete das Rätsel. Sie war von oben bis unten mit Rankenwerk und Figuren bedeckt, eingemeißelt als kräftiges Relief. Damit bildete sich der gesuchte Begriff fast von selbst: Dargestellt war ein RELIEFPFEILER, eines der bekanntesten, weil längsten deutschen Palindrome. Man sah es der Säule zwar nicht an, da sie isoliert im Raum stand, aber tatsächlich diente sie einst als stützender Pfeiler: Im Ägypten des 6. oder 7. Jahrhunderts trug sie den Türsturz eines koptischen Klosters. Heute steht dieser Reliefpfeiler im Louvre. Die mirakulöse Kugel Ein Stein, entstanden in ewiger Dunkel-heit - aber nicht unterirdisch, sondern in einer "weichen, gleichbleibend warmen, aber ortsveränderlichen Stätte"? Die Rede war von einem Magenstein, einem sogenannten BEZOAR. Ähnlich wie Gallen- oder Nierensteine entsteht ein Magenstein durch Ablagerung gelöster Stoffe, er enthält aber auch feste, unverdauliche Nahrungsbestandteile, etwa Pflanzenfasern. In allerhand Tierarten kann man Bezoare finden, sogar in Menschenmägen, etwa bei Leuten, die gewohnheitsmäßig Haare kauen. In der Regel ergibt das garstige Klumpen, doch manche Ziegenarten bilden schöne, ebenmäßige Bezoare. Das im Rätsel gezeigte Exponat ist im Kunsthistorischen Museum Wien zu bestaunen, eingefasst von smaragdbesetzten Bändern, auf drei goldenen Löwen ruhend. In Herrscherhäusern wurden Magensteine hoch geschätzt, denn in ein Getränk gebröselt galten sie als Heilmittel gegen Vergiftungen, Epilepsie und manch andere Leiden. Natürlich sind Bezoare genauso heilkräftig wie geriebene Blasensteine, nämlich gar nicht. Die namenlosen Städte Eine sehr reduzierte Landkarte war da zu sehen, "ein alter Weg" entlang sechs namenloser Städte, beschriftet lediglich mit Initialen oder anderen Hinweisen. Einer davon lautete: "Ich sehe dich und du mich". Eigentlich ein problemlos verständlicher Satz, aber grammatisch etwas unsauber. Zwar ist es im Deutschen üblich, Wörter auszulassen statt sie zu wiederholen (etwa das Verb "spielt" in "Sie spielt Cello, er Klavier"). Aber im Fall von "Ich sehe dich und du mich" erspart die Auslassung genau genommen keine Wiederholung (denn der ursprüngliche Satz lautete ja nicht: "Ich sehe dich und du sehe mich"). Im verkürzten Satz hat das Verb also ein passendes und ein unpassendes Bezugswort - solch eine Fehlkonstruktion wird Zeugma genannt. Und genau dies ist auch der Name einer antiken Stadt am Euphrat: Hier soll einst Alexander der Große auf seinem Marsch gen Osten den Fluss gequert haben. Eine andere Stadt auf der Karte war mit einem Viereck und einer Winkelangabe bezeichnet: Alpha + Beta = 180°. Für das konkret abgebildete Viereck stimmte dies zunächst nicht, es war verallgemeinert gezeichnet und gab erst zusammen mit der präzisierenden Angabe seine Bedeutung preis: Ein Viereck, dessen nebeneinanderliegende Winkel sich zu 180 Grad ergänzen, muss zwei parallele Seiten haben - es ist also ein Trapez (oder ein Spezialfall davon). Drei Auslassungspunkte deuteten an, dass der gesuchte Ortsname noch weiterging: Gemeint war die antike Stadt Trapezus am Schwarzen Meer, das heutige Trabzon. Wer Trapezus und Zeugma identifiziert hatte, konnte mithilfe einer historischen Karte alle anderen Städte verorten: Der mit "A" bezeichnete Punkt kam auf Antiochia zu liegen, dem heutigen Antakya. Die beiden Orte mit "S" waren Satala und Samosata, langjährige Standorte römischer Legionen nahe der Grenze zum Partherreich. Die gesuchte Stadt mit dem Fragezeichen schließlich, fast genau auf dem Drittelpunkt der Luftlinie von Zeugma nach Trapezus gelegen, war MELITENE. Heute heißt diese Stadt Malatya, doch der moderne Name konnte nicht die gesuchte Antwort sein: Er hatte nicht genug Buchstaben, außerdem waren ja auch die anderen Städte mit ihren antiken Namen verzeichnet. Zeugma und Samosata existieren heute ohnehin nicht mehr. Ihre Ruinen sind, wie so viele historische Stätten an Euphrat und Tigris, in monströsen StaudammProjekten der Türkei untergegangen. Zu dieser Frage erreichten uns übrigens die wenigsten richtigen Antworten, nämlich 1110. Die meisten kamen zur "Tagesschau", 1969 Mitspieler erkannten sie. Info Der Diskos von Phaistos, zu bestaunen im Archäologischen Museum Heraklion, war der Schlüssel zur Lösung: Übertrug man die ermittelten Buchstaben auf die entsprechenden Symbole des Diskos, so bildeten sie - vom Zentrum nach außen gelesen, wie im Rätsel angedeutet - das Lösungswort "Wunderkammer". Das fehlende Exponat Mit all diesen Antworten ließ sich schließlich das Lösungswort bilden. Zwei Buchstaben in jeder Antwort waren mit hieroglyphischen Symbolen markiert: mit einem Vogel, einem laufenden Männchen, einer Blüte ... Aber was damit anzustellen sei, wurde nicht verraten. Einziges Indiz war eine Vitrine mit einer leeren Halterung darin: Das hier fehlende Exponat würde den entscheidenden Hinweis geben, versprach das Rätsel. Halbkreisförmig gebogen war diese Halterung, sechs kleine Stifte ragten ins Leere, und zwar so, dass eigentlich nur eine kreisrunde Scheibe hineinpassen konnte. Womöglich eine, auf der sich die rätselhaften Symbole wiederfinden? Das gesuchte Exponat war der Diskos von Phaistos - eines der großen ungelösten Rätsel der Archäologie. Die mutmaßlich drei- bis viertausend Jahre alte Scheibe aus gebranntem Ton, 16 Zentimeter im Durchmesser, wurde 1908 bei einer Palastgrabung auf Kreta gefunden. Heute ist sie im Archäologischen Museum der Hauptstadt Heraklion ausgestellt. Und in all den Jahrzehnten ist es niemandem gelungen, den Text darauf zu entschlüsseln. Auf beiden Seiten sind jeweils mehr als hundert Bildzeichen eingestempelt, die sich wie ein spiralförmiger Text vom Rand nach innen ziehen (oder von innen nach außen, nicht mal die Leserichtung ist sicher). Diese Zeichen gehören keiner bekannten Schrift an, sie passen zu keiner Sprache - sicher ist eigentlich nur: Sollte es sich hier wirklich um Schriftdokument handeln (und nicht um ein bloßes Kunstwerk oder gar einen Jux), dann wäre dieser Diskos das weltweit älteste Druckwerk mit beweglichen Schrifttypen, drei Jahrtausende vor Gutenberg. Für das Weihnachtsrätsel waren allerdings nur jene Zeichen auf dem Diskos von Belang, die auch bei den Antworten abgedruckt waren. Auf den Diskos übertragen, ergaben sie nur an einer Stelle ein sinnvolles Wort - nämlich wenn man von der Blüte im Zentrum nach außen las (so wie es die Kritzelei an der Museumswand im Rätsel anzeigte). Dann verriet der Diskos das Lösungswort: WUNDERKAMMER. Sind noch Fragen offen? Was hat Ihnen gefallen, was sollen wir nächstes Mal verbessern? Wir freuen uns auf Ihre Mail an [email protected].
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Detailansicht öffnen Deutsche Kriegsschiffe der Baureihe Meko 200 verkaufen sich gut. Die in Kiel gebaute Amatola steht im Dienst der südafrikanischen Marine. (Foto: Blohm+Voss/dpa) Ein Rüstungsgeschäft mit Ägypten sorgt für Ärger in der großen Koalition. Nachdem der Bundessicherheitsrat kurz vor dem Jahreswechsel den Verkauf einer Fregatte an Ägypten genehmigt hat, sehen Außen- und Sicherheitspolitiker der SPD die Absprachen der Koalition zur Rüstungsexportkontrolle verletzt. Im Koalitionsvertrag ist geregelt, dass Deutschland keine Ausfuhren mehr an Länder genehmigt, "solange diese unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind". In dem Konflikt sind nach Angaben der Vereinten Nationen bereits etwa 10 000 Menschen getötet worden, unter ihnen Tausende Zivilisten. Im Land herrschen Hunger und Not. Ägypten zählt sich selbst zur Militärallianz unter Führung Saudi-Arabiens, die in Jemen Krieg führt. Der SPD-Verteidigungspolitiker Thomas Hitschler zeigte sich verwundert über die Exportentscheidung. Es handelt sich um eine von ThyssenKrupp Marine Systems gebaute Fregatte vom Typ Meko A-200. Dem Magazin Spiegel zufolge soll die ägyptische Marine in den kommenden Jahren noch eine weitere Fregatte aus Deutschland bekommen. In einem Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier, dessen Ressort bei Rüstungsexporten federführend ist, verlangt Hitschler eine Erklärung. "Wie lässt sich nun die Entscheidung zur Lieferung der Fregatte an Ägypten aus Ihrer Sicht mit der Formulierung aus dem Koalitionsvertrag vereinbaren?", schreibt er in dem Brief, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Deutlichere Worte findet SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich. "Ich hätte mir gewünscht, dass die Genehmigung nicht erfolgt. Sie genügt nicht den Verabredungen im Koalitionsvertrag", sagte er der SZ. "Erneut billigen wir ein großes Rüstungsgeschäft mit Ägypten, einem Land, das in verschiedenen anderen Spannungskonflikten engagiert ist." Innenpolitisch befinde sich das autoritär geführte Ägypten mit hochproblematischer Menschenrechtslage auf dem "falschen Weg". Mit der Lieferung setze die Bundesregierung indirekt das Signal an die Machthaber, dass dieser Kurs akzeptiert sei, "dass wir uns mit dieser Situation abgefunden haben", sagt Mützenich. "Das sollten wir aber nicht." Innerhalb der SPD gehen die Meinungen auseinander, wie eng die Formulierungen aus dem Koalitionsvertrag zu fassen sind, ob nun Ägypten "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligt ist, zum Kreis der Aktiven gehört. Ein Beamter des Außenministeriums unter Führung des SPD-Politikers Heiko Maas führte kürzlich im Auswärtigen Ausschuss aus, nur Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate seien "unmittelbar" oder "maßgeblich" an dem Krieg beteiligt. Gegen den Willen dreier SPD-Minister hätte es wohl keine Exportgenehmigung gegeben Dem geheim tagenden Bundessicherheitsrat gehören neben dem Außenminister auch der Finanzminister und die Justizministerin an, weitere SPD-Politiker. Das Abstimmungsverhalten unterliegt der Geheimhaltung, jedoch heißt es, dass diese Entscheidung gegen den ausdrücklichen Willen der SPD-Politiker so wohl nicht zustande gekommen wäre. In früheren Exportfällen hat sich die Bundesregierung trotz "Jemen-Klausel" im Koalitionsvertrag vorbehalten, "weiterhin stets im Einzelfall" über die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen zu entscheiden. "Die Entwicklungen in Jemen und in der Region werden sehr genau beobachtet und im Rahmen der Genehmigungspraxis berücksichtigt", antwortete das Wirtschaftsministerium im Oktober auf eine frühere Anfrage des SPD-Abgeordneten Hitschler. Dieser pocht abermals auf mehr Transparenz bei Rüstungsexportentscheidungen. Die Fachpolitiker im Bundestag sollten besser eingebunden werden. Überfällig ist das ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarte Anpassen der Rüstungsexportrichtlinien. Diese stammen aus dem Jahr 2000 und sollten 2018 der neuen Lage angepasst werden. Die SPD macht das Wirtschaftsministerium verantwortlich, es habe "bisher nicht gehandelt", wie Fraktionsvize Mützenich kritisierte. Kanzlerin Merkel sagte vor Weihnachten den Abgeordneten im Bundestag: "Ich verspreche Ihnen jetzt mal: Spätestens im ersten Halbjahr 2019 werden wir mit den Rüstungsexportrichtlinien fertig sein."
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Zwei Jahre nach dem Mord am Halbbruder von Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un ist eine der beiden angeklagten Frauen überraschend freigelassen worden. Ein Gericht in Malaysia entschied auf Antrag der Staatsanwaltschaft, dass das Verfahren gegen die 27-jährige Indonesierin eingestellt wird. Gründe wurden nach einem Bericht von Malaysias staatlicher Nachrichtenagentur Bernama zunächst keine genannt. Die Frau wurde nach der Entscheidung aus dem Gerichtssaal geführt und in ein wartendes Auto gesetzt. "Ich bin überrascht und sehr glücklich", sagte sie. Ihren Anwälten zufolge sollte sie zur indonesischen Botschaft gebracht und dann bald nach Jakarta ausgeflogen werden. Indonesiens Botschafter Rusdi Kirana dankte der malaysischen Regierung. "Wir glauben, dass sie nicht schuldig ist", erklärte er. Die Indonesierin war zusammen mit einer Vietnamesin unmittelbar nach dem Anschlag auf Kim Jong-nam im Februar 2017 auf dem Flughafen von Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur festgenommen worden. Den beiden Frauen wurde vorgeworfen, dem Nordkoreaner ein Nervengift ins Gesicht gesprüht oder gedrückt und ihn so getötet zu haben. Die Frauen sagen, dass sie von einem Mann für eine Fernsehshow im Stil von "Versteckte Kamera" angeheuert worden waren. Angeblich wussten sie nicht, dass es sich bei der Substanz, mit der Kim Jong-nam getötet wurde, um ein Nervengift handelte. Die Frauen kamen später als einzige Beschuldigte in Haft, nachdem vier nordkoreanische Verdächtige noch am Morgen des Attentats auf Kim Jong-nam das Land verlassen hatten. Verteidigung spricht von politischem Komplott Die Anwälte der Frauen argumentierten seit jeher, ihre Mandantinnen seien Bauernopfer in einem politischen Komplott mit Verbindungen zur nordkoreanischen Botschaft in Kuala Lumpur gewesen. Die Staatsanwälte hätten auch keine klare Mordabsicht belegen können. Dieser Tatbestand ist nach malaysischem Recht entscheidend für eine Mordanklage. Die Vietnamesin muss sich weiterhin vor Gericht verantworten. Bei einer Verurteilung droht ihr die Todesstrafe. Kim Jong-nam war der ältere Halbbruder des amtierenden Machthabers. Der 45-Jährige lebte seit Jahren außerhalb Nordkoreas, seit er 2001 beim Regime in Ungnade gefallen war: Damals hatte er versucht, mit gefälschtem Pass in Japan einen Disney-Freizeitpark zu besuchen. Mehrfach äußerte er sich kritisch über sein Heimatland. Vermutet wird, dass der nordkoreanische Geheimdienst hinter dem Anschlag steckt.
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Fluglotsen im Tower des Düsseldorfer Flughafens: Bei den Lotsen herrscht ein akuter Personalmangel. Viele ältere Mitarbeiter gehen in Pension, Nachwuchs ist nicht so schnell zu bekommen. Zuletzt hat die Deutsche Flugsicherung (DFS) Airlines und Flughäfen auch noch mit einer Software-Panne in Rage gebracht. Ein Update, das in der vergangenen Woche für ein zentrales System aufgespielt wurde, hat sich dem Vernehmen nach als unzuverlässig erwiesen. Der Weg zurück zum funktionierenden alten Standard erwies sich als nicht gangbar. Nun sollte in der Nacht auf Donnerstag ein weiteres Update die Probleme lösen. Doch in den vergangenen Tagen hat die DFS die Kapazität an wichtigen Flughäfen wie Frankfurt um 25 Prozent reduzieren müssen. Fühlt sich an wie ein Vorgeschmack auf den nächsten Sommer und ist aus Sicht der Flugsicherung auch noch ein äußerst unglückliches Timing. Denn am Donnerstag trifft sich die Branche mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres zum Luftfahrtgipfel. Dabei werden die Beteiligten vortragen, was sie alles getan haben, um zu verhindern, dass der Sommer 2019 nicht ähnlich chaotisch verläuft wie der des Jahres 2018, als Zehntausende Flüge gestrichen werden mussten und die Verspätungsraten in die Höhe schnellten. Mittlerweile hat sich herauskristallisiert, dass allenfalls mit etwas weniger Verspätungen zu rechnen ist. Das Chaos dürfte sich in großen Teilen wiederholen. Drei wesentliche Effekte haben den vergangenen Sommer zu einer Qual für Flugpassagiere gemacht. Nach der Pleite von Air Berlin hatten die Fluggesellschaften, die Teile des einstigen Konkurrenten auffingen, größte Mühe, Flotte und Personal zu integrieren. Allen voran gilt dies für Eurowings. Der zweite Faktor waren die mühsamen Sicherheitskontrollen an den Flughäfen, die zwar insgesamt kaum eine Rolle bei den Verspätungen gespielt haben, aber das schlechte Bild vervollständigten. Die größten Sorgen bereitete die Flugsicherung, die in einigen Kontrollzentralen den Verkehr nicht mehr abwickeln konnte. Das Air-Berlin-Problem ist, so versichern die Airlines, mittlerweile gelöst. Die Flughäfen bemühen sich um schnellere Sicherheitskontrollen. Frankfurt etwa baut eine Behelfshalle mit mehr Schleusen, in München müssen Passagiere an einer Teststation die Laptops und Flüssigkeiten nicht mehr auspacken. Weil die DFS für die vergangenen Jahre ein zu geringes Wachstum angesetzt hat, fehlen Lotsen. Schnell ist Nachwuchs nicht zu bekommen, und weil viele ältere Mitarbeiter nun in Pension gehen, hat die DFS in diesem Jahr eher noch weniger Lotsen in den Kontrollzentralen zur Verfügung. Kurzfristig sollen nun Überstunden das Schlimmste verhindern. Doch laut Markus Siebers, Vorstand Tarif und Recht der Gewerkschaft der Fluglotsen (GdF), haben die Gespräche gerade erst begonnen. Die DFS kommentiert die Gespräche nicht. Sollte es eine Einigung geben, könnte die erst ab Juni wirken. Aber Siebers dämpft die Erwartungen: "Sie wird das Debakel nicht verhindern. Es wird vielleicht ein bisschen weniger schlimm." Die Branche hat DFS-Chef Klaus-Dieter Scheurle "ermuntert", Gespräche mit den Fluglotsen zu führen. Matthias von Randow, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), muss sich so diplomatisch ausdrücken, weil er ja Fluggesellschaften, Flughäfen und die Flugsicherung vertritt. In Wahrheit aber steht Scheurle unter massivem sozialen Druck seiner Kollegen, sich endlich mit den Lotsen auf eine Überstundenregelung zu einigen. Die Gewerkschaft fordert eine langfristige Perspektive bei der Personalplanung Doch die GdF stellt Bedingungen. Sie fordert von der DFS "eine langfristige Perspektive bei der Personalplanung." Sprich: Sie will Garantien, dass für die nächsten sieben oder acht Jahre "auf hohem Niveau" neue Lotsen ausgebildet werden. Angeblich fordern die sowieso gut bezahlten Lotsen auch Zuschläge von 300 Prozent für die Überstunden - eine Zahl, die weder die DFS noch die GdF bestätigen. Doch mehrere hochrangige Akteure bei Flughäfen und Fluggesellschaften haben DFS-Chef Scheurle deutlich zu verstehen gegeben, dass sie die Mehrkosten (angeblich elf Millionen Euro) für sehr gut investiertes Geld halten. Alleine die Lufthansa kosteten die Flugausfälle und Verspätungen im vergangenen Jahr 518 Millionen Euro. Siebers zufolge allerdings würden die Überstunden nicht besonders viel bringen. Die Arbeitszeitregeln der DFS sehen sowieso schon vor, dass die Lotsen im Winter überdurchschnittlich viel Urlaub machen können, damit sie im Sommer mehr arbeiten können. Sie können also darüber hinaus nur sehr eingeschränkt Überstunden schieben, sonst würden sie gegen die vorgeschriebenen Ruhezeiten verstoßen. Daher lenkt die europäische Flugsicherungsbehörde Eurocontrol täglich Hunderte Flüge um die besonders überlasteten Sektoren Karlsruhe und Maastricht herum, für innerdeutsche Flüge gelten Höhenlimits. Mit der Forderung, für den Luftraum Kapazitätsbeschränkungen einzuführen, biss Lufthansa aber auf Granit. Die Airlines rüsten sich, so gut es geht, für den sommerlichen Ansturm. Lufthansa hat gruppenweit das Kapazitätswachstum für den Sommer auf 1,9 Prozent gegenüber der ursprünglichen Planung fast halbiert. 2018 hatte der Konzern 15 Reserveflugzeuge an wichtigen Stationen verteilt, in diesem Jahr werden es 37 sein. Bei kritischen Flügen sind die sogenannten Blockzeiten um bis zu 15 Minuten verlängert, um mehr Luft im Flugplan zu lassen.
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Man habe das Thema jetzt nicht überstrapaziert, sagte Thomas Wörle, aber es sei doch klar, dass eine 0:6-Klatsche im Hinspiel sich durchaus förderlich auf die Motivation auswirken könne. "Wir sind vorgeführt worden damals", sagte der Trainer der Frauen des FC Bayern München. Und umso wichtiger sei es diesmal gewesen, "schnell in das Spiel rein zu finden. Und dann war es unser Spiel." Auch deshalb, weil sich die Chance zur Revanche im ersten Pflichtspiel des Kalenderjahrs bot, der Gegner sollte gar nicht erst hineinfinden in die Restrunde. Der zu Beginn genial aussehende Plan geriet gegen den noch ungeschlagenen Tabellenführer VfL Wolfsburg gegen Ende zwar noch ins Wanken, doch letztlich ging er auf: 4:2 (2:0) endete das hoch spannende Spitzenspiel, das lange Zeit sehr einseitig war. "Eine Rechnung für das 0:6 ist natürlich noch offen", hatte auch Torhüterin Manuela Zinsberger vor dem Spiel gesagt. Nach zehn eher vorsichtigen Minuten sah es dann auch so aus, als ob die Bayern-Frauen die Rechnung gewissermaßen auf den Pfennig genau mit einem 6:0 begleichen wollten. Und das, obwohl gleich mehrere Spielerinnen, darunter die routinierte Melanie Behringer, verletzt fehlten. Im Angriff wurde konsequent gepresst, insbesondere Jovana Damnjanovic war an ihrer Laufleistung anzusehen, dass sie nicht für 90 Minuten eingeplant war. Umgekehrt fand Wolfsburg keine Lücken und bekam kein Tempo ins Spiel. Die gefährlichste Aktion des Tabellenführers in der ersten Hälfte war eine Flanke von Alexandra Popp, die auf der Latte landete (8.). Detailansicht öffnen Mittendrin: Die Bayern feiern das 1:0 durch Carina Wenninger, drei weitere Treffer sollten gegen Wolfsburg folgen. (Foto: Sven Leifer/imago/foto2press) Wörles Mannschaft agierte vor dem gegnerischen Tor anfangs zu hektisch, Lineth Beerensteyn (12.) und Sara Däbritz (15.) trafen aus aussichtsreicher Position den Ball nicht richtig. Die verdiente Führung fiel dann eher zufällig, wenngleich der vorhergehende Eckball dem aggressiven Pressing zu verdanken war: Däbritz flankte an den Fünfmeterraum, der Ball fiel Carina Wenninger auf den Oberschenkel und kullerte von dort ins Netz (20.). Die Münchner Überlegenheit war fortan noch deutlicher, Beerensteyn scheiterte alleine vor Wolfsburgs Keeperin Mary Earps (38.). Nur zwei Minuten später traf dafür Gina Lewandowski zum 2:0. Das Spiel schien schon zur Pause entschieden. Nach dem Seitenwechsel vergab Sydney Lohmann eine weitere gute Möglichkeit (46.), doch mit der ersten echten Chance der Wolfsburgerinnen durch Pernille Harder kippte das Spiel (47.). "Wir wollten zu Beginn alles in die Waagschale werfen, viel Aggressivität, die Räume schließen", erklärte FCB-Trainer Wörle später. Das sei aber mit sehr viel Laufarbeit verbunden. Trotzdem gelang es Beerensteyn bei einem Konter, ihre Gegenspielerin Nilla Fischer zu einem Eigentor zu zwingen (64.). Doch Fischer machte sieben Minuten später ihren Fehler wett und traf per Kopf zum 1:3 (71.). Die Topstürmerin der Liga, Ewa Pajor, traf dann mit ihrer zweiten guten Möglichkeit zum Anschluss (76.). Gilching holt Titel in der Halle Der TSV Gilching/Argelsried ist neuer bayerischer Hallenmeister der Frauen. Vor 400 Zuschauern in Dingolfing setzte sich der Bezirksoberligist mit 7:6 (3:3) nach Sechsmeterschießen gegen Gastgeber und Titelverteidiger SV Frauenbiburg (Regionalliga) durch. Der TSV ging durch Marie-Theres Bauer und Pia Amofa-Antwi in Führung, Frauenbiburg konterte durch Yvonne Dengscherz, Andrea Kurz und Anita Wimmer, ehe abermals Bauer in der Schlussminute für den oberbayerischen Bezirksmeister ausglich. Den entscheidenden Sechsmeter parierte Torhüterin Bettina Horvath, nachdem Stefanie Pfeuffer vorgelegt hatte. "Mir fehlen die Worte, mehr geht nicht. Wir sind hierher gekommen, um Spaß zu haben und vielleicht die eine oder andere höherklassige Mannschaft zu ärgern. Und jetzt sind wir bayerischer Hallenmeister", jubelte TSV-Trainer Raimond Spahn. Im Halbfinale hatte Gilching den Bayernligisten TSV Schwaben Augsburg ebenfalls nach Sechsmeterschießen 3:1 besiegt. Dabei waren die Spielerinnen aus dem Landkreis Starnberg mit einer 0:1-Niederlage gegen den SC Würzburg-Heuchelhof ins Turnier gestartet. Danach folgten ein 3:0 gegen den SV 67 Weinberg und ein 3:2 gegen den FC Ruderting. "Das war echte Werbung für den Futsal in Bayern", sagte Silke Raml, Vizepräsidentin des Bayerischen Fußball-Verbands. "Es freut mich besonders, dass am Ende der vermeintliche Außenseiter triumphiert hat." Auch Sabine Bucher, Vorsitzende des BFV-Frauen- und Mädchenausschusses, gratulierte: "Gilching hat erstklassigen Futsal gezeigt und ein überzeugendes Turnier verdient mit dem Titel gekrönt." SZ Und so stand plötzlich Torhüterin Zinsberger unverhofft mehrmals im Mittelpunkt. In der 79. Minute verhinderte sie mit zwei Glanzparaden innerhalb weniger Sekunden den Ausgleich, drei Minuten später landete ein Ball am Innenpfosten, kullerte vor der Linie entlang und wurde unter dem Geschrei der 2155 Zuschauer aus der Gefahrenzone geschlagen. Erst in der Nachspielzeit entschied die eingewechselte Fridolina Rolfö nach einem Konter die Partie (90.+1). "Manuela hat uns im Spiel gehalten", sagte Wörle über die Torhüterin, "natürlich war auch ein Quäntchen Glück dabei, aber das haben wir uns hart erarbeitet." Spielmacherin Simone Laudehr sagte: "Der Plan ist aufgegangen." Und die Meisterschaft ist wieder offen: Die Bayern haben zwar das schlechtere Torverhältnis, stehen aber wieder punktgleich mit den Wolfsburgerinnen auf Platz zwei. "Wir hatten schon einmal sieben Punkte Rückstand, da sind wir sehr stolz drauf", sagte Laudehr. Der Sieg gegen "die beste Mannschaft Europas" sollte Motivation sein.
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Paul Whelan diente im US-Militär bei den Marines - habe nach seinem Ausscheiden aber nicht mehr für die US-Regierung gearbeitet, so seine Familie. Nun wurde er in Moskau verhaftet. Er sei als Hochzeitsgast in Moskau gewesen. Noch am Freitag habe Paul Whelan den Fremdenführer gespielt, sagte sein Bruder David dem US-Sender CNN, er habe anderen Gästen den Kreml gezeigt, auch das Brautpaar sei dabei gewesen. Als die Trauung später am selben Tag stattfand, fehlte der Amerikaner, das Paar meldete ihn als vermisst. Am Montag, an Silvester, stellte sich heraus, dass der russische Inlandsgeheimdienst FSB Whelan festgenommen hatte. Er sei "während eines Aktes der Spionage" ertappt worden. Paul Whelan, ein ehemaliger US-Marine, wurde zu einer Zeit verhaftet, in der mehrere Spionageskandale das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Russland und den USA belasten. Vor zwei Wochen hatte die Russin Maria Butina in Washington gestanden, die Vereinigung der Waffenlobby (NRA) unterwandert zu haben, um Kontakte zu US-Politikern zu knüpfen. Der 30-Jährigen wird illegale Agententätigkeit während des US-Wahlkampfes vorgeworfen. Nun willigte sie ein, mit den Ermittlern zusammenzuarbeiten. Die Regierung in Moskau stellt Maria Butina als zu Unrecht beschuldigte, politische Gefangene dar. Ob er es für möglich halte, in Russland Ausländer zu verhaften, um sie gegen im Ausland inhaftierte Russen auszutauschen - diese Frage ist Präsident Wladimir Putin während seiner Jahrespressekonferenz kurz vor Weihnachten mehrfach gestellt worden. Butina sei offenbar "gezwungen worden, dort drüben etwas zu gestehen", sagte Putin. Russland werde "keine unschuldigen Menschen verhaften, nur um sie später gegen jemanden auszutauschen". In der Vergangenheit hat es immer wieder Gefangenenaustausche zwischen Russland und dem Westen gegeben, unter anderem ist der russische Doppelagent Sergej Skripal auf diese Weise freigekommen. Der Giftanschlag auf ihn und seine Tochter im Frühjahr 2018 in Großbritannien ist ein weiterer Grund für das Zerwürfnis mit Moskau. Ex-Soldat Paul Whelan, 48, arbeitet heute für den amerikanischen Automobilzulieferer Borg-Warner. Dieser hat bestätigt, dass Paul Whelan für die Sicherheit im Unternehmen zuständig sei, sowohl im heimischen Michigan als auch in anderen Zweigstellen weltweit. Borg-Warner belieferte in Russland lange den Lkw-Hersteller Kamaz. Whelans Bruder beschreibt dessen Tätigkeit eher als Diebstahlsicherung. Es ging dabei nicht um Cybersecurity oder Personenschutz. Sein früherer Dienst bei den Marines sei Whelans einzige Verbindung zum Staat gewesen. Die Washington Post berichtete, dass Whelan 2008 nach Delikten aus dem Militär entlassen wurde, er war wohl in Diebstähle verwickelt. Paul Whelan ist nach Angaben seiner Familie viel und gerne gereist, seit mehr als zehn Jahren auch regelmäßig nach Russland. Es gibt ein Profil unter seinem Namen bei VK, einem sozialen Netzwerk in Russland, das Facebook ähnelt. Dort gibt es mehrere Fotos von Whelan - eines zeigt ihn im Trikot des Fußballclubs Spartak Moskau - und kurze Statusmeldungen auf Russisch. Laut seinem Bruder spricht er die Sprache jedoch nur in Ansätzen. "Next stop, Moscow ..." lautet sein jüngster Eintrag. Demnach war er das letzte Mal am 28. Dezember im VK-Netzwerk aktiv, dem Tag seiner Verhaftung. "Wir sind tief besorgt um seine Sicherheit und sein Wohlergehen", schrieb Paul Whelans Familie am Dienstag in einer Stellungnahme. "Seine Unschuld ist unbestreitbar und wir vertrauen darauf, dass seine Rechte respektiert werden." Am selben Tag erklärte das US-Außenministerium, man habe die russischen Behörden um Kontakt zu dem Festgenommenen gebeten. Sollte er wegen Spionage schuldig gesprochen werden, drohen Whelan bis zu 20 Jahre Gefängnis.
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Die britische Premierministerin Theresa May wird am Dienstag in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentreffen, um über Lösungen für den komplizierten Brexit-Prozess zu sprechen. Dies kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert an. Konkret dürfte es um die mögliche Verlängerung der Frist für den Austritt Großbritanniens aus der EU gehen. May wird am Dienstag auch nach Paris zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron reisen. Macron gilt im Vergleich zu Merkel als deutlich skeptischer gegenüber einer Lösung, die Großbritannien über die bevorstehenden Europawahlen hinaus in der EU belassen könnte. Die Premierministerin hatte zuletzt angekündigt, sie wolle die EU um einen Aufschub bis zum 30. Juni bitten. Das soll am Mittwoch auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel geschehen. Dann könnte auch die Entscheidung fallen, ob es am Freitag zu einem harten Brexit oder einer erneuten Frist-Verlängerung kommt. Die EU hat bereits klargemacht, dass May dafür einen Plan vorlegen muss, wie es weitergehen soll. Bislang ist der Austritt für den 12. April geplant. Ohne weiteren Aufschub oder Annahme des Austrittsvertrages, den das britische Unterhaus bereits dreimal abgelehnt hat, droht ein Ausscheiden ohne Abkommen mit erheblichen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche. Unterdessen sollen die Gespräche der Tory-geführten Regierung mit der Labour-Opposition an diesem Montag weitergehen. Das kündigte Kulturminister Jeremy Wright an. Labour strebt unter seinem Parteichef Jeremy Corbyn eine Zollunion mit der EU und eine enge Ausrichtung am Binnenmarkt an. Einen Verbleib in der Zollunion hatte der britische Außenminister Jeremy Hunt, ein Befürworter des Brexit, bisher stets abgelehnt. Nun sagte er mit Blick auf die Gespräche mit Labour: "Man kann nicht in solche Verhandlungen mit großen roten Linien gehen." Das wird im britischen Guardian als Hinweis verstanden, dass am Ende ein Kompromiss in dieser Richtung zwischen Tories und Labour zustande kommen könnte, um einen No-Deal-Brexit abzuwenden. Angesichts der Tatsache, dass die Regierung keine eigene Mehrheit im Parlament hat, um das mit der EU ausgehandelte Austrittsabkommen zu verabschieden, müsse man nun mit anderen Parteien eine Einigung suchen. May tue damit genau das, was Staats- und Regierungschefs anderer EU-Staaten von ihr gefordert hätten, sagte Hunt. Sein Vorgänger im Amt, Boris Johnson, sieht das noch immer anders. In einem Beitrag für den Daily Telegraph schrieb er: "Wir sollten nicht darauf eingehen, unter der von Corbyn vorgeschlagenen Kapitulation nicht stimmberechtigtes EU-Mitglied zu werden." Eine Zollunion mit der EU werde Großbriannien "versklaven", schrieb Johnson.
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Der Vergleich zwischen den ausländischen Spielern fällt zu Ungunsten der Haarer aus. Tomas Ondra etwa kassiertee in Spiel eins insgesamt sechs Runs, sein Stuttgarter Gegenüber behielt die Nerven. Mit zwei Niederlagen an einem Tag sind die Baseballer der München-Haar Disciples in der Baseball-Bundesliga ins Hintertreffen geraten. Entscheidend bei den Pleiten gegen die Stuttgart Reds waren die besseren Einzelleistungen der jeweils ausländischen Spieler beider Teams. Während der tschechische Pitcher in Diensten der Haarer, Tomas Ondra, in Spiel eins insgesamt sechs Runs kassierte, behielt der kroatische Werfer für die Stuttgarter, Antonio Horvatic, in der immer spannender werdenden Partie die Nerven. Er ließ in den vier Schlussinnings keinen einzigen Haarer Punkt mehr zu. US-Werfer Louis Cohen überzeugt, doch sein Pendant ist noch besser Dabei hatte die erste Partie am Samstagmittag gut begonnen für die Disciples: Der ehemalige Cheftrainer Philipp Howard schlug gleich als zweiter Schlagmann einen Homerun, auch Klaus Nicolici und Nateshon Thomas gelangen weite Schläge über den Zaun, Letzterer zum zwischenzeitlich 4:4-Ausgleich - trotzdem verlor die Mannschaft von Paco Garcia 4:6. Titus von Kapff, der gegen Ende für Pitcher Ondra eingewechselt wurde, blieb fehlerfrei. In der zweiten Partie zeigte US-Werfer Louis Cohen rein statistisch seine bislang beste Leistung für die Disciples, er warf insgesamt zwölf Gegenspieler Aus, die also nicht einmal die erste Base erreichten; trotzdem führten die Gastgeber nach dem achten Durchgang mit 6:0, weil Stuttgarts US-Werfer Dustin Ward einen noch besseren Tag erwischt hatte - und weil diesmal den Gastgebern die Homeruns gelangen. Nach einem lange Zeit mauen Offensivauftritt starteten die Disciples erst im neunten Inning ihre Aufholjagd. Lukas Steinlein, William Thorp und David Wallace steuerten Punkte bei, letztlich kamen die Gäste aber nur noch auf 3:6 heran. Das Spiel war entschieden, als Cedric Bassel als Schlagmann Aus geworfen wurde. Den Unterschied im zweiten Spiel hatten aber vor allem vier unerzwungene Fehler in der Haarer Abwehr gemacht. Nach den beiden Niederlagen in Bad Cannstatt sind die Disciples auf den vierten Tabellenplatz abgerutscht. Um nicht aus den Playoff-Rängen zu fallen, sollte die Mannschaft am kommenden Wochenende beide Heimspiele gegen die Ulm Falcons gewinnen, ehe schwere Spiele gegen den bislang ungeschlagenen Spitzenreiter Mainz Athletics sowie die ersten beiden bayerischen Derbys gegen die Regensburg Legionäre anstehen.
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Die Playstation ist der wichtigste Umsatzbringer für den Sony-Konzern, doch ist auch das jüngste Modell 4 bereits sechs Jahre alt. Der japanische Hersteller der Playstation leidet nicht nur unter den mittlerweile veralteten Konsolen, sondern auch unter einem rückläufigen Handymarkt. Da helfen auch die verkündeten Rekordgewinne nicht. Trotz der Rekordzahlen, die der Elektronikkonzern Sony verkündet hatte, ist die Sony-Aktie am Montag um acht Prozent eingebrochen. Der Playstation-Hersteller hatte am Freitag nach Börsenschluss für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres einen Rekordprofit gemeldete und seine Gewinnerwartung für das ganze Jahr um 130 Milliarden Yen auf 835 Milliarden angehoben, umgerechnet 6,6 Milliarden Euro. Sony muss allerdings einen Umsatzrückgang von etwa 0,5 Prozent bei den Smartphones um 200 Milliarden Yen verzeichnen. Eher überrascht zeigten sich Analysten in Tokio, dass auch der Verkauf von Bildsensoren für Smartphones und Kameras, die Sony an andere Hersteller liefert, ebenfalls leicht rückläufig ist. Sony erklärt das unter anderem mit einer schwächeren Smartphone-Nachfrage in Japan, Europa und Asien. Mit etwa 42 Prozent Marktanteil ist Sony bei Bildsensoren weltweit Marktführer. Das Unternehmen setzt mittlerweile mehr Geld mit hochwertigen Komponenten wie Bildsensoren um, als mit Endgeräten. Dennoch dürfte der nicht ganz unerwartete Kurssturz mit dem angekündigten Rückgang der Smartphone-Verkäufe der Marke Sony zu erklären sein. Die Börse hat noch nicht akzeptiert, dass Sony im Smartphone-Sektor vor allem ein Zulieferer ist. Sonys wichtigste Einnahmequelle ist die Playstation. Das jüngste Modell, die Playstation 4, ist allerdings bereits sechs Jahre alt. Derzeit verdient Sony vor allem mit Software für die Spielekonsole; das Software-Abo "Playstation Plus" hat mehr als 36 Millionen Nutzer. Aber auch diese Einnahmen sind rückläufig. Sonys Finanzchef Hiroki Totoki sagte, diese Zahlen entsprächen den Erwartungen des Unternehmens. Angesichts ökonomischer und geopolitischer Risiken "können wir jedoch nicht optimistisch sein". Der Smartphone-Markt bleibe längere Zeit schwierig. Die Sony-Aktie hat seit dem September 2018 um 20 Prozent nachgegeben. Sony ist nicht die einzige japanische Elektronikfirma, deren Aktie unter Druck steht. Der Spielekonsolen-Hersteller Nintendo hat gerade bekannt gegeben, für das laufende Jahr mit dem Verkauf von nur 17 Millionen Einheiten anstatt bisher 20 Millionen zu rechnen. In der Folge brach die Nintendo-Aktie am Freitag um neun Prozent ein, die Hälfte machte sie am Montag aber wieder wett. Der Elektronikkonzern Panasonic musste seine Gewinnerwartungen ebenfalls um fast zehn Prozent reduzieren. Nachdem Japans Elektronikkonzerne in den vergangenen Jahren einschneidende Umstrukturierungen durchmachten und sich erst jüngst davon erholt haben, belastet nun jenseits des schwachen Smartphone-Geschäfts auch der schwelende Handelskrieg zwischen den USA und China ihr Geschäft.
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Im Zoo von Halberstadt gibt es einen einsamen und vergessenen Esel namens "Pinocchio". In den 1980er-Jahren tourte das einst berühmte Tier erfolgreich als einer der "Bremer Stadtmusikanten" durch die Deutsche Demokratische Republik. 1984 trat er im Fernsehen auf, 1987 war er ein Teil des Programms zur 750-Jahr-Feier Berlins. Mit der Geschichte des Esels und seines Besitzers beginnt der methodisch innovative, inhaltlich jedoch streitbare Essay von Nicolas Offenstadt über "das verschwundene Land" DDR, dessen Geschichte der französische Historiker als einzige Verlusterzählung konzipiert. Methodisch innovativ ist der Essay, weil der Autor als Anhänger der "Urban Exploration" selbst in verlassene Gebäude und Fabriken einsteigt und dort nach Hinterlassenschaften der DDR sucht. Mit den aufgefundenen Akten gelingt es ihm, individuelle Lebensläufe in exemplarischer Absicht zu rekonstruieren. Offenstadt meidet die Archive und besucht außer den Ruinen auch die Flohmärkte. Von der DDR spricht er als "pays à la brocante", als Land auf dem Trödel. Seine einzelnen Zufallsfunde präsentiert er als Teile eines größeren Ganzen. So steht die von ihm für 25 Euro in Jena erstandene Fahne des örtlichen DDR-Kleingartenverbands zugleich für den aus der Sowjetunion übernommenen Flaggenkult, für die DDR-Kunstfaser "Dederon" und für den Versuch der rund 1,5 Millionen Mitglieder im "Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter" (VKSK), jenseits der "Kollektivierung" einen privaten Raum der Selbstversorgung zu schaffen. An Artefakten wie diesem und den gefallenen Denkmälern der DDR macht Offenstadt die These fest, wonach es sich heute bei der DDR um ein "pays à l'horizontale" handelt. So inspirierend diese Wortschöpfungen sind, die Schlussfolgerungen geraten problematisch. Im längsten Kapitel des Buches versammelt Offenstadt unter dem Titel "Die DDR auslöschen" zahlreiche Beispiele für Straßenumbenennungen, Gedenktafelentfernungen und Denkmalsversetzungen aus den 1990er-Jahren. Immer wieder fallen die Worte "Entwertung", "Delegitimierung", "besiegtes Land" und "die Sieger". Bei Offenstadt bekommt der Leser den Eindruck, Helmut Kohl persönlich sei mit der Planierraupe durch den "annektierten Osten" gewütet. Dabei beruhen alle diese Veränderungen auf demokratischen Mehrheitsentscheidungen der ehemaligen DDR-Bevölkerung. Doch an keiner Stelle reflektiert der Autor seine eingeschränkte Perspektive, die den Begriff "friedliche Revolution" nicht kennt. Wer zwischen Ostsee und Erzgebirge Ruinen sucht, wird Ruinen finden. Wer Spaßbäder sucht, wird Spaßbäder finden. Wer sanierte Altstädte sucht, wird sanierte Altstädte finden. Und wer wie Offenstadt mit DDR-Stadtkarten aus den 1970er-Jahren auf Spurensuche geht, wird nur die Orte finden, die zu dieser Zeit gefunden werden sollten. Denn Gefängnisse der Staatssicherheit oder konspirative Wohnungen werden darauf nicht zu finden sein. So bleibt der Neuigkeitswert des Essays trotz der vielversprechenden "Außenperspektive" gering. Denn die Verklärung der Vergangenheit erscheint weniger als ideologische denn als anthropologische Konstante. René Schlott ist Historiker am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam.
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Mats Hummels hat mit der Fußball-Nationalmannschaft auch nach seiner Ausmusterung durch Bundestrainer Joachim Löw nicht völlig abgeschlossen. "Der Nationalspieler Mats Hummels ist in meinem Kopf erst einmal zur Seite geschoben, aber er ist nicht ganz hinten in die Ecke in den Schrank gepackt, wo man ihn nie mehr findet", sagte der Abwehrspieler des FC Bayern der Sport Bild. Der 30-Jährige war vor dem Start ins neue Länderspiel-Jahr wie seine Teamkollegen Thomas Müller und Jérôme Boateng von Löw überraschend abrupt ausgemustert worden. Hummels fühlte sich "vor den Kopf gestoßen" "Thomas, Jérôme und ich hatten das Gefühl, dass es etwas mehr Wertschätzung hätte sein können", sagte der Ex-Weltmeister zu den Umständen der Entscheidung des Bundestrainers. Löw hatte das Trio bei einem unangekündigten Besuch in München vom Ende ihrer Zeit bei der DFB-Auswahl informiert. Kurz danach hatte der DFB die Öffentlichkeit in Kenntnis gesetzt. "Das war alles sehr knapp gehalten", sagte Hummels. Er sei von dem Gespräch mit Löw "vor den Kopf gestoßen" gewesen, da er "überhaupt nicht" mit der Ausmusterung gerechnet habe. "Teile" der Argumentation des Bundestrainers könne er aber verstehen. Hummels zeigte auch Verständnis für das Handeln von Löw. "Es war für den Bundestrainer wahrscheinlich schwierig, einen Weg und eine Art zu finden, wo wir nach dem Gespräch rausgehen und alle sagen: 'Das war alles richtig super und toll, wie es gelaufen ist.' Den perfekten Weg konnte Jogi Löw nicht finden, das war unmöglich", sagte der 70-malige Nationalspieler Noch immer ärgert sich Hummels diesbezüglich über seine vergebene Kopfballchance im letzten WM-Gruppenspiel gegen Südkorea: "Mache ich das Tor, kommen wir gegen Südkorea weiter, dann wären viele Dinge sicherlich anders gelaufen."
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Die Deutsche Bank will mit der Commerzbank nun auch offiziell über eine Zusammenlegung der Geschäfte sprechen - trotz des wachsenden Widerstands von Gewerkschaften und der Skepsis einiger Großaktionäre. "Wir haben die Öffentlichkeit heute darüber informiert, dass wir im Zusammenhang mit der Prüfung strategischer Optionen Gespräche mit der Commerzbank führen", schrieb Deutsche-Bank-Vorstandschef Christian Sewing am Sonntag an die Belegschaft. Die Commerzbank vermeldete per Pflichtmitteilung, man habe sich darauf verständigt, "ergebnisoffene Gespräche über einen eventuellen Zusammenschluss aufzunehmen". Ein Zusammenschluss der beiden größten börsennotierten deutschen Banken wird damit wahrscheinlicher. Kommt es dazu, entstünde, gemessen an der Bilanzsumme, die zweitgrößte Bank in der Euro-Zone nach der französischen BNP Paribas. Die Fusion wird dem Vernehmen nach vor allem von der Bundesregierung forciert. Aber auch Paul Achleitner, Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, sowie der US-Fonds Cerberus, der an beiden Banken beteiligt ist, treiben das Vorhaben voran. Befürworter des Projekts hoffen, dass aus den zwei angeschlagenen Unternehmen durch die Fusion eine international schlagkräftigere Bank würde, die mehr Vertrauen an den Finanzmärkten genießt. Mehrere Großaktionäre der Deutschen Bank sind aber skeptisch. Sie fürchten, dass eine Fusion die Probleme der Bank nicht lösen würde. Bereits vor einer Woche war durchgesickert, dass sich Sewing von seinen Vorstandskollegen ein Mandat für inoffizielle Gespräche mit Commerzbank-Chef Martin Zielke geholt hatte. Bislang seien diese Gespräche aber gleichbedeutend mit "Geplänkel" gewesen, wie es ein Insider am Freitag formulierte. Die Knackpunkte einer Bankenfusion seien noch längst nicht besprochen. Das sei erst nach Aufnahme offizieller Verhandlungen möglich. Zum jetzigen Zeitpunkt stehe keineswegs fest, ob es überhaupt zu einer Transaktion kommen werde, schrieb Sewing an die Mitarbeiter. Die Deutsche Bank müsse nun prüfen, wie sie die "Konsolidierung der Bankenbranche in Deutschland und Europa" mitgestalten könne. "Unser Ziel ist und bleibt es, eine globale Bank mit einem starken Kapitalmarktgeschäft zu sein - basierend auf einer führenden Position in unserem Heimatmarkt Deutschland und Europa und mit einem weltweiten Netzwerk." Wichtig sei dabei, dass die Bank "ausschließlich wirtschaftlich sinnvolle Optionen verfolge". Finanzkreisen zufolge wird diese Prüfung mehrere Wochen dauern. Das Bundesfinanzministerium teilte mit, man nehme die Entscheidung, über die Möglichkeiten einer engeren Kooperation ergebnisoffen zu sprechen, zur Kenntnis. "Wir stehen mit allen Beteiligten regelmäßig in Kontakt." Die Gewerkschaften Verdi und DBV lehnen eine Fusion vehement ab. Sie befürchten im Fall eines Zusammenschlusses von Deutscher Bank und Commerzbank, die zusammen mehr als 130 000 Vollzeitkräfte beschäftigen, den Verlust Zehntausender Jobs.
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Eine Serie von Klebstoff-Attacken auf Autos beschäftigt die Polizei. "Inzwischen wurden über 450 Taten mit einem Schaden von etwa 1,5 Millionen Euro verzeichnet", teilte die Polizei in Wolfsburg mit. Gibt es eine Systematik? Eine Serie von Klebstoff-Attacken auf Autos in Wolfsburg beschäftigt die dortige Polizei. "Inzwischen wurden über 450 Taten mit einem Schaden von etwa 1,5 Millionen Euro verzeichnet", teilte die Polizei mit. Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich um einen Täter handelt, der ohne erkennbare Systematik, meist im Dunkeln, an mehreren geparkten Autos vorbeigeht und sie beschmiert. "Verwendet wird aggressiver Sekundenkleber, der nicht nur den Lack, sondern auch das Metall darunter angreift", sagte ein Sprecher. So entstehen auch bei Einzelfällen schnell hohe Schadenssummen. Eine Spur gebe es bislang nicht.
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Die Krise um Katalonien zieht weiter Kreise: In Madrid stürzte darüber die Regierung, zugleich wird zwölf führenden Separatisten der Prozess vor dem Obersten Gericht gemacht. Mit Inés Arrimadas als Spitzenkandidatin wurde die liberale Bürgerpartei (Ciudadanos), die für die Einheit Spaniens eintritt, bei den Regionalwahlen in Katalonien vor einem Jahr zur größten Fraktion. Die 37-Jährige ist Oppositionsführerin in Barcelona, da die separatistischen Parteien zusammen eine knappe Mehrheit bekommen haben.
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Die Übersetzung kann zum Trugschluss führen: Home wie Heim, Office wie Büro. Aber nein, ein Arbeitszimmer für jeden ist damit nicht gemeint. Mit dem Recht auf Homeoffice will die SPD vielmehr durchsetzen, dass jeder von zu Hause aus arbeiten kann, wenn er das Müslischälchen zur Seite geschoben, den Küchentisch abgewischt hat und seine Arbeit am Laptop erledigen kann. Nun hat auch das einen gewissen Reiz: Man denke an Sofa statt Schreibtisch, an Kühlschrank statt Kantine. Nie wieder Stau oder Stellwerkstörung. Es ist schon so lang her, dass die Menschen selbstverständlich auf ihrem Hof, in ihrer Werkstatt oder ihrer Mühle gearbeitet haben, dass sie sich Heimarbeit als Sozialromantik verkaufen lassen. Zwischen damals und heute liegt das Zeitalter der Industrialisierung, liegen giftige Dämpfe und dunkle Fabriken. Für die Tonnen von Materialien mussten Arbeitgeber Arbeitsplätze schaffen im wörtlichen Sinne. Mit der Digitalisierung können sie Frauen und Männer wieder nach Hause schicken und ihnen die Arbeit einfach mitgeben. Homeoffice spart Bürokosten und macht den Betrieb flexibel. Und die SPD? Die freut sich, dass die Leute endlich Kinder, Pflege und Erwerbsarbeit unter einen Hut bekommen und darüber auch noch jubeln. Plötzlich ist keine Rede mehr vom Heimchen am Herd.
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"Der Ursprung, die Geschichte und die Seele unseres Unternehmens sind deutsch. Das wird auch in Zukunft so bleiben", sagt Adidas-Chef Kapser Rorsted (eigentlich Rørsted). Kasper Rorsted, 56, sitzt im Glashaus. Nach seinem Amtsantritt als Adidas-Chef im Oktober 2016 ließ er als Erstes am Firmensitz in Herzogenaurach die Wände herausreißen und durch Glas ersetzen. Diese Woche allerdings wird Rorsted nicht im Büro, sondern in Davos verbringen. Seit 14 Jahren besucht er das Weltwirtschaftsforum, um mitzudiskutieren, hauptsächlich aber um zuzuhören, sagt er. Und formuliert seine Gedanken zu Weltwirtschaft, Globalisierung und Digitalisierung vorab.
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Deutschland soll der umstrittenen EU-Urheberrechtsrichtline nach dem Willen von Bundesjustizministerin Katarina Barley zustimmen. Das schlägt die SPD-Politikerin ihren Ministerkollegen in den anderen Ressorts in einem Schreiben vor, aus dem die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Allerdings formuliert Barley "unverzichtbare Voraussetzungen für die Zustimmung". So soll Deutschland am 15. April im EU-Rat zwar den Richtlinientext abnicken, den das Europaparlament beschlossenen hat. Allerdings wolle sie eine fünfseitige Protokollerklärung hinzufügen. "Die Bundesregierung wird sich bei der Umsetzung des Artikels 17 [...] von dem Ziel leiten lassen, ohne das Instrument 'Upload-Filter' auszukommen", heißt es in der Protokollerklärung. In der Geschäftsordnung des Rates heißt es, solche Erklärungen könnten "Tragweite und die Wirkung eines Rechtsakts, die ausschließlich durch den Inhalt des Rechtsakts selbst bestimmt werden, nicht einschränken". Sie könnten lediglich dessen Auslegung bestätigen, wie sie sich aus dem Wortlaut des Aktes - in diesem Fall der Urheberrechts-Richtlinie - ergebe. Die Upload-Filter waren der Punkt der Reform, um den es den meisten Streit gab. Die Richtlinie macht alle kommerziellen Plattformen ab einer Umsatzgrenze von 10 Millionen Euro oder einem Alter von drei Jahren voll haftbar für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer. Sie müssen also Lizenzen an Künstler oder Verwertungsgesellschaften für alle Filme, Bilder und Videos zahlen, die Nutzer auf ihnen hochladen. Bei der Menge des hochgeladenen Materials im Netz ist das nach Ansicht von Fachleuten aber nur möglich, wenn Filter-Software eingesetzt wird, die betroffene Inhalte autmatisch blockieren soll. Allerdings macht die Software viele Fehler und hat Schwierigkeiten, journalistisches Material, Zitate oder Parodien zu erkennen - die erlaubt wären. Zudem ist sie sehr teuer und womöglich unerschwinglich für kleinere Anbieter. Die Pflicht zur umfassenden Kontrolle und Ahndung von Urheberrechtsverletzungen soll Barley zufolge lediglich auf die "marktmächtigen" Plattformen wie Facebook zielen. Unklar ist aber, wie Upload-Filter konkret nur auf entsprechend große Plattformen beschränkt werden sollen. Eine Absage erteilt Barley zugleich den von der CDU vorgeschlagenen Pauschallizenzen als Alternative zu Upload-Filtern. Barley hat den Ministerien eine Frist zur Zustimmung bis Donnerstag 18 Uhr gesetzt. Sie begründete die Aufforderung zur kurzfristigen Zusage damit, dass das EU-Ratssekretariat den EU-Regierungen wiederum eine Frist bis Freitag 12 Uhr gesetzt habe. Das Europaparlament hatte die umstrittene Reform des Urheberrechts beschlossen. Der EU-Rat muss am 15. April seine endgültige Zustimmung geben, wofür Barley als zuständige Ministerin nun die Weisung erteilen muss. Sie stimmt selbst nicht zu, das tun entweder die Außenminister der EU, also für Deutschland Heiko Maas (SPD), oder die Agrarminister, also Julia Klöckner (CDU), auf ihren Treffen. Danach haben die EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Sollte sich in dieser Zeit herausstellen, dass die befürchteten Beschränkungen der Meinungsfreiheit eintreten, solle die EU-Kommission "unverzüglich" handeln und einen veränderten Richtlinien-Vorschlag vorlegen. Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels hatte es geheißen, dass die volle Haftung nur für Unternehmen gelte, die sowohl 10 Millionen Euro oder mehr Umsatz machen als auch älter als drei Jahre sind. Tatsächlich muss allerdings nur eine dieser Bedingungen erfüllt sein, damit die Unternehmen voll haften. Wir haben den Fehler korrigiert.
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Kohls früherer Berater Horst Teltschik und der Osteuropa-Historiker Martin Aust bemühen sich um Verständnis für Putins Politik - aber auf sehr unterschiedliche Art. Vorurteile, blinde Liebe, Furcht und Verehrung - ein widersprüchliches Russlandbild geistert seit eh und je durch deutsche Köpfe. Am Krieg in der Ostukraine und an der Annexion der Krim erhitzten sich die Gemüter bis zum Siedepunkt, unversöhnlich diskutieren seither "Russland-Versteher" mit jenen, die wissenschaftliche Kenntnis und Sachlichkeit beanspruchen. Gerade bemühen sich wieder zwei Autoren um Verständnis für Russland - auf unterschiedlichen Wegen: Martin Aust, Osteuropa-Historiker an der Universität Bonn, mit seinem neuen Buch "Im Schatten des Imperiums", das Russlands Politik von Gorbatschows Perestroika bis zum Beginn von Putins vierter Präsidentschaft 2018 erklären möchte. Praktische Lösungen der gegenwärtigen Konfrontation sucht hingegen Horst Teltschik, außenpolitischer Berater von Helmut Kohl und langjähriger Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz. Als hochgefährliches "Russisches Roulette", wie er sein Buch überschreibt, sieht Teltschik die Eskalation in den beiderseitigen Beziehungen und fordert eine Neuauflage der von ihm mitgestalteten Entspannungspolitik. Beide, Aust und Teltschik, verbindet und trennt zugleich ein Schlagabtausch, den sie sich im Dezember 2014 nach der Annexion der Krim öffentlich lieferten. Auf den von Teltschik initiierten Aufruf von 65 Unterzeichnern, der unter dem Titel "Wieder Krieg in Europa? Nicht in unserem Namen" mehr Rücksichtnahme auf Moskau gefordert hatte, antworteten 100 Ostexperten mit einem Gegenaufruf: Die Unterzeichner, unter ihnen die Professoren Aust und Karl Schlögel, benannten Aggressor und Opfer und wiesen "Pathos und Halbwahrheiten" zurück. Voraussetzung für ein fundiertes Russland-Verständnis, meint nun Historiker Aust, sei die Analyse der geschichtlichen Hinterlassenschaft: Seit 1991, so seine These, befinde sich Russland in einer "postimperialen Konstellation". Die Frage nach dem politischen und gesellschaftlichen Umgang mit dem doppelten imperialen Erbe von Zarenreich und Sowjetunion sei noch keineswegs geklärt - auch nicht für den Präsidenten Wladimir Putin, dessen Person die Russlanddebatte beherrscht. Detailansicht öffnen Großer Mann auf der Krim: Ein Graffiti zeigt Wladimir Putin 2015 auf einem Regierungsgebäude in Simferopol. (Foto: REUTERS) Nicht schlagartig, wie im Falle Deutschlands oder Japans 1945, sei mit der Sowjetunion auch ein Imperium verschwunden. Der Abschied könne, wie am Beispiel Frankreichs und Großbritanniens und ihrer einstigen Kolonialreiche zu sehen, ein längerer Prozess sein. Dabei wechselten sich Reformbemühungen, Gewalt und Krieg als letztes Mittel ab. Es brauche seine Zeit, sicherlich auch über Putins Amtszeit hinaus, meint Aust, "bis imperiale Politik in den Köpfen der politischen Elite eines Landes keine Option mehr darstellt". Der Historiker nennt es "fahrlässig zu denken, dass das Ausscheiden Putins das Land schlagartig verändern wird und alle jetzigen Fragen im Verhältnis Russlands zu Europa sich von allein lösen werden". Ein Beispiel für den taktischen Umgang Putins mit dem imperialen Erbe sei sein Abbruch des Projektes Novorossija: Mit "Neurussland" plante die russische Rechte im Frühjahr 2014, in Anlehnung an eine neue Verwaltungseinheit Katharinas der Großen nach deren Annexion der Krim 1783, die Expansion weiter nach Westen fortzusetzen. Putin verfolge aber "keinen Maximalplan der Wiedergewinnung ehemals zaristischer oder sowjetischer Territorien", meint Aust. Seine Unterstützung rechter Kräfte sei "situativ und partiell" - wie im Falle der Krim-Annexion und der Destabilisierung des Donbas. Denn auf Dauer würde solch vorbehaltloser Rückhalt "der Außenpolitik mehr Probleme als Vorteile bereiten". Sein Buch sieht Aust als "Beitrag zum öffentlichen Gespräch über Russland in Deutschland". Gegenwärtig trügen Publikationen, die das Russlandbild stark überzeichnen, zur Verhärtung und emotionalen Aufladung der Auseinandersetzung bei. Das "eindimensionale Urteil", wie es die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz, mittlerweile aber auch der prominente amerikanische Historiker Timothy Snyder abgäben, verzerre die Realität. Bei aller Kenntnis des Zeitzeugen Teltschik ist sein durchaus fesselndes Panorama der Ostpolitik nicht frei von Schwächen. So beklagt auch er "die verzerrte Wahrnehmung des Kontrahenten" Russland, um sein Zerrbild von einer maroden Ukraine zu verfestigen. Zweijährige Straßenkinder gebe es dort, hatte sich Teltschik 2015 bei einem Vortrag an der Universität Bern empört. "Im Alltag werden Sie als Ausländer ständig bedroht", frei könne man sich nur "bewaffnet bewegen". Großzügig gewährt Teltschik Lob für Russland, das sich 1994 zur territorialen Unversehrtheit der Ukraine bekannte, nachdem diese ihr sowjetisches Atomwaffenarsenal an Moskau abgegeben hatte. So behauptet er: "Die Menschen erfreuen sich schon jetzt eines Ausmaßes an persönlicher Freiheit, das es in der Geschichte Russlands (...) noch nie gegeben hat." "Es gibt keine Demokratie, aber Wahlen. Es gibt keine freie Presse, aber Redefreiheit (...) Detailansicht öffnen Martin Aust: Die Schatten des Imperiums. Russland seit 1991. Verlag C.H. Beck, München 2019. 190 Seiten, 14,95 Euro. E-Book: 11,99 Euro. ." Der Moskauer Regisseur Kirill Serebrennikow, das merkt die Leserin an, musste indessen vom Hausarrest aus seine in Europa gefeierten Theater- und Opernaufführungen inszenieren. Die Zahl der obdachlosen Kinder ist heute in Russland größer als in der Nachkriegszeit. Am allermeisten, so ergab eine Umfrage des Lewada-Meinungsforschungszentrums, fühlen sich die Russen belastet von der "Schande der Armut". Gelegentlich sieht Autor Teltschik die gegenwärtige Politik Russlands auch kritisch und wünscht mehr Kooperationsbereitschaft. Die Furcht vor der Einkreisung durch das westliche Bündnis sei "realpolitisch unbegründet", erklärt Teltschik: Die Westgrenze sei die sicherste des Riesenreiches. Im Osten grenzt es an die beiden Atommächte China und Nordkorea. Doch die Bringschuld sieht er letztendlich beim Westen. Chancen für eine gesamteuropäische Sicherheitsordnung unter Einbeziehung Russlands seien in den Umbruchjahren 1989/90 nicht genutzt worden. Enttäuschungen gruben sich tief in das russische Gedächtnis ein. Das Nato-Bombardement auf das "serbisch-slawisch Brudervolk" während des Kosovo-Krieges 1999 wurde vom damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin nie verziehen. Teils reichlich detailliert in der Wiedergabe mancher Politikerrede zeichnet Teltschik die Ost-West-Politik mit ihren Erfolgen und Krisen nach. Auf die typischen Fotos vom Autor mit seinen stets gut gelaunten Präsidenten mag er allerdings nicht verzichten. Immer wieder gab es Rückschläge, etwa bald nach der von vielen Hoffnungen begleiteten Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte von Helsinki, mit der sich Ost und West 1975 auf die friedliche Lösung von Konflikten und die Achtung der Menschenrechte verpflichteten: Trotz aller Abkommen hatte der damalige Generalsekretär der KPdSU, Leonid Breschnew, neue atomare Mittelstreckenraketen entwickeln und stationieren lassen. "Ein bleierner Mantel" (Horst Teltschik) habe sich damals über die Ost-West-Beziehungen gelegt. "Buchstäblich einen Tag nach der Wahl Gorbatschows ging die Eiszeit zu Ende." Heute, bedauert Teltschik, "wird erwartet, dass Russland einseitig nachgibt" Energisch tritt Teltschik für die Ehrenrettung von Ronald Reagan und George Bush ein. Der in Deutschland "ständig als kalter Krieger denunzierte Reagan" und sein Nachfolger hätten "die weitreichendsten Abrüstungsergebnisse" erzielt, vor allem die sogenannte doppelte Nulllösung für alle Kernwaffensysteme der USA und der Sowjetunion mit einer Reichweite bis zu 5500 Kilometern: "Dem jahrelangen Wettrüsten sollte ein Wettabrüsten folgen." Der seinerzeit heiß umstrittene Nato-Doppelbeschluss sei von der Protestbewegung der frühen Achtzigerjahre völlig verkannt worden: Er habe das Ziel gehabt, die sowjetische Führung zu veranlassen, ihre Mittelstreckenraketen zu vernichten. Gegen die sowjetische Aufrüstung, merkt Teltschik an, hätten sich die Friedensinitiativen nicht gerichtet. Detailansicht öffnen Horst Teltschik: Russisches Roulette. Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden. Verlag C.H. Beck, München 2019. 234 Seiten, 16,95 Euro. E-Book: 13,99 Euro. Die entschlossene westliche Antwort auf eine russische Provokation sei damals mit einem fairen Angebot kombiniert worden, einem gegenseitigen Verzicht auf Atom-Mittelstreckenraketen. Heute aber, bedauert Teltschik, "wird erwartet, dass Russland einseitig nachgibt". Gute Nato, böse Nato? Für den Autor hat sich das Bündnis mit historischem Erfolg verdient gemacht. Dass der Kalte Krieg damals überwunden wurde, "lag vor allem an der Strategie der Nato, die seit der zweiten Hälfte der 60er-Jahre eine Politik der Stärke konsequent mit Angeboten zur Entspannung verband". Gegenwärtig aber sieht er die Nato nur auf "Konfrontationskurs". Teltschik warnt: Wenn sie ihre jetzige unflexible Strategie fortsetze, werde der Konflikt mit Russland immer weiter eskalieren. Was tun? Teltschiks Schlussplädoyer gilt, wie immer wieder auf seiner Zeitreise "Vom Kalten Krieg zum Kalten Frieden" (so der Untertitel), "der Kombination von Stärke und ausgestreckter Hand". Für einen Neuanfang bleibe letztendlich, was er selbst als Binsenweisheit bezeichnet: miteinander reden hilft. Renate Nimtz-Köster hat Romanistik und Slawistik studiert. Sie ist freie Wissenschaftsjournalistin.
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Skirennläuferin Mikaela Shiffrin hat ihrer eindrucksvollen Sammlung an Titeln und Triumphen einen weiteren Rekord hinzugefügt. Beim Slalom in Spindlermühle/Tschechien feierte die demnächst erst 24 Jahre alte Amerikanerin in überlegener Manier ihren 15. Sieg in dieser Weltcup-Saison. Damit verbesserte sie die Bestmarke, die sie bislang gemeinsam mit Vreni Schneider (Schweiz, 1988/89) gehalten hatte. Einen weiteren Rekord kann Shiffrin noch in dieser Saison einstellen. Der Sieg im Riesengebirge war ihr 39. in einem Slalom - nur der legendäre Schwede Ingemar Stenmark (40) hat mehr. Zweite beim insgesamt 58. Weltcupsieg von Shiffrin wurde Kombinations-Weltmeisterin Wendy Holdener (Schweiz/+0,85 Sekunden), Dritte Riesenslalom-Weltmeisterin Petra Vlhova (Slowakei/+2,03). Beste Deutsche war Christina Geiger (Oberstdorf/+3,31) auf Rang zehn. Shiffrin gewinnt zum dritten Mal in Serie den Gesamtweltcup Slalom- und Super-G-Weltmeisterin Shiffrin steht vor den letzten vier Saisonrennen beim Finale in Soldeu/Andorra (13. bis 17. März) bereits als Gewinnerin im Slalom- sowie zum dritten Mal nacheinander im Gesamtweltcup fest. Ihr erster Sieg im Riesenslalom-Weltcup ist ihr bei 97 Punkten Vorsprung vor Vlhova kaum mehr zu nehmen.
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Es gibt einige Orte in Deutschland, an denen das Olympia-Bewerbungs-Fieber schon wieder ausgebrochen ist. In einem Städteverbund an Rhein und Ruhr ist das schon länger (und vergleichsweise systematisch) der Fall. In Berlin flackert das Fieber immer mal wieder auf, wenngleich noch ohne konkretes Konzept. Und auch Thomas Bach, der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), erklärte schon, wie schön er eine Kandidatur aus seinem Heimatland fände; vor Wochenfrist war das etwa ein Thema, als Bach bei einer Präsidiumssitzung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) weilte. Also dann: auf eine baldige deutsche Olympia-Bewerbung? Nun, derzeit eher nicht - und besser nicht. Denn maßgeblich für solche Vorhaben ist heutzutage nun mal die Frage, ob auch die Bevölkerung es goutiert. Und da sieht es ziemlich schwierig aus. Schon die beiden letzten deutschen Bewerbungen (München 2022, Hamburg 2024) wurden durch Referenden gestoppt. Die Skepsis war groß ob des krummen Gebarens des IOC und der hohen Kosten, die Olympische Spiele mit sich bringen. Eine umfassende Analyse über die Gründe für das doppelte Scheitern aber blieb bisher aus. Und grundsätzliche Veränderungen im Gebaren der Sportpolitik sind nicht auszumachen. Das IOC redet zwar gerne von angeblichen Verbesserungen, aber tatsächlich ist es so, dass Olympia weiter als ein Synonym für Gigantismus daherkommt. Zudem untersuchen diverse Behörden die beiden jüngsten Sommer-Vergaben (Rio 2016, Tokio 2020) wegen des Verdachts auf Stimmenkauf. Die nationalen Sportfunktionäre wiederum mussten kürzlich in einer Studie der Technischen Hochschule Köln über sich lesen, dass nur 27 Prozent der Bürger an ihre Integrität glauben. Bei solchen Rahmenbedingungen wird es schwierig, ein neues Olympia-Referendum durchzubekommen, egal mit welcher Stadt, mit welchem Konzept und für welches Jahr. Entsprechend zurückhaltend ist die Bundespolitik derzeit bei diesem Thema. Und auch dem DOSB scheint diese Skepsis klarer zu sein als manch anderem Akteur in der sportpolitischen Landschaft. Zwar rutscht dem DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann schon mal heraus, dass er hinter die Vision von Spielen in Deutschland "drei Ausrufezeichen" setze. Aber insgesamt wirkt der Dachverband bisher nicht als Treiber. Ihm dürfte die letzte Pleite noch hinreichend nachhängen, und er hat gerade auch andere interne Baustellen. Doch schon jetzt sollten alle Beteiligten aufpassen, dass sich die Olympia-Befürworter nicht auf einen besonders schlammigen Pfad begeben. Denn eine Möglichkeit gäbe es natürlich, wie sich ein Nein in einem Referendum verhindern ließe - indem es schlicht kein Referendum mehr gibt. Der Altkanzler und Berlin-Unterstützer Gerhard Schröder erklärte bereits, dass dies der sinnigere Weg sei. Und von Michael Mronz, dem Vertreter der Rhein-Ruhr-Initiative, oder vom IOC-Chef Bach kam zuletzt bei Interview-Fragen nach der Notwendigkeit von Referenden in diesem Zusammenhang auch kein klares Ja, sondern der Verweis auf andere Stellen. So ließe sich olympisches Fieber natürlich auch durchsetzen. Es wäre ein gefährliches Fieber.
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Der britischen Forderung, den Brexit-Vertrag zu ändern, hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine deutliche Absage erteilt. "Die Austrittsvereinbarung wird nicht nachverhandelt werden", sagte er am Mittwoch vor dem EU-Parlament. Juncker sieht das Risiko eines ungeordneten EU-Austritts nun erhöht durch die Entschließung des Londoner Unterhauses vom Dienstagabend. Es hat Premierministerin Theresa May beauftragt, mit Brüssel eine Änderung der Brexit-Regelung für die irische Grenze zu erreichen. "Wir müssen auf alle Szenarien vorbereitet sein - auch auf das schlimmste", warnte Juncker. Er werde sich Mays Ideen anhören, werde aber "extrem klar bezüglich der Haltung der Europäischen Union sein", so der Kommissionschef. Zuvor hatten bereits EU-Chefunterhändler Michel Barnier und Ratspräsident Donald Tusk neue Verhandlungen abgelehnt. Ebenso äußerten sich die Bundesregierung und Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Das bestehende Brexit-Abkommen sei die "beste und einzige Lösung" für einen geordneten EU-Austritt Großbritanniens, sagte der Minister. Das Parlament in London hatte am Dienstagabend einem Antrag zugestimmt, wonach die "Backstop"-Regelung mit der EU gestrichen und durch "alternative" Abmachungen ersetzt werden soll, die aber nicht definiert wurden. Der Backstop ist die Auffanglösung, die eine harte Grenze zwischen Republik Irland und Nordirland vermeiden soll, indem Großbritannien auf unbestimmte Zeit in einer Zollunion mit der EU verbleibt. Vor allem konservative Brexit-Anhänger fürchten, dies könne Großbritannien an die EU binden. Außenminister Maas sagte, Deutschland und die ganze Union stünden bei der Auffanglösung fest an der Seite der Regierung in Dublin. "Wir werden nicht zulassen, dass Irland in dieser Frage isoliert wird", so Maas zur Funke-Mediengruppe. Auch Irlands Regierung sieht keine Alternative zum Backstop: Außenminister Simon Coveney sagte dem Staatssender RTE, es sei bei den Verhandlungen kein anderer Weg gefunden worden, um eine harte Grenze auf der Insel zu vermeiden. "Und jetzt haben wir eine britische Premierministerin, die wieder für die gleichen Dinge wirbt, die wir geprüft haben." May wollte am Mittwoch mit dem irischen Premier Leo Varadkar sprechen. Einem Sprecher Mays zufolge ergeben sich drei Möglichkeiten für die Auffanglösung. Allerdings seien die Konzepte für die EU nicht neu. Der Sprecher räumte ein, dass Vorbereitungen für einen harten Brexit weitergingen, auch wenn die Regierung ihn nicht wolle. Das Unterhaus hatte dafür gestimmt, einen vertragslosen Brexit auszuschließen, rechtlich ist dies jedoch nicht bindend. May sprach am Mittwoch auch mit Labour-Chef Jeremy Corbyn. Er habe der Premierministerin gesagt, die Möglichkeit eines No Deal nicht mehr vor das Parlament zu bringen, dies sei inakzeptabel, teilte Corbyn nach dem Treffen mit. Brexit-Minister Stephen Barclay schließt den harten Ausstieg weiter nicht aus, wie er der BBC sagte.
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Detailansicht öffnen Der Pulli ist orange, aber auch die Socken: Carsten Meyer-Heder führt seinen Straßenwahlkampf in Bremen streng nach den Vorgaben einer Berliner Werbeagentur. (Foto: Fabian Bimmer/Reuters) Ein Samstagmorgen zwischen Bremer Parkplatz und Kaufhaus, das ist natürlich Geschmackssache. Aber solche Termine gehören gerade zum neuen Leben dieses großen und schlanken Mannes mit Glatze und Fünftagekinnbart, der nach fast 74 Jahren die SPD bezwingen und für die CDU die Hansestadt erobern will. Das öffentliche Wochenende des Carsten Meyer-Heder, 58 Jahre alt, begann um neun vor einem Supermarkt. Jetzt steht er um kurz vor elf mit seinem Sohn vor der nächsten Kaufhalle, wie an allen Stationen an einem Stehtisch mit orangem Sonnenschirm der CDU. Es ist sein dritter von acht Auftritten in ungefähr neun Stunden, von einer Bude weht Bratwurstdunst hinüber. Wäre Carsten Meyer-Heder bei seinem alten Leben geblieben, dann würde er an einem so schönen Tag zum Beispiel Motorrad fahren. Oder arbeiten. Er hat eine Internetagentur mit 1000 Angestellten aufgebaut. "Ich tret ja nicht an, weil ich einen Job brauche", sagt er. Doch im März 2018 trat der frühere Bremer "Unternehmer des Jahres" in die Partei ein, wurde im Mai 2018 mit 98,5 Prozent Spitzenkandidat und fordert nun den Bürgermeister Carsten Sieling und die SPD heraus. Er hat es bei seinem politischen Kaltstart auf die stabilste Hochburg der Sozialdemokratie abgesehen, seit 1945 regiert die SPD das kleinste deutsche Bundesland. "Bremen ist einfach traditionell links", das weiß Meyer-Heder, er war selbst mal links. Aber mittlerweile habe "jeder mitgekriegt, wo Bremen steht", und er zählt auf: Armut, Verschuldung, Arbeitslosigkeit, Bildung - überall sei Bremen auf dem schlechtesten Platz. "Die Menschen sind das leid." Bisher durfte die CDU in dem Stadtstaat bestenfalls mal als Juniorpartner der Genossen mitreden, seit 2007 regiert Bremens SPD mit den Grünen. Doch kurz vor der Bürgerschaftswahl am 26. Mai führt laut Umfragen die CDU: 26 Prozent CDU und 24,5 Prozent SPD sagt das ZDF-Politbarometer voraus, Infratest Dimap für die ARD sogar 27 Prozent CDU und 24 Prozent SPD. Es wird spannend, auch bundespolitisch. Sieling bräuchte Rot-Rot-Grün, Meyer-Heder wünscht sich Jamaika. Die Grünen (18 Prozent) müssen sehen, ob sie ein linkeres oder ein erstmals konservativeres Bremen wollen. Wobei es für die FDP (fünf Prozent) knapp werden könnte und Meyer-Heder meint, dass die Grünen in Baden-Württemberg konservativer seien als seine Bremer CDU. Meyer-Heder nennt als ein Vorbild Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Mit der CDU habe er als junger Mann nichts am Hut gehabt: "Ich war Hippie. Ich hab mit langen Haaren in der Höhle gesessen und Jonglieren geübt." Das ist schon eine Zeit lang her, sein Zivildienst auch, inzwischen ist er IT-Manager und kahlköpfig. Er trägt bei seiner Tour Jeans, Daunenjacke, orangen Pulli und orange Socken. Die Farbe gehört zur PR-Offensive, die mit der Kampagne "Carsten Meyer-Wer?" begonnen hatte. Inzwischen kennen ihn viele der 680 000 Bewohner von Bremen und Bremerhaven. Die orangen Plakate hängen fast überall, darauf Sprüche wie: "Ich bin kein gelernter Politiker, aber ein Problemlöser." Oder: "I have a stream: Wlan und Tablets in Schulen." Oder: "Spurwechsel im Rathaus. Für fließenden Verkehr." Entworfen hat das eine Berliner Werbeagentur. Es gibt auch orange Karten mit diesem Rat: "Der Bauch muss dem Kopf öfter in den Arsch treten", schwierige Übung. So soll der CDU-Neuling auch Wählern gefallen, die sonst keine CDU wählen, und trotzdem keine Unionsfreunde verschrecken. "Mein Vorteil ist, dass ich von außen komme", sagt Meyer-Heder, "dass ich ein anderer Typ bin." Die entscheidende Frage für ihn: Vertrauen die Bremer trotz der Engpässe auch nach mehr als sieben Jahrzehnten der SPD und ihrem Bürgermeister Sieling, SPD-Mitglied seit 1976? "Oder gebt ihr mal einem Quereinsteiger und Unternehmertypen eine Chance?" Das Wort Chance zählt zu seinen Lieblingsvokabeln, genauso wie Team, Effizienz, pragmatisch, kreativ. Er spricht von Pilotprojekten, Start-ups, Mobilitätskonzepten. Zu seiner Vergangenheit gehört auch, dass er eine schwere Krankheit überstand. Und den Wahlkampf prägte in dieser Woche der Tod des Bremer CDU-Vorsitzenden Jörg Kastendiek, der den Novizen Meyer-Heder der CDU präsentiert hatte. Carsten Meyer-Heder war Hippie und IT-Unternehmer, nun ist er Spitzenkandidat der CDU Wenige Tage vor dieser traurigen Nachricht steht der Debütant Meyer-Heder etwas verloren in einem Museumsraum neben dem CDU-Europaabgeordneten und ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister, der nachher schwärmt: "Carsten Meyer-Heder ist total erfrischend." Anschließend schaut er mit Entourage und Daumen in den Taschen an einem Bunker und einem türkischen Supermarkt im weniger schicken Stadtteil Hemelingen vorbei und weiß nicht recht, was er da sagen oder fragen soll. Immerhin erfährt man, dass um die Ecke seine Lieblingsdisco war. "Ich darf nicht wählen", grüßt akzentfrei eine Passantin, die offenbar keinen deutschen Pass besitzt. Nächster Halt ist ein hipper Teil der Altstadt, wo der Bewerber einst gewohnt hat und nun wie ein Ausrufezeichen am CDU-Schirm wartet. Gegenüber füllt sich sein Lieblingsitaliener. "Nicht so CDU-freundlich hier, oder?", ahnt Meyer-Heder. Er kommt dann doch ins Gespräch. "Wählen Sie doch einfach mal CDU", rät er einer älteren Dame und reicht ihr eine Birne aus einem Korb, am Stiel steht "Klare Birne". 100 Stellen für zusätzliche Referendare will Carsten Meyer-Heder bei einer Regierungsübernahme schaffen. Zudem wolle die CDU ein Programm für die Sanierung von Schulen und Turnhallen vorlegen, sagte er am Freitag. Tags darauf dann Rededuell in der Bürgerschaft beim Rathaus, veranstaltet vom Weser-Kurier. Carsten gegen Carsten, Sieling mit Krawatte, Meyer-Heder ohne. Als Geschäftsmann war er mit dem Bürgermeister auf Delegationsreisen. Jetzt ist der Ton schärfer. Hier der sachliche, faktensichere und meist freundlich dreinblickende Sieling, 60. Er schaut hauptsächlich dann genervt, wenn sein Rivale unrealistisch erscheinende Ideen vorträgt, und verweist dann bei Kita oder Autobahnbau auf Verfassung oder Genehmigungsverfahren. "Sie belehren mich ja gerne", erwidert Meyer-Heder, er wippt auf seinem Hocker. Bremen könne besser und schneller sein, findet er, "Bremen muss mal vor die Welle kommen". Welle, auch das Wort mag er. Es geht um Schulden, Schulen, Digitalisierung, Verkehr, Wohnungen. Grob gesagt wirbt Sieling mit seiner Erfahrung und damit, dass Bremen mit ihm Fortschritte mache. Zuletzt wuchs die Bremer Wirtschaft, und Bremens Rot-Grün hat beim Bund ordentlich Geld herausgehandelt. Meyer-Heder kontert, dass Bremen beim Länderfinanzausgleich einst Nettozahler gewesen sei, und will "Verkrustungen aufbrechen, ich will ja nicht Verfilzung sagen". Sieling warnt, Jamaika würde Tafelsilber verkaufen und die Mieten treiben. "Angstschürende Phantomdebatte", sagt Meyer-Heder. Er sei halt grundsätzlich der Ansicht, dass Privat manches besser könne als der Staat. "Ich glaub, da muss einfach mal ein Manager ran, nicht ein Politiker." Und wenn doch der Manager verliert und der Politiker gewinnt? Dann will der Quereinsteiger trotzdem weitermachen. "Dann kann ich auch nicht sagen, war nur ein Scherz", aus seiner Firma habe er sich ja schon zurückgezogen. Kann er noch jonglieren? "Drei Dinger krieg ich vielleicht noch hoch", sagt Meyer-Heder, der sich vom linken Höhlenhippie in die Bremer CDU-Hoffnung verwandelt hat.
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Der Streit um mögliche Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Trägerraketenherstellern Ariane Group und Space-X könnte nun zu einer weiteren Facette im transatlantischen Handelsstreit werden. So wirft die Verkaufschefin des kalifornischen Unternehmens, Stephanie Bednarek, der EU vor, den Bau der europäischen Trägerrakete Ariane zu subventionieren und damit den Wettbewerb bei Satellitenstarts zu verzerren. In zwei Schreiben an den US-Handelsvertreter Edward Gresser fordert die Managerin die US-Regierung dazu auf, "dieses wettbewerbswidrige Verhalten anzugehen" und für faire Ausschreibungen zu sorgen. Anlass für die Korrespondenz sind Bestrebungen der US-Regierung, bei den Gesprächen über ein Handelsabkommen mögliche Handelshemmnisse zu thematisieren. Bednarek greift in ihren Schreiben allerdings nicht nur die EU an, sondern auch die Finanzierung von Launchsystemen in China, Russland und Indien durch die Regierungen. Einen fairen Marktzugang könne ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU sicherstellen. Bednarek kritisiert, dass derzeit knapp 19 Prozent des Budgets der europäischen Weltraumagentur Esa in die Trägerrakete Ariane investiert würden. Hinzu kämen Subventionen für die Infrastruktur. Dies komme der Ariane zu Gute. Der Startanbieter Arianespace, Tochter der Ariane Group, könne die Preise auf diese Weise "künstlich niedrig" halten und US-Anbieter verdrängen. Dies war allerdings bisher genau der Vorwurf, den Ariane Group den Amerikanern gemacht hat. So werde Space-X durch milliardenschwere Aufträge der US-Raumfahrtbehörde Nasa quersubventioniert. Außerdem sei der US- Markt für europäische Trägerraketen verschlossen, da institutionelle Satelliten nicht mit ausländischen Raketen gestartet werden dürfen. "Wir sind definitiv für Wettbewerb, aber der muss fair sein", hatte Ariane-Deutschland-Chef Pierre Godart 2018 der SZ gesagt. Er hatte auch kritisiert, dass die Falcon 9 von Space-X in Europa zu Dumpingpreisen angeboten werde. Space-X-Manager Hans Koenigsmann hatte den Preisunterschied mit einem erheblichen Mehraufwand begründet, der für US-Regierungs-Satelliten betrieben werden müsse. Dass die Falcon 9 billiger ist, hat dazu geführt, dass Space-X sogar Bundeswehr-Satelliten startet. Die Ariane Group hat gerade mit dem Bau der Ariane 6 begonnen, die deutlich günstiger sein und erstmals 2020 starten soll. Die Entwicklung kostet 3,5 Milliarden Euro, 400 Millionen Euro investiert die Ariane-Group, den Rest die Esa-Mitgliedsstaaten. Denn eines darf in der Diskussion nicht vergessen werden: Ariane ist explizit ein öffentliches Projekt, Space-X dagegen komplett privatwirtschaftlich.
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Die Nachricht kam am gestrigen Mittwoch - und sie ließ Englands Fußballszene schnell unruhig werden: Der Argentinier Marcelo Bielsa, Trainer des Zweitligisten Leeds United, sollte eine spontane Pressekonferenz von besonderer Wichtigkeit geben. Das könnte was werden, wussten in diesem Moment die Reporter. Wenn Bielsa, den sie auf Spanisch nur "El Loco" (der Verrückte), nennen, etwas zu sagen hat, ist es oft interessant. Obwohl sein Verein momentan auf dem ersten Platz der 2. Liga rangiert, war der 63-Jährige zuletzt wegen der sogenannten "Spygate-Affäre" unter Beschuss geraten. Der Grund dafür: Am vergangenen Donnerstag war ein verdächtiger Mann auf dem Trainingszentrum von Leeds-Gegner Derby County festgenommen worden, weil er das Training in auffälliger Weise verfolgt hatte. Er lungerte neugierig und offenbar verdächtiger als sonstige "Kibitze" am Zaun des Derby-Geländes herum, weshalb der Klub die Polizei rief. Wie sich herausstellte, hatte Bielsa den Informanten offenbar angewiesen, den kommenden Gegner von Leeds auszukundschaften. Eine wahrlich ungewöhnliche Maßnahme, wenn auch im Grunde keine verbotene. Als die Sache publik wurde, horchten dennoch viele auf: Leeds-Klub-Eigentümer Andrea Radrizzani sah sich gar genötigt, offiziell bei Derby County um Vergebung zu bitten und seinen Trainer zu rügen. Fairplay hat in England schließlich durchaus Gewicht. Aber kalter Krieg am Trainingsplatz? Geschmackssache. Die Enthüllungen und die Kritik wollte Bielsa aber nicht auf sich sitzen lassen - und zurücktreten wollte er anders als erwartet schon gar nicht. Seine Pressekonferenz mutierte stattdessen zum großen Schauspiel, denn: Die verdutzten Zuhörer in Leeds bekamen von dem Mann aus Rosario (wo auch Lionel Messi herkommt) nichts weniger als einen der legendärsten Medientermine der englischen Fußballgeschichte zu sehen. Bielsa, ein akribischer Taktiker und sogenannter "Trainerfuchs", servierte dem Publikum eine 70-minütige Powerpoint-Präsentation. Auf Spanisch, mit Übersetzung auf Englisch. Darin zu hören: das gesammelte Trainerwissen sowie Taktikanalysen von "El Loco" in epischer Breite. Bielsa erklärte den anwesenden Pressevertretern per Frontalvortrag, dass er tatsächlich schon die gesamte Saison über systematische Beobachtungen von Gegnern betreibe, und dass er diese auch anhand von Material mit gegnerischen Trainingseinheiten aufbereite. Ihm ginge es um maximales Bescheidwissen, um die ideale Einstellung seiner Spieler auf das, was käme. Ob das fair ist oder gar unerlaubt, darüber mache er sich keine Gedanken, so Bielsa. Entsprechend zeigte er auch keine Reue wegen etwaiger "Spione" oder vermeintlicher Böswilligkeit. "Nirgendwo steht, dass man das Trainingsgelände seiner Gegner nicht betreten und sich dort umsehen darf", fand Bielsa. Das stimmt durchaus, aber unüblich sind solche Vorgehensweisen schon. Außerdem, fuhr der Argentinier fort, würden ihm die Informationen lediglich zur Datensammlung nutzen und seien deshalb für das Spiel von Leeds United unwichtig. Die Sache sei somit keine Frage von verletztem Fairplay. Und dann hielt der Argentinier ein Referat, in dem er auf durchaus interessante Art Einblicke in seine Denkweise als Trainer gab - inklusive Details der von ihm analysierten Mannschaften. Wer also demnächst gegen Derby oder Preston North End drankommt, kann sich aus Bielsas Erkenntnissen frei bedienen. Dabei ist seine launige Darbietung nicht seine erste. Er gilt als besessenster Fußball-Nerd Südamerikas, seine Mannschaften spielen oft allerherrlichsten Trainerfußball, wobei der Erfolg sich nicht immer in Gänze einstellt. Zuletzt etwa wurde er 2017 beim OSC Lille in Frankreich entlassen, nachdem der Klub auf Platz 18 der Tabelle abrutschte. Schon in der Vergangenheit war er immer wieder durch seine besondere Herangehensweise an das Spiel sowie mit Slapstick in der Öffentlichkeit aufgefallen. Seine Interviews nach Ligaspielen, in denen er einen Dolmetscher zur Unterstützung hat, gelten auf der Insel als Material zum Schmunzeln, schließlich versteht ihn manchmal keiner so recht. Aber Bielsa ist eine Marke - und er weiß eine ganze Menge vom Fußball. Spiele seines Teams verfolgt er nicht etwa von der Bank aus, er sitzt fast immer auf einer Kühlbox, die am Spielfeldrand nur seinetwegen aufgestellt wird. Und er unterhält prominente Beziehungen im Geschäft: Wegen seines Rufes als akribischer Analyst hat sich auch Pep Guardiola mit ihm angefreundet. Er weilte vor Jahren sogar länger bei Bielsa in Argeninien, um mit dem Gauchoguru den Fußball in seine Einzelteile zu sezieren. Und natürlich trafen beide auch einmal entscheidend aufeinander: Während seiner Zeit bei Athletic Bilbao forderte Bielsa im Finale des spanischen Pokals 2012 den FC Barcelona heraus, damals trainiert von Guardiola. Der Katalane, der Bielsa öffentlich gar als persönliches Vorbild und "besten Trainer der Welt" bezeichnet, habe hinterher Bielsas Aufzeichnungen zu sehen bekommen und gestaunt: "Du kennst den FC Barcelona besser als ich." Das Spiel hatte Bielsa mit Bilbao trotz seiner Grübelei freilich 0:3 verloren.
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Deutschland hat die Technologien und das Geld, um den Städtebau nachhaltig zu gestalten. An manchen Orten gelingt das auch schon. Doch oft wird nur geredet, statt entschlossen zu handeln. Für das Klima wäre es wohl das Beste, die Menschen blieben dort, wo sie geboren wurden. Doch viele ziehen vom Land in die Städte dieser Welt. In Deutschland und anderswo wachsen die Ballungsräume und stellen Stadtplaner damit vor immense Herausforderungen. Sie müssen Wohnraum schaffen, die Bildung von Ghettos verhindern und dabei Ressourcen sparen und die Umwelt schonen. Die Weltgemeinschaft ringt um Lösungen und tut sich schwer. Beim UN-Klimagipfel im Dezember im polnischen Kattowitz verbreiteten Urbanisierungs- und Energiefachleute mehr Ernüchterung als eine Vision. Es hagelte Statistiken und Studien, die auf die Dringlichkeit eines nachhaltigen Städtebaus hinwiesen, statt bereits existierende Lösungsvorschläge in den Mittelpunkt zu rücken. Es gab massenweise kluge Wortmeldungen, die alle Probleme und Hindernisse bis ins letzte Detail sezierten, aber den Mut vermissen ließen, die Dinge entschlossen anzupacken. Es geht nicht nur um das Klima, sondern auch um soziale Fragen Bei vielen offenen Fragen wandert häufig der Blick nach Deutschland, wo viele neue Technologien zum nachhaltigen Bau von Gebäuden entwickelt werden und die Finanzwirtschaft ausreichend Geld zur Verfügung hat, die Pläne anzuschieben. Tatsächlich gibt es bereits viele Projekte, die Maßstäbe setzen. Beispiel Freiburg: Das neue Rathaus gilt als erstes öffentliches Plus-Energiegebäude der Welt, das mehr Energie produziert, als es verbraucht. Das von den Architekten Ingenhoven aus Düsseldorf entworfene Gebäude ist Preisträger des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2019 für "Nachhaltiges Bauen". Beispiel Hamburg: Das ehemalige Verlagsgebäude des Spiegel wurde saniert, dabei bauphysikalisch und wärmetechnisch optimiert, ohne seine Gebäudestruktur zu verändern. In Mannheim oder Heidelberg entstehen ganze Stadtteile neu, die klimafreundlich und sozial verträglich werden sollen. Und doch meint Christine Lemaitre, Geschäftsführerin der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB): "Es gibt einen großen Gestaltungswillen in Deutschland, aber wir müssen noch ambitionierter und mutiger werden. Mit unseren Gebäuden können wir einen signifikanten Beitrag zur Reduktion der CO₂-Emissionen leisten." Klimastreber Deutschland? Allenfalls erst auf dem Weg dorthin, aber der gute Ruf des Landes als Vorreiter leidet zunehmend. Auch weil zu wenige Politiker eine echte Leidenschaft für den Bausektor entwickeln. Neue Gesetze und Verordnungen zeigen erst sehr langfristig ihre positiven Auswirkungen. Schnelle politische Erfolge lassen sich schwer erreichen. Dabei geht es nicht allein nur um das Klima. Schon Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat das Wohnen zur "sozialen Frage unserer Zeit" erklärt. Gerade jetzt, da die Bevölkerung immer älter wird, mehr Migranten in den Städten untergebracht werden müssen und Wohnraum immer knapper wird, sind Lösungen nötig, um friedliches und respektvolles Zusammenleben zu ermöglichen, wenn alle noch weiter zusammenrücken. ‹ › Das neue Rathaus in Freiburg gilt als erstes öffentliches Plus-Energiegebäude der Welt, das mehr Energie produziert, als es verbraucht. Bild: ingenhoven architects/HGEsch ‹ › Die überschüssige Energie wird ins Stadtnetz gespeist. Bild: ingenhoven architects/HGEsch ‹ › Die Architekten Ingenhoven aus Düsseldorf setzten auf eine offene und transparente Bauweise. Bild: HGEsch ‹ › Besonderes Kennzeichen des Gebäudeensembles: Lärchenholzfassaden aus lokalem Waldbestand. Die Fassade des Rathauses besticht durch den Wechsel von Holz-, Glas- und Photovoltaik-Elementen. Bild: HGEsch ‹ › Optisch fügt sich das neue Rathaus auch gut ins grüne Stadtbild von Freiburg ein. Bild: HGEsch Wird geladen ... Deutlich mehr Sozialwohnungen können dabei helfen, unterschiedliche Einkommensklassen in den Wohnvierteln zu vermischen. Wissenschaftler mahnen aber, dass das nur sinnvoll ist, solange Sozialwohnungen im gleichen Gebäude mit frei finanzierten Wohnungen zur Verfügung stehen. Die Strategie dahinter: Wenn der Banker neben dem Bandarbeiter lebt, wird man sich nicht fremd. Doch seitdem Städte und Kommunen in den vergangenen Jahrzehnten ihren Wohnbestand meistbietend verkauft haben, sind es oft private Bauträger, die den Mangel an Sozialwohnungen beheben müssen. Deren Engagement aber ist begrenzt, weil die Angst vor kleiner Rendite groß ist. Der Bund will zwei Milliarden Euro zusätzlich in den sozialen Wohnungsbau stecken. Schafft der Staat neue Wohnflächen, muss er im Sinne eines gesunden Städtewachstums garantieren, dass die soziale Infrastruktur niemanden benachteiligt. Andernfalls entstehen Ghettos dort, wo billig gewohnt wird. Als gelungenes Beispiel, wie Verdrängung gestoppt werden kann, gilt Wien mit 60 Prozent Sozialwohnungen. Das Erfolgsrezept: weniger Privatisierung. Die Wiener selbst scherzen, man sei eben in allem etwas langsamer und habe den Verkauf öffentlicher Liegenschaften einfach verschlafen. Das zahle sich jetzt aus, da klar wird, dass andere Kommunen um soziale Nachhaltigkeit ringen. Zumindest umwelttechnisch werden private Bauherren in Deutschland bald mit dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG) in die Verantwortung genommen, das neue Vorgaben aus der EU umsetzt. Seit Beginn des Jahres gelten höhere Standards für Gebäude, die aus öffentlicher Hand finanziert und nicht als Wohnraum genutzt werden. In wenigen Jahren sollen auch alle privaten Wohnneubauten dem GEG unterliegen. Bis dahin muss der Staat auf die Freiwilligkeit der Investoren setzen. Er hilft mit Subventionen, doch zu viele Bauträger fürchten die Bürokratie, die stapelweise Papiere und Dokumente im Briefkasten ablädt. Andere sind einfach nicht bereit, mehr Geld für nachhaltige Gebäude auszugeben. Architekturschau Im regelmäßigen Turnus von zwei Jahren zieht die BAU als Weltleitmesse für Architektur, Materialien und Systeme für den Wirtschafts-, Wohnungs- und Innenausbau ein breites Spektrum von Besuchern an. Zur Zielgruppe gehören alle, die mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb von Gebäuden aller Art zu tun haben. In diesem Jahr werden vom 14. bis zum 19. Januar mehr als 2200 Aussteller aus 45 Ländern ihre Neuheiten präsentieren. Erwartet werden mehr als 250 000 Besucher. Das Angebot gliedert sich nach Baustoffen sowie nach Produkt- und Themenbereichen. Mit insgesamt 18 Hallen auf 200 000 Quadratmetern wird die BAU 2019 die bislang größte Ausstellung in der 55-jährigen Geschichte der Messe sein. Vier große Leitthemen stehen für die BAU 2019: Digitales Planen und Bauen, Vernetztes Wohnen und Arbeiten, Systeme und modulare Bauweisen sowie smarte Lösungen für die Verbindung von Licht und Gebäuden. Zudem werden in einem Digital Village rund 20 Start-ups ihre Geschäftsideen, Dienstleistungen und Produkte präsentieren. Norbert Hofmann Dabei ist das Potenzial groß. Neue Technologien und Materialien zur Energiegewinnung und -einsparung, der Einsatz von wiederverwertbaren Baustoffen und Bauteilen, dazu die gefahrlose Rückführung der verwendeten Materialien in den natürlichen Stoffkreislauf, aber auch die Vermeidung von Transportkosten durch örtliche Beschaffung können dem Klima helfen. Aber: "Noch immer herrscht in Deutschland kein ausreichendes Bewusstsein dafür, dass eine höhere Qualität von Baumaterialien gut für die eigene Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden sind", sagt Lemaitre. Bislang sei es in der öffentlichen Kommunikation nicht gelungen, nachhaltiges Bauen aus der Ökoecke herauszuholen.
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"Wenn du die Krone hast, hast du die Meinungshoheit", sagt Heinz-Christian Strache 2017 auf Ibiza über die Krone . Die auflagenstärkste Zeitung Österreichs ist bislang überparteilich - der FPÖ-Chef spricht in dem heimlich aufgenommenen Video davon, wie es wäre, das Blatt auf Linie zu bringen. Wie man das österreichische Boulevardblatt zum Machtinstrument der FPÖ formen könnte, ist eines der zentralen Themen des heimlich gefilmten Videos. Strache offenbart Erstaunliches und Erschreckendes. Österreichs Kronen-Zeitung zählt zu den bunten Blättern, und gern werden dort die Geschichten in grellen Farben gezeichnet. Doch wenn es nach dem Rechtspopulisten Heinz-Christian Strache geht, dann soll die Krone, wie sie überall genannt wird, wohl am besten nur noch eine Farbe zeigen: blau. Das ist die Farbe seiner Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) - und wie man die Zeitung komplett zum Machtinstrument der FPÖ machen könnte, ist eines der zentralen Themen des mehr als sechsstündigen und heimlich gefilmten Gesprächs, das Strache unterstützt von seinem Parteifreund Johann Gudenus Ende Juli 2017 auf Ibiza mit einer angeblichen russischen Investorin führt. Die ist in Wirklichkeit zwar nur ein Lockvogel in unbekanntem Auftrag. Aber sie entlockt ihm Erstaunliches und Erschreckendes. Die Planspiele zur Übernahme der Kronen-Zeitung sind demnach offenbar bereits in den Vorgesprächen entworfen worden, die Gudenus, damals Vizebürgermeister von Wien und heute FPÖ-Fraktionschef im Nationalrat, schon seit Monaten mit der vermeintlichen Oligarchen-Nichte und ihrem Mittelsmann geführt hat. "Wie wir uns das erste Mal getroffen haben und ich gemerkt hab, dass sie allgemein Interesse hat, in Österreich zu investieren, hab ich gesagt (...): Kronen-Zeitung wär interessant", prahlt er gegenüber seinem politischen Ziehvater Strache. Seine Idee: "Die Kronen-Zeitung wär für uns alle gut, für sie geschäftlich, für uns politisch." Strache ist begeistert von dieser "Weltklasse-Geschichte" Strache lässt nun auf Ibiza in einer Art rhetorischen Endlosschleife nichts unversucht, der Russin, die angeblich ein paar hundert Millionen Euro zur Verfügung hat, diesen Kauf schmackhaft zu machen. Er umschmeichelt sie, sagt, sie wäre die gewiss "schönste Medienbesitzerin" Österreichs. Er verheißt finanziellen Ertrag: "Du bringst die Hütte von 15 Millionen auf 35 Millionen Jahresgewinn." Und vor allem verspricht er ihr Macht und Einfluss, der auf allen Ebenen zu nutzen sei: Die angeblich reiche Russin spielte mit "bei den zehn mächtigsten Menschen Österreichs", sagt er. "Dahinter steckt ja das wirtschaftspolitische Ziel, Einfluss zu haben und andere Geschäfte zu machen." Was das für andere Geschäfte sind, sagt er auch sehr deutlich: Immobilien vor allem. "Wenn sie die Krone kauft, hat sie ein Imperium. Das muss ihr klar sein. Wenn sie ein Grundstück will, das die Stadt Wien hat, sagt der Bürgermeister: okay, bam bam bam. So rennt das." Was er für sich erhofft, ist offenkundig ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: "Wenn sie die Kronen-Zeitung übernimmt drei Wochen vor der Wahl und uns zum Platz eins bringt, dann können wir über alles reden," verspricht er. Dass Strache sich so begeistert zeigt von dieser "Weltklasse-Geschichte", liegt an der herausgehobenen Stellung, die die Kronen-Zeitung in Österreich einnimmt. Als das 1959 von Hans Dichand gegründete Blatt vor wenigen Wochen mit Glanz und Glorie seinen 60. Geburtstag feierte, zählten zu den lobpreisenden Gratulanten natürlich auch Kanzler Sebastian Kurz und der heutiger Vizekanzler Strache. Denn mit der Krone will es sich niemand verscherzen, gegen die Krone, so heißt es in Österreich, kann niemand regieren. Schließlich erreicht die Zeitung an jedem Tag der Woche zwei Millionen Leser, am Sonntag gar 2,5 Millionen. Bei 8,7 Millionen Einwohnern in Österreich ist das eine Reichweite von etwa 30 Prozent. Mit 700 000 Exemplaren täglich verkauft die Krone mehr als die fünf nächsten österreichischen Tageszeitungen zusammen. Doch die Kronen-Zeitung ist offenbar nur ein Baustein in Straches Vorstellungen von Österreichs künftiger Medienwelt. Er will mehr. "Wir wollen eine Medienlandschaft ähnlich wie der Orbán aufbauen", sagt er auf Ibiza. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Medien in seinem Land bereits weitgehend unter Kontrolle gebracht. Der staatliche Rundfunk ist auf Regierungslinie, viele private Medien wurden von Gefolgsleuten aufgekauft. Mitgespielt hat dabei auch ein Österreicher, den Strache der Russin gegenüber als Freund und Unterstützer preist: Heinrich Pecina. "Pecina ist ein Investor, der hat dem Orban alle ungarischen Medien der letzten 15 Jahre aufgekauft und für ihn aufbereitet", erklärt Strache. Pecina, Gründer des Investmenthauses Vienna Capital Partners (VCP), ist eine durchaus schillernde Figur. Stets elegant tritt er auf, er lebt auf einem herrschaftlichen Anwesen in Niederösterreich und macht seine Geschäfte vornehmlich in Ost- und Südosteuropa. In den Panama Papers ist er aufgetaucht, und in einem Untreue-Prozess rund um die Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria wurde er im Sommer 2017 zu 22 Monaten Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 288.000 Euro verurteilt. Er war geständig und hatte zuvor schon knapp drei Millionen Euro Schadensersatz gezahlt. Dieser Heinrich Pecina also ist ein Mann mit vielen Geschäftsfeldern und Kontakten - und besonders eng scheint er tatsächlich mit Straches Vorbild Viktor Orban zu sein. Als Ungarns Premier kurz nach Bildung der neuen österreichischen Regierung aus ÖVP und FPÖ im Januar 2018 nach Wien kam, traf er als Erstes Pecina - und danach dann Kanzler Sebastian Kurz und Strache. 2014 war Pecina in den ungarischen Medienmarkt eingestiegen und schnell zum größten Verleger des Landes aufgestiegen. Orbans Regierung durfte sich dann darüber freuen, dass Pecina die wichtigste Oppositionszeitung Nepszabadsag 2016 einstellte und seinen Verlag Mediaworks mit zahlreichen Regionalzeitungen an Orbans Jugendfreund Lörinc Meszaros verkaufte. Diese Regionalzeitungen hatte Pecina zuvor der deutschen Funke Mediengruppe abgekauft. Auf Ibiza bringt Strache nun Pecina ins Spiel für den österreichischen Medien-Deal, der hier unter Spaniens Sonne vorangetrieben werden soll. Die Eigentumsverhältnisse bei der Kronen-Zeitung sind nämlich höchst kompliziert. 50 Prozent gehören noch der Gründerfamilie Dichand, aufgeteilt auf die drei Kinder und die Witwe des 2010 verstorbenen Hans Dichand. Die anderen 50 Prozent wurden 1987 von der deutschen Funke Mediengruppe erworben, die damals noch als Zeitungsgruppe WAZ firmierte. Die vermeintliche russische Investorin gibt an, Zugriff auf die Dichand-Anteile zu haben. Strache verspricht, den Kontakt zur anderen Hälfte beizubringen - über Pecina. "Der hat bei der Funke-Gruppe die Kontrolle drauf", behauptet er. "Dann hast du alles, dann habt ihr alles." Ganz schnell soll das gehen, schon in den nächsten Wochen, aber erst nach der Wahl im Oktober offiziell bekannt werden. Auf Anfrage von SZ und Spiegel erklärte Pecina dazu, er habe weder heute noch in der Vergangenheit eine Möglichkeit gehabt. "die Kronen-Zeitung in welcher Weise auch immer zu kontrollieren oder zu beeinflussen". Auf SZ-Anfrage, ob es zwischen 2014 und 2019 eine Zusammenarbeit mit Pecina hinsichtlich der Krone gegeben habe, antwortete die Funke Mediengruppe mit einem einzigen Satz: "Es gibt keine Zusammenarbeit zwischen der Funke Mediengruppe und Herrn Pecina." Ob es zum Zeitpunkt von Straches Ibiza-Treffen eine solche Kooperation gegeben hat, bleibt damit offen. Strache jedenfalls wirkt auf den Ibiza-Videos euphorisiert von den Möglichkeiten, die sich da auftun. Das würde einen Effekt geben, den der politische Gegner "nicht riechen" könne, meint er. "Schau, wenn das Medium in zwei, drei Wochen vor der Wahl, wenn dieses Medium auf einmal uns pusht, dann hast du recht, dann machen wir nicht 27, dann machen wir 34" Prozent. Obendrein verspricht er dann auch gleich noch, binnen zwei oder drei Wochen ein "Medienkonzept" für die Kronen-Zeitung zu liefern. "Zack, zack, zack. Drei, vier Leute, die müssen wir pushen. Drei, vier Leute, die müssen abserviert werden. Und wir holen gleich mal fünf Neue herein, die wir aufbauen", sagt er dazu an anderer Stelle. Doch nicht nur die Krone bringt Strache beim Gespräch mit der vermeintlichen russischen Investorin ins Spiel. Er stellt ihr noch weitere Medienmacht in Aussicht. Die Kronen-Zeitung sei "der bestimmende Faktor am Zeitungsmarkt", erklärt er, "und wenn du darüber hinaus einen TV-Sender noch lukrierst, bestimmst du alles", wirbt er. Strache spricht schon 2017 davon, "den ORF vollig auf neue Beine zu stellen" Bald darauf schlägt er den Bogen zum ORF, der nach dem Erwerb der Krone "der einzige Konkurrent" sei - und verspricht dann: "Würden wir in einer Regierungsbeteiligung sein, würden wir uns sogar vorstellen können, einen Sender zu privatisieren.... Wir könnten uns vorstellen, den ORF völlig auf neue Beine zu stellen." Aus all den Fantasien rund um die Übernahme der Kronen-Zeitung ist dann am Ende nichts geworden. Die reiche Russin war ja nur ein Bluff, und in der wirklichen Welt hat sich der Tiroler Immobilieninvestor René Benko im November 2018 mit der Hälfte der Funke-Anteile bei der Krone eingekauft - und damit einen heftigen Machtkampf entfesselt mit der Familie Dichand, die offenbar eine feindliche Übernahme befürchtet. Beim öffentlich-rechtlichen ORF wächst indes die Unsicherheit wegen eines neuen ORF-Gesetzes, an dem seit der FPÖ-Regierungsbeteiligung in Wien gearbeitet wird. Strache und seine Parteifreunde begleiten das mit heftigem Getöse, greifen einzelne Journalisten an wie den ZiB-2-Moderator Armin Wolf oder fordern ein Ende der "Zwangsgebühren", also der TV-Gebühren, mit denen der ORF sich finanziert. Den Kampf mit den Medien verlagert die FPÖ auf immer neue Schlachtfelder. Nur mit der Kronen-Zeitung darf Strache eigentlich sehr zufrieden sein. Hautnah und empathisch durfte sie auch dabei sein, als der Vizekanzler unlängst nach der Geburt eines Sohnes einen viel beschriebenen "Papa-Monat" einlegte. Es gilt halt nach wie vor, was Strache dort auf Ibiza verkündet hat: "Wenn du die Krone hast, hast du die Meinungshoheit." Mehr Geschichten aus und zu Österreich jeden Freitag im Österreich-Newsletter der Süddeutschen Zeitung. Alle Infos und kostenlose Anmeldung: sz.de/oesterreich
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Die SPD will entschiedener gegen Kinderarmut vorgehen. Nach langer interner Debatte setzen sich die Sozialdemokraten jetzt dafür ein, eine eigenständige Kindergrundsicherung einzuführen. Damit verfolgen sie unter anderem das Ziel, Kinder aus dem Hartz-IV-System herauszuholen. Das geht aus einem Beschlusspapier für die Klausurtagung der Bundestagsfraktion hervor, die an diesem Donnerstag beginnt. In dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, heißt es: "Mit Kinderarmut werden wir uns nicht abfinden." Deshalb arbeite die SPD an "einer eigenständigen Absicherung für Kinder". Dem Papier nach soll noch "in diesem Jahr" ein Konzept vorgelegt werden. Im Kern geht es beim Thema Kindergrundsicherung darum, bestehende Sozialleistungen und steuerliche Förderungen für Familien zu bündeln. Nur noch eine einzige Transferleistung soll den Grundbedarf für Kinder abdecken. Debattiert werden Beträge von etwa 620 Euro, die bei höheren Einkommen abgeschmolzen werden. Sozialverbände halten dieses System für gerechter als den Status quo. Die Forderung nach einer Grundsicherung für Kinder reiht sich ein in die Strategie der SPD, Kinder-, Familien- und Bildungspolitik "in den Mittelpunkt" ihres politischen Handelns zu stellen, wie es im Beschlusspapier der Fraktion heißt. Die Debatte nimmt damit just zu dem Zeitpunkt Fahrt auf, da Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Sozialminister Hubertus Heil bessere staatliche Leistungen für Familien mit kleinem Einkommen durchsetzen wollen. Am Mittwoch stellten die beiden SPD-Politiker ihr "Starke-Familien-Gesetz" vor, nachdem es vom Kabinett gebilligt worden war. Das Gesetz verspricht unter anderem einen höheren Kinderzuschlag, ein kostenloses Mittagessen in Schule und Kita und kostenlose Schülerfahrkarten. Giffey und Heil betonten, dass sie die Reform als Basis für eine mögliche Kindergrundsicherung sehen. Man müsse die Dinge "Stück für Stück" ändern, so Heil. Giffey sagte, zunächst würden "suboptimale staatliche Leistungen" verbessert, die Neugestaltung des Kinderzuschlags sei aber "ein Fundament für eine Kindergrundsicherung". Auch weitere führende Sozialdemokraten machen sich für einen Systemwechsel stark. Je nach Ausgestaltung könnte er Milliarden kosten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, in dessen Bundesland bereits an einem Konzept für eine Kindergrundsicherung gearbeitet wird, sagte der SZ: "Wir brauchen ein einfaches und bürgerfreundliches System, das insbesondere Kinderarmut wirksam bekämpft." Es sei nicht einzusehen, dass eine eigentlich wohlhabende Gesellschaft für dieses Problem bislang keine befriedigende Lösung gefunden habe. Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD), der im Mai Bürgerschaftswahlen zu bestehen hat, nannte die Einführung einer Kindergrundsicherung "unabdingbar". Allein in Bremen und Bremerhaven würden mehr als 35 000 Kinder davon profitieren. "Den Sozialstaat wieder stark zu machen", sei die beste Unterstützung, die er im Wahlkampf von seiner Partei bekommen könne.
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Bis acht Minuten vor dem Ende sah es am Mittwochabend im Londoner Wembley-Stadion so aus, als könne Borussia Dortmund an diesem Donnerstag mit realistischen Hoffnungen heimfliegen und Tottenham Hotspur in drei Wochen mit nur einem Tor Rückstand im eigenen Stadion begegnen. Doch in den letzten acht Minuten wurden diese Hoffnungen pulverisiert. Im dritten Pflichtspiel nacheinander kassierten die Dortmunder drei Gegentore: nach dem Pokal-Aus gegen Werder Bremen und dem 3:3 gegen Hoffenheim verloren sie das Achtelfinal-Hinspiel bei den Spurs in London mit 0:3 (0:0) und waren merklich bedient. "Wenn wir gegen robustere Teams spielen müssen, fehlt uns etwas", gestand Torwart Roman Bürki: "Schwierig, wenn man vorne keinen Stürmer drin hat, den man mal anspielen kann." Vorne gingen die Bälle verloren. Und hinten wurde zu luftig, zu nachlässig gedeckt: "Das ist nicht gut verteidigt. Es kann nicht sein, dass wir bei Standards so unaufmerksam sind." Über weite Strecken hatte der BVB den Dritten der Premier League in Schach gehalten, aber drei Blackouts - 66 Sekunden nach der Pause sowie acht und drei Minuten vor Schluss - bescherten den Dortmundern eine Niederlage, die bei den Westfalen momentan ins Bild passt. Es war das vierte Pflichtspiel in Serie ohne Erfolg. "In der ersten Halbzeit hatte Dortmund die besseren Chancen", sagte Torschütze Son Heung-min, "aber am Ende hätten wir noch mehr Tore erzielen können." Schon im Herbst 2017 hatten die Borussen, damals noch unter dem Trainer Peter Bosz, keine guten Erfahrungen mit Tottenham gemacht und zwei Mal verloren. Und auch diesmal gab es eine dramatisch anmutende Niederlage. Die einzigen beiden Male, dass sich die aktuelle Dortmunder Mannschaft zuvor hatte auseinandernehmen lassen, das waren im November bei Atlético Madrid (0:2) sowie am vergangenen Samstag zwischen 17.03 und 17.16 Uhr, als man gegen die TSG Hoffenheim eine 3:0-Führung verspielte. Da lag Favre aber krank im Bett. Diesmal stand er im Londoner Wembley-Stadion am Rande des Spielfelds und gestikulierte dynamisch. Favre bot angesichts verletzungsbedingter Ausfälle der Abwehrspieler Lukasz Piszczek, Julian Weigl und Manuel Akanji eine Viererkette auf, wie sie in 30 Pflichtspielen zuvor nicht ein einziges Mal zusammen gespielt hatte: Hakimi, Toprak, Zagadou und Diallo. In der Offensive entschied sich Favre anstelle von Raphael Guerreiro und Maximilian Philipp für Christian Pulisic und Mahmoud Dahoud. Favre ließ ein 4-3-3 spielen mit Axel Witsel auf der Sechs und Thomas Delaney sowie Dahoud auf den Halbpositionen davor. Tottenham, das ohne seine verletzten Stars Dele Alli und Harry Kane auskommen musste, setzte die Dortmunder anfangs enorm unter Druck. Während die Westfalen aus diesem Grund zunächst keine Bekanntschaft mit dem Spurs-Strafraum machten, drosch Tottenhams brasilianischer Ersatzstürmer Lucas Moura den Ball in der 6. Minute gleich mal hauchdünn am Pfosten vorbei.
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Durch das Internet nimmt der Druck auf Arbeitnehmer zu. Wer ständig erreichbar ist, schläft schlechter und leistet weniger. Doch es gibt Strategien, die vor einer digitalen Abhängigkeit schützen. Detailansicht öffnen Von Arbeitnehmern wird erwartet, immer mehr in immer kürzerer Zeit zu leisten. Die Schnelligkeit der digitalen Welt überfordert viele. (Foto: Peter Macdiarmid/Getty Images) Auf dem Spielplatz wird es Markus Albers mit einem Mal bewusst. Als seine kleine Tochter ihn bittet, nicht ständig auf sein Handy zu starren, merkt er: Nein, ich kann nicht aufhören. Das Treffen muss verschoben, die Mail beantwortet und das Protokoll für die Kollegen freigegeben werden, zur Not eben zwischen Schaukel und Sandkasten. Technische Geräte sind zu ständigen Begleitern geworden, die permanente Erreichbarkeit zur Normalität. So wie dem Familienvater Albers geht es vielen. In einer Befragung des Bundesverbands Digitale Wirtschaft gaben 38 Prozent an, dass es ihnen schwerfalle, offline zu sein und ihre digitalen Geräte eine Zeit lang wegzulegen. Die zunehmende Vermischung privater und beruflicher Lebensbereiche verstärkt dabei die digitale Abhängigkeit. "Berufliches sickert vollständig ins Private ein. Mit dem Smartphone habe ich die Arbeit immer dabei", sagt Markus Albers. Der Autor plädiert in seinem Buch "Digitale Erschöpfung" für einen anderen Umgang mit Technologie. "Durch eine Kultur, in der es selbstverständlich ist, dass wir abends um elf noch unsere Mails beantworten und am nächsten Morgen im Meeting sitzen, werden Arbeitnehmer übermannt." Die permanente Verfügbarkeit, die mit der Digitalisierung einhergeht, überfordert viele Arbeitnehmer. "Wir müssen dafür sorgen, uns nicht an den Bildschirm zu ketten, nachdem die Ketten an den Schreibtisch abgestreift werden konnten", meint Albers. Studien geben ihm recht. So bestätigt eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung, dass die ständige mobile Erreichbarkeit zu Stress und Belastung führt. Das Wechselspiel zwischen Arbeit und Privatleben koste viel Energie und wirke sich auch negativ auf die Schlafqualität aus, da die jeweiligen Rollen als Privatmensch oder Arbeitnehmer an unterschiedliche Erwartungen geknüpft sind. Schlechter Schlaf wiederum führe zu verminderter Leistungsfähigkeit, schreibt die Arbeitspsychologin Lilian Gombert vom Leibniz-Institut. Digitale Entrümpelung lautet die Lösung, die der US-amerikanische Informatikprofessor Cal Newport in seinem kürzlich erschienenen Buch "Digitaler Minimalismus" präsentiert. Laut Newport finden sich die schädigenden Einflüsse der digitalen Welt vorrangig im privaten Umgang mit der Technologie: "Bei vielen Menschen täuscht eine zwanghafte Smartphone-Nutzung über eine Lücke hinweg, die durch eine unzureichend entwickelte Freizeitgestaltung entstanden ist." Um diese Lücke erkennen und anderweitig schließen zu können, hilft laut Newport eine Pause. 30 Tage Abstand von Apps, Webseiten, Videospielen und Streamingdiensten seien ratsam. Dadurch sollen die Aktivitäten wiederentdeckt werden, die wirklich glücklich machen, und Technologien, die deren Umsetzung erleichtern. Einfache Kniffe helfen dabei, den Blick öfter vom mobilen Endgerät zu lösen. Der Experte rät, Phasen konzentrierten Arbeitens festzulegen und währenddessen Ablenkungen zu vermeiden. Im Nicht-Stören-Modus des Handys können wichtige Anrufe und Anwendungen dennoch als solche markiert und von der Sperre ausgenommen werden. Zeit spart, wer sich in Textnachrichten kurz und präzise ausdrückt, anstatt mehrere unausgereifte Nachrichten nacheinander zu versenden. Am zielführendsten und unmissverständlichsten sei aber das persönliche Gespräch. Da digitale Abstinenz zwar sinnvoll ist, auf Technik jedoch heute oft nicht gänzlich verzichtet werden kann, empfiehlt Newport, die Zeit vor dem Bildschirm zu planen. "Falls Sie stundenlang Netflix schauen und dabei einen Livestream von sich selbst hochladen wollen, indem Sie bei Twitter unterwegs sind - nur zu! Doch außerhalb dieser Zeiträume bleiben Sie offline", empfiehlt der Informatiker. Sich in Gesprächen mit Freunden und Kollegen über weitere sinnvolle Strategien auszutauschen, könne besonders im Arbeitskontext hilfreich sein. "Was der Einzelne tun kann, ist leider begrenzt", meint jedoch Buchautor Albers. Er sieht daher den Arbeitgeber in der Fürsorgepflicht. Entscheidend seien Führungskräfte, die Regeln und Erwartungen zur Erreichbarkeit und Arbeitsweise eindeutig kommunizierten. Sonst stellt sich die Frage, ob Angestellte arbeiten, wenn sie nach Dienstschluss einen Anruf entgegennehmen oder kurz eine Mail beantworten. In Frankreich ist das Zugeständnis an Arbeitnehmer, ihre Kommunikationsmittel für berufliche Zwecke nach Feierabend auszuschalten, gesetzlich geregelt. Seit 2017 gilt dort das Recht auf Abschalten. Das deutsche Arbeitsrecht hingegen weist angesichts der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt Lücken auf, weshalb es umso wichtiger ist, sich von Unternehmensebene auf Richtlinien zu einigen. Die Technologie kann dabei auch Teil der Lösung sein. "Wir müssen als Gesellschaft lernen, mit Technik umzugehen, um nicht von ihr dominiert zu werden", sagt Albers. Die Digitalisierung sei vergleichbar mit einem Garten. Er macht Freude, jedoch müsse man ihn von Zeit zu Zeit zurechtstutzen. "Sonst wird alles überwuchert."
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Fach- und Führungskräfte verdienen im Schnitt rund 58100 Euro. Große Unterschiede gibt es zwischen Branchen, Berufsgruppen - und Angehörigen von großen und kleinen Betrieben. Detailansicht öffnen Forschung bei Bayer Schering Pharma. Die Pharmaindustrie zahlt nach den Banken die höchsten Gehälter in Deutschland. (Foto: Bayer Healthcare/dpa) Wer mehr Geld haben will, sollte danach fragen. Das zeigt eine Umfrage der Jobplattform Stepstone. Eine Gehaltserhöhung bekommen demnach vor allem diejenigen Arbeitnehmer, die das Thema von sich aus ansprechen. 40 Prozent der Befragten gaben an, ihre Gehaltserhöhung aktiv eingefordert zu haben. Die meisten von ihnen waren der Meinung, sie aufgrund ihrer Leistung verdient zu haben (57 Prozent) oder sie fühlten sich unterbezahlt (17 Prozent). Sechs Prozent der Befragten hatten zudem herausgefunden, dass Kollegen mehr verdienten und begründeten ihre Forderung damit. Jeder Zehnte hat in seiner aktuellen Position bereits innerhalb von sechs Monaten erstmals eine Gehaltserhöhung bekommen. Bei einem weiteren Drittel der Befragten wurde das Gehalt im zweiten Halbjahr aufgestockt. Das entspricht nicht unbedingt den Erwartungen. Danach gefragt, welche Faktoren am ehesten über eine Gehaltserhöhung entscheiden sollten, nannten die meisten Umfrageteilnehmer die Dienstzeit in dem Unternehmen (30 Prozent). Fast genauso viele wählten die Überschreitung der individuellen Ziele (28 Prozent). Wie viel Gehalt die Fach- und Führungskräfte bei Jobwechseln und Verhandlungen für sich aushandeln können, hängt neben den individuellen Qualifikationen und dem Grad der künftigen Verantwortung auch mit dem Standort, der jeweiligen Branche und der Unternehmensgröße zusammen. Das zeigt der Gehaltsreport von Stepstone, für den 85 000 Gehaltsangaben auf der Plattform ausgewertet wurden. In die Daten fließen die Gehälter von Männern und Frauen ein, die auf der Suche nach einem neuen Job dort ihren aktuellen Verdienst angegeben haben. Die Gehälter sind also nicht repräsentativ, eignen sich aber als Orientierung. Die Gehaltsfaktoren im Überblick. Berufserfahrung Berufsanfänger mit Studienabschluss erhalten in den ersten zwei Jahren ein durchschnittliches Jahresbruttogehalt von 47 541 Euro, Nichtakademiker kommen auf ein Durchschnittsgehalt von 35 933 Euro. Die Einkommensdifferenz steigt über die folgenden Jahre noch an. Nach sechs bis zehn Berufsjahren kommen die Akademiker auf ein Durchschnittsgehalt von 66 837 Euro, alle anderen auf 45 578 Euro. Über weite Strecken des Berufslebens macht der Unterschied beim Verdienst aus Sicht der Nichtakademiker ein halbes Jahresgehalt pro Jahr aus. Personalverantwortung Fach- und Führungskräfte ohne Personalverantwortung verdienen durchschnittlich 51 176 Euro im Jahr. Haben sie Verantwortung für ein bis vier Mitarbeiter, zahlt sich das mit einem Plus von mehr als 6000 Euro aus. Bei fünf bis 14 Mitarbeitern gibt es fast 17 000 Euro extra. Menschen mit Personalverantwortung für hundert und mehr Mitarbeiter verdienen sechsstellig, nämlich etwa 102 530 Euro. Davon also nicht ganz unabhängig liegen die Durchschnittsgehälter in Konzernen deutlich über denen von kleineren Betrieben. In Firmen mit bis zu 500 Mitarbeitern werden nach der Stepstone-Auswertung im Durchschnitt Jahresgehälter von 52 220 Euro gezahlt, in Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern betragen sie 66 810 Euro. Standort Die Wirtschaftskraft der Standorte spiegelt sich in den Durchschnittsgehältern der Beschäftigten. Den Städtevergleich gewinnt Frankfurt vor München und Stuttgart. Im Länderranking sind die Unterschiede drastisch: Die südlichen Bundesländer stehen insgesamt am besten da: Hessen kommt mit dem deutschen Finanzzentrum auf ein Durchschnittsgehalt von 65 296 Euro, gefolgt von Baden-Württemberg mit 62 375 Euro und Bayern mit 61 172 Euro. Auf dem letzten Platz landet Mecklenburg-Vorpommern mit 42 063 Euro. Die Einkommensunterschiede sind aber nicht nur mit den vorherrschenden Branchen und Berufsgruppen zu erklären. Für einen neuen Job das Bundesland zu wechseln kann große Gehaltssprünge ermöglichen. So verdienen Angehörige der IT-Branche in Baden-Württemberg 15 000 Euro mehr im Jahr als in Thüringen, bei Beschäftigten im Marketing in diesen beiden Ländern liegt der Unterschied bei 18 000 Euro und bei Ingenieuren beträgt die Differenz sogar 22 000 Euro. Branche Am besten bezahlt werden Beschäftigte im Bankensektor, gefolgt von der Pharmaindustrie, den Fahrzeugbauern und ihren Zulieferern. Das ist vor allem für diejenigen interessant, die mit ihren Qualifikationen in allen Branchen arbeiten können. Sämtliche Mitarbeiter der Personalabteilungen von Pharmakonzernen etwa verdienen im Durchschnitt 79 910 Euro, während Menschen mit den gleichen Aufgaben in der Bauindustrie nur auf 61 126 Euro kommen. Wer sich mit Einkauf und Logistik auskennt, verdient in der Telekommunikationsbranche und bei Fahrzeugbauern 10 000 Euro mehr pro Jahr als in der Metallindustrie oder im Bereich Konsum- und Verbrauchsgüter. Die Studiengänge mit den bestbezahlten Absolventen sind Medizin und Zahnmedizin, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftsinformatik, Ingenieurwissenschaften sowie Mathematik und Informatik. Jobtitel Die am besten bezahlte Berufsgruppen sind die Ärzte mit einem Durchschnittsgehalt von 77 359 Euro, deutlich vor den Gruppen Finanzen, Banken und (Unternehmens-)Berater. Die Auswertung der Jobbörse ermöglicht noch einen viel differenzierteren Vergleich von Menschen, die den gleichen Jobtitel tragen. Spitzengehälter erzielen demnach zum Beispiel Portfoliomanager (94 537 Euro, sie analysieren die Finanzmärkte und legen entsprechend Kapital in unterschiedlichen Formen an), Wirtschaftsprüfer (92 588 Euro), Senior Developer (76 143 Euro, gemeint sind erfahrene IT-Entwickler), Software-Architekten (75 299 Euro, diese planen und koordinieren die Entwicklung von Anwendungen in einem Unternehmen) und Senior Development Manager (75 235 Euro, sie beobachten die Marktentwicklung und leiten daraus Unternehmensstrategien ab).
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Zirka vier Wochen ist es inzwischen her, dass die "Operation Aderlass" das jüngste Doping-Beben in der Sportlandschaft auslöste. Seither läuft der Versuch, die Dimension eines von Erfurt aus operierenden Blutdopingnetzwerkes zu rekonstruieren. 21 Athleten aus acht Nationen und fünf Sportarten haben die Behörden bislang im Visier, auch ein deutscher Eisschnellläufer soll darunter sein. Aber unabhängig von der staatsanwaltschaftlichen Suche nach weiteren Kunden und/oder Komplizen zeigt sich in dieser Affäre noch ein anderer Strang: nämlich der Kontakt der deutschen Sportinstitutionen mit der Praxis des Erfurter Sportmediziners und mutmaßlichen Doping-Drahtziehers Mark Schmidt. Und in diesem Kontext gibt etwa der Thüringer Radsport-Verband ob seines Handelns in den vergangenen Jahren ein seltsames Bild ab. Es geht dabei um den Umgang mit den sogenannten sportmedizinischen Tauglichkeitsprüfungen. Solche Untersuchungen müssen alle jüngeren D-Kader-Athleten, in der Regel zwischen 13 und 15 Jahren alt, durchlaufen. Der jeweilige Landessportbund verteilt dafür Lizenzen an bestimmte Praxen, der jeweilige Fachverband wählt diese konkret aus. So machte es auch der Thüringer Radsport-Verband (TRV), der für das Jahr 2015 einen bemerkenswerten Wechsel beschloss: Bis dahin war eine Praxis im Erfurter Süden für seine jungen Radsportler zuständig gewesen, dann wurde die Arztpraxis Schmidt ausgewählt, die der aktuell beschuldigte Sportmediziner gemeinsam mit seiner Mutter Heidrun betrieb. 55 junge Sportler kamen fortan jedes Jahr zu dieser Praxis. Das war eine seltsam anmutende Entscheidung. Denn erst kurz vor diesem Wechsel waren in einem bundesweit aufsehenerregenden Prozess in Stuttgart von mehreren früheren Radprofis konkrete Dopingvorwürfe gegen Mark Schmidt erhoben worden, die dessen Zeit als Mannschaftsarzt bei Team Gerolsteiner (2006 bis 2008) betrafen. Damit wiederholten sie inhaltlich das, was einige Jahre zuvor schon der österreichische Radprofi Bernhard Kohl mitgeteilt hatte. Der Mediziner selbst wies zwar stets zurück, an Doping beteiligt gewesen zu sein. Aber der Richter in Stuttgart hielt fest, dass das Doping-Klima bei der Gerolsteiner-Mannschaft "doch eher freundlich" gewesen sei. Der TRV begründet den Praxiswechsel auf Anfrage damit, dass sich bei der Auswertung der Untersuchungen im Jahr 2014 "deutlich zu lange Wartezeiten auf die Untersuchungsergebnisse herausgestellt" hätten. Deshalb habe sich der damalige Leistungssport-Koordinator mit der Praxis Heidrun Schmidt in Verbindung gesetzt und ihr die Untersuchungen ab 2015 übertragen. Die konkrete Frage, warum es trotz der gravierenden Vorwürfe gegen Mark Schmidt ausgerechnet diese Praxis wurde, lässt der TRV unbeantwortet. Alle vier Jahre war die Lizenz der Praxis verlängert worden, auch als Mark Schmidt dort einstieg Die Dachorganisationen kommentieren dies verblüffend zurückhaltend. Der Deutsche Olympische Sportbund teilt mit, er könne keine Bewertung vornehmen, "da wir die Hintergründe zur Entscheidungsfindung weder kennen noch für die Landesfachverbände zuständig sind". Er wolle sich aber "zeitnah mit unseren Mitgliedsorganisationen dazu abstimmen, wie Verbesserungen in Form von national einheitlichen Standards zu erreichen sind". Die Praxis Schmidt war dabei nicht nur für junge Radsportler eine Anlaufstelle gewesen. Bereits Ende der Neunzigerjahre hatte der Landessportbund der Praxis die Lizenz für Tauglichkeitsprüfungen erteilt; damals war sie noch alleine von Schmidts Mutter betrieben worden. Alle vier Jahre war diese Lizenz verlängert worden, auch als der Sohn dort einstieg; erst als Ende Februar der Blutdopingring aufflog, entzog der LSB der Praxis diesen Status. In den vergangenen zehn Jahren hatte es insgesamt 403 sportmedizinische Untersuchungen gegeben, und zwar in den Disziplinen Radsport (220), Schwimmen (138), Gewichtheben (42), Badminton (2) und Turnen (1). Offenkundig blieb es nicht bei den Tauglichkeitsprüfungen. Bei einem Treffen zwischen Verbandsvertretern und Eltern, zu denen es nach Ausbruch der aktuellen Affäre kam, sollen Teilnehmer berichtet haben, dass manch junger Sportler auch in normaler ärztlicher Behandlung bei dem Arzt gewesen sei. Bei dem Treffen habe es von den Eltern keinerlei Hinweise auf Merkwürdigkeiten gegeben, sondern eher Lob für die Praxis. Aber das ändert nichts an dem Vorwurf, dass der organisierte Sport einem schwer belasteten Mediziner so einen Zugang zu vielen jungen Sportlern ermöglichte.
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Gerade schien sich die Stadt etwas erholt zu haben von den rechten Ausschreitungen von 2018. Nun huldigen Fußballfans öffentlich einem Neonazi. Es waren verstörende Szenen, die sich am vergangenen Samstag am Rande eines Fußballspiels des Chemnitzer FC abspielten. Im Stadion an der Gellertstraße wurde mit einer Schweigeminute, mit schwarzen Bannern, Pyrotechnik und einem Porträt auf der Anzeigetafel eines verstorbenen Fans gedacht. Nur: Thomas Haller war nicht bloß ein Fußballfan. Er war Gründer der berüchtigten Hooligan-Gruppe "HooNaRa". Der Name ist ein politisches Bekenntnis: Er steht für Hooligans, Nazis, Rassisten. Die Gruppe verbreitete insbesondere in den 90er-Jahren Angst, sie gilt als verantwortlich für diverse Gewaltexzesse. Es gibt Kontakte zum Unterstützer-Umfeld des NSU. Im Verborgenen hat Thomas Haller in Chemnitz trotzdem nicht agieren müssen: Mit der Security-Firma, die seinen Namen trägt, sicherte er in der Vergangenheit Großveranstaltungen ab, unter anderem das Chemnitzer Stadtfest - und Fußballspiele des Chemnitzer FC. Mit der Inszenierung im Stadion demonstriert die örtliche Neonaziszene wieder einmal ihre Macht. Einmal mehr ist es ihr gelungen, den öffentlichen Raum zu besetzen und die Botschaft zu senden: Diese Stadt gehört uns. Eine Woche vor Beginn des Prozesses zum gewaltsamen Tod von Daniel H. hätte Chemnitz kaum etwas Schlimmeres passieren können. Gerade schien die Stadt sich erholt zu haben, von dem Mahlstrom der Ereignisse, in den sie im vergangenen Jahr geraten war. Nach dem Tod des 35-Jährigen versammelten sich Rechtsextreme aus ganz Deutschland in der Stadt. Dazwischen aber auch: Familien mit Kindern, Chemnitzer. Die Bilder von Hitlergrüßen und Böllerwürfen gingen um die Welt. Die Demonstrationen hatten ihren Ursprung in der Chemnitzer Hooliganszene. "Sind wir uns einig, dass der Hitlergruß nicht okay ist?" Seitdem sind viele Bundespolitiker nach Chemnitz gereist, um Unterstützung zu signalisieren. Erst vor einer Woche besuchte die Kanzlerin ohne Ankündigung den Basketball-Zweitligisten Niners Chemnitz. Vielleicht, weil sie weiß, dass Sportler mehr noch als Politiker zu Vorbildern taugen, dass ein erfolgreiches Team einer Region Selbstbewusstsein verleihen kann. Der Besuch war eine gut gemeinte Geste - doch einzelne Gesten alleine reichen nicht. Alle müssen nun aufstehen und klarmachen, dass der öffentliche Raum ein Gemeingut ist und keine Propagandabühne für Rechtsextreme. Fußballstadien sind Gravitationszentren des städtischen Lebens. Dort treffen sich alle Schichten. Unabhängig von politischen Einstellungen haben 90 Minuten lang alle etwas gemeinsam: Sie wünschen sich den Sieg ihrer Mannschaft. Dass ein Fußballverein nun seine gesellschaftliche Verantwortung verrät, es duldet, dass dieses Ritual missbraucht wird, zeigt zweierlei. Von einem Teil der Stadtgesellschaft wird es offenbar nicht als Grenzüberschreitung empfunden, einem Mann zu huldigen, der offen rechtsextrem auftrat. Und es zeigt auch, dass die Stadt in ihrem Bemühen, so etwas wie Normalität wiederherzustellen, noch ganz am Anfang steht. Wenige Tage nach den Ausschreitungen im Sommer wurde Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer im Stadion des Chemnitzer FC beschimpft und ausgebuht. Wie ein Raubtierdompteur stand er da und fragte: "Sind wir uns einig, dass der Hitlergruß nicht okay ist?" Die Stadt darf es sich nicht bieten lassen, dass dieser Minimalkonsens erneut infrage gestellt wird. Sie muss zeigen, dass Demokratieverächter hier nicht das Wort führen. Dass nun Sponsoren ihre Unterstützung aufkündigen, Lokalpolitiker lautstark widersprechen, ist ein Anfang. Noch wirkungsvoller wäre es, wenn künftig die Fans der "Himmelblauen" deutlich machten, dass sich Verein und Vereinnahmung ausschließen. Stadion und die Straßen mit ganz unterschiedlichen, friedlichen Aktivitäten zu füllen, ist die Aufgabe aller Demokraten. In Chemnitz und anderswo.
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Donald Trump hat eine Gabe, die in der Politik zuweilen sehr praktisch ist. Er kann Dinge, die er früher einmal getan oder gesagt hat und die heute peinlich sind, einfach vergessen. Zumindest leugnet er seine Taten dann so vehement, dass man nicht mehr genau weiß, ob er gerade wieder lügt oder ob er tatsächlich glaubt, die Wahrheit zu sagen. Im Zusammenhang mit der Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange ließ sich dieses Trump'sche Verhalten exemplarisch beobachten. "Ich weiß nichts über Wikileaks", sagte Trump am Donnerstag. "Das ist nicht mein Ding." Diese Aussage freilich entspricht nachweisbar nicht den Tatsachen. Im Sommer und Herbst 2016, als Trump noch Präsidentschaftskandidat der Republikaner war und Wikileaks schädliche Informationen über seine demokratische Rivalin Hillary Clinton veröffentlichte, konnte er seine Begeisterung für Assange und dessen Arbeit kaum zügeln. "Ich liebe Wikileaks", rief er damals bei Wahlkampfveranstaltungen. "Leute, ihr müsst Wikileaks lesen." Geholfen hat das Assange aber nicht. Ecuador entzog ihm diese Woche die Staatsbürgerschaft und beendete das Asyl in der Londoner Botschaft. Der weißhaarige Wikileaks-Gründer wurde von Beamten aus der Botschaft getragen und verhaftet. Die US-Regierung hat seine Auslieferung beantragt. Die erste Anhörung im Auslieferungsverfahren ist für den 2. Mai angesetzt Schon jetzt deutet sich an, dass es noch eine Weile dauern wird, bis Assange ausgeliefert wird - falls es so weit kommt. Zwar sprach ein britisches Gericht ihn noch am Donnerstag schuldig, gegen Kautionsauflagen verstoßen zu haben. Darauf steht bis zu einem Jahr Haft. Zentral ist aber Assanges Auslieferungsverfahren, in dem sich entscheidet, ob er an die USA übergeben wird. Die erste Anhörung ist für den 2. Mai angesetzt. Assange und seine Anwälte können dann vorbringen, warum eine Auslieferung in ihren Augen nicht gestattet werden sollte. Und das dürfte so einiges sein: "Journalisten auf der ganzen Welt sollten sich über diese beispiellosen Strafanzeigen große Sorgen machen", sagte Assange-Anwalt Barry Pollack. Sollte der Wikileaks-Gründer ausgeliefert werden, könnten demnach schon bald andere unliebsame Journalisten folgen, warnen seine Anhänger. Sollte das britische Gericht einer Auslieferung zustimmen, heißt das aber noch lange nicht, dass er sofort ausreisen muss. Der gebürtige Australier kann die Entscheidung anfechten. Bis der Fall durch alle Instanzen gegangen ist, können Jahre vergehen. Selbst im Falle einer Auslieferung dürfte es dann noch eine Weile dauern, bis der am US-Distriktgericht von Virginia anhängige Fall verhandelt wird. Immerhin ist jetzt bekannt, was Assange überhaupt vorgeworfen wird. Es geht um Wikileaks-Veröffentlichungen aus den Jahren 2010 und 2011 über den Irak- und den Afghanistan-Krieg sowie über das umstrittene US-Gefangenenlager Guantanamo. Außerdem um die sogenannten Botschaftsdepeschen, die peinliche Details darüber enthüllten, was US-Diplomaten über Politiker anderer Länder denken. Mit keinem einzigen Wort ist hingegen die russische Einmischung in den US-Präsidentschaftswahlkampf erwähnt, bei der Wikileaks angeblich behilflich gewesen sein soll. Trump hatte Assange nach seinem Wahlsieg verteidigt, als dieser bestritt, das Material über die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton von Hackern erhalten zu haben, die es mutmaßlich im Auftrag des russischen Geheimdienstes gestohlen hatten. "Julian Assange hat gesagt, dass ein Vierzehnjähriger den Hack gemacht haben könnte", twitterte Trump am 4. Januar 2017. "Er sagt auch, die Russen hätten ihm die Info nicht gegeben." Ob Assange in dieser Sache log oder die Wahrheit sagte - darum soll es vor Gericht aber nun nicht gehen. Es soll, und das macht die Sache besonders pikant, um Enthüllungen gehen, die offenkundig im öffentlichen Interesse waren und an der angesehene Medienhäuser wie der Spiegel, der Guardian und die New York Times mitgearbeitet hatten. Sie enthüllten, wie US-Soldaten im Irak unschuldige Zivilisten getötet hatten; sie zeigten den düsteren Alltag im Afghanistan-Krieg und belegten, wie das US-Militär Häftlinge des Gefangenenlagers Guantanamo bedrohlicher und gefährlicher darstellten, als sie es wohl tatsächlich waren. In einer lediglich sechs Seiten langen Anklage werfen die US-Behörden Assange nun vor, sich mit der damals noch als Bradley Manning bekannten Whistleblowerin Chelsea Manning verbündet zu haben, um an diese geheimem Unterlagen zu gelangen. Die Anklage ist, nicht nur was die Seitenzahl angeht, dünn. Sie enthält auch mehrere Punkte, die aus Sicht von Journalisten und Bürgerrechtlern besorgniserregend sind. Assange wird nämlich vorgeworfen, Manning ermutigt zu haben, "Informationen und Dokumente von US-Regierungsstellen zu übergeben". Außerdem habe Wikileaks Vorkehrungen getroffen, um die Identität von Manning - also der Quelle - zu schützen. Beides gehört für Journalisten zum Alltag. Mit Informanten sprechen und sie ermutigen, Informationen von öffentlichem Interesse zu übergeben. Genauso gehört der Quellenschutz zum Einmaleins des journalistischen Arbeitens, ebenso verschlüsselte Kommunikation oder die Nutzung von digitalen Briefkästen, zwei weitere Vorwürfe aus der Anklage. Härter wiegt hingegen der Vorwurf, Assange habe Manning geholfen, ein Passwort zu knacken. Damit hätte Assange, sollte es stimmen und bewiesen werden, in der Tat eine rote Linie überschritten. Hacken und Passwörter knacken, das ist für Journalisten ein Tabu.
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Was sind die Menschen glücklich im Werbevideo zum neuen Thermomix: Ein Mann serviert seiner Herzdame sous-vide-gegarten Lachs, dazu gibt's Weißwein. Zwei Kinder mit verschmierten Mündern naschen vom selbst gemachten Karamell. Und mittendrin: der Thermomix. Die Edelküchenmaschine von Vorwerk steht wie kein zweites Produkt für den Spagat zwischen Vollzeitjob und Heimeligkeit. Wer mehr als 1000 Euro für ein Küchengerät ausgeben kann und will, dem bereitet die Maschine gekochtes und künftig auch gebratenes, karamellisiertes oder vakuumgegartes Essen zu. Das alles kann der neue TM6, den Vorwerk seit Freitag über seine selbständigen Verkäufer vertreibt. Doch viele Kunden sind in diesen Tagen ganz und gar nicht erfreut. Auf der Facebookseite von Vorwerk sprechen sie von "Betrug", "Kundenfeindlichkeit" und drohen mit Boykott. Die Nutzer fühlen sich getäuscht, weil sie in den vergangenen Wochen und Monaten nicht darüber informiert worden waren, dass bald ein neues Modell auf den Markt kommt - und weil sie, wie sie sagen, sogar auf Nachfrage eine falsche Antwort bekamen. Auch Sven Müller, der eigentlich anders heißt, ist sauer. Der Vater von zwei Kindern kocht gerne, aber hat wie viele andere Berufstätige nach Feierabend nicht viel Zeit. Darum habe er schon länger darüber nachgedacht, sich eine Küchenmaschine zu kaufen, die nicht nur zerkleinern und mixen, sondern auch kochen kann. "Eilig hatte ich es nicht", sagt Müller, "deshalb habe ich die Verkäuferin extra gefragt, wann ein Update geplant ist." Bei einem Auto erfahre man ja auch, wann die nächste Generation auf den Markt komme. In den nächsten zwei Jahren sei nichts zu erwarten, habe die Verkäuferin geantwortet. Daraufhin kaufte Müller Ende Oktober das Modell TM5, 1350 Euro zahlte er dafür inklusive Back-Zubehör. Jetzt vertreibt Vorwerk den Nachfolger TM6 - nicht zwei Jahre später, sondern nur wenige Monate, nachdem Müller viel Geld ausgegeben hat. "Ich ärgere mich, weil ich falsch informiert wurde und weil einige der neuen Funktionen für mich interessant gewesen wären", sagt er. Doch so rapide wie der TM5 jetzt im Wert sinke, brauche er gar nicht darüber nachdenken, sein Gerät zu verkaufen und sich ein neues zuzulegen. Tatsächlich wird das alte Modell auf Plattformen wie Ebay teils für 650 Euro angeboten, nicht viel mehr als die Hälfte des Originalpreises. Den Kunden, die zwischen dem 20. Februar und dem 8. März ein altes Modell bestellt haben, mache Vorwerk "ein individuelles Wechselangebot", teilt das Unternehmen mit. Für einen Aufpreis bekommen die Kunden dann statt des TM5 den TM6 geliefert, der in der Basisversion gut 150 Euro mehr kostet. Wer das Gerät zuvor gekauft habe, nenne zwar eine "langlebige und innovative Küchenmaschine" sein Eigen, wie Vorwerk betont. Doch neuerdings ist sie eben nicht mehr ganz so innovativ wie von den Kunden erhofft. In den sozialen Netzwerken berichten auch andere Kunden davon, dass ihre Verkäufer sie falsch informiert hätten. Ein Verbraucher schreibt, die Beraterin hätte ihm versichert, dass zwischen zwei Modellen zehn Jahre liegen - so war es beim letzten Mal. Da der TM5 im Jahr 2014 präsentiert wurde, wäre das nächste Modell dann erst 2024 lanciert worden. Vorwerk erklärt, dass die selbständigen Vertriebler genau wie die Öffentlichkeit erst am 8. März von dem neuen Modell erfahren hätten. Es spricht also einiges dafür, dass manche Verkäufer eine persönliche Einschätzung abgaben, ohne Genaueres zu wissen. Da sie auf Provisionsbasis arbeiten, haben sie ein Interesse daran, möglichst viele Geräte zu verkaufen. Auf die Nachfrage, ob es eine konkrete Vereinbarung bei Vorwerk gab, was die Verkäufer auf Fragen nach einem neuen Modell antworten sollen, geht das Unternehmen nicht ein. Wütende Kunden erwägen sogar, gegen Vorwerk vor Gericht zu ziehen Die meisten Kunden, auch Sven Müller, ärgern sich allerdings weniger über die Verkäufer als über Vorwerk. Auf Facebook haben sich bereits rund 2000 Kunden zusammengeschlossen, die erwägen, gegen das Unternehmen zu klagen. Zunächst dachten sie über eine Musterfeststellungsklage nach: Dabei können viele Verbraucher seit Kurzem mit nur einer Klage Ansprüche gegenüber Unternehmen geltend machen. Nachdem Verbraucherschützer darauf hingewiesen haben, dass dies wegen der unterschiedlichen Aussagen verschiedener Verkäufer nicht funktionieren würde, möchten einige Kunden jetzt einzeln klagen und den Kauf wegen arglistiger Täuschung anfechten. Dafür müssen sie allerdings beweisen, bewusst falsch informiert worden zu sein. Kein Unternehmen muss seinen Kunden mitteilen, wann es ein neues Produkt auf den Markt bringen will. Doch der Thermomix sei keine Küchenmaschine wie jede andere, sagt Klaus-Dieter Koch, Gründer der Managementberatung Brandtrust: Vorwerk habe es geschafft, aus dem Gerät eine Marke mit Fangemeinde und euphorischen Hashtags in sozialen Medien zu machen. "Mit dieser emotionalen Bindung geht für die Unternehmen eine große Verantwortung einher", sagt Koch. Der Experte sagt, Vorwerk hätte zum Beispiel eine letzte Edition des alten Modells in einer Sonderfarbe herausgeben und damit den Wechsel einläuten können. Diese Chance habe das Unternehmen verpasst. Auch vor viereinhalb Jahren, als Vorwerk den TM5 herausbrachte, kam das für Vertriebler und Kunden überraschend. Schon damals ärgerten sich viele. "Eine flache Lernkurve", urteilt Koch. Kunde Sven Müller hätte sich gewünscht, dass Vorwerk den Termin ein Jahr im Voraus bekannt gibt. "Dann hätte ich das neue Modell abgewartet", sagt er. Jetzt kocht er mit dem TM5 - seinem ersten und letzten Thermomix, wie er sagt. "Die Konkurrenz verkauft ja inzwischen ähnliche Geräte."
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Das Biathlon-Heimspiel in Oberhof hätte so harmonisch sein können. Die deutschen Frauen zeigten sich formverbessert und stellten am Samstag drei der besten Athletinnen. Und bei den Männern belegte Arnd Peiffer sogar Platz zwei. (Siehe eingeblockte Meldung.) Aber im Zentrum stand ein Ausländer: der Russe Alexander Loginow. Den Makel des Dopingsünders wird er nicht mehr los. Er selbst weiß das am besten, auch wenn er seine unrühmliche Vergangenheit mit der zweijährigen Sperre wegen EPO-Missbrauchs gerne hinter sich lassen würde. "Ich denke nicht mehr daran, ich will nur laufen", sagte der russische Biathlet in Oberhof. Dort feierte der 26-Jährige im Sprint seinen ersten Weltcup-Sieg - und erhitzte wieder die Gemüter. Denn anders als Loginow wollen und können seine Konkurrenten nicht vergessen. Allen voran Martin Fourcade. Angesprochen auf Loginows Sieg verfinsterte sich die Miene des Dominators der vergangenen Jahre schlagartig. "Für mich ist es eine Schande", klagte der fünfmalige Olympiasieger: "Er hat gewonnen, aber meinen Respekt bekommt er nicht." Dass er mit seinem vierten Rang in der Verfolgung am Samstag direkt vor dem fünftplatzierten Loginow landete, dürfte dem Franzosen nicht einmal mehr besondere Genugtuung verschafft haben. Fourcade gilt als lautester und entschiedenster Kämpfer gegen Doping in der Biathlon-Szene. Und vor allem Loginow ist dem 30-Jährigen seit dessen Dopingsperre ein Dorn im Auge. Detailansicht öffnen Begleitet vom misstrauischen Blick seiner Konkurrenten: Alexander Loginow weicht dem leidigen Doping-Thema lieber aus. (Foto: Petr David Josek/AP) Als dieser nur rund zwei Monate nach der abgesessenen Strafe für die WM 2017 in Hochfilzen nominiert wurde, twitterte Fourcade: "Wir dachten nicht, dass es möglich ist. Aber sie haben es getan." Nach dem zweiten Rang mit der französischen Mixed-Staffel verließ Fourcade die Siegerehrung aus Protest vorzeitig. Auf dem Podium standen auch die drittplatzierten Russen - mit Loginow. Auf eine Öffnung der B-Probe verzichtete der Russe "Er hat sich nie entschuldigt oder später darüber gesprochen", sagte Fourcade in Oberhof und erneuerte seine Kritik. Loginow schweigt sich über seine Vergangenheit lieber aus. Anfang 2013 dominierte er neben einer gewissen Laura Dahlmeier die Junioren-WM in Obertilliach, holte zweimal Gold und zweimal Bronze. Doch während Dahlmeier zur Königin ihres Sports aufstieg, folgte bei Loginow der tiefe Fall. In einer nur zehn Monate nach den Triumphen in Tirol entnommenen Probe war dem Russen Epo nachgewiesen geworden. Durch neue Testmethoden wurde die verbotene Substanz ein Jahr später entdeckt. Loginow verzichtete auf die Öffnung der B-Probe und wurde vom Weltverband IBU für zwei Jahre bis November 2016 gesperrt. Seither begleiten ihn die misstrauischen Blicke seiner Konkurrenten. "Auch wenn es schwerfällt, wir müssen damit leben. Ich finde es auch nicht schön", sagte der ehemalige Weltmeister Erik Lesser, einer von vier Athletensprechern, stellte aber auch klar: "Es ist die Maximalstrafe von zwei Jahren ausgesprochen worden. Die hat er abgesessen, jetzt ist er wieder dabei. Wenn keine positive Doping-Probe in der nächsten Zeit kommt, dann müssen wir das einfach so hinnehmen." ‹ › Biathlon-Olympiasieger Arnd Peiffer hat beim Heim-Weltcup in Ruhpolding den Sieg um 15,1 Sekunden verpasst. Der 31-Jährige beendete das 12,5-Kilometerrennen nach einer Strafrunde hinter dem Norweger Johannes Thingnes Bö als Zweiter und sicherte sich den zweiten Podestplatz der Saison. Dritter wurde der am Schießstand fehlerfrei gebliebene Italiener Lukas Hofer. Johannes Thingnes Bö holte sich trotz dreier Strafrunden seinen siebten Saison-Sieg vor 22 500 Zuschauern. Sprint-Weltmeister Benedikt Doll vervollständigte als Siebter das starke deutsche Ergebnis. Ebenfalls viermal in die Strafrunde musste Johannes Kühn und beendete das Rennen auf Rang 31. Massenstart-Weltmeister Simon Schempp hatte die Qualifikation für das Jagdrennen nach einem schwachen Sprint nicht geschafft, Ex-Weltmeister Erik Lesser verzichtete kurz vor dem Start aus "privaten Gründen" auf einen Einsatz. In der Frauen-Verfolgung rehabilitierten sich die deutschen Starterinnen für den miserablen Freitag, als erstmals keine Athletin unter die Top 30 kam. Am Samstag kamen drei deutsche Frauen unter die ersten Elf. Beste beim erneuten Erfolg von Sprintsiegerin Lisa Vittozzi aus Italien war Franziska Preuß als Sechste. Die 24-Jährige verbesserte sich um 39 Plätze. dpa Bild: Martin Schutt/dpa Wird geladen ... Doch genau dies könnte sich noch ändern. Erst Mitte Dezember war Loginow mit vier Teamkollegen und fünf Betreuern ins Visier österreichischer Ermittler geraten. Der Grund: mögliche Dopingverstöße während der WM 2017 - dort, wo Loginow kurz nach seiner abgesessenen Sperre Bronze mit der Mixed-Staffel holte. Der Geschmähte selbst weicht dem leidigen Doping-Thema lieber aus. Auf die Frage, ob er denn um den Respekt seiner Kontrahenten kämpfen müsse, entgegnete Loginow: "Ich beantworte gerne alle Fragen anderer Biathleten von Angesicht zu Angesicht." Ob Fourcade, Lesser und Co. dieser Einladung nachkommen, darf bezweifelt werden.
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So viel Geld für einen Abwehrspieler? Sind die Bayern übergeschnappt? Als Uli Hoeneß 1991 fünf Millionen Mark vom Festgeldkonto nahm, um dem Karlsruher SC den Vorstopper Oliver Kreuzer abzukaufen, da postierte die Sportbild Kreuzer zum Fotoshooting vor ein Gebäude, das offenbar genau so viel gekostet hatte wie er. Legendäre Schlagzeile: "Ich bin so teuer wie eine Tennishalle!" Heute, da Hoeneß' FC Bayern 80 Millionen Euro für den Abwehrspieler Lucas Hernandez ausgibt, muss man andere Vergleiche ziehen. Die Preisentwicklung von Tennishallen hat nicht Schritt halten können mit jener des kickenden Spitzenpersonals, was aber mindestens so viel über die darbende Freizeittennisbranche aussagt wie über das globale Fußballgeschäft. In München jedenfalls fänden sich inzwischen jede Menge Miets- und Geschäftsgebäude, die für deutlich mehr Millionen den Besitzer wechseln, als Hernandez jetzt dem FC Bayern wert ist. "Ich bin noch nicht mal ein Viertel so teuer wie dieses Wohnhaus - und deshalb werden den Familien, die dort leben, jetzt die Mieten verdoppelt!" Das wäre doch mal eine innovative Schlagzeile, um auf die wahren Probleme hinzuweisen! Die stets mit einem Seufzer auszusprechende Frage, wohin das alles noch führen wird, stellt sich gerade in vielen Bereichen, und wer zum Beispiel in München die Rekordtransfers im Immobiliensektor verfolgt, der ahnt: Es gibt bedrohlichere Investments als 80 Millionen Euro für einen Fußballer. Die angekündigte Transferoffensive ist auch eine Selbstvergewisserung Exemplarisch für einen Transfermarkt außer Rand und Band ist es natürlich trotzdem, wenn die neue Transfer-Bestmarke des FC Bayern auf einen Schlag fast doppelt so hoch liegt wie die bisherigen Spitzenwerte: Corentin Tolisso 2017, 41,5 Millionen, und Javi Martínez 2012, 40 Millionen. Und selbst Hernandez soll ja erst der Anfang sein: Hoeneß, als Präsident und Aufsichtsratschef weiter eine Art Supermanager hinter den Plänen, hat vorsorglich schon das "größte Investitionsprogramm, das der FC Bayern je hatte", angekündigt (passenderweise auf einer Finanzmaklermesse). So eine Ansage mag zwar nicht dazu geeignet sein, gute Preise rauszuhandeln, weil ja jetzt die ganze Welt weiß, dass die Bayern die Schatulle weit offen haben; Leverkusen hat vorsorglich schon mal mitgeteilt, dass der Jung-Nationalspieler Kai Havertz nicht unter 100 Millionen zu haben wäre. Aber zur Selbstvergewisserung, weiter zu den europäischen Großkalibern zu gehören, taugt so eine Ankündigung in jedem Fall. Auch wenn etwa bei Real Madrid - vorerst gerüchteweise - schon wieder ganz andere Summen im Raum stehen: Bezahlen die selbsternannten "Galaktischen" demnächst 280 Millionen für Frankreichs Tempodribbler Kylian Mbappé? Als der Brasilianer Neymar vor zwei Jahren im Auftrag von Paris Saint-Germain für 222 Millionen Euro aus seinem Vertrag beim FC Barcelona herausgekauft und kurz darauf Mbappé für 108 Millionen (plus Boni) beim AS Monaco abgelöst wurde, da war viel vom "freien Markt" und seiner nun mal "rotierenden Preisspirale" die Rede. Dabei folgten diese beiden Transfers eben nicht in erster Linie wirtschaftlichen Überlegungen wie jener, ob sich so ein Kaufpreis durch den Erlös aus Trikotverkäufen plus dem Werbewert möglicher Titelgewinne rekapitalisieren lässt. Neymar und Mbappé zu PSG, das war auch ein geostrategisch begründeter Coup des Emirats Katar, dem der Pariser Klub gehört. Die Strategie: Maue Imagewerte durch die globale Strahlkraft von Zauberkickern und Pokalen aufzupolieren. Neymar und Mbappé, das waren quasi die neuesten Waffengattungen in einem Handelskrieg mit Ball. Doch zwei Jahre später lässt sich festhalten, dass die Branche die Summen, die noch kürzlich als Fantasiewerte galten, akzeptiert hat. Vor allem in Madrid, wo der Patriarch Florentino Perez nicht abtreten will, ohne das derzeit kriselnde Team wieder zum Champions-League-Aspiranten zu formen. Wohl um fast jeden Preis. Das Domino, das von Reals Ambitionen ausgeht, dürfte der Branche bald ihren bislang wildesten Sommer bescheren. Und wer zahlt's am Ende? Ein Teil der Summen wird bereits ans Publikum weitergereicht. Englands Premier League können sich jene Fans, die dort einst für die Stimmung sorgten, oft schon nicht mehr leisten. Und wer alle Spiele seines Teams im Fernsehen verfolgen will, braucht inzwischen diverse TV- und Streaming-Abos. Aber dass es vielen, die ihr Geld derzeit in den Fußball pumpen, gar nicht um Fußball geht, sondern um geostrategische Machtspiele, das hat man erst kürzlich wieder an dem Konsortium gesehen, mit dem der Fifa-Präsident Gianni Infantino einen geheimen Milliardendeal aushandeln wollte. Die potenziellen Investoren kamen vor allem aus Saudi-Arabien, dem größten Rivalen des WM-Ausrichters Katar in der Region. Hat irgendwer Tennishalle gesagt?
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Detailansicht öffnen Milliardär und Medienzar, viermaliger Ministerpräsident, Politiker mit Interessenkonflikten und Party-Impresario: Silvio Berlusconi gründete 1978 sein TV-Imperium Mediaset. Jetzt greift er in Richtung München. (Foto: Fabio Cimaglia/ddp images/LaPresse) Die Attacke aus Mailand kam für alle in Unterföhring überraschend. Der italienische Fernsehkonzern Mediaset, der vom höchst umstrittenen ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und seiner Familie kontrolliert wird, greift nach Pro Sieben Sat 1. Die Italiener teilten am Mittwoch mit, dass sie ein Aktienpaket von 9,6 Prozent an dem kriselnden deutschen Fernsehunternehmen gekauft haben. Das Aktienpaket, mit dem Mediaset zum größten strategischen Anteilseigner der deutschen Senderkette aufsteigt, war zum Schlusskurs vom Dienstag rund 330 Millionen Euro wert. In Branchen- und Finanzkreisen hieß es, der Einstieg sei noch nicht der letzte Schritt, auch wenn die Italiener nicht kurzfristig weiter aufstocken würden. Die Italiener sind alles andere als willkommen. "Ich sehe keine industrielle Logik in einer industriellen Kombination von Mediaset und Pro Sieben Sat 1", sagte Max Conze, der Vorstandsvorsitzende des deutschen Fernsehunternehmens, noch vor drei Wochen bei der Präsentation der Quartalszahlen. Das Management von Pro Sieben Sat 1 will unabhängig bleiben, eine Übernahme lehnt man ab. Nun ist die Beteiligung von Mediaset möglicherweise aber der erste Schritt. Mitte Juni treffen sich die Aktionäre zur Hauptversammlung von Pro Sieben Sat 1. Konkrete Kontakte zu Mediaset soll es bisher nicht gegeben haben. Die Reaktion der Deutschen auf den Anteilskauf von Mediaset fiel denn auch kühl aus. "Wir begrüßen das Investment von Mediaset und werten es als Vertrauensbeweis für unsere Strategie und das Team", ließ Conze mitteilen. Berlusconis Sohn Pier Silvio, der Mediaset seit 18 Jahren führt, betonte zugleich die freundlichen Absichten und seine Wertschätzung für die Pro Sieben Sat 1-Führung. Der Mediaset-Chef erklärte, der Einstieg sei "eine langfristige Entscheidung, die darauf abzielt, mit einer zunehmend internationalen Ausrichtung Werte zu schaffen". Erst im April hatte er bereits von einer "europäischen Fernseh-Allianz" gesprochen, für die Mediaset der "Motor" sein wolle. Das klingt nach einem Plan. Nach einem, der allerdings auch die deutsche Politik beunruhigt. Berlusconi habe bereits mehrfach bewiesen, dass er medienpolitische Macht instrumentalisiere, warnt Martin Rabanus, medienpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag. "Wir müssen uns sehr genau ansehen, was da passiert", sagt Rabanus der Süddeutschen Zeitung. Zwar könne Berlusconis Firma mit knapp zehn Prozent der Anteile keine Kontrolle ausüben. Offen aber sei, welche weiteren Pläne sie verfolge. Auch die Opposition ist alarmiert. "Pressefreiheit und Meinungspluralität dürfen bei der jetzigen Beteiligung nicht auf der Strecke bleiben", fordert Thomas Hacker, medienpolitischer Sprecher der FDP. Die Grünen sprachen sich auch für Reformen der Medienkontrolle aus. "Wir müssen darüber nachdenken, ob europäische und weltweite Konzentrationsprozesse mit Regularien auf Länderebene beherrscht werden können", sagt die Abgeordnete Margit Stumpp. "Es geht um ein wesentliches Element einer funktionierenden Demokratie". Berlusconi und seine Mediaset sind sehr umstritten. Um den ehemaligen Ministerpräsidenten, inzwischen 82 Jahre alt, gab es immer wieder eine Reihe von Skandalen. Mediaset ist der größte private Fernsehanbieter Italiens, Konkurrent des öffentlichen Senders RAI, und wurde immer wieder von Berlusconi für seine politischen Zwecke eingesetzt. Die Familienholding Fininvest, die von Berlusconis Tochter Marina geführt wird, hält knapp die Hälfte der Anteile. Mediaset liegt seit Jahren im Streit mit dem zweiten Großaktionär, dem französischen Medienkonzern Vivendi, der seit einer gescheiterten Allianz mit den Italienern 29,9 Prozent der Anteile hält. Die Frage lautet nun: Kommt es zwischen München und Mailand zu einem Übernahmekampf? Mediaset macht weniger Umsatz als Pro Sieben Sat 1 und ist zudem ertragsschwächer. Zuletzt gab es immer wieder Spekulationen über ein mögliches Interesse von Mediaset, was bei Pro Sieben Sat 1 stets deutlich zurückgewiesen wurde. Auch der amerikanische Konzern Discovery wurde wiederholt als möglicher Partner gehandelt. In der New Yorker Zentrale ist der ehemalige Finanzvorstand von Pro Sieben Sat 1, Gunnar Wiedenfels, inzwischen in gleicher Funktion tätig. Die Aktie von Pro Sieben Sat 1 hatte zuletzt deutlich an Wert verloren, das Unternehmen musste auch den Dax-30 verlassen. Zu schaffen machen den Fernsehsendern, ob Pro Sieben Sat 1 oder Mediaset, die unsichere Werbekonjunktur und die starke Konkurrenz durch Streamingdienste wie Netflix, Amazon Prime oder demnächst auch Disney. Gerade jüngere Zuschauer, eine wichtige Zielgruppe für Pro Sieben Sat 1, wenden sich vom sogenannten linearen Fernsehen ab und schauen lieber, was, wie und wo sie es wollen. Ausnahmen sind derzeit noch Shows wie "Germanys Next Topmodel". Konzernchef Conze arbeitet zusammen mit Discovery an einer eigenen Onlineplattform, die mittelfristig auf rund zehn Millionen Kunden kommen soll. Zudem hat Pro Sieben Sat 1 unter Conzes Vorgänger Thomas Ebeling die Aktivitäten im Internetgeschäft ausgebaut und etwa die Vergleichsplattform Verivox oder die Partnerbörse Parship-Elite erworben. Gleichzeitig geht die Attraktivität der Sender zurück, dazu gehören unter anderem Pro Sieben, Sat 1, Kabel 1 oder Sixx. Nach der Meldung über den Einstieg von Mediaset legte die Pro-Sieben-Sat-1-Aktie zu. Pro Sieben Sat 1 ist neben der RTL-Gruppe, die mehrheitlich zum Bertelsmann-Konzern gehört, die größte deutsche Privatsender-Gruppe. Es ist nicht das erste Mal, dass Berlusconi und Mediaset - nicht nur die größte TV-Kette in Italien, sondern auch in Spanien - Interesse am Einstieg in Deutschland haben. Schon zu Zeiten des Medienunternehmers Leo Kirch vor 20 Jahren gab es Kontakte. So hatte Mediaset den spanischen Sender Telecinco gekauft und Kirch damit Kapital verschafft. Derzeit arbeiten Mediaset, Pro Sieben Sat 1 und der britische Privatsender Channel Four operativ zusammen. Willkommen waren Berlusconi und seine Leute in München aber noch nie.
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Auf das Signal hin setzte sich der Treck auf dem Weg in die Tennisarena in Bewegung: ganz hinten der Mann, der ihr ein paar Minuten zuvor noch den Gymnastikball zugeworfen hatte. Dann der Mann, der für das Stretchband verantwortlich war. Dann der Mann, dem sie ihre Wasserflasche reichte. Dann der Mann, der ihre Tennistaschen trug. Vorneweg in einem weiten schwarzen Mantel schritt Serena Williams aus den USA, die 23-malige Grand-Slam-Siegerin, wie Königin Kleopatra mit ihrem Tross. Kurz darauf fingen die Hallenkameras ein, wie sich auf demselben Flur eine Tür öffnete und eine schmale Person zögerlich hinaustrat: Tatjana Maria, 31 Jahre alt, die Gegnerin von Williams, die noch niemals in diesem riesigen Stadion in Melbourne gespielt und ihre beiden Taschen selbst geschultert hatte. Unverkennbar gibt es ein hierarchisches Gefälle im Tennis, es wird Woche für Woche durch die Weltrangliste dokumentiert. An manchen Tagen egalisieren sich die Abstufungen, wenn sich zwei Spielerinnen am Netz begegnen und ein ebenbürtiger Schlagabtausch zwischen einer der Königinnen und jemandem aus dem Fußvolk beginnt. In dieser Erstrundenpartie der Australian Open indes hob sich der schon beim Einmarsch so deutliche Klassenunterschied bis zum letzten Ballwechsel nicht auf. Maria verließ die Halle mit Tränen in den Augen Es dauerte 30 Minuten, ehe die Zuschauer erstmals laut und anerkennend applaudierten, weil Maria plötzlich härter aufschlug, ein Ass servierte und Williams, die den schwarzen Mantel über ihrem neuen, jadegrünen Einteiler zu Beginn abgelegt hatte, mit wuchtigen Vorhandschlägen zu Fehlern zwang. Da stand es allerdings schon 0:6 und 0:3 aus Sicht der deutschen Kontrahentin. 19 Minuten später war auch der zweite Satz verloren (2:6) und das Match vorbei. Maria verließ die Halle mit Tränen in den Augen. Sie hat beim Abschied nicht einmal aufgeschaut. "Ich könnte immer noch heulen", sagte sie später, als sie vor den Journalisten saß. Denn natürlich kann sie besser spielen. Sie hat 2018 ihren ersten Titel auf der WTA-Tour gewonnen, ist die Nummer 78 der Welt und verfügt über ein Arsenal von variantenreichen Schlägen, das am zweiten Tag der Australian Open aus diversen Gründen nicht zur Anwendung kam. Zunächst wegen der Halle: Die Rod-Laver-Arena ist eine Burg mit fast 15 000 Plätzen, die den Tennisplatz umstellen. Williams hatte hier bei den Australian Open siebenmal zwischen 2003 und 2017 triumphiert, ihre Gegnerin dagegen immer nur auf Nebenplätzen gespielt. "Das ist ihr Zuhause", sagte Maria, die in der Festung fremdelte. Sie kannte die Gegebenheiten, die Atmosphäre nicht, sie kannte kaum die Abmessungen des Platzes, der sich von anderen auf der Anlage auch in der Bodenhärte unterscheidet. Und sie verfügt nicht über das Privileg, sich dort mit dem Schläger in der Hand nach Belieben einspielen zu können, wie sie erläuterte: "Schon das Training zu organisieren, war ein Kampf." 30 Minuten wurden ihr schließlich vom Veranstalter am vergangenen Freitag, vier Tage vor dem Match, gestattet. Sie brauchte dann am Montag eine halbe Stunde, bis sie das Unbehagen bezwang und sich sicherer fühlte - da war die Partie fast vorbei.
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End of preview. Expand in Data Studio

MLSUMClusteringS2S.v2

An MTEB dataset
Massive Text Embedding Benchmark

Clustering of newspaper article contents and titles from MLSUM dataset. Clustering of 10 sets on the newpaper article topics.

Task category t2c
Domains News, Written
Reference https://huggingface.co/datasets/mteb/mlsum

Source datasets:

How to evaluate on this task

You can evaluate an embedding model on this dataset using the following code:

import mteb

task = mteb.get_task("MLSUMClusteringS2S.v2")
evaluator = mteb.MTEB([task])

model = mteb.get_model(YOUR_MODEL)
evaluator.run(model)

To learn more about how to run models on mteb task check out the GitHub repository.

Citation

If you use this dataset, please cite the dataset as well as mteb, as this dataset likely includes additional processing as a part of the MMTEB Contribution.


@article{scialom2020mlsum,
  author = {Scialom, Thomas and Dray, Paul-Alexis and Lamprier, Sylvain and Piwowarski, Benjamin and Staiano, Jacopo},
  journal = {arXiv preprint arXiv:2004.14900},
  title = {MLSUM: The Multilingual Summarization Corpus},
  year = {2020},
}


@article{enevoldsen2025mmtebmassivemultilingualtext,
  title={MMTEB: Massive Multilingual Text Embedding Benchmark},
  author={Kenneth Enevoldsen and Isaac Chung and Imene Kerboua and Márton Kardos and Ashwin Mathur and David Stap and Jay Gala and Wissam Siblini and Dominik Krzemiński and Genta Indra Winata and Saba Sturua and Saiteja Utpala and Mathieu Ciancone and Marion Schaeffer and Gabriel Sequeira and Diganta Misra and Shreeya Dhakal and Jonathan Rystrøm and Roman Solomatin and Ömer Çağatan and Akash Kundu and Martin Bernstorff and Shitao Xiao and Akshita Sukhlecha and Bhavish Pahwa and Rafał Poświata and Kranthi Kiran GV and Shawon Ashraf and Daniel Auras and Björn Plüster and Jan Philipp Harries and Loïc Magne and Isabelle Mohr and Mariya Hendriksen and Dawei Zhu and Hippolyte Gisserot-Boukhlef and Tom Aarsen and Jan Kostkan and Konrad Wojtasik and Taemin Lee and Marek Šuppa and Crystina Zhang and Roberta Rocca and Mohammed Hamdy and Andrianos Michail and John Yang and Manuel Faysse and Aleksei Vatolin and Nandan Thakur and Manan Dey and Dipam Vasani and Pranjal Chitale and Simone Tedeschi and Nguyen Tai and Artem Snegirev and Michael Günther and Mengzhou Xia and Weijia Shi and Xing Han Lù and Jordan Clive and Gayatri Krishnakumar and Anna Maksimova and Silvan Wehrli and Maria Tikhonova and Henil Panchal and Aleksandr Abramov and Malte Ostendorff and Zheng Liu and Simon Clematide and Lester James Miranda and Alena Fenogenova and Guangyu Song and Ruqiya Bin Safi and Wen-Ding Li and Alessia Borghini and Federico Cassano and Hongjin Su and Jimmy Lin and Howard Yen and Lasse Hansen and Sara Hooker and Chenghao Xiao and Vaibhav Adlakha and Orion Weller and Siva Reddy and Niklas Muennighoff},
  publisher = {arXiv},
  journal={arXiv preprint arXiv:2502.13595},
  year={2025},
  url={https://arxiv.org/abs/2502.13595},
  doi = {10.48550/arXiv.2502.13595},
}

@article{muennighoff2022mteb,
  author = {Muennighoff, Niklas and Tazi, Nouamane and Magne, Loïc and Reimers, Nils},
  title = {MTEB: Massive Text Embedding Benchmark},
  publisher = {arXiv},
  journal={arXiv preprint arXiv:2210.07316},
  year = {2022}
  url = {https://arxiv.org/abs/2210.07316},
  doi = {10.48550/ARXIV.2210.07316},
}

Dataset Statistics

Dataset Statistics

The following code contains the descriptive statistics from the task. These can also be obtained using:

import mteb

task = mteb.get_task("MLSUMClusteringS2S.v2")

desc_stats = task.metadata.descriptive_stats
{}

This dataset card was automatically generated using MTEB

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