doknr
stringlengths
13
13
ecli
stringlengths
0
42
gertyp
stringclasses
8 values
gerort
stringclasses
2 values
spruchkoerper
stringclasses
79 values
entsch-datum
stringlengths
8
8
aktenzeichen
stringlengths
7
508
doktyp
stringclasses
26 values
norm
stringlengths
0
2.87k
vorinstanz
stringlengths
0
5k
region
stringclasses
1 value
mitwirkung
stringclasses
35 values
titelzeile
stringlengths
0
1.89k
leitsatz
stringlengths
0
8.58k
sonstosatz
stringclasses
545 values
tenor
stringlengths
0
35.8k
tatbestand
stringlengths
0
114k
entscheidungsgruende
stringlengths
0
695k
gruende
stringlengths
0
681k
abwmeinung
stringclasses
37 values
sonstlt
stringclasses
199 values
identifier
stringlengths
114
114
coverage
stringclasses
1 value
language
stringclasses
1 value
publisher
stringclasses
1 value
accessRights
stringclasses
1 value
WBRE410020186
BVerwG
2. Senat
20131212
2 C 25/12
Urteil
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 18. September 2012, Az: 2 A 827/10, Urteil
DEU
Die Klägerin ist Justizoberinspektorin in Diensten des Beklagten. Sie erhielt bis zum Ende des Jahres 2009 die abgesenkte Besoldung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung aus der Besoldungsgruppe A 10. Ihre Klage auf volle Besoldung für die Jahre 2008 und 2009 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt: Es sei nicht gleichheitswidrig, dass die Besoldung bis zur Besoldungsgruppe A 9 bereits mit Wirkung ab Januar 2008, die Besoldung der höheren Besoldungsgruppen aber erst zwei Jahre später mit Wirkung ab Januar 2010 auf das volle Besoldungsniveau angehoben worden sei. Diese Unterscheidung sei gerechtfertigt, weil sie in Anlehnung an das Tarifrecht vorgenommen worden sei. Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. September 2012 die Bezügemitteilung für Januar 2008 und den Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ab dem 1. Januar 2008 Dienstbezüge in voller Höhe ohne Kürzung (100 %) der für das bisherige Bundesgebiet jeweils geltenden Dienstbezüge zu zahlen, hilfsweise unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2008 festzustellen, dass die Besoldung der Klägerin vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war und ihr Dienstbezüge in voller Höhe ohne Kürzung (100 %) der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge zustehen, hilfsweise festzustellen, dass die Besoldung der Klägerin vom 1. Januar 2008 bis 31. Dezember 2009 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Klägerin, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 141 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die volle Besoldung, denn die Beibehaltung der abgesenkten Besoldung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - 2. BesÜV - vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345, letztmalig geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 <462>) für die Beamten der Besoldungsgruppen A 10 und höher in den Jahren 2008 und 2009 verletzte sie nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des sächsischen Besoldungsgesetzgebers, im streitgegenständlichen Zeitraum die von ihm vorgefundene bundesgesetzliche Regelung beizubehalten, die differenziert zwischen der Besoldung bei Beamten mit einem Amt bis zur Besoldungsgruppe A 9 einerseits und bei Beamten und Richtern mit einem höherem Amt andererseits (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25 zum SächsBesG; § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39 zum SächsBesG), und diese Regelung auch mit ihren Friktionen bis zum Ablauf des in § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV bereits bestimmten Übergangszeitraums fortzuführen, ist im Ergebnis mit dem Grundgesetz noch vereinbar. Die um zwei Jahre hinausgeschobene differenzierte Angleichung ist durch die besondere und einmalige Situation gerechtfertigt, in der sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit befand. Mit Wirkung ab Januar 2008 hat sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber das Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes und der 2. BesÜV zu eigen gemacht (Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, SächsGVBl S. 3). Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) hatte der Bundesgesetzgeber die Geltungsdauer der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verlängert (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV) und die Anwendung des die Höhe der abgesenkten Besoldung regelnden § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV - ab dem 1. Januar 92,5 % der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge - für die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 beschränkt (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV). In der Gesetzesbegründung heißt es u.a.: "Die Verlängerung orientiert sich an der Zielsetzung des Tarifabschlusses, die Angleichung bis spätestens 31. Dezember 2009 abzuschließen" (BTDrucks 15/1186, S. 64) und "Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird die nicht kündbare tarifliche Vereinbarung vom 9. Januar 2003, wonach die Angleichung für die Vergütungsgruppen X bis Vb bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen ist, für die entsprechenden Besoldungsgruppen übernommen. (...) Für die übrigen Besoldungsgruppen tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft" (BTDrucks 15/1186, S. 68). Der Bundesgesetz- und -verordnungsgeber hatte damit den Tarifabschluss mit der nach Vergütungsgruppen zeitlich gestuften Angleichung an die "West-Vergütung" auf die Beamten übertragen und deshalb eine nach Besoldungsgruppen zeitlich gestufte Angleichung an die "West-Besoldung" angeordnet. Dies hat der sächsische Landesgesetzgeber bis zum Auslaufen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in sein Landesrecht übernommen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG als Teil des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl S. 3). In den Anlagen zum Sächsischen Besoldungsgesetz finden sich demzufolge die Besoldungstabellen sowohl für die Empfänger abgesenkter Besoldung (Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39) als auch für die Empfänger nicht abgesenkter Besoldung (Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25). Dabei gehören zu Letzteren auch die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9, für die nach § 12 Abs. 2 der 2. BesÜV schon zum Jahresbeginn 2008 die Absenkung gegenüber der Normalbesoldung beendet worden ist. Zwar sind Maßstab bei der Gleichheitsprüfung (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Besoldung der sächsischen Beamten und Richter nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder nunmehr die Verhältnisse in Sachsen. Der Gesetzgeber kann und muss Gleichheit nur innerhalb seiner Zuständigkeit gewähren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 2009 - 2 BvR 1978/09 - BVerfGK 16, 444 <448> unter Hinweis auf BVerfGE 21, 54 <68> und BVerfGE 79, 127 <158>). Allerdings war die Übernahme des Regelungsmodells der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in das sächsische Besoldungsrecht nur bei Fortbestehen seiner inneren Rechtfertigung - die zwischen dem bisherigen Bundesgebiet und dem Beitrittsgebiet unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse - zulässig. Diese war auch für die Jahre 2008 und 2009 gegeben, weil sich nach allgemeinkundigen Erkenntnissen die insoweit maßgeblichen Indikatoren betreffend die weitere Entwicklung des Angleichungsprozesses auch in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert haben (vgl. nur die allgemein zugänglichen, insbesondere auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abrufbaren Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit für die Jahre 2008 und 2009; Senatsurteil vom heutigen Tag - BVerwG 2 C 49.11 - Rn. 21 und 31). Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses auch für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.> m.w.N.). Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Ob das jährliche Nettoeinkommen der Beamten den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG genügt, hängt von der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ab. Maßgebend ist vor allem der Vergleich mit den Nettoeinkommen der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Daneben kommt es auf die Entwicklung derjenigen Einkommen an, die für vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Entwicklung nur ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen keine Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (stRspr, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11, Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 25 f. m.w.N.). Die durch das Leistungsprinzip, Art. 33 Abs. 2 GG, und das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, gewährleistete amtsangemessene Besoldung ist eine nach dem Amt abgestufte Besoldung. Die Besoldung des Beamten ist seit jeher nach seinem Amt und der mit diesem Amt verbundenen Verantwortung abgestuft worden. Es gehört daher zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in der Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 1954 - 2 BvG 1/54 - BVerfGE 4, 115 <135>; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - BVerfGE 8,1 <14>, vom 14. Juni 1960 - 2 BvL 7/60 - BVerfGE 11, 203 <215>, vom 4. Juni 1969 - 2 BvR 343/66 - BVerfGE 26, 141 <158>, vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146 <164 f.> und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 - BVerfGE 110, 353 <364>). Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Jedem Amt ist eine Wertigkeit immanent, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht. Die "amts"-angemessene Besoldung ist deshalb notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293>, vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 - BVerfGE 117, 330 <355> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <293>). Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1969 a.a.O. S. 158 f.), innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Den Gerichten ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht - wie hier möglicherweise Art. 33 Abs. 2 und 5 GG mit dem aus dem Leistungsprinzip und aus dem Alimentationsprinzip folgenden Abstandsgebot - von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <244>; vgl. auch Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 - 2 BvL 22/80 - BVerfGE 65, 141 <148 f.> und vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <319 f.>). Jede Besoldungsordnung enthält unvermeidbare Härten und mag aus Sicht der Betroffenen fragwürdig sein. Solche Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Regelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Beschlüsse vom 6. Mai 2004 a.a.O. S. 364 f. und vom 4. Februar 1981 a.a.O. S. 161 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. statt aller Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1, S. 4 m.w.N.). Das Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, einen einmal festgelegten Abstand zwischen den Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten. Der Gesetzgeber kann ein bestehendes Besoldungssystem neu strukturieren und auch die Wertigkeit von Besoldungsgruppen zueinander neu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <295> m.w.N.). Hingegen dürfen die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen nicht nach und nach eingeebnet werden. Solche Maßnahmen können unterschiedlich hohe lineare Besoldungsanpassungen etwa für einzelne Besoldungsgruppen sein. Auch regelmäßige, mehr als geringfügige zeitliche Verzögerungen bei den Besoldungsanpassungen für höhere Besoldungsgruppen können zu einer solchen Einebnung beitragen. Da der Abstand im Hinblick auf das Alimentationsprinzip relativ zu bemessen ist - ein absolut gleichbleibender Abstand verliert durch die Inflation an Wert und vermittelt entsprechend weniger Kaufkraft zur Bestreitung des "amtsangemessenen" Unterhalts -, gilt dies auch für die völlige oder teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Ob eine der genannten Maßnahmen eine mit dem Abstandsgebot unvereinbare Einebnung des Besoldungsgefüges zur Folge hat, erschließt sich in der Regel nicht durch die Betrachtung allein der konkreten Maßnahme, sondern nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung früherer Besoldungsanpassungen. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall: Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre; 7,5 Prozent). Eine angespannte Haushaltslage rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die besoldungsrechtliche Regelung an Entgeltvereinbarungen eines Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrages ein maßgeblicher Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <288 ff.>; Beschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a - DVBl 2007, 1435 <1438 f.>; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 34.01 - BVerwGE 117, 305 <309> = Buchholz 240 § 14a BBesG Nr. 1 S. 4 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 6 f.). Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen. Tarifvertragliche Vereinbarungen können ein Abrücken von den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Beamten- und Richterbesoldung nicht rechtfertigen. Des Weiteren rechtfertigt auch die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beamten die Ungleichbehandlung höherer Besoldungsgruppen grundsätzlich nicht. Zwar kann bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine Ungleichbehandlung im Bereich des beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatzes zulässig sein (Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <284> = Buchholz 237.6 § 87c NdsBG Nr. 1 S. 7 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 18). Im Besoldungsrecht jedoch kann die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das Abstandsgebot lediglich kurzzeitige Verschiebungen von Besoldungserhöhungen für einzelne Besoldungsgruppen rechtfertigen, wie im vorliegenden Fall die viermonatige Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 2008 für die Besoldungsgruppen ab A 10 (§ 20 Abs. 3 SächsBesG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl. S. 3). Bei längeren oder substantiellen Verschiebungen - wie hier bei einem Prozentsatz von 7,5 % für zwei Jahre - kommt eine Rechtfertigung allenfalls dann in Betracht, wenn davon nur die Spitzenämter im höheren Dienst betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2001 - 2 BvR 571/00 - DVBl. 2001, 1667). Eine Verschiebung um zwei Jahre ist weder kurzzeitig noch sind Besoldungsgruppen ab A 10 höhere Besoldungsgruppen oder gar Spitzenämter in diesem Sinn. Die hier angegriffene Ungleichbehandlung der Besoldungsempfänger ab der Besoldungsgruppen A 10 ist vielmehr nur im Hinblick auf die besondere, einmalige Situation, in der sich der sächsische Landesgesetzgeber im Jahre 2008 befand, noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der sächsische Landesgesetzgeber fand bei Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Besoldungsrecht die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Abstufung der Besoldungsangleichung vor. Er stand vor der Wahl, entweder die Besoldung für alle Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2008 auf das im bisherigen Bundesgebiet geltende Niveau anzuheben oder die Angleichung für alle Besoldungsgruppen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen oder schließlich die bereits bundesrechtlich vorgesehene gestufte Angleichung beizubehalten. Im ersten Fall hätte er sich neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Im zweiten Fall wäre den geringer besoldeten Beamten bis Besoldungsgruppe A 9 die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Angleichung versagt geblieben. Im dritten Fall, den er gewählt hat, musste er die vorübergehende Einebnung des Besoldungsabstandes zwischen den Besoldungsgruppen in Kauf nehmen. Dass er sich in dieser Situation für die dritte Variante entschieden hat, ist von seinem besonders großen Gestaltungsspielraums bei der Bewältigung der Folgen der deutschen Einheit gedeckt (vgl. zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Zusammenhang mit der deutschen Einheit: BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <246>; vgl. auch Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - BVerfGE 95, 143 <155 f., 157 f.>; Urteile vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1 <38> und vom 14. März 2000 - 1 BvR 284, 1659/96 - BVerfGE 102, 41 <55>; Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <324 f.> und vom 21. November 2001 - 1 BvL 19/93 u.a. - BVerfGE 104, 126 <147>). Entscheidend dafür ist, dass die Verschiebung der Besoldungsangleichung für die Besoldungsgruppen höher als A 9 zwar weder geringfügig noch kurzfristig, aber immerhin nur vorübergehend war. Sie führte insbesondere nicht zu einer geringeren Basis für spätere Besoldungserhöhungen; die Beamten und Richter dieser Besoldungsgruppen wurden nach Auslaufen der Absenkung in die bereits bestehende und für die Besoldung der aus dem früheren Bundesgebiet stammenden Beamten und Richter sowie der Beamten und Richter mit Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV maßgeblichen Anlage 21 zum Sächsischen Besoldungsgesetz integriert. Die vorübergehende, wenn auch gravierende Einebnung des Besoldungsabstands wirkte sich letztlich nicht auf das dauernde Besoldungsgefüge aus und wiegt damit weniger schwer als etwa die teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Zudem hat der Landesgesetzgeber mit der Zulagenregelung in § 22 SächsBesG ein Absinken der - noch nicht angeglichenen - nach der Besoldungsgruppe A 10 besoldeten Beamten unter die Besoldung der - schon angeglichenen - vergleichbaren nach der Besoldungsgruppe A 9 besoldeten Beamten verhindert. Eine höhere Zulage war in dieser Übergangsphase nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten, zumal sie - wenn sie dem Abstandsgebot substanziell hätte Rechnung tragen wollen - in die Nähe der vollständigen Angleichung schon zum 1. Januar 2008 hätte kommen müssen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020186&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020187
BVerwG
2. Senat
20131212
2 C 26/12
Urteil
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 18. September 2012, Az: 2 A 524/10, Urteil vorgehend VG Chemnitz, 25. Februar 2010, Az: 3 K 928/08, Urteil nachgehend BVerfG, 23. Mai 2017, Az: 2 BvR 883/14, Beschluss nachgehend BVerfG, 25. Oktober 2017, Az: 2 BvR 905/14, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
DEU
Diese Entscheidung wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 und 2 BvR 905/17 - aufgehoben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Der zum 31. Dezember 2007 in den Ruhestand getretene Kläger war Polizeioberkommissar in Diensten des Beklagten. Er erhielt bis zum Ende des Jahres 2009 die abgesenkte Versorgung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung aus der Besoldungsgruppe A 10. Seine Klage auf volle Versorgung für die Jahre 2008 und 2009 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt: Es sei nicht gleichheitswidrig, dass die Besoldung - und damit die Anknüpfung für die Versorgung - bis zur Besoldungsgruppe A 9 bereits mit Wirkung ab Januar 2008, die Besoldung der höheren Besoldungsgruppen aber erst zwei Jahre später mit Wirkung ab Januar 2010 auf das volle Besoldungsniveau angehoben worden sei. Diese Unterscheidung sei gerechtfertigt, weil sie in Anlehnung an das Tarifrecht vorgenommen worden sei. Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. September 2012 und Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 25. Februar 2010 festzustellen, dass die Versorgungsbezüge des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 verfassungswidrig zu niedrig bemessen waren. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 141 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die volle Versorgung, denn die Beibehaltung der abgesenkten Besoldung (als Anknüpfungspunkt für die Versorgung, vgl. § 70 Abs. 1 BeamtVG) nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - 2. BesÜV - vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345, letztmalig geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 <462>) für die Beamten der Besoldungsgruppen A 10 und höher in den Jahren 2008 und 2009 verletzte ihn nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des sächsischen Besoldungsgesetzgebers, im streitgegenständlichen Zeitraum die von ihm vorgefundene bundesgesetzliche Regelung beizubehalten, die differenziert zwischen der Besoldung bei Beamten mit einem Amt bis zur Besoldungsgruppe A 9 einerseits und bei Beamten und Richtern mit einem höherem Amt andererseits (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25 zum SächsBesG; § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39 zum SächsBesG), und diese Regelung auch mit ihren Friktionen bis zum Ablauf des in § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV bereits bestimmten Übergangszeitraums fortzuführen, ist im Ergebnis mit dem Grundgesetz noch vereinbar. Die um zwei Jahre hinausgeschobene differenzierte Angleichung ist durch die besondere und einmalige Situation gerechtfertigt, in der sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit befand. Mit Wirkung ab Januar 2008 hat sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber das Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes und der 2. BesÜV zu eigen gemacht (Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, SächsGVBl S. 3). Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) hatte der Bundesgesetzgeber die Geltungsdauer der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verlängert (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV) und die Anwendung des die Höhe der abgesenkten Besoldung regelnden § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV - ab dem 1. Januar 92,5 % der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge - für die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 beschränkt (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV). In der Gesetzesbegründung heißt es u.a.: "Die Verlängerung orientiert sich an der Zielsetzung des Tarifabschlusses, die Angleichung bis spätestens 31. Dezember 2009 abzuschließen" (BTDrucks 15/1186, S. 64) und "Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird die nicht kündbare tarifliche Vereinbarung vom 9. Januar 2003, wonach die Angleichung für die Vergütungsgruppen X bis Vb bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen ist, für die entsprechenden Besoldungsgruppen übernommen. (...) Für die übrigen Besoldungsgruppen tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft" (BTDrucks 15/1186, S. 68). Der Bundesgesetz- und -verordnungsgeber hatte damit den Tarifabschluss mit der nach Vergütungsgruppen zeitlich gestuften Angleichung an die "West-Vergütung" auf die Beamten übertragen und deshalb eine nach Besoldungsgruppen zeitlich gestufte Angleichung an die "West-Besoldung" angeordnet. Dies hat der sächsische Landesgesetzgeber bis zum Auslaufen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in sein Landesrecht übernommen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG als Teil des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl S. 3). In den Anlagen zum Sächsischen Besoldungsgesetz finden sich demzufolge die Besoldungstabellen sowohl für die Empfänger abgesenkter Besoldung (Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39) als auch für die Empfänger nicht abgesenkter Besoldung (Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25). Dabei gehören zu Letzteren auch die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9, für die nach § 12 Abs. 2 der 2. BesÜV schon zum Jahresbeginn 2008 die Absenkung gegenüber der Normalbesoldung beendet worden ist. Zwar sind Maßstab bei der Gleichheitsprüfung (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Besoldung der sächsischen Beamten und Richter nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder nunmehr die Verhältnisse in Sachsen. Der Gesetzgeber kann und muss Gleichheit nur innerhalb seiner Zuständigkeit gewähren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 2009 - 2 BvR 1978/09 - BVerfGK 16, 444 <448> unter Hinweis auf BVerfGE 21, 54 <68> und BVerfGE 79, 127 <158>). Allerdings war die Übernahme des Regelungsmodells der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in das sächsische Besoldungsrecht nur bei Fortbestehen seiner inneren Rechtfertigung - die zwischen dem bisherigen Bundesgebiet und dem Beitrittsgebiet unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse - zulässig. Diese war auch für die Jahre 2008 und 2009 gegeben, weil sich nach allgemeinkundigen Erkenntnissen die insoweit maßgeblichen Indikatoren betreffend die weitere Entwicklung des Angleichungsprozesses auch in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert haben (vgl. nur die allgemein zugänglichen, insbesondere auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abrufbaren Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit für die Jahre 2008 und 2009; Senatsurteil vom heutigen Tag - BVerwG 2 C 49.11 - Rn. 21 und 31). Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses auch für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.> m.w.N.). Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Ob das jährliche Nettoeinkommen der Beamten den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG genügt, hängt von der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ab. Maßgebend ist vor allem der Vergleich mit den Nettoeinkommen der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Daneben kommt es auf die Entwicklung derjenigen Einkommen an, die für vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Entwicklung nur ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen keine Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (stRspr, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 25 f. m.w.N.). Die durch das Leistungsprinzip, Art. 33 Abs. 2 GG, und das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, gewährleistete amtsangemessene Besoldung ist eine nach dem Amt abgestufte Besoldung. Die Besoldung des Beamten ist seit jeher nach seinem Amt und der mit diesem Amt verbundenen Verantwortung abgestuft worden. Es gehört daher zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in der Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 1954 - 2 BvG 1/54 - BVerfGE 4, 115 <135>; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - BVerfGE 8,1 <14>, vom 14. Juni 1960 - 2 BvL 7/60 - BVerfGE 11, 203 <215>, vom 4. Juni 1969 - 2 BvR 343/66 - BVerfGE 26, 141 <158>, vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146 <164 f.> und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 - BVerfGE 110, 353 <364>). Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Jedem Amt ist eine Wertigkeit immanent, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht. Die "amts"-angemessene Besoldung ist deshalb notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293>, vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 - BVerfGE 117, 330 <355> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <293>). Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1969 a.a.O. S. 158 f.), innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Den Gerichten ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht - wie hier möglicherweise Art. 33 Abs. 2 und 5 GG mit dem aus dem Leistungsprinzip und aus dem Alimentationsprinzip folgenden Abstandsgebot - von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <244>; vgl. auch Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 - 2 BvL 22/80 - BVerfGE 65, 141 <148 f.> und vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <319 f.>). Jede Besoldungsordnung enthält unvermeidbare Härten und mag aus Sicht der Betroffenen fragwürdig sein. Solche Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Regelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Beschlüsse vom 6. Mai 2004 a.a.O. S. 364 f. und vom 4. Februar 1981 a.a.O. S. 161 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. statt aller Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr.1, S. 4 m.w.N.). Das Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, einen einmal festgelegten Abstand zwischen den Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten. Der Gesetzgeber kann ein bestehendes Besoldungssystem neu strukturieren und auch die Wertigkeit von Besoldungsgruppen zueinander neu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <295> m.w.N.). Hingegen dürfen die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen nicht nach und nach eingeebnet werden. Solche Maßnahmen können unterschiedlich hohe lineare Besoldungsanpassungen etwa für einzelne Besoldungsgruppen sein. Auch regelmäßige, mehr als geringfügige zeitliche Verzögerungen bei den Besoldungsanpassungen für höhere Besoldungsgruppen können zu einer solchen Einebnung beitragen. Da der Abstand im Hinblick auf das Alimentationsprinzip relativ zu bemessen ist - ein absolut gleichbleibender Abstand verliert durch die Inflation an Wert und vermittelt entsprechend weniger Kaufkraft zur Bestreitung des "amtsangemessenen" Unterhalts -, gilt dies auch für die völlige oder teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Ob eine der genannten Maßnahmen eine mit dem Abstandsgebot unvereinbare Einebnung des Besoldungsgefüges zur Folge hat, erschließt sich in der Regel nicht durch die Betrachtung allein der konkreten Maßnahme, sondern nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung früherer Besoldungsanpassungen. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall: Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre; 7,5 Prozent). Eine angespannte Haushaltslage rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die besoldungsrechtliche Regelung an Entgeltvereinbarungen eines Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrages ein maßgeblicher Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <288 ff.>; Beschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a - DVBl 2007, 1435 <1438 f.>; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 34.01 - BVerwGE 117, 305 <309> = Buchholz 240 § 14a BBesG Nr. 1 S. 4 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 6 f.). Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen. Tarifvertragliche Vereinbarungen können ein Abrücken von den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Beamten- und Richterbesoldung nicht rechtfertigen. Des Weiteren rechtfertigt auch die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beamten die Ungleichbehandlung höherer Besoldungsgruppen grundsätzlich nicht. Zwar kann bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine Ungleichbehandlung im Bereich des beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatzes zulässig sein (Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <284> = Buchholz 237.6 § 87c NdsBG Nr. 1 S. 7 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 18). Im Besoldungsrecht jedoch kann die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das Abstandsgebot lediglich kurzzeitige Verschiebungen von Besoldungserhöhungen für einzelne Besoldungsgruppen rechtfertigen, wie im vorliegenden Fall die viermonatige Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 2008 für die Besoldungsgruppen ab A 10 (§ 20 Abs. 3 SächsBesG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl. S. 3). Bei längeren oder substantiellen Verschiebungen - wie hier bei einem Prozentsatz von 7,5 % für zwei Jahre - kommt eine Rechtfertigung allenfalls dann in Betracht, wenn davon nur die Spitzenämter im höheren Dienst betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2001 - 2 BvR 571/00 - DVBl. 2001, 1667). Eine Verschiebung um zwei Jahre ist weder kurzzeitig noch sind Besoldungsgruppen ab A 10 höhere Besoldungsgruppen oder gar Spitzenämter in diesem Sinn. Die hier angegriffene Ungleichbehandlung der Besoldungsempfänger ab der Besoldungsgruppen A 10 ist vielmehr nur im Hinblick auf die besondere, einmalige Situation, in der sich der sächsische Landesgesetzgeber im Jahre 2008 befand, noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der sächsische Landesgesetzgeber fand bei Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Besoldungsrecht die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Abstufung der Besoldungsangleichung vor. Er stand vor der Wahl, entweder die Besoldung für alle Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2008 auf das im bisherigen Bundesgebiet geltende Niveau anzuheben oder die Angleichung für alle Besoldungsgruppen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen oder schließlich die bereits bundesrechtlich vorgesehene gestufte Angleichung beizubehalten. Im ersten Fall hätte er sich neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Im zweiten Fall wäre den geringer besoldeten Beamten bis Besoldungsgruppe A 9 die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Angleichung versagt geblieben. Im dritten Fall, den er gewählt hat, musste er die vorübergehende Einebnung des Besoldungsabstandes zwischen den Besoldungsgruppen in Kauf nehmen. Dass er sich in dieser Situation für die dritte Variante entschieden hat, ist von seinem besonders großen Gestaltungsspielraums bei der Bewältigung der Folgen der deutschen Einheit gedeckt (vgl. zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Zusammenhang mit der deutschen Einheit: BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <246>; vgl. auch Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - BVerfGE 95, 143 <155 f., 157 f.>; Urteile vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1 <38> und vom 14. März 2000 - 1 BvR 284, 1659/96 - BVerfGE 102, 41 <55>; Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <324 f.> und vom 21. November 2001 - 1 BvL 19/93 u.a. - BVerfGE 104, 126 <147>). Entscheidend dafür ist, dass die Verschiebung der Besoldungsangleichung für die Besoldungsgruppen höher als A 9 zwar weder geringfügig noch kurzfristig, aber immerhin nur vorübergehend war. Sie führte insbesondere nicht zu einer geringeren Basis für spätere Besoldungserhöhungen; die Beamten und Richter dieser Besoldungsgruppen wurden nach Auslaufen der Absenkung in die bereits bestehende und für die Besoldung der aus dem früheren Bundesgebiet stammenden Beamten und Richter sowie der Beamten und Richter mit Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV maßgeblichen Anlage 21 zum Sächsischen Besoldungsgesetz integriert. Die vorübergehende, wenn auch gravierende Einebnung des Besoldungsabstands wirkte sich letztlich nicht auf das dauernde Besoldungsgefüge aus und wiegt damit weniger schwer als etwa die teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Zudem hat der Landesgesetzgeber mit der Zulagenregelung in § 22 SächsBesG ein Absinken der - noch nicht angeglichenen - nach der Besoldungsgruppe A 10 besoldeten Beamten unter die Besoldung der - schon angeglichenen - vergleichbaren nach der Besoldungsgruppe A 9 besoldeten Beamten verhindert. Eine höhere Zulage war in dieser Übergangsphase nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten, zumal sie - wenn sie dem Abstandsgebot substanziell hätte Rechnung tragen wollen - in die Nähe der vollständigen Angleichung schon zum 1. Januar 2008 hätte kommen müssen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020187&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020188
BVerwG
2. Senat
20131212
2 C 24/12
Urteil
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 18. September 2012, Az: 2 A 736/10, Urteil vorgehend VG Chemnitz, 24. August 2010, Az: 3 K 925/08, Urteil nachgehend BVerfG, 23. Mai 2017, Az: 2 BvR 883/14, Beschluss nachgehend BVerfG, 16. Mai 2018, Az: 2 BvR 883/14, Gegenstandswertfestsetzung im verfassungsgerichtlichen Verfahren
DEU
Diese Entscheidung wurde durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2017 - 2 BvR 883/14 und 2 BvR 905/17 - aufgehoben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Der Kläger ist Polizeioberkommissar in Diensten des Beklagten. Er erhielt bis zum Ende des Jahres 2009 die abgesenkte Besoldung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung aus der Besoldungsgruppe A 10. Seine Klage auf volle Besoldung für die Jahre 2008 und 2009 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt: Es sei nicht gleichheitswidrig, dass die Besoldung bis zur Besoldungsgruppe A 9 bereits mit Wirkung ab Januar 2008, die Besoldung der höheren Besoldungsgruppen aber erst zwei Jahre später mit Wirkung ab Januar 2010 auf das volle Besoldungsniveau angehoben worden sei. Diese Unterscheidung sei gerechtfertigt, weil sie in Anlehnung an das Tarifrecht vorgenommen worden sei. Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. September 2012 und Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 24. August 2010 festzustellen, dass die Bezüge des Klägers im Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 verfassungswidrig zu niedrig bemessen waren. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Klägers, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 und § 141 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, denn die Beibehaltung der abgesenkten Besoldung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - 2. BesÜV - vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345, letztmalig geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 <462>) für die Beamten der Besoldungsgruppen A 10 und höher in den Jahren 2008 und 2009 verletzte ihn nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG. Die Entscheidung des sächsischen Besoldungsgesetzgebers, im streitgegenständlichen Zeitraum die von ihm vorgefundene bundesgesetzliche Regelung beizubehalten, die differenziert zwischen der Besoldung bei Beamten mit einem Amt bis zur Besoldungsgruppe A 9 einerseits und bei Beamten und Richtern mit einem höherem Amt andererseits (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25 zum SächsBesG; § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39 zum SächsBesG), und diese Regelung auch mit ihren Friktionen bis zum Ablauf des in § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV bereits bestimmten Übergangszeitraums fortzuführen, ist im Ergebnis mit dem Grundgesetz noch vereinbar. Die um zwei Jahre hinausgeschobene differenzierte Angleichung ist durch die besondere und einmalige Situation gerechtfertigt, in der sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit befand. Mit Wirkung ab Januar 2008 hat sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber das Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes und der 2. BesÜV zu eigen gemacht (Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, SächsGVBl S. 3). Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) hatte der Bundesgesetzgeber die Geltungsdauer der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verlängert (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV) und die Anwendung des die Höhe der abgesenkten Besoldung regelnden § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV - ab dem 1. Januar 92,5 % der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge - für die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 beschränkt (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV). In der Gesetzesbegründung heißt es u.a.: "Die Verlängerung orientiert sich an der Zielsetzung des Tarifabschlusses, die Angleichung bis spätestens 31. Dezember 2009 abzuschließen" (BTDrucks 15/1186, S. 64) und "Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird die nicht kündbare tarifliche Vereinbarung vom 9. Januar 2003, wonach die Angleichung für die Vergütungsgruppen X bis Vb bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen ist, für die entsprechenden Besoldungsgruppen übernommen. (...) Für die übrigen Besoldungsgruppen tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft" (BTDrucks 15/1186, S. 68). Der Bundesgesetz- und -verordnungsgeber hatte damit den Tarifabschluss mit der nach Vergütungsgruppen zeitlich gestuften Angleichung an die "West-Vergütung" auf die Beamten übertragen und deshalb eine nach Besoldungsgruppen zeitlich gestufte Angleichung an die "West-Besoldung" angeordnet. Dies hat der sächsische Landesgesetzgeber bis zum Auslaufen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in sein Landesrecht übernommen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG als Teil des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl S. 3). In den Anlagen zum Sächsischen Besoldungsgesetz finden sich demzufolge die Besoldungstabellen sowohl für die Empfänger abgesenkter Besoldung (Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39) als auch für die Empfänger nicht abgesenkter Besoldung (Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25). Dabei gehören zu Letzteren auch die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9, für die nach § 12 Abs. 2 der 2. BesÜV schon zum Jahresbeginn 2008 die Absenkung gegenüber der Normalbesoldung beendet worden ist. Zwar sind Maßstab bei der Gleichheitsprüfung (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Besoldung der sächsischen Beamten und Richter nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder nunmehr die Verhältnisse in Sachsen. Der Gesetzgeber kann und muss Gleichheit nur innerhalb seiner Zuständigkeit gewähren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 2009 - 2 BvR 1978/09 - BVerfGK 16, 444 <448> unter Hinweis auf BVerfGE 21, 54 <68> und BVerfGE 79, 127 <158>). Allerdings war die Übernahme des Regelungsmodells der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in das sächsische Besoldungsrecht nur bei Fortbestehen seiner inneren Rechtfertigung - die zwischen dem bisherigen Bundesgebiet und dem Beitrittsgebiet unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse - zulässig. Diese war auch für die Jahre 2008 und 2009 gegeben, weil sich nach allgemeinkundigen Erkenntnissen die insoweit maßgeblichen Indikatoren betreffend die weitere Entwicklung des Angleichungsprozesses auch in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert haben (vgl. nur die allgemein zugänglichen, insbesondere auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abrufbaren Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit für die Jahre 2008 und 2009; Senatsurteil vom heutigen Tag - BVerwG 2 C 49.11 - Rn. 21 und 31). Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses auch für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.> m.w.N.). Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Ob das jährliche Nettoeinkommen der Beamten den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG genügt, hängt von der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ab. Maßgebend ist vor allem der Vergleich mit den Nettoeinkommen der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Daneben kommt es auf die Entwicklung derjenigen Einkommen an, die für vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Entwicklung nur ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen keine Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (stRspr, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 25 f. m.w.N.). Die durch das Leistungsprinzip, Art. 33 Abs. 2 GG, und das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, gewährleistete amtsangemessene Besoldung ist eine nach dem Amt abgestufte Besoldung. Die Besoldung des Beamten ist seit jeher nach seinem Amt und der mit diesem Amt verbundenen Verantwortung abgestuft worden. Es gehört daher zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in der Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 1954 - 2 BvG 1/54 - BVerfGE 4, 115 <135>; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - BVerfGE 8,1 <14>, vom 14. Juni 1960 - 2 BvL 7/60 - BVerfGE 11, 203 <215>, vom 4. Juni 1969 - 2 BvR 343/66 - BVerfGE 26, 141 <158>, vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146 <164 f.> und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 - BVerfGE 110, 353 <364>). Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Jedem Amt ist eine Wertigkeit immanent, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht. Die "amts"-angemessene Besoldung ist deshalb notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293>, vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 - BVerfGE 117, 330 <355> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <293>). Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1969 a.a.O. S. 158 f.), innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Den Gerichten ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht - wie hier möglicherweise Art. 33 Abs. 2 und 5 GG mit dem aus dem Leistungsprinzip und aus dem Alimentationsprinzip folgenden Abstandsgebot - von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <244>; vgl. auch Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 - 2 BvL 22/80 - BVerfGE 65, 141 <148 f.> und vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <319 f.>). Jede Besoldungsordnung enthält unvermeidbare Härten und mag aus Sicht der Betroffenen fragwürdig sein. Solche Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Regelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Beschlüsse vom 6. Mai 2004 a.a.O. S. 364 f. und vom 4. Februar 1981 a.a.O. S. 161 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. statt aller Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1, S. 4 m.w.N.). Das Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, einen einmal festgelegten Abstand zwischen den Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten. Der Gesetzgeber kann ein bestehendes Besoldungssystem neu strukturieren und auch die Wertigkeit von Besoldungsgruppen zueinander neu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <295> m.w.N.). Hingegen dürfen die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen nicht nach und nach eingeebnet werden. Solche Maßnahmen können unterschiedlich hohe lineare Besoldungsanpassungen etwa für einzelne Besoldungsgruppen sein. Auch regelmäßige, mehr als geringfügige zeitliche Verzögerungen bei den Besoldungsanpassungen für höhere Besoldungsgruppen können zu einer solchen Einebnung beitragen. Da der Abstand im Hinblick auf das Alimentationsprinzip relativ zu bemessen ist - ein absolut gleichbleibender Abstand verliert durch die Inflation an Wert und vermittelt entsprechend weniger Kaufkraft zur Bestreitung des "amtsangemessenen" Unterhalts -, gilt dies auch für die völlige oder teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Ob eine der genannten Maßnahmen eine mit dem Abstandsgebot unvereinbare Einebnung des Besoldungsgefüges zur Folge hat, erschließt sich in der Regel nicht durch die Betrachtung allein der konkreten Maßnahme, sondern nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung früherer Besoldungsanpassungen. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall: Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre; 7,5 Prozent). Eine angespannte Haushaltslage rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die besoldungsrechtliche Regelung an Entgeltvereinbarungen eines Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrages ein maßgeblicher Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <288 ff.>; Beschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a - DVBl 2007, 1435 <1438 f.>; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 34.01 - BVerwGE 117, 305 <309> = Buchholz 240 § 14a BBesG Nr. 1 S. 4 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 6 f.). Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen. Tarifvertragliche Vereinbarungen können ein Abrücken von den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Beamten- und Richterbesoldung nicht rechtfertigen. Des Weiteren rechtfertigt auch die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beamten die Ungleichbehandlung höherer Besoldungsgruppen grundsätzlich nicht. Zwar kann bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine Ungleichbehandlung im Bereich des beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatzes zulässig sein (Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <284> = Buchholz 237.6 § 87c NdsBG Nr. 1 S. 7 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 18). Im Besoldungsrecht jedoch kann die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das Abstandsgebot lediglich kurzzeitige Verschiebungen von Besoldungserhöhungen für einzelne Besoldungsgruppen rechtfertigen, wie im vorliegenden Fall die viermonatige Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 2008 für die Besoldungsgruppen ab A 10 (§ 20 Abs. 3 SächsBesG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl. S. 3). Bei längeren oder substantiellen Verschiebungen - wie hier bei einem Prozentsatz von 7,5 % für zwei Jahre - kommt eine Rechtfertigung allenfalls dann in Betracht, wenn davon nur die Spitzenämter im höheren Dienst betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2001 - 2 BvR 571/00 - DVBl. 2001, 1667). Eine Verschiebung um zwei Jahre ist weder kurzzeitig noch sind Besoldungsgruppen ab A 10 höhere Besoldungsgruppen oder gar Spitzenämter in diesem Sinn. Die hier angegriffene Ungleichbehandlung der Besoldungsempfänger ab der Besoldungsgruppen A 10 ist vielmehr nur im Hinblick auf die besondere, einmalige Situation, in der sich der sächsische Landesgesetzgeber im Jahre 2008 befand, noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der sächsische Landesgesetzgeber fand bei Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Besoldungsrecht die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Abstufung der Besoldungsangleichung vor. Er stand vor der Wahl, entweder die Besoldung für alle Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2008 auf das im bisherigen Bundesgebiet geltende Niveau anzuheben oder die Angleichung für alle Besoldungsgruppen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen oder schließlich die bereits bundesrechtlich vorgesehene gestufte Angleichung beizubehalten. Im ersten Fall hätte er sich neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Im zweiten Fall wäre den geringer besoldeten Beamten bis Besoldungsgruppe A 9 die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Angleichung versagt geblieben. Im dritten Fall, den er gewählt hat, musste er die vorübergehende Einebnung des Besoldungsabstandes zwischen den Besoldungsgruppen in Kauf nehmen. Dass er sich in dieser Situation für die dritte Variante entschieden hat, ist von seinem besonders großen Gestaltungsspielraums bei der Bewältigung der Folgen der deutschen Einheit gedeckt (vgl. zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Zusammenhang mit der deutschen Einheit: BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <246>; vgl. auch Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - BVerfGE 95, 143 <155 f., 157 f.>; Urteile vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1 <38> und vom 14. März 2000 - 1 BvR 284, 1659/96 - BVerfGE 102, 41 <55>; Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <324 f.> und vom 21. November 2001 - 1 BvL 19/93 u.a. - BVerfGE 104, 126 <147>). Entscheidend dafür ist, dass die Verschiebung der Besoldungsangleichung für die Besoldungsgruppen höher als A 9 zwar weder geringfügig noch kurzfristig, aber immerhin nur vorübergehend war. Sie führte insbesondere nicht zu einer geringeren Basis für spätere Besoldungserhöhungen; die Beamten und Richter dieser Besoldungsgruppen wurden nach Auslaufen der Absenkung in die bereits bestehende und für die Besoldung der aus dem früheren Bundesgebiet stammenden Beamten und Richter sowie der Beamten und Richter mit Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV maßgeblichen Anlage 21 zum Sächsischen Besoldungsgesetz integriert. Die vorübergehende, wenn auch gravierende Einebnung des Besoldungsabstands wirkte sich letztlich nicht auf das dauernde Besoldungsgefüge aus und wiegt damit weniger schwer als etwa die teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Zudem hat der Landesgesetzgeber mit der Zulagenregelung in § 22 SächsBesG ein Absinken der - noch nicht angeglichenen - nach der Besoldungsgruppe A 10 besoldeten Beamten unter die Besoldung der - schon angeglichenen - vergleichbaren nach der Besoldungsgruppe A 9 besoldeten Beamten verhindert. Eine höhere Zulage war in dieser Übergangsphase nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten, zumal sie - wenn sie dem Abstandsgebot substanziell hätte Rechnung tragen wollen - in die Nähe der vollständigen Angleichung schon zum 1. Januar 2008 hätte kommen müssen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020188&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020189
BVerwG
10. Senat
20140213
10 C 6/13
Urteil
§ 59 Abs 2 AufenthG 2004, § 60 Abs 5 AufenthG 2004, § 60 Abs 7 AufenthG 2004, § 60 Abs 7 S 2 AufenthG 2004 vom 25.02.2008, § 4 Abs 1 AsylVfG 1992, § 15 Abs 2 AsylVfG 1992, § 24 Abs 1 AsylVfG 1992, § 32 AsylVfG 1992 vom 02.09.2008, § 33 Abs 1 AsylVfG 1992 vom 02.09.2008, § 34 AsylVfG 1992, § 77 Abs 1 AsylVfG 1992, Art 2 Buchst e EGRL 83/2004, Art 2 Buchst k EGRL 83/2004, Art 33 Abs 2 Buchst a EURL 32/2013, Art 2 Buchst c EGV 343/2003, Art 3 Abs 1 EGV 343/2003, Art 2 Buchst b EUV 604/2013, § 108 Abs 1 S 1 VwGO, § 137 Abs 1 VwGO, § 144 Abs 3 S 1 Nr 2 VwGO
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 17. Januar 2013, Az: 20 B 12.30349, Urteil vorgehend VG Regensburg, 13. Dezember 2011, Az: RO 7 K 10.30455, Urteil
DEU
Änderung des Asylverfahrensgesetzes; Anspruch auf Entscheidung über unionsrechtlichen Schutz und nationalen Abschiebungsschutz nach Verfahrenseinstellung; Ermittlung des Gefährdungsrisikos
1. Der Asylbewerber hat bei einer Einstellung seines Asylverfahrens nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) (juris: AsylVfG 1992) vor Inkrafttreten der Änderung des Asylverfahrensgesetzes zum 1. Dezember 2013 weiterhin grundsätzlich einen Anspruch auf Entscheidung über unionsrechtlichen subsidiären Schutz (nunmehr nach § 4 Abs. 1 AsylVfG) und hilfsweise über nationalen Abschiebungsschutz. 2. Für die vom Gericht zu treffende Feststellung, aus welchem Herkunftsland ein Asylbewerber stammt, bedarf es der vollen Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies erfordert die Ermittlung und Würdigung aller durch gerichtliche Aufklärungsmaßnahmen erreichbaren relevanten Tatsachen.
Der Kläger begehrt nach rechtskräftiger Einstellung seines Asylverfahrens gemäß §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 AsylVfG (n.F.) und die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.). Ferner begehrt er die Aufhebung der gegen ihn mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 verfügten Abschiebungsandrohung. Der Kläger stellte Ende Mai 2010 einen Asylantrag und gab in einer Niederschrift dazu am 25. Juni 2010 an, er sei somalischer Staatsangehöriger, am 31. Dezember 1991 in Buulobarde geboren und am 24. Mai 2010 nach Deutschland eingereist. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - nahm ihm Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung ab. Mit Schreiben vom 23. August 2010 wies es den Kläger darauf hin, dass seine Fingerkuppen beschädigt und seine Fingerabdrücke daher nicht auswertbar seien. Dies begründe den Verdacht, dass er zu der ihm gesetzlich obliegenden Mitwirkung an der Überprüfung seiner Identität nicht bereit sei. Er werde daher aufgefordert, sein Asylverfahren dadurch zu betreiben, dass er zum einen binnen eines Monats in der Außenstelle des Bundesamts erscheine und sich "auswertbare Fingerabdrücke" abnehmen lasse. Zum anderen solle er schriftlich darlegen, in welchen Staaten er sich nach dem Verlassen seines Herkunftslandes aufgehalten habe, ob er dort bereits einen Asylantrag gestellt habe und dieser ggf. abgelehnt worden sei. Gleichzeitig wurde er unter Bezugnahme auf § 33 AsylVfG (a.F.) darauf hingewiesen, dass sein Asylantrag als zurückgenommen gelte, wenn er das Verfahren länger als einen Monat nicht betreibe und in diesem Fall über das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 2 bis 5 oder Abs. 7 AufenthG (a.F.) nach Aktenlage zu entscheiden sei. Der Kläger hat sich in einem weiteren Termin Fingerabdrücke abnehmen lassen, die wiederum nicht verwertbar waren. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gilt und das Asylverfahren eingestellt ist (Ziffer 1). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) nicht vorliegen (Ziffer 2). Schließlich wurde der Kläger unter Androhung der Abschiebung in "den Herkunftsstaat" aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen (Ziffer 3). Das Bundesamt hat den Bescheid im Wesentlichen darauf gestützt, dass der Kläger der Betreibensaufforderung nicht nachgekommen sei. Er habe weder verwertbare Fingerabdrücke abgegeben noch die angeforderten schriftlichen Angaben zum Reiseweg und zu etwaigen früheren Asylverfahren gemacht. Die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (a.F.) scheitere bereits daran, dass für den Kläger kein Herkunftsland habe festgestellt werden können. Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. Oktober 2010 Angaben zu seinem Reiseweg nach Deutschland gemacht und erklärt, dass er Asylanträge mit Ausnahme des verfahrensgegenständlichen nicht gestellt habe. Allerdings kam er während des von ihm eingeleiteten Klageverfahrens einer erneuten Aufforderung zur erkennungsdienstlichen Behandlung im November 2011 nicht nach. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Bundesamts aufgehoben. lm Berufungsverfahren erklärte der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, er hebe Ziffer 2 des angefochtenen Bescheids auf, weil er sich nicht in der Lage sehe, eine positive Feststellung zu treffen, dass Abschiebungsverbote, wohin auch immer, bestehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil geändert, soweit es die Einstellung des Verfahrens gemäß Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 betrifft, weil er die Voraussetzungen der §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) als erfüllt angesehen hat. Dabei hat er sich maßgeblich auf die Tatsache gestützt, dass der Kläger der Ladung zu einer erneuten erkennungsdienstlichen Behandlung im November 2011 nicht gefolgt ist und damit sein Asylverfahren nicht betrieben hat. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beklagte aber zugleich entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers verpflichtet, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.) hinsichtlich Somalia festzustellen, und die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 aufgehoben. Dies hat er im Wesentlichen wie folgt begründet: Nach dem übermittelten Akteninhalt und dem bisherigen Vorbringen des Klägers sowie den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünften und Stellungnahmen bestünden keine begründeten Zweifel, dass der Kläger aus Somalia stamme. Das Bundesamt hätte nach Aktenlage entscheiden müssen, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 bis 5, Abs. 7 AufenthG (a.F.) vorliege. Einer Entscheidung habe es sich nicht unter Hinweis auf die nicht feststehende Identität des Klägers entziehen dürfen. Der Kläger habe bereits am 25. Juni 2010 Angaben zu seinem Herkunftsland, Geburtstag, Geburtsort und zu seiner Religion gemacht und sich dadurch als Asylbewerber aus Somalia zu erkennen gegeben. Darüber hinaus habe er mit Anwaltschreiben vom 29. Oktober 2010 gegenüber dem Bundesamt Angaben zu seinem Reiseweg gemacht und vorgetragen, Asylanträge mit Ausnahme des verfahrensgegenständlichen nicht gestellt zu haben. Diesen Angaben sei das Bundesamt nicht nachgegangen und habe den Kläger hierzu auch nicht persönlich angehört. Der Kläger könne die Feststellung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz beanspruchen, weil in zentralen Regionen Somalias ein Bürgerkrieg herrsche, der zu permanenten Gefährdungen der dort ansässigen Bevölkerung führe. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sei jedenfalls insoweit aufzuheben, als dem Kläger die Abschiebung in sein "Herkunftsland", hier Somalia, angedroht werde. Die Beklagte rügt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, der Verwaltungsgerichtshof habe keine ausreichenden Feststellungen zu den Voraussetzungen eines unionsrechtlichen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.) (jetzt: subsidiären Schutzstatus nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG <n.F.>) getroffen, insbesondere im Hinblick auf das Bestehen einer Kriegslage in der Heimatregion des Klägers und die erforderliche Gefahrendichte für ein Schadensrisiko für alle am Ort Aufhältigen. Davon unabhängig dürfe das Bundesamt nicht zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichtet werden, wenn nicht feststehe, welches der Herkunftsstaat des Klägers sei und ob ihm schon ein anderer Staat internationalen Schutz gewährt habe. Im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems sei vorrangig zu klären, welcher Mitgliedstaat für die Prüfung des Schutzbegehrens überhaupt zuständig sei. Sei dem Kläger in einem anderen Mitgliedstaat bereits internationaler Schutz versagt worden, könne er in Deutschland nicht erneut die Prüfung der Voraussetzungen für den internationalen Schutzstatus verlangen. Entsprechendes gelte, wenn ihm von einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt worden sei. Sei ihm derartiger Schutz bereits gewährt worden, bestehe auch kein Sachentscheidungsinteresse an der Feststellung nationaler Abschiebungsverbote. Hierzu könnten auch keine Feststellungen getroffen werden, weil der Herkunftsstaat des Klägers nicht feststehe. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vertritt die Auffassung, nach Inkrafttreten der Neuregelung des Asylverfahrensgesetzes zum 1. Dezember 2013 habe das Bundesamt gemäß § 32 AsylVfG nur noch über nationalen Abschiebungsschutz zu entscheiden, hingegen nicht mehr über unionsrechtlichen subsidiären Schutz nach § 4 AsylVfG. Über nationale Abschiebungsverbote könne nur dann entschieden werden, wenn ein Zielstaat für die Abschiebung bekannt sei. Das sei hier nicht der Fall. Dem Kläger fehle hierfür das Sachbescheidungsinteresse.
Die zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für das Vorliegen von unionsrechtlichem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.) mit einer Begründung bejaht, die Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zu den Voraussetzungen des sich nunmehr nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) bestimmenden subsidiären Schutzes kann der Senat weder zugunsten noch zulasten des Klägers selbst abschließend entscheiden. Daher ist das Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist grundsätzlich das Asylverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl I S. 1798) und das Aufenthaltsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), beide zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen, wenn sie das Berufungsgericht, wenn es jetzt entschiede, zu beachten hätte (vgl. Urteil vom 11. September 2007 - BVerwG 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 30, jeweils Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylVfG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit hiervon keine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist. 1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nach Inkrafttreten der Änderungen des Asylverfahrensgesetzes und des Aufenthaltsgesetzes zum 1. Dezember 2013 das Begehren des Klägers auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.), hilfsweise die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.), sowie die Aufhebung der gegen den Kläger in Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 verfügten Abschiebungsandrohung in sein Herkunftsland. Hierfür hat der Kläger das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Denn er gibt an, somalischer Staatsangehöriger zu sein und aufgrund der ihm in Somalia drohenden Gefahren die Voraussetzungen für die Gewährung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz und von nationalem Abschiebungsschutz zu erfüllen. Dem Begehren des Klägers auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) steht die Einstellung des Verfahrens gemäß Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Oktober 2010 nicht entgegen. Zwar erfasst eine Einstellungsentscheidung nach §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung nicht allein - wie bisher - die Flüchtlingseigenschaft, sondern auch den unionsrechtlichen subsidiären Schutz. Die gesetzliche Neuregelung findet aber auf die streitgegenständliche Einstellungsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheids vom 18. Oktober 2010, die vor Inkrafttreten der Neuregelung erlassen wurde, keine Anwendung. Denn die Einstellungsentscheidung aus dem Jahr 2010 bezieht sich nur auf das Verfahren der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, nicht hingegen auf die erst in Ziffer 2 des Bescheids getroffene Entscheidung zum unionsrechtlichen subsidiären Schutz und nationalen Abschiebungsschutz. Würde man dem Einstellungsbescheid eine über dessen Inhalt hinausreichende Bedeutung beimessen, wie das der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schriftsätzlich vertreten hat, käme der gesetzlichen Neuregelung eine echte Rückwirkung zu, die mit der Rechtsordnung nicht zu vereinbaren wäre. Der Kläger kann sein Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz daher weiterhin verfolgen, das allerdings nunmehr auf Zuerkennung der Rechtsstellung nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) gerichtet ist. Das fortbestehende Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an einer Entscheidung über die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz ergibt sich für den Fall der Versagung unionsrechtlichen Schutzes nunmehr aus § 32 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (n.F.). 2. Die Beklagte ist verpflichtet zu prüfen, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) - hilfsweise für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz - erfüllt. Dem steht die unionsrechtliche Zuständigkeitsregelung für die Prüfung von Asylanträgen nach der Dublin-Verordnung nicht entgegen. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall die Dublin-Verordnung vom 18. Februar 2003 (Verordnung <EG> Nr. 343/2003, ABl EG Nr. L 180 S. 1) - Dublin-II-VO. Denn die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU Nr. L 180 S. 31) - Dublin-III-VO - ist nach ihrem Art. 49 nur auf Anträge zur Erlangung internationalen Schutzes anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014, gestellt werden. Hier wurde der Asylantrag aber schon im Mai 2010 gestellt. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der Dublin-II-VO wird ein Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt, von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat zu bestimmen ist. Der Zuständigkeit Deutschlands für die Prüfung des Begehrens auf Gewährung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz können die Regelungen der Dublin-II-VO schon deshalb nicht entgegenstehen, weil sich die Verordnung nur auf das Verfahren der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bezieht (vgl. die Definition des "Asylantrags" in Art. 2 Buchst. c Dublin-II-VO). Erst nach der hier noch nicht anwendbaren Dublin-III-VO umfasst ein Asylantrag auch das Begehren auf Zuerkennung des unionsrechtlichen subsidiären Schutzes (vgl. Art. 2 Buchst. b Dublin-III-VO). Der Entscheidung über die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz stehen die unionsrechtlichen Regelungen des Dublin-Verfahrens schon deshalb nicht entgegen, da sich diese nur auf die Gewährung internationalen Schutzes beziehen, nicht hingegen auf zusätzliche nationale Abschiebungsverbote. 3. Die Beklagte darf eine Sachentscheidung über den begehrten subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) - hilfsweise nationalen Abschiebungsschutz - auch nicht deshalb verwehren, weil aufgrund der fehlenden Identitätsklärung nicht auszuschließen ist, dass dem Kläger der begehrte Schutz in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits verweigert oder gewährt wurde. Die Beklagte beruft sich für den Fall, dass ein anderer EU-Mitgliedstaat unionsrechtlichen subsidiären Schutz bereits abgelehnt hat, darauf, dass die Dublin-III-VO einer erneuten Sachentscheidung deutscher Behörden entgegenstehen könnte. Die Dublin-III-VO ist jedoch - wie bereits dargelegt - im vorliegenden Fall gar nicht anwendbar, die hier maßgebliche Dublin-II-VO erfasst den subsidiären Schutz hingegen nicht. Hingegen kann einem Asylbewerber das Sachbescheidungsinteresse für eine Entscheidung über die Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) und für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz in Deutschland fehlen, wenn ihm ein anderer EU-Mitgliedstaat bereits die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt hat. Im vorliegenden Fall steht aber nicht fest, ob dem Kläger bereits internationaler Schutz gewährt wurde. Auch wenn der Kläger durch Verweigerung der Mitwirkung an seiner Identitätsklärung einen Beitrag dazu geleistet hat, die Klärung dieser Frage zu erschweren, rechtfertigt das keine Abweichung von der in §§ 32, 33 Abs. 1 AsylVfG (a.F.) normierten und nach neuem Recht fortbestehenden gesetzlichen Verpflichtung, über den Antrag des Klägers auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz, hilfsweise auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz, in der Sache zu entscheiden. Es kann hier offenbleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen gesetzliche Regelungen über einen Voraufenthalt in einem sicheren Drittstaat einer Sachentscheidung über das Begehren des Klägers entgegenstehen. Denn es steht schon nicht fest, dass der Kläger die danach erforderliche Sicherheit in einem anderen Staat erlangt hat. 4. Ist die Beklagte danach zu einer Sachentscheidung über das Begehren des Klägers verpflichtet, hat sie das Berufungsgericht jedoch zur Feststellung der Voraussetzungen für das Vorliegen von unionsrechtlichem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.) (heute: unionsrechtlicher subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG <n.F.>) mit einer Begründung verpflichtet, die in zweifacher Hinsicht Bundesrecht verletzt (§ 137 Abs. 1 VwGO). a) Der Verwaltungsgerichtshof hat die Feststellung, dass der Kläger aus Somalia stammt, auf zu schmaler Tatsachengrundlage getroffen. Das verstößt gegen Bundesrecht (vgl. dazu Urteil vom 19. Juli 2012 - BVerwG 10 C 2.12 - BVerwGE 143, 369 = Buchholz 402.242 § 28 AufenthG Nr. 4, jeweils Rn. 13; Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200, 210 ff. = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 21 <28 ff.>). Beruht die Beweiswürdigung des Gerichts auf einer unvollständigen Tatsachengrundlage, stellt dies einen materiellen Rechtsverstoß dar (Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O. S. 213 bzw. 30). Die Feststellung unionsrechtlichen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.) setzt voraus, dass dem Ausländer in seinem Herkunftsland die in der Vorschrift näher beschriebene Gefahr droht. Das Abstellen auf das Herkunftsland (Land der Staatsangehörigkeit des Ausländers) ergibt sich für die zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung maßgebliche Rechtslage aus einer richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts (vgl. Art. 2 Buchst. e und k der Richtlinie 2004/83/EG - Qualifikationsrichtlinie) und ist jetzt ausdrücklich in § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) so geregelt. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Herkunftsland stützen sich ausschließlich auf die in der Niederschrift zum Asylantrag vom 25. Juni 2010 aufgenommenen Angaben des Klägers zu seinem Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Sprache, Religion und Staatsangehörigkeit sowie auf die Angaben seines Prozessbevollmächtigten zum Reiseweg. Die Angaben zum Reiseweg beschränken sich auf die Mitteilung, dass der Kläger "über Äthiopien, Dubai und schließlich Frankfurt am Main Flughafen ins Bundesgebiet eingereist" sei; es fehlen jedoch Angaben dazu, wie er von seinem Heimatort nach Äthiopien gelangt ist. Die vom Berufungsgericht für seine Entscheidung herangezogenen Tatsachen waren nicht detailreich genug, um darauf eine den Maßstäben des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechende Überzeugungsbildung zu stützen. Die vom Berufungsgericht seiner Entscheidungsfindung der Sache nach zugrunde gelegte Beweismaßreduktion lässt sich den maßgeblichen Vorschriften nicht entnehmen. Vielmehr ergibt sich aus den in § 15 Abs. 2 AsylVfG normierten Pflichten des Asylbewerbers zur Vorlage seines Passes oder Passersatzes sowie sonstiger Urkunden und Unterlagen, die in seinem Besitz sind, dass diese Unterlagen als regelmäßig erforderlich angesehen werden, um über einen Asylantrag sowie Antrag auf Gewährung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz und nationalem Abschiebungsschutz zu entscheiden. Auf keinerlei derartige Unterlagen konnte der Verwaltungsgerichtshof seine Überzeugungsbildung stützen, weil sie ihm nicht vorlagen. Daher wäre es erforderlich gewesen, diesen Mangel an Grundlagen für die Feststellung zum Herkunftsland des Klägers jedenfalls durch eine persönliche Anhörung des Klägers auszugleichen. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist das Bundesamt verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweise zu erheben. In diesem Rahmen ist es nach § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG grundsätzlich zu einer persönlichen Anhörung des Asylbewerbers verpflichtet. Kommt das Bundesamt dieser Verpflichtung nicht nach - etwa weil es sich an einer Sachentscheidung gehindert sieht -, muss das Gericht, wenn es eine Entscheidung zur Sache für geboten hält, die gesetzlich gebotenen Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts durchführen. Jedenfalls nachdem das Bundesamt Zweifel an den Angaben des Klägers zu seinem Herkunftsland vorgetragen und u.a. darauf hingewiesen hat, dass die vom Kläger gebrauchte Sprache auch in den an Somalia angrenzenden Landesteilen von Äthiopien und Kenia gebräuchlich sei, hätte der Verwaltungsgerichtshof die Feststellung, dass der Kläger aus Somalia stammt, nicht ohne eigene Sachaufklärung treffen dürfen, insbesondere nicht ohne persönliche Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Von der Verpflichtung, sich um verlässliche Tatsachenfeststellungen zum Herkunftsland des Klägers zu bemühen, ist das Gericht nicht wegen der erfolgten Weigerung des Klägers entbunden, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken. Weder die Behörde noch das Gericht dürfen sich der Verpflichtung entziehen, Feststellungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für subsidiären Schutz und erforderlichenfalls von nationalem Abschiebungsschutz zu treffen. Der gegenteiligen Rechtsauffassung der Beklagten ist nicht zu folgen. Lässt sich das Herkunftsland nicht mit der für die behördliche und gerichtliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit feststellen, weil der Kläger die Mitwirkung an der Klärung seiner Identität verweigert, ist dies im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen und gegebenenfalls eine negative Feststellung zum subsidiären Schutz und zum nationalen Abschiebungsschutz zu treffen, wie dies das Bundesamt ursprünglich in Ziffer 2 seines Bescheids vom 18. Oktober 2010 getan hat. b) Das Berufungsgericht hat weiterhin dadurch gegen Bundesrecht verstoßen, dass es die Voraussetzungen für den unionsrechtlichen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.), die mit denen des nunmehr maßgeblichen unionsrechtlichen subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (n.F.) übereinstimmen, unter Verkennung des Begriffs der erheblichen individuellen Gefahr im Sinne dieser Vorschrift ohne hinreichende Feststellungen zur individuellen Betroffenheit des Klägers von den in Somalia drohenden Gefahren bejaht hat. Die Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a.F.) setzt voraus, dass der Ausländer in seinem Herkunftsland als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist. Das Berufungsgericht hält hierfür der Sache nach für ausreichend, dass im Herkunftsstaat des Ausländers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt besteht, der zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung und schweren Menschenrechtsverletzungen führt. Damit bleibt außer Acht, dass es für die individuelle Betroffenheit einer Feststellung zur Gefahrendichte bedarf, die jedenfalls auch eine annäherungsweise quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos umfasst (vgl. Urteile vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 4.09 - BVerwGE 136, 360 = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 38, jeweils Rn. 33 und vom 17. November 2011 - BVerwG 10 C 13.10 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u Asylrecht Nr. 58 Rn. 22 f.). Entsprechende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, ist eine wertende Gesamtbetrachtung zur individuellen Betroffenheit des Klägers möglich, für den keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände festgestellt worden sind (vgl. Urteil vom 17. November 2011 a.a.O. Rn. 23). 5. Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Oktober 2010, deren Rechtmäßigkeit sich nach § 34 AsylVfG bestimmt, begegnet nicht deshalb Bedenken, weil es der Androhung der Abschiebung in den "Herkunftsstaat" an der notwendigen Bestimmtheit mangelte. Dies macht die Androhung nicht unwirksam. § 59 Abs. 2 AufenthG sieht die Zielstaatsbestimmung nur als Soll-Regelung vor. Ein konkreter Zielstaat braucht bei fehlender Klärung der Staatsangehörigkeit des Ausländers nicht benannt zu werden (vgl. Urteil vom 25. Juli 2000 - BVerwG 9 C 42.99 - BVerwGE 111, 343 <346 ff.> = Buchholz 402.240 § 50 AuslG Nr. 10 S. 4 <S. 7 ff.>). Die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung hängt im Übrigen von der offenen Frage ab, ob dem Kläger unionsrechtlicher subsidiärer Schutz oder hilfsweise nationaler Abschiebungsschutz zu gewähren ist. 6. Da das Revisionsgericht die fehlenden tatsächlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann, ist die Sache zur weiteren Aufklärung gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dabei wird das Begehren des Klägers auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz nunmehr an § 4 Abs. 1 AsylVfG (n.F.) zu messen sein und das Begehren auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz an § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.). Der Verwaltungsgerichtshof wird zunächst die notwendigen Feststellungen dazu treffen müssen, ob der Kläger somalischer Staatsangehöriger ist. Sollte das zu bejahen sein, ist die notwendige quantitative Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos nachzuholen, um darauf aufbauend eine wertende Gesamtbetrachtung zur individuellen Betroffenheit des Klägers von den ihm in Somalia drohenden Gefahren im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (n.F.) vorzunehmen. Dabei wird der Verwaltungsgerichtshof auch zu berücksichtigen haben, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil vom 5. September 2013 unter umfangreicher Auswertung von Auskünften und Erkenntnissen aus unterschiedlichen Staaten zu dem Ergebnis gekommen ist, dass sich die Lage jedenfalls in der somalischen Hauptstadt Mogadishu seit 2011 in einer Weise verbessert hat, dass die Abschiebung eines Somalis, der keine gefahrerhöhenden Merkmale aufweist, nicht gegen Art. 3 EMRK verstößt (Nr. 886/11 - K.A.B./Schweden Rn. 86 - 97). Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass unionsrechtlicher subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 AsylVfG zu verneinen ist, wird es die Voraussetzungen für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG (n.F.) zu prüfen haben. Hierbei wird das Gericht mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aufzuklären haben, ob dem Kläger in Somalia Gefahren drohen, vor denen die genannten Vorschriften Abschiebungsschutz gewähren. Die Feststellung ist auch dann zu treffen, wenn nicht mit hinreichender Überzeugungsgewissheit festzustellen ist, dass der Kläger somalischer Staatsangehöriger ist, da nationaler Abschiebungsschutz auch für einen potentiellen Zielstaat gewährt werden kann, dessen Staatsangehörigkeit der Kläger nicht besitzt. Ein Rechtsschutzbedürfnis hierfür besteht, weil der Kläger behauptet, aus Somalia zu stammen und die Beklagte dies jedenfalls für möglich hält und eine Abschiebung dorthin nicht ausgeschlossen hat. Insofern unterscheidet sich die Sachlage von derjenigen, die den von der Beklagten zitierten Urteilen des 1. Senats vom 4. Dezember 2001 (BVerwG 1 C 11.01 - BVerwGE 115, 267 <270 f.> = Buchholz 240 § 53 AuslG Nr. 52 S. 88 <S. 90 f.>) und vom 12. April 2005 (BVerwG 1 C 3.04 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 2) zugrunde lag. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass das nationale Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 5 AufenthG auch vor Gefahren für Leib und Leben schützt, die seitens nichtstaatlicher Akteure drohen (Urteil vom 13. Juni 2013 - BVerwG 10 C 13.12 - NVwZ 2013, 1489).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020189&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020190
BVerwG
5. Senat
20140320
5 B 56/13, 5 B 56/13 (5 C 7/14)
Beschluss
§ 5 Abs 1 S 1 BhV BW 1995, § 132 Abs 2 Nr 1 VwGO
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 23. April 2013, Az: 2 S 2287/12, Urteil
DEU
Beihilfefähigkeit von Leistungen von Privatkliniken; Revisionszulassung
Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Revision kann dem Senat Gelegenheit geben, die Frage der Angemessenheit von Aufwendungen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BVO BW bei der stationären Unterbringung in einer Privatklinik zu klären.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020190&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020191
BVerwG
2. Senat
20131212
2 C 49/11
Urteil
Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 2 GG, Art 33 Abs 5 GG, Art 125a Abs 1 GG, § 73 BBesG, § 2 BesÜV 2, § 4 BesÜV 2, § 12 BesÜV 2, § 14 BesÜV 2, § 17 BesG SN vom 17.01.2008, § 22 BesG SN vom 17.01.2008
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 3. Februar 2011, Az: 2 A 54/09, Urteil vorgehend VG Chemnitz, 15. Dezember 2006, Az: 3 K 1526/02, Urteil
DEU
Abgesenkte Beamtenbesoldung im Beitrittsgebiet; Besoldungsangleichung; Abstandsgebot
1. Die abgesenkte Besoldung der Beamten und Richter, die erstmals im Beitrittsgebiet ernannt wurden und dort zeitlich überwiegend ihre Befähigungsvoraussetzungen erworben hatten, war bis zum 31. Dezember 2009 mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. 2. Die Landesgesetzgeber durften das Regelungssystem der 2. BesÜV bis zu deren Auslaufen am 31. Dezember 2009 als eigene Landesregelung fortführen. 3. Das Hinausschieben der Besoldungsangleichung um zwei Jahre für Beamte ab der Besoldungsgruppe A 10 und für Richter war mit Blick auf die besondere und einmalige Situation am Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit mit Art. 3 Abs. 1 GG noch vereinbar. 4. Die amtsangemessene Besoldung ist notwendigerweise eine nach Besoldungsgruppen abgestufte Besoldung. Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers im Besoldungsrecht deckt nicht die auf Dauer angelegte Einebnung des Abstands zwischen den Besoldungsgruppen.
Die Klägerin studierte von September 1984 bis Mai 1990 Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, Außenstelle Dresden, und schloss das Studium als Diplom-Juristin ab. Ab September 1990 absolvierte sie den besonderen Vorbereitungsdienst, zunächst in Sachsen und dann ab November 1990 in Bayern, wo sie im Juni 1993 die Zweite Juristische Staatsprüfung ablegte. Im September 1993 wurde die Klägerin zur Richterin auf Probe ernannt; seitdem ist sie im Dienst des beklagten Landes tätig. Die Klägerin erhielt bis zum Ende des Jahres 2009 die abgesenkte Besoldung nach der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung aus der Besoldungsgruppe R 1. Ihre Klage auf volle Besoldung für die Jahre 2004 bis 2009 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen auf Folgendes abgestellt: Die Klägerin könne keinen Ausgleich der Differenz zwischen abgesenkter und voller Besoldung verlangen. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines entsprechenden Zuschusses lägen nicht vor, weil die Klägerin die Befähigung für das Richteramt zeitlich überwiegend im Beitrittsgebiet erworben habe. Hierzu gehöre das Studium der Rechtswissenschaften, das erheblich längere Zeit als der Vorbereitungsdienst in Bayern beansprucht habe. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stehe fest, dass die abgesenkte Besoldung bis Ende 2007 nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße. Die Absenkung sei nach wie vor durch die Lebensverhältnisse und die wirtschaftliche Entwicklung im Beitrittsgebiet gerechtfertigt gewesen. Diese hätten sich erheblich von denjenigen im alten Bundesgebiet unterschieden. Der sächsische Landesgesetzgeber sei bei Wahrnehmung seiner ab dem 1. September 2006 bestehenden Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht bis Ende 2009 nicht verpflichtet gewesen, die Besoldung anzugleichen. Auch sei es nicht gleichheitswidrig, dass die Besoldung bis zur Besoldungsgruppe A 9 (einschließlich) bereits mit Wirkung ab Januar 2008, die Besoldung der höheren Besoldungsgruppen aber erst zwei Jahre später mit Wirkung ab Januar 2010 auf das volle Besoldungsniveau angehoben worden sei. Diese Unterscheidung sei gerechtfertigt, weil sie in Anlehnung an das Tarifrecht vorgenommen worden sei. Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beantragt, die Urteile des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Februar 2011 und des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 15. Dezember 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin ab dem 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2009 Bezüge in Höhe von 100 % der Besoldungsgruppe R 1 zu zahlen, hilfsweise, festzustellen, dass die Besoldung verfassungswidrig zu niedrig bemessen war, soweit sie unter 100 % der Besoldungsgruppe R 1 geblieben ist. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung eines Zuschusses nach § 4 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands - 2. BesÜV - vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345, letztmalig geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 <462>) zum Ausgleich der nach § 2 der 2. BesÜV abgesenkten Besoldung (1.). Die Beibehaltung der abgesenkten Besoldung verletzte sie nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.). 1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV. § 73 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz - BBesG - in der Fassung des Gesetzes vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) ermächtigte die Bundesregierung, durch Rechtsverordnungen, die bis zum 31. Dezember 2009 zu erlassen waren, für die Besoldung Übergangsregelungen zu bestimmen, die den besonderen Verhältnissen im Beitrittsgebiet Rechnung trugen. Diese Verordnungsermächtigung erstreckte sich nach Satz 2 der Bestimmung insbesondere darauf, die Besoldung entsprechend den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen und ihrer Entwicklung im Beitrittsgebiet abweichend vom Bundesbesoldungsgesetz festzusetzen und regelmäßig anzupassen. Nach § 2 Abs. 1 der auf dieser Grundlage erlassenen Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung erhielten Beamte, Richter und Soldaten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurden, abgesenkte Dienstbezüge. Eine Ausnahme von der Absenkung der Besoldung sah § 4 der 2. BesÜV für Beamte, Richter und Soldaten vor, die aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt worden waren; diese erhielten einen ruhegehaltfähigen Zuschuss, sodass sie im Ergebnis besoldet wurden wie im bisherigen Bundesgebiet verwendete Beamte, Richter und Soldaten gleichen Amtes. Die Besoldungsabsenkung nach § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV war für Beamte und Soldaten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 bis zum 31. Dezember 2007 anzuwenden (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV) und galt für Beamte und Soldaten höherer Besoldungsgruppen sowie für Richter bis zum 31. Dezember 2009 (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV). Der sächsische Besoldungsgesetzgeber hat nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht auf die Länder durch Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in der Fassung des 28. Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 (SächsGVBl S. 3) angeordnet, dass das Bundesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1457, 1458), mit Ausnahme einiger konkret bezeichneten Bestimmungen sowie die aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes erlassenen Verordnungen als Landesrecht fortgelten (Art. 1 Nr. 4 mit der Einfügung des § 17 SächsBesG, Art. 2). Um Personal für den Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung und Rechtsprechung zu gewinnen, erhielten nach § 4 Satz 1 der 2. BesÜV in der bis zum 24. November 1997 geltenden Fassung vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 778) diejenigen Beamten, Richter und Soldaten, die aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt worden waren, einen ruhegehaltfähigen Zuschuss bis zur Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen. Maßgebend war die erstmalige Ernennung zum Beamten auf Probe, weil damit erstmals ein Anspruch auf Dienstbezüge entsteht (stRspr; Urteil vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 12). Im Jahr 1997 (vgl. Art. 1 Nr. 6 der Vierten Verordnung zur Änderung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung vom 17. November 1997, BGBl I S. 2713) wurde die Gewährung des Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV zwar auf die Fälle beschränkt, in denen ein dringendes dienstliches Bedürfnis für die Personalgewinnung bestand. Gemäß § 12 Abs. 1 der 2. BesÜV galt dies jedoch nicht für Beamte, Richter und Soldaten, die bis zu diesem Tage ernannt worden waren. Diese erhielten den Zuschuss, d.h. im Ergebnis die volle Besoldung, weiter. Der Begriff der Befähigungsvoraussetzungen im Sinne von § 4 Satz 1 der 2. BesÜV F. 1993 umfasst sämtliche Vor- und Ausbildungsvoraussetzungen, die die spezifisch fachbezogene Vorbildung für die Wahrnehmung der Amtsaufgaben der jeweiligen Laufbahn vermitteln (stRspr; vgl. Urteil vom 15. Juni 2006 - BVerwG 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 13). Damit umfassen die Befähigungsvoraussetzungen für das Amt eines Richters das rechtswissenschaftliche Studium, die erste Staatsprüfung, den Vorbereitungsdienst und die zweite Staatsprüfung (stRspr; vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvR 709/99 - BVerfGE 107, 257 <272 f.>; BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 - BVerwG 2 C 27.95 - BVerwGE 101, 116 <118>). Denn nach § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes - DRiG - erwirbt die Befähigung zum Richteramt, wer ein rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität mit der ersten Staatsprüfung und einen anschließenden Vorbereitungsdienst mit der zweiten Staatsprüfung abschließt. Die im Einigungsvertrag (Anlage I Kap. III Sachgebiet A Abschn. III Nr. 8 Maßgabe y) gg), BGBl II 1990 S. 885) angeordnete Gleichstellung des Abschlusses eines rechtswissenschaftlichen Studiums als Diplom-Jurist im Beitrittsgebiet mit der ersten Staatsprüfung im Sinne der §§ 5 und 6 DRiG ändert nichts an der Voraussetzung für die Aufstockung der abgesenkten Besoldung, wonach die Befähigungsvoraussetzungen im bisherigen Bundesgebiet erworben sein müssen (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 a.a.O. S. 119). Die Befähigungsvoraussetzungen galten auch dann als im bisherigen Bundesgebiet erworben, wenn der dort erworbene Teil zeitlich mindestens die Hälfte der insgesamt für den Erwerb der Befähigungsvoraussetzungen aufgewendeten Zeit ausmachte. Diese Voraussetzung ist ausschließlich ortsbezogen zu verstehen (stRspr; vgl. Urteil vom 15. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17; Beschluss vom 28. September 2007 - BVerwG 2 B 62.07 - juris Rn. 6). Die Klägerin ist vor dem Stichtag 24. November 1997 erstmals ernannt worden und hat seitdem abgesenkte Dienstbezüge gemäß § 73 BBesG i.V.m. §§ 1, 2 der 2. BesÜV erhalten, weil sie dauerhaft im Beitrittsgebiet verwendet wird. Sie hat aber ihre Befähigungsvoraussetzungen nicht zumindest zur Hälfte im bisherigen Bundesgebiet erworben. Der Zeitraum, der auf den in Bayern absolvierten Teil des Vorbereitungsdienstes und die dort abgelegte zweite juristische Staatsprüfung entfiel, war mit weniger als drei Jahren kürzer als der Zeitraum von über fünf Jahren, der auf das im Beitrittsgebiet absolvierte Studium, die dort abgelegte Staatsprüfung und den dort absolvierten Teil des Vorbereitungsdienstes entfiel. Zwar hat der Verordnungsgeber die Gewährung des Zuschusses auf Personen beschränkt, die bis zum 24. November 1997 erstmals zum Beamten, Richter oder Soldaten ernannt wurden (Art. 1 Nr. 6 der Vierten Verordnung zur Änderung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung vom 17. November 1997, BGBl I S. 2713). Damit hat er zu erkennen gegeben, dass der personelle Aufbau von Verwaltung und Justiz zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen war und kein Gewinnungsinteresse für im bisherigen Bundesgebiet ausgebildete Beamte und Richter mehr bestand. Jedoch hat der Verordnungsgeber zugleich bestimmt, dass die vor dem Stichtag Ernannten den Zuschuss weiter und zwar dauerhaft erhielten (§ 12 der 2. BesÜV F. 1997). Dies ist unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gerechtfertigt (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 a.a.O. S. 274). Um diese Personen im Beitrittsgebiet zu halten, sollten sie auch nach der 1997 eingetretenen Rechtsänderung im Genuss des Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV bleiben (Urteil vom 1. März 2007 - BVerwG 2 C 13.06 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 14 Rn. 15). Diese Regelung stellte keine gleichheitswidrige Benachteiligung derjenigen Beamten, Richter und Soldaten dar, die abgesenkte Besoldung erhielten. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss vom 12. Februar 2003 (a.a.O. S. 274) mit der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG entschieden, dass die Bestandsschutzregelung des § 12 der 2. BesÜV im Hinblick auf Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes gerechtfertigt war. Der Gesichtspunkt des Bestandsschutzes kommt auch den aus dem bisherigen Bundesgebiet ins Beitrittsgebiet versetzten Beamten und Richtern zugute, die von der Absenkung der Besoldung nach § 2 der 2. BesÜV nicht erfasst waren. Der Zweck der Besserstellung dieses Personenkreises - das Gewinnungsinteresse für den Aufbau einer rechtsstaatlichen Verwaltung und Justiz - rechtfertigte deren dauerhafte Besserstellung. Mit der Zweckerreichung - dem Abschluss des Aufbaus der rechtsstaatlichen Verwaltung und Justiz - entfiel lediglich die Rechtfertigung, künftig neu eingestelltes Personal auf dieser Grundlage besser zu stellen. 2. Die Klägerin hat für die Zeit von 2004 bis 2009 keinen Anspruch auf die volle Besoldung nach dem Bundesbesoldungsgesetz bzw. dem Sächsischen Besoldungsgesetz oder auf die Feststellung, dass die abgesenkte Besoldung verfassungswidrig gewesen ist. Die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der höheren als normativ vorgesehenen Besoldung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil Besoldungsleistungen nur gewährt werden dürfen, wenn und soweit sie gesetzlich festgelegt sind (vgl. § 2 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG). Aufgrund des in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im Besoldungsrecht wird den Beamten in Fällen, in denen das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Besoldungsgesetzes festgestellt hat, zugemutet abzuwarten, bis der Gesetzgeber eine verfassungskonforme Neuregelung getroffen hat. Diese muss den Zeitraum ab der Feststellung der Verfassungswidrigkeit erfassen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 29 und vom 27. Mai 2010 - BVerwG 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 8). Aber auch die begehrte Feststellung der Verfassungswidrigkeit der abgesenkten Besoldung kann nicht ergehen. Die Absenkung der Besoldung nach § 2 der 2. BesÜV verstieß im gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Das gilt gleichermaßen für den Zeitraum vom Jahresbeginn 2004 bis August 2006, in dem der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht besaß (a), den Zeitraum von September 2006 bis zum Jahresende 2007, in dem das beklagte Land zwar die Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht seiner Beamten und Richter erlangt hatte, aber die bundesrechtlichen Besoldungsregelungen noch nicht durch eigene Besoldungsregelungen ersetzt hatte (b), und schließlich für die Jahre 2008 und 2009, für die das beklagte Land eine eigene Besoldungsregelung geschaffen und damit die in der 2. BesÜV angelegte Absenkung (c) und die nach Besoldungsgruppen gestufte Beendigung in sein Landesbesoldungsgesetz übernommen hat (d). a) Im Zeitraum, in dem der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht der Landesbeamten und -richter hatte, also bis zum 31. August 2006, rechtfertigten die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in den neuen Bundesländern die abgesenkte Besoldung. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - (BVerfGE 107, 218 <234 ff.>) zu der Fassung des § 73 BBesG vom 19. April 2001 (BGBl I S. 618), die eine Geltungsdauer bis zum Jahresende 2005 vorsah, mit Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG entschieden, dass die abgesenkte Besoldung für Beamte, Richter und Soldaten in den neuen Ländern im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz noch gerechtfertigt sei, weil sich dort die wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse (Bruttoinlandsprodukt, Steuerkraft, Arbeitslosenquote, allgemeines Preis- und Lohnniveau, sozialversicherungsrechtliche Bemessungsgrößen, finanzielle Lage der Länder und Gemeinden) noch immer deutlich von denen im gesamten übrigen Bundesgebiet unterschieden. Die schwache Finanzkraft der neuen Länder stelle als Folge und Ausdruck der gesamtwirtschaftlichen Situation einen besoldungsrechtlich noch hinreichend sachgerechten Grund für die geringere Besoldung dar. Andererseits dürfe der Besoldungsgesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen, dass die Geltung einer ausdrücklich als solche bezeichneten Übergangsregelung (§ 73 Satz 1 und Satz 3 BBesG) nicht beliebig verlängerbar sei. Insbesondere ließe sich die Aufrechterhaltung zweier unterschiedlich hoher Besoldungen auf der Grundlage des geltenden § 73 BBesG nicht mit der Erwägung rechtfertigen, dass zunächst eine völlige Angleichung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in Ost und West erreicht werden müsse. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zum Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, der Arbeitslosenquote, dem verfügbaren Einkommen privater Haushalte und dem Bruttojahresverdienst - bezogen auf Sachsen, den Durchschnitt im Beitrittsgebiet und im bisherigen Bundesgebiet - bestanden bis zum Jahr 2007 die eine niedrigere Besoldung im Beitrittsgebiet rechtfertigenden unterschiedlichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse gegenüber dem bisherigen Bundesgebiet fort. b) Gleiches gilt für die Zeit von September 2006 bis Ende 2007. Nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht auf die Länder galten das Bundesbesoldungsgesetz und die Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG in diesem Zeitraum zunächst als Bundesrecht fort. Die somit fortgeltende abgesenkte Besoldung war nach den bereits dargelegten Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts gerechtfertigt. Die vom Oberverwaltungsgericht zu den wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen in Sachsen und in den neuen Bundesländern getroffenen Feststellungen decken auch diesen Zeitraum mit ab; im Übrigen steht dies als allgemeinkundige Tatsache fest (vgl. auch nachfolgend Rn. 31). Den sächsischen Gesetzgeber traf bis Ende 2007 keine Handlungspflicht, das fortgeltende Bundesbesoldungsrecht durch landesgesetzliche Regelungen abzulösen. Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, wann er von einer neu zugewachsenen Zuständigkeit Gebrauch macht; Einschränkungen dieser gesetzgeberischen Handlungsfreiheit können sich etwa aus der Verpflichtung zur Erfüllung eines Verfassungsauftrags oder zur Bereinigung einer verfassungswidrigen Rechtslage ergeben (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Dezember 1977 - 1 BvR 820 und 1033/76 - BVerfGE 47, 85 <93 f.> und vom 26. August 2013 - 2 BvR 441/13 - NVwZ 2013, 1540 <1543>). Eine verfassungswidrige Rechtslage ist - wie dargelegt - hier nicht gegeben. Abgesehen davon ist einem für einen Regelungsbereich zuständig gewordenen Gesetzgeber eine gewisse Überlegungs-, Entscheidungs- und Umsetzungszeit zuzubilligen. Hier hat der sächsische Gesetzgeber nach etwas mehr als einem Jahr und damit innerhalb angemessener Zeit von der ihm ab September 2006 zustehenden Befugnis zur Regelung des Besoldungsrechts Gebrauch gemacht. Für die Monate November und Dezember 2007 gilt: Der sächsische Landesgesetzgeber hat mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008 (SächsGVBl S. 3) angeordnet, dass das Bundesbesoldungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2007 (BGBl I S. 1457, 1458), mit Ausnahme einiger konkret bezeichneten Bestimmungen sowie die aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes erlassenen Verordnungen als Landesrecht fortgelten (Art. 1 Nr. 4 mit der Einfügung des § 17 SächsBesG, Art. 2). Mit der Anordnung der Fortgeltung der Anlagen IV bis IX des Bundesbesoldungsgesetzes in der genannten Fassung bis zum 31. Dezember 2007 als Landesrecht in dem neuen § 17 Abs. 1 Satz 2 SächsBesG hat der Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er die bundesverfassungsrechtlich vorgegebene Fortgeltung des bisherigen Bundesbesoldungsrechts als Bundesrecht in Sachsen rückwirkend durch die inhaltsgleiche Fortgeltung als Landesrecht ersetzen und den sächsischen Besoldungs- und Versorgungsempfängern lediglich den in § 17 Abs. 1 Satz 2 SächsBesG im Einzelnen festgelegten einmaligen Zusatzbetrag gewähren wollte. Es kann dahinstehen, ob diese rückwirkende landesrechtliche Ersetzung des als Bundesrecht fortgeltenden Besoldungsrechts, auf dessen Grundlage die Besoldungsleistungen für die fraglichen beiden Monate ja bereits erbracht waren, wirksam war oder nicht. Denn die verlängerte Geltungsdauer der Besoldungsabsenkung nach § 2 der 2. BesÜV war unabhängig davon gerechtfertigt, ob sie bundesrechtlicher oder landesrechtlicher Natur war. c) Schließlich war die abgesenkte Besoldung für Beamte mit einem Amt ab der Besoldungsgruppe A 10 und für Richter auch für die Jahre 2008 und 2009 gerechtfertigt. Mit Wirkung ab Januar 2008 hat sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber das Regelungssystem des Bundesbesoldungsgesetzes und der 2. BesÜV zu eigen gemacht (Fünftes Gesetz zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, SächsGVBl S. 3). Mit dem Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 2003/2004 vom 10. September 2003 (BGBl I S. 1798) hatte der Bundesgesetzgeber die Geltungsdauer der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009 verlängert (§ 14 Abs. 3 der 2. BesÜV) und die Anwendung des die Höhe der abgesenkten Besoldung regelnden § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV - ab dem 1. Januar 92,5 % der für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezüge - für die Beamten der Besoldungsgruppen A 2 bis A 9 auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 beschränkt (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV). In der Gesetzesbegründung heißt es u.a.: "Die Verlängerung orientiert sich an der Zielsetzung des Tarifabschlusses, die Angleichung bis spätestens 31. Dezember 2009 abzuschließen" (BTDrucks 15/1186, S. 64) und "Mit dem neu eingefügten Absatz 2 wird die nicht kündbare tarifliche Vereinbarung vom 9. Januar 2003, wonach die Angleichung für die Vergütungsgruppen X bis Vb bis zum 31. Dezember 2007 abzuschließen ist, für die entsprechenden Besoldungsgruppen übernommen. (...) Für die übrigen Besoldungsgruppen tritt die Verordnung mit Ablauf des 31. Dezember 2009 außer Kraft" (BTDrucks 15/1186, S. 68). Der Bundesgesetz- und -verordnungsgeber hatte damit den Tarifabschluss mit der nach Vergütungsgruppen zeitlich gestuften Angleichung an die "West-Vergütung" auf die Beamten übertragen und deshalb eine nach Besoldungsgruppen zeitlich gestufte Angleichung an die "West-Besoldung" angeordnet. Dies hat der sächsische Landesgesetzgeber bis zum Auslaufen der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in sein Landesrecht übernommen (§ 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG als Teil des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl S. 3). In den Anlagen zum Sächsischen Besoldungsgesetz finden sich demzufolge die Besoldungstabellen sowohl für die Empfänger abgesenkter Besoldung (Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39) als auch für die Empfänger nicht abgesenkter Besoldung (Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25). Dabei gehören zu Letzteren auch die Besoldungsgruppen A 2 bis A 9, für die nach § 12 Abs. 2 der 2. BesÜV schon zum Jahresbeginn 2008 die Absenkung gegenüber der Normalbesoldung beendet worden ist. Zwar sind Maßstab bei der Gleichheitsprüfung (Art. 3 Abs. 1 GG) für die Besoldung der sächsischen Beamten und Richter nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz auf die Länder nunmehr die Verhältnisse in Sachsen. Der Gesetzgeber kann und muss Gleichheit nur innerhalb seiner Zuständigkeit gewähren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Dezember 2009 - 2 BvR 1978/09 - BVerfGK 16, 444 <448> unter Hinweis auf BVerfGE 21, 54 <68> und BVerfGE 79, 127 <158>). Allerdings war die Übernahme des Regelungsmodells der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung in das sächsische Besoldungsrecht nur bei Fortbestehen seiner inneren Rechtfertigung - die zwischen dem bisherigen Bundesgebiet und dem Beitrittsgebiet unterschiedlichen allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse - zulässig. Diese war auch für die Jahre 2008 und 2009 gegeben, weil sich nach allgemeinkundigen Erkenntnissen die insoweit maßgeblichen Indikatoren betreffend die weitere Entwicklung des Angleichungsprozesses auch in diesem Zeitraum nicht wesentlich geändert haben (vgl. nur die allgemein zugänglichen, insbesondere auf der Homepage des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung abrufbaren Jahresberichte der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit für die Jahre 2008 und 2009), wovon im Übrigen auch die Beteiligten dieses Verfahrens nach ihren Erklärungen in der Revisionsverhandlung ausgehen. d) Im Ergebnis mit dem Grundgesetz noch vereinbar ist schließlich die Beibehaltung der differenzierten Angleichung an die volle Besoldung bei Beamten mit einem Amt bis zur Besoldungsgruppe A 9 einerseits und bei Beamten und Richtern mit einem höherem Amt andererseits (§ 12 Abs. 2 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 2, 3, 6, 21, 22 und 25 zum SächsBesG; § 14 Abs. 3 der 2. BesÜV, § 17 Abs. 1 Satz 1 SächsBesG, Anlagen 16, 17, 20, 35, 36 und 39 zum SächsBesG). Die um zwei Jahre hinausgeschobene Angleichung ist durch die besondere und einmalige Situation gerechtfertigt, in der sich der sächsische Besoldungsgesetzgeber im Jahr 2008 gegen Ende des Transformationsprozesses der Wiederherstellung der deutschen Einheit befand. Er durfte sich dafür entscheiden, die vorgefundene bundesrechtliche Regelung der Ost-West-Angleichung auch mit ihren Friktionen bis zum Ablauf des dort bereits bestimmten Übergangszeitraums fortzuführen. Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Im Rahmen dieser Verpflichtung zu einer dem Amt angemessenen Alimentierung hat der Gesetzgeber die Attraktivität des Beamtenverhältnisses auch für überdurchschnittlich qualifizierte Kräfte, das Ansehen des Amtes in den Augen der Gesellschaft, die vom Amtsinhaber geforderte Ausbildung und seine Beanspruchung zu berücksichtigen. Diesen Kriterien muss der Gesetzgeber sowohl bei strukturellen Neuausrichtungen im Besoldungsrecht als auch bei der kontinuierlichen Fortschreibung der Besoldungshöhe über die Jahre hinweg im Wege einer Gesamtschau der hierbei relevanten Kriterien und anhand einer Gegenüberstellung mit jeweils in Betracht kommenden Vergleichsgruppen Rechnung tragen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.> m.w.N.). Die durch Art. 33 Abs. 5 GG geforderte Amtsangemessenheit der Regelalimentation beurteilt sich nach dem Nettoeinkommen der Beamten. Ob das jährliche Nettoeinkommen der Beamten den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG genügt, hängt von der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse ab. Maßgebend ist vor allem der Vergleich mit den Nettoeinkommen der tariflich Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Daneben kommt es auf die Entwicklung derjenigen Einkommen an, die für vergleichbare Tätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielt werden. Der Gesetzgeber darf die Beamtenbesoldung von der allgemeinen Entwicklung nur ausnehmen, wenn dies durch spezifische, im Beamtenverhältnis wurzelnde Gründe gerechtfertigt ist. Den Beamten dürfen keine Sonderopfer zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte auferlegt werden. Die Besoldung ist nicht mehr amtsangemessen, wenn die finanzielle Ausstattung der Beamten greifbar hinter der allgemeinen Einkommensentwicklung zurückbleibt (stRspr, Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 25 f. m.w.N.). Die durch das Leistungsprinzip, Art. 33 Abs. 2 GG, und das Alimentationsprinzip, Art. 33 Abs. 5 GG, gewährleistete amtsangemessene Besoldung ist eine nach dem Amt abgestufte Besoldung. Die Besoldung des Beamten ist seit jeher nach seinem Amt und der mit diesem Amt verbundenen Verantwortung abgestuft worden. Es gehört daher zu den überkommenen Grundlagen des Berufsbeamtentums, dass mit einem höheren Amt in der Regel auch höhere Dienstbezüge verbunden sind (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 1. Dezember 1954 - 2 BvG 1/54 - BVerfGE 4, 115 <135>; Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - BVerfGE 8,1 <14>, vom 14. Juni 1960 - 2 BvL 7/60 - BVerfGE 11, 203 <215>, vom 4. Juni 1969 - 2 BvR 343/66 - BVerfGE 26, 141 <158>, vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146 <164 f.> und vom 6. Mai 2004 - 2 BvL 16/02 - BVerfGE 110, 353 <364>). Durch die Anknüpfung der Alimentation an innerdienstliche, unmittelbar amtsbezogene Kriterien wie den Dienstrang soll sichergestellt werden, dass die Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Ämter abgestuft sind. Jedem Amt ist eine Wertigkeit immanent, die sich in der Besoldungshöhe widerspiegeln muss. Amtsangemessene Gehälter sind daher so zu bemessen, dass sie dem Beamten eine Lebenshaltung ermöglichen, die der Bedeutung seines jeweiligen Amtes entspricht. Die "amts"-angemessene Besoldung ist deshalb notwendigerweise eine abgestufte Besoldung (vgl. BVerfG, Urteile vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293>, vom 6. März 2007 - 2 BvR 556/04 - BVerfGE 117, 330 <355> und vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <293>). Beim Erlass besoldungsrechtlicher Vorschriften hat der Gesetzgeber einen weiten Spielraum politischen Ermessens (stRspr; vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1969 a.a.O. S. 158 f.), innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen und verschiedenartige Gesichtspunkte berücksichtigen darf. Den Gerichten ist die Überprüfung verwehrt, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat. Das Bundesverfassungsgericht kann, sofern nicht - wie hier möglicherweise Art. 33 Abs. 2 und 5 GG mit dem aus dem Leistungsprinzip und aus dem Alimentationsprinzip folgenden Abstandsgebot - von der Verfassung selbst getroffene Wertungen entgegenstehen, nur die Überschreitung äußerster Grenzen beanstanden, jenseits derer sich gesetzliche Vorschriften bei der Abgrenzung von Lebenssachverhalten als evident sachwidrig erweisen (stRspr; BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <244>; vgl. auch Beschlüsse vom 6. Oktober 1983 - 2 BvL 22/80 - BVerfGE 65, 141 <148 f.> und vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <319 f.>). Jede Besoldungsordnung enthält unvermeidbare Härten und mag aus Sicht der Betroffenen fragwürdig sein. Solche Unebenheiten, Friktionen und Mängel müssen in Kauf genommen werden, solange sich für die Regelung ein plausibler und sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Beschlüsse vom 6. Mai 2004 a.a.O. S. 364 f. und vom 4. Februar 1981 a.a.O. S. 161 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vgl. statt aller Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1, S. 4 m.w.N.). Das Abstandsgebot zwingt den Gesetzgeber nicht, einen einmal festgelegten Abstand zwischen den Besoldungsgruppen absolut oder relativ beizubehalten. Der Gesetzgeber kann ein bestehendes Besoldungssystem neu strukturieren und auch die Wertigkeit von Besoldungsgruppen zueinander neu bestimmen (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <295> m.w.N.). Hingegen dürfen die Abstände zwischen den Besoldungsgruppen infolge von Einzelmaßnahmen nicht nach und nach eingeebnet werden. Solche Maßnahmen können unterschiedlich hohe lineare Besoldungsanpassungen etwa für einzelne Besoldungsgruppen sein. Auch regelmäßige, mehr als geringfügige zeitliche Verzögerungen bei den Besoldungsanpassungen für höhere Besoldungsgruppen können zu einer solchen Einebnung beitragen. Da der Abstand im Hinblick auf das Alimentationsprinzip relativ zu bemessen ist - ein absolut gleichbleibender Abstand verliert durch die Inflation an Wert und vermittelt entsprechend weniger Kaufkraft zur Bestreitung des "amtsangemessenen" Unterhalts -, gilt dies auch für die völlige oder teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Ob eine der genannten Maßnahmen eine mit dem Abstandsgebot unvereinbare Einebnung des Besoldungsgefüges zur Folge hat, erschließt sich in der Regel nicht durch die Betrachtung allein der konkreten Maßnahme, sondern nur durch eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung früherer Besoldungsanpassungen. Bei Anlegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den vorliegenden Fall: Dauer und Umfang der verzögerten Besoldungsanpassung sind hier schwerwiegend (zwei Jahre; 7,5 Prozent). Eine angespannte Haushaltslage rechtfertigt für sich alleine keine Ungleichbehandlung zu Lasten einzelner Besoldungsgruppen. Daran ändert auch nichts, dass sich die besoldungsrechtliche Regelung an Entgeltvereinbarungen eines Tarifvertrages anlehnt. Zwar sind die Regelungen eines Tarifvertrages ein maßgeblicher Indikator bei der Frage, ob eine Abkopplung des Besoldungsniveaus von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zu besorgen ist (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <288 ff.>; Beschluss vom 27. September 2007 - 2 BvR 1673/03 u.a - DVBl 2007, 1435 <1438 f.>; BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 34.01 - BVerwGE 117, 305 <309> = Buchholz 240 § 14a BBesG Nr. 1 S. 4 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 6 f.). Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen dem Tarifvertrags- und dem Besoldungsrecht (dort von den Tarifvertragsparteien frei ausgehandelte Entgelte, hier Entscheidung des Gesetzgebers in Erfüllung grundgesetzlicher Verpflichtungen) können Tarifverträge aber dann nicht als Richtschnur für Besoldungsanpassungen dienen, wenn sie ihrem Inhalt nach mit Strukturprinzipien des Besoldungsrechts kollidieren, wie hier mit der Notwendigkeit eines angemessenen Abstands zwischen den Besoldungsgruppen. Tarifvertragliche Vereinbarungen können ein Abrücken von den durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Strukturprinzipien der Beamten- und Richterbesoldung nicht rechtfertigen. Des Weiteren rechtfertigt auch die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beamten die Ungleichbehandlung höherer Besoldungsgruppen grundsätzlich nicht. Zwar kann bei unterschiedlicher wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit eine Ungleichbehandlung im Bereich des beamtenrechtlichen Fürsorgegrundsatzes zulässig sein (Urteile vom 3. Juli 2003 - BVerwG 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277 <284> = Buchholz 237.6 § 87c NdsBG Nr. 1 S. 7 und vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 18). Im Besoldungsrecht jedoch kann die unterschiedliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Hinblick auf das Abstandsgebot lediglich kurzzeitige Verschiebungen von Besoldungserhöhungen für einzelne Besoldungsgruppen rechtfertigen, wie im vorliegenden Fall die viermonatige Verschiebung der Besoldungsanpassung im Jahr 2008 für die Besoldungsgruppen ab A 10 (§ 20 Abs. 3 SächsBesG i.d.F. des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Besoldungsgesetzes vom 17. Januar 2008, GVBl. S. 3). Bei längeren oder substantiellen Verschiebungen - wie hier bei einem Prozentsatz von 7,5 % für zwei Jahre - kommt eine Rechtfertigung allenfalls dann in Betracht, wenn davon nur die Spitzenämter im höheren Dienst betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2001 - 2 BvR 571/00 - DVBl. 2001, 1667). Eine Verschiebung um zwei Jahre ist weder kurzzeitig noch sind Besoldungsgruppen ab A 10 höhere Besoldungsgruppen oder gar Spitzenämter in diesem Sinn. Die hier aufgegriffene Ungleichbehandlung der Besoldungsempfänger ab der Besoldungsgruppen A 10 ist vielmehr nur im Hinblick auf die besondere, einmalige Situation, in der sich der sächsische Landesgesetzgeber im Jahre 2008 befand, noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Der sächsische Landesgesetzgeber fand bei Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit für das Besoldungsrecht die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Abstufung der Besoldungsangleichung vor. Er stand vor der Wahl, entweder die Besoldung für alle Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2008 auf das im bisherigen Bundesgebiet geltende Niveau anzuheben oder die Angleichung für alle Besoldungsgruppen zu einem späteren Zeitpunkt vorzunehmen oder schließlich die bereits bundesrechtlich vorgesehene gestufte Angleichung beizubehalten. Im ersten Fall hätte er sich neue finanzielle Lasten aufgebürdet. Im zweiten Fall wäre den geringer besoldeten Beamten bis Besoldungsgruppe A 9 die seit 2003 bundesrechtlich geregelte Angleichung versagt geblieben. Im dritten Fall, den er gewählt hat, musste er die vorübergehende Einebnung des Besoldungsabstandes zwischen den Besoldungsgruppen in Kauf nehmen. Dass er sich in dieser Situation für die dritte Variante entschieden hat, ist von seinem besonders großen Gestaltungsspielraums bei der Bewältigung der Folgen der deutschen Einheit gedeckt (vgl. zum gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum im Zusammenhang mit der deutschen Einheit: BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2003 - 2 BvL 3/00 - BVerfGE 107, 218 <246>; vgl. auch Beschluss vom 12. November 1996 - 1 BvL 4/88 - BVerfGE 95, 143 <155 f., 157 f.>; Urteile vom 28. April 1999 - 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 - BVerfGE 100, 1 <38> und vom 14. März 2000 - 1 BvR 284, 1659/96 - BVerfGE 102, 41 <55>; Beschlüsse vom 4. April 2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310 <324 f.> und vom 21. November 2001 - 1 BvL 19/93 u.a. - BVerfGE 104, 126 <147>). Entscheidend dafür ist, dass die Verschiebung der Besoldungsangleichung für die Besoldungsgruppen höher als A 9 zwar weder geringfügig noch kurzfristig, aber immerhin nur vorübergehend war. Sie führte insbesondere nicht zu einer geringeren Basis für spätere Besoldungserhöhungen; die Beamten und Richter dieser Besoldungsgruppen wurden nach Auslaufen der Absenkung in die bereits bestehende und für die Besoldung der aus dem früheren Bundesgebiet stammenden Beamten und Richter sowie der Beamten und Richter mit Anspruch auf einen Zuschuss nach § 4 der 2. BesÜV maßgeblichen Anlage 21 zum Sächsischen Besoldungsgesetz integriert. Die vorübergehende, wenn auch gravierende Einebnung des Besoldungsabstands wirkte sich letztlich nicht auf das dauernde Besoldungsgefüge aus und wiegt damit weniger schwer als etwa die teilweise Ersetzung von linearen Besoldungserhöhungen durch Einmalzahlungen. Zudem hat der Landesgesetzgeber mit der Zulagenregelung in § 22 SächsBesG ein Absinken der - noch nicht angeglichenen - nach der Besoldungsgruppe A 10 besoldeten Beamten unter die Besoldung der - schon angeglichenen - vergleichbaren nach der Besoldungsgruppe A 9 besoldeten Beamten verhindert. Eine höhere Zulage war in dieser Übergangsphase nicht verfassungsrechtlich zwingend geboten, zumal sie - wenn sie dem Abstandsgebot substanziell hätte Rechnung tragen wollen - in die Nähe der vollständigen Angleichung schon zum 1. Januar 2008 hätte kommen müssen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020191&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020192
BVerwG
2. Senat
20140307
2 B 94/13
Beschluss
§ 35 Abs 2 S 1 BG SN 2009, § 36 Abs 2 S 1 BG SN 2009
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 18. Juni 2013, Az: 2 A 80/13, Urteil
DEU
Versetzung eines Gerichtsvollziehers aus personenbezogenen Gründen; dauerhafte Geschäftsüberlastung
Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 29.09.2015 - 2 BvR 881/14 - nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO) liegen nicht vor. Die Klägerin war als Gerichtsvollzieherin (Besoldungsgruppe A 8) tätig. Seit 2002 stellte der Direktor des Amtsgerichts erhebliche Unzulänglichkeiten bei der Führung der Dienstgeschäfte fest. Eine deswegen erlassene Disziplinarverfügung hob das Verwaltungsgericht mit der Begründung auf, die Klägerin habe zwar die für die Aufgabenerfüllung geltenden dienstlichen Vorschriften in erheblichem Maß nicht eingehalten, ihr könne aber kein Vorsatz nachgewiesen werden. Sie sei womöglich dauerhaft überfordert gewesen. Im September 2004 ordnete der Direktor des Amtsgerichts die vorläufige Verwendung der Klägerin im mittleren Justizdienst an; im März 2006 versetzte sie der Präsident des Oberlandesgerichts in das Amt einer Justizhauptsekretärin (Besoldungsgruppe A 8). Inzwischen befindet sich die Klägerin im Ruhestand. Ihre Klagen mit den Anträgen, die Rechtswidrigkeit von vorläufiger Verwendung und statusändernder Versetzung festzustellen, sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Maßnahmen seien durch dienstliche Gründe gerechtfertigt. Zwar sei fraglich, ob hierfür personenbezogene Gründe für sich genommen ausreichten. Im vorliegenden Fall habe sich jedoch aufgrund der Amtsführung der Klägerin ein dringender Bedarf an einer organisatorischen Änderung ergeben. Dem öffentlichen Interesse an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Gerichtsvollzieheraufgaben habe nur durch eine Entbindung der Klägerin von diesen Aufgaben Rechnung getragen werden können. Die gerichtliche Disziplinarentscheidung stehe nicht entgegen, weil das Verwaltungsgericht festgestellt habe, dass die Amtsführung über einen längeren Zeitraum schwerwiegende Mängel aufgewiesen habe. 1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Rechtsfragen, die die Klägerin nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO als rechtsgrundsätzlich aufgeworfen hat und auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, nicht erfüllt: a) Die Frage, ob dienstliche Gründe für eine statusändernde Versetzung und eine anderweitige Verwendung im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 1 und § 36 Abs. 2 Satz 1 SächsBG auch personenbezogene Gründe oder nur erhebliche organisatorische Schwierigkeiten des Dienstherrn umfassen, kann aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ohne Weiteres beantwortet werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass Personalmaßnahmen nicht schon deshalb zu einem Mittel der Bestrafung und Disziplinierung des Betroffenen werden, wenn sie im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung an ein bestimmtes dienstliches Verhalten anknüpfen (Urteile vom 28. April 1966 - BVerwG 2 C 68.63 - Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 6 S. 27 f., vom 25. Januar 1967 - BVerwG 6 C 58.65 - BVerwGE 26, 65 <72 f.> und vom 29. April 1982 - BVerwG 2 C 41.80 - BVerwGE 65, 270 <278>). Zwischen einer unzulänglichen Amtsführung, d.h. dem dienstlichen Verhalten des Gerichtsvollziehers, und den sich daraus ergebenden organisatorischen Schwierigkeiten besteht ein untrennbarer Zusammenhang, der aus den Besonderheiten der Laufbahn und der Dienstgeschäfte der Gerichtsvollzieher folgt. Deren Ämter gehören zu einer eigenen Laufbahn mit eng umschriebener Fachrichtung, die eine Verwendung außerhalb des Gerichtsvollzieherdienstes ausschließt. Gerichtsvollzieher sind für die ihnen obliegenden Aufgaben in einem örtlich begrenzten Bezirk ausschließlich zuständig; sie nehmen diese Aufgaben selbständig und eigenverantwortlich wahr (Urteil vom 29. April 1982 a.a.O. S. 273 f.). Davon ausgehend liegt auf der Hand, dass ein dienstlicher Grund im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 1 und § 36 Abs. 2 Satz 1 SächsBG an der anderweitigen Verwendung oder statusändernden Versetzung eines Gerichtsvollziehers besteht, wenn eine derartige Maßnahme erforderlich ist, um die Funktionsfähigkeit des Gerichtsvollzieherwesens in einem Bezirk aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn die Funktionsfähigkeit durch die Amtsführung des amtierenden Gerichtsvollziehers, d.h. durch Gründe, die in seiner Person liegen, erheblich beeinträchtigt wird. Ist aufgrund der bisherigen Amtsführung die Annahme gerechtfertigt, der amtierende Gerichtsvollzieher sei auch künftig aller Voraussicht nach nicht imstande, die ihm obliegenden Aufgaben in wesentlichen Teilen ordnungsgemäß zu erfüllen, liegt eine dauerhafte organisatorische Schwierigkeit vor, die nur durch eine Entbindung des Gerichtsvollziehers von seinen Aufgaben gelöst werden kann. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit setzt die Versetzung in ein gleichwertiges Amt der Laufbahn des mittleren Justizdienstes voraus, dass die weitere Verwendung als Gerichtsvollzieher aufgrund der bisherigen Amtsführung objektiv unmöglich erscheint. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. b) Die Frage, ob ein Gerichtsvollzieher wegen seiner Amtsführung anderweitig verwendet und versetzt werden kann, obwohl das Verwaltungsgericht eine deswegen erlassene Disziplinarmaßnahme wegen fehlenden Verschuldens aufgehoben hat, kann in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Rechtsauffassung, eine objektiv unzulängliche Amtsführung, die in der Disziplinarentscheidung festgestellt worden sei, könne berücksichtigt werden, durch Auslegung und Anwendung nicht revisiblen Landesrechts, nämlich des hier noch anwendbaren § 121 Abs. 2 der Sächsischen Disziplinarordnung (SächsDO) über die Bindungswirkung von Disziplinarentscheidungen, gewonnen. Dieses inzwischen außer Kraft getretene Gesetz unterliegt im Gegensatz zum nunmehr geltenden Sächsischen Disziplinargesetz (SächsDG) nicht der revisionsgerichtlichen Nachprüfung (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG für das gerichtliche Verfahren zuständige Bundesgesetzgeber hat den Landesgesetzgebern durch § 187 Abs. 1 VwGO die Möglichkeit eröffnet, den Verwaltungsgerichten Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit zu übertragen und dabei die Besetzung und das Verfahren zu regeln. Die Landesgesetzgeber können sich auf den Erlass einiger von der Verwaltungsgerichtsordnung abweichender Verfahrensregelungen beschränken, etwa eine Revisionsinstanz für Disziplinarverfahren nach dem Landesdisziplinargesetz ausschließen. Zugleich sind sie nach Art. 99 GG berechtigt, die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts als Revisionsgericht für die Auslegung und Anwendung des Landesdisziplinarrechts zu begründen. In der Regel lässt die Begründung dieser Zuständigkeit den Schluss zu, dass der Landesgesetzgeber das Landesdisziplinarrecht für revisibel erklärt hat (Beschluss vom 12. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 34.11 - NVwZ 2012, 514 Rn. 4). Nach § 82 SächsDO wurden die Beschlüsse des beim Oberverwaltungsgericht eingerichteten Disziplinarsenats mit der Zustellung, seine Urteile mit der Verkündung rechtskräftig. Damit war die Anrufung des Bundesverwaltungsgerichts in Disziplinarverfahren nach der Sächsischen Disziplinarordnung ausgeschlossen. Daraus folgt, dass es sich bei diesem Gesetz um nicht revisibles Landesrecht gehandelt hat. Demgegenüber hat der Landesgesetzgeber nunmehr durch das Sächsische Disziplinargesetz die Revisionsinstanz eröffnet und somit dieses Gesetz für revisibel erklärt (§§ 70, 71 SächsDG). Dies ändert nichts an der fehlenden Revisibilität der Sächsischen Disziplinarordnung. Dessen ungeachtet liegt auf der Hand, dass eine vom Disziplinargericht festgestellte objektiv unzulängliche Amtsführung eines Gerichtsvollziehers bei Entscheidungen über seine anderweitige Verwendung und Versetzung in die Laufbahn des mittleren Justizdienstes berücksichtigt werden kann, um die Funktionsfähigkeit des Gerichtsvollzieherdienstes sicherzustellen. Die gesetzlichen Regelungen über die Bindungswirkung von Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen schließen in aller Regel die nochmalige Prüfung von nicht festgestellten Tatsachen, nicht aber die Verwertung festgestellter Tatsachen aus. c) Die Frage, ob die anderweitige Verwendung eines Gerichtsvollziehers und dessen Versetzung in den mittleren Justizdienst auf eine dauerhafte Geschäftsüberlastung gestützt werden kann, würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Eine dauerhafte Geschäftsüberlastung berechtigt den Gerichtsvollzieher, seine Aufträge nach Dringlichkeit zu ordnen und seinen Geschäftsbereich planvoll anwachsen zu lassen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 11. März 2008 - 2 BvR 263/07 - ZBR 2008, 389 <390>). Daher ist der überlastete Gerichtsvollzieher verpflichtet, eine nachvollziehbare, an der Dringlichkeit ausgerichtete Planung für die Aufgabenerledigung zu erstellen. Die Überlastung berechtigt ihn nicht, die hierfür geltenden Dienstpflichten außer Acht zu lassen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, wurden die anderweitige Verwendung der Klägerin und deren statusändernde Versetzung nicht auf eine dauerhafte Geschäftsüberlastung, sondern auf länger anhaltende erhebliche Verstöße gegen Dienstpflichten, etwa die unzulängliche Führung des Schuldnerverzeichnisses, gestützt. Auch hat die Klägerin nicht vorgetragen, einen Plan für den Umgang mit einer Überlastung erstellt zu haben. d) Die Frage, ob das Verwaltungsgericht Versetzung und anderweitige Verwendung auf das Vorliegen eines dienstlichen Grundes im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 1, § 36 Abs. 2 Satz 1 SächsBG stützen darf, wenn die Behörde den Verfügungen ein dienstliches Bedürfnis zugrunde gelegt hat, kann aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beantwortet werden. Danach obliegt dem Verwaltungsgericht die Prüfung, ob die Entscheidung aus anderen als den von der Behörde genannten Gründen rechtmäßig ist, wenn die von der Behörde gegebene Begründung für eine rechtlich gebundene Verwaltungsentscheidung nicht zutrifft. Das Gericht ist berechtigt und verpflichtet, die Verwaltungsentscheidung auf eine andere als die von der Behörde angegebene Rechtsgrundlage zu stützen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen (stRspr; vgl. Urteil vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 38). 2. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den beiden Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines bestimmten Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Diese Voraussetzungen gelten auch für eine Divergenz zwischen Oberverwaltungsgerichten im Sinne des § 127 Nr. 1 BRRG, der nach § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG fortgilt (Urteil vom 29. April 2010 - BVerwG 2 C 77.08 - BVerwGE 137, 30 Rn. 6). Die Klägerin hat eine Divergenz offensichtlich nicht nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt; im Einzelnen: Die von der Klägerin angeführten Gerichtsentscheidungen zu Umfang und Reichweite einer gesetzlich angeordneten Bindungswirkung von Entscheidungen der Disziplinargerichte sind nicht zu § 121 Abs. 2 SächsDO ergangen, der zudem nicht revisibel ist. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht weder in dem Urteil vom 26. Mai 1966 - BVerwG 2 C 38.65 - (Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 7) noch in dem Beschluss vom 17. Januar 1990 - BVerwG 1 DB 35.89 - (DVBl 1990, 642) einen Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, das vom Disziplinargericht festgestellte objektive Fehlverhalten dürfe in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden, wenn dem Beamten kein Verschulden zur Last fällt. Das Berufungsurteil weicht offensichtlich nicht von dem Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. März 2008 - 2 BvR 263/07 - (ZBR 2008, 389) ab, weil dieser Beschluss keine Aussage zu den tragenden Rechtssätzen des Berufungsgerichts enthält. Dieses hat bereits in tatsächlicher Hinsicht keine Geschäftsüberlastung und einen darauf bezogenen Plan der Klägerin festgestellt. Das Berufungsurteil weicht offensichtlich nicht von den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Dezember 2001 (NVwZ-RR 2002, 856) und des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2012 (LKV 2012, 236) ab, weil keines dieser Obergerichte den Rechtssatz aufgestellt hat, erhebliche organisatorische Schwierigkeiten des Dienstherrn könnten keinen dienstlichen Grund für eine Personalmaßnahme darstellen, wenn sie auf das dienstliche Verhalten des Betroffenen zurückzuführen sind. Das Berufungsurteil weicht offensichtlich nicht von dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. März 2007 (NVwZ-RR 2007, 478) ab, weil das Berufungsgericht nicht in Frage gestellt hat, dass die Klägerin kein Verschulden an der objektiv unzulänglichen Amtsführung und an der dadurch hervorgerufenen erheblichen Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Gerichtsvollzieherdienstes trifft. Auf ein Verschulden kommt es für das Vorliegen eines dienstlichen Grundes im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 1, § 36 Abs. 2 Satz 1 SächsBG nicht an. Schließlich liegt eine Abweichung von dem Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 26. Januar 2012 (a.a.O.) auch insoweit nicht vor, als das Berufungsgericht angenommen hat, die Voraussetzungen für ein "Auswechseln" der Rechtsgrundlage der angegriffenen Personalmaßnahmen lägen vor. Das Thüringer Oberverwaltungsgericht hat keinen abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt, sondern die Voraussetzungen für ein "Auswechseln" in dem von ihm entschiedenen Fall nicht für gegeben gehalten. Im Übrigen scheidet eine Divergenz nach § 127 Nr. 1 BRRG hier schon deshalb aus, weil zu dieser Frage Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergangen ist (vgl. oben Rn. 17).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020192&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020193
BVerwG
9. Senat
20140306
9 B 66/13
Beschluss
§ 9 BauGB, § 127 BauGB
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 30. August 2013, Az: 5 A 357/13, Urteil
DEU
Zum Bestimmtheitsgebot im Rahmen der Beitragsbemessung
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht gegeben. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, "ob die nur mittels aufwendiger und schwieriger Ermittlungen mögliche generelle Bestimmbarkeit des für die Berechnung des Beitrages erforderlichen Nutzungsmaßes das verfassungsrechtlich zu beachtende Bestimmtheitsgebot hinreichend beachtet", rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das bundesverfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot erst dann verletzt ist, wenn es wegen der Unbestimmtheit der abgaberechtlichen Vorschrift auch mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden nicht mehr möglich ist, objektive Kriterien zu gewinnen, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließen; im Übrigen genügt eine dem jeweiligen Sachzusammenhang angemessene Bestimmtheit (vgl. Beschlüsse vom 26. Oktober 1989 - BVerwG 8 B 59.89 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 113 S. 9 f. und vom 10. April 2000 - BVerwG 11 B 61.99 - juris Rn. 10). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass der vorliegende Rechtsstreit Gelegenheit geben könnte, diese Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren fortzuentwickeln. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass die für die Berechnung des Beitrags maßgebliche Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung zulässigen Geschosse aus der maximalen Höhe der Gebäude abzuleiten sei, die wiederum unter Ansatz der durch den Bebauungsplan vorgegebenen Grund- und Geschossflächenzahl sowie weiterer baurechtlicher Regelungen etwa über Abstandsflächen und die Notwendigkeit einer gesicherten Erschließung ermittelt werden könne. Die Beschwerde räumt selbst ein, dass das für die Beitragsfestsetzung maßgebliche Nutzungsmaß auf diese Weise bestimmbar sei. Allein der Umstand, dass die Zahl der auf den Grundstücken der näheren Umgebung zulässigen Geschosse angesichts der bauplanungsrechtlichen Festsetzungen schwierig zu ermitteln und folglich ein wenig praktikabler Maßstab vorgegeben ist, führt nach den obigen Darlegungen nicht zu einem Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot. Dem Bestimmtheitsgebot kann keine Pflicht entnommen werden, die Beitragsbemessung so auszugestalten, dass der Beitrag möglichst einfach zu ermitteln ist. Insbesondere ist es Sache des Satzungsgebers zu entscheiden, ob die Beitragsbemessung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität pauschaliert oder so erfolgen soll, dass der jeweilige Vorteil möglichst genau abgebildet wird (vgl. Urteil vom 26. Januar 1979 - BVerwG 4 C 61.75 u.a. - BVerwGE 57, 240 <246> zur Pauschalierungsbefugnis; stRspr). Unter dem Aspekt der Vorteilsgerechtigkeit erhebt die Beschwerde keine Zulassungsrügen gegen die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit der hier in Rede stehenden Beitragsbemessung.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020193&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020194
BVerwG
8. Senat
20140220
8 B 65/13
Beschluss
vorgehend VG Cottbus, 23. Mai 2013, Az: 1 K 622/12, Urteil
DEU
I. Der Kläger (geboren am ... in ...) wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus (VG 1 K 622/12), mit dem seine Klage abgewiesen worden ist. Er macht als Rechtsnachfolger seines am ... verstorbenen Vaters F. B. (geboren am ..., im Folgenden: der Restitutionsantragsteller) im vorliegenden Verfahren die Rückübertragung von drei Grundstücken (Flurstücke a mit 45 616 qm; b mit 88 657 qm und c mit 23 945 qm) der Flur ... in R., sämtlich verzeichnet im Grundbuch von R., Blatt ..., geltend, die gegenwärtig in der Verfügungsberechtigung des beigeladenen Landes Brandenburg (Grundstücksfonds Brandenburg) stehen. Der Restitutionsantragsteller war Rechtsnachfolger des F. H. B. (geboren am ...; gestorben am ... in ...; im Folgenden: der Alteigentümer), des Großvaters des Klägers. Dieser wurde am 21. Juli 1944 im Zusammenhang mit dem Attentat auf Adolf Hitler von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhaftet und bis zum 5. März 1945 in Haft gehalten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die in Brandenburg belegenen Grundflächen und Besitzungen des Alteigentümers im Rahmen der Bodenreform enteignet und nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen in weiten Teilen aufgesiedelt. Mit Bescheid vom 17. Februar 2000 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag "auf Rückübertragung der ehemaligen Güter G. und K., einschließlich des Dorfes und Vorwerk F. sowie des ehemaligen Grundeigentums in M. und R., belegen im ehemaligen Landkreis L., jetzt Landkreis D., mit einer Größe von ca. 1 295,44 ha", ab (Ziffer 1) und wertete den Antrag auf Rückübertragung als Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, wobei über Grund, Art und Höhe der Ausgleichsleistung mit gesondertem Bescheid entschieden werden solle (Ziffer 2). Bereits zuvor hatte die Behörde in einem anderen Verfahren mit Bescheid vom 30. März 1999 das Restitutionsbegehren der Rechtsnachfolger des Alteigentümers betreffend "die ehemalige Herrschaft B. mit den Gütern B. und P." (ehemals Landkreis J., jetzt Landkreis T.), mit einer Größe von ca. 11 179,82 ha abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Klagen wies das Verwaltungsgericht Potsdam - soweit sie nicht zurückgenommen wurden - nach Trennung der Verfahren mit Urteilen vom 4. Dezember 2008 (u.a. VG 1 K 1922/08) als unbegründet ab; auf die Nichtzulassungsbeschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht die Urteile mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 auf (BVerwG 8 B 17.10) und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Potsdam zurück. Mit Urteilen vom 25. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klagen erneut abgewiesen (Verfahren VG 1 K 84/11 bis VG 1 K 89/11). Über die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden. Mit seiner am 16. August 2013 eingelegten Beschwerde, begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das ihm am 23. Juli 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus, mit dem seine Klage mit dem Antrag abgewiesen worden ist, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. Februar 2000 zu verpflichten, die Flurstücke a, b und c der Flur ... in der Gemarkung R. (heute verzeichnet im Grundbuch von R., Blatt ...) auf die Rechtsnachfolger nach F. H. B. zurück zu übertragen. II. Die auf sämtliche drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind unzulässig; die erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind jedenfalls unbegründet. 1. Die Grundsatzrüge scheitert bereits daran, dass der - anwaltlich vertretene - Kläger mit seiner Beschwerde keine den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechende Rechtsfrage bezeichnet hat. a) Soweit der Kläger in Teil A Nr. 2 seiner Beschwerdebegründung ("Nichtbeachtung Musterprozess", S. 3 f.) geltend macht, es handele sich bei dem vorliegenden Verfahren um einen "Musterprozess", so dass die Revision schon deshalb nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen sei, verkennt er die in § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO normierten Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes. Die Beschwerdebegründung formuliert keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (vgl. zu diesen Kriterien u.a. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Gleiches gilt hinsichtlich seines Vorbringens, aus der "Existenz des Urteils des VG Potsdam, dem der identische Sachverhalt zugrunde liegt", folge eine "grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit". b) Soweit er in Teil A Nr. 3 ("Entziehung des gesetzlichen Richters", S. 4 ff.) die Frage: "Genügt der Verweis eines Geschäftsverteilungsplanes auf ein separates Bestimmungsverfahren für ehrenamtliche Richter, wenn dort nicht geregelt ist, unter wessen konkreter Verantwortung die erforderlichen Listen geführt werden, wer das Verfahren (theoretisch und praktisch) durchführt und/oder in der den Rechtsuchenden betreffenden Verfahrensakte kein Hinweis auf die ordnungsgemäße Einleitung des Bestimmungsverfahrens, die Einhaltung der aufgestellten Regeln, die Zuständigkeit der tatsächlich handelnden Person (Richter, Rechtspfleger, Geschäftsstellenbeamte o.ä.) und die tatsächlich getroffenen Entscheidungen enthalten ist, den Anforderungen an die Bestimmbarkeit des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 GG unter besonderer Berücksichtigung des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten?" aufwirft, wird in der Beschwerdebegründung jedenfalls nicht dargelegt, dass es sich dabei um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handelt, deren Beantwortung für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Im Übrigen ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass die von § 30 Abs. 1 VwGO vorgeschriebene Heranziehung der ehrenamtlichen Richter nach einer vom Präsidium vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmten Reihenfolge der Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dient und dass dies eine generelle und so genaue Festlegung erfordert, dass die Möglichkeit von Manipulationen so weit wie möglich ausgeschlossen wird (Urteil vom 25. April 1991 - BVerwG 7 C 11.90 - BVerwGE 88, 159 <163 m.w.N.> = Buchholz 300 § 21i GVG Nr. 1). Ein über den konkreten Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf ist mit der Beschwerde nicht dargetan. c) Soweit sich der Kläger in weiteren Abschnitten seiner Beschwerdebegründung (u.a. in Teil A Nr. 1 sowie in Teil C Nr. 4, Nr. 7, Nr. 12, Nr. 13, Nr. 24) auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft und damit offenbar ebenfalls Grundsatzrügen erheben will, fehlt es durchweg bereits an der Formulierung einer im Revisionsverfahren als klärungsbedürftig angesehenen abstrakten Rechtsfrage des revisiblen Rechts. Stattdessen trägt der Kläger unter offenkundiger Verkennung des Zwecks einer Grundsatzrüge und unter Missachtung der an sie gestellten gesetzlichen Anforderungen lediglich vor, aus welchen Gründen er mit Tenor und Begründung des angegriffenen Urteils nicht übereinstimmt. d) Soweit der Kläger die Frage: "Ist es im Lichte des § 1 Abs. 8 lit. a VermG mit dem Gleichheitsgrundsatz und der einheitlichen Rechtsordnung vereinbar, dass dem Verfolgten aufgrund der hoheitsrechtlich unterstellten Bestandskraft der von der russischen Besatzungsmacht initiierten Bodenreform die Rückgabe versagt wird, während die von einer anderen Besatzungsmacht im gleichen relevanten Zeitraum getroffene Entscheidung beweist, dass der Eigentumsverlust auf andere Weise vorliegt?" aufwirft (Teil C Nr. 22, S. 50 der Beschwerdebegründung), kommt dieser eine grundsätzliche Bedeutung schon deshalb nicht zu, weil sie sich dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat und sich auch in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht verneint, dass die Bestätigung der Südafrikanischen Militärmission in Berlin vom 23. Juni 1947 ohne eine Konkretisierung der Ausgangsquellen und der Behauptungen keinen Beweiswert für einen vor dem 8. Mai 1945 erlittenen Eigentumsverlust des Alteigentümers hat (UA S. 37). Die von dem Kläger in der Frage möglicherweise unterstellte Entscheidung einer anderen Besatzungsmacht über das Vorliegen eines Eigentumsverlustes in anderer Weise bis zum 8. Mai 1945 oder danach ist vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden. 2. Die Divergenzrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712 und vom 17. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 = juris Rn. 15). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342). So liegt der Fall hier. a) Soweit der Kläger seine Divergenzrüge damit begründet (Teil C Nr. 25), das Verwaltungsgericht habe im angegriffenen Urteil die Auffassung vertreten, dass der zu entscheidende Sachverhalt nicht mit demjenigen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - zu vergleichen sei, fehlt es bereits an der Gegenüberstellung divergierender (abstrakter) Rechtssätze. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang kritisiert, das Verwaltungsgericht habe bei der Würdigung "der erpressten Erteilung einer unwiderruflichen, notariellen 'Generalvollmacht' durch den Alleininhaber eines Einzelunternehmens auf einen Dritten in Verbindung mit der Auflage an den Vollmachtgeber, die Unternehmensleitung aufzugeben, und in Verbindung mit der Verbannung vom betroffenen Unternehmen und dem betroffenen Immobilieneigentum und in Verbindung mit unstreitigem Entzug aller beweglicher Vermögenswerte des Verfolgten" zu Unrecht einen "Vermögensverlust auf andere Weise" verneint und habe damit diesen Vorgang rechtlich abweichend vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - gewürdigt, wird auch damit keine Divergenz dargelegt. In der Beschwerdebegründung werden keine von beiden Gerichten als entscheidungstragend herangezogenen divergierenden abstrakten Rechtssätze gegenüber gestellt. Stattdessen macht der Kläger lediglich eine unterschiedliche Beurteilung zweier von ihm als im Wesentlichen gleich angesehener Sachverhalte geltend. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall waren zwei an einer Offenen Handelsgesellschaft beteiligte Brüder jüdischer Glaubenszugehörigkeit 1938 in einem Konzentrationslager gezwungen worden, einer dritten Person, die bereits vorher die Anlagewerte der OHG erworben hatte, eine vorbereitete Generalvollmacht mit der unwiderruflichen Verfügungsmacht über das gesamte Vermögen zu erteilen; anschließend wurden die beiden Brüder ausgebürgert und zur Ausreise aus Deutschland gezwungen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte, wie der Kläger vorgetragen hat, aus der "Kombination von Generalvollmacht und räumlicher Trennung" auf einen Vermögensverlust auf andere Weise im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG geschlossen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht einen vom Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Rechtssatz in Zweifel gezogen hätte. Vielmehr ist es davon ausgegangen, in dem von ihm zu entscheidenden Fall liege ein unter mehreren Aspekten anderer Sachverhalt vor. Soweit der Kläger insoweit geltend macht, die beiden Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts doch als in ihren wesentlichen Strukturmerkmalen gleich anzusehen, ergibt sich daraus keine Divergenz abstrakter entscheidungstragender Rechtssätze des revisiblen Rechts. b) Soweit der Kläger unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eine Abweichung von einem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam geltend macht (S. 23 der Beschwerdebegründung unter Teil C Nr. 6), verkennt er, dass (erstinstanzliche) Verwaltungsgerichte nicht zu den in der Vorschrift abschließend aufgeführten Gerichten gehören. c) Soweit die unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfolgten Ausführungen zur Verfügungsmacht des Alteigentümers (S. 28 der Beschwerdebegründung unter Teil C Nr. 10) oder auch andere Bezugnahmen auf diese Vorschrift in der Beschwerdebegründung als Divergenzrüge zu verstehen sein sollten, ist diese schon deshalb unzulässig, weil insoweit durchweg ebenfalls kein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen haben soll. 3. Auch die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verlangt, dass ein Verfahrensmangel des gerichtlichen Verfahrens in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert und schlüssig dargetan wird (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 a.a.O., vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 15, vom 1. Dezember 2000 - BVerwG 9 B 549.00 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 60 S. 18 f. und vom 28. November 2011 - BVerwG 5 B 55.11 - juris Rn. 2). Daran fehlt es hier bei allen vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen. a) Die Besetzungsrüge hat keinen Erfolg. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die nach Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG vorzunehmende Besetzung des Verwaltungsgerichts mit ehrenamtlichen Richtern sei aus den Geschäftsverteilungsplänen (im Folgenden: GVP) 2011, 2012 und 2013 des Verwaltungsgerichts Cottbus nicht zu erkennen. Der Verfahrensakte lasse sich zudem insbesondere nicht entnehmen, wie es zur Bestimmung der ehrenamtlichen Richter gekommen sei. Nach der Ladungsverfügung vom 30. Januar 2013 sei aus der Akte kein Vorgang zu entnehmen, der auf die ordnungsgemäße Bestimmung, Heranziehung und Ladung der ehrenamtlichen Richter gemäß Ziffer VI des GVP 2013 hindeute. Es bleibe offen, wem konkret die Bestimmung der ehrenamtlichen Richter organisatorisch obliege und dass diese erforderliche Zuordnung beachtet worden sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, von wem, wann und auf welcher Grundlage die ehrenamtlichen Richter konkret ausgewählt und geladen worden seien. Es bleibe offen, ob die Haupt- oder die Hilfsliste Grundlage der Mitwirkung gewesen sei. Das erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Besetzungsrüge ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zulässig vorgebracht, wenn der Beschwerdeführer die nach seiner Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren Beurteilung ermöglichen (vgl. u.a. Beschluss vom 17. Dezember 1982 - BVerwG 8 CB 83.80 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 24). Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der einschlägigen Geschäftsverteilung sowie ggf. die Einholung von Erkundigungen und die Vornahme eigener Ermittlungen, um sich über das Vorgehen des Gerichts Aufklärung zu verschaffen; andernfalls handelt es sich um eine unbeachtliche Rüge "auf Verdacht" (Beschlüsse vom 27. Juni 1995 - BVerwG 5 B 53.95, Buchholz § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 9 und vom 15. Juli 2010 - BVerwG 4 BN 13.10 <4 BN 21.09> juris Rn. 9 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt das Beschwerdevorbringen nicht. Nach der Darstellung der Beschwerde ist das Verfahren der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter des Verwaltungsgerichts in dem GVP 2013 in Ziffer VI näher geregelt. Danach werden die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge ihrer Aufzählung, beginnend mit Nummer 1, in den in der Anlage II zum GVP beigefügten Listen der jeweiligen Kammer nach Maßgabe der dazu im GVP getroffenen weiteren Bestimmungen herangezogen. Maßgeblich ist der Eingang der richterlichen Terminbestimmung in der Geschäftsstelle. Ist bei Verhinderung eines ehrenamtlichen Richters der Hauptliste die Ladung des nunmehr heranzuziehenden Richters der Hauptliste nicht rechtzeitig, d.h. bis zum 3. Werktage vor der Sitzung, möglich, so wird ein ehrenamtlicher Richter aus der für alle Kammern geltenden gemeinsamen Hilfsliste in der aus dieser Liste sich ergebenden Reihenfolge herangezogen, wobei ein Richter, dessen Zusage nicht sofort zu erreichen ist, übergangen wird. Die erfolglosen Heranziehungsversuche sind in der jeweiligen Liste kenntlich zu machen. Eine solche Verfahrensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat mit der Beschwerde nicht konkret dargetan, dass dieses im GVP festgelegte Verfahren vorliegend nicht beachtet worden ist. Sein Vorbringen lässt auch nicht erkennen, dass er diesbezüglich nähere Erkundigungen beim Vorsitzenden und/oder der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts eingeholt sowie die nach dem Geschäftsverteilungsplan maßgeblichen Unterlagen mit den entsprechenden Vermerken eingesehen hat und dass sich daraus konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten ergeben. Soweit sein Vorbringen dahin zu verstehen sein sollte, dass er die abstrakt gegebene Möglichkeit der Kammervorsitzende könnte die "Richterbank" hinsichtlich der ehrenamtlichen Richter für bestimmte Sachen durch deren entsprechende Terminierung beeinflussen, für verfassungswidrig hält, ergibt sich daraus nichts anderes. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit eines derartigen Heranziehungsverfahrens bereits wiederholt geprüft und bejaht (vgl. Beschlüsse vom 27. Mai 1999 - BVerwG 3 B 24.99 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 18 und vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 B 114.00 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 19). Dass dies nicht in einem Revisionsverfahren, sondern durch Beschluss in einem Beschwerdeverfahren geschehen ist, steht der Annahme nicht entgegen, die aufgeworfene Frage sei nunmehr hinreichend geklärt. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat die wesentlichen Einwände der Beschwerde bereits beantwortet. Der beschließende Senat teilt diese Auffassung. In dem beabsichtigten Revisionsverfahren wären hierzu keine wesentlich neuen Erkenntnisse zu erwarten, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten. b) Dass das Verwaltungsgericht durch eine "Überraschungsentscheidung" gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verstoßen hat, wird in der Beschwerdebegründung nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Abgesehen davon fehlt es an jedem konkreten Anhaltspunkt für den geltend gemachten Verstoß. Die Gewährleistung des Rechts auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Beurteilung regelmäßig erst aus dem Ergebnis der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wegen des Unterbleibens eines solchen Hinweises liegt erst vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>; Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204> und Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <409>; BVerwG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2010 - BVerwG 9 B 64.10 - juris Rn. 8, vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 8 B 2.13 - juris). Das Beschwerdevorbringen lässt nicht konkret und nachvollziehbar erkennen, inwiefern und aus welchem Grund die angeführte "Auftrennung der Verfahren", "die Einrichtung der 'Musterverfahren'", die "Anfrage an die Beteiligten, ob Ausschlussgründe vorgetragen werden sollen" und der "Verzicht der anwaltlich vertretenen Beigeladenen, kostenauslösende Anträge zu stellen", eine Überraschungsentscheidung darstellen oder bewirkt haben. Gleiches gilt hinsichtlich des nicht näher belegten Vorbringens des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine Rechtsauffassung zur "Systematik des AOG" gegenüber 2011 geändert. Der anwaltlich vertretene Kläger hat mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen, dass er in der mündlichen Verhandlung hinreichende Gelegenheit hatte, sich zu dieser Frage zu äußern und seinen Standpunkt darzulegen. c) Soweit der Kläger in Teil B Nr. 1 (S. 8 ff. der Beschwerdebegründung) rügt, das Verwaltungsgericht habe entgegen dem Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2010 "keine Gesamtbetrachtung" der einzelnen Verfolgungsmaßnahmen vorgenommen und damit Verfahrensrecht verletzt, wird dies in der Beschwerdebegründung nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise nachvollziehbar begründet. Dazu bestand indes schon deshalb Veranlassung, weil sich das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil mit der Frage der "potenzierenden Gesamtwirkung" der vom NS-Regime gegenüber dem Alteigentümer vorgenommenen einzelnen Repressionsmaßnahmen, soweit es sie für erwiesen gehalten hat, ausdrücklich befasst hat (vgl. UA S. 70). Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Einzelmaßnahmen keine "kumulative Wirkung" entfaltet haben. Mit dem Beschwerdevorbringen wird nicht konkret dargelegt, in welcher Weise das Verwaltungsgericht damit gegen bestimmte Verfahrensvorschriften verstoßen haben soll. Mit der Beschwerde ist nicht nachvollziehbar dargetan worden, dass das Verwaltungsgericht insoweit etwa unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO entscheidungserhebliches tatsächliches oder rechtliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Weder aus diesen Vorschriften noch aus § 108 Abs. 1 VwGO folgt jedoch ein Anspruch des Klägers darauf, dass das Verwaltungsgericht bei der Würdigung des Sach- und Streitstandes seiner, des Klägers, Auffassung folgt. Es ist ferner mit der Beschwerde weder nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht durch Unterlassen von nach § 86 Abs. 3 VwGO gebotenen Hinweisen gegen Verfahrensrecht verstoßen hätte. d) Soweit der Kläger rügt (unter anderem in Teil B Nr. 3 der Beschwerdebegründung), dass das Verwaltungsgericht die von ihm benannten oder andere Sachverständige nicht geladen und befragt hat, hat er nicht dargelegt, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Beweisantrag auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme zu einem konkreten Beweisthema hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne Hinwirken der Prozessbeteiligten hätte aufdrängen müssen (vgl. zu diesen Anforderungen die stRspr; z.B. Beschlüsse vom 13. Januar 2009 - BVerwG 9 B 64.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 S. 20 und vom 5. März 2010 - BVerwG 5 B 7.10 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 94 S. 11 f. m.w.N.). Außerdem wird in der Beschwerde entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO insbesondere nicht dargelegt, zu welchen konkreten behaupteten Beweistatsachen die Sachverständigen hätten gehört werden sollen und welches entscheidungserhebliche Ergebnis von einer entsprechenden Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre. Soweit der Kläger insoweit einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen will, hat er jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt, welches konkrete entscheidungserhebliche Vorbringen vom Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden ist. Das vorgelegte Gutachten des Historikers Dr. F. vom 2. Juli 2007 hat das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe des Urteils (UA S. 46 ff.) ausdrücklich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten von Dr. D. vom Institut für Zeitgeschichte bezieht (S. 11 der Beschwerdebegründung), ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht ausweislich des Tatbestandes des angegriffenen Urteils ausdrücklich auf dieses Gutachten Bezug genommen hat, jedoch darin, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, letztlich keine hinreichende Grundlage zum Nachweis einer Eigentumsentziehung zum Nachteil des Alteigentümers gesehen hat. e) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 1 (S. 11 ff. der Beschwerdebegründung) in einer "rechtsgeschichtlichen Vorbemerkung" unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dem Urteil des Verwaltungsgerichts einen "grundsätzlichen Verstoß gegen die Denkgesetze" vorwirft, bezeichnet er keine Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift. Vielmehr wendet er sich in der Art einer Berufungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung, ohne, wie von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gefordert, nachvollziehbar darzulegen, gegen welche Verfahrensnorm das Verwaltungsgericht verstoßen haben soll und inwiefern das angegriffene Urteil auf dem (vermeintlichen) Verstoß beruhen kann. Gleiches gilt hinsichtlich seiner Ausführungen in Teil C Nr. 2, wo er dem angegriffenen Urteil eine "historische Fehlbewertung und Denkfehler (Doppelstaat)" vorwirft, ohne nachvollziehbar und schlüssig die Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift zu bezeichnen und darzulegen. Eine diesbezügliche konkrete Bezugnahme auf die von ihm eingereichten Gutachten lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. f) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 3 der Beschwerdebegründung geltend macht, das Verwaltungsgericht habe sich in seinem Urteil "argumentativ nur auf die rein formal erhalten gebliebene Eigentümerstellung" gestützt und damit "nicht nur rechtliches Gehör" versagt, sondern auch eine "falsche Rechtsanwendung" vorgenommen (S. 15 f.), erfüllt dies ebenfalls nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Wiederum kritisiert er in der Art einer Berufungsbegründung das angegriffene Urteil, ohne einen konkreten Verstoß gegen eine bezeichnete Verfahrensvorschrift darzulegen. Worin der geltend gemachte Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 2 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegen soll, bleibt unerfindlich. Insbesondere ist nicht dargetan, welches konkrete Vorbringen des Klägers vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden sein soll. Soweit mit dem Hinweis auf "Denkfehler" sinngemäß eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) gerügt worden sein sollte, wird auch dies nicht nachvollziehbar dargelegt. g) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 4 der Beschwerdebegründung dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe die "relevanten Merkmale 'Anschein der Rechtsstaatlichkeit' und 'Anmaßung des Eigentums'" vermischt oder verwechselt (S. 16 ff. der Beschwerdebegründung), "die Rede (Himmlers) vor den Gauleitern" inhaltlich ins Gegenteil verkehrt und die Eigentumsanmaßung der staatlichen Stellen des NS-Regimes verkannt, wendet er sich wiederum in der Art einer Berufungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassungen, ohne den oben bereits mehrfach dargelegten Anforderungen an eine Verfahrensrüge zu genügen. Nichts anderes gilt, soweit sich der Kläger in Teil C Nr. 5 der Beschwerdebegründung zum Charakter des NS-Gesetzes AOG äußert und dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe das AOG "ausdrücklich und grundsätzlich als Grundlage für einen Vermögensverlust auf andere Weise" ausgeschlossen und dessen Charakter als "Ausschaltungsgesetz" verkannt. Der Kläger wendet sich auch hier letztlich gegen das von ihm kritisierte "Ergebnis des VG Cottbus", das er als "unhaltbar" bewertet (S. 22), ohne mit seiner Verfahrensrüge einen konkreten Verfahrensverstoß darzulegen. Daran ändert auch nichts, dass er am Ende dieses Abschnitts seiner Beschwerdebegründung unsubstantiiert behauptet, "sämtlicher Klägervortrag" zum AOG und dessen Handhabung im NS-Regime sei "nicht aufgegriffen" und "nicht entschieden worden". h) Soweit der Kläger meint, im angegriffenen Urteil liege hinsichtlich der Beurteilung der Möglichkeiten des Alteigentümers, vermögensmindernde Verfügungen seines Bruders zu verhindern, eine "unterschiedliche Betrachtung zur Feststellung des VG Potsdam" vor, ist nicht ersichtlich, welchen Verfahrensverstoß er damit dem Verwaltungsgericht Cottbus vorwirft. Soweit er damit eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen will, erfüllt diese Rüge, wie oben dargelegt, nicht die gesetzlichen Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Auch die Ausführungen des Klägers zur "Vollmachtserteilung auf den Bruder als verfolgungsneutrale Erhaltung von Verfügungsrechten" (S. 23 ff. der Beschwerdebegründung), zur Auslegung der Vollmacht vom 5. März 1945 "nach dem Wortlaut trotz feststehender Erpressung" (S. 27 ff.), zur "Bedeutung der - 1931er - Vollmacht" (S. 25 ff.) sowie zur "Verfügungsmacht zur Veräußerung" (S. 28) bezeichnen keinen Verfahrensverstoß, sondern wenden sich gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene materiellrechtliche Beurteilung des Sach- und Streitstandes. Soweit damit der Sache nach ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gerügt werden soll, wird nicht näher dargelegt, welcher konkrete Sachvortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden ist. Soweit der Kläger beanstanden will, der genaue Wortlaut der Vollmacht von 1931 sei vom Verwaltungsgericht nicht ermittelt worden, wird mit der Beschwerde jedenfalls nicht dargetan, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Beweisantrag auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne Hinwirken der Prozessbeteiligten hätte aufdrängen müssen. i) Soweit der Kläger unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO eine Verkennung der "Beweislast und Beweiserleichterung" rügt (Teil C Nr. 11, S. 28 ff. der Beschwerdebegründung), hat er jedenfalls keinen Verfahrensverstoß in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise bezeichnet. Sofern ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht werden soll, müssen die für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen genau bezeichnet werden und es muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme weiterer Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht. j) Soweit die Beschwerde mit dem Vorbringen zu Teil C Nr. 11 ("Beweislast und Beweiserleichterung", S. 28 ff. der Beschwerdebegründung) sowie zu Nr. 14 ("Die Rede Himmlers vor den Gauleitern 1944", S. 37 f.), Nr. 16 ("Anhaltspunkte für Beschlagnahme", S. 38 ff.), Nr. 17 ("Schonung", S. 41), Nr. 18 ("Wohnsitz und Märkische Besitzungen, S. 42 ff.), Nr. 21 ("Die Bestätigung der Geheimdienste Großbritanniens 1948 ...", S. 46 ff.), Nr. 22 ("Bestätigung der behördlich zuständigen Besatzungsmacht ...", S. 49 ff.) eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) rügen will, übersieht sie, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in seine rechtlichen Erwägungen einbezieht. Es ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat (stRspr; Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1; zuletzt Beschlüsse vom 19. April 2011 - BVerwG 2 B 60.11 - juris Rn. 7 und vom 20. Juli 2011 - BVerwG 2 B 32.10 - juris Rn. 3 m.w.N.). Deshalb kann insbesondere aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung des Gerichts nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemein Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <260>; insoweit nicht in Buchholz abgedruckt). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (vgl. Beschluss vom 21. September 1982 - BVerwG 2 B 12.82 - juris Rn. 7 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 238.5 § 46 DRiG Nr. 2>). Die Beschwerdebegründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines konkreten Verstoßes gegen die Denkgesetze. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Unterlagen ausländischer Nachrichtendienste und anderer Stellen, auf die sich der Kläger beruft, deren Beweiswert das Verwaltungsgericht jedoch ohne Verstoß gegen die Denkgesetze wegen fehlender Konkretisierung und Nachprüfbarkeit der Quellen verneint hat. k) Das Vorbringen in Teil C Nr. 15 ("wirtschaftspolitische Erwägungen", S. 38 der Beschwerdebegründung), Nr. 19 ("Bedeutung des § 903 BGB", S. 44 f.), Nr. 20 ("Bescheid, Interessenkollision und Bewertung des Prozessstandes sowie Erklärungen der Parteien", S. 45 f.) bezieht sich zwar auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, bezeichnet jedoch ebenfalls keinen konkreten Verfahrensverstoß. Es beschränkt sich im Kern darauf zu kritisieren, das Urteil habe sich insoweit nicht auf den Ausgangsbescheid der Behörde (LARoV) stützen dürfen; das im Urteil gefundene Ergebnis sei "unhaltbar". l) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 23 (S. 53 ff. der Beschwerdebegründung) eine "fehlende Gesamtwürdigung (Synergieeffekt)" auch unter Hinweis auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO als Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör rügt, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wäre dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserhebliche Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat. Soweit sich der Kläger insoweit auf einen Schriftsatz vom 27. September 2011 "zur Vorbereitung des Termins am 26.05.2011 beim VG Potsdam" bezieht und diesen wörtlich wiedergibt, kann sich daraus schon deshalb keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergeben, weil nicht ersichtlich ist, dass dieser Schriftsatz dem Verwaltungsgericht Cottbus, das das hier angegriffene Urteil erlassen hat, vorgelegt worden ist. Im Übrigen ergibt sich, wie in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt, aus dem angegriffenen Urteil (UA S. 70), dass sich das Verwaltungsgericht mit einer "potenzierenden Gesamtwirkung" und einer "kumulativen Wirkung" der gegen den Alteigentümer gerichteten Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes befasst hat, wenn auch mit einem Ergebnis, das den Erwartungen des Klägers nicht entspricht. Der Kläger kann jedoch auch insoweit unter Berufung auf den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verlangen, dass das Verwaltungsgericht seiner Würdigung der Sach- und Rechtslage folgte. Andere Verstöße gegen Verfahrensrecht sind insoweit mit der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht worden. m) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 26 (S. 65 ff. der Beschwerdebegründung) eine fehlende Sachkunde des Verwaltungsgerichts sowie das "Unterlassen der Amtsermittlung", das "Verkennen von Beweismitteln, Beweiserhebung, Rechtsverweigerung, Ursächlichkeit der gerügten Fehler" rügt, erfüllt sein Vorbringen ebenfalls nicht die bereits mehrfach dargelegten Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör wird lediglich behauptet, jedoch nicht nachvollziehbar begründet. Der Kläger zieht selbst nicht in Zweifel, dass er Gelegenheit hatte, zur Sach- und Rechtslage vor dem Verwaltungsgericht das von ihm für erforderlich Gehaltene vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen hätte, hat er nicht dargetan. Soweit sich das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht auf allgemein zugängliche historische Fachliteratur gestützt hat, hat es damit nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör missachtet. Eine Verletzung anderer Verfahrensvorschriften hat der Kläger nicht konkret bezeichnet. Entgegen dem Vorbringen des Klägers in Teil C Nr. 27 (S. 67 f. der Beschwerdebegründung) fehlen dem angegriffenen, auf etwa 70 Seiten begründeten Urteil des Verwaltungsgerichts ersichtlich auch nicht die Entscheidungsgründe im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO. Allein der Umstand, dass der Kläger diese Entscheidungsgründe für rechtlich unzutreffend oder sonst für fehlerhaft hält, trägt nicht die Schlussfolgerung, diese seien nicht vorhanden. n) Soweit der Kläger in Teil D der Beschwerdebegründung rügt, "in allen Verfahren (des VG Potsdam und des VG Cottbus)" sei "Detailvortrag" ungehört geblieben, ergibt sich auch daraus kein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Vorbringen des Klägers in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam ist insoweit für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Detailvortrags vor dem Verwaltungsgericht Cottbus legt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung über das oben bereits Erörterte hinaus nicht dar, welche konkreten Verfahrensvorschriften seitens des Verwaltungsgerichts verletzt worden sein sollen. Er kritisiert das angegriffene Urteil auch in diesem Teil seiner Beschwerdebegründung lediglich in der Art einer Berufungsbegründung und missachtet damit erneut die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. 4. Soweit der Kläger sich zur Begründung seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf ein von Prof. Dr. Friedrich E. S., B., erstelltes Rechtsgutachten ("Der Verstoß gegen Denkgesetze in gerichtlichen Entscheidungen zu Restitutionsangelegenheiten nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen. Eine Analyse des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23.07.2013 - Aktenzeichen VG 1 K 621/12") vom Oktober 2013 bezogen hat, führt auch dies nicht zur Zulassung der Revision. Das ergibt sich schon daraus, dass dieses mit Schriftsatz vom 5. November 2013 vorgelegte Rechtsgutachten erst am 7. November 2013 und damit nach Ablauf der in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten zweimonatigen Beschwerdebegründungsfrist, die mit der am 23. Juli 2013 erfolgten Zustellung des vollständigen Urteils begonnen hat, beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist. Diese Beschwerdebegründungsfrist ist eine nicht verlängerbare gesetzliche Ausschlussfrist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 28. März 2001 - BVerwG 8 B 52.01 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 61 = NVwZ 2001, 799). Nach Ablauf der Frist können nur Ergänzungen zu bereits geltend gemachten Zulassungsgründen berücksichtigt werden. Eine substanzlose Begründung kann nach Fristablauf nicht mehr substanziell unterfüttert werden (vgl. u.a. Beschluss vom 15. September 1981 - BVerwG 8 B 210.81 - Buchholz 401.5 GewStG Nr. 2 = NVwZ 1982, 250; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 16 und 23). So liegt der Fall hier, da die Beschwerdebegründung aus den dargelegten Gründen durchweg nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Das als Anlage 28 zum Schriftsatz vom 19. September 2013 vorgelegte erste Gutachten von Prof. Dr. S. vom Juni 2013 ist zwar am 20. September 2003 und damit innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt worden. Dieses bezog sich jedoch ausweislich der Angaben auf seinem Deckblatt und seines Inhalts auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2012 (irrtümliche Datumsangabe: 25. Oktober 2013, Az.: VG 1 K 84/11), nicht jedoch auf das hier angegriffene Urteil. Unabhängig davon hat der anwaltlich vertretene Kläger in seiner Beschwerdebegründung lediglich pauschal auf diese Rechtsgutachten Bezug genommen, ohne nachvollziehbar zu bezeichnen, auf welche der von ihm gegenüber dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) die Ausführungen in den Rechtsgutachten jeweils konkret bezogen sein sollen. Für eine durch einen Rechtsanwalt vorzunehmende Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision genügt nicht, dass der Rechtsanwalt auf Ausführungen Dritter pauschal Bezug nimmt, (vgl. Kraft, in: Eyermann, a.a.O., § 133 Rn. 19). Auch die Ausführungen im Rechtsgutachten von Prof. Dr. S. nehmen ihrerseits nicht konkret auf die in der anwaltlichen Beschwerdebegründung erhobenen Grundsatz-, Divergenz- und Verfahrensrügen Bezug, indem sie diese erläutern und ergänzen. Vielmehr stehen sie eigenständig neben der Beschwerdebegründung. Entsprechendes gilt für das vom Kläger mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 vorgelegte (zweite) Gutachten von Prof. Dr. Joachim P. (H.) vom 21. November 2013 zum Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23. Mai 2013. Das als Anlage 27 zum Schriftsatz vom 19. September 2013 vorgelegte erste Gutachten von Prof. Dr. P. (ohne Datum) ist vom Rechtsanwalt des Klägers zwar innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt worden. Dieses bezog sich jedoch auf das Urteil das Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2012 (Az.: VG 1 K 84/11) und wurde - unabhängig davon - von dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nur pauschal in Bezug genommen, ohne dabei jeweils die Relevanz für die geltend gemachten Zulassungsgründe heraus zu arbeiten. 5. Der vom Kläger beantragten Beiziehung weiterer Verfahrensunterlagen (vgl. S. 2 f. der Beschwerdebegründung) bedurfte es nicht, da diese für die Entscheidung über die Beschwerde gegen die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts erfolgte Nichtzulassung der Revision nicht erforderlich waren.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020194&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020195
BVerwG
8. Senat
20140220
8 B 66/13
Beschluss
vorgehend VG Cottbus, 23. Mai 2013, Az: 1 K 623/12, Urteil
DEU
I. Der Kläger (geboren am ... in ...) wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus (VG 1 K 623/12), mit dem seine Klage abgewiesen worden ist. Er macht als Rechtsnachfolger seines am ... verstorbenen Vaters F. B. (geboren am ..., im Folgenden: der Restitutionsantragsteller) im vorliegenden Verfahren die Rückübertragung des Grundstücks Flurstück a der Flur ... in der Gemarkung R. (Landwirtschaftsfläche von 3 121 qm), verzeichnet heute im Grundbuch von R., Blatt ..., geltend, das gegenwärtig in der Verfügungsberechtigung des beigeladenen Landes Brandenburg (Ministerium der Finanzen) steht. Der Restitutionsantragsteller war Rechtsnachfolger des F. H. B. (geboren am ...; gestorben am ... in ...; im Folgenden: der Alteigentümer), des Großvaters des Klägers. Dieser wurde am 21. Juli 1944 im Zusammenhang mit dem Attentat auf Adolf Hitler von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhaftet und bis zum 5. März 1945 in Haft gehalten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die in Brandenburg belegenen Grundflächen und Besitzungen des Alteigentümers im Rahmen der Bodenreform enteignet und nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen in weiten Teilen aufgesiedelt. Mit Bescheid vom 17. Februar 2000 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag "auf Rückübertragung der ehemaligen Güter G. und K., einschließlich des Dorfes und Vorwerk F. sowie des ehemaligen Grundeigentums in M. und R., belegen im ehemaligen Landkreis L., jetzt Landkreis D., mit einer Größe von ca. 1 295,44 ha", ab (Ziffer 1) und wertete den Antrag auf Rückübertragung als Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, wobei über Grund, Art und Höhe der Ausgleichsleistung mit gesondertem Bescheid entschieden werden solle (Ziffer 2). Bereits zuvor hatte die Behörde in einem anderen Verfahren mit Bescheid vom 30. März 1999 das Restitutionsbegehren der Rechtsnachfolger des Alteigentümers betreffend "die ehemalige Herrschaft B. mit den Gütern B. und P." (ehemals Landkreis J., jetzt Landkreis T.), mit einer Größe von ca. 11 179,82 ha abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Klagen wies das Verwaltungsgericht Potsdam - soweit sie nicht zurückgenommen wurden - nach Trennung der Verfahren mit Urteilen vom 4. Dezember 2008 (u.a. VG 1 K 1922/08) als unbegründet ab; auf die Nichtzulassungsbeschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht die Urteile mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 auf (BVerwG 8 B 17.10) und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Potsdam zurück. Mit Urteilen vom 25. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klagen erneut abgewiesen (Verfahren VG 1 K 84/11 bis VG 1 K 89/11). Über die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden. Mit seiner am 26. August 2013 eingelegten Beschwerde, begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das ihm am 31. Juli 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus, mit dem seine Klage mit dem Antrag abgewiesen worden ist, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. Februar 2000 zu verpflichten, das Flurstück a der Flur ... in der Gemarkung R. (heute verzeichnet im Grundbuch von R., Blatt ...) auf die Rechtsnachfolger nach F. H. B. zurück zu übertragen. II. Die auf sämtliche drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind unzulässig; die erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind jedenfalls unbegründet. 1. Die Grundsatzrüge scheitert bereits daran, dass der - anwaltlich vertretene - Kläger mit seiner Beschwerde keine den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechende Rechtsfrage bezeichnet hat. a) Soweit der Kläger in Teil A Nr. 2 seiner Beschwerdebegründung ( "Nichtbeachtung Musterprozess", S. 3 f.) geltend macht, es handele sich bei dem vorliegenden Verfahren um einen "Musterprozess", so dass die Revision schon deshalb nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen sei, verkennt er die in § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO normierten Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes. Die Beschwerdebegründung formuliert keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (vgl. zu diesen Kriterien u.a. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Gleiches gilt hinsichtlich seines Vorbringens, aus der "Existenz des Urteils des VG Potsdam, dem der identische Sachverhalt zugrunde liegt", folge eine "grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit". b) Soweit er in Teil A Nr. 3 ("Entziehung des gesetzlichen Richters", S. 4 ff.) die Frage: "Genügt der Verweis eines Geschäftsverteilungsplanes auf ein separates Bestimmungsverfahren für ehrenamtliche Richter, wenn dort nicht geregelt ist, unter wessen konkreter Verantwortung die erforderlichen Listen geführt werden, wer das Verfahren (theoretisch und praktisch) durchführt und/oder in der den Rechtsuchenden betreffenden Verfahrensakte kein Hinweis auf die ordnungsgemäße Einleitung des Bestimmungsverfahrens, die Einhaltung der aufgestellten Regeln, die Zuständigkeit der tatsächlich handelnden Person (Richter, Rechtspfleger, Geschäftsstellenbeamte o.ä.) und die tatsächlich getroffenen Entscheidungen enthalten ist, den Anforderungen an die Bestimmbarkeit des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 GG unter besonderer Berücksichtigung des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten?" aufwirft, wird in der Beschwerdebegründung jedenfalls nicht dargelegt, dass es sich dabei um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handelt, deren Beantwortung für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Im Übrigen ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass die von § 30 Abs. 1 VwGO vorgeschriebene Heranziehung der ehrenamtlichen Richter nach einer vom Präsidium vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmten Reihenfolge der Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dient und dass dies eine generelle und so genaue Festlegung erfordert, dass die Möglichkeit von Manipulationen so weit wie möglich ausgeschlossen wird (Urteil vom 25. April 1991 - BVerwG 7 C 11.90 - BVerwGE 88, 159 <163 m.w.N.> = Buchholz 300 § 21i GVG Nr. 1). Ein über den konkreten Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf ist mit der Beschwerde nicht dargetan. c) Soweit sich der Kläger in weiteren Abschnitten seiner Beschwerdebegründung (u.a. in Teil A Nr. 1 sowie in Teil C Nr. 4, Nr. 7, Nr. 12, Nr. 13, Nr. 24) auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft und damit offenbar ebenfalls Grundsatzrügen erheben will, fehlt es durchweg bereits an der Formulierung einer im Revisionsverfahren als klärungsbedürftig angesehenen abstrakten Rechtsfrage des revisiblen Rechts. Stattdessen trägt der Kläger unter offenkundiger Verkennung des Zwecks einer Grundsatzrüge und unter Missachtung der an sie gestellten gesetzlichen Anforderungen lediglich vor, aus welchen Gründen er mit Tenor und Begründung des angegriffenen Urteils nicht übereinstimmt. d) Soweit der Kläger die Frage: "Ist es im Lichte des § 1 Abs. 8 lit. a VermG mit dem Gleichheitsgrundsatz und der einheitlichen Rechtsordnung vereinbar, dass dem Verfolgten aufgrund der hoheitsrechtlich unterstellten Bestandskraft der von der russischen Besatzungsmacht initiierten Bodenreform die Rückgabe versagt wird, während die von einer anderen Besatzungsmacht im gleichen relevanten Zeitraum getroffene Entscheidung beweist, dass der Eigentumsverlust auf andere Weise vorliegt?" aufwirft (Teil C Nr. 22, S. 50 der Beschwerdebegründung), kommt dieser eine grundsätzliche Bedeutung schon deshalb nicht zu, weil sie sich dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat und sich auch in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht verneint, dass die Bestätigung der Südafrikanischen Militärmission in Berlin vom 23. Juni 1947 ohne eine Konkretisierung der Ausgangsquellen und der Behauptungen keinen Beweiswert für einen vor dem 8. Mai 1945 erlittenen Eigentumsverlust des Alteigentümers hat (UA S. 37). Die von dem Kläger in der Frage möglicherweise unterstellte Entscheidung einer anderen Besatzungsmacht über das Vorliegen eines Eigentumsverlustes in anderer Weise bis zum 8. Mai 1945 oder danach ist vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden. 2. Die Divergenzrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712 und vom 17. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 = juris Rn. 15). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342). So liegt der Fall hier. a) Soweit der Kläger seine Divergenzrüge damit begründet (Teil C Nr. 25), das Verwaltungsgericht habe im angegriffenen Urteil die Auffassung vertreten, dass der zu entscheidende Sachverhalt nicht mit demjenigen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - zu vergleichen sei, fehlt es bereits an der Gegenüberstellung divergierender (abstrakter) Rechtssätze. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang kritisiert, das Verwaltungsgericht habe bei der Würdigung "der erpressten Erteilung einer unwiderruflichen, notariellen 'Generalvollmacht' durch den Alleininhaber eines Einzelunternehmens auf einen Dritten in Verbindung mit der Auflage an den Vollmachtgeber, die Unternehmensleitung aufzugeben, und in Verbindung mit der Verbannung vom betroffenen Unternehmen und dem betroffenen Immobilieneigentum und in Verbindung mit unstreitigem Entzug aller beweglicher Vermögenswerte des Verfolgten" zu Unrecht einen "Vermögensverlust auf andere Weise" verneint und habe damit diesen Vorgang rechtlich abweichend vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - gewürdigt, wird auch damit keine Divergenz dargelegt. In der Beschwerdebegründung werden keine von beiden Gerichten als entscheidungstragend herangezogenen divergierenden abstrakten Rechtssätze gegenüber gestellt. Stattdessen macht der Kläger lediglich eine unterschiedliche Beurteilung zweier von ihm als im Wesentlichen gleich angesehener Sachverhalte geltend. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall waren zwei an einer Offenen Handelsgesellschaft beteiligte Brüder jüdischer Glaubenszugehörigkeit 1938 in einem Konzentrationslager gezwungen worden, einer dritten Person, die bereits vorher die Anlagewerte der OHG erworben hatte, eine vorbereitete Generalvollmacht mit der unwiderruflichen Verfügungsmacht über das gesamte Vermögen zu erteilen; anschließend wurden die beiden Brüder ausgebürgert und zur Ausreise aus Deutschland gezwungen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte, wie der Kläger vorgetragen hat, aus der "Kombination von Generalvollmacht und räumlicher Trennung" auf einen Vermögensverlust auf andere Weise im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG geschlossen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht einen vom Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Rechtssatz in Zweifel gezogen hätte. Vielmehr ist es davon ausgegangen, in dem von ihm zu entscheidenden Fall liege ein unter mehreren Aspekten anderer Sachverhalt vor. Soweit der Kläger insoweit geltend macht, die beiden Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts doch als in ihren wesentlichen Strukturmerkmalen gleich anzusehen, ergibt sich daraus keine Divergenz abstrakter entscheidungstragender Rechtssätze des revisiblen Rechts. b) Soweit der Kläger unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eine Abweichung von einem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam geltend macht (S. 23 der Beschwerdebegründung unter Teil C Nr. 6), verkennt er, dass (erstinstanzliche) Verwaltungsgerichte nicht zu den in der Vorschrift abschließend aufgeführten Gerichten gehören. c) Soweit die unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfolgten Ausführungen zur Verfügungsmacht des Alteigentümers (S. 28 der Beschwerdebegründung unter Teil C Nr. 10) oder auch andere Bezugnahmen auf diese Vorschrift in der Beschwerdebegründung als Divergenzrüge zu verstehen sein sollten, ist diese schon deshalb unzulässig, weil insoweit durchweg ebenfalls kein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen haben soll. 3. Auch die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verlangt, dass ein Verfahrensmangel des gerichtlichen Verfahrens in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert und schlüssig dargetan wird (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 a.a.O., vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 15, vom 1. Dezember 2000 - BVerwG 9 B 549.00 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 60 S. 18 f. und vom 28. November 2011 - BVerwG 5 B 55.11 - juris Rn. 2). Daran fehlt es hier bei allen vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen. a) Die Besetzungsrüge hat keinen Erfolg. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die nach Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG vorzunehmende Besetzung des Verwaltungsgerichts mit ehrenamtlichen Richtern sei aus den Geschäftsverteilungsplänen (im Folgenden: GVP) 2011, 2012 und 2013 des Verwaltungsgerichts Cottbus nicht zu erkennen. Der Verfahrensakte lasse sich zudem insbesondere nicht entnehmen, wie es zur Bestimmung der ehrenamtlichen Richter gekommen sei. Nach der Ladungsverfügung vom 30. Januar 2013 sei aus der Akte kein Vorgang zu entnehmen, der auf die ordnungsgemäße Bestimmung, Heranziehung und Ladung der ehrenamtlichen Richter gemäß Ziffer VI des GVP 2013 hindeute. Es bleibe offen, wem konkret die Bestimmung der ehrenamtlichen Richter organisatorisch obliege und dass diese erforderliche Zuordnung beachtet worden sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, von wem, wann und auf welcher Grundlage die ehrenamtlichen Richter konkret ausgewählt und geladen worden seien. Es bleibe offen, ob die Haupt- oder die Hilfsliste Grundlage der Mitwirkung gewesen seien. Das erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Besetzungsrüge ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zulässig vorgebracht, wenn der Beschwerdeführer die nach seiner Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren Beurteilung ermöglichen (vgl. u.a. Beschluss vom 17. Dezember 1982 - BVerwG 8 CB 83.80 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 24). Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der einschlägigen Geschäftsverteilung sowie ggf. die Einholung von Erkundigungen und die Vornahme eigener Ermittlungen, um sich über das Vorgehen des Gerichts Aufklärung zu verschaffen; andernfalls handelt es sich um eine unbeachtliche Rüge "auf Verdacht" (Beschlüsse vom 27. Juni 1995 - BVerwG 5 B 53.95 - Buchholz § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 9 und vom 15. Juli 2010 - BVerwG 4 BN 13.10 <4 BN 21.09> juris Rn. 9 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt das Beschwerdevorbringen nicht. Nach der Darstellung der Beschwerde ist das Verfahren der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter des Verwaltungsgerichts in dem GVP 2013 in Ziffer VI näher geregelt. Danach werden die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge ihrer Aufzählung, beginnend mit Nummer 1, in den in der Anlage II zum GVP beigefügten Listen der jeweiligen Kammer nach Maßgabe der dazu im GVP getroffenen weiteren Bestimmungen herangezogen. Maßgeblich ist der Eingang der richterlichen Terminbestimmung in der Geschäftsstelle. Ist bei Verhinderung eines ehrenamtlichen Richters der Hauptliste die Ladung des nunmehr heranzuziehenden Richters der Hauptliste nicht rechtzeitig, d.h. bis zum 3. Werktage vor der Sitzung, möglich, so wird ein ehrenamtlicher Richter aus der für alle Kammern geltenden gemeinsamen Hilfsliste in der aus dieser Liste sich ergebenden Reihenfolge herangezogen, wobei ein Richter, dessen Zusage nicht sofort zu erreichen ist, übergangen wird. Die erfolglosen Heranziehungsversuche sind in der jeweiligen Liste kenntlich zu machen. Eine solche Verfahrensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat mit der Beschwerde nicht konkret dargetan, dass dieses im GVP festgelegte Verfahren vorliegend nicht beachtet worden ist. Sein Vorbringen lässt auch nicht erkennen, dass er diesbezüglich nähere Erkundigungen beim Vorsitzenden und/oder der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts eingeholt sowie die nach dem Geschäftsverteilungsplan maßgeblichen Unterlagen mit den entsprechenden Vermerken eingesehen hat und dass sich daraus konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten ergeben. Soweit sein Vorbringen dahin zu verstehen sein sollte, dass er die abstrakt gegebene Möglichkeit, der Kammervorsitzende könnte die "Richterbank" hinsichtlich der ehrenamtlichen Richter für bestimmte Sachen durch deren entsprechende Terminierung beeinflussen, für verfassungswidrig hält, ergibt sich daraus nichts anderes. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit eines derartigen Heranziehungsverfahrens bereits wiederholt geprüft und bejaht (vgl. Beschlüsse vom 27. Mai 1999 - BVerwG 3 B 24.99 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 18 und vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 B 114.00 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 19). Dass dies nicht in einem Revisionsverfahren, sondern durch Beschluss in einem Beschwerdeverfahren geschehen ist, steht der Annahme nicht entgegen, die aufgeworfene Frage sei nunmehr hinreichend geklärt. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat die wesentlichen Einwände der Beschwerde bereits beantwortet. Der beschließende Senat teilt diese Auffassung. In dem beabsichtigten Revisionsverfahren wären hierzu keine wesentlich neuen Erkenntnisse zu erwarten, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten. b) Dass das Verwaltungsgericht durch eine "Überraschungsentscheidung" gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verstoßen hat, wird in der Beschwerdebegründung nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Abgesehen davon fehlt es an jedem konkreten Anhaltspunkt für den geltend gemachten Verstoß. Die Gewährleistung des Rechts auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Beurteilung regelmäßig erst aus dem Ergebnis der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wegen des Unterbleibens eines solchen Hinweises liegt erst vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>; Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204> und Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <409>; BVerwG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2010 - BVerwG 9 B 64.10 - juris Rn. 8, vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 8 B 2.13 - juris). Das Beschwerdevorbringen lässt nicht konkret und nachvollziehbar erkennen, inwiefern und aus welchem Grund die angeführte "Auftrennung der Verfahren", "die Einrichtung der 'Musterverfahren'", die "Anfrage an die Beteiligten, ob Ausschlussgründe vorgetragen werden sollen" und der "Verzicht der anwaltlich vertretenen Beigeladenen, kostenauslösende Anträge zu stellen", eine Überraschungsentscheidung darstellen oder bewirkt haben. Gleiches gilt hinsichtlich des nicht näher belegten Vorbringens des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine Rechtsauffassung zur "Systematik des AOG" gegenüber 2011 geändert. Der anwaltlich vertretene Kläger hat mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen, dass er in der mündlichen Verhandlung hinreichende Gelegenheit hatte, sich zu dieser Frage zu äußern und seinen Standpunkt darzulegen. c) Soweit der Kläger in Teil B Nr. 1 (S. 8 ff. der Beschwerdebegründung) rügt, das Verwaltungsgericht habe entgegen dem Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2010 "keine Gesamtbetrachtung" der einzelnen Verfolgungsmaßnahmen vorgenommen und damit Verfahrensrecht verletzt, wird dies in der Beschwerdebegründung nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise nachvollziehbar begründet. Dazu bestand indes schon deshalb Veranlassung, weil sich das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil mit der Frage der "potenzierenden Gesamtwirkung" der vom NS-Regime gegenüber dem Alteigentümer vorgenommenen einzelnen Repressionsmaßnahmen, soweit es sie für erwiesen gehalten hat, ausdrücklich befasst hat (vgl. UA S. 70). Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Einzelmaßnahmen keine "kumulative Wirkung" entfaltet haben. Mit dem Beschwerdevorbringen wird nicht konkret dargelegt, in welcher Weise das Verwaltungsgericht damit gegen bestimmte Verfahrensvorschriften verstoßen haben soll. Mit der Beschwerde ist nicht nachvollziehbar dargetan worden, dass das Verwaltungsgericht insoweit etwa unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO entscheidungserhebliches tatsächliches oder rechtliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Weder aus diesen Vorschriften noch aus § 108 Abs. 1 VwGO folgt jedoch ein Anspruch des Klägers darauf, dass das Verwaltungsgericht bei der Würdigung des Sach- und Streitstandes seiner, des Klägers, Auffassung folgt. Es ist ferner mit der Beschwerde weder nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht durch Unterlassen von nach § 86 Abs. 3 VwGO gebotenen Hinweisen gegen Verfahrensrecht verstoßen hätte. d) Soweit der Kläger rügt (unter anderem in Teil B Nr. 3 der Beschwerdebegründung), dass das Verwaltungsgericht die von ihm benannten oder andere Sachverständige nicht geladen und befragt hat, hat er nicht dargelegt, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Beweisantrag auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme zu einem konkreten Beweisthema hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne Hinwirken der Prozessbeteiligten hätte aufdrängen müssen (vgl. zu diesen Anforderungen die stRspr; z.B. Beschlüsse vom 13. Januar 2009 - BVerwG 9 B 64.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 S. 20 und vom 5. März 2010 - BVerwG 5 B 7.10 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 94 S. 11 f. m.w.N.). Außerdem wird in der Beschwerde entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO insbesondere nicht dargelegt, zu welchen konkreten behaupteten Beweistatsachen die Sachverständigen hätten gehört werden sollen und welches entscheidungserhebliche Ergebnis von einer entsprechenden Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre. Soweit der Kläger insoweit einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen will, hat er jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt, welches konkrete entscheidungserhebliche Vorbringen vom Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden ist. Das vorgelegte Gutachten des Historikers Dr. F. vom 2. Juli 2007 hat das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe des Urteils (UA S. 46 ff.) ausdrücklich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten von Dr. D. vom Institut für Zeitgeschichte bezieht (S. 11 der Beschwerdebegründung), ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht ausweislich des Tatbestandes des angegriffenen Urteils ausdrücklich auf dieses Gutachten Bezug genommen hat, jedoch darin, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, letztlich keine hinreichende Grundlage zum Nachweis einer Eigentumsentziehung zum Nachteil des Alteigentümers gesehen hat. e) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 1 (S. 11 ff. der Beschwerdebegründung) in einer "rechtsgeschichtlichen Vorbemerkung" unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dem Urteil des Verwaltungsgerichts einen "grundsätzlichen Verstoß gegen die Denkgesetze" vorwirft, bezeichnet er keine Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift. Vielmehr wendet er sich in der Art einer Berufungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung, ohne, wie von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gefordert, nachvollziehbar darzulegen, gegen welche Verfahrensnorm das Verwaltungsgericht verstoßen haben soll und inwiefern das angegriffene Urteil auf dem (vermeintlichen) Verstoß beruhen kann. Gleiches gilt hinsichtlich seiner Ausführungen in Teil C Nr. 2, wo er dem angegriffenen Urteil eine "historische Fehlbewertung und Denkfehler (Doppelstaat)" vorwirft, ohne nachvollziehbar und schlüssig die Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift zu bezeichnen und darzulegen. Eine diesbezügliche konkrete Bezugnahme auf die von ihm eingereichten Gutachten lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. f) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 3 der Beschwerdebegründung geltend macht, das Verwaltungsgericht habe sich in seinem Urteil "argumentativ nur auf die rein formal erhalten gebliebene Eigentümerstellung" gestützt und damit "nicht nur rechtliches Gehör" versagt, sondern auch eine "falsche Rechtsanwendung" vorgenommen (S. 15 f.), erfüllt dies ebenfalls nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Wiederum kritisiert er in der Art einer Berufungsbegründung das angegriffene Urteil, ohne einen konkreten Verstoß gegen eine bezeichnete Verfahrensvorschrift darzulegen. Worin der geltend gemachte Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 2 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegen soll, bleibt unerfindlich. Insbesondere ist nicht dargetan, welches konkrete Vorbringen des Klägers vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden sein soll. Soweit mit dem Hinweis auf "Denkfehler" sinngemäß eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) gerügt worden sein sollte, wird auch dies nicht nachvollziehbar dargelegt. g) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 4 der Beschwerdebegründung dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe die "relevanten Merkmale 'Anschein der Rechtsstaatlichkeit' und 'Anmaßung des Eigentums'" vermischt oder verwechselt (S. 16 ff. der Beschwerdebegründung), "die Rede (Himmlers) vor den Gauleitern" inhaltlich ins Gegenteil verkehrt und die Eigentumsanmaßung der staatlichen Stellen des NS-Regimes verkannt, wendet er sich wiederum in der Art einer Berufungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassungen, ohne den oben bereits mehrfach dargelegten Anforderungen an eine Verfahrensrüge zu genügen. Nichts anderes gilt, soweit sich der Kläger in Teil C Nr. 5 der Beschwerdebegründung zum Charakter des NS-Gesetzes AOG äußert und dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe das AOG "ausdrücklich und grundsätzlich als Grundlage für einen Vermögensverlust auf andere Weise" ausgeschlossen und dessen Charakter als "Ausschaltungsgesetz" verkannt. Der Kläger wendet sich auch hier letztlich gegen das von ihm kritisierte "Ergebnis des VG Cottbus", das er als "unhaltbar" bewertet (S. 22), ohne mit seiner Verfahrensrüge einen konkreten Verfahrensverstoß darzulegen. Daran ändert auch nichts, dass er am Ende dieses Abschnitts seiner Beschwerdebegründung unsubstantiiert behauptet, "sämtlicher Klägervortrag" zum AOG und dessen Handhabung im NS-Regime sei "nicht aufgegriffen" und "nicht entschieden worden". h) Soweit der Kläger meint, im angegriffenen Urteil liege hinsichtlich der Beurteilung der Möglichkeiten des Alteigentümers, vermögensmindernde Verfügungen seines Bruders zu verhindern, eine "unterschiedliche Betrachtung zur Feststellung des VG Potsdam" vor, ist nicht ersichtlich, welchen Verfahrensverstoß er damit dem Verwaltungsgericht Cottbus vorwirft. Soweit er damit eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen will, erfüllt diese Rüge, wie oben dargelegt, nicht die gesetzlichen Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Auch die Ausführungen des Klägers zur "Vollmachtserteilung auf den Bruder als verfolgungsneutrale Erhaltung von Verfügungsrechten" (S. 23 ff. der Beschwerdebegründung), zur Auslegung der Vollmacht vom 5. März 1945 "nach dem Wortlaut trotz feststehender Erpressung" (S. 27 ff.), zur "Bedeutung der - 1931er - Vollmacht" (S. 25 ff.) sowie zur "Verfügungsmacht zur Veräußerung" (S. 28) bezeichnen keinen Verfahrensverstoß, sondern wenden sich gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene materiellrechtliche Beurteilung des Sach- und Streitstandes. Soweit damit der Sache nach ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gerügt werden soll, wird nicht näher dargelegt, welcher konkrete Sachvortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden ist. Soweit der Kläger beanstanden will, der genaue Wortlaut der Vollmacht von 1931 sei vom Verwaltungsgericht nicht ermittelt worden, wird mit der Beschwerde jedenfalls nicht dargetan, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Beweisantrag auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne Hinwirken der Prozessbeteiligten hätte aufdrängen müssen. i) Soweit der Kläger unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO eine Verkennung der "Beweislast und Beweiserleichterung" rügt (Teil C Nr. 11, S. 28 ff. der Beschwerdebegründung), hat er jedenfalls keinen Verfahrensverstoß in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise bezeichnet. Sofern ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht werden soll, müssen die für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen genau bezeichnet werden und es muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme weiterer Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht. j) Soweit die Beschwerde mit dem Vorbringen zu Teil C Nr. 11 ("Beweislast und Beweiserleichterung", S. 28 ff. der Beschwerdebegründung) sowie zu Nr. 14 ("Die Rede Himmlers vor den Gauleitern 1944", S. 37 f.), Nr. 16 ("Anhaltspunkte für Beschlagnahme", S. 38 ff.), Nr. 17 ("Schonung", S. 41), Nr. 18 ("Wohnsitz und Märkische Besitzungen, S. 42 ff.), Nr. 21 ("Die Bestätigung der Geheimdienste Großbritanniens 1948 ...", S. 46 ff.), Nr. 22 ("Bestätigung der behördlich zuständigen Besatzungsmacht ...", S. 49 ff.) eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) rügen will, übersieht sie, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in seine rechtlichen Erwägungen einbezieht. Es ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat (stRspr; Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1; zuletzt Beschlüsse vom 19. April 2011 - BVerwG 2 B 60.11 - juris Rn. 7 und vom 20. Juli 2011 - BVerwG 2 B 32.10 - juris Rn. 3 m.w.N.). Deshalb kann insbesondere aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung des Gerichts nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemein Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <260>; insoweit nicht in Buchholz abgedruckt). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat, als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (vgl. Beschluss vom 21. September 1982 - BVerwG 2 B 12.82 - juris Rn. 7 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 238.5 § 46 DRiG Nr. 2>). Die Beschwerdebegründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines konkreten Verstoßes gegen die Denkgesetze. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Unterlagen ausländischer Nachrichtendienste und anderer Stellen, auf die sich der Kläger beruft, deren Beweiswert das Verwaltungsgericht jedoch ohne Verstoß gegen die Denkgesetze wegen fehlender Konkretisierung und Nachprüfbarkeit der Quellen verneint hat. k) Das Vorbringen in Teil C Nr. 15 ("wirtschaftspolitische Erwägungen", S. 38 der Beschwerdebegründung), Nr. 19 ("Bedeutung des § 903 BGB", S. 44 f.), Nr. 20 ("Bescheid, Interessenkollision und Bewertung des Prozessstandes sowie Erklärungen der Parteien", S. 45 f.) bezieht sich zwar auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, bezeichnet jedoch ebenfalls keinen konkreten Verfahrensverstoß. Es beschränkt sich im Kern darauf zu kritisieren, das Urteil habe sich insoweit nicht auf den Ausgangsbescheid der Behörde (LARoV) stützen dürfen; das im Urteil gefundene Ergebnis sei "unhaltbar". l) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 23 (S. 53 ff. der Beschwerdebegründung) eine "fehlende Gesamtwürdigung (Synergieeffekt)" auch unter Hinweis auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO als Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör rügt, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wäre dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserhebliche Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat. Soweit sich der Kläger insoweit auf einen Schriftsatz vom 27. September 2011 "zur Vorbereitung des Termins am 26.05.2011 beim VG Potsdam" bezieht und diesen wörtlich wiedergibt, kann sich daraus schon deshalb keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergeben, weil nicht ersichtlich ist, dass dieser Schriftsatz dem Verwaltungsgericht Cottbus, das das hier angegriffene Urteil erlassen hat, vorgelegt worden ist. Im Übrigen ergibt sich, wie in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt, aus dem angegriffenen Urteil (UA S. 70), dass sich das Verwaltungsgericht mit einer "potenzierenden Gesamtwirkung" und einer "kumulativen Wirkung" der gegen den Alteigentümer gerichteten Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes befasst hat, wenn auch mit einem Ergebnis, das den Erwartungen des Klägers nicht entspricht. Der Kläger kann jedoch auch insoweit unter Berufung auf den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verlangen, dass das Verwaltungsgericht seiner Würdigung der Sach- und Rechtslage folgte. Andere Verstöße gegen Verfahrensrecht sind insoweit mit der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht worden. m) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 26 (S. 65 ff. der Beschwerdebegründung) eine fehlende Sachkunde des Verwaltungsgerichts sowie das "Unterlassen der Amtsermittlung", das "Verkennen von Beweismitteln, Beweiserhebung, Rechtsverweigerung, Ursächlichkeit der gerügten Fehler" rügt, erfüllt sein Vorbringen ebenfalls nicht die bereits mehrfach dargelegten Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör wird lediglich behauptet, jedoch nicht nachvollziehbar begründet. Der Kläger zieht selbst nicht in Zweifel, dass er Gelegenheit hatte, zur Sach- und Rechtslage vor dem Verwaltungsgericht das von ihm für erforderlich Gehaltene vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen hätte, hat er nicht dargetan. Soweit sich das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht auf allgemein zugängliche historische Fachliteratur gestützt hat, hat es damit nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör missachtet. Eine Verletzung anderer Verfahrensvorschriften hat der Kläger nicht konkret bezeichnet. Entgegen dem Vorbringen des Klägers in Teil C Nr. 27 (S. 67 f. der Beschwerdebegründung) fehlen dem angegriffenen, auf etwa 70 Seiten begründeten Urteil des Verwaltungsgerichts ersichtlich auch nicht die Entscheidungsgründe im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO. Allein der Umstand, dass der Kläger diese Entscheidungsgründe für rechtlich unzutreffend oder sonst für fehlerhaft hält, trägt nicht die Schlussfolgerung, diese seien nicht vorhanden. n) Soweit der Kläger in Teil D der Beschwerdebegründung rügt, "in allen Verfahren (des VG Potsdam und des VG Cottbus)" sei "Detailvortrag" ungehört geblieben, ergibt sich auch daraus kein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Vorbringen des Klägers in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam ist insoweit für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Detailvortrags vor dem Verwaltungsgericht Cottbus legt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung über das oben bereits Erörterte hinaus nicht dar, welche konkreten Verfahrensvorschriften seitens des Verwaltungsgerichts verletzt worden sein sollen. Er kritisiert das angegriffene Urteil auch in diesem Teil seiner Beschwerdebegründung lediglich in der Art einer Berufungsbegründung und missachtet damit erneut die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. 4. Soweit der Kläger sich zur Begründung seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf ein von Prof. Dr. Friedrich E. S., B., erstelltes Rechtsgutachten ("Der Verstoß gegen Denkgesetze in gerichtlichen Entscheidungen zu Restitutionsangelegenheiten nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen. Eine Analyse des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23.07.2013 - Aktenzeichen VG 1 K 621/12") vom Oktober 2013 bezogen hat, führt auch dies nicht zur Zulassung der Revision. Das ergibt sich schon daraus, dass dieses mit Schriftsatz vom 5. November 2013 vorgelegte Rechtsgutachten erst am 7. November 2013 und damit nach Ablauf der in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten zweimonatigen Beschwerdebegründungsfrist, die mit der am 31. Juli 2013 erfolgten Zustellung des vollständigen Urteils begonnen hat, beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist. Diese Beschwerdebegründungsfrist ist eine nicht verlängerbare gesetzliche Ausschlussfrist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 28. März 2001 - BVerwG 8 B 52.01 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 61 = NVwZ 2001, 799). Nach Ablauf der Frist können nur Ergänzungen zu bereits geltend gemachten Zulassungsgründen berücksichtigt werden. Eine substanzlose Begründung kann nach Fristablauf nicht mehr substanziell unterfüttert werden (vgl. u.a. Beschluss vom 15. September 1981 - BVerwG 8 B 210.81 - Buchholz 401.5 GewStG Nr. 2 = NVwZ 1982, 250; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 16 und 23). So liegt der Fall hier, da die Beschwerdebegründung aus den dargelegten Gründen durchweg nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Das als Anlage 28 zum Schriftsatz vom 23. September 2013 vorgelegte erste Gutachten von Prof. Dr. S. vom Juni 2013 ist zwar innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt worden. Dieses bezog sich jedoch ausweislich der Angaben auf seinem Deckblatt auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2013 (offenbar gemeint: 25. Oktober 2012, Az.: VG 1 K 84/11), nicht jedoch auf das hier angegriffene Urteil. Unabhängig davon hat der anwaltlich vertretene Kläger lediglich pauschal auf diese Rechtsgutachten Bezug genommen, ohne nachvollziehbar zu bezeichnen, auf welche der von ihm gegenüber dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) die Ausführungen in den Rechtsgutachten jeweils konkret bezogen sein sollen. Für eine durch einen Rechtsanwalt vorzunehmende Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision genügt nicht, dass der Rechtsanwalt auf Ausführungen Dritter pauschal Bezug nimmt. (vgl. Kraft, in: Eyermann, a.a.O., § 133 Rn. 19). Auch die Ausführungen im Rechtsgutachten von Prof. Dr. S. nehmen ihrerseits nicht konkret auf die in der anwaltlichen Beschwerdebegründung erhobenen Grundsatz-, Divergenz- und Verfahrensrügen Bezug, indem sie diese erläutern und ergänzen. Vielmehr stehen sie eigenständig neben der Beschwerdebegründung. Entsprechendes gilt für das vom Kläger mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 vorgelegte (zweite) Gutachten von Prof. Dr. Joachim P. (H.) vom 21. November 2013 zum Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23. Mai 2013. Das als Anlage 27 zum Schriftsatz vom 23. September 2013 vorgelegte erste Gutachten von Prof. Dr. P. (ohne Datum) ist vom Rechtsanwalt des Klägers zwar innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt worden. Dieses bezog sich jedoch auf das Urteil das Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2012 (Az.: VG 1 K 84/11) und wurde - unabhängig davon - von dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nur pauschal in Bezug genommen, ohne dabei jeweils die Relevanz für die geltend gemachten Zulassungsgründe heraus zu arbeiten. 5. Der vom Kläger beantragten Beiziehung weiterer Verfahrensunterlagen (vgl. S. 2 f. der Beschwerdebegründung) bedurfte es nicht, da diese für die Entscheidung über die Beschwerde gegen die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts erfolgte Nichtzulassung der Revision nicht erforderlich waren.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020195&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020196
BVerwG
8. Senat
20140220
8 B 64/13
Beschluss
Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 133 Abs 3 S 3 VwGO, § 30 Abs 1 VwGO
vorgehend VG Cottbus, 23. Mai 2013, Az: 1 K 621/12, Urteil
DEU
Anforderungen an die Heranziehung der ehrenamtlichen Richter zur Gewährleistung des gesetzlichen Richters
I. Der Kläger (geboren am ... in ...) wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus (VG 1 K 621/12), mit dem seine Klage abgewiesen worden ist. Er macht als Rechtsnachfolger seines am ... verstorbenen Vaters F. B. (geboren am ..., im Folgenden: der Restitutionsantragsteller) im vorliegenden Verfahren die Rückübertragung von drei Grundstücken in G. (Flurstücke a, b und c der Flur ... in der Gemarkung G., heute verzeichnet im Grundbuch von G., Blatt ...) geltend, die gegenwärtig in der Verfügungsberechtigung der Stadtgemeinde G. (Landkreis D.) stehen. Der Restitutionsantragsteller war Rechtsnachfolger des F. H. B. (geboren am ...; gestorben am ... in ...; im Folgenden: der Alteigentümer), des Großvaters des Klägers. Dieser wurde am 21. Juli 1944 im Zusammenhang mit dem Attentat auf Adolf Hitler von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhaftet und bis zum 5. März 1945 in Haft gehalten. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die in Brandenburg belegenen Grundflächen und Besitzungen des Alteigentümers im Rahmen der Bodenreform enteignet und nach den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen in weiten Teilen aufgesiedelt. Mit Bescheid vom 17. Februar 2000 lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag "auf Rückübertragung der ehemaligen Güter G. und K., einschließlich des Dorfes und Vorwerk F. sowie des ehemaligen Grundeigentums in M. und R., belegen im ehemaligen Landkreis L., jetzt Landkreis D., mit einer Größe von ca. 1 295,44 ha", ab (Ziffer 1) und wertete den Antrag auf Rückübertragung als Antrag nach dem Ausgleichsleistungsgesetz, wobei über Grund, Art und Höhe der Ausgleichsleistung mit gesondertem Bescheid entschieden werden solle (Ziffer 2). Bereits zuvor hatte die Behörde in einem anderen Verfahren mit Bescheid vom 30. März 1999 das Restitutionsbegehren der Rechtsnachfolger des Alteigentümers betreffend "die ehemalige Herrschaft B. mit den Gütern B. und P." (ehemals Landkreis J., jetzt Landkreis T.), mit einer Größe von ca. 11 179,82 ha abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Klagen wies das Verwaltungsgericht Potsdam - soweit sie nicht zurückgenommen wurden - nach Trennung der Verfahren mit Urteilen vom 4. Dezember 2008 (u.a. VG 1 K 1922/08) als unbegründet ab; auf die Nichtzulassungsbeschwerde hob das Bundesverwaltungsgericht die Urteile mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 auf (BVerwG 8 B 17.10) und verwies den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht Potsdam zurück. Mit Urteilen vom 25. Oktober 2012 hat das Verwaltungsgericht Potsdam die Klagen erneut abgewiesen (Verfahren VG 1 K 84/11 bis VG 1 K 89/11). Über die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundesverwaltungsgericht noch nicht entschieden. Mit seiner am 21. August 2013 eingelegten Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das ihm am 29. Juli 2013 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus, mit dem seine Klage mit dem Antrag abgewiesen worden ist, die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. Februar 2000 zu verpflichten, die Flurstücke a, b und c der Flur ... in der Gemarkung G. (heute verzeichnet im Grundbuch von G., Blatt ...) auf die Rechtsnachfolger nach F. H. B. zurück zu übertragen. II. Die auf sämtliche drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und die Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind unzulässig; die erhobenen Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind jedenfalls unbegründet. 1. Die Grundsatzrüge scheitert bereits daran, dass der - anwaltlich vertretene - Kläger mit seiner Beschwerde keine den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechende Rechtsfrage bezeichnet hat. a) Soweit der Kläger in Teil A Nr. 2 seiner Beschwerdebegründung ("Nichtbeachtung Musterprozess", S. 3 f.) geltend macht, es handele sich bei dem vorliegenden Verfahren um einen "Musterprozess", so dass die Revision schon deshalb nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen sei, verkennt er die in § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO normierten Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes. Die Beschwerdebegründung formuliert keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (vgl. zu diesen Kriterien u.a. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Gleiches gilt hinsichtlich seines Vorbringens, aus der "Existenz des Urteils des VG Potsdam, dem der identische Sachverhalt zugrunde liegt", folge eine "grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit". b) Soweit er in Teil A Nr. 3 ("Entziehung des gesetzlichen Richters", S. 4 ff.) die Frage: "Genügt der Verweis eines Geschäftsverteilungsplanes auf ein separates Bestimmungsverfahren für ehrenamtliche Richter, wenn dort nicht geregelt ist, unter wessen konkreter Verantwortung die erforderlichen Listen geführt werden, wer das Verfahren (theoretisch und praktisch) durchführt und/oder in der den Rechtsuchenden betreffenden Verfahrensakte kein Hinweis auf die ordnungsgemäße Einleitung des Bestimmungsverfahrens, die Einhaltung der aufgestellten Regeln, die Zuständigkeit der tatsächlich handelnden Person (Richter, Rechtspfleger, Geschäftsstellenbeamte o.ä.) und die tatsächlich getroffenen Entscheidungen enthalten ist, den Anforderungen an die Bestimmbarkeit des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 GG unter besonderer Berücksichtigung des Ausschlusses von Manipulationsmöglichkeiten?" aufwirft, wird in der Beschwerdebegründung jedenfalls nicht dargelegt, dass es sich dabei um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handelt, deren Beantwortung für die Entscheidung im Revisionsverfahren erheblich wäre und deren höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Im Übrigen ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass die von § 30 Abs. 1 VwGO vorgeschriebene Heranziehung der ehrenamtlichen Richter nach einer vom Präsidium vor Beginn des Geschäftsjahres bestimmten Reihenfolge der Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) dient und dass dies eine generelle und so genaue Festlegung erfordert, dass die Möglichkeit von Manipulationen so weit wie möglich ausgeschlossen wird (Urteil vom 25. April 1991 - BVerwG 7 C 11.90 - BVerwGE 88, 159 <163 m.w.N.> = Buchholz 300 § 21i GVG Nr. 1). Ein über den konkreten Einzelfall hinausgehender Klärungsbedarf ist mit der Beschwerde nicht dargetan. c) Soweit sich der Kläger in weiteren Abschnitten seiner Beschwerdebegründung (u.a. in Teil A Nr. 1 sowie in Teil C Nr. 4, Nr. 7, Nr. 12, Nr. 13, Nr. 24) auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft und damit offenbar ebenfalls Grundsatzrügen erheben will, fehlt es durchweg bereits an der Formulierung einer im Revisionsverfahren als klärungsbedürftig angesehenen abstrakten Rechtsfrage des revisiblen Rechts. Stattdessen trägt der Kläger unter offenkundiger Verkennung des Zwecks einer Grundsatzrüge und unter Missachtung der an sie gestellten gesetzlichen Anforderungen lediglich vor, aus welchen Gründen er mit Tenor und Begründung des angegriffenen Urteils nicht übereinstimmt. d) Soweit der Kläger die Frage: "Ist es im Lichte des § 1 Abs. 8 lit. a VermG mit dem Gleichheitsgrundsatz und der einheitlichen Rechtsordnung vereinbar, dass dem Verfolgten aufgrund der hoheitsrechtlich unterstellten Bestandskraft der von der russischen Besatzungsmacht initiierten Bodenreform die Rückgabe versagt wird, während die von einer anderen Besatzungsmacht im gleichen relevanten Zeitraum getroffene Entscheidung beweist, dass der Eigentumsverlust auf andere Weise vorliegt?" aufwirft (Teil C Nr. 22, S. 50 der Beschwerdebegründung), kommt dieser eine grundsätzliche Bedeutung schon deshalb nicht zu, weil sie sich dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat und sich auch in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen würde. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht verneint, dass die Bestätigung der Südafrikanischen Militärmission in Berlin vom 23. Juni 1947 ohne eine Konkretisierung der Ausgangsquellen und der Behauptungen einen Beweiswert für einen vor dem 8. Mai 1945 erlittenen Eigentumsverlust des Alteigentümers hat (UA S. 37). Die von dem Kläger in der aufgeworfenen Frage möglicherweise unterstellte Entscheidung einer anderen Besatzungsmacht über das Vorliegen eines Eigentumsverlustes in anderer Weise bis zum 8. Mai 1945 oder danach ist vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden. 2. Die Divergenzrüge hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander präzise gegenübergestellt werden (stRspr; vgl. u.a. Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712 und vom 17. Dezember 2010 - BVerwG 8 B 38.10 - ZOV 2011, 45 = juris Rn. 15). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342). So liegt der Fall hier. a) Soweit der Kläger seine Divergenzrüge damit begründet (Teil C Nr. 25), das Verwaltungsgericht habe im angegriffenen Urteil die Auffassung vertreten, dass der zu entscheidende Sachverhalt nicht mit demjenigen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - zu vergleichen sei, fehlt es bereits an der Gegenüberstellung divergierender (abstrakter) Rechtssätze. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang kritisiert, das Verwaltungsgericht habe bei der Würdigung "der erpressten Erteilung einer unwiderruflichen, notariellen 'Generalvollmacht' durch den Alleininhaber eines Einzelunternehmens auf einen Dritten in Verbindung mit der Auflage an den Vollmachtgeber, die Unternehmensleitung aufzugeben, und in Verbindung mit der Verbannung vom betroffenen Unternehmen und dem betroffenen Immobilieneigentum und in Verbindung mit unstreitigem Entzug aller beweglicher Vermögenswerte des Verfolgten" zu Unrecht einen "Vermögensverlust auf andere Weise" verneint und habe damit diesen Vorgang rechtlich abweichend vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 7. März 2007 - BVerwG 8 C 26.05 - gewürdigt, wird auch damit keine Divergenz dargelegt. In der Beschwerdebegründung werden keine von beiden Gerichten als entscheidungstragend herangezogenen divergierenden abstrakten Rechtssätze gegenüber gestellt. Stattdessen macht der Kläger lediglich eine unterschiedliche Beurteilung zweier von ihm als im Wesentlichen gleich angesehener Sachverhalte geltend. In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall waren zwei an einer Offenen Handelsgesellschaft beteiligte Brüder jüdischer Glaubenszugehörigkeit 1938 in einem Konzentrationslager gezwungen worden, einer dritten Person, die bereits vorher die Anlagewerte der OHG erworben hatte, eine vorbereitete Generalvollmacht mit der unwiderruflichen Verfügungsmacht über das gesamte Vermögen zu erteilen; anschließend wurden die beiden Brüder ausgebürgert und zur Ausreise aus Deutschland gezwungen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte, wie der Kläger vorgetragen hat, aus der "Kombination von Generalvollmacht und räumlicher Trennung" auf einen Vermögensverlust auf andere Weise im Sinne von § 1 Abs. 6 VermG geschlossen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht einen vom Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Rechtssatz in Zweifel gezogen hätte. Vielmehr ist es davon ausgegangen, in dem von ihm zu entscheidenden Fall liege ein unter mehreren Aspekten anderer Sachverhalt vor. Soweit der Kläger insoweit geltend macht, die beiden Urteilen zugrunde liegenden Sachverhalte seien entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts doch als in ihren wesentlichen Strukturmerkmalen gleich anzusehen, ergibt sich daraus keine Divergenz abstrakter entscheidungstragender Rechtssätze des revisiblen Rechts. b) Soweit der Kläger unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eine Abweichung von einem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam geltend macht (S. 23 der Beschwerdebegründung unter Teil C Nr. 6), verkennt er, dass (erstinstanzliche) Verwaltungsgerichte nicht zu den in der Vorschrift abschließend aufgeführten Gerichten gehören. c) Soweit die unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfolgten Ausführungen zur Verfügungsmacht des Alteigentümers (S. 28 der Beschwerdebegründung unter Teil C Nr. 10) oder auch andere Bezugnahmen auf diese Vorschrift in der Beschwerdebegründung als Divergenzrüge zu verstehen sein sollten, ist diese schon deshalb unzulässig, weil insoweit durchweg ebenfalls kein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz benannt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen haben soll. 3. Auch die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verlangt, dass ein Verfahrensmangel des gerichtlichen Verfahrens in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert und schlüssig dargetan wird (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 a.a.O., vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 15, vom 1. Dezember 2000 - BVerwG 9 B 549.00 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 60 S. 18 f. und vom 28. November 2011 - BVerwG 5 B 55.11 - juris Rn. 2). Daran fehlt es hier bei allen vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen. a) Die Besetzungsrüge hat keinen Erfolg. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die nach Art. 101 Abs. 1 Satz 1 GG vorzunehmende Besetzung des Verwaltungsgerichts mit ehrenamtlichen Richtern sei aus den Geschäftsverteilungsplänen (im Folgenden: GVP) 2011, 2012 und 2013 des Verwaltungsgerichts Cottbus nicht zu erkennen. Der Verfahrensakte lasse sich zudem insbesondere nicht entnehmen, wie es zur Bestimmung der ehrenamtlichen Richter gekommen sei. Nach der Ladungsverfügung vom 30. Januar 2013 sei aus der Akte kein Vorgang zu entnehmen, der auf die ordnungsgemäße Bestimmung, Heranziehung und Ladung der ehrenamtlichen Richter gemäß Ziffer VI des GVP 2013 hindeute. Es bleibe offen, wem konkret die Bestimmung der ehrenamtlichen Richter organisatorisch obliege und dass diese erforderliche Zuordnung beachtet worden sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, von wem, wann und auf welcher Grundlage die ehrenamtlichen Richter konkret ausgewählt und geladen worden seien. Es bleibe offen, ob die Haupt- oder die Hilfsliste Grundlage der Mitwirkung gewesen sei. Das erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Besetzungsrüge ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zulässig vorgebracht, wenn der Beschwerdeführer die nach seiner Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren Beurteilung ermöglichen (vgl. u.a. Beschluss vom 17. Dezember 1982 - BVerwG 8 CB 83.80 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 24). Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den Einzelheiten der einschlägigen Geschäftsverteilung sowie gegebenenfalls die Einholung von Erkundigungen und die Vornahme eigener Ermittlungen, um sich über das Vorgehen des Gerichts Aufklärung zu verschaffen; andernfalls handelt es sich um eine unbeachtliche Rüge "auf Verdacht" (Beschlüsse vom 27. Juni 1995 - BVerwG 5 B 53.95 - Buchholz § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 9 und vom 15. Juli 2010 - BVerwG 4 BN 13.10 <4 BN 21.09> = juris Rn. 9 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt das Beschwerdevorbringen nicht. Nach der Darstellung der Beschwerde ist das Verfahren der Heranziehung der ehrenamtlichen Richter des Verwaltungsgerichts in dem GVP 2013 in Ziffer VI. näher geregelt. Danach werden die ehrenamtlichen Richter zu den Sitzungen nach der Reihenfolge ihrer Aufzählung, beginnend mit Nummer 1, in den in der Anlage II zum GVP beigefügten Listen der jeweiligen Kammer nach Maßgabe der dazu im GVP getroffenen weiteren Bestimmungen herangezogen. Maßgeblich ist der Eingang der richterlichen Terminsbestimmung in der Geschäftsstelle. Ist bei Verhinderung eines ehrenamtlichen Richters der Hauptliste die Ladung des nunmehr heranzuziehenden Richters der Hauptliste nicht rechtzeitig, d.h. bis zum 3. Werktage vor der Sitzung, möglich, so wird ein ehrenamtlicher Richter aus der für alle Kammern geltenden gemeinsamen Hilfsliste in der aus dieser Liste sich ergebenden Reihenfolge herangezogen, wobei ein Richter, dessen Zusage nicht sofort zu erreichen ist, übergangen wird. Die erfolglosen Heranziehungsversuche sind in der jeweiligen Liste kenntlich zu machen. Eine solche Verfahrensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat mit der Beschwerde nicht konkret dargetan, dass dieses im GVP festgelegte Verfahren vorliegend nicht beachtet worden ist. Sein Vorbringen lässt auch nicht erkennen, dass er diesbezüglich nähere Erkundigungen beim Vorsitzenden und/oder der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts eingeholt sowie die nach dem Geschäftsverteilungsplan maßgeblichen Unterlagen mit den entsprechenden Vermerken eingesehen hat und dass sich daraus konkrete Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten ergeben. Soweit sein Vorbringen dahin zu verstehen sein sollte, dass er die abstrakt gegebene Möglichkeit, der Kammervorsitzende könnte die "Richterbank" hinsichtlich der ehrenamtlichen Richter für bestimmte Sachen durch deren entsprechende Terminierung beeinflussen, für verfassungswidrig hält, ergibt sich daraus nichts anderes. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit eines derartigen Heranziehungsverfahrens bereits wiederholt geprüft und bejaht (vgl. Beschlüsse vom 27. Mai 1999 - BVerwG 3 B 24.99 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 18 und vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 B 114.00 - Buchholz 11 Art. 101 GG Nr. 19). Dass dies nicht in einem Revisionsverfahren, sondern durch Beschluss in einem Beschwerdeverfahren geschehen ist, steht der Annahme nicht entgegen, die aufgeworfene Frage sei nunmehr hinreichend geklärt. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat die wesentlichen Einwände der Beschwerde bereits beantwortet. Der beschließende Senat teilt diese Auffassung. In dem beabsichtigten Revisionsverfahren wären hierzu keine wesentlich neuen Erkenntnisse zu erwarten, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten. b) Dass das Verwaltungsgericht durch eine "Überraschungsentscheidung" gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verstoßen hat, wird in der Beschwerdebegründung nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Abgesehen davon fehlt es an jedem konkreten Anhaltspunkt für den geltend gemachten Verstoß. Die Gewährleistung des Rechts auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht nicht, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder seine Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Beurteilung regelmäßig erst aus dem Ergebnis der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung wegen des Unterbleibens eines solchen Hinweises liegt erst vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte stützt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188 <190>; Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96, 189 <204> und Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <409>; BVerwG, Beschlüsse vom 18. Oktober 2010 - BVerwG 9 B 64.10 - juris Rn. 8, vom 29. Juni 2011 - BVerwG 6 B 7.11 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 410 Rn. 8 und vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 8 B 2.13 - juris). Das Beschwerdevorbringen lässt nicht konkret und nachvollziehbar erkennen, inwiefern und aus welchem Grund die angeführte "Auftrennung der Verfahren", "die Einrichtung der 'Musterverfahren'", die "Anfrage an die Beteiligten, ob Ausschlussgründe vorgetragen werden sollen" und der "Verzicht der anwaltlich vertretenen Beigeladenen, kostenauslösende Anträge zu stellen", eine Überraschungsentscheidung darstellen oder bewirkt haben. Gleiches gilt hinsichtlich des nicht näher belegten Vorbringens des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine Rechtsauffassung zur "Systematik des AOG" gegenüber 2011 geändert. Der anwaltlich vertretene Kläger hat mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen, dass er in der mündlichen Verhandlung hinreichend Gelegenheit hatte, sich zu dieser Frage zu äußern und seinen Standpunkt darzulegen. c) Soweit der Kläger in Teil B Nr. 1 (S. 8 ff. der Beschwerdebegründung) rügt, das Verwaltungsgericht habe entgegen dem Beschluss des Senats vom 16. Dezember 2010 "keine Gesamtbetrachtung" der einzelnen Verfolgungsmaßnahmen vorgenommen und damit Verfahrensrecht verletzt, wird dies in der Beschwerdebegründung nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise nachvollziehbar begründet. Dazu bestand indes schon deshalb Veranlassung, weil sich das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil mit der Frage der "potenzierenden Gesamtwirkung" der vom NS-Regime gegenüber dem Alteigentümer vorgenommenen einzelnen Repressionsmaßnahmen, soweit es sie für erwiesen gehalten hat, ausdrücklich befasst hat (vgl. UA S. 70). Es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Einzelmaßnahmen keine "kumulative Wirkung" entfaltet haben. Mit dem Beschwerdevorbringen wird nicht konkret dargelegt, in welcher Weise das Verwaltungsgericht damit gegen bestimmte Verfahrensvorschriften verstoßen haben soll. Mit der Beschwerde ist nicht nachvollziehbar dargetan worden, dass das Verwaltungsgericht insoweit etwa unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO entscheidungserhebliches tatsächliches oder rechtliches Vorbringen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen hat. Weder aus diesen Vorschriften noch aus § 108 Abs. 1 VwGO folgt jedoch ein Anspruch des Klägers darauf, dass das Verwaltungsgericht bei der Würdigung des Sach- und Streitstandes seiner, des Klägers, Auffassung folgt. Es ist ferner mit der Beschwerde weder nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht durch Unterlassen von nach § 86 Abs. 3 VwGO gebotenen Hinweisen gegen Verfahrensrecht verstoßen hätte. d) Soweit der Kläger rügt (unter anderem in Teil B Nr. 3 der Beschwerdebegründung), dass das Verwaltungsgericht die von ihm benannten oder andere Sachverständige nicht geladen und befragt hat, hat er nicht dargelegt, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Beweisantrag auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme zu einem konkreten Beweisthema hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne Hinwirken der Prozessbeteiligten hätte aufdrängen müssen (vgl. zu diesen Anforderungen die stRspr; z.B. Beschlüsse vom 13. Januar 2009 - BVerwG 9 B 64.08 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 372 S. 20 und vom 5. März 2010 - BVerwG 5 B 7.10 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 94 S. 11 f. m.w.N.). Außerdem wird in der Beschwerde entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO insbesondere nicht dargelegt, zu welchen konkreten behaupteten Beweistatsachen die Sachverständigen hätten gehört werden sollen und welches entscheidungserhebliche Ergebnis von einer entsprechenden Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre. Soweit der Kläger insoweit einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend machen will, hat er jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt, welches konkrete entscheidungserhebliche Vorbringen vom Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden ist. Das vorgelegte Gutachten des Historikers Dr. F. vom 2. Juli 2007 hat das Verwaltungsgericht ausweislich der Entscheidungsgründe des Urteils (UA S. 46 ff.) ausdrücklich zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten von Dr. D. vom Institut für Zeitgeschichte bezieht (S. 11 der Beschwerdebegründung), ist festzustellen, dass das Verwaltungsgericht ausweislich des Tatbestandes des angegriffenen Urteils ausdrücklich auf dieses Gutachten Bezug genommen hat, jedoch darin, wie sich aus den Entscheidungsgründen ergibt, letztlich keine hinreichende Grundlage zum Nachweis einer Eigentumsentziehung zum Nachteil des Alteigentümers gesehen hat. e) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 1 (S. 11 ff. der Beschwerdebegründung) in einer "rechtsgeschichtlichen Vorbemerkung" unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO dem Urteil des Verwaltungsgerichts einen "grundsätzlichen Verstoß gegen die Denkgesetze" vorwirft, bezeichnet er keine Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift. Vielmehr wendet er sich in der Art einer Berufungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene tatsächliche und rechtliche Würdigung, ohne, wie von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gefordert, nachvollziehbar darzulegen, gegen welche Verfahrensnorm das Verwaltungsgericht verstoßen haben soll und inwiefern das angegriffene Urteil auf dem (vermeintlichen) Verstoß beruhen kann. Gleiches gilt hinsichtlich seiner Ausführungen in Teil C Nr. 2, wo er dem angegriffenen Urteil eine "historische Fehlbewertung und Denkfehler (Doppelstaat)" vorwirft, ohne nachvollziehbar und schlüssig die Verletzung einer konkreten Verfahrensvorschrift zu bezeichnen und darzulegen. Eine diesbezügliche konkrete Bezugnahme auf die von ihm eingereichten Gutachten lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. f) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 3 der Beschwerdebegründung geltend macht, das Verwaltungsgericht habe sich in seinem Urteil "argumentativ nur auf die rein formal erhalten gebliebene Eigentümerstellung" gestützt und damit "nicht nur rechtliches Gehör" versagt, sondern auch eine "falsche Rechtsanwendung" vorgenommen (S. 15 f.), erfüllt dies ebenfalls nicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Wiederum kritisiert er in der Art einer Berufungsbegründung das angegriffene Urteil, ohne einen konkreten Verstoß gegen eine bezeichnete Verfahrensvorschrift darzulegen. Worin der geltend gemachte Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 2 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) liegen soll, bleibt unerfindlich. Insbesondere ist nicht dargetan, welches konkrete Vorbringen des Klägers vom Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden sein soll. Soweit mit dem Hinweis auf "Denkfehler" sinngemäß eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) gerügt worden sein sollte, wird auch dies nicht nachvollziehbar dargelegt. g) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 4 der Beschwerdebegründung dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe die "relevanten Merkmale 'Anschein der Rechtsstaatlichkeit' und 'Anmaßung des Eigentums'" vermischt oder verwechselt (S. 16 ff. der Beschwerdebegründung), "die Rede (Himmlers) vor den Gauleitern" inhaltlich ins Gegenteil verkehrt und die Eigentumsanmaßung der staatlichen Stellen des NS-Regimes verkannt, wendet er sich wiederum in der Art einer Berufungsbegründung gegen die vom Verwaltungsgericht vertretenen Rechtsauffassungen, ohne den oben bereits mehrfach dargelegten Anforderungen an eine Verfahrensrüge zu genügen. Nichts anderes gilt, soweit sich der Kläger in Teil C Nr. 5 der Beschwerdebegründung zum Charakter des NS-Gesetzes AOG äußert und dem Verwaltungsgericht vorwirft, es habe das AOG "ausdrücklich und grundsätzlich als Grundlage für einen Vermögensverlust auf andere Weise" ausgeschlossen und dessen Charakter als "Ausschaltungsgesetz" verkannt. Der Kläger wendet sich auch hier letztlich gegen das von ihm kritisierte "Ergebnis des VG Cottbus", das er als "unhaltbar" bewertet (S. 22), ohne mit seiner Verfahrensrüge einen konkreten Verfahrensverstoß darzulegen. Daran ändert auch nichts, dass er am Ende dieses Abschnitts seiner Beschwerdebegründung unsubstantiiert behauptet, "sämtlicher Klägervortrag" zum AOG und dessen Handhabung im NS-Regime sei "nicht aufgegriffen" und "nicht entschieden worden". h) Soweit der Kläger meint, im angegriffenen Urteil liege hinsichtlich der Beurteilung der Möglichkeiten des Alteigentümers, vermögensmindernde Verfügungen seines Bruders zu verhindern, eine "unterschiedliche Betrachtung zur Feststellung des VG Potsdam" vor, ist nicht ersichtlich, welchen Verfahrensverstoß er damit dem Verwaltungsgericht Cottbus vorwirft. Soweit er damit eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen will, erfüllt diese Rüge, wie oben dargelegt, nicht die gesetzlichen Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Auch die Ausführungen des Klägers zur "Vollmachtserteilung auf den Bruder als verfolgungsneutrale Erhaltung von Verfügungsrechten" (S. 23 ff. der Beschwerdebegründung), zur Auslegung der Vollmacht vom 5. März 1945 "nach dem Wortlaut trotz feststehender Erpressung" (S. 27 ff.), zur "Bedeutung der - 1931er - Vollmacht" (S. 25 ff.) sowie zur "Verfügungsmacht zur Veräußerung" (S. 28) bezeichnen keinen Verfahrensverstoß, sondern wenden sich gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene materiellrechtliche Beurteilung des Sach- und Streitstandes. Soweit damit der Sache nach ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör gerügt werden soll, wird nicht näher dargelegt, welcher konkrete Sachvortrag des Klägers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden ist. Soweit der Kläger beanstanden will, der genaue Wortlaut der Vollmacht von 1931 sei vom Verwaltungsgericht nicht ermittelt worden, wird mit der Beschwerde jedenfalls nicht dargetan, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Beweisantrag auf eine diesbezügliche Beweisaufnahme hingewirkt hat oder dass sich dem Verwaltungsgericht eine solche weitere Sachverhaltsaufklärung auch ohne Hinwirken der Prozessbeteiligten hätte aufdrängen müssen. i) Soweit der Kläger unter Berufung auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO eine Verkennung der "Beweislast und Beweiserleichterung" rügt (Teil C Nr. 11, S. 28 ff. der Beschwerdebegründung), hat er jedenfalls keinen Verfahrensverstoß in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise bezeichnet. Sofern ein Verstoß gegen die Pflicht zur Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht werden soll, müssen die für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen genau bezeichnet werden und es muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme weiterer Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht. j) Soweit die Beschwerde mit dem Vorbringen zu Teil C Nr. 11 ("Beweislast und Beweiserleichterung", S. 28 ff. der Beschwerdebegründung) sowie zu Nr. 14 ("Die Rede Himmlers vor den Gauleitern 1944", S. 37 f.), Nr. 16 ("Anhaltspunkte für Beschlagnahme", S. 38 ff.), Nr. 17 ("Schonung", S. 41), Nr. 18 ("Wohnsitz und Märkische Besitzungen, S. 42 ff.), Nr. 21 ("Die Bestätigung der Geheimdienste Großbritanniens 1948 ...", S. 46 ff.), Nr. 22 ("Bestätigung der behördlich zuständigen Besatzungsmacht ...", S. 49 ff.) eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) rügen will, übersieht sie, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nimmt und in seine rechtlichen Erwägungen einbezieht. Es ist nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat (stRspr; Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1; zuletzt Beschlüsse vom 19. April 2011 - BVerwG 2 B 60.11 - juris Rn. 7 und vom 20. Juli 2011 - BVerwG 2 B 32.10 - juris Rn. 3 m.w.N.). Deshalb kann insbesondere aus einer von der Ansicht eines Beteiligten abweichenden Beweiswürdigung des Gerichts nicht auf einen Gehörsverstoß geschlossen werden. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Beweiswürdigungsgrundsätze wie etwa Auslegungsregeln, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <260>; insoweit nicht in Buchholz abgedruckt). Ein Verstoß gegen die Denkgesetze liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann vor, wenn ein Schluss aus Gründen der Logik schlechthin nicht gezogen werden kann, nicht aber schon dann, wenn das Gericht andere Schlüsse gezogen hat als sie nach Auffassung eines der Verfahrensbeteiligten hätten gezogen werden müssen, selbst wenn der vom Verfahrensbeteiligten favorisierte Schluss vielleicht sogar näher liegt als der vom Gericht gezogene (vgl. Beschluss vom 21. September 1982 - BVerwG 2 B 12.82 - juris Rn. 7 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 238.5 § 46 DRiG Nr. 2>). Die Beschwerdebegründung erfüllt nicht die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines konkreten Verstoßes gegen die Denkgesetze. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Unterlagen ausländischer Nachrichtendienste und anderer Stellen, auf die sich der Kläger beruft, deren Beweiswert das Verwaltungsgericht jedoch ohne Verstoß gegen die Denkgesetze wegen fehlender Konkretisierung und Nachprüfbarkeit der Quellen verneint hat. k) Das Vorbringen in Teil C Nr. 15 ("wirtschaftspolitische Erwägungen", S. 38 der Beschwerdebegründung), Nr. 19 ("Bedeutung des § 903 BGB", S. 44 f.), Nr. 20 ("Bescheid, Interessenkollision und Bewertung des Prozessstandes sowie Erklärungen der Parteien", S. 45 f.) bezieht sich zwar auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, bezeichnet jedoch ebenfalls keinen konkreten Verfahrensverstoß. Es beschränkt sich im Kern darauf zu kritisieren, das Urteil habe sich insoweit nicht auf den Ausgangsbescheid der Behörde (LARoV) stützen dürfen; das im Urteil gefundene Ergebnis sei "unhaltbar". l) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 23 (S. 53 ff. der Beschwerdebegründung) eine "fehlende Gesamtwürdigung (Synergieeffekt)" auch unter Hinweis auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO als Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör rügt, genügt sein Vorbringen ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Der Anspruch auf rechtliches Gehör wäre dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machten, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserhebliche Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinander gesetzt hat. Soweit sich der Kläger insoweit auf einen Schriftsatz vom 27. September 2011 "zur Vorbereitung des Termins am 26.05.2011 beim VG Potsdam" bezieht und diesen wörtlich wiedergibt, kann sich daraus schon deshalb keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergeben, weil nicht ersichtlich ist, dass dieser Schriftsatz dem Verwaltungsgericht Cottbus, das das hier angegriffene Urteil erlassen hat, vorgelegt worden ist. Im Übrigen ergibt sich, wie in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt, aus dem angegriffenen Urteil (UA S. 70), dass sich das Verwaltungsgericht mit einer "potenzierenden Gesamtwirkung" und einer "kumulativen Wirkung" der gegen den Alteigentümer gerichteten Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes befasst hat, wenn auch mit einem Ergebnis, das den Erwartungen des Klägers nicht entspricht. Der Kläger kann jedoch auch insoweit unter Berufung auf den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verlangen, dass das Verwaltungsgericht seiner Würdigung der Sach- und Rechtslage folgte. Andere Verstöße gegen Verfahrensrecht sind insoweit mit der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht worden. m) Soweit der Kläger in Teil C Nr. 26 (S. 65 ff. der Beschwerdebegründung) eine fehlende Sachkunde des Verwaltungsgerichts sowie das "Unterlassen der Amtsermittlung", das "Verkennen von Beweismitteln, Beweiserhebung, Rechtsverweigerung, Ursächlichkeit der gerügten Fehler" rügt, erfüllt sein Vorbringen ebenfalls nicht die bereits mehrfach dargelegten Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör wird lediglich behauptet, jedoch nicht nachvollziehbar begründet. Der Kläger zieht selbst nicht in Zweifel, dass er Gelegenheit hatte, zur Sach- und Rechtslage vor dem Verwaltungsgericht das von ihm für erforderlich Gehaltene vorzutragen. Konkrete Anhaltspunkte, dass das Verwaltungsgericht entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen hätte, hat er nicht dargetan. Soweit sich das Verwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht auf allgemein zugängliche historische Fachliteratur gestützt hat, hat es damit nicht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör missachtet. Eine Verletzung anderer Verfahrensvorschriften hat der Kläger nicht konkret bezeichnet. Entgegen dem Vorbringen des Klägers in Teil C Nr. 27 (S. 67 f. der Beschwerdebegründung) fehlen dem angegriffenen, auf etwa 70 Seiten begründeten Urteil des Verwaltungsgerichts ersichtlich auch nicht die Entscheidungsgründe im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO. Allein der Umstand, dass der Kläger diese Entscheidungsgründe für rechtlich unzutreffend oder sonst für fehlerhaft hält, trägt nicht die Schlussfolgerung, diese seien nicht vorhanden. n) Soweit der Kläger in Teil D der Beschwerdebegründung rügt, "in allen Verfahren (des VG Potsdam und des VG Cottbus)" sei "Detailvortrag" ungehört geblieben, ergibt sich auch daraus kein Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Vorbringen des Klägers in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam ist insoweit für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Detailvortrags vor dem Verwaltungsgericht Cottbus legt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung über das oben bereits Erörterte hinaus nicht dar, welche konkreten Verfahrensvorschriften seitens des Verwaltungsgerichts verletzt worden sein sollen. Er kritisiert das angegriffene Urteil auch in diesem Teil seiner Beschwerdebegründung lediglich in der Art einer Berufungsbegründung und missachtet damit erneut die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. 4. Soweit der Kläger sich zur Begründung seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf ein von Prof. Dr. Friedrich E. S., B., erstelltes Rechtsgutachten ("Der Verstoß gegen Denkgesetze in gerichtlichen Entscheidungen zu Restitutionsangelegenheiten nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen. Eine Analyse des Urteils des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23.07.2013 - Aktenzeichen VG 1 K 621/12") vom Oktober 2013 bezogen hat, führt auch dies nicht zur Zulassung der Revision. Das ergibt sich schon daraus, dass dieses mit Schriftsatz vom 5. November 2013 vorgelegte Rechtsgutachten erst am 7. November 2013 und damit nach Ablauf der in § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten zweimonatigen Beschwerdebegründungsfrist, die mit der am 29. Juli 2013 erfolgten Zustellung des vollständigen Urteils begonnen hat, beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist. Diese Beschwerdebegründungsfrist ist eine nicht verlängerbare gesetzliche Ausschlussfrist (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 28. März 2001 - BVerwG 8 B 52.01 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 61 = NVwZ 2001, 799). Nach Ablauf der Frist können nur Ergänzungen zu bereits geltend gemachten Zulassungsgründen berücksichtigt werden. Eine substanzlose Begründung kann nach Fristablauf nicht mehr substanziell unterfüttert werden (vgl. u.a. Beschluss vom 15. September 1981 - BVerwG 8 B 210.81 - Buchholz 401.5 GewStG Nr. 2 = NVwZ 1982, 250; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 16 und 23). So liegt der Fall hier, da die Beschwerdebegründung aus den dargelegten Gründen durchweg nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Das als Anlage 28 zum Schriftsatz vom 20. September 2013 vorgelegte erste Gutachten von Prof. Dr. S. vom Juni 2013 ist zwar am 23. September 2003 und damit innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist beim Verwaltungsgericht Cottbus eingegangen. Dieses bezog sich jedoch ausweislich der Angaben auf seinem Deckblatt und seines Inhalts auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2012 (irrtümliche Datumsangabe: 25. Oktober 2013, Az.: VG 1 K 84/11), nicht jedoch auf das hier angegriffene Urteil. Unabhängig davon hat der anwaltlich vertretene Kläger in seiner Beschwerdebegründung lediglich pauschal auf diese Rechtsgutachten Bezug genommen, ohne nachvollziehbar zu bezeichnen, auf welche der von ihm gegenüber dem angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts fristgerecht geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) die Ausführungen in den Rechtsgutachten jeweils konkret bezogen sein sollen. Für eine durch einen Rechtsanwalt vorzunehmende Begründung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision genügt nicht, dass der Rechtsanwalt auf Ausführungen Dritter pauschal Bezug nimmt, (vgl. Kraft, in: Eyermann, a.a.O., § 133 Rn. 19). Auch die Ausführungen im Rechtsgutachten von Prof. Dr. S. nehmen ihrerseits nicht konkret auf die in der anwaltlichen Beschwerdebegründung erhobenen Grundsatz-, Divergenz- und Verfahrensrügen Bezug, indem sie diese erläutern und ergänzen. Vielmehr stehen sie eigenständig neben der Beschwerdebegründung. Entsprechendes gilt für das vom Kläger mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2013 als Anlage 33 vorgelegte (zweite) Gutachten von Prof. Dr. Joachim P. (H.) vom 21. November 2013 zum Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 23. Mai 2013. Das als Anlage 27 zum Schriftsatz vom 20. September 2013 vorgelegte erste Gutachten von Prof. Dr. P. (ohne Datum) ist vom Rechtsanwalt des Klägers zwar innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist vorgelegt worden. Dieses bezog sich jedoch auf das Urteil das Verwaltungsgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2012 (Az.: VG 1 K 84/11) und wurde - unabhängig davon - von dem anwaltlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers nur pauschal in Bezug genommen, ohne dabei jeweils die Relevanz für die geltend gemachten Zulassungsgründe heraus zu arbeiten. 5. Der vom Kläger beantragten Beiziehung weiterer Verfahrensunterlagen (vgl. S. 2 f. der Beschwerdebegründung) bedurfte es nicht, da diese für die Entscheidung über die Beschwerde gegen die im angegriffenen Urteil des Verwaltungsgerichts erfolgte Nichtzulassung der Revision nicht erforderlich waren.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020196&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020197
BVerwG
3. Senat
20140213
3 C 1/13
Urteil
§ 28 Abs 1 FeV 2010, § 28 Abs 4 S 1 Nr 2 FeV 2010, § 28 Abs 4 S 1 Nr 3 FeV 2010, § 28 Abs 4 S 1 Nr 4 FeV 2010, § 28 Abs 4 S 3 FeV 2010, § 28 Abs 5 FeV 2010, § 69a Abs 1 S 3 StGB, § 29 Abs 1 S 2 Nr 3 StVG, § 29 Abs 5 StVG, Art 8 Abs 4 EWGRL 439/91, Art 11 Abs 4 EWGRL 439/91
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 19. November 2012, Az: 11 BV 12.21, Urteil vorgehend VG München, 22. November 2011, Az: M 1 K 11.4477, Urteil
DEU
Ausländische EU-Fahrerlaubnis; Inlandsfahrberechtigung; isolierte Wiedererteilungssperre; Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung
Der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis, gegen den nach deren Erteilung wegen in Deutschland begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt wurde, ist mit seiner EU-Fahrerlaubnis erst dann wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt, wenn er den Nachweis erbringt, dass er seine Fahreignung wiedergewonnen hat.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er berechtigt sei, von seiner in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Dem Kläger wurde mit rechtskräftigem Strafurteil vom 1. August 1990 wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs (BAK von 1,75 Promille) in Tateinheit mit Nötigung zum wiederholten Male seine deutsche Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für deren Wiedererteilung bis zum 31. Juli 1992 angeordnet. Am 21. März 1996 erwarb der Kläger in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B; im Führerschein wird als Wohnort die Bundesrepublik Deutschland angegeben. Mit rechtskräftigen Urteilen vom 12. Juni 1996, 12. März 1997, 26. April 2000, 2. Februar 2005 und 8. Januar 2007 wurde der Kläger vom Amtsgericht erneut wegen nach der Erteilung dieser Fahrerlaubnis in Deutschland begangener Trunkenheitsfahrten verurteilt; da er sich damit als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe (§ 69 des Strafgesetzbuches -StGB), ordnete das Gericht jeweils eine isolierte Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB an; die zuletzt festgesetzte Sperrfrist lief am 14. Februar 2009 ab. Bei einer Verkehrskontrolle im Oktober 2010 wies der Kläger seinen tschechischen Führerschein vor. In dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren wurde er wegen Verbotsirrtums vom Vorwurf des Fahrens ohne Fahrerlaubnis freigesprochen. Daraufhin bat der Kläger die Fahrerlaubnisbehörde um Überprüfung, ob er berechtigt sei, mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen. Das verneinte die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 16. August 2011. Es gebe keinen Automatismus, dass eine aberkannte Fahrerlaubnis nach Ablauf der Sperrfrist wieder auflebe. Wegen der Trunkenheitsfahrten des Klägers sei zuvor eine medizinisch-psychologische Begutachtung erforderlich. Am 7. September 2011 erhielt der Kläger in der Tschechischen Republik einen Scheckkartenführerschein über die Fahrerlaubnis der Klassen A und B. In diesem Führerschein ist als Wohnsitz ein Ort in der Tschechischen Republik eingetragen; als Datum der Fahrerlaubniserteilung wird der 21. März 1996 angegeben. Seine Klage auf Feststellung, dass er berechtigt sei, mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge in der Bundesrepublik Deutschland zu führen, hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung heißt es: Vor dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 habe der Kläger, wie sich aus § 4 der Verordnung über den internationalen Kraftfahrzeugverkehr (IntKfzV) ergebe, keine Fahrberechtigung in Deutschland gehabt. Mit dem Beitritt sei seine Fahrerlaubnis zu einer EU-Fahrerlaubnis geworden; ab diesem Zeitpunkt sei er dem Inhaber einer Fahrerlaubnis eines "alten" EU-Mitgliedstaates gleichzustellen. Die Eintragung eines deutschen Wohnsitzes im Führerschein stehe der Gültigkeit wohl nicht entgegen, da das Wohnsitzerfordernis nach der Richtlinie 91/439/EWG bei der Ausstellung noch nicht gegolten habe. Auch die Fahrerlaubnisentziehung mit Strafurteil vom 1. August 1990 hindere die Anerkennung der tschechischen Fahrerlaubnis nicht, da sie nach dem Ablauf der damaligen Sperrfrist erteilt worden sei. Doch habe sich der Kläger, wie das Strafgericht festgestellt habe, durch die von ihm nach der Fahrerlaubniserteilung begangenen Verkehrsstraftaten als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Die vom Strafgericht deshalb angeordneten isolierten Sperren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis seien als Maßnahmen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG anzusehen und damit unionsrechtlich zulässig. Die Ausstellung eines neuen Führerscheindokuments durch die tschechischen Behörden am 7. September 2011 begründe keine Anerkennungspflicht; mit ihr sei keine neue Fahrerlaubnis erteilt worden. Auch nach deutschem Recht sei der Kläger nicht berechtigt, nach dem Unionsbeitritt der Tschechischen Republik von seiner Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen. Da diese Fahrerlaubnis vor dem Beitritt nicht wirksam gewesen sei, spreche Vieles dafür, dass ein Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland nie entstanden sei. Das könne jedoch offen bleiben. Jedenfalls schlössen die mit den Strafurteilen vom 12. März 1997 und 26. April 2000 verhängten isolierten Sperren eine Berechtigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland aus. Das folge aus einer analogen Anwendung von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV auf isolierte Sperren nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB. Sie sei deshalb gerechtfertigt, weil auch eine isolierte Sperre eine formalisierte Feststellung der mangelnden Fahreignung des Betroffenen voraussetze. Auch bestehe eine planwidrige Regelungslücke. Zwar habe der Verordnungsgeber in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV eine Teilregelung für die isolierte Sperre getroffen. Sie erfasse nach ihrem eindeutigen Wortlaut ("darf") aber nur die Zeit bis zum Ablauf der Sperrfrist, so dass sich eine Lücke für die Zeit vom Ende der Sperrfrist bis zur Tilgungsreife der Sperre ergebe. Jedenfalls habe der Verordnungsgeber nicht die Fälle im Blick gehabt, in denen anstatt der Verhängung einer isolierten Sperre eine Fahrerlaubnisentziehung angezeigt gewesen wäre. Sie sei hier nur deshalb unterblieben, weil dem Strafgericht die ausländische Fahrerlaubnis des Klägers nicht bekannt gewesen sei. Die Berufung des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Kläger sei seit dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union mit hoher Wahrscheinlichkeit Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis. Nach Art. 1 Abs. 2 der hier noch anwendbaren Richtlinie 91/439/EWG seien die von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine gegenseitig anzuerkennen. Aus der Entscheidung der Kommission vom 25. August 2008 über die Äquivalenzen von in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnissen ergebe sich, dass die im tschechischen Führerschein des Klägers aufgeführten Klassen A und B den Klassen A und B nach dem EU-Führerscheinrecht entsprächen und die Fahrerlaubnis anzuerkennen sei. Der Inlandsgültigkeit stehe die Eintragung eines deutschen Wohnorts wohl nicht entgegen. Das gemeinschaftsrechtliche Wohnsitzerfordernis habe zum Ausstellungszeitpunkt noch nicht gegolten. Dass das tschechische Fahrerlaubnisrecht damals ein solches Erfordernis gekannt habe, sei nicht anzunehmen. Nach der genannten Kommissionsentscheidung erfasse der Anerkennungsgrundsatz auch die vor Anwendbarkeit der Richtlinie 91/439/EWG ausgestellten Führerscheine einschließlich solcher, bei denen nach dem nationalen Recht zum Ausstellungszeitpunkt das Wohnsitzprinzip noch nicht zu beachten gewesen sei. Jedoch sei der Kläger gemäß § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 FeV nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland berechtigt. Ihm dürfe aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden; diese Maßnahme sei im Verkehrszentralregister noch eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) getilgt. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV gelte auch für die Anordnung einer isolierten Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB und auch dann, wenn die isolierte Sperre - wie beim Kläger - nach der Erteilung der Fahrerlaubnis angeordnet worden sei. Hierzu könne es nur dann kommen, wenn sich aus einer Verkehrsstraftat zwar die fehlende Fahreignung des Betroffenen ergebe, ihm aber dennoch - aus welchen Gründen auch immer - die vorhandene Fahrerlaubnis nicht entzogen, sondern entgegen der gesetzlichen Regelung in § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB nur eine isolierte Sperre verhängt werde. Für die Anwendbarkeit von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV sprächen der Wortlaut der Regelung, der beide Sachverhaltsvarianten abdecke, sowie das praktische Bedürfnis, die Folgen einer solchen nach dem Gesetz nicht zulässigen und deshalb nur selten vorkommenden Sachbehandlung gerade der Vorschrift zu unterwerfen, die sich mit den Auswirkungen einer isolierten Sperre befasse. Die Anordnung einer isolierten Sperre schließe die Inlandsfahrberechtigung nicht nur bis zum Ablauf der festgelegten Sperrfrist - hier also bis zum 14. Februar 2009 -, sondern bis zur Tilgung der Eintragung der Sperre im Verkehrszentralregister aus. Das ergebe sich aus § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV und der amtlichen Begründung zur Dritten Änderungsverordnung zur Fahrerlaubnis-Verordnung. Damit bestehe die vom Verwaltungsgericht angenommene Regelungslücke nicht. Die Nichtanerkennung der EU-Fahrerlaubnis des Klägers sei auch mit dem Unionsrecht vereinbar. Die Verhängung einer solchen Sperre sei den in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG aufgeführten Maßnahmen gleichzustellen; auch im Falle von § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB werde die Nichteignung des Betroffenen förmlich festgestellt. Die Ausstellung eines neuen Führerscheindokuments am 7. September 2011 begründe keine Pflicht zur Anerkennung in Deutschland, weil dem Kläger damit keine neue Fahrerlaubnis erteilt worden sei. Der Vortrag des Klägers, die tschechischen Behörden hätten zuvor erneut seine Fahreignung geprüft, sei nicht glaubhaft. Auf Verwirkung und Vertrauensschutz könne er sich nicht berufen. Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Er habe, nachdem der Beklagte ihm dieses Recht nicht aberkannt, sondern nach Ablauf der Sperrfrist nichts unternommen habe, darauf vertrauen dürfen, dass er von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland wieder Gebrauch machen dürfe. § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV sei nicht mit der von Verfassungs wegen für einen Akt der Eingriffsverwaltung gebotenen Eindeutigkeit zu entnehmen, dass die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis bis zur Tilgungsreife der isolierten Sperre andauere. Nach dem Wortlaut dieser Regelung lebe das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, nach dem Ablauf der Sperrfrist wieder auf. Für einen Rückgriff auf § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV bleibe danach kein Raum, zumal es die Fahrerlaubnisbehörde während des Laufes der Sperrfrist in der Hand habe, den Sachverhalt zu prüfen und gegebenenfalls weiter gehende Maßnahmen zu ergreifen. Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Er ist nicht berechtigt, mit seiner im Jahr 1996 in der Tschechischen Republik erworbenen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen. Nachdem gegen ihn in Deutschland wegen nach der Erteilung dieser Fahrerlaubnis begangener Verkehrsstraftaten und dadurch gezeigter fehlender Fahreignung mehrfach Sperren für die Erteilung einer Fahrerlaubnis gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt wurden, muss der Kläger gemäß § 28 Abs. 5 FeV für eine Inlandsfahrberechtigung zuvor den Nachweis erbringen, dass er wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist. Diesen Nachweis hat er nicht geführt. 1. Maßgeblich für die Begründetheit seines Feststellungsbegehrens, das der Kläger mit der Revision weiter verfolgt, ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; für das Revisionsverfahren ist von der Rechtslage auszugehen, die auch das Tatsachengericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zu diesem Zeitpunkt entschiede (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 29. Januar 2009 - BVerwG 3 C 31.07 - NJW 2009, 1687 <1688> - juris Rn. 14 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 3 C 5.08 - NJW 2008, 3589 <3590> - juris Rn. 12 f.; Beschluss vom 16. März 2006 - BVerwG 3 C 16.05 - Buchholz 418.72 WeinG Nr. 29 Rn. 11 f. m.w.N.). Anwendbar ist danach, was das innerstaatliche Recht betrifft, die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl I S. 1980), zum maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Art. 1 der Neunten Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 5. November 2013 (BGBl I S. 3920). In unionsrechtlicher Hinsicht dürfte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für das auf den Entscheidungszeitpunkt bezogene Feststellungsbegehren des Klägers die Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl Nr. L 403 S. 18 - "3. Führerscheinrichtlinie") zugrunde zu legen sein (vgl. Urteil vom 1. März 2012 - Rs. C-467/10, Akyüz - NJW 2012, 1341 Rn. 32 f.). Demgegenüber hält das Berufungsgericht, das auf den vor dem 19. Januar 2009 liegenden Zeitpunkt der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis abstellt (in diesem Sinne auch Urteil vom 25. August 2011 - BVerwG 3 C 25.10 - BVerwGE 140, 256 Rn. 12), noch die Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl Nr. L 237 S. 1 - "2. Führerscheinrichtlinie") für anwendbar. Daraus ergibt sich jedoch, was die Reichweite des unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatzes betrifft, kein Unterschied. Denn der Europäische Gerichtshof hat mittlerweile wiederholt entschieden, dass seine Rechtsprechung zum Anerkennungsgrundsatz nach der 2. Führerscheinrichtlinie auch für die 3. Führerscheinrichtlinie Geltung beansprucht (vgl. u.a. Urteile vom 26. April 2012 - Rs. C-419/10, Hofmann - NJW 2012, 1935 Rn. 43 und 47 und vom 1. März 2012 a.a.O. Rn. 40 und 64). 2. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV dürfen Inhaber einer gültigen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ihren Wohnsitz im Sinne des § 7 Absatz 1 oder 2 in der Bundesrepublik Deutschland haben, - vorbehaltlich der Einschränkungen nach den Absätzen 2 bis 4 - im Umfang ihrer Berechtigung Kraftfahrzeuge im Inland führen. Mit EU-Fahrerlaubnissen sind, wie der amtlichen Überschrift von § 28 FeV zu entnehmen ist, Fahrerlaubnisse aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeint. Hierunter fällt auch die vom Kläger erworbene tschechische Fahrerlaubnis, obwohl sie ihm am 21. März 1996 und damit sowohl vor dem Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 als auch vor dem Inkrafttreten der 2. und der 3. Führerscheinrichtlinie erteilt wurde, aus denen sich der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von EU-Fahrerlaubnissen ergibt. Der unionsrechtliche Anerkennungsgrundsatz, dessen Umsetzung § 28 Abs. 1 FeV dient (vgl. BRDrucks 443/98 S. 1), schließt auch vor der Anwendbarkeit dieses Grundsatzes in einem der jetzigen Mitgliedstaaten erworbene ausländische Fahrerlaubnisse ein. Das ist zum einen Art. 13 Abs. 1 UA 1 der Richtlinie 2006/126/EG sowie dem dieser Regelung sinngemäß entsprechenden Art. 10 der Richtlinie 91/439/EWG zu entnehmen; danach legen die Mitgliedstaaten nach Zustimmung der Kommission die Äquivalenzen zwischen den vor dem Zeitpunkt der Umsetzung dieser Richtlinie erworbenen Führerscheinen und den in den Richtlinien definierten Klassen fest. Deutlich wird die zeitliche Reichweite des Anerkennungsgrundsatzes zum anderen in der zu Art. 10 der Richtlinie 91/439/EWG ergangenen Entscheidung der Kommission vom 25. August 2008 über Äquivalenzen zwischen Führerscheinklassen (ABl Nr. L 270 S. 31). Dort heißt es im ersten Erwägungsgrund, dass gemäß der Richtlinie 91/439/EWG alle von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine, einschließlich der vor der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung ausgestellten Führerscheine gegenseitig anerkannt werden sollten. Im Anhang I zu dieser Entscheidung werden im Abschnitt Modell Tschechische Republik (CZ4) die in der Tschechischen Republik in der Zeit vom 1. Juli 1993 bis zum 30. Juni 1996 ausgestellten Führerscheine und die entsprechenden Äquivalenzen zu den Fahrerlaubnisklassen nach dem Unionsrecht aufgeführt. Schließlich ist auch der Europäische Gerichtshof in einer die Richtlinie 91/439/EWG betreffenden Entscheidung davon ausgegangen, dass vor dem Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie erworbene, in der Äquivalenztabelle aufgeführte Führerscheine unter den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung fallen (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 - Rs. C-321/07, Schwarz - Slg. 2009 I-1113, Rn. 74 und 78). Ebenfalls erfüllt ist die weitere Voraussetzung des § 28 Abs. 1 FeV für eine Inlandsfahrberechtigung, dass der Inhaber dieser Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Das ist beim Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. 3. Offen bleiben kann, ob der Inlandsfahrberechtigung des Klägers bereits der Ausschlussgrund des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV entgegensteht; danach gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten. In dem am 21. März 1996 ausgestellten tschechischen Führerschein des Klägers ist als Wohnort die Bundesrepublik Deutschland eingetragen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die sich aus einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein ergebende Fahrberechtigung in seinem Hoheitsgebiet anzuerkennen, wenn auf der Grundlage von Angaben in diesem Führerschein oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins sein Inhaber seinen Wohnsitz nicht im Hoheitsgebiet des Ausstellermitgliedstaates hatte (stRspr; vgl. u.a. Urteile vom 26. Juni 2008 - Rs. C-329/06 und C-343/06, Wiedemann u.a. - Slg. 2008 I-4635 Rn. 72 f. und vom 19. Mai 2011 - Rs. C-184/10, Grasser - Slg. 2011 I-4057 Rn. 22 f.). Allerdings liegt bislang noch keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu der Frage vor, ob der Aufenthaltsmitgliedstaat zur Nichtanerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis auch dann berechtigt ist, wenn der Betroffene zum Erteilungszeitpunkt weder nach dem Unionsrecht noch nach dem Fahrerlaubnisrecht des Ausstellermitgliedstaates seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellermitgliedstaat haben musste. Für eine solche Erstreckung auf "Alt-Führerscheine" könnte zwar durchaus der in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hervorgehobene Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit sprechen. Anderseits fehlt es an einer normativen Verankerung des Wohnsitzerfordernisses für den Ausstellermitgliedstaat, die sich in den bisher vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fällen selbst bei fehlender Umsetzung dieses Erfordernisses in das innerstaatliche Recht jedenfalls aus dem Unionsrecht ergab. Indes bedarf es hierzu im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung. Die aufgeworfene Frage ist nicht entscheidungserheblich, da sich die Nichtberechtigung des Klägers zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland zwar nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - aus einer entsprechenden Anwendung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV, aber jedenfalls aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 FeV ergibt. 4. Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. a) Zwar wurde dem Kläger durch Strafurteil vom 1. August 1990 seine damalige deutsche Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen. Zugleich hat das Strafgericht der Verwaltungsbehörde für die Dauer von zwei Jahren untersagt, ihm eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Danach wäre der Tatbestand des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV ("Fahrerlaubnis im Inland" ... "rechtskräftig von einem Gericht" ... "entzogen") dem Wortlaut nach erfüllt. Doch wäre es unionsrechtswidrig, daraus die Nichtgeltung der dem Kläger am 21. März 1996 und damit nach Ablauf dieser Sperrfrist erteilten tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland abzuleiten. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, dass die Anerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis nicht abgelehnt werden darf, wenn im Anschluss an eine vorangegangene Entziehung der Fahrerlaubnis im Inland durch einen anderen Mitgliedstaat ein EU-Führerschein ausgestellt wird und zu diesem Zeitpunkt die zusammen mit der Entziehung angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis abgelaufen war. Die Mitgliedstaaten können sich demgemäß nicht auf ihre Befugnisse nach Art. 8 Abs. 2 und Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG berufen, um einer nach Ablauf der Sperrfrist in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Fahrerlaubnis die Anerkennung mit der Begründung zu versagen, der Betroffene erfülle nicht die Bedingungen des nationalen Rechts für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach ihrer Entziehung (vgl. u.a. Urteil vom 29. April 2004 - Rs. C-476/01, Kapper - Slg. 2004 I-5205 Rn. 78 und Beschluss vom 6. April 2006 - Rs. C-227/05, Halbritter - Slg. 2006 I-49 Rn. 1). Ebenso hat der Europäische Gerichtshof mittlerweile mehrfach entschieden, dass der Unterschied im Wortlaut von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG und Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG nicht geeignet ist, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufgestellten Voraussetzungen in Frage zu stellen, unter denen die Anerkennung eines Führerscheins aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG abgelehnt werden konnte und nunmehr aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 2006/126/EG abgelehnt werden muss (vgl. u.a. Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 65 ff.). b) § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV lässt die Geltung der tschechischen Fahrerlaubnis des Klägers in Deutschland auch nicht aufgrund der rechtskräftigen Urteile des Amtsgerichts vom 12. Juni 1996, 12. März 1997, 26. April 2000, 2. Februar 2005 und 8. Januar 2007 entfallen. In jenen Entscheidungen hatte das Strafgericht zwar jeweils eine isolierte Sperre gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet, jedoch keine der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 FeV aufgeführten Maßnahmen verhängt. Für eine analoge Anwendung dieser Bestimmung fehlt es, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Verordnungsgeber hat die isolierte Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB mit der Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 2002 (BGBl I S. 3267) als gesonderten Nichtanerkennungsgrund in einer neuen Nummer 4 in den Katalog des Absatzes 4 aufgenommen, weil auch der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis von seinem Fahrerlaubnisrecht im Rahmen von § 28 FeV keinen Gebrauch machen dürfen solle, wenn gegen ihn eine solche Sperre verhängt sei (BRDrucks 497/02 S. 67 f.). Der Normgeber hat diese Form der Feststellung der Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen demnach nicht etwa übersehen, sondern ausdrücklich in den Blick genommen und hierfür eine gesonderte Regelung außerhalb der Nummer 3 getroffen. Ebenso wenig kann von einer planwidrigen Regelungslücke in zeitlicher Hinsicht, nämlich für den Zeitraum zwischen dem Ende der Sperrfrist und der Tilgung der entsprechenden Eintragung im Verkehrszentralregister, ausgegangen werden. Auch hinsichtlich dieses Zeitraumes hat der Verordnungsgeber mit § 28 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 FeV eine Regelung getroffen. 5. Doch folgt aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 5 FeV, dass eine Inlandsfahrberechtigung des Klägers ohne vorherigen Nachweis der Wiedererlangung seiner Fahreignung nicht besteht. Inwieweit § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV, der die Nichtgeltung der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland von der Eintragung der in den Nummern 3 und 4 genannten Maßnahmen im Verkehrszentralregister abhängig macht und auf den das Berufungsgericht ergänzend zu § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV abstellt, mit dem unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz vereinbar ist, kann daher im vorliegenden Fall dahinstehen. a) Nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV gilt die Berechtigung nach Absatz 1 nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Die Annahme des Berufungsgerichts, § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV erfasse nicht nur die Fälle, in denen die ausländische EU-Fahrerlaubnis zeitlich nach der Verhängung einer isolierten Sperre im Inland erteilt worden sei, sondern beanspruche auch dann Geltung, wenn die Erteilung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis zeitlich vor der Maßnahme nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB liege, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Wortlaut der Regelung deckt beide Fallvarianten ab; das gilt ebenso für die Normbegründung. Auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift ist eine unterschiedliche Behandlung der beiden Fallgruppen nicht geboten. Voraussetzung für die Anordnung einer isolierten Sperre ist nach § 69 StGB i.V.m. § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB, dass das Strafgericht den Betroffenen für ungeeignet hält, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen. Das wird - wenn der Betroffene nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, die dann gemäß § 69 StGB zu entziehen wäre - vom Strafgericht gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB durch die Anordnung einer isolierten Sperre förmlich zum Ausdruck gebracht; die Erteilung oder Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis wird für die Zeit, in der von fortdauernder Nichteignung des Betroffenen ausgegangen werden muss, ausgeschlossen (vgl. etwa Fischer, Strafgesetzbuch mit Nebengesetzen, 61. Aufl. 2014, § 69a StGB Rn. 15 m.w.N.). Hierfür ist die zeitliche Reihenfolge von Fahrerlaubniserteilung und isolierter Sperre ohne Belang. Insofern kommt es nicht darauf an, dass bei Vorliegen einer Fahrerlaubnis nach § 69 Abs. 1 i.V.m. § 69b Abs. 1 StGB an sich die Aberkennung durch das Strafgericht geboten gewesen wäre. b) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die ausländische EU-Fahrerlaubnis bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, ohne dass es zusätzlich noch eines Verwaltungsakts der Fahrerlaubnisbehörde bedarf, der diese Rechtsfolge konstitutiv ausspricht (vgl. Urteil vom 25. August 2011 - BVerwG 3 C 28.10 - Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 9 Rn. 12; ebenso zu § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV: Urteil vom 25. August 2011 - BVerwG 3 C 25.10 - a.a.O.). Das ergibt sich, wie in den genannten Entscheidungen näher ausgeführt wird (Urteile vom 25. August 2011 a.a.O. Rn. 13 f.,16 ff.), bereits aus dem Wortlaut der Regelung, darüber hinaus aus dem systematischen Zusammenhang des ersten und des vierten Absatzes von § 28 FeV, überdies aus § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV, der eine "Kann-Vorschrift" darstellt und außerdem nur einen feststellenden Verwaltungsakt vorsieht. Ebenso wenig ist - wie in den genannten Urteilen erläutert wird - das Erfordernis einer konstitutiven Einzelfallentscheidung aus dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit oder aus dem Unionsrecht herleitbar. Infolge dessen geht das Revisionsvorbringen des Klägers ins Leere, der sich, gestützt darauf, dass die Fahrerlaubnisbehörde keine förmliche Aberkennungsentscheidung erlassen habe, auf Vertrauensschutz und Verwirkung beruft. Ebenso wenig trifft der Einwand des Klägers zu, die Norm als solche sei nicht hinreichend eindeutig. Die Dauer der Nichtanerkennung lässt sich mit der gebotenen Klarheit aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 FeV entnehmen, die nach der Systematik der Norm zusammen in den Blick zu nehmen sind. c) Der unionsrechtliche Anerkennungsgrundsatz steht der in § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV angeordneten Nichtanerkennung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis bei einer isolierten Sperre gemäß § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB nicht entgegen. Auch insoweit ist ein Verstoß des Berufungsurteils gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) nicht zu erkennen. Bei der Verhängung einer isolierten Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB handelt es sich um eine Maßnahme, die den in Art. 11 Abs. 2 und Abs. 4 UA 2 der Richtlinie 2006/126/EG sowie den in Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG aufgeführten und damit auch mit Blick auf den in diesen Richtlinien verankerten Anerkennungsgrundsatz für zulässig erklärten Maßnahmen des Aufenthaltsmitgliedstaates gleichsteht. All diesen Maßnahmen ist gemeinsam, dass sie - abgesehen von den Fällen eines qualifizierten Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis - die Feststellung der fehlenden Kraftfahreignung des Betroffenen voraussetzen; wegen dieses Eignungsmangels soll er im Interesse der Verkehrssicherheit vom Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden. Nachdem aber die genannten Aufzählungen auch "Einschränkungen" der Fahrerlaubnis enthalten, ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb eine isolierte Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB nicht erfasst sein soll. Sie führt in Verbindung mit § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 FeV zur zeitweiligen Ungültigkeit der ausländischen EU-Fahrerlaubnis in Deutschland und bewirkt somit eine auf den Aufnahmemitgliedstaat bezogene Einschränkung dieser Fahrerlaubnis. d) Zu Unrecht macht der Kläger geltend, die Berechtigung, mit seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Kraftfahrzeuge zu führen, lebe mit dem Ende der vom Strafgericht zuletzt angeordneten Sperrfrist automatisch wieder auf. Das Berufungsgericht hält dem entgegen, dass gemäß § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV die Nichtanerkennung der Fahrerlaubnis bis zum Eintritt der Tilgung der entsprechenden Eintragung im Verkehrszentralregister andauere. Tatsächlich hat der Normgeber eine solche Regelungsabsicht verfolgt. § 28 Abs. 4 Satz 3 FeV, wonach Satz 1 Nummer 3 und 4 nur anzuwenden ist, wenn die dort genannten Maßnahmen im Verkehrszentralregister eingetragen und nicht nach § 29 des Straßenverkehrsgesetzes getilgt sind, geht auf die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung vom 7. Januar 2009 (BGBl I S. 29) zurück. Mit der Vorschrift sollte, wie der Verordnungsbegründung zu entnehmen ist, der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Anerkennungsgrundsatz Rechnung getragen werden. Dieser sei in seinen Entscheidungen vom 26. Juni 2008 davon ausgegangen, dass es dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine widerspreche, wenn ein Mitgliedstaat einer Person, auf die eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Mitgliedstaat erteilten Fahrerlaubnis angewendet worden sei, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung eines Führerscheins versage, der ihr möglicherweise später durch einen anderen Mitgliedstaat ausgestellt werde. Durch einen Verweis auf die Tilgungsvorschriften werde deutlich gemacht, dass nach Eintritt der Tilgung die bisher im Verkehrszentralregister eingetragenen Gründe der Anerkennung einer EU-/EWR-Fahrerlaubnis nicht mehr entgegenstünden (vgl. BRDrucks 851/08 S. 11 f.). Dies erlaubt den Gegenschluss, dass es aus der Sicht des Verordnungsgebers jedenfalls bis zur Tilgung bei der Nichtanerkennung bleiben soll. Insofern stellt sich mit Blick auf das Unionsrecht die Frage, ob eine so erhebliche zeitliche Ausdehnung der Ungültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis (vgl. § 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 5 Satz 1 StVG) einer Nichtanerkennung auf unbestimmte Zeit zumindest nahe kommt, die der Europäische Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zum unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz wiederholt für unzulässig gehalten hat (vgl. etwa Urteil vom 29. April 2004 a.a.O. Rn. 76 f.). Zudem gibt der Europäische Gerichtshof für beide Führerscheinrichtlinien gleichermaßen vor, dass Ausnahmen vom allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Führerscheinen eng auszulegen seien; diese für Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG getroffene Feststellung bleibe auch für Art. 11 Abs. 4 der Richtlinie 2006/126/EG gültig (Urteil vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 71). Es ist daher fragwürdig, die von ihrer Funktion mit einer Sperrfrist nicht vergleichbare Tilgungsfrist zur Grundlage der Nichtanerkennung einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis zu machen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. September 2011 - 2 BvR 947/11 - DAR 2012, 14 = BVerfGK 19,74). e) Diese Bedenken lassen sich aber mit Blick auf § 28 Abs. 5 FeV ausräumen. Danach wird das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer der in Absatz 4 Nummer 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder Sperre nicht mehr bestehen. Der Betroffene ist also keineswegs darauf verwiesen, bis zum Ablauf der Tilgungsfrist zu warten, um die Fahrberechtigung zu erlangen. Die unionsrechtlichen Bedenken, die das Bundesverfassungsgericht in der oben zitierten Kammerentscheidung (a.a.O.) gegen diese Vorschrift erhebt, greifen nicht durch. Sie gehen auf die unzutreffende Anwendung des § 28 Abs. 4 Satz 3 und in dessen Gefolge auch des § 28 Abs. 5 FeV in der strafgerichtlichen Entscheidung zurück, gegen die sich die Verfassungsbeschwerde seinerzeit richtete. Die in jenem Beschluss (OLG Nürnberg vom 30. März 2011 - 1 St OLG Ss 42/11) geäußerte Auffassung, eine nach Ablauf der Sperrfrist erworbene, also neue ausländische EU- oder EWR-Fahrerlaubnis berechtige nicht zum Fahren im Inland, solange die Tilgungsfrist nicht abgelaufen sei, widerspricht offensichtlich Unionsrecht, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die Fahrerlaubnisse anderer EU-Mitgliedstaaten ohne jede Formalität anzuerkennen. Demgemäß darf in solchen Fällen auch kein Antrag nach § 28 Abs. 5 FeV verlangt werden, um die Fahrberechtigung im Inland zu erlangen, mit anderen Worten: der Anwendungsvorrang des Unionsrechts führt dazu, dass § 28 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 FeV der Anerkennung von EU- oder EWR-Fahrerlaubnissen nicht entgegenstehen, die nach Ablauf einer Sperrfrist neu erteilt werden. Anders fällt die Beurteilung jedoch aus, wenn die zeitliche Reihenfolge - wie hier - umgekehrt ist, also die Verstöße, die Grund für die verhängten Maßnahmen sind, nach Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis begangen worden sind. In solchen Fällen darf der Aufnahmemitgliedstaat - wie der Europäische Gerichtshof anerkennt - im Interesse der Verkehrssicherheit überprüfen, ob der Betroffene, dessen mangelnde Fahreignung wegen nach der Fahrerlaubniserteilung begangenen Verkehrsstraftaten festgestellt wurde, seine Fahreignung wiedererlangt hat. Auch ein Antragsverfahren, mit dem der Betroffene nach Ablauf der Sperrfrist eine solche Überprüfung herbeiführen kann, ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Mit den genannten Maßgaben zur Anwendung von § 28 Abs. 4 Satz 3 und Abs. 5 FeV ist zugleich der in der Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts genannte Verstoß gegen das unionsrechtliche Diskriminierungsverbot ausgeräumt. Ebenso wie nach Ablauf der Sperrfrist bei gegebener Fahreignung auf Antrag eine deutsche Fahrerlaubnis wieder zu erteilen ist, ist eine nach Ablauf der Sperrfrist neu erteilte EU- oder EWR-Fahrerlaubnis anzuerkennen. Mit dem in § 28 Abs. 5 FeV gesondert geregelten Antragsverfahren wird lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die ausländische Fahrerlaubnis durch eine in Deutschland erfolgte Aberkennung der aus ihr folgenden Befugnis zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland nicht vollständig entfallen ist; denn wegen der Begrenzung der Reichweite dieser Maßnahmen durch das Territorialitätsprinzip durfte der Betroffene außerhalb Deutschlands weiterhin fahren (vgl. für Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG und § 46 Abs. 6 Satz 2 FeV sowie § 69b Abs. 1 StGB für strafgerichtliche Entscheidungen). Somit ist in diesen Fällen - anders als beim Erlöschen einer deutschen Fahrerlaubnis - keine vollständige Neuerteilung der Fahrerlaubnis erforderlich, sondern nur eine (Wieder-)Anerkennung der Fahrberechtigung für Deutschland. Genau auf diesen Unterschied stellt auch die Verordnungsbegründung für die Einfügung von § 28 Abs. 5 FeV durch die Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften - FeVÄndV - vom 7. August 2002 ab (vgl. BRDrucks 497/02 S. 68). Auch diese (Wieder-)Anerkennung kann freilich - wie gezeigt - aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht ohne eine Überprüfung der aktuellen Fahreignung erfolgen. Der Überprüfungsmaßstab wiederum unterscheidet nicht danach, ob es um die (Wieder-)Anerkennung einer ausländischen oder um die Neuerteilung einer inländischen Fahrerlaubnis geht; das folgt aus der in § 28 Abs. 5 Satz 2 FeV enthaltenen Verweisung auf § 20 Abs. 1 und 3 FeV. Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es nicht. Denn dass in Fällen wie dem hier zu beurteilenden der Betroffene auch nach Ablauf einer im Aufnahmemitgliedstaat angeordneten Sperrfrist von seiner ausländischen Fahrerlaubnis erst dann wieder Gebrauch machen darf, wenn er den Nachweis der Wiedererlangung seiner Fahreignung geführt hat, steht im Einklang mit dem unionsrechtlichen Anerkennungsgrundsatz. Das lässt sich der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit der gebotenen Zweifelsfreiheit entnehmen, insbesondere dem Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Der Europäische Gerichtshof hat dort die Nichtanerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis für gerechtfertigt gehalten, weil der Betroffene - anders als in den Rechtssachen Halbritter und Kremer - nach der Entziehung seiner deutschen Fahrerlaubnis keiner von den Behörden eines anderen Mitgliedstaats angeordneten Überprüfung seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen unterzogen worden sei. Folglich sei kein Beweis erbracht worden, dass der Betroffene entsprechend den Anforderungen an die Eignung aus der Richtlinie 91/439/EWG zum Führen von Kraftfahrzeugen und zur Teilnahme am Straßenverkehr geeignet sei (a.a.O. Rn. 95). Könnte - so der Europäische Gerichtshof weiter - eine nationale Maßnahme des Entzugs dadurch umgangen werden, dass man von einem Führerschein Gebrauch machen könnte, der vor Erteilung der wegen Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogenen Fahrerlaubnis ausgestellt wurde, ohne dass der Beweis erbracht wird, dass derjenige, der diesen alten Führerschein vorlegt, zu dem Zeitpunkt, zu dem er von ihm Gebrauch macht, gemäß der Richtlinie 91/439/EWG zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, würde dies die Sicherheit im Straßenverkehr gefährden (a.a.O. Rn. 96). Diese Erwägungen des Gerichtshofs, die eine Fahrerlaubnisentziehung mit gleichzeitiger Verhängung einer Sperrfrist betrafen, gelten für den hier zu beurteilenden Fall der Verhängung einer isolierten Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB gleichermaßen. 6. Gegenüber der ihn treffenden Nachweispflicht für eine (Wieder-)Erlangung seiner Kraftfahreignung kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er in der tschechischen Republik am 7. September 2001 ein neues Führerscheindokument in Form eines so genannten Scheckkartenführerscheins erhalten hat. Damit wurde dem Kläger, wie das Berufungsgericht zu Recht der Eintragung des Datums "21.3.96" in Spalte 10 dieses Führerscheins entnommen hat, nicht eine neue Fahrerlaubnis erteilt, sondern nur das die (bisherige) Fahrerlaubnis ausweisende Dokument ersetzt (vgl. Art. 8 Abs. 5 der Richtlinie 91/439/EWG und Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2006/126/EG). Wie das Berufungsgericht für das revisionsgerichtliche Verfahren in tatsächlicher Hinsicht bindend festgestellt hat, ist der Aushändigung dieses neuen Führerscheindokuments keine erneute Eignungsüberprüfung durch die tschechischen Behörden vorausgegangen. Aus der Ausstellung nur eines neuen Führerscheindokuments ergibt sich indes keine Verpflichtung zur Anerkennung einer Inlandsfahrberechtigung in Deutschland (so bereits Urteil des Senats vom 29. Januar 2009 a.a.O. Rn. 20 f.). Der Europäische Gerichtshof muss auch in dieser Frage nicht zu einer Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV angerufen werden. Es ist nicht ernstlich zu bezweifeln, dass sich die unionsrechtliche Anerkennungspflicht der Mitgliedstaaten nur auf eine nach Ablauf der Sperrfrist erworbene Fahrerlaubnis bezieht und nicht auf einen - nach Art eines Ersatzführerscheins für ein abhanden gekommenes Dokument ausgestellten - Ausweis über eine alte Fahrerlaubnis (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 95 ff. sowie BVerwG, Urteil vom 29. Januar 2009 a.a.O. Rn. 21).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020197&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020198
BVerwG
10. Senat
20140319
10 B 6/14
Beschluss
§ 27a AsylVfG 1992, Art 3 MRK, Art 103 Abs 1 GG, Art 4 EUGrdRCh, § 86 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 1 S 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, Art 3 Abs 1 S 2 EGV 343/2003, Art 10 Abs 1 EGV 343/2003, Art 19 Abs 2 EGV 343/2003, Art 3 Abs 2 EUV 604/2013
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 14. November 2013, Az: 4 L 44/13, Beschluss vorgehend VG Magdeburg, 10. Dezember 2012, Az: 1 A 167/12 MD
DEU
Asylverfahren; Überstellung nach Italien; systemische Mängel; drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung
Ein Asylbewerber darf nur dann nicht an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat überstellt werden, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat aufgrund systemischer Mängel, d.h. regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
I. Der Kläger, ein malischer Staatsangehöriger, reiste im Mai 2009 über den Seeweg nach Italien ein und stellte dort einen Asylantrag. Im Juli 2009 stellte er in der Schweiz einen weiteren Asylantrag und entzog sich der Überstellung nach Italien. Auf seinen am 1. Oktober 2010 in Österreich gestellten Asylantrag überstellten ihn die österreichischen Behörden im Juli 2011 nach Italien. Im November 2011 wurde der Kläger in Deutschland aufgegriffen und stellte erneut einen Asylantrag. Dem Übernahmeersuchen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) stimmten die italienischen Behörden im Februar 2012 zu. Daraufhin entschied das Bundesamt mit Bescheid vom 7. Mai 2012, dass der Asylantrag unzulässig sei und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde. II. Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Gehörsverstoß des Berufungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO) rügt, hat keinen Erfolg. 1. Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf, "welchen rechtlichen Anforderungen der Begriff der 'systemischen Mängel' unterliegt, insbesondere welcher Wahrscheinlichkeits- und Beweismaßstab für die Annahme erforderlich ist, dass für einen Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden." Diese Frage rechtfertigt mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lässt sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt ist, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung und des nationalen Prozessrechts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80). Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94). Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den "zuständigen Mitgliedstaat" im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ("systemic failure") abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138). Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus. Diesen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt. 2. Mit der Gehörsrüge macht die Beschwerde geltend, das Berufungsgericht habe zusammen mit seiner Ankündigung vom 8. Oktober 2013, dass erwogen werde, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 130a VwGO zu entscheiden, darauf hingewiesen, dass der 3. Senat des Gerichts in vergleichbaren Fällen ebenso entschieden habe. Trotz entsprechender Aufforderung habe das Berufungsgericht die damals noch nicht abgesetzten Entscheidungen des anderen Senats nicht zugänglich gemacht und auch die Frist zur Stellungnahme nicht verlängert. Die Gehörsrüge greift nicht durch. Aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO ergibt sich, dass eine gerichtliche Entscheidung nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Die Verwertung tatsächlicher Feststellungen aus anderen Verfahren für den zur Entscheidung anstehenden Rechtsstreit unterliegt - nicht anders als andere tatsächliche Feststellungen - dem Gebot des rechtlichen Gehörs (Urteil vom 8. Februar 1983 - BVerwG 9 C 847.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 132 = InfAuslR 1983, 184). Dagegen verstößt ein Gericht, wenn es anstelle einer eigenen Beweiserhebung auf Entscheidungen mit umfangreichen tatsächlichen Feststellungen verweist, ohne die Entscheidungen den Beteiligten so zugänglich zu machen, dass sie sich dazu hätten äußern können. Zieht ein Gericht aber andere Entscheidungen nur als bestätigenden Beleg dafür heran, dass andere Gerichte die Lage (einer bestimmten Gruppe) in einem Land tatrichterlich in ähnlicher Weise gewürdigt und deshalb rechtlich die gleichen Schlussfolgerungen gezogen haben, unterliegen solche Bezugnahmen nicht den besonderen Anforderungen des § 108 Abs. 2 VwGO (Urteil vom 22. März 1983 - BVerwG 9 C 860.82 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 133; Beschluss vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 = NJW 1986, 3154). An diesem Maßstab gemessen erweist sich die Gehörsrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Lage der Asylbewerber in Italien unter Auswertung verschiedener Quellen selbstständig tatrichterlich gewürdigt. Es hat die in dem Schreiben vom 8. Oktober 2013 genannten Entscheidungen des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt ausweislich der Entscheidungsgründe nicht verwertet. Daher ist nicht ersichtlich, wie die angefochtene Entscheidung durch die - sicherlich prozessual ungeschickte - Vorgehensweise des Berufungsgerichts das rechtliche Gehör des Klägers hätte verletzen können. Denn die Auskunftsquellen als Grundlagen der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts waren dem Kläger mit dem gerichtlichen Schreiben vom 8. Oktober 2013 bekannt gegeben worden, so dass er sich dazu äußern konnte. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020198&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020199
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 2/13
Beschluss
§ 22 Abs 1 Nr 4 PolG BW, § 99 Abs 1 S 2 VwGO, § 99 Abs 2 S 6 VwGO
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 934/12, Beschluss
DEU
Differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bei inhaltlichem Zusammenhang
I. Der Kläger, der der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen ihn gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen des Klägers durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag des Klägers legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde des Klägers ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag des Klägers ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat grundsätzlich gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Bindungswirkung entfällt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2013 - BVerwG 20 F 9.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Zweifel daran, ob das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht seinen Pflichten nachgekommen ist, können sich insoweit ergeben, als es um die Frage geht, ob der Einsatz des Verdeckten Ermittlers gegen den Kläger als Ziel- bzw. Kontaktperson im Sinne von § 22 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG BW gerichtet war und der Kläger deswegen klagebefugt ist. Denn insoweit mag die Antwort des Innenministeriums vom 27. September 2011 auf eine kleine Anfrage vom 26. September 2011 - Nachfragen zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern in Heidelberg - (LTDrucks 15/600) zu berücksichtigen sein. Darin hat der Innenminister erklärt, dass die vier Ziel- und Kontaktpersonen per Einschreiben am 4. August 2011 durch die Polizeidirektion Heidelberg - in Absprache mit dem Landeskriminalamt - nach § 22 Abs. 8 PolG BW über eine polizeiliche Datenerhebung durch einen Verdeckten Ermittler unterrichtet worden seien. Aus einer fehlenden Unterrichtung des Klägers könnten dann Rückschlüsse gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit aber auch insoweit bejaht, als der Kläger geltend macht, jedenfalls Betroffener eines gegen Dritte gerichteten Einsatzes des Verdeckten Ermittlers zu sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch in dieser Hinsicht die Klagebefugnis des Klägers annimmt mit der Folge, dass es zur Prüfung der Begründetheit der Klage auf die angeforderten Akten ankommt. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. So will schon nicht überzeugen, dass ungeachtet des inhaltlichen Zusammenhangs der in allen Parallelverfahren gemeinsam anhängig gemachten Klagen eine - wie geschehen - differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bezogen auf die jeweils isoliert betrachteten Kläger der Sache nach gerechtfertigt sein könnte. Aber auch soweit der Beigeladene in den beiden auf den gleichen Aktenbestand bezogenen Sperrerklärungen übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen ausgeht, wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 143, 145, 147, 149, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 209, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 136, 149, 150, 151, 152, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020199&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020200
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 3/13
Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 928/12, Beschluss
DEU
I. Der Kläger, der der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen ihn gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen des Klägers durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag des Klägers legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen - neben dem Kläger - beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde des Klägers ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag des Klägers ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese ohne weiteres nachvollziehbare Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat gebunden. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der - neben dem Kläger in den behördlichen Anordnungen bezeichneten - Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. In dieser Hinsicht wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 37, 39, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 85, 87, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 145, 147, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 129, 130, 133, 134, 135, 136, 150, 151, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 180, 181, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020200&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020201
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 4/13
Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 929/12, Beschluss
DEU
I. Die Klägerin, die der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen sie gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen der Klägerin durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag der Klägerin legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde der Klägerin ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag der Klägerin ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat grundsätzlich gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Bindungswirkung entfällt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2013 - BVerwG 20 F 9.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Zweifel daran, ob das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht seinen Pflichten nachgekommen ist, können sich insoweit ergeben, als es um die Frage geht, ob der Einsatz des Verdeckten Ermittlers gegen die Klägerin als Ziel- bzw. Kontaktperson im Sinne von § 22 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG BW gerichtet war und die Klägerin deswegen klagebefugt ist. Denn insoweit mag die Antwort des Innenministeriums vom 27. September 2011 auf eine Kleine Anfrage vom 26. September 2011 - Nachfragen zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern in Heidelberg - (LTDrucks 15/600) zu berücksichtigen sein. Darin hat der Innenminister erklärt, dass die vier Ziel- und Kontaktpersonen per Einschreiben am 4. August 2011 durch die Polizeidirektion Heidelberg - in Absprache mit dem Landeskriminalamt - nach § 22 Abs. 8 PolG BW über eine polizeiliche Datenerhebung durch einen Verdeckten Ermittler unterrichtet worden seien. Aus einer fehlenden Unterrichtung der Klägerin könnten dann Rückschlüsse gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit aber auch insoweit bejaht, als die Klägerin geltend macht, jedenfalls Betroffene eines gegen Dritte gerichteten Einsatzes des Verdeckten Ermittlers zu sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch in dieser Hinsicht die Klagebefugnis der Klägerin annimmt mit der Folge, dass es zur Prüfung der Begründetheit der Klage auf die angeforderten Akten ankommt. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. So will schon nicht überzeugen, dass ungeachtet des inhaltlichen Zusammenhangs der in allen Parallelverfahren gemeinsam anhängig gemachten Klagen eine - wie geschehen - differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bezogen auf die jeweils isoliert betrachteten Kläger der Sache nach gerechtfertigt sein könnte. Aber auch soweit der Beigeladene in den beiden auf den gleichen Aktenbestand bezogenen Sperrerklärungen übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen ausgeht, wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 143, 145, 147, 149, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 209, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 136, 149, 150, 151, 152, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020201&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020202
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 5/13
Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 933/12, Beschluss
DEU
I. Der Kläger, der der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen ihn gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen des Klägers durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag des Klägers legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde des Klägers ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag des Klägers ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat grundsätzlich gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Bindungswirkung entfällt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2013 - BVerwG 20 F 9.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Zweifel daran, ob das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht seinen Pflichten nachgekommen ist, können sich insoweit ergeben, als es um die Frage geht, ob der Einsatz des Verdeckten Ermittlers gegen den Kläger als Ziel- bzw. Kontaktperson im Sinne von § 22 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG BW gerichtet war und der Kläger deswegen klagebefugt ist. Denn insoweit mag die Antwort des Innenministeriums vom 27. September 2011 auf eine Kleine Anfrage vom 26. September 2011 - Nachfragen zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern in Heidelberg - (LTDrucks 15/600) zu berücksichtigen sein. Darin hat der Innenminister erklärt, dass die vier Ziel- und Kontaktpersonen per Einschreiben am 4. August 2011 durch die Polizeidirektion Heidelberg - in Absprache mit dem Landeskriminalamt - nach § 22 Abs. 8 PolG BW über eine polizeiliche Datenerhebung durch einen Verdeckten Ermittler unterrichtet worden seien. Aus einer fehlenden Unterrichtung des Klägers könnten dann Rückschlüsse gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit aber auch insoweit bejaht, als der Kläger geltend macht, jedenfalls Betroffener eines gegen Dritte gerichteten Einsatzes des Verdeckten Ermittlers zu sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch in dieser Hinsicht die Klagebefugnis des Klägers annimmt mit der Folge, dass es zur Prüfung der Begründetheit der Klage auf die angeforderten Akten ankommt. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. So will schon nicht überzeugen, dass ungeachtet des inhaltlichen Zusammenhangs der in allen Parallelverfahren gemeinsam anhängig gemachten Klagen eine - wie geschehen - differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bezogen auf die jeweils isoliert betrachteten Kläger der Sache nach gerechtfertigt sein könnte. Aber auch soweit der Beigeladene in den beiden auf den gleichen Aktenbestand bezogenen Sperrerklärungen übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen ausgeht, wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 143, 145, 147, 149, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 209, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 136, 149, 150, 151, 152, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020202&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020203
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 6/13
Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 932/12, Beschluss
DEU
I. Der Kläger, der der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen ihn gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen des Klägers durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag des Klägers legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde des Klägers ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag des Klägers ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat grundsätzlich gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Bindungswirkung entfällt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2013 - BVerwG 20 F 9.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Zweifel daran, ob das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht seinen Pflichten nachgekommen ist, können sich insoweit ergeben, als es um die Frage geht, ob der Einsatz des Verdeckten Ermittlers gegen den Kläger als Ziel- bzw. Kontaktperson im Sinne von § 22 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG BW gerichtet war und der Kläger deswegen klagebefugt ist. Denn insoweit mag die Antwort des Innenministeriums vom 27. September 2011 auf eine Kleine Anfrage vom 26. September 2011 - Nachfragen zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern in Heidelberg - (LTDrucks 15/600) zu berücksichtigen sein. Darin hat der Innenminister erklärt, dass die vier Ziel- und Kontaktpersonen per Einschreiben am 4. August 2011 durch die Polizeidirektion Heidelberg - in Absprache mit dem Landeskriminalamt - nach § 22 Abs. 8 PolG BW über eine polizeiliche Datenerhebung durch einen Verdeckten Ermittler unterrichtet worden seien. Aus einer fehlenden Unterrichtung des Klägers könnten dann Rückschlüsse gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit aber auch insoweit bejaht, als der Kläger geltend macht, jedenfalls Betroffener eines gegen Dritte gerichteten Einsatzes des Verdeckten Ermittlers zu sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch in dieser Hinsicht die Klagebefugnis des Klägers annimmt mit der Folge, dass es zur Prüfung der Begründetheit der Klage auf die angeforderten Akten ankommt. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. So will schon nicht überzeugen, dass ungeachtet des inhaltlichen Zusammenhangs der in allen Parallelverfahren gemeinsam anhängig gemachten Klagen eine - wie geschehen - differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bezogen auf die jeweils isoliert betrachteten Kläger der Sache nach gerechtfertigt sein könnte. Aber auch soweit der Beigeladene in den beiden auf den gleichen Aktenbestand bezogenen Sperrerklärungen übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen ausgeht, wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 143, 145, 147, 149, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 209, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 136, 149, 150, 151, 152, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020203&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020204
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 7/13
Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 930/12, Beschluss
DEU
I. Der Kläger, der der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen ihn gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen des Klägers durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag des Klägers legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde des Klägers ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag des Klägers ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat grundsätzlich gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Bindungswirkung entfällt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2013 - BVerwG 20 F 9.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Zweifel daran, ob das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht seinen Pflichten nachgekommen ist, können sich insoweit ergeben, als es um die Frage geht, ob der Einsatz des Verdeckten Ermittlers gegen den Kläger als Ziel- bzw. Kontaktperson im Sinne von § 22 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG BW gerichtet war und der Kläger deswegen klagebefugt ist. Denn insoweit mag die Antwort des Innenministeriums vom 27. September 2011 auf eine Kleine Anfrage vom 26. September 2011 - Nachfragen zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern in Heidelberg - (LTDrucks 15/600) zu berücksichtigen sein. Darin hat der Innenminister erklärt, dass die vier Ziel- und Kontaktpersonen per Einschreiben am 4. August 2011 durch die Polizeidirektion Heidelberg - in Absprache mit dem Landeskriminalamt - nach § 22 Abs. 8 PolG BW über eine polizeiliche Datenerhebung durch einen Verdeckten Ermittler unterrichtet worden seien. Aus einer fehlenden Unterrichtung des Klägers könnten dann Rückschlüsse gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit aber auch insoweit bejaht, als der Kläger geltend macht, jedenfalls Betroffener eines gegen Dritte gerichteten Einsatzes des Verdeckten Ermittlers zu sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch in dieser Hinsicht die Klagebefugnis des Klägers annimmt mit der Folge, dass es zur Prüfung der Begründetheit der Klage auf die angeforderten Akten ankommt. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. So will schon nicht überzeugen, dass ungeachtet des inhaltlichen Zusammenhangs der in allen Parallelverfahren gemeinsam anhängig gemachten Klagen eine - wie geschehen - differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bezogen auf die jeweils isoliert betrachteten Kläger der Sache nach gerechtfertigt sein könnte. Aber auch soweit der Beigeladene in den beiden auf den gleichen Aktenbestand bezogenen Sperrerklärungen übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen ausgeht, wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 143, 145, 147, 149, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 209, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 136, 149, 150, 151, 152, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020204&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020205
BVerwG
Fachsenat für Entscheidungen nach § 99 Abs 2 VwGO
20140220
20 F 8/13
Beschluss
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 14. Januar 2013, Az: 14 S 931/12, Beschluss
DEU
I. Die Klägerin, die der sogenannten "linken Szene" in Heidelberg angehört, begehrt - wie auch sechs weitere Kläger in gleich gelagerten Verfahren - in dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass ein (auch) gegen sie gerichteter Einsatz eines Polizeibeamten als Verdeckter Ermittler (§ 22 Abs. 1 Nr. 4 PolG Baden-Württemberg) rechtswidrig war. Nachdem das Verwaltungsgericht mit der Eingangsverfügung den Beklagten zur vollständigen Vorlage der Akten aufgefordert hatte, gab das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde eine Sperrerklärung hinsichtlich eines Teils der einschlägigen Akten ab; die angeforderten Akten wurden dementsprechend entweder gar nicht oder nur in Kopie mit Schwärzungen oder in Form von Austauschblättern vorgelegt. Zur Begründung führte das Innenministerium aus: Eine vollständige Vorlage der angeforderten Akten komme nicht in Betracht. Ein Bekanntwerden der betreffenden Aktenbestandteile würde dem Wohl des Landes Nachteile bereiten, weil dies die Erfüllung der Arbeit der Polizeibehörden erschwere. Die Offenlegung von Namen Dritter würde deren Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Rahmen der Ermessensausübung sei den Informationsinteressen der Klägerin durch bloße Schwärzung Rechnung getragen worden. Auf Antrag der Klägerin legte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2012, in dem die Entscheidungserheblichkeit der angeforderten Akten dargelegt wurde, das Verfahren dem Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung vor. Mit Beschluss vom 14. Januar 2013 hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die Sperrerklärung in Bezug auf im Einzelnen benannte Blätter rechtswidrig ist; im Übrigen hat er den Antrag abgelehnt. Bezüglich der Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers und der damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Behördenkorrespondenz lägen die geltend gemachten Geheimhaltungsgründe insgesamt vor. Hinsichtlich der internen Polizeiberichte nach der Enttarnung des Verdeckten Ermittlers seien zwar auch Geheimhaltungsgründe gegeben, jedoch könne dem durch Schwärzung der betreffenden Passagen hinreichend Rechnung getragen werden. Die vollständige Nichtvorlage der Akten sei insofern nicht gerechtfertigt. Aus dem übrigen Teil der Akten, der die Einsatzanordnungen betreffe, seien Seiten zu Recht zum Schutz dienststelleninterner Kommunikationsdaten entfernt worden. Auch im Übrigen seien in den mit Schwärzungen vorgelegten Akten nur Schriftstücke oder Eintragungen zurückgehalten worden, die nach Maßgabe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geheimhaltungsbedürftig seien. Das Ermessen sei jedoch insoweit nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt worden, als sie die Schwärzung der Namen derjenigen Personen beträfen, gegen die der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sich gerichtet habe. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägerin. II. 1. Das Innenministerium Baden-Württemberg als oberste Aufsichtsbehörde ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 6 VwGO zum Verfahren beizuladen. Dies ist auch noch mit der Entscheidung über die Beschwerde möglich. Das rechtliche Gehör wird nicht abgeschnitten, da der Vertreter des Beklagten das Verfahren soweit ersichtlich in enger Abstimmung mit dem Beigeladenen führt. 2. Die Beschwerde der Klägerin ist nur zum geringeren Teil begründet. Über die Entscheidung des Fachsenats des Verwaltungsgerichtshofs hinaus ist die Sperrerklärung auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auf weitere Unterlagen bezieht. Im Übrigen hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs den Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Sperrerklärung zu Recht abgelehnt. a) Der Antrag der Klägerin ist zulässig. Anlässlich der Vorlage der Akten an den Verwaltungsgerichtshof hat das Verwaltungsgericht - wie in der Regel geboten - in einem begründeten Beschluss die Entscheidungserheblichkeit der zunächst formularmäßig angeforderten Unterlagen näher dargelegt. An diese Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache ist der Fachsenat grundsätzlich gebunden. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist. Eine Bindungswirkung entfällt auch dann, wenn das Gericht der Hauptsache seiner Verpflichtung nicht genügt, die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts zu erschöpfen, um auf dieser Grundlage über die Erforderlichkeit der Aktenvorlage zu entscheiden (vgl. zuletzt Beschluss vom 3. Juni 2013 - BVerwG 20 F 9.13 - juris Rn. 8 m.w.N.). Zweifel daran, ob das Verwaltungsgericht in dieser Hinsicht seinen Pflichten nachgekommen ist, können sich insoweit ergeben, als es um die Frage geht, ob der Einsatz des Verdeckten Ermittlers gegen die Klägerin als Ziel- bzw. Kontaktperson im Sinne von § 22 Abs. 2 i.V.m. § 20 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PolG BW gerichtet war und die Klägerin deswegen klagebefugt ist. Denn insoweit mag die Antwort des Innenministeriums vom 27. September 2011 auf eine Kleine Anfrage vom 26. September 2011 - Nachfragen zum Einsatz von Verdeckten Ermittlern in Heidelberg - (LTDrucks 15/600) zu berücksichtigen sein. Darin hat der Innenminister erklärt, dass die vier Ziel- und Kontaktpersonen per Einschreiben am 4. August 2011 durch die Polizeidirektion Heidelberg - in Absprache mit dem Landeskriminalamt - nach § 22 Abs. 8 PolG BW über eine polizeiliche Datenerhebung durch einen Verdeckten Ermittler unterrichtet worden seien. Aus einer fehlenden Unterrichtung der Klägerin könnten dann Rückschlüsse gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidungserheblichkeit aber auch insoweit bejaht, als die Klägerin geltend macht, jedenfalls Betroffene eines gegen Dritte gerichteten Einsatzes des Verdeckten Ermittlers zu sein. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Verwaltungsgericht auch in dieser Hinsicht die Klagebefugnis der Klägerin annimmt mit der Folge, dass es zur Prüfung der Begründetheit der Klage auf die angeforderten Akten ankommt. b) Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat unter zutreffender Bezugnahme auf die bereits in der Sperrerklärung dargelegten einschlägigen rechtlichen Maßstäbe ausgeführt, dass für den überwiegenden Teil der vom Verwaltungsgericht angeforderten Akten die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Verweigerungsgrunds nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 bzw. Alt. 3 VwGO, nämlich Nachteile für das Wohl des Landes durch Beeinträchtigung der Arbeit der Sicherheitsbehörden und wesensmäßige Geheimhaltungsbedürftigkeit bei personenbezogenen Daten, gegeben sind (siehe etwa Beschlüsse vom 21. August 2012 - BVerwG 20 F 5.12 - juris Rn. 4, 10, vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - BVerwGE 136, 345 Rn. 14, vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 6 ff. sowie vom 9. März 2010 - BVerwG 20 F 16.09 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 57 Rn. 7). Die Durchsicht der Akten durch den Fachsenat hat diese Einschätzung für die meisten Blätter, die noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind, bestätigt. Eine abweichende rechtliche Bewertung ist allerdings bei einer Reihe von - insoweit nicht inhaltsgleichen - Aktenblättern in den Aktenteilen des Landeskriminalamts und der Polizeidirektion vorzunehmen, die die Einsatzberichte des Verdeckten Ermittlers sowie dazugehörige Korrespondenz der Behörden enthalten. Die Blätter 23, 24, 81, 82, 83 und 91 der Akte des Landeskriminalamts und die Blätter 357, 359, 361, 419 und 421 der Akte der Polizeidirektion betreffen allgemein zugängliche Informationen aus dem Internet bzw. wohl öffentlich verteilte Flugblätter ("Flyer"). Die Sperrerklärung legt insoweit nicht dar, dass und warum diese Aktenbestandteile gleichwohl - etwa wegen ihres Kontextes - geheimhaltungsbedürftig sind. Der Beigeladene hat das ihm in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eingeräumte Ermessen erkannt und von diesem hinsichtlich des größten Teils der als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Angaben rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht. Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat indessen im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Ermessenserwägungen, mit denen die Geheimhaltung der Namen der Ziel- und Kontaktpersonen des Einsatzes des Verdeckten Ermittlers begründet wird, rechtsfehlerhaft sind. So will schon nicht überzeugen, dass ungeachtet des inhaltlichen Zusammenhangs der in allen Parallelverfahren gemeinsam anhängig gemachten Klagen eine - wie geschehen - differenzierende Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit bezogen auf die jeweils isoliert betrachteten Kläger der Sache nach gerechtfertigt sein könnte. Aber auch soweit der Beigeladene in den beiden auf den gleichen Aktenbestand bezogenen Sperrerklärungen übereinstimmend von der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Namen ausgeht, wird zu erwägen sein, wie in der gegebenen Fallkonstellation angesichts einer etwa gegebenen inhaltlichen und organisatorischen Verbundenheit der Personenkreise die Schutzwürdigkeit der persönlichen Belange zu bewerten ist. Auch wird das besondere öffentliche und private Interesse an der Möglichkeit einer rechtlichen Überprüfung des Einsatzes eines Verdeckten Ermittlers, die zuvörderst von der Kenntnis dieser Daten abhängt, zu würdigen sein. Dieser Ermessensfehler bezieht sich nicht nur auf die vom Verwaltungsgerichtshof insoweit bezeichneten Stellen in den von ihm genannten Aktenseiten in den jeweils auf die einzelnen Ziel- und Kontaktpersonen bezogenen Aktenteilen, sondern auch auf die weitere Erwähnung der Namen auf diesen und jeweils folgenden Aktenseiten (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 45, 47, 51, 53, 55, 57, 83, 85, 87, 89, 93, 95, 97, 103, 105, 111, 113, 115, 117, 143, 145, 147, 149, 153, 155, 157, 159, 163, 165, 167, 169, 175, 177, 179, 209, 211, 213, 215, 219, 221, 223, 225, 229, 231, 233, 235, 237, 241, 243, 245; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 121, 122, 123, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 133, 134, 135, 136, 149, 150, 151, 152, 154, 155, 156, 159, 160, 163, 164, 165, 166, 179, 180, 181, 182, 184, 185, 186, 187, 189, 190, 191, 192, 195, 196, 197, 211, 212, 213, 214, 216, 217, 218, 219, 221, 222, 223, 225, 226, 227, 228, 229) und darüber hinaus auf die jeweils vorangehenden allgemeinen personenübergreifenden Ausführungen zur Begründung der Anordnung bzw. Verlängerung des Einsatzes (Akten der Polizeidirektion Heidelberg: Seiten 11, 15, 17, 21, 67, 71, 73, 79, 131, 133, 139, 191, 193, 195, 197, 199, 203; inhaltsgleich mit den Akten des Landeskriminalamts: Seiten 113, 115, 116, 118, 141, 143, 144, 147, 173, 174, 177, 202, 203, 204, 205, 206, 208). Eine unterschiedliche Bewertung der Geheimhaltungsbedürftigkeit je nach Kontext ist allerdings nicht ausgeschlossen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020205&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020206
BVerwG
8. Senat
20140122
8 C 26/12
Urteil
§ 3 Abs 1 GlüStVtrAG SN, § 33h Nr 3 GewO, § 33d GewO, § 284 StGB, § 5a SpielV
vorgehend VG Halle (Saale), 11. Juni 2012, Az: 3 A 124/11 HAL, Urteil
DEU
Zum Zusammenhang zwischen dem glücksspielrechtlichen Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance und dem strafrechtlichen Begriff des Einsatzes; zum Erwerb einer Gewinnchance bei Entrichtung einer Teilnahmegebühr
1. Das Tatbestandsmerkmal des Entgelts für den Erwerb einer Gewinnchance in § 3 Abs. 1 GlüStV 2008 (juris: GlüStVtrAG SN) deckt sich mit dem des Einsatzes im Sinne der Rechtsprechung zu § 284 StGB (wie Urteil vom 16. Oktober 2013 - BVerwG 8 C 21.12). 2. Werden mit der durch den Veranstalter eines Pokerturniers von den Teilnehmern geforderten Geldleistung ("Teilnahmegebühr") ausschließlich oder ganz überwiegend die Veranstaltungskosten gedeckt und von den Teilnehmern keine weiteren Zahlungen verlangt, aus denen sich eine Gewinnchance ergeben könnte, handelt es sich nicht um ein Entgelt oder einen Einsatz für ein erlaubnispflichtiges Glücksspiel.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die ordnungsrechtliche Verfügung der Beklagten vom 23. Juni 2010, mit der ihr unter Androhung von unmittelbarem Zwang und unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Durchführung eines für den 26. Juni 2010 in der Gaststätte "A." in der W. geplanten Pokerturniers in der Spielvariante "Texas Hold'em" mit der Begründung untersagt wurde, es handele sich hierbei um ein unerlaubtes Glücksspiel. Die Klägerin ist nach ihren Angaben Lizenznehmerin des Bundes Deutscher Poker-Veranstalter, der die so genannte Poker-Bundesliga betreibt. Die Lizenz sieht vor, dass die Klägerin in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Berlin, Sachsen und Thüringen Pokerturniere durchführen kann. An dem Pokerturnier in W. sollte jeder Interessierte teilnehmen können, wenn er vor Beginn der Veranstaltung einen Betrag von 15 € an den Veranstalter entrichtete, wofür ihm eine bestimmte Anzahl von Chips ausgehändigt wurde; möglich war auch, einen Spieler-Pass für 50 € zu erwerben, der zur Teilnahme an fünf Turnieren berechtigte. Nach den Angaben der Klägerin, denen die Beklagte nicht entgegen getreten ist, war folgender Ablauf in der Turnierform "Sit and Go" vorgesehen: Gespielt werden sollte nach den Regeln der Pokervariante des "Texas Hold'em" an mindestens zwei Tischen mit jeweils bis zu zehn Spielern, die für ihre Wetteinsätze ausschließlich die ihnen ausgehändigten Chips verwenden durften. Jeder Spieler erhält vom jeweiligen Kartengeber zwei Spielkarten, die nur von ihm eingesehen werden können (verdeckte Karten). Fünf für alle Mitspieler sichtbare Karten (offene Karten) werden nach und nach bei den Gebotsrunden in der Mitte des Tisches angeordnet. Jeder Spieler stellt sein Blatt zusammen, indem er seine zwei eigenen (verdeckten) Karten mit den anderen Karten (virtuell) kombiniert. Die beste Kombination mit fünf Karten gewinnt. An jedem Spieltisch werden vier Wettrunden ausgespielt, bei denen es jeweils darum geht, hinsichtlich des Wetteinsatzes drei prinzipielle Entscheidungen zu treffen: mitgehen, erhöhen oder aussteigen. Die Sieger jedes Spieltisches sollten anschließend eine Turnier-Endrunde austragen. Die drei besten Teilnehmer des Pokerturniers sollten jeweils einen Pokal im Wert von 13,30 € brutto erhalten; dem Turniersieger sollte außerdem ein "Turniersiegerhemd" im Wert von 25 € übergeben werden. Den fünf besten Spielern des Turniers wurden jeweils zwischen 5 000 und 10 000 Bonus-Chips ("Startstacks") zugesagt. Mit jeweils 5 000 dieser Bonus-Chips erwarben diese Spieler die Berechtigung zur unentgeltlichen Teilnahme an einem der von der Klägerin organisierten Monats-Pokerturniere mit jeweils 100 bis 150 Spielern. Die Sieger dieser Turniere durften an der "Deutschen Meisterschaft" teilnehmen, wo ihnen Sachpreise winkten; ihnen wurden auch geldwerte Gutscheine für kostenfreie Reisen inklusive Übernachtungen in Aussicht gestellt, die aufgrund vertraglicher Vereinbarungen der Klägerin mit den jeweiligen Veranstaltern u.a. eine kostenfreie Teilnahme an internationalen Pokerturnieren in Tschechien und/oder in den USA ermöglichten, bei denen es erhebliche Geld- oder Sachpreise zu gewinnen gab. Nachdem ein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ohne Erfolg geblieben war, sagte die Klägerin das Pokerturnier in W. ab. Ihr gegen die Untersagungsverfügung erhobener Widerspruch wurde vom Landkreis W. mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung ihrer Fortsetzungsfeststellungsklage hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, bei der Pokervariante "Texas Hold'em" handele es sich um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV 2008) und § 284 StGB. Die Teilnahmegebühr sei kein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance, sondern diene nur der Deckung der Kosten des Pokerturniers. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Juni 2012 als unbegründet abgewiesen. Beim Pokerspiel handele es sich auch in der Variante "Texas Hold'em" um ein Glücksspiel. Die Entscheidung über den Gewinn oder Verlust hänge ganz oder jedenfalls überwiegend vom Zufall ab. Es sei insoweit entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf einen professionellen, geübten Spieler, sondern auf das Durchschnittspublikum abzustellen. Die Teilnehmer zahlten für den Erwerb einer Gewinnchance 15 €, da ihnen damit der Weg zu erheblichen Preisen eröffnet werde, wenn auch über eine umfängliche Kette von Siegen. Zur Begründung ihrer Sprungrevision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 verkannt. Zum einen habe es außer Acht gelassen, dass das Startgeld der einzelnen Spieler in Höhe von 15 € ausschließlich zur Deckung der Veranstaltungskosten diene und damit eine reine Teilnahmegebühr darstelle. Es handele sich nicht um ein Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance. Für die Spieler habe gar nicht die Möglichkeit bestanden, einen direkten vermögenswerten Vorteil zu erlangen. Die Turniersieger hätten lediglich an gesonderten Finalveranstaltungen unentgeltlich teilnehmen dürfen, bei denen dann ausschließlich von Sponsoren zur Verfügung gestellte Preise gewonnen werden könnten. Zum anderen habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass bei "Texas Hold'em" der Spielgewinn gerade nicht ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge. Mehrere vorliegende Studien hätten gezeigt, dass der Ausgang des Pokerspiels nach den Regeln dieser Spielvariante ganz wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und dem Grad der Aufmerksamkeit des Spielers abhänge. Das oberste Gericht der Niederlande, der Hoge Raad, habe in seinem Urteil vom 2. Juli 2010 (Aktenzeichen 09/867520/08) die Pokerspielvariante "Texas Hold'em" als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet. Er habe sich dabei auf eine von Professor Ben van der Gnugten (Universität Tilburg/NL), einem Experten auf dem Gebiet der Statistik und der Wahrscheinlichkeitsberechnung, in Zusammenarbeit mit dem Mathematikprofessor Peter Born erstellte Untersuchung gestützt. Dem Geschicklichkeitsanteil eines Spiels werde in dieser Studie ein Wert ("Skill-Faktor") zwischen null (kein Geschicklichkeitsanteil) und eins (höchster Geschicklichkeitsanteil) zugeordnet. Nach dieser Formel sei der Anteil des Skill-Faktors so hoch wie die Differenz im Ergebnis eines Spieles zwischen einem Anfänger und einem Experten. Poker in der Spielvariante "Texas Hold'em" habe einen Skill-Anteil von 0,4 und liege nach der vorbezeichneten Studie nahe beim Schach oder Bridge, die allgemein als Skill-Games angesehen würden. Das Verwaltungsgericht habe zudem in rechtsfehlerhafter Weise nicht über den im Klagebegründungsschriftsatz der Klägerin vom 10. Juni 2009 gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens der ... GmbH zur Einordnung der Pokerspielvariante "Texas Hold'em" als Spiel mit überwiegenden Geschicklichkeitsanteilen entschieden. Das angegriffene Urteil verstoße außerdem gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Da die Voraussetzungen für eine Untersagung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV 2008 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 nicht vorlägen, sei der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 11. Juni 2012 zu ändern und festzustellen, dass die Untersagungsverfügung der Beklagten vom 23. Juni 2010 und der Widerspruchsbescheid des Landkreises W. vom 21. April 2011 rechtswidrig waren. Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt hinsichtlich der Auslegung des Glücksspielbegriffs gegen Bundesrecht (1.) und stellt sich auch nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar (2.). Mangels hinreichender tatsachengerichtlicher Feststellungen zur seinerzeit geplanten Verwendung des von allen Teilnehmern des Pokerturniers geforderten Betrages von 15 € kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden, so dass das angefochtene Urteil gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (3.). 1. Das Verwaltungsgericht hat ohne hinreichende Prüfung angenommen, das von der Klägerin in dem für den 26. Juni 2010 geplanten Pokerturnier vorgesehene Pokerspiel der Variante "Texas Hold'em" sei ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. Dezember 2007 (GVBl LSA S. 412 - im Folgenden: GlüStV 2008). Darin liegt ein Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das kann der Senat überprüfen, obwohl der Glücksspielstaatsvertrag als solcher Landesrecht und im hier maßgeblichen Zeitpunkt sowohl bei Ergehen der Untersagungsverfügung vom 23. Juni 2010 als auch bei ihrer Erledigung noch nicht revisibel war. Denn das Verwaltungsgericht hat sich ebenso wie die handelnden Behörden bei der Auslegung des Glücksspielbegriffs ersichtlich von den bundesrechtlichen Vorgaben in § 284 StGB leiten lassen. Das ist auch geboten, denn nur in diesem Umfang hat das bundesrechtlich geregelte Gewerberecht in § 33h Nr. 3 GewO dem Landesgesetzgeber einen eigenen Regelungsbereich gelassen, weshalb Landesrecht den Glücksspielbegriff jedenfalls nicht weiter fassen darf als den Glücksspielbegriff des § 284 StGB (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2013 - BVerwG 8 C 21.12 - juris Rn. 16). a) Das Verwaltungsgericht ist zwar rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass ein erlaubnispflichtiges Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 i.V.m. § 284 StGB vorliegt, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Es hat jedoch verkannt, dass sich das Tatbestandsmerkmal des Entgelts für den Erwerb einer Gewinnchance mit dem des Einsatzes für ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB jedenfalls insoweit deckt, als verlangt wird, dass die Gewinnchance gerade aus dem Entgelt erwächst. Hierfür genügt nicht jede vom Veranstalter geforderte Geldzahlung durch die Spielteilnehmer. Unter "Einsatz" fällt jede Leistung, die erbracht wird in der Hoffnung, im Falle des "Gewinnens" eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass sie im Falle des "Verlierens" dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheimfällt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 1986 - 4 StR 148/86 - BGHSt 34, 171 <176>). Die Gewinnchance - und nicht der Gewinn selbst - muss sich gerade aus der Entgeltzahlung des Spielteilnehmers ergeben. Zwischen der Aufwendung des Vermögenswertes durch den Spieler und dessen Gewinn oder Verlust muss ein notwendiger Zusammenhang bestehen (BGH, Urteil vom 29. September 1986 a.a.O. S. 177). Daran fehlt es, wenn mit der Zahlung des Entgelts lediglich die Berechtigung zum Betreten des Veranstaltungsortes oder zur Teilnahme am Spiel erworben wird. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn mit dem Entgelt der Teilnehmer ausschließlich oder doch ganz überwiegend die Veranstaltungskosten gedeckt werden und von den Teilnehmern keine weiteren Zahlungen, aus denen sich eine Gewinnchance ergeben könnte, zu leisten sind. Dann handelt es sich nur um eine Teilnahmegebühr mit der Folge, dass kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2008 i.V.m. § 284 StGB vorliegt (vgl. dazu Urteil vom 16. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 21 ff.). Das Verwaltungsgericht hat es für den notwendigen Zusammenhang zwischen Entgeltzahlung und dem Erwerb der Gewinnchance genügen lassen, dass mit der Entrichtung des Entgelts "der Weg zu erheblichen Gewinnen eröffnet" wird, und dies auch bei einer bloßen Teilnahmegebühr bejaht. Das ist revisionsrechtlich fehlerhaft. Der festgestellte Verstoß gegen Bundesrecht ist auch entscheidungserheblich. Handelte es sich bei der von der Klägerin von den Teilnehmern des Pokerturniers geforderten Entgeltzahlung um eine reine Teilnahmegebühr, mit der vollständig oder jedenfalls ganz überwiegend die Kosten der Veranstaltung gedeckt werden sollten, und fehlte es bereits aus diesem Grund an dem notwendigen Zusammenhang zwischen der Geldzahlung und dem Erwerb der Gewinnchance, wäre der Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides schon deshalb rechtswidrig gewesen und die Klage hätte nicht abgewiesen werden dürfen. b) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, das Pokerspiel in der Variante "Texas Hold'em" sei kein Geschicklichkeitsspiel, weil die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt, verstößt dagegen nicht gegen Bundesrecht. Keine Einwände sind zunächst dagegen zu erheben, dass das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Zufallsabhängigkeit nicht auf den professionellen geübten Spieler, sondern auf das Durchschnittspublikum und damit auf den durchschnittlichen Spieler abgestellt hat (vgl. dazu u.a. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 93/10 - juris Rn. 81). Das entspricht in Bezug auf das untersagte Pokerturnier in W. dem gesetzlichen Schutzzweck. Denn die Teilnahme an diesem war nicht auf professionelle oder besonders geübte Spieler beschränkt, sondern publikumsoffen. Es sollte grundsätzlich jeder teilnehmen können, der das Entgelt von 15 € entrichtete. Dies bestimmte das erforderliche Schutzniveau. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, das Verwaltungsgericht habe dem von ihr mit Schriftsatz vom 10. Juni 2011 vorgebrachten Begehren auf Einholung eines Sachverständigengutachtens der ... GmbH zur Einordnung der Pokerspielvariante "Texas Hold'em" als Spiel mit überwiegenden Geschicklichkeitsanteilen nicht entsprochen, ergibt sich daraus kein Verstoß gegen Verfahrensrecht. Denn es handelte sich insoweit nur um eine Beweisanregung, nicht aber um einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO förmlich hätte beschieden werden müssen. Dem Verwaltungsgericht musste sich insoweit auch nicht die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung aufdrängen. Die Klägerin hatte zwar auf eine einer Entscheidung eines niederländischen Obergerichts ("Hoge Raad") zugrunde liegende mathematisch-statistische Untersuchung hingewiesen, wonach beim Poker der Spielvariante "Texas Hold'em" der Geschicklichkeitsanteil ("Skill-Faktor") nahe beim Schach oder Bridge liege, die allgemein als Geschicklichkeitsspiele angesehen würden. Aus ihrem Vorbringen ergibt sich jedoch, dass diese von ihr angeführte Studie für diese Pokervariante lediglich einen Skill-Faktor von 0,4 und damit einen Geschicklichkeitsanteil von weniger als 50 v.H. ermittelt hatte. Selbst unter Zugrundelegen dieses Parteivortrags war damit von einer überwiegenden Zufallsabhängigkeit der Entscheidung über den Gewinn auszugehen. Angesichts dessen hat für das Verwaltungsgericht keine Veranlassung bestanden, das von der Klägerin angeregte Sachverständigengutachten einzuholen. 2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Insbesondere konnte die angefochtene und zwischenzeitlich erledigte Untersagungsverfügung der Beklagten nicht auf §§ 1 und 13 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA, GVBl LSA 2003 S. 214 i.V.m. § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO gestützt werden. Das darf das Bundesverwaltungsgericht überprüfen, obwohl auch Landesrecht betroffen ist; denn das Verwaltungsgericht ist - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - auf die damit verbundenen Fragen nicht eingegangen. Allerdings hätte sich die Klägerin, selbst wenn das von ihr geplante Pokerturnier mangels Entgeltcharakters der den Teilnehmern abverlangten Zahlung nicht als Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV 2008 anzusehen sein sollte, rechtswidrig verhalten. In diesem Falle hätte sie nämlich für das Pokerturnier, das sie im Rechtssinne gewerbsmäßig veranstalten wollte, nach § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedurft, die sie nicht eingeholt hatte. Das geplante Turnier war auch nicht ausnahmsweise nach § 33g Nr. 1 GewO i.V.m. § 5a der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit in der Fassung vom 27. Januar 2006 (BGBl I S. 280) - SpielV - erlaubnisfrei. Das hätte nach § 33g Nr. 1 GewO vorausgesetzt, dass das Spiel überwiegend der Unterhaltung dient, was Ziffer 1a, 2 und 3 der Anlage zu § 5a SpielV dahin konkretisiert, dass es sich um ein Geschicklichkeitsspiel handeln muss. Wie gezeigt, hängt der Ausgang des Pokerspiels in der Variante "Texas Hold'em" nach den insoweit fehlerfreien Feststellungen des Verwaltungsgerichts jedoch überwiegend vom Zufall ab. Auch wenn hiernach die Beklagte das geplante Turnier wegen der fehlenden Erlaubnis grundsätzlich hätte untersagen dürfen, so könnte die angefochtene Untersagungsverfügung doch gleichwohl nicht aus diesem Grunde als rechtmäßig erachtet werden. Die Verfügung ist nämlich auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt nicht gestützt worden; die Behörden haben sich vielmehr - namentlich bei der Ausübung ihres Untersagungsermessens - davon leiten lassen, ein nach § 3 Abs. 1 GlüStV 2008 verbotenes Glücksspiel zu unterbinden. Das gilt jedenfalls für die Widerspruchsbehörde, die allein auf den Glücksspielstaatsvertrag abgestellt hat. Es gilt aber auch für die Ausgangsbehörde. Diese hat zwar als Ermächtigungsgrundlage nicht den Glücksspielstaatsvertrag, sondern § 33d GewO angeführt und auch § 5a SpielV genannt. Sie hat jedoch in den Gründen ihrer Verfügung ausschließlich darauf abgehoben, dass die Klägerin ein nach § 284 StGB verbotenes Glücksspiel betreiben wolle, und sich mithin ebenfalls allein von dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff leiten lassen, der - wie erwähnt - auch § 3 Abs. 1 GlüStV 2008 zugrunde liegt. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte von ihrem Untersagungsermessen einen anderen Gebrauch gemacht hätte, hätte sie erwogen, ob der Klägerin die durch § 33d GewO geforderte Erlaubnis - welche deren Zuverlässigkeit sowie das Vorliegen einer Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundeskriminalamts voraussetzt (§ 33d Abs. 2 und 3 GewO) - nicht hätte erteilt werden können. Bei dieser Sachlage braucht der Frage nicht weiter nachgegangen zu werden, ob Gegenstand der Anfechtungs- oder der Fortsetzungsfeststellungsklage der Ausgangsbescheid auch dann in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), wenn der Widerspruchsbescheid nicht mehr hätte ergehen dürfen, weil sich das Aufhebungsbegehren bereits zuvor erledigt hatte. 3. Das angegriffene Urteil ist gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen, weil es an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen zur seinerzeit geplanten Verwendung des von den Teilnehmern des Pokerturniers geforderten Betrages von 15 € fehlt und der Senat auf der Grundlage des Akteninhalts und der Angaben der Beteiligten diese auch nicht selbst treffen kann. Das Verwaltungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht zwar festgestellt, dass die Teilnehmer des von der Klägerin beabsichtigten Spiels im Voraus einmal 15 € zu entrichten haben, und hat dies im Tatbestand des Urteils als Teilnahmegebühr bezeichnet. Ob die Zahlung dieses von der Klägerin geforderten Betrages, die zur Aushändigung der für die Einsätze beim Pokerspiel während des Pokerturniers notwendigen Chips führt, ausschließlich oder jedenfalls ganz überwiegend der Deckung der Kosten des Turniers dienen sollte, hat das Verwaltungsgericht dagegen nicht festgestellt. Die Klägerin hatte einen solchen Verwendungszweck sowohl im Verwaltungs- als auch im gerichtlichen Verfahren zwar behauptet. Das Oberverwaltungsgericht hatte dies im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens jedoch in Zweifel gezogen. Es hatte ausgeführt, bei dem von der Klägerin geplanten Pokerturnier sei "nicht sichergestellt, dass die zu entrichtenden Startgelder nicht (auch) im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV 2008 für den Erwerb einer Gewinnchance geleistet werden". Im Hauptsacheverfahren bedurfte diese Frage näherer Prüfung, die das Verwaltungsgericht jedoch unterlassen hat.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020206&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020207
BVerwG
2. Senat
20140304
2 B 15/13, 2 B 15/13 (2 C 12/14)
Beschluss
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 16. November 2012, Az: 1 Bf 304/09, Urteil
DEU
Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Sie kann dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und ggf. wie bei einer Klage auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung im Rahmen der Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs die - möglicherweise rechtswidrigen, weil an bestimmte Verweilzeiten anknüpfenden - Vorgaben eines Stellenvermerks des Haushaltsplans bei der Ausbringung gebündelter Stellen zu berücksichtigen sind. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 40, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG a.F. (Beschluss vom 26. September 2002 - BVerwG 2 B 23.02 - Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 114 S. 10); die vorläufige Streitwertfestsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020207&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020208
BVerwG
2. Senat
20140304
2 B 13/13, 2 B 13/13 (2 C 10/14)
Beschluss
§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 16. November 2012, Az: 1 Bf 292/09, Urteil
DEU
Schadensersatz wegen unterlassener Beförderung; Berücksichtigung eines Stellenvermerks des Haushaltsplans; Revisionszulassung
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Sie kann dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und ggf. wie bei einer Klage auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung im Rahmen der Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs die - möglicherweise rechtswidrigen, weil an bestimmte Verweilzeiten anknüpfenden - Vorgaben eines Stellenvermerks des Haushaltsplans bei der Ausbringung gebündelter Stellen zu berücksichtigen sind. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 40, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG a.F. (Beschluss vom 26. September 2002 - BVerwG 2 B 23.02 - Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 114 S. 10); die vorläufige Streitwertfestsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020208&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020209
BVerwG
2. Senat
20140304
2 B 14/13, 2 B 14/13 (2 C 11/14)
Beschluss
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 16. November 2012, Az: 1 Bf 294/09, Urteil
DEU
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Sie kann dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, ob und ggf. wie bei einer Klage auf Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung im Rahmen der Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs die - möglicherweise rechtswidrigen, weil an bestimmte Verweilzeiten anknüpfenden - Vorgaben eines Stellenvermerks des Haushaltsplans bei der Ausbringung gebündelter Stellen zu berücksichtigen sind. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 40, § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG a.F. (Beschluss vom 26. September 2002 - BVerwG 2 B 23.02 - Buchholz 360 § 13 GKG Nr. 114 S. 10); die vorläufige Streitwertfestsetzung des Streitwerts für das Revisionsverfahren beruht auf § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020209&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020210
BVerwG
1. Senat
20140306
1 C 2/13
Urteil
§ 29 Abs 2 AsylVfG, § 11 Abs 1 AufenthG 2004, § 25 Abs 1 S 2 AufenthG 2004, § 25 Abs 2 AufenthG 2004, § 25 Abs 5 AufenthG 2004, § 11 Abs 2 AuslG, Art 32 FlüAbk
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 5. Dezember 2012, Az: 11 S 66/12, Urteil vorgehend VG Stuttgart, 8. September 2011, Az: 12 K 5080/10, Urteil
DEU
Aufenthaltserlaubnis für Flüchtlinge; Beseitigung der Sperrwirkung der Ausweisung; Befristungsanspruch auf Null ohne Ausreiseerfordernis
1. Die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG beseitigt die Sperrwirkung einer Ausweisung für die Erteilung weiterer Aufenthaltstitel aus humanitären, völkerrechtlichen oder politischen Gründen nur insoweit, als für diese Aufenthaltstitel keine spezielle Erteilungssperre gilt (Einschränkung der bisherigen Rechtsprechung). 2. Der Versagungsgrund des § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG nicht mehr entgegen, wenn die allgemeine Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG aufgehoben wird. 3. Liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung keine Gründe für die Festsetzung einer Sperre im Sinne von § 11 Abs. 1 AufenthG mehr vor, entfällt damit auch das Erfordernis der Ausreise nach § 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG.
Der Kläger ist Staatsangehöriger von Sri Lanka. Er erstrebt die Befristung seiner Ausweisung mit sofortiger Wirkung (Befristung auf Null). Der Kläger reiste 1994 nach Deutschland ein und wurde 1996 als Asylberechtigter anerkannt. Im Jahr 2000 wurde er wegen gemeinschaftlichen banden- und gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Im März 2001 wies ihn der Beklagte aus Deutschland aus, ohne die Wirkungen der Ausweisung zu befristen. Zur Begründung führte er an, die Ausweisung sei aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geboten. Es bestehe die konkrete Gefahr, dass der Kläger sein strafbares Verhalten fortsetze, weil er ohne finanzielle Not in dem Bestreben gehandelt habe, durch Schleusung von Ausländern einen Gewinn zu erzielen. Die Ausweisung erfolge auch aus generalpräventiven Gründen, um andere Ausländer von ähnlichen Straftaten abzuhalten. Zu einer Abschiebung kam es wegen der Asylberechtigung des Klägers nicht. Der Schutzstatus wurde zwar im Jahr 2004 bestandskräftig widerrufen. Auf einen Folgeantrag wurde dem Kläger jedoch im Jahr 2010 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Dieser lebt seit seiner Haftentlassung durchgängig mit seiner Lebensgefährtin und seinen drei minderjährigen Kindern im Bundesgebiet, zunächst auf der Grundlage von Duldungen, bevor er im Juli 2011 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG erhielt. Im Mai 2010 beantragte er die Befristung der Wirkungen der Ausweisung auf Null. Der Beklagte befristete im Dezember 2010 die Wirkung der Ausweisung auf ein Jahr, beginnend mit dem Zeitpunkt der Ausreise. Der Kläger erhob daraufhin Klage, mit der er sein Begehren auf sofortige Befristung weiterverfolgt. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, die Wirkung der Ausweisung auf den 16. März 2011 zu befristen. Das hat es damit begründet, dass zu diesem Zeitpunkt zehn Jahre seit Zustellung der Ausweisungsverfügung verstrichen gewesen seien und die Verwaltungsvorschriften für den Fall einer zwingenden Ausweisung wie hier regelmäßig eine Befristung auf diesen Zeitraum vorsähen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Er hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe einen Anspruch auf Befristung der gegen ihn ergangenen Ausweisung mit sofortiger Wirkung. Weder spezialpräventive noch generalpräventive Gründe erforderten die weitere Aufrechterhaltung der Sperrwirkung der Ausweisung. Der Kläger, der in den mehr als zwölf Jahren seit seiner Verurteilung strafrechtlich nicht mehr aufgefallen sei, stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mehr dar. Von der Ausweisung gehe auch keine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer mehr aus. Sei eine Befristung auf Null geboten, bedürfe es keiner Ausreise des Klägers. Das beklagte Land Baden-Württemberg macht mit seiner Revision geltend, dass die Frist für den Lauf der Einreise- und Aufenthaltssperre gemäß § 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG erst mit Ausreise des Ausländers zu laufen beginne und das Ausreiseerfordernis auch nicht durch eine Befristung auf Null unterlaufen werden dürfe. Während des Revisionsverfahrens hat der Kläger mit Zustimmung des Beklagten die Klage insoweit zurückgenommen, als er die Befristung auf einen Zeitpunkt vor der Entscheidung des Berufungsgerichts begehrt hatte. Im Übrigen tritt er der Revision entgegen und weist u.a. darauf hin, dass der Beklagte in anderen Fällen durchaus eine Befristung mit sofortiger Wirkung verfügt habe.
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen; die angegriffenen Urteile sind gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in diesem Umfang für wirkungslos zu erklären. Im Übrigen hat die zulässige Revision des Beklagten keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) den Beklagten für verpflichtet gehalten, die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung auf Null zu befristen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der begehrten Befristung ist hier die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 9, jeweils Rn. 12 m.w.N.). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (Urteil vom 10. Juli 2012 a.a.O.). Maßgeblich sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmungen aber nicht geändert. 1. Die Verpflichtungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein Rechtsschutzbedürfnis für sein Begehren, dass die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung auf Null befristet werden. Denn ohne eine solche Befristung bleiben die Wirkungen der Ausweisung jedenfalls für die außerhalb des 5. Abschnitts in Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes geregelten Aufenthaltstitel dauerhaft bestehen. Dies belastet den Kläger und rechtfertigt sein Begehren, denn ein Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile erbringen kann (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3> = Buchholz 451.74 § 9 KHG Nr. 9 S. 2 <4>). Im Übrigen besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch im Hinblick auf die Erteilung der vom Kläger vorrangig erstrebten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Diese ist einem Ausländer wie dem Kläger, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, zu erteilen, es sei denn, der Ausländer ist aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden (§ 25 Abs. 2 i.V.m. § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Die spezielle Erteilungssperre des § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird nicht schon durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, wie sie hier erfolgt ist, aufgehoben. Insoweit schränkt der Senat seine Rechtsprechung ein, die er mit Urteil vom 4. September 2007 (BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 = Buchholz 402.242 § 31 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 34 und 42) begründet und mit Urteil vom 13. April 2010 (BVerwG 1 C 5.09 - BVerwGE 136, 284 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 6, jeweils Rn. 12) fortentwickelt hat. Nach der bisherigen Rechtsprechung wird durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach Abschnitt 5 von Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) aufgehoben, nicht hingegen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln zu anderen Zwecken. Der Senat hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass der Zusammenschau bestimmter Regelungen, zu denen § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG gehört, zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber die Aufhebung der Sperrwirkung einer gesonderten Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 bis 6 AufenthG vorbehalten hat (Urteil vom 13. April 2010 a.a.O., jeweils Rn. 13). Der Senat beschränkt seine Rechtsprechung zur Aufhebung der Sperrwirkung durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nunmehr ausdrücklich auf diejenigen Aufenthaltstitel nach Abschnitt 5 von Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes, für die keine spezielle Sperrwirkung angeordnet ist. Eine solche spezielle Sperrwirkung findet sich in § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Deren Aufhebung allein wegen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG würde dem gesetzgeberischen Zweck widersprechen, Asylberechtigten und Flüchtlingen die aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen des § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG dann nicht zukommen zu lassen, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden sind. Sie sollen die Vorteile der Regelung, die u.a. zu einer schnelleren Aufenthaltsverfestigung führt, vielmehr erst dann genießen, wenn von ihnen keine Gefahr im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG mehr ausgeht und die Wirkungen der Ausweisung deshalb befristet und nach Fristablauf erloschen sind. Allerdings steht der Versagungsgrund des § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG dann nicht mehr entgegen, wenn die allgemeine Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG aufgehoben wird. Denn die Aufhebung der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG bezieht sich auf alle Aufenthaltstitel. Der Senat folgt nicht der gegenteiligen Auffassung des Beklagten, denn ebenso wie die nahezu wortgleichen früheren Regelungen in § 29 Abs. 2 AsylVfG 1982 und § 68 Abs. 2 und § 70 Abs. 2 AsylVfG 1992 dient § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AufenthG lediglich der Synchronisierung mit dem besonderen Ausweisungsschutz für anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 AufenthG). Bei diesen ist eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung möglich. Ist der Ausländer aber bereits vor der bestandskräftigen Anerkennung ausgewiesen worden, sperrt nur eine auf den gleichen qualifizierten Gründen beruhende Ausweisung die Titelerteilung (Urteil vom 22. Mai 2012 - BVerwG 1 C 8.11 - BVerwGE 143, 138 = Buchholz 402.242 § 5 AufenthG Nr. 10, jeweils Rn. 17 mit Verweis auf BTDrucks 9/1630 S. 24 zu § 29 Abs. 2 AsylVfG 1982, BTDrucks 12/2062 S. 38 f. zu § 68 Abs. 2 und § 70 Abs. 2 AsylVfG 1992 und BTDrucks 15/420 S. 111). Daraus ergibt sich für den Versagungsgrund des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AufenthG, dass die darin geregelte spezielle Sperrwirkung vom Gesetzgeber nicht als dauerhaft wirkender Ausschlusstatbestand, sondern ebenfalls gefahren- oder präventionsabhängig konzipiert worden ist. Deshalb wird sie nach Sinn und Zweck von der präventionsgeleiteten Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG miterfasst und steht nach Ablauf der Frist der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG nicht mehr entgegen. 2. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Kläger auch in der Sache zu Recht einen Befristungsanspruch auf Null ohne vorherige Ausreise zuerkannt. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch findet sich in § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Danach werden die in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (Einreise- und Aufenthaltsverbot) und in § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (Titelerteilungsverbot) bezeichneten Wirkungen auf Antrag befristet. Seit Inkrafttreten des § 11 AufenthG in der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 haben Ausländer grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet, ohne dass es insoweit eines Antrags des Ausländers bedarf (Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 9, jeweils Rn. 30; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. September 2013 - Rs. C-297/12 - InfAuslR 2013, 416 Rn. 34). Die Entscheidung über die Länge der Frist ist eine rechtlich gebundene Entscheidung, die nicht im Ermessen der Ausländerbehörde steht (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 34 und vom 14. Mai 2013 - BVerwG 1 C 13.12 - InfAuslR 2013, 334 Rn. 27). Die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Bei einer aus generalpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung kommt es - soweit sie zulässig ist - darauf an, wie lange von ihr eine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer ausgeht. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Höchstfrist muss sich aber in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK messen und ggf. relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung ist hier nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs zu treffen (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 42 und vom 14. Mai 2013 a.a.O. Rn. 32). Der Verwaltungsgerichtshof ist aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) mit Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wirkungen der Ausweisung im vorliegenden Fall vollständig zu beseitigen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann in bestimmten Fällen eine vollständige Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung geboten sein. Dann entfällt das Erfordernis einer Fristbestimmung wie auch der Ausreise aus Deutschland (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 33; vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 = Buchholz 402.242 § 31 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 28 und vom 13. April 2010 - BVerwG 1 C 5.09 - BVerwGE 136, 284 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 6, jeweils Rn. 17). Dies kann zum einen deshalb geboten sein, weil seit Verfügung einer nicht vollzogenen Ausweisung ein so langer Zeitraum verstrichen ist, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehenden spezial- oder generalpräventiven Gründe entfallen sind. Ein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG kann sich aber auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, etwa weil schützenswerte familiäre Belange im Sinne von Art. 6 GG dies erfordern (zu Letzterem vgl. Urteile vom 13. April 2010 a.a.O., jeweils Rn. 17 und vom 4. September 2007 a.a.O., jeweils Rn. 28). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehenden spezial- und generalpräventiven Gründe nach Verstreichen einer Zeitdauer von mehr als zehn Jahren nicht mehr vorliegen. Damit sind die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt, ohne dass es einer Entscheidung der Frage bedarf, ob dem Aufenthaltsbegehren eines Konventionsflüchtlings überhaupt generalpräventive Gründe entgegengehalten werden dürfen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten setzt der Anspruch auf Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung nicht die vorherige Ausreise des Ausländers voraus. Zwar sieht § 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG vor, dass der Lauf der Frist mit der Ausreise beginnt. Liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aber keine Gründe für die Festsetzung einer Sperre im Sinne von § 11 Abs. 1 AufenthG mehr vor, entfällt damit auch das Erfordernis der Ausreise. Eine Frist für die Geltung der Wirkungen der Ausweisung darf dann nicht mehr in Gang gesetzt werden.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020210&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020211
BVerwG
1. Wehrdienstsenat
20140130
1 WB 1/13
Beschluss
§ 3 Abs 1 SG, § 27 SG, § 6 Abs 2 SLV 2002, Art 33 Abs 2 GG
DEU
Auswahlverfahren für horizontalen Laufbahnwechsel; Regelung durch Verwaltungsvorschrift
Das Auswahlverfahren für den horizontalen Laufbahnwechsel innerhalb der Laufbahngruppe der Offiziere von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes bedarf keiner normativen Regelung, sondern kann vom Bundesminister der Verteidigung durch Verwaltungsvorschrift geregelt werden (Bestätigung des Beschlusses vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5). Dies gilt auch für die Beschränkung der Zahl der Möglichkeiten, an dem Auswahlverfahren teilzunehmen.
Der Antragsteller begehrt den Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. Der 1969 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich am 31. März 2025. Der Antragsteller trat am 1. Juli 1988 in die Bundeswehr ein und wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes zugelassen. Er wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 zum Leutnant, mit Wirkung vom 1. April 2001 zum Oberleutnant und am 20. Juli 2004 zum Hauptmann ernannt und mit Wirkung vom 1. Juli 2004 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Seit der Ernennung zum Leutnant durchlief der Antragsteller im Werdegang ...truppe verschiedene Verwendungen, zuletzt seit dem 1. September 2010 als Offizier ...truppe und Zugführer beim .... Zum 1. März 2013 wurde er auf einen nach Besoldungsgruppe A 12 dotierten Dienstposten ... beim ... in B. versetzt. Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 beantragte der Antragsteller erstmals seinen Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. Mit Bescheid vom 22. Juni 2009 lehnte das Personalamt der Bundeswehr den Antrag ab, weil der Antragsteller in der Auswahlkonferenz für das Auswahljahr 2009 nach einer Betrachtung im Eignungs- und Leistungsvergleich nicht ausgewählt worden sei. Mit Schreiben vom 16. Februar 2010 beantragte der Antragsteller erneut den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2011 lehnte das Personalamt auch diesen Antrag ab, weil für das Auswahljahr 2011 im Geburtsjahrgang und Werdegang des Antragstellers kein Bedarf bestanden habe. Der Antragsteller wurde darauf hingewiesen, dass eine erneute Betrachtung nicht möglich sei, weil die Teilnahme am Auswahlverfahren nur einmal wiederholt werden könne. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 schlug der Chef des Stabes ... den Antragsteller aufgrund seines herausragenden Eignungs- und Leistungsbilds für die Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Auswahljahr 2012 vor. Das Personalamt teilte dem ... daraufhin unter dem 12. Januar 2012 mit, dass die Teilnahme am Auswahlverfahren nach der geltenden Erlasslage nur einmal wiederholt werden dürfe; da der Antragsteller bereits an zwei Auswahlverfahren teilgenommen habe, sei eine nochmalige Betrachtung ausgeschlossen. Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 12. Januar 2012 wandte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 19. März 2012 an das Personalamt und schilderte seine Eignung für die Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes. Seiner Auffassung nach habe der Vorschlag des ... unabhängig von den beiden zuvor gestellten Anträgen berücksichtigt werden müssen; er gehe daher davon aus, dass er im Rahmen der Laufbahnwechselkonferenz 2012 mitbetrachtet werde. Andernfalls beantrage er erneut die Übernahme zum Offizier des Truppendienstes. Auf das Schreiben vom 19. März 2012 teilte das Personalamt dem Antragsteller unter dem 2. April 2012 mit, dass eine erneute Betrachtung in künftigen Auswahlverfahren nicht mehr möglich sei. Diesbezüglich werde insbesondere auf den ablehnenden Bescheid vom 21. Oktober 2011 verwiesen. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 12. April 2012 Beschwerde ein. Zur Begründung machte er vor allem geltend, dass es für die Beschränkung auf eine zweimalige Teilnahme am Auswahlverfahren und für die Bestimmung von Altersgrenzen an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage fehle. Mit Bescheid vom 6. September 2012 wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde als unzulässig zurück. Das Schreiben des Personalamts vom 2. April 2012 stelle keine beschwerdefähige Maßnahme dar, sondern verweise lediglich auf den bestandskräftigen Bescheid vom 21. Oktober 2011; es handele sich daher lediglich um eine sogenannte wiederholende Verfügung, die nicht erneut anfechtbar sei. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids führte der Bundesminister der Verteidigung aus, es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Personalamt auf den Vorschlag vom 20. Dezember 2011 und den Antrag vom 19. März 2012 keine neue Sachentscheidung getroffen habe. Da der Antragsteller innerhalb der vorgegebenen Altersgrenzen bereits zweimal an bestandskräftig abgeschlossenen Auswahlverfahren teilgenommen habe, erfülle er nicht mehr die Voraussetzungen für eine erneute Teilnahme am Auswahlverfahren 2012. Für die Ablehnung des Antrags könne neben § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV und dem Kapitel 12 der ZDv 20/7 auch der Erlass über das Auswahlverfahren für den Laufbahnwechsel für Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes vom 21. November 2007 herangezogen werden. Das Auswahlverfahren für diesen Laufbahnwechsel bedürfe keiner normativen Regelung im Soldatengesetz oder in der Soldatenlaufbahnverordnung. Mit der Konzentration auf spezifische Regelungen für die Einstellung und für den Aufstieg in die Laufbahnen der Offiziere habe der Normgeber zum Ausdruck gebracht, dass der horizontale Laufbahnwechsel mit Rücksicht auf die unterschiedliche fachliche Ausgestaltung der verschiedenen Offizierlaufbahnen eine Ausnahme darstellen solle und von Gesetzes wegen nicht für erforderlich gehalten werde. Wenn im Erlasswege ausnahmsweise zusätzlich der Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Rahmen eines horizontalen Wechsels aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes eröffnet werde, erweitere dies zugunsten der Soldaten, die - anders als die Regel- und Aufstiegsbewerber - bereits Offiziere seien, deren Verwendungsmöglichkeiten. Wegen des Ausnahmecharakters des Laufbahnwechsels sei auch nicht zu beanstanden, dass der Erlassgeber die Teilnahme im Rahmen der Altersgrenzen auf lediglich zwei Verfahren beschränkt habe. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 11. Oktober 2012 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung legte den Antrag zusammen mit seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2013 dem Senat vor. Zur Begründung führte der Antragsteller insbesondere aus: Der Bescheid vom 2. April 2012 stelle keine bloß wiederholende Verfügung dar. Vielmehr habe das Personalamt inhaltlich mit einer neuen Regelung entschieden und nur zur Begründung auf den Bescheid vom 21. Oktober 2011 verwiesen. Das ergebe sich schon daraus, dass sich der Bescheid vom 21. Oktober 2011 nicht auf das Auswahljahr 2012, sondern auf das Auswahlverfahren des Jahres 2011 beziehe. Die Ablehnung des Antrags auf Laufbahnwechsel sei rechtswidrig und verletze ihn in seinem Recht auf Chancengleichheit im Auswahlverfahren. Er besitze unstreitig die Befähigung zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes nach § 6 Abs. 2 SLV und erfülle auch alle weiteren Voraussetzungen der ZDv 20/7 sowie des Erlasses über das Auswahlverfahren für den Laufbahnwechsel. Er sei, wie sich aus seinen dienstlichen Beurteilungen sowie den sonstigen in der Personalakte befindlichen Unterlagen ergebe, ein besonders qualifizierter Offizier des militärfachlichen Dienstes, der nach seinem Eignungs- und Leistungsbild herausrage und deshalb auch vorgeschlagen worden sei bzw. einen Laufbahnwechsel anstrebe. Die Festlegung von jahrgangsabhängigen Übernahmequoten im Rahmen der Bedarfsbestimmung und die Regelung, dass die Teilnahme an Auswahlverfahren innerhalb der vorgegebenen Altersgrenzen nur einmal wiederholt werden dürfe, könne ihm nicht entgegengehalten werden, weil es insoweit an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehle. Weder die Soldatenlaufbahnverordnung noch die Bestimmungen der ZDv 20/7 enthielten derartige Beschränkungen. Die Begrenzung der Anzahl der Wiederholungsanträge bedürfe einer gesetzlichen Grundlage, weil hierdurch der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG eingeschränkt werde. Auch das in dem Erlass geregelte Aufrufen bestimmter Geburtsjahrgänge für den Laufbahnwechsel stelle kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG dar; insoweit werde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 C 11.11 - verwiesen. Der Antragsteller beantragt, 1. den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheids des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 6. September 2012 zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, für das Auswahljahr 2012 zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zuzulassen, 2. hilfsweise, den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheids des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2012 in der Gestalt des Beschwerdebescheids vom 6. September 2012 zu verpflichten, den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes für das Auswahljahr 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Der Bundesminister der Verteidigung beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Der Antragsteller sei bereits zweimal ohne Erfolg in den Auswahlverfahren betrachtet worden; die diesbezüglichen Bescheide des Personalamts vom 22. Juli 2009 und vom 21. Oktober 2011 seien bestandskräftig. Nach der Erlasslage habe deshalb keine Veranlassung für eine erneute Sachentscheidung bestanden. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem Hinweis auf die Begründung des bestandskräftigen Bescheids vom 21. Oktober 2011, weil anderenfalls die Rechtsbehelfsfristen ins Leere liefen. Unabhängig davon sei die Vorgehensweise des Personalamts rechtmäßig. Ein Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers für das Auswahlverfahren 2012 sei nicht verletzt, weil in der Auswahlkonferenz des Personalamts am 21. November 2012 auch keine anderen Offiziere des militärfachlichen Dienstes betrachtet worden seien, die wie der Antragsteller bereits zweimal an einem vorangegangenen Auswahlverfahren teilgenommen hätten. Für die im Auswahlverfahren vorgesehenen geburtsjahrgangs-/werdegangs- und antragsbezogenen Beschränkungen sowie für die Bestimmung von Altersgrenzen bedürfe es keiner gesetzlichen Grundlage; insoweit werde auf die Ausführungen im dienstaufsichtlichen Teil des Beschwerdebescheids verwiesen. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 C 11.11 - betreffe lediglich statusrechtliche Entscheidungen und sei auf Fragen des Laufbahnwechsels nicht anwendbar. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: .../12 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. 1. Der Antrag ist zulässig. Das Schreiben des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2012 ist eine dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO). Es enthält nicht bloß einen Hinweis auf den bestandskräftigen Bescheid vom 21. Oktober 2011 und die dort getroffene Entscheidung (sog. wiederholende Verfügung, bei der eine neue Rechtsbehelfsfrist nicht eröffnet wäre), sondern trifft eine neue eigene Regelung und stellt damit einen selbständig anfechtbaren Bescheid dar (vgl. hierzu Beschluss vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 56.09 - Rn. 26 m.w.N. <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 449 § 82 SG Nr. 6 und in NZWehrr 2011, 171> sowie Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 51 Rn. 57 ff.). Gemäß Nr. 1.2 und Nr. 2.3 der Richtlinie über das "Auswahlverfahren für den Laufbahnwechsel von Offizieren des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes" vom 21. November 2007 - PSZ I 1 (40) Az.: 16-05-18/2 - (Auswahlrichtlinie) erfolgt die Auswahl für den Laufbahnwechsel im regelmäßigen jährlichen Turnus; Anträge auf oder Vorschläge für den Laufbahnwechsel beziehen sich deshalb stets auf ein bestimmtes Auswahljahr und werden (nur) für dieses Auswahljahr beschieden. Der Bescheid vom 21. Oktober 2011, mit dem der Antrag vom 16. Februar 2010 abgelehnt wurde, bezieht sich auf das Auswahljahr 2011; dagegen betrifft der Bescheid vom 2. April 2012, der den Vorschlag vom 20. Dezember 2011 und den Antrag vom 19. März 2012 zum Gegenstand hatte, ein anderes, nämlich das folgende Auswahljahr 2012. Auch inhaltlich unterscheiden sich die beiden Bescheide. Für das Auswahljahr 2011 erging der ablehnende Bescheid, nachdem der Antragsteller in das Auswahlverfahren einbezogen worden war, jedoch ohne Erfolg daran teilgenommen hatte (Nr. 3.4 Abs. 3 der Auswahlrichtlinie); mit dem Bescheid vom 2. April 2012 lehnte es das Personalamt hingegen ab, den Antragsteller für das Auswahljahr 2012 überhaupt im Auswahlverfahren zu betrachten, weil dieser nicht mehr die Voraussetzungen für die Teilnahme erfülle (Nr. 3.1 Abs. 2 der Auswahlrichtlinie). 2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist jedoch sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 2. April 2012 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - vom 6. September 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes und kann auch keine neue Entscheidung über seinen Antrag auf Laufbahnwechsel im Auswahljahr 2012 verlangen. Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung. Das gilt auch für die Entscheidung über die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes bzw. über einen Laufbahnwechsel im Wege der Übernahme (stRspr, vgl. Beschluss vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 - Rn. 31 m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5>). Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Über die Verwendung eines Soldaten entscheidet der zuständige Vorgesetzte, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. September 2002 - BVerwG 1 WB 30.02 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30> und vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 1 WB 40.02 - jeweils m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Verwaltungsvorschriften (wie z.B. Erlassen oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2). Solche Maßgaben ergeben sich im vorliegenden Fall insbesondere aus Kapitel 12 der "Bestimmungen für die Beförderung und für die Einstellung, Übernahme und Zulassung von Soldatinnen und Soldaten" vom 27. März 2002 (ZDv 20/7, hier anzuwenden in der Fassung des Neudrucks Januar 2008) sowie aus der genannten Auswahlrichtlinie vom 21. November 2007. Auf der Grundlage dieser Vorschriften war das Personalamt der Bundeswehr befugt, eine erneute Betrachtung des Antragstellers im Auswahlverfahren für den Laufbahnwechsel von Offizieren des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes für das Auswahljahr 2012 abzulehnen, weil der Antragsteller bereits zwei Mal (ohne Erfolg) am Auswahlverfahren teilgenommen hat. a) Gemäß Nr. 3.4 Abs. 3 Satz 2 der Auswahlrichtlinie kann die Teilnahme am Auswahlverfahren innerhalb der vorgegebenen Altersgrenzen (nur) einmal wiederholt werden. Der Antragsteller hat vor dem Auswahljahr 2012 die Teilnahme am Auswahlverfahren bereits einmal wiederholt. Er wurde auf seine Anträge vom 29. Mai 2008 und 16. Februar 2010 in die Auswahlverfahren für die Jahre 2009 und 2011 einbezogen, dort jedoch nicht für eine Übernahme in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes ausgewählt. Die ablehnenden Bescheide vom 22. Juni 2009 und 21. Oktober 2011 wurden vom Antragsteller nicht angefochten und sind deshalb bestandskräftig. Der Antragsteller hat damit die von der Auswahlrichtlinie vorgesehene Zahl der Teilnahmemöglichkeiten ausgeschöpft. Unerheblich ist, dass der Antragsteller für die Auswahljahre 2009 und 2011 den Laufbahnwechsel jeweils selbst beantragt hatte, während er für das hier strittige Auswahljahr 2012 - neben einem erneuten eigenen Antrag - zunächst durch seinen Disziplinarvorgesetzten vorgeschlagen wurde (Schreiben des ... vom 20. Dezember 2011). Die Beschränkung der Wiederholungsmöglichkeiten bezieht sich auf die Teilnahme am Auswahlverfahren, nicht auf die jeweilige Form der Bewerbung (Vorschlag durch den Disziplinarvorgesetzten oder eigener Antrag, Nr. 1204 ZDv 20/7). b) Die Beschränkung auf eine Möglichkeit der Wiederholung ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil sie lediglich in Nr. 3.4 Abs. 3 Satz 2 der Auswahlrichtlinie und damit nur in einer Verwaltungsvorschrift geregelt ist. Die Beschränkung der Zahl der Möglichkeiten, am Auswahlverfahren für einen horizontalen Laufbahnwechsel innerhalb der Laufbahngruppe der Offiziere (von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes) teilzunehmen, bedarf keiner normativen Grundlage. aa) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass das Auswahlverfahren für den Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes grundsätzlich keiner - über die bestehenden Vorschriften hinausgehenden - normativen Regelung im Soldatengesetz bzw. in der Soldatenlaufbahnverordnung bedarf (vgl. - auch zum Folgenden - Beschluss vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5 Rn. 44 ff.). Nach § 27 Abs. 1 SG und § 93 Abs. 1 Nr. 2 SG werden Vorschriften über die Laufbahnen der Soldaten nach den Grundsätzen des § 27 Abs. 2 bis Abs. 6 SG durch Rechtsverordnung der Bundesregierung erlassen. Diese Verordnungsermächtigung trägt dem Vorbehalt des Gesetzes gemäß Art. 80 Abs. 1 GG in dem erforderlichen Umfang Rechnung. Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es nicht erforderlich, dass die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie nur irgend möglich formuliert und gefasst ist; sie hat von Verfassungs wegen (nur) hinreichend bestimmt zu sein. Danach kann zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das von der gesetzlichen Regelung insgesamt verfolgte Ziel (auch unter Heranziehung der Entstehungsgeschichte) der Norm berücksichtigt werden. Die Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen sind von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig; geringere Anforderungen sind vor allem bei vielgestaltigen Sachverhalten zu stellen oder wenn zu erwarten ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse alsbald ändern werden (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 - BVerfGE 58, 257 <277 f.>). Die Verordnungsermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG, auf deren Grundlage die Soldatenlaufbahnverordnung (hier: i.d.F. der Bek. vom 19. August 2011, BGBI I S. 1813) durch die Bundesregierung erlassen worden ist, begegnet bei Anlegung dieser Maßstäbe keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG legt Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung für die Regelungen der Laufbahnen der Soldaten in der Soldatenlaufbahnverordnung fest. Der Inhalt der Ermächtigung erstreckt sich auf die Verwirklichung des Laufbahnprinzips im soldatischen Dienstrecht. Das Laufbahnprinzip gibt dem in Art. 33 Abs. 2 GG festgelegten Grundsatz der Bestenauslese für Soldaten insoweit Konturen, als es von den Bewerbern, die für bestimmte soldatische Verwendungsbereiche nach ihrer zivilen Vor- und Ausbildung ausgewählt worden sind, regelmäßig weitere militärisch geprägte Ausbildungsmaßnahmen verlangt, die zur Erlangung der Laufbahnbefähigung in der jeweiligen Laufbahn - und ggf. vor Beförderungen - erfolgreich abgeschlossen werden müssen (Eichen in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2. Auflage 2010, § 27 Rn. 9). Hinsichtlich des Zwecks und des Ausmaßes der Ermächtigung dokumentiert § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SG hinreichend deutlich, dass der Zugang zu den Laufbahnen der Unteroffiziere und der Offiziere vorrangig den Regelbewerbern eröffnet sein soll, deren Verwendung und Werdegangsgestaltung sich in der Laufbahn vollzieht, für die sie eingestellt und ausgebildet werden. Außerdem ermöglicht die Ermächtigung in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 SG für die Laufbahnen der Offiziere die Laufbahnzulassung in Gestalt des sog. vertikalen Laufbahnwechsels durch den Aufstieg aus den Laufbahnen der Unteroffiziere in die Laufbahnen der Offiziere. Die wesentlichen Regelungen für den Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes sind in § 3 SLV (einschließlich der Anlage zur SLV) i.V.m. §§ 23 ff. SLV für Regelbewerber und in § 29 SLV für Aufstiegsbewerber aus den Laufbahnen der Unteroffiziere getroffen worden. Für den hier strittigen sog. horizontalen Laufbahnwechsel innerhalb derselben Laufbahngruppe aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes fordert § 6 Abs. 2 Satz 1 SLV als einzige normative Bestimmung lediglich die Befähigung des Bewerbers für die neue Laufbahn. Einer weitergehenden normativen Regelung bedarf dieser horizontale Laufbahnwechsel entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht. Mit der Konzentration auf spezifische Regelungen für die Einstellung und für den Aufstieg in die Laufbahnen der Offiziere hat der Gesetzgeber in § 27 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 bis Abs. 6 SG klar zum Ausdruck gebracht, dass der horizontale Laufbahnwechsel insbesondere mit Rücksicht auf die unterschiedliche fachliche Ausgestaltung der verschiedenen Laufbahnen der Offiziere eine Ausnahme darstellen soll und von Gesetzes wegen nicht für erforderlich gehalten wird. Wenn der Bundesminister der Verteidigung ausnahmsweise zusätzlich den Zugang zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes im Rahmen eines horizontalen Wechsels aus der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes eröffnet, erweitert er zugunsten der Soldaten, die - anders als die Regel- und Aufstiegsbewerber - bereits Offiziere sind, deren Verwendungsmöglichkeiten. Das stellt eine im Wesentlichen vom Ermessen des Bundesministers der Verteidigung getragene Verwendungsregelung dar, die über die gesetzlichen Anordnungen zum Laufbahnzugang hinausgeht. Es ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesminister der Verteidigung die Zulassung eines horizontalen Wechsels in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes lediglich im Erlasswege in Kapitel 12 der ZDv 20/7 und in der Auswahlrichtlinie vom 21. November 2007 geregelt hat. bb) Auch speziell die Beschränkung der Zahl der Möglichkeiten, an dem Auswahlverfahren für den Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes teilzunehmen, bedarf keiner normativen Grundlage (insoweit offen gelassen in dem Beschluss vom 21. Juli 2011 a.a.O. - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5 Rn. 48). Ein solches Erfordernis ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG). Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Grundsatz der Bestenauslese bzw. Leistungsprinzip). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Grundsatz der Bestenauslese ist sowohl auf der Ebene der Verfassung als auch auf der Ebene des Soldatengesetzes uneingeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Belange, die nicht in diesem Grundsatz verankert sind, sondern diesen durchbrechen, einschränken oder modifizieren, können bei der Bewerberauswahl nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen außerhalb von Art. 33 Abs. 2 GG ebenfalls Verfassungsrang bzw. - bezogen auf § 3 Abs. 1 SG - Gesetzesrang eingeräumt ist. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Exekutive, sondern nur um Fragen des optimierenden Ausgleichs mit anderen geschützten Interessen geht, bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss ihrerseits dem Zweck des Grundsatzes der Bestenauslese Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (vgl. zum Ganzen zuletzt Beschluss vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 1 WB 51.12 - Rn. 28 f. m.w.N. <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen>). Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen allerdings beschränkt auf Entscheidungen über höherwertige Verwendungen. Denn die Erweiterung der Reichweite des Leistungsgrundsatzes über Ernennungen hinaus auch auf Verwendungsentscheidungen ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass in der Praxis der Bundeswehr die Entscheidung über die höherwertige Verwendung die nachfolgende Entscheidung über eine der Dotierung des Dienstpostens entsprechende Beförderung in ein höheres Statusamt wesentlich vorprägt. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist deshalb ein Eignungs- und Leistungsvergleich am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG regelmäßig, aber auch nur dann vorzunehmen, wenn über die Bewerbung mehrerer Soldaten um eine für sie jeweils höherwertige Verwendung zu entscheiden ist ("Förderungsbewerber"); ein Eignungs- und Leistungsvergleich ist hingegen nicht geboten, wenn der von einem Bewerber innegehabte und der von ihm angestrebte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind ("Versetzungsbewerber"; vgl. Beschluss vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 56 jeweils Rn. 22 = NZWehrr 2010, 257 m.w.N.; ebenso zur beamtenrechtlichen Versetzung oder Umsetzung ohne Statusänderung Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 <240> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31). In gleicher Weise wie bei einer reinen "Querversetzung" handelt es sich auch bei dem vom Antragsteller angestrebten horizontalen Laufbahnwechsel nicht um eine Entscheidung über eine höherwertige Verwendung, die dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Bestenauslese unterliegt. Dem Antragsteller geht es nicht um eine höherwertige Verwendung innerhalb seiner Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Er begehrt auch nicht, wie die Bewerber um den Aufstieg aus einer Unteroffizierslaufbahn in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes (§ 29 SLV), die Übernahme in eine höherwertige Laufbahn. Der Antragsteller möchte sich vielmehr mit dem Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes innerhalb derselben Laufbahngruppe von einer Offizierslaufbahn in eine andere, grundsätzlich gleichwertige Offizierslaufbahn (§ 3 SLV i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 und 9 der Anlage zur SLV) verändern. Kennzeichnend für diese Form des Laufbahnwechsel ist dabei, dass sich der Antragsteller die mit der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes verbundenen Karrieremöglichkeiten nicht wie ein Regelbewerber (§§ 23 ff. SLV), das heißt "grundständig" beginnend mit dem jeweiligen Einstellungsdienstgrad, erschließen will. Vielmehr möchte er den in der einen Offizierslaufbahn (militärfachlicher Dienst) erworbenen "Besitzstand", nämlich seinen Dienstgrad (Hauptmann) und die Wertigkeit der Planstelle, in die er eingewiesen ist (Besoldungsgruppe A 11), ungeschmälert in die neue andere Offizierslaufbahn (Truppendienst) transferieren. Dabei ist zu beachten, dass die Grundlagen dieses "Besitzstands" nicht - wie im Falle der Einstellung von Regelbewerbern mit einem höheren Dienstgrad (§§ 26, 27 SLV) - außerhalb der Bundeswehr in einer zivilen Ausbildung oder Berufstätigkeit, sondern innerhalb des Dienstverhältnisses und im Rahmen der Laufbahn erworben wurden, für die der Dienstherr den Antragsteller eingestellt, ausgebildet und gefördert hat. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Bewerber für einen horizontalen Laufbahnwechsel bereits rund die Hälfte bis zwei Drittel ihrer Gesamtdienstzeit absolviert und bis zur effektiven Übernahme in die neue Laufbahn weitere Ausbildungsschritte, wie insbesondere die erfolgreiche Teilnahme am Stabsoffizierlehrgang, zu durchlaufen haben (Nr. 1212 und 1213 ZDv 20/7, Nr. 3.6 und 3.7 der Auswahlrichtlinie). Ob und in welchem Umfang der Dienstherr Möglichkeiten des horizontalen Laufbahnwechsels eröffnet, ist deshalb vorrangig eine Frage des dienstlichen Interesses. bzw. des dienstlichen Bedürfnisses (vgl. zur entsprechenden Problematik im Beamtenrecht die Regelung über den horizontalen Laufbahnwechsel in § 42 Abs. 1 BLV - im Unterschied zum Aufstieg, §§ 35 ff. BLV - sowie Lemhöfer in: Lemhöfer/Leppek, Das Laufbahnrecht der Bundesbeamten, Stand Juni 2013, vor § 35 BLV 2009 Rn. 1 ff. und § 42 BLV 2009 Rn. 6). Der Bundesminister der Verteidigung ist damit befugt, im Erlasswege die Voraussetzungen für die Teilnahme am Auswahlverfahren für den (horizontalen) Wechsel von der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes zu regeln. Die Beschränkung auf zwei Teilnahmemöglichkeiten (eine Möglichkeit der Wiederholung), wie sie Nr. 3.4 Abs. 3 Satz 2 der Auswahlrichtlinie vorsieht, stellt dabei eine übliche und häufig anzutreffende Regelung für Auswahlverfahren oder Laufbahnprüfungen dar, die als solche rechtlich nicht zu beanstanden ist. c) Soweit der Antragsteller darüber hinaus die Bestimmung von Altersgrenzen (Nr. 1205 ZDv 20/7, Nr. 2.1 der Auswahlrichtlinie) und das Aufrufen (nur) von bestimmten Geburtsjahrgängen (Nr. 1.3 der Auswahlrichtlinie) beanstandet, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, weil diese Gesichtspunkte nicht entscheidungserheblich sind. Der Antragsteller befand sich bei allen Bewerbungen um einen Laufbahnwechsel, auch der hier strittigen, innerhalb der Altersgrenzen von mindestens 39 und höchstens 45 Lebensjahren. Die Ablehnung, den Antragsteller im Auswahljahr 2012 ein weiteres (drittes) Mal am Auswahlverfahren teilnehmen zu lassen, stützt sich demgemäß auch nicht auf die Überschreitung von Altersgrenzen, sondern ausschließlich darauf, dass der Antragsteller die Zahl der Teilnahmemöglichkeiten bereits ausgeschöpft habe. Da der Antragsteller bei der hier strittigen (dritten) Bewerbung bereits die Voraussetzungen für eine Teilnahme am Auswahlverfahren nicht mehr erfüllte, kommt es auch nicht darauf an, ob die Bedarfsermittlung nach Geburtsjahrgängen und der Aufruf bestimmter Geburtsjahrgänge zur Bedarfsdeckung zulässige Methoden und Kriterien bei der Auswahl für den Laufbahnwechsel darstellen. Soweit die zweite Bewerbung des Antragstellers um einen Laufbahnwechsel (Antrag vom 16. Februar 2010) daran scheiterte, dass im Auswahljahr 2011 im Geburtsjahrgang und Werdegang des Antragstellers kein Bedarf bestanden hat, ist der entsprechende ablehnende Bescheid des Personalamts vom 21. Oktober 2011 bestandskräftig.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020211&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020212
BVerwG
2. Senat
20140130
2 C 12/13
Urteil
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 5. Dezember 2012, Az: 1 A 140/12, Urteil vorgehend Verwaltungsgericht des Saarlandes, 27. März 2012, Az: 2 K 1567/10, Urteil
DEU
Die Klägerin beansprucht die Gewährung einer Zulage zum Ausgleich der infolge eines unfreiwilligen Dienstherrnwechsels eingetretenen Verringerung ihrer Dienstbezüge. Die Klägerin stand als Verwaltungsamtfrau (BesGr A 11 BBesO) im Dienst der Deutschen Rentenversicherung Bund und war als Beraterin in der Auskunfts- und Beratungsstelle Saarbrücken eingesetzt. Infolge der Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherungsträger ist sie seit 1. Januar 2008 im Dienst der Beklagten als dem für ihre Dienststelle zuständigen Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung tätig. Sie hat dasselbe Statusamt inne und ist weiterhin in Teilzeit beschäftigt. Die Bezüge, die die Klägerin nach dem Dienstherrnwechsel aufgrund der landesrechtlichen Bestimmungen von der Beklagten erhielt, blieben hinter denjenigen zurück, die sie bei Fortbestehen ihres Dienstverhältnisses zur Deutschen Rentenversicherung Bund erhalten hätte. Den Antrag, ihr hierfür eine Ausgleichszulage zu gewähren, lehnte die Beklagte ab. Für die Gewährung der begehrten Ausgleichszulage bedürfe es einer Statusveränderung. Überdies sei die Verringerung der Bezüge nicht im Zeitpunkt des Übertritts eingetreten, sondern erst nachträglich. Widerspruch, Klage und Berufung hiergegen sind erfolglos geblieben. In dem Berufungsurteil ist ausgeführt, maßgebend für die Beurteilung einer Verringerung seien diejenigen Bezüge, die die Klägerin im letzten Monat vor ihrem Übertritt bei ihrem früheren Dienstherrn erhalten hatte. Nach dem Übertritt wirksam gewordene Erhöhungen für das bisherige Amt seien nicht geeignet, einen Anspruch auf Zahlung der Ausgleichszulage zu begründen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision. Sie beantragt, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 5. Dezember 2012 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. März 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. April 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 17. September 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr ab dem 1. Januar 2008 eine Ausgleichszulage nach § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG i.V.m. § 13 Abs. 1 BBesG a.F. zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hat Anspruch auf die Gewährung der begehrten Zulage. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 4 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes zu Übergangsregelungen zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9. Dezember 2004 - RVOrgRefÜG - (BGBl I S. 3242 <3292 ff.>). Danach ist für Beamte, die aufgrund § 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG in den Dienst des für ihre bisherige Dienststelle zuständigen Regionalträgers der gesetzlichen Rentenversicherung übergetreten sind, § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 - BBesG a.F. - (BGBl I S. 3020 <3025>; vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Gesetzesfassung auch § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG in der Fassung vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 <271>) anzuwenden (1.). Durch die danach zu gewährende Zulage werden auch Verringerungen der Dienstbezüge eines Beamten ausgeglichen, die sich aus der unterschiedlichen Entwicklung der Besoldung im Bund und in den Ländern ergeben (2.). 1. Die Klägerin wurde aufgrund ihrer vorangegangenen Beratertätigkeit durch das nach § 3 Abs. 4 RVOrgRefÜG erlassene Rahmenkonzept, das nicht Bestandteil dieses Gesetzes ist, zur Dienstleistung bei der Beklagten bestimmt (vgl. § 128 Abs. 4 und Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BRRG). Zum 1. Januar 2008 übernahm die Beklagte die Klägerin in ihren Dienst (vgl. zu deren Dienstherrnfähigkeit § 144 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2004, BGBl I S. 3242 <3259>). Dieser Übertritt fand nicht unmittelbar kraft Gesetzes statt, weil § 3 Abs. 1 und 4 RVOrgRefÜG die für eine gesetzliche Überleitung maßgeblichen Fragen, wie etwa den Zeitpunkt und das verliehene Amt, nicht abschließend normieren (Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 2 C 50.10 - Buchholz 230 § 128 BRRG Nr. 9 Rn. 12). Vielmehr gehen die Beteiligten ausweislich ihrer Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat davon aus, dass der Übertritt der Klägerin mit dem ihr zugegangenen Schreiben vom 15. November 2007 bewirkt werden sollte. Der Aushändigung einer Ernennungsurkunde bedurfte es hierfür nicht (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 37.03 - BVerwGE 122, 58 <63> = Buchholz 230 § 123 BRRG Nr. 5 S. 7). Auf die beamten- und besoldungsrechtliche Stellung finden damit die im Bereich des neuen Dienstherrn geltenden Vorschriften Anwendung (§ 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG i.V.m. § 129 Abs. 4 und 1 i.V.m. § 18 Abs. 4 BRRG). Die Höhe der Dienstbezüge richtet sich nach dem auch für mittelbare Landesbeamte maßgeblichen Saarländischen Besoldungsgesetz. Dies gilt auch dann, wenn hiermit eine Verschlechterung gegenüber den vom alten Dienstherrn gewährten Dienstbezügen verbunden sein sollte. Verringern sich die Dienstbezüge eines Beamten, weil er aufgrund § 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG in den Dienst eines anderen Rentenversicherungsträgers übergetreten ist, erhält er aber eine Ausgleichszulage. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG ist für diese Beamte § 13 Abs. 1 Nr. 1 BBesG a.F. anzuwenden. Der Übertritt in den Dienst des jeweiligen Regionalträgers wird damit der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG a.F. geregelten Versetzung gleichgestellt. Deshalb muss auch die Höhe der Ausgleichszahlungen entsprechend berechnet werden, anderweitige Vorschriften hierzu sind nicht ersichtlich. Eines zusätzlichen Verweises auf die Berechnungsvorschriften in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 5 BBesG a.F. bedurfte es angesichts der gewählten Regelungstechnik nicht (a.A. OVG Saarlouis, Urteil vom 5. Dezember 2012 - 1 A 140/12 - juris Rn. 38). Die Zulagengewährung ist im Falle einer Bezügeverringerung auch eröffnet, wenn der Beamte in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt übergetreten ist. Der von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG a.F. in Bezug genommene § 26 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 31. März 1999 (BGBl I S. 675 <681>) umfasst auch Versetzungen in ein Amt mit demselben Grundgehalt. 2. Mit dieser Ausgleichszulage werden nicht nur die im Zeitpunkt des Dienstherrnwechsels bestehenden, sondern auch später eintretende Unterschiede ausgeglichen. Der Wortlaut der Vorschrift spricht gegen eine statische, nur den im Zeitpunkt des Übertritts bestehenden Unterschied erfassende Besitzstandswahrung. Eine Bezugnahme auf diesen Zeitpunkt enthält § 13 Abs. 1 BBesG a.F. - anders als etwa die in § 19b Abs. 2 Satz 1 BBesG in der Fassung vom 15. März 2012 (BGBl I S. 462) getroffene Regelung - nicht. Die Berechnungsanordnung in § 13 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F., nach der die Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seinen jeweiligen Dienstbezügen und den Dienstbezügen gewährt wird, die dem Beamten in seiner bisherigen Verwendung zugestanden hätten, setzt vielmehr eine dynamische Entwicklung voraus. Entsprechendes gilt für die Anordnung in § 13 Abs. 1 Satz 5 BBesG a.F. Auch die gesetzliche Systematik deutet auf ein rechts- und nicht nur besitzstandswahrendes Normverständnis hin. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG verweist auf § 13 Abs. 1 BBesG a.F. Die in § 13 Abs. 1 BBesG a.F. geregelte Ausgleichszulage sah indes - anders als etwa der in § 13 Abs. 2 BBesG a.F. vorgesehene Ausgleich für wegfallende Stellenzulagen - für aus dienstlichen Gründen veranlasste Statusveränderungen eine dynamische Ausgleichsregelung vor, die die Weiterentwicklung wie bei einem Verbleiben im bisherigen Amt berücksichtigt (vgl. Leihkauff, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band I, Stand: November 2013, § 13 BBesG Rn. 5.2; GKÖD, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band III, Stand: Dezember 2013, K § 13 Rn. 7 und 24). Damit nimmt der Beamte auch an nachträglichen Verbesserungen der Besoldung seines früheren Amtes teil. Des Weiteren entspricht die Annahme einer auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigenden Ausgleichsleistung dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Versetzung eines Beamten zu einem anderen Dienstherrn hat eine Statusänderung für den Beamten zur Folge (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 37.03 - BVerwGE 122, 58 Rn. 19) und setzt daher grundsätzlich seine Zustimmung voraus. Ohne Einverständnis des betroffenen Beamten kann ein Dienstherrnwechsel nur erfolgen, wenn sich eine Notwendigkeit hierzu aus der Umbildung von Körperschaften oder einer Änderung der Aufgabenverteilung dienstherrnfähiger Körperschaften ergibt (Urteil vom 26. November 2009 - BVerwG 2 C 15.08 - BVerwGE 135, 286 Rn. 14; BVerfG, Beschluss vom 26. November 1963 - 2 BvL 12/62 - BVerfGE 17, 172 <187 f.>). Der unfreiwillige Dienstherrnwechsel steht unter dem Grundsatz, dass die beamtenrechtliche Rechtsstellung des betroffenen Beamten im Rahmen des Möglichen gewahrt bleiben muss und nur insoweit verändert und beeinträchtigt werden darf, als dies wegen der Umbildung und deren Folgen unumgänglich ist (stRspr; vgl. Urteil vom 2. April 1981 - BVerwG 2 C 35.78 - BVerwGE 62, 129 <132> m.w.N. sowie zuletzt etwa Urteil vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 27.10 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 5 Rn. 30: "Gebot der größtmöglichen Wahrung der beamtenrechtlichen Rechtsstellung"). Auch die Materialien zur Entstehungsgeschichte bestätigen die Annahme, dass mit der Ausgleichszulage aus § 13 Abs. 1 BBesG a.F. eine dynamische Rechtsstandswahrung beabsichtigt war. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs sollte der Beamte in besoldungsrechtlicher Hinsicht so gestellt werden, als übe er die bisherige Verwendung noch aus (BTDrucks 13/3994, S. 38). So ist die Vorschrift in der Praxis auch verstanden worden (Ziffer 13.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz des Bundesministeriums des Inneren vom 11. Juli 1997 in der Fassung vom 26. Juli 2000, D II 3 - 221 710/1). Das Ergebnis der Auslegung von § 13 Abs. 1 BBesG a.F. entspricht ferner der Rechtshistorie: Hinsichtlich der finanziellen Folgen entsprechender Organisationsmaßnahmen sah bereits § 23 Abs. 1 des Reichsbesoldungsgesetzes vom 30. April 1920 (RGBl S. 805) vor, dass Beamte, die infolge einer Umbildung der Reichsbehörden aus Anlass der Umgestaltung des Staatswesens aus dienstlichen Rücksichten in Stellen von geringerem Diensteinkommen verwendet wurden, während der Dauer dieser Verwendung das Grundgehalt erhielten, dass sie in ihrer früheren Stelle bezogen hätten. Beamte, die gegen ihren Willen in ein Amt mit einem niedrigeren Grundgehalt versetzt worden sind, erhielten "zum Ausgleich" die Bezüge ihres bisherigen Amtes damit weiter. Seit Inkrafttreten des § 13 BBesG in der Fassung des 2. BesVNG vom 23. Mai 1975 (BGBl I S. 1173) war der finanzielle Ausgleich des Verwendungswechsels in der Form einer Zulagenregelung ausgestaltet worden. Damit sollte "im Interesse der Besoldungswahrheit" eine dauerhafte Besoldung aus einer Besoldungsgruppe, die nicht dem innegehabten Amt entspricht, vermieden werden (Leihkauff a.a.O. § 13 BBesG Rn. 2). Daran, dass der Beamte im Ergebnis eine "fiktive Besoldung" erhielt, als übe er die bisherige Verwendung noch aus, änderte sich jedoch nichts (vgl. BTDrucks 13/3994, S. 38). Eines gesonderten Antrags für die Gewährung der Ausgleichszulage bedurfte es nicht (stRspr; vgl. zuletzt etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Die Ausgleichszulage ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG Teil der Besoldung, die durch Gesetz geregelt und unverzichtbar ist (§ 2 Abs. 1 und 3 BBesG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020212&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020213
BVerwG
4. Senat
20140220
4 CN 1/13
Urteil
§ 47 Abs 2a VwGO, § 3 Abs 2 BauGB, § 4a Abs 3 BauGB, § 4 Abs 2 BauGB
vorgehend Hamburgisches Oberverwaltungsgericht, 19. Dezember 2012, Az: 2 E 11/11.N, Urteil
DEU
Präklusion bei unterbliebener erneuter Stellungnahme zu wiederholt ausgelegtem Bebauungsplanentwurf
Im Falle mehrfacher öffentlicher Auslegung eines Bebauungsplanentwurfs muss ein Antragsteller jedenfalls dann innerhalb der Auslegungsdauer einer weiteren öffentlichen Auslegung Einwendungen erheben, wenn die Umplanung deshalb erfolgte, um den Eigentümerinteressen des Antragstellers angemessen Rechnung zu tragen. Unterbleibt eine Stellungnahme, ist der Antragsteller mit einem Normenkontrollantrag gemäß § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Bebauungsplans O. der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines 482 qm großen Grundstücks, das straßenseitig mit einem dreigeschossigen Wohngebäude und im Inneren mit einem in geschlossener Bauweise errichteten ein- bis zweigeschossigen Hofgebäude bebaut ist. Ein Baustufenplan weist das Gebiet, in welchem sich dieses Grundstück befindet, als Mischgebiet mit viergeschossiger Bauweise aus. Ferner ist das Grundstück Teil eines Sanierungsgebiets. Im Oktober 2001 beschloss die Antragsgegnerin die Aufstellung des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans. Nach dem ursprünglichen Planentwurf sollte der vollständige hintere (innere) Bereich des Grundstücks der Antragstellerin als private Grünfläche festgesetzt werden. Die (erste) förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB fand in der Zeit vom 27. August bis 28. September 2007 statt. In der hierzu ergangenen öffentlichen Bekanntmachung vom 14. August 2007 wurde u.a. darauf hingewiesen, dass ein Antrag nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung unzulässig sei, soweit mit ihm nur Einwendungen geltend gemacht würden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht wurden, aber hätten geltend gemacht werden können. Einwendungen gegen den Bebauungsplanentwurf erhob die Antragstellerin in diesem Zeitraum nicht. Im weiteren Verfahrensverlauf änderte die Antragsgegnerin einige Festsetzungen im Planentwurf, die sich jedoch nicht auf das Grundstück der Antragstellerin bezogen, und legte den Entwurf erneut aus (vom 1. September bis 15. September 2008). Sie beschränkte dabei die Möglichkeit von Einwendungen auf die geänderten Teile des Bebauungsplans. Auf die Folgen verspäteter oder fehlender Einwendungen für einen Normenkontrollantrag wies sie in der Bekanntmachung vom 19. August 2008 hin. Mit Schreiben vom 11. September 2008 wandte sich die Antragstellerin gegen den Planentwurf und beanstandete die Ausweisung einer privaten Grünfläche auf ihrem Grundstück. In der Folgezeit entschloss sich die Antragsgegnerin zu einer (weiteren) Umplanung. Die private Grünfläche auf dem Grundstück der Antragstellerin wurde verkleinert und verschoben sowie ein Baufenster zum Teilerhalt des Hofgebäudes ausgewiesen. Anschließend führte die Antragsgegnerin eine (dritte) förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung durch (vom 23. März bis 7. April 2009), beschränkte aber erneut die Möglichkeit von Einwendungen auf die geänderten Teile des Bebauungsplans. Auf die Folgen verspäteter oder fehlender Einwendungen für einen Normenkontrollantrag wies sie - entsprechend dem Hinweis in der Bekanntmachung vom 14. August 2007 - hin. Während dieses Auslegungszeitraums erhob die Antragstellerin keine Einwendungen. Nach Zustimmung der Bezirksversammlung wurde die Verordnung über den Bebauungsplan O. am 27. Mai 2010 erlassen und am 11. Juni 2010 verkündet. Den von der Antragstellerin am 1. Juni 2011 erhobenen Normenkontrollantrag hat das Oberverwaltungsgericht als unzulässig abgelehnt. Die Antragstellerin sei gemäß § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert. Sie habe ihre Einwendungen nicht rechtzeitig im Rahmen der öffentlichen Auslegungen nach § 3 Abs. 2, § 4a Abs. 3 BauGB vorgebracht. Mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt die Antragstellerin die Verletzung des § 47 Abs. 2a VwGO. Die Auslegung der Norm durch das Oberverwaltungsgericht verstoße gegen Art. 19 Abs. 4, Art. 14 Abs. 1 GG sowie den Grundsatz des rechtlichen Gehörs. Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ist unbegründet. Das angegriffene Urteil verstößt nicht gegen Bundesrecht. Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt. Die Antragstellerin ist mit dem Antrag gemäß § 47 Abs. 2a VwGO präkludiert. Gemäß § 47 Abs. 2a VwGO ist der Antrag einer natürlichen oder juristischen Person, der einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat, unzulässig, wenn die den Antrag stellende Person nur Einwendungen geltend macht, die sie im Rahmen der öffentlichen Auslegung (§ 3 Abs. 2 BauGB) nicht oder verspätet geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können, und wenn auf diese Rechtsfolge im Rahmen der Beteiligung hingewiesen worden ist. Die Voraussetzungen der Norm liegen vor. 1. Die Antragstellerin hat sich im Normenkontrollverfahren dagegen gewandt, dass ein Teil ihres Grundstücks durch den Bebauungsplan O. als private Grünfläche ausgewiesen worden ist. Diesen Einwand hat sie im Rahmen der dritten und letzten öffentlichen Auslegung des Planentwurfs vom 23. März bis 7. April 2009 nicht geltend gemacht, obwohl ihr dies möglich gewesen wäre. § 47 Abs. 2a VwGO belastet den Antragsteller mit der Obliegenheit, "im Rahmen der öffentlichen Auslegung" nach § 3 Abs. 2 BauGB Einwendungen zu erheben. Eine öffentliche Auslegung ist auch eine Auslegung, die nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, weil der Entwurf des Bebauungsplans nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 BauGB geändert oder ergänzt wird. § 47 Abs. 2a VwGO knüpft die Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags an die unterbliebene oder verspätete Geltendmachung von Einwendungen im Rahmen der öffentlichen Auslegung, ohne danach zu unterscheiden, ob es sich um eine erstmalige oder eine erneute Auslegung handelt. Wenn der Entwurf eines Bebauungsplans wegen einer Ergänzung oder Änderung nach dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 BauGB gemäß § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB nochmals ausgelegt und wenn - wie hier - bestimmt wird, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen abgegeben werden können, muss der Antragsteller deshalb grundsätzlich Einwendungen gegen die sein Grundstück betreffenden Änderungen oder Ergänzungen erheben, wenn er mit ihnen nicht einverstanden ist und sich die Möglichkeit eines Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO offen halten möchte. Es mag Fallgestaltungen geben, in denen ausnahmsweise keine Obliegenheit besteht, dass ein Antragsteller im Rahmen einer nochmaligen öffentlichen Auslegung Einwendungen erhebt. Da § 47 Abs. 2a VwGO zum Ziel hat, die jeweiligen Interessen rechtzeitig dem Abwägungsmaterial hinzuzufügen und im Hinblick auf die grundsätzliche Aufgabenverteilung zwischen Plangeber und den Verwaltungsgerichten zu verhindern, dass sachliche Einwendungen ohne Not erst im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden (BTDrucks 16/2496 S. 18, Urteile vom 26. April 2007 - BVerwG 4 CN 3.06 - BVerwGE 128, 382 Rn. 22, vom 24. März 2010 - BVerwG 4 CN 3.09 - BauR 2010, 1051 = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 178 Rn. 14, vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 4 CN 4.09 - BVerwGE 138, 84 Rn. 16 und vom 18. November 2010 - BVerwG 4 CN 3.10 - BVerwGE 138, 181 Rn. 10), mag dies etwa in solchen Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen, in denen ein Antragsteller im Rahmen einer vorhergehenden öffentlichen Auslegung zulässigerweise Einwendungen gegen die Planung erhoben hat und aus Sicht der Gemeinde kein vernünftiger Zweifel bestehen kann, dass sein Abwehrwille auch gegen die geänderte Planung fortbesteht. So hat der Senat bereits entschieden, dass ein anhängiger Normenkontrollantrag nicht nachträglich gemäß § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig wird, wenn eine Gemeinde während eines anhängigen Normenkontrollverfahrens ein ergänzendes Verfahren durchführt und der Antragsteller im Rahmen der erneuten öffentlichen Auslegung keine Einwendungen vorbringt. Reagiere der Antragsteller auf das ergänzende Verfahren nicht mit einer Erledigungserklärung, sei nämlich davon auszugehen, dass sich sein Abwehrwille auch gegen den Bebauungsplan in der Gestalt richte, die er durch das ergänzende Verfahren finden solle (vgl. Urteil vom 24. März 2010 a.a.O. Rn. 18). Ob und in welchen Fällen eine im Rahmen einer vorhergehenden öffentlichen Auslegung zulässigerweise erhobene Einwendung im Vorfeld eines Normenkontrollverfahrens den Eintritt der Präklusion verhindert, braucht aus Anlass des vorliegenden Falles nicht entschieden zu werden. Eine frühere Einwendung macht eine Einwendung im Rahmen einer erneuten Auslegung jedenfalls dann nicht entbehrlich, wenn Festsetzungen für das Grundstück des Antragstellers geplant sind, die von der ursprünglichen Planung abweichen und den Antragsteller weniger belasten als anfänglich vorgesehen, aber gleichwohl nicht seine Billigung finden. Würde der Antragsteller aus der Obliegenheit entlassen, eine weitere Stellungnahme abzugeben, wäre die Gemeinde dem Risiko ausgesetzt, dass sie in der Annahme, er sei mit der geänderten Planung einverstanden, seine konkreten Belange verkennt und nicht mehr vor dem Satzungsbeschluss in die Entscheidung einstellen kann (vgl. OVG Münster, Urteil vom 19. Dezember 2011 - 2 D 14/10.NE - BauR 2012, 915 = ZfBR 2012, 463 = juris Rn. 39). Für den Antragsteller bedeutet dies, dass er den Ablauf des Bebauungsplanverfahrens bis zum Erlass des Plans verfolgen und seinen Abwehrwillen auch gegen den geänderten Plan zum Ausdruck bringen muss. Unzumutbares wird ihm damit nicht abverlangt. Aufgrund der in § 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BauGB normierten Hinweispflichten, die nach § 4a Abs. 3 Satz 1 BauGB auch im Fall einer erneuten Auslegung des Planentwurfs gelten, ist sichergestellt, dass er sowohl über seine Obliegenheit zur Erhebung von Einwendungen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung als auch über die Folgen der Nichtbeachtung informiert wird. Mit einer unverhältnismäßig hohen, mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) nicht vereinbaren Hürde für die Erlangung gerichtlichen Rechtsschutzes wird er nicht konfrontiert (vgl. Urteil vom 18. November 2010 a.a.O. Rn. 12), zumal die Möglichkeit, den Bebauungsplan in einem (späteren) verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegebenenfalls inzident überprüfen zu lassen, durch § 47 Abs. 2a VwGO nicht berührt wird (Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 47 Rn. 257c). Ein Fall, in dem ein Antragsteller zur Vermeidung des Eintritts der Präklusion nach § 47 Abs. 2a VwGO im Rahmen einer nochmaligen Auslegung Einwendungen geltend machen muss, liegt hier vor. Die Antragstellerin war nach ihrer Stellungnahme im Rahmen der zweiten Öffentlichkeitsbeteiligung mit der Ausweisung der gesamten hinteren Grundstücksfläche als Grünfläche nicht einverstanden, weil sie das aufstehende Hofgebäude erhalten wollte, das nach dem Sanierungskonzept der Antragsgegnerin komplett beseitigt werden sollte. Mit der Änderung des Planentwurfs, wie er der dritten Auslegung zugrunde lag - Reduzierung der Grünfläche und Festsetzung eines Baufensters zum Teilerhalt des Hofgebäudes -, ist die Antragsgegnerin der Antragstellerin entgegen gekommen. Da sich die Stellungnahme der Antragstellerin auf eine andere Planung bezogen hatte, hätte sie im Rahmen der dritten Auslegung dazu vortragen müssen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie ihre bisherigen Einwendungen aufrecht erhalten will. Das hat sie nicht getan. 2. Die Antragsgegnerin hat auf die Folgen unterbliebener oder verspäteter Einwendungen in der Bekanntmachung der dritten Auslegung des Planentwurfs hingewiesen. Der Umstand, dass der Hinweis vom Text des § 47 Abs. 2a VwGO abwich und sich stattdessen am Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB in der durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3316) geänderten Fassung orientierte, steht dem Eintritt der Präklusionswirkung nicht entgegen; denn die von der Antragsgegnerin verwendete Belehrung war nicht geeignet, einen von den Festsetzungen eines künftigen Bebauungsplans Betroffenen irrezuführen und von der rechtzeitigen Geltendmachung von Einwendungen abzuhalten (vgl. Urteil vom 27. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 16). 3. Der Eintritt der Rechtsfolge des § 47 Abs. 2a VwGO hängt zusätzlich davon ab, dass die Auslegung des Planentwurfs (§ 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) und die ortsübliche Bekanntmachung ihres Orts und ihrer Dauer (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BauGB) ordnungsgemäß erfolgt sind (vgl. Urteil vom 18. November 2010 a.a.O. Rn. 14). Diese Voraussetzungen sind nach den tatsächlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts erfüllt (UA S. 20 f).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020213&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020214
BVerwG
2. Wehrdienstsenat
20130719
2 WD 34/12
Beschluss
§ 91 WDO 2002, § 120 Abs 1 WDO 2002, § 17 Abs 1 WDO 2002, § 275 Abs 1 S 2 Halbs 1 StPO, Art 19 Abs 4 GG
vorgehend Truppendienstgericht Süd, 17. April 2012, Az: S 5 VL 20/11, Urteil
DEU
Verfahrensmangel; Überschreitung der Urteilsabsetzungsfrist; Zurückverweisung; Ermessensausübung
Der 1950 geborene frühere Soldat war seit September 1990 Berufssoldat und zuletzt im September 1999 zum Oberstarzt befördert worden. Mit Ablauf des Juli 2009 wurde er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. 1. Nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens mit Verfügung des Bundesministers der Verteidigung vom 9. August 2010 wurde der frühere Soldat auf der Grundlage der Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 20. Juli 2011 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. April 2012 durch das am selben Tage verkündete Urteil der 5. Kammer des Truppendienstgerichts Süd wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Oberfeldarztes a.D. herabgesetzt. Das schriftliche Urteil wurde mit Gründen am 6. Juni 2012 zu den Akten gebracht. Gegen das dem früheren Soldaten am 8. Juni 2012 zugestellte Urteil hat er mit am 6. Juli 2012 beim Truppendienstgericht Süd eingegangenem Schriftsatz in vollem Umfang Berufung eingelegt mit dem Ziel eines Freispruchs. Die Berufungsbegründung greift die tatsächlichen Feststellungen des Truppendienstgerichts und deren rechtliche Würdigung als Dienstpflichtverletzungen im Einzelnen an. 2. Unter dem 28. Mai 2013 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das am 17. April 2012 verkündete Urteil erst am 6. Juni 2012 mit Gründen zu den Akten gelangt war. Sie haben Gelegenheit erhalten, sich zu einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung der Sache wegen eines schweren Verfahrensmangels zu äußern. Der frühere Soldat tritt einer solchen Entscheidung ausdrücklich nicht entgegen. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat sich gegen eine Zurückverweisung ausgesprochen. Zwar liege ein Verstoß gegen § 275 Abs. 1 StPO vor, der auch einen schweren Mangel des Verfahrens begründen möge; dies verlange jedoch nicht zwingend die Zurückverweisung der Sache, weil selbst im Strafverfahren der Fristwahrung Bedeutung nur bei Revisionen (§ 338 Nr. 7 Alt. 2 StPO) zukäme. Der Senat habe in ständiger Rechtsprechung unter Berufung auf das Beschleunigungsgebot entschieden, dass sowohl bei einer maßnahmebeschränkten als auch bei einer vollumfänglichen Berufung kein Grund bestehe, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen. Da der Soldat in vollem Umfang Berufung eingelegt habe, habe der Senat auch alle Möglichkeiten, das erstinstanzliche Urteil inhaltlich zu überprüfen. Auf ein entsprechendes Auskunftsersuchen hat der Präsident des Truppendienstgerichts Süd mitgeteilt, dass der für das Verfahren der Vorinstanz zuständige und zwischenzeitlich in den Ruhestand getretene Vorsitzende Richter am Truppendienstgericht zwischen dem 17. April 2012 und dem 22. Mai 2012 weder arbeitsunfähig erkrankt noch urlaubsbedingt abwesend gewesen sei. Die Beteiligten hatten auch hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die zulässige Berufung (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO) führt zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung, weil ein schwerer Mangel des Verfahrens vorliegt (§ 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO). Die Entscheidung ergeht durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung (§ 120 Abs. 1 WDO) in der Besetzung mit drei Richtern (§ 80 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 WDO). Den Beteiligten ist gemäß § 120 Abs. 2 WDO vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. 1. Da das Rechtsmittel in vollem Umfang eingelegt worden ist, hat der Senat uneingeschränkt zu prüfen, ob das Verfahren Mängel im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 WDO aufweist; dies ist der Fall. a) Das in der Sache des früheren Soldaten am 17. April 2012 verkündete Urteil des Truppendienstgerichts Süd gelangte am 6. Juni 2012 zu dessen Geschäftsstelle, sodass gegen den gemäß § 91 WDO entsprechend anwendbaren § 275 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 StPO verstoßen wurde; er sieht vor, dass das mit Gründen versehene Urteil spätestens fünf Wochen nach seiner Verkündung zu den Akten zu bringen ist. Umstände gemäß § 275 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 StPO, die den Lauf einer längeren Frist ausgelöst hätten, liegen nicht vor. Umstände im Sinne des § 275 Abs. 1 Satz 4 StPO, die ausnahmsweise ein Überschreiten der Frist zulassen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere war der Vorsitzende Richter der Truppendienstkammer als einziger Berufsrichter des Kollegialgremiums in den fünf Wochen nach der Verkündung des Urteils nicht arbeitsunfähig erkrankt (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 56. Auflage 2013, § 275 Rn. 14 m.w.N.). Auf eine Erkrankung von Kanzlei- oder Geschäftsstellenmitarbeitern kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Es liegt in der Verantwortung der Gerichtsverwaltung, erforderlichenfalls für Vertretung zu sorgen. Durch den Ausfall von Schreibkräften bedingte Fristüberschreitungen sind daher nicht unabwendbar. b) Der Verfahrensmangel ist schwer im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 Alt. 2 WDO (Urteil vom 16. März 2004 - BVerwG 2 WD 3.04 - BVerwGE 120, 193 <195 f.> = Buchholz 235.01 § 93 WDO 2002 Nr. 1), weil gegen eine gesetzlich zwingende Regelung verstoßen wurde. Sie ist von der Erwägung getragen, dass ein so spät nach der Verkündung abgesetztes Urteil keine Gewähr mehr für eine Übereinstimmung seiner Gründe mit dem Ergebnis der Hauptverhandlung und der Beratung bietet (Urteil vom 31. März 1978 - BVerwG 2 WD 50.77 - BVerwGE 63, 23 <24>). 2. Trotz des schweren Verfahrensmangels ist der Senat nicht gezwungen, das Urteil des Truppendienstgerichts aufzuheben und die Sache an eine andere Kammer zurückzuverweisen (Urteil vom 16. März 2004 a.a.O.). Er hat vielmehr gemäß § 120 Abs. 1 WDO nach pflichtgemäßem Ermessen darüber zu entscheiden. Der Senat übt das Ermessen zugunsten einer Zurückverweisung an das Truppendienstgericht aus. Abzuwägen ist auf der einen Seite das - von diesem auch betonte und vom Gesetzgeber in § 17 Abs. 1 WDO als Beschleunigungsgebot normierte - Interesse des Dienstherrn und grundsätzlich auch des früheren Soldaten an einer das gerichtliche Disziplinarverfahren zeitnah endgültig abschließenden Entscheidung und auf der anderen Seite das Recht des früheren Soldaten darauf, dass über die vom Bund beantragte Disziplinarmaßnahme von den Wehrdienstgerichten unter Beachtung der gesetzlichen, auch seinem Interesse dienenden Verfahrensregelungen befunden wird. a) Zwar hat der frühere Soldat in vollem Umfang Berufung eingelegt, sodass der Senat eigene Tatsachen- und Schuldfeststellungen treffen könnte. Dadurch unterscheidet sich das vorliegende disziplinargerichtliche Berufungsverfahren von einem strafgerichtlichen Revisionsverfahren, bei dem der Verstoß gegen § 275 Abs. 1 StPO gemäß § 338 Nr. 7 Alt. 2 StPO deshalb als absoluter Revisionsgrund ausgewiesen ist, weil das Revisionsgericht ansonsten auf der Grundlage seiner Prüfung entzogener Tat- und Schuldfeststellungen eine Entscheidung treffen müsste, obwohl sie wegen der verfristeten Niederlegung der Urteilsgründe dubios erscheinen (Urteil vom 31. März 1978 a.a.O.). Da in der WDO keine Revision vorgesehen ist, konnte der Gesetzgeber für einen Verstoß gegen § 275 Abs. 1 StPO keine dem § 338 Nr. 7 StPO vergleichbare Regelung treffen. Im Übrigen würde das Fehlen einer solchen Regelung jedoch lediglich dagegensprechen, bei einem solchen Verstoß im disziplinargerichtlichen Berufungsverfahren von einer Zurückverweisungspflicht des Rechtsmittelgerichts auszugehen; es würde nichts darüber aussagen, von welchen Erwägungen sich das Rechtsmittelgericht bei seiner zu treffenden Ermessensentscheidung leiten lassen muss. Dass gemäß § 328 StPO im strafgerichtlichen Berufungsverfahren keine generelle Zurückverweisungsmöglichkeit bei schweren Verfahrensfehlern mehr besteht (so Meyer-Goßner a.a.O. § 328 Rn. 4), muss hier unberücksichtigt bleiben, da mit § 120 WDO für das gerichtliche Wehrdisziplinarverfahren eine spezielle Regelung gegeben ist. b) Allein der Umstand, dass der Senat bei einer uneingeschränkt eingelegten Berufung eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen hat (vgl. zu § 275 Abs. 1 StPO: Urteile vom 31. März 1978 a.a.O., vom 23. November 1989 - BVerwG 2 WD 50.86 - UA S. 93 <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 86, 218>, vom 8. Dezember 2010 - BVerwG 2 WD 24.09 - BVerwGE 138, 263 = Buchholz 449.7 § 27 SBG Nr. 4 und vom 16. März 2004 a.a.O. S. 196), kann die Ermessensausübung nicht dahingehend bestimmen, von einer Zurückverweisung (regelmäßig) abzusehen (anders noch: Urteile vom 23. November 1989 - BVerwG 2 WD 50.86 - UA S. 93, vom 3. Juli 2001 - BVerwG 2 WD 24.01 - UA S. 10 und vom 16. März 2004 - BVerwG 2 WD 3.04 - BVerwGE 120, 193 = Buchholz 235.01 § 93 WDO 2002 Nr. 1). Dies hätte zur Folge, dass Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens weitgehend bedeutungslos würden. Dadurch drohte nicht nur, dass zwingende gesetzliche Vorgaben - wie die des § 275 Abs. 1 StPO, aber auch des Art. 101 Abs. 1 GG (vgl. Beschluss vom 19. März 2013 - BVerwG 2 WD 13.12 - juris) - wie schlichte Ordnungsvorschriften behandelt würden; vor allem widerspräche dies der in § 120 Abs. 1, § 121 Abs. 2 WDO zum Ausdruck kommenden legislativen Wertung, dass das erstinstanzliche Verfahren im Rechtsmittelverfahren auch auf Verfahrensfehler zu überprüfen ist und diese von solchem Gewicht sein können, dass eine Zurückverweisung angezeigt ist. Sowohl der angeschuldigte Soldat wie auch die Wehrdisziplinaranwaltschaft haben Anspruch darauf, dass bereits im ersten Rechtszug nach Maßgabe der prozessrechtlichen Vorschriften nicht nur alle erforderlichen Maßnahmen zur hinreichenden Aufklärung der Sach- und Rechtslage ordnungsgemäß getroffen und die erhobenen Beweise nachvollziehbar gewürdigt werden, sondern auch, dass das Ergebnis der Beweiswürdigung in den Urteilsgründen niedergelegt wird. Nur so werden die Beteiligten in die Lage versetzt, verantwortlich darüber zu befinden, ob Berufung eingelegt werden soll (vgl. bereits Beschluss vom 27. März 2012 - BVerwG 2 WD 16.11 - Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 6 Rn. 36). Bei einer Überschreitung der Frist des § 275 Abs. 1 StPO ist Letzteres nach der Vermutung des Gesetzgebers nicht mehr gewährleistet. Als potenzieller Berufungsführer hat der Soldat Anspruch darauf, dass der mögliche Gegenstand seines Rechtsmittels in den Entscheidungsgründen das Ergebnis der Beratung dokumentiert, damit er auf dieser Grundlage über die Einlegung eines Rechtsmittels entscheiden kann. Dies kann der Senat auch bei einer uneingeschränkt eingelegten Berufung für die Entscheidung der Vorinstanz nicht leisten. c) Die Dauer des disziplinargerichtlichen Verfahrens ist allerdings auch bei einem Gesetzesverstoß der vorliegenden Art grundsätzlich geeignet, die gerichtliche Abwägungsentscheidung dahingehend zu beeinflussen, von einer Zurückverweisung abzusehen. Das Beschleunigungsgebot ist nicht nur in § 17 Abs. 1 WDO einfachgesetzlich verankert. Der Gesetzgeber hat dort sowohl dem Interesse des Dienstherrn an einer möglichst zeitnahen und damit wirkungsvollen disziplinarischen Ahndung von Dienstvergehen als auch dem Interesse des Soldaten an einer zügigen und für ihn somit möglichst schonenden Klärung der gegen ihn erhobenen Anschuldigung Rechnung getragen und das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG und aus dem objektiv-rechtlichen Rechtsstaatsgebot konkretisiert. Auch dieser abwägungsrelevante Aspekt ist damit verfassungsrechtlich verankert und von hoher Bedeutung (Beschluss vom 19. März 2013 a.a.O. Rn. 25). d) Vorliegend führt eine Zurückverweisung an die Vorinstanz sowohl wegen des konkreten Gewichts des Gesetzesverstoßes als auch wegen der im Raum stehenden Disziplinarmaßnahme aber nicht zu einer unangemessenen Verzögerung einer Sachentscheidung. Dies gilt umso mehr, als der durch das gerichtliche Disziplinarverfahren belastete frühere Soldat keine Einwände gegen eine Aufhebung und Zurückverweisung geltend gemacht hat (vgl. Urteil vom 19. Januar 2012 - BVerwG 2 WD 5.11 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 2 Rn. 23). Die Überschreitung der gemäß § 275 Abs. 1 StPO zu wahrenden Frist von fünf Wochen um mehr als zwei Wochen ist gravierend und dieser Gesetzesverstoß auch keiner Heilung im Berufungsverfahren zugänglich. Im Raum steht darüber hinaus eine Dienstgradherabsetzung, die für den im Ruhestand befindlichen Soldaten eine dauerhafte Absenkung seiner Versorgungsbezüge bedeuten würde. Bei einer derartig gravierenden Sanktion kommt der rechtsstaatlich einwandfreien Durchführung des Verfahrens besondere Bedeutung zu. 3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens und die Erstattung der dem Soldaten darin erwachsenen notwendigen Auslagen bleibt der endgültigen Entscheidung in dieser Sache vorbehalten, § 141 Abs. 1 und 2 WDO, wobei das Truppendienstgericht dem Obsiegen des früheren Soldaten im Rechtsmittelverfahren Rechnung zu tragen hat.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020214&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020215
BVerwG
7. Senat
20140220
7 C 37/11
EuGH-Vorlage
Art 16 Abs 3 EGRL 87/2003, Art 16 Abs 4 EGRL 87/2003, Art 6 Abs 2 Buchst e EGRL 87/2003, Art 12 Abs 3 EGRL 87/2003, Art 14 EGRL 87/2003, Art 15 EGRL 87/2003, § 6 Abs 1 TEHG, § 18 Abs 1 S 1 TEHG, Art 267 AEUV
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 20. Oktober 2011, Az: OVG 12 B 20.10, Urteil vorgehend VG Berlin, 11. Juni 2010, Az: 10 K 130.09, Urteil nachgehend EuGH, 29. April 2015, Az: C-148/14, Urteil nachgehend BVerwG, 4. August 2015, Az: 7 C 8/15, Urteil
DEU
Vorlage zur Vorabentscheidung; Emission von Treibhausgasen; Zahlungspflicht; Auslegung von Art. 16 EGRL 87/2003
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wird ausgesetzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union wird um Klärung folgender Frage im Wege der Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV gebeten: Ist Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL dahin auszulegen, dass die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung auch dann auferlegt werden muss, wenn der Betreiber bis zum 30. April eines Jahres eine Anzahl von Zertifikaten abgegeben hat, die den Gesamtemissionen entspricht, die er in seinem von der prüfenden Instanz als zufrieden stellend bewerteten Bericht über die Emissionen der Anlage im Vorjahr angegeben hat, die zuständige Behörde aber nach dem 30. April feststellt, dass die Gesamtmenge der Emissionen im geprüften Emissionsbericht fehlerhaft zu niedrig angegeben worden ist, der Bericht korrigiert wird und der Betreiber die weiteren Zertifikate innerhalb der neuen Frist abgibt?
I. Die Klägerin wendet sich gegen die Auferlegung einer Zahlungspflicht auf der Grundlage von § 18 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen vom 8. Juli 2004 (BGBl I S. 1578 - im Folgenden: TEHG). Die Klägerin betrieb bis zur Stilllegung im März 2008 eine Zuckerfabrik. Zu der Anlage gehörte ein emissionshandelspflichtiger Dampferzeuger. Einen Teil des erzeugten Heißdampfes nutzte sie in der betriebseigenen Trocknungsanlage zur thermischen Trocknung von Rübenschnitzeln. Nach Einführung des Emissionshandels teilte das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dem Verein der Zuckerindustrie auf dessen Anfrage in einem Schreiben vom 17. Juni 2004 mit, dass Trocknungsanlagen als zum Betrieb notwendige Anlagenbestandteile der Zuckerindustrie nicht dem Emissionshandel unterlägen. Ein im Verbund mit einer Anlage zur Herstellung oder Raffination von Zucker als Nebeneinrichtung betriebenes Kesselhaus zur Dampf- und Stromerzeugung sei hingegen emissionshandelspflichtig, wenn der Schwellenwert der Feuerungswärmeleistung überschritten sei. Die Klägerin erstellte für das Jahr 2005 einen Emissionsbericht. Der Bericht wies für den Dampferzeuger Gesamtemissionen in Höhe von 40 288 t Kohlendioxid aus. Diese Menge umfasste nicht die Emissionen, die bei der Erzeugung des Dampfes für den Betrieb der Trocknungsanlage angefallen waren. Eine sachverständige Stelle prüfte den Bericht, bewertete ihn als zufrieden stellend und erklärte ihr Einverständnis mit der Eintragung der ausgewiesenen Emissionen im Register. Der Bericht wurde über die zuständige Landesbehörde am 16. März 2006 an die Beklagte weitergeleitet. Zum 30. April 2006 gab die Klägerin eine dem Bericht entsprechende Anzahl von Emissionsberechtigungen an die Beklagte ab. Nach dem maßgebenden Abgabezeitpunkt prüfte die Beklagte den Emissionsbericht. Sie forderte die Klägerin zur Nachbesserung des Berichts u.a. hinsichtlich der Zuordnung der Brennstoffströme zu den verschiedenen Anlagenteilen auf und hörte sie zur Festsetzung einer Zahlungspflicht an. Die Klägerin machte geltend, sie sei aufgrund des Schreibens des Ministeriums der Auffassung gewesen, dass Trocknungsanlagen nicht emissionshandelspflichtig seien und deshalb auch die auf ihren Betrieb entfallenden Emissionen eines Dampferzeugers nicht berichtet werden müssten. Sie korrigierte ihren Emissionsbericht um die auf die Trocknungsanlage entfallenden Emissionen auf Gesamtemissionen in Höhe von 42 961 t Kohlendioxid und gab am 24. April 2007 weitere 2 673 Berechtigungen ab. Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 eine Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG in Höhe von 106 920 € fest. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2009 zurück. Das Verwaltungsgericht hob die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 11. Juni 2010 auf. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 20. Oktober 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin ihre Abgabepflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG nicht verletzt habe. Sie habe fristgerecht eine ihrem Emissionsbericht entsprechende Anzahl von Berechtigungen abgegeben. Die Abgabepflicht werde durch den geprüften Emissionsbericht konkretisiert. Die Beklagte beantragt, die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen. Sie ist mit dem Vertreter des Bundesinteresses der Auffassung, dass maßgebend für die Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG nicht die Emissionsmenge sei, die im geprüften Emissionsbericht ausgewiesen worden sei, sondern diejenige, die sich bei richtiger Anwendung der Vorschriften über die Emissionsermittlung ergebe. II. Die maßgeblichen Vorschriften des Unionsrechts finden sich in der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl EU Nr. L 275 S. 32 - im Folgenden: EH-RL). Einschlägig sind neben Art. 16 insbesondere Art. 6 Abs. 2 Buchst. e, Art. 12 Abs. 3, Art. 14 und Art. 15 EH-RL. Die maßgeblichen Vorschriften des nationalen Rechts finden sich im Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (TEHG) vom 8. Juli 2004: "Abschnitt 2: Genehmigung und Überwachung von Emissionen § 4 Emissionsgenehmigung (1) Die Freisetzung von Treibhausgasen durch eine Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes bedarf der Genehmigung. (2) Die Genehmigung setzt voraus, dass der Verantwortliche in der Lage ist, die durch seine Tätigkeit verursachten Emissionen zu ermitteln und darüber Bericht zu erstatten. ... (5) Die Genehmigung enthält folgende Angaben und Bestimmungen: ... 5. eine Verpflichtung zur Abgabe von Berechtigungen gemäß § 6. ... (8) Erfüllt der Verantwortliche die in § 5 genannten Pflichten nicht, haben Maßnahmen nach den §§ 17 und 18 dieses Gesetzes Vorrang vor Maßnahmen nach § 17 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Bei Verstößen gegen die Pflichten nach § 5 finden die §§ 20 und 21 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes keine Anwendung. Erfüllt der Verantwortliche die in § 6 Abs. 1 genannten Pflichten nicht, finden ausschließlich die Regelungen dieses Gesetzes Anwendung. § 5 Ermittlung von Emissionen und Emissionsbericht (1) Der Verantwortliche hat ab dem 1. Januar 2005 die durch seine Tätigkeit in einem Kalenderjahr verursachten Emissionen nach den Maßgaben des Anhangs 2 Teil I zu ermitteln und der zuständigen Behörde nach den Maßgaben des Anhangs 2 Teil II zu diesem Gesetz bis zum 1. März des Folgejahres über die Emissionen zu berichten. Die Bundesregierung kann Einzelheiten zur Bestimmung der zu ermittelnden Emissionen nach Maßgabe des Anhangs 2 Teil I zu diesem Gesetz durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, regeln. (2) ... (3) Der Emissionsbericht nach Absatz 1 muss vor seiner Abgabe von einer durch die zuständige Behörde bekannt gegebenen sachverständigen Stelle nach den Maßgaben des Anhangs 3 zu diesem Gesetz geprüft werden. Eine Bekanntgabe als sachverständige Stelle erfolgt auf Antrag, sofern der Antragsteller unbeschadet weiterer Anforderungen nach Satz 4 die Anforderungen nach Anhang 4 zu diesem Gesetz erfüllt. Ohne weitere Prüfung werden auf Antrag 1. unabhängige Umweltgutachter oder Umweltgutachterorganisationen mit einer Zulassung nach dem Umweltauditgesetz, die für ihren jeweiligen Zulassungsbereich zur Prüfung von Erklärungen nach Absatz 1 berechtigt sind, und 2. Personen, die entsprechend den Vorgaben dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes nach § 36 Abs. 1 der Gewerbeordnung zur Prüfung von Emissionsberichten öffentlich als Sachverständige bestellt worden sind, bekannt gemacht. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Voraussetzungen und das Verfahren der Prüfung sowie die Voraussetzungen und das Verfahren der Bekanntgabe von Sachverständigen durch die zuständige Behörde näher zu regeln. (4) Der Emissionsbericht nach Absatz 1 und der Bericht über die Prüfung nach Absatz 3 werden von der zuständigen Behörde stichprobenartig überprüft und der nach § 20 Abs. 1 Satz 2 zuständigen Behörde spätestens bis zum 31. März des Folgejahres im Sinne des Absatzes 1 zugeleitet. Abschnitt 3: Berechtigungen und Zuteilung § 6 Berechtigungen (1) Der Verantwortliche hat bis zum 30. April eines Jahres, erstmals im Jahr 2006, eine Anzahl von Berechtigungen an die zuständige Behörde abzugeben, die den durch seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht. ... Abschnitt 5: Sanktionen § 17 Durchsetzung der Berichtspflicht (1) Liegt der zuständigen Behörde nicht bis zum 31. März eines Jahres, erstmals im Jahr 2006, ein den Anforderungen nach § 5 entsprechender Bericht vor, so verfügt sie die Sperrung des Kontos des Verantwortlichen für die Übertragung von Berechtigungen an Dritte. Dies gilt nicht, wenn der Bericht zum 1. März eines Jahres bei der nach § 20 Abs. 1 Satz 1 zuständigen Behörde vorgelegen hat. Die Sperrung ist unverzüglich aufzuheben, sobald der Verantwortliche der zuständigen Behörde nach Satz 1 einen den Anforderungen nach § 5 entsprechenden Bericht vorgelegt hat oder eine Schätzung der Emissionen nach § 18 Abs. 2 erfolgt. ... § 18 Durchsetzung der Abgabepflicht (1) Kommt der Verantwortliche seiner Pflicht nach § 6 Abs. 1 nicht nach, so setzt die zuständige Behörde für jede emittierte Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Verantwortliche keine Berechtigungen abgegeben hat, eine Zahlungspflicht von 100 Euro, in der ersten Zuteilungsperiode von 40 Euro, fest. Von der Festsetzung einer Zahlungspflicht kann abgesehen werden, wenn der Verantwortliche seiner Pflicht nach § 6 Abs. 1 aufgrund höherer Gewalt nicht nachkommen konnte. (2) Soweit der Verantwortliche nicht ordnungsgemäß über die durch seine Tätigkeit verursachten Emissionen berichtet hat, schätzt die zuständige Behörde die durch die Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen. Die Schätzung ist unwiderlegliche Basis für die Verpflichtung nach § 6 Abs. 1. Die Schätzung unterbleibt, wenn der Verantwortliche im Rahmen der Anhörung zum Festsetzungsbescheid nach Absatz 1 seiner Berichtspflicht ordnungsgemäß nachkommt. (3) Der Verantwortliche bleibt verpflichtet, die fehlenden Berechtigungen, im Falle des Absatzes 2 nach Maßgabe der erfolgten Schätzung, bis zum 30. April des Folgejahres abzugeben. Gibt der Verantwortliche die fehlenden Berechtigungen nicht bis zum 30. April des Folgejahres ab, so werden Berechtigungen, auf deren Zuteilung oder Ausgabe der Verantwortliche einen Anspruch hat, auf seine Verpflichtung nach Satz 1 angerechnet. (4) Die Namen der Verantwortlichen, die gegen ihre Verpflichtung nach § 6 Abs. 1 verstoßen, werden im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Veröffentlichung setzt einen bestandskräftigen Zahlungsbescheid voraus." III 1. Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. a) Bejaht der Gerichtshof die Frage, sind die Urteile des Verwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage ist abzuweisen. § 6 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG wären dann unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass ein Anlagenbetreiber seine Abgabepflicht verletzt, wenn er zum maßgebenden Zeitpunkt nicht eine Anzahl von Berechtigungen abgibt, die seinen zutreffend ermittelten Emissionen entspricht. Auf die Menge der von der sachverständigen Stelle testierten Emissionen käme es nicht an. Die gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts wäre mit § 6 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG unvereinbar. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts erwiese sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). In Betracht käme hier nur ein Absehen von der Festsetzung der Zahlungspflicht wegen höherer Gewalt nach § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann ein Fall höherer Gewalt anerkannt werden, wenn sich Rechtssuchende auf eine äußere Ursache berufen, deren Folgen unvermeidbar und unausweichlich sind und den Betroffenen die Einhaltung ihrer Verpflichtungen objektiv unmöglich machen (Urteil vom 17. Oktober 2013 - Rs. C-203/12 Rn. 31, Billerud - NVwZ 2013, 1536 <noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht>). Auf eine absolute Unmöglichkeit ist der Begriff der höheren Gewalt nicht beschränkt (EuGH, Urteil vom 13. Oktober 1993 - Rs. C-124/92, Inter-Agra - Slg. 1993, I-5061 Rn. 11). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann auch ein rechts- oder treuwidriges Verhalten der Behörde einen Fall höherer Gewalt begründen (Urteile vom 31. Juli 2012 - BVerwG 4 A 5000.10 u.a. - BVerwGE 144, 1 Rn. 41 = Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 38 und vom 18. April 1997 - BVerwG 8 C 38.95 - Buchholz 454.71 § 27 2. WoGG Nr. 2 S. 8 f. = NJW 1997, 2966 - juris Rn. 16). Ausgehend hiervon ist der Rechtsirrtum der Klägerin nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen. Die Auskunft des Ministeriums vom 17. Juni 2004, dass Trocknungsanlagen als zum Betrieb notwendiger Anlagenbestandteil der Zuckerindustrie nicht dem Emissionshandel unterliegen, als Nebeneinrichtung betriebene Dampferzeuger ab einer bestimmten Feuerungswärmeleistung hingegen emissionshandelspflichtig sind, war zutreffend. Dass die auf die Trocknung entfallenden Emissionen eines solchen Dampferzeugers von der Emissionshandelspflichtigkeit ausgenommen sein könnten, ergab sich aus dem Schreiben nicht. Da der Emissionshandel - wie im Schreiben des Ministeriums vom 17. Juni 2004 ebenfalls dargelegt - einen anlagenbezogenen Ansatz verfolgt, lag diese Annahme eher fern. Die Klägerin hätte deshalb ihre Auslegung des Schreibens überprüfen müssen; verlässliche Erfahrungen mit der Emissionsermittlung konnte sie bei dem Emissionsbericht für das erste Jahr des Emissionshandels noch nicht haben. Dass die sachverständige Stelle den Emissionsbericht nicht hätte verifizieren dürfen, begründet ebenfalls keine höhere Gewalt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die sachverständige Stelle zwar Beamter im haftungsrechtlichen Sinn; ihre Prüftätigkeit stellt sich als notwendiger - an sich originär von der Beklagten zu leistender - Bestandteil des Verwaltungshandelns dar (BGH, Urteil vom 15. September 2011 - III ZR 240/10 - BGHZ 191, 71 Rn. 19, 22). Das Testat der sachverständigen Stelle könnte höhere Gewalt jedoch nur dann begründen, wenn gerade der Fehler des Testats ursächlich für die Verletzung der Abgabepflicht war (vgl. Urteile vom 11. Mai 1979 - BVerwG 6 C 70.78 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 106 S. 47 f. = juris Rn. 31 und vom 18. April 1997 a.a.O. Rn. 16, jeweils zur Fristversäumung aufgrund fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung). Daran fehlt es hier. Die erste Ursache für den Berichtsfehler hat die Klägerin selbst durch die Vorlage des in eigener Verantwortung zu erstellenden Emissionsberichts gesetzt. Die eigene Verantwortung erstreckt sich nicht nur auf die Richtigkeit der berichteten Tätigkeitsdaten, sondern auch auf die Auslegung der Emissionsermittlungsvorschriften, jedenfalls soweit es nicht um schwierige Rechtsfragen geht. Den hier vorliegenden Rechtsirrtum hätte die Klägerin - wie bereits dargelegt - vermeiden können. b) Verneint der Gerichtshof die Frage, ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Nach Auffassung des Senats ist § 6 Abs. 1 TEHG mit dem Oberverwaltungsgericht dahin auszulegen, dass ein Anlagenbetreiber, der bis zum 30. April eines Jahres eine Anzahl von Berechtigungen abgegeben hat, die den im geprüften Emissionsbericht angegebenen Emissionen entspricht, die Abgabepflicht auch dann nicht verletzt hat, wenn die zuständige Behörde nach diesem Zeitpunkt feststellt, dass die Gesamtmenge der Emissionen im geprüften Emissionsbericht zu niedrig angegeben worden ist. In einem solchen Fall ist der Betreiber gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 TEHG verpflichtet, die fehlenden Berechtigungen bis zum 30. April des Folgejahres abzugeben; die bis zum 30. April des Vorjahres zu erfüllende Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG hat er nicht verletzt. Auch die Voraussetzungen für die Festsetzung der Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG sind damit nicht erfüllt. § 6 Abs. 1 TEHG knüpft ebenso wie § 5 Abs. 1 TEHG an die "verursachten" Emissionen an. Dieser Begriff spricht allerdings eher dafür, die Emissionen unabhängig vom Emissionsbericht allein nach den Vorschriften über die Emissionsermittlung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang 2 TEHG) zu bestimmen. Der Wortlaut des Gesetzes steht dem vom Senat für richtig gehaltenen Abstellen auf den geprüften Emissionsbericht jedoch nicht entgegen. Emissionsermittlung und Emissionsberichterstattung bilden eine Einheit. Sie sind sowohl im TEHG (§ 5 Abs. 1) als auch in der EH-RL (Art. 14) in einer Vorschrift geregelt. Auch der Sache nach lassen sie sich nicht trennen. Das Ergebnis der Emissionsermittlung ergibt sich nicht unmittelbar aus den einschlägigen Vorschriften. Es muss auf der Grundlage dieser Vorschriften durch Mess- und Rechenvorgänge ermittelt, im Emissionsbericht dokumentiert und anschließend von einer sachverständigen Stelle geprüft werden. Erst aus dem Ergebnis dieses Verfahrens ergibt sich, wie viele Berechtigungen der Anlagenbetreiber abzugeben hat. Maßgebend für die Abgabepflicht muss das im gesetzlichen Abgabezeitpunkt vorliegende Verfahrensergebnis sein; rückwirkend kann der Anlagenbetreiber die Abgabepflicht nicht erfüllen. Für eine Konkretisierung der Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG durch die geprüften Emissionen spricht zudem, dass nach der Konzeption des TEHG nicht die zuständige Behörde - das Umweltbundesamt -, sondern die sachverständige Stelle die maßgebliche prüfende Instanz ist. Die sachverständige Stelle muss vom Betreiber unabhängig sein, ihre Aufgabe professionell und objektiv ausführen und mit den einschlägigen Vorschriften vertraut sein (§ 5 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Anhang 4 TEHG; Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Anhang V Nr. 12 EH-RL). Nur sie hat die Aufgabe, alle Angaben des Betreibers einer umfassenden Überprüfung zu unterziehen. Die zuständige Landesbehörde, bei der der Emissionsbericht und der Bericht über die Prüfung einzureichen sind, hat die Berichte vor der Weiterleitung an das Umweltbundesamt nur stichprobenartig zu überprüfen (§ 5 Abs. 4 TEHG). Wie das Umweltbundesamt mit den Emissionsberichten zu verfahren hat, ist im TEHG nicht ausdrücklich geregelt. Aus § 5 Abs. 4, § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 2 Satz 1 TEHG ergibt sich, dass das Umweltbundesamt berechtigt ist, die geprüften Emissionsberichte noch einmal zu prüfen; verpflichtet ist es hierzu nicht. Die Prüfung durch die sachverständige Stelle erhält zudem einen besonderen Stellenwert dadurch, dass die von ihr bestätigten Jahresemissionen direkt in die "Tabelle der geprüften Emissionen" des Emissionshandelsregisters eingetragen werden. Ausgehend hiervon hat auch die Beklagte in ihrer Prüfungsrichtlinie zur Verifizierung von Zuteilungsanträgen und Emissionsberichten vom 20. Januar 2006 (S. 11) dargelegt, dass grundsätzlich der von der sachverständigen Stelle bestätigte Wert die Abgabeverpflichtung des Betreibers nach § 6 Abs. 1 TEHG bestimmt. Schließlich sprechen auch die systematische Trennung der Berichts- und der Abgabepflicht in verschiedenen Abschnitten des Gesetzes und die Schaffung je eigener Sanktionen zur Durchsetzung der Berichtspflicht einerseits (§ 17 TEHG) und zur Durchsetzung der Abgabepflicht andererseits (§ 18 TEHG) gegen eine Auslegung, die jeden Fehler bei der Berichterstattung zugleich als Verletzung der Abgabepflicht begreift. Der Senat verkennt nicht, dass auch die Gegenauffassung gewichtige Argumente auf ihrer Seite hat. Werden Berichtsfehler nicht mit der Zahlungspflicht belegt, bleibt als Sanktion nur die Kontensperre mit ihrer bloß vorübergehenden Wirkung; die Verhängung eines Bußgeldes ist mangels eines entsprechenden Bußgeldtatbestandes nicht möglich. Bei der Neufassung der Sanktionsvorschriften für die dritte Handelsperiode im Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen vom 21. Juli 2011 (BGBl I S. 1475 - TEHG 2011) hat der Gesetzgeber nunmehr die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Berichtspflicht mit einem Bußgeld bewehrt (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 TEHG 2011). Die zuständige Behörde soll jedoch von einer Ahndung als Ordnungswidrigkeit absehen, wenn der Betreiber infolge des nicht richtigen Berichts gegen die Abgabepflicht verstößt und deswegen eine Zahlungspflicht festgesetzt wird (§ 32 Abs. 5 TEHG 2011). Der Gesetzgeber ist mithin davon ausgegangen, dass auch Berichtsfehler durch die Zahlungspflicht sanktioniert werden (vgl. BTDrucks 17/5296 S. 56). Dies soll allerdings nur innerhalb eines Jahres ab dem Pflichtenverstoß zulässig sein (§ 30 Abs. 1 Satz 3 TEHG 2011). Sichere Rückschlüsse auf die Auslegung des TEHG ergeben sich aus der neuen Rechtslage nicht; auch die Begründung des damaligen Gesetzentwurfs war nicht bereits im Sinne der Neuregelung eindeutig (vgl. BTDrucks 15/2328 S. 11, 15, 16). Die Vorschriften des TEHG über die Schätzung (§ 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 TEHG) und der Vorrang von "Maßnahmen nach den §§ 17 und 18" vor nachträglichen Anordnungen auf der Grundlage von § 17 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bei Berichtsfehlern (§ 4 Abs. 8 TEHG) sprechen allerdings ebenfalls eher für die Gegenauffassung. Das TEHG selbst ist mithin für beide Auslegungen offen. Vorbehaltlich des Unionsrechts sind für den Senat verfassungsrechtliche Erwägungen ausschlaggebend. Er hält es für äußerst zweifelhaft, ob es mit dem bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar wäre, auch auf Berichtsfehlern beruhende Minderabgaben, die die zuständige Behörde erst nach dem maßgebenden Abgabezeitpunkt feststellt, durch die Auferlegung der Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 TEHG zu sanktionieren. Ziel der Sanktion wäre dann nicht nur die Durchsetzung der Pflicht, die Berechtigungen für die geprüften Emissionen rechtzeitig abzugeben, sondern auch der Pflicht, die Emissionen in Übereinstimmung mit den hierfür bestehenden Vorschriften zu ermitteln und zu berichten. Die Zahlungspflicht wäre zwar geeignet, die Betreiber auch insoweit zu besonderer Sorgfalt anzuhalten. Eine Sanktion, die die Gründe für den Fehler bei der Emissionsermittlung- und -berichterstattung berücksichtigt, würde die Betreiber weniger belasten, aber auch eine geringere Steuerungswirkung erzielen. Die Belastungen der Betreiber dürften jedoch zu den zu erzielenden Verbesserungen bei der Emissionsermittlung außer Verhältnis stehen. Auch ein sorgfältiger Betreiber kann Fehler bei der Emissionsermittlung nicht völlig ausschließen. Die Anforderungen an die Emissionsermittlung sind komplex. Das Monitoring-Konzept, das der Betreiber für jede Anlage zu erstellen hat, konkretisiert diese Anforderungen zwar. Vor dem Urteil des Senats vom 18. Februar 2010 (BVerwG 7 C 10.09 - Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 44 = ZUR 2010, 380 und juris) haben sich die Behörden einiger Bundesländer aber nicht für verpflichtet gehalten, die Monitoring-Konzepte zu genehmigen. Auch im vorliegenden Fall hatte die Landesbehörde lediglich den Eingang des Monitoring-Konzepts bestätigt. Im Übrigen kann es auch beim Vollzug des Monitoring-Konzepts zu Fehlern, insbesondere zu Schreib-, Rechen- und Übertragungsfehlern, und zu im Monitoring-Konzept nicht vorhergesehenen Situationen kommen. Auch derartige Fälle sind beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Ein "Clearing-Verfahren" zur Beseitigung von Unsicherheiten bei der Emissionsermittlung ist weder im TEHG noch in den Richtlinien der Beklagten vorgesehen. Ob ein Betreiber vorsorglich mehr Berechtigungen als für die geprüften Emissionen erforderlich abgeben und auf diese Weise das Sanktionsrisiko abwenden kann, kann dahingestellt bleiben. Eine normative Grundlage gibt es hierfür nicht. Jedenfalls in der ersten Handelsperiode konnte sich auch noch nicht eine entsprechende Praxis entwickelt haben, an der sich die Betreiber hätten orientieren können. Die starre Sanktion ist auch in ihrer für die erste Handelsperiode herabgesetzten Höhe von 40 € hart; es geht um einzelne, auch von der sachverständigen Stelle nicht als solche erkannte oder nicht beanstandete Fehler in einem ansonsten sorgfältig erstellten Bericht. Der Vorbehalt höherer Gewalt rechtfertigt nur unter ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen, von der Festsetzung der Zahlungspflicht abzusehen (EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 31). Den dargelegten Schwierigkeiten bei der Emissionsermittlung sind aber alle Betreiber ausgesetzt. Demgegenüber ist der Beitrag, den die Zahlungspflicht zu einer verlässlichen Emissionsermittlung leisten kann, eher gering. Die in das Register eingetragenen Emissionen haben bereits aufgrund der systematischen, im jeweiligen Monitoring-Konzept festgelegten Eigenüberwachung und der hierauf aufbauenden umfassenden Kontrolle durch eine vom Betreiber unabhängige sachverständige Stelle eine hohe Richtigkeitsgewähr. Eine weitere systematische Kontrolle der Emissionsberichte ist deshalb weder im TEHG noch in der EH-RL vorgesehen. Aufgrund der Prüfung durch eine sachverständige Stelle ist die Emissionsermittlung auch wenig manipulationsanfällig. Im Übrigen ist die Festsetzung der starren Zahlungspflicht - vorbehaltlich des Unionsrechts - nicht die einzig mögliche Sanktion für Emissionsermittlungs- und Berichtsfehler. Der Gesetzgeber hätte bereits für die erste und zweite Handelsperiode eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit vorsehen können. In jedem Fall ist das Verhältnis von Eingriffszweck zu Eingriffsfolgen bei der Durchsetzung der Emissionsermittlungs- und -berichtspflichten deutlich ungünstiger als bei der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe der Berechtigungen. Die Abgabefrist einzuhalten, ist einfach. Ein sorgfältiger Betreiber kann die Auferlegung einer Zahlungspflicht wegen Versäumung der Abgabefrist sicher vermeiden. Ein Betreiber kann jedoch verleitet sein, auf die Entwicklung der Zertifikatpreise zu spekulieren und die Abgabe der Zertifikate bewusst zu verzögern. Einer externen Kontrolle unterliegt er in diesem Stadium des Verfahrens nicht mehr. Um derartigen Manipulationen oder jedenfalls klaren Sorgfaltsmängeln entgegenzuwirken, ist die Zahlungspflicht ein effektives Instrument. Fehler in bereits geprüften Emissionsberichten sind demgegenüber - wie dargelegt - weniger klar und deutlich schwerer zu vermeiden. Manipulationen sind - wie das dem Senat vorliegende weitere Fallmaterial bestätigt - äußerst unwahrscheinlich. 2. Die Vorlagefrage sollte nach Auffassung des Senats verneint werden. Die EH-RL sieht bei Verstößen gegen die Verpflichtung, bis zum 30. April jedes Jahres eine ausreichende Anzahl von Zertifikaten abzugeben, zwei Sanktionen vor: die Veröffentlichung der Namen der Betreiber (Art. 16 Abs. 2 EH-RL) und die Auferlegung einer Sanktion wegen Emissionsüberschreitung (Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL). Art. 16 Abs. 2 EH-RL verweist ausdrücklich auf die Abgabepflicht nach Art. 12 Abs. 3 EH-RL, Art. 16 Abs. 3 EH-RL enthält einen entsprechenden Verweis nicht. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, den Begriff der "ausreichenden Anzahl von Zertifikaten" und damit den Inhalt der Abgabepflicht in Art. 16 Abs. 3 EH-RL anders als in Art. 16 Abs. 2 EH-RL auszulegen. Nach Art. 12 Abs. 3 EH-RL stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Betreiber für jede Anlage bis spätestens 30. April jeden Jahres eine Anzahl von Zertifikaten abgibt, die den - nach Art. 15 EH-RL geprüften - Gesamtemissionen der Anlage im vorhergehenden Kalenderjahr entspricht. Art. 15 Abs. 1 EH-RL verlangt, dass die von den Betreibern gemäß Art. 14 Abs. 3 EH-RL vorgelegten Berichte anhand der Kriterien des Anhangs V geprüft werden und die zuständige Behörde hiervon unterrichtet wird. Anhang V sieht eine Prüfung durch eine "prüfende Instanz" vor, die bestimmten Mindestanforderungen an ihre Kompetenz genügen, insbesondere unabhängig von dem Betreiber sein muss (Anhang V Nr. 12 EH-RL). Die Richtlinie überlässt den Mitgliedstaaten die Entscheidung, ob die Prüfung von ihren zuständigen Behörden oder von unabhängigen Sachverständigen durchzuführen ist (KOM(2001) 581 endgültig S. 15). Sie verlangt nicht, dass die Berichte von unabhängigen Sachverständigen und den zuständigen Behörden geprüft werden. Die Abgabepflicht knüpft an die nach Art. 15 EH-RL "geprüften" Emissionen, d.h. an das Ergebnis der Prüfung durch die prüfende Instanz an. Wie viele Emissionen nach dem Ergebnis einer nach dem Abgabezeitpunkt durchgeführten Zweitprüfung des Berichts durch die zuständige Behörde zu berichten gewesen wären, ist nicht maßgebend. Ein Vergleich mit der französischen und der englischen Fassung von Art. 12 Abs. 3 EH-RL bestätigt dies. Dort heißt es "émissions totales ... telles qu' elles ont été vérifiées conformément à l'article 15" bzw. "emissions ... as verified in accordance with Article 15". Auch nach den Monitoring-Leitlinien vom 29. Januar 2004 (ABl EU Nr. L 59 S. 1) prüft die zuständige Behörde "anhand der im Emissionsbericht, der als zufrieden stellend bewertet wurde, für die Gesamtemissionen ausgewiesenen Zahl", ob der Betreiber eine genügende Anzahl von Emissionen abgegeben hat (Nr. 7.4 Abs. 6 ML). Das Ergebnis einer unionsrechtlich nicht geregelten Zweitprüfung der "geprüften Emissionen" dürfte im Übrigen keine taugliche Grundlage einer unionseinheitlichen Sanktion sein, wie sie in Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL vorgesehen ist. Schließlich dürften die zum bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dargelegten Erwägungen für den unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in gleicher Weise gelten; auch sie sprechen für die Verneinung der Vorlagefrage. Dass die Abgabepflicht "besonders streng" zu handhaben ist (EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 25), muss nicht dazu führen, auch bei den Voraussetzungen für die Entstehung der fristgebundenen Abgabepflicht eine unangemessene Strenge walten zu lassen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020215&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020216
BVerwG
1. Wehrdienstsenat
20140324
1 WRB 1/14, 1 WRB 2/14, 1 WRB 1/14, 1 WRB 2/14 (1 WRB 2/12, 1 WRB 3/12)
Beschluss
§ 18 Abs 2 S 3 WBO, § 101 VwGO
DEU
Mündliche Verhandlung; Erforderlichkeit
Zur "Erforderlichkeit" (§ 18 Abs. 2 Satz 3 WBO) einer mündlichen Verhandlung im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht.
Der Antragsteller wendet sich mit seinen Anhörungsrügen vom 14. Februar 2014 gegen den Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2013 - BVerwG 1 WRB 2.12 und 1 WRB 3.12 -. In diesen Verfahren hat der Antragsteller ohne Erfolg die Feststellung begehrt, dass zwei ihm im März 2009 erteilte Befehle, sich mit einer dem Haar- und Barterlass der Bundeswehr entsprechenden Frisur zu melden, rechtswidrig gewesen seien. Der Antragsteller beanstandet vor allem, dass eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe, was sich in allen wesentlichen Punkten, insbesondere aber hinsichtlich der Prüfung des Grundrechts der körperlichen Unversehrtheit, ausgewirkt habe. Seiner Auffassung nach hätte nur ein Rechtsgespräch mit Rede, Gegenrede, Nachfrage und Antwort eine verlässliche Grundlage für die zu entscheidenden Rechtsfragen liefern können. In einer mündlichen Verhandlung hätte der Senat durch Kommunikation mit ihm, dem Antragsteller, erkannt, dass und weshalb die verlangte Kürzung der Haare mit dem Verlust seiner Identität innerhalb seiner privat-sozialen Gruppe verbunden gewesen wäre. Er habe in keiner Instanz Gelegenheit gehabt, persönlich seinem Richter gegenüberzutreten und sich so unmittelbar ein Bild von der Materialsammlung und den Gerichtspersonen zu machen, welche über ihn und sein Rechtsanliegen entschieden. Er sei daher in die Rolle eines reinen Verfahrensobjekts degradiert gewesen und habe keine Gelegenheit gehabt, selbst aktiv in das Geschehen einzugreifen und für seine Sache zu kämpfen. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat sich mit Schreiben vom 6. März 2014, der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit Schreiben vom 13. März 2014 geäußert. Sie halten die Anhörungsrügen für unzulässig, jedenfalls für unbegründet. Der Antragsteller hat sich nochmals mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 18. März 2014 geäußert und beantragt, die ihm gesetzte Frist zur Erwiderung auf die Stellungnahmen des Bundesministers der Verteidigung und des Bundeswehrdisziplinaranwalts angemessen zu verlängern, zumindest aber um drei Wochen, den Termin des Senats zur Beratung und Abstimmung um zumindest einen Monat in die Zukunft zu verlegen und den neuen Termin mitzuteilen, sowie das Verfahren über die Anhörungsrügen wegen des vorgreiflichen Gesuchs des Rügenden vom 7. März 2014 und des darauf bezogenen Antrags auf gerichtliche Entscheidung vom 17. März 2014 auszusetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
1. Der Senat entscheidet über die Anhörungsrügen (§ 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a VwGO) in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ohne ehrenamtliche Richter (vgl. im Einzelnen Beschluss vom 22. April 2010 - BVerwG 1 WB 4.10 - Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 12 Rn. 6 = NZWehrr 2010, 211). 2. Die mit einheitlichem Schriftsatz erhobenen Anhörungsrügen betreffen den Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2013, mit dem über die zu gemeinsamer Beratung und Entscheidung verbundenen Rechtsbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WRB 2.12 und BVerwG 1 WRB 3.12 entschieden wurde. Die Anhörungsrügen werden deshalb ebenfalls zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 93 Satz 1 VwGO). 3. Die mit Schriftsatz vom 18. März 2014 gestellten Verfahrensanträge auf Verlängerung der Frist zu einer Gegenäußerung, auf Verlegung des Termins zur Entscheidung über die Anhörungsrügen und auf Aussetzung des Verfahrens über die Anhörungsrügen werden abgelehnt. Nach der Erklärung in dem Schriftsatz vom 18. März 2014 (Seite 2 Mitte) dienen alle drei Verfahrensanträge dem Zweck, dem Antragsteller die Möglichkeit zu sichern, nochmals der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung entgegenzutreten, dass die Rügen verspätet erhoben und deshalb unzulässig seien. Der Senat hält die Anhörungsrügen für zulässig (siehe nachfolgend 4.). Er folgt damit der vom Antragsteller vertretenen Auffassung; schon deshalb bedarf es keiner Fristverlängerung, Terminsverlegung oder Aussetzung des Verfahrens. Unabhängig davon lägen auch die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Gemäß § 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a Abs. 2 Satz 1 und 6 VwGO ist das Vorliegen der Umstände, die eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör begründen sollen, innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs darzulegen; den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (§ 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a Abs. 3 VwGO). Diesen Verfahrensschritten, die die "Waffengleichheit" aller Beteiligten verbürgen, ist mit den Rügen des Antragstellers vom 14. Februar 2014 einerseits und den Stellungnahmen des Bundeswehrdisziplinaranwalts vom 6. März 2014 und des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - vom 13. März 2014 Genüge geleistet. Ein weiterer Schriftwechsel ist gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Verlängerung der Frist zur Gegenäußerung und eine Verlegung des Termins zur Entscheidung über die Anhörungsrügen sind deshalb nicht geboten. Auch die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 94 VwGO) liegen nicht vor. Die Entscheidung über das Gesuch des Antragstellers auf Erteilung einer beglaubigten Fotokopie der Entscheidungsurschrift ist nicht vorgreiflich für das vorliegende Verfahren über die Anhörungsrügen; soweit der Antragsteller die Fotokopie für die Glaubhaftmachung der fristgerechten Erhebung der Anhörungsrügen begehrt, ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Senat die Anhörungsrügen für zulässig erachtet. 4. Die Anhörungsrügen sind zulässig. Insbesondere ist mit dem am selben Tage beim Bundesverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 14. Februar 2014 die Zwei-Wochen-Frist (152a Abs. 2 Satz 1 VwGO) eingehalten. Kenntnis von der (behaupteten) Verletzung des rechtlichen Gehörs hatte der Antragsteller erst mit der Zustellung des vollständigen Beschlusses mit Gründen, die am 31. Januar 2014 an seinen Bevollmächtigten erfolgte. Erst mit Kenntnis der vollständigen Entscheidungsgründe (und nicht bereits mit der Pressemitteilung vom 17. Dezember 2013) konnte der Antragsteller einschätzen, ob sich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), die sich seiner Auffassung nach aus der Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung ergeben soll, in entscheidungserheblicher Weise in dem Beschluss niedergeschlagen hat. 5. Die Anhörungsrügen sind jedoch unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a Abs. 4 Satz 2 VwGO). Der angegriffene Beschluss verletzt nicht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör (§ 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Insbesondere wurde der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht dadurch verletzt, dass der Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Im gerichtlichen Wehrbeschwerdeverfahren gilt nicht die Regelung des § 101 Abs. 1 und 2 VwGO, der zufolge das Verwaltungsgericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung entscheidet und es nur mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Diese Vorschrift wird durch die spezialgesetzliche Bestimmung des § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 und § 22a Abs. 5 Satz 2 WBO) verdrängt. Danach entscheidet das Wehrdienstgericht ohne mündliche Verhandlung; es kann jedoch eine - dann grundsätzlich öffentliche (siehe Beschluss vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 14, jeweils Rn. 23 ff.) - mündliche Verhandlung anberaumen, wenn es dies für erforderlich hält. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist deshalb nach der gesetzlichen Konstruktion ebenso wie in der Praxis der Wehrdienstgerichte der Regelfall. Dieses Verfahrensmodell der Wehrbeschwerdeordnung steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und des rechtlichen Gehörs (vgl. Beschluss vom 30. Juli 2013 - BVerwG 1 WB 30.13 - Rn. 17 f. m.w.N.). Soweit der Senat der gesetzlichen Regel folgend ohne mündliche Verhandlung entscheidet, äußert er sich hierzu in den Entscheidungsgründen nur, aber auch stets dann, wenn der jeweilige Antragsteller eine mündliche Verhandlung unter Anführung von Gründen beantragt oder angeregt hat oder er etwa einen Beweisantrag gestellt hat, der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nahelegt (vgl. z.B. Beschlüsse vom 21. März 2013 - BVerwG 1 WB 67.11 - NVwZ-RR 2013, 923 Rn. 15 und vom 30. Juli 2013 a.a.O. Rn. 19 ff.; zur Möglichkeit der Beweiserhebung auch bei einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung vgl. Beschluss vom 13. August 2008 - BVerwG 1 WB 45.07 - Rn. 18 und 25 ff. <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.1 § 6 WBO Nr. 5>). Im vorliegenden Verfahren hat der Antragsteller weder bei der Einlegung oder Begründung seiner Rechtsbeschwerde noch im weiteren Verlauf des Verfahrens, in dem er sich wiederholt geäußert hat oder Gelegenheit dazu hatte, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt oder angeregt oder durch einen entsprechenden Beweisantrag nahegelegt. Er hat dem Senat vielmehr erstmals mit den Anhörungsrügen die aus seiner, des Antragstellers, Sicht bestehende Bedeutung einer mündlichen Verhandlung dargelegt und deren Nichtdurchführung im Nachhinein beanstandet. Der Senat hielt (und hält) eine mündliche Verhandlung im vorliegenden Fall nicht für erforderlich im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO. Unter tatsächlichen Gesichtspunkten war der wesentliche Sachverhalt (Haartracht des Antragstellers im März 2009, Inhalt der angefochtenen Befehle) zwischen den Beteiligten von Beginn des Verfahrens an unstreitig. Davon abgesehen hat der Senat im Rechtsbeschwerdeverfahren (nur) den vom Truppendienstgericht festgestellten Sachverhalt zugrunde zu legen (vgl. Beschlüsse vom 10. November 2010 - BVerwG 2 WRB 1.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 53 Rn. 8 = NZWehrr 2012, 81 und vom 27. August 2013 - BVerwG 1 WRB 1.12 - Rn. 32). Das persönliche Auftreten des Antragstellers im Rechtsbeschwerdeverfahren hätte keine weitergehenden Aufschlüsse über sein Aussehen während des fast fünf Jahre zurückliegenden Zeitraums seines Wehrdienstes gegeben. Unter rechtlichen Gesichtspunkten führt der Senat eine mündliche Verhandlung vor allem dann durch, wenn es um die Ermittlung und Aufbereitung des sich nicht ohne Weiteres erschließenden rechtlichen Materials, sei es als Maßstab oder sei es als Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, geht; dies betrifft etwa Fälle, in denen die maßgeblichen Rechtsnormen durch eine durch Verwaltungsvorschriften (Zentrale Dienstvorschriften, Erlasse u.a.) geleitete Praxis ausgeformt und konkretisiert werden oder die Wirkungsweise der Normen erst im Zusammenhang mit der (erläuterungsbedürftigen) Organisationsstruktur der Bundeswehr deutlich wird (siehe z.B. Beschlüsse vom 26. Mai 2009 a.a.O. <Einführung eines neuen Systems für die dienstlichen Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten> und vom 21. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 18.08 - BVerwGE 134, 228 = Buchholz 449.7 § 47 SBG Nr. 1 <Anfechtung der Wahl zum 5. Gesamtvertrauenspersonenausschuss>). Demgegenüber ist das rechtliche "Prüfungsprogramm" im vorliegenden Fall durch verfassungsrechtliche Normen (insbesondere Vorbehalt des Gesetzes, Freiheits- und Gleichheitsgrundrechte) klar vorgezeichnet. Der Antragsteller hat sich hierzu in der Begründung seiner Rechtsbeschwerde wie auch bereits im Verfahren vor dem Truppendienstgericht ausführlich und qualifiziert geäußert und dem Senat alle aus seiner Sicht wesentlichen rechtlichen Weichenstellungen und Argumente in die Beratung mitgegeben; angesichts der qualifizierten schriftsätzlichen Vorbereitung bietet eine bloß zusammenfassende mündliche Wiederholung des Vorgetragenen keinen zusätzlichen rechtlichen Erkenntnisgewinn. Abgesehen von der nachfolgend genannten Beanstandung hat der Antragsteller mit der Anhörungsrüge auch nicht geltend gemacht, dass der Senat in dem Beschluss einen entscheidungserheblichen rechtlichen Gesichtspunkt übersehen oder einen überraschenden neuen Gesichtspunkt eingeführt hätte. Soweit der Antragsteller meint, der Senat habe der Bedeutung der Haartracht für die Identität des Menschen bei der Prüfung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) keine genügende Beachtung geschenkt, trifft dies nicht zu. Entgegen der Behauptung in der Anhörungsrüge (Schriftsatz vom 14. Februar 2014, Seite 3, Absatz 2) ist der diesbezügliche Vortrag in der Begründung der Rechtsbeschwerde vom Senat zur Kenntnis genommen und auch im Tatbestand des Beschlusses zusammengefasst - in seiner Kernaussage zudem mit der Wortwahl des Antragstellers - wiedergegeben worden (Beschlussausfertigung Rn. 19). Soweit der Antragsteller nicht damit einverstanden ist, dass der Senat den Schutzbereich des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit als nicht berührt ansieht (Beschlussausfertigung Rn. 44), kann er das Ergebnis der materiellen rechtlichen Würdigung nicht mit der Rüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs in Frage stellen. 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO (in entsprechender Anwendung). 7. Dieser Beschluss ist gemäß § 23a Abs. 3 WBO i.V.m. § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020216&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020217
BVerwG
1. Senat
20140213
1 C 4/13
Urteil
§ 4 Abs 1 S 2 AufenthG 2004, § 5 Abs 1 S 1 Nr 1 AufenthG 2004, § 25 AufenthG 2004, § 68 AufenthG 2004, § 55 Abs 1 AsylVfG 1992, § 55 Abs 3 AsylVfG 1992, § 1 Abs 1 AsylbLG, § 8 AsylbLG, Art 33 FlüAbk, Art 3 EGRL 9/2003, Art 13 EGRL 9/2003, Art 24 Abs 1 EURL 95/2011, § 137 Abs 2 VwGO
vorgehend OVG Lüneburg, 5. Juli 2013, Az: 4 LC 317/11, Beschluss vorgehend VG Oldenburg (Oldenburg), 24. Oktober 2011, Az: 11 A 583/11, Urteil
DEU
Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG 2004; Pflicht zur Erstattung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auch bei Flüchtlingsanerkennung
Die Erstattungspflicht aus einer Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG (juris: AufenthG 2004) umfasst auch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die der Ausländer während eines Asylverfahrens bezogen hat. Das gilt auch dann, wenn das Asylverfahren mit Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft endet. Die Flüchtlingsanerkennung begründet auch keinen atypischen Fall, der die Heranziehung des Garantiegebers nur im Wege einer Ermessensentscheidung ermöglichen würde.
Der Kläger wendet sich gegen seine Inanspruchnahme zur Erstattung von Sozialleistungen, die die Beklagte seiner marokkanischen Schwägerin Frau B. gewährt hat. Der Kläger verpflichtete sich im Juni 2008 schriftlich gegenüber der Beklagten, vom Beginn der voraussichtlichen Visumsgültigkeit "bis zur Beendigung des Aufenthalts ... oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck" nach § 68 AufenthG u.a. die Kosten für den Lebensunterhalt von Frau B. zu tragen. Daraufhin erhielt diese ein bis zum 29. August 2008 gültiges Besuchervisum und reiste damit am 1. Juli 2008 in das Bundesgebiet ein. Am 9. Oktober 2008 stellte sie einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 22. April 2009 ablehnte. Die Beklagte gewährte ihr ab Januar 2010 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Mit rechtskräftigem Urteil vom 27. Oktober 2010 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Bundesrepublik Deutschland zur Flüchtlingsanerkennung von Frau B. Daraufhin erkannte ihr das Bundesamt mit Bescheid vom 10. Januar 2011 die Flüchtlingseigenschaft zu. Am 9. März 2011 erteilte ihr die Beklagte eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 1. September 2010 forderte die Beklagte den Kläger zur Erstattung der an Frau B. für die zwischen März und August 2010 gewährten Leistungen (ohne Krankenhilfekosten) in Höhe von 1 273,31 € auf. Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid aufgehoben, da der Kläger für den o.g. Zeitraum des Leistungsbezugs von Frau B. nicht hafte. Ihr Aufenthaltszweck habe sich, wie § 55 Abs. 3 AsylVfG bestätige, bereits mit der Stellung des später zur Flüchtlingsanerkennung führenden Asylantrags geändert. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Klage abgewiesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 68 AufenthG lägen vor. Die mit der Asylantragstellung im Oktober 2008 einhergehende Aufenthaltsgestattung rechtfertige keine andere Beurteilung. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG würden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht gewährt, soweit der erforderliche Lebensunterhalt anderweitig, insbesondere aufgrund einer Erklärung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gedeckt werde. Diese Regelung setze zwingend voraus, dass die Haftung aufgrund einer Verpflichtungserklärung trotz der Asylantragstellung fortbestehe. Die Erstattungspflicht entfalle auch nicht im Nachhinein, wenn der Asylantrag Erfolg habe. Der Betroffene erlange durch die in § 55 Abs. 3 AsylVfG geregelte Anrechnung der Aufenthaltszeiten nicht rückwirkend einen Aufenthaltstitel und sei auch nicht bereits mit dem Asylantrag "in eine Anspruchsposition hineingewachsen". Nach dem Wortlaut der Verpflichtungserklärung sei für den Kläger das Risiko der Erstattung evtl. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auch erkennbar gewesen. Seine Erstattungsverpflichtung verstoße nicht gegen die Richtlinie 2003/9/EG. Gemäß Art. 13 Abs. 3 und 4 der Richtlinie könnten die Mitgliedstaaten die Leistungsgewährung davon abhängig machen, dass die Asylbewerber nicht über ausreichende Mittel verfügten und ggf. eine Erstattung verlangen. Von diesen Bestimmungen werde die vom Kläger eingegangene Verpflichtung nach § 68 AufenthG nicht erfasst, da sie ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und den Asylbewerbern ausgestalteten. In dem hier vorliegenden Regelfall habe es mangels atypischer Gegebenheiten keiner Ermessenserwägungen für die Inanspruchnahme des Klägers bedurft. Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der Richtlinien 2011/95/EU und 2003/9/EG und beantragt eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union. Nach Unionsrecht habe die Flüchtlingsanerkennung nur deklaratorischen Charakter, wirke daher auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, und die Mitgliedstaaten dürften die Ausgaben für die soziale Sicherung der Asylsuchenden nicht von deren Verwandten zwangsweise finanzieren lassen. Das Berufungsgericht habe die faktischen Auswirkungen der drohenden Haftung des Klägers auf das Verhalten seiner Schwägerin übersehen, deren Wissen um die Erstattungspflicht dazu geführt habe, dass sie während ihrer Schwangerschaft auf die Inanspruchnahme sozialer Leistungen verzichtet habe. Zudem sei mit der vorformulierten Verpflichtungserklärung die Haftung für Umstände auf den Kläger verlagert worden, die ausschließlich in der Sphäre des Staates lägen. Schließlich werde der Kläger willkürlich ungleich behandelt gegenüber Garantiegebern in Fällen, in denen ein Ausländer auch ohne verwaltungsgerichtliches Verfahren vom Bundesamt anerkannt und ihm alsbald ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei.
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen den auf § 68 AufenthG gestützten Heranziehungsbescheid ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) abgewiesen. Die vom Kläger abgegebene Verpflichtungserklärung ist wirksam und erfasst die an seine Schwägerin gewährten Leistungen (1.). Seine Erstattungspflicht entfällt nicht dadurch, dass Frau B. einen Asylantrag gestellt hat und ihr daraufhin die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist (2.). Die Heranziehung des Klägers bedurfte keiner Ermessensentscheidung (3.). Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hat, wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im Krankheitsfalle und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden, auch soweit die Aufwendungen auf einem gesetzlichen Anspruch des Ausländers beruhen. Nach Absatz 2 der Vorschrift bedarf die Verpflichtung der Schriftform; sie ist nach Maßgabe des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vollstreckbar. Diese Regelung setzt die Befugnis der erstattungsberechtigten Stelle voraus, den Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) geltend zu machen (Urteil vom 24. November 1998 - BVerwG 1 C 33.97 - BVerwGE 108, 1 <4 f.> zu § 84 AuslG 1990 = Buchholz 402.240 § 84 AuslG 1990 Nr. 2 S. 4 <S. 6 f.>). Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Leistungsbescheids bestimmt sich grundsätzlich nach der im Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblichen Sach- und Rechtslage (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2012 - BVerwG 10 C 6.12 - BVerwGE 144, 326 = Buchholz 402.242 § 66 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 12). Ob und in welcher Weise die Behörde aus Gründen des materiellen Rechts auf nachträgliche Änderungen der Sachlage reagieren muss, kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Denn die nach Bescheiderlass erfolgte Flüchtlingsanerkennung von Frau B. steht der Inanspruchnahme des Klägers für die ihr während des Asylverfahrens gewährten Leistungen nicht entgegen und begründet auch keinen atypischen Umstand, demzufolge die Beklagte den Kläger nur im Wege einer Ermessensentscheidung hätte heranziehen dürfen. 1. Das Berufungsgericht hat die vom Kläger abgegebene Verpflichtungserklärung vom 6. Juni 2008 als wirksam und hinreichend bestimmt angesehen. Aufgrund des insoweit eindeutigen Wortlauts, der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausdrücklich erwähnt, hat es sie dahingehend ausgelegt, dass die übernommene Haftung auch diese Sozialleistung erfasst. Die erstmals in der Revisionsverhandlung erhobene Rüge des Klägers, die Beklagte habe die handschriftliche datumsmäßige Befristung seiner Erklärung nachträglich gestrichen, verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Erklärung dahingehend ausgelegt, dass sie vom Beginn der voraussichtlichen Gültigkeit des Visums ab 1. Juli 2008 "bis zur Beendigung des Aufenthalts oder bis zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu einem anderen Aufenthaltszweck" gilt (BA S. 2, 9 f.). Revisionsrechtlich gehören die Auslegung einer Willenserklärung, d.h. die Ermittlung des Erklärungsinhalts unter Würdigung der ihrer Abgabe zugrunde liegenden Umstände zur Tatsachenfeststellung (Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 51 m.w.N.), an die das Revisionsgericht mangels erhobener Verfahrensrügen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist. Diese Bindung tritt nur dann nicht ein, wenn die Auslegung des Tatrichters auf einem Rechtsirrtum oder einem Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Auslegungsregeln beruht (vgl. u.a. Urteil vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61 <69> = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 45 S. 35 <S. 42>). Derartige revisible Verstöße gegen §§ 133, 157 BGB lässt die Auslegung der Vorinstanz nicht erkennen. Es liegt nicht fern, dass die aus der Urkunde ersichtliche und überstempelte Streichung des handschriftlich eingetragenen Enddatums von einem Mitarbeiter der Beklagten in Anwesenheit des Klägers oder zumindest mit dessen Zustimmung erfolgt ist. Dafür, dass der Kläger die Streichung der datumsmäßigen Befristung seiner Verpflichtungserklärung letztlich in seinem Erklärungswillen aufgenommen hat, spricht seine Einlassung, die Beklagte hätte andernfalls der Erteilung eines Besuchsvisums an seine Schwägerin nicht zugestimmt. 2. Zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, dass weder die Asylantragstellung als solche noch die Flüchtlingsanerkennung von Frau B. der Erstattungspflicht des Klägers für die von ihr während des Asylverfahrens bezogenen Leistungen entgegenstehen. 2.1 Der Senat folgt der Auffassung des Berufungsgerichts, die Asylantragstellung durch den in der Verpflichtungserklärung genannten Ausländer hindere nicht die Inanspruchnahme des Garantiegebers (ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 21. März 2013 - 12 S 1188/12 -, VBlBW 2013, 348; BayLSG, Beschluss vom 12. November 2008 - L 11 B 845/08 AY -, FEVS 60, 427; a.A. BayVGH, Urteil vom 3. März 1998 - 12 B 96.3002 - <juris>). Zum einen ist die gesetzliche Aufenthaltsgestattung gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kein Aufenthaltstitel im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Zum anderen ergibt sich der Fortbestand der Haftung aus der Regelung des § 8 AsylbLG: Nach Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift werden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht gewährt, soweit der erforderliche Lebensunterhalt anderweitig, insbesondere aufgrund einer Verpflichtung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes gedeckt wird. Als Ausdruck nur subsidiärer Leistungsgewährung setzt die Vorschrift notwendigerweise voraus, dass die vom Gesetzgeber ausdrücklich genannte Haftung aufgrund einer Verpflichtungserklärung nicht mit der Asylantragstellung des Ausländers endet. Das wird übersehen, wenn der Sinnzusammenhang einer Verpflichtungserklärung mit der Regelerteilungsvoraussetzung der Lebensunterhaltssicherung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zu einem dem § 68 AufenthG immanenten haftungsbegrenzenden Tatbestandsmerkmal verstärkt wird. Die Auffassung, eine Verpflichtung aus § 68 AufenthG ende, wenn der weitere Aufenthalt des Ausländers nicht mehr von der Lebensunterhaltssicherung abhänge (so Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, II-§ 68 Rn. 22 <Stand: März 2012>; Hailbronner, AuslR, § 68 AufenthG Rn. 14; Stiegeler, in: Hoffmann/Hofmann, HK-AuslR, § 68 AufenthG Rn. 9; offen: Bauer, in: Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 68 AufenthG Rn. 10), erweist sich mit der gesetzlichen Regelung des § 8 AsylbLG als unvereinbar. Nichts anderes ergibt sich - entgegen der Annahme der Revision - aus der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten (ABl EU Nr. L 31 S. 18). Deren Vorschriften gelten gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats Asyl beantragen, solange sie als Asylbewerber im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, sowie für ihre Familienangehörigen, wenn sie nach nationalem Recht von diesem Asylantrag erfasst sind. Nach Art. 13 Abs. 1 und 2 der Richtlinie tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass Asylbewerbern ab Antragstellung materielle Aufnahmebedingungen gewährt werden, die einem Lebensstandard entsprechen, der die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Asylbewerber gewährleistet. Gemäß Absatz 3 der Vorschrift können die Mitgliedstaaten die Gewährung der materiellen Aufnahmebedingungen und der Gesundheitsversorgung davon abhängig machen, dass die Asylbewerber nicht über ausreichende Mittel für einen derartigen Lebensstandard verfügen. Nach Absatz 4 können sie von den Asylbewerbern verlangen, dass diese für die Kosten der in dieser Richtlinie vorgesehenen materiellen Aufnahmebedingungen und der Gesundheitsversorgung gemäß Absatz 3 ganz oder teilweise aufkommen und ggf. eine Erstattung verlangen. Diese Regelungen sowie insbesondere die Erwägungsgründe Nr. 5 und 7, die die Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebens für Asylbewerber betonen, machen deutlich, dass die Richtlinie allein auf die soziale Sicherung von Asylbewerbern zielt. Der Schutz dieser Personengruppe ist ihr Anliegen und nicht die Verschonung Dritter, die sich aufgrund einer autonomen Entscheidung verpflichtet haben, im Falle der Visumerteilung für den Unterhalt eines Ausländers aufzukommen. Hinsichtlich des ggf. aus sittlichen Erwägungen entstehenden inneren Drucks, auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen mit Blick auf eine zukünftige Inanspruchnahme des Garantiegebers zu verzichten, erscheint ein Asylbewerber nicht schutzbedürftig. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Schutzzweck der Richtlinie, Asylbewerbern ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, durch faktische Rücksichtnahme auf einen Garantiegeber konterkariert würde oder gar leerliefe. Die Richtlinie 2003/9/EG steht daher offenkundig der Inanspruchnahme eines Dritten aus einer von ihm übernommenen Verpflichtungserklärung nicht entgegen; eine unionsrechtliche Zweifelsfrage stellt sich insoweit nicht (acte clair). 2.2 Zutreffend erweist sich ferner die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die Erstattungspflicht des Klägers nicht rückwirkend durch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an Frau B. weggefallen ist. Zwar wird einem Ausländer gemäß § 55 Abs. 3 AsylVfG, soweit der Erwerb oder die Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, die Zeit eines Aufenthalts nach Absatz 1 - d.h. das Bestehen einer gesetzlichen Aufenthaltsgestattung - angerechnet, wenn der Ausländer unanfechtbar als Asylberechtigter anerkannt oder ihm unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist (§ 55 Abs. 3 AsylVfG in der hier maßgeblichen Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes vom 19. August 2007, BGBl I S. 1970). Dem Betreffenden wird jedoch nicht rückwirkend ein Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 1 bzw. 2 AufenthG erteilt. Die Regelung ordnet auch sonst nicht umfassend an, dass bei Erfolg des Asylantrages der Antragsteller in allen rechtlichen oder tatsächlichen Belangen rückwirkend so zu stellen wäre, als seien An- bzw. Zuerkennung des Status bereits am Tage der Antragstellung erfolgt, und kann auch nicht als Ausformung eines entsprechenden (ungeschriebenen) Rechtsgrundsatzes gewertet werden. Zudem wirkt diese Regelung, die die Ableitung von Aufenthaltsrechten aus der Dauer aussichtsloser Asylverfahren verhindern (BTDrucks 9/875 S. 21 zu § 17 Abs. 3 AsylVfG 1982) und die Eingliederung von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben der Bundesrepublik Deutschland erleichtern soll (Urteil vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 5 C 28.10 - BVerwGE 141, 94 = Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 14, jeweils Rn. 16), nach Sinn und Zweck nur zugunsten des Asylberechtigten bzw. anerkannten Flüchtlings und äußert keine Wirkungen zugunsten eines Garantiegebers als Drittem. Völker- und unionsrechtliche Regelungen stehen dem nicht entgegen. Zwar weist die Revision zutreffend darauf hin, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowohl nach der Konzeption des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention - BGBl 1953 II S. 560) als auch der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Neufassung - ABl EU Nr. L 337 S. 9) nur ein deklaratorischer Akt ist (vgl. UNHCR, Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 1979, Nr. 28 und Erwägungsgrund Nr. 21 der Richtlinie 2011/95/EU). Das führt jedoch nicht zum Erfolg der Revision. Denn die Genfer Flüchtlingskonvention selbst gewährt dem Flüchtling unmittelbar kein Aufenthaltsrecht, sondern nur Abschiebungsschutz gemäß Art. 33 GFK; im Übrigen stehen ihre Gewährungen unter dem Vorbehalt des rechtmäßigen Aufenthalts (vgl. zu Art. 26 und Art. 31 GFK: Urteil vom 15. Januar 2008 - BVerwG 1 C 17.07 - BVerwGE 130, 148 = Buchholz 402.22 Art. 26 GK Nr. 3, jeweils Rn. 16 ff.). Aus Art. 24 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU, demzufolge die Mitgliedstaaten so bald wie möglich nach Zuerkennung des internationalen Schutzes Personen, denen der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden ist, einen Aufenthaltstitel ausstellen, ergibt sich, dass das Aufenthaltsrecht für den anerkannten Flüchtling unionsrechtlich an die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes anknüpft, die sich ungeachtet der deklatorischen Natur der Anerkennung gerade keine umfassende Rückwirkung beimisst. Im Übrigen wirken sich weder die Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention noch der Richtlinie 2011/95/EU auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger als Garantiegeber und der Beklagten aus. Auch insoweit besteht offenkundig keine Notwendigkeit, den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV anzurufen. 3. Schließlich ist die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, dass hier ein Regelfall vorliegt und die Beklagte über die Heranziehung des Klägers nicht im Wege einer Ermessensentscheidung befinden musste. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass der aus einer Erklärung nach § 68 AufenthG Verpflichtete im Regelfall zur Erstattung heranzuziehen ist, ohne dass es dahingehender Ermessenserwägungen bedürfte. Ein Regelfall liegt vor, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren geprüft worden sind und nichts dafür spricht, dass die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung führen könnte. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten ggf. eingeräumt werden. Wann in diesem Sinne ein Ausnahmefall vorliegt, ist anhand einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung (Urteile vom 24. November 1998 - BVerwG 1 C 33.97 - BVerwGE 108,1 <18> = Buchholz 402.240 § 84 AuslG 1990 Nr. 2 S. 4 <S. 17> und vom 18. April 2013 - BVerwG 10 C 10.12 - BVerwGE 146, 198 Rn. 31). Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Verpflichtungserklärung im Hinblick auf einen familiär begründeten zweimonatigen Besuchsaufenthalt seiner Schwägerin abgegeben. Anders als in der dem Urteil vom 24. November 1998 zugrunde liegenden Fallkonstellation, die die Aufnahme von bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen im Jahr 1992 betraf, war der im Visumverfahren geltend gemachte Aufenthaltszweck von Frau B. rein privater Natur und keine durch eine politische Leitentscheidung oberster Landes- und Bundesbehörden begründete öffentliche Angelegenheit (Urteil vom 24. November 1998 a.a.O. S. 19 f. bzw. S. 18 f.). Deutsche Stellen tragen - anders als in der damaligen Fallgruppe der Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen - auch keine Mitverantwortung durch eine von der Behördenspitze angeordnete "großzügige" Prüfung der Visumvoraussetzungen. Mit seiner Verpflichtungserklärung hat der Kläger vielmehr vollumfänglich das Risiko übernommen, dass seine Schwägerin das Bundesgebiet nicht rechtzeitig vor Ablauf der Geltungsdauer des Besuchsvisums verlässt, sondern den Aufenthaltszweck durch die Asylantragstellung ändert und während des Asylverfahrens öffentliche Leistungen in Anspruch nimmt. Schließlich begründet auch die Flüchtlingsanerkennung von Frau B. keinen Umstand, der eine Ermessensentscheidung als notwendig erscheinen ließe, um rückwirkend für die Zeit des Asylverfahrens eine gerechte Lastenverteilung zwischen Kläger und öffentlicher Hand ermöglichen zu können. Denn hinsichtlich des vergleichsweise geringen Betrags in Höhe von 1 273,31 € ist auch mit Blick auf die Wertung des Gesetzgebers, die in der in § 8 Abs. 2 AsylbLG getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt, kein atypischer Fall gegeben. Danach kann Personen, die sechs Monate oder länger eine Verpflichtung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 AufenthG gegenüber einer in § 1 Abs. 1 AsylbLG genannten Person erfüllt haben, ein monatlicher Zuschuss gewährt werden, wenn außergewöhnliche Umstände in der Person des Verpflichteten den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Diese Zuschussregelung betrifft zwar nur Fälle, in denen der Verpflichtungsgeber tatsächlich Leistungen erbringt. Die ihr zugrunde liegende gesetzliche Wertung ist aber auch bei der Frage zu berücksichtigen, ob von der Erstattungspflicht aus einer Verpflichtungserklärung im Ermessenswege abgesehen werden kann. Im Übrigen bleibt die Möglichkeit einer Reduzierung der Kostenschuld aus Verhältnismäßigkeitsgründen - wofür hier nichts ersichtlich ist - dem Vollstreckungsverfahren vorbehalten (vgl. Urteil vom 16. Oktober 2012 - BVerwG 10 C 6.12 - BVerwGE 144, 326 = Buchholz 402.242 § 66 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 36 f.).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020217&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020218
BVerwG
9. Senat
20140108
9 A 4/13
Urteil
Art 14 Abs 3 GG, § 42 Abs 2 VwGO, § 2 Abs 1 Nr 1 UmwRG, § 2 Abs 5 S 1 Nr 1 UmwRG, § 4 Abs 1 Nr 1 UmwRG, § 73 VwVfG, § 74 Abs 3 VwVfG, § 75 Abs 1 VwVfG, § 75 Abs 2 S 1 VwVfG, § 77 S 1 VwVfG, § 3b Abs 1 UVPG, § 1 Abs 1 FStrG, § 17 S 2 FStrG, § 17a FStrG, § 17c FStrG, § 17e Abs 6 S 2 FStrG, § 19 Abs 2 FStrG, § 7 Abs 2 Nr 1 Buchst b BNatSchG 2009, § 14 Abs 1 BNatSchG 2009, § 15 BNatSchG 2009, § 32 BNatSchG 2009, § 33 Abs 1 S 1 BNatSchG 2009, § 34 BNatSchG 2009, § 44 Abs 1 BNatSchG 2009, § 44 Abs 5 S 2 BNatSchG 2009, § 45 Abs 7 BNatSchG 2009, § 64 Abs 1 Nr 1 BNatSchG 2009, § 6 NatSchG ST 2010, § 7 NatSchG ST 2010, § 15 Abs 1 NatSchG ST 2010, § 23 NatSchG ST 2010, Art 6 Abs 2 EWGRL 43/92, Art 6 Abs 3 EWGRL 43/92, Art 6 Abs 4 EWGRL 43/92, Art 6 Abs 7 EWGRL 43/92, Art 1 Abs 1 EGRL 147/2009, Art 3 Abs 1 EGRL 147/2009, Art 4 Abs 1 EGRL 147/2009, Art 4 Abs 2 EGRL 147/2009, Art 4 Abs 4 EGRL 147/2009, § 44 Abs 5 S 3 BNatSchG 2009
DEU
Änderung eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses durch gerichtlichen Vergleich; Identität des Vorhabens hinsichtlich materiell- und verfahrensrechtlichen Anforderungen in der Planfeststellung; Auswirkungen des ergänzenden Verfahrens; gesetzliche Bedarfsplanung; Anforderungen an die Überführung eines Gebiets in das FFH-Regime; zum Begriff des Projekts i.S.v. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2009; zum artenschutzrechtlichen Tötungsverbot bei bau- und anlagebedingten Risiken (hier: Baufeldfreimachung)
1. Änderungen eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses, die nicht nur dessen Begründungselemente, sondern das Vorhaben selbst betreffen, erfolgen stets mit Wirkung gegenüber allen Betroffenen. 2. Die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung sind einheitlich auf denselben Abschnitt als Vorhaben im fernstraßenrechtlichen Sinne anzuwenden. Danach können Entscheidungen, die einen bestimmten Abschnitt betreffen, grundsätzlich nicht im Rahmen von Planfeststellungsverfahren zu anderen Abschnitten erfolgen. 3. Die Feststellung, dass ein Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf, wirkt nur zwischen den Beteiligten. Im Verhältnis zu anderen Betroffenen lässt sie die eingetretene Bestandskraft unberührt. Der Kläger kann gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, dass die zur Rechtswidrigkeitsfeststellung führenden Mängel nicht behoben worden seien, außerdem im Falle einer Planänderung, durch diese erstmals oder stärker als bisher betroffen zu sein. 4. Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs (§ 1 Abs. 2 FStrAbG) hat nicht zum Inhalt, dass bei jedem vom Bedarfsplan abweichenden Vorhaben eine Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 1 FStrG ausgeschlossen ist. 5. Eine Verordnung, die nur das Vogelschutzgebiet abgrenzt und die geschützten Vogelarten benennt, ohne die Schutz- und Erhaltungsziele festzulegen, erfüllt nicht die Anforderungen des Art. 7 FFH-RL (juris: EWGRL 43/92) i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL (juris: EGRL 147/2009) an eine Überführung des Gebiets in das FFH-Regime (im Anschluss an Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <284 f.>). Die einen Regimewechsel herbeiführende weitere Konkretisierung des Schutzstatus kann nach Maßgabe des § 32 Abs. 4 BNatSchG (juris: BNatSchG 2009) auch durch vertragliche Vereinbarungen erfolgen. 6. Umweltrelevante menschliche Tätigkeiten, die nicht den Bau oder den Betrieb einer Anlage betreffen, kommen als "Projekt" i.S.d. § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG erst dann in Betracht, wenn die Möglichkeit besteht, sie etwa anhand von Planungen, Konzepten oder einer feststehenden Praxis auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes zu überprüfen (im Anschluss an Urteil vom 10. April 2013 - BVerwG 4 C 3.12 - BVerwGE 146, 176 Rn. 29 f.). 7. Das artenschutzrechtliche Tötungsverbot ist nicht erfüllt, wenn das vorhabenbedingte Tötungsrisiko unter Berücksichtigung von Schadensvermeidungsmaßnahmen nicht höher ist als das Risiko, dem einzelne Exemplare der jeweiligen Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt sind. Das gilt nicht nur für das betriebsbedingte Risiko von Kollisionen im Straßenverkehr (stRspr; vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 91), sondern auch für bau- und anlagebezogene Risiken (im Anschluss an Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13 Rn. 123, 127 zur Baufeldfreimachung).
Der Kläger, ein im Land Sachsen-Anhalt anerkannter Naturschutzverband, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 14 im Abschnitt B 189 nördlich Colbitz bis Dolle/L 29 einschließlich Streckenabschnitt 1.2N (VKE 1.3/1.2N). Der planfestgestellte Abschnitt ist - von Magdeburg aus in Richtung Norden betrachtet - das dritte Teilstück der insgesamt rund 155 km langen Autobahn von Magdeburg bis Schwerin. Das durch die Länder Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern führende Gesamtvorhaben beginnt nordwestlich von Magdeburg, verläuft in nördlicher Richtung über Wittenberge und endet am Autobahndreieck Schwerin (A 24). Es ist in den Fernstraßenbedarfsplan 2004 "mit besonderem naturschutzfachlichem Planungsauftrag" in den vordringlichen Bedarf eingestellt. Der Kläger wendet sich außerdem gegen den ersten Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 betreffend den Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.2. Dieser Änderungsbeschluss hat folgenden Hintergrund: Der von Süden her vorausliegende Abschnitt VKE 1.2 endete ursprünglich nicht an der Anschlussstelle (AS) Colbitz, dem jetzigen Ausgangspunkt des hier umstrittenen Abschnitts, sondern etwa 1,5 km nördlich davon "auf der grünen Wiese". Um die insoweit fehlerhafte Abschnittsbildung zu heilen, schloss der Beklagte im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss zur VKE 1.2 (BVerwG 9 A 11.10) in der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2011 mit dem Kläger folgenden gerichtlichen Vergleich: "... Der Beklagte ändert den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss ... dahin ab, dass die Strecke ab ... (nördliche Abschnittsgrenze zur VKE 1.3 nördlich der Anschlussstelle Colbitz) aus der Planfeststellung heraus genommen wird." Daraufhin nahm der Beklagte mit dem Änderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz durch entsprechende Änderungen des Lage- und Höhenplans, des Bauwerksverzeichnisses sowie des Grunderwerbsplans und -verzeichnisses "im Verhältnis zu dem Kläger" aus dem Abschnitt VKE 1.2 heraus. Mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 hat der Beklagte die herausgenommene Teilstrecke als Teilabschnitt VKE 1.2N durch Feststellung darauf bezogener Planunterlagen dem nördlichen Folgeabschnitt VKE 1.3 angegliedert. Die Einbeziehung der Teilstrecke erfolgte ohne Öffentlichkeitsbeteiligung. Hinsichtlich des Planänderungsbeschlusses macht der Kläger geltend, dass die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz nicht nur im Verhältnis zu ihm, sondern gegenüber der gesamten im Abschnitt VKE 1.2 betroffenen Öffentlichkeit und mit allen auf die Teilstrecke bezogenen Festsetzungen aus der Planung hätte herausgenommen werden müssen. Bezogen auf den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.3/1.2N trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz hätte nur nach vorausgegangener Beteiligung der in diesem Abschnitt betroffenen Öffentlichkeit einbezogen werden dürfen. Der Beklagte könne sich zur Rechtfertigung der Planung nicht auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung berufen. Das Gebiet der Colbitz-Letzlinger Heide sei nach wie vor als faktisches Vogelschutzgebiet anzusehen. Das somit geltende strenge Beeinträchtigungsverbot der Vogelschutzrichtlinie werde hinsichtlich verschiedener Vogelarten verletzt. Der Beklagte habe versäumt zu untersuchen, ob die A 14 im Zusammenwirken mit der im Schutzgebiet zugelassenen militärischen Übungsstadt Schnöggersburg und den dort stattfindenden militärischen Tiefflügen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der geschützten Vögel führen werde. Die A 14 werde außerdem die im FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" geschützten Arten Mopsfledermaus und holzbewohnende (xylobionte) Käfer erheblich beeinträchtigen. Die mit Blick auf die erhebliche Beeinträchtigung des Lebensraumtyps "Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald" durch Stickstoffeinträge durchgeführte Ausnahmeprüfung und die insoweit festgesetzten Maßnahmen zur Kohärenzsicherung seien rechtsfehlerhaft. In artenschutzrechtlicher Hinsicht macht der Kläger Mängel hinsichtlich zahlreicher Tierarten geltend, unter anderem in Bezug auf mehrere Vogelarten und Fledermäuse. Ferner wird eine Verletzung der nationalen eingriffsrechtlichen Vorschriften gerügt; es fehle eine Kompensation für die mit der Teilstrecke VKE 1.2N verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft. Die Variantenauswahl sei unter anderem deshalb fehlerhaft, weil sich eine von der Bundesstraße 189 abgerückte östliche Trassenführung oder ein Ausbau der Bundesstraße anstelle des Neubaus einer Autobahn in Parallellage aufgedrängt habe. Auch wird die Auswahl des Standorts für die Tank- und Rastanlage "Colbitz-Letzlinger Heide" beanstandet. Der Kläger beantragt, 1. den ersten Planänderungsbeschluss des Beklagten vom 20. Dezember 2012 zum Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 für den Neubau der Bundesautobahn A 14, Verkehrseinheit 1.2 - Anschlussstelle Wolmirstedt bis B 189 nördlich Colbitz - hinsichtlich der Regelungen zu A.I. und A.II. aufzuheben, 2. a) den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 20. Dezember 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 14, Verkehrseinheit 1.3 - B 189 nördlich Colbitz bis Dolle - einschließlich des Streckenabschnittes 1.2N aufzuheben, b) hilfsweise, den Planfeststellungsbeschluss zu a) für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären, c) weiter hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, den Kläger hinsichtlich seiner Forderungen zum Umweltschutz, insbesondere zum Schutz von Natur und Landschaft, erneut zu bescheiden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss und den ersten Planänderungsbeschluss.
A. Die Klage gegen den Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. März 2010 für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.2 hat Erfolg. I. Die Klage ist zulässig. 1. Der Kläger ist klagebefugt. Er macht geltend, er habe aus dem gerichtlichen Vergleich vom 11. Mai 2011 einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz mit allen darauf bezogenen Festsetzungen aus der Planfeststellung zum Abschnitt VKE 1.2 mit Wirkung gegenüber der gesamten dort betroffenen Öffentlichkeit herausnimmt. Der Planänderungsbeschluss verletze diesen Anspruch, weil er die Teilstrecke nur mit Wirkung ihm gegenüber und ohne die auf diese Strecke bezogenen Kompensationsmaßnahmen aus dem Abschnitt VKE 1.2 herausnehme. Damit beruft sich der Kläger auf die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten gemäß § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO. Hiergegen bestehen keine Bedenken. Naturschutzvereinigungen sind nicht ausschließlich auf das Verbandsklagerecht nach § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG, § 64 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verwiesen, sondern können - wie hier vermittelt durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs - selbst Träger wehrfähiger öffentlich-rechtlicher Rechtspositionen sein (vgl. Urteil vom 5. September 2013 - BVerwG 7 C 21.12 - NVwZ 2014, 64 Rn. 48 f. zu § 47 Abs. 1 BImSchG). Es ist auch nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Planänderungsbeschluss einen aus dem gerichtlichen Vergleich zustehenden Anspruch des Klägers auf vollständige Herausnahme der genannten Teilstrecke verletzt. Ob sich der Kläger außerdem auf eine Klagebefugnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG berufen kann, weil nicht auszuschließen ist, dass die nur eingeschränkte Herausnahme der Teilstrecke dem Umweltschutz dienende Vorschriften verletzt, kann dahinstehen. 2. Der Kläger hat auch ein Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des Planänderungsbeschlusses. Dieser dient ausdrücklich der Umsetzung des gerichtlichen Vergleichs, lässt die Festsetzung der Teilstrecke durch den Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 im Verhältnis zu allen anderen im Abschnitt VKE 1.2 Betroffenen außer dem Kläger aber ausdrücklich unberührt und belässt die der Teilstrecke zugeordneten Kompensationsmaßnahmen in diesem Abschnitt. Somit könnte dem Kläger für den Fall, dass er die Vollstreckung des seiner Ansicht nach weiterreichenden Anspruchs aus dem gerichtlichen Vergleich auf uneingeschränkte Herausnahme der Teilstrecke aus dem Abschnitt VKE 1.2 betreiben will, die Bestandskraft des Planänderungsbeschlusses entgegengehalten werden. Er könnte bei Bestandskraft dieses Beschlusses außerdem gehindert sein, im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Folgeabschnitt, in den die Teilstrecke "verschoben" wurde, Fehler der auf die Teilstrecke bezogenen Kompensationsmaßnahmen geltend zu machen. Denn aufgrund des beschränkten Regelungsgehalts des Planänderungsbeschlusses wären diese Maßnahmen auch ihm gegenüber bereits durch den Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 zum Abschnitt VKE 1.2 bestandskräftig festgestellt. II. Die Anfechtungsklage gegen den Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 ist auch begründet. 1. Die ausdrücklich auf eine Rechtswirkung gegenüber dem Kläger beschränkte Herausnahme der Teilstrecke nördlich der AS Colbitz aus der Planfeststellung zum Abschnitt VKE 1.2 verletzt diesen in seinen Rechten. Diese Beschränkung ist durch den Wortlaut des gerichtlichen Vergleichs vom 11. Mai 2011 nicht gedeckt. Auch aus Rechtsgründen kommt nur eine Herausnahme der Teilstrecke mit Wirkung gegenüber allen im Abschnitt VKE 1.2 Betroffenen in Betracht. Gemäß § 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 2 VwVfG werden durch die Planfeststellung alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt. Demzufolge sind bei Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses alle Ansprüche von Betroffenen auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen (§ 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Diese umfassende Gestaltungs- und Duldungswirkung der Planfeststellung gegenüber allen Betroffenen erstreckt sich auch auf Änderungen des Vorhabens. Änderungen eines festgestellten und noch nicht abschließend ausgeführten Planes wachsen dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss an; es kommt zu einer einheitlichen Planungsentscheidung in der durch die Änderungsplanfeststellung erreichten Gestalt (vgl. Urteile vom 23. Januar 1981 - BVerwG 4 C 68.78 - BVerwGE 61, 307 <308 f.> und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 23). Danach besteht keine Rechtsgrundlage für Änderungen des Vorhabens nur im Verhältnis zu einem Teil der insoweit Betroffenen. Das gilt nicht nur, wenn durch die Änderungen Dritte erstmals oder stärker als bisher in ihren Rechten berührt werden. Auch dann, wenn das Vorhaben wie hier reduziert wird, kann dies - als "Kehrseite" der vorangegangenen einheitlichen "Belastung" - nur gegenüber allen dadurch (vorteilhaft) Betroffenen geschehen. Eine nur auf einen Teil der Betroffenen beschränkte Gestaltungs- und Duldungswirkung von Änderungen des Vorhabens jedweder Art erzeugte für alle am Verfahren Beteiligten Rechtsunsicherheit. Anders liegt es dann, wenn nur Begründungselemente des Planfeststellungsbeschlusses verändert werden, nicht jedoch die äußere Gestalt des Vorhabens selbst. Dies kann etwa der Fall sein, wenn im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG "nur" Ermittlungsdefizite oder sonstige Abwägungsmängel des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses behoben werden, die erneute Sachentscheidung jedoch das Vorhaben selbst unverändert lässt. Eine solche Modifikation der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses kann auch lediglich im Verhältnis zum jeweiligen Kläger vorgenommen werden; gegenüber allen anderen Betroffenen bleibt der Planfeststellungsbeschluss dann in seiner ursprünglichen Fassung unverändert wirksam (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <360 f.>, vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - NVwZ 2003, 485 <486> <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 172 und BVerwGE 117, 149> und vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 Rn. 25). 2. Der Planänderungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 verletzt den Kläger auch dadurch in seinen Rechten, dass er die der Teilstrecke zuzurechnenden Festsetzungen zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. März 2010 zum Abschnitt VKE 1.2 ausdrücklich unberührt lässt. Entgegen der Auffassung des Beklagten kann der gerichtliche Vergleich vom 11. Mai 2011 nicht dahin ausgelegt werden, dass diese Festsetzungen im Abschnitt VKE 1.2 verbleiben sollen, um die naturschutzrechtlich gebotene Kompensation für den Fall zu gewährleisten, dass die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz in den Folgeabschnitt "verschoben" wird. Im Gegenteil muss der Vergleich gerade dahin ausgelegt werden, dass die vereinbarte Herausnahme der Teilstrecke einschließlich der darauf bezogenen Kompensationsmaßnahmen erfolgen sollte, denn andernfalls entfiele für den Kläger jede Möglichkeit, Fehler der auf die Teilstrecke bezogenen Kompensationsmaßnahmen gerichtlich überprüfen zu lassen. Für einen abschnittsübergreifenden "Konfliktlösungstransfer" gibt es auch keine Rechtsgrundlage. § 17b FStrG i.V.m. § 74 Abs. 3 VwVfG betrifft eine andere Sachlage, nämlich die Verschiebung einer zum Zeitpunkt der Planfeststellung noch nicht möglichen abschließenden Entscheidung über einen bestimmten Konflikt in ein späteres Verfahren (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 zur Möglichkeit, die Entscheidung über Ersatzmaßnahmen dem Planfeststellungsverfahren zu einem anderen Abschnitt vorzubehalten). Hier wurde jedoch über den zu lösenden Konflikt - die Kompensation der mit der Teilstrecke verbundenen naturschutzrechtlichen Eingriffe - bereits mit Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 entschieden. Diese Entscheidung kann ebenso gut im Rahmen der Planfeststellung zum Folgeabschnitt getroffen werden, in den die Teilstrecke "verschoben" werden soll. Es besteht also keine Notwendigkeit, die Entscheidung über die Zulassung der Teilstrecke selbst und die Entscheidung über die darauf bezogenen Kompensationsmaßnahmen auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zu verschiedenen Abschnitten zu verteilen. Der Beklagte hält dem entgegen, dass das Planfeststellungsrecht eine solche Aufteilung der dieselbe Strecke betreffenden Entscheidungen allgemein zulasse. Das trifft nicht zu. Vielmehr sind die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung grundsätzlich einheitlich auf dasselbe Vorhaben anzuwenden. Das insoweit maßgebliche konkrete Vorhaben wird durch den vom Vorhabenträger nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 Abs. 1 VwVfG einzureichenden Plan festgelegt. Zu den das Vorhaben kennzeichnenden Angaben des Plans gehört bei fernstraßenrechtlichen Planungen neben der Führung, der Dimensionierung und der technischen Ausgestaltung der Straße wegen der regelmäßig gegebenen Notwendigkeit, das Gesamtkonzept abschnittsweise zu verwirklichen (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <14 f.>), die Festlegung der Grenzen des Straßenabschnitts, auf den sich die beantragte Planfeststellung beziehen soll. Vorhaben im fernstraßenrechtlichen Sinne und damit Bezugspunkt der einheitlichen Planfeststellung ist somit der im Plan des Vorhabenträgers bezeichnete Abschnitt (stRspr, vgl. nur Urteile vom 28. Februar 1996 - BVerwG 4 A 27.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 = juris Rn. 31 und vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - NVwZ 2001, 673 <677> <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 112, 140>). Auf diese Weise ist etwa gewährleistet, dass sich die Abwägung aller durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange (§ 17 Satz 2 FStrG) und die vorausgehende Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG) einschließlich der Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 14.3 Spalte 1) auf denselben Straßenabschnitt beziehen. Diese Einheitlichkeit der Planfeststellung rechtfertigt wiederum die umfassende Konzentrations-, Gestaltungs- und Duldungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 17c FStrG i.V.m. § 75 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwVfG). Nicht zuletzt erfordert auch die enteignungsrechtliche Vorwirkung der fernstraßenrechtlichen Planfeststellung nach § 19 Abs. 2 FStrG, dass das Gemeinwohl i.S.d. Art. 14 Abs. 3 GG einheitlich - und nicht in unterschiedlichen Planungszusammenhängen - konkretisiert wird (vgl. BVerfG, Urteile vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - juris Rn. 188 f. und vom 24. März 1987 - 1 BvR 1046/85 - BVerfGE 74, 264 <293 f.> zur enteignungsrechtlich gebotenen abwägenden Gemeinwohlkonkretisierung). Eine Aufteilung von Entscheidungen zu demselben Abschnitt oder derselben Teilstrecke auf unterschiedliche Planfeststellungsverfahren zu verschiedenen Abschnitten ist danach grundsätzlich ausgeschlossen. B. Die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 für den Neubau der A 14 im Abschnitt VKE 1.3/1.2N in der Gestalt der in der mündlichen Verhandlung vom 11. und 12. Dezember 2013 erklärten Ergänzungen ist zulässig und teilweise begründet. Die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz (VKE 1.2N) hätte erst nach Herausnahme dieser Strecke aus der Planfeststellung zum Abschnitt VKE 1.2 gegenüber jedermann (B.I.1.) und außerdem nur nach Durchführung des Anhörungsverfahrens einschließlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung (B.I.2.) sowie unter Festsetzung der eingriffsrechtlich gebotenen Kompensationsmaßnahmen (B.II.5.a) planfestgestellt werden dürfen. Hinsichtlich der Fragen einer erheblichen vorhabenbedingten Beeinträchtigung der durch das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" geschützten Vogelart Ziegenmelker im Zusammenwirken mit dem Projekt "Übungsstadt Schnöggersburg" (B.II.2.b) und einer artenschutzrechtlich relevanten signifikanten Steigerung des Tötungsrisikos des Nachtkerzenschwärmers (B.II.4.g) bestehen Ermittlungsdefizite. Es fehlt außerdem an einer artenschutzrechtlichen Ausnahmeentscheidung für den Fall der Tötung von Käfern der Arten Heldbock und Eremit bei einer etwaigen Umlagerung von Bruthabitaten vor Baufeldfreimachung (B.II.4.c bb) und an einer Gesamtabwägung unter Einschluss der Teilstrecke VKE 1.2N (B.II.6.a). Diese Mängel führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren besteht (§ 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG). Soweit im vorliegenden Verfahren keine Fehler festgestellt sind, erwächst der Planfeststellungsbeschluss gegenüber dem Kläger in Bestandskraft. I. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss weist Verfahrensfehler auf. 1. Die Planfeststellung der Teilstrecke VKE 1.2N verletzt die Einheitlichkeit der Planfeststellung, weil dieselbe Teilstrecke bereits durch Beschluss vom 5. März 2010 im Abschnitt VKE 1.2 planfestgestellt ist, nach Aufhebung des ersten Planänderungsbeschlusses vom 20. Dezember 2012 auch im Verhältnis zum Kläger. Wie bereits ausgeführt, sind die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung einheitlich auf denselben Abschnitt als Vorhaben im fernstraßenrechtlichen Sinne anzuwenden. Es ist danach nicht nur - wie ausgeführt - unzulässig, einen Teil der Entscheidung über einen Abschnitt in ein Planfeststellungsverfahren zu einem anderen Abschnitt zu verlagern, sondern erst recht, dieselbe Teilstrecke als Bestandteil unterschiedlicher Abschnitte zweimal planfestzustellen. Wenn der Beklagte in diesem Zusammenhang vorträgt, der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 müsse hinsichtlich der Teilstrecke VKE 1.2N als Zweitbescheid zum Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 angesehen werden, übersieht er, dass der zuletzt genannte Planfeststellungsbeschluss einen anderen Abschnitt (VKE 1.2) und damit ein anderes Vorhaben betrifft. Der Kläger kann sich auf die dargelegte Verletzung der sich aus den maßgeblichen fernstraßenrechtlichen Vorschriften ergebenden Einheitlichkeit der Planfeststellung berufen. Zum einen wird sein Anspruch aus dem gerichtlichen Vergleich vom 11. Mai 2011 gegen den Beklagten auf vollständige Herausnahme der Teilstrecke nördlich der AS Colbitz aus dem Abschnitt VKE 1.2 auch dadurch verletzt, dass diese Teilstrecke - wie hier - bereits vor einer solchen Herausnahme als Bestandteil eines anderen Abschnitts planfestgestellt wird. Zum anderen kann der Kläger nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UmwRG jedenfalls hinsichtlich der durch die Teilstrecke berührten Belange des Umweltschutzes als Fehler geltend machen, dass diese nicht im Rahmen einer einheitlichen, auf denselben Abschnitt bezogenen Planfeststellung berücksichtigt und abschließend abgewogen wurden (vgl. Urteil vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 9 A 18.11 - BVerwGE 144, 243 Rn. 12 zur auf das Abwägungsgebot nach § 17 Satz 2 FStrG bezogenen Klagebefugnis von Verbänden). Der Verstoß gegen die Einheitlichkeit der Planfeststellung kann gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG dadurch behoben werden, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 5. März 2010 zum Abschnitt VKE 1.2 im Rahmen eines ergänzenden Verfahrens insoweit gegenüber der dort betroffenen Öffentlichkeit aufgehoben wird, als er die Teilstrecke nördlich der AS Colbitz betrifft (zur Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem externen Verfahren vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <283 f.>; zur Möglichkeit der teilweisen Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses bei Teilbarkeit und zur Notwendigkeit einer öffentlichen Bekanntmachung der Aufhebung vgl. Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 77 Rn. 10 und 12). 2. Wegen der Einbeziehung der Teilstrecke VKE 1.2N in die Planung zum Abschnitt VKE 1.3 hätte erneut eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Anhörungsverfahren durchgeführt werden müssen, was versäumt wurde. Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens war zunächst nur der Abschnitt VKE 1.3; insoweit erfolgte auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach den §§ 6 ff. UVPG. Der Beklagte hat die in Konsequenz des gerichtlichen Vergleichs vom 11. Mai 2011 vorgenommene Verlängerung des Abschnitts VKE 1.3 um die etwa 1,5 km lange Teilstrecke VKE 1.2N nicht zum Anlass für eine auf den neu gebildeten Gesamtabschnitt VKE 1.3/1.2N bezogene Umweltverträglichkeitsprüfung genommen. Darin liegt ein Verstoß gegen § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 14.3 Spalte 1. Der vormalige Abschnitt VKE 1.3 endete im Süden oberhalb der AS Colbitz "auf der grünen Wiese". Eigenständige Verkehrsbedeutung in Gestalt einer Anbindung an die AS Colbitz erlangte der Abschnitt erst durch Einbeziehung der Teilstrecke 1.2N. Die erstmalige Herstellung der eigenständigen Verkehrsbedeutung eines Abschnitts stellt nach der Rechtsprechung des Senats eine "wesentliche Planänderung" dar, welche die Identität des Vorhabens berührt (vgl. Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 29). Für dieses andersartige Vorhaben hätte eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Außerdem hätte es bezogen auf den erstmals eigenständig verkehrsbedeutsamen Abschnitt VKE 1.3/1.2N einer Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG bedurft (vgl. Urteil vom 12. August 2009 a.a.O.). Diese Verfahrensmängel führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Öffentlichkeitsbeteiligung bezogen auf den Gesamtabschnitt VKE 1.3/1.2N gemäß § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG in einem ergänzenden Verfahren mit nachfolgender erneuter Sachentscheidung, die in einer Aufhebung, Änderung oder Bestätigung des Planfeststellungsbeschlusses bestehen kann (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <365>), nachgeholt werden können. Zwar knüpft § 4 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG an den Verfahrensfehler der rechtswidrig unterbliebenen Umweltverträglichkeitsprüfung die Rechtsfolge der Aufhebung der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens. Mit Rücksicht auf den das Planfeststellungsrecht prägenden Grundsatz der Planerhaltung wird diese Vorschrift jedoch durch die spezielle Fehlerfolgenregelung des § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG verdrängt (vgl. Urteil vom 20. Dezember 2011 - BVerwG 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 34 ff.). Die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ist auch nicht deshalb geboten, weil die Verfahrensfehler die Gesamtkonzeption der Planung betreffen (vgl. Urteil vom 5. März 1997 - BVerwG 11 A 25.95 - BVerwGE 104, 123 <129>). Mit der erstmals gewährleisteten eigenständigen Verkehrsbedeutung des Abschnitts, die die genannten verfahrensrechtlichen Anforderungen auslöst, ist zwar die Identität des Vorhabens berührt, doch wird dadurch - jedenfalls unter den hier vorliegenden Umständen - nicht das Gesamtkonzept der Planung in Frage gestellt. Die Herstellung der eigenständigen Verkehrsbedeutung ist nicht mit Änderungen der Trassenführung oder der Netzverknüpfung verbunden. Vielmehr wird die - bereits vollständig geplante - Teilstrecke nördlich der AS Colbitz lediglich aus dem Abschnitt VKE 1.2 in den Folgeabschnitt VKE 1.3 "verschoben". Somit rechtfertigen die genannten Verfahrensmängel nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zusammenhang ist zur Klarstellung anzumerken, dass der feststellende Ausspruch die gegenüber anderen Betroffenen eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses nicht berührt. Sie können daher gegen die erneute Entscheidung im ergänzenden Verfahren nur dann klageweise vorgehen, wenn diese in einer Änderung des Vorhabens besteht und soweit sie dadurch erstmals oder weitergehend als durch den Planfeststellungsbeschluss vom 20. Dezember 2012 betroffen werden (vgl. Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 21 und Beschluss vom 4. Juli 2012 - BVerwG 9 VR 6.12 - Buchholz 407.4 § 17e FStrG Nr. 14 Rn. 10 f.). Der Kläger kann gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, dass die vom Gericht festgestellten Mängel nach wie vor nicht behoben seien, mit Blick auf die Rechtskraft des Feststellungsurteils jedoch nicht, dass der Planfeststellungsbeschluss über die Beanstandung des Gerichts hinaus an weiteren Fehlern leidet (vgl. Neumann a.a.O. § 75 Rn. 53 und 55). Sollte das ergänzende Verfahren mit einer Planänderung abschließen, kann der Kläger außerdem rügen, dass dadurch Umweltbelange erstmals oder stärker als bisher berührt seien. II. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine materiellen Rechtsfehler auf, die seine Aufhebung rechtfertigen. Soweit Mängel festzustellen sind, können diese im ergänzenden Verfahren behoben werden mit der Folge, dass die Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses auszusprechen ist. 1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben ist gegeben. Es kommt daher auch im vorliegenden Verfahren nicht darauf an, ob und ggf. unter welchen Aspekten das Erfordernis der Planrechtfertigung auf die Klage einer anerkannten Naturschutzvereinigung hin trotz deren beschränkter Rügebefugnis zu prüfen ist (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 17 m.w.N.). Der vierstreifige Bau der A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten. Aufgrund dieser gesetzlichen Bedarfsplanung steht für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindlich fest, dass das Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten ist (Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 18). a) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es nicht bereits deshalb an der Planrechtfertigung für das Vorhaben, weil der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans im Bereich der VKE 1.3 nicht die planfestgestellte Bündelung der A 14 mit der B 189 zu entnehmen ist, sondern eine nach Osten abgerückte Trassenführung. Dass ein Vorhaben von der zeichnerischen Darstellung im gesetzlichen Bedarfsplan abweicht, hat nicht notwendig das Fehlen der Planrechtfertigung zur Folge. Die gesetzliche Bedarfsplanung hat nicht zum Inhalt, dass alle von ihr abweichenden Varianten nicht den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG entsprechen und daher ausgeschlossen sind. § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG normiert keine Ausschlusswirkung des Bedarfsplans, sondern nur eine "positive" Bindungswirkung zugunsten des darin aufgenommenen Vorhabens. Der Ausschluss abweichender Varianten erfordert eine konkrete, die aktuelle Situation vor Ort berücksichtigende Abwägung aller Belange. Es ist daher auch aus Sachgründen geboten, diese Entscheidung nicht auf der weit vorgelagerten Ebene der bundesweiten Bedarfsplanung zu treffen, sondern sie den nachfolgenden Planungsstufen zu überlassen. Somit kann die Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 1 FStrG nach Maßgabe der konkreten Umstände auch bei einem von der gesetzlichen Bedarfsplanung abweichenden Vorhaben gegeben sein (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <385>). Hier ist das Vorhaben allerdings ungeachtet der von der zeichnerischen Darstellung abweichenden Trassenführung vom gesetzlichen Bedarfsplan gedeckt. Dieser konkretisiert die Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, indem er ein bestimmtes, wenn auch grobmaschiges zusammenhängendes Verkehrsnetz für einen weiträumigen Verkehr darstellt, das dem prognostizierten Bedarf gerecht wird. Demgemäß gehört die Netzverknüpfung zum Regelungsgehalt der Bedarfsplanung. Von der Bindungswirkung erfasst sind außerdem zeichnerische Darstellungen, die - wie bspw. die Anzahl der Spuren - die dem festgestellten Bedarf entsprechende Kapazität der Trasse konkretisieren. Nur in Bezug auf diese Rahmenvorgaben kann von einer Abweichung des planfestgestellten Vorhabens vom Bedarfsplan die Rede sein; hinsichtlich aller anderen Aspekte ist die Konkretisierung Sache der nachfolgenden Planungsstufen (vgl. Urteile vom 21. März 1996 a.a.O. S. 385, vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331 <343 f.> und vom 15. Januar 2004 - BVerwG 4 A 11.02 - juris Rn. 18 f., 22 <insoweit nicht vollständig abgedruckt in BVerwGE 120, 1>). Danach weicht das hier umstrittene Vorhaben nicht von der gesetzlichen Bedarfsplanung ab. Es entspricht der vom Gesetzgeber festgelegten Netzverknüpfung und Dimensionierung. Auch sonst gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Trasse in der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans gerade aus Gründen der Bedarfsdeckung von der B 189 weg nach Osten abgerückt worden ist. Selbst wenn hierfür auch eine Umweltrisikoeinschätzung des Gesetzgebers verantwortlich gewesen sein sollte, wie der Kläger behauptet, nähme diese an der Bindungswirkung nicht teil, da sie der Konkretisierung auf den folgenden Planungsstufen bedürfte. b) Der Kläger meint ferner, zur Rechtfertigung der Planung könne deshalb nicht auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung zurückgegriffen werden, weil der im Bedarfsplan durch "Ökosterne" entlang der geplanten Trasse der A 14 kenntlich gemachte "besondere naturschutzfachliche Planungsauftrag" nicht korrekt abgearbeitet worden sei. Das trifft nicht zu. Die Kennzeichnung der Trasse durch "Ökosterne" lässt die gesetzliche Bedarfsfeststellung unberührt. Sie stellt nicht mehr als einen Hinweis des den Bedarf feststellenden Gesetzgebers an die weiteren Ebenen der Planung dar, dass bei den so markierten Vorhaben eine erhöhte naturschutzfachliche Problematik besteht, die im Rahmen der sich aus dem Unionsrecht und dem nationalen Recht ergebenden Anforderungen zu bewältigen ist (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 19 f. m.w.N.). c) Die Verbindlichkeit der Bedarfsfeststellung entfällt auch nicht dadurch, dass der Gesetzgeber die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat. Dies setzte voraus, dass die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, weil es für die Aufnahme des Vorhabens in den Bedarfsplan im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raumes an jeglicher Notwendigkeit fehlt oder sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 21; stRspr). Solche Gründe liegen hier nicht vor. aa) Zu Unrecht leitet der Kläger aus den von ihm gerügten Mängeln der projektbezogenen Verkehrsprognose der Ingenieurgruppe IVV eine mit Blick auf die zu erwartende Verkehrsbelastung evident fehlerhafte Bedarfsfeststellung des Gesetzgebers her. Dieser Einwand greift schon deshalb nicht, weil die behaupteten Mängel der projektbezogenen Prognose - ihr Vorliegen unterstellt - keine Rückschlüsse auf die den Prognosen des Bedarfsplans und deren Überprüfung und Bestätigung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2010 zugrunde liegenden Annahmen zulassen (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - NVwZ 2013, 1209 Rn. 23 f. <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 146, 254>). Im Übrigen fehlt es selbst nach der vom Kläger in Bezug genommenen Untersuchung von RegioConsult nicht an jeglichem Verkehrsbedarf für eine vierstreifige Autobahn. Für den hier relevanten Bereich Wolmirstedt-Stendal kommt die Untersuchung für das Prognosejahr 2025 zu einer Verkehrsbelastung von 17 512 Kfz/24 h. Nach den von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeiteten Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) ist bereits ab einer Verkehrsstärke von 18 000 Kfz/24 h der Einsatzbereich des Regelquerschnitts RQ 31 für vierstreifige Autobahnen erreicht. Bei dieser Sachlage ist auch nicht erkennbar, weshalb der Kläger von einer Überdimensionierung der Trasse ausgeht. Denn der für den vorliegenden Abschnitt gewählte RQ von 29,5 liegt noch unterhalb des Querschnitts, der nach der von RegioConsult angenommenen Verkehrsbelastung möglich wäre. Auch erschließt sich nicht, weshalb die vom Kläger angenommenen Mängel der Nullfall-Prognose eine evident verfehlte bzw. überholte Einschätzung des Gesetzgebers belegen sollten. bb) Maßgebliche Ziele der gesetzlichen Bedarfsfeststellung sind - neben der Bewältigung des Verkehrs - die Schließung einer Lücke im EU-förderrelevanten Verkehrskorridor Hamburg/Wismar - Magdeburg - Halle/Leipzig - Zwickau/Chemnitz/Dresden - Tschechien durch den Bau einer leistungsfähigen Autobahn zwischen Magdeburg und Schwerin sowie eine nachhaltige Verbesserung der Erreichbarkeit der Oberzentren, auch als Voraussetzung für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung der Region (Planfeststellungsbeschluss - PFB - S. 105 ff., 332 f.; vgl. auch Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - NVwZ 2013, 1209 Rn. 25 <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 146, 254>). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Ziele evident obsolet geworden sind. Das gilt insbesondere für die Annahme des Gesetzgebers, dass der Neubau der Autobahn die wirtschaftliche Entwicklung der Region fördern wird. Insoweit wird im Planfeststellungsbeschluss unter Bezugnahme auf fachliche Untersuchungen ergänzend dargetan, dass wirtschaftliche Verbesserungen vor allem dann zu erzielen seien, wenn hinsichtlich der Erreichbarkeit der Region - wie hier - besonders große Defizite bestehen (S. 457 ff.). Die vom Kläger vorgelegten Untersuchungen sind von vornherein nicht geeignet, diesbezüglich eine evidente Fehleinschätzung zu belegen. Im Monatsbericht des Bundesministeriums der Finanzen vom Juli 2010 heißt es im Gegenteil, dass Verkehrsinfrastrukturinvestitionen gerade in den neuen Bundesländern Wachstum auslösen. Die Beschäftigungseffekte werden zwar als "nicht signifikant" bewertet, insoweit wird jedoch darauf hingewiesen, dass Studien, die auf einer anderen Methodik beruhen, zu gegenteiligen Ergebnissen gelangt sind. Im Bericht des Instituts Verkehr und Raum (Band 13 <2013>) ist zwar davon die Rede, dass Autobahnanschlüsse mit zunehmender Nähe zum Verdichtungskern Wachstumseffekte erzeugen, nicht jedoch bei Standorten in peripheren ländlichen Räumen. Die Studie versteht sich jedoch als Voruntersuchung; für eine bessere Abschätzung seien noch umfangreiche Untersuchungen notwendig. 2. Mit Blick auf das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" ist das Vorhaben selbst nicht zu beanstanden (a). Allerdings hätte untersucht werden müssen, ob es zusammen mit den Auswirkungen der militärischen Übungsstadt Schnöggersburg das Beeinträchtigungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL verletzt (b). a) Das Vorhaben steht für sich genommen in Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 20 S. 7 - Vogelschutzrichtlinie - VRL). aa) Entgegen der Auffassung des Beklagten beurteilt sich die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses nach Art. 4 Abs. 4 VRL und nicht nach dem weniger strengen Schutzregime, das Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) und die seiner Umsetzung dienende Vorschrift des § 34 BNatSchG errichten. Denn das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" wurde noch nicht i.S.d. Art. 7 FFH-RL i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt (vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <282>). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt". Der Mitgliedstaat muss das besondere Schutzgebiet "vollständig und endgültig" ausweisen und es Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen. Die Erklärung muss "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Unionsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (vgl. Urteil vom 1. April 2004 a.a.O. S. 284 f. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH). Das Gebiet muss mit einem rechtlichen Schutzstatus ausgestattet werden, der geeignet ist, u.a. das Überleben und die Vermehrung der Vogelarten zu sichern und i.S.d. Art. 6 Abs. 2 FFH-RL die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Vogelarten sowie erhebliche Störungen derselben zu vermeiden. Dazu ist jedenfalls erforderlich, dass die Erhaltungsziele bezogen auf das jeweilige Gebiet verbindlich festgelegt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - Rs. C-535/07 - Slg. 2010, I-9483 Rn. 56, 58, 61, 97, 104 bis 109). (1) Diese für einen Regimewechsel notwendige Schutzerklärung erfolgt nach nationalem Recht regelmäßig in Form einer Verordnung, die den Schutzzweck entsprechend den Erhaltungszielen bestimmt, die Gebietsbegrenzung festlegt und durch geeignete Ge- und Verbote sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen die Einhaltung des Art. 6 FFH-RL sicherstellt (§ 32 Abs. 2 und 3 i.V.m. §§ 20, 22 BNatSchG, § 15 Abs. 1 NatSchG LSA). Eine Verordnung dieses Inhalts wurde für das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" nicht erlassen. (2) Die auf § 44a Abs. 2 NatSchG LSA a.F. (jetzt § 23 Abs. 2 NatSchG LSA) gestützte Verordnung über die Errichtung des ökologischen Netzes Natura 2000 vom 23. März 2007 des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt (GVBl LSA 2007, 82) genügt nicht den unionsrechtlichen Anforderungen an eine den Regimewechsel herbeiführende Schutzerklärung. Sie grenzt zwar u.a. das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" verbindlich nach außen ab und bestimmt die geschützten Vogelarten, benennt jedoch keine auf das konkrete Gebiet bezogenen Schutz- und Erhaltungsziele. Diese ergeben sich auch nicht aus den der Europäischen Kommission gemeldeten Standard-Datenbögen. Die Verordnung vom 23. März 2007 weist zwar darauf hin, dass die in ihren Anlagen genannten Lebensraumtypen sowie Tier- und Pflanzenarten den Angaben in den Standard-Datenbögen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens entsprechen. Sie macht deren Inhalt selbst - insbesondere darin enthaltene Erhaltungsziele - jedoch nicht zum Bestandteil ihrer Regelungen; insofern fehlt es an einer außenwirksamen Einbeziehung. Entgegen der Auffassung des Beklagten erfolgt die notwendige weitere Konkretisierung der Verordnung damit also nicht durch § 33 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Das darin normierte Beeinträchtigungsverbot knüpft an konkrete Erhaltungsziele an, kann deren verbindliche Festlegung aber nicht ersetzen. (3) Der Beklagte meint, jedenfalls die u.a. das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" betreffende, am 3. November 2011 bekannt gemachte Vereinbarung zwischen dem Beklagten und dem Bund "über den Schutz von Natur und Landschaft auf militärisch genutzten Flächen des Bundes (Vereinbarungsgebiete)" habe den Regimewechsel herbeigeführt. Das trifft nicht zu. Der Regimewechsel scheitert allerdings nicht bereits daran, dass der Schutzstatus in Form einer Vereinbarung ausgestaltet werden soll. Gemäß § 32 Abs. 4 BNatSchG kann von einer Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG u.a. dann abgesehen werden, wenn durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Diese Möglichkeit kann auch für eine "Schutzerklärung" i.S.d. Art. 7 FFH-RL i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL genutzt werden, mit der das Vogelschutzgebiet dem FFH-Recht unterstellt wird. Wie ausgeführt, ist es Sache der Mitgliedstaaten zu bestimmen, in welcher Form und mit welchen Mitteln die in Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL, Art. 6 Abs. 2 FFH-RL bezeichneten Schutzziele erreicht werden sollen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 60). Mit dem Erfordernis eines gemessen an der förmlichen Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG "gleichwertigen Schutzes" wird auch den unionsrechtlichen Anforderungen an einen Regimewechsel Rechnung getragen. Schließlich steht Landesrecht einer Anwendung des § 32 Abs. 4 BNatSchG nicht entgegen. Die Vorschrift des § 23 NatSchG LSA ist ausdrücklich "zu § 32 des Bundesnaturschutzgesetzes" erlassen worden. Der Landesgesetzgeber gibt damit zu erkennen, dass § 32 BNatSchG insoweit Anwendung finden soll, als § 23 NatSchG LSA keine eigenständigen Regelungen enthält. Das ist mit Blick auf § 32 Abs. 4 BNatSchG nicht der Fall. Diese Vorschrift wird weder modifiziert noch deren Anwendung ausgeschlossen. Letzteres kann insbesondere nicht aus § 23 Abs. 4 NatSchG LSA hergeleitet werden. Diese Regelung beschränkt nicht den Anwendungsbereich des § 32 BNatSchG, sondern grenzt die auf landesrechtlicher Grundlage erlassenen Verordnungen zur Festsetzung von Natura 2000-Gebieten von der Unterschutzstellung von Gebieten als geschützten Teilen von Natur und Landschaft nach § 32 Abs. 2 und § 20 Abs. 2 BNatSchG ab. Allein mit dem Abschluss der genannten Vereinbarung ist indes weder der unionsrechtlich gebotene Schutz noch ein der Unterschutzstellung nach § 32 Abs. 2 und 3 BNatSchG "gleichwertiger Schutz" i.S.d. § 32 Abs. 4 BNatSchG gewährleistet. In der Vereinbarung selbst werden die für das jeweilige Gebiet geltenden Schutz- und Erhaltungsziele nicht festgelegt. Dies soll vielmehr in einem auf das konkrete Gebiet bezogenen "naturschutzfachlichen Grundlagenteil" erfolgen, den der Bund im Einvernehmen mit dem Land aufzustellen hat (Art. 2 der Vereinbarung). Dieses Regelwerk ist bisher nicht erstellt worden, so dass im vorliegenden Verfahren das Verschlechterungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL gilt. (4) Mit Blick auf das durchzuführende ergänzende Verfahren wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass im Grundsatz keine Bedenken dagegen bestehen, den Regimewechsel durch Aufstellung des "naturschutzfachlichen Grundlagenteils" herbeizuführen. Durch die Verordnung vom 23. März 2007 wurde auf einer ersten Stufe das Schutzgebiet rechtswirksam nach außen abgegrenzt und wurden die zu schützenden Vogelarten benannt. Mit Aufstellung des "Grundlagenteils" stehen die Schutz- und Erhaltungsziele und außerdem die darauf bezogenen Erhaltungs-, Wiederherstellungs- und Entwicklungsmaßnahmen gegenüber dem Bund als Eigentümer des Schutzgebiets verbindlich fest (Art. 2 Abs. 3 und 4 der Vereinbarung). Es kann dahinstehen, welche Anforderungen nach Unionsrecht und nach § 32 Abs. 4 BNatSchG an die Festlegung von Ge- und Verboten gegenüber Dritten zu stellen sind und ob Art. 3 Abs. 3 der Vereinbarung diesen Anforderungen genügt, wonach der Bund gegenüber Dritten "im Rahmen seiner Befugnisse die Maßnahmen ergreifen" wird, "um eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes oder seiner Bestandteile zu verhindern sowie nachhaltige Störungen zu vermeiden." Denn solche Beeinträchtigungen oder Störungen durch Dritte sind für das "Vogelschutzgebiet Colbitz-Letzlinger Heide" nicht zu besorgen. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, darf das Gebiet als militärischer Sicherheitsbereich - mit Ausnahme einer auf wenige Wochen beschränkten Benutzung der Fußwege im Winter - nur dann betreten werden, wenn eine besondere Berechtigung hierfür besteht; entsprechende Warnhinweise wurden angebracht. Soweit das Vogelschutzgebiet über den Truppenübungsplatz und damit den militärischen Sicherheitsbereich hinausreicht, ist es nach den unbestrittenen Angaben des Beklagten bereits förmlich als Naturschutzgebiet ausgewiesen. bb) Das Vorhaben selbst steht in Einklang mit dem Beeinträchtigungsverbot des § 4 Abs. 4 VRL. Nach dieser Vorschrift treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel in den Schutzgebieten zu vermeiden, sofern sich diese auf die Zielsetzungen des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL und außerdem der Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 VRL erheblich auswirken. Danach muss das Überleben der geschützten Vogelarten und ihre Vermehrung im Verbreitungsgebiet sichergestellt sein; außerdem ist für die geschützten Vogelarten eine ausreichende Vielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder ggf. wiederherzustellen (vgl. Urteile vom 1. April 2004 - BVerwG 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 <290> und vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 52; EuGH, Urteil vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90, Santona - Slg. 1993, I-4221 Rn. 15). Gemessen daran sind erhebliche Beeinträchtigungen durch das Vorhaben ausgeschlossen. Für eine vorhabenbedingte Verschmutzung oder sonstige Beeinträchtigung der im Schutzgebiet gelegenen Lebensräume der geschützten Vogelarten Ziegenmelker, Schwarzspecht und Milan gibt es ohnehin keine Anhaltspunkte. Die im Schutzgebiet lebenden Populationen dieser Arten werden durch das Vorhaben auch nicht unmittelbar gefährdet. (1) Was die Vogelart Ziegenmelker anbelangt, haben die vom Beklagten beauftragten Gutachter Dr. M. und Dr. L. zur Überzeugung des Senats Folgendes dargetan: Zwar bestehe für die Vogelart Ziegenmelker ein besonderes Kollisionsrisiko, da sich die Vögel gerne auf dem erwärmten Asphalt niederließen und kein ausgeprägtes Fluchtverhalten gegenüber heranfahrenden Fahrzeugen zeigten. Insofern stelle die vorhabenbedingte Entlastung der B 189 einen Risikofaktor dar. Dort werde es künftig Lücken im Verkehrsfluss geben, was die Trasse für die Vögel attraktiver mache. Gleichwohl sei hier eine über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehende Gefährdung des trassennächsten Brutvorkommens im Schutzgebiet nordwestlich von Colbitz nicht zu befürchten. Die für diese Art optimalen Habitate lägen in nordwestlicher Richtung, also abgewandt von den Trassen der B 189 und der A 14. Zwischen diesen Trassen und dem Brutvorkommen liege ein als Habitat nicht geeignetes Waldgebiet; auch östlich der Trassen gebe es keine geeigneten Habitate. Da außerdem keine vom Brutvorkommen zu den Trassen führenden Schneisen vorhanden seien, könne es allenfalls zu ganz vereinzelten Flügen über die Trassen kommen. Durch die als vorgezogene Ausgleichsmaßnahme zugunsten der Fledermäuse angeordnete Auslichtung von Waldbeständen (Maßnahme ACEF 1) werde auch kein für den Ziegenmelker geeignetes Nahrungshabitat in Trassennähe geschaffen. Das gelte jedenfalls nach der zu Protokoll erklärten Änderung der Maßnahme, wonach neben der Auslichtung eine vielschichtige Struktur mit einer gut entwickelten Strauchschicht sicherzustellen sei. Diese behördlich verantwortete naturschutzfachliche Wertung hat der Kläger nicht durch substantiierte Einwände erschüttert (vgl. Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 81 m.w.N.). (2) Hinsichtlich der Vogelart Schwarzspecht hat der Gutachter Dr. M. eine signifikante Steigerung der Kollisionsgefahr überzeugend verneint. Die Art fliege in Höhe der Baumkronen und damit in einer für den Überflug der Trasse ausreichenden Höhe. Ohnehin komme es nur vereinzelt zu Überflügen, da innerhalb des Vogelschutzgebiets ausreichend Nahrungshabitate vorhanden seien. Der Brutschwerpunkt im Süden liege zudem im Bereich der Einschnittslage der Trasse. Die Dammlage im Norden sei mehr als 500 m vom Brutschwerpunkt entfernt und außerdem von als Nahrungshabitat ungeeigneten Offenlandbereichen umgeben. Der vorhabenbedingte Verlust von Nahrungshabitaten sei für den Bestand der Population ohne Bedeutung, da nur ein geringer Teil der Brutpaare betroffen sei und im Vogelschutzgebiet selbst genügend Ausweichflächen zur Verfügung stünden, deren Kapazität auch nicht erschöpft sei. Das Vorbringen des Klägers ist nicht geeignet, dieser Einschätzung die Grundlage zu entziehen. Soweit er darauf abstellt, dass Schwarzspechte im Winter ihre Nahrung (Ameisen) auch am Boden bzw. am Baumfuß aufnehmen, ist schon nicht nachvollziehbar, weshalb die Tiere im Anschluss daran die Trasse niedrig überfliegen sollten. (3) Bezogen auf Rot- und Schwarzmilane steht ebenfalls zur Überzeugung des Senats fest, dass das Kollisionsrisiko nicht erhöht wird. Insoweit hat der Gutachter Dr. M. in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass auf der B 189 infolge der drastischen Abnahme des Verkehrs von 14 000 Kfz/24 h auf weniger als 4 000 Kfz/24 h künftig viel weniger Aas als artspezifische Beute der Milane anfallen werde. Der Schutzzaun auf der westlichen Trassenseite entfalte keine Fallenwirkung für Kleinwild, da er getrennt durch einen breiten Streifen neben der B 189 verlaufe. Mit Blick auf die A 14 selbst werde dem Anfall von Aas durch eine mäusefeindliche Gestaltung und Unterhaltung des Mittelstreifens und der seitlichen Bankette sowie durch die Errichtung eines Wildschutzzauns vorgebeugt. Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, dass die bereits bestehende, durch die B 189 ausgelöste Kollisionsgefahr gemindert, aber jedenfalls sicher nicht gesteigert werde. Auch gegen diese naturschutzfachliche Einschätzung hat der Kläger keine durchgreifenden Einwände erhoben. b) Es besteht indes ein - im ergänzenden Verfahren behebbares - Ermittlungsdefizit hinsichtlich der Frage, ob das Vorhaben im Zusammenwirken mit dem Bau, der Anlage und dem Betrieb der ca. 169 ha großen, im Vogelschutzgebiet gelegenen militärischen Übungsstadt Schnöggersburg zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgebietspopulation des Ziegenmelkers führen kann (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). aa) Ausweislich der in Bezug auf dieses Projekt ("Urbaner Ballungsraum") durchgeführten Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" betreffen die durch den Bau und Betrieb der Übungsstadt verursachten, zur Vorbelastung durch den seit langem genutzten Truppenübungsplatz Altmark hinzutretenden Störungen u.a. des Ziegenmelkers als charakteristischer Art des Lebensraumtyps (LRT) 4030 jeweils eine Fläche von ca. 51 ha; eine Vergrämung der Vogelarten im selben Umfang wird nur deshalb nicht als relevant angesehen, weil der Lebensraumtyp selbst in seiner "floristischen und strukturellen Zusammensetzung" unverändert bleibt. Zusätzlich wird der LRT 4030 anlagebedingt auf einer Fläche von ca. 41 ha in Anspruch genommen. In der Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" wird außerdem ein der Übungsstadt zurechenbarer anlagebedingter Verlust von vier Brutpaaren angenommen, der als erhebliche Beeinträchtigung gewertet wird. Ausgehend davon ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass das Vorhaben im Zusammenwirken mit den Auswirkungen der Übungsstadt Schnöggersburg zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels "Ziegenmelker" führt, etwa mit Blick auf teilweise Verlagerungen der Schutzgebietspopulation aus dem Bereich der Übungsstadt in Richtung der Trasse der A 14. Eine entsprechende naturschutzfachliche Prüfung war entgegen der Annahme des Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil die durch die Übungsstadt ausgelösten erheblichen Beeinträchtigungen vollständig durch Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 34 Abs. 5 BNatSchG "ausgeglichen" würden. Abgesehen davon, dass - wie ausgeführt - nicht alle Beeinträchtigungen des Ziegenmelkers als erheblich eingestuft und demzufolge insoweit auch keine Kohärenzsicherungsmaßnahmen angeordnet wurden, übersieht der Beklagte, dass Maßnahmen der Kohärenzsicherung nicht darauf angelegt sind, die Entstehung nachteiliger Auswirkungen auf den geschützten Lebensraumtyp oder die geschützte Art zu vermeiden. Im Unterschied zu Schadensvermeidungsmaßnahmen braucht die Kohärenzsicherung weder am Ort der Beeinträchtigung zu erfolgen noch muss sie zeitlich unmittelbar wirken (vgl. Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - BVerwGE 145, 40 Rn. 82). Zudem ist für eine Schadensvermeidungsmaßnahme der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erforderlich, während für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme eine hohe Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. Urteil vom 6. November 2012 a.a.O. Rn. 83). bb) Bezogen auf die Folgen militärischer Tiefflüge über dem Vogelschutzgebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" bedurfte es hingegen keiner Prüfung kumulativer Wirkungen. Zwar können auch solche ein Schutzgebiet möglicherweise gefährdende menschliche Tätigkeiten dem Projektbegriff des § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG unterfallen, die nicht auf den Bau oder Betrieb einer Anlage gerichtet sind (vgl. Urteil vom 10. April 2013 - BVerwG 4 C 3.12 - BVerwGE 146, 176 Rn. 29 m.w.N.). Voraussetzung ist allerdings, dass die damit verbundene Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung erfüllt werden kann. Es muss also die Möglichkeit bestehen, die Tätigkeiten etwa anhand von Planungen, Konzepten oder einer feststehenden Praxis auf ihre Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes überprüfen zu können. Eine solche Möglichkeit war hier zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 20. Dezember 2012 nicht gegeben. In der mündlichen Verhandlung wurde von Seiten der Bundeswehr klargestellt, dass wegen der insoweit laufenden Rechtsstreitigkeiten (vgl. dazu Urteil vom 10. April 2013 a.a.O.) seit dem Jahre 2008 keine Tiefflüge mehr stattgefunden haben. Die Planungen für die Wiederaufnahme der Tiefflüge nach Abschluss der Rechtsstreitigkeiten und deren Abstimmung mit dem Betrieb der neuen Übungsstadt Schnöggersburg befänden sich erst im Stadium der Vorbereitung. Danach lag kein der habitatschutzrechtlichen Überprüfung zugängliches Projekt vor (im Anschluss an Urteil vom 10. April 2013 a.a.O. Rn. 30). cc) Mit Blick auf die den nördlichen Folgeabschnitt VKE 1.4 betreffende Klage des Klägers (BVerwG 9 A 19.12) wird in diesem Zusammenhang klarstellend angemerkt, dass nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung voraussichtlich auch in jenem Abschnitt ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Ermittlungsdefiziten durchzuführen sein wird. Ausweislich der abschnittsübergreifend vorgenommenen Verträglichkeitsprüfung ist auch bezogen auf den Abschnitt VKE 1.4 nicht untersucht worden, ob die Auswirkungen des Vorhabens und der Übungsstadt Schnöggersburg in der Summe zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgebietspopulation des Ziegenmelkers führen können. Insoweit drängt sich eine naturschutzfachliche Prüfung dieser Frage noch mehr auf als im vorliegenden Abschnitt. Der Abschnitt VKE 1.4 liegt näher an der Übungsstadt und gerade im Norden des Schutzgebiets befindet sich der Vorkommensschwerpunkt dieser Art. Zudem liegt dort ein größeres Brutvorkommen des Schutzgebiets nur 220 m von der Trasse entfernt. Daher wird für den Abschnitt VKE 1.4 - neben einem lärmbedingten Verlust von zwei Brutplätzen - von einer vorhabenbedingten Steigerung des Kollisionsrisikos für die trassennahen Brutvorkommen ausgegangen, die nur mit Blick auf den großen und stabilen Vorkommensschwerpunkt im zentralen Teil des Schutzgebiets als nicht signifikant angesehen wird. Es dürfte voraussichtlich zu überprüfen sein, ob diese Annahme fehlender Signifikanz auch mit Blick auf etwaige Auswirkungen der im Zentrum des Schutzgebiets gelegenen Übungsstadt auf den Umfang und die Stabilität des Vorkommensschwerpunkts Bestand haben kann. Gerade für den Abschnitt VKE 1.4 erscheint wegen der größeren Nähe der Trasse zur Übungsstadt auch (und erst recht) überprüfungsbedürftig, ob der Bau, die Anlage oder der Betrieb derselben eine Verlagerung von Brutvorkommen aus dem zentralen Teil des Schutzgebiets zur Trasse hin auslösen kann. 3. Bezogen auf das FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" hat die Behörde eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele fehlerfrei ausgeschlossen. a) Eine habitatrechtlich relevante Gefährdung der geschützten Fledermäuse ist nicht zu besorgen. aa) Der Gutachter des Beklagten, Herr Dr. L., hat zur Überzeugung des Senats erläutert, dass die Trasse zwar Flugrouten der Mopsfledermaus schneide, den Tieren jedoch durch die Errichtung von zwei Querungsbauwerken mit Irritationsschutzwänden ein gefahrloses Überqueren der A 14 einschließlich der parallel verlaufenden B 189 ermöglicht werde (vgl. auch PFB S. 322). Da sich die Standorte der Querungshilfen an den Hauptflugrouten befänden, sei deren Annahme gesichert. Dabei hätten die vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen - anders als bei den "streng" strukturgebunden fliegenden Fledermausarten - wegen der regelmäßig großen Flughöhe für die Mopsfledermaus keine signifikante Bedeutung. Das gelte auch für die Jungtiere, da diese durch die Elterntiere zur Nutzung der Querungen angeleitet würden. Durch das Anbringen geeigneter Wände werde der Einfall von Licht in den Querungsbereich vermieden; im Übrigen sei die Mopsfledermaus nur gering lichtempfindlich. Das Vorbringen des Klägers vermag keine Zweifel an dieser naturschutzfachlichen Bewertung zu begründen. Er hat darauf verwiesen, dass nach der im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erstellten Arbeitshilfe "Fledermäuse und Straßenverkehr" (Entwurf Oktober 2011, S. 47) bei der Mopsfledermaus eine mittlere Strukturbindung und demzufolge eine mittlere Kollisionsgefährdung gegeben sei. Daher wirkten sich Mängel bei den Leit- und Sperreinrichtungen (mit 2 m zu geringe Höhe der als Leitstruktur vorgesehenen Hecke bei Verkehrsfreigabe und Lücke zwischen Leitstruktur und Querung) auch zulasten der Mopsfledermaus aus. Insoweit hat der Beklagte jedoch zu Protokoll erklärt, dass die als Leit- und Sperreinrichtungen dienenden Gehölze bis zur Verkehrsfreigabe eine funktionale Höhe von 4 m erreicht haben müssen. Dass diese Höhe unzureichend sei, hat der Kläger nicht behauptet. Soweit er einwendet, dass die Gehölze bis zur Verkehrsfreigabe noch nicht dicht genug seien, muss nach den entsprechenden Maßnahmeblättern die Funktionalität der Maßnahme bereits bei Verkehrsfreigabe bestehen. Hinsichtlich der Lücke zwischen Leitstruktur und Querung hat der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dort Bäume mit in den Straßenraum der B 189 hineinragenden Ästen angepflanzt würden. Als Überflughilfe ("Hop-over" oder "Baumtor") stelle dies zwar keine Standardmaßnahme dar. Für die hoch fliegende Mopsfledermaus sei eine solche Hilfe aber auch nicht notwendig; insoweit sei die Maßnahme vielmehr als Orientierungshilfe sinnvoll. Dem hat der Kläger nicht substantiiert widersprochen. Im Übrigen hat der Beklagte außerdem zur Sicherstellung der Wirksamkeit der Leit- und Sperreinrichtungen sowie der Querungshilfen für Fledermäuse die Anordnung eines Monitorings zu Protokoll erklärt (vgl. auch Nebenbestimmung 2.1. Nr. 37 und Auflagenvorbehalt PFB S. 59 und 74). Danach sind für den Fall, dass die Planfeststellungsbehörde in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden Defizite feststellt, geeignete Korrekturmaßnahmen wie z.B. die Verdichtung, Verlegung oder Erhöhung von Leit- und Sperreinrichtungen zu ergreifen. Somit kann eine erhebliche Beeinträchtigung des Erhaltungsziels "Mopsfledermaus" ausgeschlossen werden. Das gilt offenkundig auch bei kumulativer Betrachtung der Auswirkungen der Übungsstadt Schnöggersburg, so dass insoweit kein Ermittlungsdefizit vorliegt. Nach den vom Kläger nicht in Abrede gestellten Angaben des Gutachters Dr. L. kann sich der mit diesem Projekt verbundene Lärm nicht nachteilig auf Fledermäuse auswirken, weil diese nur gegenüber extrem hochfrequentem Lärm empfindlich seien. Gefährdungen der habitatrechtlich geschützten Mopsfledermaus durch von der Übungsstadt ausgehende Lichtwirkungen seien ebenfalls ausgeschlossen. Diese Art jage nicht in Offenlandbereichen, sondern in reich strukturierten Wäldern. Der Standort der Übungsstadt liege jedoch weit entfernt von solchen Waldbereichen. bb) Die - durch den Gutachter Dr. L. bestätigte - naturschutzfachliche Einschätzung der Behörde, dass hinsichtlich der weiteren habitatrechtlich geschützten Arten Bechsteinfledermaus und Großes Mausohr keine funktionalen Beziehungen über die Trasse hinweg bestehen (vgl. PFB S. 322 f.), hat der Kläger nicht substantiiert angegriffen. b) Auch die Feststellung der Behörde, eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets in Bezug auf die in Anhang II FFH-RL aufgeführten xylobionten Käferarten Eremit, Hirschkäfer und Heldbock sei auszuschließen, ist nicht zu beanstanden. aa) Ohne Erfolg greift der Kläger die gemeinsame Betrachtung der Arten Hirschkäfer und Heldbock in der Verträglichkeitsprüfung an. Dazu hat der vom Beklagten beauftragte Gutachter Dr. M. ausgeführt, dass die vom Kläger hervorgehobenen unterschiedlichen Habitatansprüche dieser Arten für die Verträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich seien, weil es nicht um die Vernichtung von Lebensstätten im Schutzgebiet gehe, sondern eine etwaige Unterbrechung wichtiger Austauschbeziehungen zu untersuchen sei. Insoweit wiesen beide Arten vergleichbare Empfindlichkeiten auf (vgl. auch PFB S. 319). Dem hat der Kläger nicht widersprochen. bb) Die Trasse beeinträchtigt keine für den Erhalt der Schutzgebietspopulationen relevanten Austauschbeziehungen. Der Gutachter Dr. M. hat in der mündlichen Verhandlung anhand von Karten zu Fundnachweisen überzeugend erläutert, dass es keine Austauschbeziehungen der im FFH-Gebiet angesiedelten Populationen der Käferarten Eremit und Heldbock über die Trasse hinweg gebe. Eine vorhabenbedingte Beeinträchtigung dieser Arten im FFH-Gebiet "Colbitzer Lindenwald" westlich von Colbitz scheide von vornherein aus, da es bei einer Entfernung von etwa 18 km keine Austauschbeziehungen zu den Populationen im nordöstlich von Dolle gelegenen FFH-Gebiet "Mahlpfuhler Fenn" geben könne. Zwar bestünden hinsichtlich des Hirschkäfers Austauschbeziehungen zwischen den Populationen der beidseits der Trasse liegenden FFH-Gebiete "Colbitz-Letzlinger Heide" und "Mahlpfuhler Fenn". Diese Austauschbeziehungen müssten jedoch zum einen nicht aufrecht erhalten bleiben, um den Erhalt der Schutzgebietspopulationen zu sichern. Denn bei den Populationen des Hirschkäfers im FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" handle es sich um große, in sich stabile Populationen; der zu ihrem Erhalt notwendige Genaustausch finde innerhalb des Schutzgebiets selbst statt. Zum anderen werde die Trasse vorhandene Austauschbeziehungen des Hirschkäfers nicht unterbrechen. Im Bereich der Einschnittslage der Trasse bestehe von vornherein keine erhebliche Kollisionsgefahr. Diese werde außerdem durch Kollisionsschutzzäune gemindert. Wegen der Größe der Hirschkäfer bestehe bei einer Querung der Trasse auch kein erhebliches Tötungsrisiko durch Verwirbelung. Zudem liege die Hauptflugzeit der Tiere von Mai bis Juli in der Dämmerung und nachts, also außerhalb der Zeiträume mit hohem Verkehrsaufkommen. Da keine besiedelten Habitatbäume vernichtet würden, blieben die für einen Austausch über eine längere Strecke erforderlichen "Trittsteine" erhalten. Schließlich bestehe auch keine habitatrechtlich relevante Gefährdung der Schutzgebietspopulation durch Lichteinwirkungen. Die Käfer würden durch einzelne schnelle Lichtereignisse, wie sie durch fahrende Pkw ausgelöst würden, - im Unterschied eventuell zu stationären Lichtquellen - nicht angelockt. Mangels Kurvenlage leuchte der nächtliche Verkehr auch nicht großflächig in die Randbereiche des Schutzgebiets hinein. Dem hat der Kläger nichts Substantielles entgegengesetzt. Insbesondere ist die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Mutmaßung, ein Genaustausch über die Trasse hinweg sei "vielleicht" doch für den Erhalt der Schutzgebietspopulationen des Hirschkäfers notwendig, nicht geeignet, die naturschutzfachliche Bewertung der Behörde zu erschüttern. c) Der pauschal gehaltenen Behauptung des Klägers, der Erhaltungszustand der Heuschrecken und Schmetterlinge als charakteristische Arten des trassennah gelegenen LRT 4030 (Trockene europäische Heiden) werde wegen der Anlockwirkung des von der A 14 in das Schutzgebiet einfallenden Lichts verschlechtert, ist der Beklagte in seiner Erwiderung eingehend und mit überzeugender Begründung entgegengetreten. d) Die wegen einer erheblichen Beeinträchtigung des LRT 9170 (Labkraut-Eichen-Hainbuchenwald) erfolgte Abweichungsprüfung ist frei von Fehlern. Der Beklagte geht nach dem vom Senat in mehreren Entscheidungen gebilligten Konzept der Critical Loads (vgl. Urteil vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 52 Rn. 93 m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 145, 40>) von einer erheblichen Belastung des LRT 9170 durch Stickstoffeinträge aus (PFB S. 317 f.). Danach überschreitet die vorhabenbedingte Zusatzbelastung mit 5,29 % des für den LRT 9170 geltenden Critical Load die Irrelevanzschwelle von 3 %. Da diese Zusatzeinträge eine Fläche von mehr als 1 % des Lebensraumtyps im Schutzgebiet beträfen, nämlich 2 % des Gesamtbestandes, sei von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen. Der Kläger stellt diese tatsächlichen Annahmen nicht in Frage. Er meint jedoch, eine Abweichung vom Beeinträchtigungsverbot sei nicht durch zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt (§ 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG). Außerdem gebe es zumutbare Alternativen i.S.d. § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG. Schließlich werde die Kohärenz des Netzes Natura 2000 nicht hinreichend gesichert (§ 34 Abs. 5 BNatSchG). Dem kann nicht gefolgt werden. aa) Es besteht ein das Interesse am Erhalt der Integrität des FFH-Gebiets überwiegendes öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens (vgl. PFB S. 332 ff.). Dem Vorhaben kommt mit Blick auf die gesetzliche Feststellung des vordringlichen Bedarfs und als Teil des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" eine herausgehobene Verkehrsbedeutung zu. Diese Bedeutung wird nicht dadurch relativiert, dass nach Auffassung des Klägers die der gesetzlichen Bedarfsfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose deutlich zu hoch ist, zumal - wie bereits ausgeführt - auch die vom Kläger genannten Zahlen die Gestaltung der Straße als Autobahn rechtfertigen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 159). Zudem dient das Vorhaben dem wichtigen Ziel einer nachhaltigen Verbesserung der Erreichbarkeit der Oberzentren in einer Region mit besonders lückenhafter Infrastruktur, um u.a. die dortige Wirtschaft zu fördern und der hohen Abwanderung entgegen zu wirken. Diese gewichtigen öffentlichen Interessen rechtfertigen es, den relativ geringfügigen Eingriff in den Lebensraumtyp hinzunehmen. bb) Für das Vorhaben gibt es keine andere nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigere Alternative (vgl. PFB S. 324 ff.). Eine solche Alternative liegt nur dann vor, wenn sich das FFH-Recht am Alternativstandort nicht als ebenso wirksame Zulassungssperre erweist wie am planfestgestellten Standort; dabei kommt es nur darauf an, ob am Alternativstandort eine Linienführung möglich ist, bei der keine habitatrechtlich geschützten Lebensraumtypen oder Tierarten erheblich beeinträchtigt werden oder jedenfalls prioritäre Biotope und Arten verschont bleiben. Außerdem muss das Planziel trotz ggf. hinnehmbarer Abstriche am Grad der Zielerfüllung am Alternativstandort ebenfalls erreicht werden können. Eine Alternative darf aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen verworfen werden, etwa wenn sie dem Vorhabenträger in finanzieller Hinsicht Opfer abverlangt, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 170 ff. und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <260 ff.>). Ausgehend davon durfte die Behörde am planfestgestellten Standort festhalten. Auf die von der B 189 nach Osten abgerückte Variante ST-I-Ost kann der Vorhabenträger schon deshalb nicht verwiesen werden, weil sich das FFH-Recht insoweit als ebenso wirksame Zulassungssperre darstellt wie am planfestgestellten Standort. Im Zuge dieser Variante wäre nämlich eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Eschengehege nördlich Tangerhütte" durch Stickstoffeinträge zu erwarten, wobei die Zusatzeinträge dort immerhin 14,5 % des Gesamtbestandes des geschützten Lebensraumtyps beträfen (PFB S. 328). Der vom Kläger befürwortete Ausbau der B 189 als Bundesstraße mit Erschließungsfunktion ("echte" Null-Plus-Variante) läuft auf ein anderes Projekt hinaus, mit dem das wesentliche Planziel einer schnellen und leistungsfähigen Nord-Süd-Verbindung von Wismar und den Ostseehäfen über Magdeburg bis nach Dresden nicht erreicht werden kann (so bereits Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 87). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auch auf die Variante eines Ausbaus der bestehenden B 189 mit den für eine Autobahn geltenden Entwurfsparametern und Betriebsmerkmalen ("unechte" Null-Plus-Variante, vgl. dazu PFB S. 154 ff.) abstellen sollte, ist nicht erkennbar, dass diese Variante bezogen auf das Schutzkonzept der FFH-Richtlinie Vorteile aufweist. Im Gegenteil würde die Autobahn auf diese Weise näher an das FFH-Gebiet "Colbitz-Letzlinger Heide" herangerückt. Was die Variante des Baus eines Tunnels anbelangt, geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass diese Variante offenkundig unverhältnismäßig ist, weil den erheblichen Mehrkosten nur ein geringfügiger Eingriff in den LRT 9170 gegenübersteht (S. 325 f.; vgl. auch S. 291, 535 f.). Gegen eine kleinräumige Abrückung der Trasse in östliche Richtung und den damit verbundenen Wegfall der Bündelung von B 189 und A 14 sprechen unstreitig gewichtige Belange des Arten- und Biotopschutzes (PFB S. 326 f.). cc) Nicht zu beanstanden ist schließlich das Konzept zur Sicherung der Kohärenz des "Netzes Natura 2000". Zwar erscheint zweifelhaft, ob die vorgesehene Beseitigung der fruchttragenden Bäume der Spätblühenden Traubenkirsche auf der vorhabenbedingt beeinträchtigten Fläche des LRT 9170 (Maßnahme KS 2, vgl. PFB S. 330 f.) als Kohärenzsicherungsmaßnahme eingestuft werden kann. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung genügt es dafür, diese Pflanzen ein bis zweimal auszureißen. Es spricht daher einiges dafür, dass es sich um eine ohnehin vorzunehmende Pflegemaßnahme i.S.v. § 32 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG, Art. 6 Abs. 2 FFH-RL handelt. Der Planfeststellungsbeschluss sieht jedoch außerdem die Entwicklung von in der Nähe des FFH-Gebiets gelegenen Flächen als LRT 9170 und deren Einbeziehung in das Schutzgebiet vor (Maßnahme KS 1, PFB S. 329 f.). Der Gutachter Dr. M. des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass die Kohärenz von Natura 2000 allein durch diese Maßnahme hinreichend gesichert ist. Dem wurde von Seiten des Klägers nicht widersprochen. 4. Bis auf einzelne Ermittlungsdefizite werden die Anforderungen des Artenschutzrechts eingehalten. Zu den auf eine Vielzahl von Tierarten bezogenen Rügen des Klägers ist mit Blick auf das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Folgendes auszuführen: a) Die artenschutzrechtliche Behandlung der europäischen Vogelarten ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. aa) Das Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) wird nicht verwirklicht. Durch das Vorhaben wird die verkehrsbedingte Kollisionsgefahr für die Vogelarten Ziegenmelker, Schwarzspecht und Milan nicht signifikant erhöht (zum Maßstab der Signifikanz vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149 Rn. 99; stRspr); insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Art. 4 Abs. 4 VRL verwiesen werden. Die gegen eine Gefährdung des Milans angeführten Gründe gelten auch für die Vogelarten Waldkauz, Waldohreule und Mäusebussard. Was den Wanderfalken anbelangt, hat der Gutachter Dr. M. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass es keinen Nachweis in Trassennähe gebe und diese Art ohnehin keiner besonderen Kollisionsgefahr unterliege, weil sie die Straßen nicht nach Aas absuche, sondern ihre Beute jage. Dem hat der Kläger nicht widersprochen. Hinsichtlich des Grünspechts hat derselbe Gutachter in der mündlichen Verhandlung die eingehenden Darlegungen in der Erwiderung des Beklagten bestätigt und ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint, weil diese Vogelart den Trassenbereich nicht aufsuchen werde. Die Art ernähre sich von Ameisen, die sie auf kurz geschnittenen Rasenflächen finde. Der Bereich der Trasse sei für den Grünspecht nicht attraktiv. Demgegenüber gebe es im Umfeld der Trasse ausreichend geeignete Nahrungshabitate. Diese Einschätzung ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers mindestens vertretbar. bb) Das Verbot der Zerstörung geschützter Lebensstätten (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) wird durch den vorhabenbedingten Verlust des Bruthorstes eines Rotmilan-Paares nur vorläufig verwirklicht. Insoweit ist nach Angaben des Gutachters Dr. M. davon auszugehen, dass die Tiere innerhalb des großen Aktionsraums um den betroffenen Brutplatz auf andere Bruthabitate ausweichen können. Dem stehe nicht entgegen, dass "in der Nachbarschaft" ein weiteres Brutpaar vorhanden sei. Der Rotmilan lege artbedingt in seinem Aktionsraum regelmäßig mehrere Horste an, die er im Wechsel nutze oder auf die er bei einem - etwa auch sturmbedingt möglichen - Verlust eines Horstes ausweichen könne. Diese fachliche Bewertung ist ohne Weiteres nachvollziehbar. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die artenschutzrechtliche Privilegierung nach § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG derzeit - wegen bislang fehlender Maßnahmen zur Kompensation der mit der Teilstrecke VKE 1.2N verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft (siehe dazu B.II.5.a) - nicht greift, so dass trotz der Ausweichmöglichkeit ein Verstoß gegen das Zerstörungsverbot anzunehmen ist (vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 a.a.O. Rn. 117 f.). Der Rechtsverstoß und damit auch die Notwendigkeit einer Ausnahmeprüfung (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) entfallen mit Behebung des eingriffsrechtlichen Mangels im ergänzenden Verfahren. cc) Die bau- und betriebsbedingten Störungen des Raufußkauzes in den trassennahen Waldbereichen führen nicht zu einer Verletzung des Störungsverbots, weil durch das vorgesehene Anbringen von Nistkästen (Maßnahmen ACEF 1 und 6) eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population vermieden wird (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Die vom Kläger gegen die Eignung dieser Maßnahmen vorgebrachten Bedenken sind jedenfalls nach der vom Beklagten abgegebenen Protokollerklärung zu deren Änderung ausgeräumt. b) Auch in Bezug auf Fledermäuse verstößt der Planfeststellungsbeschluss nicht gegen Regelungen des Artenschutzrechts. aa) Der Beklagte hat ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch verkehrsbedingte Kollisionen vertretbar verneint. Das gilt einmal für die Querung der Trasse selbst. Insoweit liegt mit der Errichtung von zwei Querungsbauwerken mit Irritationsschutzwänden, die durch Leit- und Sperreinrichtungen flankiert werden, jedenfalls nach den zu Protokoll erklärten Änderungen ein geeignetes Schutzkonzept vor, zumal zur Sicherstellung der Wirksamkeit dieser Einrichtungen nunmehr ein Monitoring vorgesehen ist. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Habitatrecht verwiesen. Auch für den Bereich des Dollgrabens ist eine über das allgemeine Lebensrisiko der Art hinausgehende Gefährdung durch Kollisionen nicht zu besorgen. Der Gutachter des Beklagten, Dr. L., hat das insoweit angeordnete Schutzkonzept in der mündlichen Verhandlung näher erläutert. Danach wird die bisherige, in Ost-West-Richtung entlang der Landesstraße (L) 29 verlaufende Hauptflugroute durch Leitstrukturen so verlagert, dass die Tiere künftig unter der großvolumigen, über die Dollgrabenniederung führende Brücke der A 14 hindurch fliegen. Die in Nord-Süd-Richtung fliegenden Tiere werden entlang der A 14 unter die über die Autobahn führende Brücke der L 29 geleitet. Das Vorbringen des Klägers lässt nicht erkennen, dass diese fachliche Bewertung unhaltbar sein könnte. Soweit der Kläger bezweifelt, dass die Unterquerung der L 29 auch von lärmempfindlichen Tieren angenommen werde, hat der Gutachter Dr. L. nachvollziehbar angegeben, dass die Lärmempfindlichkeit bei entsprechender Ausgestaltung der Leitstrukturen keine Rolle spiele; zudem handle es sich bei dem insoweit allein in Frage kommenden "Grauen Langohr" um eine siedlungsbezogene und folglich wenig lärmempfindliche Fledermausart. bb) Schon aus den soeben genannten Gründen trifft die Annahme des Klägers nicht zu, die Austauschbeziehungen über die Trasse hinweg würden in artenschutzrechtlich relevanter Weise gestört (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). Soweit der Kläger lichtbedingte Störungen geltend macht, wird auf die eingehenden Erläuterungen in der Erwiderung des Beklagten verwiesen, deren Richtigkeit der Kläger nicht substantiiert bestritten hat. cc) Ohne Erfolg rügt der Kläger eine Verletzung des Zerstörungsverbots (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG), weil nicht hinreichend gewährleistet sei, dass die ökologische Funktion der vorhabenbedingt verloren gehenden Lebensstätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werde (§ 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG). Auf dieses Vorbringen hat der Beklagte eingehend und nachvollziehbar unter Bezugnahme auf die entsprechenden vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen (ACEF 1, 5 und 6) erwidert, ohne dass diese Darlegungen vom Kläger substantiiert in Abrede gestellt worden wären. Danach kann nicht von einer unvertretbaren fachlichen Bewertung des Beklagten ausgegangen werden. Das gilt auch mit Blick auf die Eignung der Ausgleichsmaßnahmen ACEF 1 und 6 (Sicherung potenzieller Quartierbäume bzw. Anbringen von Fledermauskästen und begleitend Entwicklung bzw. Optimierung eines Jagdhabitats insbesondere durch Auflockerung des Baumbestandes). Insoweit rügt der Kläger mit Schriftsatz vom 15. November 2013 sowie mit nachgelassenem Schriftsatz vom 20. Dezember 2013, dass im Herbst 2012 und im Frühjahr 2013 eine große Anzahl von Bäumen in der Ausgleichsfläche gefällt worden sei, ohne dass auf die nach der Ausgleichsmaßnahme geforderte Freistellung geeigneter Biotopbäume geachtet worden sei. Unter den gefällten Bäumen seien auch als Quartiere geeignete Höhlenbäume gewesen. Aufgrund dessen gebe es jedenfalls innerhalb der Ausgleichsfläche der Maßnahme ACEF 1 nicht mehr genügend für eine Freistellung geeignete Bäume bzw. sei der dortige Waldbestand bereits so ausgelichtet, dass weitere Baumfällungen zur Freistellung einzelner Biotopbäume nicht mehr verantwortet werden könnten. Damit hat der Kläger die Eignung der genannten Ausgleichsmaßnahmen nicht substantiiert in Abrede gestellt. Ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten überreichten Stellungnahme der Forstverwaltung des Bundes vom 4. Dezember 2013 wurden im November 2012 lediglich 18,77 Festmeter (= Kubikmeter massives Holz) Wertholz und 18,36 Festmeter Stammholz geerntet; der Kläger hat diese Angabe nicht in Zweifel gezogen. Angesichts der erheblichen Größe der Fläche der Maßnahme ACEF 1 von 48,63 ha ist nicht nachvollziehbar, weshalb die relativ geringfügigen Fällarbeiten die geplante Aufwertung unmöglich gemacht haben sollten. Zwar ergibt sich aus der Stellungnahme, dass im Jahre 2013 umfangreichere Fällarbeiten stattgefunden haben. Dieser Sachverhalt ist jedoch unerheblich, weil er erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses - hier am 20. Dezember 2012 - entstanden ist (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 87). Zum Wegfall der artenschutzrechtlichen Privilegierung nach § 44 Abs. 5 Satz 2 und 3 BNatSchG wegen eines Verstoßes gegen das Eingriffsrecht gelten die obigen Ausführungen zum Rotmilan. dd) Hinsichtlich der Fledermausart "Braunes Langohr" hat der Beklagte angenommen, dass der Verlust von als Quartier geeigneten Höhlenbäumen nicht vollständig ausgeglichen werden kann und es zu populationswirksamen Störungen durch Licht- und Lärmimmissionen kommt (PFB S. 287). Der Kläger meint, die insoweit nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorgenommene Ausnahmeprüfung (PFB S. 289 ff.) sei deshalb fehlerhaft, weil die Alternative einer Trassenführung in Tunnellage abgelehnt worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit der Kosten einer solchen Alternative kann auf die obigen Ausführungen zu der auf die erhebliche Beeinträchtigung des LRT 9170 bezogenen Abweichungsprüfung verwiesen werden. Es kommt hinzu, dass sich eine auf das Braune Langohr bezogene Verletzung von Zugriffsverboten auch bei einer Tunnellösung nicht vermeiden lässt (PFB S. 290 f. und 535). Im Übrigen treffen die oben genannten Gründe für die Zulässigkeit einer Abweichung vom habitatrechtlichen Beeinträchtigungsverbot auch hier zu. c) Die artenschutzrechtliche Prüfung ist hinsichtlich der Anhang IV-Käferarten Heldbock und Eremit unter Berücksichtigung des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung überwiegend nicht zu beanstanden. aa) Die gegen die Bestandserfassung gerichteten Rügen greifen nicht durch. Der Kläger meint, bei einem methodisch richtigen Vorgehen hätten auch im näheren Bereich der Trasse Vorkommen nachgewiesen werden müssen. Damit kann er nicht durchdringen. Der Gutachter des Beklagten, Dr. N., hat angegeben, dass die Bestandserfassung nach den von einer Gruppe von Fachleuten unter Mitarbeit des Bundesamtes für Naturschutz erarbeiteten Standards vorgenommen worden sei, die in den vom Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt herausgegebenen "Empfehlungen für die Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland" beschrieben würden (Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Sonderheft 2/2006); auch seien die Erkenntnisse ortskundiger Forstbediensteter abgefragt worden. Ein solches Vorgehen nach einer standardisierten Untersuchungsmethode ist grundsätzlich sachgerecht und von der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Behörde gedeckt (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 59 ff.). Soweit der Kläger umfangreichere oder aufwändigere Ermittlungen vermisst (etwa Untersuchung weiterer Gehölzarten; Einsatz von Leitern, Hebebühnen, Stethoskopen und von Lock- und Lichtfallen), ist nicht dargelegt oder sonst erkennbar, dass sich insoweit ein allgemein anerkannter Stand der Wissenschaft herausgebildet hat und die hier angewandte Methode als nicht mehr vertretbar angesehen werden müsste. Dazu hätte, etwa bezogen auf die vom Kläger bevorzugte direkte Erfassung des Höhlenbestandes von Eremiten ("Staubsaugermethode"), umso mehr Anlass bestanden, als diese Methode nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben des Gutachters Dr. M. mit einem erheblichen Tötungsrisiko verbunden ist. Soweit sich die Behauptung des Klägers, eigene Untersuchungen hätten eine weitere Verbreitung der Käferarten ergeben, nicht nur auf den nicht dem Artenschutzrecht unterfallenden Hirschkäfer beziehen sollte, fehlt es insoweit an nachprüfbaren Aussagen. Demgegenüber hat der Beklagte den Standort von Nachweisen jeweils durch Angabe der GPS-Koordinaten des Baumes exakt bezeichnet und zudem Baum und Fund näher beschrieben. Abgesehen davon hat der Beklagte aufgrund der für die Käfer geeigneten Biotopstruktur im Bereich der Trasse der VKE 1.3 ohnehin die Möglichkeit einer Besiedlung bis zur Baufeldfreimachung unterstellt und entsprechende Maßnahmen angeordnet. bb) Das Tötungsverbot ist mit Blick auf die Baufeldfreimachung erfüllt. Wie soeben ausgeführt, geht der Beklagte von der Möglichkeit einer Besiedlung des Trassenbereichs durch Eremit und Heldbock aus. Eine entsprechende Untersuchung soll vor Baufeldfreimachung erfolgen. Für den Fall, dass dabei Brutbäume dieser Käferarten gefunden werden, ist eine Umlagerung der Brutbäume angeordnet, um den Larven bzw. Puppen die Möglichkeit zur Vollendung dieses Entwicklungsstadiums bis zum Schlupf der Käfer und einer anschließenden Besiedlung älterer Laubbäume im Umfeld zu geben (Maßnahme VASB 18); für den Bereich, in dem die Brutbäume gelagert werden sollen, ist durch die Maßnahme ACEF 1 eine artgerechte Entwicklung bzw. Optimierung von Lebensräumen vorgesehen (PFB S. 274 f.). Da bei der planfestgestellten Umlagerung unstreitig ein - erheblicher - Teil der Brut zugrunde ginge, wird das Zugriffsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verletzt, das auch die Entwicklungsformen der wild lebenden Tiere wie bspw. Larven und Puppen erfasst (vgl. auch § 7 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) BNatSchG). Daher hätte eine Ausnahmeprüfung nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vorgenommen werden müssen. Die Ausnahmeprüfung kann im ergänzenden Verfahren nachgeholt werden. Insoweit ist Folgendes anzumerken: Nach Auffassung des Klägers ist die Umlagerung von Brutbäumen noch nicht hinreichend erprobt und mit einem hohen Verlust von Larven verbunden. Der Kläger hat jedoch im vorliegenden Verfahren keine als Alternative in Betracht kommende Methode aufgezeigt, bei der das durch die Baufeldfreimachung verursachte Tötungsrisiko ganz vermieden oder weiter gemindert würde. Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die zugunsten der Käfer vorgesehene Aufwertung der für die Umlagerung vorgesehenen Flächen wegen der bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses am 20. Dezember 2012 erfolgten Fällarbeiten nicht mehr erfolgen kann und das Schutzkonzept dadurch lückenhaft geworden ist. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur fortbestehenden Eignung der Maßnahme ACEF 1 für die Fledermäuse verwiesen werden. Im ergänzenden Verfahren sind allerdings bei der Prüfung einer fortbestehenden Tauglichkeit der Vermeidungsmaßnahme ggf. auch Fällarbeiten im Bereich der Maßnahmefläche in den Blick zu nehmen, die erst im Jahre 2013 vorgenommen wurden. Im Übrigen führt das Vorhaben nicht zu einer Verletzung des Tötungsverbots. Soweit der Kläger geltend machen sollte, dass bei den bereits erwähnten Fällarbeiten geschützte Käfer oder deren Entwicklungsformen getötet worden seien, ist anzumerken, dass diese Maßnahmen nicht Gegenstand des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses sind. Eine Anlockwirkung der sich schnell fortbewegenden Lichter des Verkehrs auf der A 14 hat der Beklagte vertretbar verneint; insoweit wird auf die Ausführungen zur Frage einer habitatrechtlich relevanten Beeinträchtigung des Hirschkäfers Bezug genommen. Der Gutachter Dr. M. hat in Ergänzung der Erwiderung des Beklagten erläutert, dass hinsichtlich der beiden artenschutzrechtlich relevanten Käferarten infolge des großen Abstands zwischen Nachweisort und Trasse und des artspezifisch geringen Aktionsradius nicht von einer über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Kollisionsgefahr ausgegangen werden könne (vgl. auch PFB S. 510, 542 ff.). Die vom Kläger hervorgehobenen längeren Flüge fänden zwar statt, aber nur vereinzelt, etwa wenn ein neuer Brutbaum gesucht werden müsse. Für eine solche Wiederbesiedlung seien im Übrigen im Schutzgebiet selbst genügend geeignete Habitate vorhanden. Dem Vorbringen des Klägers lassen sich keine Anhaltspunkte für die Unhaltbarkeit dieser naturschutzfachlichen Einschätzung entnehmen. d) Hinsichtlich der Zauneidechsen hat der Beklagte angenommen, dass durch Vergrämung bzw. Fangen der Tiere im Baufeld, Verhinderung der Rückwanderung durch Errichtung eines überklettersicheren Zauns und Umsetzung der Tiere in geeignete Habitate in räumlicher Nähe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko durch die Baufeldfreimachung verhindert werden kann (PFB S. 276 ff.). Diese Annahme ist jedenfalls vertretbar. Der Gutachter S. hat in der mündlichen Verhandlung näher dargelegt, dass die Zauneidechse nicht flächendeckend im Trassenbereich vorkomme, sondern nur an drei kleinen und leicht überschaubaren Standorten mit geringen Versteckmöglichkeiten. Daher könne bei den vorgesehenen mehrfachen Begehungen der Flächen eine sehr hohe Trefferquote erzielt werden, so dass keine oder allenfalls ein ganz geringer Teil der Zauneidechsen im Baufeld verbleiben werde. Der Kläger hat diese Wertung nicht substantiiert in Abrede gestellt. Damit kann kein Verstoß gegen das Tötungsverbot festgestellt werden. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das Tötungsverbot nicht erfüllt ist, wenn die betriebsbedingte Gefahr von Kollisionen im Straßenverkehr unter Berücksichtigung der vorgesehenen Schadensvermeidungsmaßnahmen innerhalb des Risikobereichs verbleibt, der mit einem Verkehrsweg im Naturraum immer verbunden ist, vergleichbar dem Risiko, dem einzelne Exemplare der jeweiligen Art im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens stets ausgesetzt sind (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 91; ähnlich EuGH, Urteil vom 20. Mai 2010 - Rs. C-308/08 - Slg. 2010, I-4281 Rn. 57 f.). Eine vergleichbare Bagatellgrenze gilt auch bei Maßnahmen zur Errichtung des Vorhabens. Wird das baubedingte Tötungsrisiko durch Vermeidungsmaßnahmen bereits bis zur Schwelle des allgemeinen Lebensrisikos, dem die Individuen der jeweiligen Art ohnehin unterliegen, gesenkt, kann nach dem Maßstab praktischer Vernunft keine weitergehende artenschutzrechtliche Verantwortlichkeit bestehen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 57 zur Bestandsaufnahme). Danach ist das Tötungsverbot hier nicht erfüllt. Wenn allenfalls noch ein ganz geringer Teil der Zauneidechsen im Baufeld verbleibt, ist mit der Baufeldfreimachung kein höheres Tötungsrisiko verbunden, als es für einzelne Tiere dieser Art insbesondere mit Blick auf natürliche Feinde auch sonst besteht (vgl. bereits Urteil vom 14. Juli 2011 - BVerwG 9 A 12.10 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 13 Rn. 123, 127<insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 140, 149>). e) Was die Schlingnatter angeht, hat der Gutachter S. ausgeführt, dass bereits mangels geeigneter Habitate nicht von einem Vorkommen ausgegangen werden könne. Auch eine dreimalige Begehung der Fläche und das Ausbringen von "Schlangenbrettern" hätten keinen Nachweis erbracht. Der vom Kläger hervorgehobene Einzelfund gebe keinen Anlass zu einer anderen Bewertung, weil anzunehmen sei, dass das Tier den Bereich nur zum Überwintern genutzt habe. Es sind keine Anhaltspunkte für die Unhaltbarkeit dieser Einschätzung erkennbar geworden. f) Auch die artenschutzrechtliche Beurteilung der Amphibien (PFB S. 275 f.) ist nicht zu beanstanden. Die von der Gutachterin des Beklagten, Frau H., in der mündlichen Verhandlung erläuterte Annahme, entgegen der Auffassung des Klägers bestehe kein signifikant erhöhtes Risiko, weil die vorsorglich vorgesehenen Amphibiensperreinrichtungen nach den konkreten örtlichen Verhältnissen Wanderungen der Tiere in den Bereich der Tank- und Rastanlage "Colbitz-Letzlinger Heide" verhinderten, erscheint jedenfalls vertretbar. Im Übrigen hat Frau Herbst die naturschutzfachliche Einschätzung bestätigt, dass auch die umfangreichen Maßnahmen zur Optimierung des Lebensraums der Tiere (ACEF 9 und 11) Wanderungen in Richtung der Anlage verhindern werden. Dies hat der Kläger nicht weiter in Abrede gestellt. g) Bezogen auf die Schmetterlingsart "Nachtkerzenschwärmer" ist die Erkenntnislage zur Frage eines durch die Baufeldfreimachung signifikant erhöhten Tötungsrisikos hingegen defizitär. Der Gutachter Dr. M. hat ausgeführt, dass eine Tötung von im Boden überwinternden Puppen dieser Art im Zuge der Baufeldräumung trotz fehlender Nachweise unterstellt worden sei. Der Nachtkerzenschwärmer lege seine Eier nur an Nachtkerzengewächsen ab; solche Habitate seien in der Dollgrabenniederung vorhanden. Daher könne ein Vorkommen auch im Trassenbereich nicht ausgeschlossen werden. Dies sei allerdings keineswegs sicher, da die Standorte für die Eiablage ständig wechselten. Die Puppen lägen nicht tief im Boden, so dass auch sonst bei jeder Bodenbewirtschaftung bzw. jedem Befahren ein Tötungsrisiko gegeben sei. Bei dieser Sachlage kommt auch die Verneinung eines über das allgemeine Lebensrisiko dieser Art hinausreichenden Risikos in Betracht. Für eine abschließende Klärung fehlen jedoch zum Beispiel Aussagen über Umfang und Standort von Habitaten im Trassenbereich und zur Frage, ob dort Puppen nur vereinzelt oder eher "gehäuft" vorkommen können. Entsprechende Feststellungen und eine eventuell notwendig werdende Ausnahmeprüfung können im ergänzenden Verfahren nachgeholt werden. Demgegenüber hat der Beklagte hinsichtlich der Schmetterlingsart "Feuerfalter" eine Verletzung artenschutzrechtlicher Verbote fehlerfrei verneint. Der Gutachter S. hat in der mündlichen Verhandlung näher dargetan, dass diese Art im Untersuchungsraum bereits seit langer Zeit nicht mehr vorkomme und mangels geeigneter Habitate auch nicht vorhanden sein könne. Dem hat der Kläger nicht widersprochen. h) Hinsichtlich des Wolfs liegt kein Verstoß gegen das Tötungsverbot vor. Dazu hat der Gutachter Dr. M. ausgeführt, dass der Straßenverkehr bei dieser Art im Allgemeinen nicht zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko führe, weil es keine Hauptwechsel gebe, die durch eine Trasse zerschnitten werden könnten. Daher stelle sich regelmäßig auch nicht die Frage der Standorteignung von Querungen. Auch hier werde kein ausnahmsweise über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehendes Kollisionsrisiko geschaffen. Am Überqueren der A 14 würden die Tiere durch die beidseitige Einzäunung der Autobahntrasse gehindert. Nach bisherigen Erfahrungen sei auch nicht zweifelhaft, dass die Querungen vom Wolf angenommen würden. Da die parallel zur A 14 verlaufende B 189 nicht in die Einzäunung einbezogen werde, müssten die Tiere zwar deren Trasse erneut queren, um die - beide Trassen überspannenden - Wildbrücken nutzen zu können. Wegen des drastischen Rückgangs des Verkehrs auf der B 189 insbesondere nachts werde dadurch die bisher schon an der B 189 vorhandene Gefahrenlage aber nicht gesteigert. Insgesamt stelle sich die Gefährdungslage sogar günstiger dar. Das Tötungsrisiko könne auch nicht durch Einzäunung auch der B 189 gemindert werden. Im Gegenteil würde auf diese Weise eine Falle für die durch seitliche Öffnungen in den Trassenbereich gelangenden Tiere geschaffen. Der Kläger hat dieser nachvollziehbaren fachlichen Wertung nicht substantiiert widersprochen. i) Das weitere Vorbringen des Klägers lässt unter Berücksichtigung der Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses und der eingehenden Erwiderung des Beklagten keine Anhaltspunkte für durchgreifende Mängel der artenschutzrechtlichen Prüfung erkennen. 5. a) Der Planfeststellungsbeschluss verletzt insoweit Regelungen des naturschutzrechtlichen Eingriffsrechts, als für die der Teilstrecke VKE 1.2N zuzurechnenden Eingriffe in Natur und Landschaft (§ 6 NatSchG LSA i.V.m. § 14 BNatSchG) keine Kompensationsmaßnahmen gemäß § 7 NatSchG LSA i.V.m. § 15 BNatSchG vorgesehen sind. Wie ausgeführt (B.I.2.), kann die Entscheidung hierüber mit Blick auf die Einheitlichkeit der Planfeststellung nicht im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu einem anderen Abschnitt (hier dem Abschnitt VKE 1.2) getroffen werden. Dieser Mangel kann im Rahmen des ergänzenden Verfahrens geheilt werden. b) Weitere Verstöße gegen eingriffsrechtliche Regelungen sind nicht erkennbar. Der Hirschkäfer, bei dem es sich nicht um eine dem Artenschutzrecht unterfallende Art nach Anhang IV der FFH-RL handelt, ist eingriffsrechtlich nicht als Individuum, sondern mittelbar als Population geschützt, die für das ungestörte Funktionieren des Naturhaushalts von Bedeutung ist (vgl. § 14 Abs. 1 BNatSchG). Es sind keine Anhaltspunkte dafür zutage getreten, dass es infolge von Beeinträchtigungen der Population des Hirschkäfers zu Störungen des Naturhaushalts kommen könnte. Im Übrigen sind überall dort, wo geeignete Habitate so nahe an der Trasse liegen, dass weibliche Hirschkäfer diese auf dem Boden laufend erreichen können, mindestens 60 cm hohe Sperreinrichtungen aus "überklettersicherem" Material in Kombination mit den Schutzzäunen für Fledermäuse bzw. das Wild vorgesehen (Maßnahmen VASB 8 und 16). Dass der Beklagte von der Wirksamkeit dieses Überkletterschutzes ausgeht, ist auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens vertretbar. Dasselbe gilt für die Annahme fehlender populationswirksamer Tötungsrisiken durch Überflug der Trasse oder durch Lichteinwirkungen des Verkehrs; insoweit wird auf die Ausführungen zum habitatrechtlichen Schutz des Hirschkäfers Bezug genommen. Soweit der Kläger eine zu geringe Breite der Wildschutzbrücke (Bauwerk 17Ü) rügt, hat Herr O. als Gutachter des Beklagten erläutert, dass die vorgesehene Breite von 50 m, die der im "Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen" (MAQ 2008) geforderten Mindestbreite entspreche, angesichts weiterer Querungsmöglichkeiten in räumlicher Nähe in jedem Fall ausreiche. Diese Einschätzung hat der Kläger auch mit Blick auf die eingehenden Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur hinreichenden Dimensionierung der Brücke (S. 472 f.) nicht widerlegt. Die für die Auswahl des Standorts der Wildbrücke maßgeblichen Kriterien und Zwangspunkte sind im Planfeststellungsbeschluss ebenfalls eingehend dargelegt (S. 469 ff.). Die vom Kläger geforderte teilweise Führung der Trasse in Troglage zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durfte der Beklagte bereits wegen der damit verbundenen erheblichen Mehrkosten und des größeren Flächenverbrauchs ausschließen (PFB S. 389 f.). Hinzu kommen nach Angaben des Beklagten Risiken für den Trinkwasserschutz mit Blick auf eine hohe Durchlässigkeit der über dem Grundwasserleiter liegenden Bodenschicht. Es kann offenbleiben, ob dem durch eine Abdichtung der Trasse hinreichend sicher begegnet werden könnte, wie der Kläger meint. Denn eine solche Schutzmaßnahme wäre mit weiteren Mehrkosten verbunden. Ein Verstoß gegen Eingriffsrecht kann auch nicht hinsichtlich einer Gefährdung von Heuschrecken als Bestandteil des Naturhaushalts der Colbitz-Letzlinger Heide festgestellt werden. Das Vorbringen des Klägers gibt dafür unter Berücksichtigung der eingehenden Darlegungen des Planfeststellungsbeschlusses zu diesem Punkt (S. 545 f.) und in der Erwiderung des Beklagten keinen Anhalt. 6. Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende fachplanerische Abwägung (§ 17 Satz 2 FStrG) leidet nicht an Mängeln, die seine Aufhebung rechtfertigen können. a) Allerdings rügt der Kläger zu Recht, dass eine Gesamtabwägung bisher nur in Bezug auf die Teilstrecke VKE 1.3 erfolgt ist. Eine auf den gesamten Abschnitt VKE 1.3/1.2N bezogene Abwägung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deshalb entbehrlich, weil die Teilstrecke VKE 1.2N bereits Bestandteil einer den Abschnitt VKE 1.2 betreffenden Gesamtabwägung war. Wie bereits ausgeführt (B.I.1.), sind die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung - hier das Abwägungsgebot nach § 17 Satz 2 FStrG - einheitlich auf dasselbe Vorhaben anzuwenden, das in der Regel dem im Plan des Vorhabenträgers bezeichneten Abschnitt entspricht. Daher muss die Abwägung der vom Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange stets auf den gesamten Abschnitt bezogen sein und kann - auch mit Blick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 19 Abs. 2 FStrG - nicht für Teilstrecken im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens zu einem anderen Abschnitt erfolgen. Der Abwägungsausfall berührt nicht das Gesamtkonzept der Planung, da die Teilstrecke VKE 1.2N ohne jede Änderung aus dem Abschnitt VKE 1.2 herausgenommen und dem Folgeabschnitt VKE 1.3 angegliedert wurde. Somit kann die den gesamten Abschnitt umfassende Abwägung im ergänzenden Verfahren nachgeholt werden. Dem hat, wie oben dargelegt wurde (B.I.2.), eine auf den Gesamtabschnitt bezogene (erneute) Öffentlichkeitsbeteiligung und Umweltverträglichkeitsprüfung vorauszugehen. b) Weitere Abwägungsfehler sind nicht erkennbar. aa) Die Abschnittsbildung genügt den Anforderungen des Abwägungsgebots (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <14 f.>). Da der vorliegende Abschnitt erst nach Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den nördlichen Folgeabschnitt VKE 1.4 realisiert werden darf (PFB S. 35), ist ausgeschlossen, dass nördlich der AS Burgstall eine "im Grünen" endende Torsostrecke ohne eigenständige Verkehrsfunktion entsteht. Es ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich, dass mit Blick auf die für den vorliegenden Abschnitt und den Folgeabschnitt VKE 1.4 gemeinsam durchgeführte Verträglichkeitsprüfung oder im Interesse einer sachgerechten Trassenführung ein gemeinsamer Abschnitt VKE 1.3/1.2N und VKE 1.4 hätte gebildet werden müssen. bb) Auch hinsichtlich der fachplanerischen Variantenprüfung gibt es keine Anhaltspunkte für durchgreifende Abwägungsmängel. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl sind nur dann überschritten, wenn der Behörde beim Auswahlverfahren infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist oder wenn eine andere als die gewählte Trassenführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen (Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - BVerwGE 139, 150 Rn. 66; stRspr). Ausgehend davon erweist sich die Auswahl der planfestgestellten Variante nicht als fehlerhaft. (1) Der Ausschluss der Nullvariante begegnet im Ergebnis keinen Bedenken. Ungeachtet der gesetzlichen Bedarfsfeststellung muss von der Planung Abstand genommen werden, wenn sich auf späteren Planungsstufen herausstellt, dass dem Vorhaben unüberwindliche Belange entgegenstehen (Urteil vom 3. Mai 2013 - BVerwG 9 A 16.12 - BVerwGE 146, 254 Rn. 84). Dem widerspricht die Annahme der Planfeststellungsbehörde, ein Verzicht auf den Neubau der A 14 komme "sowohl aufgrund der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers als auch aus Gründen der Planrechtfertigung" nicht in Betracht (PFB S. 152 f., 461) nur scheinbar. Denn wie die sich unmittelbar anschließende Formulierung zeigt, hat die Planfeststellungsbehörde die Notwendigkeit erkannt, trotz der Wertung des Gesetzgebers in der nachfolgenden Planungsstufe zu prüfen, ob unüberwindbare Belange dazu nötigen, von der Planung Abstand zu nehmen. Dass sie dies verneint hat, kann angesichts des erheblichen Gewichts der maßgeblichen Planungsziele einerseits und der im vorliegenden Verfahren zutage getretenen eher begrenzten Beeinträchtigung von Umweltbelangen andererseits nicht beanstandet werden. (2) Ohne Erfolg greift der Kläger ferner den Ausschluss der Variante einer von der B 189 nach Osten abgerückten Trasse der A 14 (Variante ST-I-Ost) an. Die Ostvariante drängt sich nicht als vorzugswürdig auf. Die Behauptung des Klägers, die Variantenprüfung leide u.a. hinsichtlich der Trassenlänge, der Anschlussmöglichkeiten, der Querung von Überschwemmungsgebieten, der Auswirkungen auf geplante Windkraftanlagen, der Lärmbetroffenheit von Ortslagen und der Betroffenheit von Flächen mit Altlastverdacht an Ermittlungs- und Bewertungsdefiziten, hat der Beklagte in seiner Erwiderung überzeugend entkräftet. Entgegen der Annahme des Klägers wurden auch die Gattungen der xylobionten Käfer und der Schmetterlinge betrachtet. Hinsichtlich der Käfer wird die Ostvariante mangels jeglicher Beeinträchtigung als günstiger bewertet (PFB S. 186) und bezogen auf die Schmetterlinge wird das Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Exemplare für beide Varianten verneint (PFB S. 211). Dass auch die Gattung der Reptilien berücksichtigt wurde, ist allerdings nicht zu erkennen. Nicht zu überzeugen vermag ferner die Gewichtung der bei beiden Varianten notwendigen Lärmschutzanlagen zulasten der Ostvariante (PFB S. 171 f.); insoweit hätte der Hinweis des Beklagten auf die noch fehlende Entwurfsplanung bei den angegebenen Maßen eher für eine Gleichgewichtung gesprochen. Angesichts der festgestellten deutlichen Vorteile der planfestgestellten Trassenführung hinsichtlich zahlreicher öffentlicher Belange von erheblichem Gewicht wie Verkehr (PFB S. 163 f.), Straßenbau (PFB S. 165 ff.), Städtebau (PFB S. 168 ff.), Pflanzen und Tiere sowie biologische Vielfalt wegen der Bündelung der Trasse mit der B 189 (PFB S. 175) und der FFH-Verträglichkeit (PFB S. 199 f.) drängt sich die Vorzugswürdigkeit der Ostvariante offenkundig auch dann nicht auf, wenn Vorteile derselben in Bezug auf den Schutz von Reptilien unterstellt und die im vorliegenden Verfahren festgestellten Ermittlungsdefizite hinsichtlich des Ziegenmelkers und des Nachtkerzenschwärmers sowie ein signifikant gesteigertes Tötungsrisiko für die Käferarten Eremit und Heldbock im Zuge der Baufeldfreimachung berücksichtigt werden. An dieser Beurteilung vermag die Darstellung einer Ostvariante in der gesetzlichen Bedarfsfeststellung nichts zu ändern. Wie bereits ausgeführt, weicht die planfestgestellte Trasse nicht von der nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG maßgeblichen Konkretisierung der Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG hinsichtlich der Netzverknüpfung und einer dem festgestellten Bedarf entsprechenden Dimensionierung ab. Sollte der Darstellung einer Ostvariante eine Umweltrisikoeinschätzung des Gesetzgebers zugrunde liegen (vgl. § 14b Abs. 1 Nr. 1 UVPG i.V.m. Anlage 3 Nr. 1.1), wie der Kläger behauptet, würde dadurch der Abwägungsspielraum auf den nachfolgenden Planungsebenen nicht eingeengt. Wie der vorliegende Fall zeigt, wäre eine über Bedarfsgesichtspunkte hinausgehende "Vorwirkung" der gesetzlichen Bedarfsplanung auch nicht sachgerecht. Denn die der Bedarfsplanung nachfolgende Konkretisierung des Vorhabens hat gerade in habitatrechtlicher Hinsicht keine Vorteile der Ostvariante ergeben. (3) Die vom Kläger favorisierte Variante eines Ausbaus der B 189 als Bundesstraße mit Erschließungsfunktion ("echte" Null-Plus-Variante) musste schon deshalb nicht auf ihre Vorzugswürdigkeit untersucht werden, weil sie - wie ausgeführt - auf ein anderes Projekt hinausläuft (vgl. Urteil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 85 ff.). Soweit der Kläger auch den Ausschluss der Variante eines Ausbaus der B 189 mit den für eine Autobahn geltenden Entwurfsparametern und Betriebsmerkmalen ("unechte" Null-Plus-Variante) als abwägungsfehlerhaft rügen sollte, wird auf die eingehende und nachvollziehbare Begründung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 153 ff.) verwiesen, der der Kläger nichts Substantiiertes entgegengesetzt hat. Hinsichtlich der vom Kläger geforderten kleinräumigen "Optimierungen" der Trasse kann auf die eingehenden und überzeugenden, die entsprechenden Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 230 f., 235) ergänzenden Darlegungen in der Erwiderung des Beklagten Bezug genommen werden, zumal diese unwidersprochen geblieben sind. (4) Die Variantenprüfung ist schließlich auch hinsichtlich des Standortes der Tank- und Rastanlage Colbitz-Letzlinger Heide nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat auf den Einwand des Klägers, deren Standort entspreche nicht den in den Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen (Ausgabe 2011) vorgesehenen Abständen zwischen solchen Anlagen, nachvollziehbar entgegnet, dass für die Tank- und Rastanlagen entlang der A 14 größere Abstände vorgesehen seien, um angesichts der zu erwartenden Verkehrsbelastung deren Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten. Auch drängt sich der vom Kläger genannte Alternativstandort im Bereich des westlich der Trasse gelegenen Abbaugebiets "Tagebau Dolle Süd" nicht als vorzugswürdig auf. Der vom Kläger behauptete Vorteil in artenschutzrechtlicher Hinsicht ist nicht erkennbar. Der von ihm hervorgehobene Verlust des Horstes eines Rotmilanpaares spricht angesichts der insoweit bestehenden Ausweichmöglichkeiten nicht gegen den vorgesehenen Standort; insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Auf der anderen Seite hat der Gutachter S. des Beklagten unwidersprochen angegeben, dass bei einer Errichtung der Anlage im Bereich des "Tagebaus Dolle Süd" mehrere geschützte Arten betroffen wären. Hinsichtlich der vom Kläger befürchteten Anlockwirkung der Beleuchtung der Tank- und Rastanlage für zahlreiche Tiere hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung eine Protokollerklärung abgegeben, wonach Maßnahmen zur Minimierung der Lichtwirkung wie die Verwendung "lichtverschmutzungsarmer" Leuchten und deren vollständige Abschirmung gegenüber nicht zu beleuchtenden Räumen zu ergreifen sind. Im Übrigen weist der Alternativstandort auch insoweit keine Vorteile auf, als die Tank- und Rastanlage nach den unbestrittenen Ausführungen des Beklagten dort nicht wesentlich tiefer läge mit der Folge einer vergleichbaren Lichtwirkung auf die Umgebung. Hinzu kommt schließlich als gegen den Alternativstandort sprechender privater Belang von einigem Gewicht, dass nach Angaben des Beklagten für den Tagebau nach wie vor eine Abbaugenehmigung besteht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020218&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020219
BVerwG
1. Wehrdienstsenat
20140306
1 WB 9/14
Beschluss
§ 23 Abs 1 S 1 Nr 6 SBG, § 2 SKPersStruktAnpG
DEU
Vorzeitige Versetzung in den Ruhestand; Anhörung der Vertrauensperson
Die Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze gemäß § 2 des Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (SKPersStruktAnpG) vom 21. Juli 2012 ist keine vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG, zu der auf Antrag des betroffenen Soldaten die Vertrauensperson angehört werden soll.
Der Antragsteller machte eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz geltend. Mit Formularschreiben vom 26. August 2013 bekundete der bei ... verwendete Oberleutnant F. sein Interesse an einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand gemäß § 2 SKPersStruktAnpG zum Ende des Monats Oktober 2013, alternativ zum Ende des Monats Dezember 2013, und beantragte hierzu die Anhörung der Vertrauensperson. Mit Schreiben vom 29. August 2013 nahm der Antragsteller zu der Interessenbekundung Stellung. Er empfahl, die von Oberleutnant F. angegebenen schwerwiegenden familiären und dienstlichen Gründe in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, und erklärte, dass ein abschließender Anhörungsbeitrag erst nach Kenntnis der beabsichtigten Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle möglich sei; sofern der Interessenbekundung nicht entsprochen werden solle, werde um eine Erläuterung der zur Entscheidung führenden Gründe gebeten. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2013 teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr Oberleutnant F. mit, dass seiner Interessenbekundung nicht entsprochen werde, weil ein dienstliches Interesse an seiner Weiterverwendung bestehe. Hiergegen legte Oberleutnant F. Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 1. November 2013 erhob auch der Antragsteller mit dem Hinweis, dass er am 16. Oktober 2013 durch Oberleutnant F. von dem ablehnenden Bescheid erfahren habe, Beschwerde wegen Nichtdurchführung der nach §§ 20, 23 SBG gebotenen Beteiligung. Er rügte insbesondere, dass die Erläuterung der Gründe nicht durchgeführt worden sei, die er für den Fall erbeten habe, dass der Interessenbekundung nicht entsprochen werden solle. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde, weil über seine Beschwerde vom 1. November 2013 nicht innerhalb eines Monats entschieden worden sei, und beantragte zugleich die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - legte den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit einer am 5. Februar 2014 beim Gericht eingegangenen Stellungnahme dem Senat vor. Mit E-Mail vom 15. November 2013 hob das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr den Bescheid vom 1. Oktober 2013, mit dem der Interessenbekundung des Oberleutnant F. an einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht entsprochen worden war, auf. Im Hinblick darauf erklärte der Antragsteller mit Schreiben vom 25. Februar 2014 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - schloss sich der Erledigungserklärung mit Schreiben vom 28. Februar 2014 an. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: .../13 - hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 3 WBO nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Für die Kostenentscheidung sind die im Prozessrecht allgemein geltenden Grundsätze maßgebend. Danach ist bei übereinstimmender Erledigungserklärung über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (§ 20 Abs. 3 WBO, § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 22. April 2008 - BVerwG 1 WB 4.08 - Rn. 8 m.w.N.). Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die notwendigen Aufwendungen des Antragstellers nicht dem Bund aufzuerlegen, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte. Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, § 16 SBG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO - abweichend von § 48 Satz 1 SBG, § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (stRspr, vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 37.08 - Rn. 17 m.w.N. <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 133, 135 und Buchholz 449.7 § 20 SBG Nr. 3>). Sachlich zuständig ist vorliegend das Bundesverwaltungsgericht (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wäre - ungeachtet der Frage des richtigen Sachantrags - jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen gewesen, weil eine Verletzung von Beteiligungsrechten des Antragstellers nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz mangels eines materiellen Beteiligungstatbestands nicht in Betracht kam. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann das vom Antragsteller als verletzt gerügte Anhörungsrecht nach § 20 SBG nicht von dem materiellen Beteiligungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG (bzw. anderer entsprechender Beteiligungstatbestände) getrennt werden (vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009 a.a.O. Rn. 19 m.w.N.). Eine mit der Beschwerde angreifbare Rechtsverletzung des Antragstellers kann deshalb nicht isoliert in der (behaupteten) Missachtung der Anhörungsvorschrift des § 20 SBG liegen, sondern stets nur in der Verletzung des Anhörungsrechts in Verbindung mit einem materiellen Beteiligungstatbestand. Ein materieller Tatbestand, der eine Beteiligung des Antragstellers anordnet oder eröffnet, ist vorliegend nicht gegeben. Ein Beteiligungserfordernis ergibt sich insbesondere nicht aus der - hier einzig in Betracht kommenden - Bestimmung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG. Danach soll bei der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses auf Antrag des betroffenen Soldaten der Personalrat (hier in Gestalt der zur Entscheidung berufenen Soldatenvertreter, § 52 Abs. 1 SBG) durch den Dienststellenleiter angehört werden; allerdings gilt dies nur, "sofern das Soldaten- oder das Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt". Die von Oberleutnant F. begehrte vorzeitige Versetzung in den Ruhestand sollte jedoch nicht nach einer Ermessensvorschrift des Soldaten- oder des Wehrpflichtgesetzes, also insbesondere nicht nach §§ 44, 45 SG, erfolgen. Die in der Interessenbekundung ausdrücklich in Bezug genommene Rechtsgrundlage der hier beantragten Ruhestandsversetzung ist vielmehr § 2 des - als Art. 1 des Gesetzes zur Begleitung der Reform der Bundeswehr vom 21. Juli 2012 (BGBl I S. 1583) erlassenen - Gesetzes zur Anpassung der personellen Struktur der Streitkräfte (Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz - SKPersStruktAnpG), der für eine bestimmte Zahl von Berufssoldatinnen und Berufssoldaten die Möglichkeit der Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der Altersgrenze vorsieht. Bei § 2 SKPersStruktAnpG handelt es sich zwar um eine Vorschrift, die einen Ermessensspielraum einräumt (so auch Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 9. Aufl. 2013, § 43 Rn. 14). Die (im Rahmen der Bundeswehrreform bis zum 31. Dezember 2017 gesetzlich eröffnete) Möglichkeit der vorzeitigen Ruhestandsversetzung nach § 2 SKPersStruktAnpG steht jedoch neben und im Rang gleichberechtigt mit der regulären Ruhestandsregelung der §§ 44, 45 SG. § 2 SKPersStruktAnpG verweist auch nicht ergänzend auf §§ 44, 45 SG, sondern enthält eine in sich geschlossene, auf einen bestimmten Anlass bezogene selbständige Regelung. Die gegenständliche Personalmaßnahme - vorzeitige Versetzung in den Ruhestand gemäß § 2 SKPersStruktAnpG - ist deshalb keine "vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern das Soldaten- oder das Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt", im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG. Eine Verletzung von Beteiligungsrechten des Antragstellers nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz kann sich schließlich auch nicht daraus ergeben, dass eine Anhörung der Vertrauensperson (bzw. des die Rechte der Vertrauensperson wahrnehmenden Personalrats) in dem für die Interessenbekundung ausgegebenen Formular als Option vorgesehen ist und deshalb offenbar, wenn vom betroffenen Soldaten gewünscht, regelmäßig praktiziert wird. Der Senat hat mit Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 1 WB 36.11 - (Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 9 LS und Rn. 42 = NZWehrr 2012, 77 LS <79>,) unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass die Anhörungsrechte der Vertrauenspersonen der Soldaten zu Personalmaßnahmen nicht über die gesetzlichen Regelungen des Soldatenbeteiligungsgesetzes hinaus - etwa durch Verwaltungsvorschriften oder durch Selbstbindung einer Dienststelle der Bundeswehr - erweitert werden können. Maßgeblich dafür ist, dass der Katalog der Beteiligungsrechte der Vertrauensperson bei Personalmaßnahmen in § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG abschließend geregelt ist. Die Konzentration der Beteiligungstatbestände in § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG auf die dort bestimmten Personalmaßnahmen entsprach einer ausdrücklichen Zielsetzung des Gesetzgebers (Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes über die Beteiligung der Soldaten und der Zivildienstleistenden vom 5. Juni 1990 <BTDrucks 11/7323 S. 16 und 20>). Überdies ergibt sich aus § 20 SBG, dass die Vertrauensperson nur über beteiligungspflichtige beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen zu unterrichten und dazu anzuhören ist. Damit hat der Gesetzgeber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass zum Zweck der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit - im Sinne eines Vorrangs des Gesetzes - die förmlichen und unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 2 Satz 2 SBG einklagbaren Beteiligungspflichten allein im Gesetz geregelt und limitiert sein sollen. Ein eventuell darüber hinausgehend praktiziertes Verfahren der Beteiligung bei vorzeitigen Versetzungen in den Ruhestand gemäß § 2 SKPersStruktAnpG würde sich demgemäß lediglich als eine nicht förmliche Konsultation der Vertrauensperson darstellen; Fehler in diesem nicht förmlichen Verfahren würden keine mit der Wehrbeschwerde anfechtbare Verletzung von Beteiligungsrechten nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz darstellen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020219&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020220
BVerwG
1. Wehrdienstsenat
20140227
1 WB 7/13
Beschluss
Art 33 Abs 2 GG, § 3 Abs 1 SG
DEU
Abbruch des Auswahlverfahrens; sachlicher Grund; Dokumentationspflicht; Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruchs
1. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Soldaten erlischt, wenn der Dienstherr das Auswahlverfahren zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens rechtmäßig abbricht. 2. Der Abbruch des Auswahlverfahrens erfordert einen sachlichen Grund. Der Abbruch kann aus der Organisationsgewalt des Dienstherrn oder aus Gründen gerechtfertigt sein, die aus dem Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) hergeleitet werden. 3. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass das Verfahren zur Nachbesetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens Gruppenleiter Unterstützungshubschrauber (UH) Tiger beim ... rechtswidrig abgebrochen worden sei. Der ... geborene Antragsteller war Berufssoldat. Seine Dienstzeit hätte regulär mit Ablauf des 31. August 2019 geendet; auf seinen Antrag wurde er vorzeitig zum 30. September 2013 zur Ruhe gesetzt. Der Antragsteller war zuletzt am 22. Februar 2002 zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom 1. April 2005 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen worden. Seit dem 1. Oktober 2009 bis zu seinem Dienstzeitende war er als ... bei der ... in B. freigestellt. In dem zum 30. Juni 2013 aufgelösten ... gab es zwei von Heeresuniformträgern zu besetzende Dienstposten der Dotierungsebene A 16, nämlich zum einen den Dienstposten des Abteilungsleiters II Drehflügler, zum anderen den Dienstposten des Gruppenleiters UH Tiger. Der Dienstposten Abteilungsleiter II Drehflügler war von Januar bis Juni 2012 mit Oberst H. und nach dessen Zurruhesetzung vom 1. Juli 2012 bis 31. Juli 2013 mit Oberst G. besetzt; zum 1. September 2013 erfolgte die förmliche Sperrung des Dienstpostens zur Nachbesetzung. Den hier strittigen Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger bekleidete, bevor er auf den Dienstposten Abteilungsleiter II Drehflügler versetzt wurde, vom 1. November 2009 bis 30. Juni 2012 Oberst G.; ab 1. Juli 2012 wurde der Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger nicht mehr nachbesetzt und zum 1. Juli 2013 förmlich gesperrt. Mit E-Mail vom 26. Januar 2012 teilte das Bundesministerium der Verteidigung - PSZ I 4 - dem Antragsteller mit, dass die Entscheidung getroffen worden sei, den Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger "erst einmal nicht nachzubesetzen". Es sei beabsichtigt, abzuwarten, wie sich das Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung (BAAIN) aufstelle, und dann zu prüfen, ob weiterhin zwei A 16-Dienstposten im Bereich Drehflügler vorhanden seien. In einem Personalgespräch beim Personalamt der Bundeswehr am 3. Mai 2012 wurde der Antragsteller außerdem darüber informiert, dass ihn die Personalführung im Rahmen des Umspruchverfahrens für die Nachbesetzung des Dienstpostens Gruppenleiter oder Abteilungsleiter II im Jahre 2011 geboten habe und er als geeigneter Kandidat ausgewählt worden sei. Wegen der Änderungen im Rahmen der Einnahme der neuen Struktur habe der Kommandeur des ... gegenüber PSZ I 4 jedoch erklärt, dass eine Nachbesetzung des Gruppenleiter-Dienstpostens nicht mehr vorgenommen werden solle. Nur aus diesem Grund sei der Antragsteller nicht ausgewählt worden. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2012 beantragte der Antragsteller, den Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger im ... wie ursprünglich vorgesehen und vom Inspekteur des Heeres bereits gebilligt, mit ihm, dem Antragsteller, nachzubesetzen sowie ihn rückwirkend zum 1. Juli 2012 auf diesem Dienstposten zu führen. Zugleich legte der Antragsteller Beschwerde gegen den Bescheid vom 26. Januar 2012 (E-Mail PSZ I 4) ein, wonach dieser Dienstposten "erst einmal nicht nachbesetzt werden solle". Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - wertete nach Rücksprache mit dem Antragsteller dessen Schreiben vom 22. Oktober 2012 als Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht und legte diesen mit seiner Stellungnahme vom 31. Januar 2013 dem Senat vor. Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus: Der Antrag sei nicht verfristet, weil die E-Mail vom 26. Januar 2012 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthalten habe. Er habe auch nach seinem Dienstzeitende ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, weil er unter dem 17. Mai 2013 beantragt habe, ihn im Wege des Schadensersatzes status-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als wäre er zum 1. Juli 2012 zum Oberst (A 16) befördert worden. Im Übrigen wäre er, wenn er auf den strittigen Dienstposten versetzt worden wäre, zum Oberst befördert worden, womit sich auch sein reguläres Dienstzeitende hinausgeschoben hätte. Auch hätte er nach dieser Beförderung keinen Anlass gehabt, seine vorzeitige Zurruhesetzung zu beantragen; ein solcher Antrag wäre auch abgelehnt worden, weil er als Oberst nicht mehr zur Zielgruppe der vorzeitig zur Ruhe zu setzenden Soldaten gehört hätte. Der Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens verletze ihn in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch. Zwar sei der Dienstherr grundsätzlich befugt, einen Dienstposten nicht mehr nachzubesetzen. Der Abbruch eines Auswahlverfahrens bedürfe jedoch eines sachlichen Grundes. Darüber hinaus müsse sichergestellt sein, dass die Betroffenen von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangten; der für den Abbruch maßgebliche Grund müsse daher schriftlich dokumentiert werden. Diesen Maßstäben genüge der vorliegende Abbruch des Auswahlverfahrens nicht. Die Verfahrensakte enthalte hierzu keinerlei Unterlagen. Auch stelle die E-Mail vom 26. Januar 2012 keine ordnungsgemäße Mitteilung der Gründe für den Abbruch dar, weil sie nur die vorläufige Absicht ausspreche, den Dienstposten zunächst nicht nachzubesetzen. Eine ausreichende Dokumentation könne auch nicht in dem Personalgespräch vom 3. Mai 2012 gesehen werden, zumal dieses nicht von der Abteilung PSZ des Bundesministeriums der Verteidigung, sondern mit dem zuständigen Referenten im Personalamt der Bundeswehr geführt worden sei. Auch sei es ihm, dem Antragsteller, nicht möglich gewesen, anhand der pauschalen Aussage, dass "wegen der Änderungen im Rahmen der Einnahme der neuen Struktur" eine Dienstpostenbesetzung nicht mehr vorgenommen werden solle, den Grund für den Abbruch zu überprüfen. Ein sachlicher Grund sei auch materiell nicht gegeben. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass dem Dienstherrn die Auflösung des ... mit Beginn des Nachbesetzungsverfahrens und insbesondere vor Januar 2012 bekannt gewesen sei. Erst als sich abgezeichnet habe, dass der strittige Dienstposten mit ihm, dem Antragsteller, besetzt werden solle, habe man entschieden, den Dienstposten vorerst nicht nachzubesetzen. Hintergrund des Abbruchs des Besetzungsverfahrens sei, dass sich der damalige Dienstposteninhaber Oberst G. bei der Amtsführung des ... gegen eine Nachbesetzung mit ihm, dem Antragsteller, ausgesprochen habe. Es liege daher ein willkürlicher Abbruch des Verfahrens vor, der allein mit dem Ziel erfolgt sei, eine Besetzung mit ihm, dem Antragsteller, zu verhindern. Andere Dienstposten, auch in anderen Verbänden des Heeres, seien trotz Auflösung bzw. Umstrukturierung nachbesetzt worden. Grundsätzlich habe dies für Dienstposten gegolten, die noch mindestens ein Jahr Bestand gehabt hätten; um einen solchen Dienstposten handle es sich auch vorliegend. Der Antragsteller, der zunächst in erster Linie die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung begehrte, ihn, den Antragsteller, auf den Dienstposten "Gruppenleiter UH Tiger" im ... zu versetzen, beantragt zuletzt, festzustellen, dass der Abbruch des Umspruchverfahrens zur Nachbesetzung des Dienstpostens "Gruppenleiter Unterstützungshubschrauber Tiger" im ... rechtswidrig war. Der Bundesminister der Verteidigung beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Der Antrag sei bereits unzulässig. Dem Antragsteller fehle das Feststellungsinteresse, weil die beabsichtigte Verfolgung eines Schadenersatzanspruchs als von vorneherein aussichtslos erscheine. Auch sei er auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin vorzeitig zum 30. September 2013 in den Ruhestand getreten; führe ein Soldat auf diese Weise die Erledigung selbst herbei, bestehe für ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Darüber hinaus fehle es an der Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Ein Bewerber könne nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt sein, wenn der Dienstherr im Rahmen seines Organisationsermessens entscheide, einen bestimmten Dienstposten nicht nachzubesetzen und somit auch kein Auswahlverfahren bis zu einer verbindlichen außenwirksamen Entscheidung durchzuführen. Der Antragsteller habe auch keine Rechtsposition dadurch erworben, dass er vom Inspekteur des Heeres für den strittigen Dienstposten "ausgewählt" worden sei. Der Inspekteur des Heeres sei lediglich befugt gewesen, dem Abteilungsleiter PSZ im Bundesministerium der Verteidigung einen Vorschlag zu unterbreiten; aus dieser Empfehlung könnten keine Rechte hergeleitet werden. Der Abteilungsleiter PSZ selbst habe gerade keine Auswahlentscheidung getroffen. Ob er dem Vorschlag des Inspekteurs des Heeres gefolgt wäre, sei völlig offen. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei schließlich auch deshalb unzulässig, weil es den vom Antragsteller gewünschten Dienstposten nach der Auflösung des ... nicht mehr gebe. Das Begehren des Antragstellers sei deshalb auf eine rechtlich und tatsächlich unmögliche Leistung gerichtet gewesen. Ein Dokumentationsfehler liege nicht vor. Die Dokumentation solle einem nicht ausgewählten Kandidaten sowie dem Gericht ermöglichen, die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung zugunsten eines anderen Soldaten zu ermöglichen. Von diesem Zweck werde der vorliegende Fall, wonach ein Dienstposten letztlich überhaupt nicht nachbesetzt und demzufolge auch keine Auswahlentscheidung gefällt worden sei, von vornherein nicht umfasst. Im Übrigen sei die Tatsache, dass der streitige Dienstposten nicht mehr nachbesetzt worden sei, zwischen den Parteien unstreitig. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg. 1. Der Antrag ist allerdings zulässig. a) Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat das Schreiben des Antragstellers vom 22. Oktober 2012 zu Recht als unmittelbaren Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht gewertet. Sowohl bei der vom Antragsteller zunächst begehrten Auswahl für den Dienstposten Gruppenleiter Unterstützungshubschrauber (UH) Tiger, für die der Abteilungsleiter PSZ im Bundesministerium der Verteidigung zuständig war, als auch bei dem Abbruch des Auswahlverfahrens durch das personalführende Referat PSZ I 4 im Bundesministerium der Verteidigung handelt es sich um Entscheidungen, die dem Bundesminister der Verteidigung im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO zuzurechnen sind. b) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde auch fristgerecht gestellt. Der Antrag ist zwar - unabhängig davon, ob man für die Kenntnis vom Beschwerdeanlass auf die E-Mail vom 26. Januar 2012 oder auf das Personalgespräch vom 3. Mai 2012 abstellt - mit dem Schreiben vom 22. Oktober 2012 nicht innerhalb eines Monats eingelegt worden (§ 6 Abs. 1 WBO). Wenn - wie hier - eine truppendienstliche Erstmaßnahme unmittelbar vom Bundesminister der Verteidigung (im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO) erlassen wird und deshalb als Rechtsbehelf nur der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Gebote steht, verlangt jedoch die Verfassungsgarantie eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) die ausdrückliche Belehrung des betroffenen Soldaten über diesen Rechtsbehelf (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - Rn. 26 m.w.N. <insoweit nicht abgedruckt in BVerwGE 133, 13 und in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50>). Unterbleibt eine erforderliche Rechtsbehelfsbelehrung, so stellt dies hinsichtlich der Hinderung an der Einhaltung einer Frist einen unabwendbaren Zufall dar (§ 7 Abs. 2 WBO) mit der Folge, dass gemäß § 7 Abs. 1 WBO die Frist zur Einlegung des Rechtsbehelfs erst zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses, d.h. hier: zwei Wochen nach einer eventuellen nachträglichen Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung, abläuft; dabei kommt es nicht darauf an, ob das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung im Einzelfall ursächlich dafür war, dass der Soldat an der Einhaltung der Frist gehindert war, weil § 7 Abs. 2 WBO die unwiderlegbare Vermutung eines unabwendbaren Zufalls begründet (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 27 m.w.N.). Da die E-Mail vom 26. Januar 2012 keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt und dem Antragsteller auch keine nachträgliche Rechtsbehelfsbelehrung erteilt wurde, war die Antragsfrist bei der mit dem Schreiben vom 22. Oktober 2012 erfolgten Einlegung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht abgelaufen. c) Der vom Antragsteller zuletzt gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 19 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) ist statthaft. Der ursprüngliche Hauptantrag, den Bundesminister der Verteidigung unter Aufhebung der Entscheidung vom 26. Januar 2012 zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, auf den Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger im ... zu versetzen (Schriftsatz vom 11. April 2013), hat sich mit der Auflösung des ... zum 30. Juni 2013 und der förmlichen Sperrung des Dienstpostens Gruppenleiter UH Tiger zum 1. Juli 2013 erledigt. Eine Auswahl und anschließende Versetzung des Antragstellers auf den begehrten Dienstposten ist seitdem rechtlich und tatsächlich nicht mehr möglich. Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, oder die Ablehnung einer solchen Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Der Antragsteller hat zwar nur die Feststellung beantragt, dass der Abbruch des Umspruchverfahrens zur Nachbesetzung des strittigen Dienstpostens rechtswidrig war. In der Sache wendet er sich jedoch, wie mit seinem ursprünglichen Verpflichtungsbegehren, dagegen, dass er für den begehrten Dienstposten nicht ausgewählt wurde, und macht insoweit eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs geltend. Das erforderliche Feststellungsinteresse kann sich nach der Rechtsprechung des Senats aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse kommt auch in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. z.B. Beschluss vom 26. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 13.11 - Rn. 19). Der Antragsteller hat danach unter dem Gesichtspunkt der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 17. Mai 2013 beim Bundesministerium der Verteidigung beantragt, im Wege des Schadenersatzes status-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als wäre er zum 1. Juli 2012 zum Oberst (A 16) befördert worden; das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr hat ihm mit Schreiben vom 19. Juli 2013 mitgeteilt, dass eine abschließende Bearbeitung des Antrags erst nach rechtskräftiger Entscheidung im vorliegenden Wehrbeschwerdeverfahren erfolgen werde. Mögliche Erfolgsaussichten eines solchen Schadenersatzanspruchs wegen Nichtbeförderung sind nicht von vorneherein von der Hand zu weisen (zu den Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs im Falle eines rechtswidrigen Abbruchs des Besetzungsverfahrens vgl. Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 13 f.). Auch ist das erledigende Ereignis (Auflösung des ... und Sperrung des strittigen Dienstpostens zur Nachbesetzung) vorliegend nicht bereits vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten; der Antragsteller ist deshalb nicht darauf zu verweisen, eine Schadenersatzklage unmittelbar beim zuständigen (Verwaltungs- oder ordentlichen) Gericht zu erheben, das inzident die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme überprüft (vgl. hierzu Beschluss vom 26. Juli 2011 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.). d) Die Fortführung des Wehrbeschwerdeverfahrens wird schließlich nicht dadurch berührt, dass das Dienstverhältnis des Antragstellers durch seine Versetzung in den Ruhestand zum 30. September 2013 beendet ist (§ 15 WBO). Auch ist das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers nicht deshalb entfallen, weil er die vorzeitige Ruhestandsversetzung selbst beantragt hat. Die Ruhestandsversetzung erfolgte erst, nachdem drei Monate zuvor der strittige Dienstposten definitiv und dauerhaft gesperrt wurde. Es stellt kein widersprüchliches Verhalten dar, wenn ein Soldat in erster Linie die Versetzung auf einen bestimmten, seinen Verwendungsvorschlägen entsprechenden höherwertigen Dienstposten anstrebt und dann, nachdem sich erwiesen hat, dass der begehrte Dienstposten nicht mehr zur Verfügung und ein vergleichbarer nicht in Aussicht steht, von der von seinem Dienstherrn angebotenen Möglichkeit einer vorzeitigen Zurruhesetzung Gebrauch macht. 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das Verfahren zur Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Gruppenleiters UH Tiger beim früheren ... wurde rechtmäßig abgebrochen. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers durch seine Nicht-Auswahl liegt deshalb nicht vor. a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl gibt. Die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32, jeweils Rn. 18). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z.B. Beschluss vom 29. Januar 2013 - BVerwG 1 WB 60.11 - <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 65> = NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen allerdings beschränkt auf Entscheidungen über höherwertige Verwendungen; denn die Erweiterung der Reichweite des Leistungsgrundsatzes über Ernennungen hinaus auch auf Verwendungsentscheidungen ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass in der Praxis der Bundeswehr die Entscheidung über die höherwertige Verwendung die nachfolgende Entscheidung über eine der Dotierung des Dienstpostens entsprechende Beförderung in ein höheres Statusamt wesentlich vorprägt (vgl. klarstellend hierzu Beschluss vom 30. Januar 2014 - BVerwG 1 WB 1.13 - Rn. 32 <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen>). Aus der Verfahrensabhängigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs folgt, dass der Anspruch erlischt, wenn das Besetzungsverfahren rechtsbeständig beendet wird (vgl. für das Beamtenrecht insb. Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 11 ff.). Dies kann unter anderem dadurch geschehen, dass der Dienstherr das Verfahren rechtmäßig abbricht (vgl. Urteile vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 26 ff. und vom 29. November 2012 a.a.O. Rn. 15 ff. sowie daran anschließend Beschluss vom 29. Januar 2013 a.a.O. Rn. 40). Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (vgl. - auch zum Folgenden - BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22 m.w.N.). Allerdings ist dem Bewerbungsverfahrensanspruch auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen. Der Abbruch des Auswahlverfahrens erfordert deshalb einen sachlichen Grund. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Beamtenrecht (vgl. zum Folgenden insb. Urteil vom 29. November 2012 a.a.O. Rn. 16 f. und Rn. 19 m.w.N.), die der Senat sinngemäß für Auswahlverfahren zur Besetzung höherwertiger Dienstposten übernimmt, kann der Abbruch eines Auswahlverfahrens zum einen aus der Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn gerechtfertigt sein. So kann der Dienstherr etwa das Verfahren abbrechen, weil er den Dienstposten, der dem erfolgreichen Bewerber übertragen werden sollte, nicht mehr besetzen will; ebenso stellt es einen sachlichen, dem Organisationsermessen zugehörigen Grund für einen Abbruch dar, wenn der Dienstherr sich entschlossen hat, den Dienstposten neu zuzuschneiden. Zum anderen ist der Dienstherr berechtigt, ein Stellenbesetzungsverfahren aus Gründen abzubrechen, die aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG hergeleitet werden. So kann er aufgrund seines Beurteilungsspielraums bei der Bewerberauswahl das Verfahren abbrechen, wenn kein Bewerber den Anforderungen entspricht; er kann das Verfahren aber auch dann abbrechen, wenn er erkannt hat, dass das bisherige Verfahren fehlerbehaftet ist. In formeller Hinsicht müssen die Bewerber von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Der Dienstherr muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er das Verfahren ohne Stellenbesetzung endgültig beenden will. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss jedenfalls dann, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 a.a.O. Rn. 23). b) Nach diesen Maßstäben ist das Verfahren zur Besetzung des Dienstpostens des Gruppenleiters UH Tiger beim früheren ... rechtmäßig ohne Auswahlentscheidung abgebrochen worden. Der Verzicht auf eine Nachbesetzung dieses Dienstpostens - vor dem Hintergrund der damals absehbar bevorstehenden Auflösung des ... - stellt einen sachlichen Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens dar, der zwar nicht ausreichend schriftlich dokumentiert wurde, sich jedoch mit einer für die gerichtliche Kontrolle hinreichenden Evidenz aus dem Vorgang selbst ergibt. aa) Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat mit Schreiben vom 11. April 2013 erklärt, dass Unterlagen über das Auswahlverfahren und dessen Abbruch nicht vorlägen. Damit ist die Pflicht zur schriftlichen Dokumentation durch die für das Auswahlverfahren zuständige Stelle nicht erfüllt. Der für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche Grund ergibt sich jedoch aus den zwischen den Beteiligten im Kern unstrittigen gesamten Umständen des Sachverhalts. Diese stellen sich wie folgt dar: Zum 1. Juli 2012 war einer der beiden mit Heeresuniformträgern zu besetzenden, nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten im früheren ... frei und grundsätzlich zu besetzen. Dabei handelte es sich im Ergebnis um den hier strittigen Dienstposten des Gruppenleiters UH Tiger, weil Oberst G., der bisherige Inhaber dieses Dienstpostens, zum 1. Juli 2012 auf den Dienstposten des Abteilungsleiters II Drehflügler, der seinerseits durch die Ruhestandsversetzung von Oberst H. frei geworden war, umgesetzt wurde. Für die Auswahlentscheidung zur Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens war zum damaligen Zeitpunkt der Abteilungsleiter PSZ im Bundesministerium der Verteidigung zuständig. An dessen Entscheidung wirkten vorbereitend die zuständigen Personal-Beraterausschüsse mit, deren personelle Empfehlungen dem Abteilungsleiter durch den jeweiligen Inspekteur übermittelt wurden (siehe im Einzelnen die "Bestimmungen über die Personal-Beraterausschüsse" vom 7. August 2003). Nach den zwischen den Beteiligten unstrittigen Aussagen in dem Vermerk über das Personalgespräch beim Personalamt der Bundeswehr am 3. Mai 2012 hat die Personalführung den Antragsteller im Jahre 2011 im Rahmen des Umspruchverfahrens - zu ergänzen: des Personal-Beraterausschusses beim Inspekteur des Heeres - für die Nachbesetzung des Dienstpostens Gruppenleiter oder Abteilungsleiter II geboten, wobei der Antragsteller dort als geeigneter Kandidat ausgewählt wurde. Einen weiteren Fortgang - über das Stadium der Ermittlung des Antragstellers als zu empfehlenden Kandidaten hinaus - hat das Verfahren nicht mehr genommen; der Abteilungsleiter PSZ hat keine Auswahlentscheidung getroffen. Als Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens teilte das für die Personalführung der Offiziere des Heeres auf A 16- und höherwertige Dienstposten zuständige Referat PSZ I 4 im Bundesministerium der Verteidigung dem Antragsteller mit E-Mail vom 26. Januar 2012 mit, dass die Entscheidung getroffen worden sei, den Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger "erst einmal nicht nachzubesetzen"; es sei beabsichtigt, abzuwarten, wie sich das Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung (BAAIN) aufstelle, und dann zu prüfen, ob weiterhin zwei A 16-Dienstposten im Bereich Drehflügler vorhanden seien. Dem Vermerk über das Personalgespräch vom 3. Mai 2012 zufolge habe der Kommandeur des ... wegen der Änderungen im Rahmen der Einnahme der neuen Struktur gegenüber PSZ I 4 erklärt, dass eine Nachbesetzung des Gruppenleiter-Dienstpostens nicht mehr vorgenommen werden solle; nur aus diesem Grund sei der Antragsteller nicht ausgewählt worden. Aus dem Gesamtzusammenhang und den Mitteilungen an den Antragsteller ist damit eindeutig ersichtlich, dass das Auswahlverfahren - materiell - aus Gründen des Organisationsermessens abgebrochen wurde, weil wegen der laufenden Umstrukturierung im Aufgabenbereich des ... und der Ungewissheit über den Fortbestand des Dienstpostens von einer Nachbesetzung Abstand genommen werden sollte. Im Ergebnis fest steht auch, dass das Auswahlverfahren endgültig beendet wurde. Wegen der fehlenden Dokumentation verbleiben zwar Unschärfen hinsichtlich des genauen Zeitpunkts, zu dem der Abbruch erfolgte. So lässt sich die E-Mail vom 26. Januar 2012, wonach entschieden worden sei, den Dienstposten Gruppenleiter UH Tiger "erst einmal nicht nachzubesetzen", sowohl im Sinne einer bloßen Unterbrechung (des später fortzusetzenden Verfahrens) als auch im Sinne eines Abbruchs des Verfahrens (mit der Ankündigung, ggf. in der neuen Struktur ein neues Auswahlverfahren zu beginnen) verstehen. Für einen endgültigen Abbruch sprechen die Aussagen in dem Vermerk über das Personalgespräch vom 3. Mai 2012. Eine unmissverständliche Erklärung, dass eine Nachbesetzung des strittigen Dienstpostens nicht mehr beabsichtigt sei, ergibt sich allerdings spätestens aus dem Vorlageschreiben des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - vom 31. Januar 2013. Unabhängig von der genauen zeitlichen Fixierung steht damit jedenfalls für das vorliegende gerichtliche Verfahren fest, dass von einem endgültigen Abbruch des Auswahlverfahrens auszugehen ist. bb) Die Entscheidung, eine Nachbesetzung nicht mehr vorzunehmen, stellt einen den Abbruch des Auswahlverfahrens rechtfertigenden sachlichen Grund dar. Es liegt grundsätzlich im weiten organisations- und verwaltungspolitischen Ermessen des Dienstherrn, ob er einen Dienstposten einrichtet oder wegfallen lässt, in welcher Form er dessen Aufgabenzuweisung bestimmt oder ändert und ob er einen freiwerdenden Dienstposten nachbesetzt oder nicht mehr besetzen will. Die Entscheidung, den Dienstposten des Gruppenleiters UH Tiger nicht mehr nachzubesetzen, überschreitet die Grenzen dieses weiten Organisationsermessens nicht und lässt auch sonst keinen Rechts- oder Ermessensfehler erkennen. Der Verzicht auf die Nachbesetzung ist schon deshalb plausibel, weil sich, was auch der Antragsteller nicht bestreitet, bereits im Januar 2012 die - dann zum 30. Juni 2013 tatsächlich erfolgte - Auflösung des ... abzeichnete. In gleicher Weise ungewiss war zum damaligen Zeitpunkt, ob und in welcher Form und bei welchen neuen Verbänden oder Dienststellen der auslaufende - und dann zum 1. Juli 2013 auch förmlich gesperrte - Dienstposten des Gruppenleiters UH Tiger in einen entsprechenden Nachfolgedienstposten übergeleitet würde, auf dem ein ausgewählter Kandidat hätte weiterverwendet werden können. Der Verzicht auf die Nachbesetzung des Dienstpostens des Gruppenleiters UH Tiger würde schließlich auch dann nicht rechtswidrig, wenn es, worauf sich der Antragsteller beruft, zutrifft, dass andere Dienstposten trotz Auflösung bzw. Umstrukturierung der Organisationseinheit nachbesetzt wurden. Die Entscheidung, dass ein bestimmter Dienstposten nicht nachbesetzt werden soll, kann nur durch auf den konkreten Dienstposten bezogene Einwände in Frage gestellt werden; gegenüber der Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn besteht kein schematischer Anspruch auf Gleichbehandlung. Angesichts der offenkundig gegebenen Auflösung des ... und der Verlagerung seiner Aufgaben auf andere und neue Dienststellen gibt es auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die für den Verzicht auf eine Nachbesetzung angeführten organisatorischen Gründe nur vorgeschoben sind und der Abbruch des Auswahlverfahrens tatsächlich allein dazu diente, gezielt eine Besetzung mit dem Antragsteller zu verhindern (zur gerichtlichen Überprüfbarkeit von organisatorischen Maßnahmen, wenn diese gezielt gegen die Förderung von bestimmten Soldaten gerichtet sind, vgl. Beschlüsse vom 26. Februar 1992 - BVerwG 1 WB 133.90 - BVerwGE 93, 232 <234> und vom 22. Juli 1992 - BVerwG 1 WB 66.91 - NZWehrr 1992, 257). Dies gilt insbesondere für den Vortrag des Antragstellers (Schriftsatz vom 11. April 2013, S. 4), Hintergrund des Abbruchs sei, dass sich Oberst G. bei der Amtsführung des ... gegen eine Besetzung mit ihm, dem Antragsteller, ausgesprochen habe. Abgesehen davon, dass für diese Behauptung kein Beleg angeführt wird, ist nicht ersichtlich, welchen Einfluss das Verhalten von Oberst G. auf das Auswahlverfahren gehabt haben sollte. Oberst G. war weder für Entscheidungen im Auswahlverfahren zuständig noch war er (als bereits langjähriger Inhaber eines A 16-Dienstpostens und des entsprechenden Dienstgrads) in diesem Verfahren aktueller oder potentieller Konkurrent des Antragstellers. Nicht ersichtlich ist auch, inwiefern sich aus der vom Antragsteller außerdem angeführten Tatsache, dass Oberst G. nach Auflösung des ... nicht auf den Nachfolgedienstposten beim BAAIN übernommen worden sei, Rückschlüsse auf die Gründe für den hier strittigen Abbruch des Auswahlverfahrens ziehen lassen sollten. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hierzu erläutert (Schreiben vom 10. Oktober 2013, S. 3 f. und vom 6. Februar 2014, S. 2), dass der Dienstposten Dezernatsleiter IV.3 UH Tiger beim BAAIN nach Aufstellung des Amts mit einem Beamten besetzt worden sei, während Oberst G. seit dem 1. August 2013 unter teilweiser Mitnahme seiner bisherigen Aufgaben als Gruppenleiter im Amt für Heeresentwicklung verwendet werde. Diese Umgliederungen illustrieren, entgegen der Intention des Antragstellers, allenfalls die Situation der organisatorischen Umstrukturierung und die damit verbundenen Unwägbarkeiten, vor deren Hintergrund das Verfahren zur Nachbesetzung des hier strittigen Dienstpostens abgebrochen wurde. c) Da das Auswahlverfahren rechtmäßig abgebrochen wurde, kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller bei einer (hypothetischen) Fortsetzung des Verfahrens für die Besetzung des Dienstpostens Gruppenleiter UH Tiger im früheren Waffensystemkommando der Luftwaffe ausgewählt worden wäre.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020220&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020221
BVerwG
6. Senat
20140317
6 P 8/13
Beschluss
§ 33 S 2 BPersVG
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 25. April 2013, Az: 4 A 307/12, Beschluss vorgehend Verwaltungsgericht des Saarlandes, 5. September 2012, Az: 8 K 507/12, Beschluss
DEU
Wahl des Personalratsvorstandes; stärkste Wahlvorschlagsliste
Wahl des Personalratsvorstandes; stärkste Wahlvorschlagsliste
I. Am 24. und 25. April 2012 fand in der Agentur für Arbeit Saarland die Personalratswahl statt. Zu wählen war ein dreizehnköpfiger Personalrat, der aus elf Arbeitnehmern und zwei Beamten besteht. Insgesamt wurden 701 Stimmen abgegeben, darunter 99 in der Gruppe der Beamten und 602 in der Gruppe der Arbeitnehmer. In der Gruppe der Beamten entfielen 28 Stimmen auf die Liste "ver.di-Wir...in der BA" (im Weiteren: ver.di) und 71 auf die Liste "vbba". In der Gruppe der Arbeitnehmer entfielen auf die Liste "vbba" 98, auf die Liste "ver.di" 278 und auf die Liste "Die Alternative" 201 Stimmen. Gewählt waren in der Gruppe der Beamten zwei Kandidaten der Liste "vbba" und in der Gruppe der Arbeitnehmer fünf Kandidaten der Liste "ver.di", vier Kandidaten der Liste "Die Alternative" und zwei Kandidaten der Liste "vbba". In der konstituierenden Sitzung des Personalrats, des Beteiligten zu 1, am 4. Mai 2012 wurde der Personalratsvorstand gebildet. Zunächst wurde Frau Stefanie S. (Die Alternative) mit sechs zu fünf Stimmen zur Gruppensprecherin der Arbeitnehmer und sodann Herr Wolfgang T. (vbba) zum Gruppensprecher der Beamten gewählt. Danach wurde Frau S. mit acht gegen fünf Stimmen zur Personalratsvorsitzenden gewählt und Herr T. zum Stellvertreter bestimmt. Bei der folgenden Wahl der beiden Ergänzungsmitglieder setzten sich Herr Armin D. (vbba) und Frau Rena K. jeweils mit acht zu fünf Stimmen gegen Herrn Karl O. (ver.di), den Antragsteller zu 1, durch. Die Antragsteller, bei denen es sich um die fünf Mitglieder des Beteiligten zu 1 von der Liste "ver.di" handelt, haben das Verwaltungsgericht angerufen. Dieses hat festgestellt, dass die in der konstituierenden Sitzung des Beteiligten zu 1 am 4. Mai 2012 unter TOP 4 der Niederschrift erfolgten Wahlen der Ergänzungsmitglieder für den Vorstand Armin D. und Rena K. jeweils ungültig sind und dass eines der neu zu wählenden Ergänzungsmitglieder im Vorstand des Beteiligten zu 1 aus der Wahlvorschlagsliste "ver.di" zu wählen ist. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Die Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG zum Minderheitenschutz bei der Bildung des Personalratsvorstandes könne im vorliegenden Fall bei wörtlichem Verständnis keine unmittelbare Anwendung finden. Denn bei der Liste "ver.di", welche bei der gebotenen gruppenübergreifenden Betrachtung mehr als ein Drittel aller in der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten habe, handele es sich nicht um die Liste, auf die die zweitgrößte, sondern um diejenige, auf die die größte Anzahl der in der Dienststelle abgegebenen Stimmen entfallen sei. In einem derartigen Fall komme die Regelung jedoch über ihren Wortlaut hinaus zumindest entsprechend zur Anwendung. Dies sei wegen des Sinn und Zwecks der Regelung geboten, mit welcher der Gesetzgeber habe sicherstellen wollen, dass starke Wählerminderheiten durch ein Personalratsmitglied im Vorstand vertreten seien. § 33 Satz 2 BPersVG sei daher erweiternd dahin auszulegen, dass "mindestens" die Liste mit der zweitgrößten Stimmenzahl, die außerdem das Drittel-Kriterium erfülle, in den Genuss der darin getroffenen Regelung komme. Dem stehe im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass die über die Liste "ver.di" in den Personalrat gewählten Antragsteller davon abgesehen hätten, bei den Vorstandswahlen nach § 32 Abs. 1 BPersVG einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Die Verletzung des Schutzanspruchs nach § 33 Satz 2 BPersVG führe zur Ungültigkeit beider Wahlgänge für die zusätzlichen Vorstandsmitglieder. Der Beteiligte zu 1 trägt zur Begründung seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Der Wortlaut der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG sei eindeutig. Sie komme nur zur Anwendung, wenn die zweitstärkste Liste, die mindestens ein Drittel aller abgegebenen Stimmen erhalten habe, nicht im Vorstand vertreten sei. Hätte der Gesetzgeber nur die Drittelgrenze als maßgebliches Kriterium einführen wollen, so hätte dies deutlich zum Ausdruck kommen müssen. Zudem habe die Liste "ver.di" bewusst an den Wahlen nach § 32 BPersVG nicht teilgenommen, so dass sie nicht schutzwürdig sei. Ein Erfolg bei einer dahingehenden Kandidatur sei wegen der geheimen Wahl nicht ausgeschlossen gewesen. Der Beteiligte zu 1 beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den Antrag in vollem Umfang abzulehnen. Die Antragsteller beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Sie verteidigen ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist im Wesentlichen nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, soweit dort die Verpflichtung des Beteiligten zu 1 festgestellt wird, eines seiner Ergänzungsmitglieder im Vorstand aus der Wahlvorschlagsliste "ver.di" zu wählen, und soweit dort die Wahl von Frau Rena K. zum Ergänzungsmitglied für den Vorstand für ungültig erklärt wird (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Aufzuheben sind die Beschlüsse der Vorinstanzen nur, soweit durch sie die Wahl von Herrn Armin D. zum Ergänzungsmitglied im Vorstand des Beteiligten zu 1 für ungültig erklärt worden ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO). Der Personalratsvorstand kommt nach §§ 32, 33 BPersVG zustande. Der Personalrat bildet ihn aus seiner Mitte; dem Vorstand muss ein Mitglied jeder im Personalrat vertretenen Gruppe angehören; die Gruppenvertreter wählen das auf sie entfallende Vorstandsmitglied (§ 32 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BPersVG). Auf diese Weise werden in einem Personalrat mit Beamten und Arbeitnehmern die beiden Gruppensprecher gewählt (vgl. § 5 Satz 1 BPersVG). Regelmäßig wird einer von ihnen zum Personalratsvorsitzenden und der andere zu seinem Stellvertreter bestimmt (vgl. § 32 Abs. 2 BPersVG). In großen Dienststellen, in welchen der Personalrat elf oder mehr Mitglieder hat (vgl. § 16 Abs. 1 BPersVG), wählt er aus seiner Mitte mit einfacher Stimmenmehrheit zwei weitere Mitglieder in den Vorstand (§ 33 Satz 1 BPersVG). Weiter bestimmt § 33 Satz 2 BPersVG: "Sind Mitglieder des Personalrates aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden und sind im Vorstand Mitglieder aus derjenigen Liste nicht vertreten, die die zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten hat, so ist eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus dieser Liste zu wählen." 1. Voraussetzung für die Anwendung der Vorschrift ist zunächst, dass Personalratsmitglieder aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden sind. Das ist stets der Fall, wenn der Personalrat nach den Grundsätzen der Verhältniswahl, also im Wege der Listenwahl gewählt worden ist (vgl. Kröll, in: Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, Bundespersonalvertretungsgesetz, 8. Aufl. 2013, § 33 Rn. 4; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 33 Rn. 15). 2. Als Wahlvorschlagsliste im Sinne von § 33 Satz 2 BPersVG sind nicht die für die einzelnen Gruppen eingereichten Wahlvorschläge zu verstehen, sondern die gruppenübergreifende Zusammenfassung derjenigen Wahlvorschläge, welche dieselbe Bezeichnung tragen und damit eine einheitliche gewerkschaftliche, verbandspolitische oder - wie bei freien Listen - dienststelleninterne Interessenausrichtung erkennen lassen (vgl. BTDrucks 7/176 S. 29 zu § 32; Beschluss vom 23. Februar 1979 - BVerwG 6 P 39.78 - BVerwGE 57, 286 = Buchholz 238.3 A § 33 BPersVG Nr. 1; Gerhold, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 33 Rn. 5; Ilbertz, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 33 Rn. 10; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 33 Rn. 10; Jacobs, a.a.O. § 33 Rn. 18; Kröll, a.a.O. § 33 Rn. 7 ff.). 3. Unter den Schutz der Vorschrift fällt nur eine Liste, welche mindestens ein Drittel aller von den Angehörigen der Dienststelle abgegebenen Stimmen erhalten hat. Rechnerisch können dies nur die stärkste und die zweitstärkste Liste sein. Denn für alle anderen Listen bleibt zusammen nur noch ein Stimmenanteil von weniger als ein Drittel übrig. 4. § 33 Satz 2 BPersVG gewährt den Minderheitenschutz nach seinem Wortlaut ausdrücklich der Liste mit der zweitgrößten Anzahl abgegebener Stimmen. Damit nicht von vornherein ausgeschlossen ist die Berücksichtigung der stärksten Liste, die mindestens ein Drittel der abgegebenen Stimmen erzielt hat, jedoch im Personalrat in der Minderheit ist. Wie bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann § 33 Satz 2 BPersVG in der Weise gelesen werden, dass "mindestens" die Liste mit der zweitgrößten Stimmenzahl, die außerdem das Drittelkriterium erfüllt, in den Genuss der getroffenen Regelung kommt. a) Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten eine dahingehende Auslegung. Sie gehen dahin, starken Wahlminderheiten eine Vertretung im erweiterten Personalratsvorstand zu sichern (vgl. BTDrucks 7/176 S. 29 zu § 32; Beschlüsse vom 23. Februar 1979 a.a.O. S. 288 bzw. S. 2, vom 28. Februar 1979 - BVerwG 6 P 81.78 - Buchholz 238.3 A § 33 BPersVG Nr. 2 S. 7, vom 27. September 1990 - BVerwG 6 P 23.88 - Buchholz 250 § 33 BPersVG Nr. 4 S. 4 und vom 19. August 2010 - BVerwG 6 PB 10.10 - Buchholz 251.7 § 29 NWPersVG Nr. 1 Rn. 12). aa) Der Schutzbedarf der zweitstärksten Liste ist augenfällig, wenn die stärkste Liste über die Mehrheit sowohl im Personalrat insgesamt als auch jeweils bei den Vertretern beider Gruppen verfügt. In diesem Fall könnte die stärkste Liste ihre Vorstandskandidaten ohne die Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG vollständig durchbringen. bb) Nicht wesentlich anders verhält es sich, wenn die zweitstärkste Liste sowohl im Personalrat insgesamt als auch bei den Vertretern beider Gruppen jeweils in der Minderheit ist. In diesem Fall könnte sie sich gegen den Willen der auf die anderen Listen entfallenden Mehrheit mit keinem ihrer Vorstandskandidaten durchsetzen. cc) Eine vergleichbare Situation besteht aber auch dann, wenn die stärkste Liste sowohl im Personalratsplenum als auch bei den Vertretern beider Gruppen jeweils in der Minderheit ist. Gegen den Willen der auf die anderen Listen entfallenden Mehrheit kann sie sich mit keinem ihrer Vorstandskandidaten durchsetzen. Das Bedürfnis nach Minderheitenschutz ist hier nicht anders als in den beiden vorgenannten Fallgestaltungen. Dass die fragliche Liste im Vergleich zu jeder anderen Liste die relative Mehrheit hat, ändert nichts daran, dass sie sowohl bei der Wahl der Gruppensprecher nach § 32 Abs. 1 BPersVG als auch bei der Wahl der Ergänzungsmitglieder nach § 33 Satz 1 BPersVG in der Minderheitsposition ist (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 25. November 1993 - 1 A 346/93.PVB - S. 11). b) Im Ergebnis ändert sich nichts, wenn man eine direkte Anwendung der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG wegen ihres Wortlautes auf die vorliegende Fallgestaltung nicht für möglich hält. In diesem Fall drängt sich Analogie geradezu auf. Dann läge eine planwidrige Lücke vor, die aus den vorgenannten teleologischen Gründen im Einklang mit dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers durch entsprechende Anwendung der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG auf die hier gegebene Fallgestaltung zu schließen wäre. c) Der Hinweis des Beteiligten zu 1 auf landesrechtliche Bestimmungen geht fehl. Die angeführten aktuellen Bestimmungen haben nicht den von ihm behaupteten Inhalt (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 2 BaWüPersVG und Art. 33 Satz 3 BayPersVG). Eine nicht mehr geltende landesrechtliche Regelung vermag keine verbindliche Auskunft über die Auslegung des geltenden Bundespersonalvertretungsgesetzes zu erteilen. Abgesehen davon wird die Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung nicht dadurch entscheidend beeinflusst, dass ein anderer Gesetzgeber eine vergleichbare Fallgestaltung eindeutig geregelt hat. 5. Weder der Wortlaut der Regelung in § 33 Satz 2 BPersVG noch der systematische Zusammenhang mit § 32 BPersVG noch die Entstehungsgeschichte beider Vorschriften liefern einen greifbaren Anhalt dafür, dass die Vertreter der betreffenden - stärksten oder zweitstärksten - Wahlvorschlagsliste für den Erhalt des Minderheitenschutzes den Versuch unternommen haben müssen, für die Wahl der Gruppensprecher zu kandidieren. Eine derartige Annahme verbietet sich zudem deswegen, weil kein Personalratsmitglied verpflichtet ist, für einen Vorstandsposten zu kandidieren. Für die Anwendung von § 33 Satz 2 BPersVG ist allein erheblich, dass Mitglieder der betreffenden Wahlvorschlagsliste vor der Wahl der Ergänzungsmitglieder nicht im Personalratsvorstand vertreten sind. Es ist daher belanglos, ob Mitglieder der Liste bei der Wahl der Gruppensprecher durchgefallen sind oder gar nicht erst kandidiert haben. Demgemäß handelt die Minderheitenliste nicht missbräuchlich, wenn sie das Angebot der Mehrheit, ihr das Amt eines der Gruppensprecher zu verschaffen, nicht annimmt (vgl. Beschluss vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 13). 6. Lehnen alle Mitglieder der in Betracht kommenden Liste mit Ausnahme eines Mitglieds das Amt des Vorstandsmitgliedes ab, dann bleibt dem Personalrat keine andere Wahl, als dieses Mitglied in den erweiterten Vorstand aufzunehmen. Die "Wahl" beschränkt sich in diesem Fall auf die Pflicht der Aufnahme dieses einen Mitglieds in den erweiterten Vorstand, ohne dass es dazu einer Mehrheitsentscheidung des Personalrats bedarf. Es ist nicht sachwidrig, wenn die Minderheit, die geschützt werden soll, einen gewissen Einfluss hat und dadurch ein Personalratsmitglied ihres Vertrauens in den Vorstand bringen kann. Der Minderheitenschutz ist effektiv, wenn die Minderheitenliste den einen ihr zustehenden Vorstandsposten mit einem Kandidaten besetzen kann, den sie in besonderem Maße für geeignet hält, ihre dienststellenbezogenen und verbandspolitischen Vorstellungen in die Vorstandsarbeit einzubringen (vgl. Beschlüsse vom 28. Februar 1979 a.a.O. S. 6 f. und vom 19. August 2010 a.a.O. Rn. 12 f.). 7. Die Anwendung der vorbezeichneten Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt zur Verpflichtung des Beteiligten zu 1, ein Ergänzungsmitglied für den Personalratsvorstand aus der Wahlvorschlagsliste "ver.di" zu wählen. Diese Liste hat bei der Personalratswahl vom 24. und 25. April 2012 in der Gruppe der Arbeitnehmer 278 und in der Gruppe der Beamten 28, also zusammen 306 bei insgesamt 701 abgegebenen Stimmen erhalten und damit einen Stimmenanteil von 44 % erzielt. Keines ihrer Mitglieder war aufgrund der Gruppensprecherwahl in der konstituierenden Sitzung des Beteiligten zu 1 vom 4. Mai 2012 bereits im Vorstand vertreten. Die Wahl der Ergänzungsmitglieder aus dem Kreis der konkurrierenden Listen verstieß daher gegen § 33 Satz 2 BPersVG und war ungültig. Dies betraf sowohl Frau K. als auch Herrn D., weil nach dem Verlauf der konstituierenden Sitzung ungeklärt war, wen der Beteiligte zu 1 zum vierten Vorstandsmitglied gewählt hätte, wenn er seiner Verpflichtung gemäß § 33 Satz 2 BPersVG gegenüber der Liste der Antragsteller nachgekommen wäre. Der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Frau K. ist weiter aktuell. Dagegen kann der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Herrn D. wegen inzwischen veränderter Umstände nicht aufrechterhalten bleiben. Wie die Antragsteller und der Beteiligte zu 1 übereinstimmend mitgeteilt haben, ist Herr D. inzwischen anstelle der zurückgetretenen Frau Stefanie S. zum Gruppensprecher der Arbeitnehmer und Vorsitzenden des Beteiligten zu 1 gewählt worden. Er ist daher nunmehr Vorstandsmitglied nach § 32 Abs. 1 BPersVG und nicht mehr Ergänzungsmitglied nach § 33 BPersVG. Auf diesen Vorgang bezieht sich die Antragsänderung im Schriftsatz vom 11. März 2014, mit welchem die Antragsteller - unter Aufrechterhaltung ihres Antrages im Übrigen - begehren, dass der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Herrn D. als Ergänzungsmitglied durch einen entsprechenden Ausspruch betreffend Herrn Sandro A. ersetzt wird. Dieser Antrag ist unzulässig. Für eine Antragsänderung im Rechtsbeschwerdeverfahren ist grundsätzlich kein Raum (vgl. § 81 Abs. 3, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 92 Abs. 2 Satz 3 ArbGG). Eine Ausnahme kommt hier nicht in Betracht, weil dies mit einer Verzögerung des Rechtsstreits verbunden wäre, ohne dass damit ein nennenswerter Gewinn für die Antragsteller verbunden wäre. Deren wesentliches Anliegen besteht darin, möglichst bald eine rechtskräftige gerichtliche Feststellung dazu zu erhalten, dass der Beteiligte zu 1 verpflichtet ist, ein Ergänzungsmitglied aus ihren Reihen in den Vorstand aufzunehmen. In dieser Hinsicht ist der Rechtsstreit zugunsten der Antragsteller entscheidungsreif. Daraus folgt zugleich von Rechts wegen, dass alle dem widersprechenden Wahlakte des Beteiligten zu 1 - unabhängig von der Person des jeweils Gewählten - rechtsunwirksam sind, ohne dass es dazu zwingend eines gerichtlichen Ausspruchs bedarf. Den von den Antragstellern begehrten ergänzenden Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl von Herrn A. könnte der Senat aber erst vornehmen, nachdem er dem Beteiligten zu 1 zu den Vorgängen in dessen Sitzung vom 18. Februar 2014 Gehör gewährt hätte. Schließlich bleibt klarzustellen, dass für den Fall, dass aus der Liste "ver.di" nur eine Person kandidiert, der Beteiligte zu 1 diese Person zum Vorstandsmitglied zu bestimmen hat. Beschluss Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt. Gründe: Die Entscheidung beruht auf § 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 und Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG analog. Eine Verdoppelung des Regelwertes scheidet aus. Der Ausspruch zur Ungültigkeit der Wahl ist bloße Rechtsfolge der Verpflichtung zur Beachtung des Minderheitenschutzes bei der Vorstandswahl und hat daher keine selbständige Bedeutung.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020221&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020222
BVerwG
2. Senat
20140130
2 C 27/12
Urteil
§ 13 Abs 1 BBesG vom 16.08.2002, § 3 Abs 1 RVOrgRefÜG, § 3 Abs 4 RVOrgRefÜG, § 4 Abs 3 S 3 RVOrgRefÜG
vorgehend OVG Lüneburg, 13. November 2012, Az: 5 LC 331/11, Urteil vorgehend VG Osnabrück, 17. August 2011, Az: 3 A 154/10, Urteil
DEU
Ausgleichszulage bei dienstherrenübergreifender Versetzung
Die Ausgleichszulage aus § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG umfasst auch nachträglich eintretende Verringerungen der Dienstbezüge eines Beamten, die sich aus der unterschiedlichen Entwicklung der Besoldung im Bund und in den Ländern ergeben.
Die Klägerin beansprucht die Gewährung einer Zulage zum Ausgleich der infolge eines unfreiwilligen Dienstherrnwechsels eingetretenen Verringerung ihrer Dienstbezüge. Die Klägerin stand als Verwaltungsamtfrau (BesGr A 11 BBesO) im Dienst der Deutschen Rentenversicherung Bund und war als Beraterin in der Außenstelle O. eingesetzt. Infolge der Organisationsreform der gesetzlichen Rentenversicherungsträger ist sie seit 1. Januar 2007 im Dienst der Beklagten als dem für ihre Dienststelle zuständigen Regionalträger der gesetzlichen Rentenversicherung tätig. Sie hat dort dasselbe Statusamt inne und ist weiterhin in Teilzeit beschäftigt. Ab Januar 2008 blieben die Bezüge, die die Klägerin nach dem Dienstherrnwechsel aufgrund der landesrechtlichen Bestimmungen von der Beklagten erhielt, hinter denjenigen zurück, die sie bei Fortbestehen ihres Dienstverhältnisses zu der Deutschen Rentenversicherung Bund erhalten hätte. Den Antrag, ihr hierfür eine Ausgleichszulage zu gewähren, lehnte die Beklagte ab. Die hierfür erforderliche Verringerung der Bezüge sei auf den Zeitpunkt des Dienstherrnwechsels bezogen. Eine Teilhabe an späteren Besoldungserhöhungen des früheren Dienstherrn gewährleiste die Ausgleichszulage dagegen nicht. Widerspruch und Klage hiergegen sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht verpflichtete die Beklagte zur Gewährung einer Ausgleichszulage ab Januar 2008. Mit der Ausgleichszulage habe der Gesetzgeber das erklärte Ziel verfolgt, finanzielle Nachteile der Beamten durch den Dienstherrnwechsel auszuschließen. Deshalb sei eine fiktive Fortbeschreibung der bisherigen Bezüge erforderlich. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie beantragt, das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 13. November 2012 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 17. August 2011 zurückzuweisen. Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Es hat die Beklagte zu Recht verpflichtet, der Klägerin die begehrte Zulage zu gewähren. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 4 Abs. 3 Satz 3 des Gesetzes zu Übergangsregelungen zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9. Dezember 2004 - RVOrgRefÜG - (BGBl I S. 3242 <3292 ff.>). Danach ist für Beamte, die aufgrund § 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG in den Dienst des für ihre bisherige Dienststelle zuständigen Regionalträgers der gesetzlichen Rentenversicherung übergetreten sind, § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 - BBesG a.F. - (BGBl I S. 3020 <3025>; vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Gesetzesfassung auch § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG in der Fassung vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160 <271>) anzuwenden (1.). Durch die danach zu gewährende Zulage werden auch Verringerungen der Dienstbezüge eines Beamten ausgeglichen, die sich aus der unterschiedlichen Entwicklung der Besoldung im Bund und in den Ländern ergeben (2.). 1. Die Klägerin wurde aufgrund ihrer vorangegangenen Beratertätigkeit durch das nach § 3 Abs. 4 RVOrgRefÜG erlassene Rahmenkonzept, das nicht Bestandteil dieses Gesetzes ist, zur Dienstleistung bei der Beklagten bestimmt (vgl. § 128 Abs. 4 und Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 BRRG). Zum 1. Januar 2007 übernahm die Beklagte die Klägerin in ihren Dienst (vgl. zu deren Dienstherrnfähigkeit § 144 SGB VI in der Fassung des Gesetzes vom 9. Dezember 2004, BGBl I S. 3242 <3259>; § 1 Abs. 4 der Satzung der Beklagten vom 24. August 2005). Dieser Übertritt fand nicht unmittelbar kraft Gesetzes statt, weil § 3 Abs. 1 und 4 RVOrgRefÜG die für eine gesetzliche Überleitung maßgeblichen Fragen, wie etwa den Zeitpunkt und das verliehene Amt, nicht abschließend normieren (Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 2 C 50.10 - Buchholz 230 § 128 BRRG Nr. 9 Rn. 12). Vielmehr gehen die Beteiligten ausweislich ihrer Erklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat davon aus, dass der Übertritt der Klägerin mit dem ihr zugegangenen Schreiben vom 5. Dezember 2006 bewirkt werden sollte. Der Aushändigung einer Ernennungsurkunde bedurfte es hierfür nicht (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 37.03 - BVerwGE 122, 58 <63> = Buchholz 230 § 123 BRRG Nr. 5 S. 7). Auf die beamten- und besoldungsrechtliche Stellung finden damit die im Bereich des neuen Dienstherrn geltenden Vorschriften Anwendung (§ 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG i.V.m. § 129 Abs. 4 und 1 i.V.m. § 18 Abs. 4 BRRG). Die Höhe der Dienstbezüge richtet sich nach dem auch für mittelbare Landesbeamte maßgeblichen Niedersächsischen Besoldungsgesetz. Dies gilt auch dann, wenn hiermit eine Verschlechterung gegenüber den vom alten Dienstherrn gewährten Dienstbezügen verbunden sein sollte. Verringern sich die Dienstbezüge eines Beamten, weil er aufgrund § 3 Abs. 1 RVOrgRefÜG in den Dienst eines anderen Rentenversicherungsträgers übergetreten ist, erhält er aber eine Ausgleichszulage. Nach § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG ist für diese Beamte § 13 Abs. 1 Nr. 1 BBesG a.F. anzuwenden. Der Übertritt in den Dienst des jeweiligen Regionalträgers wird damit der in § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG a.F. geregelten Versetzung gleichgestellt. Deshalb muss auch die Höhe der Ausgleichszahlungen entsprechend berechnet werden, anderweitige Vorschriften hierzu sind nicht ersichtlich. Eines zusätzlichen Verweises auf die Berechnungsvorschriften in § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 5 BBesG a.F. bedurfte es angesichts der gewählten Regelungstechnik nicht (a.A. OVG Saarlouis, Urteil vom 5. Dezember 2012 - 1 A 140/12 - juris Rn. 38). Die Zulagengewährung ist im Falle einer Bezügeverringerung auch eröffnet, wenn der Beamte in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt übergetreten ist. Der von § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG a.F. in Bezug genommene § 26 Abs. 2 BBG in der Fassung vom 31. März 1999 (BGBl I S. 675 <681>) umfasst auch Versetzungen in ein Amt mit demselben Grundgehalt. 2. Mit dieser Ausgleichszulage werden nicht nur die im Zeitpunkt des Dienstherrnwechsels bestehenden, sondern auch später eintretende Unterschiede ausgeglichen. Der Wortlaut der Vorschrift spricht gegen eine statische, nur den im Zeitpunkt des Übertritts bestehenden Unterschied erfassende Besitzstandswahrung. Eine Bezugnahme auf diesen Zeitpunkt enthält § 13 Abs. 1 BBesG a.F. - anders als etwa die in § 19b Abs. 2 Satz 1 BBesG in der Fassung vom 15. März 2012 (BGBl I S. 462) getroffene Regelung - nicht. Die Berechnungsanordnung in § 13 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F., nach der die Ausgleichszulage in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen seinen jeweiligen Dienstbezügen und den Dienstbezügen gewährt wird, die dem Beamten in seiner bisherigen Verwendung zugestanden hätten, setzt vielmehr eine dynamische Entwicklung voraus. Entsprechendes gilt für die Anordnung in § 13 Abs. 1 Satz 5 BBesG a.F. Auch die gesetzliche Systematik deutet auf ein rechts- und nicht nur besitzstandswahrendes Normverständnis hin. Die Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 3 RVOrgRefÜG verweist auf § 13 Abs. 1 BBesG a.F. Die in § 13 Abs. 1 BBesG a.F. geregelte Ausgleichszulage sah indes - anders als etwa der in § 13 Abs. 2 BBesG a.F. vorgesehene Ausgleich für wegfallende Stellenzulagen - für aus dienstlichen Gründen veranlasste Statusveränderungen eine dynamische Ausgleichsregelung vor, die die Weiterentwicklung wie bei einem Verbleiben im bisherigen Amt berücksichtigt (vgl. Leihkauff, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band I, Stand: November 2013, § 13 BBesG Rn. 5.2; GKÖD, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Band III, Stand: Dezember 2013, K § 13 Rn. 7 und 24). Damit nimmt der Beamte auch an nachträglichen Verbesserungen der Besoldung seines früheren Amtes teil. Des Weiteren entspricht die Annahme einer auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigenden Ausgleichsleistung dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Versetzung eines Beamten zu einem anderen Dienstherrn hat eine Statusänderung für den Beamten zur Folge (Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 37.03 - BVerwGE 122, 58 Rn. 19) und setzt daher grundsätzlich seine Zustimmung voraus. Ohne Einverständnis des betroffenen Beamten kann ein Dienstherrnwechsel nur erfolgen, wenn sich eine Notwendigkeit hierzu aus der Umbildung von Körperschaften oder einer Änderung der Aufgabenverteilung dienstherrnfähiger Körperschaften ergibt (Urteil vom 26. November 2009 - BVerwG 2 C 15.08 - BVerwGE 135, 286 Rn. 14; BVerfG, Beschluss vom 26. November 1963 - 2 BvL 12/62 - BVerfGE 17, 172 <187 f.>). Der unfreiwillige Dienstherrnwechsel steht unter dem Grundsatz, dass die beamtenrechtliche Rechtsstellung des betroffenen Beamten im Rahmen des Möglichen gewahrt bleiben muss und nur insoweit verändert und beeinträchtigt werden darf, als dies wegen der Umbildung und deren Folgen unumgänglich ist (stRspr; vgl. Urteil vom 2. April 1981 - BVerwG 2 C 35.78 - BVerwGE 62, 129 <132> m.w.N. sowie zuletzt etwa Urteil vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 27.10 - Buchholz 240 § 46 BBesG Nr. 5 Rn. 30: "Gebot der größtmöglichen Wahrung der beamtenrechtlichen Rechtsstellung"). Auch die Materialien zur Entstehungsgeschichte bestätigen die Annahme, dass mit der Ausgleichszulage aus § 13 Abs. 1 BBesG a.F. eine dynamische Rechtsstandswahrung beabsichtigt war. Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs sollte der Beamte in besoldungsrechtlicher Hinsicht so gestellt werden, als übe er die bisherige Verwendung noch aus (BTDrucks 13/3994, S. 38). So ist die Vorschrift in der Praxis auch verstanden worden (Ziffer 13.1.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz des Bundesministeriums des Inneren vom 11. Juli 1997 in der Fassung vom 26. Juli 2000, D II 3 - 221 710/1). Das Ergebnis der Auslegung von § 13 Abs. 1 BBesG a.F. entspricht ferner der Rechtshistorie: Hinsichtlich der finanziellen Folgen entsprechender Organisationsmaßnahmen sah bereits § 23 Abs. 1 des Reichsbesoldungsgesetzes vom 30. April 1920 (RGBl S. 805) vor, dass Beamte, die infolge einer Umbildung der Reichsbehörden aus Anlass der Umgestaltung des Staatswesens aus dienstlichen Rücksichten in Stellen von geringerem Diensteinkommen verwendet wurden, während der Dauer dieser Verwendung das Grundgehalt erhielten, dass sie in ihrer früheren Stelle bezogen hätten. Beamte, die gegen ihren Willen in ein Amt mit einem niedrigeren Grundgehalt versetzt worden sind, erhielten "zum Ausgleich" die Bezüge ihres bisherigen Amtes damit weiter. Seit Inkrafttreten des § 13 BBesG in der Fassung des 2. BesVNG vom 23. Mai 1975 (BGBl I S. 1173) war der finanzielle Ausgleich des Verwendungswechsels in der Form einer Zulagenregelung ausgestaltet worden. Damit sollte "im Interesse der Besoldungswahrheit" eine dauerhafte Besoldung aus einer Besoldungsgruppe, die nicht dem innegehabten Amt entspricht, vermieden werden (Leihkauff a.a.O. § 13 BBesG Rn. 2). Daran, dass der Beamte im Ergebnis eine "fiktive Besoldung" erhielt, als übe er die bisherige Verwendung noch aus, änderte sich jedoch nichts (vgl. BTDrucks 13/3994, S. 38). Eines gesonderten Antrags für die Gewährung der Ausgleichszulage bedurfte es nicht (stRspr; vgl. zuletzt etwa Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Die Ausgleichszulage ist gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 BBesG Teil der Besoldung, die durch Gesetz geregelt und unverzichtbar ist (§ 2 Abs. 1 und 3 BBesG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020222&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020223
BVerwG
8. Senat
20140312
8 C 16/12
Beschluss
§ 119 VwGO, § 137 Abs 2 VwGO
DEU
Zur urkundlichen Beweiskraft des Tatbestands; Rechtsschutzbedürfnis bei Tatbestandsberichtigungsantrag erforderlich
Der Antrag der Klägerin auf Tatbestandsberichtigung hat keinen Erfolg. 1. Über diesen Antrag entscheidet der Senat gemäß § 119 Abs. 2 Satz 1 und 3 VwGO durch Beschluss unter Mitwirkung derjenigen Richterinnen und Richter, die an dem angegriffenen, aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. und 21. März 2013 ergangenen Urteil vom 16. Mai 2013 mitgewirkt haben. 2. Dem Antrag der Klägerin, auch über die Tatbestandsberichtigung aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden, war nicht stattzugeben. Nach § 101 Abs. 3 VwGO können Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, ohne mündliche Verhandlung ergehen, sofern nichts anderes bestimmt ist. Eine solche abweichende Bestimmung fehlt für Entscheidungen über eine Tatbestandsberichtigung gemäß § 119 VwGO. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht aus anderen Gründen geboten. a) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht aus Art. 6 Abs. 1 EMRK. Das darin gewährleistete Recht jeder Person auf eine öffentliche gerichtliche Verhandlung über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen bezieht sich auf die Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche selbst (vgl. EGMR, Urteil vom 8. Februar 2005 - Nr. 55853/00, Miller/Schweden - Rn. 28 f.). Insoweit hat die Klägerin in erster Instanz auf mündliche Verhandlung verzichtet; in der Berufungs- und Revisionsinstanz wurde am 23. Januar 2012 und am 20. und 21. März 2013 jeweils öffentlich mündlich verhandelt. Art. 6 Abs. 1 EMRK verlangt nicht, auch in Zwischen- oder Nebenverfahren, die beispielsweise die Ablehnung von Gerichtspersonen, Eilentscheidungen (dazu vgl. VGH München, Beschluss vom 17. September 2003 - 13 AS 03.2009 - juris Rn. 23) oder Urteils- oder Tatbestandsberichtigungen nach §§ 118 f. VwGO zum Gegenstand haben, stets eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Selbst wenn man das Tatbestandsberichtigungsverfahren einem Rechtsmittelverfahren gleichstellen wollte, wäre eine mündliche Verhandlung nach Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht ausnahmslos erforderlich. Vielmehr kann in Rechtsmittelverfahren unter anderem davon abgesehen werden, wenn in der Vorinstanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat - oder wegen eines Verzichts der Beteiligten unterblieben ist - und es nur um die Zulassung eines Rechtsmittels geht oder wenn das Rechtsmittel nur eine rechtliche Überprüfung eröffnet und das Rechtsmittelgericht ohne eigene Ermittlungen und weitere tatsächliche Feststellungen aufgrund der Aktenlage entscheiden kann (vgl. EGMR, Urteile vom 12. November 2002 - Nr. 28394/95, Döry/Schweden - Rn. 37 ff. und vom 8. Februar 2005 a.a.O. Rn. 30; BVerwG, Urteile vom 28. Juni 1983 - BVerwG 9 C 15.83 - Buchholz 312 EntlG Nr. 32 = juris Rn. 16, vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113 = juris Rn. 14 und vom 9. Dezember 2010 - BVerwG 10 C 13.09 - BVerwGE 138, 289 = Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 82 Rn. 23; Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 174 ff. m.w.N.). Über die Tatbestandsberichtigung kann das Gericht nach Aktenlage entscheiden. Eine weitere Sachaufklärung ist nicht vorgesehen; § 119 Abs. 2 Satz 1 VwGO schließt eine Beweisaufnahme ausdrücklich aus. b) Eine mündliche Verhandlung über den Tatbestandsberichtigungsantrag ist hier auch nicht dazu erforderlich, der Klägerin rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) als Voraussetzung eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) zu gewähren. Die Klägerin hatte Gelegenheit, ihren Antrag schriftsätzlich im Einzelnen zu begründen und zu den Erwiderungen der übrigen Beteiligten Stellung zu nehmen. Sie hat davon mit zwei Schriftsätzen vom 12. August 2013 sowie mit weiteren Schriftsätzen vom 28. Oktober, 18. November und 20. Dezember 2013 sowie vom 7. März 2014 Gebrauch gemacht. Aus ihrem Vorbringen und dem Vortrag der übrigen Beteiligten ergibt sich keine Notwendigkeit weiterer mündlicher Erörterung. 3. Der Antrag der Klägerin auf Tatbestandsberichtigung ist unzulässig, da er keine der Tatbestandsberichtigung nach § 119 VwGO zugänglichen Tatsachenfeststellungen des angegriffenen Urteils betrifft. a) Der Tatbestand eines Revisionsurteils unterliegt der Tatbestandsberichtigung gemäß § 119 Abs. 1 VwGO nur bezüglich eigener Feststellungen des Revisionsgerichts, auf die sich die urkundliche Beweiskraft des Urteils gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO oder § 98 VwGO, § 417 ZPO erstreckt und die für einen nachfolgenden Verfahrensabschnitt bindend wären. Das sind insbesondere Feststellungen zu den Revisionsanträgen und sonstigen Prozesserklärungen in der Revisionsinstanz. Die revisionsgerichtliche Wiedergabe von Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz, an die das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, kann dagegen nicht nach § 119 Abs. 1 VwGO berichtigt werden (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 16. Mai 1960 - BVerwG 3 ER 404.60 - Buchholz 427.3 § 339 LAG Nr. 101 S. 127, vom 8. Oktober 1986 - BVerwG 4 C 21.84 - juris LS und Rn. 1, vom 12. März 1987 - BVerwG 8 B 103.86 - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 4 und vom 31. Mai 2013 - BVerwG 2 C 6.11 - NVwZ 2013, 1237 = juris Rn. 2 m.w.N.). Diese Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 119 Abs. 1 VwGO ergibt sich aus dessen Zusammenhang mit den zitierten Vorschriften über die Beweiskraft des Urteilstatbestands sowie aus dem Zweck der Regelung. Die Tatbestandsberichtigung nach § 119 Abs. 1 VwGO soll verhindern, dass unrichtig beurkundeter Prozessstoff wegen der urkundlichen Beweiskraft des Tatbestands nach § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO Grundlage der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wird (Beschluss vom 31. Mai 2013 a.a.O. Rn. 3; vgl. BFH, Beschluss vom 24. August 1967 - IV 410/61 - BFHE 89, 565). Sie kommt daher nur in Betracht in Bezug auf diejenigen Feststellungen des angegriffenen Urteils, auf die sich die gesetzlich angeordnete Beweiskraft erstreckt und die deshalb einer Entscheidung in einem nachfolgenden Verfahrensabschnitt zugrunde zu legen wären. Die Beweiskraft des Tatbestands des Revisionsurteils erstreckt sich nur auf die darin bezeugten eigenen Feststellungen des Revisionsgerichts und nicht auf die Wiedergabe der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz, an die es nach Maßgabe des § 137 Abs. 2 VwGO mangels wirksamer Verfahrensrügen gebunden ist. Selbst wenn die Wiedergabe fehlerhaft sein und sich nicht mehr als Zusammenfassung des von der Vorinstanz angenommenen Sachverhalts darstellen sollte, läge darin noch keine eigene, der urkundlichen Beweiskraft fähige Tatsachenfeststellung des Revisionsgerichts. Mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 119 Abs. 1 VwGO kann auch keine Änderung der Sachverhaltsbewertung oder gar eine Korrektur der rechtlichen Würdigung verlangt werden (Beschluss vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 VwGO § 108 Abs. 1 Nr. 73 = juris Rn. 15). b) Der Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin betrifft keine im Urteil vom 16. Mai 2013 dokumentierten Tatsachenfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, auf die sich die Beweiskraft des Tatbestands gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO oder § 98 VwGO, § 417 ZPO erstreckt und die deshalb der Entscheidung in einem nachfolgenden Verfahren zugrunde zu legen wären. Stattdessen rügt die Klägerin die unrichtige Wiedergabe von Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, eine Missachtung der revisionsrechtlichen Bindung an diese Feststellungen gemäß § 137 Abs. 2 VwGO und die rechtliche Würdigung festgestellter Tatsachen. Die mit der Antragsschrift vom 12. August 2013 erhobenen Einwände der Klägerin gegen die Ausführungen in den Randnummern 46 und 58 bis 60 des angegriffenen Urteils betreffen die revisionsgerichtliche Wiedergabe und die rechtliche Würdigung des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts. Soweit die Klägerin beanstandet, der Senat habe in Randnummer 46 weder eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch den handelnden Amtswalter noch ein Verschulden verneinen dürfen, verkennt sie, dass es sich dabei um eine rechtliche Würdigung und nicht um bloße Tatsachenfeststellungen handelt. Gleiches gilt für die von ihr gerügte Annahme, ein etwaiger Verstoß gegen Unionsrecht sei nicht hinreichend qualifiziert. Die Konkretisierung dieses rechtlichen Erfordernisses und die Subsumtion darunter erschöpfen sich nicht in tatsächlichen Feststellungen, sondern stellen rechtliche Erwägungen dar. Soweit die Klägerin meint, die Feststellungen der Vorinstanz reichten nicht aus, die beanstandete rechtliche Einschätzung zu tragen, rügt sie einen materiell-rechtlichen Mangel und keine unzutreffende Tatsachenfeststellung des Revisionsgerichts. Ihr Einwand, das angegriffene Urteil habe in Randnummer 58 nicht von einer Öffnung des Erlaubnisverfahrens für private Anbieter ausgehen dürfen, betrifft die Darstellung der vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen. Die Formulierung gibt zusammenfassend wieder, dass der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Überprüfung der angefochtenen Untersagungsverfügung aufgrund der Aktenlage davon ausgegangen ist, Erlaubnisanträge privater Glücksspielanbieter und -vermittler seien im Freistaat Bayern nach Bekanntwerden der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 nicht mehr stets von vornherein mit dem Hinweis auf das Glücksspielmonopol und die daraus folgende Unzulässigkeit einer Erlaubniserteilung an Private abgelehnt, sondern inhaltlich geprüft und beschieden worden. Dies hat der Senat im Übrigen in der Revisionsverhandlung im Termin vom 20. und 21. März 2013, in dem das vorliegende Verfahren unter anderem mit dem ähnlich gelagerten Verfahren - BVerwG 8 C 15.12 - zur gemeinsamen Verhandlung verbunden worden war, eingehend unter Bezugnahme auf die im Verfahren - BVerwG 8 C 15.12 - zu den Akten gelangten und - auch - von der Klägerin des vorliegenden Verfahrens kritisierten Checklisten zur inhaltlichen Antragsprüfung und daraufhin ergangenen Bescheide der Regierung von Oberbayern mit den Beteiligten erörtert. Der Hinweis der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe eine Ergebnisoffenheit der behördlichen Prüfung angemahnt, bestätigt indirekt, dass die Vorinstanz in tatsächlicher Hinsicht von einer behördlichen Sachprüfung ausging und die Prüfpraxis lediglich rechtlich kritisch beurteilte. Entgegen der Darstellung der Klägerin auf Seite 5 ihrer Antragsbegründung findet sich in Randnummer 58 des Urteils vom 16. Mai 2013 nicht die Behauptung, es habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Freistaat Bayern ein unionsrechtskonformes Erlaubnisverfahren für private Wettanbieter gegeben. Vielmehr wird ausgeführt, eine grundrechts- und grundfreiheitskonforme Anwendung der gesetzlichen Erlaubnisregelungen mit der Folge einer Erlaubniserteilung an private Anbieter und deren Vermittler sei - in der in Randnummer 58 näher dargestellten Weise - möglich gewesen, und gegen rechtsfehlerhafte Entscheidungen habe effektiver gerichtlicher Rechtsschutz zur Verfügung gestanden. Diese Ausführungen und ihre Konkretisierung in Randnummer 58 erläutern die Rechtsauffassung, dass eine den verfassungs- und unionsrechtlichen Anforderungen genügende Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht ausgeschlossen war. Sie äußern sich nicht zu der Frage, ob seinerzeit eine solche Anwendung praktiziert wurde. Im Übrigen wäre auch eine Aussage über die Vereinbarkeit einer bestimmten Praxis mit Verfassungs- und Unionsrecht als rechtliche Würdigung einzuordnen und als solche keiner Tatbestandsberichtigung zugänglich. Die von der Klägerin gerügte Annahme in Randnummer 59 des Urteils, für die Behörde sei nicht hinreichend erkennbar gewesen, ob die Tätigkeit der Klägerin den ordnungsrechtlichen Anforderungen genügte, erschöpft sich ebenfalls nicht in einer Tatsachenfeststellung. Vielmehr subsumiert sie den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt unter das Erfordernis offensichtlicher materieller Erlaubnisfähigkeit, bei dessen Vorliegen eine Untersagung trotz formeller Illegalität unverhältnismäßig gewesen wäre, und verneint die Offensichtlichkeit mit der Formulierung, eine "hinreichende" Erkennbarkeit sei nicht gegeben. Diese rechtliche Würdigung unterfällt nicht § 119 Abs. 1 VwGO. Die darüber hinaus beanstandete Annahme in Randnummer 60 des Urteils, anhand der Verwaltungspraxis der Beklagten sei nicht feststellbar gewesen, dass diese die unerlaubte Vermittlung in Kenntnis der Möglichkeit einer rechtsfehlerfreien Untersagung geduldet hätte, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht als tatsächliche Spekulation zu qualifizieren. Vielmehr bewertet das Urteil die bereits dem Berufungsurteil zugrunde liegenden, durch Beiziehen der Verwaltungsvorgänge ermittelten Tatsachen zum Verwaltungsverfahren dahingehend, dass sie keine Bereitschaft der Beklagten zur Duldung formell illegaler Glücksspielvermittlung erkennen lassen. Selbst wenn insoweit nicht nur eine Würdigung der Feststellungen der Vorinstanz, sondern eine eigene Feststellung des Senats vorläge, wäre im Übrigen nicht nachzuvollziehen, weshalb die Klägerin, die im Verfahren stets das strenge Vorgehen der Beklagten gegen jede formell illegale Tätigkeit beanstandet hat, eine entsprechende Feststellung für unzutreffend halten sollte. Als revisionsgerichtliche Tatsachenfeststellung ist auch nicht die in Randnummer 47 formulierte Annahme einzuordnen, der Gerichtshof der Europäischen Union habe in seinen Entscheidungen zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 erstmals klargestellt, dass die Verhältnismäßigkeit im unionsrechtlichen Sinne nicht nur eine kohärente Ausgestaltung des jeweiligen Monopolbereichs selbst, sondern auch eine Kohärenz zwischen den Regelungen verschiedener Glücksspielsektoren fordere. Diese Aussage stellt für die klare Erkennbarkeit eines Unionsrechtsverstoßes auf die Rechtsprechung des zur verbindlichen Auslegung des Unionsrechts berufenen Gerichtshofs ab und interpretiert dessen glücksspielrechtliche Entscheidungen. Damit ist sie Teil der rechtlichen Würdigung. Die gegenteilige Deutung der unionsgerichtlichen Rechtsprechung durch die Klägerin und ihre Auffassung, der Senat habe auf die - uneinheitliche - nationale Rechtsprechung abstellen müssen, stellen keine Tatsachenfeststellungen, sondern die Rechtsauffassung des Urteils in Frage. Die im ergänzenden Schriftsatz der Klägerin vom 12. August 2013 gerügte Annahme in Randnummer 22 des Urteils, eine Rückkehr zur alten - von der umstrittenen Monopolregelung geprägten - Rechtslage sei nicht abzusehen, ist im Zusammenhang mit dem ihr vorangestellten Satz zu verstehen. Sie bewertet die auch von der Klägerin zitierte Experimentierklausel (§ 10a Abs. 1 und 2 i.V.m. §§ 4 ff. GlüStV n.F.), die das Monopol - zunächst für die Dauer von sieben Jahren - durch ein Konzessionssystem ersetzt, im Hinblick auf das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Dazu wird ausgeführt, aus der gesetzlichen Befristung der Experimentierphase sei noch nicht darauf zu schließen, dass nach Ablauf dieser Phase wieder eine den Regelungen des GlüStV a.F. entsprechende Rechtslage in Kraft trete. Darin liegt keine Tatsachenfeststellung, sondern eine rechtliche Bewertung. c) Unabhängig von diesen Erwägungen ist der Antrag der Klägerin auf Tatbestandsberichtigung auch deshalb unzulässig, weil die beanstandeten Ausführungen den gerichtlichen Entscheidungen in den von der Klägerin angestrebten weiteren Verfahren mangels gesetzlicher Beweiskraft oder gesetzlicher Bindungsregelungen nicht zugrunde zu legen wären. Insoweit fehlt dem Antrag der Klägerin jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis, das auch für eine Tatbestandsberichtigung vorliegen muss (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 119 Rn. 3; vgl. BFH, Beschluss vom 8. Mai 2003 - IV R 63/99 - BFHE 202, 216 = juris Rn. 4 ff.). Im Amtshaftungsprozess ist das Zivilgericht weder an die revisionsgerichtliche Sachverhaltsdarstellung noch an die Erwägungen zu den Voraussetzungen eines Staatshaftungsanspruchs gebunden. Letztere wurden nur als Vorfrage der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage geprüft, die der Senat verneint hat. Sie sind damit nicht in materielle Rechtskraft gemäß § 121 VwGO erwachsen. Im Verfahren über die von der Klägerin beabsichtigte Verfassungsbeschwerde ist das Bundesverfassungsgericht ebenfalls nicht an die revisionsgerichtliche Wiedergabe der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz oder an eigene Feststellungen des Revisionsgerichts gebunden, da eine § 137 Abs. 2 VwGO vergleichbare Norm fehlt (Beschluss vom 31. Mai 2013 a.a.O. Rn. 5; ebenso: BFH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1983 - VII R 33 - 34/82 - juris Rn. 4 und vom 9. Oktober 2008 - V R 45/06 - BFH/NV 2009, 39 Rn. 3; offengelassen von: BGH, Beschluss vom 6. Juli 1998 - II ZR 117/97 - juris Rn. 3). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte prüft Verletzungen der EMRK ebenfalls, ohne an Feststellungen oder Erwägungen in der angegriffenen Entscheidung gebunden zu sein. 4. Soweit die Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 28. Oktober, 18. November und 20. Dezember 2013 sowie vom 7. März 2014 weitere Tatbestandsberichtigung begehrt, ist ihr Antrag unzulässig, weil die gesetzliche Frist des § 119 Abs. 1 VwGO bereits zwei Wochen nach der Zustellung des Urteils, also am 12. August 2013 abgelaufen war. Gründe für eine Wiedereinsetzung liegen nicht vor. Neuer Vortrag und neue Unterlagen, die nach Fristablauf nachgereicht wurden, sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Die Tatbestandsberichtigung nach § 119 Abs. 1 VwGO dient der Korrektur unzutreffender oder unklarer tatsächlicher Urteilsfeststellungen zum der Entscheidung zugrunde liegenden Prozessstoff, nicht jedoch dessen Erweiterung oder Veränderung nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020223&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020224
BVerwG
9. Senat
20140313
9 B 67/13
Beschluss
§ 44 FlurbG
vorgehend OVG Lüneburg, 4. September 2013, Az: 15 KF 37/09, Urteil
DEU
Obliegenheiten im Flurbereinigungsverfahren
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. 1. Die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch. Die mit der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können; weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f.; stRspr). Dem genügt das Beschwerdevorbringen nicht. Die Beschwerde rügt, das Flurbereinigungsgericht habe seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt, da es nicht durch Einholung einer amtlichen Auskunft oder Vernehmung des Vorstandes der Teilnehmergemeinschaft aufgeklärt habe, ob den Vorstandsmitgliedern bekannt gewesen sei, dass es sich bei dem Betrieb des Klägers um einen auf die stetige Erweiterung von Grünlandflächen angewiesen Milchviehbetrieb handele. Beweisanträge zur Aufklärung dieser Behauptung hat der Kläger in der Vorinstanz ausweislich der Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 4. September 2013 nicht gestellt. Er hat auch nicht in sonstiger Weise auf eine weitere Aufklärung hingewirkt. Der Vorinstanz mussten sich auch keine Ermittlungen von Amts wegen aufdrängen. Dass der Vorstand der Teilnehmergemeinschaft "von jeher wusste, dass die Struktur des klägerischen Milchviehbetriebes eine stetige Erweiterung um entsprechende Grünlandflächen erfordert" (Beschwerdebegründung S. 5), hat der Kläger im Verfahren vor dem Flurbereinigungsgericht nicht vorgetragen. Er hat sich in seiner Klageschrift und im Schriftsatz vom 28. August 2013 vielmehr auf die Behauptung beschränkt, es sei von der Flurbereinigungsbehörde nicht beachtet worden, dass sein Betrieb als Milchviehbetrieb mit 100 Milchkühen, Kälberaufzucht und Bullenmast auf eine Erweiterung der Grünlandflächen zwingend angewiesen sei. Für das Flurbereinigungsgericht bestand allein aufgrund dieser Formulierung auch deswegen kein Anlass zu einer weiteren Aufklärung, weil der Beklagte der Charakterisierung des Betriebs des Klägers als Milchviehbetrieb mit dem Hinweis entgegen getreten ist, dass es sich tatsächlich um einen Gemischtbetrieb handele, da neben dem Futterbau für das "Hauptstandbein" des Betriebes, der Milchwirtschaft, jährlich 10 - 15 ha Getreide und ca. 13 ha Stärkekartoffeln angebaut würden. Diesen Angaben hat der Kläger in der Vorinstanz nicht widersprochen. Auch die von der Beschwerde erhobene Rüge einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) greift nicht durch. Der Ausnahmefall einer aktenwidrigen Feststellung des Sachverhalts durch das Gericht liegt nicht vor. Er setzt einen zweifelsfreien, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlichen Widerspruch zwischen den Feststellungen der Vorinstanz und dem Akteninhalt voraus (vgl. Beschluss vom 19. November 1997 - BVerwG 4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 m.w.N.). Ein solcher Widerspruch ist nicht erkennbar. Die Beschwerde konkretisiert ihre Behauptung, der Kläger habe die besonderen Bedürfnisse seines Betriebes gegenüber dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft vielfach deutlich gemacht, weder in zeitlicher noch in sonstiger Hinsicht. Mit ihrem pauschalen Hinweis, dies sei "den Verfahrensakten" zu entnehmen, übersieht sie, dass es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, die Verfahrensakten eines sich über mehrere Jahrzehnte erstreckenden Flurbereinigungsverfahrens darauf durchzusehen, ob eine im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aufgestellte Behauptung zutrifft, sondern es der Beschwerde obliegt, den behaupteten Verfahrensmangel durch entsprechende konkrete Angaben zu "bezeichnen" (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Auch soweit die Beschwerde eine aktenwidrige Feststellung im Zusammenhang mit der Bewertung der Aussagen in dem Gutachten der G. GmbH rügt, bleibt sie ohne Erfolg. Das Gericht hat nicht, wie von ihr behauptet, die Feststellung getroffen, dass "es durch den Fortfall der Stauanlage im Graben E-Nr. ... am H.weg ursächlich zu einer Grundwasserabsenkung kam" (Beschwerdebegründung S. 8). Es hat sich vielmehr der Beurteilung des Gutachtens angeschlossen, dass ein positiver wie negativer Effekt der Stauanlage auf die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen selbst bei einer maximalen Aufstauung wegen des zu großen Abstands zwischen dem Wasserspiegel und dem Gelände zu vernachlässigen sei (UA S. 14). Hiervon geht im Übrigen auch die Beschwerde selbst aus, wenn sie als Ursache für die Grundwasserabsenkung einen zu tiefen Grabenausbau aus dem Jahr 1979 erwähnt und das Gutachten als Beleg dafür versteht, dass trotz des Aufstauens der Grundwasserstand immer noch zu tief sei, um die angrenzenden Felder ausreichend mit Wasser zu versorgen. 2. Die Rechtssache hat auch nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst. Die Frage, ob im Planwunschtermin vom Teilnehmer nicht geäußerte Aspekte und Änderungswünsche einschließlich qualifizierter Änderungswünsche von Amts wegen Berücksichtigung finden müssen, wenn sie für kundige Landwirte und insbesondere den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft auf der Hand liegen bzw. ihm - etwa wegen des Inhalts der Akten eines gegebenenfalls über viele Jahre geführten Flurbereinigungsverfahrens - sogar bekannt sind oder bekannt sein mussten, rechtfertigt die Zulassung der Revision schon deswegen nicht, weil sie nicht an die von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen und davon ausgehenden rechtlichen Erwägungen anknüpft. Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass dem Vorstand der Teilnehmergemeinschaft die von der Beschwerde behauptete Notwendigkeit einer Erweiterung der Grünlandfläche bekannt war bzw. bekannt sein musste. Dass die Vorinstanz dabei ihre Pflicht zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht verletzt hat, ist oben dargelegt worden. Abgesehen hiervon, ist die aufgeworfene Frage in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens gehalten, im Rahmen des Planwunschtermins auf die für das Vorliegen eines qualifizierten Planwunsches maßgeblichen Gesichtspunkte hinzuweisen, sofern diese nicht ohnehin für den Vorstand der Teilnehmergemeinschaft erkennbar sind (Urteil vom 23. August 2006 - BVerwG 10 C 4.05 - BVerwGE 126, 303 = Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 82, jeweils Rn. 30). Wird im Wunschtermin nicht auf solche besonderen Entwicklungstendenzen hingewiesen und werden hierzu keine konkreten Gestaltungsvorschläge gemacht, so kann regelmäßig nicht erwartet werden, dass solche Umstände bei der Plangestaltung Berücksichtigung finden (Beschluss vom 19. Mai 1981 - BVerwG 5 CB 13.80 - Buchholz 424.01 § 44 FlurbG Nr. 39). Auch die Frage, ob auf das Flurbereinigungsverfahren zurückgehende, zwischen der Wertermittlung und dem Eintritt des neuen Rechtszustandes eintretende Wertveränderungen einen Anspruch auf Wertausgleich begründen, geht von einem Sachverhalt aus, den das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt hat. Die Vorinstanz hat ein durch Maßnahmen im Rahmen der Flurbereinigung verursachtes Trockenfallen von Grundstücken des Klägers verneint. Verfahrensfehler sind ihm dabei - wie dargelegt - nicht unterlaufen. Abgesehen davon ist die Frage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Danach sind regelmäßig nur Wertveränderungen zu berücksichtigen, die unabhängig von der Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens eintreten und vor dem Eintritt der Rechtsänderung den Wert des Einlagegrundstücks verändern. Werterhöhungen, die durch Maßnahmen der Flurbereinigung selbst entstehen, lassen dagegen den Abfindungsanspruch und demnach auch die festgestellten Schätzwerte unberührt (Urteil vom 17. April 1975 - BVerwG 5 C 38.74 - BVerwGE 48, 160 <163 f.>).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020224&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020225
BVerwG
1. Senat
20140401
1 B 1/14
Beschluss
§ 5 Abs 1 Nr 1 AufenthG 2004, § 7 Abs 2 S 2 AufenthG 2004, § 25 Abs 3 AufenthG 2004, § 25 Abs 5 AufenthG 2004, § 29 Abs 3 S 1 AufenthG 2004, § 29 Abs 3 S 3 AufenthG 2004
vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 31. Oktober 2013, Az: 3 A 840/13, Beschluss
DEU
Aufenthaltsrecht eines Kindes bei Aufenthalt aus humanitären Gründen der Eltern; kumulative Aufenthaltstitel
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. 1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts mit einer über den Einzelfall hinausgehenden allgemeinen Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Revisionsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. auf Grund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist. 1.1. Die Beschwerde macht zunächst geltend, das vorliegende Verfahren gebe Gelegenheit, in Ergänzung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 - BVerwG 1 C 12.12 - zu den konkreten Voraussetzungen und möglichen Ausnahmetatbeständen der jeweils zu erteilenden Aufenthaltserlaubnisse grundsätzliche Vorgaben zu entwickeln. Zu klären sei insbesondere, "ob bei der Erteilung von mehreren Aufenthaltstiteln die Erteilungsvoraussetzungen der Aufenthaltserlaubnisse jeweils selbständig vollständig vorliegen müssen oder ob Ausnahmetatbestände, wie z.B. das Absehen von der Sicherung des Lebensunterhaltes, mehrfach berücksichtigt werden dürfen." Insoweit fehlt es schon an der Entscheidungserheblichkeit der konkret aufgeworfenen Rechtsfrage. Denn das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für die Erteilung der vom Kläger begehrten Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach § 32 Abs. 3, § 29 Abs. 3 AufenthG in der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gültigen Fassung vollständig geprüft und bejaht. Dabei hat es in Bezug auf die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (Sicherung des Lebensunterhalts) nicht darauf abgestellt, dass der Kläger bereits im Besitz einer aus humanitären Gründen erteilten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist, bei deren Erteilung auf Grund der Sonderregelung in § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG von der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG im Ermessenswege abgesehen werden konnte. Vielmehr ist es davon ausgegangen, dass die Sicherung des Lebensunterhalts bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG eine Regelerteilungsvoraussetzung darstellt, von der nur in Ausnahmefällen abgesehen werden kann. Hiervon ausgehend hat es ohne Rückgriff auf § 5 Abs. 3 AufenthG eine, eine Ausnahme rechtfertigende, Atypik damit begründet, dass den Eltern des Klägers eine Rückkehr in ihr Heimatland nicht zugemutet werden könne, die familiäre Lebensgemeinschaft damit nach realistischer Sichtweise nur im Bundesgebiet gelebt werden könne und die Familie lediglich ergänzend und in einem untergeordneten Umfang auf den Bezug von Sozialleistungen angewiesen sei. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats bereits geklärt, dass nach dem dem Aufenthaltsgesetz zugrunde liegenden Konzept unterschiedlicher Aufenthaltstitel mit jeweils eigenständigen Voraussetzungen und Rechtsfolgen mehrere Aufenthaltstitel nebeneinander erteilt werden können, solange das Gesetz nicht eindeutig etwas anderes bestimmt. Der Ausländer erhält hierdurch kein über die gesetzlich geregelten Aufenthaltstitel hinausgehendes "neues" Aufenthaltsrecht, sondern lediglich mehrere Aufenthaltstitel, die in ihren Rechtsfolgen und in ihrem Fortbestand weiterhin jeweils ihren eigenen Regelungen unterliegen (Urteil vom 19. März 2013 - BVerwG 1 C 12.12 - BVerwGE 146, 117 Rn. 19 f. = InfAuslR 2013, 264). Daraus ergibt sich zugleich, dass auch der Umstand, dass die dem Kläger bereits erteilte humanitäre Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG an die vollziehbare Ausreisepflicht des Ausländers anknüpft und damit gegenüber anderen Aufenthaltstiteln subsidiär ist, der Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels bei Vorliegen der für diesen Titel erforderlichen Erteilungsvoraussetzungen nicht entgegensteht, sondern allenfalls Anlass für eine nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer der humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG gibt (vgl. Beschluss vom 17. August 2011 - BVerwG 1 C 19.10 - InfAuslR 2011, 431, dort noch offengelassen). Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG entfaltet auch keine generelle Sperrwirkung, im Rahmen der Anwendung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG von einer Atypik auszugehen, welche eine Ausnahme vom Erfordernis der (vollständigen) eigenständigen Sicherung des Lebensunterhalts gebietet. 1.2 Soweit die Beschwerde der Auffassung ist, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Folge habe, dass nunmehr auch den Eltern des Klägers, die bislang nur über eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis verfügten, die Möglichkeit eröffnet werde, zu ihrem minderjährigen Kind "nachzuziehen", und insoweit für klärungsbedürftig hält, "ob eine solche, sich aus der vorliegenden Entscheidung ergebende Nachzugskonstellation über § 36 Abs. 1 AufenthG hinaus, rechtlich möglich sein kann," rechtfertigt dies ebenfalls keine Zulassung der Revision. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Frage, ob dem minderjährigen Kläger eine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug zu erteilen ist. Folgerichtig verhält sich die Berufungsentscheidung nicht zu der Frage etwaiger Konsequenzen für den weiteren Aufenthalt der Eltern. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren daher nicht stellen. 1.3 Soweit die Beschwerde schließlich geklärt haben möchte, "ob die Feststellung des Berufungsgerichts, dass nach § 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG grundsätzlich ein Familiennachzug des minderjährigen Kindes zu seinen Eltern stattfindet, wenn diese über Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 3 AufenthG verfügen," bedarf es ebenfalls keiner Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich ohne Weiteres aus dem Gesetz. Nach §§ 7 und 8 AufenthG wird jede Aufenthaltserlaubnis für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt. Neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach § 5 AufenthG enthalten die §§ 29 ff. AufenthG weitere Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen. Liegen sowohl die allgemeinen als auch die besonderen Erteilungsvoraussetzungen vor, ist dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, eine Aufenthaltserlaubnis zum Kindernachzug zu erteilen, wenn beide Elternteile oder der allein personensorgeberechtigte Elternteil im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind (§ 32 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 AufenthG a.F.; inzwischen: § 32 Abs. 1 AufenthG). Für den Nachzug zu Inhabern einer humanitären Erlaubnis finden sich in § 29 Abs. 3 AufenthG Sonderregelungen. Danach darf dem minderjährigen Kind eines Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 22, 23 Abs. 1 oder § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 oder Abs. 3 besitzt, die Aufenthaltserlaubnis nur aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik erteilt werden (§ 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG), während in den Fällen des § 25 Abs. 4 bis 5, § 25a Abs. 1 und 2, § 104a Abs. 1 Satz 1 und § 104b AufenthG ein Familiennachzug nicht gewährt wird (§ 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG). Damit ist ein Familiennachzug nur zu Inhabern der in § 29 Abs. 3 Satz 3 AufenthG aufgezählten humanitären Aufenthaltserlaubnisse generell ausgeschlossen. Zu den Inhabern der in § 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG aufgezählten humanitären Aufenthaltserlaubnisse ist ein Familiennachzug hingegen grundsätzlich möglich, setzt aber zusätzlich zu den sonstigen Nachzugsvoraussetzungen voraus, dass die nachziehende Person die Voraussetzungen für eine Aufnahme aus dem Ausland aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erfüllt (BTDrucks 15/420 S. 81). Dies ändert nach dem Trennungsprinzip aber nichts daran, dass dem Nachziehenden auch in den von § 29 Abs. 3 Satz 1 AufenthG erfassten Fällen eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen erteilt wird, die auf Grund der entsprechenden Anwendung des § 26 Abs. 4 AufenthG (vgl. § 29 Abs. 3 Satz 2 AufenthG) in ihrer Verfestigung allerdings weiteren Sonderregelungen unterliegt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. 2. Die von der Beschwerde behauptete Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 - BVerwG 1 C 12.12 - (a.a.O.) ist schon nicht entsprechend den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten und seine Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt hierfür nicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 m.w.N.). Der Hinweis der Beschwerde, das Berufungsgericht hätte auf Grund des im vorliegenden Fall gegebenen Sachverhalts zu einem anderen Ergebnis kommen müssen, vermag daher keine Divergenz zu begründen. 3. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020225&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020226
BVerwG
2. Senat
20140320
2 B 59/12
Beschluss
§ 86 Abs 1 VwGO, § 98 VwGO, § 404a ZPO
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 8. Mai 2012, Az: 3 B 09.2896, Beschluss
DEU
Sachverständigengutachten; Beurteilungsmaßstäbe; Leitung der Tätigkeit des Sachverständigen; Aufklärungspflichtverstoß
Die Beschwerde der Klägerin hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil die Berufungsentscheidung auf einem Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) beruhen kann. Die 1959 geborene Klägerin - eine Oberstudienrätin im Dienst des Beklagten - erlitt im Februar 1996 und im Dezember 1997 als solche anerkannte Dienstunfälle, bei denen jeweils ein Hals-Wirbelsäulen-Schleudertrauma diagnostiziert worden war. Im September 2003 rutschte sie beim Schließen eines Fensters in der Schule von einem Stuhl ab und hielt sich zwei bis drei Minuten mit der rechten Hand am Fenstergriff hängend fest. Der Beklagte erkannte dies als weiteren Dienstunfall mit der Dienstunfallfolge "Schulterdistorsion rechts" an. 2005 stellte der Beklagte fest, dass bei der Klägerin 2004 darüber hinaus festgestellte Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule und Schulter (frozen shoulder) nicht auf den bereits als Dienstunfälle anerkannten Ereignissen beruhten. Zugleich forderte er für die Jahre 2004 bis 2005 vorläufig gewährte dienstunfallbedingte Heilbehandlungskosten zurück. Die Klage, die vorrangig auf die Anerkennung der Schäden im Bereich der Halswirbelsäule und der rechten Schulter als Dienstunfallfolgen gerichtet ist, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben, weil sich ein Kausalzusammenhang der Schäden mit dem Unfallgeschehen nicht nachweisen lasse. 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Die nach § 133 Abs. 3 VwGO erforderliche Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft und darlegt, dass diese Rechtsfrage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr. vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Bei der von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Frage, ob ein Verwaltungsgericht sein Urteil auf ein Sachverständigengutachten stützen kann, welches in wesentlichen Teilen auf einem Interneteintrag Wikipedia beruht, ohne das dies vom Sachverständigen erläutert wurde, handelt es sich nicht um eine Frage der Auslegung revisiblen Rechts, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Bei den vom Sachverständigen herangezogenen fachorthopädischen Beurteilungsmaßstäben handelt es sich um tatsächliche medizinische Aussagen. Sie haben keinen normativen Charakter. Insoweit fehlt es an Rechtsnormen, die das Revisionsgericht als Maßstab für seine Nachprüfung heranziehen darf (vgl. hierzu auch Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 14 = NVwZ 2012, 641; Beschlüsse vom 1. April 2009 - BVerwG 2 B 90.08 - juris Rn. 6 und vom 8. Januar 2013 - BVerwG 5 B 9.12 - juris Rn. 5). Dies gilt unabhängig von der inhaltlichen Qualität eines Sachverständigengutachtens und der in Bezug genommenen Quellen. Im Übrigen ergeben sich nur für die theoretischen Ausführungen im Gutachten zur Schultersteife (frozen shoulder) auf zwei Seiten (Bl. 17 - 19 des Gutachtens) des 27-seitigen Gutachtens auffällige Übereinstimmungen mit dem entsprechenden Wikipedia Eintrag. 2. Allerdings hat die Klägerin einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bezeichnet, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO obliegt den Tatsachengerichten die Pflicht, jede mögliche Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts bis zur Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern dies für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist (vgl. Urteile vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <41> und vom 6. Oktober 1987 - BVerwG 9 C 12.87 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 1). Dabei entscheidet das Tatsachengericht über die Art der heranzuziehenden Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen nach Ermessen. Dies gilt auch für die Einholung von Gutachten oder die Ergänzung vorhandener Gutachten oder Arztberichte und selbst dann, wenn eine solche Maßnahme der Sachverhaltsermittlung von einem Beteiligten angeregt worden ist (z.B. Urteil vom 6. Oktober 1987 a.a.O. S. 42; Beschlüsse vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 16 und vom 26. September 2012 - BVerwG 2 B 97.11 - juris Rn. 4). Ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO liegt vor, wenn sich das Gericht zur Klärung einer entscheidungserheblichen Frage mit einem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten begnügt, das wegen fachlicher Mängel nicht verwertet werden kann. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - ZBR 2008, 257 <259 f.> und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 Rn. 7 = NJW 2009, 2614). Nach § 98 VwGO i.V.m. § 404a ZPO leitet das Gericht die Tätigkeit des Sachverständigen. Bei einem medizinischen Gutachten muss das Gericht dem Gutachter sämtliche Anknüpfungstatsachen, insbesondere Krankenunterlagen oder Stellungnahmen der behandelnden Ärzte, übermitteln und ihn anhalten, sich mit diesen fachkundigen Stellungnahmen auseinanderzusetzen. Weicht der Sachverständige von einer solchen Stellungnahme ab, so muss er im Gutachten auf diese fachkundige Äußerung eingehen und den Grund für sein abweichendes Ergebnis nachvollziehbar darlegen. Andernfalls ist das Gutachten unvollständig und deshalb fehlerhaft (Beschluss vom 30. Juni 2010 - BVerwG 2 B 72.09 - juris Rn. 6). Nach diesen Grundsätzen durfte der Verwaltungsgerichtshof die von der Klägerin wiederholt mit konkreten Sachverhaltsfragen vorgetragene Beweisanregung, den Gutachter um mündliche Erläuterung seiner schriftlichen Ausführungen in einer mündlichen Verhandlung zu bitten, nicht mit der im Beschluss dargelegten Begründung ablehnen. a) Der Gutachter verneint eine Kausalität zwischen dem Unfallereignis von Februar 1996 und den bei der Klägerin festgestellten Bandscheibenvorfälle und degenerativen Veränderungen ihrer Halswirbelsäule wegen einer von ihm nach Aktenlage als nur leichtgradig eingeschätzten Hals-Wirbelsäulen-Distorsion. Dabei setzt er sich nicht nachvollziehbar mit den ihm vorliegenden Befunderhebungen des die Klägerin seit dem 22. Februar 1996 behandelnden Orthopäden (Attest vom 15. April 1996: deutliche Bewegungseinschränkung der HWS, insbesondere der Rechtsrotation bei 20 Grad, deutlicher Druckschmerz im Bereich der Trapeziusränder sowie der seitlichen Nackenstränge) auseinander. Auch die Feststellungen desjenigen Arztes, der die Klägerin am 14. und 15. Februar 1996 behandelte, hat der Gutachter nicht berücksichtigt. Der Hinweis des Gutachters in seiner ergänzenden Stellungnahme, es sei nicht seine Aufgabe, nicht in der Akte enthaltene Unterlagen vorbehandelnder Ärzte einzuholen (gemeint ist der Durchgangsarztbericht), ist in diesem Zusammenhang irreführend. Denn in dem ihm vorliegenden eingeholten Vorgutachten von Dr. H. vom 16. Dezember 2004 heißt es: "Neurologisch o.B., Druck- und Bewegungsschmerz paravertebrale HWS-Muskulatur, röntgenologisch Steilstellung der HWS ohne Frakturnachweis, Cephalgie sowie starker Druckschmerz über dem rechten Musculus trapezius". An einer wertenden Auseinandersetzung des Gutachters mit den vorgenannten Anknüpfungstatsachen fehlt es. Hinzu kommt, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht dafür Sorge getragen hat, dass dem Gutachter sämtliche relevanten Anknüpfungstatsachen, insbesondere die im unmittelbaren Anschluss an die Dienstunfälle angefallenen ärztlichen Stellungnahmen und Befunde zur Verfügung gestanden haben. Dies ist jedenfalls für die im Februar 1996 angefallenen ärztlichen Unterlagen betreffend den von der Klägerin damals erlittenen Dienstunfall fehlerhaft unterblieben, obgleich die Klägerin den Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen und um Übersendung an den Gutachter gebeten hatte. Darüber hinaus spricht alles dafür, dass das Gutachten nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht. Denn der Gutachter stützt sich, wie die Klägerin zutreffend rügt, hinsichtlich der Bewertung der von ihr erlittenen HWS-Distorsionen 1996 und 1997 im Wesentlichen auf ältere und jedenfalls partiell überholte Veröffentlichungen von Erdmann (1973/74) und Puhlvers (1984). Zusätzlich enthält der Literaturanhang des Gutachtens zwar Nachweise aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur HWS-Distorsion aus der Zeit von 1985 bis 2001. Hingegen nimmt der Gutachter die von der Klägerin dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten aktuellen "Anhaltspunkte für die Begutachtung von Halswirbelsäulenverletzungen" der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (Stand: 26. Februar 2004) nicht in Bezug. Seine dafür in der ergänzenden Stellungnahme gegebene Erklärung, "manche Sachen" würden "in der Wissenschaft irgendwann nicht mehr untersucht werden, da sie als geklärt gelten", ist in dieser Allgemeinheit schon deshalb nicht tragfähig, weil er für Hals-Wirbelsäulen-Distorsionen mit Puhlvers auf die besondere Bedeutung des "beschwerdefreien Intervalls während der posttraumatischen Frühperiode" einer HWS-Distorsion abstellt. Ein solches "beschwerdefreies Intervall" ist dagegen nach den vorbezeichneten "Anhaltspunkten" der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie 2004 kein Diagnosekriterium. Zur Auflösung dieser Widersprüche wäre die mündliche Erörterung des Gutachtens geeignet und geboten gewesen. b) Die weiter geltend gemachten Aufklärungsmängel hinsichtlich des von der Klägerin im September 2003 erlittenen Dienstunfalls zum Unfallmechanismus, zur Schultersteife, zu einem Impingement der rechten Schulter und ihrer Instabilität sowie zu der in der Folge im März 2004 durchgeführten chiropraktischen Behandlung genügen den Substantiierungsanforderungen nach § 133 Abs. 3 Satz 2 VwGO nicht. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020226&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020227
BVerwG
2. Senat
20140317
2 B 45/13
Beschluss
§ 22 JAG SL, Art 33 Abs 5 GG
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 21. Februar 2013, Az: 1 A 123/12, Urteil
DEU
Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare; Rückforderung; Bruttoprinzip
Der Rechtsstreit betrifft die Gewährung der Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. 1. Der Kläger absolvierte als Rechtsreferendar den juristischen Vorbereitungsdienst im Saarland, zeitgleich übte er zusätzlich eine Nebentätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei aus. Auf seine Nebentätigkeitsanzeige hin hatte ihn der Beklagte darauf hingewiesen, dass Einkünfte aus der Nebentätigkeit auf die für die Durchführung des Vorbereitungsdienstes gewährte Unterhaltsbeihilfe (hier monatlich 1 004,27 € brutto) angerechnet werden, soweit sie 150 v.H. der jeweiligen Unterhaltsbeihilfe übersteigen. Nach Vorlage seiner Verdienstbescheinigungen forderte der Beklagte die gewährte Unterhaltsbeihilfe für vier Monate des Jahres 2010 teilweise zurück. Die hiergegen gerichteten Widersprüche blieben erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Bescheide aufgehoben, weil der Beklagte das ihm zur Ausübung einer Billigkeitsentscheidung eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Insbesondere habe berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger wegen seiner deutlich über der Anrechnungsgrenze liegenden Nebentätigkeitsvergütung im Ergebnis schlechter gestellt sei, als ein Referendar, der die Anrechnungsgrenze knapp einhalte. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage auf die Berufung des Beklagten abgewiesen. Die mögliche Schlechterstellung des Klägers sei eine Folge des vom Gesetzgeber gewählten Bruttoprinzips bei der Festsetzung der Anrechnungsgrenze und könne im Rahmen der Billigkeitsentscheidung daher nicht ausgeglichen werden. Im Übrigen stamme die Überzahlung nicht aus dem Verantwortungsbereich des Beklagten. 2. Die Beschwerde hat keinen Verfahrensmangel des angegriffenen Urteils aufgezeigt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). a) Das Oberverwaltungsgericht hat nicht dadurch gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen, dass es dem Kläger keine Gelegenheit zur Stellungnahme zum Schriftsatz des Beklagten vom 19. Februar 2013 gegeben hat. Auf die darin enthaltenen Ausführungen ist das zwei Tage später ergangene Urteil nicht gestützt. Art. 103 Abs. 1 GG gibt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor deren Erlass äußern zu können. Gelegenheit zur Äußerung muss daher grundsätzlich zu jedem dem Gericht unterbreiteten Vortrag gegeben werden, soweit er für die Entscheidung erheblich ist. Dementsprechend darf das Gericht nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse verwerten, zu denen sich die Verfahrensbeteiligten vorher äußern konnten (BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juni 1985 - 2 BvR 414/84 - BVerfGE 70, 180 <189>, vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765/89 u.a. - BVerfGE 89, 381 <392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129> m.w.N.). Hiergegen hat das Oberverwaltungsgericht nicht verstoßen, weil es die im Schriftsatz vom 19. Februar 2013 enthaltenen Ausführungen seiner Entscheidung nicht zugrunde gelegt hat. Das benannte Schreiben enthält ausschließlich Ausführungen des Beklagten zu der Frage, ob bei der nachträglichen Zustellung der Widerspruchsbescheide nur Kopien übermittelt worden sind oder die Bescheide mit schwarzem Kugelschreiber unterzeichnet waren. Diese Frage war für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht von Bedeutung, weil es bereits den Empfang einer Kopie für ausreichend gehalten hat. Es ist auch weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Entscheidung auf dem gerügten Unterlassen beruhen könnte. b) Damit zeigt die Beschwerde auch nicht auf, dass der Senat des Oberverwaltungsgerichts bei seiner Entscheidung über die Berufung des Klägers nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sein könnte. Die Beschwerde leitet gegen den Senat des Oberverwaltungsgerichts eine Besorgnis der Befangenheit daraus her, dass dieser den vorerwähnten Schriftsatz verwertet habe, ohne dem Kläger zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben. Unabhängig davon, dass auch eine unrichtige Sachbehandlung des Gerichts - ihr Vorliegen unterstellt - für sich allein genommen nicht geeignet wäre, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen (vgl. Beschluss vom 7. April 2011 - BVerwG 3 B 10.11 - juris Rn. 5 m.w.N.), war die Verfahrensweise - wie dargestellt - nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass sich das Gericht Kenntnis vom Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens 2 BvR 866/11 verschafft hat. Nachdem der Kläger selbst auf das anhängige Verfahren hingewiesen und im Hinblick hierauf eine Aussetzung des Verfahrens beantragt hatte (Schriftsatz vom 28. August 2011), war dies vielmehr sachlich geboten. c) Schließlich ist auch kein Begründungsmangel der angegriffenen Entscheidung aufgezeigt. Nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind in dem Urteil die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht ist aber nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Dies gilt insbesondere für Fragen, die für die Entscheidung nicht von Bedeutung sind. Die Beschwerde vermisst Ausführungen des Berufungsgerichts zur zutreffenden Spruchkörperbesetzung im Verfahren der ersten Instanz. Diese Frage war indes für die Berufungsinstanz nicht entscheidungserheblich. Die unzutreffende Besetzung des Verwaltungsgerichts kann zwar - ihr Vorliegen unterstellt - zur Eröffnung des Berufungsverfahrens führen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO); sie ist für den Erfolg der Berufung selbst indes ohne Belang. Angesichts der umfassenden Prüfung durch das Berufungsgericht (§ 128 VwGO) wirkt ein etwaiger Verfahrensverstoß des Verwaltungsgerichts in der Berufungsinstanz grundsätzlich auch nicht fort (vgl. Urteil vom 3. Juni 2010 - BVerwG 9 C 4.09 - BVerwGE 137, 105 = Buchholz 310 § 113 Abs. 2 VwGO Nr. 2, jeweils Rn. 15 m.w.N.; Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 2 B 127.09 - juris Rn. 5). Die angegriffene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts könnte auf einer etwaigen Fehlbesetzung des Verwaltungsgerichts daher auch nicht beruhen. 3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen zur näheren Ausgestaltung des juristischen Vorbereitungsdienstes als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- bzw. Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt oder lassen sich auf Grundlage vorhandener Entscheidungen dieser Gerichte auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten (vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 m.w.N.). Dabei bezieht sich die Prüfung nicht nur auf die Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), sondern erstreckt sich auch auf für revisibel erklärtes Landesrecht (vgl. § 127 Nr. 2 BRRG, der gemäß § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG nicht außer Kraft getreten ist). Zwar handelt es sich bei dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis für Rechtsreferendare nach § 21 Abs. 1 des saarländischen Gesetzes Nr. 1228 über die juristische Ausbildung vom 6. Juli 1988 in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Januar 2004 (ABl S. 78; zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2009, ABl S. 514 - JAG -) nicht um ein Beamtenverhältnis im Sinne von § 127 BRRG (vgl. Urteil vom 30. April 1992 - BVerwG 2 C 6.90 - BVerwGE 90, 147 <149> = Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 8 S. 13 sowie Beschluss vom 1. September 1992 - BVerwG 2 NB 1.92 - Buchholz 230 § 127 BRRG Nr. 53 jeweils m.w.N.). Durch die in § 22 Abs. 5 JAG getroffene Anordnung, nach der für den Rechtschutz der Rechtsreferendare die §§ 126 und 127 BRRG entsprechend gelten, hat der saarländische Gesetzgeber aber die Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts auf die Anwendung landesrechtlicher Vorschriften erstreckt. Diese Regelung wird durch Art. 99 GG gedeckt (BVerfG, Beschluss vom 2. Februar 1960 - 2 BvF 5/58 - BVerfGE 10, 285 <292 f., 301 f.>; BVerwG, Beschlüsse vom 13. Januar 1961 - BVerwG 7 P 3.60 - BVerwGE 11, 336 <337> und vom 12. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 34.11 - Buchholz 310 § 187 VwGO Nr. 3 Rn. 5 m.w.N.). a) In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist bereits geklärt, dass der Vorbereitungsdienst auch so organisiert werden kann, dass er in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis abgeleistet wird, das nicht ein Beamtenverhältnis ist (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <372>). Auch §§ 5, 5b DRiG bestimmen nicht in welchem Rechtsverhältnis der Vorbereitungsdienst zu gestalten ist. Für Referendare im Ausbildungsverhältnis gilt der Alimentationsgrundsatz aus Art. 33 Abs. 5 GG nicht (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1972 - 2 BvR 704/70 - BVerfGE 33, 44 <50>; Kammerbeschlüsse vom 3. Juli 2007 - 2 BvR 733/06 - juris Rn. 4 und vom 24. September 2007 - 2 BvR 442/06 - FamRZ 2007, 1956 Rn. 10). Dem Anwärter wird kein Amt im statusrechtlichen Sinn übertragen. Das zeitlich beschränkte Dienstverhältnis wird zum Zwecke der Ausbildung begründet, wobei der Anwärter während der Zeit der Ausbildung für seinen Dienstherrn nur eine beschränkte Dienstleistung erbringt. Deshalb sind die dem Anwärter gewährten Bezüge nicht auf Vollalimentation ausgelegt, sondern stellen lediglich eine Hilfe zur Bestreitung des Lebensunterhalts während der Ausbildungszeit dar. Eine volle Absicherung des Lebensunterhalts des Anwärters und seiner Familie ist damit nicht beabsichtigt. Die gewährte Unterhaltsbeihilfe findet ihre Rechtsgrundlage vielmehr in der Fürsorgepflicht (Beschluss vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 2 B 43.09 - juris Rn. 6 m.w.N.). Dies gilt für Anwärter, die nicht in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen wurden, sondern in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis tätig werden, erst recht. Bei der Ausgestaltung der Anwärterbezüge steht dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zur Verfügung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Oktober 1992 - 2 BvR 1318/92 - NVwZ 1993, 467; BVerwG, Beschluss vom 31. Januar 1989 - BVerwG 2 B 2.89 - Buchholz 240 § 61 BBesG Nr. 1 S. 1). Er ist auch nicht daran gehindert, Einkünfte aus einer genehmigten Nebentätigkeit auf die gewährte Unterhaltsbeihilfe anzurechnen (BVerfG, Beschluss vom 12. April 1972 a.a.O. S. 48 ff.; BVerwG, Urteil vom 3. September 1970 - BVerwG 2 C 34.69 - BVerwGE 36, 61 <65 ff.>; vgl. zur Intention, Anreize für ein erhöhtes Maß von Nebentätigkeiten während der Ausbildung zu vermeiden: Beschluss vom 8. Dezember 2009 - BVerwG 2 B 43.09 - juris Rn. 8; OVG Hamburg, Urteil vom 19. Januar 2009 - 1 Bf 69/05 - VR 2009, 427 = juris Rn. 65). b) Auch die weitere Frage, ob es mit dem Wesentlichkeitsprinzip vereinbar ist, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber keine Vorgaben für die Höhe der Unterhaltsbeihilfe macht, ist nicht klärungsbedürftig. Die Unterhaltsbeihilfe stellt keine Besoldung im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 BBesG dar, die gemäß § 2 Abs. 1 BBesG durch Gesetz geregelt werden muss. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Höhe der gewährten Unterhaltsbeihilfe selbst durch Gesetz vorzugeben, folgt auch nicht aus dem Wesentlichkeitsgrundsatz. Nach der sogenannten Wesentlichkeitstheorie verpflichten das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes den Gesetzgeber, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und nicht der Verwaltung zu überlassen (BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24 <58>). Ob eine Entscheidung wesentlich ist und damit dem Parlament selbst vorbehalten bleiben muss oder zumindest nur aufgrund einer inhaltlich bestimmten parlamentarischen Ermächtigung ergehen darf, richtet sich zunächst nach dem Grundgesetz (BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 - 1 BvL 1/75 u.a. - BVerfGE 47, 46 <79>). Auch wesentliche Entscheidungen für die Verwirklichung des Grundgesetzes muss der Gesetzgeber nicht selbst in allen Einzelheiten treffen. Dem Parlamentsvorbehalt genügt auch eine gesetzliche Verordnungsermächtigung, die Inhalt, Zweck und Ausmaß der delegierten Regelungsbefugnis hinreichend bestimmt (vgl. Art. 104 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Saarlandes). Demgemäß ist etwa die Übertragung der Festlegung von Höchstaltersgrenzen für die Einstellung in ein Beamtenverhältnis auf den Verordnungsgeber in der Rechtsprechung gebilligt worden (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 <65> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 Rn. 26). Die Festsetzung der Höhe der für Rechtsreferendare in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis gewährten Unterhaltsbeihilfe bewirkt keinen Eingriff in Grundrechte oder andere verfassungsrechtliche Positionen - wie den durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Grundsatz der Bestenauswahl (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 <145> = Buchholz 237.7 § 15 NW LBG Nr. 6 Rn. 10 f.). Die Bestimmung des gewährten Unterhaltszuschusses beinhaltet vielmehr eine Regelung zur Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses. Die grundlegenden Entscheidungen hierzu - einschließlich derjenigen, nur eine Unterhaltsbeihilfe unter Berücksichtigung eines familiären Mehrbedarfs zu gewähren - hat der saarländische Gesetzgeber in § 22 Abs. 1 JAG selbst getroffen. Für die Regelung der Einzelheiten enthält § 22 Abs. 1 Satz 4 JAG eine Verordnungsermächtigung. Diese Regelungstechnik begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Eine Ermächtigung zum Erlass von Vorschriften über die Unterhaltsbeihilfe von Rechtsreferendaren befugt den Verordnungsgeber zum Erlass derjenigen Vorschriften, durch die herkömmlicherweise dieser Unterhaltszuschuss gestaltet wird. Hierzu gehört auch die Festsetzung der jeweils auszuzahlenden Höhe. § 22 Abs. 1 Satz 4 JAG ist durch den Gesamtzusammenhang, in dem die Ermächtigung steht, daher nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1972 - 2 BvR 704/70 - BVerfGE 33, 44 <49>). Anhaltspunkte dafür, dass für die Festsetzung der Höhe der Rechtsreferendaren gewährten Unterhaltsbeihilfe unter dem Gesichtspunkt der Wesentlichkeit gesteigerte Anforderungen an die gesetzliche Ausgestaltung gelten müssten, sind nicht ersichtlich. c) Gesetz- und Verordnungsgeber waren auch nicht verpflichtet, den Rechtsstatus und die finanzielle Unterstützung von Rechtsreferendaren einerseits und Studienreferendaren andererseits identisch auszugestalten. Zwar dient das im staatlichen Ausbildungsmonopol stehende Referendariat in beiden Fällen primär der Berufsausbildung der Anwärter. Zwischen beiden Personengruppen bestehen aber sachliche Unterschiede, die eine Differenzierung möglich machen. Die Berufung von Studienreferendaren in das Beamtenverhältnis auf Widerruf findet einen sachlichen Grund bereits darin, dass ihnen auch schon im Vorbereitungsdienst die eigenständige Ausübung hoheitlicher Aufgaben übertragen ist. Während Rechtsreferendare im hoheitlichen Bereich nur unter Aufsicht tätig werden dürfen (§§ 10, 142 Abs. 3 GVG), übernimmt der Studienreferendar auch eigenverantwortlich Unterricht und Lernerfolgskontrollen (§ 33 Abs. 1 Satz 2, § 37 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 3 und 4 der saarländischen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen vom 22. September 1981, ABl S. 737, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Januar 2013, ABl I S. 27). Der eigenverantwortliche Unterricht beträgt dabei für die Dauer eines vollen Schuljahres 10 Wochenstunden und ist fester Bestandteil der Unterrichtsverteilung der Schule, an der der Studienreferendar eingesetzt wird. Trotz seines Ausbildungsverhältnisses nimmt der Studienreferendar damit eine eigenständige Aufgabe im Rahmen des staatlichen Schulwesens wahr (vgl. hierzu auch Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Beschluss vom 20. August 2012 - Lv 11/11 - S. 13 f.). Dies muss zwar nicht zwingend in einem Beamtenverhältnis erfolgen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <267>), Lehrkräfte werden in vielen Ländern aber traditionell verbeamtet. Ein stärkerer Bezug der Studienreferendare zur hoheitlich geprägten Sphäre folgt auch daraus, dass der Vorbereitungsdienst hier ganz überwiegend an öffentlichen Schulen stattfindet, während Rechtsreferendare große Teile ihrer Ausbildung an nicht staatlichen Stellen absolvieren (§ 5b Abs. 2 Nr. 4 DRiG, § 24 Abs. 2 Nr. 1, 5 und 6 JAG). Schließlich werden Studienreferendare nach Abschluss ihrer Ausbildung regelmäßig auch zu weit größeren Teilen im öffentlichen Dienst beschäftigt, als dies bei Rechtsreferendaren der Fall ist, die nur zu einem geringeren Teil eine Anstellung bei staatlichen Stellen finden. d) Die grundsätzliche Zulässigkeit dynamischer Verweisungen von Landesrecht auf Bundesrecht ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt (vgl. etwa Beschluss vom 1. März 1978 - 1 BvR 786/70 u.a. - BVerfGE 47, 285 <312>). Weitgehenden Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf. e) Die Beantwortung der Frage, ob die Anrechnung der Nebentätigkeitsvergütung auf Grundlage der Bruttobeträge erfolgen darf, rechtfertigt die Durchführung eines Revisionsverfahrens ebenfalls nicht. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass bei der Festsetzung der Dienst- und Versorgungsbezüge grundsätzlich das Bruttoprinzip gilt (vgl. zuletzt Urteil vom 31. Mai 2012 - BVerwG 2 C 18.10 - Buchholz 449.4 § 53 SVG Nr. 1 Rn. 27). Gleiches hat für die Unterhaltsbeihilfe der Rechtsreferendare nach § 22 JAG zu gelten. Die Vorschrift knüpft in vielfältiger Weise an die beamtenrechtlichen Normen an und verweist hinsichtlich der Anrechnung von Nebentätigkeitsvergütungen ausdrücklich auf die einschlägigen Bestimmungen des Saarländischen Beamtengesetzes (§ 22 Abs. 4 Satz 2 JAG). Auch dort gilt für die Ablieferungspflicht von Nebentätigkeitsvergütungen das Bruttoprinzip (§ 92 Nr. 3 SBG i.V.m. § 9 der Saarländischen Nebentätigkeitsverordnung vom 27. Juli 1988, ABl S. 841, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. November 2007, ABl S. 2393). Der Umfang der Überzahlung, die nach § 6 Satz 1 der Saarländischen Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare vom 15. Juni 2001 (ABl S. 1224, zuletzt geändert durch Verordnung vom 17. August 2009, ABl S. 1450) zurückzufordern ist, besteht daher in der Differenz der Brutto-Unterhaltsbeihilfe, die der Beklagte seiner tatsächlichen Auszahlung zugrunde gelegt hat, und dem Bruttobetrag, die dem Kläger nach materiellem Recht zugestanden hätte (vgl. Urteil vom 8. Oktober 1998 - BVerwG 2 C 21.97 - Buchholz 239.1 § 55 BeamtVG Nr. 25 S. 13). Soweit der Kläger die Klärung der ordnungsgemäßen Rechtsanwendung anmahnt, richtet sich diese Rüge gegen deren Richtigkeit im Einzelfall und ist nicht geeignet, einer Grundsatzrüge zum Erfolg zu verhelfen. Entsprechendes gilt für die Anwendung der Billigkeitsvorschrift aus § 6 Satz 3 der benannten Unterhaltsbeihilfeverordnung (zum vorrangigen steuerrechtlichen Ausgleich bereits versteuerter Überzahlungen vgl. auch Urteil vom 8. Oktober 1998 a.a.O. S. 15).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020227&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020228
BVerwG
5. Senat
20140312
5 B 48/13
Beschluss
§ 1 Abs 4 AusglLeistG, § 96 Abs 1 S VwGO, § 98 VwGO, § 108 Abs 1 S 1 VwGO, § 173 VwGO, § 295 Abs 1 ZPO, § 295 Abs 2 ZPO, § 359 ZPO, § 450 Abs 1 ZPO, § 450 Abs 2 ZPO
vorgehend VG Dresden, 23. Januar 2013, Az: 6 K 1811/11, Urteil
DEU
Verfahrensmangel bei Beteiligtenvernehmung; Verlust des Rügerechts
Die Beanstandungen, das Verwaltungsgericht habe die Vernehmung eines Beteiligten ohne Beweisbeschluss und unter Verstoß gegen das Gebot der Subsidiarität der Beteiligtenvernehmung durchgeführt, sind nicht inhaltlich zu überprüfen, wenn die Voraussetzungen eines Verlustes des Rügerechts nach § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO vorliegen.
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. 1. Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Daran gemessen verhelfen die vom Beklagten aufgeworfenen Fragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung der Beschwerde nicht zum Erfolg. a) Der Beklagte möchte die Frage beantwortet wissen: "Kann eine möglicherweise zeitweise oder teilweise 'Verbesserung' der Ernährungslage einer Gruppe von Ostarbeiter(n) an manchen Tagen oder zu manchen Tageszeiten die von einer anderen Kammer des gleichen Gerichts festgestellten grundsätzlich menschenunwürdigen Lagerbedingungen, denen die Zwangsarbeiter ansonsten unterworfen waren, in einem solchen hohen Maße relativieren, dass damit die Vermutung, dass alle in dem Sammellager untergebrachten Ostarbeiter einer menschenunwürdigen Behandlung unterlagen, widerlegt sein könnte, so dass dem betreffenden Betriebsinhaber im Ergebnis Verstöße gegen die Menschlichkeit nicht entgegengehalten werden dürfen?" Mit dieser Frage ist ein grundsätzlicher Klärungsbedarf nicht aufgezeigt. Nach § 1 Abs. 4 des Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG -) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Juli 2004 (BGBl I S. 1665), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. März 2011 (BGBl I S. 450), werden Leistungen nach diesem Gesetz unter anderem nicht gewährt, wenn der Berechtigte oder derjenige, von dem er das Recht ableitet oder das enteignete Unternehmen gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grundsätze geklärt, die der Beantwortung der Frage zugrunde zu legen sind, ob die Beschäftigung von Zwangsarbeitern, die unter die so genannten Ostarbeitererlasse fielen, mit einer Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit einhergingen (vgl. Urteile vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 38.05 - BVerwGE 128, 155 Rn. 37, 43 f., 46 f., 57 f. und 61 sowie - BVerwG 3 C 13.06 - ZOV 2007, 69 Rn. 30, 35 f., 38 f. und 44 f.; Beschluss vom 11. Dezember 2012 - BVerwG 5 B 78.12 - juris Rn. 4). Nach dieser Rechtsprechung wird ein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Verhalten durch die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus geltenden Gesetze oder solche obrigkeitsrechtlichen Anordnungen oder Befehle, denen nach nationalsozialistischer Ideologie Gesetzesrang zuerkannt wurde, formal erlaubt oder von der Strafverfolgung ausgenommen war. Speziell eine Mitwirkung an der zwangsweisen Rekrutierung und Verschleppung ausländischer Arbeiter auf der Grundlage der Ostarbeitererlasse verletzt regelmäßig die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit. Hingegen kann aus der bloßen Anforderung von Zwangsarbeitern zum Einsatz in Unternehmen und auch aus deren Beschäftigung in einem Rüstungsbetrieb noch kein Verstoß hergeleitet werden. Es gehört jedoch zu den bei der richterlichen Beweiswürdigung zu berücksichtigenden allgemeinkundigen historischen Erkenntnissen, dass die Mehrheit der ausländischen Zwangsarbeiter, insbesondere die sogenannten Ostarbeiter, bei der Beschäftigung in deutschen Unternehmen vielfach unter menschenunwürdigen Bedingungen leben und arbeiten mussten. Im zeithistorischen Schrifttum ist anerkannt, dass die Unternehmen bei der Behandlung der ausländischen Zwangsarbeiter durchaus Handlungsspielräume hatten und dass jedenfalls ein Teil der Unternehmen diese Handlungsspielräume auch zugunsten der bei ihnen beschäftigten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter nutzten. Damit ist auch geklärt, dass die "bloße Befolgung" der Ostarbeitererlasse nicht zur Entlastung im Hinblick auf den Vorwurf der Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit dienen kann und es einer tatrichterlichen Überprüfung bedarf, ob das Unternehmen die ihm zur Verfügung stehenden Spielräume zu einer menschenwürdigen Behandlung der ausländischen Zwangsarbeiter genutzt hat (vgl. Beschluss vom 11. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 5). Der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nicht zu entnehmen, dass die positive Feststellung besonders negativer Bedingungen Voraussetzung für eine Verletzung der Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit ist (vgl. Beschluss vom 21. Juli 2009 - BVerwG 5 B 42.09 - juris Rn. 2). Die hier in Rede stehende Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil mit ihr ein über die aufgezeigten Grundsätze hinausgehender Klärungsbedarf nicht dargetan wird. Das Verwaltungsgericht hat dem angefochtenen Urteil erkennbar diese Maßstäbe zugrunde gelegt. Es ist von dem Gesamtbefund einer menschenverachtenden Lage der zwangsweise beschäftigten Ostarbeiter ausgegangen und hat unter Beachtung der ihm obliegenden Verpflichtung zu einer differenzierenden Betrachtungsweise auf der Grundlage tatrichterlich festgestellter und gewürdigter Umstände des Einzelfalles angenommen, der Rechtsvorgänger des Klägers bzw. die von ihm geleiteten Unternehmen habe bzw. hätten bestandene Spielräume zugunsten der Ostarbeiter genutzt, indem eine bessere Ernährung bzw. Verpflegung als üblich ermöglicht worden sei. Die auf diese Annahme zielende Frage ist einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Sie bezieht sich auf das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht auf der Grundlage der von ihm im Einzelfall getroffenen Feststellungen und Würdigungen gelangt ist. Eine Frage wird nicht dadurch zu einer "grundsätzlichen" im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass eine auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles von der Vorinstanz getroffene Annahme in abstrakte Frageform gekleidet wird. So liegt es hier. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Frage auch deshalb nicht zur Zulassung führt, weil sie von einer Voraussetzung ausgeht, auf der das angefochtene Urteil nicht beruht, so dass sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde. Ihr liegt die Annahme zugrunde, das Verwaltungsgericht habe die "Vermutung", alle in einem Sammellager untergebrachten Ostarbeiter hätten einer menschenunwürdigen Behandlung unterlegen, als widerlegt angesehen. Dies ist wohl nicht der Fall. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die zwangweise beschäftigten Ostarbeiter in besonderer Weise rechtlos gestellt und weitestgehend gedemütigt wurden. Sie hat sich insoweit ausdrücklich die Erwägungen des Verwaltungsgerichts Dresden in dem Urteil vom 24. Februar 2009 (7 K 1196/06) zu eigen gemacht. In jener Entscheidung wird der Sache nach begründet, dass von einem Gesamtbefund einer "menschenverachtenden Lage" auch der Ostarbeiter auszugehen ist und dass in dem dem Urteil zugrunde liegenden Einzelfall keine Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine bessere Lage der in dem Unternehmen beschäftigten Zwangsarbeiter hindeuten. Dem kann eine Vermutung im Sinne der von dem Beklagten gestellten Frage, insbesondere eine "tatsächliche Vermutung" (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 26 f.), schwerlich entnommen werden (vgl. Beschluss vom 21. Juli 2009 a.a.O. Rn. 4 f. zu VG Dresden, Urteil vom 24. Februar 2009 - 7 K 1196/06 -). b) Auch die zweite von dem Beklagten aufgeworfene Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Der Beklagte möchte die Frage beantwortet wissen: "Ist bereits die Abwesenheit nachgewiesener Misshandlungen, d.h. von solchen, die über die durch die Ostarbeitererlasse normierte 'Schlechtbehandlung' (Verschleppung zur Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen, fortdauernde Freiheitsberaubung, Entzug aller Bürgerrechte, ständige Lebensbedrohung, Auslieferung an permanente Willkür, diskriminierende Behandlung, Ernährung und Entlohnung, Abwesenheit jeglicher Arbeitsschutzbestimmungen usw.) hinausgehen, als ein 'positives Nutzen von Spielräumen' anzusehen, sodass schon deshalb nicht von einem Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit auszugehen ist?" Die so formulierte Frage verhilft der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre. Soweit das Verwaltungsgericht es als ein Nutzen von Spielräumen angesehen hat, dass keine Misshandlungen von Ostarbeitern in den Firmen des G. T. oder im Ostarbeiterlager hätten festgestellt werden können, bezieht sich diese Aussage ausdrücklich auf solche Misshandlungen, "die aufgrund des Ostarbeitererlasses ohne Weiteres möglich gewesen wären" (UA S. 10 Abs. 1). Die von dem Beklagten aufgeworfene Frage hat hingegen Misshandlungen zum Gegenstand, die über die durch die Ostarbeitererlasse normierte "Schlechtbehandlung" hinausgingen. Im vorliegenden Zusammenhang ist ohne Bedeutung, ob - was der Beklagte verneint - die Ostarbeitererlasse ein Züchtigungsrecht vorsahen. Zum einen bezieht sich die hier interessierende Annahme in dem angefochtenen Urteil auf "Misshandlungen" und nicht speziell auf Züchtigungen. Zum anderen zielt die hier in Rede stehende Frage nicht darauf, ob die Ostarbeitererlasse ein Züchtigungsrecht zuließen. Die Möglichkeit, dass das Verwaltungsgericht den Inhalt der Ostarbeitererlasse hinsichtlich "zugelassener" Misshandlungen fehlerhaft bestimmt hat, rechtfertigt nicht die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung. 2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Mit der Rüge, die Vorinstanz habe das materielle Recht fehlerhaft ausgelegt und/oder angewandt, kann ein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in zulässiger Weise nicht begründet werden. a) Soweit der Beklagte verfahrensrechtliche Mängel im Zusammenhang mit der Vernehmung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht geltend macht, führt dies nicht zum Erfolg der Beschwerde. aa) Die Beschwerde ist nicht deshalb begründet, weil das Verwaltungsgericht den Kläger ohne förmlichen Beweisbeschluss vernommen hat. Das Verwaltungsgericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung am 23. Januar 2013 vernommen. Dabei handelte es sich nicht um eine persönliche (informatorische) Anhörung nach § 103 Abs. 3 VwGO oder § 104 Abs. 1 VwGO. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung und der Urteilsgründe wurde der Kläger im Rahmen einer "förmlichen Parteivernehmung" befragt. Im Verwaltungsgerichtsverfahren ist die Beteiligtenvernehmung ("Parteivernehmung") nach Maßgabe von § 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO und § 98 VwGO i.V.m. §§ 450 ff. ZPO zulässig. Sie setzt nach § 98 VwGO i.V.m. § 450 ZPO einen den Anforderungen des § 359 ZPO genügenden Beweisbeschluss voraus (vgl. Beschluss vom 16. Mai 2013 - BVerwG 9 B 6.13 - NVwZ 2013, 1160 Rn. 27; Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 98 Rn. 247 m.w.N.). Ein solcher Beschluss ist den Akten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht zu entnehmen. Auf diesen Verfahrensverstoß kann sich der Beklagte hingegen nicht berufen. Er war in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sachkundig vertreten und hat den ihm bekannten Mangel nicht gerügt, sodass er gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO sein Rügerecht verloren hat. Auf die Befolgung der Bestimmungen über die Notwendigkeit eines Beweisbeschlusses können die Beteiligten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 2 ZPO verzichten (vgl. Urteil vom 14. August 1987 - BVerwG 8 C 59.86 - Buchholz 303 § 295 ZPO Nr. 4 S. 2). bb) Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung zunächst den Kläger als Beteiligten und danach die Zeugen H., F., R., B. und Z. vernommen hat. Die Vernehmung eines Beteiligten ist auch im Verwaltungsprozess lediglich nachrangig zulässig. Sie kommt nach § 173 VwGO i.V.m. § 450 Abs. 2 ZPO nur als subsidiäres Beweismittel in Betracht und dient als letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts, wenn trotz Ausschöpfen aller anderen Beweismittel noch Zweifel verbleiben (vgl. Urteil vom 30. August 1982 - BVerwG 9 C 1.81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG 1965 Nr. 41 S. 38; Beschlüsse vom 3. August 1999 - BVerwG 7 B 54.99 - VIZ 2000, 93 <94>, vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 12 und vom 5. Juni 2013 - BVerwG 5 B 11.13 - juris Rn. 11, jeweils m.w.N.). Es muss weiterhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung des Beteiligten bestehen (vgl. Beschlüsse vom 21. Juni 2007 a.a.O. Rn. 12 und vom 5. Juni 2013 a.a.O. Rn. 11, jeweils m.w.N.). Hier kann dahinstehen, ob das Verwaltungsgericht im Interesse der Wahrung des Gebots der Nachrangigkeit der Beteiligtenvernehmung gehalten gewesen wäre, zunächst die in der mündlichen Verhandlung später gehörten Zeugen zu vernehmen und auf der Grundlage deren Aussagen darüber zu befinden, ob nun auch der Kläger vernommen werden solle, weil die Aussagen der Zeugen nicht zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hätten und eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung spreche. Ein - hier unterstellter - Verfahrensmangel schiede allerdings nicht schon deshalb aus, weil der Beklagte erst auf der Grundlage der Gründe des erstinstanzlichen Urteils in der Lage gewesen wäre zu beurteilen, ob die Voraussetzungen einer Beteiligtenvernehmung auch mit Blick auf deren Subsidiarität vorlagen. In einem solchen Fall wäre eine verfahrensfehlerhafte Beteiligtenvernehmung nicht als Verfahrensmangel, sondern ebenso zu behandeln wie ein Fehler bei der Urteilsfällung, von dem die Beteiligten zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung noch keine Kenntnis haben konnten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - NJW 1999, 363 <364> m.w.N.). So liegt es hier nicht. Der von dem Beklagten angenommene Verstoß gegen das Gebot der Nachrangigkeit der Beteiligtenvernehmung setzt die Kenntnis der Gründe des erstinstanzlichen Urteils nicht voraus. Er beruhte aus Sicht des Beklagten (schon) darauf, dass das Verwaltungsgericht zunächst den Kläger und danach die Zeugen vernommen hat. Auf einen etwaigen Verstoß gegen das Gebot der Nachrangigkeit der Beteiligtenvernehmung könnte sich der Beklagte aber nicht berufen. Auch insoweit hat er sein Rügerecht nach § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 1 ZPO verloren, weil er in der mündlichen Verhandlung sachkundig vertreten war und versäumt hat, die Vernehmung des Klägers vor derjenigen der Zeugen zu rügen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2013 waren alle Beteiligten mit dieser Vorgehensweise des Gerichts ausdrücklich einverstanden. Auf die Einhaltung der hier in Rede stehenden Voraussetzungen einer Beteiligtenvernehmung kann der Beklagte auch verzichten. Es handelt sich nicht um einen unheilbaren Mangel im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 295 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 1981 - II ZR 11/81 - juris Rn. 17 m.w.N.). b) Das angefochtene Urteil ist auch nicht wegen Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz verfahrensfehlerhaft. Nach dem Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist es Sache des Tatsachengerichts, sich im Wege der freien Beweiswürdigung eine Überzeugung von dem entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden. Die Freiheit, die der Überzeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung der für die Feststellung des Sachverhalts maßgebenden Umstände. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich grundsätzlich dem sachlichen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272> m.w.N.; Beschlüsse vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 14. Juli 2010 - BVerwG 10 B 7.10 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 4, jeweils m.w.N.). Deshalb ist die Einhaltung der aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgenden Verpflichtung nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter eine aus seiner Sicht fehlerhafte Verwertung des vorliegenden Tatsachenmaterials rügt, aus dem er andere Schlüsse ziehen will als die angefochtene Entscheidung. Denn damit wird ein - angeblicher - Mangel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung angesprochen, der die Annahme eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht rechtfertigen kann (vgl. Beschluss vom 23. Dezember 2011 - BVerwG 5 B 24.11 - ZOV 2012, 98 m.w.N.). Ein einen Verfahrensfehler begründenden Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann aber ausnahmsweise insbesondere dann gegeben sein, wenn die tatrichterliche Beweiswürdigung auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Natur- oder Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet (vgl. Urteil vom 16. Mai 2012 - BVerwG 5 C 2.11 - BVerwGE 143, 119 Rn. 18 m.w.N.; Beschlüsse vom 14. Juli 2010 a.a.O. Rn. 4 und vom 16. Juni 2003 - BVerwG 7 B 106.02 - NVwZ 2003, 1132 <1135>, jeweils m.w.N.). Das Gebot der freien Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verlangt, dass das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. Ein Verstoß gegen dieses Gebot liegt vor, wenn ein Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätten aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für die Überzeugungsbildung und sogleich für die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung darauf, ob die Grenzen einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie die allgemeinen Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten sind (vgl. Urteile vom 2. Februar 1984 - BVerwG 6 C 134.81 - BVerwGE 68, 338 <339 f.>, vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <209> und vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 38.05 - BVerwGE 128, 155 Rn. 59, jeweils m.w.N.; Beschluss vom 14. Januar 2010 - BVerwG 6 B 74.09 - Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 87 Rn. 2 m.w.N.). Die für die richterliche Überzeugungsbildung maßgeblichen Gründe sind im Urteil anzugeben (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Im Allgemeinen genügt es, wenn der Begründung entnommen werden kann, dass das Gericht eine vernünftige und der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat. Nicht erforderlich ist, dass sich das Gericht mit allen Einzelheiten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzt. Aus der Nichterwähnung einzelner Umstände kann daher regelmäßig nicht geschlossen werden, das Gericht habe sie bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen (vgl. Urteil vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C 38.05 - a.a.O. Rn. 59 m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen liegt ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht vor. aa) Soweit der Beklagte rügt, das Verwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz wesentliche Gesichtspunkte bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen und den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt, ist dem nicht zu folgen. Der Beklagte ist der Auffassung, das Verwaltungsgericht habe nicht hinreichend begründet, warum es seine Entscheidung maßgeblich auf die Bekundungen des Klägers stützt (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 2). Dies rechtfertigt die Annahme einer Verletzung von § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht. Das Verwaltungsgericht ist den Bekundungen des Klägers zur Verpflegung der Ostarbeiter in den von dem Rechtsvorgänger des Klägers geleiteten Unternehmen gefolgt, weil es auch mit Blick auf die Aussagen der Zeugen diese Bekundungen als glaubhaft angesehen hat. Diese Bewertung bewegt sich im Rahmen der dem Gericht zustehenden Überzeugungsbildung. Sie betrifft die Anwendung des sachlichen Rechts. Eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Vernachlässigung von wesentlichen Umständen, die sich dem Verwaltungsgericht hätten aufdrängen müssen, ist nicht erkennbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zeugen die Bekundungen des Klägers zu bestätigen vermochten (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 2, S. 8 Abs. 4 bis 6, S. 9 Abs. 2). Indem der Beklagte die Zeugenaussagen dahin würdigt, dass sie die klägerischen Bekundungen entkräften, beanstandet er Mängel in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung, die die Annahme eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz nicht zu rechtfertigen vermögen. Soweit er im Zusammenhang mit den Zeugenaussagen auf Widersprüche hinweist (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 2), konkretisiert er dies in einer dem Begründungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise nicht. Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes ist auch nicht der Rüge des Beklagten zu entnehmen, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht der Behauptung des Klägers gefolgt, er habe an Wochenenden Essen in das Lager gebracht und sämtliche Mitarbeiter hätten zusätzliche Nahrung erhalten (Beschwerdebegründung S. 8 Abs. 2 und 3). Auch diese Beanstandung bezieht sich auf die die Grenzen des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wahrende Tatsachen- und Beweiswürdigung. Dies gilt gleichermaßen für das Vorbringen der Beschwerde, der Bericht des Lagerführers S. vom 2. November 1943 sei unzutreffend gewürdigt worden (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 2) und das Gericht habe Verklärungstendenzen bei der Aussage des Klägers vernachlässigt (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 3 und 4). Dass sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich mit den Gesichtspunkten auseinandergesetzt hat, dass der Kläger und die Zeugen zu der Zeit, auf die sich ihre Bekundungen beziehen, vergleichsweise jung waren und seitdem ein langer Zeitraum verstrichen ist (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 3), rechtfertigt nicht die Annahme, diese Umstände seien vernachlässigt worden. Es drängt sich auch nicht auf, dass die Zeugenaussagen deshalb nicht verwertbar sind, weil sie auf Beeinflussungen zurückzuführen wären (Beschwerdebegründung S. 6 Abs. 6 und S. 7 Abs. 1). Ein Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz liegt nicht darin, dass das Verwaltungsgericht entgegen der Auffassung des Beklagten das Schreiben vom 9. Februar 1944 an das Arbeitsamt G. nicht als Hinweis auf eine menschenunwürdige Behandlung angesehen hat (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 6 und S. 10 Abs. 1). Der Überzeugungsgrundsatz gebietet nicht eine bestimmte Würdigung des Sachverhalts. Auch im Übrigen ist nicht erkennbar, dass das Verwaltungsgericht unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO wesentliche Gesichtspunkte vernachlässigt oder fehlerhaft gewürdigt hat. bb) Der Überzeugungsgrundsatz ist nicht wegen eines Verstoßes gegen Denkgesetze verletzt. Ein Tatsachengericht verstößt dann gegen Denkgesetze, wenn es einen Schluss zieht, der aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann und deshalb willkürlich ist. Dafür genügt es nicht, dass das Tatsachengericht nach Meinung eines Beteiligten unrichtige oder gar fernliegende Schlüsse gezogen hat. Ebenso wenig reichen objektiv nicht überzeugende oder gar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen aus (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15 f., vom 6. März 2008 - BVerwG 7 B 13.08 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 Rn. 8 und vom 28. Juni 2013 - BVerwG 5 B 79.12 - juris Rn. 13, jeweils m.w.N.). Daran gemessen hat der Beklagte eine Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht dargetan. Der Beklagte erachtet die Würdigung der Aussage des russischen Zwangsarbeiters S. durch das Verwaltungsgericht als denkgesetzwidrig. Das Verwaltungsgericht hat insoweit angenommen, die Bekundungen jenes Zwangsarbeiters zu Art und Umfang seiner Ernährung könnten deshalb nicht als Beleg für eine menschenunwürdige Behandlung der in den Firmen des G. T. beschäftigten Zwangsarbeiter herangezogen werden, weil S. zwar aus dem Ostarbeiterlager in W. gestammt habe, er jedoch für die Firma R. R. Maschinenfabrik G. GmbH tätig und räumlich getrennt von den Ostarbeitern der Firmen des G. T. gewesen sei. Der Beklagte hält diese Annahme für einen Verstoß gegen Denkgesetze, weil auch mit Blick auf allgemeinkundige geschichtliche Erkenntnisse ausgeschlossen sei, dass die in einem gemeinschaftlich betriebenen und verwalteten Lager unter derselben Lagerleitung untergebrachten Ostarbeiter des einen Unternehmens schlechter behandelt worden seien, als diejenigen, die in einer anderen Firma tätig gewesen seien (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 2 und 3). Damit zieht der Beklagte die sachliche Richtigkeit von Feststellungen und Würdigungen des Verwaltungsgerichts in Zweifel. Dies rechtfertigt hingegen nicht den Schluss, dass die Annahme des Verwaltungsgerichts aus logischen Gründen schlechterdings ausgeschlossen ist. Soweit in dem angefochtenen Urteil davon ausgegangen wird, die Bekundung von S., er sei auf dem Weg zur Arbeit von Polizisten begleitet worden, sei von den Zeugen für die Ostarbeiter der Firmen von G. T. nicht bestätigt worden, liegt darin entgegen der Auffassung des Beklagten (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 3) keine Missachtung der Regeln der Logik. Auch insoweit ist es unerheblich, ob die tatrichterliche Feststellung und Würdigung unwahrscheinlich oder sachlich fehlerhaft ist. Aus Sicht des Beklagten ist es nach den Gesetzen der Logik ausgeschlossen, dass die Ostarbeiter der Firmen von G. T. in dem Lager nicht bewacht worden seien und sich hätten frei bewegen können (Beschwerdebegründung S. 7 Abs. 4). Da sich in dem angefochtenen Urteil eine solche Feststellung nicht findet, scheidet ein Verstoß gegen Denkgesetze insoweit schon deshalb aus. Der Beklagte sieht eine Verletzung von Denkgesetzen auch darin, dass das Verwaltungsgericht zwar auf den Prüfungsbericht über den Rechnungsabschluss des Gemeinschaftslagers W. vom 30. April 1943 hinweist, diesen Bericht hingegen nicht als Beleg für eine schlechte Versorgung der Ostarbeiter angesehen hat, weil der Lagerführer S. und andere Personen die schlechte Versorgung in einem Schreiben vom November 1943 "offiziell" beanstandet haben (Beschwerdebegründung S. 9 Abs. 3 bis 5). Es kann dahinstehen, ob diese Schlussfolgerung zwingend ist. Sie erweist sich jedoch nicht als aus logischen Gründen schlechterdings ausgeschlossen und deshalb willkürlich. cc) Schließlich ist der Überzeugungsgrundsatz auch nicht deshalb verletzt, weil die Beweiswürdigung objektiv willkürlich wäre, allgemeine Erfahrungssätze missachte oder gesetzliche Beweisregeln verletze. Solche Verstöße hat der Beklagte auch nicht substantiiert beanstandet. 3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020228&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020229
BVerwG
6. Senat
20140226
6 C 1/13
Urteil
§ 15 Abs 1 VersammlG, Art 8 Abs 1 GG
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 6. Dezember 2012, Az: 7 A 10821/12, Urteil vorgehend VG Trier, 31. Juli 2012, Az: 1 K 180/12.TR, Urteil
DEU
Untersagung einer NPD-Versammlung in Trier am Holocaust-Gedenktag 2012
Untersagung einer NPD-Versammlung in Trier am Holocaust-Gedenktag 2012
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die von der Beklagten angeordnete Verlegung einer für den 27. Januar 2012 - dem jährlichen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus ("Holocaust-Gedenktag") - angemeldeten Versammlung auf den Folgetag rechtswidrig war. Der Vorsitzende des Kreisverbands Trier der Klägerin meldete am 25. Januar 2012 für den 27. Januar 2012 eine Versammlung in Form einer Mahnwache unter dem Motto "Von der Finanz- zur Eurokrise - zurück zur D-Mark heißt unsere Devise" an. Die Versammlung sollte in der Trierer Innenstadt stattfinden. Als Anlass der Veranstaltung wurde ein für den 27. Januar 2012 angekündigter Vortrag von Prof. Max O. im Bischöflichen Priesterseminar Trier mit dem Thema "Von der Finanz- zur Eurokrise" angegeben. Es sollten als Hilfsmittel Megafon, Fahnen und Spruchbänder verwendet werden. 15 Versammlungsteilnehmer würden erwartet werden. Auf Nachfrage der Beklagten erklärte sich der Anmelder mit einem alternativen Versammlungsort in der Trierer Innenstadt einverstanden, nicht aber mit einer Verlegung auf einen anderen Tag. Unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte die Beklagte am 26. Januar 2012 die Verlegung der Versammlung auf den 28. Januar 2012. Die Verfügung stelle eine Auflage dar, die zum Schutz der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt sei. Der 27. Januar, der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, diene seit 1996 in Deutschland offiziell dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Die Generalversammlung der Vereinten Nationen habe ihn 2005 zum Internationalen Holocaust-Gedenktag erklärt. Die Durchführung einer Versammlung an diesem Tag durch die Klägerin sei als eine Provokation zu bewerten, durch die grundlegende soziale und ethische Anschauungen und Empfindungen verletzt würden. Die Klägerin sei eine Partei, die nach ihrem eigenen Selbstverständnis dem rechtsextremen politischen Spektrum zuzuordnen sei. Sie lasse in der öffentlichen Wahrnehmung die notwendige Distanz zu dem menschenverachtenden Unrechtsregime vermissen, das die Opfer zu verantworten habe, derer am 27. Januar gedacht werde. Nicht entscheidend sei, dass sich das Motto der Versammlung nicht mit den Opfern des Nationalsozialismus auseinandersetze. Die Klägerin legte Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht, dessen aufschiebende Wirkung wiederherzustellen. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Den weiteren Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht lehnte dieses mit Kammerbeschluss vom 27. Januar 2012 ab: Eine Verfassungsbeschwerde wäre vorliegend weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die somit erforderliche Folgenabwägung führe zur Ablehnung des Antrags. Die Kammer könne sich unter den gegebenen zeitlichen Bedingungen kein zuverlässiges Bild über etwaige Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit machen. Mit ihrer vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2012 rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen: Die Verlegung der Versammlung um einen Tag stelle eine Auflage, kein Verbot dar. § 15 Abs. 1 VersG erlaube Auflagen auch zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung, sofern diese nicht aus dem Inhalt von Äußerungen, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung hergeleitet würden. Die öffentliche Ordnung könne verletzt sein, wenn Rechtsextremisten einen Aufzug an einem Tag, welcher der Erinnerung an das Unrecht des Nationalsozialismus und den Holocaust diene, so durchführten, dass von seiner Art und Weise Provokationen ausgingen, die das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigten. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt. Die Versammlung wäre hier nicht lediglich in irgendeinem Sinn dem Gedenken am 27. Januar entgegen gelaufen. Von ihr wäre eine besondere, für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des sittlichen Empfindens der Bürger hinreichende Provokationswirkung ausgegangen. Die Klägerin habe das Thema der Versammlung lediglich als Aufhänger gewählt, während die dahinter stehende Motivation von der Bevölkerung darin gesehen werde, an einem zentralen Ort in der Innenstadt Präsenz zu zeigen und nach außen zu dokumentieren, dass man als rechtsextreme Partei trotz des Gedenktags "Flagge zeigen" könne. Für diese Einschätzung würden mehrere Umstände sprechen. Der von der Klägerin benannte Bezug zum Vortrag von Prof. O. wirke gesucht. Die Finanz- und Eurokrise stehe seit längerem im Fokus der politischen Diskussion. Es sei nicht erkennbar, wieso eine Veranstaltung der Klägerin zu diesem Thema nicht mit gleicher Wirkung am Folgetag hätte durchgeführt werden können, zumal ein spezifischer Bezug zwischen den Thesen von Prof. O. und dem wirtschaftspolitischen Programm der Klägerin weder dargetan noch ersichtlich sei. Dies dränge den Eindruck auf, die Klägerin habe nur nach einem beliebigen Anlass gesucht, um am Gedenktag des 27. Januar Präsenz zeigen zu können. Hierfür spreche zudem, dass die Klägerin bereits am 22. Januar 2012 eine Versammlung zum gleichen Thema durchgeführt habe. Es sei ungewöhnlich und nicht ohne weiteres nachvollziehbar, weshalb eine Partei wie die Klägerin innerhalb von nur fünf Tagen in der gleichen Stadt ihr wirtschaftspolitisches Programm ein zweites Mal der Öffentlichkeit durch eine Versammlung vorstellen wolle. Schließlich habe die Klägerin auch nach dem 26. Januar 2012 auffällig oft Versammlungen an Tagen durchgeführt, die einen Bezug zur Herrschaft der Nationalsozialisten aufwiesen. Es sei unwahrscheinlich, dass es sich hier um einen Zufall handle. Vielmehr bestärke dies die Einschätzung, dass die Klägerin sich einen beliebigen Anlass gesucht habe, um an diesen Tagen in der Öffentlichkeit Präsenz zu zeigen. Zur Begründung ihrer Revision bringt die Klägerin vor: Die Verlegung der Versammlung stelle ein Verbot im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG dar, das nur bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit hätte ausgesprochen werden dürfen. Selbst wenn man der Verlegung Auflagenqualität beimäße, fehle es jedenfalls an einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Die Klägerin habe nicht am Gedenktag provokativ "Flagge zeigen", sondern ihren Thesen zur Euro- bzw. Finanzkrise Aufmerksamkeit verschaffen wollen. Selbst wenn die Unterstellung des Oberverwaltungsgerichts richtig wäre, ihr sei es auf Präsenz gerade am Gedenktag angekommen, wäre die Verlegung als rechtswidrig einzustufen. Der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der vorliegenden Sache sei zu entnehmen, dass Beschränkungen einer für den 27. Januar vorgesehenen Veranstaltung nur zulässig seien, wenn in der Nähe eine Gedenkveranstaltung stattfinde oder die Veranstaltung einen Bezug zum Holocaust bzw. zur nationalsozialistischen Herrschaft aufweise. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Vortrag von Prof. O. habe für die Klägerin keinen hinreichenden Anlass darstellen können, die Versammlung gerade am 27. Januar 2012 durchzuführen. Der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der vorliegenden Sache sei zwar zu entnehmen, dass neben dem Umstand, wonach eine Versammlung an einem Tag mit gewichtiger Symbolkraft stattfinde, weitere Umstände hinzutreten müssten, um eine Verlegung zu rechtfertigen. Solche Umstände hätten hier jedoch vorgelegen. Die Klägerin, deren Ablehnung des Holocaust-Gedenktages ausweislich des Berichts des Verfassungsschutzes des Landes für das Jahr 2011 bekannt sei, habe dadurch Provokationen hervorrufen wollen, dass sie eine Versammlung gerade für diesen Tag anmelde.
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Bescheid vom 26. Januar 2012 verstößt gegen die bundesrechtliche (vgl. Art. 125a Abs. 1 GG) Vorschrift des § 15 Abs. 1 VersG. Die Gründe, auf die er sich stützt, genügen nicht den Anforderungen dieser Vorschrift. Aus dem vorinstanzlich abschließend geklärten Sachverhalt ergeben sich keine sonstigen Gründe, die den Bescheid rechtlich tragen könnten. Der Senat kann mithin ausschließen, dass sich das angefochtene Urteil im Ergebnis als richtig darstellt, und in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 und 4 VwGO). Dies führt zum Ausspruch der begehrten Feststellung. 1. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage ohne Verstoß gegen Bundesprozessrecht für zulässig erachtet. Statthafte Klageart zur Erlangung der begehrten Feststellung ist in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die Fortsetzungsfeststellungsklage. Eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts ist auch dann zulässig, wenn - wie hier - die Erledigung vor Klageerhebung eingetreten ist (Urteil vom 14. Juli 1999 - BVerwG 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <207> = Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 12 S. 4; stRspr). Die Klägerin hat das von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geforderte berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung. Ein berechtigtes Interesse im Sinne dieser Vorschrift kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Natur sein. Entscheidend ist, dass die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die Position des Klägers in den genannten Bereichen zu verbessern (Urteil vom 16. Mai 2013 - BVerwG 8 C 15.12 - juris Rn. 25; stRspr). Im vorliegenden Fall ist ein berechtigtes Feststellungsinteresse der Klägerin jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr zu bejahen. Das Merkmal der Wiederholungsgefahr setzt im Hinblick auf Versammlungsbeschränkungen zum einen die Möglichkeit einer erneuten Versammlung durch den Betroffenen voraus, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen könnte. Zum anderen ist erforderlich, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <90>). Der Senat geht mit dem Oberverwaltungsgericht davon aus, dass die Klägerin auch in Zukunft an historisch sensiblen Daten unter Bezugnahme auf aktuelle politische Themen Versammlungen durchführen könnte. Ferner geht er mit dem Oberverwaltungsgericht davon aus, dass in solchen Fällen die Beklagte voraussichtlich erneut mit vergleichbarer Begründung wie im vorliegenden Fall eine zeitliche Verlegung von Versammlungen der Klägerin anordnen würde. Das auf eine Wiederholungsgefahr gegründete Rechtsschutzinteresse entfällt nicht deshalb, weil der Betroffene in zukünftigen Fällen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 a.a.O. S. 91). Dadurch, dass der streitgegenständliche Bescheid erst einen Tag vor der geplanten Versammlung ergangen ist, war eine gerichtliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren für die Klägerin nicht rechtzeitig zu erlangen. Das vorläufige Rechtsschutzverfahren, dessen Gegenstand die Vollziehbarkeit des Bescheids war, genügt insoweit nicht. Art. 19 Abs. 4 GG gewährt nach Maßgabe der Sachentscheidungsvoraussetzungen einen Anspruch auf Rechtsschutz in der Hauptsache, nicht nur in einem Eilverfahren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. März 2004 a.a.O. S. 86 ff.; BVerwG, Urteil vom 23. März 1999 - BVerwG 1 C 12.97 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 12 S. 4). 2. Unter den gegebenen Umständen war die Beklagte durch die - allein in Frage kommende - Vorschrift des § 15 Abs. 1 VersG nicht befugt, die Verlegung der Versammlung vom 27. auf den 28. Januar 2012 anzuordnen. Gemäß § 15 Abs. 1 VersG kann die zuständige Behörde die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Für eine mögliche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit lagen - wovon auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen ist - schon im Ansatz keine Anhaltspunkte vor. Auch eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung durfte bei der vorliegenden Sachlage im Ergebnis nicht angenommen werden: a. Ob es sich bei der Anordnung der Beklagten um ein Versammlungsverbot oder um eine Auflage handelt, bedarf keiner Vertiefung. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass auch Gründe der öffentlichen Ordnung zum Erlass eines Versammlungsverbots berechtigen, wenn Gefahren nicht aus dem Inhalt von Äußerungen, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung drohen, sofern Auflagen zur Gefahrenabwehr nicht ausreichen (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2004 - 1 BvQ 19/04 - BVerfGE 111, 147 <156 f.>). Im vorliegenden Fall drohten keine meinungsinhaltlich begründeten Gefahren. Im Raum stand lediglich die Möglichkeit einer Gefahr aufgrund der Art und Weise der vorgesehenen Versammlungsdurchführung, nämlich aufgrund des Umstands, dass die Versammlung gerade am Holocaust-Gedenktag stattfinden sollte. Um der hierdurch nach Einschätzung der Beklagten drohenden Gefahr für die öffentliche Ordnung entgegenzuwirken, stand kein milderes Mittel als die Verlegung auf einen anderen Tag zur Verfügung. Der Rückgriff auf Gründe der öffentlichen Ordnung wäre der Beklagten folglich auch dann nicht versperrt gewesen, wenn man die zeitliche Verlegung als Versammlungsverbot qualifizieren müsste. b. Der Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung steht nicht entgegen, dass die Klägerin eine politische Partei ist. Die zugunsten politischer Parteien durch Art. 21 GG begründeten Gewährleistungen schließen nicht das Recht ein, weitgehender als andere Rechtssubjekte von Versammlungsbeschränkungen verschont zu bleiben, wenn eine vorgesehene Versammlung die öffentliche Ordnung zu verletzen droht. Verfügt eine Behörde mit dieser Begründung eine versammlungsrechtliche Beschränkung gegenüber einer politischen Partei, stützt sie ihr Einschreiten nicht auf eine vermeintliche Verfassungsfeindlichkeit des Verhaltens oder der Programmatik dieser Partei (vgl. Urteil vom 23. März 1999 a.a.O. S. 8). c. Unter öffentlicher Ordnung im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG ist die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln zu verstehen, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets anzusehen ist. Kommt einem bestimmten Tag in der Gesellschaft ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zu, darf dieser Sinngehalt bei einer Versammlung an diesem Tag nicht in einer Weise angegriffen werden, dass dadurch zugleich grundlegende soziale oder ethische Anschauungen in erheblicher Weise verletzt werden. Beim Holocaust-Gedenktag am 27. Januar (vgl. Proklamation des Bundespräsidenten vom 3. Januar 1996, BGBl I S. 17) handelt es sich um einen solchen Tag (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 26. Januar 2001 - 1 BvQ 9/01 - juris Rn. 15 und vom 5. September 2003 - 1 BvQ 32/03 - juris Rn. 24; Beschluss vom 23. Juni 2004 a.a.O. S. 157; Kammerbeschlüsse vom 26. Januar 2006 - 1 BvQ 3/06 - juris Rn. 12, vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 2793/04 - juris Rn. 31 und vom 7. November 2008 - 1 BvQ 43/08 - juris Rn. 18). aa. Für eine Versammlungsbeschränkung aus Gründen der öffentlichen Ordnung im vorbezeichneten Sinne reicht nicht aus, dass die Durchführung der Versammlung am Holocaust-Gedenktag in irgendeinem, beliebigen Sinne als dem Gedenken zuwiderlaufend zu beurteilen ist. Vielmehr ist die Feststellung erforderlich, dass von der konkreten Art und Weise der Durchführung der Versammlung Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. Januar 2012 - 1 BvQ 4/12 - juris Rn. 7 m.w.N.). Liegt diese Voraussetzung nicht vor und sind wie hier Schutzgüter der öffentlichen Ordnung unter keinem anderen Gesichtspunkt bedroht, überschreitet eine Versammlungsbeschränkung nicht nur die einfachgesetzliche Ermächtigung in § 15 Abs. 1 VersG, sondern verstößt sie zugleich gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG). Diesem Grundrecht gebührt in einem freiheitlichen Staatswesen ein besonderer Rang (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233, 341/81 - BVerfGE 69, 315 <343>). Die Ausübung der Versammlungsfreiheit darf nur zum Schutz gleichgewichtiger anderer Rechtsgüter unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes begrenzt werden (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 a.a.O. S. 348 f.). Störungen des sittlichen Empfindens der Bürger ohne Provokationscharakter oder Störungen, die, obgleich provokativen Charakters, kein erhebliches Gewicht aufweisen, ergeben als solche keinen verhältnismäßigen Anlass für eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit. Der Umstand alleine, dass eine rechtsextremistische Gruppierung am Holocaust-Gedenktag eine Versammlung durchführt, kann daher nicht in grundrechtlich tragfähiger Weise für eine Versammlungsbeschränkung gemäß § 15 Abs. 1 VersG herangezogen werden, auch wenn die Wahl gerade dieses Tages als Versammlungstermin einer solchen Gruppierung von vielen Bürgern in tatsächlicher Hinsicht als unpassend und mit dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus nicht im Einklang stehend wahrgenommen werden mag. Sähe der Gesetzgeber weitergehend ein Bedürfnis, mit Blick auf die besondere staatspolitische Bedeutung des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus Versammlungsbeschränkungen an diesem Tag - losgelöst von der Frage einer Gefährdung des sittlichen Empfindens der Bürger im Einzelfall - zuzulassen, müsste er hierzu eigens nicht auf bestimmte Veranstalter beschränkte Regelungen treffen. Dem Begriff der öffentlichen Ordnung im Sinne von § 15 Abs. 1 VersG liegt kein solchermaßen begründetes Schutzkonzept zugrunde. bb. Die Feststellung, dass von der konkreten Art und Weise der Durchführung einer Versammlung am Holocaust-Gedenktag Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigen, setzt voraus, dass die Versammlung eine den Umständen nach eindeutige Stoßrichtung gegen das Gedenken erkennen lässt. Die Versammlungsfreiheit wird nicht in unverhältnismäßiger Weise beschränkt, wenn dem Grundrechtsträger auf Grundlage von § 15 Abs. 1 VersG etwa angesonnen wird, eine Versammlung am Holocaust-Gedenktag nur in einer Weise durchzuführen, die dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus den ihm aus Sicht der Mitbürger gebührenden Stellenwert belässt, insbesondere dessen Sinn und ethisch-moralischen Wert nicht negiert, und die auch nicht in anderer Weise dem Anspruch der Mitbürger entgegenwirkt, sich ungestört dem Gedenken zuwenden zu können, ohne hierbei erheblichen Provokationen ausgesetzt zu sein. Bringt der Grundrechtsträger die Bereitschaft hierzu nicht auf, muss die Versammlung von seinen Mitbürgern zwangsläufig als erhebliche provokative Beeinträchtigung ihres sittlichen Empfindens wahrgenommen werden und offenbart er damit ein Maß an Indifferenz gegenüber ihren berechtigten Belangen, das seinerseits keinen grundrechtlichen Vorrang beanspruchen kann. cc. Im vorliegenden Fall wäre nach den Umständen, wie sie zur Zeit des Erlasses der streitbefangenen Anordnung erkennbar waren, durch die beabsichtigte Versammlung die vorbezeichnete Schwelle nicht erreicht worden. Die Versammlung sollte in Anknüpfung an eine andere Veranstaltung mit der Euro- und Finanzkrise ein aktuelles allgemein-politisches Thema aufgreifen und die hierzu entwickelten, bereits bei früheren Gelegenheiten vorgetragenen programmatischen Vorstellungen der Klägerin kundtun. Eine Stoßrichtung gegen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus geht von diesem Thema nicht aus. Eine unmittelbare Störung von Gedenkveranstaltungen stand nicht zu befürchten oder hätte jedenfalls, wie das Oberverwaltungsgericht überzeugend festgestellt hat, durch das mildere Mittel einer geringfügigen zeitlichen Verlegung um eine halbe Stunde abgewendet werden können. Dass die Versammlung ihrem vorgesehenen äußeren Gepräge nach eine Stoßrichtung gegen das Gedenken hätte gewinnen können, ist ebenso nicht ersichtlich. Sonstige Umstände, die im Rahmen einer Gesamtschau Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, vermag der Senat nicht zu erkennen. dd. Das Oberverwaltungsgericht ist zu der Einschätzung gelangt, es sei der Klägerin in Wahrheit nicht auf die Kundgabe ihrer wirtschafts- und währungspolitischen Positionen, sondern ausschließlich um eine - von ihr dem Gedenkanliegen demonstrativ entgegen gesetzte - öffentliche Präsenz am Holocaust-Gedenktag gegangen ("Flagge zeigen"), die von den übrigen Bürgern vor dem besonderen Hintergrund dieses Tages als erhebliche Provokation empfunden worden wäre und so seitens der Klägerin auch gemeint gewesen sei. Selbst wenn diese Einschätzung der Motivlage der Klägerin zutreffend wäre, muss sich dieser Ansatz dem Einwand ausgesetzt sehen, dass er dem Grundrechtsträger letzten Endes abverlangt, die Plausibilität der von ihm getroffenen Wahl des Versammlungsdatums zu rechtfertigen, nämlich Gründe vorzuweisen, welche die Sinnhaftigkeit der Kundgebung zum ausgewählten Versammlungsthema gerade am vorgesehenen Tag belegen. Eine solche Maßgabe würde die Versammlungsfreiheit, die auch die freie Selbstbestimmung über den Versammlungszeitpunkt einschließt (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 a.a.O. S. 343; stRspr), in unverhältnismäßiger Weise beschränken. Für den Grundrechtsträger besteht keine Obliegenheit, für die Bestimmung des Versammlungszeitpunkts Gründe zu liefern. Sind solche Gründe für die Versammlungsbehörde oder nach deren Einschätzung aus Sicht der Mitbürger nicht erkennbar bzw. nicht nachvollziehbar, reicht die hieraus hergeleitete Wahrnehmung, der Grundrechtsträger suche die Präsenz lediglich um ihrer selbst willen, grundsätzlich nicht für die Anordnung einer Versammlungsbeschränkung am Holocaust-Gedenktag mit der Begründung aus, von der Versammlung würden Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürger erheblich beeinträchtigen. Die öffentliche Präsenz einer bestimmten Gruppierung am 27. Januar verleiht für sich genommen ihrer Versammlung noch keine eindeutige Stoßrichtung gegen das Gedenken, dem dieser Tag gewidmet ist. Die gegenteilige Sichtweise läuft darauf hinaus, die Anforderung einer personen- bzw. gruppenneutralen Begründung für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit zu verfehlen. Der Senat vermag zwar nicht auszuschließen, dass ausnahmsweise Konstellationen vorkommen mögen, in denen die spezifische Kombination von Versammlungszeitpunkt, Zuschnitt des Versammlungsthemas und gegebenenfalls weiteren Faktoren nichts anderes als den Schluss zulässt, die Versammlung weise - zwar in unterschwelliger, nichtsdestotrotz aber eindeutiger Weise - eine Stoßrichtung gegen das Gedenken auf (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. Januar 2001 - 1 BvQ 9/01 - juris und den dort zugrunde liegenden Sachverhalt). Im vorliegenden Fall jedoch erübrigen sich weitere Überlegungen in diese Richtung schon deshalb, weil die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts, das von der Klägerin angegebene Versammlungsthema sei nur vorgeschoben gewesen, bereits nicht auf zureichende tatsächliche Anhaltspunkte gestützt ist: Mit der genannten Einschätzung wird der Klägerin der Wille abgesprochen, das vorgebrachte Artikulationsanliegen überhaupt ernsthaft verfolgt zu haben. Das durch Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Selbstbestimmungsrecht über den Inhalt der Versammlung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 a.a.O. S. 343; stRspr) schließt aber - vorgelagert - den Anspruch ein, dass der Staat das vom Grundrechtsträger proklamierte Artikulationsanliegen grundsätzlich als tatsächlich gegeben hinnimmt und nicht ohne Weiteres gegen seine inneren Motive abgleicht. Ein Durchgriff auf eine vermeintlich bestehende innere Motivlage zur Rechtfertigung einer Versammlungsbeschränkung darf nur ausnahmsweise und mit besonderer Zurückhaltung erfolgen (vgl. in anderem Zusammenhang Urteil vom 16. Mai 2007 - BVerwG 6 C 23.06 - BVerwGE 129, 42 <47 f.> = Buchholz 402.44 VersG Nr. 13). Hierfür müssen konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte und nicht nur bloße Vermutungen und Verdachtsmomente vorliegen (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 1. September 2000 - 1 BvQ 24/00 - juris Rn. 14, vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 - juris Rn. 28, vom 1. Mai 2001 - 1 BvQ 21/01 - juris Rn. 11 und vom 9. Juni 2006 - 1 BvR 1429/06 - juris Rn. 14). Erforderlich ist darüber hinaus, dass eine Auseinandersetzung mit Gegenindizien vorgenommen wird (vgl. Kammerbeschluss vom 26. Januar 2001 - 1 BvQ 8/01 - juris Rn. 12). Diese Vorgaben leiten sich aus Art. 8 Abs. 1 GG ab und setzen insofern der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung materiell-rechtliche, revisionsgerichtlich überprüfbare Grenzen. Den Vorgaben genügt das angefochtene Urteil nicht. Weder der Umstand, dass die Finanz- und Eurokrise schon seit längerem im Augenmerk der öffentlichen Wahrnehmung stand, noch der Umstand, dass keine konkreteren inhaltlichen Bezüge der vorgesehenen Versammlung oder des wirtschaftspolitischen Programms der Klägerin zu den wirtschaftspolitischen Vorstellungen von Prof. O. erkennbar geworden sind, belegen in hinreichender Weise, dass die Klägerin dessen Vortrag lediglich als "Aufhänger" gewählt hätte, um an dem fraglichen Tag in plausibler Weise überhaupt eine Versammlung durchführen zu können. Auch im Hinblick auf politische Themen mit dauerhafter Aktualität entspricht es verbreiteter politischer Übung, für die Darstellung eigener Positionen einen Termin zu wählen, an dem das Thema von anderen Meinungsbildnern öffentlich angesprochen wird und daher spezifisch in das Augenmerk der Öffentlichkeit rückt; dabei ist es wiederum keineswegs unüblich, im Rahmen der eigenen Darstellung nicht unmittelbar auf die Inhalte und Thesen der Referenzveranstaltung einzugehen, sondern sich mit der Kundgabe eigener Positionen zu begnügen. Unverfänglich ist darüber hinaus auch der Umstand, dass die Klägerin eine Versammlung zu Währungs- und Finanzfragen bereits fünf Tage vorher durchgeführt hatte. Diese Veranstaltungsfrequenz kann ebenso gut als Ausdruck eines besonders ausgeprägten Artikulationsinteresses gewertet werden, wie es gerade für eine politische Partei nicht ungewöhnlich ist. Soweit das Oberverwaltungsgericht schließlich Muster der Versammlungspraxis der Klägerin nach dem Erlass der streitigen Anordnung angeführt hat, steht ihrer Einbeziehung in die rechtliche Würdigung schon die gesetzliche Vorgabe aus § 15 VersG entgegen, dass nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet sein muss. Das Prozessrecht bietet keine Handhabe, im Rahmen der nachträglichen rechtlichen Beurteilung einen anderen Blickwinkel auf den betroffenen Sachverhalt anzulegen. Nach alledem erweist sich die Einschätzung, der Klägerin sei es in Wahrheit darauf angekommen, am Holocaust-Gedenktag demonstrative öffentliche Präsenz zu zeigen, als bloße Vermutung. Auf bloße Vermutungen darf eine versammlungsrechtliche Beschränkung aber von vornherein nicht gegründet werden. Die Beweislast dafür, dass die tatsächliche Sachlage der Vermutung entspricht, liegt bei der Versammlungsbehörde. Für den Grundrechtsträger besteht keine Obliegenheit, sich insoweit zu entlasten (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juni 2006 - 1 BvR 1429/06 - juris Rn. 15).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020229&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020230
BVerwG
6. Senat
20140226
6 C 3/13
Vorlagebeschluss
Art 12 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 100 Abs 1 GG, § 80 BVerfGG, § 35 Abs 5 S 2 TKG 2004, § 35 Abs 5 S 3 TKG 2004, § 123 Abs 1 VwGO
vorgehend VG Köln, 13. Dezember 2012, Az: 1 K 3138/05, Teilurteil nachgehend BVerfG, 22. November 2016, Az: 1 BvL 6/14, Beschluss
DEU
Verfassungswidrigkeit der Regelung zur eingeschränkten Rückwirkung telekommunikationsrechtlicher Entgeltgenehmigungen
§ 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG (juris: TKG 2004) ist mit der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) und mit der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht vereinbar.
Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Bundesverfassungsgericht wird gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes - TKG - vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) in der Fassung des Art. 2 Nr. 35 des Gesetzes vom 18. Februar 2007 (BGBl I S. 106) mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist.
I. Die Klägerin betreibt ein bundesweites Telekommunikationsnetz. Zu diesem gehören Teilnehmeranschlussleitungen (TAL), welche den Netzabschlusspunkt in den Räumlichkeiten des Teilnehmers mit dem jeweiligen Hauptverteiler oder mit einer gleichwertigen Einrichtung der Klägerin verbinden. Wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für Netzzugangsdienstleistungen im Teilnehmeranschlussbereich war die Klägerin nach den Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBI I S. 1120) - TKG 1996 - gesetzlich dazu verpflichtet, ihren Wettbewerbern auf Nachfrage Zugang zu ihren Netzen und zu ihren Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) zu gewähren; die Entgelte für die Zugangsgewährung unterlagen der Genehmigung nach Maßgabe des § 39 Alt. 1 TKG 1996. Nach Inkrafttreten des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) - TKG 2004 - erließ die Beklagte wegen der auf dem bundesweiten Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung bestehenden Marktmacht durch die Klägerin am 20. April 2005 eine Regulierungsverfügung. Damit wurde die Klägerin verpflichtet, anderen Unternehmen vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmeranschlusseinheit gelegenen Punkt (Kabel- bzw. Endverzweiger - APL) sowie des gemeinsamen Zuganges zu diesen Teilnehmeranschlüssen durch Aufteilung des nutzbaren Frequenzspektrums als auch im erforderlichen Umfang gebündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form der Kupferdoppelader einschließlich der Varianten OPAL/ISIS (Optisches Anschlussleitungsnetz/Integriertes System zur Bereitstellung von Netzinfrastruktur auf optischer Basis) am Hauptverteiler zu gewähren. In der Regulierungsverfügung war ferner bestimmt, dass die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterliegen. Mit einem bei der Regulierungsbehörde unter dem 17. Februar 2005 gestellten und unter dem 23. Februar 2005 abgeänderten Antrag begehrte die Klägerin vorrangig die Feststellung, dass die einzelnen monatlichen Überlassungsentgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und den Zugang am Kabelverzweiger nicht der Genehmigungspflicht unterlägen. Hilfsweise beantragte sie die Genehmigung der in der Anlage 1 (Preisliste) zu ihrem Antrag enthaltenen monatlichen Überlassungsentgelte für verschiedene Zugangsvarianten ab dem 1. April 2005. Mit Beschluss vom 28. April 2005 genehmigte die Regulierungsbehörde monatliche Überlassungsentgelte, die im Wesentlichen aufgrund der Annahme eines geringeren kalkulatorischen Nettozinssatzes bei der Ermittlung der Kapitalkosten deutlich hinter den von der Klägerin beantragten Entgelten zurückblieben. Für die Zugangsvarianten CuDA 2Dr und CuDA 2Dr mit hochbitratiger Nutzung wurde für die Zeit vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2007 ein monatliches Überlassungsentgelt in Höhe von jeweils 10,65 € statt der beantragten 17,40 € (Zugang am HVt) bzw. 7,55 € statt der beantragten 16,85 € (Zugang am KVz) genehmigt. Im Übrigen lehnte die Regulierungsbehörde den Antrag der Klägerin ab. Die Klägerin hat hiergegen Klage erhoben. Einen Antrag, die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr für die Überlassung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung und den Zugang am Kabelverzweiger in den Varianten CuDA 2Dr und CuDA 2Dr hochbitratig ein monatliches Überlassungsentgelt in Höhe von 11,22 € bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage vorläufig zu genehmigen, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. Dezember 2005 - 1 L 1586/05 - abgelehnt. Nach teilweiser Rücknahme der Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Beschlusses vom 28. April 2005 zur Genehmigung eines monatlichen Überlassungsentgelts für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und den Zugang am Kabelverzweiger in den Varianten CuDA 2Dr und CuDA 2Dr hochbitratig in Höhe von jeweils 11,22 € für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2007 zu verpflichten, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss vom 28. April 2005 insoweit rechtswidrig war, als die Beklagte bei der Bestimmung des Eigenkapitalzinssatzes den ungewichteten Durchschnitt des arithmetischen und des geometrischen Mittels der Zeitreihe der historischen DAX-Renditen angewandt hat, und äußerst hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss vom 28. April 2005 insoweit rechtswidrig war, als die Beklagte bei der Bestimmung des Eigenkapitalzinssatzes den ungewichteten Durchschnitt des arithmetischen und des geometrischen Mittels der Zeitreihe der historischen DAX-Renditen angewandt hat, ohne hinreichende Feststellungen zur Kombination beider Mittelwerte zu treffen. Mit Teilurteil vom 13. Dezember 2012 hat das Verwaltungsgericht über den Hauptantrag entschieden und die Klage insoweit als unzulässig abgewiesen. Die Entscheidung über die Hilfsanträge hat es dem Schlussurteil vorbehalten, weil insoweit noch Aufklärungsbedarf bestehe. Zur Begründung der Klageabweisung hat es ausgeführt: Hinsichtlich des Hauptantrags fehle der Klägerin das Rechtsschutzinteresse, weil sie durch eine stattgebende Entscheidung keine Verbesserung ihrer Rechtsstellung erreichen könne. Da der Geltungszeitraum der angegriffenen Entgeltgenehmigung abgelaufen sei, könne die begehrte Erhöhung der genehmigten Entgelte keine Wirkung für die Zukunft mehr entfalten. Rückwirkung auf den Genehmigungszeitraum könne eine in Vollzug eines stattgebenden Urteils zu erteilende Genehmigung höherer Entgelte nicht entfalten; denn das Gericht habe nicht - wie nach § 35 Abs. 5 Satz 3 i.V.m. Satz 2 TKG erforderlich - zuvor im Verfahren nach § 123 VwGO die vorläufige Zahlung des beantragten höheren Entgelts angeordnet. § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG sei verfassungsgemäß. Wenn danach ein der Regulierung unterworfenes Unternehmen seinen möglichen Anspruch auf Genehmigung eines höheren Entgelts gerichtlich zunächst nur im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens verfolgen könne und der Erfolg dieses Verfahrens zugleich darüber entscheide, ob und in welchem Umfang eine spätere Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu Lasten der vertraglich verbundenen Wettbewerber Rückwirkung entfalte, liege hierin keine Verletzung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Beschränkung des Rechtsschutzes sei sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe vermeiden wollen, dass Wettbewerber, die mit dem regulierten Unternehmen Zugangsverträge abgeschlossen und auf der Basis genehmigter Entgelte Leistungen bezogen hätten, mit Rücksicht auf eine uneingeschränkte Rückwirkung einer erst nach mehrjährigen Gerichtsverfahren ergehenden höheren Entgeltgenehmigung und die dann fälligen Nachzahlungen erhebliche Rücklagen bilden oder Verlustrisiken in Kauf nehmen müssten, die für sie existenzbedrohend sein könnten. Dieser Ansatz sei nicht zu beanstanden, weil er dem Ziel diene, chancengleichen Wettbewerb sicherzustellen und die nachhaltig wettbewerbsorientierten Märkte der Telekommunikation im Bereich der Telekommunikationsdienste und -netze sowie der zugehörigen Einrichtungen zu fördern. Insgesamt habe der Gesetzgeber eine auf den Ausgleich widerstreitender Interessen der beteiligten Unternehmen zielende Regelung erlassen, indem er einerseits zu Lasten der regulierten Unternehmen die Rückwirkung beschränkt habe, um wirtschaftliche und rechtliche Planungssicherheit für die Wettbewerber zu schaffen, anderseits aber in § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG den Wettbewerbern das Risiko auferlegt habe, aufgrund einer nur summarischen Prüfung und unabhängig von der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes durch das regulierte Unternehmen vorläufig ein höheres Entgelt zahlen zu müssen. Ein Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 1 EMRK normierte Recht auf öffentliche Verhandlung liege nicht vor, da das Gericht in Verfahren nach § 123 VwGO grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung entscheide und sein Ermessen bei der Entscheidung über eine Abweichung nicht gebunden sei. Eine etwa vorliegende Einschränkung der nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit wäre aus den genannten Gründen gerechtfertigt. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Hauptantrag weiterverfolgt. Sie macht geltend, das angefochtene Urteil verletze revisibles Recht, denn § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG sei verfassungswidrig. Indem die Regelung die Rückwirkung der Genehmigung eines höheren Entgelts von der vorherigen Anordnung der vorläufigen Zahlung dieses Entgelts im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes abhängig mache, verletze sie die Garantie des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das Recht auf öffentliche Verhandlung (Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 EMRK) und die Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Die Klägerin beantragt, das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Dezember 2012 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die von der Klägerin mit Schreiben vom 17./23. Februar 2005 - Anlage 1 (Preisliste) - hilfsweise beantragten monatlichen Überlassungsentgelte für die Überlassung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung und den Zugang am Kabelverzweiger in den Varianten CuDA 2Dr und CuDA 2Dr hochbitratig in Höhe von 11,22 € für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2007 zu genehmigen. Die Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin gegen das Teilurteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 13. Dezember 2012 zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil. II. Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht wird gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes - TKG - vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190) in der Fassung des Art. 2 Nr. 35 des Gesetzes vom 18. Februar 2007 (BGBl I S. 106) mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist. § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG lautet wie folgt: "Verpflichtet das Gericht die Bundesnetzagentur zur Erteilung einer Genehmigung für ein höheres Entgelt, so entfaltet diese Genehmigung die Rückwirkung nach Satz 1 nur, wenn eine Anordnung nach Satz 2 ergangen ist." Der in Bezug genommene § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG bestimmt, dass Entgeltgenehmigungen zurückwirken auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung durch das Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn sie die vollständige oder teilweise Genehmigung eines vertraglich bereits vereinbarten Entgelts beinhalten. Nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG kann das Gericht im Verfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - die vorläufige Zahlung eines beantragten höheren Entgelts anordnen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht; der Darlegung eines Anordnungsgrundes bedarf es nicht. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO kann nur bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Klageerhebung gestellt und begründet werden (§ 35 Abs. 5 Satz 4 TKG). 1. Auf die Gültigkeit des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG kommt es für die Entscheidung des Senats über die Revision der Klägerin an (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG, § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). a) Ist § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG verfassungsgemäß, so ist die Revision gegen das die Klage abweisende erstinstanzliche Teilurteil zurückzuweisen. Das angefochtene Teilurteil beruht in diesem Fall zwar auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO), soweit das Verwaltungsgericht die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen hat (aa), stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO), weil § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG unter den dort genannten Voraussetzungen den prozessualen Anspruch auf Verpflichtung zum Erlass einer rückwirkenden Genehmigung eines höheren Entgelts ausschließt (bb). aa) Soweit das Verwaltungsgericht die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen hat, beruht das angefochtene Teilurteil auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt in einer Entscheidung durch Prozessurteil statt durch Sachurteil dann ein Verfahrensfehler, wenn diese auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht (Beschlüsse vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 61.06 - Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 24 Rn. 2, vom 3. September 2010 - BVerwG 6 B 29.10 - Buchholz 310 § 127 VwGO Nr. 16 Rn. 6 und vom 4. Oktober 2013 - BVerwG 6 B 11.13 - juris Rn. 9). Soweit das Verwaltungsgericht nicht in der Sache entschieden, sondern die Verpflichtungsklage für unzulässig gehalten hat, weil nach Ablauf des Genehmigungszeitraums wegen des in § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG geregelten Ausschlusses der Rückwirkung der Genehmigung das Rechtsschutzinteresse entfallen sei, liegt ein solcher Verfahrensmangel vor. Das Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss also eindeutig sein. Im Zweifel ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <3>). Von diesem Maßstab ausgehend hat das Verwaltungsgericht das Rechtsschutzinteresse zu Unrecht verneint. Denn es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass die Klägerin durch eine stattgebende Entscheidung keine Verbesserung ihrer Rechtsposition erreichen kann. Es steht zwar fest, dass die mit der Verpflichtungsklage begehrte Genehmigung eines höheren monatlichen Überlassungsentgelts für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung und den Zugang am Kabelverzweiger in den Varianten CuDA 2Dr und CuDA 2Dr hochbitratig wegen des Ablaufs des Genehmigungszeitraums am 31. März 2007 für die Zukunft keine Wirkung mehr entfalten kann. Nicht in gleichem Maße offensichtlich ist jedoch, ob die in § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG grundsätzlich vorgesehene Rückwirkung der Genehmigung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung und damit auf den streitgegenständlichen Genehmigungszeitraum durch § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG ausgeschlossen ist. Zwar ist eine Anordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG als Voraussetzung für die Rückwirkung einer auf ein Verpflichtungsurteil hin ergehenden Genehmigung höherer Entgelte hier unstreitig nicht ergangen. Ob der Rückwirkungsausschluss zum Tragen kommt, hängt jedoch von der im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfrage ab, ob § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Frage ist im Rahmen der Begründetheit der Klage zu klären. bb) Ist § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG verfassungsgemäß, stellt sich das angefochtene Teilurteil jedoch aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Gültigkeit des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG vorausgesetzt, ist die Klage mit dem auf die Verpflichtung der rückwirkenden Genehmigung höherer Zugangsentgelte gerichteten Hauptantrag unbegründet. Hat die Vorinstanz - wie hier - die Klage als unzulässig abgewiesen, kann das Revisionsgericht die Prozessabweisung nach § 144 Abs. 4 VwGO als Sachabweisung aufrechterhalten, wenn die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil eine hinreichende Grundlage für eine Sachentscheidung bieten und auch im Fall einer Zurückverweisung kein anderes Ergebnis möglich erscheint (vgl. Beschlüsse vom 13. Juni 1977 - BVerwG 4 B 13.77 - BVerwGE 54, 99 <100 f.> und vom 22. August 1996 - BVerwG 8 B 83.96 - juris Rn. 1). So verhält es sich hier, falls § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG verfassungsgemäß und gültig ist. Unabhängig davon, ob die in der angegriffenen Entgeltgenehmigung enthaltene teilweise Ablehnung des weitergehenden Entgeltgenehmigungsantrags der Klägerin rechtswidrig und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), stünde aufgrund der im angefochtenen Teilurteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen fest, dass § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG einem der Klage stattgebenden Verpflichtungsurteil hier entgegensteht. Zur Erteilung der begehrten Genehmigung eines höheren monatlichen Überlassungsentgelts für den bereits abgelaufenen Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2007 dürfte das Gericht die Bundesnetzagentur nicht verpflichten, weil eine Anordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG als Voraussetzung der Rückwirkung nicht ergangen ist. § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG führt insoweit zwar nicht zum Erlöschen des materiellen Genehmigungsanspruchs; denn der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nach dem Wortlaut nur eröffnet, wenn das Gericht die Bundesnetzagentur zur Erteilung einer Genehmigung für ein höheres Entgelt verpflichtet. Dies entspricht auch dem in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Sinn und Zweck der Regelung, die Wettbewerber des regulierten Unternehmens davor zu schützen, Nachzahlungen für die bis zum rechtskräftigen Abschluss entsprechender Gerichtsverfahren vergehende Zeit leisten zu müssen (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 69). Bei einem Erlöschen des materiellen Genehmigungsanspruchs wäre die Bundesnetzagentur generell und unabhängig von gerichtlichen Verfahren daran gehindert, rückwirkend höhere Entgelte zu genehmigen, wenn es an der vorläufigen Zahlungsanordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG fehlt. Dies würde den Schutzzweck der Norm überschreiten. Denn soweit die rückwirkende Entgeltgenehmigung durch die Regulierungsbehörde nicht in Vollzug eines Verpflichtungsurteils erteilt wird, setzt sie die Rücknahme der früheren Genehmigung und damit eine Ermessensentscheidung voraus, bei der insbesondere der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der Wettbewerber in den Blick zu nehmen ist (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 - BVerwG 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 37, 41, 56 ff.). Die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG ist daher vielmehr so zu verstehen, dass sie lediglich den prozessualen Anspruch auf Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts und damit die Befugnis der Gerichte einschränkt, die Bundesnetzagentur rückwirkend zur Genehmigung höherer als der ursprünglich genehmigten Entgelte zu verpflichten (vgl. Mayen/Lünenbürger, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 35 Rn. 80, 102). Auch bei diesem prozessualen Verständnis der Vorschrift wäre die Abweisung der Klage hinsichtlich des Hauptantrags jedenfalls im Ergebnis richtig. Eine auf ein Verpflichtungsurteil hin erteilte Genehmigung eines höheren Entgelts könnte keine Rückwirkung entfalten und mithin für den in der Vergangenheit liegenden Genehmigungszeitraum nicht erteilt werden, weil das Verwaltungsgericht nicht im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO die vorläufige Zahlung eines höheren Entgelts angeordnet hat. b) Ist § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG hingegen verfassungswidrig und nichtig, hat die Revision der Klägerin Erfolg. Die Regelung stünde dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur Erteilung einer gemäß § 35 Abs. 5 Satz 1 TKG rückwirkenden Genehmigung eines höheren Entgelts nicht entgegen. Der Erfolg der Klage hinge davon ab, dass die unter Ziff. 4 des Genehmigungsbescheides vom 28. April 2005 ausgesprochene teilweise Ablehnung des weitergehenden Entgeltgenehmigungsantrags der Klägerin rechtswidrig und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist, weil sie einen Anspruch auf Genehmigung eines höheren Entgelts oder jedenfalls auf Neubescheidung ihres weitergehenden Antrags hat. Eine abschließende Beurteilung ist dem Senat diesbezüglich nicht möglich, weil das Verwaltungsgericht insoweit noch keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat. Das angefochtene Teilurteil wäre in diesem Fall aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Zwar kann die weitere Sachaufklärung zu dem Ergebnis führen, dass der Anspruch der Klägerin auf Erteilung der begehrten Genehmigung eines höheren monatlichen Überlassungsentgelts für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis zum 31. März 2007 aus anderen Gründen nicht besteht. Diese Ungewissheit steht indes der Zulässigkeit einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG durch das Revisionsgericht nicht entgegen (BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 1968 - 1 BvL 20/63, 31/66 und 5/67 - BVerfGE 24, 119 <133 f.>). 2. Der Senat ist davon überzeugt, dass § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG (a) und Art. 12 Abs. 1 GG (b) unvereinbar ist. a) § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG verletzt die Gewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die durch § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG im Ergebnis bewirkte Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung durch den Ausgang des in § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG geregelten Eilverfahrens, das aus strukturellen Gründen keinen gleichwertigen Rechtsschutz gewährleisten kann, führt zu einer erheblichen Einschränkung des Rechtsschutzes (aa), die durch Sachgründe nicht gerechtfertigt und deshalb für das entgeltregulierte Unternehmen unzumutbar ist (bb). aa) Die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG führt zu einer Einschränkung des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, da sie den Rechtsschutz des regulierten Unternehmens gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über seine Entgeltgenehmigungsanträge wesentlich erschwert. Gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG steht demjenigen, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Diese Vorschrift gewährleistet neben dem Zugang zu den Gerichten auch eine tatsächliche wirksame - effektive - gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschlüsse vom 8. Juli 1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 <110 f.> und vom 3. März 2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <85>; stRspr). Zur Effektivität des Rechtsschutzes gehört es, dass das Gericht das Rechtsschutzbegehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht prüfen kann und genügend Entscheidungsbefugnisse besitzt, um drohende Rechtsverletzungen abzuwenden oder erfolgte Rechtsverletzungen zu beheben (BVerfG, Beschlüsse vom 8. Juli 1982 a.a.O. und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <123>). Der Rechtsweg, den Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG dem Einzelnen gewährleistet, bedarf der gesetzlichen Ausgestaltung. Hierbei verfügt der Gesetzgeber zwar über einen beträchtlichen Gestaltungsspielraum, darf jedoch die Notwendigkeit einer umfassenden Nachprüfung des Verwaltungshandelns in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und eine dem Rechtsschutzbegehren angemessene Entscheidungsart und -wirkung nicht verfehlen (BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 a.a.O. S. 123 f.). Da § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG - wie bereits ausgeführt - den prozessualen Anspruch auf Verpflichtung zum Erlass des begehrten Verwaltungsakts und damit die Befugnis der Gerichte einschränkt, die Bundesnetzagentur rückwirkend zur Genehmigung höherer als der ursprünglich genehmigten Entgelte zu verpflichten, handelt es sich in der Sache um eine Regelung, die in ihrem Anwendungsbereich - zumindest auch - den Rechtsweg ausgestaltet. Abweichend von den nach allgemeinem Verwaltungsprozessrecht (§ 113 Abs. 5 VwGO) geltenden Regelungen zum Umfang des Verpflichtungsausspruchs darf das Gericht bei Nichtvorliegen der in § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG genannten Voraussetzungen die Bundesnetzagentur selbst dann nicht zur Erteilung der begehrten Entgeltgenehmigung verpflichten, wenn deren Ablehnung rechtswidrig ist, das regulierte Unternehmen hierdurch in seinen Rechten verletzt wird und die Sache spruchreif ist. Soweit der Genehmigungszeitraum in der Vergangenheit liegt, macht § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG die Erlangung von Rechtsschutz durch ein stattgebendes Verpflichtungsurteil davon abhängig, dass das Gericht zuvor im Eilverfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO vorläufig die Zahlung eines höheren Entgelts angeordnet hat. Fehlt eine solche einstweilige gerichtliche Zahlungsanordnung, muss die Verpflichtungsklage allein schon aus diesem Grund abgewiesen werden, selbst wenn das regulierte Unternehmen durch die vollständige oder teilweise Ablehnung seines Entgeltgenehmigungsantrags in seinem subjektiven Recht auf Genehmigungserteilung verletzt worden ist. Die durch die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG im Ergebnis bewirkte Vorverlagerung des Rechtsschutzes in das Verfahren der einstweiligen Anordnung beeinträchtigt die effektive gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Entgeltgenehmigungsbescheids. Das Rechtsschutzdefizit folgt insoweit zwar nicht zwingend bereits aus der allgemein üblichen und anerkannten Praxis der Gerichte, sich in Eilverfahren an den Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu orientieren und dann die Sach- und Rechtslage im Rahmen der Prüfung des Anordnungsanspruchs lediglich summarisch zu prüfen; denn in solchen Fällen, in denen das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt sowie eine endgültige Verletzung der Rechte eines Beteiligten droht und insoweit auch Grundrechtspositionen von Gewicht in Rede stehen, kann eine umfassendere rechtliche Prüfung des im Hauptsacheverfahren in Rede stehenden materiellen Anspruchs bereits im Eilverfahren von Verfassungs wegen geboten sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 - 1 BvR 233/81 und 341/81 - BVerfGE 69, 315 <363 f.>; Kammerbeschluss vom 28. September 2009 - 1 BvR 1702/09 - NVwZ-RR 2009, 945 Rn. 15). Eine derartige Steigerung der gerichtlichen Prüfungsintensität im Eilverfahren zur Vermeidung eines mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unvereinbaren Rechtsschutzdefizits ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts (UA S. 14) grundsätzlich auch im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG denkbar (vgl. Masing/Griebel, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, Stand März 2007, § 35 Rn. 59; Gramlich, N&R 2013, 102 <106 f.>). Die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 TKG steht dem nicht entgegen. Danach kann das Gericht im Verfahren nach § 123 VwGO die vorläufige Zahlung eines beantragten höheren Entgelts anordnen, wenn überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht. Mit der Forderung einer "überwiegenden Wahrscheinlichkeit" verweist die Vorschrift auf das gegenüber einem Vollbeweis verminderte Beweismaß bei der bloßen Glaubhaftmachung von Tatsachen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 1998 - II ZB 15/97 - NJW 1998, 1870 und vom 21. Oktober 2010 - V ZB 210/09 - NJW-RR 2011, 136 <137>). Dieser geringere Grad der richterlichen Überzeugungsbildung bei der Ermittlung des Sachverhalts im Eilverfahren, der der Verfahrensbeschleunigung dient und sich bereits aus dem allgemeinen Prozessrecht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO) ergibt, wird jedoch durch die aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Pflicht des Gerichts überlagert, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - NVwZ 2005, 927 <928>). Diese Voraussetzungen dürften im Anwendungsbereich des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG regelmäßig vorliegen; denn ohne die vorherige Anordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO wäre eine umfassende Prüfung des Genehmigungsbescheides der Bundesnetzagentur in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nach Ablauf des Genehmigungszeitraums nur noch im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage möglich, mit der das regulierte Unternehmen zwar die Rechtswidrigkeit des Bescheids feststellen lassen, jedoch nicht die Beseitigung der darin liegenden Rechtsverletzung erreichen könnte. Der effektive Rechtsschutz des regulierten Unternehmens gegen teilweise ablehnende Entgeltgenehmigungsbescheide der Bundesnetzagentur ist durch das Verfahren der einstweiligen Anordnung allerdings aus anderen Gründen im Ergebnis nicht gewährleistet. Zum einen modifiziert die Vorgabe des § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 TKG die allgemein im Anordnungsverfahren nach § 123 VwGO geltenden Grundsätze in der Weise, dass eine auf die vorläufige Zahlung eines beantragten höheren Entgelts gerichtete Anordnung nicht auch als Ergebnis einer Folgenabwägung ergehen kann, falls sich die Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht klären lässt. Gelingt dem antragstellenden Unternehmen die Glaubhaftmachung nicht, so besteht kein Anordnungsanspruch und ist der Antrag abzulehnen, auch wenn die Frage, ob der materielle Anspruch auf das höhere Entgelt besteht oder nicht, "offen" ist (vgl. Berger-Kögler/Cornils, in: Geppert/Schütz, Beck'scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 35 Rn. 124). Dies wird den besonderen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht gerecht, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, verlangt die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in solchen Fällen, anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei insbesondere grundrechtliche Belange umfassend in die Abwägung einzustellen sind (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. Mai 2005 a.a.O. S. 928). Dass die Entgeltgenehmigungsentscheidung der Regulierungsbehörde grundrechtliche Belange des regulierten Unternehmens in erheblichem Maße berührt, steht außer Frage. Die Pflicht zur Genehmigung von Entgelten und das damit einhergehende Verbot, ungenehmigte Entgelte zu verlangen, greift in den Schutzbereich der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) ein; denn das Grundrecht auf freie Berufsausübung schließt die Freiheit ein, das Entgelt für berufliche Leistungen mit dem Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - NVwZ 2012, 694 <697 f.>; BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - BVerwGE 120, 54 <68>, vom 9. Mai 2012 - BVerwG 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 34 und vom 25. September 2013 - BVerwG 6 C 13.12 - juris Rn. 39). Die durch § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 TKG im Rahmen des Anordnungsverfahrens ausgeschlossene Folgenabwägung könnte dem antragstellenden Unternehmen zumindest in solchen Fällen, in denen seiner grundrechtsgeschützten Position keine vergleichbar gewichtigen Belange der Wettbewerber gegenüberstehen, die Chance erhalten, seinen Anspruch auf kostendeckende Entgelte gerichtlich durchzusetzen. Die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG verlagert im Ergebnis den Rechtsschutz endgültig auf das Verfahren der einstweiligen Anordnung und beeinträchtigt vor allem deshalb das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, weil das Verfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO immer dann nicht zum Erfolg führen kann, wenn die Sache wegen eines Beurteilungsspielraums der Bundesnetzagentur nicht spruchreif ist (vgl. Berger-Kögler/Cornils, a.a.O. § 35 Rn. 127). Ein solcher Beurteilungsspielraum kommt der Regulierungsbehörde nach der Rechtsprechung des Senats im Rahmen der Bestimmung der für die telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG in der hier noch anwendbaren Fassung (jetzt: § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG) in der Regel maßgeblichen Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung jedenfalls bei der Auswahl der Methode für die Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen zu (vgl. Urteil vom 25. September 2013 a.a.O. Rn. 18 ff.). In diesen Fällen kann das Gericht die für die vorläufige Zahlungsanordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Anspruch auf die Genehmigung des höheren Entgelts besteht, regelmäßig schon deshalb nicht feststellen, weil es einem der Regulierungsbehörde zustehenden Letztentscheidungsrecht nicht vorgreifen darf und deshalb in der Hauptsache lediglich ein Bescheidungsurteil in Betracht kommt. Das hieraus folgende Rechtsschutzdefizit lässt sich nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung beheben. Da sich der der Regulierungsbehörde im Rahmen der Bestimmung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung partiell eingeräumte Beurteilungsspielraum aus den unionsrechtlichen Vorgaben zur Preiskontrolle ergibt, ist die rechtliche Annahme einer Reduzierung auf Null im Anordnungsverfahren nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO ausgeschlossen. In Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (ABl EG Nr. L 108 S. 7, Zugangsrichtlinie) ist der Entgeltmaßstab der "kostenorientierten Preise" niedergelegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zum Merkmal der Kostenorientierung in Art. 3 Abs. 3 TAL-VO (EuGH, Urteil vom 24. April 2008 - Rs. C-55/06, Arcor - Slg. 2008, I-2931 Rn. 145, 149), die auf die Auslegung des in Art. 13 Abs. 1 Satz 1 der Zugangsrichtlinie enthaltenen Begriffs der "kostenorientierten Preise" übertragen werden kann (vgl. Urteil vom 25. September 2013 a.a.O. Rn. 21 ff.), liegt die Auswahl der Methode zur Berechnung des Anlagevermögens als Grundlage für die Ermittlung von Zinsen und Abschreibungen im "Ermessen" der nationalen Regulierungsbehörden (EuGH, Urteil vom 24. April 2008 a.a.O. Rn. 109, 116 f.; vgl. hierzu ferner Urteil des Senats vom 23. November 2011 - BVerwG 6 C 11.10 - Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 5 Rn. 19, 22). Soweit der Gerichtshof von Ermessen spricht, handelt es sich nach deutscher Rechtsterminologie um einen Beurteilungsspielraum (Urteile vom 23. November 2011 a.a.O. Rn. 37 und vom 25. September 2013 a.a.O. Rn. 30), den das nationale Recht nicht einschränken kann. bb) Die durch die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG bewirkte Einschränkung des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG für das regulierte Unternehmen ist in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht durch hinreichend gewichtige Sachgründe gerechtfertigt und deshalb unverhältnismäßig. (1) Obwohl Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vorbehaltlos formuliert ist, sind gesetzliche Einschränkungen dieses Grundrechts nicht von vornherein ausgeschlossen, soweit bei der Ausgestaltung der Rechtsschutzgarantie Belange, die dem Gebot umfassenden Rechtsschutzes entgegenstehen, Beachtung verlangen. Derartige Einschränkungen unterliegen aber den Anforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben. Sie müssen mit den Prinzipien einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung vereinbar sein und dürfen den Rechtsschutz nicht in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <124 f.>). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist im vorliegenden Zusammenhang dem Umstand Rechnung zu tragen, dass im Zuge der Entgeltgenehmigung eine Konfliktlage in einem mehrpoligen Rechtsverhältnis zu bewältigen ist (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087, 2111/03 - BVerfGE 115, 205 <232 f.>). An diesem Rechtsverhältnis sind neben der Genehmigungsbehörde und dem regulierten Unternehmen, in dessen Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) die Entgeltgenehmigungspflicht eingreift, auch die Wettbewerber als potenziell zur Entgeltzahlung Verpflichtete beteiligt, die insoweit ebenfalls in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG betroffen sind. Der Gesetzgeber ist auch bei der Ausgestaltung des Rechtsschutzes dazu berufen, die miteinander kollidierenden und verflochtenen Interessen in einen Ausgleich zu bringen, der allen in verhältnismäßiger Weise gerecht wird. Dabei kommt ihm ein Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der sich auf die Beurteilung der Vor- und Nachteile für die jeweils betroffenen Güter sowie auf die Güterabwägung mit Blick auf die Folgen für die verschiedenen rechtlich geschützten Interessen bezieht (BVerfG, Beschlüsse vom 14. März 2006 a.a.O. S. 233 f. und vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 - BVerfGE 116, 135 <155>). Ob besondere Maßgaben aus dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch für den Gesetzgeber folgen, wenn er den Rechtsschutz in einer Situation ausgestaltet, durch die unterschiedliche Interessen betroffen sind, lässt sich nur mit Rücksicht auf die Eigenart gerade der konkret betroffenen Interessenlage beurteilen. Der Gesetzgeber hat insbesondere grundrechtliche Schutzaussagen zugunsten des Rechtsuchenden, aber auch zugunsten Dritter, deren Belange durch den begehrten Rechtsschutz berührt werden, zu beachten und hierbei bereichsspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 a.a.O.). Die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen liegt dabei ebenso in seiner politischen Verantwortung wie die Vorausschau auf die künftige Entwicklung und die Wirkungen seiner Regelung (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842, 1843/11 - NJW 2014, 46 Rn. 70). Eine Grundrechtsverletzung kann nur festgestellt werden, wenn eine betroffene Grundrechtsposition gegenläufigen Interessen in einer Weise untergeordnet wird, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2013 a.a.O.). (2) Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG nicht. (a) Mit der Beschränkung der Rückwirkung von Genehmigungen höherer Entgelte, die aufgrund eines Verpflichtungsurteils ergehen, verfolgt der Gesetzgeber einen legitimen Zweck. Die Wettbewerber des regulierten Unternehmens, die mit diesem Zugangsverträge geschlossen und auf der Basis genehmigter Entgelte Leistungen bezogen haben, sollen vor hohen Nachzahlungen und dem Erfordernis entsprechender Rückstellungen geschützt werden. In der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 15/2316 S. 69 f.) wird zur Erläuterung darauf hingewiesen, dass sich die Wettbewerber bei einer uneingeschränkten Rückwirkung dem Risiko ausgesetzt sähen, Nachzahlungen für mehrere Jahre, die regelmäßig bis zum rechtskräftigen Abschluss entsprechender Gerichtsverfahren vergingen, leisten zu müssen. Für diesen Fall wären Rückstellungen erforderlich in Höhe der Differenz zwischen den beantragten und den genehmigten Entgelten, die sich aufgrund der Vielzahl der Vertragsbeziehungen und des Umfangs der bezogenen Leistungen zu ganz erheblichen Beträgen summieren könnten. Ferner hätten die Wettbewerber - rechtlich oder tatsächlich - keine Möglichkeit, gegenüber ihren Endkunden Nachzahlungen durchzusetzen, so dass die Wettbewerber in eine existenzbedrohende Situation gelangen könnten. Wie die Entgeltregulierung insgesamt (vgl. Urteile vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - BVerwGE 120, 54 <62> und vom 25. Februar 2009 - BVerwG 6 C 25.08 - Buchholz 442.066 § 37 TKG Nr. 2 Rn. 19) dient damit auch die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG dem öffentlichen Interesse an der Förderung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs. (b) Die Beschränkung der gerichtlichen Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf rückwirkende Genehmigung eines höheren Entgelts ist zur Förderung dieses legitimen Zwecks geeignet. Bei uneingeschränkter Rückwirkung einer von dem regulierten Unternehmen mit der Verpflichtungsklage erstrittenen Genehmigung eines höheren Entgelts wären die entgeltpflichtigen Wettbewerber dem in der Begründung des Gesetzentwurfs beschriebenen Nachzahlungsrisiko ausgesetzt. Im Hinblick auf dieses Risiko notwendige Rückstellungen würden die Wettbewerber auch dann finanziell belasten, wenn sich die von der Bundesnetzagentur erteilte Genehmigung im Klageverfahren letztlich als rechtmäßig erweisen sollte (vgl. Masing/Griebel, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, Stand März 2007, § 35 Rn. 61; Groebel, in: Säcker <Hrsg.>, TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 81). Die Berücksichtigung der Rückstellungskosten im Rahmen der Preiskalkulation würde sich zudem zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit der Angebote der Wettbewerber auswirken. Die Ungewissheit über das zu zahlende Entgelt würde den vom Gesetz bezweckten Marktzutritt von Wettbewerbern spürbar behindern (vgl. Urteil vom 21. Januar 2004 a.a.O. S. 65). Diesen Nachteilen für das Regulierungsziel der Wettbewerbsförderung wirkt § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG entgegen, indem die Regelung die rückwirkende Durchsetzbarkeit höherer Entgelte von der erfolgreichen Durchführung des Eilverfahrens nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO abhängig macht. Aufgrund dieser Verknüpfung erlangen die Wettbewerber bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens ein hohes Maß an Planungssicherheit, da sie sich nur in dem Fall einer vorläufigen Zahlungsanordnung auf die Möglichkeit höherer Entgelte einstellen müssen. (c) Die Beschränkung der Rückwirkung solcher Genehmigungen höherer Entgelte, die aufgrund eines Verpflichtungsurteils ergehen, ist auch erforderlich. Ein gleich geeignetes milderes Mittel zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele ist nicht ersichtlich. Sähe das Gesetz abweichend von § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 TKG eine vollständige tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Entgeltgenehmigung im Anordnungsverfahren vor, könnte dies zwar die Beeinträchtigung des Grundrechts des regulierten Unternehmens auf effektiven Rechtsschutz in den Fällen abschwächen, in denen die Bundesnetzagentur nicht über einen Beurteilungsspielraum verfügt. Da die Kontrolle von Entgeltgenehmigungsentscheidungen regelmäßig schwierige tatsächliche und rechtliche Fragen aufwirft, hätte dies jedoch zwangsläufig eine erhebliche Verlängerung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zur Folge und liefe deshalb dem gesetzgeberischen Anliegen, im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs schnell Rechtsklarheit über die zu leistenden Entgelte zu schaffen, zuwider (vgl. auch Berger-Kögler/Cornils, in: Geppert/Schütz, Beck'scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 35 Rn. 126; Mayen/Lünenbürger, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 35 Rn. 109). Auch eine Befugnis des Gerichts, die einstweilige Zahlungsanordnung nach § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG auf der Grundlage einer Folgenabwägung zu erlassen, wenn eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich oder die Sache wegen eines Beurteilungsspielraums der Regulierungsbehörde nicht spruchreif ist, wäre kein gleich geeignetes Mittel zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele. Wegen der erwähnten Komplexität der Entgeltgenehmigungsentscheidungen, des in zentralen Punkten unionsrechtlich vorgegebenen Beurteilungsspielraums und der - im Rahmen einer Folgenabwägung zu berücksichtigenden - gewichtigen grundrechtsgeschützten Position des entgeltberechtigten Unternehmens würde dies in einer Vielzahl von Fällen im Ergebnis dazu führen, dass eine einstweilige Zahlungsanordnung ergehen müsste. Dies würde das Ziel des Gesetzgebers, die Wettbewerber des regulierten Unternehmens vor hohen Nachzahlungen und dem Erfordernis entsprechender Rückstellungen zu schützen, konterkarieren. Die im Schrifttum erwogene Möglichkeit, dem regulierten Unternehmen für den Fall der Erfolglosigkeit seiner Klage die Verpflichtung aufzuerlegen, den Wettbewerbern durch das Rechtsschutzverfahren erforderlich gewordene Rückstellungskosten zu ersetzen (Masing/Griebel, a.a.O. § 35 Rn. 61), stellt ebenfalls keine gleich geeignete Alternative zum Ausschluss der Rückwirkung der gerichtlich erstrittenen Genehmigung eines höheren Entgelts dar; denn im Unterschied zu der in § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG getroffenen Regelung wären die Wettbewerber nicht von der Notwendigkeit befreit, bis zur Rechtskraft eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens zunächst Rückstellungen zu bilden. Bereits diese gegebenenfalls nur vorläufige Belastung beschränkt sie in ihrer Wettbewerbsfähigkeit und kann - proportional zur Verfahrensdauer - zu den existenzbedrohenden Gefahren führen, denen der Gesetzgeber gerade entgegenwirken will (vgl. Groebel, a.a.O. § 35 Rn. 81). Die Annahme, dass die in § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG geregelte Rückwirkungsbeschränkung zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele erforderlich ist, steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Senats. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 21. Januar 2004 (a.a.O. S. 69) ausgeführt hat, dass sich eine ausschließlich in die Zukunft gerichtete Entgeltgenehmigung zur Zweckerreichung als nicht erforderlich und damit als unverhältnismäßig erwiese, bezog sich dies auf die Rechtslage nach dem TKG 1996 und die - vom Senat bejahte - Frage, ob die auf der Grundlage des § 39 Alt. 1 TKG 1996 erteilte Genehmigung der Entgelte für die vertraglich vereinbarte Gewährung eines besonderen Netzzugangs auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages zurückwirkt, in dem diese Entgelte vereinbart worden waren. Diese Erwägungen lassen sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht auf die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit von § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG übertragen. Denn durch § 35 Abs. 5 TKG hat der Gesetzgeber die zum alten Recht ergangene Rechtsprechung, nach der die Entgeltgenehmigung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt, einerseits bestätigt, andererseits aber auch begrenzt. Mit der neu eingeführten Verknüpfung zwischen einer vorläufigen Zahlungsanordnung des Gerichts, die nicht von der Darlegung eines Anordnungsgrundes abhängt, und einer möglichen Rückwirkung der im Hauptsacheverfahren erstrittenen (höheren) Entgeltgenehmigung bezweckt das Gesetz eine zwischen dem Entgeltgläubiger und seinen Wettbewerbern ausgewogene Verteilung des Risikos unrichtiger, später korrigierter Entgeltgenehmigungen (vgl. Urteil vom 25. März 2009 - BVerwG 6 C 3.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 2 Rn. 30). Ob es der Gesetzgeber zum Schutz der Wettbewerber vor erheblichen Nachzahlungen für erforderlich halten durfte, die Rückwirkung solcher Genehmigungen höherer Entgelte zu beschränken, die aufgrund eines Verpflichtungsurteils ergehen, hatte der Senat in dem Urteil vom 21. Januar 2004 (a.a.O.) nicht zu prüfen. (d) Die durch § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG bewirkte Einschränkung des Rechtsschutzes des regulierten Unternehmens gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über seine Entgeltgenehmigungsanträge steht jedoch nicht in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Regelung verfolgten Zielen (so auch Mayen/Lünenburger, a.a.O. § 35 Rn. 110; Berger-Kögler/Cornils, a.a.O. § 35 Rn. 119 ff.; in der Tendenz ferner Höffler, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 35 Rn. 47 und Masing/Griebel, a.a.O. § 35 Rn. 58, die jedoch die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung bejahen; ebenso Gramlich, in: Heun, Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl. 2007, Teil 2 I, Rn. 92; ders., N&R 2013, 102 <106>; anderer Auffassung: Groebel, a.a.O. § 35 Rn. 81 ff.; Scherer, NJW 2004, 3001 <3007>; Schuster/Ruhle, in: Piepenbrock/Attendorn, Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2006, § 35 Rn. 75 ff.). Der durch die Regelung bewirkte Eingriff in die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) hat hohes Gewicht. § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG errichtet bei Verpflichtungsklagen, mit denen ein entgeltreguliertes Unternehmen die Genehmigung höherer Entgelte erstrebt, in zahlreichen Fällen eine praktisch unüberwindbare Hürde für die gerichtliche Prüfung des Rechtsschutzbegehrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und nimmt dem Gericht die zur Abwendung bzw. Behebung von Rechtsverletzungen erforderlichen Entscheidungsbefugnisse. Denn die gerichtliche Durchsetzbarkeit des Entgeltgenehmigungsanspruchs des regulierten Unternehmens ist - wie ausgeführt - nach Ablauf des jeweiligen Genehmigungszeitraums vom Ausgang des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens abhängig. Dieses ist aufgrund seines summarischen Charakters nur beschränkt geeignet, eine Klärung der Rechtmäßigkeit einer (Teil-)Ablehnung eines Entgeltgenehmigungsantrags herbeizuführen, und wird vielfach schon deshalb nicht zum Erfolg führen können, weil die Regulierungsbehörde im Rahmen der Bestimmung der für die Entgeltgenehmigung maßgeblichen Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (vgl. § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG in der hier noch maßgeblichen Fassung; jetzt: § 32 Abs. 1 Satz 1 TKG) über unionsrechtlich vorgegebene Beurteilungsspielräume verfügt. Entgeltnachforderungen des regulierten Unternehmens sind damit in zahlreichen Fällen auch dann nicht gerichtlich durchsetzbar, wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass das von der Bundesnetzagentur genehmigte Entgelt den gesetzlich geregelten Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung unterschreitet. Im Ergebnis muss selbst ein effizient wirtschaftendes Unternehmen Leistungen, die es aufgrund der ihm auferlegten Zugangsverpflichtung nicht verweigern darf, zu nicht kostendeckenden Preisen erbringen, soweit der Genehmigungszeitraum bis zum rechtskräftigen Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bereits abgelaufen ist, was bei der in der Praxis der Bundesnetzagentur üblichen Befristung auf ein bis zwei Jahre regelmäßig der Fall sein wird. Auf der anderen Seite sieht sich das regulierte Unternehmen jedoch immer dann einem Rückzahlungsanspruch ausgesetzt, wenn das Hauptsacheverfahren zu niedrigeren als den zunächst vereinnahmten Entgelten führt. Hierzu kann es nicht nur in den Fällen kommen, in denen eine Verpflichtungsklage des regulierten Unternehmens nach vorheriger Zahlungsanordnung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG letztlich doch erfolglos bleibt, sondern auch dann, wenn ein von der Bundesnetzagentur genehmigtes Entgelt auf eine erfolgreiche Anfechtungsklage eines Wettbewerbers abgesenkt wird. In der praktischen Auswirkung legt § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG damit das Kostenrisiko, das sich aus klagebedingten Verzögerungen der Feststellung des rechtmäßigen Entgelts ergibt, einseitig und ausnahmslos dem entgeltberechtigten regulierten Unternehmen auf. Diesen erheblichen Belastungen des regulierten Unternehmens aufgrund der Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG stehen keine gleichermaßen gewichtigen Belange gegenüber. Auch unter Berücksichtigung des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Güterabwägung ist die durch die Regelung bewirkte Einschränkung der gerichtlichen Durchsetzbarkeit des Entgeltgenehmigungsanspruchs für das regulierte Unternehmen unzumutbar. Das vom Gesetzgeber mit der Regelung verfolgte Ziel des Schutzes der Wettbewerber vor hohen Nachzahlungen und dem Erfordernis entsprechender Rückstellungen kann im Hinblick auf die Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine derart weitreichende Beeinträchtigung des Rechtsschutzes des regulierten Unternehmens nicht rechtfertigen. Es fehlt an einem angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen. Zwar ist das Vertrauen der Wettbewerber in den Bestand der von der Bundesnetzagentur in dem dafür nach §§ 132 ff. TKG vorgesehenen, besonders formalisierten Verfahren genehmigten Entgelte grundsätzlich schutzwürdig (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 - BVerwG 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 61). Hinzu kommt, dass die Wettbewerber im Entgeltgenehmigungsverfahren in der Regel nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Überprüfung der von dem regulierten Unternehmen vorgelegten Kostenunterlagen haben, da ihnen diese zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur mit umfangreichen Schwärzungen zugänglich gemacht werden müssen. Auch ist ohne weiteres davon auszugehen, dass es den Wettbewerbern durch das Erfordernis, Rückstellungen für den Fall einer Nachzahlung zu bilden und die hierfür entstehenden Kosten bei der Kalkulation der eigenen Endkundenpreise zu berücksichtigen, erschwert wird, wettbewerbsfähige Angebote zu erstellen. Auf der anderen Seite darf jedoch nicht übersehen werden, dass den finanziellen Belastungen, denen die Wettbewerber durch die Entgeltnachforderungen des regulierten Unternehmens ausgesetzt sind, zunächst der wirtschaftliche Vorteil einer teilweisen Vorfinanzierung der gewährten Leistungen durch das marktbeherrschende Unternehmen gegenübersteht (vgl. Urteil vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - BVerwGE 120, 54 <66>). Da die Bundesnetzagentur nicht nur die genehmigten Entgelte (vgl. § 35 Abs. 6 TKG in der hier noch anwendbaren Fassung; jetzt: § 35 Abs. 7 TKG), sondern auch die beantragten Entgelte veröffentlichen muss (vgl. § 36 Abs. 2 TKG), werden die Wettbewerber zudem bei der Inanspruchnahme der Leistungen in der Regel Kenntnis davon haben, dass die von dem marktbeherrschenden Unternehmen beantragten Entgelte nur teilweise genehmigt worden sind, so dass sie bei ihren Planungen mit der Möglichkeit einer Erhöhung in Folge eines Klageverfahrens rechnen müssen (vgl. Urteil vom 9. Mai 2012 a.a.O.). Bei dem Erfordernis, Rückstellungen für den Fall einer durch das marktbeherrschende Unternehmen im Klagewege erstrittenen Genehmigung höherer Entgelte zu bilden, handelt es sich nicht um einen einseitigen Nachteil der Wettbewerber; denn auch das regulierte Unternehmen muss gegebenenfalls Rückstellungen für den Fall bilden, dass seine Verpflichtungsklage nach vorheriger Zahlungsanordnung gemäß § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG erfolglos bleibt oder das von der Bundesnetzagentur genehmigte Entgelt auf eine erfolgreiche Anfechtungsklage eines Wettbewerbers abgesenkt wird. Dem öffentlichen Interesse an der Förderung und Sicherung chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs wird in erster Linie durch die Pflicht des marktbeherrschenden Unternehmens Rechnung getragen, die Entgelte für die mit der Zugangsgewährung verbundenen Leistungen genehmigen zu lassen. Eine faktische Freistellung der Wettbewerber von der Pflicht zur Zahlung kostendeckender Entgelte durch eine den Rechtsschutz des entgeltberechtigten Unternehmens pauschal verkürzende Regelung wie § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG wird den Anforderungen an einen angemessenen Ausgleich der widerstreitenden Interessen hingegen nicht mehr gerecht und führt zu einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG). In diesem Zusammenhang kann offen bleiben, ob und gegebenenfalls inwieweit der Gesetzgeber den Rechtsschutz des entgeltregulierten Unternehmens ohne Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzen dürfte, um dem in der Gesetzesbegründung genannten Fall Rechnung zu tragen, dass entgeltverpflichtete Wettbewerber aufgrund von Nachzahlungen, die bei einer Verpflichtung der Beklagten zur rückwirkenden Genehmigung höherer Entgelte fällig werden, "in eine existenzbedrohende Situation gelangen" (BTDrucks 15/2316, S. 70). Beschränkungen der gerichtlichen Durchsetzbarkeit eines dem regulierten Unternehmen zustehenden Entgeltgenehmigungsanspruchs zur Förderung des chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs sind jedenfalls dann unangemessen, wenn nicht nur besonders schutzbedürftige Unternehmen, etwa solche, die neu in den Markt eintreten, begünstigt werden, sondern auch solche, die durch die Nachzahlungspflichten bzw. die erforderlichen Rückstellungskosten nicht empfindlicher getroffen werden als das regulierte Unternehmen durch eine ihm auferlegte Pflicht zur Leistungserbringung zu nicht kostendeckenden Konditionen (vgl. Berger-Kögler/Cornils, in: Geppert/Schütz, Beck'scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 35 Rn. 136; Höffler, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 35 Rn. 48). Dass die Klägerin auf dem bundesweiten Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung über beträchtliche Marktmacht verfügt, schließt nicht aus, dass sich unter ihren Abnehmern vergleichbar finanzstarke Unternehmen - wie etwa Vodafone oder Telefónica - befinden, die durch die asymmetrische Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG ebenfalls begünstigt werden (vgl. Höffler, a.a.O.). Mit der Befugnis des Gesetzgebers zum Erlass generalisierender, typisierender und pauschalierender Regelungen lässt sich dieser Mangel an Differenzierung nicht rechtfertigen. Der Gesetzgeber darf sich im Rahmen der Typisierung zwar grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 - 2 BvL 13/09 - BVerfGE 126, 268 <278 f.>). Auf welche Erkenntnisse sich die der Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG möglicherweise zugrunde liegende Annahme des Gesetzgebers stützt, die Wettbewerber eines marktbeherrschenden Unternehmens seien auch beim inzwischen erreichten Stand der Entwicklung der Märkte im Telekommunikationssektor zumindest typischerweise so finanzschwach, dass sie vor Nachzahlungen geschützt werden müssten, die bei einer gerichtlichen Verpflichtung der Bundesnetzagentur zur rückwirkenden Genehmigung höherer Entgelte fällig würden, ist nicht erkennbar. Die Angemessenheit des durch § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG bewirkten Interessenausgleichs lässt sich entgegen dem Verwaltungsgericht (ebenso z.B. Groebel, in: Säcker <Hrsg.>, TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 83) auch nicht damit begründen, dass die Regelung den zahlungspflichtigen Wettbewerbern das Risiko auferlegt, im Falle einer stattgebenden Eilentscheidung aufgrund nur summarischer Prüfung vorläufig ein Entgelt entrichten zu müssen, das sich nachträglich im Hauptsacheverfahren als zu hoch erweist. Dieses Risiko fällt gemessen an den dem regulierten Unternehmen auferlegten Belastungen nicht erheblich ins Gewicht. Wie bereits ausgeführt, können die Wettbewerber aufgrund einer stattgebenden Eilentscheidung geleistete Überzahlungen nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens zurückfordern, während das regulierte Unternehmen bei ablehnender Eilentscheidung einen (höheren) Entgeltanspruch nicht mehr durchsetzen kann. Die in § 35 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 TKG vorgesehene Freistellung des regulierten Unternehmens von der nach allgemeinen Grundsätzen für den Erfolg eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an sich erforderlichen Darlegung eines Anordnungsgrundes rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts ist hiermit letztlich keine Vereinfachung der Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes verbunden. Denn der Anordnungsgrund, d.h. die Unzumutbarkeit eines Abwartens der Hauptsacheentscheidung, folgt bereits aus der in § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG vorgesehenen Verknüpfung von Genehmigungsrückwirkung und Ausgang des Eilverfahrens (vgl. Berger-Kögler/Cornils, a.a.O. § 35 Rn. 116; Gramlich, in: Heun, Handbuch Telekommunikationsrecht, 2. Aufl. 2007, Teil 2 I, Rn. 92). Soweit eine vorläufige gerichtliche Zahlungsanordnung nicht ergeht, kann die Klage in der Hauptsache trotz materiellen Anspruchs auf Genehmigung eines höheren Entgelts keinen Erfolg mehr haben. In einer solchen Situation, in der bei einer Nichtgewährung von Eilrechtsschutz eine endgültige Vereitelung des materiellen Anspruchs droht, ist der Anordnungsgrund durch die Bejahung des Anordnungsanspruchs indiziert (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. September 2009 - 1 BvR 1702/09 - NVwZ-RR 2009, 945 <947>). § 35 Abs. 5 Satz 2 TKG hat demnach nur klarstellende Bedeutung, soweit er die Darlegung eines Anordnungsgrundes für entbehrlich erklärt. b) Die Regelung des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 TKG verletzt zugleich die Berufsfreiheit des regulierten Unternehmens gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. Ebenso wie die Entgeltgenehmigungspflicht greift auch der Ausschluss der Rückwirkung einer auf ein Verpflichtungsurteil hin erteilten Genehmigung eines höheren Entgelts in das von der Berufsausübungsfreiheit umfasste Recht des regulierten Unternehmens ein, das Entgelt für berufliche Leistungen mit dem Interessenten auszuhandeln (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2011 - 1 BvR 1932/08 - NVwZ 2012, 694 <697 f.>, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1843/11 - NJW 2014, 46 Rn. 66; BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 C 1.03 - BVerwGE 120, 54 <68>, vom 9. Mai 2012 - BVerwG 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 34 und vom 25. September 2013 - BVerwG 6 C 13.12 - juris Rn. 39). Dieser Eingriff ist nicht gerechtfertigt. Zwar verfolgt die Regulierung der Telekommunikationsmärkte nach dem 2. Teil des Telekommunikationsgesetzes insbesondere mit dem Schutz der Verbraucherinteressen und der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs (vgl. §§ 1 und 2 Abs. 2 TKG) gewichtige Gemeinwohlziele. Wird einem marktbeherrschenden Unternehmen eine Entgeltgenehmigungspflicht auferlegt, ist dies daher im Hinblick auf das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dem regulierten Unternehmen angesichts des Maßstabs der Kosten der effizienten Leistungserbringung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG in der hier noch anwendbaren Fassung (jetzt: § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG) kein finanzielles Sonderopfer zu Gunsten der Allgemeinheit auferlegt wird (BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Dezember 2011 a.a.O. S. 698). Der in § 35 Abs. 5 Satz 3 TKG geregelte Ausschluss der Rückwirkung der Genehmigung eines höheren Entgelts, die auf ein Verpflichtungsurteil hin erteilt wird, schränkt das regulierte Unternehmen jedoch unverhältnismäßig in ihrer Berufsausübungsfreiheit ein. Er führt - wie ausgeführt - dazu, dass das entgeltberechtigte Unternehmen seinen Anspruch auf rückwirkende Genehmigung eines höheren Entgelts ohne eine - praktisch kaum erreichbare - stattgebende Eilentscheidung gerichtlich nicht durchsetzen kann. Im Ergebnis wird das regulierte Unternehmen durch die Beschränkung der Rückwirkung daran gehindert, die dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungserbringung entsprechenden Entgelte zu erheben. Es muss damit über die Entgeltgenehmigungspflicht hinaus ein finanzielles Sonderopfer zu Gunsten derjenigen Wettbewerber erbringen, die die regulierte Leistung in Anspruch nehmen. Dies ist aus den bereits dargelegten Gründen unverhältnismäßig.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020230&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020231
BVerwG
9. Senat
20140306
9 B 54/13
Beschluss
Art 3 Abs 1 GG, § 86 Abs 3 VwGO, § 105 VwGO, § 108 Abs 1 VwGO, § 108 Abs 2 VwGO, § 173 S 1 VwGO, § 160 Abs 2 ZPO, § 283 ZPO, § 415 Abs 2 ZPO, § 44 LAnpG, § 64 S 1 LAnpG, § 56 LAnpG, § 58 LAnpG, § 18 LPGG, § 27 LPGG
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 30. Mai 2013, Az: OVG 70 A 6.11, Urteil
DEU
Antrag auf Schriftsatzfristgewährung ist wesentlicher, zu protokollierender Vorgang der Verhandlung
Der Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist (§ 173 VwGO i.V.m. § 283 ZPO) gehört zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung, die in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen sind (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO).
Die auf Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. 1. Ein entscheidungserheblicher Verfahrensmangel liegt nicht vor. a) Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe gegen § 108 Abs. 2 VwGO verstoßen, weil es den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Schriftsatzfrist zu dem erstmals in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Pachtvertrag aus dem Jahre 1990 abgelehnt habe. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2013 ein solcher Antrag nicht gestellt wurde. Der Antrag auf Gewährung einer Schriftsatzfrist nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO gehört zu den wesentlichen Vorgängen der Verhandlung, die in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen sind (§ 105 VwGO i.V.m. § 160 Abs. 2 ZPO; vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2013 - BVerwG 9 B 7.13 - juris Rn. 10 und BFH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - IX S 7/10 - juris Rn. 3 m.w.N.). Ist ein derartiger Antrag nicht protokolliert, so begründet das Protokoll den vollen Beweis dafür, dass er nicht gestellt wurde. Den nach § 173 VwGO i.V.m. § 415 Abs. 2 ZPO zulässigen Gegenbeweis einer Unvollständigkeit des Protokolls hat der Kläger nicht führen können. Sein Antrag auf entsprechende Berichtigung des Protokolls wurde durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 8. Oktober 2013 abgelehnt. Davon abgesehen legt die Beschwerde nicht dar, dass sich der behauptete Verfahrensmangel nach der maßgeblichen Würdigung des Pachtvertrages durch das Oberverwaltungsgericht auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann. Das Gericht wertet den Pachtvertrag als Indiz dafür, dass die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen - und nicht eine andere Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) - bei Errichtung der Schafstallanlage auf dem Flurstück des Klägers Nutzungsberechtigte war. Demgegenüber gibt die Beschwerde an, der Kläger hätte in einem nachgelassenen Schriftsatz vorgetragen, dass der Pachtvertrag belege, dass seine Rechtsvorgänger Eigentümer sowohl der Grundstücksfläche als auch der darauf stehenden Gebäude gewesen seien. Danach wäre es dem Kläger also nicht darum gegangen, auf überraschendes Vorbringen des Beklagten zu erwidern. Vielmehr hätte er die Vorlage des Pachtvertrages durch den Beklagten dazu nutzen wollen, nach Schluss der mündlichen Verhandlung erstmals Indizien vorzutragen, die seine Klage stützen. Damit wird der Anwendungsbereich der Schriftsatzfrist als Mittel zur Sicherung des rechtlichen Gehörs verfehlt. b) Die Beschwerde rügt ferner als Verstoß gegen § 86 Abs. 3, § 108 Abs. 2 VwGO, das Oberverwaltungsgericht hätte den Kläger auf seine Rechtsauffassung hinweisen müssen, dass ein Nutzungsrecht bereits durch faktische Überlassung des Bodens durch den Staat begründet werden konnte und nicht nur durch vertragliche Vereinbarung. Bei entsprechendem Hinweis hätte der Kläger vorgetragen, dass auch bei bloß faktischer Überlassung des Bodens ein Nutzungsrecht nur habe begründet werden können, wenn der Staat hierzu berechtigt gewesen sei. Daran habe es hier gefehlt, weil der Staat das Nutzungsrecht am Flurstück ... selbst nur aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages erworben habe und es daher nicht einer LPG habe überlassen können. Damit ist kein Verfahrensfehler dargetan. Es kann keine Rede davon sein, dass das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, mit dem der Kläger nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19; stRspr); das gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger nicht anwaltlich vertreten war. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass der landwirtschaftliche Betrieb samt dem Flurstück ... des Klägers durch dessen Rechtsvorgänger ursprünglich dem Rat des Kreises K. zur Überlassung an die damalige LPG "Thomas Münzer" bzw. die Groß-LPG "Thomas Münzer" verpachtet worden sei. Die letztgenannte LPG sei in den 70er Jahren im Zuge einer in der DDR einsetzenden Spezialisierung in eine der Tierproduktion - LPG (T) - und in eine der Pflanzenproduktion - LPG (P) - dienende LPG aufgespalten worden. Nach damaliger Rechtslage seien die Nutzungsrechte der ursprünglichen LPGs auf die so neu entstandenen LPGs übergegangen. Das sei hier die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen, nämlich die LPG (P), gewesen, der das Grundstück zur Nutzung überlassen worden sei und die deshalb gemäß § 18 LPG-Gesetz 1982 berechtigt gewesen sei, die Schafstallanlage auf dem von ihr genutzten Grundstück des Klägers zu errichten mit der Folge des Erwerbs selbständigen Gebäudeeigentums nach § 27 LPG-Gesetz 1982. Diese Rechtsauffassung zur Entstehung und Zuordnung des Nutzungsrechts wurde bereits von der Widerspruchsbehörde vertreten und im Widerspruchsbescheid vom 17. November 2011 näher dargelegt. Sie wurde außerdem vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren in den Schriftsätzen vom 16. Januar 2012 und vom 24. Februar 2012 nochmals im Einzelnen dargetan, der in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich die Annahme des Klägers zurückgewiesen hat, dass Nutzungsrechte auf vertraglicher Grundlage entstanden seien. Für den Kläger konnte die Bewertung des Oberverwaltungsgerichts mithin nicht überraschend sein. c) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, die angefochtene Entscheidung beruhe mit Blick auf eine mit den Denkgesetzen nicht zu vereinbarende Sachverhaltswürdigung auf einer Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes nach § 108 Abs. 1 VwGO (vgl. Beschluss vom 13. Februar 2012 - BVerwG 9 B 77.11 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 73 Rn. 7). Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe aus den Grundmittelkarten der LPG (P) und deren Eröffnungsbilanz vom 1. Juli 1990 nicht auf deren Nutzungsrecht schließen dürfen. Es sei nicht möglich, von einer Sache auf ein Nutzungsrecht an dem Boden zu schließen, auf dem diese Sache gelegen sei. Die genannten Dokumente ließen vielmehr denklogisch nur den Schluss zu, dass sich die landwirtschaftlichen Gebäude im Besitz der LPG (P) befunden hätten bzw. von der LPG (P) als Teil ihres Vermögens angesehen worden seien. Diese Rüge geht schon im Ansatz ins Leere. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht unmittelbar aus dem Inhalt der Grundmittelkarten und der Eröffnungsbilanz ein Nutzungsrecht der LPG (P) hergeleitet, sondern diesen Inhalt als Indiz dafür gewertet, dass das Flurstück ... im Rahmen der Aufteilung der Flächen der Groß-LPG "Thomas Münzer" nicht der LPG (T), sondern der LPG (P) zur Nutzung überlassen worden sei. Erst aufgrund dieses tatsächlichen Umstandes hat das Oberverwaltungsgericht in Anwendung des § 18 LPG-Gesetz 1982 den rechtlichen Schluss auf ein Nutzungsrecht der LPG (P) gezogen. Im Übrigen verkennt die Beschwerde, dass das Gericht die Dokumente nicht etwa im Wege des Urkundsbeweises nach § 98 VwGO i.V.m. §§ 415 ff. ZPO, sondern als Indizien verwertet hat, die für die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Sachverhalts - Nutzungsüberlassung an die LPG (P) - sprechen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass bei diesem "Indizienbeweis" gegen Denkgesetze verstoßen wurde. 2. Die Frage, "ob der Ausschluss von Eigentümern von genossenschaftlich genutztem Boden, welche zu keinem Zeitpunkt Mitglied einer LPG waren, von den Rechten ausscheidender bzw. ausgeschiedener Mitglieder einer LPG nach § 44 LwAnpG bzw. §§ 51a i.V.m. 44 LwAnpG einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstellt", rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die Grundsatzrüge verfehlt den hier in Rede stehenden Streitgegenstand. Dem Rechtsstreit liegt nicht die Frage zugrunde, ob der Kläger als Rechtsnachfolger des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs, der diesen ohne Begründung eines Mitgliedschaftsverhältnisses an eine LPG verpachten musste, in entsprechender Anwendung des § 44 LwAnpG einen Anspruch auf Abfindung geltend machen kann (verneinend BGH, Urteil vom 4. November 1994 - LwZR 11/93 - BGHZ 127, 297 und Beschluss vom 24. November 1993 - BLw 8/93 - BGHZ 124, 210). Vielmehr geht es um die Anordnung eines Bodenordnungsverfahrens mit dem Ziel der Zusammenführung von selbständigem Gebäudeeigentum und Eigentum an Grund und Boden nach § 64 Satz 1 i.V.m. § 56 LwAnpG. Für diesen Fall ist geregelt, dass der Eigentümer, der sein Grundstück an den Gebäudeeigentümer abtreten muss, Anspruch auf Abfindung durch Land vom gleichen Wert oder - mit seiner Zustimmung - in Geld hat (§ 64 Satz 1 i.V.m. § 58 LwAnpG). Davon abgesehen besteht ein erheblicher Unterschied zwischen der in § 44 LwAnpG geregelten gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung unter den Mitgliedern einer LPG, die nicht nur Sach- oder Geldleistungen eingebracht, sondern durch ihre persönliche Mitarbeit das Vermögen der LPG mit erwirtschaftet haben, und der Frage einer Entschädigung von Eigentümern genossenschaftlich bewirtschafteter Grundstücke, die nicht Mitglied der LPG geworden sind (vgl. BGH, Urteil vom 4. November 1994 a.a.O.).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020231&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020232
BVerwG
10. Senat
20140318
10 B 11/14
Beschluss
§ 97 S 1 VwGO, § 404a ZPO
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 3. Dezember 2013, Az: 2 L 360/02, Urteil vorgehend VG Schwerin, 23. Oktober 2002, Az: 1 A 2795/98, Urteil
DEU
Parteiöffentlichkeit der Beweiserhebung; Ortstermin eines Sachverständigen; unterlassene Unterrichtung der Verfahrensbeteiligten; Unverwertbarkeit; Heilung
1. Der Grundsatz der Parteiöffentlichkeit (§ 97 Satz 1 VwGO) gilt auch für Ortstermine eines Sachverständigen, die nicht der Aufnahme von Sinneseindrücken durch Einnahme des Augenscheins, sondern der Durchführung technischer Untersuchungen (Messungen, Entnahme von Bodenproben) dienen. 2. Hat ein Sachverständiger die Verfahrensbeteiligten unter Verstoß gegen § 97 Satz 1 VwGO nicht über bevorstehende Ortstermine zur Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen für das zu erstellende Gutachten unterrichtet, so kann dieser zur Unverwertbarkeit des Gutachtens führende Mangel regelmäßig dadurch geheilt werden, dass die unterbliebene Beteiligung nachgeholt und ein ergänzendes Gutachten erstellt wird (im Anschluss an Beschluss vom 12. April 2006 - BVerwG 8 B 91.05 - Buchholz 310 § 97 VwGO Nr. 5).
I. Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Sie wenden sich gegen die der Beigeladenen zu 1 erteilte bestattungsrechtliche Genehmigung, auf dem benachbarten Grundstück einen Friedhof wieder zu eröffnen und zu betreiben. Das Verwaltungsgericht hat diese Genehmigung aufgehoben, das Oberverwaltungsgericht die Anfechtungsklage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Zur Begründung hat es sich u.a. auf ein vom Gericht in Auftrag gegebenes hydrogeologisches Gutachten zu der Frage bezogen, ob flüssige Verwesungsrückstände von dem um etwa 1,70 m höher gelegenen Vorhabengrundstück auf das Wohngrundstück übertreten können. Die Gutachterin hat zur Ermittlung des Sachverhalts Messungen und Bohrungen auf dem Vorhabengrundstück vorgenommen, ohne hiervon die Kläger und die Beklagte vorab zu unterrichten. Die Kläger rügen eine Verletzung des § 108 Abs. 1 VwGO sowie Verstöße gegen §§ 97 und 86 VwGO. II. Die auf Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht (§ 133 Abs. 6 VwGO). 1. Die von den Klägern gerügte Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) liegt nicht vor. Die Kläger halten dem Berufungsgericht vor, es habe sich bei seiner Entscheidung auf einen aktenwidrigen Sachverhalt gestützt, indem es davon ausgegangen sei, die erteilte Genehmigung zum Betrieb des Friedhofs erlaube die Anlage von Grabstätten nur außerhalb eines zehn Meter breiten Geländestreifens entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze. Der Akteninhalt und die Beschwerdebegründung begründen die Rüge der Aktenwidrigkeit jedoch nicht. Im Ausgangspunkt zu Recht weisen die Kläger allerdings darauf hin, dass die erteilte Genehmigung vom 21. Februar 1997 eine räumliche Einschränkung des Genehmigungsinhalts auf Teile des Vorhabengrundstücks nicht erkennen lässt. Vielmehr umfasst die genehmigte Nutzung als Begräbnisstätte das gesamte Grundstück der Beigeladenen zu 2. Insbesondere lässt sich weder dem Text der Genehmigung noch der zeichnerischen Anlage entnehmen, dass ein Geländestreifen entlang der Grundstücksgrenze zu den Klägern von der genehmigten Nutzung ausgenommen sein soll. Der in diesem Bereich der Anlage vorzufindenden zeichnerischen Wiedergabe einer Wegefläche lässt sich eine solche Aussage für sich genommen nicht zuweisen. Entgegen der Auffassung der Beschwerde haben jedoch die Beigeladenen und die Beklagte eine Einschränkung des Genehmigungsumfangs im Laufe des Gerichtsverfahrens verbindlich vorgenommen. Während die Beigeladene zu 1 im Januar 1999 noch mitgeteilt hat, geplant sei eine Friedhofsnutzung der gesamten Grundstücksfläche, haben sich die Beigeladenen und die Beklagte in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 28. März 2007 einvernehmlich und verbindlich auf eine Freihaltung eines Grundstücksstreifens von zehn Metern Breite entlang des klägerischen Grundstücks festgelegt. Zu Unrecht versteht die Beschwerde den Wortlaut der Erklärung "Wir verstehen die Genehmigung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides so, dass darin festgelegt ist, dass ein Grundstücksstreifen von 10 m Breite entlang der gemeinsamen Grenze mit dem Grundstück der Kläger von Grabstätten freizuhalten ist" als die bloße Kundgabe einer Rechtsauffassung, die jederzeit revidiert werden könne. Vielmehr handelt es sich um die verbindliche Auslegung einer Erklärung, mit der die Beigeladene zu 1 in der Absicht, eine einvernehmliche Lösung zu erzielen, im Laufe des Widerspruchsverfahrens zugesichert hatte, "mit den Begräbnisstätten einen Mindestabstand von ca. 10 m zu den westlich angrenzenden Nachbargrundstücken zu halten" (Widerspruchsbescheid vom 22. September 1998 S. 3). Durch diese Erklärung ist zugleich klargestellt, dass der genannte Geländestreifen zwar für Pflanzungen und einen Fußweg, nicht aber für Grabstätten genutzt werden darf. Es kann offenbleiben, ob diese Nutzungsbeschränkung bereits Teil des ursprünglichen Genehmigungsinhalts war oder ob ein nachträglicher Verzicht auf die Ausnutzung der Genehmigung im angegebenen Umfang vorliegt. Auch aus dem Fortgang des Verfahrens lässt sich nicht ableiten, dass das Berufungsgericht seine Überzeugung auf aktenwidriger Tatsachengrundlage gebildet hat. Vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht der Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten zu Recht nach § 98 VwGO, § 404 a Abs. 3 ZPO die Annahme zu Grunde gelegt, dass Grabstätten einen Mindestabstand von zehn Metern zum Grundstück der Kläger aufweisen werden. Für die von der Beschwerde ebenfalls aufgeworfene Frage, in welcher Tiefe die Grabsohle anzulegen ist, gilt im Ergebnis dasselbe wie für den Grenzabstand der zum Grundstück der Kläger nächstgelegenen Grabstätten. Denn auch insoweit haben die Adressaten der Genehmigung ebenso wie die Beklagte verbindlich erklärt, dass die Genehmigung dahin zu verstehen ist, dass die Grabsohle der Begräbnisstätten in 1,70 m Tiefe angelegt werden muss. Auch insoweit kann demnach offenbleiben, ob darin eine Auslegung des ursprünglichen oder eine nachträgliche einvernehmliche Einschränkung des zunächst weiter gefassten Genehmigungsinhalts zu sehen ist. Denn jedenfalls sind die Beteiligten auf Grund dieser zu Protokoll gegebenen verbindlichen Erklärungen gehindert, von dem festgelegten Wert von 1,70 m Tiefe abzuweichen. Das vom Berufungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten legt deshalb zu Recht diesen Wert zu Grunde. 2. Auch der von der Beschwerde gerügte Verstoß gegen § 86 VwGO ist nicht gegeben. Die Beschwerde ist der Auffassung, das Berufungsgericht hätte unabhängig von der Frage, ob das hydrogeologische Gutachten der Sachverständigen S. verwertbar ist, die hydrogeologischen, hygienischen und mikrobiologischen Aspekte des Sachverhalts weiter aufklären müssen. Der damit geltend gemachte Verfahrensfehler liegt jedoch nicht vor. Der Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) gebietet eine Beweiserhebung nur, wenn ein Verfahrensbeteiligter - insbesondere durch einen begründeten Beweisantrag - auf sie hinwirkt oder sie sich hiervon unabhängig aufdrängt. Dies ist der Fall, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Aufklärung sehen muss (Urteile vom 29. Mai 2008 - BVerwG 10 C 11.07 - BVerwGE 131, 186 = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 21 jeweils Rn. 13 und vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 28.10 - BVerwGE 140, 199 = Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 60 jeweils Rn. 25). Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben: Die Rüge der Beschwerde beruht auf der tatsächlichen Annahme, dass die Grabsohle der auf dem Gelände genehmigten Bestattungen nicht bei 1,70 m, sondern höher liegen werde, so dass Verwesungsrückstände und gesundheitsgefährdende Organismen infolge der Bodenbeschaffenheit und durch Wasserbewegungen auch in einer Tiefe von weniger als 1,70 m auf das Grundstück der Kläger gelangen könnten. Wie bereits ausgeführt, hat sich das Berufungsgericht jedoch verfahrensfehlerfrei auf den Standpunkt gestellt, dass die Anlage von Grabstätten auf einer Sohle von weniger als 1,70 m Tiefe von der angegriffenen Genehmigung nicht gedeckt wäre, weil die Beigeladenen und die Beklagte sich verbindlich auf dieses Maß festgelegt haben; jede Abweichung wäre als Verstoß gegen die erteilte Genehmigung anzusehen. Auf dem Boden dieser Annahme bedarf es der von den Klägern geforderten zusätzlichen Beweisaufnahme nicht. 3. Das Berufungsurteil beruht jedoch auf einem Verstoß gegen § 97 Satz 1 VwGO. Die in dieser Vorschrift geregelte Parteiöffentlichkeit der Beweiserhebung räumt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch darauf ein, über bevorstehende Beweiserhebungen unterrichtet zu werden und daran teilzunehmen. Dies bezieht sich nicht nur auf Beweisaufnahmen durch das Gericht, sondern in entsprechender Anwendung auch auf die Ermittlung von Tatsachen durch Sachverständige zur Vorbereitung des Gutachtens (Beschluss vom 12. April 2006 - BVerwG 8 B 91.05 - Buchholz 310 § 97 VwGO Nr. 5 = NJW 2006, 2058 m.w.N.; VGH München, Beschluss vom 15. Januar 2014 - 15 C 12.2250 - juris Rn. 11). Der Grundsatz des fairen Verfahrens und der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gebieten es, den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit zu geben, der Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen eines Gutachtens durch den Sachverständigen beizuwohnen und Stellungnahmen abzugeben, soweit nicht zwingende rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. Schnapp, Parteiöffentlichkeit bei Tatsachenfeststellungen durch den Sachverständigen?, in: System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, Festschrift Menger, 1985, S. 557, 567 f.; Höffmann, Die Grenzen der Parteiöffentlichkeit, insbesondere beim Sachverständigenbeweis, Diss. jur. 1989, S. 104 ff.). Denn die Vollständigkeit und Richtigkeit der in dieser Phase einer Begutachtung festgestellten Grundlage für die sachkundige Arbeit des Sachverständigen ist für die Aussagekraft des Gutachtens von ausschlaggebender Bedeutung. Hindernisse, die einer Teilnahme der Kläger und der Beklagten in den Terminen auf dem Vorhabengrundstück entgegengestanden hätten, waren im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten wäre vielmehr ohne Weiteres rechtlich und tatsächlich möglich gewesen. Sie war auch nicht überflüssig, unabhängig davon, ob dies überhaupt einen im oben genannten Sinne zwingenden Hinderungsgrund darstellen könnte. Zwar dienten die drei Termine der Sachverständigen auf dem Vorhabengrundstück nicht in erster Linie der unmittelbaren und unwiederholbaren Wahrnehmung von Sinneseindrücken, wie dies bei der Beweiserhebung durch Inaugenscheinnahme eines Grundstücks oder Objekts häufig der Fall ist, sondern lediglich der Entnahme von Bodenproben und der Vermessung des Höhenniveaus. Eine Anwesenheit hätte den Verfahrensbeteiligten jedoch die Möglichkeit gegeben, sich rechtzeitig mit der Auswahl der Probenentnahmestellen, mit der Bestimmung der Bohrtiefe oder den Bezugspunkten für Messungen zu befassen und ihren Standpunkt hierzu deutlich zu machen. Hierfür ist es auch ohne Belang, ob ein Sachverständiger selbst oder technische Assistenten diese Arbeit ausführen. Dass eine solche Einflussnahme mit gleicher Wirkung auch schriftsätzlich vor Beginn der Beweisaufnahme oder sogar nachträglich möglich gewesen wäre, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht anzunehmen. Vielmehr ist gerade die persönliche Teilnahme der Verfahrensbeteiligten an der Sachverhaltsermittlung durch Sachverständige geeignet, das Recht auf Beweisteilhabe zu sichern; sie dient im Übrigen auch der Akzeptanz der Begutachtung durch die Sachverständigen. Dem Berufungsgericht war es deshalb entgegen der von der Beklagten im Schriftsatz vom 13. März 2014 geäußerten Auffassung verwehrt, sein durch § 98 VwGO i.V.m. § 404 a Abs. 4 ZPO eingeräumtes Ermessen dahin auszuüben, der Sachverständigen zwar aufzugeben, die Beigeladene zu 2 als Grundstückseigentümerin über bevorstehende Termine zu unterrichten, nicht aber die übrigen Verfahrensbeteiligten. Vielmehr hätte der Sachverständigen aufgegeben werden müssen, rechtzeitig alle Beteiligten von jedem Termin auf dem Vorhabengrundstück zu unterrichten, um ihnen die Teilnahme ohne Einschränkungen zu ermöglichen. Die Kläger sind auch nicht gehindert, sich auf den Verstoß gegen § 97 VwGO zu berufen. Ein Rügeverlust ist insbesondere nicht dadurch eingetreten, dass sie die Anfrage des Gerichts vom 18. Februar 2009, ob sie einen neuen Ortstermin für sinnvoll hielten, unter Aufrechterhaltung ihrer Bedenken gegen die Vorgehensweise der Sachverständigen verneint haben. Auch wenn die in diesem Zusammenhang von den Klägern vertretene Rechtsauffassung, eine Heilung des eingetretenen Verfahrensfehlers durch Nachholung der Beteiligung sei überhaupt nicht möglich, rechtlich fehlerhaft ist (Beschluss vom 12. April 2006, a.a.O., Rn. 6), liegt darin jedenfalls kein Verzicht auf das Rügerecht; einen solchen haben die Kläger auch im weiteren Verlauf des Verfahrens weder ausdrücklich noch konkludent erklärt. Einem Rügeverlust zu Lasten der Kläger steht schon der Umstand entgegen, dass es Sache des Gerichts gewesen wäre, die durch seine fehlerhafte Handhabung des § 404 a ZPO mitverursachte Unverwertbarkeit des Gutachtens durch geeignete Maßnahmen von Amts wegen zu beheben. Eine bloße Anfrage bei einem Verfahrensbeteiligten nach seiner Bereitschaft zur Teilnahme an einem Ortstermin stellt keine geeignete Maßnahme zur Heilung des Verfahrensfehlers dar. Vielmehr war die - bereits eingetretene - Unverwertbarkeit des Gutachtens entweder durch eine vollständig neue Begutachtung oder dadurch zu beheben, den Beteiligten in einem gerichtlichen oder von der Gutachterin anberaumten Termin auf dem Vorhabengrundstück die Gelegenheit einzuräumen, Bedenken und Anregungen vorzutragen, die im Rahmen eines ergänzenden Gutachtens zu verarbeiten gewesen wäre (Beschluss vom 12. April 2006, a.a.O. Rn. 11). Dies hat das Berufungsgericht unterlassen, obwohl in der gegebenen prozessualen Situation auch die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ein solches Vorgehen erfordert hätte. 4. Im Hinblick auf die in Anbetracht der bisherigen Verfahrensdauer außerordentliche Eilbedürftigkeit der Sache macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um eine möglichst zeitnah zu treffende abschließende Entscheidung zu ermöglichen. Für den Fortgang des Verfahrens ist vor dem Hintergrund der bisher vorliegenden Begutachtung durch die Sachverständige S. zu bemerken, dass es zur Ermittlung einer rechtsfehlerfreien tatsächlichen Entscheidungsgrundlage nicht zwingend eines neuen Gutachtens bzw. der Bestellung eines mit dem Verfahren bisher nicht befassten Gutachters bedarf. Vielmehr wird - jedenfalls in einem ersten Schritt - ein gerichtlicher oder von der Sachverständigen geladener Termin auf dem Vorhabengrundstück durchzuführen sein, in dem die Gutachterin ihre Vorgehensweise, insbesondere die Auswahl und Ausgestaltung der Probenahmen, erläutern kann und an dem alle Verfahrensbeteiligten teilnehmen und ihre Bedenken und Anregungen vortragen können. Sollte sich in diesem Termin ergeben, dass aus fachlichen Gründen etwa Proben an anderer Stelle, erneute Proben oder andere denkbare Maßnahmen erforderlich sind, um dem Gutachten eine fachlich verlässliche Grundlage zu geben, so werden diese Maßnahmen in einem zweiten Schritt nachzuholen und wird ein ergänzendes Gutachten zu erstellen sein. Nur wenn sich dies als nicht ausreichend erweisen sollte, mag eine neue Begutachtung durch einen bisher mit der Sache nicht befassten Gutachter in Betracht zu ziehen sein. In tatsächlicher Hinsicht wird auch diesen Maßnahmen zu Grunde zu legen sein, dass die Grabsohle nach der angegriffenen Genehmigung bei 1,70 m Tiefe verbindlich festgelegt ist und dass die Begräbnisstätten vom Grundstück der Kläger einen Abstand von 10 m einzuhalten haben. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die für die Reichweite des geltend gemachten Abwehrrechts möglicherweise relevante Rechtsposition der Kläger auch dadurch geprägt ist, dass die ihnen im Untergeschoss des Mehrfamilienhauses zugewiesenen Räumlichkeiten nach den Bauakten lediglich als Abstellraum genehmigt sind, so dass jede darüber hinausgehende Nutzung dieser Räume formell illegal sein dürfte.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020232&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020233
BVerwG
2. Senat
20140313
2 B 49/12
Beschluss
§ 46a Abs 2 BBG, § 48 Abs 2 BBG 2009
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 30. März 2012, Az: 2 LB 3/12, Urteil
DEU
Zurruhesetzungsverfahren; Feststellung der Dienstunfähigkeit; Inhalt des amtsärztlichen Gutachtens
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Der 1956 geborene Kläger war als Bundesbeamter im Amt eines Fernmeldebetriebsinspektors (Besoldungsgruppe A 9) bei der Deutsche Telekom AG (im folgenden: Telekom) beschäftigt. Im April 2003 wies diese ihn der Personal-Service-AG (Vivento), einer Arbeitsvermittlungseinrichtung, zu. Seit Mai 2007 ist der Kläger dauernd dienstunfähig erkrankt. Der von der Telekom beauftragte Betriebsarzt erstellte ein sozialmedizinisches Gutachten. Darin teilte er die Diagnosen mit; weiter äußerte er sich zum qualitativen und quantitativen Leistungsvermögen des Klägers. Das im verschlossenen Umschlag an die Personalstelle der Telekom übersandte Gutachten leitete diese an die Vivento elektronisch weiter. Die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Datenübertragung an die Vivento - sowie - der Nutzung und Verarbeitung der Daten durch einen bestimmten Personalvermittler bei Vivento ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wenn sie eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f. und vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ 2011, 507 Rn. 2). Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 9>). Der Kläger hält folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam: - Sind Diagnosedaten solche das Gutachten tragenden Feststellungen und Gründe, die unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach § 46a Abs. 2 BBG alter Fassung (entsprechend § 48 Abs. 2 Satz 1 BBG neuer Fassung) mitgeteilt werden dürfen? - Ist das Einscannen und/oder Versenden der ärztlichen Stellungnahme per E-Mail, verschlüsselt oder unverschlüsselt, ein Verstoß gegen das Gebot, die Stellungnahme verschlossen zu der Personalakte des Beamten zu nehmen (§ 46a Abs. 3 Satz 1 BBG alter Fassung bzw. § 48 Abs. 2 Satz 2 BBG neuer Fassung)? - Wenn nicht: Ist die darin liegende automatisierte Datenverarbeitung und Datenübermittlung von der Erlaubnisnorm nach § 46a Abs. 3 Satz 2 BBG alter Fassung (bzw. § 48 Abs. 2 Satz 3 BBG neuer Fassung) gedeckt? - Wenn ja: Ist insbesondere die Datenübermittlung an den Betrieb "Vivento" eine solche, die nach § 90d Abs. 1 BBG alter Fassung (entsprechend § 111 Abs. 1 BBG neuer Fassung) der Einwilligung des Beamten bedarf? Handelt es sich bei dem Betrieb "Vivento" um eine Behörde eines anderen Geschäftsbereichs desselben Dienstherrn im Sinne dieser Vorschrift? Insbesondere: Ist die Personalvermittlung durch "Vivento" eine "Personalentscheidung" im Sinne dieser Vorschrift? Diese Fragen können nicht zur Zulassung der Revision führen, weil sie sich im angestrebten Revisionsverfahren so nicht stellen würden bzw. beantwortet werden können, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. 1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob dem Dienstherrn Diagnosedaten in einem zur Feststellung der Dienstunfähigkeit eingeholten ärztlichen Gutachten mitgeteilt werden dürfen, lässt sich auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantworten. Nach § 46a Abs. 2 BBG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 20. Dezember 2001 (BBG a.F., nunmehr § 48 Abs. 2 BBG) muss ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten nicht nur das Untersuchungsergebnis mitteilen, sondern auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde enthalten als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, sein abstrakt-funktionelles Amt weiter auszuüben (Urteil vom 28. Juni 1990 - BVerwG 2 C 18.89 - Buchholz 237.6 § 56 NdsLBG Nr. 1 S.2 und Beschluss vom 20. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.10 - juris Rn. 5). Der Inhalt des Gutachtens richtet sich nach seinem Zweck. Eine amtsärztliche Stellungnahme im Zurruhesetzungsverfahren soll dem Dienstherrn die Entscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist und ob er im Falle der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann (§ 42 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F./§ 44 Abs. 1 Satz 1 BBG). Der Beamte muss bereits auf der Grundlage der Anordnung seiner ärztlichen Untersuchung nachvollziehen können, ob die aufgeführten Umstände die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit rechtfertigen (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 20 und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 20). Das darauf folgende Gutachten muss es dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und mit der darauf beruhenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen. Deshalb darf sich das Gutachten nicht auf die bloße Mitteilung einer Diagnose und eines Entscheidungsvorschlags beschränken, sondern muss - wie vorliegend - die für die Meinungsbildung des Amtsarztes wesentlichen Entscheidungsgrundlagen erkennen lassen. Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, enthält sich einer verallgemeinerungsfähigen Aussage. Entscheidend kommt es deshalb auf Umstände des jeweiligen Einzelfalles an (Beschluss vom 20. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.10 - juris Rn. 5). 2. Die von der Beschwerde weiter aufgeworfene Frage nach der Rechtmäßigkeit des Einscannens und Versendens der ärztlichen Stellungnahme per E-Mail ist schon deshalb nicht entscheidungserheblich, weil es ihr an einem konkreten Bezug zum Klageantrag mangelt. Der Kläger hat beantragt festzustellen, dass die Übermittlung der Gesundheitsdaten an den Personalvermittler der Vivento rechtswidrig war. Diese Frage kann beantwortet werden, ohne dass es auf die Zulässigkeit des Einscannens und Versendens der Daten ankommt. Im Übrigen lässt sich letztere Frage aus dem Gesetzestext mit Hilfe der Auslegungsregeln klar beantworten: Gemäß § 46a Abs. 3 Satz 1 BBG a.F. ist die ärztliche Mitteilung über die Untersuchungsbefunde in einem gesonderten, verschlossenen und versiegelten Umschlag an die personalverwaltende Behörde zu übersenden. Dort ist die Mitteilung verschlossen zur Personalakte des Beamten zu nehmen. Dagegen erlaubt es Satz 2 derselben Vorschrift die übermittelten Daten für die im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens zu treffende Entscheidung zweckbezogen zu verarbeiten und zu nutzen. Während Satz 1 den Schutz der Gesundheitsdaten auf dem Weg vom Arzt zur personalverwaltenden Stelle und denjenigen in der Personalstelle selbst regelt, regelt Satz 2 die Verwendung der erlangten Gesundheitsdaten. Der Verwendungszweck ist dabei begrenzt auf Entscheidungen betreffend die Feststellung der Dienstunfähigkeit, die anderweitige Verwendung im Falle der Dienstunfähigkeit, die begrenzte Dienstfähigkeit, die Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen und die Reaktivierung. Bei ärztlichen Gutachten in dienstrechtlichen Angelegenheiten handelt es sich um besondere personenbezogene Daten im Sinn von § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1 und Abs. 9 BDSG, die Einzelangaben über persönliche Verhältnisse des Beamten widerspiegeln. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht hinsichtlich des "Verarbeitens" und "Nutzens" dieser personenbezogenen Daten deshalb nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG auf die gesetzlichen Begriffsbestimmungen in § 3 Abs. 4 und Abs. 5 BDSG abgestellt. Denn das Bundesbeamtengesetz enthält keine besonderen Definitionen zur Datenverwendung. Nach § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG verarbeitet personenbezogene Daten, wer sie speichert, verändert, übermittelt, sperrt und löscht. Unter dem Auffangtatbestand der Nutzung versteht § 3 Abs. 5 BDSG in Abgrenzung dazu jede Verwendung solcher Daten, die keine Verarbeitung ist (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, Kommentar, 11. Aufl. 2012, § 3 Rn. 42). Das Einscannen der Untersuchungsbefunde - d.h. deren automatisierte optische Digitalisierung - stellt ein Verarbeiten gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG dar. Dies gilt auch für den Fall einer bloßen elektronischen Scan-Zwischenspeicherung im Rahmen eines automatisierten Verfahrens, deren Löschung im direkten zeitlichen Zusammenhang nicht gesichert ist (vgl. Dammann, in Simitis, BDSG, Kommentar, 7. Aufl. 2011, § 3 Rn. 124). Mit der Anlage eines plattformunabhängigen Dateiformats (Portable Document Format <PDF>) hat die Telekom die personenbezogenen Daten sodann auf einem Datenträger dauerhaft verkörpert und damit gespeichert (§ 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BDSG). Das innerbetriebliche Versenden der Datei an einen Personalvermittler der Vivento, erfüllt - unabhängig davon, ob Vivento Dritter i.S.v § 3 Abs. 8 BDSG ist, mit der Folge das ein Fall der Datenübermittlung nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BDSG anzunehmen wäre - jedenfalls den Tatbestand der Datennutzung gemäß § 3 Abs. 5 BDSG. Die Datenspeicherung und -weitergabe der ärztlichen Untersuchungsbefunde durch die Beklagte ist auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich bei Gesundheitsdaten nach § 3 Abs. 9 BDSG um besonders schutzbedürftige personenbezogene Daten handelt, nicht zu beanstanden. Solche Daten dürfen zwar grundsätzlich nur erhoben, verarbeitet und genutzt werden, soweit der Betroffene darin einwilligt (vgl. § 4 Abs. 3 BDSG). Dies gilt indes nicht für eine kraft Gesetzes, hier nach § 46a Abs. 3 Satz 2 BBG a.F., zweckbezogen zulässige Verarbeitung und Nutzung von Daten (vgl. § 28 Abs. 6 Nr. 3 BDSG). Zweckbezogen ist die Datenverarbeitung und -nutzung, weil die Beklagte verpflichtet war, vor einer Zurruhesetzung eine anderweitige Weiterverwendung des dienstunfähigen Beamten zu prüfen. Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 und 4 BBG a.F. ist der Dienstherr verpflichtet, vor der Versetzung des Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit nach einer anderweitigen Verwendung des Beamten zu suchen (Grundsatz der Weiterverwendung vor Frühpensionierung). Da es um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn geht, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind, ist es Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er nach einer Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung des dienstunfähigen Beamten gesucht hat (Urteile vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 25 und vom 30. Mai 2013 - a.a.O. Rn. 36). Bereits aufgrund dieser gesetzlichen Suchpflicht nach einer anderweitigen Weiterverwendung ist die Telekom, die nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG Dienstherrenbefugnisse ausübt, nach § 46a Abs. 3 Satz 2 BBG a.F. berechtigt gewesen, die ihr nach Satz 1 der Norm übermittelten ärztlichen Untersuchungsbefunde zweckbezogen auch elektronisch aufbereitet zu verarbeiten und zu nutzen. 3. Schließlich lässt sich auch die Frage der Zulässigkeit der Übermittlung der Gesundheitsdaten des Klägers durch die personalverwaltende Behörde der Telekom an die Vivento durch Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen sicher beantworten: Die nach § 46a Abs. 3 Satz 2 BBG a.F. zulässige Verarbeitung oder Nutzung der Gesundheitsdaten im Zurruhesetzungsverfahren bewegt sich innerhalb der gesetzlichen Vorgaben des Personalaktenrechts. Die Gesundheitsdaten des Beamten im Zurruhesetzungsverfahren sind gemäß § 46a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 BBG a.F. nach ihrer Übersendung durch den Arzt versiegelt zur Personalakte zu nehmen. Zugang zur Personalakte dürfen nur Beschäftigte haben, die im Rahmen der Personalverwaltung mit der Bearbeitung von Personalangelegenheiten beauftragt sind, und nur soweit dies zu Zwecken der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft erforderlich ist (§ 90 Abs. 3 Satz 1 BBG a.F.). Automatisiert verarbeitet und übermittelt werden dürfen Personalaktendaten dementsprechend nur für Zwecke der Personalverwaltung oder der Personalwirtschaft (§ 90g Abs. 1 i.V.m. § 90d BBG a.F.). Für Unterlagen über medizinische Untersuchungen beschränkt dies § 90g Abs. 3 BBG a.F. auf die automatisierte Verarbeitung der Ergebnisse, soweit sie die Eignung betreffen und ihre Verwendung dem Schutz des Beamten dient. Wer personalverwaltende Behörde bei der Telekom ist, richtet sich nach dem Gesetz zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost vom 14. September 1994 (BGBl. I 2353, PostPersRG). Nach § 1 Abs. 2 PostPersRG nimmt der Vorstand der Aktiengesellschaft die Befugnisse der obersten Dienstbehörde sowie des obersten Dienstvorgesetzten wahr. Die berufliche Tätigkeit des Beamten gilt als Dienst; die Aktiengesellschaft als Verwaltung i.S.d. Bundesbeamtengesetzes (§ 4 Abs. 2 PostPersRG). Auf welche Organisationseinheiten und Stelleninhaber unterhalb des Vorstands die Befugnisse einer Dienstbehörde oder eines Dienstvorgesetzten übertragen werden können, bestimmt nach § 3 Abs. 1 PostPersRG das Bundesministerium der Finanzen nach Anhörung oder auf Vorschlag des Vorstands der Aktiengesellschaft. Fragen der Ausübung dieser Befugnis sind im Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Diese Befugnis wird durch den Erlass von Verwaltungsvorschriften wahrgenommen, denen keine Rechtssatzqualität zukommt. Aus diesem Grund gehört die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG ergangene Anordnung des Bundesministeriums der Finanzen nicht zum revisiblen Recht im Sinn von § 137 Abs. 1 VwGO, sodass bereits deshalb es nicht gerechtfertigt ist, die Revision zuzulassen (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 14 = NVwZ 2012, 641; Eichberger/Buchheister, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Kommentar, Bd. II, Stand: 25. Erg.Lfg. April 2013, § 137 Rn. 22; Eyermann/Kraft, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 137 Rn. 10, jeweils m.w.N.).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020233&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020234
BVerwG
5. Senat
20140404
5 B 102/13
Beschluss
§ 60 Abs 2 S 1 VwGO, § 67 Abs 4 VwGO, § 166 VwGO, § 121 Abs 1 ZPO
vorgehend VG Greifswald, 26. Juni 2013, Az: 6 A 27/12, Urteil
DEU
Antrag auf Wiedereinsetzung; Vertretungszwang; Prozesskostenhilfe; Fristversäumnis wegen späterer Beiordnung des Prozessbevollmächtigten
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2013 ist unzulässig. a) Die konkludent mit Schriftsatz des Klägers vom 29. November 2013 erhobene Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht durch einen gemäß § 67 Abs. 4 VwGO vor dem Bundesverwaltungsgericht vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist. Der Gesetzgeber ist im Interesse einer geordneten und konzentrierten Verfahrensführung berechtigt, die Vertretung eines rechtsunkundigen Beteiligten durch einen rechtskundigen Bevollmächtigten vorzuschreiben. Diesen Anforderungen wird der in § 67 Abs. 4 VwGO geregelte Vertretungszwang gerecht. Er dient unmittelbar der Förderung der Sachlichkeit und Objektivität des Verfahrens und der sachkundigen Erörterung von Rechtsfragen und ermöglicht die konzentrierte Durchführung eines Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. b) Die am 3. Februar 2014 durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers erhobene Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingelegt worden ist. Dem Kläger war wegen der Versäumung dieser Frist nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. aa) Sein Wiedereinsetzungsantrag vom 29. November 2013 ist abzulehnen, weil er mangels anwaltlicher Vertretung nicht formgerecht im Sinne des § 67 Abs. 4 VwGO gestellt worden ist. Für den Antrag auf Wiedereinsetzung gelten grundsätzlich dieselben Formvorschriften wie für die versäumte Handlung (Beschluss vom 8. Juli 2011 - BVerwG 5 B 12.11, 5 PKH 6.11 - juris Rn. 1). bb) Die am 3. Februar 2014 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Juni 1967 - 1 BvR 282/65 - BVerfGE 22, 83) in die Beschwerdefrist ist nicht zu gewähren, da die Voraussetzungen des § 60 VwGO insoweit nicht erfüllt sind. Zwar hat der Kläger mit der aus § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO folgenden Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist eine gesetzliche Frist im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO versäumt (1). Jedoch war er unabhängig davon, ob er in der Folge die Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gewahrt hat, (2) an der Einhaltung der gesetzlichen Frist nicht ohne Verschulden gehindert (3). (1) Die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist begann mit der am 20. November 2013 bewirkten Zustellung des Beschlusses des Senats vom 5. November 2013, mit dem dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Sie endete am 4. Dezember 2013, ohne dass zu diesem Zeitpunkt ein formgerechter Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden ist. Der Umstand, dass dem Kläger erst mit Beschluss vom 13. Januar 2014 ein Prozessbevollmächtigter beigeordnet worden ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt das Hindernis der Mittellosigkeit, wenn das Gericht dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stattgibt. Mit der Zustellung dieser Entscheidung wird der mittellose Beteiligte in die Lage versetzt, das Rechtsmittel einzulegen und zu diesem Zweck einen Prozessvertreter zu beauftragen. Der Umstand, dass der Prozessvertreter zu diesem Zeitpunkt - wie hier - mangels Benennung noch nicht beigeordnet worden ist, steht dem Beginn des Laufes der Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen, da zeitgleich mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe in Verfahren mit Vertretungszwang gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO feststeht, dass ein Rechtsanwalt beizuordnen ist. Die Entscheidung über das "Ob" der Beiordnung ist nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt. Sie stellt sich in diesen Fällen als eine gleichsam selbstverständliche Folgeentscheidung dar (Beschluss vom 28. Januar 2004 - BVerwG 6 PKH 15.03 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 253 S. 53 <54 f.>; noch offenlassend Beschluss vom 12. Juni 1997 - BVerwG 3 C 43.96 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 211 S. 34 f.; a.A. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. August 2004 - 16 W 1/04 - FamRZ 2005, 384; OLG München, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 17 UF 1034/04 - FamRZ 2005, 1499 = juris Rn. 3; KG, Beschluss vom 30. Mai 2006 - 4 U 116/05 - NJ 2006, 415 = juris Rn. 50). (2) Es mag auf sich beruhen, ob der vom 3. Februar 2014 datierende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Beschwerdefrist im Einklang mit § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt worden ist. Einer Entscheidung der Frage, ob das Hindernis der Unkenntnis des Klägers von dem im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde bestehenden Vertretungszwang erst am 20. Januar 2014 mit der Möglichkeit seines Prozessbevollmächtigten, von dem Hinweis des Gerichts vom 13. Januar 2014 und dem Inhalt der Akten Kenntnis zu nehmen, oder bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung seines Prozessvertreters am 27. Dezember 2013 entfallen ist, bedarf es nicht. (3) Der Frage, ob die Antragsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach dem Vorstehenden gewahrt ist oder nicht, muss deshalb nicht nachgegangen werden, weil der Kläger jedenfalls nicht ohne Verschulden gehindert gewesen ist, die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Beschwerdefrist einzuhalten. Er ist in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sich die Beteiligten vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen und dass dies auch für Prozesshandlungen gilt, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Dass er dennoch davon ausging, Beschwerde und Wiedereinsetzungsantrag entgegen § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO persönlich erheben bzw. stellen zu dürfen, entschuldigt ihn im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO nicht. Ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger ist grundsätzlich gehalten, bei ihm nicht geläufigen Rechtsfragen juristischen Rat einzuholen (Beschluss vom 7. Oktober 2009 - BVerwG 9 B 83.09 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 266 S. 16 m.w.N.). Dies hätte hier auch nahegelegen, da dem Kläger auf Grund der ihm erteilten Rechtsmittelbelehrung hätte bewusst sein müssen, dass er das Beschwerdeverfahren nicht ohne Prozessbevollmächtigten würde führen können. Umstände, denen der Kläger hätte entnehmen können, dass er die Wiedereinsetzung und die Beschwerde ohne Beteiligung eines Rechtsanwalts würde beantragen beziehungsweise erheben dürfen, liegen nicht vor. Von Gegenteiligem konnte er auch nicht infolge des ihm vorsorglich mit Beschluss des Senats vom 5. November 2013 - BVerwG 5 PKH 22.13 - erteilten Hinweises ausgehen, "dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2013 innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses bei dem Verwaltungsgericht Greifswald, Domstraße 7, 17489 Greifswald, einzureichen sind (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1, § 133 VwGO)". Die Gewährleistung des Rechtsweges (Art. 19 Abs. 4 GG) und der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebieten keine abweichende Betrachtung. Beide schließen es nicht aus, dass die Beschreitung des Rechtsweges in den Prozessordnungen von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht wird (BVerfG, Beschluss vom 17. März 1959 - 1 BvL 5/57 - BVerfGE 9, 194 <199 f.>). Die erstrebte Wiedereinsetzung ist auch nicht deshalb geboten, weil der Zugang zu den Gerichten und zu den den Rechtssuchenden in den Verfahrensordnungen eingeräumten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus sachlichen Gründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf (BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 1977 - 2 BvR 616/75 - BVerfGE 44, 302 <305 f.> und vom 4. Mai 2004 - 1 BvR 1892/03 - BVerfGE 110, 339 <342>). Daher dürfen auch die Anforderungen an die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei der Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Vorschriften nicht überspannt werden (stRspr, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2012 - 2 BvR 1766/12 - NJW 2013, 39 <Rn. 13> und Nichtannahmebeschluss vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 - juris Rn. 2, jeweils m.w.N.). Von einer entsprechenden Überspannung kann hier jedoch nicht ausgegangen werden. Der betreffende vorsorgliche Hinweis des Senats war nach dem Empfängerhorizont eines objektiven anwaltlich nicht vertretenen Dritten nicht geeignet, einen Beschwerdeführer in der Position des Klägers hinsichtlich des Vertretungszwangs vor dem Bundesverwaltungsgericht irrezuführen und ihm infolgedessen den Zugang zu der Beschwerdeinstanz unzumutbar zu erschweren. Auch für einen juristisch nicht vorgebildeten Beteiligten konnte nicht der Eindruck entstehen, der Hinweis sei dazu bestimmt gewesen, die umfassende Rechtsmittelbelehrung des Verwaltungsgerichts zu ersetzen. Dies folgt schon daraus, dass die Frage, von wem die betreffenden Rechtsbehelfe einzulegen sind, überhaupt nicht Gegenstand des Hinweises war. Die diesbezüglichen sich aus § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO ergebenden Maßgaben, nämlich dass sich die Beteiligten vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen und dass dies auch für Prozesshandlungen gilt, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird, waren vielmehr eindeutig und unverkennbar allein der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 26. Juni 2013 zu entnehmen. Insofern konnte der vorsorgliche Hinweis einen anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer nicht zu der Annahme verleiten, dass der Vertretungszwang für ihn nicht gelte. Mit Blick auf die Unzulässigkeit der Erhebung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über deren fristgerechte Begründung. 2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020234&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020235
BVerwG
4. Senat
20140403
4 B 12/14
Beschluss
§ 34 Abs 1 S 1 BauGB
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 12. Dezember 2013, Az: 2 B 13.1995, Urteil
DEU
Maßgebliche Betrachtung für Art und Maß der baulichen Nutzung
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerde beimisst. Die Beschwerde möchte grundsätzlich geklärt wissen, ob im Rahmen des § 34 Abs. 1 BauGB beim Tatbestandsmerkmal des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung das Verhältnis des Gebäudes zur umliegenden Freifläche von rechtlicher Bedeutung ist. Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Nach dem Senatsurteil vom 23. März 1994 (- BVerwG 4 C 18.92 - BVerwGE 95, 277 <278 f.>) ist für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgeblich eine konkrete, am tatsächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung. Gründe einer praktisch handhabbaren Rechtsanwendung sprechen dafür, in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung setzen lassen. Ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgebenden Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an. Hieran hält der Senat fest (Beschluss vom 14. März 2013 - BVerwG 4 B 49.12 - BauR 2013, 1245 Rn. 5; ebenso VGH Mannheim, Urteil vom 17. November 1995 - 5 S 2232/95 - juris Rn. 20; VGH München, Urteil vom 30. Juli 2012 - 1 B 12.906 - juris Rn. 19; OVG Lüneburg, Beschluss vom 3. März 2008 - 1 LA 31/07 - juris Rn. 13; Hofherr, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Januar 2014, § 34 Rn. 31; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand September 2013, § 34 Rn. 40; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 28). Den Senatsbeschlüssen vom 26. Juli 2006 (- BVerwG 4 B 55.06 - BRS 70 Nr. 89 = juris Rn. 6) und vom 21. Juni 2007 (- BVerwG 4 B 8.07 - BRS 71 Nr. 83 = juris Rn. 5) lässt sich Abweichendes nicht entnehmen, weil dort andere Maßkriterien als das Verhältnis der Gebäude zur umgebenden Freifläche besonders prägend waren, so dass auf sie vorrangig abzustellen war (vgl. Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 282). Die Beschwerde hält die von ihr aufgeworfene Frage für nicht geklärt, weil - was zutrifft - die Ausführungen zum Verhältnis von Gebäude und umgebender Freifläche das Senatsurteil vom 23. März 1994 (a.a.O.) nicht tragen. Dies bedarf keiner Vertiefung (eine Klärung in solchen Fällen verneinend: Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl. 2010, Rn. 360; BFH, Beschluss vom 10. Oktober 1973 - I B 51/73 - BFHE 110, 421 <422>). Die aufgeworfene Rechtsfrage lässt sich jedenfalls auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation in Übereinstimmung mit der Vorinstanz und den Ausführungen des genannten Senatsurteils beantworten (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270>). Die Einwände der Beschwerde führen auf keinen weiteren Klärungsbedarf. Dass die Grundflächen- und Geschossflächenzahl nur eine untergeordnete oder, je nach den Umständen des Einzelfalls, auch gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, folgt daraus, dass sie in der Örtlichkeit häufig schwer ablesbar sind und erst errechnet werden müssen (Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 279). Aus dieser untergeordneten oder im Einzelfall fehlenden Bedeutung von Grundflächen- oder Geschossflächenzahl kann indes nicht gefolgert werden, dass für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB durch ein Verhältnis zu bestimmende Größen von vornherein keine Rolle spielen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 23. März 1994 auch die Geschossflächenzahl als Größe nicht "verworfen", wie die Beschwerde meint, sondern angenommen, es könne auf sie in bestimmten Situationen ankommen (Urteil vom 23. März 1994 a.a.O. S. 282). Dass das Verhältnis des Gebäudes zu der umgebenden Freifläche eine relative Größe ist, steht ihrer Berücksichtigung bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung danach nicht entgegen. Die weiteren Hinweise der Beschwerde auf Schwierigkeiten der Praxis bleiben ohne Substanz.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020235&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020236
BVerwG
4. Senat
20140326
4 B 3/14
Beschluss
§ 35 Abs 1 Nr 4 BauGB, § 113 Abs 5 S 1 VwGO, § 113 Abs 5 S 2 VwGO
vorgehend OVG Lüneburg, 10. September 2013, Az: 1 LB 235/07, Urteil
DEU
Maßgeblicher Innenbereich für Beurteilung der baurechtlichen Privilegierung; zu den Bedingungen für ein Bescheidungsurteil; zum Verhältnis von Verpflichtungsurteil
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützten Beschwerden haben keinen Erfolg. 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass das Berufungsurteil von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Der Beklagte rügt eine Divergenz des Berufungsurteils zu dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 1976 - BVerwG 4 C 89.75 - (Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 130 S. 39) und dem darin enthaltenen Rechtssatz, dass ein Tatsachengericht seine Aufklärungspflicht verletze, wenn es sich eine ihm nicht zur Verfügung stehende Sachkunde zutraue oder die eigene Sachkunde erkennbar überbewerte und auf dieser Grundlage tatsächliche Feststellungen trotz der mangelnden Sachkunde ohne Zuziehung eines geeigneten Sachverständigen treffe. Der Beklagte zeigt indes nicht auf, dass das Oberverwaltungsgericht diesem Rechtssatz widersprochen hätte. Er räumt ein, dass das Oberverwaltungsgericht auf den Rechtssatz Bezug genommen hat, meint aber, dass ihm bei der Anwendung des Rechtssatzes ein Zirkelschluss unterlaufen sei. Dabei übersieht er, dass eine Divergenz nicht vorliegt, wenn die Vorinstanz einen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, den sie nicht in Frage stellt, im Einzelfall rechtsfehlerhaft anwendet oder daraus nicht die rechtlichen Folgerungen zieht, die etwa für die Sachverhalts- und Beweiswürdigung geboten sind (stRspr; vgl. nur Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Eine Divergenz zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2005 - BVerwG 7 B 16.05 - (NuR 2005, 729) zeigt der Beklagte ebenfalls nicht auf. Er macht nicht geltend, dass das Oberverwaltungsgericht dem Rechtssatz, es sei nicht abstrakt, sondern nach den örtlichen Gegebenheiten zu entscheiden, ob die Alternative einer Errichtung des Vorhabens in einem Plangebiet bestehe, einen widersprechenden Rechtssatz gegenübergestellt hätte, sondern bemängelt, dass das Oberverwaltungsgericht der Frage, ob die Alternative einer Errichtung des Vorhabens in einem Plangebiet in der Standortgemeinde oder in der Nähe bestehe, nicht nachgegangen sei. Das Aufzeigen einer unterbliebenen Anwendung eines Rechtssatzes, den das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt indes nicht den Anforderungen einer Divergenzrüge (Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.). Der Beklagte zitiert das Oberverwaltungsgericht mit dem Rechtssatz, die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen sei anhand der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl S. 503) zu ermitteln und zu bewerten, und sieht darin eine Abweichung von dem Beschluss vom 17. Juli 2003 - BVerwG 4 B 55.03 - (Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 S. 18), in dem der Senat technischen Regelwerken nur die Funktion einer Orientierungshilfe oder eines groben Anhalts für die Einzelfallprüfung zugewiesen habe. Der Beigeladene zu 1 moniert, dass das Oberverwaltungsgericht die Frage, ob von der beabsichtigten Hundepension des Klägers schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärm ausgehen werden, ausschließlich anhand der Regeln der TA Lärm beantwortet und auf eine einzelfallbezogene Markierung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund einer eigenen Würdigung verzichtet habe. Der rechtliche Ansatz des Oberverwaltungsgerichts stehe im Widerspruch zu den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. April 1988 - BVerwG 7 C 33.87 - (BVerwGE 79, 254 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 5), vom 19. Januar 1989 - BVerwG 7 C 77.87 - (BVerwGE 81, 197 = Buchholz 406.25 § 22 BImSchG Nr. 6), vom 20. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 12.87 - (BVerwGE 84, 31 = Buchholz 407.4 § 18c FStrG Nr. 2) und vom 19. Februar 2013 - BVerwG 7 B 38.12 - juris, aus denen sich ergebe, dass auch vom Tatrichter zu wertende Elemente wie beispielsweise Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeine Akzeptanz der Geräuschquelle mitbestimmend seien. Die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Divergenz liegt nicht vor. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats kommt der TA Lärm eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zu, soweit sie für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB, § 3 Abs. 1 BImSchG konkretisiert (Urteile vom 29. August 2007 - BVerwG 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 Rn. 12 und vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 18 sowie Beschluss vom 8. Januar 2013 - BVerwG 4 B 23.12 - BauR 2013, 739 Rn. 5). Die normative Konkretisierung des gesetzlichen Maßstabs für die Schädlichkeit von Geräuschen ist insoweit abschließend, als sie bestimmte Gebietsarten und Tageszeiten entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit bestimmten Immissionsrichtwerten zuordnet und das Verfahren der Ermittlung und Beurteilung der Geräuschimmissionen vorschreibt. Für eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze aufgrund tatrichterlicher Würdigung lässt das normkonkretisierende Regelungskonzept nur insoweit Raum, als die TA Lärm insbesondere durch Kann-Vorschriften und Bewertungsspannen Spielräume eröffnet. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht angenommen, dass eine einzelfallbezogene Beurteilung der Schädlichkeitsgrenze unzulässig sei, und deshalb keinen Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Es ist davon ausgegangen, dass eine Hundepension Lärmauswirkungen mit sich bringt, die sich vom Lärm etwa eines Gewerbebetriebs unterscheiden und einer besonderen Prüfung zu unterwerfen sind (UA S. 10). Das entspricht Nr. 3.2.2 der TA Lärm, die vorsieht, dass bei Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls, die bei der Regelfallprüfung nach Nr. 3.2.1 keine Berücksichtigung finden, nach Art und Gewicht jedoch wesentlichen Einfluss auf die Beurteilung haben können, ob die Anlage zum Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen relevant beiträgt, ergänzend zu prüfen ist, ob sich unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls eine vom Ergebnis der Regelfallprüfung abweichende Beurteilung ergibt. Die tatrichterliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, dass mit den - zahlreichen - Zuschlägen u.a. für Impulshaltigkeit und Informationshaltigkeit der Geräusche die besondere Lästigkeit von Hundegebell zureichend erfasst werde (UA S. 11), kann mit der Divergenzrüge nicht angegriffen werden. 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Beschwerden beimessen. a) Der Beklagte und der Beigeladene zu 1 werfen im Kern übereinstimmend die Frage auf, ob zur Klärung des Umfangs der Umwelteinwirkungen durch Geräusche, die eine Hundepension im Außenbereich hervorruft, eine Regelfallprüfung nach der TA Lärm ausreicht oder eine ergänzende Prüfung wegen eines Sonderfalls erforderlich ist, in die u.a. die Aspekte Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und eine Vielzahl weiterer Parameter einzubeziehen sind. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Rüge des Beklagten genügt bereits nicht den Erfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil in ihr jegliche Darlegung fehlt, aus welchen Gründen die formulierte Frage grundsätzliche Bedeutung haben soll. Dem Beigeladenen zu 1 ist entgegenzuhalten, dass zum einen die Würdigung, ob eine ergänzende Prüfung nach Nr. 3.2.2 der TA Lärm - u.a. im Hinblick auf besondere Gesichtspunkte der Herkömmlichkeit und der sozialen Adäquanz der Geräuschimmission - durchzuführen ist, eine Aufgabe der Tatsachengerichte ist (vgl. Urteil vom 29. August 2007 a.a.O. Rn. 31 zur Vergabe eines Impulszuschlags), und zum anderen, dass das Oberverwaltungsgericht die Frage dergestalt zu Gunsten einer Sonderfallprüfung beantwortet hat, dass er der besonderen Lästigkeit von Hundegebell durch Zuschläge nach Nr. 3.2.2 der TA Lärm Rechnung getragen hat (UA S. 11 f). Dass der Beigeladene zu 1 das Ergebnis der Prüfung nicht für richtig hält, ist ohne Belang. Mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache nicht belegen. b) Auch die weiteren Fragen, die der Beklagte für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Der Beklagte will wissen, - ob es zur Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zugelassen werden soll, ausreichend ist, wenn im Verwaltungsverfahren und/oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren sachverständige Stellungnahmen zu der Frage eingeholt wurden, ob ein Vorhaben an einer konkret bezeichneten Stelle für die Nachbarschaft zumutbar ist, - ob, falls die vorstehende Frage bejaht wird, gleichwohl eine Prüfung vorzunehmen ist, ob das Vorhaben auf der Grundlage der Aussagen der eingeholten Gutachten innenbereichsverträglich ist mit der Folge, dass es an einer anderen Stelle im Innenbereich zugelassen werden kann und damit im Außenbereich unzulässig ist. Auf die Fragen lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf: Die Privilegierung eines immissionsträchtigen Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ist u.a. davon abhängig, dass es wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll. Sie scheidet aus, wenn das Vorhaben auf einen Standort im Innenbereich verwiesen werden kann (Beschluss vom 12. April 2011 - BVerwG 4 B 6.11 - BauR 2011, 1299), wobei es nicht auf die Beschaffenheit von Innenbereichen im Allgemeinen ankommt, sondern auf die Beschaffenheit des Innenbereichs in der jeweiligen Gemeinde (Beschluss vom 27. Juni 1983 - BVerwG 4 B 201.82 - BRS 40 Nr. 74 S. 179). Ist der Privilegierungstatbestand erfüllt, weil es für das Vorhaben keinen Innenbereichsstandort gibt, ist u.a. zu prüfen, ob öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB entgegenstehen, weil das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Ob die Voraussetzungen der Privilegierung oder die Umweltschädlichkeit eines Vorhabens nur mit Hilfe eines Sachverständigen geklärt werden können, hängt von der Sachkunde des Gerichts ab (vgl. Urteil vom 10. September 1976 - BVerwG 4 C 89.75 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 130) und beurteilt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Zur Frage, welche Anforderungen an die Darlegung eines nachhaltigen Betriebs bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben im Außenbereich zugrunde zu legen sind, insbesondere ob es ausreichend ist, wenn überhaupt keine schriftlichen Unterlagen (z.B. Wirtschaftlichkeitsberechnung, Business-Plan etc.) vorgelegt werden, gibt es bereits Rechtsprechung des Senats. Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls (Urteil vom 11. Oktober 2012 - BVerwG 4 C 9.11 - NVwZ 2013, 155 Rn. 8). Welche Umstände eine Rolle spielen, hat der Senat im Einzelnen dargestellt. Einen Rentabilitätsnachweis anhand konkreter Zahlen hält er nicht stets, sondern allenfalls in Zweifelsfällen für erforderlich (vgl. auch Urteil vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 4 C 7.04 - BVerwGE 122, 308 <313> jeweils zu § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Der Beklagte zeigt nicht auf, dass Anlass bestehen könnte, die Senatsrechtsprechung weiter zu entwickeln oder zu korrigieren. Die Frage, ob es zur Bestimmung der gesicherten Erschließung im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB genügt, dass die Art der Befestigung eines landwirtschaftlichen Weges nicht näher geprüft wird, wenn anzunehmen ist, dieser entspreche seiner Art nach einem landwirtschaftlichen Weg, würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Sie wird dem Berufungsurteil nicht gerecht. Das Oberverwaltungsgericht hat sich nicht darauf beschränkt, die Angabe des Klägers zu übernehmen, der Zufahrtsweg zu seinem Vorhaben sei nach Art landwirtschaftlicher Wege befestigt (UA S. 14), sondern hat mit bindender Wirkung für den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass es sich bei dem Weg um einen geschotterten Feldweg handelt (UA S. 15). Die Frage, ob es zulässig ist, ein Verpflichtungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) zu erlassen, wonach die Behörde verpflichtet wird, auf den Antrag des Antragstellers eine Genehmigung zu erteilen, wenn sich aus dem Tatbestand des Urteils ergibt, dass ein Gutachten in Bezug genommen wird, welches nicht Gegenstand des Antrags ist, aus dem sich aber weitere Handlungspflichten (Lärmminderungsmaßnahmen) für den Antragsteller ergeben, ist auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten und nicht von fallübergreifender Bedeutung. Sie dient dem Beklagten als Anknüpfungspunkt für den an das Oberverwaltungsgericht gerichteten Vorwurf, ihn zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung verpflichtet zu haben, obwohl wegen der von dem Beklagten für möglich gehaltenen Notwendigkeit, die Baugenehmigung durch Nebenbestimmungen zur Lärmreduzierung zu beschränken, allenfalls ein Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) hätte ergehen dürfen (Beschwerdebegründung S. 11). Mit einer Kritik an der vorinstanzlichen Rechtsanwendung lässt sich die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache jedoch nicht darlegen. Sollte die Frage mit einer anderslautenden Formulierung verallgemeinerungsfähig sein, wäre auf sie mit der Rechtsprechung des Senats zu antworten, dass ein Bescheidungsurteil dann in Betracht kommt, wenn individuelle Einschätzungen und Zweckmäßigkeitserwägungen dafür erheblich sind, ob einer Baugenehmigung diese oder jene häufig gleichermaßen geeignete Auflage oder sonstige Nebenbestimmung beizufügen ist (Beschluss vom 25. November 1997 - BVerwG 4 B 179.97 - NVwZ-RR 1999, 74). Ob die Rechtskraft eines Verpflichtungsurteils auf Erlass eines begünstigenden Verwaltungsakts die Behörde hindert, dem Verwaltungsakt belastende Nebenbestimmungen beizufügen, lässt sich nicht rechtsgrundsätzlich beantworten, sondern hängt von der Reichweite der Rechtskraft des Urteils im Einzelfall ab (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 3. Januar 1991 - 8 S 2901/90 - NVwZ 1991, 1197). 3. Die Revision ist schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen. Die Rügen, das Oberverwaltungsgericht habe seine Pflicht zur Klärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) verletzt, genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr). Die Beschwerdeführer beanstanden übereinstimmend, dass das Oberverwaltungsgericht darauf verzichtet habe, sich vom Kläger Unterlagen zur Wirtschaftlichkeit des umstrittenen Vorhabens vorlegen zu lassen. Sie legen jedoch nicht dar, dass sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht auf der Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung bestanden hätten. Der Beklagte zeigt auch nicht auf, dass sich dem Oberverwaltungsgericht diese Art der Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen. Der Beigeladene zu 1 macht das zwar geltend, beschränkt sich aber auf eine Kritik an der Beweiswürdigung des Oberverwaltungsgerichts. Aus seinem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, welche Erkenntnisse eine Wirtschaftlichkeitsberechnung voraussichtlich vermittelt und inwieweit das unterstellte Ergebnis der Berechnung zu einer ihm günstigeren Entscheidung geführt hätte. Die Rüge des Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe den Zustand des die Erschließung des Vorhabens angeblich sichernden landwirtschaftlichen Wirtschaftsweges nicht aufgeklärt, entspricht ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Der Beklagte vermisst die Prüfung, ob in absehbarer Zeit unwirtschaftliche Aufwendungen zur Erhaltung des Weges auf den Baulastpflichtigen zukommen. Er zeigt aber nicht auf, welche für geeignet und erforderlich gehaltene Aufklärungsmaßnahmen das Oberverwaltungsgericht hätte durchführen sollen und welches mutmaßliche Ergebnis sie erbracht hätten. Der Beklagte wirft dem Oberverwaltungsgericht einen Zirkelschluss vor: Die Annahme der Vorinstanz, bereits die Notwendigkeit einer gutachterlichen Klärung, ob von einem Vorhaben mit einer Entfernung von 400 m zur bebauten Ortslage noch ein für die Ortslage unzumutbarer Lärm ausgehe, zeige, dass das Vorhaben innerhalb der Ortslage selbst nicht ohne nachteilige Auswirkungen auf die Umgebung errichtet werden könne (UA S. 10), sei denkgesetzwidrig. Da die Gutachten gerade zur Klärung der Frage der Innenbereichsverträglichkeit beitragen sollten, könne die Frage nicht schon aufgrund der Tatsache verneinend beantwortet werden, dass Gutachten eingeholt worden seien. Die Kritik des Beklagten verhilft der Verfahrensrüge nicht zum Erfolg. Der Senat unterstellt zu Gunsten des Beklagten, dass der reklamierte Verstoß gegen Denkgesetze vorliegend nicht ein Fehler bei der Anwendung sachlichen Rechts, sondern ein Verfahrensfehler ist (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 - BVerwG 4 C 28.89 - BVerwGE 84, 271 <272 f.>). Der Verstoß liegt indes nicht vor. Die Argumentation des Beklagten beruht auf der unzutreffenden Prämisse, dass die vom Oberverwaltungsgericht ausgewerteten Gutachten dazu beitragen sollten, die Innenbereichsverträglichkeit des klägerischen Vorhabens, also die Privilegierungsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, zu klären. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, sind die Gutachten eingeholt worden, um zu ermitteln, ob auch bei einer Entfernung von mehr als 400 m zwischen dem Vorhaben und der bebauten Ortslage von dem Vorhaben Lärm ausgehe, der für die Bewohner der Ortslage unzumutbar sei (UA S. 10), mithin mit Blick auf § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Entgegen der Darstellung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht nicht aus der Notwendigkeit der Einholung eines Gutachtens bereits das Ergebnis des Gutachtens abgeleitet, sondern einen Erst-Recht-Schluss des Inhalts gezogen, dass das Vorhaben des Klägers nicht innenbereichsverträglich sei, wenn es schon der Hilfe von Gutachtern bedürfe, um zu meinen, ob an dem gewählten Standort im Außenbereich der öffentliche Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB entgegenstehe. Ob dieser Schluss überzeugend ist, ist ohne Belang. Ein Verstoß gegen die Denkgesetze setzt voraus, dass das Gericht einen unmöglichen Schluss gezogen hat, indem es Voraussetzungen und Folgerung in einer Weise verknüpft hat, dass die Folgerung unter keinen Umständen richtig sein kann (Beschluss vom 19. Oktober 1999 - BVerwG 9 B 407.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 11 S. 11). Das ist hier nicht geschehen. Mit der Rüge, das Oberverwaltungsgericht hätte die Frage, ob das klägerische Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB hervorrufen kann, nicht allein anhand der TA Lärm beurteilen dürfen, macht der Beklagte keinen Verfahrensfehler geltend, sondern einen Fehler bei der Anwendung sachlichen Rechts. Gleiches gilt für die Rüge, dass das Oberverwaltungsgericht statt eines Verpflichtungsurteils ein Bescheidungsurteil hätte erlassen müssen. Verkennt ein Gericht das Prüfprogramm des § 113 Abs. 5 VwGO, liegt darin ein inhaltlicher Mangel des Urteils (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 45).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020236&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020237
BVerwG
4. Senat
20140326
4 B 55/13
Beschluss
§ 43 VwGO
vorgehend Thüringer Oberverwaltungsgericht, 28. August 2013, Az: 1 KO 1127/10, Urteil
DEU
Zur Subsidiarität der verwaltungsprozessualen Feststellungsklage
Die Beschwerde ist mit dem Ergebnis der Zurückverweisung an die Vorinstanz begründet (§ 133 Abs. 6 VwGO). 1. Die Revision ist allerdings nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Kläger beimisst. Die Beschwerde hält folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig: Steht der Zulässigkeit einer Feststellungsklage deren Subsidiarität gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO entgegen, wenn dem Feststellungskläger damit zugemutet wird, bei der Behörde einen - später im Wege der Verpflichtungsklage zu verfolgenden - Anspruch geltend zu machen, der im Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung steht, bzw. ist es einem Feststellungskläger zuzumuten, bei der Behörde einen Antrag zu stellen, der auf das Gegenteil dessen gerichtet ist, was er mit seinem Rechtsschutzbegehren erreichen will? Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision, denn Reichweite und Bedeutung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt. Nach dieser Vorschrift ist die Feststellungsklage unzulässig, wenn der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (vgl. Urteile vom 25. April 1996 - BVerwG 3 C 8.95 - Buchholz 418.61 TierKBG Nr. 12 S. 18 f. und vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133 = juris Rn. 12). § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO will mithin unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung ein unmittelbareres, sachnäheres und wirksameres Verfahren zur Verfügung steht (vgl. Urteil vom 7. September 1989 - BVerwG 7 C 4.89 - Buchholz 415.1 AllgKommR Nr. 93 S. 55 f. m.w.N.). Davon kann dann keine Rede sein, wenn die Feststellungsklage einen Rechtsschutz gewährleistet, der weiter reicht, als er mit einer Leistungs- oder Gestaltungsklage erlangt werden kann (stRspr; Urteile vom 21. Februar 2008 - BVerwG 7 C 43.07 - Buchholz 451.223 ElektroG Nr. 1 Rn. 11, vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152 <156>, vom 29. Januar 2004 - BVerwG 3 C 29.03 - Buchholz 442.151 § 41 StVO Nr. 9, vom 5. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 6.00 - Buchholz 407.2 § 13 EkrG Nr. 2 und vom 29. April 1997 - BVerwG 1 C 2.95 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 127 m.w.N.), wenn also die genannten Klagemöglichkeiten zu keinem gleichwertigen Rechtsschutz führen (Beschlüsse vom 25. Mai 1988 - BVerwG 3 B 5.88 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 98 S. 7 und vom 9. März 1990 - BVerwG 4 B 145.88 - juris Rn. 34). Davon ist etwa dann auszugehen, wenn sich der Kläger mit der Erhebung einer Verpflichtungsklage in Widerspruch zu seiner eigenen Rechtsauffassung setzen müsste. So hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass ein Kläger nicht auf die Erhebung einer Verpflichtungsklage zur Erlangung einer Erlaubnis verwiesen werden kann, wenn er die beabsichtigte Tätigkeit selbst für erlaubnisfrei hält und keine Erlaubnis anstrebt (Urteil vom 17. Januar 1972 - BVerwG 1 C 33.68 - BVerwGE 39, 247 <249>; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 43 Rn. 131 m.w.N.). Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. 2. Die Beschwerde macht allerdings zu Recht einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend. Das Oberverwaltungsgericht hat, indem es die Klage des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO als unzulässig angesehen hat, die prozessuale Bedeutung dieser Vorschrift verkannt. Das Oberverwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass Kläger und Beigeladene beabsichtigen, ihre Miteigentümergemeinschaft an dem ihnen gehörenden Grundstück durch Teilung aufzuheben. Hierzu seien von den Rechtsvorgängern des Klägers und den Beigeladenen Vereinbarungen über einen bestimmten Grenzverlauf sowie über die Teilung des Grundstücks geschlossen worden. Der Kläger sehe sich an diese Teilungsvereinbarungen aber nicht gebunden, weil er befürchte, durch diese Grundstücksteilung würden baurechtswidrige Zustände geschaffen. Gegenüber seinem Begehren festzustellen, dass die Teilung des Grundstücks entsprechend der "Variante 2" in zwei Grundstücke Verhältnisse schaffe, die § 6 ThürBO widersprächen und es zur Genehmigung einer Abweichung eines Verfahrens nach § 63e ThürBO bedürfe, könne er jedoch vorrangig einen entsprechenden Antrag an die Bauaufsichtsbehörde nach § 8 Abs. 3 ThürBO stellen und so klären lassen, ob die Teilung zu baurechtswidrigen Zuständen führe. Daher bedürfe es der vorliegenden Feststellungsklage nicht (UA S. 6, 7). Diese Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts werden dem Rechtsschutzziel des Klägers nicht gerecht und führen daher zu einer Verkennung der Anforderungen des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Der Kläger möchte mit seiner Klage die Feststellung erreichen, dass eine Grundstücksteilung entsprechend der sogenannten "Variante 2" bauordnungsrechtlich nicht ohne die Zulassung einer Abweichung nach § 63e ThürBO zulässig ist, weil sie den Anforderungen des § 8 Abs. 1 ThürBO nicht entspricht. Ziel seiner Klage ist mithin die Feststellung, dass die Grundstücksteilung nach der "Variante 2" ohne Zulassung einer Abweichung bauordnungsrechtlich unzulässig ist. Nach dem vom Oberverwaltungsgericht ins Feld geführten § 8 Abs. 3 ThürBO hat die Bauaufsichtsbehörde auf Antrag eines Beteiligten ein Zeugnis darüber auszustellen, dass die Teilung des Grundstücks den Anforderungen des § 8 Abs. 1 und 2 ThürBO entspricht. § 8 Abs. 3 ThürBO regelt damit genau den umgekehrten Fall zum Rechtsschutzziel des Klägers. Damit kann der Kläger nicht auf einen entsprechenden Antrag an die Bauaufsichtsbehörde und im Falle seiner Ablehnung auf die Erhebung von Widerspruch und Verpflichtungsklage verwiesen werden. Infolge dessen kann die Feststellungsklage des Beschwerdeführers entsprechend den unter 1. gemachten Ausführungen nicht an § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO scheitern. Der somit vorliegende Verfahrensfehler kann sich auf die Entscheidung der Vorinstanz ausgewirkt haben. Da im Übrigen das Oberverwaltungsgericht keine Einwände gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage gesehen hat, hätte es nicht im Wege des Prozess-, sondern des Sachurteils entscheiden müssen. Insofern ist nicht auszuschließen, dass die Vorinstanz ohne den Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil sie im Rahmen der Begründetheitsprüfung zur Berechtigung des klägerischen Feststellungsbegehrens - wie bereits das Verwaltungsgericht - hätte kommen können. Da das Oberverwaltungsgericht hierzu keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat und es insofern in erster Linie um die Anwendung irrevisiblen Landesrechts geht, kann der Senat nicht feststellen, dass sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO; vgl. zur Anwendbarkeit dieser Norm im Verfahren über die Zulassung der Revision: Beschlüsse vom 14. Februar 2002 - BVerwG 4 BN 5.02 - BRS 65 Nr. 53 m.w.N. und vom 8. Juni 2011 - BVerwG 4 BN 42.10 - BRS 78 Nr. 70 Rn. 9). Weil auch ein Revisionsverfahren deswegen nur zu einer Zurückverweisung an das Oberverwaltungsgericht führen könnte, macht der Senat von seiner Befugnis nach § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Aus diesem Grund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob der vom Kläger weiter geltend gemachte Verfahrensfehler der unzureichenden Sachaufklärung vorliegt und ob die in Bezug auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO erhobene Divergenzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) erfolgreich gewesen wären (vgl. Beschlüsse vom 3. Februar 1993 - BVerwG 11 B 12.92 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 10 = juris Rn. 6, vom 31. August 1999 - BVerwG 3 B 57.99 - NVwZ-RR 2000, 259 = juris Rn. 11 und vom 29. Juli 2013 - BVerwG 4 BN 13.13 - ZfBR 2014, 159 Rn. 9; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 133 Rn. 56; Pietzner/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, § 133 Rn. 86).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020237&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020238
BVerwG
6. Senat
20140311
6 P 5/13
Beschluss
§ 19 Abs 4 S 2 BPersVG, § 19 Abs 4 S 3 BPersVG, § 19 Abs 5 BPersVG, § 19 Abs 6 S 1 BPersVG, § 25 BPersVG, § 9 Abs 2 Halbs 1 BPersVWO, § 10 Abs 5 S 2 BPersVWO
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 26. März 2013, Az: 20 A 2098/12.PVB, Beschluss vorgehend VG Köln, 31. August 2012, Az: 33 K 3225/12.PVB, Beschluss
DEU
Personalratswahl; Schriftformerfordernis der Zustimmungserklärung
Die dem Wahlvorschlag beizufügenden Zustimmungserklärungen der Bewerber müssen unterschrieben und im Original beim Wahlvorstand eingereicht werden; eine Übermittlung per Telefax reicht nicht aus.
I. Die Antragsteller sind in Dienststellen beschäftigt, welche zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung gehören. Mit Schreiben vom 1. März 2012 reichte der Antragsteller zu 1 für die Wahl des Hauptpersonalrats beim Bundesministerium der Verteidigung, des Beteiligten zu 2, einen Wahlvorschlag in der Gruppe der Arbeitnehmer ein. Diesen Wahlvorschlag erklärte der Hauptwahlvorstand in seiner Sitzung vom 2. März 2012 wegen verschiedener Mängel für ungültig und gab ihn mit Schreiben vom gleichen Tage zurück. Mit Schreiben vom 9. März 2012 reichte der Antragsteller zu 1 einen neuen Wahlvorschlag ein, und zwar mit dem Kennwort "Handwerker, VFA und Arbeitnehmer für den Erhalt der zivilen Arbeitsplätze bei der Bundeswehr". Beigefügt war eine Zustimmungserklärung vom 30. Januar 2012, welche der Arbeitnehmer Oliver H. noch für seine Aufnahme in den alten Wahlvorschlag abgegeben hatte. Beigefügt war ferner ein Telefax des Beschäftigten H. vom 7. März 2012 an den Antragsteller zu 1, in welchem es heißt: "Hiermit erkläre ich mich bereit, dass die Kennwörter auf meiner handschriftlichen Zustimmungserklärung von Arbeitern der Bundeswehr für den Erhalt der zivilen Arbeitsplätze umgewandelt werden auf Handwerker, VFA und Arbeitnehmer für den Erhalt der zivilen Arbeitsplätze bei der Bundeswehr. Ich befinde mich zur Zeit im Kfor-Einsatz." In seiner Sitzung vom 12. März 2012 stellte der Hauptwahlvorstand fest, dass die Zustimmungserklärung des Beschäftigten H. nicht im Original vorlag, und erklärte den genannten Wahlvorschlag vorbehaltlich des zeitgerechten Eingangs der originalen Zustimmungserklärung bis spätestens 15. März 2012, 24.00 Uhr, für gültig. Hierüber wurde der Antragsteller zu 1 noch am selben Tag fernmündlich unterrichtet. Am 14. März 2012 ging beim Hauptwahlvorstand das Telefax einer Zustimmungserklärung des Beschäftigten H. ein. Dieses war dem Telefax des Beschäftigten M. aus dem Feldlager Prizren vom gleichen Tage beigefügt, in welchem dieser erklärte, der Kollege H. habe heute in seinem Beisein die Zustimmungserklärung eigenhändig unterschrieben und sei ihm auch persönlich bekannt. Mit Schreiben vom 16. März 2012 teilte der Hauptwahlvorstand dem Antragsteller zu 1 mit, die von ihm eingereichte Liste sei nicht zur Wahl zugelassen, weil die dafür erforderlichen Gültigkeitsvoraussetzungen innerhalb der gesetzten Nachfrist nicht vollständig erfüllt worden seien. In der Zeit vom 7. bis 9. Mai 2012 fand die Wahl zum Hauptpersonalrat statt. Das Wahlergebnis wurde am 12. Mai 2012 bekannt gemacht. Am 16. Mai 2012 haben die Antragsteller die Wahl angefochten. Das Verwaltungsgericht hat die Wahl zum Beteiligten zu 2 in der Gruppe der Arbeitnehmer für ungültig erklärt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluss geändert und den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die am 14. März 2012 als Telefax beim Hauptwahlvorstand eingegangene Zustimmungserklärung des Bewerbers H. sei nicht formgerecht, weil sie dem Schriftformerfordernis aus § 9 Abs. 2 Halbs. 1 BPersVWO nicht genüge. Bei der Zustimmungserklärung des Wahlbewerbers handele es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung, auf welche § 126 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden sei. Durch die Notwendigkeit einer eigenhändigen Unterschrift werde sichergestellt, dass die Erklärung tatsächlich von dem Erklärenden stamme (Echtheitsfunktion). Diesem Gesichtspunkt komme im Zusammenhang mit der Zustimmungserklärung eine besondere Bedeutung zu, da deren Echtheit maßgeblich für die Gültigkeit des Wahlvorschlages insgesamt sei. Im Übrigen sei es dem Wahlvorstand beim Vorliegen einer eigenhändigen Unterschrift leichter möglich, die Echtheit der Erklärung zu überprüfen. Das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift solle auch vor einer übereilten Abgabe der Zustimmungserklärung schützen (Warnfunktion). Denn eine einmal abgegebene Zustimmungserklärung entfalte eine fortwirkende Verbindlichkeit, da ein Widerruf der Zustimmung gesetzlich ausgeschlossen sei. § 126 Abs. 1 BGB verlange eine eigenhändige Unterzeichnung der schriftlichen Erklärung durch eine Namensunterschrift. Daran fehle es hier, weil die Zustimmungserklärung des Bewerbers H. lediglich in der Form eines Telefaxes vorgelegt worden sei. Ein Telefax beinhaltet keine Originalunterschriften, sondern gebe lediglich die auf technischem Wege übermittelte Abbildung einer solchen wieder. Dass die Zustimmungserklärung des Bewerbers H. dem Schriftformerfordernis nicht genüge, habe zwingend zur Folge, dass der Wahlvorschlag ungültig sei. Die Antragsteller tragen zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Um sicherzustellen, dass der Bewerber im Falle seiner Wahl verlässlich für das Amt als Mitglied der Personalvertretung zur Verfügung stehe, reiche es aus, wenn ein Telefax einer vom Bewerber unterschriebenen Zustimmungserklärung an den Wahlvorstand übersandt werde und sich aus anderen Anhaltspunkten eine verlässliche Gewähr für die Urheberschaft und den Verkehrswillen des Bewerbers ergebe. Diese Voraussetzung sei mit der gleichzeitig übersandten Bestätigung der Urheberschaft durch einen Unterschriftszeugen erfüllt. Die Echtheitsgarantie sei bei der Zustimmungserklärung des Wahlbewerbers nicht unverzichtbar. Mit einer von einem Unbefugten abgegebenen Erklärung seien keine Folgen verbunden, die um ihrer Vermeidung willen zwingend nach einer eigenhändigen Unterschrift des Wahlbewerbers verlangten. Die unrichtige Erklärung einer Zustimmung führe nicht automatisch zu einer Ungültigkeit des Wahlvorschlages. Die Zustimmung des richtigen Wahlbewerbers könne nach entsprechender Aufforderung des Wahlvorstandes fristgerecht nachgeholt werden. Ein Fälschungsrisiko bei den Unterschriften der Wahlbewerber sei nicht vorhanden, da eine bestimmte Anzahl von Wahlbewerbern keine Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Wahlvorschlag darstelle. Die Warnfunktion beim Schriftlichkeitserfordernis sei hier zu vernachlässigen, da der eine Zustimmungserklärung abgebende Bewerber faktisch durch seine Erklärung nicht gebunden werde. Jeder Bewerber habe im Fall seiner Wahl das Recht, diese nicht anzunehmen. Ebenso habe nach Annahme der Wahl das Personalratsmitglied das Recht, jederzeit von seinem Amt zurückzutreten. Der Bewerber sei nicht einmal während der Wahl an die einmal abgegebene Zustimmungserklärung tatsächlich gebunden. Es stehe ihm frei, auch für andere Wahllisten seine Zustimmung zu erklären. In diesem Fall habe er nach entsprechender Aufforderung des Wahlvorstandes zu erklären, auf welchem Wahlvorschlag er benannt bleiben wolle. Normzweck und Interessenlage verlangten nicht nach einer eigenhändigen Unterzeichnung der schriftlichen Zustimmungserklärung durch Namensunterschrift des Wahlbewerbers. Ausreichend wäre stattdessen Textform entsprechend § 126b BGB. Die Antragsteller beantragen sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit durch ihn der erstinstanzliche Beschluss geändert wurde, und die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den erstinstanzlichen Beschluss zurückzuweisen. Der Beteiligte zu 2 beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Antragsteller ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die Antragsteller können nicht verlangen, dass die Wahl zum Hauptpersonalrat beim Bundesministerium der Verteidigung in der Gruppe der Arbeitnehmer für ungültig erklärt wird. Nach §§ 25, 53 Abs. 3 Satz 1 BPersVG können mindestens drei Wahlberechtigte die Wahl zum Hauptpersonalrat anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden ist. Der Hauptwahlvorstand hat keinen wesentlichen Wahlrechtsverstoß begangen, indem er die Liste mit dem Kennwort "Handwerker, VFA und Arbeitnehmer für den Erhalt der zivilen Arbeitsplätze bei der Bundeswehr" nicht zur Wahl zugelassen hat. Für die Wahl des Hauptpersonalrats gelten, soweit hier von Interesse, die §§ 1 bis 30 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVWO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Dezember 1994, BGBl I S. 3653, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. September 2005, BGBl I S. 2906, entsprechend (§§ 32, 42 BPersVWO). Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BPersVWO hat der Hauptwahlvorstand (§ 43 BPersVWO) einen Wahlvorschlag, der ohne die schriftliche Zustimmung der Bewerber eingereicht wurde, mit der Aufforderung zurückzugeben, den Mangel binnen drei Arbeitstagen seit dem Zugang der Aufforderung zu beseitigen. Wird der Mangel nicht fristgerecht beseitigt, ist der Wahlvorschlag ungültig (§ 10 Abs. 5 Satz 2 BPersVWO). Zu Recht ist hier der Hauptwahlvorstand in seiner Sitzung vom 12. März 2012 mit dem Wahlvorschlag, den der Antragsteller zu 1 unter dem 9. März 2012 eingereicht hatte, nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BPersVWO verfahren. Eine rechtswirksame Zustimmungserklärung des Bewerbers Oliver H. lag zu diesem Zeitpunkt nicht vor. Dessen Zustimmungserklärung vom 30. Januar 2012 bezog sich noch auf den alten Wahlvorschlag, den der Hauptwahlvorstand nach § 10 Abs. 2 Satz 1 BPersVWO als ungültig zurückgegeben hatte und der zudem ein anderes Kennwort trug (§ 8 Abs. 5 BPersVWO). Soweit in dem Telefax des Beschäftigten H. vom 7. März 2012 eine Bevollmächtigung des Antragstellers zu 1 zu sehen ist, die Zustimmungserklärung auf den neuen Wahlvorschlag mit dem geänderten Kennwort umzuschreiben, ist davon jedenfalls kein Gebrauch gemacht worden; es kann daher hier auf sich beruhen, ob eine dahingehende Stellvertretung zulässig ist. Soweit das Fax vom 7. März 2012 inhaltlich bereits als Zustimmung zum neuen Wahlvorschlag zu werten sein sollte, wäre die Erklärung aus den nachstehenden Gründen ebenso formunwirksam wie diejenige durch das Fax vom 14. März 2012. Der neue Wahlvorschlag war ungültig, weil bis zum Ablauf der gesetzten Nachfrist am 15. März 2012, 24.00 Uhr, eine formgerechte Zustimmungserklärung des Bewerbers H. nicht beigebracht wurde (§ 10 Abs. 5 Satz 2 BPersVWO). Die dem Hauptwahlvorstand am 14. März 2012 als Fax übersandte Zustimmungserklärung des Bewerbers entspricht nicht den Anforderungen der Regelung in § 9 Abs. 2 Halbs. 1 BPersVWO. Danach ist dem Wahlvorschlag die schriftliche Zustimmung der in ihm aufgeführten Bewerber zur Aufnahme in den Wahlvorschlag beizufügen. 1. Dem Wortlaut der Vorschrift wird zweifelsfrei Rechnung getragen, wenn die jeweils eigenhändig unterzeichneten Zustimmungserklärungen der Bewerber im Original zusammen mit dem Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht werden. Darüber, ob der Regelung auch genügt wird, wenn die im Original unterschriebene Zustimmungserklärung dem Wahlvorstand durch Fax übermittelt wird, gibt der Wortlaut der Regelung allein keinen hinreichenden Aufschluss. 2. Dass die vorbezeichnete Frage zu verneinen ist, liegt jedoch bereits nach der Rechtssystematik nahe. § 9 Abs. 2 Halbs. 1 BPersVWO unterscheidet zwischen dem Wahlvorschlag und der Zustimmung der Bewerber, welche dem Wahlvorschlag beizufügen ist. Die Zustimmungserklärung ist somit nicht selbst Bestandteil des Wahlvorschlages. Dieser besteht, wie bereits den gesetzlichen Regelungen in § 19 Abs. 4 bis 9 BPersVG zu entnehmen ist, seinerseits aus zwei Teilen, nämlich der Bewerberliste sowie den Stützunterschriften aus dem Kreis der Beschäftigten; diese beiden Teile bilden eine Einheit, welcher durch Einreichung einer einheitlichen Urkunde beim Wahlvorstand Rechnung zu tragen ist (vgl. Beschluss vom 4. Oktober 1957 - BVerwG 7 P 5.57 - BVerwGE 5, 259 <260> = Buchholz 238.3 § 15 PersVG Nr. 1 S. 1 f.; BAG, Beschlüsse vom 25. Mai 2005 - 7 ABR 39/04 - BAGE 115, 34 <37 f.> und vom 20. Januar 2010 - 7 ABR 39/08 - BAGE 133, 114 Rn. 36; Berg, in: Altvater/Baden/Berg/Kröll/Noll/Seulen, Bundespersonalvertretungsgesetz, 8. Aufl. 2013, § 8 WO Rn. 15, § 9 WO Rn. 2; Ramm, ZfPR 2012, 9). Dennoch besteht zwischen dem Wahlvorschlag und den diesem beizufügenden Zustimmungserklärungen der Bewerber ein enger sachlicher, förmlicher und zeitlicher Bezug. a) Die Regelungen in § 19 Abs. 4 Satz 2 und 3, Abs. 5 und 6 Satz 1 BPersVG verlangen ausdrücklich, dass die Wahlvorschläge der Beschäftigten von einer bestimmten Anzahl von Wahlberechtigten unterzeichnet seien müssen. Die Notwendigkeit eigenhändiger Unterschriftsleistung ergibt sich demnach für die Wahlvorschläge bereits unmittelbar aus den genannten wahlrechtlichen Bestimmungen. Eines Rückgriffs auf § 126 BGB bedarf es nicht (vgl. zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung: BAG, Beschluss vom 20. Januar 2010 a.a.O. Rn. 30; vgl. ferner Berg, a.a.O. § 8 WO Rn. 14; Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, §§ 8, 9 WO Rn. 11; Ilbertz, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 8 WO Rn. 6a; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V, H § 8 Rn. 11; Dörner, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 19 Rn. 64; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 26. Aufl. 2012, § 14 Rn. 52; Homburg, in: Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, Betriebsverfassungsgesetz, 13. Aufl. 2012, § 14 Rn. 27; Nicolai, in: Hess/Worzalla/Glock/Nicolai/Rose/Huke, Betriebsverfassungsgesetz, 9. Aufl. 2014, § 14 Rn. 25). Der von den Wahlberechtigten eigenhändig unterzeichnete Wahlvorschlag muss im Original beim Wahlvorstand eingehen. Es reicht nicht aus, wenn dem Wahlvorstand lediglich die Telekopie der Originalunterschriften zugeht. Für Wahlvorschläge bedarf es regelmäßig der Stützunterschrift mehrerer Personen. Der Absender eines solchen Wahlvorschlages kann daher meist nicht in gleicher Weise für die Unterzeichnung die Verantwortung übernehmen wie in den Fällen, in denen er selbst alleiniger Autor des Schriftstücks ist. Bei einem Wahlvorschlag ist das Interesse an der Fälschung von Stützunterschriften nicht völlig fernliegend. Bei Wahlen ist die Gefahr, dass im Wege der Fälschung rechtzeitig eine etwa noch fehlende Unterschrift hergestellt wird, nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen. Um ein solches Fälschungsrisiko soweit wie möglich auszuschließen, muss daher der Wahlvorstand die Echtheit der Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag anhand der Originalunterschriften prüfen können (vgl. BAG, Beschluss vom 20. Januar 2010 a.a.O. Rn. 31 ff.; Fitting u.a., a.a.O. § 14 Rn. 52; zur Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat: LAG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Oktober 2007 - 11 TaBV 68/07 - juris Rn. 33 ff.). b) Es liegt nahe, hinsichtlich der Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber entsprechende Anforderungen zu stellen. Denn diese Erklärungen haben für die Personalratswahl ein vergleichbares Gewicht wie die Stützunterschriften der Wahlberechtigten. Beide dienen dem Legitimationsvorgang, der sich in der Personalratswahl ausdrückt. Mit der Unterzeichnung des Wahlvorschlages wollen die Beschäftigten diesen zu ihrem eigenen machen und ihm zu einer erfolgreichen Wahlteilnahme verhelfen (vgl. Beschluss vom 5. Februar 1971 - BVerwG 7 P 9.70 - BVerwGE 37, 162 <165> = Buchholz 238.3 § 22 PersVG Nr. 8 S. 7). Der Wahlvorschlag erfährt auf diese Weise seine Unterstützung aus dem Kreis der Beschäftigten in ihrer Eigenschaft als Wähler. Mit seiner Zustimmung zur Aufnahme in den Wahlvorschlag bringt der Beschäftigte zum Ausdruck, dass er dem Wahlvorschlag durch seine Kandidatur zum Erfolg verhelfen will. Hier erfährt der Wahlvorschlag seine Unterstützung aus dem Kreis der Beschäftigten in ihrer Eigenschaft als wählbare Kandidaten. Dabei ist es für den Erfolg des Wahlvorschlages bei der Wahl nicht ohne Bedeutung, ob sich nur ein einziger Beschäftigter oder wenige Beschäftigte oder eine große Anzahl von Beschäftigten zur Kandidatur bereiterklären. Ein größeres personelles Angebot auf einem Wahlvorschlag ist generell eher geeignet, bei den Beschäftigten der Dienststelle Anklang zu finden. Dieser Zusammenhang wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das Wahlrecht darauf verzichtet, die Mindestzahl der Bewerber auf einem Wahlvorschlag verbindlich festzulegen (vgl. § 8 Abs. 1 BPersVWO). Der enge sachliche Zusammenhang zwischen Stützunterschriften und Zustimmungserklärungen erfährt in § 9 Abs. 2 Halbs. 1 BPersVWO eine formelle und zeitliche Entsprechung. Denn dort ist vorgeschrieben, dass die Zustimmung der Bewerber schriftlich zu erklären und dem Wahlvorschlag beizufügen ist. Dies spricht dafür, dass an die Form der Zustimmung und ihrer Übermittlung keine geringeren Anforderungen zu stellen sind als an den zeitgleich eingereichten Wahlvorschlag selbst. c) Die Gleichwertigkeit von Stützunterschriften und Zustimmungserklärungen bei der Personalratswahl wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass § 10 BPersVWO für beide Erfordernisse im Ansatz unterschiedliche Regelungen bereithält. Wahlvorschläge, die nicht die erforderliche Anzahl von Unterschriften aufweisen, sind ungültig, so dass sie der Wahlvorstand unverzüglich zurückzugeben hat (§ 10 Abs. 2 Satz 1 BPersVWO). Demgegenüber hat der Wahlvorstand Wahlvorschläge, die ohne schriftliche Zustimmung der Bewerber eingereicht sind, mit der Aufforderung zurückzugeben, den Mangel binnen drei Arbeitstagen zu beseitigen (§ 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BPersVWO). Die unterschiedliche Regelung erklärt sich daraus, dass das Fehlen der erforderlichen Anzahl von Stützunterschriften zwingend zur materiellen Ungültigkeit des Wahlvorschlages führt, während der Verordnungsgeber im Fehlen der Zustimmungserklärung zunächst nur ein formelles Defizit sieht, weil nach seiner Vorstellung davon auszugehen ist, dass der Wahlvorschlagseinreicher sich zuvor des Einverständnisses aller Bewerber versichert hat (vgl. Beschluss vom 1. März 1984 - BVerwG 6 P 28.83 - BVerwGE 69, 63 <66 f.> = Buchholz 238.3A § 25 BPersVG Nr. 7 S. 8). Gelingt es ihm jedoch nicht, den Mangel fristgerecht zu beseitigen, so bestehen durchgreifende Zweifel daran, dass die Zustimmung der Beschäftigten zur Aufnahme in den Wahlvorschlag überhaupt vorliegt. Das formelle Defizit erweist sich damit zugleich als materieller Mangel. Denn die Zustimmung des Beschäftigten zur Aufnahme in den Wahlvorschlag ist dessen materielle Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. Beschluss vom 30. Oktober 1964 - BVerwG 7 P 5.64 - BVerwGE 19, 362 <363> = Buchholz 238.3 § 15 PersVG Nr. 7 S. 20 f.; Sommer, ZfPR 2008, 21; Ramm, a.a.O. S. 9; Ilbertz, a.a.O. § 9 WO Rn. 3; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. H § 9 Rn. 5a; LAG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 35; Homburg, a.a.O. § 6 WO 2001 Rn. 30). Folgerichtig bestimmt § 10 Abs. 5 Satz 2 BPersVWO, dass der Wahlvorschlag ungültig ist, wenn die schriftlichen Zustimmungen der Bewerber nicht fristgerecht nachgereicht werden. Im Ergebnis führt demnach die fehlende Zustimmung des Bewerbers genauso zur Ungültigkeit des Wahlvorschlages wie fehlende Stützunterschriften. 3. Sinn und Zweck des in § 9 Abs. 2 Halbs. 1 BPersVWO normierten Erfordernisses, dem Wahlvorschlag die schriftliche Zustimmung der Bewerber beizufügen, gebieten es, dass die Zustimmungserklärungen unterschrieben und im Original beim Wahlvorstand eingereicht werden. a) Die eigenhändige Unterzeichnung mit Namensunterschrift soll vor Übereilung bei der Abgabe der Erklärung schützen (Warnfunktion), den Aussteller der Urkunde erkennbar machen (Identitätsfunktion), sicherstellen, dass die Erklärung von diesem stammt (Echtheitsfunktion), und garantieren, dass die Erklärung inhaltlich abgeschlossen ist (Vollständigkeitsfunktion; vgl. Beschluss vom 18. August 2010 - BVerwG 6 P 15.09 - BVerwGE 137, 346 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 41 Rn. 27 m.w.N.). Alle vier Funktionen kommen bei den Zustimmungserklärungen der Wahlbewerber zum Tragen. aa) Das gilt entgegen der Annahme der Antragsteller insbesondere für die Warnfunktion. Nach § 9 Abs. 2 Halbs. 2 BPersVWO kann die Zustimmung zur Aufnahme in den Wahlvorschlag nicht widerrufen werden. Diese Wirkung tritt bereits ein, wenn die Zustimmungserklärung dem Einreicher des Wahlvorschlages zugeht. Denn ihm gegenüber ist sie abzugeben (vgl. Beschluss vom 30. Oktober 1964 a.a.O. S. 363 bzw. S. 20 f.; Schlatmann, a.a.O. §§ 8, 9 WO Rn. 8; Berg, a.a.O. § 9 WO Rn. 3; Ilbertz, a.a.O. § 9 WO Rn. 3; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. H § 9 WO Rn. 6; Sommer, a.a.O. S. 21; Ramm, a.a.O. S. 9). Die Unwiderruflichkeit ist nicht deswegen belanglos, weil der Gewählte die Wahl ablehnen (§ 22 Satz 2 BPersVWO) und ein Personalratsmitglied sein Amt niederlegen kann (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG). Davon unberührt bleibt, dass mit der Aufnahme in den Wahlvorschlag zum Ausdruck kommt, dass der Bewerber sich mit dessen Anliegen identifiziert. Dieser Umstand ist mit der Bekanntgabe des Wahlvorschlages für alle wahlberechtigten Beschäftigten wahrnehmbar (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BPersVWO). Die Aufnahme eines jeden Wahlbewerbers ist daher geeignet, das Ergebnis der Personalratswahl zu beeinflussen. Ob er eine derartige Wirkung auslösen will, muss sich jeder Kandidat vor verbindlicher Abgabe seiner Zustimmungserklärung überlegen. Diese Beurteilung wird durch den Hinweis der Antragsteller auf § 10 Abs. 3 Satz 1 BPersVWO nicht in Frage gestellt. Diese Regelung behandelt den - von vornherein korrekturbedürftigen (§ 19 Abs. 7 BPersVG) - Sonderfall, in welchem der Bewerber mit seiner schriftlichen Zustimmung auf mehreren Wahlvorschlägen benannt ist. Sie betrifft nicht den Regelfall, in welchem der Bewerber seine Zustimmung nur für einen Wahlvorschlag erklärt hat. Im Übrigen kann der Bewerber nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge die Unwiderruflichkeit seiner Zustimmungserklärung nicht mehr durch Zustimmung zu einem anderen Wahlvorschlag beseitigen (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 3 Satz 2 BPersVWO). bb) Die eigenhändige Unterzeichnung der Zustimmungserklärung ist ferner ein Gebot der Echtheitsfunktion. Wie bereits erwähnt, ist es für das Wahlgeschehen nicht ohne Bedeutung, welche und wie viele Beschäftigte einen Wahlvorschlag mit ihrer Kandidatur unterstützen. Versuche, einem Wahlvorschlag durch gefälschte Zustimmungserklärungen ein größeres Gewicht zu verleihen, können nicht völlig ausgeschlossen werden. Dieses Risiko wird zwar durch das Gebot reduziert, die Wahlvorschläge bekannt zu machen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BPersVWO). Gänzlich unbeachtlich ist es deswegen aber nicht, weil nicht gewiss ist, dass die Täuschung stets rechtzeitig bemerkt wird. Angesichts dessen erweist es sich als zusätzliche Sicherung, wenn die Zustimmungserklärung des Bewerbers unterschrieben wird. b) Wie bereits erwähnt, muss der Bewerber seine Zustimmung zur Aufnahme in den Wahlvorschlag dem Einreicher des Wahlvorschlages gegenüber erklären. Dies muss durch Übermittlung des Originals der unterschriebenen Zustimmungserklärung geschehen. Anhand dessen kann sich der Einreicher von der Echtheit der Zustimmungserklärung überzeugen. Entsprechendes gilt für die Übermittlung der dem Wahlvorschlag beizufügenden Zustimmungserklärungen an den Wahlvorstand. Dieser muss sich anhand der Originalunterschriften der Bewerber von der Echtheit der Zustimmungserklärungen überzeugen können. Beide Übermittlungsvorgänge sind mit Fälschungsrisiko verbunden. Ein Telefax reicht daher weder für die Übermittlung der Zustimmungserklärung vom Bewerber an den Einreicher noch für die Weiterleitung der Zustimmungserklärungen an den Wahlvorstand aus (vgl. Berg, a.a.O. § 9 WO Rn. 2; Ilbertz, a.a.O. § 9 WO Rn. 3; Schlatmann, a.a.O. §§ 8, 9 WO Rn. 8; Sommer, a.a.O. S. 22; Ramm, a.a.O. S. 9; zur Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat: LAG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 33 ff.). Es ist gerechtfertigt, an die Abgabe von Erklärungen bei Wahlen besonders strenge formelle Anforderungen zu stellen. Durch Wahlen werden die aus ihnen hervorgegangenen Organe legitimiert, die ihnen gesetzlich gestellten Aufgaben während der vorgesehenen Amtszeit zu erfüllen. Demgemäß sind die von den Beschäftigten gewählten Personalvertretungen ermächtigt, vor allem im Wege der förmlichen Beteiligung die Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsbedingungen mitzugestalten und die Einhaltung der zu Gunsten der Beschäftigten geltenden Regelwerke zu überwachen. Die für die Wahrnehmung der Aufgaben und damit letztlich für die Sicherung der Institution Personalvertretung nötige Akzeptanz bleibt nur gewahrt, wenn soweit als möglich sichergestellt ist, dass die Personalratswahl korrekt verläuft. Diesem Anliegen muss die Auslegung und Anwendung von Formvorschriften gerecht werden, welche dem Ziel dienen, dass die Ergebnisse der Personalratswahlen die Mehrheitsverhältnisse unter den Beschäftigten widerspiegeln. Hier ist es geboten, strengere Anforderungen zu stellen als bei anderen rechtserheblichen Vorgängen, für welche die Rechtsprechung von der eigenhändigen Unterzeichnung und der Vorlage der unterschriebenen Originalurkunde absieht (vgl. zur Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats: BAG, Beschlüsse vom 11. Juni 2002 - 1 ABR 43/01 - BAGE 101, 298 <302 ff.>, vom 6. August 2002 - 1 ABR 49/01 - BAGE 102, 135 <139 f.> und vom 9. Dezember 2008 - 1 ABR 79/07 - BAGE 128, 364 Rn. 25 ff.; zur Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis: BAG, Urteil vom 11. Oktober 2000 - 5 AZR 313/99 - BAGE 96, 28 <30 ff.>; dagegen zur Schuldbeitrittserklärung: BGH, Urteil vom 30. Juli 1997 - VIII ZR 244/96 - juris Rn. 15). 4. Nach alledem ist die Vorlage der unterschriebenen Zustimmungserklärung des Bewerbers im Original beim Wahlvorstand unverzichtbar. Es kommt daher entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Antragsteller nicht darauf an, ob eine lediglich als Telefax übersandte Zustimmung nach den Umständen des Einzelfalls als echt gewertet werden könnte. Die Grundsätze der Rechtssicherheit und der Formstrenge, welche das Wahlrecht prägen, verbieten eine derartige Einzelfallprüfung. Dem Wahlvorstand, welcher im Rahmen eines straffen Fristenprogramms die Personalratswahl zügig durchzuführen hat, kann nicht angesonnen werden, bei fehlenden Originalunterschriften der Wahlbewerber Ermittlungen anzustellen. Die unterzeichneten Zustimmungserklärungen erlauben dem Wahlvorstand dagegen regelmäßig auf einfache Weise die Feststellung, dass die Anforderungen an die Gültigkeit des Wahlvorschlages in dieser Hinsicht erfüllt sind. 5. Die Antragsteller behaupten in ihrer Rechtsbeschwerdebegründung (S. 8), zwischen dem Antragsteller zu 1 und dem Hauptwahlvorstand sei am 12. März 2012 telefonisch vereinbart worden, "dass die Zusendung einer unterschriebenen Zustimmungserklärung per Fax zusammen mit einem Beglaubigungsvermerk eines anwesenden Kollegen als den Formvorschriften entsprechende Zustimmungserklärung angesehen" werde. Einen dahingehenden Sachverhalt hat das Oberverwaltungsgericht jedoch nicht festgestellt. Da das Rechtsbeschwerdegericht an die Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts gebunden ist (§ 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), kann der Senat jener Behauptung bei seiner rechtlichen Beurteilung nicht weiter nachgehen. Eine Verfahrensrüge, welche den gesetzlichen Darlegungsanforderungen entspricht, haben die Antragsteller innerhalb der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist nicht vorgebracht (§ 72 Abs. 5, § 92 Abs. 2 Satz 1, § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020238&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020239
BVerwG
2. Senat
20140227
2 C 1/13
Urteil
Art 33 Abs 4 GG, Art 33 Abs 5 GG, Art 9 Abs 3 GG, Art 11 Abs 2 MRK, § 13 Abs 2 DG NW 2004
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 7. März 2012, Az: 3d A 317/11.O, Urteil vorgehend VG Düsseldorf, 15. Dezember 2010, Az: 31 K 3904/10.O, Urteil nachgehend BVerfG, 12. Juni 2018, Az: 2 BvR 1738/12, Urteil
DEU
Beamtenstreik; Unvereinbarkeit mit tragenden Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums; völkerrechtliche Kollisionslage; Erledigung einer Disziplinarverfügung
1. Das beamtenrechtliche Verbot, an kollektiven Kampfmaßnahmen (Streiks) teilzunehmen, gilt als hergebrachter Grundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsunmittelbar für alle Beamten unabhängig von ihrem Aufgabenbereich. 2. Ein umfassendes Recht auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen ist mit tragenden Strukturprinzipien der durch Art. 33 Abs. 4 und 5 GG gewährleisteten Institution des Berufsbeamtentums unvereinbar. 3. Art. 11 EMRK (juris: MRK) in seiner bindenden Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gewährleistet allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht in den Streitkräften, der Polizei und der genuinen Hoheitsverwaltung tätig sind, sowie ihren Gewerkschaften ein Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene kollektive Kampfmaßnahmen. 4. Das statusbezogene Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG und die funktionsbezogenen Gewährleistungen nach Art.11 EMRK sind in Bezug auf Beamte, die außerhalb der genuinen Hoheitsverwaltung eingesetzt sind, inhaltlich miteinander unvereinbar. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, diese Kollisionslage aufzulösen und im Wege der praktischen Konkordanz einen Ausgleich herbeizuführen. 5. Eine Disziplinarverfügung erledigt sich durch das Ausscheiden des gemaßregelten Beamten aus dem Beamtenverhältnis.
Die Klägerin war bis zu ihrem Ausscheiden während des Revisionsverfahrens Lehrerin im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst des beklagten Landes. Im Januar und Februar 2009 nahm die Klägerin als Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) innerhalb von zwei Wochen dreimal an Warnstreiks teil, zu denen die GEW während der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst aufgerufen hatte. Die Gewerkschaft forderte eine Gehaltserhöhung für tarifbeschäftigte Lehrer und strebte die Übernahme des Tarifabschlusses für die Beamtenbesoldung an. Die Klägerin hatte ihre Teilnahme an den Warnstreiks vorab der Schulleitung angekündigt. Diese hatte sie darauf hingewiesen, dass ihr als Beamtin kein Streikrecht zustehe. An den drei Streiktagen versäumte die Klägerin insgesamt zwölf Unterrichtsstunden. Aus diesem Grund wurde sie durch Disziplinarverfügung mit einer Geldbuße von 1 500 € belegt. Das Verwaltungsgericht hat die Verfügung aufgehoben, weil Verstöße beamteter Lehrer gegen das Streikverbot aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Zulässigkeit von Streiks im öffentlichen Dienst nicht mehr disziplinarrechtlich sanktioniert werden könnten. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage aus im Wesentlichen folgenden Gründen abgewiesen: Die Teilnahme an den Warnstreiks stelle ein Dienstvergehen dar, weil es Beamten generell verboten sei, zur Förderung der Arbeitsbedingungen kollektive Kampfmaßnahmen zu ergreifen oder zu unterstützen. Dieses Verbot stelle einen unmittelbar geltenden hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar, der auch ohne gesetzliche Verbotsregelung von allen Beamten zu beachten sei. Für Tarifverhandlungen und darauf bezogene Streiks sei kein Raum, weil Besoldung und sonstige Arbeitsbedingungen der Beamten von den Dienstherrn einseitig festgelegt würden. Die Zulässigkeit kollektiver Kampfmaßnahmen sei mit der Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses als eines auf Lebenszeit angelegten öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses unvereinbar. Derartige Maßnahmen zerstörten das austarierte Gefüge von Rechten und Pflichten, das durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums verfassungsrechtlich vorgegeben sei. Danach seien Beamte verpflichtet, dem Dienstherrn ihre gesamte Arbeitskraft während des Berufslebens zur Verfügung zu stellen und die ihnen übertragenen Aufgaben uneigennützig und mit vollem Einsatz zu erfüllen. Dafür stelle ihnen der Dienstherr lebenslang die Mittel für eine dem Amt angemessene Lebensführung zur Verfügung. Diese Rechtsgrundsätze beanspruchten für alle Beamtenverhältnisse gleichermaßen Geltung; eine Differenzierung nach Verwaltungszweigen und Aufgabenbereichen sei ausgeschlossen. An dieser Rechtslage ändere die neuere Rechtsprechung des EGMR zum Recht der außerhalb der Hoheitsverwaltung tätigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen auch dann nichts, wenn sie auf deutsche Beamte anwendbar sein sollte. Bei der dann bestehenden Kollision zwischen Verfassungs- und Konventionsrecht habe das Grundgesetz Vorrang vor der Europäischen Menschenrechtskonvention, die im Rang eines Bundesgesetzes stehe. Das umfassende Verbot für alle Beamten, sich an kollektiven Kampfmaßnahmen zu beteiligen, stelle ein unverzichtbares Strukturprinzip der durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Institution Berufsbeamtentum dar. Mit der Revision macht die Klägerin geltend, es sei im Hinblick auf die verfassungs- und konventionsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit nicht zu rechtfertigen, auch denjenigen Beamten das Streikrecht zu verweigern, die außerhalb der Hoheitsverwaltung tätig seien. Außerhalb dieses Bereichs entschieden die Dienstherrn ohne rechtliche Bindungen nach politischen und fiskalischen Gesichtspunkten, ob sie Beamte oder Tarifbeschäftigte für die Aufgabenerfüllung einsetzten. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 7. März 2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 2010 zurückzuweisen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses, der eine Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern eingereicht hat, verteidigen das Berufungsurteil.
Die Revision der Klägerin ist im Wesentlichen nicht begründet. Das Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht, soweit das Oberverwaltungsgericht die angefochtene Disziplinarverfügung als dem Grunde nach rechtmäßig angesehen hat. Dagegen erweist sich die verhängte Geldbuße bei Anwendung der revisiblen Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 4 des Disziplinargesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. November 2004 - LDG NRW - (GV. NRW. S. 624) als unangemessen hoch. 1. Die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung über das Revisionsbegehren sind nach wie vor gegeben, obwohl die Klägerin während des Revisionsverfahrens auf ihren Antrag aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden ist. a) Die mit der Anfechtungsklage angestrebte Aufhebung der Disziplinarverfügung ist allerdings nicht mehr möglich, weil diese Verfügung durch die antragsgemäße Entlassung der Klägerin aus dem Beamtenverhältnis ihre Rechtswirksamkeit verloren hat; sie hat sich erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG NRW, § 3 Abs. 1 LDG NRW). Ein Verwaltungsakt verliert seine Rechtswirkungen u.a. dann, wenn er aufgrund einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage seinen Regelungszweck nicht mehr erreichen kann. Der Geltungsanspruch des Verwaltungsakts, der darauf gerichtet ist, ein Rechtsverhältnis zu begründen, aufzuheben, inhaltlich zu ändern oder festzustellen, muss erloschen sein. Dies ist bei einer Disziplinarverfügung der Fall, wenn der Beamte aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet. Durch dieses Ereignis verliert die Disziplinarverfügung ihren Geltungsanspruch, weil feststeht, dass ihr Zweck nicht mehr erreicht werden kann. Das Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis lässt das disziplinarrechtliche Sanktionsbedürfnis entfallen. Der Zweck des Disziplinarrechts besteht darin, die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und das Ansehen des öffentlichen Dienstes aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen. Daher werden Disziplinarmaßnahmen im Unterschied zu Kriminalstrafen nicht verhängt, um begangenes Unrecht zu vergelten. Vielmehr sollen die Disziplinarmaßnahmen des Verweises, der Geldbuße und der Kürzung der Dienstbezüge, die durch Disziplinarverfügung ausgesprochen werden, den aktiven Beamten die Bedeutung der verletzten Dienstpflichten für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung vor Augen führen und sie dazu anhalten, sich künftig pflichtgemäß zu verhalten. Sie sind darauf gerichtet, den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen und weitere Funktions- oder Ansehensbeeinträchtigungen zu vermeiden (Urteile vom 23. Januar 1973 - BVerwG 1 D 25.72 - BVerwGE 46, 64 <66 f.>; vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 D 12.97 - juris Rn. 19 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 16>; Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 5). Aus diesem Grund steht der Geltungsanspruch von Disziplinarverfügungen unter dem Vorbehalt, dass die gemaßregelten Betroffenen weiterhin die beamtenrechtlichen Pflichten zu beachten haben. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn sie aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sind. Ein früherer Beamter kann nicht mehr gemahnt werden, Pflichten zu beachten, die für ihn nicht mehr gelten. Er kann auch nicht mehr die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung oder das Ansehen des öffentlichen Dienstes beeinträchtigen. b) Der Antrag, die Rechtswidrigkeit der erledigten Disziplinarverfügung festzustellen, ist als nachrangiges Begehren in dem weitergehenden Aufhebungsantrag enthalten (Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <312> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 3 f.). Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ändert weder das Rechtsschutzziel noch den Sach- und Streitstoff des Revisionsverfahrens (Urteile vom 2. Juli 1982 - BVerwG 8 C 101.81 - BVerwGE 66, 75 <78> = Buchholz 448.11 § 43 ZDG Nr. 2 S. 3 f.; vom 21. Oktober 1993 - BVerwG 6 C 12.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 320 S. 306 und vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 44.10 - juris Nr. 8). Das berechtigte Interesse der Klägerin an der beantragten Feststellung nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO folgt aus dem Umstand, dass sie unter Berufung auf die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) geltend macht, die disziplinarrechtliche Maßregelung habe ihre Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG, Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt. 2. Der Beklagte hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin durch die Teilnahme an den Warnstreiks ein Dienstvergehen begangen hat. Sie blieb an den drei Tagen, an denen sie aus diesem Grund den Unterricht versäumte, vorsätzlich dem Dienst unerlaubt fern (§ 83 Abs. 1 Satz 1, § 79 Abs. 1 Satz 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 - LBG NRW a.F. - <GV. NRW. S. 234>). Der Tatbestand des unerlaubten Fernbleibens nach § 79 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW a.F. knüpft an die formale Dienstleistungspflicht an. Diese beamtenrechtliche Grundpflicht fordert von Beamten vor allem, sich während der vorgeschriebenen Zeit an dem vorgeschriebenen Ort aufzuhalten und dort die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben wahrzunehmen (stRspr; vgl. Urteil vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 34). Wer dem Dienst vorsätzlich unerlaubt fernbleibt, missachtet damit zwangsläufig die Dienstpflichten zum vollen beruflichen Einsatz und zur Befolgung dienstlicher Anordnungen. Die Teilnahme der Klägerin an den Warnstreiks war unerlaubt, weil sie nicht nach Art. 9 Abs. 3 GG oder nach Art. 11 EMRK von ihren Unterrichtspflichten befreit war. 3. Beamte sind nicht berechtigt, sich an kollektiven Kampfmaßnahmen zu beteiligen oder diese zu unterstützen. Insoweit enthält Art. 33 Abs. 5 GG ein umfassendes Verbot für alle Beamten, das deren Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG beschränkt und auch ohne gesetzliche Verbotsregelungen beachtet werden muss. Demgegenüber nimmt der EGMR in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2008 und 2009 an, dass die Gewährleistungen der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 EMRK denjenigen Angehörigen des öffentlichen Dienstes ein Recht auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen einräumen, die nach ihrem Aufgabenbereich nicht an der Ausübung genuin hoheitlicher Befugnisse beteiligt sind. Es ist Aufgabe des Bundesgesetzgebers, einen Ausgleich zwischen den inhaltlich unvereinbaren Anforderungen des Art. 33 Abs. 5 GG und des Art. 11 EMRK herzustellen. Solange dies nicht geschehen ist, beansprucht das Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG Geltung. 4. Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Damit stellt das Grundgesetz die von ihm vorgefundene Institution des Berufsbeamtentums unter verfassungsrechtlichen Schutz. Unter dem Begriff der hergebrachten Grundsätze ist ein prägender Kernbestand an rechtlichen Strukturprinzipien zu verstehen, die sich in der Tradition entwickelt und bewährt haben. Sie müssen während eines längeren Zeitraums, vor allem während der Geltung der Weimarer Reichsverfassung, als verbindlich anerkannt gewesen sein und das Bild des Berufsbeamtentums maßgeblich geprägt haben. Dies ist anzunehmen, wenn ihre Beseitigung dessen Charakter als Institution grundlegend verändern würde (stRspr; BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <260 f.> und vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <219 f.>). Das Grundgesetz gewährleistet die hergebrachten Grundsätze als die funktionswesentlichen tradierten Grundstrukturen einer Institution, die auf Sachwissen, fachlicher Leistung und loyaler Pflichterfüllung beruht. Das Berufsbeamtentum soll erhalten werden, weil es aufgrund seiner rechtlichen Strukturen als befähigt angesehen wird, eine stabile Verwaltung zu sichern und die rechtsstaatlichen Bindungen jedes staatlichen Handelns auch gegenüber den politischen Kräften zur Geltung zu bringen (stRspr; BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. und vom 28. Mai 2008 a.a.O.). Die rechtliche Bedeutung der hergebrachten Grundsätze hängt von ihrem Inhalt ab: Geben sie einen ausfüllungsbedürftigen Rahmen vor, ist der Gesetzgeber zur inhaltlichen Konkretisierung berechtigt und verpflichtet, wobei er die verfassungsrechtlichen Grenzen beachten muss (stRspr; vgl. Urteil vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 20). Hat ein hergebrachter Grundsatz dagegen einen hinreichend bestimmten Inhalt, folgen daraus unmittelbar Rechte und Pflichten für das Beamtenverhältnis; einer gesetzlichen Regelung bedarf es nicht. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums stehen in einem inhaltlichen Zusammenhang; sie ergeben in ihrer Gesamtheit das besondere, für das Beamtenverhältnis charakteristische Regelungsgefüge aus Rechten und Pflichten. So folgt aus hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeitprinzips, des Leistungsprinzips und der Hauptberuflichkeit, dass der Beamte grundsätzlich verpflichtet ist, dem Dienstherrn lebenslang seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, die übertragenen dienstlichen Aufgaben mit vollem beruflichen Einsatz sowie uneigennützig zu erfüllen, sich dabei ausschließlich an Gesetz und Recht zu orientieren und sich gegenüber dem Dienstherrn loyal zu verhalten. Im Gegenzug verpflichtet der Alimentationsgrundsatz den Dienstherrn, dem Beamten und seiner Familie lebenslang denjenigen Unterhalt zu gewähren, der nach den wirtschaftlichen Verhältnissen für eine dem Statusamt entsprechende Lebensführung erforderlich ist. Dadurch wird die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Beamten sichergestellt, die ihn in die Lage versetzt, sein Amt uneigennützig nach den Erfordernissen des Rechts zu führen (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 263 f. und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 221; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <292 f.>). Art. 33 Abs. 5 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, das Beamtenrecht zu regeln und fortzuentwickeln. Daher hat er die Befugnis, die hergebrachten Grundsätze "in die Zeit zu stellen", indem er den vorgegebenen Rahmen ausfüllt oder ihren Geltungsbereich einschränkt. Umfang und Reichweite des dem Gesetzgeber hierbei eröffneten Gestaltungsspielraums hängen davon ab, welche Bedeutung dem jeweiligen hergebrachten Grundsatz für die dem Berufsbeamtentum zugedachte Aufgabe zukommt, eine rechtsstaatliche Verwaltung zu sichern. Art. 33 Abs. 5 GG verbietet tiefgreifende strukturelle Eingriffe, die das Wesen der Institutionsgarantie Berufsbeamtentum verändern (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 262 f. und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 220 f.). Die Aufnahme des Fortentwicklungsgebots in den Wortlaut des Art. 33 Abs. 5 GG durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl S. 2034) hat den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht erweitert (BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 a.a.O. S. 273 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. S. 232). Es stellt ein durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenes prägendes Strukturprinzip der Institution des Berufsbeamtentums dar, dass das Gefüge aufeinander bezogener und sich ergänzender Rechte und Pflichten einseitig von den Dienstherrn inhaltlich konkretisiert wird. Der Grundsatz der hoheitlichen Gestaltung des Beamtenverhältnisses hat in zahlreichen Vorschriften der Beamtengesetze Ausdruck gefunden. So ist die Beamtenbesoldung durch Gesetz zu regeln (§ 2 Abs. 1 und 2 BBesG). Grundlegende Arbeitsbedingungen der Beamten wie Arbeitszeit und Urlaub sind unmittelbar durch Gesetz oder aufgrund gesetzlicher Ermächtigung durch Rechtsverordnung geregelt (vgl. § 87 ff. BBG, § 44 BeamtStG). Gesetz- und Verordnungsgeber sind bei der Festlegung der Besoldung und der weiteren Arbeitsbedingungen an die Vorgaben insbesondere des Art. 33 Abs. 5 GG gebunden; dieser Bindung entsprechen subjektive Rechte der Beamten. Es liegt in der Verantwortung von Gesetz- und Verordnungsgeber, insbesondere die verfassungsrechtlichen Grenzen ihres Regelungsauftrags zu beachten und auf diese Weise das beamtenrechtliche Regelungsgefüge in einem austarierten Zustand zu halten (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52, 46/52 - BVerfGE 8, 1 <17 f.>; vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039, 1045/75 - BVerfGE 44, 249 <264> und vom 19. September 2007 a.a.O. S. 263 f.). Mit der Rechtsnatur des Beamtenverhältnisses als eines hoheitlich ausgestalteten Dienst- und Treueverhältnisses lässt sich nicht vereinbaren, dass die Konkretisierung des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges zur Disposition der Tarifparteien gestellt, d.h. zwischen den Dienstherrn und den Gewerkschaften der Beamten ausgehandelt und vereinbart wird. Die Institution des Berufsbeamtentums würde tiefgreifend verändert, wenn die Fragen der Besoldung, der Arbeitszeiten oder der Altersgrenzen für die Einstellung und den Eintritt in den Ruhestand durch Tarifverträge geregelt würden und die Gewerkschaften der Beamten ihren Forderungen während der Tarifverhandlungen durch kollektive Kampfmaßnahmen Nachdruck verleihen könnten. Denn die tarifliche Gestaltung des Beamtenrechts setzt Tarifautonomie und damit einen Verzicht der Dienstherrn auf ihre hoheitlichen Regelungsbefugnisse voraus. An deren Stelle träte die Rechtsverbindlichkeit der ausgehandelten Tarifabschlüsse. Die Ausgewogenheit des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges, insbesondere die Beachtung der Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG, hinge in erster Linie davon ab, dass zwischen den Tarifparteien Kampfparität besteht. Das Verbot für Beamte, zur Durchsetzung von Arbeitsbedingungen kollektive Kampfmaßnahmen zu ergreifen, ist als hergebrachter Grundsatz im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG anerkannt. Bis zum Ende der Monarchie im November 1918 wurde Beamten selbst die Teilnahme an Veranstaltungen der wenigen Berufsverbände verboten. Erst gegen Ende der Monarchie wurden Vertreter der organisierten Beamtenschaft von der preußischen Regierung angehört. Art. 130 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) sicherte den Beamten das Recht auf politische Gesinnungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit zu. Art. 130 Abs. 3 WRV gewährte ihnen das Recht auf Berufsvertretungen nach näherer gesetzlicher Bestimmung. Ein Gesetzesentwurf des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes aus dem Jahr 1926 sah vor, dass Beamtenvertretungen berechtigt sein sollten, statt hoheitlicher Regelungen der Arbeitsbedingungen kollektive Vereinbarungen zu verlangen. Diese Vorstellungen trafen auf grundsätzliche Kritik und wurden nicht verwirklicht. Die in der Anfangszeit der Weimarer Republik umstrittene Frage der Zulässigkeit von Beamtenstreiks wurde während des Eisenbahnerstreiks im Jahr 1922 geklärt: Durch die auf Art. 48 Abs. 2 WRV gestützte Notverordnung vom 1. Februar 1922 (RGBl I S. 187) verbot der Reichspräsident den Beamten der Reichsbahn ebenso wie allen übrigen Beamten, die Arbeit einzustellen oder zu verweigern. Die Notverordnung wurde am 9. Februar 1922 aufgehoben. In der Folgezeit bestätigten Reichsgericht und Reichsdisziplinarhof das Verbot, weil Beamte zum Staat in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis stünden. Daher seien sie in besonderer Weise zu Treue, Gehorsam und gewissenhafter Aufgabenerfüllung verpflichtet (zum Ganzen: Krause, Rechtshistorische Reihe - 357 -, Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, 2008, S. 36 ff.). Dementsprechend ist das Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen als notwendige Ergänzung sowohl in den grundlegenden, durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebenen Beamtenpflichten zum vollen beruflichen Einsatz, zur Befolgung dienstlicher Anordnungen und zur Loyalität als auch in dem Strukturprinzip der hoheitlichen Gestaltung des Beamtenverhältnisses verankert. Es gilt aufgrund seiner inhaltlichen Bestimmtheit unmittelbar und geht dem Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG vor, soweit sein Anwendungsbereich reicht (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Juni 1958 a.a.O. S. 17; vom 30. März 1977 a.a.O. S. 264 und vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <S. 264>). Das Verbot gilt für alle Beamten gleichermaßen. Es knüpft wie das beamtenrechtliche Regelwerk in seiner Gesamtheit nicht an den Einsatz- und Aufgabenbereich der Beamten, sondern an den Beamtenstatus an. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Dienstherrn außerhalb der Bereiche der genuin hoheitlichen Verwaltung, die nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten vorbehalten sind, von Verfassungs wegen nicht gehindert sind, nach politischen und fiskalischen Gesichtspunkten zu entscheiden, ob sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beamte oder Tarifbeschäftigte einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 267; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <297 f.>). 5. Nach Art. 11 Abs. 1 EMRK hat jede Person das Recht, sich friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten. Diese Rechte können nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK eingeschränkt werden. Nach der Rechtsprechung des EGMR umfasst Art. 11 Abs. 1 EMRK auch das Recht des Einzelnen, Gewerkschaften zu bilden und deren Aktivitäten zur Förderung der Arbeitsbedingungen zu unterstützen, sowie das Recht dieser Gewerkschaften, im Namen ihrer Mitglieder Kollektivverhandlungen mit dem Arbeitgeber über die Arbeitsbedingungen zu führen. Dies gilt auch für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK verpflichten den Staat als Arbeitgeber, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beziehungen zu den Staatsbediensteten dem öffentlichen Recht oder dem Privatrecht zuzuordnen sind. Die Europäische Menschenrechtskonvention macht keinen Unterschied zwischen der Tätigkeit der Konventionsstaaten als Träger hoheitlicher Gewalt einerseits und ihren Pflichten als Arbeitgeber andererseits. Einschränkungen der Koalitionsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie von den Schranken des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK gedeckt sind (EGMR (GK), Urteil vom 12. November 2008 - Nr. 34503/97, Demir und Baykara - NZA 2010, 1425). Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 EMRK enthält Einschränkungen für die Ausübung der Rechte nach Absatz 1: Nach Satz 1 setzen Einschränkungen voraus, dass sie gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind unter anderem für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Nach Satz 2 steht Art. 11 rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen. Während die erstgenannten Gruppen eindeutig abgrenzbar sind, ist der Begriff "Angehörige der Staatsverwaltung" nicht aus sich heraus verständlich. Der EGMR bestimmt diesen Schutzbereich der individuellen und kollektiven Koalitionsfreiheit nach Art. 11 Abs. 1 EMRK ausdrücklich in Übereinstimmung mit völkerrechtlichen Vereinbarungen wie der Konvention Nr. 98 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und Teil II Art. 6 Nr. 1 der Europäischen Sozialcharta sowie mit Art. 28 der Europäischen Grundrechtecharta und der Praxis der großen Mehrheit der europäischen Staaten. Damit hat er die Spruchpraxis des Sachverständigenausschusses der ILO und des Europäischen Ausschusses für Soziale Rechte übernommen (zum Ganzen: Seifert, KritV 2009, 357 <363 f.>). Im Anschluss an das Urteil vom 12. November 2008 (a.a.O.) hat der EGMR das durch Art. 11 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Kollektivverhandlungen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihrer Gewerkschaften um das Streikrecht ergänzt. Dabei bezieht er sich wiederum auf die Europäische Sozialcharta, die das Streikrecht als ein Mittel zur wirksamen Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen gewährleiste. Das Streikrecht sei von den Kontrollorganen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) als untrennbarer Teil der Vereinigungsfreiheit anerkannt (EGMR, Urteil vom 21. April 2009 - Nr. 68959/01, Enerji Yapi-Yol Sen - NZA 2010, 1423). In den angeführten Entscheidungen nimmt der EGMR auch zu den Einschränkungen der Koalitionsfreiheit Stellung. In dem Urteil vom 21. April 2009 (a.a.O.) heißt es zu Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, es könne mit der Koalitionsfreiheit vereinbar sein, Streiks von Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu verbieten, die im Namen des Staates Hoheitsgewalt ausübten. Ein Streikverbot könne zwar für bestimmte Gruppen von Angehörigen des öffentlichen Dienstes, nicht aber für den öffentlichen Dienst insgesamt oder für Angestellte staatlicher Wirtschafts- und Industrieunternehmen ausgesprochen werden. Vorschriften über das Streikrecht müssten die erfassten Gruppen so eindeutig und begrenzt wie möglich bestimmen. Demnach versteht der EGMR den Begriff "Angehörige der Staatsverwaltung" im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK nicht statusbezogen, sondern funktional (aufgabenbezogen): Das Streikrecht kann generell für diejenigen Staatsbediensteten ausgeschlossen werden, die an der Ausübung von Hoheitsgewalt im Namen des Staates beteiligt sind. Mit dieser Auslegung des Begriffs der Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK führt der EGMR seine Rechtsprechung fort, wonach es für die Zuerkennung und Einschränkung von Konventionsrechten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes entscheidend auf deren Aufgabenbereich ankommt. Dieses funktionale Kriterium hat die Große Kammer des EGMR in dem Urteil vom 8. Dezember 1999 (- Nr. 28541/95, Pellegrin - NVwZ 2000, 661 <663>) zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des Art. 6 Abs. 1 EMRK entwickelt. Der EGMR wendet es seitdem an; auch in dem Urteil vom 21. April 2009 (a.a.O.) nimmt er darauf Bezug (vgl. z.B. EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 - Nr. 39799/98, Volkmer - NJW 2002, 3087 <3089>). Diese Rechtsprechung beruht auf dem Verständnis des EGMR von der Bedeutung der Konventionsrechte. Der Gerichtshof will sicherstellen, dass Personen, die sich in einer im Wesentlichen gleichen Situation befinden, in Bezug auf die Ausübung der Konventionsrechte in allen Konventionsstaaten gleich behandelt werden. Staatsbedienstete mit gleichen Aufgaben sollen in allen Konventionsstaaten gleich behandelt werden, d.h. gleiche Rechte nach der Europäischen Menschenrechtskonvention haben (Urteil vom 8. Dezember 1999 a.a.O.). In dem Urteil vom 12. November 2008 (a.a.O.) verlangt der EGMR für die Notwendigkeit einer Einschränkung der Koalitionsfreiheit nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK eine strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Koalitionsfreiheit dürfe nicht in ihrem Wesensgehalt angetastet werden; ihre Einschränkung müsse durch ein dringendes gesellschaftliches Bedürfnis gerechtfertigt sein. Hierfür obliege den Konventionsstaaten die Darlegungspflicht. Diese Ausführungen lassen den Schluss zu, dass der EGMR den Konventionsstaaten nur einen geringen Spielraum für die Annahme eines dringenden Bedürfnisses im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 1 EMRK einräumt (Nußberger, RdA 2012, 270 <272>). Nach alledem interpretiert der Senat die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 Abs. 2 EMRK dahingehend, dass Einschränkungen der Koalitionsfreiheit von Staatsbediensteten nur zulässig sind, wenn dies aus Gründen der Funktionsfähigkeit der staatlichen Institutionen dringend geboten ist. Diese Voraussetzung kann generell, d.h. unabhängig von einem konkreten Anlass, nur für die Bediensteten angenommen werden, die in Streitkräften, Polizei und Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, d.h. in der Hoheitsgewalt ausübenden Verwaltung, eingesetzt sind. Die dargestellten Aussagen des EGMR zum Bedeutungsgehalt von Art. 11 Abs. 1 und 2 EMRK sind für das Verständnis dieser Regelungen maßgeblich, weil der EGMR die Stellung eines authentischen Interpreten der Europäischen Menschenrechtskonvention innehat. Seiner Rechtsprechung kommt über den entschiedenen Fall hinaus eine Leit- und Orientierungsfunktion zu (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <368 f.> = NJW 2011, 1931 Rn. 89). Der EGMR legt die Konvention autonom aus, wobei er deren Systematik und Zielsetzung, völkerrechtliche Grundsätze und Vereinbarungen sowie die Staatenpraxis in den Blick nimmt. Die Konventionsstaaten haben in der Erklärung von Brighton bekräftigt, dass ein wichtiger Beitrag zur Erleichterung der Arbeit des EGMR darin bestehe, dessen Rechtsgrundsätze zur Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention zu befolgen und nicht erst eine Verurteilung abzuwarten (Nußberger, a.a.O. S. 273). Lehrer an deutschen öffentlichen Schulen sind keine Angehörigen der Staatsverwaltung im Sinne von Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK, weil sie keine genuin hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen (vgl. zu Art. 6 Abs. 1 EMRK: EGMR, Entscheidung vom 22. November 2001 a.a.O.). Dies gilt für beamtete und tarifbeschäftigte Lehrer gleichermaßen, weil beide Beschäftigtengruppen gleiche Aufgaben haben. Dem entspricht, dass Lehrer keine Aufgaben wahrnehmen, die wegen ihrer hoheitlichen Prägung nach Art. 33 Abs. 4 GG in der Regel Beamten vorbehalten sind. Die öffentlichen Schulen gehören nicht zu denjenigen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, in denen schwerpunktmäßig hoheitsrechtliche Befugnisse ausgeübt werden (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <267>). Daher haben die Dienstherrn die Wahl, ob sie die Lehrer als Beamte oder als Tarifbeschäftigte beschäftigen. Dementsprechend verfolgen die Bundesländer als personelle Schulträger eine sehr unterschiedliche, mitunter wechselnde Personalpolitik (zum Ganzen: Battis, Streikverbot für Beamte, 2013, S. 19). 6. Das umfassende Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen nach Art. 33 Abs. 5 GG und die nach Art. 11 Abs. 2 EMRK zulässigen Einschränkungen der konventionsrechtlichen Koalitionsfreiheit sind inhaltlich unvereinbar: Das verfassungsrechtliche Verbot ist statusbezogen; es gilt für alle Beamten unabhängig von ihrem Aufgabenbereich. Die Arbeitsbedingungen für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes werden je nach ihrem Personalstatus auf unterschiedliche Weise festgelegt, auch wenn sie die gleichen Aufgaben wahrnehmen. Dies wird am Beispiel der Lehrer an öffentlichen Schulen besonders deutlich: Die Arbeitsbedingungen beamteter Lehrer werden normativ festgelegt, sodass für Kollektivverhandlungen zwischen Dienstherrn und Gewerkschaften mit dem Ziel der tarifvertraglichen Vereinbarung der Arbeitsbedingungen kein Raum ist. Kollektive Kampfmaßnahmen zur Veränderung der Arbeitsbedingungen sind generell unzulässig. Dagegen werden die Arbeitsbedingungen der tarifbeschäftigten Kollegen zwischen den Tarifparteien ausgehandelt und vereinbart; kollektive Kampfmaßnahmen sind als Druckmittel während der Verhandlungen nach Maßgabe des deutschen Arbeitskampfrechts zulässig. Demgegenüber lässt Art. 11 Abs. 2 EMRK ein generelles Verbot von Kollektivverhandlungen und darauf bezogenen Kampfmaßnahmen, das an den Personalstatus anknüpft, in der öffentlichen Verwaltung gerade nicht zu. Ein derartiges Verbot kann nur funktional, d.h. durch den Aufgabenbereich, gerechtfertigt werden. Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes und ihren Gewerkschaften kann das Recht auf Kollektivverhandlungen und darauf bezogene Kampfmaßnahmen generell nur verwehrt werden, wenn sie an der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen zumindest beteiligt sind. Dies gilt für alle Angehörigen der Hoheitsverwaltung unabhängig davon, ob sie Beamte oder Tarifbeschäftigte sind. In den anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung können diese Gewährleistungen der konventionsrechtlichen Koalitionsfreiheit auch für die dort beschäftigten Beamten - anders als es Art. 33 Abs. 5 GG vorsieht - nicht umfassend ausgeschlossen werden. Dies gilt ungeachtet dessen, dass aufgrund der hoheitlichen Regelung der Arbeitsbedingungen in der deutschen Rechtsordnung keine tariffähige Situation für Beamte besteht. Die Europäische Menschenrechtskonvention stellt ein autonomes völkerrechtliches Regelwerk dar, dessen Bedeutung für die Rechtsordnung der Konventionsstaaten nicht in Abrede gestellt werden kann, wenn das nationale Recht Besonderheiten aufweist, die in Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention stehen (zum Ganzen: Seifert, KritV 2009, 357 f.; Schubert, AöR 2012, 92 f.; Traulsen, JZ 2013, 65 ff.). Daher verstieß die Teilnahme der Klägerin an den Warnstreiks gegen das Verbot nach Art. 33 Abs. 5 GG, war aber durch Art. 11 EMRK gedeckt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO binden, steht fest, dass die Warnstreiks nach deutschem Arbeitskampfrecht rechtmäßig waren. Die Gewerkschaft GEW befand sich in Tarifverhandlungen über die Vergütung der tarifbeschäftigten Lehrer und strebte die Übernahme der Tarifabschlüsse in die gesetzliche Beamtenbesoldung an. Zwischen den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst und der Beamtenbesoldung besteht ein rechtlicher Zusammenhang aufgrund der Bindungen, denen die Besoldungsgesetzgeber aufgrund des Alimentationsgrundsatzes nach Art. 33 Abs. 5 GG unterliegen. Allerdings war die Berechtigung der Klägerin nach Art. 11 EMRK nicht geeignet, ihre beamtenrechtliche Pflichtenstellung zu verändern. Angesichts des entgegen stehenden verfassungsrechtlichen Verbots bedürfen die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK einer Umsetzung durch den Gesetzgeber, um Rechtswirkungen für den einzelnen Beamten zu entfalten (vgl. unter 8.). 7. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist Bestandteil der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (Gesetz vom 7. August 1952, BGBl II S. 685 in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002, BGBl II S. 1054). Dies bedeutet nicht, dass sich inhaltlich entgegen stehendes Verfassungsrecht im Kollisionsfall bereits aufgrund des höheren Rangs durchsetzt. Zum einen ist die Bundesrepublik Deutschland völkervertragsrechtlich verpflichtet, der Konvention (in ihrer Auslegung durch den EGMR) innerstaatliche Geltung zu verschaffen, d.h. das deutsche Recht grundsätzlich konventionskonform zu gestalten (vgl. Art. 1 EMRK). Zum anderen folgt diese Verpflichtung aus dem Verfassungsgrundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307 <322 f.> = NJW 2004, 3407 <3408 f.>; Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a. - BVerfGE 128, 326 <371 f.> = NJW 2011, 1931 Rn. 93 f.). Daher muss die Bundesrepublik Deutschland sicherstellen, dass ihre Rechtsordnung in der Gesamtheit nach Möglichkeit mit der Konvention übereinstimmt. Diese dient als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte und der rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes, sofern dies nicht zu einer Minderung des Grundrechtsschutzes nach dem Grundgesetz führt. Die Verwaltung und insbesondere die Gerichte sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Befugnisse das gesamte innerstaatliche Recht in Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention auszulegen (Gebot der konventionskonformen Auslegung). Allerdings setzt eine derartige Auslegung voraus, dass sie nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung und Verfassungsinterpretation vertretbar erscheint. Auch ist zu berücksichtigen, welche Folgen die Geltung eines konventionsrechtlichen Rechtsgrundsatzes für das Regelungsgefüge eines nationalen Teilrechtssystems hat (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 327 und 329 bzw. 3410; Urteil vom 4. Mai 2011 a.a.O. S. 371 bzw. Rn. 93). Es liegt nahe, dass für die konventionskonforme Auslegung diejenigen Regeln Anwendung finden, die für die verfassungskonforme Auslegung entwickelt worden sind. Demnach findet auch diese Auslegung ihre Grenze in dem eindeutigen Wortlaut der Norm sowie in dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers; sie darf Wortlaut und gesetzgeberischem Willen nicht widersprechen (Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 49). Die völker- und verfassungsrechtliche Pflicht, der Europäischen Menschenrechtskonvention innerstaatlich Geltung zu verschaffen, erledigt sich nicht, wenn eine vollständige Anpassung des nationalen Rechts an einen konventionsrechtlichen Rechtsgrundsatz im Wege der konventionskonformen Auslegung des innerstaatlichen Rechts nicht möglich ist. Vielmehr tritt der Rechtsgrundsatz nur zurück, wenn nur auf diese Weise ein Verstoß gegen tragende Verfassungsgrundsätze abzuwenden ist (BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2004 a.a.O. S. 329). 8. Nach diesen Maßstäben ist das statusbezogene beamtenrechtliche Streikverbot nach wie vor geltendes Recht bis zu einer Auflösung der dargestellten Kollisionslage durch den dazu allein berufenen Gesetzgeber. a) Die verfassungs- und völkerrechtliche Verpflichtung, die Vorgaben des Art. 11 EMRK zur Koalitionsfreiheit der Angehörigen des öffentlichen Dienstes in die deutsche Rechtsordnung zu integrieren, kann nicht durch eine konventionskonforme Auslegung des Art. 33 Abs. 5 GG erfüllt werden (a.A. VG Kassel, Urteil vom 27. Juli 2011 - 28 K 574/10.KS.D - ZBR 2011, 386; Polakiewicz/Kessler, NVwZ 2012, 841 <844>). Wie unter 4. dargestellt gelten die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums mit demjenigen Inhalt, der sich im traditionsbildenden Zeitraum herausgebildet hat. Dieser Traditionsbestand darf nicht im Wege der Auslegung geändert werden. Vielmehr kann allein der Gesetzgeber den Geltungsanspruch eines hergebrachten Grundsatzes in Wahrnehmung seines Auftrags zur Regelung und Fortentwicklung des Beamtenrechts in Grenzen einschränken. Aufgrund dessen ist eine Auflösung der Kollisionslage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung nicht möglich. Insoweit unterscheidet sich der Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits von dem Streit über Geltung und Reichweite der Koalitionsfreiheit in kirchlichen Einrichtungen, für den das Bundesarbeitsgericht in der Tradition dieses durch Richterrecht geprägten Rechtsgebiets, ohne durch einen entsprechenden Gesetzesvorbehalt eingeschränkt zu sein, eine Lösung in Gestalt des sog. "Dritten Wegs" entwickelt hat (BAG, Urteil vom 20. November 2012 - 1 AZR 179/11 - BAGE 143, 354 Rn. 118 ff.) Aufgrund der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für das Statusrecht der Beamten nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG ist es Sache des Bundesgesetzgebers, darüber zu entscheiden, ob und inwieweit die verfassungsunmittelbare Geltung des statusbezogenen Verbots kollektiver Kampfmaßnahmen für Beamte im Hinblick auf die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK eingeschränkt werden soll. b) Das Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen muss für diejenigen Beamten von vornherein nicht relativiert werden, die in den von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Bereichen der öffentlichen Verwaltung tätig sind. Nach dieser Vorschrift ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Demnach muss der Dienstherr zur Erfüllung der Aufgaben der genuin hoheitlichen Verwaltung regelmäßig Beamte einsetzen; eine Wahl zwischen dem Einsatz von Beamten und Tarifbeschäftigten besteht insoweit nicht. Dieser Beamtenvorbehalt findet seine Rechtfertigung darin, dass der Beamtenstatus aufgrund der besonderen Rechte- und Pflichtenstellung besondere Gewähr für eine qualifizierte, loyale und gesetzestreue Aufgabenerfüllung bietet (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <261>; Urteil vom 18. Januar 2012 - 2 BvR 133/10 - BVerfGE 130, 76 <111 f.>). Damit verweist Art. 33 Abs. 4 GG auf die besonderen Verlässlichkeits- und Rechtsstaatlichkeitsgarantien des Berufsbeamtentums, die durch Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich abgesichert sind. Die Annahme liegt nahe, dass die Verwaltung, in der hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG ausgeübt werden, der Staatsverwaltung im Sinne des Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK entspricht, für deren Angehörige die durch Art. 11 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Rechte auf Kollektivverhandlungen und diese begleitenden kollektiven Kampfmaßnahmen eingeschränkt werden können. Zur genuin hoheitlichen Verwaltung in diesem Sinne dürften neben den Streitkräften und der Polizei sonstige Ordnungskräfte, Rechtspflege, Steuerverwaltung, Diplomatie sowie Verwaltungsstellen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene gehören, die mit der Ausarbeitung von Rechtsakten, deren Durchführung und mit hoheitlichen Aufsichtsfunktionen betraut sind. Nicht erfasst sein dürften etwa die staatlichen Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen und sonstige Einrichtungen der Daseinsvorsorge unabhängig von ihrer Rechtsform (vgl. Traulsen, JZ 2013, 65 <69 f.>). Die praktikable Abgrenzung der Bereiche obliegt dem Gesetzgeber. c) Für diejenigen Bereiche der öffentlichen Verwaltung, die nicht zur genuin hoheitlichen Verwaltung im Sinne von Art. 33 Abs. 4 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 EMRK gehören, obliegt es der verfassungsrechtlich nicht gebundenen Entscheidung der Dienstherrn, ob sie zur Aufgabenerfüllung Beamte oder Tarifbeschäftigte einsetzen (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 a.a.O. S. 267; Urteil vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 - BVerfGE 130, 263 <297 f.>). Daher können die Dienstherrn die Kollisionslage zwischen dem Verbot des Art. 33 Abs. 5 GG und den Gewährleistungen des Art. 11 EMRK, die für die hier beschäftigten Beamten besteht, auf Dauer dadurch auflösen, dass sie für diese Verwaltungsbereiche, etwa im öffentlichen Schulwesen, künftig nur noch Tarifbeschäftigte einstellen (vgl. jetzt schon § 5 BBG, § 3 Abs. 2 BeamtStG). Außerdem ist außerhalb des Bereichs des Art. 33 Abs. 4 GG an ein Wahlrecht der Bewerber zu denken, als Beamte oder als Tarifbeschäftigte eingesetzt zu werden, ggf. auch an ein Wahlrecht für bereits ernannte Beamte, in diesem Status zu bleiben oder in ein Tarifbeschäftigtenverhältnis zu wechseln (vgl. Schubert, AöR 2012, 92 <116>). Die vorhandenen Beamten können die von Art. 11 EMRK vermittelten Rechte auf Tarifverhandlungen und kollektive Kampfmaßnahmen derzeit nicht durchsetzen: Zum einen besteht aufgrund der einseitig hoheitlichen Festlegung der Arbeitsbedingungen keine tariffähige Situation, sodass kollektive Kampfmaßnahmen nach deutschem Arbeitskampfrecht schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommen. Zum anderen erstreckt sich das statusbezogene Verbot kollektiver Kampfmaßnahmen nach Art. 33 Abs. 5 GG auch auf die Unterstützung derartiger Maßnahmen der Tarifbeschäftigten. Davon ausgehend muss der Gesetzgeber für die Beamten außerhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz einen Ausgleich der sich gegenseitig ausschließenden Rechtspositionen aus Art. 33 Abs. 5 GG und Art. 11 EMRK herbeiführen. Zur Auflösung dieser Kollisionslage stehen ihm insoweit verschiedene Möglichkeiten offen, die bereits jetzt in der Literatur diskutiert werden: Erforderlich erscheint jedenfalls eine erhebliche Erweiterung der Beteiligungsrechte der Gewerkschaften in Richtung eines Verhandlungsmodells. Die derzeit eingeräumten Beteiligungsrechte nach § 118 BBG, § 53 BeamtStG genügen nicht (Schubert, a.a.O. S. 109 f.). In Betracht kommt ferner ein Verhandlungs- und Schlichtungsmodell unter paritätischer Beteiligung der Gewerkschaften in der Art des "Dritten Wegs", wie es das Bundesarbeitsgericht für die Einrichtungen der Kirchen entwickelt hat (Greiner, DÖV 2013, 623 <625 f.>; BAG, Urteil vom 20. November 2012 a.a.O.). Erweiterte Beteiligungsrechte ändern nichts daran, dass kollektive Kampfmaßnahmen von Beamten als Druckmittel zur Durchsetzung konkreter Arbeitsbedingungen "echte" Tarifverhandlungen über die Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Beamten und damit eine Abkehr von der hoheitlichen Regelung des Beamtenverhältnisses voraussetzen. Eine Öffnung des Beamtenrechts für eine tarifautonome Gestaltung kommt für den Bereich der innerdienstlichen, sozialen und personellen Angelegenheiten der Beamten in Betracht, wenn und soweit diese auf der Dienstellenebene durch Dienstvereinbarungen mit dem Personalrat geregelt werden können (Seifert, KritV 2009, 357 <373>). Eine darüber hinausgehende Tarifautonomie stellt den durch Art. 33 Abs. 4 und Abs. 5 GG vorgegebenen Charakter des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis in Frage. Es ist zu besorgen, dass der prägende, durch Art. 33 Abs. 5 GG vorgegebene Inhalt grundlegender Beamtenpflichten wie der Pflichten zum vollen beruflichen Einsatz oder zur Loyalität angetastet würde, wenn diese Pflichten tarifvertraglich konkretisiert werden könnten. Beispielhaft ist an die Pflicht zur unentgeltlichen und gering vergüteten Mehrarbeit zu denken. Bei einem Wegfall oder einer Abschwächung derartiger Pflichten entfällt die Rechtfertigung für die lebenslange Alimentation. Entsprechendes gilt für Altersgrenzen für die Einstellung und den Eintritt in den Ruhestand, die eine angemessene, die lebenslange Altersversorgung der Beamten rechtfertigende Dauer der Dienstleistungsverpflichtung sicherstellen (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54, jeweils Rn. 18 f.). Eine Sonderstellung nimmt allerdings die Beamtenbesoldung ein. Deren Entwicklung steht seit jeher in einem engen, durch den Alimentationsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 5 GG vermittelten Zusammenhang mit der Entwicklung der Gehälter der Tarifbeschäftigten, d.h. mit den Tarifabschlüssen für den öffentlichen Dienst. Die nach Art. 33 Abs. 5 GG gebotene Amtsangemessenheit der Alimentation bemisst sich vor allem aufgrund eines Vergleichs mit den Nettoeinkommen der Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes. Vorrangig anhand dieses Maßstabs ist zu beurteilen, ob die Beamtenbesoldung verfassungswidrig von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt wird. Dies dürfte der Fall sein, wenn der Gesetzgeber die Besoldungsentwicklung an Parameter knüpft, die die Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst nicht mehr in den Blick nehmen (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <293 f.>; Beschlüsse vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <388>; BVerwG, Urteile vom 20. März 2008 - BVerwG 2 C 49.07 - BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94, jeweils Rn. 26 und vom 23. Juli 2009 - BVerwG 2 C 76.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 108 Rn. 7 und 13). Aufgrund dieser Besonderheiten kann die Beamtenbesoldung in die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst einbezogen werden, ohne die Balance des beamtenrechtlichen Regelungsgefüges zu gefährden. Dies hätte zur Folge, dass die Gewerkschaften der Beamten an den Tarifverhandlungen teilnehmen und sich die Beamten außerhalb der von Art. 33 Abs. 4 GG erfassten Bereiche der öffentlichen Verwaltung insoweit an kollektiven Kampfmaßnahmen beteiligen könnten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die engen Grenzen einer tarifvertraglichen Gestaltung des Beamtenrechts für die Beamten außerhalb der genuin hoheitlichen Verwaltung auf Dauer auch dann aufrechterhalten werden können, wenn sich die Dienstherrn weiterhin für den Einsatz von Beamten an Stelle oder zusammen mit Tarifbeschäftigten entscheiden. Aufgrund der neueren Rechtsprechung des EGMR zu Art. 11 EMRK besteht jedenfalls gesetzgeberischer Handlungsbedarf. 9. Art. 28 der Europäischen Grundrechtecharta (EuGrCh), der ein Recht auf Kollektivverhandlungen und kollektive Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich Streiks gewährleistet, ist nicht anwendbar. Die Charta gilt nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 EuGrCh für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Nach Art. 51 Abs. 2 EuGrCh dehnt sie den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union aus; sie begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben der Union (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 - Rs. C-617/10 - Aerberg Fransson, NJW 2013, 1415 Rn. 19 ff.). Daher ist das Recht der Mitgliedstaaten nur dann an den Grundrechten der Charta zu messen, wenn es in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. EuGH, Urteil vom 26. Februar 2013 a.a.O. Rn. 19; BVerfG, Urteil vom 24. April 2013 - 1 BvR 1215/07 - NJW 2013, 1499 Rn. 90). Dies ist insbesondere der Fall, wenn nationales Recht erlassen wird, um eine unionsrechtliche Umsetzungspflicht zu erfüllen. Aufgrund dessen besteht bei Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts - gleich welchen Inhalts - keine Bindung an Art. 28 EuGrCh, weil dieses Rechtsgebiet nicht nach inhaltlichen Vorgaben des Unionsrechts zu gestalten ist. Auch nimmt Art. 28 EuGrCh ausdrücklich auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Bezug. Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit es eine Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union ermöglicht, auch Regelungen des kollektiven Arbeitsrechts zu erlassen (Niedobitek, ZBR 2010, 361 <364>). 10. Hätte sich die angefochtene Disziplinarverfügung nicht während des Revisionsverfahrens erledigt, wäre der Senat berechtigt gewesen, die angemessene Disziplinarmaßnahme unter Beachtung des Verschlechterungsverbots aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung nach § 13 Abs. 2 Satz 1 bis 4 LDG NRW festzusetzen (Urteile vom 15. Dezember 2005 - BVerwG 2 A 4/04 - Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 Rn. 23, vom 27. Juni 2013 - BVerwG 2 A 2.12 - IÖD 2013, 257 Rn. 9 und vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 63.11 - NVwZ-RR 2014, 105 Rn. 9). Die dreimalige Verletzung der Dienstleistungspflicht löste ein disziplinarrechtliches Sanktionsbedürfnis aus. Die Gewährleistungen des Art. 11 EMRK waren nicht geeignet, das verfassungsrechtliche Streikverbot ohne ein Tätigwerden des Gesetzgebers außer Kraft zu setzen. In Anbetracht der Sach- und Rechtslage hätte der Senat allerdings eine Geldbuße von 300 € für ausreichend gehalten. Die Sanktionierung diente dem Zweck, der Klägerin vor Augen zu führen, dass der Dienstherr ihr Verhalten nicht hinnahm. Dadurch sollte sie von Wiederholungen abgehalten werden. Die Klägerin war disziplinarisch nicht vorbelastet. Sie hatte die Streikteilnahme der Schulleitung angekündigt, sodass diese Vertretungsregelungen treffen konnte. Im Nachhinein hat die Klägerin Vertretungsstunden in einem Umfang übernommen, der über den von ihr verursachten Unterrichtsausfall hinausging.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020239&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020240
BVerwG
1. Senat
20140306
1 C 5/13
Urteil
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 5. Dezember 2012, Az: 11 S 739/12, Urteil vorgehend VG Stuttgart, 1. März 2012, Az: 11 K 3569/11, Urteil
DEU
Der Kläger ist algerischer Staatsangehöriger. Er erstrebt die Befristung der gegen ihn verfügten Ausweisung mit sofortiger Wirkung (Befristung auf Null). Der Kläger kam im September 1991 nach Deutschland und ist seit Mai 1994 als Asylberechtigter anerkannt. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Ehefrau und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern in familiärer Lebensgemeinschaft. 1992 und 2000 wurde er wegen Handels mit Betäubungsmitteln zu Freiheitsstrafen von 15 bzw. 9 Monaten verurteilt. Durch Bescheid vom 25. Oktober 2000 wies ihn der Beklagte aus, ohne die Wirkungen dieser Ausweisung zu befristen. Zu einer Abschiebung des Klägers kam es nicht. Seit Januar 2005 ist er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Auf Antrag des Klägers befristete der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung durch Bescheid vom 31. August 2011 auf einen Monat ab Ausreise. Die beantragte Befristung auf Null lehnte er ab, weil eine derartige Fristsetzung ohne vorherige Ausreise nur in Ausnahmefällen möglich sei; ein solcher Fall liege hier nicht vor. Andererseits genüge die angeordnete Sperrfrist von einem Monat, weil auf die letzte Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe eine lange straffreie Zeit gefolgt sei. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit dem Antrag, die Sperrwirkung auf Null zu befristen, so dass eine vorherige Ausreise nicht erforderlich ist, stattgegeben. Der Zweck der Ausweisung sei erreicht; das Verlangen einer vorherigen Ausreise sei unverhältnismäßig. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Beklagten durch Urteil vom 5. Dezember 2012 zurückgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Befristung der gegen ihn ergangenen Ausweisung mit sofortiger Wirkung. Weder spezialpräventive noch generalpräventive Gründe erforderten die weitere Aufrechterhaltung der Sperrwirkung der Ausweisung. Der Kläger, der in den zwölf Jahren seit seiner Verurteilung strafrechtlich nicht mehr aufgefallen sei, stelle keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mehr dar. Von der Ausweisung gehe auch keine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer mehr aus. Sei eine Befristung auf Null geboten, bedürfe es keiner Ausreise des Klägers. Das beklagte Land Baden-Württemberg macht mit seiner Revision geltend, dass die Frist für den Lauf der Einreise- und Aufenthaltssperre gemäß § 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG erst mit Ausreise des Ausländers zu laufen beginne und das Ausreiseerfordernis auch nicht durch eine Befristung auf Null unterlaufen werden dürfe. Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.
Die zulässige Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) den Beklagten für verpflichtet gehalten, die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung auf Null zu befristen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der begehrten Befristung ist hier die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 9, jeweils Rn. 12 m.w.N.). Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (Urteil vom 10. Juli 2012 a.a.O.). Maßgeblich sind deshalb die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3474). Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmungen aber nicht geändert. 1. Die Verpflichtungsklage ist zulässig. Der Kläger hat ein Rechtsschutzbedürfnis für sein Begehren, dass die in § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG genannten Wirkungen der Ausweisung auf Null befristet werden. Denn ohne eine solche Befristung bleiben die Wirkungen der Ausweisung jedenfalls für die außerhalb des 5. Abschnitts in Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes geregelten Aufenthaltstitel dauerhaft bestehen. Dies belastet den Kläger und rechtfertigt sein Begehren, denn ein Rechtsschutzinteresse fehlt nur, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile erbringen kann (Urteil vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1, <3> = Buchholz 451.74 § 9 KHG Nr. 9 S. 2 <2>). Im Übrigen besteht ein Rechtsschutzbedürfnis auch im Hinblick auf eine in Betracht kommende Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 AufenthG. Diese ist einem Ausländer, der - wie der Kläger - als Asylberechtigter anerkannt ist, zu erteilen, es sei denn, der Ausländer ist aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden (§ 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Die spezielle Erteilungssperre des § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG wird nicht schon durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG, wie sie hier erfolgt ist, aufgehoben. Insoweit schränkt der Senat seine Rechtsprechung ein, die er mit Urteil vom 4. September 2007 (BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 = Buchholz 402.242 § 31 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 34 und 42) begründet und mit Urteil vom 13. April 2010 (BVerwG 1 C 5.09 - BVerwGE 136, 284 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 6, jeweils Rn. 12) fortentwickelt hat. Nach der bisherigen Rechtsprechung wird durch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG für die Erteilung von Aufenthaltstiteln nach Abschnitt 5 von Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) aufgehoben, nicht hingegen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln zu anderen Zwecken. Der Senat hat allerdings bereits darauf hingewiesen, dass der Zusammenschau bestimmter Regelungen, zu denen § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG gehört, zu entnehmen ist, dass der Gesetzgeber die Aufhebung der Sperrwirkung einer gesonderten Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 bis 6 AufenthG vorbehalten hat (Urteil vom 13. April 2010, a.a.O. jeweils Rn. 13). Der Senat beschränkt seine Rechtsprechung zur Aufhebung der Sperrwirkung durch Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG nunmehr ausdrücklich auf diejenigen Aufenthaltstitel nach Abschnitt 5 von Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes, für die keine spezielle Sperrwirkung angeordnet ist. Eine solche spezielle Sperrwirkung findet sich in § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. Deren Aufhebung allein wegen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG würde dem gesetzgeberischen Zweck widersprechen, Asylberechtigten und Flüchtlingen die aufenthaltsrechtlichen Vergünstigungen des § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG dann nicht zukommen zu lassen, wenn sie aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden sind. Sie sollen die Vorteile der Regelung, die u.a. zu einer schnelleren Aufenthaltsverfestigung führt, vielmehr erst dann genießen, wenn von ihnen keine Gefahr im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG mehr ausgeht und die Wirkungen der Ausweisung deshalb befristet und nach Fristablauf erloschen sind. Allerdings steht der Versagungsgrund des § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG dann nicht mehr entgegen, wenn die allgemeine Sperrwirkung der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG aufgehoben wird. Denn die Aufhebung der Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG bezieht sich auf alle Aufenthaltstitel. Der Senat folgt nicht der gegenteiligen Auffassung des Beklagten, denn ebenso wie die nahezu wortgleichen früheren Regelungen in § 29 Abs. 2 AsylVfG 1982 und § 68 Abs. 2 und § 70 Abs. 2 AsylVfG 1992 dient § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AufenthG lediglich der Synchronisierung mit dem besonderen Ausweisungsschutz für anerkannte Asylberechtigte und Flüchtlinge (§ 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 2 AufenthG). Bei diesen ist eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung möglich. Ist der Ausländer aber bereits vor der bestandskräftigen Anerkennung ausgewiesen worden, sperrt nur eine auf den gleichen qualifizierten Gründen beruhende Ausweisung die Titelerteilung (Urteil vom 22. Mai 2012 - BVerwG 1 C 8.11 - BVerwGE 143, 138 = Buchholz 402.242 § 5 AufenthG Nr. 10, jeweils Rn. 17 mit Verweis auf BTDrucks 9/1630 S. 24 zu § 29 Abs. 2 AsylVfG 1982, BTDrucks 12/2062 S. 38 f. zu § 68 Abs. 2 und § 70 Abs. 2 AsylVfG 1992 und BTDrucks 15/420 S. 111). Daraus ergibt sich für den Versagungsgrund des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 AufenthG, dass die darin geregelte spezielle Sperrwirkung vom Gesetzgeber nicht als dauerhaft wirkender Ausschlusstatbestand, sondern ebenfalls gefahren- oder präventionsabhängig konzipiert worden ist. Deshalb wird sie nach Sinn und Zweck von der präventionsgeleiteten Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG miterfasst und steht nach Ablauf der Frist der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG nicht mehr entgegen. 2. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Kläger auch in der Sache zu Recht einen Befristungsanspruch auf Null ohne vorherige Ausreise zuerkannt. Die Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch findet sich in § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG. Danach werden die in § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG (Einreise- und Aufenthaltsverbot) und in § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG (Titelerteilungsverbot) bezeichneten Wirkungen auf Antrag befristet. Seit Inkrafttreten des § 11 AufenthG in der Neufassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 haben Ausländer grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die Ausländerbehörde mit einer Ausweisung zugleich das daran geknüpfte gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot sowie die Titelerteilungssperre befristet, ohne dass es insoweit eines Antrags des Ausländers bedarf (Urteil vom 10. Juli 2012 - BVerwG 1 C 19.11 - BVerwGE 143, 277 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 9, jeweils Rn. 30; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. September 2013 - Rs. C-297/12 - InfAuslR 2013, 416 Rn. 34). Die Entscheidung über die Länge der Frist ist eine rechtlich gebundene Entscheidung, die nicht im Ermessen der Ausländerbehörde steht (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 34 und vom 14. Mai 2013 - BVerwG 1 C 13.12 - InfAuslR 2013, 334 Rn. 27). Die allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzende Frist ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind in einem ersten Schritt das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Bei einer aus generalpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung kommt es - soweit sie zulässig ist - darauf an, wie lange von ihr eine abschreckende Wirkung auf andere Ausländer ausgeht. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Höchstfrist muss sich aber in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 7 GRCh, Art. 8 EMRK messen und ggf. relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Verwaltungsgerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen. Die Abwägung ist hier nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichtshofs zu treffen (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 42 und vom 14. Mai 2013 a.a.O. Rn. 32). Der Verwaltungsgerichtshof ist auf Grund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) mit Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Wirkungen der Ausweisung im vorliegenden Fall vollständig zu beseitigen sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann in bestimmten Fällen eine vollständige Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung geboten sein. Dann entfällt das Erfordernis einer Fristbestimmung wie auch der Ausreise aus Deutschland (vgl. Urteile vom 10. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 33; vom 4. September 2007 - BVerwG 1 C 43.06 - BVerwGE 129, 226 = Buchholz 402.242 § 31 AufenthG Nr. 2, jeweils Rn. 28 und vom 13. April 2010 - BVerwG 1 C 5.09 - BVerwGE 136, 284 = Buchholz 402.242 § 11 AufenthG Nr. 6, jeweils Rn. 17). Dies kann zum einen deshalb geboten sein, weil seit Verfügung einer nicht vollzogenen Ausweisung ein so langer Zeitraum verstrichen ist, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehenden spezial- oder generalpräventiven Gründe entfallen sind. Ein Anspruch auf vollständige Beseitigung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG kann sich aber auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben, etwa weil schützenswerte familiäre Belange im Sinne von Art. 6 GG dies erfordern (zu Letzterem vgl. Urteile vom 13. April 2010 a.a.O., jeweils Rn. 17 und vom 4. September 2007 a.a.O., jeweils Rn. 28). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die zum Ausweisungszeitpunkt bestehenden spezial- und generalpräventiven Gründe nach Verstreichen einer Zeitdauer von mehr als zehn Jahren nicht mehr vorliegen. Damit sind die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch erfüllt, ohne dass es einer Entscheidung der Frage bedarf, ob dem Aufenthaltsbegehren eines Konventionsflüchtlings überhaupt generalpräventive Gründe entgegengehalten werden dürfen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten setzt der Anspruch auf Beseitigung der in § 11 Abs. 1 AufenthG geregelten Wirkungen der Ausweisung nicht die vorherige Ausreise des Ausländers voraus. Zwar sieht § 11 Abs. 1 Satz 6 AufenthG vor, dass der Lauf der Frist mit der Ausreise beginnt. Liegen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aber keine Gründe für die Festsetzung einer Sperre im Sinne von § 11 Abs. 1 AufenthG mehr vor, entfällt damit auch das Erfordernis der Ausreise. Eine Frist für die Geltung der Wirkungen der Ausweisung darf dann nicht mehr in Gang gesetzt werden.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020240&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020241
BVerwG
7. Senat
20140220
7 C 6/12
Urteil
§ 6 Abs 1 TEHG, § 18 Abs 1 S 1 TEHG, § 18 Abs 1 S 2 TEHG, § 18 Abs 4 TEHG, § 19 TEHG, Art 1 Abs 1 GG, Art 19 Abs 2 GG, Art 79 Abs 3 GG, Art 16 Abs 3 EGRL 87/2003, Art 16 Abs 4 EGRL 87/2003
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 19. Januar 2012, Az: 12 B 21.10, Urteil vorgehend VG Berlin, 11. Juni 2010, Az: 10 A 234.08, Urteil
DEU
Versäumnis der Abgabe von Emissionszertifikaten; Zahlungspflicht; Schuldgrundsatz
§ 18 Abs. 1 TEHG ist mit dem bundesverfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz vereinbar.
Die Klägerin wendet sich gegen die Auferlegung einer Zahlungspflicht gemäß § 18 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen vom 8. Juli 2004 (BGBl I S. 1578 - im Folgenden: TEHG). Sie betreibt in Sachsen an den Standorten M. und B. sowie in Rheinland-Pfalz am Standort W. Anlagen zur Herstellung von Schieber- und Grobkeramik sowie feuerfesten Dämmstoffen. Für die vorgenannten Anlagen erstellte sie für das Jahr 2005 jeweils einen von einem Sachverständigen geprüften und verifizierten Emissionsbericht. Die Berichte weisen Gesamtemissionen in Höhe von 506 t Kohlendioxid für die Anlage in M., 2 817 t für die Anlage in B. und 2 898 t für die Anlage in W. aus. Zum maßgeblichen Stichtag des 30. April 2006 gab die Klägerin keine Emissionsberechtigungen an die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) ab. Mit für alle drei Anlagen gleich lautenden Schreiben vom 31. Juli 2006 wies die Beklagte die Klägerin auf die Verletzung der Abgabepflicht hin und hörte sie zu der beabsichtigten Festsetzung einer Zahlungspflicht an. Die Klägerin berief sich auf das Vorliegen höherer Gewalt, da ihr von der DEHSt kein Passwort für den Zugang zu dem im Emissionshandelsregister eingerichteten Anlagenkonto übermittelt worden sei. Im Übrigen machte sie geltend, dass die verschuldensunabhängige Verhängung einer Sanktion gegen Gemeinschafts- und Verfassungsrecht verstoße. Am 2. Oktober 2006 gab sie eine den geprüften Emissionen entsprechende Anzahl an Berechtigungen ab. Mit Bescheiden vom 7. Dezember 2007 setzte die Beklagte Zahlungspflichten in Höhe von 20 240 € für die Anlage in M., 112 680 € für die Anlage in B. und 115 920 € für die Anlage in W. fest. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage mit Urteil vom 11. Juni 2010 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 19. Januar 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG für die Festsetzung einer Zahlungspflicht seien erfüllt. Die Klägerin habe ihre Abgabepflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG verletzt. Sie habe zum maßgeblichen Stichtag des 30. April 2006 keine Emissionsberechtigungen abgegeben. Ein Fall höherer Gewalt im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG liege nicht vor. Ob ihre Behauptung, eine Mitteilung über das Passwort für das Emissionsregister nicht erhalten zu haben, glaubhaft sei, könne offen bleiben. Denn sie hätte jedenfalls rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen müssen, um eine fristgerechte Erfüllung ihrer Abgabepflicht sicherzustellen. Im Übrigen habe die Beklagte nach ihren erstinstanzlichen Angaben alle Anlagenbetreiber noch einmal gesondert vor Ablauf der Abgabefrist per E-Mail vom 3. und 21. April 2006 auf die sanktionsbewehrte Erfüllung der Abgabepflicht hingewiesen. Diesem Vorbringen sei die Klägerin nicht entgegengetreten. Die verschuldensunabhängige Ausgestaltung des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG verstoße nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine culpa". Bei der Festsetzung der Zahlungspflicht handele es sich weder um eine strafrechtliche noch um eine strafähnliche Maßnahme. Die Zahlungspflicht diene nach der amtlichen Überschrift des § 18 TEHG der Durchsetzung der Abgabepflicht. Der Gesetzgeber habe die Androhung einer Zahlungsverpflichtung ausdrücklich als eine präventive Verwaltungsmaßnahme angesehen (BTDrucks 15/2328 S. 16). Nach seinem Willen solle das präventive Inaussichtstellen einer Zahlungspflicht nicht an ein vorwerfbares Verhalten anknüpfen, sondern - dem marktwirtschaftlichen Ansatz des gesamten Emissionshandelssystems folgend - einen zusätzlichen wirtschaftlichen Anreiz zur Durchsetzung des Emissionshandels darstellen. Anders als eine zumindest strafähnliche Maßnahme weise § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG damit einen deutlich zukunftsbezogenen Charakter auf. Die Ausgestaltung des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da sich nur schwer abschätzen lasse, bei welcher Höhe eine Sanktion tatsächlich wirksame und abschreckende Wirkung entfalte, müsse dem Richtlinien- und Gesetzgeber insoweit ein Prognose- bzw. Ermessensspielraum zugestanden werden. Dass dieser Spielraum überschritten wäre, sei weder substantiiert dargetan noch ersichtlich. Für eine unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung im konkreten Einzelfall habe zu Recht bereits das Verwaltungsgericht keine Anhaltspunkte gesehen. Die Klägerin hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt, dass die in § 18 Abs. 1 TEHG vorgesehenen Strafzahlungen den verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz missachteten, in ihrer Höhe gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit und gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstießen und somit insgesamt Art. 20 Abs. 3 GG verletzten. § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG sei eine Strafnorm. Die Vorschrift bezwecke eine abschreckende Wirkung; sie diene nicht der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands oder der Wiedergutmachung eines Schadens, sondern sei ein geradezu klassischer Ausdruck vergeltender Gerechtigkeit. Ihre Kategorisierung durch den Gesetzgeber sei irrelevant. Unabhängig hiervon verstoße das Urteil gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch bei generalpräventiven Verwaltungsmaßnahmen gebiete das Übermaßverbot, die strafbegründende Schuld unter Beachtung aller Umstände anhand konkreter Tatsachen zu ermitteln und zu berücksichtigen. Die Einordnung der Zahlungspflicht als "Verwaltungsmaßnahme eigener Art" sei im Übrigen mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG bzw. - für das Strafrecht - Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar. Das Unionsrecht stehe einer grundrechtskonformen Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 EH-RL nicht entgegen. Die Klägerin beantragt, die Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin vom 11. Juni 2010 und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2012 sowie die Bescheide vom 7. Dezember 2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15. August 2008, soweit darin eine Zahlungspflicht festgesetzt wird, aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Auferlegung der Zahlungspflicht ist § 18 Abs. 1 TEHG. 1. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Klägerin hat in Bezug auf alle drei Anlagen die aus § 6 Abs. 1 TEHG folgende Pflicht verletzt, bis zum 30. April 2006 eine Anzahl von Berechtigungen abzugeben, die den durch den Betrieb der Anlagen im Jahr 2005 verursachten Emissionen entspricht. Einen Fall höherer Gewalt, in dem gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG von der Festsetzung einer Zahlungspflicht abgesehen werden kann, liegt unstreitig nicht vor. Die Höhe der Zahlungspflichten für die einzelnen Anlagen ist - ausgehend von 40 € für jede emittierte Tonne Kohlendioxidäquivalent - richtig berechnet. 2. § 18 Abs. 1 TEHG dient der Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl EU Nr. L 275 S. 32 - im Folgenden: EH-RL). Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Betreibern, die nicht bis zum 30. April jeden Jahres eine ausreichende Anzahl von Zertifikaten zur Abdeckung ihrer Emissionen im Vorjahr abgeben, eine Sanktion wegen Emissionsüberschreitung auferlegt wird; die Sanktion beträgt für jede von der Anlage ausgestoßene Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Betreiber keine Zertifikate abgegeben hat, 100 €, während der ersten Handelsperiode 40 €. Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL ist mit höherrangigem Unionsrecht, insbesondere mit dem unionsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, vereinbar. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 17. Oktober 2013 (Billerud - C-203/12 - NVwZ 2013, 1536 Rn. 22) entschieden, dass die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung ungeachtet der Ursache der Nichtabgabe oder der Anzahl der Zertifikate, über die die betreffenden Betreiber tatsächlich verfügen, zu verhängen ist. Die Höhe der pauschalen Sanktion darf nicht unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angepasst werden (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 42). Der Gerichtshof hat die Sanktion auch in der für die erste Handelsperiode maßgebenden Höhe von 40 € pro Tonne nicht beanstandet (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 40). Die Auferlegung einer Zahlungspflicht in starrer, von den Gründen für die Nichtabgabe der Zertifikate unabhängiger Höhe ist hiernach mit den im maßgebenden Zeitpunkt bei Erlass der EH-RL (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 37) auf europäischer Ebene gewährleisteten Grundrechten und den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts vereinbar. Der gegenteiligen Auffassung des Generalanwalts (Schlussanträge des Generalanwalts Paolo Mengozzi vom 16. Mai 2013 <noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht>) ist der Gerichtshof nicht gefolgt. Das Vorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass, dem Gerichtshof die Frage der Vereinbarkeit des Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL mit höherrangigem Unionsrecht erneut vorzulegen. 3. Soweit § 18 Abs. 1 TEHG zwingende Vorgaben des Unionsrechts umsetzt, scheidet eine Überprüfung der Vorschrift am Maßstab des deutschen Verfassungsrechts, insbesondere der Grundrechte des Grundgesetzes, grundsätzlich aus (Urteile vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 7 C 8.10 - Buchholz 406.255 § 20 ZuG 2012 Nr. 1 Rn. 32 und vom 30. Juni 2005 - BVerwG 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 <56 ff.> = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 19 S. 104 <111 ff.>; BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <95> und Kammerbeschluss vom 14. Mai 2007 - 1 BvR 2036/05 - NVwZ 2007, 942 Rn. 8). An die Stelle der inzidenten Kontrolle am Maßstab des deutschen Rechts tritt jene am Maßstab europäischen Rechts (Urteil vom 30. Juni 2005 a.a.O. S. 57 bzw. S. 112). a) Spielraum bei der Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL verbleibt den Mitgliedstaaten nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 17. Oktober 2013 nur in sehr engen Grenzen. Zum einen können die Mitgliedstaaten - unter den im Urteil dargelegten Voraussetzungen (a.a.O. Rn. 31) - Fälle höherer Gewalt anerkennen. Von dieser Möglichkeit hat Deutschland in § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG Gebrauch gemacht. Höhere Gewalt lag jedoch hier unstreitig nicht vor. Zum anderen steht es den Mitgliedstaaten frei, Mechanismen zur Mahnung, Aufforderung und vorzeitigen Abgabe einzuführen, durch die gutgläubige Betreiber umfassend über ihre Abgabepflicht informiert werden und so der Gefahr einer Sanktion entgehen können (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 41). Das TEHG enthält derartige Mechanismen nicht. Ihre Einführung ist durch den bundesverfassungsrechtlich insoweit allein in Betracht kommenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedoch auch nicht geboten. Der maßgebende Abgabezeitpunkt ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 6 Abs. 1 TEHG). Mehr Klarheit ist auch durch eine Erinnerung oder Mahnung nicht zu erreichen. Ein vor dem Abgabezeitpunkt erfolgender Hinweis auf die Folgen einer Fristversäumung könnte ebenfalls nur das wiederholen, was sich bereits unmissverständlich aus dem Gesetz ergibt; Spielräume bestehen bei der Festlegung der Zahlungspflicht nicht. Dass sie über ihre Abgabepflicht und deren Sanktionsbewehrung nicht hinreichend informiert worden sei, macht die Klägerin im Übrigen selbst nicht geltend. Die Beklagte hat vorgetragen, die DEHSt habe u.a. die Klägerin per E-Mail vom 3. und 21. April 2006 auf die sanktionsbewehrte Erfüllung der Abgabepflicht gesondert hingewiesen. Die Klägerin ist diesem Vortrag nicht entgegengetreten (Urteil des Oberverwaltungsgerichts S. 9). b) Ob, soweit die Vorgaben des Unionsrechts zwingend sind, eine Überprüfung der deutschen Umsetzung auch am Maßstab der sogenannten Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 Abs. 2 GG) ausscheidet, kann offen bleiben. Für die von der Klägerin ohne weitere Substantiierung behauptete Verletzung der Wesensgehaltsgarantie gibt es keine Anhaltspunkte. Jedenfalls der Schuldgrundsatz dürfte von dem Ausschluss der Überprüfung am Maßstab des deutschen Verfassungsrechts jedoch nicht umfasst sein. Der Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt, hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seine Grundlage in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG; das Schuldprinzip gehört zu der wegen Art. 79 Abs. 3 GG unverfügbaren Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt ist (BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerfGE 123, 267 <413>). Hat die Maßnahme eines Organs der Europäischen Union Auswirkungen, die die durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Verfassungsidentität berühren, so ist sie in Deutschland von vornherein unanwendbar (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2014 - 2 BvR 2728/13 u.a. - EuGRZ 2014, 141 Rn. 27). Mit dem bundesverfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz ist § 18 Abs. 1 TEHG jedoch vereinbar. Der Grundsatz "Keine Strafe ohne Schuld" (nulla poena sine culpa) gebietet, dass Strafen oder strafähnliche Sanktionen in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen. Straftatbestand und Strafrechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein. Der Schuldgrundsatz schließt die strafende oder strafähnliche Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters aus (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1 <13> m.w.N.). Die im Einzelfall verhängte Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Maß der Schuld des Täters stehen (BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 - 2 BvR 794/95 - BVerfGE 105, 135 <154> m.w.N.). Diese Anforderungen gelten nicht für alle Arten von Sanktionen, sondern nur für Strafen und strafähnliche Maßnahmen. Die Strafe ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, dass sie - wenn nicht ausschließlich, so doch auch - auf gerechte Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - NJW 2013, 1058 Rn. 54 m.w.N.). Strafähnlich ist eine Maßnahme nicht schon dann, wenn sie mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden ist und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfaltet. Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere, wertende Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgte Zweck (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 a.a.O. <13 f.>). In der Literatur werden - mit unterschiedlicher Gewichtung - verschiedene Zielrichtungen der Zahlungspflicht herausgearbeitet, die wegen ihrer Vielgestaltigkeit eine Einordnung der Sanktion in das herkömmliche Sanktionensystem erschweren. Einige Autoren rücken den präventiven Charakter der Zahlungspflicht in den Vordergrund (Frenz, Emissionshandelsrecht, 3. Aufl. 2012, § 30 Rn. 6; Maslaton, TEHG - Handkommentar, 2005, § 18 Rn. 7; Schweer/von Hammerstein, TEHG, 2004, §§ 17, 18 Rn. 1), verstehen § 18 Abs. 1 TEHG wegen der Anknüpfung an die in der Vergangenheit liegende Verletzung der Abgabepflicht jedoch teilweise gleichwohl als Norm des Vollstreckungsrechts (Maslaton, a.a.O. Rn. 8; Schweer/von Hammerstein, a.a.O.). Hiergegen wird eingewandt, dass die nachträgliche Abgabe der Berechtigungen die Zahlungspflicht nicht entfallen lasse; die Zahlungspflicht sei deshalb eher den Säumniszuschlägen und Säumniszinsen des Steuerrechts vergleichbar (Vierhaus, in: Körner/Vierhaus, TEHG, 2005, § 18 Rn. 2). Wieder andere sehen die Zahlungspflicht als Sanktion eigener Art, der materiell Strafcharakter zukomme (Beyer, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 TEHG Rn. 2), oder als Bußgeld eigener Art (Marr, EurUP 2004, 10 <18>). Dass § 18 Abs. 1 TEHG gegen das Schuldprinzip verstoße, hat keiner der genannten Autoren angenommen. Das Oberverwaltungsgericht hat § 18 Abs. 1 TEHG zu Recht nicht als Strafnorm oder strafähnliche Vorschrift qualifiziert. Die Zahlungspflicht ist keine Strafe, sondern ein auf Prävention angelegtes Druck- und Zwangsmittel zur Durchsetzung der Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG. Sie ist insoweit der Zahlungspflicht nach § 31b PartG bei Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht einer Partei (vgl. Urteile vom 12. Dezember 2012 - BVerwG 6 C 32.11 - BVerwGE 145, 194 = Buchholz 150 § 24 PartG Nr. 1, jeweils Rn. 65 und vom 25. April 2013 - BVerwG 6 C 5.12 - BVerwGE 146, 224 = Buchholz 150 § 25 PartG Nr. 2, jeweils Rn. 46), dem Zwangsgeld zur Durchsetzung von Beförderungsentgelten nach § 74 Abs. 2 AuslG i.d.F. des Gesetzes vom 3. Dezember 2001 (BGBl I S. 3306; vgl. Urteil vom 21. Januar 2003 - BVerwG 1 C 5.02 - BVerwGE 117, 332 = Buchholz 402.240 § 74 AuslG Nr. 3 S. 7) und den Säumniszuschlägen nach § 240 Abs. 1 AO (vgl. BFH, Urteile vom 17. Januar 1964 - I 256/59 U - BFHE 79, 385 <juris Rn. 20> und vom 17. Juli 1985 - I R 172/79 - BFHE 145, 1 <juris Rn. 5>) vergleichbar, auf die das Schuldprinzip ebenfalls nicht anwendbar ist. § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG knüpft die Sanktion an einen rein objektiven Tatbestand an. Die Zahlungspflicht ist festzusetzen, wenn ein Anlagenbetreiber seiner Pflicht, rechtzeitig eine ausreichende Anzahl von Berechtigungen zur Abdeckung seiner Emissionen im Vorjahr abzugeben (§ 6 Abs. 1 TEHG), nicht nachkommt. Wenn der Zahlungsbescheid bestandskräftig ist, ist gemäß § 18 Abs. 4 TEHG zudem der Name des Verantwortlichen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. In ihrer allein an die nicht rechtzeitige Abgabe von Berechtigungen anknüpfenden Ausgestaltung unterscheiden sich die Sanktionen zur Durchsetzung der Abgabepflicht nach § 18 TEHG von den Ordnungswidrigkeitentatbeständen des § 19 TEHG, die neben einem objektiven Pflichtenverstoß ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln voraussetzen. Ein sozialethisches Unwerturteil ist mit der Festsetzung der Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 TEHG - anders als mit der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 19 TEHG - nicht verbunden. Die Festsetzung der Zahlungspflicht wird auch nicht in ein Strafregister eingetragen. Ihre Inaussichtstellung soll Verstöße gegen die Abgabepflicht verhindern. Sie wirkt dem Anreiz entgegen, die Abgabe der Zertifikate aus ökonomischen Gründen bewusst zu verzögern, z.B. um von fallenden Zertifikatspreisen zu profitieren. Zudem hält sie dazu an, bei der Erfüllung der Abgabepflicht besondere Sorgfalt walten zu lassen. Die Gesetzgebungsmaterialien bestätigen diese Auslegung. Der Gesetzentwurf bezeichnet die Zahlungsverpflichtung als präventive Verwaltungsmaßnahme, die nicht an ein vorwerfbares Verhalten anknüpft, sondern einen zusätzlichen wirtschaftlichen Anreiz zur Durchsetzung des Emissionshandels darstellt und damit dem marktwirtschaftlichen Ansatz des gesamten Emissionshandels folgt (BTDrucks 15/2328 S. 16). Der erste Referentenentwurf, der die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung noch als Ordnungswidrigkeit mit starrem Bußgeld ausgestaltete, wurde nicht weiter verfolgt. Der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission sah bei Verstößen gegen die Abgabepflicht die Verhängung einer "Strafe" bzw. "Geldstrafe" vor (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Rahmen für den Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates KOM<2001> 581 S. 5, 15 f.). In der englischen Fassung des Entwurfs wurde - wie später in der Richtlinie - der Begriff "penalty" verwendet. Dies ist ein weiter Begriff, der nicht nur Strafen und Bußgelder, sondern Sanktionen aller Art umfasst. Bereits im Kommissionsentwurf wurde dargelegt, entscheidend sei, dass die "Strafe" für die Nichteinhaltung so hoch sei, dass Betreiber nicht darauf verzichteten, die tatsächlichen Emissionen ihrer Anlage durch eine ausreichende Zahl von Berechtigungen abzudecken. So sei bei Schwefelemissionen in den USA eine sehr gute Beachtung der Auflagen zu beobachten, weil die "Strafen" bei Nichteinhaltung so hoch seien (KOM<2001> 581 S. 15 f.). Auch nach der EH-RL war die "excess emissions penalty" mithin von vornherein ein auf Prävention angelegtes Druck- und Zwangsmittel. Dass die Sanktion - insoweit einer Strafe vergleichbar - an einen in der Vergangenheit liegenden Verstoß gegen die Abgabepflicht anknüpft, und dass auch eine Strafe neben der Vergeltung der Abschreckung dient, stellt den präventiven Charakter der Zahlungspflicht nicht in Frage. Wesentlich für eine Strafnorm ist der rechtsethische Schuldvorwurf. Ein solcher Vorwurf ist mit der Festsetzung der Zahlungspflicht - wie dargelegt - nicht verbunden.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020241&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020242
BVerwG
5. Senat
20140227
5 C 1/13 D
Urteil
Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 97 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 3 S 5 GVG, § 198 Abs 4 S 1 GVG, § 198 Abs 5 GVG, § 198 Abs 2 Nr 2 GVG, § 201 Abs 1 GVG, § 201 Abs 3 GVG, § 201 Abs 4 GVG, § 80 Abs 1 S 1 VwGO, § 80b Abs 1 S 1 VwGO, § 88 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124a Abs 4 S 4 VwGO, § 288 Abs 1 S 1 BGB, § 288 Abs 1 S 2 BGB, § 291 BGB
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 12. September 2012, Az: OVG 3 A 2.12, Urteil
DEU
Entschädigung bei überlanger Verfahrensdauer; Beschränkung auf einen Verfahrenszug; personenbezogener Anspruch; Anwaltskosten; Zinsanspruch
1. Die Begrenzung der Entschädigungsklage auf eine von mehreren Instanzen (hier das Berufungszulassungsverfahren) ist prozessrechtlich zulässig. Materiellrechtlicher Bezugsrahmen eines derart beschränkten Begehrens ist gleichwohl das gesamte (verwaltungs-)gerichtliche Verfahren. 2. Der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils (§ 198 Abs. 2 GVG) ist ein personenbezogener Anspruch. 3. Die notwendigen Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs stellen einen materiellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG dar. 4. Eine Verzinsung des Entschädigungsbetrages kann im Verwaltungsprozess nur unter dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen verlangt werden.
Die Beteiligten streiten um eine Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens. Gegenstand des Ausgangsverfahrens, dessen Überlänge die Kläger rügen, war die Kürzung einer Wohnungsbauförderung. Den Klägern waren Fördermittel in Form eines zinsverbilligten Darlehens für den Erwerb von Wohneigentum zur Selbstnutzung bzw. Überlassung an Familienangehörige bewilligt worden. Die beklagte Bank widerrief später zum Teil die gegenüber den Klägern erlassenen Bewilligungsbescheide wegen Verstoßes gegen die Zweckbestimmung, nachdem sie erfahren hatte, dass die Kläger - nach ihren Angaben wegen nicht mehr hinnehmbaren Nachbarschaftsstreitigkeiten - ein Hausgrundstück erworben und die zuvor selbst genutzte Eigentumswohnung an eine Mieterin ohne Berechtigungsbescheinigung des Wohnungsamtes vermietet hatten. Hierdurch entstanden den Klägern Mehrkosten für höhere Zinsen in Höhe von 6 800 €. Die Kläger erhoben gegen die Aufhebung der beiden Teilwiderrufsbescheide am 28. November 2007 Klage. Diese wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 5. September 2008 zurück. Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. September 2008 zugestellte Urteil beantragten die Kläger mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 die Zulassung der Berufung. Die Antragsbegründung wurde am 17. November 2008 beim Oberverwaltungsgericht eingereicht. Die Kläger rügten die Übertragung auf den Einzelrichter als verfahrensfehlerhaft und machten ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung geltend. Mit gerichtlicher Verfügung vom selben Tag wurde die beklagte Bank zur Stellungnahme binnen einer Frist von sechs Wochen aufgefordert. Die Stellungnahme ging beim Oberverwaltungsgericht am 3. Dezember 2008 ein. Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2009 teilten die Prozessbevollmächtigten der Kläger ihre neue Anschrift mit. Eine Abschrift dieses Schriftsatzes wurde der Gegenseite aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 5. Januar 2010 übersandt. Mit Beschluss vom 29. August 2011 lehnte das Oberverwaltungsgericht den Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Am 24. Januar 2012 forderten die Kläger die Senatsverwaltung für Finanzen auf, ihnen wegen der unangemessenen Dauer des Berufungszulassungsverfahrens bis zum 14. Februar 2012 jeweils einen Betrag von 1 200 € zu zahlen. Für die außergerichtliche Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs wurde ihnen ein Betrag von 330,34 € in Rechnung gestellt. Am 28. Februar 2012 haben die Kläger beim Oberverwaltungsgericht Klage erhoben und jeweils die Gewährung einer angemessenen Entschädigung für den durch die überlange Verfahrensdauer des Rechtsstreits bei dem Oberverwaltungsgericht erlittenen immateriellen Nachteil, hilfsweise für den durch die überlange Verfahrensdauer des Rechtsstreits bei dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht erlittenen immateriellen Nachteil, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 v.H. seit dem 15. Februar 2012 sowie die Erstattung der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 330,34 € begehrt. Zur Begründung haben sie im Wesentlichen ausgeführt, das Berufungszulassungsverfahren habe mit etwa drei Jahren unangemessen lang gedauert. Es habe sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt ohne schwerwiegende rechtliche Probleme gehandelt. Das Oberverwaltungsgericht habe das Verfahren seit der Begründung des Zulassungsantrags nicht gefördert. Die andauernde Überlastung des zuständigen Senats des Oberverwaltungsgerichts, die dort vorhandenen Rückstände und die allgemein angespannte Personalsituation könnten die Verfahrensdauer nicht rechtfertigen. Die Beteiligten hätten das Berufungszulassungsverfahren in keiner Weise verzögert. Für sie, die Kläger, sei es von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung gewesen, ob ihnen der im Berufungszulassungsverfahren streitige Betrag von 6 800 € zur Verfügung stehe oder nicht. Sie lebten in angespannten finanziellen Verhältnissen. Der besagte Betrag stelle für sie eine erhebliche finanzielle Ent- bzw. Belastung dar. Aufgrund der über den Verfahrensausgang herrschenden Unsicherheit seien sie in ihrer finanziellen Planung stark eingeschränkt gewesen. Eine geordnete Lebensplanung sei ihnen erschwert worden. Die Belastungen hätten sich insbesondere für die Klägerin zu 1 auch psychisch ausgewirkt. Die Feststellung, dass das Berufungsverfahren unangemessen lang gedauert habe, sei nicht ausreichend. Die Entschädigungshöhe werde in das Ermessen des Gerichts gestellt, wobei ein Betrag von 1 200 € je Kläger als angemessen erachtet werde. Da sich der Beklagte seit dem 15. Februar 2012 in Verzug befinde, sei der Entschädigungsbetrag ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen. Mit Rücksicht darauf, dass es sich bei dem Entschädigungsanspruch der Sache nach um einen Schadensersatzanspruch handele, stehe ihnen auch ein Anspruch auf Erstattung der vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten zu. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Soweit mit ihr eine angemessene Entschädigung für die überlange Dauer des Berufungszulassungsverfahrens geltend gemacht werde, habe sie schon deshalb keinen Erfolg, weil die Kläger ihr Entschädigungsbegehren nicht auf einen Verfahrenszug beschränken könnten, wenn das Gerichtsverfahren - wie hier - über zwei Instanzen geführt worden sei. Der Entschädigungsanspruch sei vielmehr von der Angemessenheit der Gesamtverfahrensdauer abhängig zu machen. Soweit sich das Entschädigungsbegehren auf beide Verfahrenszüge beziehe, sei die Gesamtdauer des Verfahrens im Sinne des § 198 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - noch nicht unangemessen gewesen. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richte sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach den dort genannten Kriterien. Angesichts dessen sei es nicht möglich, abstrakte Angaben zu einer "Höchstdauer" als Grenze der Angemessenheit zu machen. Bei Anwendung des Maßstabes des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG sei zu berücksichtigen, dass das Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht besonders schwierig gewesen sei. Auch im Berufungszulassungsverfahren seien keine überdurchschnittlich schwierigen Sach- und Rechtsfragen aufgeworfen worden. Der Zulassungsantrag sei zwar ausführlich begründet worden. Er habe aber in zulassungs- bzw. materiellrechtlicher Hinsicht keine erhöhten Anforderungen gestellt, wie die Rüge der fehlenden Anhörung vor der Übertragung auf den Einzelrichter beispielhaft belege. Das Verfahren habe aus den im Einzelnen dargelegten Gründen für die Kläger auch keine besondere Bedeutung aufgewiesen. Ebenso seien von der Gesamtdauer keine Zeiten im Hinblick auf das Verhalten der Kläger abzuziehen. Unter Berücksichtigung aller angeführten Umstände, vor allem im Hinblick auf die geringe Bedeutung der Sache und die zügige erstinstanzliche Entscheidung, sei die Gesamtverfahrensdauer von drei Jahren und rund neun Monaten für zwei Instanzen noch nicht unangemessen. Da kein Anspruch auf Entschädigung bestehe, könnten die Kläger auch keine Zinsen verlangen, die ohnehin erst ab Rechtshängigkeit beansprucht werden könnten. Aus demselben Grund könnten auch keine vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten beansprucht werden. Abgesehen davon stellten diese auch keinen materiellen Schaden im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG dar, weil die vorprozessuale Geltendmachung allein auf dem Entschluss der Kläger beruhe und gesetzlich nicht vorgeschrieben sei. Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Entschädigungsbegehren weiter. Sie rügen eine Verletzung des § 198 Abs. 1 GVG. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Revision der Kläger hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Kläger sind entgegen der Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts prozessrechtlich nicht gehindert, die Klage auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer des Gerichtsverfahrens auf das Berufungszulassungsverfahren zu beschränken (1.). Das angefochtene Urteil beruht aber auf einer fehlerhaften Anwendung des § 198 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl I S. 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2. Juli 2013 (BGBl I S. 1938). Auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen ergibt sich mit Blick auf die Gesamtverfahrensdauer eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens von zwei Jahren (2.). Dem ausschließlich im Zusammenhang mit der Entschädigung des immateriellen Nachteils geltend gemachten Zinsanspruch ist jeweils ab Eintritt der Rechtshängigkeit stattzugeben (3.). 1. Die Begrenzung der Entschädigungsklage im Hauptantrag auf den Ausgleich des den Klägern jeweils infolge der unangemessenen Dauer des Berufungszulassungsverfahrens entstandenen Nachteils ist prozessrechtlich zulässig. Sie entspricht der Dispositionsbefugnis der Kläger als Rechtsmittelführer (vgl. § 88 VwGO) und trägt dem Umstand Rechnung, dass sie sich insoweit allein durch die Dauer des Berufungszulassungsverfahrens beschwert sehen. Allgemein kann ein Rechtsmittel auf einen von mehreren selbständigen Streitgegenständen einer Klage oder auf einen Teil des Streitgegenstandes beschränkt werden, wenn dieser Teil vom Gesamtstreitstoff abteilbar ist und materiellrechtliche Gründe einer gesonderten Entscheidung darüber nicht entgegenstehen (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 60 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Die Beschränkung des Anspruchs auf Ausgleich des Nachteils auf einen Verfahrenszug - hier das Berufungszulassungsverfahren - stellt einen abtrennbaren Teil des Entschädigungsanspruchs wegen unangemessener Dauer eines über mehrere Instanzen geführten Gerichtsverfahrens dar. Die Frage nach der prozessrechtlichen Zulässigkeit eines derart begrenzten Klageantrags ist zu trennen von der Frage nach seinem materiellrechtlichen Bezugsrahmen. Bezugsrahmen eines Entschädigungsanspruchs, der allein bezüglich der Dauer des Verfahrens in einer von mehreren Instanzen geltend gemacht wird, ist das gesamte verwaltungsgerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit. Ob sich die Verfahrensdauer in einer von mehreren Instanzen als angemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG darstellt, ist materiellrechtlich unter Berücksichtigung der Gesamtdauer des gerichtlichen Verfahrens von dessen Einleitung in der ersten Instanz bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss in der letzten Instanz zu ermitteln (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 f. und 61). Das materielle Recht steht aber der Zuerkennung einer Entschädigung für den (nur) durch die unangemessene Dauer des Verfahrens in einer Instanz erlittenen Nachteil nicht entgegen. Denn auch um dies feststellen zu können, ist grundsätzlich die materiellrechtliche Voraussetzung zu prüfen, ob - mit Blick auf die Gesamtverfahrensdauer - durch die zügige Behandlung der Sache in einer Instanz eine etwaige Überlänge in einer anderen (vorangegangenen oder nachfolgenden) Instanz ganz oder teilweise kompensiert werden kann. Für die Zulässigkeit, den Entschädigungsantrag auf eine Instanz beschränken zu können, spricht ferner, dass die Klage auf Entschädigung schon während des noch laufenden Ausgangsverfahrens erhoben werden kann (vgl. § 198 Abs. 5, § 201 Abs. 3 GVG). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass auch Konstellationen denkbar sind, in denen eine unangemessene und irreparable Verzögerung feststellbar ist und in denen daher über die Kompensation für schon eingetretene Nachteile entschieden werden kann, obwohl das Ausgangsverfahren noch nicht beendet ist. Dass es das Gesetz zulässt, verschiedene Verfahrensstufen unterschiedlich in den Blick zu nehmen, zeigt sich auch daran, dass die Verzögerungsrüge erneut erhoben werden muss, wenn die Sache bei einem anderen Gericht anhängig wird und es dort nochmals zu einer weiteren unangemessenen Verzögerung kommt (vgl. § 198 Abs. 3 Satz 5 GVG) sowie daran, dass bei einem bis zum Bundesverwaltungsgericht geführten Verwaltungsrechtsstreit verschiedene Rechtsträger - nämlich zum einen das jeweilige Land und zum anderen der Bund (§ 201 Abs. 1 GVG i.V.m. § 173 Satz 2 VwGO) - für die in ihrem Bereich zu verantwortenden Verfahrensverzögerungen in Anspruch genommen werden können (vgl. so auch für die Begrenzung des Feststellungsantrags auf die Verfahrensdauer einer Instanz Urteil vom 11. Juli 2013 a.a.O. Rn. 60 f.). 2. Die Kläger haben jeweils einen Anspruch auf Ausgleich ihres immateriellen Nachteils in Höhe von 2 400 €, weil das Berufungszulassungsverfahren eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung von zwei Jahren aufweist (a). Des Weiteren können sie - als Gesamtgläubiger - die Entschädigung des ihnen durch diese Verzögerung entstandenen materiellen Nachteils in Höhe von 330,34 € verlangen (b). a) Der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils folgt aus § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG. Diese Regelungen sind im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbar (§ 173 Satz 2 VwGO). Nach § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Der durch eine unangemessene Verfahrensdauer eingetretene immaterielle Nachteil ist nach Maßgabe des § 198 Abs. 2 GVG zu entschädigen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Materiellrechtlicher Bezugsrahmen des von den Klägern geltend gemachten Entschädigungsanspruchs ist - wie dargelegt - das gesamte hier abgeschlossene gerichtliche Verfahren im Ausgangsrechtsstreit, und zwar von der Klageerhebung beim Verwaltungsgericht am 28. November 2007 bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss durch den die Zulassung der Berufung ablehnenden Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 29. August 2011. Die Dauer des Berufungszulassungsverfahrens war auch mit Blick auf die Gesamtverfahrensdauer unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG (aa). Hierdurch haben die Kläger jeweils einen nicht auf andere Weise wiedergutzumachenden immateriellen Nachteil erlitten (bb), wofür ihnen jeweils eine Entschädigung in Höhe von 2 400 € zu zahlen ist (cc). aa) Die Dauer des Berufungszulassungsverfahrens vor dem Oberverwaltungsgericht war bei der gebotenen Gesamtabwägung unter Einbeziehung der Gesamtverfahrensdauer im Umfang von zwei Jahren unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG). Die Aufzählung in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ist nicht abschließend. Dementsprechend ist die Verfahrensdauer unangemessen im Sinne von § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, wenn eine insbesondere an den Merkmalen des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausgerichtete Gewichtung und Abwägung aller bedeutsamen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass die aus konventions- und verfassungsrechtlichen Normen (Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - in der Fassung vom 22. Oktober 2010 <BGBl II S. 1198>, Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, verletzt ist. Dabei ist vor allem auch zu prüfen, ob Verzögerungen, die durch die Verfahrensführung des Gerichts eingetreten sind, bei Berücksichtigung des den Ausgangsgerichten insoweit zukommenden Gestaltungsspielraums sachlich gerechtfertigt sind (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 26, 37 und 42 und - BVerwG 5 C 27.12 D - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen = juris Rn. 18, 29 und 34; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12 - NJW 2013, 3630 <3631 f.>). Das Oberverwaltungsgericht hat sich in Übereinstimmung mit dem dargelegten rechtlichen Maßstab bei der Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer zu Recht (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - a.a.O. Rn. 28 ff. und - BVerwG 5 C 27.12 D - a.a.O. Rn. 20 ff.; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 a.a.O. <3631 f.>) nicht von festen Zeitvorgaben oder abstrakten Orientierungs- bzw. Anhaltswerten leiten lassen, sondern eine Einzelfallprüfung vorgenommen. Es hat auch die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG ausdrücklich genannten Kriterien der Einzelfallprüfung richtig erfasst ((1)). Dem Oberverwaltungsgericht ist allerdings ein Rechtsanwendungs- bzw. Subsumtionsfehler unterlaufen, weil die festgestellten Tatsachen nicht den im Rahmen der Gesamtabwägung vorgenommenen Schluss tragen (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 <205> = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 24), die Gesamtverfahrensdauer von drei Jahren und rund neun Monaten sei noch nicht unangemessen im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG. Bei rechtlich zutreffender Abwägung ergibt sich vielmehr die Unangemessenheit der Verfahrensdauer und eine maßgebliche Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens von zwei Jahren ((2)). (1) Die tatsächliche Würdigung und Rechtsanwendung des Oberverwaltungsgerichts ist im Hinblick auf die in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien der Schwierigkeit des Verfahrens ((a)), seiner Bedeutung für die Kläger ((b)) und des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten ((c)) nicht zu beanstanden. (a) Das Oberverwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung seiner insoweit getroffenen Feststellungen rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Berufungszulassungsverfahren einen allenfalls durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad aufgewiesen hat. Dies wird auch von der Revision nicht angegriffen. Die Entscheidung über den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) war im konkreten Fall eher einfach gelagert. Welche Anforderungen an diesen Zulassungsgrund zu stellen sind, hängt im Wesentlichen von der Beschaffenheit der in dem angefochtenen Urteil entschiedenen Fragen ab. Das Oberverwaltungsgericht hat die sich in Bezug auf den Widerruf der Bewilligungsbescheide in formeller und materieller Hinsicht stellenden Rechtsfragen zu Recht als Standardprobleme eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens angesehen. Es hat ferner festgestellt, dass der Vortrag der Kläger übersichtlich und eine Beweisaufnahme nicht erforderlich gewesen ist. Dafür, dass es sich bei dem Ausgangsverfahren vor dem Verwaltungsgericht um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht allenfalls durchschnittlich schwierigen Fall gehandelt hat, spricht zudem die Übertragung der Sache vom Verwaltungsgericht auf den Einzelrichter (§ 6 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Auch die von den Klägern im Berufungszulassungsverfahren erhobene Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Zusammenhang mit der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter stellt sich als eine einfach zu beantwortende verfahrensrechtliche Frage dar. (b) Des Weiteren ist die Bewertung des Oberverwaltungsgerichts, das Ausgangverfahren und damit der Sache nach auch das Berufungszulassungsverfahren hätten für die Kläger keine besondere Bedeutung aufgewiesen, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) im konkreten Fall nicht die vom Oberverwaltungsgericht angenommene relativierende Wirkung für die Bedeutung der Sache beizumessen. Denn die aufschiebende Wirkung endete gemäß § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Allerdings sind dem angefochtenen Urteil keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die auf eine erhebliche Bedeutung der Sache für die Kläger schließen lassen. Nach der tatrichterlichen Bewertung ihres Vorbringens haben die Kläger nicht dargelegt, dass die (moderat) erhöhten Zinsen von ihnen nicht hätten gezahlt werden können oder die Mieteinnahmen der geförderten Wohnung nicht ausgereicht hätten, um die erhöhten Zinsen zu decken. Ebenso gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Kläger nach dem Kauf eines Hauses in ihrer wirtschaftlichen Existenz betroffen gewesen sind oder sonst eine besondere wirtschaftliche Bedeutung für sie vorgelegen hat. Die Würdigung des klägerischen Tatsachenvortrags durch das Oberverwaltungsgericht ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob sie auf einem Rechtsirrtum beruht oder allgemeine Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze, insbesondere gesetzliche Beweisregeln, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt (vgl. Urteil vom 14. März 2013 - BVerwG 5 C 10.12 - NVwZ-RR 2013, 689 Rn. 14). Dem Revisionsvorbringen ist nicht zu entnehmen, dass dem Oberverwaltungsgericht ein derartiger Fehler unterlaufen ist. Hierfür ist auch ansonsten kein Anhaltspunkt ersichtlich. Entsprechendes gilt, soweit das Oberverwaltungsgericht in Würdigung des Vortrags der Kläger auch eine besondere psychische Belastung der Kläger, insbesondere der Klägerin zu 1, durch das Verfahren auf Aufhebung der Teilwiderrufe der ihnen bewilligten Wohnungsbauförderung nicht zu bejahen vermochte. Schließlich liegt hier auch keine Fallgruppe vor, für welche die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte regelmäßig eine besondere Bedeutung für die Betroffenen annimmt, wie etwa bei Eingriffen in die persönliche Freiheit oder die Gesundheit, Rechtsstreitigkeiten um die finanzielle Versorgung (Renten- oder Arbeitssachen) oder Statussachen (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. Juni 2006 - Nr. 75529/01, Sürmeli/Deutschland - NJW 2006, 2389 Rn. 133 sowie den Überblick und die Nachweise bei Wittling-Vogel/Ulick, DRiZ 2008, 87 <88>). (c) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht aus den von ihm festgestellten Tatsachen den Schluss gezogen, dass die Kläger durch ihr Verhalten keine Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens bewirkt haben. Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die Kläger mit keiner Verfahrenshandlung säumig gewesen. Soweit sie die gesetzliche Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ausgeschöpft haben, ist das Oberverwaltungsgerichts zu Recht davon ausgegangen, dass ihnen dies nicht als Verursachung einer Verfahrensverzögerung zugerechnet werden kann. Denn ein Rechtsmittelführer darf die gesetzlichen Fristen grundsätzlich voll ausschöpfen (vgl. Urteil vom 21. Dezember 1987 - BVerwG 3 B 28.87 - Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 154 S. 6), ohne dass ihm dies auch mit Blick auf § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG zum Nachteil gereicht. (2) Die in dem angefochtenen Urteil auch zur Verfahrensführung des Oberverwaltungsgerichts getroffenen Feststellungen schließen es aus, die Verfahrensdauer noch als angemessen anzusehen. Vielmehr ergibt eine Beurteilung am Maßstab des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, dass bei der Führung des Berufungszulassungsverfahrens Verzögerungen eingetreten sind, die auch bei Berücksichtigung des dem Gericht zukommenden Gestaltungsspielraums eine unangemessene Verfahrensdauer bewirkt haben (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 37 ff. und - BVerwG 5 C 27.12 D - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen = juris Rn. 29 ff.). Auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen ergibt sich, dass das Berufungszulassungsverfahren im Zeitraum vom 3. Mai 2009 bis zum 29. August 2011, d.h. zwei Jahre und rund vier Monate, ohne sachlichen Rechtfertigungsgrund nicht gefördert worden ist. Aus den Feststellungen zur Chronologie des Berufungszulassungsverfahrens ist wertend zu folgern, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung mit Eingang der Stellungnahme der beklagten Bank am 3. Dezember 2008 entscheidungsreif war. Denn der Berufungszulassungsantrag ist damit in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufbereitet gewesen und den Beteiligten ist in hinreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - a.a.O. Rn. 36 und 51). Aus dem festgestellten Verfahrensablauf ergibt sich des Weiteren, dass das Oberverwaltungsgericht in der Folgezeit bis zur Sachentscheidung keine weitere Handlung vorgenommen hat, um die Erledigung des Berufungszulassungsverfahrens zu fördern. Insbesondere die am 5. Januar 2010 verfügte Übersendung eines Schriftsatzes an die beklagte Bank, in dem der Prozessbevollmächtigte der Kläger die neue Anschrift seiner Kanzlei mitteilte, stellte keine derartige Handlung dar. Im vorliegenden Einzelfall erscheint es angemessen, dem Oberverwaltungsgericht für das konkrete Berufungszulassungsverfahren ab Entscheidungsreife einen Zeitraum von fünf Monaten für seine Entscheidung über den Zulassungsantrag zuzugestehen mit der Folge, dass die bis zum 3. Mai 2009 eingetretene Verfahrensverzögerung als sachlich gerechtfertigt anzusehen und nicht dem beklagten Land zuzurechnen ist. Der zugestandene Zeitraum trägt dem Umstand Rechnung, dass - auch vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich gewährten richterlichen Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) - die Verfahrensgestaltung in erster Linie dem mit der Sache befassten Gericht obliegt und ihm hinsichtlich der Entscheidung, wann und wie es eine bestimmte Sache in Abstimmung mit anderen bei ihm anhängigen Sachen terminiert oder sonst fördert, ein Spielraum zusteht. Er berücksichtigt weiter, dass das Gericht vor einer verfahrensfördernden Handlung oder Entscheidung zur Sache Zeit zur rechtlichen Durchdringung benötigt, um dem rechtstaatlichen Anliegen zu genügen, eine grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes vorzunehmen. Der ab Eintritt der Entscheidungsreife zugestandene Zeitraum ist im Einzelfall in Relation zu den in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG benannten Kriterien zu bestimmen. Maßgeblich ist insoweit - genauso wie hinsichtlich der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG aufgeführten Umstände -, wie die Gerichte im Ausgangsverfahren die Lage aus ihrer Ex-ante-Sicht einschätzen durften. Hingegen ist eine Überlastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder des konkreten Ausgangsgerichts bzw. Spruchkörpers für die Bemessung des richterlichen Gestaltungsspielraums ohne Belang. Sie gehört zu den strukturellen Mängeln, die sich der Staat zurechnen lassen muss und die er zu beseitigen hat (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - a.a.O. Rn. 41 ff. und - BVerwG 5 C 27.12 D - a.a.O. Rn. 33 ff.; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 - 1 BvR 1067/12- NJW 2013, 3630 <3632>). In Anwendung dieser rechtlichen Maßstäbe hätte das Oberverwaltungsgericht über das in Rede stehende Verfahren auf Zulassung der Berufung angesichts der eher einfach gelagerten Fragen, die zu beantworten waren, fünf Monate nach Eintritt der Entscheidungsreife entscheiden müssen, um den Anforderungen an eine angemessene Verfahrensdauer zu genügen. Die sich danach errechnende sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens im Umfang von zwei Jahren und rund vier Monaten ist im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung mit Blick auf das zügige erstinstanzliche Verfahren um rund vier Monate zu reduzieren. Denn das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit etwa vier Monate früher erledigt, als es dies bei Berücksichtigung des ihm zukommenden Gestaltungsspielraums hätte tun müssen, um das Verfahren im Sinne des § 198 Abs. 1 GVG in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen. Die am 28. November 2007 erhobene Klage war am 6. Mai 2008 entscheidungsreif. Zu diesem Zeitpunkt lagen Klagebegründung, Klageerwiderung, Replik der Kläger und Duplik der beklagten Bank vor. Dem Verwaltungsgericht ist im konkreten Fall für seine Entscheidung mit Rücksicht auf den gerichtlichen Spielraum bei der Verfahrensgestaltung ein Zeitraum von acht Monaten ab Entscheidungsreife zuzugestehen. Bei der Bemessung dieses Zeitraums ist in Anwendung des dargelegten rechtlichen Maßstabes zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei dem erstinstanzlichen Verfahren um ein Hauptsacheverfahren gehandelt hat. Zudem ist über die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden gewesen (vgl. § 101 Abs. 1 VwGO). Allerdings ist das Verfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht - wie dargelegt - nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts allenfalls durchschnittlich schwierig gewesen. Ferner ist der Zeitspanne von über fünf Monaten bis zum Eintritt der Entscheidungsreife des erstinstanzlichen Verfahrens Rechnung zu tragen. Denn die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen = NJW 2014, 96 Rn. 39 und - BVerwG 5 C 27.12 D - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen = juris Rn. 31, jeweils mit Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BVerfG; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 22. August 2013 a.a.O.). Je größer der zeitliche Abstand von der Einleitung bis zur Entscheidungsreife des Verfahrens ist, desto stärker ist das Gericht gehalten, anschließend auf eine zügige Erledigung der Sache hinzuwirken. Nach alledem wäre die Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht noch angemessen gewesen, wenn es die Ende November 2007 eingegangene Sache nach dreizehn Monaten abgeschlossen hätte. Das Verwaltungsgericht hat aber über die Klage mit Urteil vom 5. September 2008 entschieden und das erstinstanzliche Verfahren somit rund vier Monate vor Ablauf des hier anzunehmenden Gestaltungszeitraums zum Abschluss gebracht. Dieser Zeitraum ist auf die Überlänge des Berufungszulassungsverfahrens mindernd anzurechnen. bb) Die Kläger haben infolge der unangemessenen Dauer des Berufungszulassungsverfahrens von zwei Jahren jeweils einen immateriellen Nachteil erlitten ((1)), der nicht auf andere Weise wiedergutgemacht werden kann ((2)). (1) Dass die Kläger Nachteile nichtvermögensrechtlicher Art erlitten haben, ergibt sich aus § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG. Danach wird ein immaterieller Nachteil vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren - wie hier das Berufungszulassungsverfahren - unangemessen lange gedauert hat. Diese Vermutung ist hier weder bezüglich der Klägerin zu 1 noch des Klägers zu 2 widerlegt. (2) Entschädigung für Nachteile nichtvermögensrechtlicher Art kann gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG ausreichend ist. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist gemäß § 198 Abs. 4 Satz 1 GVG insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend im Sinne des § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalles (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - a.a.O. Rn. 57 und - BVerwG 5 C 27.12 D - a.a.O. Rn. 48, jeweils m.w.N.). Eine schlichte Feststellungsentscheidung ist hier mit Blick auf den Umfang der Verzögerung des vom Schwierigkeitsgrad allenfalls durchschnittlich gelagerten Berufungszulassungsverfahrens nicht ausreichend. Der Umstand, dass das Verfahren für die Kläger keine besondere Bedeutung im entschädigungsrechtlichen Sinne besaß, vermag das Gewicht des durch die Verzögerung von zwei Jahren bedingten immateriellen Nachteils nicht entscheidend zu mindern. cc) Den Klägern ist für den erlittenen immateriellen Nachteil jeweils ein Entschädigungsbetrag von 2 400 € zu zahlen. Eine Minderung dieses Betrages, weil zwei Personen auf Klägerseite auftreten, ist hier nicht gerechtfertigt. Der Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils ist ein personenbezogener Anspruch. Dies legt bereits der Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG nahe. Danach wird angemessen entschädigt, wer infolge der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erlitten hat. Es finden sich dort keine Hinweise dafür, dass mehrere Personen auf Kläger- oder Beklagtenseite hinsichtlich eines Nachteils, der nicht Vermögensnachteil ist, als eine (Personen-)Einheit zu behandeln sind. Gleiches gilt für die Legaldefinition des Verfahrensbeteiligten in § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG, nach der jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger der öffentlichen Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind, Verfahrensbeteiligter ist. Die den Gesetzesmaterialien zu entnehmende Entstehungsgeschichte (vgl. BTDrucks 17/3802 S. 1 und 15) und Zweckbestimmung des § 198 Abs. 1 GVG (vgl. BTDrucks 17/3802 S. 18) bestätigen diesen Befund. Der innerstaatliche Rechtsbehelf gegen überlange Gerichtsverfahren in Form des Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 GVG stellt sich danach als Reaktion auf eine entsprechende Forderung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte dar. Haftungsgrund für den gesetzlich normierten Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Verfahrensdauer in § 198 Abs. 1 GVG ist mithin die Verletzung des in Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 19 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechts eines Verfahrensbeteiligten auf Entscheidung eines gerichtlichen Verfahrens in angemessener Zeit (vgl. Urteile vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 23.12 D - a.a.O. Rn. 38 und - BVerwG 5 C 27.12 D - a.a.O. Rn. 30, jeweils m.w.N.). Der Anspruch auf Rechtsschutz in angemessener Zeit ist als ein Jedermann-Recht konzipiert und steht dementsprechend jeder Person zu, die an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist. Die Bemessung des jeweiligen immateriellen Nachteils richtet sich nach § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG. Danach ist der immaterielle Nachteil in der Regel in Höhe von 1 200 € für jedes Jahr der Verzögerung zu entschädigen. Gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 GVG kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen, wenn der Betrag von 1 200 € nach den Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Es kann offenbleiben, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es aus Billigkeitserwägungen geboten sein kann, bei mehreren Personen auf Kläger- oder Beklagtenseite einen niedrigeren Entschädigungsbetrag als den Regelbetrag für jedes Jahr festzusetzen (vgl. hierzu z.B. EGMR, Urteil vom 15. Februar 2008 - Nr. 38311/02, Kakamoukas u.a./Griechenland - NJW 2009, 655 <656 f.>). Denn bei einer Sachverhaltskonstellation wie der vorliegenden besteht kein Anlass für eine derartige Billigkeitsentscheidung. Die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts geben auch im Übrigen keine Veranlassung, vom Pauschalbetrag abzuweichen. b) Den Klägern steht als Gesamtgläubigern für den durch die Verzögerung entstandenen materiellen Nachteil ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 330,34 € zu. Anspruchsgrundlage ist insoweit § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG, der im Fall des Vorliegens seiner Voraussetzungen gebietet, (auch) für einen materiellen Nachteil angemessene Entschädigung zu leisten. Die notwendigen Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs stellen - entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts - eine Vermögenseinbuße und damit einen materiellen Nachteil im Sinne des § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG dar (vgl. BTDrucks 17/3802 S. 19). Diese Kosten sind auch durch die nicht gerechtfertigte Verzögerung des Berufungszulassungsverfahrens verursacht worden. Die Verzögerung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass die den Klägern in Rechnung gestellten Anwaltskosten für die vorprozessuale Verfolgung des Entschädigungsanspruchs entfielen. Die Kosten sind adäquate Folge der unangemessenen Verfahrensdauer. Zwar besteht - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - keine gesetzliche Pflicht, den Entschädigungsanspruch vor einer Klageerhebung gegenüber dem jeweils haftenden Rechtsträger außergerichtlich geltend zu machen. Die Verfahrensbeteiligten sind aber nach allgemeinen Grundsätzen berechtigt, dies zu tun (vgl. BTDrucks 17/3802 S. 22). Die Entschädigung für materielle Nachteile ist kein Schadensersatz im Sinne der §§ 249 ff. Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -. Sie stellt vielmehr in Anlehnung an § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Schadensausgleich nach enteignungs- und aufopferungsrechtlichen Grundsätzen dar. Es findet damit nur ein Ausgleich der erlittenen Vermögenseinbuße, aber grundsätzlich keine Naturalrestitution statt (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013 - BVerwG 5 C 27.12 D - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen = juris Rn. 54 m.w.N.). Die Vermögenseinbuße der Kläger beläuft sich hier auf die in Rechnung gestellten 330,34 €, für die sie gegenüber ihrem Rechtsanwalt gesamtschuldnerisch gehaftet haben. 3. Der ausschließlich hinsichtlich der Entschädigung des immateriellen Nachteils jeweils geltend gemachte Zinsanspruch der Kläger ist auf die Prozesszinsen zu beschränken. a) Die Kläger können keine Verzugszinsen seit dem 15. Februar 2012, dem Tag nach Ablauf der Zahlungsfrist, die sie der Senatsverwaltung für Finanzen gesetzt haben, beanspruchen. Ein Anspruch auf Verzugszinsen in analoger Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn es sich bei der öffentlich-rechtlichen Forderung um eine Entgeltforderung handelt, d.h. um eine vertragliche Leistungspflicht, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners steht. Denn insoweit besteht kein entscheidender Unterschied zu bürgerlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen (vgl. Urteile vom 30. Juni 2011 - BVerwG 3 C 30.10 - Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 13 Rn. 20 und vom 12. Juni 2002 - BVerwG 9 C 6.01 - BVerwGE 116, 312 <323> = Buchholz 407.2 § 13 EKrG Nr. 3 S. 27, jeweils m.w.N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG als gesetzlicher Anspruch nicht. In allen anderen Fällen können Verzugszinsen bei öffentlich-rechtlichen Geldforderungen nur aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage gefordert werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsrechts, der zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet (vgl. z.B. Urteile vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 = Buchholz 237.4 § 76 HmbBG Nr. 3, jeweils Rn. 46 und vom 12. Juni 2002 a.a.O., jeweils m.w.N.). In Bezug auf den Entschädigungsanspruch nach § 198 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 GVG fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung über die Zahlung von Verzugszinsen. b) Der für den immateriellen Nachteil zuerkannte Entschädigungsbetrag ist jeweils ab Eintritt der Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften der § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Prozesszinsen immer dann zu zahlen, wenn das einschlägige Fachrecht - so wie hier die §§ 198 ff. GVG - keine abweichende Regelung trifft und die Geldforderung - wie hier - eindeutig bestimmt ist (vgl. Urteile vom 26. Juli 2012 a.a.O., jeweils Rn. 47 und vom 12. Juni 2002 a.a.O. <325> bzw. S. 28, jeweils m.w.N.).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020242&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020243
BVerwG
7. Senat
20140220
7 C 8/12
Urteil
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 19. Januar 2012, Az: 12 B 8.11, Urteil vorgehend VG Berlin, 19. November 2010, Az: 10 A 208.08, Urteil
DEU
Die Klägerin wendet sich gegen die Auferlegung einer Zahlungspflicht gemäß § 18 des Gesetzes über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen vom 8. Juli 2004 (BGBl I S. 1578 - im Folgenden: TEHG). Sie betreibt in Hessen am Standort B. eine Feuerungsanlage. Für diese Anlage erstellte sie für das Jahr 2005 einen von einem Sachverständigen geprüften und verifizierten Emissionsbericht. Der Bericht weist Gesamtemissionen der Anlage von 7 361 t Kohlendioxid aus. Eine den geprüften Emissionen entsprechende Anzahl von Emissionsberechtigungen gab sie nicht zum maßgeblichen Stichtag des 30. April 2006, sondern erst am 31. Juli 2006 an die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) ab. Mit Schreiben vom 1. August 2006 wies die Beklagte die Klägerin auf die Verletzung der Abgabepflicht hin und hörte sie zu der beabsichtigten Festsetzung einer Zahlungspflicht an. Die Klägerin berief sich auf das Vorliegen höherer Gewalt. Der nach der internen Aufgabenverteilung für die Rückgabe von Berechtigungen zuständige Mitarbeiter habe das Unternehmen kurzfristig zum 1. November 2005 verlassen. Eine Weisung der Geschäftsleitung an den bisherigen Vertreter, nunmehr alle im Zusammenhang mit dem Emissionshandel bestehenden Verpflichtungen eigenständig wahrzunehmen, habe den Vertreter aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht erreicht. Gleichwohl habe dieser sich noch im ersten Quartal 2006 intern erkundigt, ob Pflichten offen seien. Dies sei von einem anderen Mitarbeiter wohl in der Annahme verneint worden, dass mit der Abgabe des Emissionsberichts auch die entsprechenden Berechtigungen abgegeben worden seien. Ein derartiger Fehler in der "Kommunikationskette" lasse sich in einem großen Unternehmen nie völlig ausschließen. Im Übrigen machte die Klägerin geltend, dass die verschuldensunabhängige Verhängung einer Sanktion gegen Gemeinschafts- und Verfassungsrecht verstoße. Mit Bescheid vom 7. Dezember 2007 setzte die Beklagte eine Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG in Höhe von 294 440 € fest. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobene Klage mit Urteil vom 19. November 2010 abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 19. Januar 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG für die Festsetzung einer Zahlungspflicht seien erfüllt. Die Klägerin habe ihre Abgabepflicht aus § 6 Abs. 1 TEHG verletzt. Sie habe zum maßgeblichen Stichtag des 30. April 2006 keine Emissionsberechtigungen abgegeben. Ein Fall höherer Gewalt im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG liege nicht vor. Die dargelegten betriebsinternen Kommunikationsschwierigkeiten habe die Klägerin bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vermeiden können und müssen. Im Übrigen habe die Beklagte nach ihren erstinstanzlichen Angaben alle Anlagenbetreiber noch einmal gesondert vor Ablauf der Abgabefrist per E-Mail vom 3. und 21. April 2006 auf die sanktionsbewehrte Erfüllung der Abgabepflicht hingewiesen. Diesem Vorbringen sei die Klägerin nicht entgegengetreten. Die verschuldensunabhängige Ausgestaltung des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG verstoße nicht gegen den Grundsatz "nulla poena sine culpa". Bei der Festsetzung der Zahlungspflicht handele es sich weder um eine strafrechtliche noch um eine strafähnliche Maßnahme. Die Zahlungspflicht diene nach der amtlichen Überschrift des § 18 TEHG der Durchsetzung der Abgabepflicht. Der Gesetzgeber habe die Androhung einer Zahlungsverpflichtung ausdrücklich als eine präventive Verwaltungsmaßnahme angesehen (BTDrucks 15/2328 S. 16). Nach seinem Willen solle das präventive Inaussichtstellen einer Zahlungspflicht nicht an ein vorwerfbares Verhalten anknüpfen, sondern - dem marktwirtschaftlichen Ansatz des gesamten Emissionshandelssystems folgend - einen zusätzlichen wirtschaftlichen Anreiz zur Durchsetzung des Emissionshandels darstellen. Anders als eine zumindest strafähnliche Maßnahme weise § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG damit einen deutlich zukunftsbezogenen Charakter auf. Die Ausgestaltung des § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Da sich nur schwer abschätzen lasse, bei welcher Höhe eine Sanktion tatsächlich wirksame und abschreckende Wirkung entfalte, müsse dem Richtlinien- und Gesetzgeber insoweit ein Prognose- bzw. Ermessensspielraum zugestanden werden. Dass dieser Spielraum überschritten wäre, sei weder substantiiert dargetan noch ersichtlich. Für eine unverhältnismäßige wirtschaftliche Belastung im konkreten Einzelfall habe zu Recht bereits das Verwaltungsgericht keine Anhaltspunkte gesehen. Die Klägerin hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt, dass die in § 18 Abs. 1 TEHG vorgesehenen Strafzahlungen den verfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz missachteten, in ihrer Höhe gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit und gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstießen und somit insgesamt Art. 20 Abs. 3 GG verletzten. § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG sei eine Strafnorm. Die Vorschrift bezwecke eine abschreckende Wirkung; sie diene nicht der Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustands oder der Wiedergutmachung eines Schadens, sondern sei ein geradezu klassischer Ausdruck vergeltender Gerechtigkeit. Ihre Kategorisierung durch den Gesetzgeber sei irrelevant. Unabhängig hiervon verstoße das Urteil gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch bei generalpräventiven Verwaltungsmaßnahmen gebiete das Übermaßverbot, die strafbegründende Schuld unter Beachtung aller Umstände anhand konkreter Tatsachen zu ermitteln und zu berücksichtigen. Die Einordnung der Zahlungspflicht als "Verwaltungsmaßnahme eigener Art" sei im Übrigen mit dem Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 Abs. 3 GG bzw. - für das Strafrecht - Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar. Das Unionsrecht stehe einer grundrechtskonformen Umsetzung des Art. 16 Abs. 3 EH-RL nicht entgegen. Die Klägerin beantragt, die Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. November 2010 und des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. Januar 2012 sowie den Bescheid vom 7. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Juli 2008, soweit darin eine Zahlungspflicht festgesetzt wird, aufzuheben. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf einer Verletzung revisiblen Rechts. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Auferlegung der Zahlungspflicht ist § 18 Abs. 1 TEHG. 1. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Die Klägerin hat die aus § 6 Abs. 1 TEHG folgende Pflicht verletzt, bis zum 30. April 2006 eine Anzahl von Berechtigungen abzugeben, die den durch den Betrieb ihrer Anlage im Jahr 2005 verursachten Emissionen entspricht. Einen Fall höherer Gewalt, in dem gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG von der Festsetzung einer Zahlungspflicht abgesehen werden kann, liegt unstreitig nicht vor. Die Höhe der Zahlungspflicht ist - ausgehend von 40 € für jede emittierte Tonne Kohlendioxidäquivalent - richtig berechnet. 2. § 18 Abs. 1 TEHG dient der Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl EU Nr. L 275 S. 32 - im Folgenden: EH-RL). Nach dieser Vorschrift haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Betreibern, die nicht bis zum 30. April jeden Jahres eine ausreichende Anzahl von Zertifikaten zur Abdeckung ihrer Emissionen im Vorjahr abgeben, eine Sanktion wegen Emissionsüberschreitung auferlegt wird; die Sanktion beträgt für jede von der Anlage ausgestoßene Tonne Kohlendioxidäquivalent, für die der Betreiber keine Zertifikate abgegeben hat, 100 €, während der ersten Handelsperiode 40 €. Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL ist mit höherrangigem Unionsrecht, insbesondere mit dem unionsrechtlich gewährleisteten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, vereinbar. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 17. Oktober 2013 (Billerud - C-203/12 - NVwZ 2013, 1536, Rn. 22) entschieden, dass die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung ungeachtet der Ursache der Nichtabgabe oder der Anzahl der Zertifikate, über die die betreffenden Betreiber tatsächlich verfügen, zu verhängen ist. Die Höhe der pauschalen Sanktion darf nicht unter Berufung auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit angepasst werden (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 42). Der Gerichtshof hat die Sanktion auch in der für die erste Handelsperiode maßgebenden Höhe von 40 € pro Tonne nicht beanstandet (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 40). Die Auferlegung einer Zahlungspflicht in starrer, von den Gründen für die Nichtabgabe der Zertifikate unabhängiger Höhe ist hiernach mit den im maßgebenden Zeitpunkt bei Erlass der EH-RL (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 37) auf europäischer Ebene gewährleisteten Grundrechten und den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts vereinbar. Der gegenteiligen Auffassung des Generalanwalts (Schlussanträge des Generalanwalts Paolo Mengozzi vom 16. Mai 2013 <noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht>) ist der Gerichtshof nicht gefolgt. Das Vorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass, dem Gerichtshof die Frage der Vereinbarkeit des Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL mit höherrangigem Unionsrecht erneut vorzulegen. 3. Soweit § 18 Abs. 1 TEHG zwingende Vorgaben des Unionsrechts umsetzt, scheidet eine Überprüfung der Vorschrift am Maßstab des deutschen Verfassungsrechts, insbesondere der Grundrechte des Grundgesetzes, grundsätzlich aus (Urteile vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 7 C 8.10 - Buchholz 406.255 § 20 ZuG 2012 Nr. 1 Rn. 32 und vom 30. Juni 2005 - BVerwG 7 C 26.04 - BVerwGE 124, 47 <56 ff.> = Buchholz 451.91 Europ UmweltR Nr. 19 S. 104 <111 ff.>; BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <95> und Kammerbeschluss vom 14. Mai 2007 - 1 BvR 2036/05 - NVwZ 2007, 942 Rn. 8). An die Stelle der inzidenten Kontrolle am Maßstab des deutschen Rechts tritt jene am Maßstab europäischen Rechts (Urteil vom 30. Juni 2005 a.a.O. S. 57 bzw. S. 112). a) Spielraum bei der Umsetzung von Art. 16 Abs. 3 und 4 EH-RL verbleibt den Mitgliedstaaten nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 17. Oktober 2013 nur in sehr engen Grenzen. Zum einen können die Mitgliedstaaten - unter den im Urteil dargelegten Voraussetzungen (a.a.O. Rn. 31) - Fälle höherer Gewalt anerkennen. Von dieser Möglichkeit hat Deutschland in § 18 Abs. 1 Satz 2 TEHG Gebrauch gemacht. Höhere Gewalt lag jedoch hier unstreitig nicht vor. Zum anderen steht es den Mitgliedstaaten frei, Mechanismen zur Mahnung, Aufforderung und vorzeitigen Abgabe einzuführen, durch die gutgläubige Betreiber umfassend über ihre Abgabepflicht informiert werden und so der Gefahr einer Sanktion entgehen können (Urteil vom 17. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 41). Das TEHG enthält derartige Mechanismen nicht. Ihre Einführung ist durch den bundesverfassungsrechtlich insoweit allein in Betracht kommenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedoch auch nicht geboten. Der maßgebende Abgabezeitpunkt ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 6 Abs. 1 TEHG). Mehr Klarheit ist auch durch eine Erinnerung oder Mahnung nicht zu erreichen. Ein vor dem Abgabezeitpunkt erfolgender Hinweis auf die Folgen einer Fristversäumung könnte ebenfalls nur das wiederholen, was sich bereits unmissverständlich aus dem Gesetz ergibt; Spielräume bestehen bei der Festlegung der Zahlungspflicht nicht. Dass sie über ihre Abgabepflicht und deren Sanktionsbewehrung nicht hinreichend informiert worden sei, macht die Klägerin im Übrigen selbst nicht geltend. Die Beklagte hat vorgetragen, die DEHSt habe u.a. die Klägerin per E-Mail vom 3. und 21. April 2006 auf die sanktionsbewehrte Erfüllung der Abgabepflicht gesondert hingewiesen. Die Klägerin ist diesem Vortrag nicht entgegengetreten (Urteil des Oberverwaltungsgerichts S. 8). b) Ob, soweit die Vorgaben des Unionsrechts zwingend sind, eine Überprüfung der deutschen Umsetzung auch am Maßstab der sogenannten Wesensgehaltsgarantie (Art. 19 Abs. 2 GG) ausscheidet, kann offen bleiben. Für die von der Klägerin ohne weitere Substantiierung behauptete Verletzung der Wesensgehaltsgarantie gibt es keine Anhaltspunkte. Jedenfalls der Schuldgrundsatz dürfte von dem Ausschluss der Überprüfung am Maßstab des deutschen Verfassungsrechts jedoch nicht umfasst sein. Der Grundsatz, dass jede Strafe Schuld voraussetzt, hat nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seine Grundlage in der Menschenwürdegarantie des Art. 1 Abs. 1 GG; das Schuldprinzip gehört zu der wegen Art. 79 Abs. 3 GG unverfügbaren Verfassungsidentität, die auch vor Eingriffen durch die supranational ausgeübte öffentliche Gewalt geschützt ist (BVerfG, Urteil vom 30. Juni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerfGE 123, 267 <413>). Hat die Maßnahme eines Organs der Europäischen Union Auswirkungen, die die durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Verfassungsidentität berühren, so ist sie in Deutschland von vornherein unanwendbar (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2014 - 2 BvR 2728/13 u.a. - EuGRZ 2014, 141 Rn. 27). Mit dem bundesverfassungsrechtlichen Schuldgrundsatz ist § 18 Abs. 1 TEHG jedoch vereinbar. Der Grundsatz "Keine Strafe ohne Schuld" (nulla poena sine culpa) gebietet, dass Strafen oder strafähnliche Sanktionen in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen. Straftatbestand und Strafrechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein. Der Schuldgrundsatz schließt die strafende oder strafähnliche Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters aus (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95 - BVerfGE 110, 1 <13> m.w.N.). Die im Einzelfall verhängte Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Maß der Schuld des Täters stehen (BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 - 2 BvR 794/95 - BVerfGE 105, 135 <154> m.w.N.). Diese Anforderungen gelten nicht für alle Arten von Sanktionen, sondern nur für Strafen und strafähnliche Maßnahmen. Die Strafe ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, dass sie - wenn nicht ausschließlich, so doch auch - auf gerechte Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. - NJW 2013, 1058 Rn. 54 m.w.N.). Strafähnlich ist eine Maßnahme nicht schon dann, wenn sie mit einer Einbuße an Freiheit oder Vermögen verbunden ist und damit faktisch die Wirkung eines Übels entfaltet. Bei der Beurteilung des pönalen Charakters einer Rechtsfolge sind vielmehr weitere, wertende Kriterien heranzuziehen, insbesondere der Rechtsgrund der Anordnung und der vom Gesetzgeber mit ihr verfolgte Zweck (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 a.a.O. <13 f.>). In der Literatur werden - mit unterschiedlicher Gewichtung - verschiedene Zielrichtungen der Zahlungspflicht herausgearbeitet, die wegen ihrer Vielgestaltigkeit eine Einordnung der Sanktion in das herkömmliche Sanktionensystem erschweren. Einige Autoren rücken den präventiven Charakter der Zahlungspflicht in den Vordergrund (Frenz, Emissionshandelsrecht, 3. Aufl. 2012, § 30 Rn. 6; Maslaton, TEHG - Handkommentar, 2005, § 18 Rn. 7; Schweer/von Hammerstein, TEHG, 2004, §§ 17, 18 Rn. 1), verstehen § 18 Abs. 1 TEHG wegen der Anknüpfung an die in der Vergangenheit liegende Verletzung der Abgabepflicht jedoch teilweise gleichwohl als Norm des Vollstreckungsrechts (Maslaton, a.a.O. Rn. 8; Schweer/von Hammerstein, a.a.O.). Hiergegen wird eingewandt, dass die nachträgliche Abgabe der Berechtigungen die Zahlungspflicht nicht entfallen lasse; die Zahlungspflicht sei deshalb eher den Säumniszuschlägen und Säumniszinsen des Steuerrechts vergleichbar (Vierhaus, in: Körner/Vierhaus, TEHG, 2005, § 18 Rn. 2). Wieder andere sehen die Zahlungspflicht als Sanktion eigener Art, der materiell Strafcharakter zukomme (Beyer, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band II, § 18 TEHG Rn. 2), oder als Bußgeld eigener Art (Marr, EurUP 2004, 10 <18>). Dass § 18 Abs. 1 TEHG gegen das Schuldprinzip verstoße, hat keiner der genannten Autoren angenommen. Das Oberverwaltungsgericht hat § 18 Abs. 1 TEHG zu Recht nicht als Strafnorm oder strafähnliche Vorschrift qualifiziert. Die Zahlungspflicht ist keine Strafe, sondern ein auf Prävention angelegtes Druck- und Zwangsmittel zur Durchsetzung der Abgabepflicht nach § 6 Abs. 1 TEHG. Sie ist insoweit der Zahlungspflicht nach § 31b PartG bei Unrichtigkeiten im Rechenschaftsbericht einer Partei (vgl. Urteile vom 12. Dezember 2012 - BVerwG 6 C 32.11 - BVerwGE 145, 194 = Buchholz 150 § 24 PartG Nr. 1, jeweils Rn. 65 und vom 25. April 2013 - BVerwG 6 C 5.12 - BVerwGE 146, 224 = Buchholz 150 § 25 PartG Nr. 2, jeweils Rn. 46), dem Zwangsgeld zur Durchsetzung von Beförderungsentgelten nach § 74 Abs. 2 AuslG i.d.F. des Gesetzes vom 3. Dezember 2001 (BGBl I S. 3306; vgl. Urteil vom 21. Januar 2003 - BVerwG 1 C 5.02 - BVerwGE 117, 332 = Buchholz 402.240 § 74 AuslG Nr. 3 S. 7) und den Säumniszuschlägen nach § 240 Abs. 1 AO (vgl. BFH, Urteile vom 17. Januar 1964 - I 256/59 U - BFHE 79, 385 <juris Rn. 20> und vom 17. Juli 1985 - I R 172/79 - BFHE 145, 1 <juris Rn. 5>) vergleichbar, auf die das Schuldprinzip ebenfalls nicht anwendbar ist. § 18 Abs. 1 Satz 1 TEHG knüpft die Sanktion an einen rein objektiven Tatbestand an. Die Zahlungspflicht ist festzusetzen, wenn ein Anlagenbetreiber seiner Pflicht, rechtzeitig eine ausreichende Anzahl von Berechtigungen zur Abdeckung seiner Emissionen im Vorjahr abzugeben (§ 6 Abs. 1 TEHG), nicht nachkommt. Wenn der Zahlungsbescheid bestandskräftig ist, ist gemäß § 18 Abs. 4 TEHG zudem der Name des Verantwortlichen im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. In ihrer allein an die nicht rechtzeitige Abgabe von Berechtigungen anknüpfenden Ausgestaltung unterscheiden sich die Sanktionen zur Durchsetzung der Abgabepflicht nach § 18 TEHG von den Ordnungswidrigkeitentatbeständen des § 19 TEHG, die neben einem objektiven Pflichtenverstoß ein vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln voraussetzen. Ein sozialethisches Unwerturteil ist mit der Festsetzung der Zahlungspflicht nach § 18 Abs. 1 TEHG - anders als mit der Ahndung einer Ordnungswidrigkeit nach § 19 TEHG - nicht verbunden. Die Festsetzung der Zahlungspflicht wird auch nicht in ein Strafregister eingetragen. Ihre Inaussichtstellung soll Verstöße gegen die Abgabepflicht verhindern. Sie wirkt dem Anreiz entgegen, die Abgabe der Zertifikate aus ökonomischen Gründen bewusst zu verzögern, z.B. um von fallenden Zertifikatspreisen zu profitieren. Zudem hält sie dazu an, bei der Erfüllung der Abgabepflicht besondere Sorgfalt walten zu lassen. Die Gesetzgebungsmaterialien bestätigen diese Auslegung. Der Gesetzentwurf bezeichnet die Zahlungsverpflichtung als präventive Verwaltungsmaßnahme, die nicht an ein vorwerfbares Verhalten anknüpft, sondern einen zusätzlichen wirtschaftlichen Anreiz zur Durchsetzung des Emissionshandels darstellt und damit dem marktwirtschaftlichen Ansatz des gesamten Emissionshandels folgt (BTDrucks 15/2328 S. 16). Der erste Referentenentwurf, der die Sanktion wegen Emissionsüberschreitung noch als Ordnungswidrigkeit mit starrem Bußgeld ausgestaltete, wurde nicht weiter verfolgt. Der Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission sah bei Verstößen gegen die Abgabepflicht die Verhängung einer "Strafe" bzw. "Geldstrafe" vor (Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Rahmen für den Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates KOM<2001> 581 S. 5, 15 f.). In der englischen Fassung des Entwurfs wurde - wie später in der Richtlinie - der Begriff "penalty" verwendet. Dies ist ein weiter Begriff, der nicht nur Strafen und Bußgelder, sondern Sanktionen aller Art umfasst. Bereits im Kommissionsentwurf wurde dargelegt, entscheidend sei, dass die "Strafe" für die Nichteinhaltung so hoch sei, dass Betreiber nicht darauf verzichteten, die tatsächlichen Emissionen ihrer Anlage durch eine ausreichende Zahl von Berechtigungen abzudecken. So sei bei Schwefelemissionen in den USA eine sehr gute Beachtung der Auflagen zu beobachten, weil die "Strafen" bei Nichteinhaltung so hoch seien (KOM<2001> 581 S. 15 f.). Auch nach der EH-RL war die "excess emissions penalty" mithin von vornherein ein auf Prävention angelegtes Druck- und Zwangsmittel. Dass die Sanktion - insoweit einer Strafe vergleichbar - an einen in der Vergangenheit liegenden Verstoß gegen die Abgabepflicht anknüpft, und dass auch eine Strafe neben der Vergeltung der Abschreckung dient, stellt den präventiven Charakter der Zahlungspflicht nicht in Frage. Wesentlich für eine Strafnorm ist der rechtsethische Schuldvorwurf. Ein solcher Vorwurf ist mit der Festsetzung der Zahlungspflicht - wie dargelegt - nicht verbunden.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020243&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020245
BVerwG
8. Senat
20140211
8 C 49/12
Urteil
§ 1 Abs 7 VermG, § 2 Abs 1 VermG, § 86 Abs 1 VwGO, § 438 Abs 1 ZPO, § 438 Abs 2 ZPO
vorgehend VG Gera, 23. August 2012, Az: 6 K 610/11 Ge, Urteil nachgehend VG Gera, 8. Oktober 2015, Az: 6 K 359/14 Ge, Urteil
DEU
Zu den Voraussetzungen des Restitutionsanspruchs nach § 1 Abs. 7 VermG, hier: Zusammenhang zwischen Einziehung und Entziehung
Der Restitutionsanspruch nach § 1 Abs. 7 VermG setzt nicht voraus, dass die in dem aufgehobenen Strafurteil eines sowjetischen Militärtribunals in der sowjetischen Besatzungszone verfügte Vermögenseinziehung den entzogenen Vermögensgegenstand konkret bezeichnete. Zwischen der in dem Strafurteil verfügten Einziehung und der tatsächlichen Entziehung des Vermögensgegenstandes muss jedoch ein ursächlicher Zusammenhang bestanden haben. Das gilt auch, wenn der Vermögensgegenstand im Miteigentum eines Dritten stand.
Die Klägerinnen wenden sich als Verfügungsberechtigte gegen die vom Beklagten festgestellte vermögensrechtliche Berechtigung der Beigeladenen hinsichtlich eines bei B. (Thüringen) gelegenen früheren land- und forstwirtschaftlichen Gutes ("K."), das 1947/48 in der sowjetischen Besatzungszone enteignet wurde. Die Beigeladenen sind Rechtsnachfolger der Mitglieder einer Erbengemeinschaft nach dem im Jahre 1940 verstorbenen früheren Eigentümer (Max Robert G.) dieses ca. 72 ha großen Gutes. Diesem gehörte auch der etwa 2 km entfernt in B. gelegene (damalige) "E." mit einer land- und forstwirtschaftlichen Fläche von ca. 112 ha. Max Robert G. hatte fünf Kinder, nämlich die Söhne Herbert (gest. 1948), Hans-Dietrich (gest. 1951), Hartmut (gest. 1995) und Dr. Irmfried (Immo) G. (gest. 2003) sowie die Tochter Hildegund W. geb. G. (gest. 2011). Entsprechend seiner Verfügung von Todes wegen wurde sein Sohn Hans-Dietrich (Dieter) nach § 25 Abs. 1 Erbhofgesetz Anerbe des "E.". Nach dem Erbschein des Amtsgerichts B. vom 21. Februar 1942 wurde Max Robert G. bezüglich seines übrigen Nachlasses testamentarisch von seinen anderen Kindern zu je einem Viertel beerbt. Der seinerzeit zur Erbengemeinschaft gehörende Sohn Herbert wurde in der sowjetischen Besatzungszone von dem sowjetischen Militärtribunal Thüringen mit Urteil vom 15. August 1946 zu 10 Jahren Freiheitsentzug mit Einziehung des Vermögens verurteilt. Mit Bescheid vom 2. August 1999 lehnte das Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen - im Folgenden: Landesamt - den 1990 gestellten Antrag der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgänger auf Rückübertragung und auf Entschädigung für die Entziehung des ehemaligen land- und forstwirtschaftlichen Unternehmens ("Gut B. mit Hof K.") gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG mit der Begründung ab, die Vermögenswerte seien auf besatzungshoheitlicher Grundlage entzogen worden. Über einen etwaigen Anspruch auf Ausgleichsleistung nach dem Ausgleichsleistungsgesetz solle ein gesonderter Bescheid ergehen. Eine Restitution nach § 1 Abs. 7 VermG scheide aus, da der durch das Urteil des sowjetischen Militärtribunals vom 15. August 1946 erfolgte Eigentumsentzug nicht durch die zuständigen russischen Stellen aufgehoben worden sei. Unter Hinweis auf eine beigefügte Bescheinigung vom 20. März 2002 über eine strafrechtliche Rehabilitierung durch die russische Generalstaatsanwaltschaft beantragte der Rechtsvorgänger des Beigeladenen zu 1 am 10. September 2002 das Wiederaufgreifen des vermögensrechtlichen Verfahrens bezüglich der beiden Güter ("E." und "K.") und machte unter Bezugnahme auf bereits zuvor gestellte Anträge erneut einen vermögensrechtlichen Restitutionsanspruch nach § 1 Abs. 7 VermG geltend. Mit Bescheid vom 19. Juli 2007 stellte der Beklagte daraufhin die vermögensrechtliche Berechtigung der Erbengemeinschaft nach Max Robert G. hinsichtlich der ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmen "E." und "K." fest (Nr. 1). Die Rückübertragung der ehemaligen Unternehmen sei ausgeschlossen (Nr. 2). Den Berechtigten stehe ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz zu; dazu ergehe noch ein gesonderter Bescheid (Nr. 3). Über die Rückübertragung der Grundstücke werde ebenfalls durch gesonderten Bescheid entschieden (Nr. 4). Nachdem die Klägerinnen gegen diesen Bescheid beim Verwaltungsgericht Gera Klage eingereicht hatten, hob der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 13. April 2010 in Nr. 1 die Regelung in Nr. 1 des Bescheides vom 19. Juli 2007 auf, soweit dort die Berechtigung der Erbengemeinschaft nach Max Robert G. hinsichtlich des "E." festgestellt wurde; ferner nahm er in Nr. 2 die Entscheidungen in den Nr. 2 und 3 des Bescheides vom 19. Juli 2007 zurück, soweit der Rückübertragungsausschluss und ein Entschädigungsanspruch für dieses Gut festgestellt worden war. Die gegen diesen Änderungsbescheid erhobene Klage der Beigeladenen hat das Verwaltungsgericht Gera mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 23. August 2012 abgewiesen. In ihrem gegen den Feststellungsbescheid vom 19. Juli 2007 eingeleiteten Klageverfahren haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht das Verfahren für erledigt erklärt, soweit durch den Änderungsbescheid vom 13. April 2010 ihrer Klage entsprochen worden ist. Das Verwaltungsgericht hat daraufhin das Verfahren insoweit eingestellt und die Klage im Übrigen mit dem hier angegriffenen Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Feststellungsbescheid des Beklagten vom 19. Juli 2007 in der Fassung des Teilrücknahmebescheides vom 13. April 2010 sei rechtmäßig und verletze die Klägerinnen nicht in ihren Rechten. Der Beklagte habe das mit Erlass des bestandskräftigen Bescheides vom 2. August 1999 bereits abgeschlossene Verwaltungsverfahren zu Recht wieder aufgenommen. Er habe zutreffend festgestellt, dass nicht der gesamte landwirtschaftliche Besitz des 1940 verstorbenen Max Robert G., sondern nur der "E." einer Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nach § 1 Abs. 8a VermG unterlegen habe. Hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes "K." habe der Beklagte im angegriffenen Bescheid vom 19. Juli 2007 zutreffend die Berechtigung der Beigeladenen in Erbengemeinschaft festgestellt, da der ablehnende Bescheid vom 2. August 1999 bezüglich dieses Betriebes nach Vorlage der Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 rechtswidrig geworden sei. Die Beigeladenen hätten Anspruch auf Feststellung ihrer Berechtigung, was nach § 6 Abs. 6a VermG die Möglichkeit der Rückübertragung der Unternehmensgrundstücke eröffne. Die 2002 erfolgte Rehabilitierung des durch ein sowjetisches Gericht in der sowjetischen Besatzungszone zu einer Freiheitsstrafe und zur Einziehung seines Vermögens verurteilten, im Jahre 1948 verstorbenen Herbert G. sei rechtswirksam. Es bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Rehabilitierungsbescheinigung vom März 2002 mit unlauteren Mitteln erlangt worden sei. Die Einwände der Klägerinnen gegen die Wirksamkeit der Urkunde begründeten auch keinen weiteren Aufklärungsbedarf und seien spekulativ. Beide in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge seien abzulehnen gewesen. Die Enteignung des damaligen Gutes "K." sei in Vollstreckung des strafgerichtlichen Urteils gegen Herbert G. erfolgt und habe auch seine in strafrechtlicher Hinsicht unbeteiligten Geschwister getroffen. Zwar sei weder in dem Urteil des sowjetischen Militärtribunals noch in den dazugehörigen Strafakten der Umfang des enteigneten Vermögens von Herbert G. konkretisiert worden. Es sei zur Begründung der erforderlichen Verknüpfung zwischen dem Ausspruch des strafgerichtlichen Vermögenseinzuges und der tatsächlich erfolgten Enteignung aber ausreichend, dass der Umfang der Einziehung erst im Nachgang durch russische Militärbehörden, nämlich der unter Kontrolle der Sowjetischen Militäradministration Thüringen stehenden zuständigen örtlichen Militärkommandanten, bestimmt worden sei. Mit der Aufhebung des Urteils des sowjetischen Militärtribunals durch die zuständige russische Rehabilitierungsstelle sei die Einziehung und Enteignung des Gutes "K." in Gänze entfallen. Dies gelte unabhängig davon, dass die übrigen von der Vermögenseinziehung betroffenen Miterben nicht in der Rehabilitierungsentscheidung genannt worden seien. Entscheidend sei, dass der Rehabilitierung im Wege der Auslegung zu entnehmen sei, dass der Verlust des streitbefangenen Vermögenswertes als rechtsstaatswidrig angesehen werde und daher nach dem Willen der entscheidenden Stelle keinen Bestand mehr haben solle. Zur Begründung ihrer Revision tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor: Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass keine Rehabilitierungsentscheidung zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem früheren Eigentümer Max Robert G. ergangen sei. Außerdem sei das Urteil verfahrensfehlerhaft zustande gekommen; denn es verstoße gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO), gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Sie beantragen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 23. August 2012 zu ändern und Ziffer 1 des Bescheides des Beklagten vom 19. Juli 2007 auch insoweit aufzuheben, als das ehemalige landwirtschaftliche Unternehmen B. "K." hinsichtlich solcher Vermögenswerte betroffen ist, die in der Verfügungsbefugnis der Klägerinnen stehen. Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Revision ist begründet. Das angegriffene Urteil verstößt allerdings nicht gegen § 1 Abs. 7 VermG (1.). Es beruht jedoch auf einem Verfahrensfehler, weil das Verwaltungsgericht einen Beweisantrag der Klägerinnen aus Gründen abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze finden (2.). Das Urteil ist deshalb aufzuheben und der Rechtsstreit ist zur weiteren Sachverhaltsaufklärung sowie zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. 1. Entgegen der Auffassung der Klägerinnen verstößt das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht gegen § 1 Abs. 7 VermG. Nach dieser Regelung gelten die Vorschriften des Vermögensgesetzes entsprechend für die Rückgabe von Vermögenswerten, die im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften erfolgten Aufhebung rechtsstaatswidriger straf-, ordnungsstraf- oder verwaltungsrechtlicher Entscheidungen steht. a) Die Bestimmungen des russischen Rehabilitierungsgesetzes sind "andere Vorschriften" im Sinne des § 1 Abs. 7 VermG. Aufgrund dieser Vorschriften ausgestellte Rehabilitierungsbescheinigungen der zuständigen russischen Behörden sind geeignet, die Aufhebung rechtsstaatswidriger strafrechtlicher Entscheidungen im Sinne der Regelung nachzuweisen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. Urteile vom 25. Februar 1999 - BVerwG 7 C 9.98 - BVerwGE 108, 315 <321> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 1 S. 5 und vom 25. September 2002 - BVerwG 8 C 41.01 - BVerwGE 117, 76 <77 f.> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 11 S. 41). b) Die Klägerinnen rügen zu Unrecht, § 1 Abs. 7 VermG könne hier deshalb nicht zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem 1940 verstorbenen Alteigentümer Max Robert G. herangezogen werden, weil das allein gegen Herbert G. ergangene Strafurteil des sowjetischen Militärtribunals (SMT) vom 15. August 1946 nur das Eigentum des Verurteilten eingezogen habe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rückgabe eines Vermögenswertes auf der Grundlage von § 1 Abs. 7 VermG, dass die durch das SMT-Urteil bewirkte Einziehung den konkreten Vermögensgegenstand in tatsächlicher Hinsicht erfasste. Das Urteil muss Ursache für den Vermögensverlust gewesen sein. Erst wenn ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Strafurteil und dem tatsächlichen Zugriff auf den Vermögenswert fehlt, ist der Ausspruch der Vermögenseinziehung in dem Strafurteil wirkungslos geblieben (vgl. u.a. Urteil vom 29. Juni 2006 - BVerwG 7 C 18.05 - BVerwGE 126, 213 <216> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 17 Rn. 11). Ein tatsächlicher Zugriff im Zusammenhang mit dem Einziehungsurteil setzt nicht voraus, dass das SMT-Urteil den konkreten Vermögensgegenstand im Tenor unmittelbar bezeichnete. Erforderlich ist, wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 7 VermG ergibt, ein hinreichender Zusammenhang zwischen der Entscheidung über die Vermögenseinziehung im Urteil des Militärtribunals einerseits und der Vermögensentziehung andererseits. Die Entscheidung des Militärtribunals über die Einziehung des Vermögens muss Grundlage und Voraussetzung der Vermögensentziehung gewesen sein und in der Folge auch tatsächlich zu dieser geführt haben (vgl. Beschluss vom 21. August 2001 - BVerwG 8 B 123.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 7 S. 27 = juris Rn. 12 a.E.). Das gilt auch dann, wenn der entzogene Vermögenswert zugleich im Miteigentum Dritter stand. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass sich auch Drittbetroffene einer durch Urteil eines russischen Militärtribunals erfolgten Vermögenseinziehung auf § 1 Abs. 7 VermG stützen können. Auch mit Blick auf den Dritten muss der Vermögensentzug nicht unmittelbar durch das SMT-Urteil erfolgt sein. Vielmehr genügt auch dann, dass es im Zusammenhang mit der rechtsstaatswidrigen Entscheidung zu einer Vermögenseinziehung gekommen war (vgl. Urteile vom 25. September 2002 a.a.O. S. 79 f. bzw. S. 43 f. m.w.N. und vom 6. August 2008 - BVerwG 8 C 2.08 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 19 Rn. 15 ff.; Beschluss vom 21. August 2001 a.a.O. S. 27 = juris Rn. 12). Hiergegen kann nicht eingewendet werden, dass der Zugriff auf das Eigentum Dritter von dem Strafausspruch gegen den Verurteilten nicht gedeckt sei. Auch dies entspricht den Anforderungen des sogenannten faktischen Enteignungsbegriffs, wonach ein der Wiedergutmachung bedürftiger und zugänglicher Vermögensverlust vorliegt, wenn der Vermögenswert dem Eigentümer tatsächlich in der Rechtswirklichkeit greifbar entzogen worden ist. Diesen Enteignungsbegriff hat das Bundesverwaltungsgericht im Vermögensrecht im Hinblick auf den Zweck der Restitutionsregelungen des Vermögensgesetzes zugrunde gelegt und angewandt, um dem geschädigten Eigentümer im Wege der Wiedergutmachung auch solche Vermögenswerte zurückgeben zu können, die ihm ungeachtet etwaiger Rechtsmängel jedenfalls faktisch entzogen wurden (Urteile vom 6. April 1995 - BVerwG 7 C 5.94 - BVerwGE 98, 137 <141> = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 42 S. 105 und vom 28. Januar 1999 - BVerwG 7 C 10.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 8 VermG Nr. 1 S. 4 = juris Rn. 15). Steht im Regelungszusammenhang des § 1 Abs. 7 VermG fest, dass ein rechtsstaatswidriges - und später deshalb aufgehobenes - Urteil des sowjetischen Militärtribunals mit seiner Entscheidung über die Einziehung des Vermögens des Verurteilten ursächliche Voraussetzung für eine nachfolgende tatsächliche Einziehung des Vermögens Dritter war, sind die Voraussetzungen des faktischen Enteignungsbegriffs erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat einen solchen ursächlichen Wirkungszusammenhang zwischen dem Urteil des sowjetischen Militärtribunals vom 15. August 1946 und der Einziehung der in Rede stehenden Grundstücke des Gutes "K." rechtsfehlerfrei bejaht. Es ist in tatsächlicher Hinsicht zu der Feststellung gelangt, dass die Enteignung der Erbengemeinschaft nach Max Robert G. hinsichtlich der Vermögenswerte des ehemaligen Gutes "K." in Vollzug dieses gegen Herbert G. ergangenen Strafurteils vorgenommen wurde. Denn nicht nur der Miterbe Herbert G., sondern die gesamte Erbengemeinschaft wurde im Zusammenwirken sowjetischer Militärbehörden und anderer staatlicher Stellen 1947/48 zur Vollstreckung des Militärtribunalurteils vollständig und endgültig aus ihrem Eigentum an den Grundstücken der "K." verdrängt. Während vor dem 15. August 1946, dem Zeitpunkt des Strafurteils, ein tatsächlicher Zugriff auf die Vermögenswerte der "K." nicht feststellbar war, belegen nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die in den Akten befindlichen Unterlagen über das Vorgehen der sowjetischen Militärbehörden und der damit befassten weiteren Stellen in der damaligen sowjetischen Besatzungszone eine Enteignung dieses landwirtschaftlichen Betriebes gerade wegen der strafrechtlichen Verurteilung von Herbert Gerstenhauer. Das Verwaltungsgericht stützt sich insoweit insbesondere auf das Schreiben an die sowjetische Kreiskommandantur A. vom 1. Februar 1947, das Schreiben an den Landesausschuss der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe vom 15. Februar 1947 und die Aufstellung vom 2. April 1947 sowie auf den Befehl des Garde-Generalmajors Kolesnitschenko vom 3. März 1947, die Verfügung des Militärkommandanten des Landkreises Weimar, Gardemajor Michailow, vom 2. April 1947 und das Schreiben der Landeskommission zur Durchführung der Bodenreform vom 24. November 1947. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht daraus, dass das damalige Gut "K." nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Gefolge der Anordnung der Landeskommission zur Durchführung der Bodenreform vom 11. März 1947 in den Bodenfonds aufzunehmen und aufzuteilen war. Das entsprach einer damals verbreiteten Praxis (vgl. Urteil vom 29. Juni 2006 a.a.O. Rn. 17). Der ursächliche Zusammenhang mit dem SMT-Urteil wurde auch nicht dadurch unterbrochen, dass die deutschen Stellen beim Vollzug der durch das Strafurteil verfügten Vermögenseinziehung den Zugriff auf die Rechte der anderen Miterben zusätzlich mit Vorschriften des Thüringer Bodenreformgesetzes gerechtfertigt haben. Die Vorschriften über die Bodenreform wurden auch insofern lediglich im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung und allenfalls im Sinne einer zusätzlichen, verstärkenden Begründung herangezogen; die im Strafurteil verfügte Vermögenseinziehung war aber ungeachtet dessen für den Zugriff auf die "K." konstitutiv. An diese tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Die von den Klägerinnen dagegen vorgebrachten Verfahrensrügen greifen nicht durch. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung bei seiner Würdigung der von ihm herangezogenen Unterlagen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze, unumstrittene Geschichtstatsachen oder die Denkgesetze missachtet oder aktenwidrige Tatsachen angenommen und damit gegen § 108 Abs. 1 VwGO oder gegen eine andere Verfahrensvorschrift verstoßen hat, sind mit der Revision nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Die teilweise abweichende Sachdarstellung der Klägerinnen und ihre Kritik an den vom Verwaltungsgericht aus den tatsächlichen Feststellungen gezogenen Schlussfolgerungen genügen nicht den Anforderungen, die § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO an die substantiierte Darlegung eines Verfahrensmangels stellt. c) Die Klägerinnen rügen zu Unrecht, § 1 Abs. 7 VermG könne deshalb nicht zu Gunsten der Erbengemeinschaft nach dem 1940 verstorbenen Alteigentümer Max Robert G. herangezogen werden, weil die vorliegende russische Rehabilitierungsentscheidung nicht zum Ausdruck bringe und ihr auch nicht im Wege der Auslegung zu entnehmen sei, dass der Verlust der zu restituierenden Vermögenswerte des früheren Gutes "K." als rechtsstaatswidrig angesehen worden sei und daher keinen Bestand haben solle. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht in seinem angegriffenen Urteil davon ausgegangen, dass eine Rehabilitierungsentscheidung im Sinne von § 1 Abs. 7 VermG nach ihrem Sinn und Zweck das Spiegelbild ("actus contrarius") der in dem aufgehobenen Strafurteil ausgesprochenen und in seinem Vollzug von ihm ursächlich bewirkten Rechtsfolgen ist (vgl. Urteile vom 6. April 1995 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 107 f., vom 19. Juli 2000 - BVerwG 8 C 6.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 S. 21 f. und vom 20. März 2002 - BVerwG 8 C 2.01 - Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 8). Dementsprechend kann der von der im Zusammenhang mit dem Strafurteil erfolgten Vermögenseinziehung direkt oder als Dritter Betroffene seinen Restitutionsanspruch insoweit auf § 1 Abs. 7 VermG stützen. Denn die Rehabilitierungsentscheidung hebt den vorausgegangenen "Gegenakt" auf und beseitigt die in seinem Vollzug ausgelösten Rechtsfolgen. Anderes kann nur dann angenommen werden, wenn sich aus einem Zusatz in der Rehabilitierungsentscheidung ergibt, dass sich die Rehabilitierung auf den Strafausspruch beschränkt und die Vermögenseinziehung nicht umfasst (Urteil vom 17. Mai 2000 - BVerwG 8 C 16.99 - BVerwGE 111, 182 <185> = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 4 S. 15). Dafür ist hier nichts ersichtlich. 2. Das angegriffene Urteil verstößt jedoch deshalb gegen Bundesrecht, weil das Verwaltungsgericht den "Beweisantrag I" der Klägerinnen aus Gründen abgelehnt hat, die im Prozessrecht keine Stütze finden. Die Klägerinnen haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragt, Beweis über ihre Behauptung zu erheben, die eingereichte Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 sei durch den unzuständigen Unterzeichner ausgefertigt worden (und damit) "unwirksam und unecht". Das Verwaltungsgericht hat diesen Beweisantrag als unzulässigen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag abgelehnt. Das entspricht der in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. August 2012 vermerkten Begründung, "dass es für die Kammer keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür gibt, dass die angesprochene Reha-Bescheinigung fehlerhaft ist". Diese Begründung findet im geltenden Prozessrecht keine Stütze; das Verwaltungsgericht hat mithin seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt. Ein Beweisantrag ist zwar unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also lediglich zum Ziel hat, Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen (vgl. Beschlüsse vom 2. Juli 1998 - BVerwG 11 B 30.97 - Buchholz 451.171 § 6 AtG Nr. 2 = NVwZ 1999, 654 und vom 2. April1998 - BVerwG 7 B 79.98 - juris). Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden (vgl. Beschlüsse vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 B 249.89 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 6 und vom 29. März 1995 - BVerwG 11 B 21.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266). So liegt es, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich "aus der Luft gegriffen", "ins Blaue hinein", also "erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage" behauptet worden sind (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2002 - BVerwG 1 B 59.02 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60, vom 30. Juni 2008 - BVerwG 5 B 198.07 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 98 Rn. 5 m.w.N. und vom 12. März 2010 - BVerwG 8 B 90.09 - juris; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 26. August 1996 - 2 BvR 1968/94 - und BGH, Urteil vom 25. April 1995 - VI ZR 178/94 - MDR 1995, 738). Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. Beschlüsse vom 25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 196 S. 14 und vom 19. Oktober 2011 - BVerwG 8 B 37.11 - ZOV 2011, 264; Dawin, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. II, § 86 Rn. 73 f. m.w.N.). Das dem Beweisantrag zugrunde liegende Vorbringen der Klägerinnen war entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts hinreichend substantiiert. Denn sie haben sich unter anderem auf ihren Schriftsatz vom 2. April 2008 gestützt. Darin hatten sie bezugnehmend auf das Schreiben des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen (BARoV) vom 29. Januar 1997 zur Unterschriftsberechtigung für solche von der Militärstaatsanwaltschaft Moskau ausgestellten Bescheinigungen geltend gemacht, seit dem 30. Oktober 1996 seien gemäß einer Verfügung des Militärhauptstaatsanwaltes nur die Abteilungs- und Referatsleiter W. I. Kupez, W. K. Kondratow und L. P. Kopalin berechtigt, Rehabilitierungsbescheide sowie amtliche Schreiben, betreffend die Ablehnung von Anträgen, zu unterschreiben. Die Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 sei dagegen von einem Herrn A. W. Tschitschuga unterschrieben worden, also nicht von einer der drei als berechtigt genannten Personen. Letzteres ist offenkundig zutreffend. Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Urteil zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass das Schreiben des Bundesamtes vom 29. Januar 1997 keine durchgreifenden Zweifel an der Echtheit der Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 begründet, weil es zeitlich vorangegangene Zeiträume erfasst und auf danach liegende Zeiträume keine zwingenden Rückschlüsse zulässt. Selbst wenn es möglich ist, dass Änderungen im Rahmen der Geschäftsverteilung seit 1997 bis 2002 eingetreten waren, folgt daraus aber nicht, dass die von den Klägerinnen aufgestellte Beweisbehauptung "aus der Luft gegriffen" oder "ins Blaue hinein" erhoben worden ist. Auch wenn die Klägerin zu 2 unter Bezugnahme auf ein - nicht bei den Akten befindliches - Schreiben des BARoV vom 27. November 2002 dem Thüringer Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen mitteilte, seitens des BARoV gehe man davon aus, "dass Herr Tschitschuga zur Unterschriftsleistung befugt war und dass an der Echtheit nach Auffassung des BARoV keine Zweifel bestehen" (BA 2, Bl. 373), waren damit nicht alle Zweifel an der Wirksamkeit der Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 gegenstandslos. Das ergibt sich schon daraus, dass nicht ersichtlich ist, auf welcher Grundlage die Einschätzung des BARoV beruhte und wie verlässlich diese war. In der bei den Akten befindlichen "Gesprächs-Notiz" über am 18. und 20. November 2002 geführte Telefonate des Beklagten mit dem BARoV ist zwar - handschriftlich - ebenfalls vermerkt, es bestünden "keine Bedenken hier zu der Bescheinigung"; eine "Anmerkung" weist aber ausdrücklich darauf hin, dass "der unterzeichnende Tschitschuga" nicht auf der 1997 erstellten Liste der Unterschriftsberechtigten stehe (BA 2, Bl. 372). Wenn die Klägerinnen daraus Zweifel an der Wirksamkeit sowie der Echtheit der Rehabilitierungsbescheinigung hergeleitet haben, war dies jedenfalls nicht "aus der Luft gegriffen". Auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts war auch entscheidungserheblich, ob die Rehabilitierungsbescheinigung von der zuständigen russischen Behörde wirksam ausgestellt wurde und echt ist. Denn die Rückübertragung von Vermögenswerten aufgrund einer russischen Rehabilitierungsentscheidung setzt voraus, dass diese wirksam ist (stRspr, vgl. u.a. Urteil vom 17. Mai 2000 a.a.O. S. 186 bzw. S. 15 f. und Beschluss vom 21. August 2001 a.a.O. S. 25 = juris Rn. 7). Zu deren Nachweis ist die Vorlage einer Rehabilitierungsbescheinigung der zuständigen russischen Stelle erforderlich, an deren Echtheit kein ernsthafter Zweifel besteht (vgl. §§ 173, 98 VwGO i.V.m. § 438 Abs. 1 und 2 ZPO; Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation <BGBl II 1965 S. 875>, das nach seinem Art. 12 Abs. 3 im Verhältnis zur Russischen Föderation am 31. Mai 1992 in Kraft getreten ist <BGBl II 1992 S. 948>; vgl. Beschlüsse vom 15. Mai 2008 - BVerwG 8 B 17.08 - ZOV 2008, 172 und vom 30. April 2009 - BVerwG 8 B 78.08 - juris Rn. 6). Sollte die gegebene Begründung für die Ablehnung des Beweisantrages dahin zu verstehen sein, dass nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die Beweisaufnahme voraussichtlich nicht den von den Klägerinnen gewünschten Aufschluss bringen werde, wäre sie ebenfalls ohne hinreichende Stütze im Prozessrecht. Denn dies würde eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung darstellen und die gerichtliche Pflicht verletzen, gemäß § 86 Abs. 1 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (vgl. Urteile vom 18. November 1955 - BVerwG 2 C 180.54 - BVerwGE 2, 329 und vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <265 f.> = Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 9 S. 2; Beschluss vom 22. August 2000 - BVerwG 2 B 29.00 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 310 m.w.N.). Nur wenn aufgrund eines bereits erhobenen Beweises die entscheidungserheblichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer solchen Gewissheit feststehen, dass die Überzeugung des Gerichts durch die beantragte weitere Beweiserhebung - ihr Erfolg unterstellt - nicht mehr erschüttert werden kann, kann ein solcher Beweisantrag ausnahmsweise abgelehnt werden (Urteil vom 11. April 1991 - BVerwG 3 C 73.89 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 229 und Beschluss vom 30. April 2008 - BVerwG 4 B 27.08 - juris). Davon konnte hier keine Rede sein. Das angegriffene Urteil beruht auf dem Verfahrensmangel. Die allein noch angefochtene Nr. 1 des Bescheides des Beklagten vom 19. Juli 2007 könnte keinen Bestand haben, wenn die Rehabilitierungsbescheinigung vom 20. März 2002 unwirksam ist. Das Urteil ist daher aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zwecks weiterer Sachaufklärung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten. B e s c h l u s s Der Wert des Streitgegenstandes wird - unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Gera vom 23. August 2012 - für beide Rechtszüge auf jeweils 500 000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 4 Nr. 3, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.). G r ü n d e : Die Klägerinnen haben unwidersprochen vorgetragen, dass die hier in Rede stehenden Grundstücke des früheren land- und forstwirtschaftlichen Gutes "K." mit einer Größe von ca. 72 ha auf der Grundlage der Preisermittlung der Klägerin zu 2 für das Jahr 2013 in Thüringen einen Wert von ca. 900 000 € (ca. 13 000 € je ha) haben. Betrifft die Klage - wie hier - lediglich die Feststellung der vermögensrechtlichen Berechtigung, sind nach der Rechtsprechung des Senats zwei Drittel dieses Wertes in Ansatz zu bringen (vgl. u.a. Beschluss vom 25. November 2009 - BVerwG 8 C 12.08 -), wobei gemäß § 52 Abs. 4 Nr. 3 GKG für die Streitwertbemessung jedoch auf 500 000 € begrenzt ist.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020245&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020246
BVerwG
2. Senat
20140410
2 B 80/13
Beschluss
§ 4 Abs 2 S 3 BG RP, § 56 BG RP, § 56a BG RP, § 61a BG RP, § 18c Abs 1 GerOrgG RP, § 18c Abs 2 GerOrgG RP, § 18c Abs 3 GerOrgG RP, § 44a VwGO, § 86 Abs 1 S 1 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 133 Abs 6 VwGO
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 22. Mai 2013, Az: 2 A 11083/12, Urteil vorgehend VG Neustadt (Weinstraße), 15. Februar 2012, Az: 1 K 866/11.NW, Urteil
DEU
Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit; Anforderungen; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
1. Die an einen Beamten gerichtete Aufforderung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, um seine Dienstfähigkeit zu überprüfen, unterliegt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit formellen und inhaltlichen Anforderungen. Diese betreffen die Angabe der Gründe, aus denen sich die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten ergeben, und die Bestimmung von Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung (wie Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 16 ff. und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 18 ff.). 2. Minderleistungen, die in Arbeitsrückständen deutlich werden, sind für sich allein in der Regel kein hinreichender Grund für eine solche Untersuchungsaufforderung.
Die Beschwerde des Klägers hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt zwar nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO; jedoch liegt ein Verfahrensmangel vor, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). 1. Der Kläger steht seit 1973 als Rechtspfleger im Dienst des beklagten Landes und ist seit Anfang 2010 als Justizamtmann im Wege der Abordnung beim Amtsgericht Bad D. eingesetzt. Mit der streitgegenständlichen Verfügung wies der Direktor des Amtsgerichts den Kläger an, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, und begründete dies mit erheblichen Arbeitsrückständen im Zuständigkeitsbereich des Klägers, die trotz mehrerer Kritikgespräche, Veränderungen des Arbeitsbereichs, Dienstanweisungen und Fristsetzungen nicht abgebaut worden seien. Dem Auftrag an die zentrale medizinische Untersuchungsstelle (nicht aber der Anordnung an den Kläger) waren eine Fehlzeitendokumentation und Erläuterungen zur dienstlichen Beurteilung des Klägers beigefügt. Dessen Widerspruch wies der Präsident des Oberlandesgerichts mit der Begründung zurück, die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers seien in der hohen Zahl seiner Krankheitsfehltage, einer über längere Zeit quantitativ nicht ausreichenden Sachbehandlung und dem sonstigen Verhalten des Klägers begründet. Klage und Berufung hiergegen blieben ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, der Direktor des Amtsgerichts sei für den Erlass der Anordnung zuständig gewesen. Zwar bleibe die grundsätzliche Zuständigkeit des Dienstvorgesetzten für in den Status des Beamten eingreifende Verfügungen von einer vorübergehenden Zuweisung zu einer anderen Dienststelle oder - wie hier - einer Abordnung unberührt. Eine Ausnahme sei jedoch zu machen, wenn die Verfügung nicht wegen dienstlicher Umstände innerhalb der Stammdienststelle des Beamten, sondern ausschließlich wegen seines Verhaltens an seinem Arbeitsplatz ergehe. Zudem handele es sich bei der streitgegenständlichen Anordnung nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine gemischte dienstlich-persönliche Weisung. Für den Beklagten hätten auch berechtigte Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers bestanden. Zwar sei fraglich, ob hierfür die dem Kläger vorgeworfenen Arbeitsrückstände ausreichten. Berechtigten Anlass für eine amtsärztliche Untersuchung hätten jedoch die erheblichen Fehlzeiten des Klägers gegeben. 2. Die Beschwerde rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung oder wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO), weil sie insoweit nicht den Darlegungsanforderungen genügt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Dafür wäre erforderlich, dass in der Beschwerdebegründung ein solcher Zulassungsgrund bezeichnet und substantiiert dargelegt wird. Weder formuliert die Beschwerde eine klärungsbedürftige, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, noch bezeichnet sie einen abstrakten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen divergenzfähigen Gerichts, von dem das Berufungsurteil mit einem ebensolchen Rechtssatz abweicht (vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 = NJW 1997, 3328). Vielmehr geht die Beschwerde bereits im Ansatz fehl, wenn sie meint, dass "eine Verletzung von Bundesrecht und Verwaltungsverfahrensrecht des Landes vorliegt, das mit dem Bundesrecht übereinstimmt" (Beschwerdebegründung S. 1 unten). Damit orientiert sie sich offensichtlich an § 137 Abs. 1 VwGO, also am Kontrollmaßstab des Revisionsgerichts nach Zulassung der Revision, verkennt aber, dass der in § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO normierte Maßstab für eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein anderer ist. Die Beschwerde erschöpft sich hiernach überwiegend in der Art eines zugelassenen oder zulassungsfreien Rechtsmittels in Angriffen gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitfalls durch das Berufungsgericht, die sie in verschiedener Hinsicht für "nicht nachvollziehbar" bzw. "nicht verständlich" hält. Damit ist dem Erfordernis aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt. 3. Die Beschwerde hat aber insoweit Erfolg, als sie geltend macht, das Berufungsurteil habe sich mit den vom Kläger vorgelegten privatärztlichen Attesten zu dessen Gesundheitszustand nicht befasst. Damit rügt sie - der Sache nach - einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und damit einen Verfahrensmangel, auf dem das Berufungsurteil auch beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Dies führt zur Zurückverweisung der Rechtssache (§ 133 Abs. 6 VwGO). § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO bestimmt, dass das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln hat. In welchem Umfang das Tatsachengericht Sachaufklärung zu betreiben hat, um in dem Rechtsstreit entscheiden zu können, richtet sich nach dem maßgeblichen materiellen Recht in der Auslegung durch das Tatsachengericht. a) Das Berufungsgericht ist - auf der Grundlage der von ihm zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und insoweit in Übereinstimmung mit dieser - davon ausgegangen, dass es sich bei der an einen Beamten gerichteten Aufforderung, sich einer (amts-)ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine gemischte dienstlich-persönliche Weisung handelt (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 14 f. und vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 16). Diese muss wegen der mit ihr verbundenen Eingriffe in die grundrechtsbewehrte persönliche Sphäre des Beamten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmten formellen und inhaltlichen Anforderungen genügen. Danach müssen einer solchen Aufforderung - erstens - tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen. Die Behörde muss diese tatsächlichen Umstände in der Untersuchungsaufforderung angeben. Der Beamte muss anhand der Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind (vgl. Urteile vom 23. Oktober 1980 - BVerwG 2 A 4.78 - Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 14 S. 6, vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 19 ff. und vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 19 ff. m.w.N.). Ein etwaiger Mangel dieser Aufforderung kann nicht im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren - etwa gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG - geheilt werden (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 21). Die Untersuchungsanordnung muss - zweitens - Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Belieben des Arztes überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dem entsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 19; vgl. auch OVG Münster, Beschluss vom 27. November 2013 - 6 B 975/13 - ZBR 2014, 141 <142>). Daher muss sich die Behörde mit den vom Beamten vorgelegten Bescheinigungen auseinandersetzen, die unter Umständen eine Untersuchung - ganz oder teilweise - entbehrlich machen können. Diese Verpflichtung trifft, wenn die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung zu prüfen ist, auch das Tatsachengericht. b) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen an die gerichtliche Sachaufklärung ist das Berufungsgericht nicht gerecht geworden. Die Beschwerde rügt insoweit zu Recht, dass der Kläger unter Vorlage privatärztlicher Unterlagen substantiiert vorgetragen und angeboten hat, weitere (aktuelle) Befundberichte der ihn behandelnden Ärzte vorzulegen, die - aus seiner Sicht - erklärten, dass es sich bei den ihm vorgehaltenen Fehltagen lediglich um kleinere Erkrankungen gehandelt habe (wie grippale Infekte, Erkältungen, auch einmal eine orthopädisch relevante Beeinträchtigung), jedenfalls um keine Erkrankungen, die objektiv geeignet wären, seine Dienstfähigkeit dauerhaft zu beeinträchtigen. Das Berufungsgericht dagegen hat diesen privatärztlichen Bescheinigungen jegliche Bedeutung für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung abgesprochen (ab UA S. 9 unten). Damit hat es zum einen seine aus den vorstehenden Anforderungen folgende Aufklärungspflicht verfehlt, nämlich zu prüfen, ob im Streitfall überhaupt hinreichende Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers vorlagen. Zum anderen ist auch die dafür gegebene Begründung, die auf die ständige Rechtsprechung zum Vorrang amtsärztlicher Gutachten im Verhältnis zu privatärztlichen Stellungnahmen verweist, nicht tragfähig. Die erwähnte Rechtsprechung besagt, dass für den Fall, dass inhaltlich nicht oder nicht vollständig vereinbare Stellungnahmen eines Amtsarztes und eines Privatarztes zu demselben Krankheitsbild vorliegen, diejenige des Amtsarztes im Konfliktfall dann Vorrang verdient, wenn dieser sich mit substantiierten medizinischen Befunden des behandelnden Privatarztes auseinandergesetzt hat (vgl. etwa Urteil vom 11. Oktober 2006 - BVerwG 1 D 10.05 - Buchholz 232 § 73 BBG Nr. 30 Rn. 36 f.). Diese Situation ist hier aber schon deshalb nicht gegeben, weil eine amtsärztliche Stellungnahme noch gar nicht vorliegt. Das Berufungsgericht indes versagt den vom Kläger vorgelegten privatärztlichen Stellungnahmen (sowie denen, deren Beibringung er angeboten hatte) bereits vorab jegliche Erheblichkeit, bevor sich der Amtsarzt erst mit ihnen auseinandersetzen konnte. Diese zur Kenntnis zu nehmen und sie zu prüfen, war auch deshalb geboten, weil sich aus ihnen Anhaltspunkte dafür ergeben konnten, ob die Untersuchungsanordnung deshalb rechtswidrig, nämlich unverhältnismäßig war, weil sie nach Art und Umfang hätte näher eingegrenzt werden müssen. 4. Bei seiner erneuten Befassung mit dem Streitfall wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, die Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Untersuchungsanordnung in mehrfacher Hinsicht einer genaueren Überprüfung zu unterziehen und dabei auch seine eigene bisherige Rechtsauffassung zu überdenken: a) Dies gilt zunächst im Hinblick auf das im Streitfall anzuwendende Recht: Die vom Berufungsgericht (ohne Angabe der maßgeblichen Gesetzesfassung) herangezogenen (zu den §§ 26 und 27 BeamtStG erlassenen) Vorschriften der §§ 44 und 47 des Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010 - LBG RhPf 2010 - (GVBl S. 319) sind gemäß § 145 Abs. 5 Satz 1 dieses Gesetzes erst am 1. Juli 2012 in Kraft getreten, mithin nach Erlass des Widerspruchsbescheides, auf den das Berufungsgericht als maßgeblichen Zeitpunkt (wohl) abstellt. Entgegen der Annahme des Berufungsurteils (UA S. 7) dürften daher Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung §§ 56, 56a des Landesbeamtengesetzes in der Fassung vom 14. Juli 1970 - LBG RhPf 1970 - (GVBl S. 241), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 9. Juli 2010 (GVBl S. 167), gewesen sein, ergänzt durch die Regelung über die Durchführung der ärztlichen Untersuchung durch die zentrale medizinische Untersuchungsstelle gemäß § 61a dieses Gesetzes, eingefügt durch das Sechste Landesgesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 27. Juni 2002 (GVBl S. 301), geändert durch das Siebte Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. Oktober 2004 (GVBl S. 457). b) Ebenfalls überprüfungsbedürftig erscheinen die Ausführungen des Berufungsurteils zur Zuständigkeit des Beklagten: Das Berufungsgericht hat angenommen, im Falle der Abordnung eines Beamten bleibe "grundsätzlich" der Leiter der abordnenden "Stammdienststelle" weiterhin der Dienstvorgesetzte des Beamten. Im Streitfall sei jedoch "eine Ausnahme (...) zu machen", weil die streitgegenständliche Anordnung die dienstliche Tätigkeit bei der Abordnungsstelle betreffe. Die Frage eines vom Berufungsgericht angenommenen (von ihm nicht anhand von Normen belegten) "Regel-Ausnahme-Verhältnisses" dürfte sich indes nicht stellen, weil das rheinland-pfälzische Landesorganisationsrecht eine ausdrückliche, die Auffassung des Berufungsgerichts im Ergebnis bestätigende Regelung trifft: Zuständig zum Erlass einer Weisung an den Beamten, sich ärztlich untersuchen zu lassen, ist gemäß § 61a Abs. 1 LBG RhPf 1970 dessen Dienstvorgesetzter. Wer Dienstvorgesetzter ist, richtete sich gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 LBG RhPf 1970 nach dem Aufbau der öffentlichen Verwaltung. Gemäß § 18c Abs. 3 Satz 1 des Gerichtsorganisationsgesetzes (GerOrgG RhPf) vom 5. Oktober 1977 (GVBl S. 333), geändert durch Gesetz vom 28. September 2005 (GVBl S. 448), ist Dienstvorgesetzter derjenige, der die Dienstaufsicht über den Beamten ausübt. Die Dienstaufsicht erstreckt sich nach § 18c Abs. 2 Satz 1 GerOrgG RhPf auf alle bei einem Gericht beschäftigten Beamten, mithin unabhängig davon, ob der Beamte dort dauerhaft oder (nur) aufgrund einer Abordnung tätig ist. Gemäß § 18c Abs. 1 Nr. 4 GerOrgG RhPf übt der Direktor des Amtsgerichts die Dienstaufsicht über sein Gericht aus. c) Des Weiteren wird sich das Berufungsgericht mit der Frage befassen müssen, ob der von ihm ohne nähere Begründung angenommenen Anfechtbarkeit der Untersuchungsanordnung - trotz des lediglich vorbereitenden Charakters der amtsärztlichen Untersuchung im Rahmen des Zurruhesetzungsverfahrens - die Vorschrift des § 44a Satz 1 VwGO entgegensteht, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können, es sei denn (Satz 2), die behördliche Verfahrenshandlung kann vollstreckt werden (vgl. hierzu etwa OVG Saarlouis, Beschluss vom 18. September 2012 - 1 B 225/12 - NVwZ-RR 2013, 477 und OVG Münster, Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 1 B 550/12 - NVwZ-RR 2013, 198). d) Auch die Frage, ob die Untersuchungsanordnung den erwähnten formellen und inhaltlichen Anforderungen genügt, bedarf genauerer Prüfung: Die Anordnung des Direktors des Amtsgerichts vom 18. März 2011 stützt sich lediglich auf die erheblichen Arbeitsrückstände des Klägers. Dass Minderleistungen, die in Arbeitsrückständen deutlich werden, für sich allein in der Regel nicht geeignet sind, eine amtsärztliche Untersuchung zu rechtfertigen, hat auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen (UA S. 8). Die dem Auftrag an die zentrale medizinische Untersuchungsstelle (ZMU) beigefügte Fehlzeitendokumentation war nicht Inhalt der an den Kläger gerichteten Anordnung, sodass diese Verfügung schon den formellen Anforderungen kaum genügen dürfte. Erst im Widerspruchsbescheid werden - neben den Arbeitsrückständen - auch die erheblichen Fehlzeiten des Klägers als Grund für die Untersuchungsanordnung angeführt. Zwar können solche Fehlzeiten grundsätzlich Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten begründen; dies muss aber schlüssig dargelegt werden (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 27). Ob der Widerspruchsbescheid die Versäumnisse der Ausgangsverfügung beheben konnte, bedarf näherer Prüfung, weil nach der dargestellten Rechtsprechung Mängel der Untersuchungsanordnung nicht im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren geheilt werden können (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 21 und 30). Schließlich und unabhängig davon enthalten weder die Ausgangsverfügung noch der Widerspruchsbescheid nähere Angaben zu Art und Umfang der amtsärztlichen Untersuchung (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 22 f.); namentlich fehlt jede nähere Eingrenzung, etwa ob sie sich nur auf den körperlich-physischen Gesundheitszustand des Klägers erstrecken oder sich auch mit etwaigen psychischen Beeinträchtigungen befassen soll und - wenn ja - ggf. mit welchen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020246&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020247
BVerwG
8. Senat
20140415
8 B 49/13, 8 B 49/13 (8 C 9/14)
Beschluss
§ 151 BBergG, § 3 Abs 3 BBergG, Art 8 EinigVtr, § 2 Abs 2 VermG, § 4 Abs 1 S 1 VermG, § 6 Abs 6a VermG
vorgehend VG Greifswald, 8. Mai 2013, Az: 6 A 1287/11, Urteil
DEU
Revisionszulassung; vermögensrechtliche Relevanz eines Rechts zum Abbau von Bodenschätzen
Die Beschwerde der Klägerin ist begründet. Die Revision ist zuzulassen. In einem Revisionsverfahren können voraussichtlich die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen geklärt werden, ob ein Recht zum Abbau von Bodenschätzen, das zum Schädigungszeitpunkt grundeigen war und nach Maßgabe von Art. 8 und Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1 lit. a Einigungsvertrag als bergfreier Bodenschatz im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG gilt, ein Vermögenswert im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG ist, und ob ein der Treuhandanstalt für diesen Bodenschatz verliehenes Bergwerkseigentum, das nach Maßgabe von Art. 8 und Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1 lit. d Einigungsvertrag als Bergwerkseigentum im Sinne des § 151 BBergG aufrechterhalten worden ist, ein dem früheren grundeigenen Abbaurecht im Wesentlichen entsprechendes Recht darstellt, das als rückgabefähiger Vermögensgegenstand im Sinne des § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG anzusehen ist, sowie ob die Rückübertragung eines solchen Bergwerkseigentums gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG von der Natur der Sache her ausgeschlossen ist.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020247&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020248
BVerwG
1. Wehrdienstsenat
20140206
1 WB 35/13
Beschluss
§ 3 Abs 1 SG, § 17 Abs 3 S 1 WBO
DEU
Verwendungsentscheidung der Personalauswahlkonferenz; dienstliche Maßnahme
Die Entscheidung der Personalauswahlkonferenz "Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe", einen Soldaten nicht dem Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal - zuzuordnen, stellt eine gerichtlich anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar.
Der Antragsteller begehrt seine Zuordnung zum "Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal -". Der 1968 geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes des Heeres in der Heeresfliegertruppe; seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. Oktober 2024 enden. Er wurde am 30. Juli 2004 zum Hauptmann ernannt und mit Wirkung vom 1. Juli 2004 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. In der Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes 2008 erhielt er die individuelle Förderperspektive "A 12 K". Seit dem 1. Juli 1991 wurde er erstmals auf einem fliegerischen Dienstposten verwendet. Er war zunächst bei der ... in F., sodann seit dem 1. Januar 1996 bei der ... in B. eingesetzt. Dort wird er seit dem 1. Juli 2010 als Verbindungshubschrauberführeroffizier verwendet. Ausweislich des Untersuchungsergebnisses vom 4. Februar 1988 und der Ärztlichen Mitteilung für die Personalakte nach Belegart 90/5 vom 29. September 1989 war der Antragsteller nach Begutachtung durch das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe "vorübergehend nicht wehrfliegerverwendungsfähig" bis zum 18. April 1988 bzw. bis zum 14. Dezember 1989. Nach der Ärztlichen Mitteilung des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe vom 30. Juli 1996 war der Antragsteller "nicht wehrfliegerverwendungsfähig". Das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe stellte anschließend in den Ärztlichen Mitteilungen vom 21. April 1997, vom 1. Oktober 1997 und vom 30. September 1998 jeweils fest, dass der Antragsteller "wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergenehmigung" sei; diese Sondergenehmigung schließe die Tropendienstverwendungsfähigkeit ein. Nach der Ärztlichen Mitteilung des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe vom 30. Juni 1999 war der Antragsteller wiederum "nicht wehrfliegerverwendungsfähig". Unter Bezugnahme auf die Sondergenehmigung vom 21. April 1997 und aufgrund einer Sondergenehmigung vom 1. Juli 1999 stellte das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe in der Ärztlichen Mitteilung vom 1. Juli 1999 fest, dass der Antragsteller "wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergenehmigung" sei; die Sondergenehmigung schließe die Tropendienstverwendungsfähigkeit jedoch nicht ein. Diesen Befund bestätigte der Fliegerarzt der ... unter dem 28. September 2000. Vom 8. November 2000 bis zum 30. Januar 2001 war der Antragsteller nach Begutachtung durch das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe "vorübergehend nicht wehrfliegerverwendungsfähig". Unter Bezugnahme auf die Sondergenehmigung vom 1. Juli 1999 stellte das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe jeweils in Ärztlichen Mitteilungen für die Personalakte nach Belegart 90/5 in den Jahren 2001 bis 2007 fest, dass der Antragsteller "wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergenehmigung" sei, wobei die Sondergenehmigung die Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht einschließe. Nach einer weiteren vorübergehend fehlenden Wehrfliegerverwendungsfähigkeit (vom 5. September 2008 bis zum 20. November 2008) war der Antragsteller nach den Ärztlichen Mitteilungen des Flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe vom 9. April 2009, vom 11. Dezember 2009 sowie vom 19. April 2010 jeweils "nicht wehrfliegerverwendungsfähig". In den Ärztlichen Mitteilungen vom 16. August 2010, vom 11. Oktober 2010, vom 16. Februar 2012 und vom 21. September 2012 stellte das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe fest, dass der Antragsteller "wehrfliegerverwendungsfähig II mit Sondergenehmigung" sei; die Sondergenehmigung wurde jeweils befristet. In gesonderten Begutachtungsergebnissen zur Tropendienstverwendungsfähigkeit stellte das Institut fest, dass die jeweils erteilte Sondergenehmigung die Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht einschließe. Mit Info-Brief vom 13. Juli 2012 "zur Entpflichtung von Luftfahrzeugführern und Besatzungsangehörigen im Heer" unterrichtete der Inspekteur des Heeres die Angehörigen der Heeresfliegertruppe darüber, dass die Verkleinerung und Umstrukturierung der Heeresfliegertruppe und die Ausrichtung der künftigen Einsatzbedarfe am neuen Fähigkeitsprofil des Heeres mit einer Reduzierung der Zahl der Waffensysteme einhergehen werde. Es würden daher zukünftig weniger Besatzungen benötigt. Ebenso werde es Reduzierungen in den betroffenen Ausbildungs- und Verwendungsreihen und in deren Regeneration geben. Bei der Nutzung der kostbaren Flugstunden müsse die Inübunghaltung auf den unabweisbaren und geringeren Kernbedarf der neuen Struktur ausgerichtet werden. Eine Konsequenz der Umstrukturierung werde sein, dass etliche Besatzungen der Verbände in andere nicht-fliegende Verwendungen überführt werden müssten und ein Teil der Inübunghalter ihre Erlaubnisse und Berechtigungen verlieren würden. Zugleich ermächtigte der Inspekteur des Heeres den General der Heeresfliegertruppe, notwendige Veränderungen mit der Herausgabe der "Besonderen Anweisung für den fliegerischen Dienst im Heer" neu zu regeln. Mit dieser - unter dem 19. Juli 2012 erlassenen - Besonderen Anweisung legte der General der Heeresfliegertruppe unter anderem die Grundlagen für die Besetzung fliegerischer Dienstposten und die zwingend einzuhaltenden Vorgaben fest. Am 3. September 2012 billigte der Inspekteur des Heeres den Entscheidungsvorschlag seines Stabes zur "Migration der Heeresfliegertruppe" und den beigefügten "Kriterien- und Maßnahmenkatalog", in dem unter anderem die verbindliche Basis für die Identifizierung und Auswahl des Zukunftspersonals durch die Personalauswahlkonferenz "Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal" festgelegt ist. Diese Konferenz fand erstmals am 9. und 10. Oktober 2012 statt. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2012, eröffnet am 23. November 2012, teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller mit, dass er in der Personalauswahlkonferenz "Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal" im Jahr 2012 im Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsvergleich und unter Berücksichtigung der strukturellen Rahmenbedingungen betrachtet worden sei; auf der Basis des gebilligten Kriterienkataloges des Inspekteurs des Heeres habe er aber nicht zum Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerischer Dienst - beraten werden können. Sollten sich im Rahmen der weiteren Ausplanung der zukünftigen Struktur der Heeresfliegertruppe Änderungen ergeben, die zu einem Bedarf oder Überhang an Personal führten, werde eine neue Beratung durchgeführt. Sollte er davon betroffen sein, werde er darüber in schriftlicher Form informiert. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 4. Dezember 2012 legte der Antragsteller gegen diesen Bescheid Beschwerde ein. Er machte geltend, es sei nicht zu erkennen, warum er nicht zum Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe gehören solle. Er sei erneut zu bescheiden. Nachdem der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - vom Personalamt der Bundeswehr die dort über den Antragsteller erstellten Konferenzunterlagen herangezogen hatte, wies er mit Beschwerdebescheid vom 31. Januar 2013 die Beschwerde als unzulässig zurück. Zur Begründung führte er aus, das Ergebnis der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" stelle - ebenso wie die Ergebnisse der Perspektivkonferenzen - lediglich eine vorbereitende und deshalb nicht selbstständig anfechtbare Maßnahme dar. Die Zuordnung bzw. Nichtzuordnung zum Zukunftspersonal bilde lediglich die Basis für spätere konkrete Verwendungsentscheidungen. Gegen diese Verwendungsentscheidungen könne sich der Antragsteller dann mit entsprechenden Anträgen und Rechtsbehelfen wehren. In den dienstaufsichtlichen Feststellungen des Beschwerdebescheids führte der Bundesminister der Verteidigung aus, dass die Zuordnungsentscheidung sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden sei, weil der Antragsteller nicht über eine uneingeschränkte Wehrfliegerverwendungsfähigkeit und nicht über die Tropendienstverwendungsfähigkeit verfüge. Deshalb seien nicht die Voraussetzungen erfüllt, um auf den Luftfahrzeugmustern TIGER oder NH 90 ausgebildet zu werden. Gegen diese ihm am 11. Februar 2013 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 8. März 2013 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 3. Juni 2013 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor: Das Ergebnis der Auswahlkonferenz sei nicht zur bedeutungslosen und unverbindlichen Entscheidungsbasis degeneriert. Vielmehr stelle es eine anfechtbare Maßnahme dar. In der Sache enthalte das vom Personalamt vorgelegte Personalblatt Mängel. So sei in der Rubrik "Einsatz" sein Auslandseinsatz UNOSOM (Somalia 1993) nicht erfasst. Auch seine Verwendungsbreite werde in dem Personalblatt nicht in angemessener Form abgebildet. Die im Abschnitt "Verwendungen/Beurteilungen" des Personalblatts enthaltenen Buchstabenkombinationen a, sta, wa und die Ziffer 5 seien unbekannt. Aus dem Personalvergleichsbogen sei eine Betrachtung nach Geburtsjahrgängen zu ersehen, die indessen rechtswidrig sei. Die im Vergleichsbogen bei anderen Offizieren aufgeführten Aspekte, die zu deren Auswahl als Zukunftspersonal geführt hätten, seien inhaltlich nicht nachvollziehbar. Seine eigene Nichtauswahl sei durch sachfremde Erwägungen geprägt. Die im Bereich des Heeres getroffenen Bestimmungen für die Auswahlkonferenz reichten als Ermächtigungsgrundlage für die getroffene Entscheidung nicht aus. Zwar sei es richtig, dass er nicht tropendienstverwendungsfähig sei. Er könne aber jederzeit einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen. Überdies sei das Vorliegen der Tropendienstverwendungsfähigkeit kein zwingendes Kriterium, um als Zukunftspersonal ausgewählt zu werden. Drei Offiziere seien von der Auswahlkonferenz dem Zukunftspersonal zugeordnet worden, ohne jeweils über die Tropendienstverwendungsfähigkeit zu verfügen. Der Bundesminister der Verteidigung beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids und vertritt in der Sache die Auffassung, dass die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" schon deshalb gerechtfertigt gewesen sei, weil der Antragsteller das zwingende Erfordernis der Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht erfülle. Hinsichtlich der drei von ihm namentlich benannten Offiziere habe sich herausgestellt, dass diese nicht über die erforderliche Tropendienstverwendungsfähigkeit verfügten. Insoweit habe er das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr beauftragt, bei diesen Offizieren die weitere Zugehörigkeit zum "Zukunftspersonal Heeresflieger" unter besonderer Berücksichtigung der Dauer ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu überprüfen. Im Übrigen stelle die Auswahl von Soldaten im Rahmen der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" kein Kriterium für höherwertige Verwendungen dar, sondern lediglich ein Planungsinstrument zur Reglementierung der fliegerischen Inübunghaltung. Auch die Soldaten, die als "Nicht-Zukunftspersonal" identifiziert worden seien, könnten bei entsprechender Eignung, Befähigung und Leistung sowie bei dienstlichem Bedarf eine Förderung erfahren. Der Antragsteller habe im Rahmen der Perspektivkonferenz die Förderperspektive A 12 erhalten. Er werde auch künftig für zu besetzende Dienstposten der Dotierungshöhe A 12 mitbetrachtet werden; soweit er sich im Eignungs- und Leistungsvergleich durchsetzen könne, werde er auch ausgewählt und gefördert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: .../13 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat lediglich den - prozessualen - Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Dies hat er auch im gerichtlichen Verfahren nicht nachgeholt. Im Kern richtet sich sein Rechtsschutzbegehren gegen die Entscheidung der Personalauswahlkonferenz "Zukunftspersonal der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal -" (im Folgenden: Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal"), ihn nicht dem "Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal - zuzuordnen. Sein Vorbringen ist daher - auch unter Berücksichtigung seines Neubescheidungsbegehrens in der Beschwerde vom 4. Dezember 2012 - sach- und interessengerecht als Antrag auszulegen, die ihm mit Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 31. Oktober 2012 eröffnete Ablehnungsentscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" und den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 31. Januar 2013 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, dem "Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal - zuzuordnen, hilfsweise, über seine Zuordnung zu diesem Zukunftspersonal unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. 1. Mit diesem Inhalt ist der Sachantrag zulässig. a) Für den Antrag ist das Bundesverwaltungsgericht sachlich zuständig. Nach § 21 Abs. 1 WBO ist das Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung von Entscheidungen des Bundesministers der Verteidigung berufen, die dieser als truppendienstliche Erstmaßnahmen oder als Beschwerdeentscheidungen erlässt. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat mit dem angefochtenen Beschwerdebescheid als gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Stelle über den Rechtsbehelf gegen die (nicht status-, sondern verwendungsbezogene) Entscheidung einer Auswahlkonferenz entschieden, die beim Personalamt der Bundeswehr angesiedelt ist. In der vom Inspekteur des Heeres am 3. September 2012 gebilligten Vorlage mit dem "Kriterien- und Maßnahmenkatalog" ist unter Abschnitt II Nr. 3 festgelegt, dass die Auswahl des Zukunftspersonals der Heeresfliegertruppe durch eine Personalauswahlkonferenz unter der Leitung des Abteilungsleiters I des Personalamts der Bundeswehr erfolgt. Korrespondierend dazu hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - in seiner Vorlage an den Senat die Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" als "Konferenz des Personalamts der Bundeswehr" bezeichnet; dementsprechend sind die für die Auswahlentscheidung relevanten Unterlagen auch vom Personalamt vorgelegt worden. b) Die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal", einen Soldaten nicht dem "Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal - (und auch nicht dem Reservepersonal) zuzuordnen, stellt eine anfechtbare dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO (hier in Verbindung mit § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) dar. aa) Der Bundesminister der Verteidigung stützt seine gegenteilige Auffassung darauf, dass den Ergebnissen und Entscheidungen der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" dieselbe Rechtsnatur zuzuschreiben sei wie den Ergebnissen der Perspektivkonferenzen; letztere berührten noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten und stellten keine gerichtlich isoliert angreifbaren Maßnahmen dar. Es trifft zwar zu, dass die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen und die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine gerichtlich isoliert angreifbaren Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO sind, weil sie als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von Personalentscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten berühren (vgl. Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59, vom 30. April 2008 - BVerwG 1 WB 44.07 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 71 und vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 72.09 - Rn. 16 m.w.N.). Einschränkend hat der Senat aber ausgesprochen, dass das Ergebnis der Perspektivkonferenzen eine - isoliert nach § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO - anfechtbare Maßnahme darstellt, wenn es als Entscheidung zu qualifizieren ist, durch die ein Soldat endgültig von jeder späteren höherwertigen Verwendung ausgeschlossen wird (Beschluss vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 19.07 - Rn. 19 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44>; vgl. auch Beschlüsse vom 11. Januar 1983 - BVerwG 1 WB 129.82 - BVerwGE 76, 50 <51>, vom 14. November 1995 - BVerwG 1 WB 44.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 5 S. 6 und vom 23. Oktober 2012 - BVerwG 1 WB 59.11 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 84 Rn. 32) oder wenn in sonstiger Weise schon aus dem mitgeteilten Ergebnis unmittelbar eine Rechtsverletzung des betroffenen Soldaten folgt, die sich nicht erst in einer nachfolgenden Verwendungsentscheidung manifestiert (Beschluss vom 27. April 2010 - BVerwG 1 WB 72.09 - Rn. 24). Diese Differenzierungen des individuellen Rechtsschutzes gegen Auswahlkonferenzergebnisse können auch zur Klärung der Rechtsnatur der hier strittigen Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" herangezogen werden. Dabei verwendet der Senat im Folgenden - in Anknüpfung an die Terminologie der vom General der Heeresfliegertruppe am 29. März 2013 erlassenen "Besonderen Anweisung für die Entpflichtung von Luftfahrzeugführern der Heeresfliegertruppe" - in Abgrenzung zum Begriff des "Reservepersonals" den Begriff "Nicht-Zukunftspersonal". bb) Im vorliegenden Verfahren stellt die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal", den Antragsteller dem "Nicht-Zukunftspersonal" zuzuordnen, allerdings keine Maßnahme dar, durch die der Antragsteller endgültig von jeder späteren höherwertigen Verwendung ausgeschlossen wird. Dies folgt einerseits aus der Erklärung des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - im Schriftsatz vom 10. Dezember 2013, der zufolge ein negatives Ergebnis der Auswahlkonferenz in keiner Weise förderliche Verwendungsplanungen und die Betrachtung der betroffenen Soldaten für höherwertige Verwendungen - im Fall des Antragstellers für Dienstposten der Dotierungshöhe A 12 - ausschließt. Auch die bereits zitierte "Besondere Anweisung für die Entpflichtung von Luftfahrzeugführern der Heeresfliegertruppe" vom 29. März 2013 enthält keine Regelungen, die eine Förderung des "Nicht-Zukunftspersonals" auf höherwertige Dienstposten verhindert. Im Gegenteil ergibt sich zum Beispiel für Soldaten, die fünf Jahre vor dem Ende ihrer Dienstzeit stehen, aus Anlage 2 der vom Inspekteur des Heeres am 3. September 2012 gebilligten Vorlage zur "Migration der Heeresfliegertruppe" mit dem "Kriterien- und Maßnahmenkatalog" ausdrücklich, dass die Umsetzung des vom Fähigkeitstransfer betroffenen und entpflichteten Personals auf besoldungsgerechte Dienstposten Vorrang vor anderen Maßnahmen, insbesondere vor Umsetzungen auf Planstellen des z.b.V.-Etats haben soll, um bei diesem Personenkreis eine "Spätförderung" zur Erreichung des Laufbahnziels nicht zu gefährden. cc) Aus dem Ergebnis der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal", einen Soldaten dem "Nicht-Zukunftspersonal" zuzuordnen, folgt aber in sonstiger Weise eine unmittelbare Rechtsverletzung des Betroffenen, die sich nicht erst in einer nachfolgenden Verwendungsentscheidung manifestiert. Unter diesem Aspekt stellt die Entscheidung der Auswahlkonferenz eine isoliert angreifbare Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO dar. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen: In der Sache bedeutet die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" über die Zuordnung eines Soldaten zum "Nicht-Zukunftspersonal" - anders als die Entscheidung einer Perspektivkonferenz, die lediglich eine besoldungsbezogene Perspektive ohne Bezug zu spezifischen Dienstposten ausspricht - zugleich die Entscheidung über die Änderung der konkreten Verwendung dieses Soldaten, nämlich über die Änderung seiner fliegerischen in eine nicht-fliegerische Verwendung. Die Zuordnung eines Soldaten zum "Nicht-Zukunftspersonal" - Fliegerischer Dienst - ist durch eine explizit dienstpostenbezogene Komponente geprägt, denn sie bewirkt unmittelbar, dass der betroffene Soldat seinen bisher innegehabten fliegerischen Dienstposten verliert. Das folgt in erster Linie aus dem "Kriterien- und Maßnahmenkatalog", der die Basis für die Auswahlentscheidung der Konferenz bildet. Danach entscheidet die Konferenz nach den Kriterien der gesundheitlichen Eignung des Kandidaten und des strukturellen Bedarfs und hat überdies explizit zu prüfen, ob der Kandidat "mit Perspektive und Verwendungsplanung realistisch wieder auf einem fliegerischen Dienstposten der neuen Struktur verwendbar" ist oder eben nicht. Damit hat die Konferenz bereits in ihrer Auswahlentscheidung mehrere elementare Komponenten des Personaleinsatzes im fliegerischen Dienst zu bewerten, deren Beurteilung sonst der personalbearbeitenden Stelle vorbehalten wäre. Im "Info-Brief" des Inspekteurs des Heeres vom 13. Juli 2012, den dieser als zuständiger Bedarfsträger für die Heeresfliegertruppe und - aufgrund der Kompetenzregelungen des Bundesministers der Verteidigung im Dresdner Erlass vom 21. März 2012 (Abschnitt II Nr. 4) - als zuständiger Vorgesetzter aller Soldaten seines Organisationsbereichs herausgegeben hat, ist im Übrigen als Konsequenz der notwendigen Veränderungen festgelegt, "dass etliche Besatzungen der Verbände in andere nicht-fliegende Verwendungen überführt werden müssen und, wie auch ein Teil der Inübunghalter, ihre Erlaubnisse und Berechtigungen verlieren werden". Dazu ergibt sich ergänzend aus der "Besonderen Anweisung für die Entpflichtung von Luftfahrzeugführern der Heeresfliegertruppe" vom 29. März 2013, dass auf der Grundlage der Personalkonferenz "Zukunftspersonal" zum Stichtag 1. Juni 2013 die Entpflichtung für das betroffene Personal ausgesprochen wird. Speziell für Luftfahrzeugführer im Status eines Berufssoldaten, die als "Nicht-Zukunftspersonal" qualifiziert worden sind, ist danach auf der Grundlage des Konferenzergebnisses ohne jede Einschränkung und ausnahmslos in Nr. 1.3.3 der Besonderen Anweisung die Entpflichtung zum 1. Juni 2013 angeordnet worden. Im Ergebnis legt damit bereits die Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" mit der Zuordnung eines Berufssoldaten zum "Nicht-Zukunftspersonal" fest, dass keine dienstliche Notwendigkeit besteht, diesen Soldaten weiter zur Inübunghaltung zu verpflichten. Die Entscheidung über die Verpflichtung zur Inübunghaltung, über deren Verlängerung, ihre Fortdauer oder ihre Aufhebung obliegt sonst - nach Beteiligung des zuständigen Bedarfsträgers - der zuständigen personalbearbeitenden Stelle (vgl. Nr. 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 des Erlasses "Verpflichtung zur Erhaltung der Erlaubnisse und Berechtigungen im fliegerischen Dienst der Bundeswehr" - BMVg Fü S I 1 - Az 19-02-08 - vom 26. Juni 2008 <VMBl 2008, S. 142>). Mit der Entpflichtung geht in der Regel die Anordnung der Einziehung des Militärflugzeugführerscheins Hubschrauber einher. Nach Nr. 176 ZDv 19/11 ist die fliegerische Akte Teil der Personalakte der Soldaten. Sie wird bei der Dienststelle geführt, der die jeweiligen Luftfahrzeugbesatzungen angehören oder der sie zum Flugdienst zugeordnet sind. Die fliegerische Akte ist an die zuständige personalbearbeitende Dienststelle abzugeben, wenn die fliegerische Verwendung beendet ist und keine Verpflichtung zur Erhaltung des fliegerischen Könnens mehr besteht. In diesem Fall ist der Akte das Original oder die beglaubigte Kopie des Militärflugzeugführerscheins/Militärfahrzeugbesatzungsscheins einschließlich des letzten gültigen Beiblatts beizufügen. Der abschließende Flugzeitennachweis gemäß Anlage 2 ist beizuheften und die fliegerische Akte ist abzuschließen. Vor dem Hintergrund dieser Regelungen hat die zuständige personalbearbeitende Stelle bei ihrer Entscheidung über die künftige Verwendung eines Soldaten, der dem "Nicht-Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe zugeordnet ist, kein originäres freies Ermessen mehr bei der Frage, ob dieser Soldat auf einem fliegerischen Dienstposten verbleiben oder nicht fliegerisch verwendet werden soll. Diese Auswahlentscheidung der personalbearbeitenden Stelle bezüglich der fachlichen Art der Verwendung eines fliegerisch ausgebildeten und eingesetzten Soldaten ist durch die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" nicht nur vorgeprägt, sondern mit der Zielrichtung einer notwendigen Wegversetzung bereits weitgehend vorweggenommen. Korrespondierend dazu legt der "Kriterien- und Maßnahmenkatalog" in Abschnitt II Nr. 4 fest, dass für Offiziere, die nicht zum Zukunftspersonal zählen, eine veränderte berufliche Planung erfolgen muss. Unter anderem wegen dieser erheblichen Konsequenzen wird den betroffenen Soldaten das Ergebnis der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" in einem förmlichen Bescheid mit dem Vermerk "Persönlich. Personalangelegenheit" eröffnet. Ein Soldat hat bei einer Versetzungsentscheidung unter Beachtung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Er kann die gerichtliche Überprüfung einer Versetzungsentscheidung unter anderem darauf beanspruchen, ob die zuständige Stelle ihre Entscheidung an den insoweit erlassenen ermessensbindenden Richtlinien, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften ausgerichtet hat. Dieser Rechtsschutz ist hier - vorverlagert - gegen die angefochtene Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" als truppendienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 WBO eröffnet, weil sie mit der Zuordnung eines Soldaten zum "Nicht-Zukunftspersonal" dessen Rechte berührt. Nichts anderes ergäbe sich, wenn die zuständige personalbearbeitende Stelle bei Soldaten, die dem "Nicht-Zukunftspersonal" zugeordnet sind, im Einzelfall aus Gründen eines erst nachträglich erkannten spezifischen Bedarfs vorläufig von einer Wegversetzung von dem bisherigen fliegerischen Dienstposten absehen sollte. In einer derartigen Konstellation unterwirft sich die personalbearbeitende Stelle einer neuen Forderung des Bedarfsträgers und trifft auch insoweit keine eigene Ermessensentscheidung. Genau deshalb ist in dem Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 31. Oktober 2012 auf die Möglichkeit einer neuen "Beratung" bei nachträglich auftretendem Bedarf hingewiesen worden. 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal", den Antragsteller dem "Nicht-Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerischer Dienst - zuzuordnen, ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Zuordnung zum "Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerischer Dienst - und auch nicht auf eine entsprechende Neubescheidung. a) Die Entscheidung begegnet keinen Bedenken hinsichtlich ihrer formellen Rechtmäßigkeit. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob die Entscheidung der Auswahlkonferenz hinreichend dokumentiert ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 = NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169) folgt bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus ausdrücklich auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41, vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 und vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 21.10 - Rn. 28). Zu den Auswahlentscheidungen, die am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG bzw. des § 3 Abs. 1 SG auszurichten sind, gehören auch die Entscheidungen über einen Laufbahnaufstieg (BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2008 - 2 BvR 2571/07 - NVwZ 2009, 389 = juris Rn. 10) und über die militärische Laufbahnzulassung bzw. den Laufbahnwechsel (Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 - Rn. 25 und vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 - Rn. 37 <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 5>). Sie unterliegen ebenfalls der Dokumentationspflicht. Im vorliegenden Verfahren geht es indessen weder um die Konkurrenz um höherwertige Dienstposten noch um einen Laufbahnaufstieg noch um die Frage der Zulassung zu einer militärischen Laufbahn oder um einen Laufbahnwechsel, sondern um eine Auswahl, welcher Soldat in einer fliegerischen Verwendung verbleiben darf. Der Senat kann offenlassen, ob im vorbezeichneten Sinne eine förmliche Dokumentationspflicht für die Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" bestanden hat. Denn der entscheidende Sinn und Zweck der Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen, einerseits einem nicht ausgewählten Soldaten die Möglichkeit der Kenntnisnahme der Gründe für die Ablehnung und andererseits dem Gericht die Möglichkeit der eigenständigen Nachvollziehung der angegriffenen Entscheidung zu eröffnen (Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 jeweils Rn. 35), ist hier erfüllt. In den Konferenzunterlagen des Personalamts der Bundeswehr ist der ausschlaggebende Grund für die Zuordnung des Antragstellers zum "Nicht-Zukunftspersonal" - Fliegerischer Dienst - vermerkt; dieser Grund ist auch im weiteren Verlauf des Verfahrens wiederholt vom Bundesminister der Verteidigung bekräftigt worden. Danach hat den Ausschlag der Umstand gegeben, dass der Antragsteller nicht über die Tropendienstverwendungsfähigkeit verfügt. b) Die Entscheidung der Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" ist auch materiell rechtmäßig. aa) Rechtsgrundlagen für die angefochtene Entscheidung sind der vom Inspekteur des Heeres am 3. September 2012 gebilligte "Kriterien- und Maßnahmenkatalog" und die vom General der Heeresfliegertruppe am 19. Juli 2012 erlassene "Besondere Anweisung für den fliegerischen Dienst im Heer". Zum Erlass des "Kriterien- und Maßnahmenkataloges" und zu weiteren Weisungen an den General der Heeresfliegertruppe war der Inspekteur des Heeres aufgrund der ihm im Dresdner Erlass vom 21. März 2012 vom Minister zugewiesenen Kompetenz- und Vorgesetztenstellung ermächtigt. bb) Nach dem "Kriterienkatalog Zukunftspersonal" dürfen bei den Kandidaten für das Zukunftspersonal "keine dauerhaften flugmedizinischen oder medizinischen Einschränkungen oder Ausschlüsse in der Verwendungsfähigkeit (Kriterien wie z.B. Tropenverwendungsfähigkeit) und dazugehörig kein dauerhafter Ausschluss für Überlebenslehrgänge und einsatzvorbereitende Ausbildung" vorliegen. Nach Nr. 2 der "Besonderen Anweisung für den fliegerischen Dienst im Heer" stellt unter anderem die Tropendienstverwendungsfähigkeit eine zwingende Vorgabe für die Besetzung fliegerischer Dienstposten dar. Der Antragsteller ist unstreitig nicht tropendienstverwendungsfähig. Dies ergibt sich aus den im Sachverhalt mitgeteilten Ärztlichen Mitteilungen für die Personalakte, in denen das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe seit 1999 durchgehend bis zum 21. September 2012 festgestellt hat, dass der Antragsteller nicht tropendienstverwendungsfähig ist und dass die ihm für die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit II erteilte Sondergenehmigung die Tropendienstverwendungsfähigkeit nicht einschließt. Der Antragsteller hat im Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. Juli 2013 ebenfalls eingeräumt, dass er nicht tropendienstverwendungsfähig ist. Die von ihm offenbar gewünschte Einzelfallentscheidung nach Maßgabe der Nr. 2, 2. Absatz der zitierten Besonderen Anweisung kommt nur in Betracht, wenn "Einschränkungen" der Verwendungsfähigkeit vorliegen. Bei einem totalen Fehlen der Verwendungsfähigkeit, hier der Tropendienstverwendungsfähigkeit, ist aber eine derartige Ausnahmegenehmigung nicht möglich. Es ist danach nicht ermessensfehlerhaft, dass die Auswahlkonferenz "Zukunftspersonal" den Antragsteller wegen fehlender Tropendienstverwendungsfähigkeit dem "Nicht-Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerischer Dienst - zugeordnet hat, ohne insoweit die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung in Erwägung zu ziehen. Das Flugmedizinische Institut der Luftwaffe hat die Erteilung einer derartigen Ausnahme- bzw. Sondergenehmigung für den Antragsteller bereits seit Jahren geprüft und stets, zuletzt am 21. September 2012 und damit unmittelbar vor der Auswahlkonferenz abgelehnt. Die vom Antragsteller genannten drei Berufungsfälle durchbrechen nicht die Selbstbindung des Inspekteurs des Heeres und des Generals der Heeresfliegertruppe in den genannten Regelungen und Anweisungen. Denn der Bundesminister der Verteidigung, dem die drei Fälle nach eigener Darstellung nicht bekannt waren, hat nach deren Bekanntgabe durch den Antragsteller unverzüglich mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2013 mitgeteilt, dass er das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr beauftragt habe, bei diesen Offizieren die weitere Zugehörigkeit zum Zukunftspersonal Heeresflieger unter besonderer Berücksichtigung der Dauer ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zu überprüfen. Für diese drei Offiziere hat der Bundesminister der Verteidigung also nicht pauschal eine Ausnahme von dem Erfordernis der Tropendienstverwendungsfähigkeit ausgesprochen, sondern ausdrücklich an der Bewertung festgehalten, dass eine fehlende dauerhafte Tropendienstverwendungsfähigkeit die Zuordnung zum "Zukunftspersonal" der Heeresfliegertruppe - Fliegerisches Personal - ausschließt.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020248&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020249
BVerwG
2. Wehrdienstsenat
20140116
2 WD 31/12
Urteil
§ 1 Abs 3 SG, § 7 SG, § 14 Abs 1 S 1 SG, § 17 Abs 2 S 1 SG, § 19 Abs 1 S 1 SG, § 23 Abs 1 SG, § 16 WDO 2002, § 17 Abs 2 WDO 2002, § 17 Abs 3 WDO 2002, § 17 Abs 4 WDO 2002, § 38 Abs 1 WDO 2002, § 58 Abs 2 Nr 4 WDO 2002, § 63 Abs 3 S 1 WDO 2002, § 65 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 84 Abs 1 S 1 WDO 2002, § 84 Abs 1 S 2 WDO 2002, § 106 Abs 1 WDO 2002, § 107 Abs 2 S 1 WDO 2002, § 139 Abs 2 WDO 2002, § 140 Abs 2 S 2 WDO 2002, § 331 Abs 1 StGB, § 332 Abs 1 StGB, § 353b Abs 1 Nr 1 StGB, § 48 Abs 1 WStrG, § 4 Abs 1 Nr 1 SVorgesV, § 4 Abs 3 SVorgesV
vorgehend Truppendienstgericht Nord, 23. Mai 2012, Az: N 2 VL 11/11, Urteil
DEU
Lösung von strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen; inhaltsleeres Formalgeständnis; Vorteilsannahme; Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen
1. Beruhen die tatsächlichen Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen Strafurteils auf einem inhaltsleeren Formalgeständnis, dessen Vereinbarkeit mit dem Ermittlungsergebnis das Strafgericht nicht geprüft hat, hat ein Wehrdienstgericht Anlass, nach § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO (juris: WDO 2002) die nochmalige Prüfung der Feststellungen zu beschließen. 2. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist bei einer Vorteilsannahme jedenfalls dann die Höchstmaßnahme, wenn ein Stabsoffizier und Dezernatsleiter einen fünfstelligen Euro-Betrag annimmt.
Der 1948 geborene frühere Soldat trat 1968 den Dienst in der Bundeswehr als Offizieranwärter an. Er wurde 1971 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten berufen. Zuletzt wurde er 1994 zum Oberstleutnant befördert und Anfang 2000 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seine Dienstzeit endete zum 30. September 2006. Der frühere Soldat war nach zahlreichen Verwendungen ab Mai 2001 beim A als Dezernatsleiter ..., eingesetzt. In dieser Funktion war er - in Zusammenarbeit mit dem Einsatzunterstützungskommando - mitverantwortlich für das Erstellen von Leistungsbeschreibungen für Lufttransporte, auf deren Basis das Bundesamt für Wehrverwaltung (BAWV) die benötigten Leistungen ausschrieb und die entsprechenden Verträge mit Speditionsfirmen schloss. Ab Oktober 2002 übernahm das Logistikzentrum der Bundeswehr diese Aufgabe des vom früheren Soldaten geleiteten Dezernats. Mit Verfügung des Befehlshabers A vom 20. Dezember 2004 wurde der frühere Soldat wegen des streitgegenständlichen Sachverhalts ab dem 23. Dezember 2004 bis zu seinem Dienstzeitende vorläufig des Dienstes enthoben. Ab dem 1. Februar 2005 wurde die Hälfte seiner Dienstbezüge einbehalten; die Einbehaltung eines Teils der Versorgungsbezüge wurde nicht angeordnet. Die Leistungen des früheren Soldaten wurden in der letzten planmäßigen Beurteilung vom 22. August 2001 viermal mit der seinerzeit höchsten Wertungsstufe "7", einmal mit der Wertungsstufe "5" und im Übrigen mit der Wertungsstufe "6" bewertet. Ergänzend ist im Wesentlichen ausgeführt, der Soldat setze sich beispielhaft und überaus erfolgreich für die Erreichung gesetzter Ziele ein, gebe auch bei wachsenden Widerständen nicht auf und erreiche mit Tatkraft, Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit stets herausragende Ergebnisse. Seine stark ausgeprägte Expertise führe insbesondere bei der Planung von Verlegeoperationen zu allseitiger Anerkennung. Der Soldat überzeuge durch eine konstruktive, selbstständige und vorausschauende Aufgabenwahrnehmung. Er habe neben seiner unmittelbaren Zuständigkeit auch in "ad hoc"-Arbeitsgruppen beispielhaft und mit hohem zeitlichen Aufwand mitgewirkt. Unermüdlicher Fleiß und kreative Ideen seien seine herausragenden Merkmale. In der Eignungs- und Befähigungsbeurteilung erhielt der frühere Soldat für das Merkmal "Verantwortungsbewusstsein" die höchste Wertung "E". Dazu heißt es, der Soldat sei ein Stabsoffizier mit sehr stark ausgeprägtem Verantwortungs- und Pflichtbewusstsein sowie beispielhafter Loyalität. Er nehme seinen Aufgabenbereich eigenständig und professionell wahr, biete sich über den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich hinaus in wohltuender Weise an und fühle sich für den Gesamtauftrag verantwortlich. Die weiteren Merkmale wurden mit "D" bewertet. Der Soldat sei ein selbstbewusster, tatkräftiger, durchsetzungsfähiger und ehrgeiziger Stabsoffizier. Seine erkennbare Freude an der beruflichen Aufgabenstellung strahle auf sein gesamtes Umfeld aus und wirke auf Mitarbeiter motivierend. Seine Expertise solle zukünftig durch herausgehobene Verwendungen auf der A 16-Ebene oder einem Dienstposten des Generalstabsdienstes gefördert werden. Der nächsthöhere Vorgesetzte des früheren Soldaten und seinerzeitige Abteilungsleiter der Abteilung ... im A, Brigadegeneral a.D. Schw., hat dessen Förderungswürdigkeit mit der zweithöchsten Stufe "D" festgesetzt und hervorgehoben, der Soldat verstehe es durch sein ausgezeichnetes Planungsverhalten und sein hervorragendes organisatorisches Können in ganz außergewöhnlichem Maße, seine Mitarbeiter zu sehr guten Leistungen anzuhalten. Er schätze dessen Fähigkeiten als Verhandlungsführer und guter Motivator. Vor dem Truppendienstgericht hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ergänzend ausgeführt, der frühere Soldat habe seinen Zuständigkeitsbereich perfekt beherrscht. Er sei hoch motiviert und aufgrund seiner Leistungen auch für eine Verwendung als Leiter der Abteilung "Verkehr- und Transport" geeignet gewesen. Allerdings hätte er vor Übernahme dieser Funktion an seinem Führungsverhalten arbeiten müssen. In der Berufungshauptverhandlung hat der Zeuge erläutert, der frühere Soldat sei ein Offizier gewesen, der auch kantige Seiten gehabt habe und gut habe verhandeln können. Es sei allerdings nicht immer einfach mit ihm gewesen. Auch wenn er selbst ein gutes Verhältnis zu ihm gehabt habe, habe er sich in Gespräche des früheren Soldaten mit anderen Institutionen gelegentlich einschalten müssen; dies habe auch das BAWV betroffen. Dem früheren Soldaten wurden vier förmliche Anerkennungen erteilt. Die letzte erhielt er im April 2002 für sein beispielhaftes Engagement und seine außergewöhnliche Einsatzbereitschaft im Zusammenhang mit der in den streitbefangenen Zeitraum fallenden Planung und Sicherstellung des Deutschen Anteils am Lufttransport für Afghanistan. Nach der Auskunft aus dem Zentralregister vom 12. September 2013 ist der frühere Soldat, von der sachgleichen Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat und Geheimnisverrat in zwei Fällen abgesehen, strafrechtlich nicht vorbelastet. Der verheiratete frühere Soldat erhält nach dem Stand September 2013 ein monatliches Ruhegehalt von 4 327,50 € brutto und 3 681,01 € netto. Seine erwachsenen Kinder sind finanziell unabhängig. Neben einem Einfamilienhaus in M. (Wohnsitz) und einem vermieteten Reihenhaus in S., deren Eigentümer er jeweils zur Hälfte ist, ist er Alleineigentümer eines Apartmenthauses auf Rügen ("..."). Sein Jahresgesamteinkommen beziffert er mit ca. 100 000 € netto. Die monatliche Belastung für die Finanzierung des Apartmenthauses liegt bei ca. 8 500 €. 1. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts ... (Strafgericht) vom 19. Oktober 2007 (Strafurteil) wurde der frühere Soldat wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat und Geheimnisverrat in zwei Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Die von der Staatsanwaltschaft gegen das Strafurteil eingelegte Berufung wurde zurückgenommen. Der Zeuge Schm. wurde 2006 wegen Bestechung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Vor der Verkündung des Strafurteils in der Hauptverhandlung am 19. Oktober 2007 hatten am 8. Dezember 2006 und am 27. Juni 2007 Hauptverhandlungen stattgefunden. Zu keiner der Hauptverhandlungen, in der der frühere Soldat von einem anderen Rechtsanwalt verteidigt worden war, waren Zeugen geladen worden, obwohl die Anklageschrift als Beweismittel 19 Zeugen benannt hatte. Im Protokoll zur Verhandlung vom 8. Dezember 2006 ist vermerkt, dass sich alle Verfahrensbeteiligten vor Verlesung der Anklageschrift zu einem Rechtsgespräch zurückgezogen hätten. Vor dem Vertagungsbeschluss ist die Feststellung, dass die Sache nicht zu Ende verhandelt werden könne, protokolliert. Im Protokoll zur Verhandlung vom 27. Juni 2007 findet sich vor einem weiteren Vertagungsbeschluss die Feststellung, dass die Akte noch beim Rentenamt sei. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung am 19. Oktober 2007 erklärte der Verteidiger des früheren Soldaten unter anderem, dass "der Anklage nicht entgegentreten werde". Die Anklagevorwürfe seien "voll umfänglich zutreffend". Sein Mandant habe einen Fehler gemacht, indem er 25 056 € angenommen habe; weitere ihm angelastete Beträge habe er aber zurückgewiesen. Das Gericht wies in der Sitzung darauf hin, dass eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Geheimnisverrat in Betracht komme, und stellte das Verfahren hinsichtlich des Anklagepunktes 4 ein. Zu einer förmlichen Beweisaufnahme kam es nicht. Der frühere Soldat erklärte abschließend, sich den Ausführungen seines Verteidigers anzuschließen. In den Urteilsgründen, die wörtlich den in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft ... (vom 8. November 2006) enthaltenen Formulierungen von den dem früheren Soldaten zur Last gelegten Taten entsprechen und sich auch zum Anklagepunkt 4 verhalten, heißt es ausschließlich, die tatsächlichen Feststellungen beruhten auf der umfänglichen geständigen Einlassung des früheren Soldaten. Hinsichtlich der Strafzumessung sei es deshalb vertretbar, bei der Bestechlichkeit die Mindeststrafe von 6 Monaten um lediglich 2 Monate zu erhöhen, weil der frühere Soldat dem Gericht durch sein Geständnis eine umfangreiche Beweisaufnahme erspart habe. Im Rahmen einer richterlichen Vernehmung nach einer Festnahme des früheren Soldaten im Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit hatte dieser bereits am 16. Dezember 2004 erklärt: "Es ist richtig, dass ich die 25.000 Euro um die es hier geht von der Firma A. erhalten habe. Hintergrund dieser Zahlung war nicht die Bezahlung eines Mietzinses für Appartements auf Rügen. Die diesbezüglichen Verträge die man bei mir in der Küche gefunden hat, stimmen so nicht. Entgegen den Inhalt dieser Verträge war nie beabsichtigt das Mitarbeiter der Firma A. ein Appartement auf Rügen beziehen sollen. Mehr Geld als diese 25.000 Euro habe ich von der Firma A. nicht im Besitz. Es ist zwar versucht worden mir noch zweimal diese Summe zu überweisen, das habe ich aber zurück überwiesen. Das wollte ich nicht haben. Weder ich noch meine Frau, noch meine Kinder haben von der Firma A. bzw. der Firma M. oder einer Tochter oder Schwestergesellschaft der beiden weiteres Geld erhalten." 2. Der frühere Soldat wurde vor Einleitung des disziplinargerichtlichen Verfahrens am 17. Dezember 2004 angehört. Die Niederschrift über die Anhörung enthält den Hinweis, dass der frühere Soldat der Anhörung der Vertrauensperson widersprochen habe. Abschließendes Gehör wurde durch die Wehrdisziplinaranwaltschaft in der Form von Gelegenheit zu schriftlichen Stellungnahmen gewährt, die der Soldat mehrfach nutzte. 3. In dem durch den Befehlshaber A durch Verfügung vom 20. Dezember 2004 eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren legte die Wehrdisziplinaranwaltschaft in der dem früheren Soldaten am 7. März 2011 zugestellten Anschuldigungsschrift vom 28. Februar 2011 folgendes Dienstvergehen zur Last: "1. a) Der frühere Soldat übersandte dem Zeugen Schm. (damals Geschäftsführer des Speditionsunternehmens Firma M. <im weiteren nur: Firma M.>) am oder unmittelbar vor dem 18.01.2002 vorsätzlich den Entwurf seiner Bedarfsanforderung für den Auftrag ... (Stichworte: Bereitstellung von 10 Transportflügen mit Flugzeugen des Typs ... von ... nach ... im Zuge der Durchführung des Auslandseinsatzes 'Beteiligung der Bundeswehr an ISAF <International Security Assistance Force>' und 'Enduring Freedom <EF>'), der vom Zeugen Schm. überarbeitet wurde, mit der Folge, dass dessen Vorgaben zu den Ziffern 2. und 3. der 'Erläuterungen zum Leistungsinhalt' übernommen und zum Gegenstand der nachfolgenden Ausschreibung des Auftrags durch das Bundesamt für Wehrverwaltung (BAWV) gemacht wurden. hilfsweise: Nach Erhalt der Leistungsbeschreibung für den Auftrag ... des BAWV (Stichworte: Bereitstellung von 10 Transportflügen mit Flugzeugen des Typs ... von ... nach ... im Zuge der Durchführung des Auslandseinsatzes 'Beteiligung der Bundeswehr an ISAF und EF') - spätestens aufgrund der Übersendung per Fax am 18.01.2002 - 11:12 Uhr durch das BAWV an die Firma M. -, wurde diese in den Ziffern 1. sowie 4. bis 6. der 'Erläuterungen zum Leistungsinhalt' vom Zeugen Schm. (damals Geschäftsführer des Speditionsunternehmens Firma M.) für 'ok' sowie in den Ziffern 2. und 3. für änderungswürdig befunden. Die vom Zeugen Schm. oder einem anderen Angehörigen der Firma M. auf nicht näher feststellbare Weise sodann an den früheren Soldaten herangetragenen, aus der Sicht des Zeugen Schm. im Interesse seines Unternehmens für änderungswürdig befundenen Passagen wurden seitens des früheren Soldaten vorsätzlich bei der von ihm als Dezernatsleiter A zu verantwortenden Bedarfsforderung des A gegenüber dem BAWV zum nachfolgenden weiteren Auftrag ... (Stichworte: bis zu 78 Flüge mit ... oder bis zu 160 Flüge mit ... im Zeitraum 23./24.01. bis 01.04.2002 für die Strecke ... oder ... und bei Bedarf retour) eingebracht, an das BAWV mit Fax vom 18.01.2002 - 22:59 Uhr übersandt (Absenderkennung: A) und durch das BAWV bei der Ausschreibung des Auftrags ... vom 21.01.2002 unter 'Leistungsbeschreibung' bzw. Ziffer 2. der 'Erläuterungen zum Leistungsinhalt' mitberücksichtigt. Mit seinem Verhalten eröffnete der frühere Soldat der Firma M. in Person des Zeugen Schm. vorsätzlich die Möglichkeit, in wettbewerbswidriger Weise auf die von ihm zu verantwortende Bedarfsforderung des A gegenüber dem BAWV und damit auf das Vergabeverfahren Einfluss zu nehmen. b) Den als Verschlusssache (VS) 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuften Befehl des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr (EinsFüKdoBw) vom 18.01.2002 betreffend die Folgeverlegung von Truppen nach Afghanistan übermittelte der frühere Soldat noch am selben Tag per Telefax an die private Telefax-Nummer des Zeugen Schm. Die von dem Zeugen Schm. vertretene Firma M. war an den nachfolgenden Ausschreibungen des BAWV als Bieter beteiligt. Der frühere Soldat verschaffte der Firma M. durch sein Vorgehen Wettbewerbsvorteile zumindest in Form von Informationsvorsprüngen. hilfsweise: Der frühere Soldat übermittelte vorsätzlich eigenmächtig am 19.01.2002 - 13:02 Uhr per Telefax vom Faxgerät seines Dezernats aus (Absenderkennung: A) dem Zeugen Schm. (private TelefaxNummer: ...) den als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuften Entwurf des Befehls des EinsFüKdoBw 'Befehl für die Folgeverlegung EinsKtgt AFG im Rahmen einer 'International Security Assistance Force' in AFG (ISAF)' vom 18.01.2002 - in dem Art und Umfang des anstehenden Transportbedarfs detailliert dargestellt werden - bzw. ließ diesen vorsätzlich eigenmächtig übermitteln. Der frühere Soldat verschaffte damit der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument. Die Firma M. erlangte so als potentieller Bieter/Auftragnehmer für die im Weiteren zu vergebenden Lufttransportleistungen jedenfalls einen Informationsvorsprung gegenüber Mitbewerbern. 2. Der frühere Soldat kam im Laufe des Februar 2002 mit dem Zeugen Schm. überein, sich gegen Zahlung von Geld - getarnt als Mietzins für die Nutzung zweier im Eigentum des früheren Soldaten befindlicher Ferienappartements auf der Insel Rügen - für die Belange der Firma M. als potentiellem Auftragnehmer von durch die Bundeswehr zu vergebenden Aufträgen auf den Geschäftsfeldern der Firma M. so einzusetzen, dass der Firma M. hieraus Vorteile - zumindest in Form von Informationsvorsprüngen - gegenüber möglichen Wettbewerbern erwachsen sollten, und erhielt hierfür - veranlasst durch den Zeugen Schm. - einen Betrag in Höhe von € 25.056,-- auf sein Girokonto bei der ... Bank (Kontonummer: ...) überwiesen und am 24.05.2002 gutgeschrieben. In Erfüllung dieser Übereinkunft verhielt sich der frühere Soldat wie unter den nachfolgenden Ziffern 3. und 4. angeschuldigt. hilfsweise: Im Februar 2002 kamen der frühere Soldat und der Zeuge Schm. überein, dass der frühere Soldat vom Zeugen Schm. einen Geldbetrag - getarnt als Mietzins für die Nutzung zweier im Eigentum des früheren Soldaten befindlicher Ferienappartements auf der Insel Rügen - erhalten sollte. Der Zeuge Schm. verband mit der avisierten Zahlung tatsächlich allein die Erwartung, dass der frühere Soldat durch seine weitere Dienstausübung der Firma M. als potentiellem Auftragnehmer von durch die Bundeswehr zu vergebenden Aufträgen auf den Geschäftsfeldern der Firma M. Vorteile - zumindest in Form von Informationsvorsprüngen gegenüber möglichen Wettbewerbern verschaffen würde. Eine Nutzung der Ferienappartements war für den Zeugen Schm. zu keinem Zeitpunkt der Beweggrund für die später getätigte Zahlung. Dem früheren Soldaten war bewusst, dass die avisierte Zahlung - selbst wenn nicht ausschließlich, dann gleichwohl entscheidend - aufgrund der vorgenannten Erwartung erfolgen sollte. Er verhielt sich hiernach wie unter den nachfolgenden Ziffern 3. und 4. angeschuldigt und erhielt im Weiteren - veranlasst durch den Zeugen Schm. in Erfüllung der Übereinkunft - einen Betrag in Höhe von € 25.056,-- auf sein Girokonto bei der ... Bank (Kontonummer: ...) überwiesen und am 24.05.2002 gutgeschrieben. Der frühere Soldat nahm die Zahlung - mangels Remonstration/Rücküberweisung - zumindest konkludent an. 3. a) Der frühere Soldat übersandte bereits am 13.03.2002 per Telefax vorsätzlich dem Zeugen Schm. die Entwürfe der Leistungsbeschreibungen für die beiden Lose des späteren Transportauftrags ... des BAWV (Stichworte Los 1: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour // Stichworte Los 2: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour - beide Lose ab spätestens 01.04.2002 für zunächst sechs Monate), wohingegen die Mitbewerber von diesem Auftrag erst über die Ausschreibung durch das BAWV am 19.03.2002 erfuhren. hilfsweise: Der frühere Soldat ließ der Firma M. auf nicht näher feststellbare Weise vorsätzlich eigenmächtig zwischen dem 11.03.2002 und vor dem 19.03.2002 eine(n) ihn als Bearbeiter ausweisende(n), vom A an das EinsFüKdoBw gerichtete(n) 'Begleitzettel/Kurzmitteilung' vom 11.03.2002 inklusive in den Anlagen 1 und 2 gemachter Vorschläge für Leistungsbeschreibungen für weitere Lufttransportleistungen für ISAF - die später in die Leistungsbeschreibungen für die beiden Lose des am 19.03.2002 ausgeschriebenen Auftrags ... des BAWV mündeten (Stichworte Los 1: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour // Stichworte Los 2: bis zu zehn Flüge pro Woche mit ... von ... nach ... und retour - beide Lose ab spätestens 01.04.2002 für zunächst sechs Monate) - zukommen und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu dienstinternen Dokumenten. Die Firma M. erlangte so zumindest einen Informationsvorsprung gegenüber potentiellen Wettbewerbern. b) Er übermittelte vorsätzlich eigenmächtig am 22.03.2002 - 19:18 Uhr per Telefax von seinem privaten Telefax-Anschluss an den Zeugen Schm. (private Telefax-Nummer: ...) oder an die Firma M. ein den damals seinem Dezernat angehörenden Fregattenkapitän J. als Bearbeiter und Unterzeichner ausweisendes dienstinternes Schreiben (ohne Unterschrift) an das Vergabereferat des BAWV (BAWV ...) vom selben Tag betreffend die Vor- bzw. Nachläufe von den Depots zum APOE (airport of embarkation) ... bzw. ließ dieses vorsätzlich eigenmächtig übersenden und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument. c) Er übersandte vorsätzlich eigenmächtig am 09.04.2002 ein von ihm gefertigtes als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuftes Schreiben des A an das EinsFüKdoBw vom selben Tag betreffend den Einsatz der Bundeswehr im Ausland (Vergabe von Transportleistungen - vertragliche Grundlagen/Leistungsabruf/Abrechnungsprobleme bei OEF) und einen Vermerk (Rechtliche Aspekte aus Sicht A) an den Zeugen Schm. hilfsweise: Er übersandte vorsätzlich eigenmächtig am 09.04.2002 - 17:02 Uhr per Telefax vom Faxgerät seines Dezernats (Absenderkennung: A) ein ihn als Unterzeichner ausweisendes und als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuftes Schreiben des A an das EinsFüKdoBw vom 09.04.2002 betreffend den Einsatz der Bundeswehr im Ausland sowie einen ebenfalls als Verschlusssache 'VS - NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH' eingestuften Vermerk (Rechtliche Aspekte aus Sicht A) an die Firma M. (Telefax-Nummer: ...) bzw. ließ diese vorsätzlich eigenmächtig übersenden und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu dienstinternen Dokumenten. d) Er übersandte vorsätzlich eigenmächtig am 16.04.2002 - 17:42 Uhr per Telefax vom Faxgerät seines Dezernats (Absenderkennung: A) an die Firma M. (Telefax-Nummer: ...) u.a. eine von ihm unterzeichnete dienstliche 'Kurzmitteilung' des A an das EinsFüKdoBw ... vom 15.04.2002 betreffend die Sicherstellung der ISAF-Folgeversorgung - Destination Kabul, in der er ein diesbezügliches Angebot der Firma M. bewertet und eine Empfehlung gegenüber dem ... ausgesprochen hatte, bzw. ließ dieses vorsätzlich eigenmächtig übersenden und verschaffte so der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument. 4. Der frühere Soldat manipulierte Schriftverkehr zwischen der Firma M. und dem BAWV, indem er in Zusammenarbeit mit dem Zeugen Schm. und dem Zeugen H. - als Angehörigen der Firma M. - ein auf den 07.02.2002 datiertes Schreiben fingierte, nach dessen Inhalt eine Firma D. gegenüber der Firma M. über angeblich schlechte Erfahrungen mit der Fluglinie ... berichtete. Dieses Schreiben enthält eine von dem früheren Soldaten verfasste Passage, wonach die Firma D. gegenüber der Firma M. die Empfehlung ausspricht, '... für diese Operation nicht anzubieten'. Dieses Schreiben ist anschließend von der Firma M. an die Bundeswehr als Beleg für die vermeintliche Unzuverlässigkeit der Firma ... weitergeleitet worden. Dem früheren Soldaten ging es hierbei darum, eine vermeintlich höhere Zuverlässigkeit der Fluglinie A. darzustellen und damit die Beschränkung in den Leistungsverzeichnissen auf den Subunternehmer A. zu rechtfertigen. hilfsweise: Am 06.08.2002 empfahl der frühere Soldat dem Zeugen H. (damals Angehöriger der Firma M.) zu einem ihm vom Zeugen H. gezeigten, auf den 07.02.2002 datierten Entwurfsschreiben, in dem unter dem Kopf der Firma M. an den Zeugen Schm. gerichtet zum 'Einsatz von ... bei Charteroperationen' negativ berichtet wird, das Entwurfsschreiben dahingehend zu ändern, dass ein Dritter als Absender sowie zumindest sinngemäß der Satz: 'Aufgrund dieses Sachverhalts haben wir uns dazu entschlossen, Ihnen ... für diese Operation nicht anzubieten.' eingefügt werden sollte." 4. Mit Urteil vom 23. Mai 2012 hat das Truppendienstgericht dem früheren Soldaten das Ruhegehalt aberkannt und die Gewährung des Unterhaltsbeitrags ausgeschlossen. a) Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, es sehe sich an die strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen grundsätzlich gebunden. Dies gelte allerdings nicht hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 4, weil das Strafgericht das Verfahren insoweit eingestellt habe, und auch nicht hinsichtlich der Annahme in den Anschuldigungspunkten 1 a) und 1 b), die Übermittlung der Dokumente sei am oder vor dem 18. Januar 2002 erfolgt; insoweit handele es sich um einen offensichtlichen Fehler, sodass vom 19. Januar 2002 auszugehen sei. Außer zum Anschuldigungspunkt 4 fehle es auch hinsichtlich der Anschuldigungspunkte 3 b) und 3 d) an bindenden strafgerichtlichen Feststellungen. Hinsichtlich der sonstigen strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Lösungsbeschluss nicht vor. Es seien insbesondere keine offenkundigen Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Tatsachenfeststellungen des Strafgerichts unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen seien. Für die von dem früheren Soldaten behauptete rechtswidrige Urteilsabsprache ("Deal") ergäben sich weder aus den Urteilsgründen noch aus dem Protokoll Anhaltspunkte. Vor allem der Umstand, dass Staatsanwaltschaft und Verteidigung unterschiedliche Anträge gestellt und keinen Rechtsmittelverzicht erklärt hätten, spräche nicht dafür. Auch für ein sogenanntes "Formalgeständnis" ergäben sich keine Anhaltspunkte. Ein solches wäre grundsätzlich nur im Zusammenhang mit einem "Deal" sinnvoll. Vorliegend habe der frühere Soldat aber mangels eines "Deals" und wegen des Ziels der Staatsanwaltschaft, eine höhere Strafe zu erreichen, davon ausgehen müssen, dass das Urteil mit der Berufung angegriffen werde. Ebenso wenig ergäben sich aus dem Urteil und dem strafgerichtlichen Protokoll Hinweise, dass das Strafgericht seine Pflicht zur Würdigung der geständigen Einlassung verletzt habe. Es habe keinen Anlass gehabt, die Richtigkeit der Erklärung in Zweifel zu ziehen. Sie habe keinen plötzlichen Bruch in der Einlassung des früheren Soldaten dargestellt, sondern auf der Linie dessen gelegen, was er bereits am 16. Dezember 2004 vor dem Amtsgericht ... eingeräumt habe. b) Auf der Grundlage der bindenden Tatsachenfeststellungen und im Übrigen der eigenen Beweiswürdigung stehe fest, dass der frühere Soldat vom Anschuldigungspunkt 3 d) freizustellen und hinsichtlich des sonstigen angeschuldigten Verhaltens bis auf den Anschuldigungspunkt 1 b), der von ihm in der Form des hilfsweise angeschuldigten Vorwurfs vorsätzlich verwirklicht worden sei, jeweils der vorsätzlichen Begehung der hauptsächlich angeschuldigten Vorwürfe überführt sei. Der frühere Soldat habe damit vorsätzlich gegen die Pflicht verstoßen, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG), über die ihm bei seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren (§ 14 Abs. 1 Satz 1 SG), keine Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit anzunehmen (§ 19 Satz 1 SG), und sich so zu verhalten, dass er dem Ansehen der Bundeswehr und der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Dienst als Soldat erfordere (§ 17 Abs. 2 Satz 1, 2. Alternative SG). c) Das Dienstvergehen wiege außerordentlich schwer. Sein Schwerpunkt liege in der Entgegennahme der 25 056 €. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass ein Beamter oder Soldat, der sich bestechen oder sich erhebliche Vorteile für eine Amtshandlung gewähren lasse, grundsätzlich die Höchstmaßnahme verwirkt habe. Erschwerend trete hinzu, dass der frühere Soldat als Gegenleistung für die Zahlung Dritte über dienstinterne Vorgänge unterrichtet habe. Milderungsgründe in der Tat lägen nicht vor. Der frühere Soldat habe insbesondere nicht aus einer unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage heraus gehandelt. Sein Verhalten stelle sich auch nicht als persönlichkeitsfremde Entgleisung eines ansonsten untadeligen Soldaten dar. Auch seine langjährig erbrachten, sehr guten dienstlichen Leistungen rechtfertigten nicht, von der Höchstmaßnahme abzusehen. d) Der Gewährung eines Unterhaltsbeitrages bedürfe der frühere Soldat wirtschaftlich nicht. 5. Gegen das dem früheren Soldaten am 28. Juni 2012 zugestellte Urteil hat er am 16. Juli 2012 vollumfänglich Berufung einlegen und sie mit am Montag, dem 30. Juli 2012 beim Truppendienstgericht eingegangenen Schriftsatz im Wesentlichen wie folgt begründen lassen: a) Das Truppendienstgericht hätte sich von den strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen in vollem Umfange lösen müssen. Die Urteilsgründe des Strafurteils enthielten keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite. Hinzu trete vor allem, dass das Strafgericht seine (sonstigen) Tatsachenfeststellungen auf die geständige Einlassung des früheren Soldaten gestützt habe, obwohl sie auf einem "gedealten" Geständnis beruhe. Soweit das Truppendienstgericht eine rechtswidrige Verständigung abgelehnt habe, sei dessen Deutung der scheinbar dagegen sprechenden Umstände sach- und lebensfremd. So hätte das Truppendienstgericht danach fragen müssen, warum schon in der ersten Verhandlung vor dem Strafgericht ein Rechtsgespräch geführt worden sei. Zusätzlich sei übersehen worden, dass zum Termin am 19. Oktober 2007 keine Zeugen geladen worden seien. Im Übrigen habe die Staatsanwaltschaft gegen das Strafurteil nur deshalb Berufung eingelegt, weil sich im Nachhinein neue Erkenntnisse ergeben hätten. Es sei zudem früher nicht unüblich gewesen, bei Urteilsabsprachen keinen Rechtsmittelverzicht zu erklären, um damit von ihnen abzulenken. Für eine rechtswidrige Urteilsabsprache spreche zudem, dass das Strafgericht in seine Urteilsgründe die Formulierungen der Anklageschrift wörtlich übernommen und Feststellungen zum Anklagepunkt 4 getroffen habe, obwohl insoweit das Verfahren eingestellt worden sei. Diese nachlässige Arbeitsweise erkläre sich nur mit der Erwartung des Strafgerichts, gegen das Urteil werde ohnehin kein Rechtsmittel eingelegt werden. b) Ungeachtet formaler Mängel - so sei etwa der truppendienstgerichtliche Hinweis auf die Bindung an die sonstigen Feststellungen im Strafurteil zu pauschal - sei das erstinstanzliche Urteil auch aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft. Zwar räume der frühere Soldat ein, dass die Übermittlung der Dokumente gemäß den Anschuldigungspunkten 3 a) und 3 b) durch ihn erfolgt sei. Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 2013 erklärte er, bezüglich der Anschuldigungspunkte 1 a), 1 b) und 3 a - 3 c) die eigentlichen Tathandlungen nicht zu bestreiten. c) Er habe aber schuldlos gehandelt. Das ergebe sich aus der Organisationsstruktur, der Aufgabenverteilung zwischen Bundesverteidigungsministerium (BMVg), Einsatzführungskommando (EinsFüKdo) und A, seinem ohne Entscheidungskompetenzen und erst auf der 5. (Durchführungs-)Ebene angesiedelten Verantwortungsbereich, dem zu einer engen Zusammenarbeit verpflichtenden Rahmenvertrag "Lufttransport" (aus dem Jahr 2000) sowie aus dem Verhalten seiner Vorgesetzten, die sein Verhalten gebilligt und damit gerechtfertigt hätten. Soweit es die Entgegennahme der 25 056 € betreffe, fehle es vor allem deshalb an einem schuldhaften Verhalten, weil es sich dabei um eine Mietzinszahlung für die Vermietung von zwei Apartments in der "..." ohne dienstlichen Zusammenhang gehandelt habe. Darüber hinaus sei die erstinstanzlich verhängte Disziplinarmaßnahme auch unverhältnismäßig.
1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 WDO). 2. Sie ist jedoch unbegründet. Das Rechtsmittel ist in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat daher auf der Grundlage eines fehlerfrei durchgeführten Verfahrens im Rahmen der Anschuldigung (a) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen (b), sie rechtlich zu würdigen (c) und unter Zugrundelegung der in § 38 WDO festgelegten Bemessungsfaktoren die angemessene Disziplinarmaßnahme zu verhängen (d) sowie über einen Unterhaltsbeitrag zu befinden (e). a) Die Anschuldigungsschrift ist für eine effektive Verteidigung hinreichend bestimmt. Der Senat interpretiert den Anschuldigungspunkt 2 trotz seines Satzes 2 nicht so, dass er Feststellungen nach den Anschuldigungspunkten 3 und 4 voraussetzt. Vielmehr ist eine Pflichtverletzung in der strafrechtlichen Form der Vorteilsannahme von Anschuldigungspunkt 2 erfasst und dieser ist nicht nur dann erfüllt, wenn sich die Unrechtsvereinbarung entsprechend den strafrechtlichen Anforderungen an Bestechlichkeit konkret auf rechtswidriges Tun entsprechend der Vorwürfe nach den Anschuldigungspunkten 3 und 4 bezieht. b) Gemäß § 123 Satz 3 in Verbindung mit § 106 Abs. 1 WDO hat auch das Berufungsgericht im Falle einer uneingeschränkt eingelegten Berufung zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind. Diese Aufklärungspflicht wird jedoch durch § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO eingeschränkt (vgl. Beschluss vom 15. März 2013 - BVerwG 2 B 22.12 - NVwZ-RR 2013, 557 <558>; zur Reichweite: Beschluss vom 27. März 2012 - BVerwG 2 WD 16.11 - Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr 6 = NZWehrr 2012, 254 = juris Rn. 19). Danach sind die tatsächlichen Feststellungen eines rechtskräftigen Urteils im Strafverfahren im Disziplinarverfahren, das denselben Sachverhalt zum Gegenstand hat, für das Wehrdienstgericht grundsätzlich bindend. Etwas anderes gilt jedoch gem. § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO dann, wenn das Wehrdienstgericht die nochmalige Prüfung solcher strafgerichtlichen Feststellungen beschließt, deren Richtigkeit es bezweifelt. Ein solcher Fall liegt hier vor. aa) Die Lösung von den tatsächlichen Feststellungen eines sachgleichen rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils ist auf Fälle beschränkt, in denen das Wehrdienstgericht sonst gezwungen wäre, auf der Grundlage offenkundig unzureichender oder inzwischen als unzutreffend erkannter Feststellungen zu entscheiden. Die Wehrdienstgerichte sind nach ihrer Zuständigkeit und Funktion keine Überprüfungsinstanz für Strafurteile. Für einen Lösungsbeschluss ausreichende Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen bestehen dann, wenn die strafgerichtlichen Feststellungen in sich widersprüchlich oder sonst unschlüssig sind, im Widerspruch zu den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen stehen oder aus vergleichbar gewichtigen Gründen offenkundig unzureichend sind. Offenkundig unzureichend sind strafgerichtliche Feststellungen, wenn sie in einem entscheidungserheblichen Punkt unter offenkundiger Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind. Dies kann der Fall sein, wenn der Soldat geltend macht, dem strafgerichtlichen Urteil liege ein "Deal" zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, der den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine Verfahrensabsprache nicht genüge (Urteil vom 14. März 2007 - BVerwG 2 WD 3.06 - BVerwGE 128, 189 <191> = NZWehrr 2007, 212 <213>; vgl. zum Deal allgemein: BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11 - NJW 2013, 1058 ff. sowie nachfolgend BGH, Urteile vom 10. Juli 2013 - 2 StR 195/12 - NJW 2013, 3046 ff. sowie 2 StR 47/13, NJW 2013, 3045) oder ein Formalgeständnis zugrunde (Beschluss vom 1. März 2013 - BVerwG 2 B 78.12 - NVwZ-RR 2013, 559 ff.). Dabei kommt ein Lösungsbeschluss nur in Betracht, wenn sich die Zweifel an der Richtigkeit aus dem Urteil selbst oder in Verbindung mit dem Protokoll der Hauptverhandlung ergeben (vgl. Urteile vom 7. Februar 2013 - BVerwG 2 WD 36.12 - Rn. 29 m.w.N. und vom 15. März 2013 - BVerwG 2 WD 15.11 - Rn. 24 m.w.N). Hiernach war vorliegend ein Lösungsbeschluss geboten. Das Strafgericht hat vorliegend wesentliche Verfahrensvorschriften offenkundig verletzt, weil es seine Überzeugung von der Schuld des Angeklagten allein auf ein inhaltsleeres Formalgeständnis gestützt und nicht geprüft hat, ob dieses mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren, in sich stimmig ist und die getroffenen Feststellungen trägt. Ein inhaltsleeres Formalgeständnis liegt vor, wenn die selbstbelastende Einlassung nicht wenigstens so konkret ist, dass geprüft werden kann, ob sie derart im Einklang mit der Aktenlage steht, dass sich hiernach keine weitergehende Sachaufklärung aufdrängt (BGH, Beschluss vom 3. März 2005 - GSSt 1/04 - BGHSt 50, 40 = juris Rn. 42). Hiernach ist ein inhaltsleeres Formalgeständnis jedenfalls dann anzunehmen, wenn es nicht über eine formelhafte Wiederholung von Rudimenten des Anklagesatzes hinausgeht und nur pauschal dessen Richtigkeit zugesteht. So liegt der Fall hier: Das Strafgericht hat seine Tatsachenfeststellungen auf die Erklärung des seinerzeitigen Verteidigers des früheren Soldaten gestützt, der Anklage werde "nicht entgegengetreten". Die Anklagevorwürfe "seien voll umfänglich zutreffend". Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Verteidiger des Weiteren vorgetragen, "dass sein Mandant einen Fehler gemacht (habe), indem er den hier in Rede stehenden Betrag angenommen habe (25.056 €)". Selbst wenn man Bedenken, ob damit überhaupt eine eigenständige Aussage des früheren Soldaten vorliegt, angesichts seiner abschließenden Erklärung, er schließe sich den Ausführungen seines Verteidigers an, in der Annahme einer dadurch nachträglich erteilten Genehmigung der Einlassung des Verteidigers zurückstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 3 StR 176/05 - NStZ-RR 2005, 353; Stuckenberg in: Kleinknecht/Müller/Reitberger, Kommentar zur Strafprozessordnung (Stand: August 2013), § 261 Rn. 54 i.V.m. Rn. 51), fehlt es ihr weiterhin an Substanz. Dies ist offensichtlich, soweit sich die Erklärung des Verteidigers in der Aussage erschöpft, der Anklage werde nicht entgegengetreten; insoweit wird nicht einmal ein Geständnis im strafprozessualen Sinne vorgelegen haben (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 a.a.O. S. 1063 Rn. 70). Aber auch die Erklärung, die Anklagepunkte "seien voll umfänglich zutreffend" und der frühere Soldat habe durch die Annahme der 25 056 € einen Fehler gemacht, verleiht der geständigen Einlassung keinen originären Inhalt. Dies ist wiederum offensichtlich, soweit es die Anklagepunkte Dokumentenübermittlung betrifft, auf die völlig pauschal Bezug genommen wird; nichts anderes gilt aber auch für den Anklagepunkt, der die Entgegennahme des Geldes betrifft. Die schlichte Einlassung, durch die Annahme von 25 056 € einen Fehler gemacht zu haben, lässt insbesondere nicht ansatzweise Rückschlüsse auf den subjektiven Tatbestand, insbesondere auf eine Unrechtsvereinbarung zu. Die Beschränkung der Beweiswürdigung auf den Hinweis auf das Geständnis genügt insbesondere dann nicht, wenn aufgrund der Komplexität und der zahlreichen Details des festgestellten Sachverhaltes Zweifel bestehen können, dass der Angeklagte an das Tatgeschehen eine auch in den Einzelheiten genügende Erinnerung hat (BGH, Beschluss vom 15. April 2013 - 3 StR 35/13 - juris Rn. 7 m.w.N.). Hier lag dem Strafverfahren eine inhaltsreiche Anklageschrift mit einer Vielzahl komplexer und sich über einen längeren Zeitraum hinziehender Tathandlungen zugrunde. Wegen dieser Komplexität der Vorwürfe genügt eine Beweiswürdigung, die - wie hier im Strafverfahren - allein auf eine pauschale geständige Einlassung gestützt wird, nicht den Mindestanforderungen an eine rechtsstaatlichen Grundsätzen genügende richterliche Überzeugungsbildung. bb) Als Ergebnis der demnach vom Berufungsgericht durchzuführenden Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats in tatsächlicher Hinsicht fest: aaa) zum Anschuldigungspunkt 2: a) Dem früheren Soldaten ist ausweislich der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Unterlagen auf Veranlassung des Zeugen Schm., bei dem es sich um den Geschäftsführer der mit der Bundeswehr vertraglich verbundenen Firma M. handelt, auf seinem Konto ... bei der ... Bank am 24. Mai 2002 ein Betrag von 25 056 € gutgeschrieben worden. Dem früheren Soldat war die wirtschaftliche Urheberschaft der Zahlung auch bekannt. Der frühere Soldat hat sich in der Berufungshauptverhandlung insoweit erneut geständig eingelassen. An der Richtigkeit dieser geständigen Einlassung bestehen keine Bedenken, da der frühere Soldat ausweislich des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten, bei ihm im Rahmen der bei ihm im Strafverfahren durchgeführten Hausdurchsuchung beschlagnahmten E-Mail-Verkehrs zwischen einem Herrn K. und Herrn Schm. von der Transaktion und der wirtschaftlichen Urheberschaft wusste. Insbesondere der dortige, vom Zeugen Schm. in der Berufungshauptverhandlung als seine Handschrift und Paraphe bestätigte Zusatz auf dessen Fax vom 22. Mai 2002, 19:14, an den früheren Soldaten ("Lieber Herr ..., bedauere Verzögerung viele Grüße <Paraphe> Schm.") belegt, dass der frühere Soldat wusste, auf wessen Veranlassung ihm das als Absender die Firma A. ausweisende Geld bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zufloss. ß) Die 25 056 € sind dem früheren Soldaten nicht als Entgelt (Mietzins) für die Vermietung der in seinem Eigentum stehenden Appartements 8 und 10 in der Ferienanlage "..." an die Firma A. zugeflossen. Der frühere Soldat beruft sich insoweit zwar auf einen entsprechenden Mietvertrag, der durch die Vermittlung der Firma P. geschlossen worden sei; zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich dabei jedoch um einen Scheinmietvertrag. Der Senat gründet seine Überzeugung auf eine Gesamtschau folgender Sachverhaltskomponenten: Der frühere Soldat hat ausweislich seiner in die Berufungshauptverhandlung eingeführten richterlichen Vernehmung am 16. Dezember 2004 im strafgerichtlichen Ermittlungsverfahren dezidiert erklärt, Hintergrund für die Zahlung der 25 056 € sei nicht die Bezahlung eines Mietzinses für Appartements auf Rügen gewesen. Die bei ihm diesbezüglich gefundenen Verträge stimmten so nicht. Es sei nie beabsichtigt gewesen, dass Mitarbeiter der Firma A. ein Appartement beziehen sollten. Zwar hat der frühere Soldat diese richterlich protokollierte Aussage mit der Behauptung widerrufen, dass er sie seinerzeit angesichts des nahenden Weihnachtsfestes auf Anraten seines Rechtsanwalts abgegeben habe. Ob dem früheren Soldaten sein Verteidiger tatsächlich erklärt hat, er könne ein richterlich protokolliertes Geständnis durch eine einfache Erklärung später "wieder einfangen", mag dahingestellt bleiben; jedenfalls ist der Widerruf schon deshalb nicht plausibel, weil er ausweislich des ebenfalls in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Protokolls der Hauptverhandlung des Amtsgerichts ... vom 19. Oktober 2007 auch noch annähernd drei Jahre später und ohne sich der Gefahr einer Inhaftierung ausgesetzt zu sehen zumindest formal die Entgegennahme des Geldes erneut eingeräumt und als Fehler anerkannt hat. Soweit er auch dieses Verhalten auf ein entsprechendes Anraten seines Rechtsanwaltes stützt und erklärt, er habe in einer Verhandlung vor dem Strafgericht nichts Schlechtes über die Bundeswehr sagen, insbesondere nicht gegen einen so mächtigen Gegner antreten wollen, überzeugt dies den Senat nicht. Zum einen wiederholt sich damit ein bereits bekanntes Verteidigungsmuster ("Anraten des Verteidigers"); zum anderen befand sich der frühere Soldat im Jahre 2007 bereits im Ruhestand, sodass er durch die Bekanntgabe von für die Bundeswehr unangenehmen Umständen keine nachteiligen Auswirkungen im Dienst mehr zu befürchten gehabt hätte. Darüber hinaus hat die in die Berufungshauptverhandlung eingeführte polizeiliche Asservatenauswertung des Polizeipräsidiums ... vom 14. Januar 2005 ergeben, dass zahlreiche im Zusammenhang mit der Anbahnung des (vermeintlichen) Mietvertrags stehende Schreiben (in das Jahr 2001) vordatiert wurden, um einen zeitlichen Bezug zur Dienstverrichtung des früheren Soldaten im Jahre 2002 zu verschleiern. Soweit er dem entgegenhält, die Speicherung der Schreiben im Jahr 2002 erkläre sich mit einem defekten Computer und deren Neuerstellung damit, dass er sie auch für das Finanzamt benötigt habe, nimmt dies der Auswertung nicht ihre Überzeugungskraft. Denn der Einwand des früheren Soldaten erklärt nicht, warum er für die Steuererklärung selbst augenscheinlich unwichtige Schreiben - wie angeblich die seines Vaters - wiederhergestellt hat. Die Ehefrau des früheren Soldaten schließlich hat zwar in der Berufungshauptverhandlung von einer defekten Festplatte berichtet, konnte sich an den Zeitpunkt jedoch nicht mehr erinnern, ebenso wenig wie daran, welche Unterlagen verlorengegangen seien. Da sie jedoch erklärte, sie habe wegen der Vermietung seinerzeit die Korrespondenz geführt, hätte es nahe gelegen, sich an einen Computerabsturz zu erinnern, wenn er es notwendig gemacht hätte, steuerlich relevante Dokumente wiederherzustellen. Unstimmig ist ferner, dass der frühere Soldat ein auf die Begründung eines Mietverhältnisses ausgerichtetes Schreiben aus dem Jahre 2001 wiederhergestellt haben will, obwohl sich ein in die Berufungshauptverhandlung eingeführtes Originalschreiben der P. (an den Vater des früheren Soldaten), mit dem sie sich nach Vermietungsobjekten erkundigt, erst vom 14. Februar 2002 datiert. Fest steht des Weiteren, dass auch nach Aussage des früheren Soldaten und seiner in der Berufungshauptverhandlung als Zeugin vernommenen Ehefrau eine Nutzung der Appartements durch Angehörige der A. nicht stattgefunden hat. Darüber hinaus hat auch der Zeuge Schn. in der Berufungshauptverhandlung ausgeführt, ihm sei nicht bekannt, dass es im Jahre 2002 Dauermieter gegeben habe; dies hätte ihm gesagt werden müssen, weil er freie Appartements vor Ort vermieten durfte. Er könne sich auch nicht daran erinnern, dass die Appartements in den Jahren 2002/2003 für zwei Monate gesperrt gewesen seien. Soweit der frühere Soldat und dessen Ehefrau dem entgegenhalten, vertraglich sei es zulässig gewesen, die Appartements anderweitig zu vermieten, wenn sie von der A. nicht beansprucht würden, nimmt dies der gänzlich fehlenden Nutzung durch Angehörige der A. nicht die indizielle Bedeutung dafür, dass für den Zufluss der 25 056 € zu keinem Zeitpunkt eine Vermietung von Ferienwohnungen als Gegenleistung im Raum gestanden hat. Wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte es im Hinblick auf den erheblichen wirtschaftlichen Vorteil für die Eheleute nahegelegen, die in der Vereinbarung vorgesehene Verlängerungsoption zu nutzen. Warum dies nicht geschah, erschloss sich weder aus der Aussage des früheren Soldaten noch aus der seiner Ehefrau auch nur ansatzweise. y) Sowohl die Zahlung als auch die Entgegennahme der 25 056 € standen mit der dienstlichen Tätigkeit des früheren Soldaten in einem Zusammenhang der Gestalt, dass ein Klima allgemeinen Wohlwollens gegenüber der Firma M. im Rahmen der Amtsausübung geschaffen wurde. Sowohl der frühere Soldat als auch der Zeuge Schm. waren sich dessen bewusst. Der frühere Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung ausgesagt, ihm sei zwar bewusst gewesen, dass die Anweisung/Vermittlung durch Herrn Schm. erfolgt sei; nicht bewusst sei ihm allerdings eine Verbindung zwischen Geldzahlung und seinen dienstlichen Handlungen gewesen, er bestreite jede Verknüpfung zwischen der Geldzuwendung und seiner dienstlichen Tätigkeit. Zur Überzeugung des Senats handelt es sich dabei um eine Schutzbehauptung. Da zwischen dem früheren Soldaten und dem Zeugen Schm. nach beider Aussage in der Berufungshauptverhandlung keinerlei private Beziehung bestand, die die Zuwendung des Geldes als freundschaftlichen Akt der Hilfeleistung erklären könnte, steht kein anderes Zuwendungsmotiv als der berufliche Kontakt zwischen beiden im Raum. Dem entspricht, dass der Zeuge Schm. in der Berufungshauptverhandlung trotz massiver Erinnerungslücken ausgesagt hat, es habe schon Dinge gegeben, die über die Dienstpflichten hinausgegangen seien. Dass auch der frühere Soldat von einer unzulässigen Verknüpfung zwischen Dienstausübung und Entgegennahme des Geldes ausgegangen ist, wird daran deutlich, dass er durch die Erstellung eines fingierten Schriftverkehrs an der Vortäuschung eines Mietvertragsverhältnisses aktiv mitgewirkt und dabei nach eigener Einlassung in Kenntnis dessen gehandelt hat, dass der Geschäftsführer der den angeblichen Mietvertrag vermittelnden P. ebenfalls der Zeuge Schm. war, auf dessen Veranlassung ihm - wie ihm ebenfalls bekannt - der Geldbetrag zufloss. Für eine Verknüpfung zwischen Geldzufluss und dienstlicher Tätigkeit spricht ferner, dass der frühere Soldat ausweislich des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Aktenvermerks des Polizeipräsidiums ... vom 4./5. Oktober 2004 (einschließlich Anlage) und nach seiner in der Berufungshauptverhandlung, bereits aber auch anlässlich seiner richterlichen Vernehmung am 16. Dezember 2004 getätigten Aussage zwei weitere Zahlungen vom 20. November 2002 und 29. November 2002 am 25. November 2002 und am 5. Dezember 2002 jeweils rücküberwiesen hat. Dies erfolgte somit zu einem Zeitpunkt, zu dem er wegen des im Oktober 2002 erfolgten Übergangs der bislang seinem Dezernat obliegenden Aufgabe an das Logistikzentrum der Bundeswehr zur Firma M. sowie zu deren Geschäftsführer Schm. in keinem dienstlichen Kontakt mehr stand, der - jedenfalls aus der Warte des früheren Soldaten - weitere Zuwendungen "gerechtfertigt" hätte. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob der Zusammenhang zwischen Dienstausübung und Entgegennahme des Geldes zusätzlich durch die weitere Aussage des Zeugen Schm. bestätigt wird, der in der Berufungshauptverhandlung erklärt hat, keinen Anlass zu haben, an der Richtigkeit seiner - ihm in der Berufungshauptverhandlung vorgehaltenen - Aussage vom 20. Februar 2006 zu zweifeln; er hatte seinerzeit ausgesagt, der frühere Soldat habe zwei Überweisungen mit dem Bemerken zurückgehen lassen, er - der frühere Soldat - habe sich dieses Geld "nicht (Zusatz: mehr) verdient". Darüber hinaus hatte der Zeuge Schm. dort erklärt, aufgrund der Zahlung habe er von dem früheren Soldaten erwartet, dass die bisherige Zusammenarbeit auch in Zukunft entsprechend eng und vertraulich weitergeführt werde. Er habe insbesondere erwartet, dass der frühere Soldat Probleme im Sinne von der Firma M. lösen bzw. im Rahmen seiner Möglichkeiten Einfluss auf die Lösung solcher Probleme nehmen werde. Mit der Übersendung vertraulicher Unterlagen seien vom früheren Soldaten ebenfalls Erwartungen erfüllt worden, die er - der Zeuge - an die Leistung des Geldbetrages geknüpft habe. Aus seiner Sicht habe der frühere Soldat dies auch so verstanden. d) Auch ohne Zuständigkeit für die Ausschreibung und Vergabe konnte der frühere Soldat seine beschränkten Einflussmöglichkeiten vorteilhaft für die Firma M. nutzen. Zwar traf die Entscheidung über die Vergabe der Aufträge an die Firma M. formal das BAWV; dies jedoch auf der Grundlage von Leistungsbeschreibungen, die das A nach den operativen Vorgaben des EinsFüKdo umgesetzt hatte. Dabei steht zum einen auf der Grundlage der Aussage des Zeugen Brigadegeneral a.D. Schw. fest, dass das BAWV - mangels militärfachlicher Expertise - von den Leistungsbeschreibungen des A faktisch nicht mehr abrückte: Gravierende Veränderungen durch das BAWV seien nicht erfolgt; in der praktischen Durchführung sei das Endprodukt in ihrer Abteilung gewesen, die inhaltlichen Vorgaben für das BAWV seien durch die Leistungsbeschreibungen gesetzt gewesen. Zum anderen folgt aus der Aussage des Zeugen Oberstleutnant S., dass die operativen Vorgaben des EinsFüKdo nicht bereits derart konkret waren, dass dem A bei ihrer Umsetzung kein Spielraum mehr verblieben wäre. Er hat ausgesagt, einen Spielraum habe es beispielsweise bei der Luftfrachtsicherheit gegeben. Soweit es die Erstellung der Leistungsbeschreibungen innerhalb des A betrifft, steht als Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass der frühere Soldat auf die Erstellung der Leistungsbeschreibungen durchaus Einfluss nehmen konnte, auch wenn ihm keine Letztentscheidungsbefugnis zustand und er nach seinen Angaben auf der 5. Durchführungsebene eingesetzt war. Der Zeuge Oberstleutnant S. hat dazu ausgesagt, selbstverständlich gebe es beim Erstellen einer Leistungsbeschreibung Spielräume. Zwar hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ausgesagt, die Unterzeichnung der Leistungsbeschreibung sei nicht nur Sache der ... gewesen, es hätten mehrere darauf gesehen; allerdings hat er auch ausgeführt, er sehe, wenn auch geringe, Gestaltungsspielräume des früheren Soldaten; jeder habe Gestaltungsspielraum gehabt. Dem entspricht, dass auch der Zeuge Oberst a.D. K. ausgesagt hat, die Leistungsbeschreibung sei zwar kein alleiniges Produkt eines Soldaten oder eines Dezernats gewesen, jedoch habe der frühere Soldat im Rahmen seiner Fachexpertise bei der Erstellung der Leistungsbeschreibungen über Spielraum verfügt (wenn auch ohne direkte Auswirkungen auf die Auswahl). Es sei immer möglich gewesen, Kriterien in der Leistungsbeschreibung enger oder weiter zu fassen. Weichen hätten immer gestellt werden können. Damit rundet sich das Bild von einem Aufgabenbereich des früheren Soldaten ab, in dem dieser zwar nicht allein an der Erstellung einer Leistungsbeschreibung beteiligt war, ihm aber im Rahmen des Prozesses zur Herstellung der Leistungsbeschreibungen durchaus Einflussmöglichkeiten zustanden. Über die Einflussnahme auf den Inhalt von Leistungsbeschreibungen hinaus konnte der frühere Soldat der Firma M. frühzeitig Informationen verschaffen, die die Firma als Wettbewerbsvorteile oder zur Verbesserung ihrer Verhandlungsposition nutzen konnte. bbb) zum Anschuldigungspunkt 3 a): a) Auf der Grundlage der in der Berufungshauptverhandlung nun geständigen Einlassung des früheren Soldaten sowie des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten E-Mail-Verkehrs zwischen dem Zeugen Schm. und seinem damaligen Mitarbeiter H. vom 12. bzw. 14. März 2002 steht fest, dass der frühere Soldat in diesem zeitlichen Zusammenhang, jedenfalls vor dem 19. März 2002, wissentlich und willentlich dem Zeugen Schm. den Entwurf einer Leistungsbeschreibung für den späteren Transportauftrag ... des BAWV übersandt hat, wohingegen die Mitbewerber von diesem Auftrag erst über die Ausschreibung durch das BAWV am 19. März 2002 erfuhren. An der Richtigkeit der geständigen Einlassung des früheren Soldaten zu zweifeln besteht kein Anlass, zumal sie mit den oben genannten Emails korrespondiert. ß) Des Weiteren steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Übermittlung weder durch eine vertragliche Regelung zwischen dem Bund und der Firma M. noch durch ein billigendes Verhalten von Vorgesetzten des früheren Soldaten abgedeckt war. Soweit sich der frühere Soldat auf einen Rahmenvertrag aus dem Jahre 2000 stützt, bezieht er sich auf eine vertragliche Regelung mit dem Luftwaffenunterstützungskommando, die sich auf den Transport von Stückgut bezog, während es vorliegend - wie angeschuldigt und vom früheren Soldaten nicht in Zweifel gezogen - um Charterflüge ging. Dies folgt zum einen aus der in die Berufungshauptverhandlung eingeführten E-Mail vom 21. Januar 2002 (bzw. 17. Januar 2002) der Mitarbeiterin des BAWV U., der zu entnehmen ist, dass die damalige Zusammenarbeit mit der Firma M. jeglicher vertraglichen Grundlage deshalb entbehrt(e), weil der bestehende Rahmenvertrag lediglich eine Abrechnung nach den dort vereinbarten Stückgutpreisen zuließ, wozu die Firma M. seinerzeit aber nicht mehr bereit gewesen sei. Zum anderen aber auch aus gleichlautenden Zeugenaussagen: Der Zeuge Oberstleutnant S. konnte sich daran erinnern, dass der Rahmenvertrag auf Stückgut beschränkt war und er nur für die ersten zwei Flüge zugrunde gelegt worden sei. Auch der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. hat bestätigt, dass sich der Rahmenvertrag auf Stückguttransporte bezogen habe. Des Weiteren hat auch der Zeuge Oberst a.D. K. bestätigt, dass ein Rahmenvertrag zwischen M. und dem Luftwaffenunterstützungskommando bestand und dieser nur Stückgut betroffen habe. Von daher wäre der Vertrag bereits nicht einschlägig gewesen. Ungeachtet dessen hätte er aber auch nicht das Verhalten des früheren Soldaten gerechtfertigt, der aus ihm die Übermittlung als im Rahmen der vertraglichen Zusammenarbeit erforderlich ableitet. Denn die Übermittlung des Entwurfs einer Leistungsbeschreibung für die Ausschreibung eines künftig erst zu vergebenden Auftrages an einen Mitbewerber vor den anderen Mitbewerbern kann nicht in einem bestehenden Vertrag mit einem Mitbewerber geregelt sein. Würde ein bestehender Vertrag den Auftrag abdecken, wäre eine Ausschreibung für den Abschluss eines neuen Vertrages mit dem günstigsten Bewerber überflüssig. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die öffentliche Hand mit einem Mitbewerber die Umgehung der elementaren Voraussetzungen des Vergaberechts zu Gunsten dieses Mitbewerbers und unter Verzerrung des Wettbewerbes durch eine exklusive Vorabinformation regeln würde. Soweit der frühere Soldat das Bestehen einer solchen Vertragsklausel behauptet, die nicht ermittelt werden konnte, stellt er eine Behauptung ins Blaue hinein auf, der der Senat nicht weiter nachgehen musste. Dem entspricht, dass der Zeuge Oberst a.D. K. ausgesagt hat, es habe etwa 5 oder 6 Unternehmen als Bewerber gegeben, jedenfalls mehr als ein Unternehmen. Dass der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung geäußert hat, ihm sei bis heute nicht klar, warum man die Ausschreibung habe abwarten sollen, weil doch klar gewesen sei, dass - wegen des präferierten Flugzeugtyps und damit der Fluggesellschaft - nur die Vergabe an die Firma M. in Frage komme, steht dem nicht entgegen. Die Äußerung belegt vielmehr, dass sich der frühere Soldat der rechtlichen Rahmenbedingungen durchaus bewusst, jedoch nicht bereit war, sie zu akzeptieren. Dem entspricht seine Aussage in der Berufungshauptverhandlung, es sei ihm darum gegangen, das Konzept des A dem BAWV gegenüber durchzusetzen, er habe die Firma M. nicht als Wettbewerber, sondern als Teammitglied gesehen. Die Übersendung erklärt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass - wie von den Zeugen Oberstleutnant K. und Oberstleutnant S. angesprochen - noch im Vorfeld der Erstellung von Leistungsbeschreibungen der Markt danach abgefragt werden sollte, ob und in welcher Form die ausgeschriebene Leistung überhaupt erbringbar ist. Die Übersendung des Entwurfs der Leistungsbeschreibung erfolgte nur wenige Tage vor der Ausschreibung des BAWV vom 19. März 2002. Es musste sich deshalb zumindest um einen der Endfassung sehr nahe kommenden Entwurf handeln. Für die Annahme einer vorgeschalteten Marktabfrage war zu diesem Zeitpunkt kein Raum mehr. Ebenso wenig erfolgte die Übersendung des Dokuments mit Billigung der dem früheren Soldaten Vorgesetzten. In diesem Sinne hat etwa der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. ausgeführt, es sei zwar nicht verwerflich, dass ein Entwurf vorab an die Firma M. gesandt würde; nicht üblich sei indes, einzelnen Wettbewerbern Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Gleich lautend hat der dem früheren Soldaten seinerzeit unmittelbar (fach-)vorgesetzte Zeuge Oberst a.D. K. zu dem streitgegenständlichen Schriftstück dezidiert ausgeführt, weder sei ihm dessen Übersendung bekannt noch habe es einer üblichen Verfahrensweise entsprochen, solche internen Schreiben an Dritte zu übermitteln. Der Zeuge Oberst a.D. B. hat ebenfalls ausgeführt, einem Anbieter das streitgegenständliche Schriftstück zur Kenntnis zu bringen, wäre eher ungewöhnlich. Ob eine derartige "Mitzeichnung" eines Anbieters korrekt bzw. legal wäre, könne man bezweifeln. Auch Oberstleutnant S. hat erklärt, er wisse keinen Grund dafür, warum eine fertige Leistungsbeschreibung an einen Dritten vorab übermittelt werden müsste. Die früheren Mitarbeiter im Dezernat des früheren Soldaten, die Zeugen Oberstleutnant Sch. und Oberstleutnant K., haben in Übereinstimmung damit ebenfalls erklärt, weder selbst Leistungsbeschreibungen vorab an zukünftige oder gegenwärtige Vertragspartner versendet zu haben noch von der Versendung durch andere Dezernatsmitarbeiter zu wissen. Dabei hat der Zeuge Oberstleutnant Sch. bestätigt, dass es nicht üblich gewesen sei, den Entwurf einer Leistungsbeschreibung an eine Firma zu geben. ccc) zum Anschuldigungspunkt 3 b): a) Auf der Grundlage der auch in der Berufungshauptverhandlung geständigen Einlassung des früheren Soldaten sowie des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten streitgegenständlichen Dokuments steht fest, dass dieser wissentlich und willentlich am 22. März 2002 - 19:18 Uhr per Telefax von seinem privaten Telefax-Anschluss an den Zeugen Schm. (private Telefax-Nummer: ...) oder an die Firma M. ein den damals seinem Dezernat angehörenden Fregattenkapitän J. als Bearbeiter und Unterzeichner ausweisendes dienstinternes Schreiben (ohne Unterschrift) an das Vergabereferat des BAWV (...) vom selben Tag betreffend die Vor- bzw. Nachläufe von den Depots zum APOE (airport of embarkation) ... übermittelte und dadurch der Firma M. bewusst und gewollt Zugang zu einem dienstinternen Dokument verschaffte. An der Richtigkeit der geständigen Einlassung des früheren Soldaten zu zweifeln besteht kein Anlass, weil das fragliche Schreiben bei der Durchsuchung der Räume der Firma M. während des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens sichergestellt worden war und eine Faxkennung des privaten Anschlusses des früheren Soldaten aufwies. ß) Zur Überzeugung des Senats steht entgegen den Erklärungen des früheren Soldaten fest, dass die Übermittlung weder durch eine vertragliche Reglung zwischen dem Bund und der Firma M. noch durch ein billigendes Verhalten von Vorgesetzten des früheren Soldaten gedeckt und sich der frühere Soldat dessen auch bewusst war. Das Schreiben vom 22. März 2002 enthält keine Informationen, die die Firma M. gebraucht hätte, um einen bestehenden Auftrag umzusetzen. Nicht ersichtlich ist insbesondere, warum - so der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung - die Firma M. einen gleichen Informationsstand hätte haben müssen wie die Dienststellen der Bundeswehr. Das Schreiben enthielt zudem unter Ziffer 5 den Hinweis auf die "Möglichkeit der Nachverhandlung" mit der Firma M. wegen unklarer Rechnungsstellungen und es oblag nicht dem früheren Soldaten, der Firma M. vorab mitzuteilen, dass sie sich auf Forderungen einer anderen Dienststelle des Bundes vorbereiten müsse. Eine frühzeitige Information hierüber vor einem entsprechenden Anschreiben der zuständigen Dienststelle lag deshalb im Interesse allein der Firma M., weil ihr dies mehr Zeit verschaffte, ihre Argumentation gegen Nachforderungen vorzubereiten. Darüber hinaus hat der Zeuge Brigadegeneral a.D. Schw. auch hinsichtlich dieses Schriftstückes ausgeführt, er halte es nicht für üblich, Schriftstücke zwischen Bundeswehrdienststellen Firmen zur Kenntnis zu bringen. Ebenso hat der Zeuge Oberst a.D. K. erklärt, die Versendung dieses Dokuments erachte er nicht für notwendig und er halte dies auf gar keinen Fall für richtig, da es sich um internen Schriftverkehr handle. Es sei auch nicht üblich gewesen, dass solche internen Sachen übermittelt würden. c) Das zu den Anschuldigungspunkten 2 sowie 3 a) und 3 b) festgestellte Verhalten begründet ein Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG. aa) Die gemäß Anschuldigungspunkt 2 festgestellte Handlung bildet eine Pflichtverletzung. aaa) Der frühere Soldat hat durch sie vorsätzlich gegen die nach § 7 SG bestehende Pflicht zum treuen Dienen verstoßen. Sie schließt insbesondere die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze ein. Allerdings stellt nicht jede Verletzung einer Rechtsvorschrift bereits eine Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen dar. Es muss sich vielmehr um einen Rechtsverstoß von Gewicht handeln, der zudem in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (Urteil vom 25. September 2008 - BVerwG 2 WD 19.07 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 42 Rn. 32 = NZWehrr 2009, 73 <75> = juris Rn. 32 m.w.N.). Ein disziplinarrechtlich relevanter Verstoß gegen Strafgesetze liegt vor. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich der frühere Soldat - wie vom Strafgericht angenommen - nach § 332 Abs. 1 StGB der Bestechlichkeit strafbar gemacht hat; jedenfalls hat er den Straftatbestand der Vorteilsannahme gem. § 331 Abs. 1 StGB verwirklicht, dessen auch dienstliche Relevanz schon daraus folgt, dass es sich um ein gemäß § 48 Abs. 1 WStG auch für einen Soldaten relevantes Amtsdelikt handelt. Der frühere Soldat hat vorsätzlich einen Vorteil dadurch angenommen, dass er wissentlich und willentlich die ihm im Mai 2002 - wie ihm auch bekannt - auf Veranlassung des Geschäftsführers der Firma M. überwiesenen 25 056 €, auf die er keinen Anspruch hatte und die seine wirtschaftliche Situation verbesserten (BGH, Urteil vom 2. Februar 2005 - 5 StR 168/04 - NStZ 2005, 334 <335>), behalten hat. Die Entgegennahme erfolgte "für" seine Dienstausübung im Sinne des § 331 Abs. 1 StGB, wobei die beiden Seiten bewusste Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilsannahme (Unrechtsvereinbarung) sich nicht auf eine konkrete Dienstleistung zu beziehen brauchte; es reicht aus, wenn die Zuwendung dazu dient, ein allgemeines Wohlwollen zu schaffen. Nach den Feststellungen des Senats (unter bb), aaa), ß) und ?) bestand zwischen dem Zeugen Schm. und dem früheren Soldaten Einverständnis darüber, dass der Vorteil für die Dienstausübung gewährt wurde. Dass die Dienstausübung - worauf der Einwand des früheren Soldaten abzielt - auch und gerade für den Vorteil vorgenommen wurde, ist hingegen nicht erforderlich. Nach der Neufassung des § 331 Abs. 1 StGB ist es ausreichend, dass der Vorteil von Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Dienstausübung des Amtsträgers verknüpft wird, wodurch auch schon einem bewussten Handeln von Amtsträgern begegnet werden soll, mit dem ein böser Anschein möglicher "Käuflichkeit" erweckt wird. Nur darauf muss sich der Vorsatz des Vorteilnehmers auch beziehen (BGH, Urteil vom 2. Februar 2005 a.a.O. S. 335). Der frühere Soldat befand sich nicht in einem entsprechend § 16 Abs. 1 Satz 1 StGB den Vorsatz ausschließenden Irrtum über das Bestehen einer Unrechtsvereinbarung. Denn wer sich - wie der frühere Soldat - an der Vortäuschung eines Mietvertrages beteiligt, weiß um den zu verschleiernden wahren Hintergrund der Zahlungen. bbb) Der frühere Soldat hat mit seinem Verhalten darüber hinaus vorsätzlich gegen § 19 Abs. 1 Satz 1 SG verstoßen, der ihm verbietet, in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile anzunehmen. Eine Zustimmung durch die oberste Dienstbehörde, die die Annahme ausnahmsweise gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB gerechtfertigt hätte, liegt ersichtlich nicht vor. Vorsatzausschließende Umstände fehlen aus den bereits zuvor dargelegten Gründen ebenfalls. ccc) Ferner hat der frühere Soldat gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen. Jeder Verstoß eines Soldaten gegen eine gesetzliche Dienstpflicht enthält zudem einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2 SG, wenn dem festgestellten Verhalten unabhängig von den anderen Pflichtenverstößen die Eignung zur Ansehensminderung innewohnt. Dies ist schon dann der Fall, wenn es Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder die Eignung des Soldaten für die jeweilige Verwendung in Frage stellt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (vgl. Urteil vom 17. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 25.11 - juris Rn. 37 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind durch die Annahme der 25 056 €, durch die der frühere Soldat zumindest den bösen Anschein seiner Käuflichkeit erweckt hat, erfüllt. bb) Durch die gemäß Anschuldigungspunkt 3 a) und 3 b) festgestellten Handlungen hat der frühere Soldat jeweils zusätzliche Pflichtverletzungen begangen. aaa) Mit der Übersendung der Leistungsbeschreibung und der festgestellten Übersendung des dienstinternen Schreibens hat der frühere Soldat vorsätzlich gegen die nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, über die ihm bei oder bei Gelegenheit seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dabei steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch fest, dass die Übermittlung der Leistungsbeschreibung und des Schreibens weder im dienstlichen Verkehr geboten war (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SG) noch damit Tatsachen mitgeteilt wurden, die offenkundig waren oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedurften (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SG). Den Vorsatz des früheren Soldaten ausschließende Umstände liegen auch insoweit nicht vor, insbesondere fehlt es an einem Irrtum. Seine Äußerung in der Berufungshauptverhandlung, er verstehe bis heute nicht, warum auf das Ergebnis der Ausschreibung habe gewartet werden sollen, dokumentiert insbesondere keinen Irrtum über die Grenzen seines rechtlichen Tuns, sondern belegt vielmehr die fehlende Akzeptanz des früheren Soldaten über ihm durchaus bekannte, von ihm allerdings für unzweckmäßig erachtete rechtliche Grenzen. Dessen Äußerung in der Berufungshauptverhandlung, er habe einen gleichen Informationsstand für die Bundeswehr und die Firma M. herstellen wollen, und es sei ihm darum gegangen, das Konzept (des A) gegenüber dem BAWV durchzusetzen, dokumentiert ebenfalls keinen Irrtum über die Grenzen seines rechtlichen Tuns, sondern belegt erneut die fehlende Akzeptanz des Soldaten über ihm durchaus bekannte, von ihm jedoch für unzweckmäßig erachtete rechtliche Grenzen. bbb) Ob der frühere Soldat darüber hinaus den Straftatbestand des Geheimnisverrats nach § 353 b Abs. 1 Nr. 1 StGB begangen hat, kann deshalb dahingestellt bleiben, weil dies für den Ausgang des Rechtsmittels ohne Bedeutung ist (vgl. Urteil vom 18. Juli 2013 - BVerwG 2 WD 3.12 - Rn. 48). ccc) Ferner hat der frühere Soldat aus den bereits im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 2 dargelegten Gründen jeweils vorsätzlich gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen. d) Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten (vgl. Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 26 m.w.N. = juris jeweils Rn. 23). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen. Hiernach ist die Aberkennung des Ruhegehalts geboten, weil der frühere Soldat aus dem Dienstverhältnis zu entfernen gewesen wäre, falls er sich noch im Dienst befände, § 65 Abs. 1 Satz 2 WDO. Da die disziplinarische Höchstmaßnahme damit bereits auf der Grundlage der zu den Anschuldigungspunkten 2 und 3 a) sowie 3 b) festgestellten Pflichtverletzungen zu verhängen ist, fielen die sonstigen angeschuldigten Pflichtverletzungen für die Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme nicht mehr ins Gewicht. Sie konnten deshalb ausgeklammert werden (§ 107 Abs. 2 Satz 1 WDO). Wenn die festgestellten Verfehlungen die Höchstmaßnahme rechtfertigen, kann das Bundesverwaltungsgericht von der erschöpfenden Überprüfung aller Anschuldigungspunkte absehen (Dau, WDO 6. Aufl., § 116 Rn. 12 m.w.N., stRspr). aa) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt die Verfehlung äußerst schwer. Der besondere Unrechtsgehalt des Dienstvergehens ergibt sich daraus, dass der frühere Soldat gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken gem. § 19 Abs. 1 SG und zugleich gegen seine Pflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, vor allem der Beachtung der Strafgesetze, massiv verstoßen hat. Mit dem Verstoß gegen § 331 Abs. 1 StGB hat der frühere Soldat den Tatbestand eines Amtsdelikts verwirklicht. Die uneigennützige, auf keinen privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage nicht nur des Berufsbeamten-, sondern - wie aus § 48 Abs. 1, 5. Spiegelstrich WStG folgt - auch des Soldatentums dar. Zweck der Vorschrift ist, bereits den Anschein zu vermeiden, ein Beamter oder Soldat könne sich bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aus Eigennutz durch sachwidrige Erwägungen beeinflussen lassen und für Amtshandlungen allgemein käuflich sein. Einen solchen Eindruck erweckt ein Soldat, der in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit Vorteile annimmt, auch dann, wenn er hierfür nicht pflichtwidrig handelt. Dies kann im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln staatlicher Institutionen nicht hingenommen werden. Der hohe Stellenwert, den der Gesetzgeber dem Verbot der Vorteilsannahme für die Dienstausübung beigemessen hat, wird durch den Straftatbestand des § 331 Abs. 1 StGB i.d.F. des Korruptionsbekämpfungsgesetzes vom 13. August 1997 (BGBl I S. 2038) verdeutlicht. Die Annahme eines Vorteils steht danach auch dann unter Strafe, wenn der Vorteilsgeber keine bestimmte Amtshandlung erkaufen, sondern den Soldaten wohlwollend stimmen will (Urteil vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 = juris jeweils Rn. 29 m.w.N.). Erschwerend tritt hinzu, dass der frühere Soldat mit 25 056 € einen Vorteil in erheblicher Höhe angenommen hat. Hinzu kommt, dass er es bei dieser Pflichtverletzung nicht hat bewenden lassen, sondern darüber hinaus in mindestens zwei weiteren Fällen - durch die Übermittlung von Dokumenten an die Firma M. - Pflichtverletzungen begangen hat. Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Oberstleutnant in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 30 <insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 5>). bb) Das Dienstvergehen hatte auch gravierende nachteilige Auswirkungen für den Dienstherrn. Neben dem Bekanntwerden der Geschehnisse in der Öffentlichkeit durch einschlägige Presseberichte gehört dazu vor allem die Suspendierung des früheren Soldaten bis zu seinem Dienstzeitende. cc) Die Beweggründe des früheren Soldaten sind durch finanziellen Eigennutz geprägt, soweit es den Anschuldigungspunkt 2 betrifft, und im Übrigen durch die Vorstellung, sich aus - vermeintlichen - Praktikabilitätsgründen über rechtliche Vorgaben hinwegsetzen zu dürfen. dd) Das Maß der Schuld wird durch das vorsätzliche Handeln des voll schuldfähigen früheren Soldaten bestimmt. Auf Milderungsgründe in den Umständen der Tat hat sich der frühere Soldat nicht berufen; sie sind auch nicht ersichtlich. Angesichts der Mehrzahl der Einzelpflichtverletzungen handelte es sich insbesondere nicht um eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten. Auch eine wirtschaftliche Notsituation lag bei dem früheren Soldaten angesichts seines Immobilieneigentums und seiner Einkünfte nach der Besoldungsgruppe A 15 nicht vor. ee) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen die besonders herausragende Beurteilung aus dem Jahr 2001, die Angaben des Leumundszeugen und die förmlichen Anerkennungen in besonderer Weise für den früheren Soldaten. Nachdem er bis zuletzt an seiner Einschätzung festgehalten hat, dass keine Verknüpfung zwischen Geldzuwendung und seiner dienstlichen Tätigkeit bestanden habe, und er auch im Zusammenhang mit der Übermittlung dienstlicher Dokumente erklärt hat, hier möge er einer Fehleinschätzung erlegen sein, konnte der Senat jedoch keine Unrechtseinsicht feststellen. ff) Nach einer Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die Aberkennung des Ruhegehalts nach § 58 Abs. 2 Nr. 4, § 65 WDO erforderlich. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus: aaa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Korruptives Fehlverhalten eines Soldaten ist in besonderer Weise geeignet, die Grundlage des Vertrauens des Dienstherrn in seine dienstliche Zuverlässigkeit und Integrität zu zerstören: Die Unbestechlichkeit des Soldaten ist für die militärische Ordnung sowie für das Ansehen und die Integrität des Soldatentums von entscheidender Bedeutung. Ein Verstoß gegen diesen unabdingbaren Grundsatz erfordert schärfste disziplinare Reaktion. Der Senat hat daher dann, wenn die Gegenleistung des Soldaten in pflichtwidrigen Handlungen bestand, wegen der sich daraus ergebenden unheilbaren Zerstörung des Vertrauensverhältnisses in aller Regel die Entfernung aus dem Dienstverhältnis für geboten erachtet. Werden Belohnungen oder Geschenke für eine an sich nicht pflichtwidrige Handlung entgegengenommen, so mindert dies zwar die Eigenart der Verfehlung, aber es bleibt die Beeinträchtigung der Integrität des Soldaten und seiner Vertrauenswürdigkeit, sodass in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig eine Dienstgradherabsetzung gerechtfertigt ist (Urteil vom 2. Juni 1981 - BVerwG 2 WD 22.80 - juris Rn. 35). Nimmt ein Soldat allerdings im Rahmen einer Vorteilsannahme einen erheblichen Vorteil an, ist ebenso wie bei der Bestechlichkeit in der Regel die Verhängung der Höchstmaßnahme geboten (Urteil vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 11.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 32 Rn. 37 m.w.N. = NZWehrr 2012, 219 nur LS). Ein erheblicher Vorteil liegt jedenfalls dann vor, wenn - wie hier - ein fünfstelliger Euro-Betrag in Rede steht. Ob es darüber hinaus eines hervorgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung bedarf (so für das Beamtenrecht: Urteil vom 28. Februar 2013 - BVerwG 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 <106> = NVwZ 2013, 1087 Rn. 31) kann hier dahinstehen. Denn als Oberstleutnant und Dezernatsleiter war der frühere Soldat Inhaber eines herausgehobenen Amtes. bbb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet. Nach Maßgabe dessen erreichen die für den Soldaten sprechenden Aspekte kein ausreichendes Gewicht, um von einem Rest an objektiv berechtigtem Vertrauen in den früheren Soldaten auszugehen. Dies gilt namentlich für die sehr guten Leistungen des früheren Soldaten. Von der Höchstmaßnahme ist nicht deshalb abzusehen, weil ein Soldat weit überdurchschnittliche Leistungen aufweist, er fachlich gleichsam unentbehrlich erscheint und auch nach dem Dienstvergehen außergewöhnliche Leistungen erbringt. Die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen, auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können (Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 51 m.w.N). Ebenso wenig ist es mit Rücksicht auf die - weitgehend - sachgleiche strafrechtliche Verurteilung des früheren Soldaten geboten, gegen ihn eine mildere Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Weder § 16 Abs. 1 WDO noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen der Verhängung der Höchstmaßnahme entgegen. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder die sonst gebotene Höchstmaßnahme ausspricht (vgl. Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 49 m.w.N.). e) Der Unterhaltsbeitrag war gem. § 65 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 63 Abs. 3 Satz 1 WDO vom Urteil der Vorinstanz rechtsfehlerfrei ausgeschlossen worden, da der frühere Soldat seiner nicht bedürftig ist. Auch wenn sich seine derzeit auf jährlich 100 000 € belaufenden Gesamteinkünfte angesichts der Aberkennung des Ruhegehalts - und einer sich daraus ergebenden Reduzierung der monatlichen Ruhestandseinkünfte von gut 3 600 € auf etwa 1 400 € - verringern, stehen ihm damit noch immer über 70 000 € jährlich zur Verfügung. 3. Da das Rechtsmittel des früheren Soldaten erfolglos geblieben ist, hat er die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen, § 139 Abs. 2 WDO. Die Ausklammerung mehrerer Anschuldigungspunkte begründet keinen Anlass, die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen aus Billigkeitsgründen nach § 140 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 WDO dem Bund aufzuerlegen. Denn die Berufung war bereits so in vollem Umfang zurückzuweisen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020249&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020250
BVerwG
5. Senat
20140327
5 C 6/13
Urteil
§ 20 Abs 1 S 1 Nr 4 BAföG, § 21 Abs 1 S 1 Nr 4 BAföG, § 21 Abs 2 S 1 Nr 1 BAföG, § 21 Abs 2 S 1 Nr 3 BAföG, § 21 Abs 2 S 2 BAföG, § 21 Abs 2 S 3 BAföG, § 24 Abs 2 S 2 BAföG, § 24 Abs 1 BAföG, § 24 Abs 3 S 1 BAföG, § 24 Abs 4 S 2 BAföG
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 13. September 2012, Az: 1 A 486/12, Urteil vorgehend VG Dresden, 27. Oktober 2010, Az: 5 K 801/08, Urteil
DEU
Ausbildungsförderungsrecht; Aktualisierungsantrag; Einkommensermittlung eines Elternteils; Pauschalbeträge zur sozialen Sicherung
Stellt ein Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz wegen einer Verminderung des Einkommens eines Elternteils einen Aktualisierungsantrag, dann ist bei der endgültigen Berechnung der Ausbildungsförderung nach Maßgabe des § 24 Abs. 2 Satz 2 BAföG auf die gesamten Einkommensverhältnisse des Elternteils in den betroffenen Kalenderjahren abzustellen. Hierbei sind nicht nur die Einkünfte, sondern auch die abzugsfähigen Pauschalbeträge zur sozialen Sicherung für die jeweiligen Kalenderjahre getrennt zu ermitteln.
Die Parteien streiten um die Höhe der Ausbildungsförderung des Klägers. Der Kläger erhielt von Oktober 2004 bis Oktober 2005 Ausbildungsförderung für die letzten Semester seines Medizinstudiums. Aufgrund eines Aktualisierungsantrags des Klägers wurde bei der Berechnung der Höhe der Ausbildungsförderung das geschätzte aktuelle Einkommen seiner Mutter zu Grunde gelegt und unter dem Vorbehalt einer späteren Überprüfung geleistet. Nachdem die Mutter des Klägers ihre Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 und 2005 vorgelegt hatte, berechnete der Beklagte das anzurechnende Einkommen neu und forderte vom Kläger mit Bescheid vom 31. August 2007 Ausbildungsförderung in Höhe von 5 343,00 € zurück. Der Kläger erhob nach erfolglosem Widerspruch Anfechtungsklage. Das Einkommen seiner Mutter sei falsch berechnet worden. Seine Mutter sei von Oktober 2004 bis Ende 2005 selbständig tätig gewesen, so dass von ihrem Einkommen nicht die niedrigere Arbeitnehmerpauschale, sondern die höhere Selbständigenpauschale abzuziehen sei. Daher sei der Rückforderungsbetrag um 1 613,30 € zu kürzen. Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt und hob den Leistungsbescheid im beantragten Umfang auf. Das Oberverwaltungsgericht änderte auf die Berufung des Beklagten das erstinstanzliche Urteil und wies die Klage ab. Auch wenn die Mutter des Klägers im gesamten Bewilligungszeitraum selbständig erwerbstätig gewesen sei, sei die Anwendung der Arbeitnehmerpauschale nicht zu beanstanden. Nach dem Ausbildungsförderungsrecht sei jeder Einkommensbezieher nur einer Pauschalengruppe zuzuordnen. Die Arbeitnehmerpauschale sei schon dann anzuwenden, wenn jemand im maßgeblichen Zeitraum nur zeitweise als Arbeitnehmer tätig gewesen sei. Die Zuordnung zu der im Gesetz zuerst genannten Arbeitnehmerpauschale schließe die Anwendung der Selbständigenpauschale aus. Da die Mutter des Klägers vom 1. Februar bis 8. März 2004 als Arbeitnehmerin tätig gewesen sei, sei für den maßgeblichen Berechnungszeitraum die Arbeitnehmerpauschale zu Grunde zu legen. Etwas anderes gelte auch nicht bei Aktualisierungsanträgen. Zwar sei in diesen Fällen auf die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum abzustellen. Bei der Berechnung des im Bewilligungszeitraum erzielten durchschnittlichen Monatseinkommens sei jedoch auf die gesamten Einkommensverhältnisse in den betroffenen Kalenderjahren zurückzugreifen. Mit der Revision macht der Kläger geltend, dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen Bundesrecht das maßgebliche Einkommen des Klägers falsch berechnet habe. Es habe verkannt, dass es für die Ermittlung der Sozialpauschale - wenn wie hier ein Aktualisierungsantrag gestellt sei - allein auf die berufliche Betätigung im Bewilligungszeitraum ankomme. Dafür sprächen der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und die Systematik des Gesetzes. Auch im Bereich des Unterhaltsrechts und des Sozialhilferechts werde hinsichtlich der Absetzbeträge allein auf den Zeitraum der Unterhalts- bzw. Leistungsgewährung abgestellt. Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf einer fehlerhaften Anwendung der bundesrechtlichen Vorschrift des § 24 Abs. 4 Satz 2 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung - Bundesausbildungsförderungsgesetz - in der hier für das Studienjahr 2004/2005 maßgeblichen Bekanntmachung vom 6. Juni 1983 (BGBl I S. 645), zuletzt geändert durch Art. 10 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950 - im Folgenden: BAföG). 1. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Beklagte grundsätzlich nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG zum Erlass eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheides befugt gewesen ist, weil die Ausbildungsförderung unter dem Vorbehalt der Neuberechnung und Rückforderung geleistet worden ist (vgl. dazu Urteil vom 25. April 1985 - BVerwG 5 C 42.82 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 6; Beschluss vom 13. November 1987 - BVerwG 5 B 152.86 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 10 S. 7 = juris Rn. 4). Ferner hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass entgegen der Ansicht des Klägers bei der erforderlichen Neuberechnung nicht ausschließlich auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum abgestellt werden kann. Zwar eröffnet § 24 Abs. 3 Satz 1 BAföG die Möglichkeit, im Falle einer Verschlechterung der Einkommensverhältnisse der Eltern eine Berücksichtigung der "Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum" zu beantragen (sog. Aktualisierungsantrag). Dann kommt es für die Anrechnung des elterlichen Einkommens abweichend von der Regel des § 24 Abs. 1 BAföG nicht auf die Einkommensverhältnisse im vorletzten Kalenderjahr, sondern auf die aktuellen Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum an. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei der Ermittlung dieses aktuellen Einkommens ausschließlich die tatsächlichen Einkommensverhältnisse der Eltern in den Monaten berücksichtigt werden, für die die Ausbildungsförderung gewährt wird. Denn das Gesetz selbst regelt in § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG wie die Einkommensanrechnung im Falle eines Aktualisierungsantrags erfolgt. Danach wird der Durchschnittswert der im Bewilligungszeitraum erzielten Monatseinkommen angerechnet. "Als Monatseinkommen gilt ein Zwölftel des jeweiligen Kalenderjahreseinkommens". Durch die Formulierung "gilt" fingiert das Gesetz, dass das durchschnittliche Monatseinkommen eines Kalenderjahres dem tatsächlich erzielten Einkommen in einem bestimmten Monat entspricht. Es verpflichtet dazu, nicht mehr auf die tatsächlichen, von Monat zu Monat schwankenden Einkommensverhältnisse, sondern auf das aus dem "jeweiligen" Kalenderjahreseinkommen zu bildende durchschnittliche Monatseinkommen zu achten (ebenso OVG Münster, Beschluss vom 27. März 2012 - 12 A 300/12 - juris Rn. 6). Dies entspricht auch dem historischen Willen des Gesetzgebers. Er wollte mit dem 6. BAföG-Änderungsgesetz vom 16. Juli 1979 (BGBl I S. 1037) lediglich die früher in Tz. 24.3.5 und 24.3.6 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 25. August 1976 - BAföGVwV 1976 (GMBl S. 386) - enthaltene und von der Rechtsprechung gebilligte Durchschnittswertbildung (vgl. Urteil vom 12. März 1987 - BVerwG 5 C 37.84 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 9 S. 3) kodifizieren, um auch bei erheblichen Einkommensschwankungen eine ausgewogene Erfassung des im Bewilligungszeitraum erzielten Einkommens sicherzustellen (BTDrucks 8/2467 S. 17). Im Hinblick darauf, dass die Eltern der Auszubildenden im Normalfall nicht nur sporadische, sondern kontinuierliche Einkünfte haben, erschien es dem Gesetzgeber sachlich gerechtfertigt, nicht nur das speziell in den Bewilligungsmonaten erzielte elterliche Einkommen, sondern auch deren Einkünfte in den übrigen Monaten des jeweiligen Kalenderjahres in den Blick zu nehmen (vgl. Urteil vom 12. Mai 1993 - BVerwG 11 C 9.92 - BVerwGE 92, 272 <274> = Buchholz 436.36 § 22 BAföG Nr. 5 S. 1 <3 f.>). Der aus der grammatikalischen und der historischen Auslegung sich ergebende Befund wird von dem systematischen Zusammenhang zwischen § 24 Abs. 2 Satz 2 und § 21 BAföG bestätigt. Als Einkommen gilt nach § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG in der Regel die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes, hier in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Oktober 2002 - EStG 2002 - (BGBl I S. 4210; 2003 I S. 179). Nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG 2002 ist die Einkommensteuer eine Jahressteuer. Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für das Kalenderjahr zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG 2002). Ist für die Gewinnermittlung das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr maßgeblich, sieht § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG 2002 eine zeitanteilige Aufteilung des Gesamtgewinns auf die Kalenderjahre vor, die vom Wirtschaftsjahr berührt werden. Auch dies spricht dafür, im Anwendungsbereich des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG das Einkommen der Kalenderjahre, die den Bewilligungszeitraum erfassen, entsprechend dem jeweiligen zeitlichen Anteil aufzuteilen und dementsprechend als Einkommen im Bewilligungszeitraum die Summe seiner zeitlichen Anteile festzustellen (vgl. Urteil vom 12. März 1997 a.a.O. S. 4 f.). Die entspricht auch dem Zweck des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG. Die Berücksichtigung der den Bewilligungszeitraum übersteigenden Einkommenssituation dient nicht nur einer angemessenen Einkommenserfassung, sondern auch dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung. Denn dies ermöglicht es, bei der Einkommensberechnung auf die Steuerbescheide der betroffenen Kalenderjahre zurückzugreifen. Es müssen nicht eigens für die Zwecke der Ausbildungsförderung monatliche Einkommensaufstellungen angefertigt werden. Vielmehr kann auf die von den Finanzämtern erstellten Einkommensteuerbescheide und auf die ohnedies für das Kalenderjahr vorliegenden Einkommensunterlagen zurückgegriffen werden (vgl. Urteil vom 12. März 1987 a.a.O. S. 4). Dementsprechend lassen es der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, die systematische Auslegung und der Sinn und Zweck des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG nicht zu, bei der Ermittlung des Einkommens nur auf die tatsächlichen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum abzustellen. Angesichts dieser speziellen gesetzlichen Regelung im Bundesausbildungsförderungsgesetz kann es nicht darauf ankommen, ob - wie der Kläger vorträgt - im Unterhalts- und Sozialhilferecht ausschließlich die Einkommensverhältnisse im Bewilligungszeitraum maßgeblich sind. Schließlich kann auch nicht eingewendet werden, dass es bei der im vorliegenden Fall umstrittenen Bestimmung der Pauschale für Aufwendungen zur sozialen Sicherung (Sozialpauschale) im Sinne der § 21 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 BAföG nicht um die Ermittlung des Einkommens, sondern um die Ermittlung der berücksichtigungsfähigen Abzüge gehe und dass insoweit ein anderer Zeitraum maßgeblich sei. Denn es liegt auf der Hand, dass das auf den Bedarf des Auszubildenden nach § 24 Abs. 4 BAföG anzurechnende Einkommen nur das um die Abzüge bereinigte Einkommen im Sinne des § 21 BAföG sein kann (vgl. Rothe/Blanke, BAföG, Stand 2005, § 24 Rn. 36.1). Wenn auf den studentischen Bedarf das Bruttoeinkommen der Eltern anzurechnen wäre, hätte die Ermittlung des um die notwendigen Aufwendungen bereinigten Nettoeinkommens in § 21 BAföG keinen Sinn. Im Übrigen wäre es systemwidrig, wenn bei der Ermittlung der monatlichen Einkünfte im Rahmen des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG auf die im jeweiligen Kalenderjahr erzielten durchschnittlichen Monatseinkünfte abgestellt werden würde, bei der Ermittlung der Belastungen aber nur die konkreten Verhältnisse in den im Bewilligungszeitraum liegenden Monaten maßgeblich wären. Daher ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass auch bei der Bestimmung der sog. Sozialpauschale nach § 21 Abs. 2 BAföG die Verhältnisse in dem gesamten Kalenderjahr maßgeblich sind. 2. Das Oberverwaltungsgericht hat allerdings bei der Anwendung des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG dadurch gegen Bundesrecht verstoßen, dass es im vorliegenden Fall die Höhe der Sozialpauschale für beide Kalenderjahre einheitlich bestimmt hat. § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG ordnet an, dass bei der Einkommensanrechnung der Eltern auf deren durchschnittliches Monatseinkommen im Bewilligungszeitraum abzustellen ist und dass als Monatseinkommen "ein Zwölftel des jeweiligen Kalenderjahreseinkommens" gilt. Besteht ein Bewilligungszeitraum - wie hier - aus Teilen mehrerer Kalenderjahre, müssen folglich die in dem Bewilligungszeitraum liegenden Monatseinkommen nach Kalenderjahren getrennt ermittelt werden. Dies folgt schon daraus, dass der Wortlaut des § 24 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 BAföG von den Monatseinkommen des "jeweiligen" Kalenderjahres spricht. Eine getrennte Ermittlung war auch ausdrücklich in Tz. 24.3.6 BAföGVwV 1976 vorgeschrieben, deren Inhalt der Gesetzgeber in § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG aufnehmen wollte (vgl. Urteil vom 12. März 1987 - BVerwG 5 C 37.84 - Buchholz 436.36 § 24 BAföG Nr. 9 S. 3). Schließlich widerspräche es dem Zweck des § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG, die Einkommensverhältnisse angemessen zu erfassen, wenn wesentliche Veränderungen im Verlauf zweier Kalenderjahre unberücksichtigt blieben. Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass die im Bewilligungszeitraum liegenden Monatseinkommen des Jahres 2004 getrennt von den Monatseinkommen des Jahres 2005 auf der Grundlage des jeweiligen Kalenderjahreseinkommens im Sinne des § 21 BAföG zu berechnen sind. Dabei sind nicht nur bei der Ermittlung der Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG die unterschiedlichen Jahreseinkommensteuerbescheide zu Grunde zu legen. Vielmehr ist auch die Frage der abzuziehenden Sozialpauschale nach § 21 Abs. 2 BAföG nach Kalenderjahren getrennt zu beantworten (ebenso VG Regensburg, Urteil vom 13. März 2012 - RN 9 K 11.530 - juris Rn. 29). Das Oberverwaltungsgericht hat für das Kalenderjahr 2004 festgestellt, dass die Mutter des Klägers ungefähr einen Monat als rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmerin tätig gewesen ist. Es hat daraus zutreffend geschlossen, dass für das Kalenderjahr 2004 nur ein Einkommensabzug für Aufwendungen zur sozialen Sicherung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG in Höhe von 21,5 vom Hundert beansprucht werden kann. Denn aus § 21 Abs. 2 Satz 2 BAföG folgt, dass ein Einkommensbezieher einer der genannten Pauschalengruppen schon dann zuzuordnen ist, wenn er deren Voraussetzungen auch nur für einen Teil des Berechnungszeitraumes erfüllt. § 21 Abs. 2 Satz 3 BAföG schließt bei Zuordnung zur erstgenannten Pauschale der rentenversicherungsrechtlichen Arbeitnehmer eine Zuordnung zu den nachfolgenden Pauschalengruppen aus. Es mag dem Kläger zwar unbillig erscheinen, dass wegen einer sehr kurzen Beschäftigungsphase seiner Mutter als Arbeitnehmerin der höhere Pauschalbetrag für Selbständige für das gesamte Jahr 2004 entfällt. Die schematische Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 2 und 3 BAföG ist jedoch vom Gesetzgeber aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geschaffen worden, um den Ausbildungsförderungsbehörden die Bearbeitung der Vielzahl von Ausbildungsförderungsanträgen zu erleichtern. Es handelt sich daher um eine bei der Ordnung von Massenerscheinungen notwendige und verfassungsrechtlich zulässige Typisierung und Generalisierung. Härten in Einzelfällen sind dabei unvermeidlich und daher hinzunehmen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. September 1986 - 1 BvR 363/86 - FamRZ 1987, 901 zum Ausschluss des Verlustabzugs in § 21 Abs. 1 Satz 2 BAföG). Diese mit der Typisierung verbundenen Nachteile sollen jedoch, da § 24 Abs. 4 Satz 2 BAföG eine nach Kalenderjahren getrennte Ermittlung der Monatseinkommen vorschreibt, nicht auf das folgende Kalenderjahr erstreckt werden. Für das Kalenderjahr 2005 hat das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht unwidersprochen festgestellt, dass die Mutter des Klägers ausschließlich selbständig tätig gewesen ist. Demzufolge ist bei der Berechnung der in das Jahr 2005 fallenden Monatseinkommen nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BAföG ein Abzug der vom Kläger beanspruchten höheren Sozialpauschale für Selbständige in Höhe von 31,5 vom Hundert des Einkommens geboten. Auf diesem Rechtsanwendungsfehler beruht die angegriffene Entscheidung auch. Denn der Kläger hat einen Rechtsanspruch darauf, dass ihm bei der Ermittlung der Monatseinkommen von Januar bis Oktober 2005 ein zusätzlicher Abzug von Vorsorgeaufwendungen bewilligt und der Bescheid des Beklagten insoweit abgeändert wird. 3. Die angegriffene Entscheidung ist daher nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Bundesverwaltungsgericht kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil das Oberverwaltungsgericht - von seinem Standpunkt aus nachvollziehbar - keine tatsächlichen Feststellungen zum durchschnittlichen Monatseinkommen in den Jahren 2004 und 2005 getroffen und die behördlichen Berechnungen nicht weiter überprüft hat.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020250&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020251
BVerwG
2. Senat
20140409
2 B 107/13
Beschluss
§ 132 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 11 SVG, § 53 Abs 5 S 1 SVG, § 53 Abs 9 SVG
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 23. September 2013, Az: 2 LB 8/13, Urteil vorgehend Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, 18. Oktober 2012, Az: 12 A 71/11
DEU
Nichtzulassungsbeschwerde; Divergenzrevision
Eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO muss sich auf die Anwendung derselben Rechtsvorschrift beziehen. Es muss um dieselbe Fassung der Norm gehen, es sei denn deren Änderung ist nur redaktioneller Art.
1. Der Kläger erhielt nach Ablauf seiner Wehrdienstzeit Übergangsgebührnisse nach § 11 SVG. Da er gleichzeitig Verwendungseinkommen aus einer Tätigkeit als Angestellter im öffentlichen Dienst erzielte, kürzte die Beklagte die bewilligten Versorgungsbezüge. Den Antrag, bei der Ruhensberechnung tätigkeitsspezifische Zulagen und Zuschläge für besondere Arbeitserschwernisse und Gefahren sowie für Dienstleistung zu besonderen Zeiten (Überstunden, Wochenend- oder Nachtarbeit) außer Betracht zu lassen, lehnte die Beklagte ab. Widerspruchs- und Klageverfahren sind erfolglos geblieben. 2. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen. a) Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 f. = NJW 1997, 3328 und vom 25. Mai 2012 - BVerwG 2 B 133.11 - NVwZ-RR 2012, 607 Rn. 5). Die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge dagegen nicht (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55 und vom 28. Mai 2013 - BVerwG 7 B 39.12 - juris Rn. 8). Das Revisionszulassungsrecht kennt - anders als die Vorschriften zur Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) - den Zulassungsgrund ernstlicher Richtigkeitszweifel nicht. Die Divergenzrevision dient dem Anliegen, die Einheitlichkeit der Verwaltungsrechtsprechung in der Auslegung einer bestimmten Gesetzesvorschrift zu sichern und damit Rechtssicherheit auch im Einzelfall zu gewährleisten. Bezugspunkt ist daher nicht allein der Wortlaut einer Bestimmung. "Abweichungen" beziehen sich vielmehr nur auf die Rechtsprechung zu demselben Gesetz (Beschluss vom 22. März 2012 - BVerwG 2 B 148.11 - juris Rn. 4). Andere Vorschriften können selbst bei Wortgleichheit in einem anderen systematischen Kontext stehen oder durch die Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets geprägt sein und daher verschiedene Inhalte haben (stRspr; Beschlüsse vom 10. April 1963 - BVerwG 8 B 16.62 - BVerwGE 16, 53 <56 f.> und vom 27. Mai 2011 - BVerwG 9 B 29.11 - juris Rn. 2). Die Entscheidungen müssen überdies dieselbe Fassung des Gesetzes zum Gegenstand haben. Hat sich das maßgebliche Gesetz nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts geändert und ist die Neufassung nicht nur redaktioneller Natur, stellen sich bei der Auslegung Fragen, die bei der vorangegangenen Entscheidung (noch) nicht berücksichtigt werden konnten. Die ursprüngliche Entscheidung verliert daher ihre Leitfunktion und ist insoweit überholt (vgl. Urteil vom 11. April 2002 - BVerwG 4 C 4.01 - BVerwGE 116, 169 <173>). Abweichende Auslegungen beruhen dann auf einem anderen Gesetzeswortlaut und nicht auf einem prinzipiellen Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt der geänderten Vorgängernorm, so dass der Divergenzrüge die Grundlage entzogen ist (vgl. Kraft, in: Eyermann, VwGO-Kommentar, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 32). b) Die mit der Beschwerde geltend gemachte Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 1981 (- BVerwG 6 C 69.79 - Buchholz 238.41 § 53 SVG Nr. 3 = ZBR 1981, 321) liegt nicht vor, weil die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht zu derselben Rechtsvorschrift ergangen ist. § 53 SVG ist in der Zwischenzeit maßgeblich geändert worden. Durch Art. 7 Nr. 22 des Gesetzes zur Umsetzung des Versorgungsberichts vom 29. Juni 1998 (Versorgungsreformgesetz 1998, BGBl I S. 1666 <1680 f.>) ist § 53 SVG neu gefasst worden. Dabei ist eine Legaldefinition der Begriffe Erwerbs- und Erwerbsersatzeinkommen erfolgt (Absatz 5), darüber hinaus haben die für Empfänger von Übergangsgebührnissen geltenden Einschränkungen eine eigenständige Regelung erfahren (Absatz 9). Beide Fragen sind damit vom Gesetzgeber ausdrücklich und ohne Anknüpfung an die im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Februar 1981 entwickelten Grundsätze beantwortet worden. Die Rechtssätze der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts waren für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts daher nicht mehr richtungweisend. 3. Die Beschwerde hat auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufgezeigt. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregelungen auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5). Die Prüfung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei auf die mit der Beschwerde dargelegten Rechtsfragen beschränkt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die vom Kläger bezeichnete Frage, ob der Begriff des Erwerbseinkommens im Sinne von § 53 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 SVG auch Einkommensteile erfasst, die zwar Arbeitsentgelt sind, aber auf einer über das Normalmaß hinausgehenden Arbeitsleistung beruhen, bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Begriff des Erwerbseinkommens aus § 53 Abs. 5 Satz 1 SVG (ebenso wie in § 53 Abs. 7 Satz 1 BeamtVG) demjenigen des Einkommenssteuerrechts entspricht, sofern Strukturprinzipien des Versorgungsrechts dem nicht entgegenstehen. Damit sind grundsätzlich alle vermögenswerten Leistungen des Arbeitgebers erfasst, die Arbeitnehmer aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses als Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung erhalten (Urteil vom 31. Mai 2012 - BVerwG 2 C 18.10 - Buchholz 449.4 § 53 SVG Nr. 1 = ZBR 2013, 38 jeweils Rn. 13). Ausgenommen hiervon sind nur Aufwandsentschädigungen (vgl. hierzu Beschluss vom 27. September 2012 - BVerwG 2 B 92.11 - NVwZ-RR 2013, 58). Der in älteren - vor Erlass des § 53 Abs. 5 Satz 1 SVG ergangenen - Entscheidungen angenommenen Privilegierung von Einkommensanteilen, die auf einer über das Normalmaß hinausgehenden freiwillig übernommenen Arbeitsleistung beruhen (Urteil vom 8. Juli 1970 - BVerwG 6 C 37.66 - BVerwGE 36, 29 <30>), ist damit die Grundlage entzogen. Dies gilt auch für die Empfänger von Übergangsgebührnissen. In § 53 Abs. 9 SVG hat der Versorgungsgesetzgeber ausdrückliche Sondervorschriften für diese Personengruppe statuiert. Um die Eingliederungsbemühungen in einen Zivilberuf und den Aufbau einer Altersversorgung nicht zu erschweren, unterbleibt hier eine Anrechnung des außerhalb des öffentlichen Dienstes erzielten Einkommens; überdies gelten angehobene Höchstgrenzen für den Zuverdienst (vgl. BTDrucks 13/9527, S. 45). Eine weitere Privilegierung nach der Art und Natur der im öffentlichen Dienst erzielten Einkommensbestandteile ist dagegen nicht vorgesehen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass einem ehemaligen Soldaten, der eine Anstellung im öffentlichen Dienst gefunden hat, der Übergang in einen Zivilberuf gelungen ist, so dass dem Anliegen, eine Doppelalimentierung aus öffentlichen Kassen zu vermeiden, hier der Vorrang eingeräumt werden kann. Soweit und solange die Summe aus dem Verwendungseinkommen und den Übergangsgebührnissen die nach § 53 Abs. 9 Nr. 2 SVG zu ermittelnde Höchstgrenze übersteigt, ruht der Anspruch auf Zahlung der Übergangsgebührnisse kraft Gesetzes. Nur wenn das Einkommen den Differenzbetrag nicht übersteigt, werden die Versorgungsbezüge in der festgesetzten Höhe ausgezahlt (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 26. November 2013 - BVerwG 2 C 17.12 - IÖD 2014, 66, Rn. 19).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020251&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020252
BVerwG
7. Senat
20140416
7 B 29/13, 7 B 29/13 (7 C 8/14)
Beschluss
§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 3 Abs 10 KrWG
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 26. September 2013, Az: 20 BV 13.516, Urteil
DEU
Revisionszulassung; gewerbliche Sammlung von Abfällen
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. In einem Revisionsverfahren können die Fragen geklärt werden, ob Personengesellschaften als Sammler von Abfällen im Sinne von § 3 Abs. 10 KrWG tätig sein können und unter welchen Voraussetzungen eine gewerbliche Sammlung beendet ist. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, für das Revisionsverfahren aus § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 GKG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020252&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020253
BVerwG
7. Senat
20140416
7 B 30/13, 7 B 30/13 (7 C 9/14)
Beschluss
§ 132 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 3 Abs 10 KrWG
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 26. September 2013, Az: 20 BV 13.428, Urteil
DEU
Revisionszulassung; gewerbliche Sammlung von Abfällen
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. In einem Revisionsverfahren können die Fragen geklärt werden, ob Personengesellschaften als Sammler von Abfällen im Sinne von § 3 Abs. 10 KrWG tätig sein können und unter welchen Voraussetzungen eine gewerbliche Sammlung beendet ist. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, für das Revisionsverfahren aus § 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 GKG.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020253&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020254
BVerwG
6. Senat
20140319
6 C 8/13
Urteil
Art 2 Abs 2 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG, § 43 Abs 2 S 1 VwGO, § 123 VwGO, § 27 HSchulG NW, § 31 HSchulG NW, § 31a Abs 1 HSchulG NW, § 31b HSchulG NW, § 2 Abs 1 S 1 UniKlDdorfEV NW, § 2 Abs 2 S 3 UniKlDdorfEV NW, § 5 UniKlDdorfEV NW, § 17 UniKlDdorfEV NW, § 18 UniKlDdorfEV NW, § 2 Abs 1 S 1 UniKlRV NW, § 2 Abs 3 S 3 UniKlRV NW
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 6. November 2012, Az: 15 A 1771/11, Beschluss vorgehend VG Düsseldorf, 13. Juli 2011, Az: 15 K 211/08, Urteil nachgehend BVerfG, 22. Dezember 2014, Az: 1 BvR 1553/14, Nichtannahmebeschluss
DEU
Schließung einer Bettenstation; amtsangemessene Beschäftigung eines medizinischen Hochschullehrers; allgemeine Leistungsklage; Wissenschaftsfreiheit
Der für die Organisation der Hochschulmedizin bundesverfassungsrechtlich geforderte Ausgleich zwischen der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer und der bestmöglichen Krankenversorgung gebietet, dass ein organisatorisch verselbständigtes Universitätsklinikum nicht zu überprüfen und nicht dafür einzustehen hat, dass das in tatsächlichem Sinne erteilte Einvernehmen des medizinischen Fachbereichs einer Universität zu einer den Bereich von Forschung und Lehre betreffenden Entscheidung des Universitätsklinikums mit der Wissenschaftsfreiheit vereinbar ist.
Die Beteiligten streiten über die Schließung einer Bettenstation einer Nuklearmedizinischen Klinik in einem Universitätsklinikum. Der Kläger ist Universitätsprofessor für Nuklearmedizin an dem beigeladenen Fachbereich Medizin der ebenfalls beigeladenen A.-Universität B. und zugleich Leiter der Nuklearmedizinischen Klinik des beklagten Universitätsklinikums B., das gegenüber der Universität und deren Fachbereich Medizin organisatorisch verselbständigt ist. Zur Nuklearmedizinischen Klinik gehört neben den Einrichtungen für ambulante Behandlungen eine Bettenstation für stationäre Behandlungen auf dem Gelände der Forschungszentrum K. GmbH, die dem beklagten Universitätsklinikum auf vertraglicher Grundlage zugeordnet ist. Bis Anfang des Jahres 2007 verfügte die Nuklearmedizinische Klinik zudem über eine auf dem Gelände des beklagten Universitätsklinikums in B. gelegene Bettenstation (Station O.). Am 11. September 2006 beschloss der Vorstand des beklagten Universitätsklinikums im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung mit dem Dekanat des beigeladenen Fachbereichs Medizin, die Station O. zu schließen und die dortigen Leistungen zum nächstmöglichen Zeitpunkt nach K. zu verlagern. Seit dem 7. Januar 2007 wurden der Station O. keine Patienten mehr zugewiesen, Personal und Ausstattungsgegenstände wurden abgezogen. Der Kläger, der sich durch die auf wirtschaftliche Gründe gestützte Stationsschließung vor allem in seiner Wissenschaftsfreiheit verletzt sah, suchte in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Schließungsbeschluss um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz gegenüber dem Universitätsklinikum nach. Nachdem das Oberverwaltungsgericht den Antrag des Klägers im Beschwerdeverfahren zunächst zweimal abgelehnt und der Kläger hiergegen jeweils erfolgreich das Bundesverfassungsgericht angerufen hatte (vgl. Kammerbeschlüsse vom 27. November 2007 - 1 BvR 1736/07 - juris und vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 1165/08 - juris; im letztgenannten Verfahren den Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnend: Kammerbeschluss vom 2. Juli 2008 - 1 BvR 1165/08 - juris), hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 10. Juni 2010 - 15 B 2574/06 - (NVwZ-RR 2010, 844) dem Universitätsklinikum im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die Wiedereröffnung und den Weiterbetrieb einer dem früheren Zustand der Station O. gleichwertigen stationären nuklearmedizinischen Station auf dem Klinikgelände nach näher bezeichneten Maßgaben zu ermöglichen. In der Hauptsache hat der Kläger am 9. Januar 2008 Klage erhoben und die Feststellung der anfänglich gegebenen bzw. im weiteren zeitlichen Verlauf eingetretenen Rechtswidrigkeit der Schließung der Station O. sowie die Verurteilung des Universitätsklinikums zur Errichtung und zum Betrieb einer gleichwertigen Einrichtung begehrt. Während der gerichtlichen Auseinandersetzungen hat sich am 21. Januar 2008 das Dekanat des beigeladenen Fachbereichs Medizin dafür ausgesprochen, die Schließung der Station O. solle beibehalten werden. Am 27. Mai 2010 hat der Fachbereichsrat den Beschluss gefasst, das Einvernehmen des Fachbereichs Medizin mit dem Beschluss des Vorstands des beklagten Universitätsklinikums über die Schließung der Station O. am 7. Januar 2007 werde in der Weise hergestellt, dass sich das Einvernehmen auch auf die Aufrechterhaltung der Schließung der Station erstrecke. Das beklagte Universitätsklinikum hat derweil den Stationsschließungsbeschluss weiter umgesetzt. Es hat die atomrechtliche Freigabe der Station O. durch die Bezirksregierung B. erwirkt, die nuklearmedizinischen Anlagen demontiert und die Einrichtung unter Inanspruchnahme einer von der Bezirksregierung B. bewilligten Investitionsförderung in Höhe von 3 Millionen Euro in eine interdisziplinäre Palliativstation umgebaut, die seit dem 1. Juni 2011 in Betrieb ist. Die im Hauptsacheverfahren erhobenen Klagen hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat ihnen auf die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 130a VwGO im Wesentlichen stattgegeben: Der von dem Kläger mit der Leistungsklage verfolgte Folgenbeseitigungsanspruch sei begründet, weil der Kläger durch die von dem beklagten Universitätsklinikum beschlossene, vollzogene und aufrecht erhaltene Stationsschließung fortdauernd in seinem durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleisteten Recht auf verfahrensförmige Gewährleistung individueller Wissenschaftsfreiheit verletzt werde. Die Voraussetzung des Einvernehmens des beigeladenen Fachbereichs Medizin, von der nach dem nordrhein-westfälischen Hochschulrecht die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung des Universitätsklinikums abhänge, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffe, sei nicht schon dann erfüllt, wenn das Einvernehmen - wie hier in Gestalt der Beschlüsse des Dekanats und des Fachbereichsrats des Fachbereichs vom 21. Januar 2008 bzw. vom 27. Mai 2010 - überhaupt förmlich erteilt worden sei. Dies müsse vielmehr in einer Art und Weise geschehen sein, die dem grundrechtswahrenden Gehalt gerecht werde, der der Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer zukomme. Zu verlangen und von dem Universitätsklinikum zu prüfen sei, dass der Fachbereich nach Anhörung des betroffenen Hochschullehrers eine Abwägung sämtlicher nach Lage der Dinge zu berücksichtigenden Belange durchgeführt und diese Abwägung dokumentiert habe. Diesen Anforderungen genüge keine der Einvernehmenserklärungen der Organe des beigeladenen Fachbereichs Medizin. Das beklagte Universitätsklinikum habe deshalb den Beschluss zur Schließung der Station O. nicht fassen bzw. an diesem Beschluss nicht festhalten dürfen. Der Kläger könne die Wiederherstellung des früheren oder eines gleichwertigen Zustands - nach dem Organisationsermessen des beklagten Universitätsklinikums an der bisherigen oder einer anderen Stelle des Klinikumsgeländes - beanspruchen. Eine solche Wiederherstellung sei, sofern das Klinikum nur entsprechend seinen Handlungsmöglichkeiten in Anspruch genommen werde, weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich. Auch rechtfertigten die entstehenden Kosten nicht die Annahme der Unzumutbarkeit der Folgenbeseitigung. Was die erhobene Feststellungsklage anbelange, habe der Kläger das für deren Zulässigkeit erforderliche Feststellungsinteresse wegen des Amtshaftungsprozesses, den er gegen das beklagte Universitätsklinikum führe. Dies gelte allerdings nur für den Zeitraum zwischen dem Schließungsbeschluss des Vorstands des beklagten Universitätsklinikums vom 11. September 2006 und dem Beschluss des Fachbereichsrats des beigeladenen Fachbereichs Medizin vom 27. Mai 2010. Für die Zeit danach sei eine Amtshaftungsklage als offensichtlich aussichtslos zu beurteilen und als Folge dessen das Feststellungsinteresse des Klägers entfallen. Da das Verwaltungsgericht in der erstinstanzlichen kollegialgerichtlichen Entscheidung davon ausgegangen sei, dass der beigeladene Fachbereich Medizin sein Einvernehmen mit der Stationsschließung spätestens mit dem Fachbereichsratsbeschluss vom 27. Mai 2010 erteilt habe und das beklagte Universitätsklinikum jedenfalls seither keine Rechte des Klägers mehr verletze, fehle es ab diesem Zeitpunkt an einem Verschulden der für das Universitätsklinikum handelnden Amtsträger. In den Grenzen seiner Zulässigkeit erweise sich das Feststellungsbegehren des Klägers entsprechend den Erwägungen zu der erhobenen Leistungsklage als begründet. Gegen diesen Beschluss richtet sich die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision des beklagten Universitätsklinikums, mit der dieses die Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts erstrebt: Es habe für eine Verletzung des Rechts des Klägers auf verfahrensförmige Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit durch den beigeladenen Fachbereich Medizin bei der Erteilung des Einvernehmens zur Schließung der Station O. nicht einzustehen. Auch liege eine solche Rechtsverletzung nicht vor. Sie wäre schließlich für sich genommen ohnehin nicht geeignet, den geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruch zu begründen. Denn entscheidend sei, dass das durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in materieller Hinsicht allenfalls gewährleistete Recht des Klägers auf eine für seine wissenschaftliche Betätigung erforderliche Grundausstattung durch die Schließung der Station O. nicht verletzt werde. Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluss und hebt hervor: Das beklagte Universitätsklinikum sei ebenso wie der beigeladene Fachbereich Medizin zur Achtung der Grundrechte verpflichtet, die ihm als medizinischem Hochschullehrer zustünden. Die Durchführung des Einvernehmensverfahrens durch den beigeladenen Fachbereich Medizin stelle eine Mitwirkungshandlung dar, die nach § 44a VwGO ausschließlich einer Inzidentkontrolle nach Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Sachentscheidung in Gestalt der Stationsschließung durch das Universitätsklinikum unterliege. Als entscheidungsbefugte Stelle trage das Universitätsklinikum die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der Mitwirkung des Fachbereichs. Die Verletzung des Anspruchs auf ein wissenschaftsadäquates Einvernehmensverfahren reiche im konkreten Fall als Grundlage für den von dem Oberverwaltungsgericht zuerkannten Anspruch auf Folgenbeseitigung unter anderem deshalb aus, weil ein effektiver Grundrechtsschutz auf andere Weise nicht gewährleistet sei. Unabhängig hiervon ergebe sich eine solche Grundlage aus einer Verletzung der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 5 und Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten materiellen Rechte. Die Beigeladenen haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
Die nach § 130a Satz 2, § 125 Abs. 2 Satz 4 VwGO statthafte und auch sonst zulässige Revision des beklagten Universitätsklinikums ist begründet. Der angefochtene Beschluss verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und stellt sich nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schließung der Station O. durch das beklagte Universitätsklinikum - auch in ihrer zeitlichen Dimension - gerichtete Klage ist entgegen der Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts nach der bundesprozessrechtlichen Norm des § 43 VwGO unzulässig (1.). Die allgemeine Leistungsklage, mit der der Kläger sein Begehren verfolgt, das beklagte Universitätsklinikum im Wege der Folgenbeseitigung rechtswidrigen Verwaltungshandelns zur Errichtung und zum Betrieb einer der geschlossenen Station O. gleichwertigen Einrichtung zu verurteilen, ist zulässig. Das Oberverwaltungsgericht durfte ihr indes in der Sache nicht stattgeben, weil die von dem beklagten Universitätsklinikum vorgenommene Stationsschließung nach den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben für die landesrechtlichen Bestimmungen zur Organisation der Hochschulmedizin nicht rechtswidrig gewesen ist (2.). Die Entscheidung, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückzuweisen, zu der das Oberverwaltungsgericht bei zutreffender Anwendung des revisiblen Rechts hätte gelangen müssen, kann der Senat selbst treffen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). 1. Der Zulässigkeit der Feststellungsklage, die der Kläger im Hinblick auf die Geltendmachung von Amtshaftungsansprüchen gegen das beklagte Universitätsklinikum erhoben hat, steht deren durch § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO bestimmte Subsidiarität entgegen. Der Kläger kann im Sinne dieser Vorschrift seine Rechte durch eine zivilrechtliche Leistungsklage verfolgen, wie er sie im Jahr 2010 vor dem Landgericht B. wegen des Wegfalls von Einnahmen aus der stationären Behandlung von Patienten für die Jahre 2007 und 2008 anhängig gemacht hat. Das Zivilgericht wird die Frage einer Rechtswidrigkeit der Stationsschließung in der für seine Entscheidung maßgeblichen Zeit in eigener Verantwortung zu klären haben. Dem Subsidiaritätsgrundsatz des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO liegt der Gedanke der Prozessökonomie zu Grunde. Der dem Kläger zustehende Rechtsschutz soll auf dasjenige Verfahren, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden. Diese Zielsetzung gilt wegen der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Rechtswege rechtswegübergreifend, das heißt auch dann, wenn die mit der Feststellungsklage konkurrierende Klage vor dem Zivilgericht zu erheben oder bereits erhoben ist (Urteil vom 12. Juli 2000 - BVerwG 7 C 3.00 - BVerwGE 111, 306 <308 f.> = Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 133 S. 11). Eine Ausnahme hiervon ist nur für diejenige prozessuale Konstellation anerkannt, in der sich das wegen eines für rechtswidrig gehaltenen Verwaltungshandelns vor dem Verwaltungsgericht anhängig gemachte primäre Rechtsschutzbegehren erledigt hat, der Kläger nur noch einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen kann und es deshalb der Prozessökonomie entspricht, dass die Ergebnisse des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in den nachfolgenden Schadensersatzprozess vor dem Zivilgericht einfließen können (Urteil vom 12. Juli 2000 a.a.O. S. 309 f. bzw. S. 11 f., vgl. auch: Urteil vom 8. Dezember 1995 - BVerwG 8 C 37.93 - BVerwGE 100, 83 <90 f.> = Buchholz 454.11 WEG Nr. 7 S. 8). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Die auf die Rückgängigmachung der Stationsschließung gerichtete allgemeine Leistungsklage hat sich nicht erledigt. Die bereits anhängige zivilgerichtliche Amtshaftungsklage hat der Kläger von vornherein unabhängig von seinem im Verwaltungsrechtsweg verfolgten Leistungsbegehren erhoben. 2. Für seine auf den Folgenbeseitigungsanspruch gestützte Forderung, das beklagte Universitätsklinikum zur Errichtung und zum Betrieb einer der geschlossenen Station O. gleichwertigen Einrichtung zu verurteilen, steht dem Kläger die allgemeine Leistungsklage zur Verfügung (a); sie kann dieser Forderung jedoch aus Gründen des revisiblen Rechts in der Sache nicht zum Erfolg verhelfen (b). a) Die allgemeine Leistungsklage ist zulässig, insbesondere statthaft. Das Oberverwaltungsgericht hat den von dem beklagten Universitätsklinikum am 11. September 2006 gefassten Beschluss zur Schließung der Station O. in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht als einen mit Außenwirkung versehenen Verwaltungsakt, sondern als interne Organisationsmaßnahme qualifiziert. An dieser auf der Grundlage seiner Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht und vor dem Hintergrund des irrevisiblen Landeshochschulrechts vorgenommenen Beurteilung hat das Oberverwaltungsgericht in seiner Berufungsentscheidung im Hauptsacheverfahren implizit festgehalten. Der Senat ist hieran gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bzw. § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO gebunden. Dem Kläger ist es deshalb versagt, den Schließungsbeschluss mit der Anfechtungsklage anzugreifen und diese mit einem Antrag auf Rückgängigmachung der Vollziehung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 VwGO zu kombinieren. Er ist darauf verwiesen, die als Folgenbeseitigung beanspruchte Rückgängigmachung der unter möglicher Verletzung seiner Rechte beschlossenen und umgesetzten Stationsschließung mit der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen (zu dieser Prozesssituation allgemein: Urteile vom 22. Mai 1980 - BVerwG 2 C 30.78 - BVerwGE 60, 144 <145, 148 f.> = Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 20 S. 27, 30 f. und vom 20. Mai 1987 - BVerwG 7 C 83.84 - BVerwGE 77, 268 <274> = Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 24 S. 6). b) Das Oberverwaltungsgericht hat die allgemeine Leistungsklage unter Verstoß gegen Bundesverfassungsrecht für begründet erachtet. Es hat entscheidungstragend darauf abgestellt, ein durch einen hoheitlichen Eingriff des beklagten Universitätsklinikums in ein subjektives Recht des Klägers geschaffener und andauernder rechtswidriger Zustand als Voraussetzung eines Folgenbeseitigungsanspruchs (vgl. dazu: Urteile vom 6. September 1988 - BVerwG 4 C 26.88 - BVerwGE 80, 178 <179> = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 188 S. 17 und vom 26. August 1993 - BVerwG 4 C 24.91 - BVerwGE 94, 100 <104> = Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 280 S. 62) liege darin begründet, dass das nach dem nordrhein-westfälischen Hochschulrecht erforderliche Einvernehmen des beigeladenen Fachbereichs Medizin mit der von dem Klinikumsvorstand verfügten und ins Werk gesetzten Stationsschließung (aa) zwar tatsächlich (bb), jedoch nicht nachweisbar in einer dem grundrechtswahrenden Gehalt des Einvernehmenserfordernisses gerecht werdenden Weise erteilt worden sei. Durch die in diesem Zusammenhang erhobene Forderung, das beklagte Universitätsklinikum habe zu überprüfen und dafür einzustehen, dass das von dem beigeladenen Fachbereich Medizin im tatsächlichen Sinne erteilte Einvernehmen unter Beachtung der Erfordernisse der Wissenschaftsfreiheit des Klägers zustande gekommen sei, hat das Oberverwaltungsgericht bei der Anwendung des Landeshochschulrechts den für die Organisation der Hochschulmedizin nach Bundesverfassungsrecht erforderlichen angemessenen Ausgleich zwischen der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer einerseits und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geforderten bestmöglichen Krankenversorgung andererseits verfehlt. Dieser Ausgleich verbietet eine Belastung des Universitätsklinikums mit der ihm von dem Oberverwaltungsgericht angesonnenen Kontrollaufgabe. Vielmehr kann der Kläger die Vereinbarkeit des von seinem Fachbereich tatsächlich erteilten Einvernehmens mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit generell gerichtlich nur im Verhältnis zu dem Fachbereich klären lassen. Eine Schmälerung des dem Kläger nach Art. 19 Abs. 4 GG zustehenden effektiven Rechtsschutzes ist damit nicht verbunden (cc). Da der Kläger der Stationsschließung durch das beklagte Universitätsklinikum gestützt auf die aus Art. 33 Abs. 5 GG ableitbaren Verbürgungen oder den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls nicht mit Erfolg entgegentreten kann, stellt sich die angefochtene Berufungsentscheidung insoweit auch nicht im Ergebnis als richtig dar (dd). aa) Durch die mit dem Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz - HG NW) vom 14. März 2000 (GV.NRW. S. 190) eingeleitete Organisationsreform der Hochschulmedizin sind die vormaligen unselbständigen medizinischen Einrichtungen der nordrhein-westfälischen Universitäten als Universitätskliniken in die Rechtsform von Anstalten des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit überführt worden (§ 41 HG NW in seinen bis zum 31. Dezember 2006 in Kraft gewesenen Fassungen, für den vorliegenden Fall i.V.m. § 1 Abs. 1 der zum 1. Januar 2008 außer Kraft getretenen Verordnung über die Errichtung des Klinikums Düsseldorf der Universität Düsseldorf <Universitätsklinikum Düsseldorf> als Anstalt des öffentlichen Rechts <Klinikumsverordnung Düsseldorf - KlV-Dü NW> vom 1. Dezember 2000 <GV.NRW. S. 729>). Diese Organisationsform ist in das geltende Landeshochschulgesetz, das in seiner Ursprungsfassung vom 31. Oktober 2006 (GV.NRW S. 474) stammt, übernommen worden (bis zum 31. Dezember 2007 § 31 HG NW, danach § 31a Abs. 2 HG NW i.V.m. § 1 Abs. 1 der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Rechtsverordnung für die Universitätskliniken Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster <Universitätsklinikum-Verordnung - UKVO NW> vom 20. Dezember 2007 <GV.NRW. S. 744>). Die organisatorisch verselbständigten Universitätskliniken haben neben der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Krankenversorgung einschließlich der Hochleistungsmedizin und im öffentlichen Gesundheitswesen den medizinischen Fachbereichen der Universitäten bei deren Aufgabenerfüllung in Forschung und Lehre zu dienen und die Verbindung der Krankenversorgung mit Forschung und Lehre zu gewährleisten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 KlV-Dü NW bzw. § 31a Abs. 1 Satz 1 bis 3 HG NW, § 2 Abs. 1 Satz 1 bis 3 UKVO NW). Sie arbeiten auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung eng mit den Universitäten zusammen, unterstützen diese bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und stellen sicher, dass die Mitglieder der Hochschulen ihre durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG und durch das Hochschulgesetz verbürgten Rechte wahrnehmen können (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 KlV-Dü NW bzw. § 31a Abs. 1 Satz 5 HG NW, § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 UKVO NW). Weiter ist bestimmt, dass Entscheidungen der Universitätskliniken unbeschadet der Gesamtverantwortung der Universitäten im Einvernehmen mit den medizinischen Fachbereichen erfolgen, soweit der Bereich von Forschung und Lehre betroffen ist (§ 2 Abs. 2 Satz 3 KlV-Dü NW bzw. § 2 Abs. 3 Satz 3 UKVO NW); kommt das Einvernehmen nicht zustande, entscheiden die Aufsichtsräte der Universitätskliniken auf Antrag der Dekane (§ 2 Abs. 2 Satz 4 KlV-Dü NW bzw. § 2 Abs. 3 Satz 4 UKVO NW). Dass die Schließung der Station O. durch das beklagte Universitätsklinikum den Bereich von Forschung und Lehre betraf und deshalb nach § 2 Abs. 2 Satz 3 KlV-Dü NW bzw. § 2 Abs. 3 Satz 3 UKVO NW des Einvernehmens des beigeladenen Fachbereichs Medizin bedurfte (vgl. dazu im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes: BVerfG, Kammerbeschluss vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 1165/08 - juris Rn. 30), hat das Oberverwaltungsgericht (BA S. 11) festgestellt. Diese Feststellung bindet den Senat gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 560 ZPO. bb) Das Oberverwaltungsgericht (BA S. 13, 20) hat weiter festgestellt, dass die Organe des beigeladenen Fachbereichs Medizin - das Dekanat mit Beschluss vom 21. Januar 2008 und der Fachbereichsrat mit Beschluss vom 27. Mai 2010 - wenn auch seiner Ansicht nach in rechtlich nicht tragfähiger Weise, so doch im tatsächlichen Sinne Einvernehmenserklärungen im Hinblick auf die von dem beklagten Universitätsklinikum beschlossene und umgesetzte Stationsschließung abgegeben, also nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zum Ausdruck gebracht haben, dass der beigeladene Fachbereich Medizin die Maßnahme inhaltlich mitträgt bzw. dass über sie völlige Willensübereinstimmung besteht (vgl. zu diesem Sprachsinn: Urteile vom 30. November 1978 - BVerwG 2 C 6.75 - BVerwGE 57, 98 <101> = Buchholz 230 § 128 BRRG Nr. 2 S. 3 und vom 29. April 2004 - BVerwG 3 C 25.03 - BVerwGE 121, 1 <5> = Buchholz 451.74 § 9 KHG Nr. 9 S. 5). Auch an diese Feststellung ist der Senat - nach § 137 Abs. 2 VwGO - gebunden (zum tatsächlichen Charakter der Ermittlung des Erklärungsinhalts eines behördlichen Mitwirkungsakts in einem Verwaltungsverfahren: Urteile vom 30. November 1978 a.a.O. S. 102 bzw. S. 3 und vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <355> = Buchholz 402.240 § 45 AuslG Nr. 13 S. 29). cc) Das Oberverwaltungsgericht hat unter Verletzung von Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO angenommen, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffende Schließung der Station O. durch das beklagte Universitätsklinikum verstoße gegen die landesrechtlichen Bestimmungen des § 2 Abs. 2 Satz 3 KlV-Dü NW bzw. des § 2 Abs. 3 Satz 3 UKVO NW, deren Einhaltung der Kläger als medizinischer Hochschullehrer beanspruchen kann (zu dieser Schutzfunktion im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes: BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. November 2007 - 1 BvR 1736/07 - juris Rn. 29). Mit Bundesverfassungsrecht unvereinbar ist die Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts, dass für das nach den genannten Vorschriften erforderliche Einvernehmen des beigeladenen Fachbereichs Medizin mit der Stationsschließungsentscheidung des beklagten Universitätsklinikums und damit für die Rechtmäßigkeit der Schließung der Station O. nicht die - von dem Oberverwaltungsgericht festgestellte - tatsächliche Erteilung durch eines der Fachbereichsorgane genüge, sondern eine von dem Universitätsklinikum nachzuprüfende Erteilung auf Grund eines von dem Fachbereich grundrechtskonform durchgeführten Verfahrens erforderlich sei. Hierdurch hat das Oberverwaltungsgericht Anforderungen gestellt, die den verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich zwischen den Grundrechtspositionen und den verfassungsrechtlich geschützten Interessen, die sich im Bereich der universitären Krankenversorgung gegenüberstehen, in nachhaltiger Weise stören (aaa). Der besagte Ausgleich gebietet auch unter Berücksichtigung des durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten effektiven Rechtsschutzes, dass der Kläger wegen der von ihm geltend gemachten Verletzung seiner Wissenschaftsfreiheit den beigeladenen Fachbereich Medizin im Wege der allgemeinen Leistungsklage auf eine Rücknahme des in tatsächlicher Weise erklärten Einvernehmens mit der Stationsschließung durch das Universitätsklinikum hätte in Anspruch nehmen müssen (bbb). aaa) Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewährleistet die Wissenschaft - verstanden als Oberbegriff für Forschung und Lehre (BVerfG, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR 424/71 u.a. - BVerfGE 35, 79 <113>) - als einen grundsätzlich von Fremdbestimmung freien Bereich autonomer Verantwortung. Zur Sicherung dieses Bereichs garantiert das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nicht nur die Freiheit von staatlichen Geboten und Verboten, sondern verpflichtet den Staat auch zu Schutz und Förderung und gewährt den in der Wissenschaft Tätigen Teilhabe an öffentlichen Ressourcen und an der Organisation des Wissenschaftsbetriebs (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 911/00 u.a. - BVerfGE 111, 333 <354> und vom 20. Juli 2010 - 1 BvR 748/06 - BVerfGE 127, 87 <115>; BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - BVerwG 6 CN 1.11 - BVerwGE 144, 195 = Buchholz 11 Art. 5 Abs. 3 GG Nr. 3 Rn. 21). Die Einflussmöglichkeiten, die mit dem Recht der an einer Hochschule tätigen Hochschullehrer auf Teilhabe an der Organisation des Wissenschaftsbetriebs verbunden sind, dienen dem Schutz der Grundrechtsträger vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen, die ihre eigene Freiheit zu forschen und zu lehren gefährden können (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2004 a.a.O. S. 354, 356 und vom 20. Juli 2010 a.a.O. S. 115, 117; Kammerbeschluss vom 1. Februar 2010 a.a.O. Rn. 25). Die Hochschullehrer können überdies in materiell-rechtlicher Hinsicht beanspruchen, dass ihnen bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel diejenigen Personal- und Sachmittel zugewiesen werden, die sie überhaupt erst in die Lage versetzen, wissenschaftliche Forschung und Lehre zu betreiben. Grundrechtlich verbürgt ist die hiernach erforderliche Grund- oder Mindestausstattung (BVerfG, Urteil vom 8. Februar 1977 - 1 BvR 79/70 u.a. - BVerfGE 43, 242 <285>, Beschlüsse vom 8. Juli 1980 - 1 BvR 1472/78 - BVerfGE 54, 363 <390> und vom 26. Oktober 2004 a.a.O. S. 362, Kammerbeschluss vom 15. September 1997 - 1 BvR 406/96 u.a. - NVwZ-RR 1998, 175). Für die Wirkkraft des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ergeben sich Besonderheiten aus dem Umstand, dass diesen neben Forschung und Lehre als Zusatzaufgabe die Krankenversorgung obliegt, die in den Universitätskliniken stattfindet. Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 8. April 1981 - 1 BvR 608/79 - BVerfGE 57, 70 <96 ff.>) hat - zunächst noch im Hinblick auf Universitätskliniken, die nach dem betroffenen (hessischen) Landesrecht organisatorisch nicht verselbständigt waren - festgestellt, dass die Organisation der Krankenversorgung nicht ohne weiteres den verfassungsrechtlichen Garantien aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterliegt, die ansonsten im Bereich der Selbstverwaltung wissenschaftsrelevanter Angelegenheiten und im Rahmen der Tätigkeit der Hochschullehrer in Forschung und Lehre Geltung beanspruchen, der Krankenhausbetrieb vielmehr im Interesse einer bestmöglichen Versorgung der Patienten eine gegenüber dem allgemeinen Wissenschaftsbetrieb der Universität straffere, die Verantwortlichkeiten klar abgrenzende und rasche Entscheidungen ermöglichende Organisation erfordert. Allerdings darf, da in der Humanmedizin Forschung, Lehre, Ausbildung und Krankenversorgung miteinander verflochten sind, das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch bei ihrer Tätigkeit in der Krankenversorgung nicht unberücksichtigt bleiben. Der Gesetzgeber muss vielmehr bei der Organisation der Universitätskliniken zwischen der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer einerseits und der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG geforderten bestmöglichen Krankenversorgung andererseits einen angemessenen Ausgleich finden. Hierfür bedarf es geeigneter Koordinations- und Kooperationsmöglichkeiten und einer sachgerechten organisatorischen Verzahnung beider Funktionsbereiche. Dass die in Nordrhein-Westfalen seit dem Jahr 2000 erlassenen Regelungen, durch die die Universitätskliniken organisatorisch verselbständigt und damit die medizinischen Fachbereiche von der unmittelbaren Verantwortung für eine effektive Krankenversorgung als solche entlastet wurden, den beschriebenen Ausgleich bei sachgerechter Auslegung erreichen und deshalb mit der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer vereinbar sind, hat das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2002 entschieden (Kammerbeschluss vom 11. November 2002 - 1 BvR 2145/01 u.a. - NVwZ 2003, 600). Es hat dies durch die bereits genannten Kammerbeschlüsse bestätigt, die im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes ergangen sind, das der Kläger gegen das beklagte Universitätsklinikum geführt hat. Tragend hierfür sind zwei Aspekte (vgl. zum Folgenden: BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 11. November 2002 a.a.O. S. 601, vom 27. November 2007 - 1 BvR 1736/07 - juris Rn. 27 ff., vom 2. Juli 2008 - 1 BvR 1165/08 - juris Rn. 25 ff. und vom 1. Februar 2010 - 1 BvR 1165/08 - juris Rn. 28 f.). Zum einen wird zwar die für die Wirkkraft des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer relevante Unterscheidung zwischen universitärer Forschung und Lehre einerseits und der Krankenversorgung andererseits nach der Verselbständigung der Universitätskliniken auch in der Organisationsstruktur der Hochschulmedizin sichtbar. Dabei sichert es jedoch die Wissenschaftsfreiheit, dass die Aufgabe medizinischer Forschung und Lehre in erster Linie bei den Universitäten und dort bei den medizinischen Fachbereichen verblieben ist. Die Fachbereiche, als diejenigen universitären Organisationseinheiten, über deren Organe die Hochschullehrer Einfluss innerhalb des organisierten Wissenschaftsbetriebs ausüben können, entscheiden gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, § 18 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KlV-Dü NW bzw. § 27 Abs. 1 Satz 3, § 31b Abs. 2 HG NW insbesondere über die für Forschung und Lehre vorgesehenen Stellen und Mittel. Die Universitätskliniken haben insoweit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 und 2 KlV-Dü NW bzw. § 31a Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 HG NW sowie § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 UKVO NW nur eine dienende Funktion. Ihre Entscheidungskompetenzen beziehen sich vor allem auf die Organisation der Krankenversorgung mit dem Ziel, den dort bestehenden Effektivitätsanforderungen gerecht zu werden. Zum anderen wird im Rahmen dieser Aufgaben- und Verantwortungsteilung die primäre Zuständigkeit der medizinischen Fachbereiche für die Wissenschaftsfreiheit dadurch organisatorisch gewährleistet, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 3 KlV-Dü NW bzw. § 2 Abs. 3 Satz 3 UKVO NW Entscheidungen der verselbständigten Universitätskliniken im Bereich der Krankenversorgung, die den Bereich von Forschung und Lehre betreffen, an das Einvernehmen der medizinischen Fachbereiche rückgebunden sind. In Gestalt dieses Einvernehmenserfordernisses hat der Landesgesetz- bzw. Landesverordnungsgeber den Fachbereichen das von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geforderte Instrument zur Verfügung gestellt, das es ihnen ermöglicht, die Erfordernisse, die sich aus der Grundrechtswahrnehmung der medizinischen Hochschullehrer ergeben, in den Verantwortungsbereich der verselbständigten Universitätskliniken zu transportieren. Das Einvernehmenserfordernis stellt sich damit als eine andere Art des in der Sache unverkürzten Einflusses des organisierten Wissenschaftsbetriebs auf den Forschung und Lehre betreffenden Teil des Klinikumsbetriebs dar. Ihm kommt eine Sicherungsfunktion für die Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer zu. Diese können ihren grundrechtlich garantierten Einfluss mittels der Einvernehmensregelung über die Fachbereichsorgane auch auf wissenschaftsrelevante Maßnahmen der Universitätskliniken ausüben. Durch die Handhabung dieser Regelung können die Fachbereiche zudem den materiellen (Grund-)Ausstattungsansprüchen der Hochschullehrer gegenüber den Universitätskliniken zum Durchbruch verhelfen. Das auf diese Weise strukturierte landesrechtliche Regelungssystem kann seine auf Grund bundesverfassungsrechtlicher Vorgabe beruhende Ausgleichsfunktion indes nur erfüllen, wenn sich die Universitätskliniken, was die Wahrung der Belange von Forschung und Lehre in der Krankenversorgung anbelangt, auf ihre dienende Funktion nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 2 Satz 1 und 2 KlV-Dü NW bzw. § 31a Abs. 1 Satz 1, 3 und 5 HG NW, § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3, Abs. 3 Satz 1 und 2 UKVO NW beschränken können, wie andererseits auch die medizinischen Fachbereiche von ihrer unmittelbaren Verantwortung für die Krankenversorgung jenseits ihres mit Forschung und Lehre verflochtenen Bereichs entlastet sind. Dafür ist es unabdingbar, dass die medizinischen Fachbereiche die alleinige Verantwortung für die Grundrechtskonformität ihrer Einvernehmensbeschlüsse im Hinblick auf die den Bereich von Forschung und Lehre betreffenden Klinikentscheidungen haben, die Universitätskliniken hingegen die Erklärungen durch eines der Organe der medizinischen Fachbereiche über die Erteilung oder Nichterteilung des Einvernehmens im tatsächlichen Sinne als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ihrer Entscheidungen übernehmen können und müssen und die Fachbereichsbeschlüsse weder - wie von dem Oberverwaltungsgericht gefordert (im Ansatz ebenso: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. August 2012 - 9 S 2752/11 - DVBl 2013, 326 <328>) - auf ihr grundrechtswahrendes Zustandekommen im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer noch - weitergehend - auf ihre materielle Vereinbarkeit mit diesem Grundrecht, insbesondere mit dem Recht auf eine für die wissenschaftliche Betätigung erforderliche Grundausstattung zu überprüfen haben. Die für die Universitätskliniken handelnden Vorstände wären einer solchen Kontrollaufgabe schon von ihrer nach § 5 Abs. 2 KlV-Dü NW bzw. § 31a Abs. 5 HG NW speziell auf die effektive Bewältigung der Krankenversorgung ausgerichteten personellen Zusammensetzung her nicht gewachsen. Würden sie mit dieser Aufgabe zur Kontrolle belastet und hätten sie für deren Ergebnis einzustehen, würden die mit der organisatorischen Verselbständigung der Universitätskliniken verbundenen Effektivitätsgewinne für die Krankenversorgung weitgehend zunichte gemacht, mit entsprechenden Gefahren für die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 20 Abs. 1 GG geschützten Rechtsgüter. Aus diesen Erwägungen folgt zugleich, dass einer tatsächlichen Einvernehmenserteilung durch einen medizinischen Fachbereich auch dann Relevanz zukommt, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - zu einem Zeitpunkt vorgenommen wird, in dem die Klinikumsentscheidung, auf die sich das Einvernehmen bezieht, bereits - jedenfalls teilweise - vollzogen worden ist (a.A.: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 2. August 2012 a.a.O. S. 329). Auch insoweit darf das Universitätsklinikum nicht mit der Prüfung belastet werden, ob das tatsächlich erteilte Einvernehmen noch eine Schutzwirkung zu Gunsten der Wissenschaftsfreiheit der von der Entscheidung betroffenen medizinischen Hochschullehrer entfalten kann. Das Oberverwaltungsgericht und der Kläger können sich für ihre Annahme einer Verantwortlichkeit der Universitätskliniken für die Vereinbarkeit von Einvernehmenserklärungen der medizinischen Fachbereiche mit Anforderungen aus der Wissenschaftsfreiheit der medizinischen Hochschullehrer nicht auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts berufen, die der Kläger im Verlauf des gegen das beklagte Universitätsklinikum geführten Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes erwirkt hat. Dies gilt auch für den Kammerbeschluss vom 1. Februar 2010 und die in diesem (a.a.O. Rn. 32) enthaltene Erwägung, dass es für eine Prognose, ob von der Nachholung eines noch nicht erteilten Einvernehmens ausgegangen werden könne, nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens, sondern darauf ankomme, ob mit der Erteilung in einer Weise zu rechnen sei, die dem grundrechtswahrenden Gehalt der Verfahrensbestimmung zu Gunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht werde. Denn diese Erwägung hat keinen verallgemeinerungsfähigen Inhalt. Das Bundesverfassungsgericht stand bei Erlass des besagten Kammerbeschlusses vor der Situation, dass zum einen der Kläger ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren über Jahre hinweg und von dem Oberverwaltungsgericht unbeanstandet nur gegen das beklagte Universitätsklinikum und nicht - zumindest auch - gegen den beigeladenen Fachbereich Medizin geführt hatte, und zum anderen das Oberverwaltungsgericht in seinen bisherigen, die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnenden Entscheidungen die Bedeutung des in § 2 Abs. 2 Satz 3 KlV-Dü NW bzw. § 2 Abs. 3 Satz 3 UKVO NW vorgesehenen Einvernehmenserfordernisses für das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit verkannt hatte. In diesem Stadium des Verfahrens ging es dem Bundesverfassungsgericht, das in seinen zuvor ergangenen Kammerbeschlüssen (vom 27. November 2007 a.a.O. Rn. 31, 42 und vom 2. Juli 2008 a.a.O. Rn. 24 ff.) die Inanspruchnahme - auch - des Fachbereichs aus verfassungsrechtlicher Sicht als vorzugswürdig aufgezeigt, wenn auch in Anbetracht des Eilcharakters des Verfahrens nicht abschließend für geboten erklärt hatte, ersichtlich nur noch darum, im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes überhaupt noch eine die Wissenschaftsfreiheit des Klägers hinreichend berücksichtigende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts - und sei es isoliert gegen das beklagte Universitätsklinikum - zu erreichen. bbb) Durch die beschriebene alleinige Verantwortlichkeit der medizinischen Fachbereiche für die Grundrechtskonformität ihres tatsächlich erklärten Einvernehmens zu den wissenschaftsrelevanten Entscheidungen der Universitätskliniken wird ein medizinischer Hochschullehrer, der sich - wie der Kläger - durch eine Klinikumsentscheidung in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verletzt sieht, nicht an der Inanspruchnahme effektiven Rechtsschutzes im Sinne von Art. 19 Abs. 4 GG gehindert. Solange der medizinische Fachbereich ein erforderliches Einvernehmen auch im tatsächlichen Sinne nicht erteilt hat, kann der Hochschullehrer von dem Universitätsklinikum im Wege der allgemeinen Leistungsklage Unterlassung verlangen bzw. diesem das fehlende Einvernehmen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO entgegenhalten. Gegebenenfalls muss er durch ein zusätzliches, gegen den Fachbereich gerichtetes (Eil-)Verfahren zu erreichen suchen, dass der dem Dekan vorbehaltene Antrag auf eine Schlichtungsentscheidung des Aufsichtsrats des Universitätsklinikums nach § 2 Abs. 2 Satz 4 KlV-Dü NW bzw. § 2 Abs. 3 Satz 4 UKVO NW nicht gestellt und dadurch die Klinikumsentscheidung blockiert wird (vgl. dazu: Böhmann, in: Leuze/Epping, HG NW, Bd. 2, Stand November 2012, § 31a Rn. 70; Pallme König, WissR, Beiheft 17 <2006>, 63 <91, 101 f.>). Hat jedoch der Fachbereich - wie im vorliegenden Fall - sein Einvernehmen im tatsächlichen Sinne erteilt, muss der Hochschullehrer diesen mit einer allgemeinen Leistungsklage darauf in Anspruch nehmen, das erteilte Einvernehmen zurückzunehmen und dadurch dem Universitätsklinikum die Grundlage für die Rechtmäßigkeit seiner Forschung und Lehre betreffenden Entscheidung zu entziehen. Ein solcher actus contrarius ist - vorbehaltlich von durch den Rechtsgrundsatz des Vertrauensschutzes gezogenen Grenzen - im Fall einer die Wissenschaftsfreiheit verletzenden Einvernehmenserteilung wegen der grundrechtlichen Sicherungsfunktion des Einvernehmenserfordernisses geboten (entsprechend zur Maßgeblichkeit des Fachrechts für die Rücknahme des Mitwirkungsakts bei einem mehrstufigen Verwaltungsakt: Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 24.95 - Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 51 S. 2 - verneinend, Urteil vom 23. September 2004 - BVerwG 2 C 37.03 - BVerwGE 122, 58 <62 ff.> = Buchholz 230 § 123 BRRG Nr. 5 S. 6 ff. - bejahend). Zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes steht wiederum das Verfahren nach § 123 VwGO zur Verfügung. dd) Die von dem Oberverwaltungsgericht vertretene Annahme einer andauernden Verletzung von Rechten des Klägers als Grundlage für einen gegen das beklagte Universitätsklinikum gerichteten Anspruch auf Folgenbeseitigung in Form der Rückgängigmachung der Stationsschließung stellt sich nicht im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Der Kläger kann diesen Anspruch weder auf eine Verletzung einer durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützten Amtsposition (aaa) noch auf einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (bbb) stützen. aaa) Der Kläger beruft sich zu Unrecht darauf, das Universitätsklinikum habe die Station O. nicht schließen dürfen, weil hierdurch sein durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützter Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung als beamteter Hochschullehrer und Chefarzt einer nuklearmedizinischen Klinik eines Universitätsklinikums verletzt werde, der die Führung einer auf dem Klinikgelände gelegenen Bettenstation, in der auch Risikopatienten zur ärztlichen Versorgung und Fortentwicklung der nuklearmedizinischen Forschung und Lehre aufgenommen werden könnten, umfasse. Der Kläger kann hiermit nicht durchdringen, weil die Erfüllung seines Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung nicht dem beklagten Universitätsklinikum obliegt. Verpflichtet nach diesem Anspruch ist stets nur der Dienstherr (Urteil vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3 Rn. 11 f.), im Fall des Klägers also die beigeladene Universität (§ 2 Abs. 3 HG NW i.V.m. mit den Überleitungsregelungen in Art. 7 des Hochschulfreiheitsgesetzes <HFG NW> vom 31. Oktober 2006 <GV.NRW. S. 474>). Unabhängig hiervon berührt der Einwand des Klägers die Rechtmäßigkeit der Stationsschließung durch das beklagte Universitätsklinikum auch deshalb nicht, weil er sich der Sache nach auf die Vereinbarkeit dieser Maßnahme mit der Gewährleistung der für eine wissenschaftliche Betätigung erforderlichen Grundausstattung bezieht, die in materieller Hinsicht in dem Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG als dem gegenüber Art. 33 Abs. 5 GG vorrangigen Prüfungsmaßstab (BVerfG, Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 1 BvR 462/06 - BVerfGE 122, 89 <119>) enthalten ist. Der Verpflichtung, die Vereinbarkeit der Stationsschließung mit dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit zu überprüfen und dafür einzustehen, war das Universitätsklinikum indes, wie dargelegt, in Anbetracht des von dem beigeladenen Fachbereich Medizin tatsächlich erteilten Einvernehmens enthoben. bbb) Ebenso wenig kann der Kläger mit Erfolg eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG durch die von dem beklagten Universitätsklinikum vorgenommene Stationsschließung geltend machen. Seine insoweit vorgebrachte Rüge, ihm sei als einzigem Ordinarius für Nuklearmedizin oder Chefarzt einer nuklearmedizinischen Klinik bzw. einer Klinik des beklagten Universitätsklinikums die für die Aufgabenerfüllung im Kernbereich seines Fachs erforderliche Bettenstation entzogen worden, wofür zudem nicht tragfähige wirtschaftliche Gründe benannt worden seien, betrifft im Kern wiederum die Problematik der für eine wissenschaftliche Betätigung erforderlichen Grundausstattung im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, wenn auch ergänzt um eine Einschätzung der in dem beklagten Universitätsklinikum bestehenden wirtschaftlichen Situation. Auf eine Einbeziehung der auf diese Art beschriebenen Problematik in das Prüfprogramm, das das beklagte Universitätsklinikum in Bezug auf die Schließung der Station O. zu bewältigen hatte, kann sich der Kläger nicht berufen, weil sie durch das tatsächliche Einvernehmen des beigeladenen Fachbereichs Medizin abgedeckt und im Übrigen nicht von einem subjektiven Recht des Klägers unterfangen war.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020254&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020255
BVerwG
6. Senat
20140502
6 PB 12/14
Beschluss
§ 42 Abs 2 PersVG HE 1988
vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 28. Januar 2014, Az: 22 A 1520/13.PV, Beschluss vorgehend VG Frankfurt, 3. Juni 2013, Az: 23 K 1168/13.F.PV, Beschluss
DEU
Ausstattung der Personalratsmitglieder mit Gesetzessammlungen; tatrichterliche Würdigung der Erforderlichkeit geltend gemachten Geschäftsbedarfs
Die Dienststelle hat dem Personalrat als Geschäftsbedarf im Sinne von § 42 Abs. 2 HessPersVG (juris: PersVG HE 1988) oder paralleler Vorschriften im Bundes- und Landesrecht dasjenige zur Verfügung zu stellen, was dieser zur sachgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse benötigt. Welche Sachmittel danach für die Personalratsarbeit erforderlich sind, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung des Einzelfalls, die ihrerseits der rechtsbeschwerdegerichtlichen Nachprüfung nur daraufhin zugänglich ist, ob sie die gesetzlich vorgegebenen Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen hat.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 111 Abs. 3 Satz 1 HessPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG greift nicht durch. Der Antragsteller sieht der Sache nach rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf im Hinblick auf die Frage gegeben, ob ein Personalrat verlangen kann, dass ihm für jedes seiner Mitglieder von der Dienststelle ein Exemplar der Gesetzessammlung "Michael Kittner, Arbeits- und Sozialordnung" zur Verfügung gestellt wird. Diese Frage ist nur im Hinblick auf die nicht freigestellten Mitglieder des Antragstellers entscheidungserheblich und somit nur insoweit klärungsbedürftig. Das Verwaltungsgericht hat im ersten Rechtszug dem Leistungsantrag des Antragstellers nur hinsichtlich dieses Personenkreises stattgegeben und ihn hinsichtlich der freigestellten Mitglieder des Antragstellers abgelehnt. Hiergegen ist der Antragsteller nicht im Wege der Beschwerde vorgegangen, so dass der Verwaltungsgerichtshof - auf die alleinige Beschwerde der Beteiligten hin - nur noch über die Frage zu entscheiden hatte, ob der Antragsteller einen Anspruch darauf besitzt, dass die Beteiligte jedes seiner nicht freigestellten Mitglieder mit einem Exemplar der genannten Gesetzessammlung ausstattet. Über diesen Personenkreis dürfte auch das Rechtsbeschwerdegericht nicht hinausgreifen. Auch in ihrem danach überhaupt noch klärungsbedürftigen Umfang hat die vom Antragsteller aufgeworfene Frage keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Durch die Senatsrechtsprechung ist geklärt, dass die Dienststelle dem Personalrat als Geschäftsbedarf im Sinne von § 42 Abs. 2 HessPersVG oder paralleler Vorschriften im Bundes- und Landesrecht dasjenige zur Verfügung zu stellen hat, was dieser zur sachgemäßen Wahrnehmung seiner Aufgaben und Befugnisse benötigt (vgl. Beschlüsse vom 19. August 1994 - BVerwG 6 P 25.92 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 29 S. 2 und vom 29. Juni 1988 - BVerwG 6 P 18.86 - BVerwGE 79, 361 <362> = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 13 S. 1 f.). Welche Sachmittel danach für die Personalratsarbeit für erforderlich gehalten werden dürfen, unterliegt der tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung des Einzelfalls, die ihrerseits der rechtsbeschwerdegerichtlichen Nachprüfung nur daraufhin zugänglich ist, ob sie die gesetzlich vorgegebenen Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen hat (vgl. BAG, Beschluss vom 14. Juli 2010 - 7 ABR 80/08 - BAGE 135, 154 Rn. 20). Danach könnte die Frage, ob ein Personalrat hinsichtlich seiner nicht freigestellten Mitglieder einen Anspruch auf Ausstattung jedes von ihnen mit der genannten Gesetzessammlung hat, im Rahmen des vom Antragsteller angestrebten Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise im Wege einer abstrahierenden Rechtssatzbildung beantwortet werden. Im Rechtsbeschwerdeverfahren könnte lediglich mit Blick auf den konkreten Einzelfall und die in ihm obwaltenden Umstände geklärt werden, ob der Verwaltungsgerichtshof die genannten Grenzen seiner tatrichterlichen Würdigungsbefugnis überschritten hat. Der vom Antragsteller aufgeworfenen Frage fehlt es daher an der für die Annahme einer rechtsgrundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG erforderlichen Klärungsfähigkeit.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020255&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020256
BVerwG
6. Senat
20140424
6 PB 2/14
Beschluss
§ 62 Abs 4 Halbs 2 PersVG BB
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 21. November 2013, Az: OVG 61 PV 2.13, Beschluss vorgehend VG Potsdam, 4. Dezember 2012, Az: 21 K 2381/11.PVL, Beschluss
DEU
Antragsabhängige Mitbestimmung; Beschäftigte, die auf Dauer zu Personalentscheidungen befugt sind
§ 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG (juris: PersVG BB) verlangt, dass der Betroffene auf Dauer in einer Funktion verwendet wird, die mit Personalentscheidungsbefugnissen im Sinne dieser Vorschrift ausgestattet ist. Beruht die Verwendung eines Betroffenen auf zeitlich befristeten Abordnungen, kommt § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG nicht zur Anwendung.
1. Der geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Klärungsbedarf im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hinsichtlich der Vorschrift des § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift bestimmt der Personalrat in Personalangelegenheiten von Beschäftigten, die auf Dauer zu Einstellungen, Entlassungen oder sonstigen Entscheidungen, die den Status der Beschäftigten verändern, befugt sind, nur auf Antrag des Betroffenen mit. Aus Sicht des Beteiligten bedarf der Klärung, ob das Tatbestandsmerkmal "auf Dauer" voraussetzt, dass die Übertragung einer mit Personalentscheidungsbefugnissen im Sinne der Vorschrift verbundenen Funktion an den Betroffenen unbefristet erfolgt ist bzw. erfolgen soll (vgl. Beschwerdebegründung S. 12 f.). Das Oberverwaltungsgericht hat dies bejaht und infolgedessen die Anwendbarkeit der Vorschrift mit der Begründung verneint, dass im vorliegenden Fall die Verwendung des Betroffenen in einer Funktion mit Personalentscheidungsbefugnissen auf zeitlich befristeten Abordnungen beruht habe. Dieses Normverständnis erweist sich bei Zugrundelegung der gängigen Auslegungsregeln eindeutig als zutreffend, so dass es nicht eigens der Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf. Schon der Wortlaut der Vorschrift steht einem abweichenden Normverständnis entgegen. Die Rede ist von "Beschäftigten", die auf Dauer zu Einstellungen usw. "befugt" sind. Hiermit wird auf die dauerhafte Entscheidungsbefugnis gerade der Person abgestellt. Die vom Beteiligten offenbar bevorzugte Auslegung, wonach es auf die dauerhafte Ausstattung einer Funktion mit Personalentscheidungsbefugnissen und nicht auf die Dauerhaftigkeit der Verwendung des Betroffenen in einer solchen Funktion ankommen soll, ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht gedeckt. Hätte der Gesetzgeber eine dahingehende Regelung treffen wollen, hätte er der Vorschrift bei Beachtung der üblichen gesetzesredaktionellen Gepflogenheiten einen anderen Wortlaut gegeben. Entstehungsgeschichtliche oder gesetzessystematische Umstände, die zu einer Auslegung der Norm entgegen ihrem Wortlaut zwängen, sind nicht ersichtlich. Auch der Zweck der Vorschrift rechtfertigt keine andere Sichtweise. Die Vorschrift soll die Unabhängigkeit des von ihr erfassten Personenkreises gegenüber dem Personalrat sicherstellen (vgl. zu § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, Beschluss vom 20. März 2002 - BVerwG 6 P 6.01 - Buchholz 250 § 77 BPersVG Nr. 16 S. 5). Der Gesetzgeber hat diesem Gesichtspunkt aber keinen absoluten Stellenwert eingeräumt. Andernfalls hätte er Träger zeitlich befristeter Personalentscheidungsbefugnisse - die gleichfalls in ihrer Unabhängigkeit gefährdet sein könnten - einbezogen. Eben hiergegen hat er sich durch Aufnahme des Tatbestandsmerkmals "auf Dauer" entschieden. Diese Entscheidung entwertet, wer für unbeachtlich hält, ob eine mit Personalentscheidungsbefugnissen ausgestattete Funktion einem Betroffenen befristet oder unbefristet übertragen wird. Unabhängig davon ist dem Oberverwaltungsgericht darin beizupflichten, dass die vom Beteiligten bevorzugte Normauslegung vielfach zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen müsste, was dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers zuwiderliefe, flächendeckend eine reibungsfreie, möglichst wenig streitanfällige Gesetzesanwendung zu ermöglichen. 2. Die erhobenen Divergenzrügen greifen nicht durch. a. Der angefochtene Beschluss weicht nicht im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vom Senatsbeschluss vom 6. September 2005 - BVerwG 6 PB 13.05 - (Buchholz 250 § 14 BPersVG Nr. 1) ab. Die vom Beteiligten zitierten Ausführungen aus diesem Beschluss (a.a.O. Rn. 4 f.) verhalten sich nicht zu der hier interessierenden Frage, ob die Dauerhaftigkeit einer Personalentscheidungsbefugnis personen- oder funktionsbezogen zu bestimmen ist. b. Der angefochtene Beschluss weicht nicht im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vom Senatsbeschluss vom 20. März 2002 (a.a.O.) ab. Dass - wie der Beteiligte meint - das Oberverwaltungsgericht die in diesem Beschluss ausgesprochene Maßgabe missachtet hätte (Beschwerdebegründung S. 20/21), eine Vorschrift wie § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG bereits bei erstmaliger Besetzung des mit personellen Befugnissen ausgestatteten Dienstpostens anzuwenden, ist nicht ersichtlich; das Gegenteil ist der Fall (BA S.7). Ebenso kann eine Abweichung nicht daraus hergeleitet werden, dass in dem Senatsbeschluss vom 20. März 2002 auf die § 62 Abs. 4 Halbs. 1 BbgPersVG entsprechende Regelung des § 77 Abs. 1 Satz 1 BPersVG zu Beamten auf Zeit eingegangen wird. Der Senat hat hierzu ausgeführt, bei diesen Personen könne davon ausgegangen werden, dass der Grad ihrer Integration in den öffentlichen Dienst nicht immer so intensiv sei wie der von Lebenszeitbeamten und man es daher ihrer Entscheidung überlassen könne, ob sie sich der Unterstützung des Personalrats bedienen wollten (Beschluss vom 20. März 2002 a.a.O. S. 7). Hiermit ist weder unmittelbar noch mittelbar eine Maßgabe zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals "auf Dauer" im Sinne von § 62 Abs. 4 Halbs. 2 BbgPersVG aufgestellt worden, über die sich das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss hinweggesetzt hätte.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020256&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020257
BVerwG
7. Senat
20140414
7 B 26/13
Beschluss
Art 1 Abs 3 Buchst a EWGV 259/93, Art 3 Abs 1 EWGV 259/93, Art 11 Abs 1 Buchst d EWGV 259/93, Art 11 Abs 1 Buchst e EWGV 259/93, Art 26 Abs 1 Buchst a EWGV 259/93, Art 2 Nr 15 EGV 1013/2006, Art 3 Abs 1 Buchst a EGV 1013/2006, Art 24 Abs 2 EGV 1013/2006, Art 24 Abs 3 EGV 1013/2006, Art 25 Abs 1 EGV 1013/2006, Art 3 Abs 1 Buchst b EGRL 12/2006, § 8 Abs 3 AbfVerbrG 2007
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 1. August 2013, Az: 20 B 12.1273, Urteil vorgehend VG Würzburg, 31. Mai 2011, Az: W 4 K 08.2290, Urteil
DEU
Illegale Abfallverbringung; Beweislast der Verwertbarkeit der Abfälle; Rückholungsverpflichtung
Illegale Abfallverbringung; Beweislast der Verwertbarkeit der Abfälle; Rückholungsverpflichtung
I. Mit Bescheid vom 19. November 2008 verpflichtete der Beklagte die Klägerin und eine Firma O., gesamtschuldnerisch die Kosten für die Rückholung und Entsorgung von 216,43 t Kunststoffabfällen aus Sosnová/Tschechien in Höhe von 45 553,93 € zu tragen. Die Klägerin hatte im Jahr 2005 322,21 t Abfälle, bezeichnet als Verpackungen aus Kunststoff, durch die Firma O. nach Sosnová verbringen lassen, ohne dies zu notifizieren. Das Verwaltungsgericht hat den zu zahlenden Betrag auf 45 212,96 € herabgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Rechtsgrundlage der Zahlungspflicht sei § 8 Abs. 3 AbfVerbrG. Die im Jahr 2005 ohne Notifizierung ausgeführten Abfalltransporte seien illegal im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Buchst. a VO (EWG) 259/93 gewesen. Die materielle Beweislast dafür, dass eine Notifizierungspflicht nicht bestanden habe, weil die Abfälle als solche der Grünen Liste anzusehen und ausschließlich zur Verwertung nach Tschechien verbracht worden seien (Art. 1 Abs. 3 Buchst. a VO <EWG> 259/93), trage die Klägerin (UA Rn. 15). Den Beweis, dass die Verbringung nach Tschechien der Verwertung der Abfälle gedient habe, habe die Klägerin nicht erbracht (UA Rn. 17). Nachdem unstreitig aus ihrem Betrieb 322,21 t nach Sosnová auf das Gelände der Firma D. verbracht worden seien, trage sie auch die materielle Beweislast dafür, dass die Abfälle, wenn schon nicht zur Verwertung, so doch mit anderer Zielrichtung vom Gelände der Firma D. auf den Weg gebracht worden seien. Der Beklagte habe dadurch, dass er die Abfälle weggeschafft habe, ohne sich aufgrund der von der Klägerin behaupteten Art der Bindung und der Ausmaße der Abfallpakete Klarheit über eine etwaige Provenienz aus dem Betrieb der Klägerin zu verschaffen, den Beweis nicht vereitelt. Es hätte der Klägerin oblegen, die Erkenntnisgewinnung, dass die Abfälle nicht von ihr stammen, durch einen Hinweis auf die Art der Zusammenbindung und der konkreten Ausmaße der Abfallballen aufzuzeigen (UA Rn. 18). Aus dem Akteninhalt und den Zeugenaussagen ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Abfälle beim Rücktransport im Mai 2008 nicht mehr auf dem Gelände in Sosnová gewesen seien (UA Rn. 19). Art. 24 Abs. 3 der auf die Rückholung anwendbaren VO (EG) 1013/2006 stehe der Inanspruchnahme der Klägerin nicht entgegen. Die Verordnung mache keine Aussage dazu, wie die Pflichten zuzuordnen seien, wenn - wie hier - den Empfänger eine Mitverantwortung treffe. Dass sich die zuständigen Behörden über eine angemessene Kostenverteilung einigen könnten, sei aber unstreitig (UA Rn. 24). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin. II. Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. 1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). a) Die Frage, ob im Rahmen von § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 1 Abs. 3 Buchst. a VO (EWG) 259/93 der Verpflichtete oder die zuständige Behörde die Beweislast dafür trägt, dass es sich um eine illegale Abfallverbringung handelt einschließlich der Tatsachen, dass es sich um Kunststoffabfälle der Grünen Liste handelt, die zur Verwertung bestimmt sind, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist anhand der einschlägigen Verordnung nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ohne Weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten. Wer das Risiko eines "non-liquet" trägt, ist durch Auslegung des materiellen Rechts zu entscheiden. Im Grundsatz geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten will (stRspr, Urteile vom 11. September 2013 - BVerwG 8 C 4.12 - ZOV 2013, 177 Rn. 41 und vom 21. Mai 2008 - BVerwG 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 = Buchholz 402.7 BVerfSchG Nr. 11 Rn. 41). Ausgehend hiervon trägt derjenige, der beabsichtigt, in Anhang II der VO (EWG) 259/93 (Grüne Liste) aufgeführte Abfälle in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen oder verbringen zu lassen, die Beweislast dafür, dass diese Abfälle zur Verwertung bestimmt sind. Nur unter dieser Voraussetzung ist er berechtigt, die Abfälle zu verbringen, ohne dies der zuständigen Behörde zu notifizieren. Die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen muss gemäß Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) 259/93 unabhängig davon notifiziert werden, um welche Art von Abfällen es sich handelt (vgl. jetzt Art. 3 Abs. 1 Buchst. a VO <EG> 1013/2006). Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 259/93 ändert daran nichts, denn auch nach dieser Vorschrift sind Abfälle vorbehaltlich von Rückausnahmen von der Geltung der Verordnung nur ausgenommen, wenn sie ausschließlich zur Verwertung bestimmt und in Anhang II aufgeführt sind. Nur diese Abfälle sollen - wie durch den Erwägungsgrund Nr. 14 bestätigt wird - von den in der Verordnung vorgesehenen Kontrollverfahren ausgenommen sein, da sie bei sachgemäßer Verwertung im Bestimmungsland normalerweise keinerlei Risiken für die Umwelt bergen dürften. Insoweit ist Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 259/93 - wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen hat - eine dem Abfälle Verbringenden günstige Ausnahmevorschrift. Dass die Verwertung - wie die Klägerin unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2006/12/EG) geltend macht - Vorrang vor der Beseitigung haben soll, ist für die Beweislast nicht relevant. Aus dem normativen Vorrang der Verwertung folgt nicht, dass Abfälle auch tatsächlich in der Regel zur Verwertung und nicht zur Beseitigung in den Empfängerstaat verbracht werden. Vor Verbringung der Abfälle ist im Übrigen nur die Person, die die Verbringung beabsichtigt, in der Lage, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, was im Empfängerstaat mit den Abfällen geschehen soll. Dementsprechend sind den zu verbringenden Abfällen gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. d und e VO (EWG) 259/93 vom Besitzer unterzeichnete Angaben zu Name und Anschrift des Empfängers und zur Art des Verwertungsverfahrens beizugeben. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden (Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-192/96 - Slg. 1998, I-4029 Rn. 54), dass die zuständigen Behörden im Allgemeinen bei den zur Verwertung bestimmten nicht notifizierungspflichtigen Abfällen der Grünen Liste zumindest die in Art. 11 der Verordnung genannten Angaben verlangen müssen. Zur Beweislast hat sich der Gerichtshof zwar nicht geäußert; es versteht sich jedoch von selbst, dass derjenige, der gemäß Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) 259/93 Angaben zur vorgesehenen Verwertung zu machen hat, hierfür auch die materielle Beweislast trägt. Darlegungs- und Beweislast folgen denselben Grundsätzen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 10.11 - BVerwGE 146, 325 Rn. 25). Ob die Notifizierungspflicht als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt zu qualifizieren ist, kann offenbleiben. Denn wenn die Erlangung einer Erlaubnis von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig ist - wie hier die Notifzierungsfreiheit von der Bestimmung des Abfalls zur Verwertung -, liegt die Beweislast für diese Voraussetzungen auch bei einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt beim Erlaubnisbewerber (vgl. Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 2, Stand April 2013, § 108 Rn. 106). b) Die Frage, ob die zuständige Behörde die materielle Beweislast für die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 dahingehend trägt, dass die von dem zur Rückholung von Abfällen herangezogenen Verpflichteten stammenden Abfälle Teil der von der Behörde zurückgeführten Menge gewesen sind und es sich dabei um die "betreffenden Abfälle" gehandelt hat, bedarf, soweit sie in einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre, ebenfalls nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem zur Notifizierung Verpflichteten nicht von vornherein die Beweislast dafür auferlegt, dass sich unter den von der Behörde zurückgeholten Abfällen nicht auch die von ihm illegal verbrachten Abfälle befanden. Er hat seine eigene Rechtsprechung, dass eine Rückführverpflichtung von einem bestimmten Ort zur Voraussetzung hat, dass dort tatsächlich solche Abfälle lagern, die der Verantwortungssphäre des Verpflichteten zuzurechnen sind (VGH München, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 20 B 09.45 - juris Rn. 17), in dem angefochtenen Urteil nicht in Frage gestellt. Er hat hier jedoch im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts (S. 26 f. der Urschrift) festgestellt, dass die Abfälle der Klägerin an den Ort der Rückholung - das Gelände der Firma D. in Sosnová - verbracht worden waren (UA Rn. 18). Dieser Nachweis hatte in dem dem o.g. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2009 zugrunde liegenden Fall, auf den sich die Klägerin beruft, nicht geführt werden können. Dass in ersterem Fall die materielle Beweislast für den anderweitigen Abtransport der Abfälle bei demjenigen liegt, der diese Abfälle illegal an den Ort der Rückholung verbracht hat, ergibt sich ohne Weiteres aus der dargelegten allgemeinen Regel, wonach die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen geht, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten will. Ist davon auszugehen, dass Abfälle ohne die erforderliche Notifizierung und damit illegal an einen bestimmten Ort im Empfängerstaat verbracht wurden, so hat die zuständige Behörde am Versandtort dafür zu sorgen, dass der Notifzierende (Art. 2 Nr. 15 VO <EG> 1013/2006) die betreffenden Abfälle zurücknimmt (Art. 24 Abs. 2 Buchst. b VO <EG> 1013/2006) oder, wenn dies - wie hier (Rn. 20 des angefochtenen Urteils) - nicht möglich ist, sie auf Kosten des Notifizierenden de jure (Art. 25 Abs. 1 Buchst. b VO <EG> 1013/2006) selbst zurückzunehmen (Art. 24 Abs. 2 Buchst. c VO <EG> 1013/2006). Die zuletzt genannte, ebenfalls unter dem Vorbehalt des Möglichen stehende Verpflichtung der Behörde entfällt, wenn der Notifizierende de jure die von ihm verbrachten Abfälle vor einer Rückholung durch die Behörde selbst zurücknimmt oder ein Dritter die Abfälle abtransportiert. Diese Voraussetzungen für ein Entfallen der bereits entstandenen Rückführverpflichtung sind dem Notifizierenden de jure günstig; er trägt insoweit die materielle Beweislast. c) Die Frage, ob der Inanspruchnahme eines Verpflichteten nach Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 Absatz 3 dieser Vorschrift entgegensteht, wenn auch der Empfänger die illegale Verbringung zu verantworten hat, oder ob eine solche Mitverantwortung beider Seiten nach Billigkeit aufgeteilt werden kann oder etwa eine der beiden Bestimmungen vorrangig ist, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Dass eine Mitverantwortung des Empfängers der illegal verbrachten Abfälle einer Kostentragungspflicht des Notifizierenden de jure nach § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 dem Grunde nach jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn - wie hier - die eigene Verantwortung des Notifizierenden überwiegt, liegt auf der Hand. In Betracht käme in einer solchen Situation allenfalls ein Vorrang der Inanspruchnahme des Notifizierenden nach Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006, hier also der Klägerin, vor einer solchen des Empfängers nach Art. 24 Abs. 3 VO (EG) 1013/2006. Ausgehend hiervon ist die Klägerin durch die vom Verwaltungsgerichtshof bejahte Möglichkeit, dass sich die zuständigen Behörden über eine angemessene Kostenverteilung einigen können (UA Rn. 24), nicht beschwert. Dass der Beklagte und die tschechischen Behörden bei der gefundenen Einigung vom Verwaltungsgerichtshof nicht erkannte rechtliche Grenzen zu Lasten der Klägerin überschritten, insbesondere das Übermaßverbot verletzt haben könnten, hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht. d) Die Frage, ob sich bei einer untrennbaren Vermischung eines illegal ins Ausland verbrachten Abfalls mit anderen Abfällen die Rückfuhrverpflichtung des Art. 24 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) 1013/2006 auf einen mengenmäßig entsprechenden Teil des Gemischs bezieht und die Verminderung der Gesamtmenge aller Abfälle sämtlicher Lieferanten bis zur vor der Rückholung durchgeführten Bestandsaufnahme anteilig zu berücksichtigen wäre, ist, soweit entscheidungserheblich, nicht klärungsbedürftig. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass, wenn Abfälle eines entsorgungspflichtigen Abfallbesitzers bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten mit Abfällen gleicher Art anderer Entsorgungspflichtiger vermischt werden, jeder Entsorgungspflichtige für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich bleibt, der mengenmäßig seinem Beitrag entspricht (Urteil vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 C 5.07 - BVerwGE 129, 93 = Buchholz 451.221 § 16 KrW-/AbfG Nr. 2). Das gilt nach unbestrittener Auffassung auch im Abfallverbringungsrecht (VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2010 - 10 S 470/10 - juris Rn. 66; VG Würzburg, Urteil vom 31. Mai 2011 - W 4 K 08.2290 - S. 33 der Urschrift = juris Rn. 63; Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, 2010, Art. 24 Rn. 2). Einwände hiergegen hat auch die Klägerin nicht erhoben. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat die Verantwortung der Klägerin für die Rückholung einer Abfallmenge von 214,81 t Kunststoffabfällen nicht in Frage gestellt, obwohl er Zweifel hatte, dass die von der Klägerin nach Sosnová verbrachten Abfälle anhand der Art der Zusammenbindung und der Ausmaße der Abfallballen von anderen dort lagernden Kunststoffabfällen hätten unterschieden werden können (UA Rn. 18). Dass sich die Gesamtmenge aller illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor ihrer Rückholung durch die Beklagte vermindert hat, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Die Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH hatte am 6. Juli 2006 2 650 t Kunststoffabfälle aus Deutschland festgestellt; die Bestandsaufnahme vom Februar 2008 hatte eine Menge von 2 687,1 t an Kunststoffabfällen ergeben. An diesen Feststellungen hatte der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel (UA Rn. 19). Dem Vortrag der Klägerin, dass bis zur Stilllegung des Betriebs etwa 38 000 t Abfall nach Sosnová verbracht worden seien und sich - wie die Klägerin bei ihren Berechnungen zur anteiligen Kürzung ihrer Rückholverpflichtung voraussetzt - mit den von ihr nach Sosnová verbrachten Abfällen untrennbar vermischt hätten (UA Rn. 5 a.E.), ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt. Ob die Rückholverpflichtung in der von der Klägerin angenommenen Weise zu kürzen wäre, wäre in einem Revisionsverfahren mithin nicht entscheidungserheblich. 2. Die geltend gemachte Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 C 5.07 - (a.a.O.) im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Es fehlt die Bezeichnung eines das angefochtene Urteil tragenden, dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts widersprechenden abstrakten Rechtssatzes (zu dieser Anforderung vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Der Verwaltungsgerichtshof hatte auch keinen Anlass, einen solchen Rechtssatz aufzustellen, denn - wie bereits dargelegt - hat er entgegen der Darstellung der Klägerin nicht festgestellt, dass sich die Gesamtmenge der illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor deren Rückholung vermindert hat. 3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. a) Die Klägerin meint, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, weil er sich an eine nicht vorliegende Beweisregel dadurch gebunden gefühlt habe, dass er, statt die Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "betreffenden" Abfälle beim Beklagten zu sehen, der Klägerin die Beweislast für die rechtshindernde Tatsache auferlegt habe, dass sich ihre Abfälle bei der Durchführung der Rückholung nicht mehr auf dem Gelände der Firma D. in Sosnová befunden hätten. Abgesehen davon, dass sich die Verteilung der Beweislast aus dem materiellen Recht ergibt (vgl. oben 1. a) und ihre Verkennung daher nicht zu einem Verfahrensmangel, sondern nur zu einer Verletzung materiellen Rechts führen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof die unter den hier gegebenen Umständen bestehende Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "betreffenden" Abfälle nicht verkannt (siehe oben 1. b). Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung einer Beweisvereitelung durch den Beklagten ihr auferlegt hat, Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, dass die rückgeholten Abfälle nicht von ihr stammen, verkennt sie, dass (angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind. Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (Beschluss vom 17. Januar 2013 - BVerwG 7 B 18.12 - juris Rn. 9). Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich. b) Die Klägerin macht schließlich geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren entscheidungserheblichen Vortrag zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur anteiligen Verminderung der Entsorgungspflicht nicht in Erwägung gezogen und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Die Rüge ist unbegründet. Da der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hatte, dass sich die Gesamtmenge der illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor ihrer Rückholung vermindert hatte (vgl. oben 1. d), kam eine anteilige Minderung der Verantwortlichkeit der Klägerin nicht in Betracht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020257&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020258
BVerwG
6. Senat
20140319
6 P 1/13
Beschluss
§ 68 Abs 2 S 1 BPersVG, § 68 Abs 2 S 2 BPersVG
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 27. September 2012, Az: 20 A 1500/11.PVB, Beschluss vorgehend VG Düsseldorf, 26. Mai 2011, Az: 33 K 4424/10.PVB, Beschluss
DEU
Arbeitszeiterfassung; Auskunftsanspruch des Personalrats
Der Personalrat kann nicht verlangen, dass ihm die in der elektronischen Arbeitszeiterfassung gespeicherten Daten unter Namensnennung der Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden; seine Überwachungsaufgabe kann er bereits effektiv wahrnehmen, wenn er zunächst nur die anonymisierten Arbeitszeitlisten der Dienststelle erhält.
I. In der Agentur für Arbeit Duisburg findet elektronische Arbeitszeiterfassung statt. Dazu gilt die Dienstvereinbarung über Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur für Arbeit Duisburg sowie zur elektronischen Zeiterfassung vom 18. Oktober 2006. Der Beteiligte gewährte den freigestellten Mitgliedern des Antragstellers lesenden Zugriff auf die erfassten Arbeitszeitdaten. Diese Berechtigung entzog der Beteiligte dem Antragsteller unter dem 8. März 2010 unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bestimmungen. Er erklärte sich lediglich bereit, dem Antragsteller halbjährlich anonymisierte Listen mit für die Beschäftigen festen Kennziffern teamscharf zur Verfügung zu stellen. Den Einwänden des Antragstellers im Schreiben vom 29. März 2010 trat der Beteiligte mit Schreiben vom 28. Mai 2010 entgegen. Das auf weitere Gewährung des lesenden Zugriffs gerichtete Begehren des Antragstellers hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Der Überwachungsaufgabe des Antragstellers könne bereits durch die periodische Vorlage von Listen über den Stand der Arbeitszeitkonten der einzelnen Beschäftigten entsprochen werden, in denen diese mit Kennziffern bezeichnet seien. Derartige Listen ermöglichten eine beschäftigtenscharfe und zugleich periodenübergreifende Langzeitkontrolle etwaiger arbeitszeitrechtlicher Verstöße bzw. Unregelmäßigkeiten. Auch bei Anonymisierung sei der Antragsteller in der Lage, Maßnahmen zu ergreifen, die auf ein Abstellen der Verstöße zielten. Zudem stehe dem Antragsteller offen, bei einem entsprechenden Erfordernis durch eine gezielte Nachfrage beim Beteiligten den jeweiligen Namen des Beschäftigten in Erfahrung zu bringen. Aus diesem Grunde habe der Antragsteller auch nicht - wie zweitinstanzlich hilfsweise begehrt - Anspruch darauf, dass der Beteiligte ihm jeweils bis zum 15. des Folgemonats für jeden Beschäftigten unter Namensnennung Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag des Vormonats einschließlich der Pausen erteile. Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Rechtsbeschwerde vor: Es genüge nicht, dem Personalrat anonymisierte Listen zu überlassen, da lediglich bei Kenntnis der jeweiligen Namen ein effektiver Einsatz für die Beschäftigten möglich sei. Nur dann könne sich der Personalrat durch Rückfrage bei den betroffenen Mitarbeitern vergewissern, ob die einschlägigen Vorschriften eingehalten seien. Eine effektive Überwachung der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes und der Dienstvereinbarung setze die konkrete, kurzfristig zu verschaffende Kenntnis der Arbeitszeitdaten und der Namen der Beschäftigten voraus. Datenschutzgesichtspunkte kämen im Verhältnis zwischen Dienststelle und Personalrat nicht zum Zuge. Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2012 und den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Mai 2011 zu ändern und festzustellen, dass er berechtigt ist, einen lesenden Zugriff auf die in der Zeiterfassung gespeicherten Daten der Mitarbeiter zu nehmen, hilfsweise dem Beteiligten aufzugeben, ihm jeweils bis zum 15. des Folgemonats für jeden Beschäftigten der Dienststelle unter Namensnennung Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit an jedem Arbeitstag des Vormonats einschließlich der Pausen zu erteilen. Der Beteiligte beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss. II. Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Antragsteller ist weder berechtigt, lesenden Zugriff auf die in der Zeiterfassung gespeicherten Daten der Beschäftigten zu nehmen (Hauptantrag), noch kann er verlangen, ihm monatlich für jeden Beschäftigten unter Namensnennung Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit zu erteilen (Hilfsantrag). 1. Rechtsgrundlage für das streitige, mit Haupt- und Hilfsantrag verfolgte Begehren ist § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG. Danach ist der Personalrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (Satz 1). Ihm sind die hierfür erforderlichen Unterlagen vorzulegen (Satz 2). Die Pflicht des Dienststellenleiters zur Vorlage von Unterlagen ist somit Bestandteil seiner Informationspflicht gegenüber dem Personalrat. Sie besteht nur in dem Umfang, in welchem der Personalrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Kenntnis der Unterlagen benötigt (vgl. Beschlüsse vom 23. Juni 2010 - BVerwG 6 P 8.09 - BVerwGE 137, 148 = Buchholz 251.2 § 73 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 13 und vom 4. September 2012 - BVerwG 6 P 5.11 - BVerwGE 144, 156 = Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 3 Rn. 9). Der Verpflichtung des Dienststellenleiters korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Personalrats. Der Informationsanspruch als solcher wie auch der darauf bezogene Anspruch auf Vorlage von Unterlagen sind strikt aufgabengebunden und in ihrer Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip begrenzt (vgl. Beschlüsse vom 24. Februar 2006 - BVerwG 6 P 4.05 - Buchholz 251.91 § 77 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 17 und vom 4. September 2012 a.a.O. Rn. 27 f.; zum Betriebsverfassungsrecht: BAG, Beschlüsse vom 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - BAGE 106, 111 <118>, vom 30. September 2008 - 1 ABR 54/07 - BAGE 128, 92 Rn. 28 sowie vom 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - BAGE 140, 350 Rn. 7). a) Maßgebliche Aufgabe, auf welche der Antragsteller sein Informationsbegehren stützen kann, ist diejenige nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG. Danach hat der Personalrat darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Beschäftigten geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge und Dienstvereinbarungen durchgeführt werden. Die Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe ist von der Darlegung eines besonderen Anlasses, namentlich einer zu besorgenden Rechtsverletzung unabhängig. Eine Überwachung verlangt ein von einem bestimmten Anlass gerade unabhängiges, vorbeugendes Tätigwerden. Dementsprechend soll der Personalrat in die Lage versetzt werden, etwaigen Rechtsverstößen bereits im Vorfeld effektiv entgegenwirken zu können (vgl. Beschlüsse vom 16. Februar 2010 - BVerwG 6 P 5.09 - Buchholz 251.0 § 68 BaWüPersVG Nr. 4 Rn. 23, vom 23. Juni 2010 a.a.O. Rn. 44 sowie vom 4. September 2012 a.a.O. Rn. 18; ebenso zum Betriebsverfassungsrecht: BAG, Beschlüsse vom 13. Februar 2007 - 1 ABR 14/06 - BAGE 121, 139 Rn. 23, vom 19. Februar 2008 - 1 ABR 84/06 - AP Nr. 69 zu § 80 BetrVG 1972 Rn. 25 sowie vom 7. Februar 2012 a.a.O. Rn. 7). b) Die verschiedenen Varianten der Auskunftserteilung beurteilen sich nach dem Maßstab der Erforderlichkeit, welcher in § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG vorgegeben ist. Danach entscheidet sich, ob nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG mündlich oder schriftlich zu unterrichten ist. Bei umfangreichen und komplexen Angaben ist die Dienststelle regelmäßig gehalten, die Auskunft schriftlich zu erteilen (vgl. BAG, Beschlüsse vom 30. September 2008 a.a.O. Rn. 29 sowie vom 7. Februar 2012 a.a.O. Rn. 14). Die Pflicht zur Vorlage von Unterlagen nach § 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG, welche auf die bei der Dienststelle vorhandenen Unterlagen begrenzt ist (vgl. BAG, Beschlüsse vom 6. Mai 2003 a.a.O. S. 120 f. sowie vom 30. September 2008 a.a.O. Rn. 30), reicht von der Einblickgewährung bis zur zeitweisen oder dauerhaften Überlassung (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002 - BVerwG 6 P 5.01 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 17 S. 1 ff.). Nach dem Erforderlichkeitsprinzip bestimmt sich ferner, ob Auskünfte fortlaufend oder in größeren Abständen zu erteilen sind. Schließlich kommt dem Maßstab der Erforderlichkeit besondere Bedeutung zu, wenn es um die Frage geht, ob Auskünfte unter Namensnennung der betroffenen Beschäftigten oder anonym zu erteilen sind. Da Informationen unter Namensnennung stets mit einem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Beschäftigten verbunden sind, ist anonymisiert zu unterrichten, wenn dies für eine effiziente Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe durch den Personalrat ausreicht (vgl. in diesem Zusammenhang: Beschlüsse vom 16. Februar 2010 a.a.O. Rn. 12 ff. und 18 ff., vom 23. Juni 2010 a.a.O. Rn. 43 und vom 4. September 2012 a.a.O. Rn. 14 ff.; BAG, Beschluss vom 7. Februar 2012 a.a.O. Rn. 12). Gibt die anonymisierte Information dem Personalrat bereits Aufschluss darüber, dass die Dienststelle die im fraglichen Sachzusammenhang in Betracht zu ziehenden Regelwerke durchweg einhält, so beschränkt sich eine ergänzende Unterrichtung unter Namensnennung der betroffenen Beschäftigten auf diejenigen Einzelfälle, in denen ausnahmsweise eine Rechtsverletzung zu besorgen ist. Ein derartiges zweistufiges Verfahren reduziert die Zahl der personenbezogenen Daten erheblich, ohne dass die effiziente Kontrolle des Personalrats Schaden nimmt. 2. Im vorliegenden Fall bezieht sich die Überwachungsaufgabe des Antragstellers auf die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen bei der elektronischen Arbeitszeiterfassung in der Agentur für Arbeit Duisburg. Es handelt sich dabei um folgende Regelwerke: Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl Nr. L 299 S. 9), Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 1. Juli 1994, BGBl I S. 1170, zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 6 des Gesetzes vom 20. April 2013, BGBl I S. 868, Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28. März 2006 in der Fassung des 12. Änderungstarifvertrages, Tarifvertrag zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Nachwuchskräfte der Bundesagentur für Arbeit (TVN-BA) vom 28. März 2006 in der Fassung des 7. Änderungstarifvertrages, Bundesbeamtengesetz (BBG) vom 12. Februar 2009, BGBl I S. 160, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 28. August 2013, BGBl I S. 3386, Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten des Bundes (AZV) vom 23. Februar 2006, BGBl I S. 427, zuletzt geändert durch Art. 4 der Verordnung vom 20. August 2013, BGBl S. 3286, Gesetz zum Schutz der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz - JArbSchG) vom 12. April 1976, BGBl I S. 965, zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 7 des Gesetzes vom 20. April 2013, BGBl I S. 868, Dienstvereinbarung über Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Agentur für Arbeit Duisburg sowie zur elektronischen Zeiterfassung (DV) vom 18. Oktober 2006. Die in den vorbezeichneten Regelwerken enthaltenen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen sind normative Regelungen zu Gunsten der Beschäftigten, auf welche sich die Überwachungsaufgabe des Antragstellers nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG bezieht. Sie dienen durchweg der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten (vgl. Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG und § 1 Nr. 1 ArbZG). Auch die Festlegung der regelmäßigen Arbeitszeit auf 39 Stunden wöchentlich in § 6 Abs. 1 Satz 1 TV-BA wirkt zu Gunsten der Arbeitnehmer. Damit wird die Arbeitsleistung begrenzt, welche der Arbeitnehmer erbringen muss, um dass Festgehalt nach § 17 TV-BA zu erzielen (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck, TVöD, § 6 Rn. 4 und 27; Fieberg, in: GKÖD Bd. IV, E § 6 Rn. 9). Wie die folgenden Ausführungen zeigen, reichen die beim Beteiligten geführten Arbeitszeitlisten bereits in ihrer anonymisierten Fassung aus, um dem Antragsteller Aufschluss über etwaige Rechtsverstöße zu vermitteln: a) Dies gilt zunächst für die Tageshöchstarbeitszeit. Diese beläuft sich in der Agentur für Arbeit Duisburg auf zehn Stunden, und zwar sowohl für Arbeitnehmer und Auszubildende (Nr. 3.1 Abs. 3 DV i.V.m. § 2 Abs. 2, § 3 Satz 2 ArbZG) als auch für Beamte (Nr. 3.1 Abs. 4 DV i.V.m. § 4 Satz 2 AZV). Hinsichtlich der jugendlichen Beschäftigten sind die strengeren Regelungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes zu beachten (Nr. 2.1.2 DV i.V.m. § 8 Abs. 1 bis 2a, § 21a Abs. 1 Nr. 1 JArbSchG). Der Antragsteller kann bereits anhand der anonymisierten Arbeitszeitlisten ersehen, ob die Tageshöchstarbeitszeit eingehalten wird. Soll von der Ausnahmeregelung in § 14 ArbZG Gebrauch gemacht werden, so ist die Angelegenheit vorab dem Antragsteller zur Mitbestimmung vorzulegen (Nr. 3.1 Abs. 5 DV). Über die Identität der betroffenen Mitarbeiter ist der Antragsteller daher ohnehin unterrichtet. Dies muss ebenso für Beamte gelten, denen in besonderen Ausnahmefällen eine tägliche Arbeitszeit von mehr als zehn Stunden abverlangt wird (Nr. 3.1 Abs. 4 Satz 2 DV). Ergibt sich in sonstigen Fällen aus den Arbeitszeitlisten eine Abweichung von der Tageshöchstarbeitszeit von zehn Stunden, so kann der Antragsteller vom Beteiligten nähere Erläuterungen verlangen. Ist eine Abklärung auf andere Weise nicht möglich, ist die Identität des betroffenen Beschäftigten offenzulegen, auch damit der Antragsteller bei diesem Rückfrage nehmen kann (vgl. Beschluss vom 4. September 2012 a.a.O. Rn. 15; BAG, Beschluss vom 7. Februar 2012 a.a.O. Rn. 12). b) Die Überwachungsaufgabe des Antragstellers erstreckt sich ferner auf die Ruhepausen, welche selbst nicht zur Arbeitszeit zählen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 ArbZG, § 5 Abs. 1 AZV, § 6 Abs. 1 Satz 1 TV-BA). Für die Arbeitnehmer bestimmt § 4 Satz 1 ArbZG, dass die Arbeit durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen ist. Für die Beamten trifft § 5 Abs. 2 AZV eine vergleichbare Regelung. Nr. 3.8 Abs. 2 DV bestätigt, dass die Regelungen zur Ruhepause im Arbeitszeitgesetz für die Agentur für Arbeit Duisburg verbindlich sind. Nr. 4.5 Abs. 2 DV trifft Regelungen zum pauschalen Abzug der gesetzlichen Pausenzeit von der Zeit der Anwesenheit in der Dienststelle. Der Pauschalabzug wirkt auf die tatsächliche Einhaltung der genannten gesetzlichen Regelungen hin. Er vereinfacht das Abrechnungsverfahren auf Seiten der Dienststelle und enthält zugleich einen Vertrauensvorschuss für die Beschäftigten. Zu deren Gunsten wird angenommen, dass sie Pausenzeiten anzeigen, welche von dem Pauschalabzug nicht gedeckt sind. Es entsprach dem ausdrücklichen Willen des Antragstellers als eines der beiden Partner der Dienstvereinbarung, eine solche Regelung vorzusehen, welche die Selbstverantwortung der Beschäftigten betont. Dies hat freilich zur Konsequenz, dass die tatsächlichen Pausenzeiten verschwinden; der Beteiligte kann dem Antragsteller darüber keine Auskunft geben. Die Überwachungsaufgabe des Antragstellers verlagert sich demnach darauf, ob der Pausenabzug im Einklang mit den Bestimmungen der Dienstvereinbarung und des Arbeitszeitgesetzes vorgenommen wurde. Dies kann der Antragsteller leisten, weil aus den Arbeitszeitlisten die Anwesenheitszeit und die angerechnete Arbeitszeit zu ersehen ist. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 JArbSchG gelten für Jugendliche strengere Pausenregelungen. Da in der Agentur für Arbeit Duisburg Jugendliche an der flexiblen Arbeitszeit teilnehmen (Nr. 2.1.2 DV), ist die Regelung in Nr. 4.5 Abs. 2 DV in ihrem Fall unter Beachtung der strengeren gesetzlichen Pausenregelungen analog anzuwenden. Ob dies korrekt geschieht, kann der Antragsteller anhand der Arbeitszeitlisten überprüfen. c) Zur Überwachungsaufgabe des Antragstellers gehört weiterhin die Einhaltung der Ruhezeit. § 5 Abs. 1 ArbZG bestimmt, dass die Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben müssen. Eine vergleichbare Regelung für die Beamten trifft § 5 Abs. 3 Satz 1 AZV. § 13 JArbSchG bestimmt, dass nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit Jugendliche nicht vor Ablauf einer ununterbrochenen Freizeit von mindestens zwölf Stunden beschäftigt werden dürfen. Über die Einhaltung der vorbezeichneten Schutzbestimmungen geben die anonymisierten Listen dem Antragsteller ebenfalls Aufschluss. d) Schließlich bezieht sich die Überwachungsaufgabe des Antragstellers auf die Wochenarbeitszeit. § 6 Abs. 1 Satz 1 TV-BA bestimmt, dass die regelmäßige Arbeitszeit der Arbeitnehmer ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich beträgt. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 TV-BA ist für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zu Grunde zu legen. Diese Regelungen gelten nach Maßgabe von § 6 Abs. 1 TVN-BA auch für Auszubildende. Für die Beamten schreibt § 87 Abs. 1 BBG vor, dass die regelmäßige Arbeitszeit wöchentlich im Durchschnitt 44 Stunden nicht überschreiten darf. Diesen gesetzlichen Rahmen schöpft § 3 Abs. 1 Satz 1 AZV nicht aus, indem dort die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf 41 Stunden festgelegt wird. Der Bezugszeitraum beträgt gemäß § 2 Nr. 1 AZV zwölf Monate. Für den Fall der Gleitzeit bestimmt § 2 Nr. 8 AZV das Kalenderjahr oder einen ähnlich bestimmten Zeitraum von zwölf Monaten zum Abrechnungszeitraum, in welchem ein Überschreiten der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auszugleichen ist (vgl. ferner § 7 Abs. 4 Satz 2 AZV). Im Einklang mit den zitierten tarifvertraglichen und beamtenrechtlichen Bestimmungen regelt Nr. 3.6 Satz 1 DV, dass Über- oder Unterschreitungen der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb eines Abrechnungszeitraums (1. Juli bis 30. Juni des Folgejahres) auszugleichen sind. In dieser Hinsicht besteht die Überwachungsaufgabe des Antragstellers in der Überprüfung, ob die Arbeitszeit der Beschäftigten korrekt erfasst worden ist. Er hat darauf zu achten, dass alle als Arbeitszeit zu wertenden Zeiten den Beschäftigten tatsächlich gutgeschrieben werden. Mit der Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe soll der Antragsteller zu verhindern helfen, dass Beschäftigte ihren Anspruch auf Freizeitausgleich verlieren oder zu Unrecht Arbeit im Folgezeitraum nachleisten müssen. Als Arbeitszeit versteht Nr. 3.4 Satz 1 DV die Zeit der Arbeitsleistung in der Dienststelle und die Zeit der dienstlichen Inanspruchnahme bei Dienstreisen. Der Antragsteller hat darauf zu achten, dass Dienstreisen im Einklang mit Nr. 3.4.1 bis 3.4.3 DV i.V.m. § 11 TV-BA und § 11 AZV angerechnet, dass Ausfallzeiten insbesondere wegen Urlaub und Krankheit zutreffend gutgeschrieben (Nr. 3.5 DV), dass Gleittage zum Ausgleich von Arbeitszeitüberschreitungen in zutreffendem Umfang vom Saldo abgezogen (Nr. 3.7 DV), dass Pausen im Einklang mit dem bereits erwähnten Modell nach Nr. 3.8 und 4.5 Abs. 2 DV bei der Anrechnung der Arbeitszeit berücksichtigt und dass Unterrichtszeiten korrekt auf die Ausbildungszeit angerechnet werden (Nr. 3.5 Satz 2 DV i.V.m. § 18 Abs. 2 TVN-BA und § 9 Abs. 2 JArbSchG). Allerdings gilt der Grundsatz der Selbstverantwortung. Die Beschäftigten geben nicht nur selbst Arbeitsbeginn und -ende in das System ein, sie nehmen auch die Buchungen wegen Urlaub, Gleittagen und Dienstreisen selbst vor. Sie haben über ihren Bildschirmarbeitsplatz Zugang zum eigenen Arbeitszeitkonto, in welchem sie Korrekturen vornehmen können (Nr. 4.4 Abs. 3 Satz 1, Nr. 4.6.1 und 4.6.3 DV; vgl. für Jugendliche ferner Nr. 2.1.2 DV). Lediglich Buchungen wegen Erkrankung, Sonderurlaub oder anderer Sonderfälle ist Aufgabe des Teams Personal (Nr. 4.6.1 Satz 4 und 4.6.2 DV). Auch in dieser Hinsicht genügt zur effektiven Wahrnehmung der Überwachungsaufgabe die Vorlage anonymisierter Fassungen der Arbeitszeitlisten. Es ergibt für den Antragsteller keinen Sinn, bei den jeweiligen Beschäftigten nachzufragen, ob dieser selbst seine Arbeitszeit richtig eingegeben hat. Die Überprüfung des Antragstellers konzentriert sich auf diejenigen Fallgestaltungen, in welchen die arbeitszeitrechtliche Bewertung normativ vorgegeben ist (Dienstreisen, Ausfallzeiten, Gleittage, Pausen). Ob in dieser Hinsicht die maßgeblichen Regelwerke eingehalten sind, vermag der Antragsteller ohne Namensnennung anhand der Arbeitszeitlisten nachzuvollziehen. Dessen ungeachtet ist er berechtigt, bei Unstimmigkeiten bei der Dienststelle nachzufragen und notfalls Namensmitteilung zu verlangen, wenn auf andere Weise der rechtserhebliche Sachverhalt nicht geklärt werden kann. e) Nach Nr. 3.6 Satz 2 DV dürfen in den Fällen, in denen bei Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Ausgleich bis zum Ende des Abrechnungszeitraums nicht möglich ist, bis zu 40 Plusstunden in den folgenden Abrechnungszeitraum übertragen werden (vgl. für Beamte ferner § 7 Abs. 4 Satz 3 AZV). In diesem Zusammenhang regelt Nr. 4.7 Abs. 2 Satz 2 DV, dass Beschäftigte, die am 1. März die Grenze von plus 40 Stunden überschritten haben, über die Teamleitung schriftlich benachrichtigt werden. Der Sinn und Zweck dieser Regelung ergibt sich mit Blick auf Nr. 4.5 Abs. 1 Satz 2 DV. Danach ist bei einer Überschreitung der im Abrechnungszeitraum festgelegten 40 Stunden das Zeitguthaben auf diese Grenze zu beschränken. Im Klartext bedeutet dies: Am Ende des Abrechnungszeitraums verfällt das Arbeitszeitguthaben, soweit es über 40 Stunden hinausgeht. In diesem Umfang erhält der betroffene Beschäftigte für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden weder ein Entgelt noch einen Freizeitausgleich. Daraus ergibt sich unter Fürsorgegesichtspunkten die Mitteilungspflicht nach Nr. 4.7 Abs. 2 Satz 1 DV. Es handelt sich dabei somit um eine Regelung zugunsten der Beschäftigten. Deren Einhaltung hat der Antragsteller zu überwachen. Daraus folgt freilich nicht, dass er die Arbeitszeitlisten mit den Namen der Beschäftigten jedenfalls für den Monat Februar erhalten müsste. Eine Überschreitung der maßgeblichen 40-Stunden-Grenze ist aus den anonymisierten Listen zu ersehen. Eine Namensnennung ist nur in den Fällen der Grenzüberschreitung erforderlich. In diesen Fällen muss der Antragsteller sich durch Nachfrage bei den betroffenen Beschäftigten vergewissern können, ob diese die Mitteilung tatsächlich erhalten haben (vgl. Beschluss vom 4. September 2012 a.a.O. Rn. 15; BAG, Beschluss vom 7. Februar 2012 a.a.O. Rn. 12). Diese Grundsätze gelten auch für Teilzeitbeschäftigte. Für diese schreiben Nr. 3.6 Satz 2 und Nr. 4.5 Abs. 1 Satz 2 DV allerdings vor, dass die übertragbare Arbeitszeitmenge von 40 Stunden entsprechend dem Anteil an der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit reduziert wird. Doch braucht deswegen der Grundsatz der Anonymisierung nicht durchbrochen zu werden. Der Antragsteller kann aus den Arbeitszeitlisten das Maß der Teilzeitbeschäftigung erkennen. Da die Wochenarbeitszeit bei Arbeitnehmern (39 Stunden) und bei Beamten (41 Stunden) unterschiedlich ist, fällt die übertragbare Arbeitszeitmenge bei gleicher Wochenstundenzahl in beiden Gruppen ebenfalls unterschiedlich aus. Aus den dem Antragsteller vorzulegenden Arbeitszeitlisten muss daher erkennbar sein, ob es sich bei den Teilzeitbeschäftigten um Arbeitnehmer oder Beamte handelt. f) Im Zusammenhang mit der flexiblen Arbeitszeit als solcher bezieht sich die Überwachungsaufgabe des Antragstellers für gewöhnlich nicht auf Überstunden. Gemäß § 7 Abs. 8 TV-BA sind Überstunden die auf Anordnung des Dienststellenleiters geleisteten Arbeitsstunden, die über die im Rahmen der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollbeschäftigten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 TV-BA für die Woche dienstplanmäßig festgesetzten Arbeitsstunden hinausgehen und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden. Arbeitsstunden, die innerhalb des Gleitzeitrahmens (vgl. Nr. 3.1 und Nr. 3.2 DV) geleistet werden, sind dienstplanmäßig und deswegen keine Überstunden. Wächst daher im Rahmen der Gleitzeitregelung ein Zeitguthaben an, so handelt es sich generell auch dann nicht um angeordnete oder gebilligte Überstunden, wenn das Guthaben nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen wird (vgl. Breier u.a., § 6 Rn. 153, § 7 Rn. 81; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, TVöD, § 6 Rn. 204; Fieberg, a.a.O. E § 6 Rn. 39). Arbeitsstunden innerhalb des Gleitzeitrahmens können nur Überstunden sein, wenn sie als solche ausdrücklich angeordnet werden. Erfährt der Antragsteller aus der vorgelegten Arbeitszeitliste, dass Arbeit außerhalb des Gleitzeitrahmens geleistet wurde, ist er berechtigt, darüber unter Nennung des betroffenen Beschäftigten näher unterrichtet zu werden. Die Anordnung von Überstunden ist nämlich grundsätzlich mitbestimmungspflichtig (vgl. für den Geschäftsbereich der Bundesagentur für Arbeit: Beschluss vom 30. Juni 2005 - BVerwG 6 P 9.04 - BVerwGE 124, 34 <36 ff.> = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 106 S. 40 ff.). Dass der Antragsteller in Überstundenfällen zu informieren ist, erkennt der Beteiligte ausdrücklich an (vgl. Rechtsbeschwerdeerwiderung S. 4 unter c)). Die vorstehenden Aussagen gelten für die Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten gemäß § 7 Abs. 7 TV-BA und für die Mehrarbeit von Beamten gemäß § 88 BBG entsprechend. g) Den vorstehenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass der Auskunftsanspruch des Antragstellers zunächst auf die Überlassung der Arbeitszeitlisten ohne Namensnennung beschränkt ist. Dies entspricht dem Grundsatz der Erforderlichkeit nach § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG. Damit wird zugleich dem Grundrecht der Beschäftigten auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung getragen (vgl. Beschluss vom 4. September 2012 a.a.O. Rn. 28). Zwar sind die Angaben über die Arbeitszeiten der Beschäftigten sowie die dabei zu bewertenden Fallgestaltungen (Dienstreisen, Urlaub, Gleittage) grundsätzlich nicht als sensibel einzustufen. Doch verbietet es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass der Personalrat diese Angaben einer bestimmten Person zuordnen kann, ohne dass dies für die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe erforderlich ist. Hinzu kommt, dass aus den Arbeitszeitlisten auch die Fehlzeiten wegen Erkrankung ersichtlich sind (vgl. Nr. 3.5 Satz 1 und Nr. 4.6.1 Satz 4 DV). Diese Angaben sind in besonderer Weise schützenswert (vgl. § 3 Abs. 9 BDSG). Aus alledem ergibt sich, dass die Überwachungsaufgabe des Antragstellers wegen der Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Bestimmungen in einem zweistufigen Verfahren stattfindet. Auf der ersten Stufe muss sich der Antragsteller mit der Vorlage anonymisierter Arbeitszeitlisten begnügen. Soweit die Überprüfung der Listen Unstimmigkeiten zu erkennen gibt, hat der Antragsteller auf einer zweiten Stufe Anspruch auf Erläuterungen, welche auch zur Aufdeckung der Identität des betroffenen Beschäftigten führen kann, wenn anders eine Klärung der Angelegenheit nicht möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn die Listen Hinweise auf besondere Fallgestaltungen enthalten, welche ein Tätigwerden des Antragstellers zum Schutz des betroffenen Beschäftigten gebieten. Bei dieser Verfahrensweise wird der Antragsteller entgegen seiner Annahme nicht gehindert, seine Kontrollaufgabe zeitnah wahrzunehmen. Erhält er die anonymisierten Arbeitszeitlisten regelmäßig - nach Ermessen des Beteiligten - zeitgleich oder jedenfalls in angemessen kurzem Abstand nach Ende des Kalendermonats, so wird er in die Lage versetzt, Rechtsverstöße umgehend festzustellen, beim Beteiligten auf weitere Information und Abhilfe zu dringen und sich durch Nachfrage bei einem betroffenen Mitarbeiter von der erfolgten Korrektur zu vergewissern. 3. In Ansehung der vorstehenden Grundsätze beurteilt sich nunmehr das Begehren des Antragstellers: a) Dessen Hauptantrag ist auf lesenden Zugriff auf die in der Zeiterfassung gespeicherten Daten der Beschäftigten gerichtet. Dieser Antrag ist unbegründet. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass ein derartiges Begehren in § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG von vornherein keine Grundlage findet. Vielmehr kann der Dienststellenleiter seiner Pflicht zur Vorlage von Unterlagen durch Einräumen einer Leseberechtigung genügen (vgl. BAG, Beschluss vom 16. August 2011 - 1 ABR 22/10 - BAGE 139, 25 Rn. 36). Der Hauptantrag scheitert jedoch daran, dass der Antragsteller mit ihm Zugriff auf die Dateien mit den Namen der Beschäftigten erstrebt. Dies ist zur Wahrnehmung der effektiven Überwachungsaufgabe des Personalrats grundsätzlich nicht erforderlich, wie aufgezeigt wurde. Soweit anlassbezogen auf der zweiten Stufe des Kontrollverfahrens eine Namensnennung geboten ist, handelt es sich um nachgelagerte Einzelfälle, die vom Streitgegenstand nicht erfasst sind. b) Der auf Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit gerichtete Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet, weil er ausdrücklich ebenfalls die Namensnennung zum Inhalt hat. Da der Antragsteller auf diesen Aspekt von Anfang an und auch noch im Anhörungstermin des Senats durchgehend besonderen Wert gelegt hat, verbietet sich eine Auslegung des Inhalts, dass eine Auskunftserteilung in anonymisierter Form als "Weniger" im Hilfsantrag enthalten ist. 4. Soweit der Senat dem Personalrat einen Auskunftsanspruch unter Namensnennung der Beschäftigten abspricht, weicht er nicht von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ab. Zwar hat dieses im Beschluss vom 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - (a.a.O. S. 117 ff.) dem Betriebsrat einen uneingeschränkten Anspruch auf Auskunft über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit zuerkannt. Dass dabei eine Auskunftserteilung in anonymisierter Form erwogen worden ist, lässt sich der Entscheidung jedoch nicht entnehmen. Dagegen hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss zum betrieblichen Eingliederungsmanagement vom 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - (a.a.O. Rn. 12) diesen Gesichtspunkt ausdrücklich in seine Prüfung einbezogen. Die Möglichkeit einer anonymisierten Auskunftserteilung hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeit kann daher anhand der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr als ausgeschlossen betrachtet werden. Dessen ungeachtet liegt eine Abweichung auch deswegen nicht vor, weil für die Auskunftserteilung der Dienststelle an den Personalrat andere, strengere Grundsätze gelten als für die Auskunftserteilung des Arbeitgebers an den Betriebsrat. Im zitierten Beschluss vom 7. Februar 2012 (a.a.O. Rn. 50) hat das Bundesarbeitsgericht die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber sei nicht befugt, sich gegenüber dem Überwachungsrecht des Betriebsrats auf Grundrechte von Arbeitnehmern zu berufen. Dieser Aussage kann für den Bereich des Personalvertretungsrechts nicht gefolgt werden. Die unmittelbar grundrechtsgebundene Dienststelle darf dem Personalrat keine Auskünfte erteilen, wenn damit zugleich das Persönlichkeitsrecht der Beschäftigten verletzt wird.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020258&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020259
BVerwG
2. Senat
20140409
2 B 95/13
Beschluss
Art 7 EGRL 88/2003, Art 15 EGRL 88/2003, § 1 BUrlG, § 3 BUrlG, § 7 BUrlG, § 11 BUrlG, § 195 BGB, § 199 BGB
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 15. Juli 2013, Az: 6 A 2338/10, Beschluss
DEU
Zum Verhältnis zwischen Verfall und Verjährung bei Urlaubsansprüchen
1. Der Kläger war ab Mitte März 2005 bis zu seiner mit Wirkung zum 1. August 2007 verfügten Versetzung in den Ruhestand fortlaufend dienstunfähig erkrankt. Im November 2007 beantragte er die finanzielle Abgeltung von krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenem Urlaub. Die Beklagte lehnte die Gewährung eines finanziellen Ausgleichs zunächst ab, erkannte im Berufungsverfahren jedoch einen Anspruch auf Abgeltung von 31,7 Urlaubstagen an. Für das Jahr 2006 legte die Beklagte dabei 20 Urlaubstage zugrunde, für das Jahr 2007 den nach dem Anteil von 7/12 errechneten Satz von 11,7 Urlaubstagen. Hinsichtlich des im Berufungsverfahren noch weiterverfolgten Urlaubs aus den Jahren 2004 und 2005 sowie zusätzlich geltend gemachter 8,3 Urlaubstage aus dem Jahr 2007 blieb die Klage auch im Berufungszug erfolglos. Zur Begründung verwies das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen auf die Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 (- BVerwG 2 C 10.12 - NVwZ 2013, 1295). 2. Die Beschwerde des Klägers hat keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage ist bereits nicht benannt. Soweit sich dem Vorbringen die Frage entnehmen lässt, nach welchem Zeitraum der Urlaubsanspruch verfällt und die Entstehung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs damit ausgeschlossen ist, hat der Senat diese in dem benannten Urteil bereits beantwortet. Gibt es keine ausreichend langen nationalstaatlichen Verfallsregelungen, tritt auf der Grundlage der Rechtsprechung des EuGH ein Verfall des Urlaubsanspruchs 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 22). Neuen Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf. Die Erkenntnis, dass Art. 9 Abs. 1 der Übereinkommens-Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 eine entsprechende Rechtsfolgenregelung nicht unmittelbar enthält, lag dem Urteil bereits zugrunde. Die Bezugnahme auf den dort benannten Zeitraum ist aber nicht auf eine ausdrückliche (normierte) Verfallsregelung gestützt, sondern auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach der Zweck der Urlaubsansprüche bei Ablauf der benannten Fristen nicht mehr vollständig erreicht werden kann. Dies und nicht eine etwaige Rechtsfolgenregelung rechtfertigt die Annahme, dass der Urlaubsanspruch bei Fehlen anderweitiger Regelungen 18 Monate nach Ende des Urlaubsjahres verfällt. Soweit die Beschwerde auf die dreijährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB Bezug nimmt (die auch für den unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch gilt, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 28), übersieht sie den unterschiedlichen Regelungsbereich von Verjährung einerseits und Verfall andererseits. Der Urlaubsanspruch kann grundsätzlich nicht unbeschränkt auf künftige Jahre übertragen werden. Urlaub, der während des laufenden Jahres nicht genommen wurde, verfällt daher bei Fehlen einer anderweitigen Regelung 18 Monate nach Ende des Jahres. Damit entfällt auch die Grundlage für einen finanziellen Abgeltungsanspruch krankheitsbedingt nicht genommener Urlaubstage, sodass ein entsprechender Anspruch bereits nicht entsteht. Die Verjährung dagegen setzt einen bestehenden Anspruch voraus, sie begründet nach Ablauf der Verjährungsfrist aber aus Gründen der Rechtssicherheit ein Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners. Die Rechtsinstitute sind daher von unterschiedlichem Charakter, sodass aus der Länge einer Verjährungsvorschrift kein Hinweis auf den (zulässigen) Verfallszeitraum abgeleitet werden kann. 3. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten Divergenzen zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Beschwerde verkennt bereits, dass die Behauptung einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht genügt (stRspr; Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55). Ein abstrakter Rechtssatz, den das Oberverwaltungsgericht in Abweichung von einem durch das Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz aufgestellt haben sollte, wird aber nicht benannt. Unabhängig hiervon hat das Oberverwaltungsgericht die von der Beschwerde gerügten Punkte im Ergebnis durchweg in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts entschieden. Der Urlaubsanspruch für die Jahre 2004 und 2005 war im Zeitpunkt des Ruhestandseintritts - unabhängig vom Zeitpunkt der nachfolgenden Antragstellung - bereits verfallen. Mangels Urlaubsanspruch bestand damit auch keine Grundlage für das Begehren einer finanziellen Abgeltung. Auch die Berechnung des abgeltungsfähigen Mindesturlaubs im Jahr 2007 ist in Übereinstimmung mit den Vorgaben der bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidung erfolgt (vgl. zur Bruchteilsberechnung Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 34 f.). Eigenständige Ausführungen zur Einkommensberechnung enthält die Entscheidung bereits nicht; insoweit ist alleine die Passage aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zitiert. Eine Divergenz scheidet deswegen aus. 4. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht auch nicht dadurch einen Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begangen, dass es über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden hat. Zwar ist der Anwendungsbereich des § 130a VwGO auf einfach gelagerte Streitsachen beschränkt, in denen keine streitigen Tatfragen zu entscheiden sind (Urteil vom 30. Juni 2004 - BVerwG 6 C 28.03 - BVerwGE 121, 211 <215>, zuletzt Beschluss vom 3. Dezember 2012 - BVerwG 2 B 32.12 - juris Rn. 5 f. m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren indes erfüllt. Die für die Entscheidung über die Berufung maßgeblichen Rechtsfragen sind bereits durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2013 beantwortet worden, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts relevanten Tatfragen standen ebenfalls fest. Aus den mit der Beschwerde vorgebrachten Gesichtspunkten folgt nichts anderes: Die Zahl der abgeltungsfähigen Urlaubstage ergibt sich bereits aus der Vorgabe, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch auf die vier Wochen Erholungsurlaub beschränkt ist. Die Ermittlung, wie viele Urlaubstage der Kläger genommen hatte, erübrigte sich angesichts der Tatsache, dass er seit März 2005 fortlaufend dienstunfähig erkrankt gewesen war und im entscheidungserheblichen Zeitpunkt daher keinen Urlaub nehmen konnte. Eine Einkommensberechnung war nicht erforderlich, weil das Oberverwaltungsgericht den noch rechtshängigen Abgeltungsanspruch bereits dem Grunde nach abgewiesen hat. Auch wann und in welcher Form der Kläger die Abgeltung der Urlaubsansprüche beantragt hatte, war für die Entscheidung unerheblich.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020259&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020260
BVerwG
5. Senat
20140402
5 C 40/12
Urteil
§ 6 Abs 1 S 1 BBhV, § 25 Abs 1 S 2 BBhV, § 25 Abs 4 S 1 BBhV, § 49 BBhV, § 50 Abs 1 BBhV, § 78 BBG 2009, § 80 Abs 4 BBG 2009, § 61 SGB 5, § 62 SGB 5, Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 23. November 2012, Az: 10 A 10808/12, Urteil vorgehend VG Koblenz, 2. Mai 2012, Az: 2 K 562/11.KO
DEU
Begrenzung der Beihilfefähigkeit; Höchstbetrag für Hörgeräte
1. § 80 Abs. 4 BBG verpflichtet den Verordnungsgeber nicht, sich bei der Regelung von Höchstbeträgen an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch anzulehnen. 2. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für die Anschaffung von Hörgeräten auf einen Höchstbetrag ist sowohl mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG als auch mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn vereinbar.
Der Kläger begehrt die Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der ihm ärztlich verordneten zwei Hörgeräte. Er ist als Bundesbeamter im Ruhestand Versorgungsempfänger der Beklagten mit einem Beihilfebemessungssatz von 70 v.H. Am 17. Januar 2011 beantragte der Kläger die Gewährung von Beihilfe für die am selben Tag erfolgte Beschaffung von zwei Hörgeräten zu einem Preis von jeweils 2 099 € sowie für die Beschaffung von zwei Maßotoplastiken zu einem Preis von jeweils 69 €. Der Rechnungsbetrag belief sich nach Abzug eines Kundenrabatts auf 4 124,10 €. Mit Bescheid vom 26. Januar 2011 setzte die Beklagte die Beihilfe insoweit auf einen Betrag von 1 435 € fest. Sie stützte sich auf die Höchstbetragsregelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5, die die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten, auf einen Betrag von 1 025 € je Ohr beschränkte. Auf die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, dem Kläger eine weitere Beihilfe in Höhe von 1 451,87 € zu gewähren. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aufwendungen für beide Hörgeräte seien zwar grundsätzlich beihilfefähig, da sie im Sinne des § 6 Abs. 1 BBhV notwendig sowie wirtschaftlich angemessen und die Hörgeräte - wie von § 25 Abs. 1 BBhV vorausgesetzt - erforderlich seien. Die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für Hörgeräte einschließlich der Nebenkosten sei aber durch § 25 Abs. 1 Satz 2 BBhV i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 wirksam auf 1 025 € je Ohr begrenzt. Diese Höchstbetragsregelung finde ihre Rechtsgrundlage in § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz. Sie verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Ebenso stehe sie mit der verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Fürsorgepflicht des Dienstherrn in Einklang. Das Fehlen einer abstrakt-generellen Härtefallregelung für die Fälle, in denen ein Beamter wegen der Höhe seiner Alimentation in nicht mehr zumutbarer Weise mit krankheitsbedingten Aufwendungen belastet werde, ändere daran nichts. Denn unzumutbare Belastungen könnten, ohne dass es auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke ankomme, bis zum Erlass einer ausdrücklichen Regelung im Einzelfall durch die entsprechende Anwendung der Belastungsgrenze des § 50 Abs. 1 BBhV vermieden werden. Ob dem Kläger bei Anwendung der Belastungsgrenze eine weitere Beihilfe zustehe, sei in einem von ihm durch einen entsprechenden Antrag einzuleitenden gesonderten Verwaltungsverfahren zu ermitteln. Einen solchen Antrag habe der Kläger bisher nicht gestellt, so dass auch das (hilfsweise) auf Neubescheidung gerichtete Begehren keinen Erfolg habe. Mit seiner Revision macht der Kläger Rechts- und Verfahrensfehler geltend. Er rügt eine Verletzung des Art. 33 Abs. 5 GG. Eine Höchstbetragsregelung, die - wie nach der hier noch maßgeblichen beihilferechtlichen Bestimmung - in den typischen Fällen keine ausreichende Versorgung mit Hörgeräten gewährleiste, verstoße gegen die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Der für Hörgeräte festgesetzte Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr sei willkürlich und mit den tatsächlichen durchschnittlichen Kosten für Hörgeräte nicht in Übereinstimmung zu bringen. Dies stelle auch eine Art der Altersdiskriminierung dar, da Schwerhörigkeit eine Erkrankung sei, die in der Regel im fortgeschrittenen Lebensalter auftrete. Das angefochtene Urteil verletze zudem § 50 Abs. 1 BBhV. Diese Regelung könne nicht analog angewandt werden, da es sowohl an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer Vergleichbarkeit der Sachverhalte fehle. Erforderliche Hilfsmittel seien in der Regel erheblich teurer als nichtverschreibungspflichtige Arzneimittel. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht das Gebot der prozessualen Fairness verletzt und eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg. Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht entscheidungstragend angenommen hat, § 50 Abs. 1 der Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der hier anzuwendenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 (BGBl I S. 3922) - BBhV - sei auf Aufwendungen, die den in der Bundesbeihilfeverordnung für Hörgeräte einschließlich Nebenkosten festgesetzten Höchstbetrag überstiegen, entsprechend anzuwenden. Vielmehr ist insoweit § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV analog heranzuziehen. Ob ein Anspruch auf die geltend gemachte weitere Beihilfe bei Berücksichtigung dieser Vorschrift abzulehnen ist und sich die Entscheidung somit aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist, kann der Senat mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden. Die Sache ist daher gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen. Damit bedarf es keiner Entscheidung über die von der Revision vorgebrachten Verfahrensrügen. Die Voraussetzungen für die geltend gemachte weitere Beihilfe, die sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 25 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. Ziff. 1 Anlage 5 BBhV ergeben, sind dem Grunde nach erfüllt. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 4.12 - Buchholz 270.1 § 22 BBhV Nr. 1 Rn. 12 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt ist danach hier der Tag der Rechnungsstellung des Hörgeräteakustikers am 17. Januar 2011. Nach den genannten Bestimmungen haben Versorgungsempfänger einen Anspruch auf Beihilfe zu den notwendigen und wirtschaftlich angemessenen Aufwendungen für ein ärztlich verordnetes Hilfsmittel, das im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Das Hilfsmittel muss zudem in Anlage 5 BBhV genannt sein. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit. Zu entscheiden ist allein darüber, ob die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen für die Anschaffung von Hörgeräten einschließlich der Nebenkosten zum maßgeblichen Zeitpunkt wirksam auf den Höchstbetrag von 1 025 € je Ohr beschränkt war. Das war der Fall. Ein Ausschluss - oder wie hier - eine Begrenzung der Beihilfefähigkeit stellt sich als Einschränkung des im Beihilferecht verankerten Grundsatzes dar, dass Beihilfe gewährt wird, soweit die Aufwendungen notwendig und angemessen sind (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 1 BBhV). Sie bedürfen deshalb in formeller Hinsicht einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage (1.) und müssen in materieller Hinsicht mit höherrangigem Recht vereinbar sein (2.) (vgl. Urteile vom 8. November 2012 a.a.O. Rn. 17 und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 28.08 - Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 19 Rn. 14 m.w.N.). 1. § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV bestimmt, dass die notwendigen und angemessenen Aufwendungen für die Anschaffung ärztlich verordneter Hörgeräte, einschließlich der Nebenkosten bis zu 1 025 € je Ohr gegebenenfalls zuzüglich der Aufwendungen einer medizinisch notwendigen Fernbedienung beihilfefähig sind. Diese Verordnungsregelung beruht auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Denn sie wurde auf der Grundlage des § 80 Abs. 4 Bundesbeamtengesetz - BBG - vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) in der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14. November 2011 (BGBl I S. 2219) erlassen. Danach regelt das Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Finanzen, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Beihilfegewährung, insbesondere der Höchstbeträge, des völligen oder teilweisen Ausschlusses von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln in Anlehnung an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und der Berücksichtigung von Kindern. Von dieser Verordnungsermächtigung ist die in Rede stehende Höchstbetragsregelung gedeckt. Konkrete inhaltliche Vorgaben für die Festlegung und Ausgestaltung der Höchstbeträge sind der Verordnungsermächtigung nicht zu entnehmen. Sie verpflichtet den Verordnungsgeber insbesondere nicht, sich insoweit an den Regelungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (z.B. § 36 Abs. 3 i.V.m. § 35 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 <BGBl I S. 2477>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014 <BGBl I S. 261>), zu orientieren. Dafür sprechen bereits deutlich der Wortlaut des § 80 Abs. 4 BBG und dessen binnensystematische Gliederung. Nach dem Satzbau bezieht sich das Gebot, sich an das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch anzulehnen, nur auf den ebenfalls beispielhaft aufgezählten völligen oder teilweisen Ausschluss von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, nicht aber auf Höchstbeträge. Dieser Befund wird durch den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers bestätigt. In der Gesetzesbegründung zu § 80 Abs. 4 BBG wird zwischen der Festlegung von Höchstbeträgen und dem Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln unterschieden. Die entsprechenden Regelungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch werden dabei - wie sich aus dem Wort "insoweit" erschließt - allein im Hinblick auf die dem Verordnungsgeber eingeräumte Möglichkeit in Bezug genommen, die Beihilfefähigkeit von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln auszuschließen. Nur "insoweit" soll sichergestellt werden, dass für die Beihilfe das gleiche Leistungsprogramm wie für gesetzlich Krankenversicherte gilt (vgl. BTDrucks 16/70769 S. 119). 2. Die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte auf den Höchstbetrag des § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV verletzt weder den allgemeinen Gleichheitssatz (a) noch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (b). a) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Sie beruht auf einer angesichts der Begrenzung der Beihilfefähigkeit geforderten (vgl. Urteil vom 28. Mai 2009 a.a.O.) inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung (aa). Der Vergleich mit den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung kann keinen Gleichheitsverstoß begründen (bb). Eine gleichheitswidrige Benachteiligung älterer Beihilfeberechtigter gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten liegt nicht vor (cc). aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereiches ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt. Hieran gemessen ist der für Hörgeräte in § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV festgesetzte Höchstbetrag nicht als willkürlich zu beanstanden. Der Senat ist auf eine Willkürprüfung beschränkt, da dieser Betrag an sachliche Unterschiede zwischen den in Anlage 5 BBhV genannten Hilfsmitteln anknüpft und hierdurch auch keine mittelbare Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt wird. Die durch den Höchstbetrag bedingte Leistungsbegrenzung beruht auf einem auch unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht plausiblen und sachlich vertretbaren Grund. Bei der Entscheidung, ob und für welche Hilfsmittel im Einzelnen die notwendigen und angemessenen Anschaffungskosten nur bis zu einer bestimmten Obergrenze als beihilfefähig anerkannt und demzufolge die Beihilfeberechtigten gegebenenfalls mit einem Teil dieser Kosten belastet werden, steht dem Normgeber ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. Urteile vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 2 C 1.01 - Buchholz 237.0 § 101 BaWüLBG Nr. 1 S. 2 f.). Die Festlegung des in Rede stehenden Höchstbetrages für Hörgeräte überschreitet diesen Spielraum nicht. Sie erlaubt in einer Vielzahl von Fällen die Anschaffung medizinisch notwendiger und technisch hochwertiger Hörgeräte. Soweit eine Zuzahlung erforderlich ist, liegt dem Höchstbetrag erkennbar die willkürfreie Wertung zugrunde, dass es sich insoweit um hochpreisige Hilfsmittel handelt, die im Allgemeinen eine längere Lebensdauer aufweisen und nicht in kürzeren Abständen angeschafft werden müssen. Demzufolge verteilt sich eine etwaige den Beihilfeberechtigten treffende finanzielle Belastung rechnerisch auf mehrere Jahre, sodass dieser regelmäßig in der Lage sein wird, hierfür eine entsprechende Eigenvorsorge zu treffen. bb) Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nicht damit begründen, dass gesetzlich Krankenversicherte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - BSGE 105, 170) einen Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit einem Hörgerät haben, das einen im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegten Festbetrag übersteigt, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein solcher Fall vorliegt, wird das Gebot der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG in der Regel und so auch hier durch Unterschiede in der Leistungsgewährung nach den Beihilfevorschriften des Bundes und den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch nicht verletzt. Denn die Krankheitsvorsorge aufgrund von Beihilfe und ergänzender Privatversicherung unterscheidet sich im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Verankerung, die Finanzierung, die Leistungsvoraussetzungen, das Leistungsspektrum und die Leistungsformen grundlegend von der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. Urteil vom 5. Mai 2010 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.). cc) Die höhenmäßige Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte benachteiligt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht gleichheitswidrig Beihilfeberechtigte "im fortgeschrittenen Lebensalter" gegenüber jüngeren Beihilfeberechtigten. Sie unterscheidet nicht zwischen diesen beiden Personengruppen, sondern gilt unterschiedslos für alle Beihilfeberechtigten. Mithin wird der Beihilfeanspruch für ältere Beihilfeberechtigte nicht von anderen als den für jedermann geltenden Voraussetzungen abhängig gemacht. Zwar kann auch eine gesetzliche Regelung, deren Wortlaut eine Ungleichbehandlung vermeidet, dann dem Gleichheitssatz widersprechen, wenn sich aus ihrer praktischen Auswirkung eine offenbare und sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Ungleichheit ergibt und diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3 und 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Es ist bereits nicht offensichtlich, dass die Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte typischerweise und damit in aller Regel einen Kreis von Beihilfeberechtigten in der Weise betrifft, dass eine Art. 3 Abs. 1 GG zuwiderlaufende "Altersdiskriminierung" - wie sie der Kläger geltend macht - in Erwägung gezogen werden könnte. b) Die Höchstbetragsregelung für Hörgeräte muss mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die auf Bundesebene einfachgesetzlich in § 78 BBG normiert und als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich verankert ist (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 15 ff.), in Einklang stehen (aa). Dabei kann hier offenbleiben, ob die Bundesbeihilfeverordnung in Bezug auf die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV den Anforderungen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht nur dann in vollem Umfang gerecht wird, wenn sie eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten im Einzelfall vorhält. Denn an einer solchen Härtefallregelung mangelt es hier nicht (bb). aa) Die Fürsorgepflicht ergänzt die ebenfalls in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Sie fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Geburt oder Tod sicherstellt. Ob er diese Pflicht über eine entsprechende Bemessung der Dienstbezüge, über Sachleistungen, Zuschüsse oder in sonst geeigneter Weise erfüllt, bleibt von Verfassungs wegen seiner Entscheidung überlassen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 10. Oktober 2013 - BVerwG 5 C 32.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 24 = NVwZ-RR 2014, 240 <242>; vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 18; vom 28. April 2011 - BVerwG 2 C 51.08 - ZBR 2011, 379 Rn. 14 und vom 28. Mai 2008 - BVerwG 2 C 1.07 - Buchholz 237.8 § 90 RhPLBG Nr. 4 Rn. 25 jeweils m.w.N.). Für die genannten besonderen Belastungssituationen wird die Fürsorgepflicht grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften konkretisiert (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 10. Oktober 2013 a.a.O. Rn. 25 m.w.N.). Im Bereich der Krankenvorsorge verpflichtet sie den Dienstherrn, den Beamten bzw. Versorgungsempfänger von in Hinblick auf seine Alimentation unzumutbaren und unabwendbaren Belastungen freizuhalten (vgl. Beschluss vom 22. März 2005 - BVerwG 2 B 9.05 -), gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheitsbedingten Kosten. Daher ist der Dienstherr aus Gründen der Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht gehindert, im Rahmen der nach medizinischer Einschätzung behandlungsbedürftigen Leiden Unterschiede zu machen und die Beihilfefähigkeit aus triftigen Gründen zu beschränken oder ganz auszuschließen (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 19; vom 24. Februar 2011 - BVerwG 2 C 9.10 - USK 2011, 88 Rn. 15 und vom 28. Mai 2008 a.a.O. Rn. 25 f. sowie Beschluss vom 18. Januar 2013 - BVerwG 5 B 44.12 - juris Rn. 8, jeweils m.w.N.). Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat der Dienstherr, wenn er sich - wie nach dem gegenwärtig praktizierten System - entscheidet, seiner Fürsorgepflicht durch die Zahlung von Beihilfen nachzukommen, die zu der aus der gewährten Alimentation zu bestreitenden Eigenvorsorge ergänzend hinzutreten, und dabei für bestimmte krankheitsbedingte Aufwendungen einen Leistungsausschluss oder eine Leistungsbegrenzung vorsieht, dafür zu sorgen, dass der Beamte bzw. Versorgungsempfänger nicht mit erheblichen finanziellen Kosten belastet bleibt, die er durch die Regelalimentation und eine zumutbare Eigenvorsorge nicht bewältigen kann. Geschieht dies nicht und führt eine Beschränkung zu unzumutbaren Belastungen, ist der nicht zur Disposition des Dienstherrn stehende Wesenskern der Fürsorgepflicht mit der Folge betroffen, dass die Beihilfefähigkeit nicht ausgeschlossen oder begrenzt werden darf (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 a.a.O. Rn. 21 m.w.N.). bb) Es kann hier dahinstehen, ob und in wie vielen Fällen die mit dem Höchstbetrag verbundene Begrenzung der Beihilfefähigkeit für Hörgeräte ausnahmsweise zu einer unzumutbaren Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Ferner muss nicht entschieden werden, ob der Verordnungsgeber aus Gründen der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht für solche Fälle normative Vorkehrungen treffen musste. Ebenso kann offenbleiben, ob die Leistungsbegrenzung gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Ziff. 1 der Anlage 5 BBhV ohne eine abstrakt-generelle Regelung zur Vermeidung unzumutbarer Härten insgesamt oder nur teilweise unwirksam gewesen ist. Denn selbst wenn es einer Härtefallregelung bedurfte, fehlte es zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt an einer solchen nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar Bundesrecht verletzt, soweit es der Sache nach § 50 Abs. 1 BBhV analog angewandt hat ((1)). Eine etwaige Regelungslücke war aber durch analoge Anwendung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen ((2)). (1) Eine Analogie zu § 50 Abs. 1 BBhV scheidet aus. Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes - hier im materiellen Sinne - voraus. Ob eine Regelungslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Verordnungsgebers erfassten Fälle in den Vorschriften der Verordnung tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Verordnungsregelungen nicht alle Fälle erfasst, die nach deren Sinn und Zweck erfasst sein sollten (vgl. z.B. für Gesetze im formellen Sinne Urteil vom 12. September 2013 - BVerwG 5 C 35.12 - zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen Rn. 27 = DVBl 2014, 307 <309> m.w.N.). Darüber hinaus ist eine vergleichbare Sach- und Interessenlage erforderlich. Die Bundesbeihilfeverordnung weist zwar für Härtefälle, die sich aus der Anwendung der Höchstbetragsregelung für Hörgeräte ergeben, eine planwidrige Regelungslücke auf ((a)). Die Sach- und Interessenlage in derartigen Fällen ist indessen nicht die gleiche, die der in § 50 Abs. 1 BBhV getroffenen Regelung zugrunde liegt ((b)). (a) Die hier anzuwendende Bundesbeihilfeverordnung vom 13. Februar 2009 in der Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 war lückenhaft. Sie traf - was zwischen den Beteiligten nicht im Streit steht - für den in Rede stehenden Sachverhalt keine ausdrückliche Härtefallregelung. Allerdings war ihr zu entnehmen, dass den Beihilfeberechtigten nach dem Plan des Verordnungsgebers ausnahmsweise ein über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehender Anspruch zugestanden werden soll, wenn und soweit sie infolge eines teilweisen oder vollständigen Ausschlusses der Beihilfefähigkeit mit Kosten belastet blieben, die ihre finanziellen Möglichkeiten erheblich übersteigen. Dafür sprechen die bereits in der hier anzuwendenden Fassung enthaltenen zahlreichen Härtefallregelungen für andere Konstellationen. So sind beispielsweise nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 BBhV andere (als notwendige und wirtschaftlich angemessene) Aufwendungen ausnahmsweise beihilfefähig, soweit die Ablehnung der Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG eine besondere Härte darstellen würde. Darüber hinaus regelt § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV, dass getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 BBhV, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Des Weiteren sieht § 31 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 BBhV vor, dass Fahrtkosten einschließlich Flugkosten anlässlich von Behandlungen außerhalb der Europäischen Union ausnahmsweise beihilfefähig sind, soweit sie aus zwingenden medizinischen Gründen im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG erforderlich sind. In dieselbe Richtung weist § 41 Abs. 3 BBhV, wonach das Bundesministerium des Innern die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Maßnahmen zur Früherkennung, Überwachung und Verhütung von Erkrankungen, die nicht nach anderen Vorschriften dieser Verordnung beihilfefähig sind, in Verwaltungsvorschriften für diejenigen Fälle ausnahmsweise zulassen kann, in denen die Gewährung von Beihilfe im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Ebenso bestimmt § 47 Abs. 1 BBhV, dass die oberste Dienstbehörde oder eine von ihr bestimmte Behörde im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG den Bemessungssatz für Aufwendungen anlässlich einer Dienstbeschädigung angemessen erhöhen kann, soweit nicht bereits Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz bestehen; gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BBhV kann sie den Bemessungssatz in weiteren besonderen Ausnahmefällen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern angemessen erhöhen, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG zwingend geboten ist. Dass der Verordnungsgeber die angeführten Regelungen nicht als abschließend und demzufolge den Höchstbetrag für Hörgeräte nicht als starre Obergrenze verstanden hat, zeigt sich daran, dass er in die am 20. September 2012 in Kraft getretene Dritte Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 8. September 2012 (BGBl I S. 1935) - BBhV n.F. - eine ausdrückliche Härtefallregelung für Hörgeräte aufgenommen hat. Nach Ziff. 8.8 der Anlage 11 zu § 25 Abs. 1 und 4 BBhV n.F. kann der Höchstbetrag für Hörgeräte überschritten werden, soweit dies erforderlich ist, um eine ausreichende Versorgung bei beidseitiger an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit oder bei vergleichbar schwerwiegenden Sachverhalten zu gewährleisten. Zudem hat der Verordnungsgeber mit § 6 Abs. 7 Satz 1 BBhV n.F. eine allgemeine Härtefallregelung geschaffen. (b) Eine Analogie scheidet jedoch aus, weil der hier zu beurteilende Sachverhalt mit dem von § 50 Abs. 1 BBhV erfassten Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Der Verordnungsgeber wollte mit §§ 49 und 50 BBhV die Maßnahmen des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG -) vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190) wirkungsgleich auf den Beihilfebereich übertragen. Die Beihilfeberechtigten sollten in entsprechender Weise wie die gesetzlich Krankenversicherten zur Kostentragung herangezogen werden. Dementsprechend sieht § 49 BBhV vergleichbar der Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Zuzahlungspflicht (§ 61 SGB V) einen Abzug von Eigenbehalten vor (vgl. Begründung des Entwurfs der Bundesbeihilfeverordnung, Stand: 2. April 2007, S. 34). § 50 Abs. 1 BBhV setzt daneben die Regelung der gesetzlichen Krankenversicherung über die Begrenzung der Zuzahlungspflicht (§ 62 SGB V) um (vgl. Begründung des Entwurfs der Beihilfeverordnung a.a.O. S. 36). Danach sind auf Antrag Eigenbehalte nach § 49 BBhV von den beihilfefähigen Aufwendungen oder der Beihilfe für ein Kalenderjahr nicht abzuziehen, soweit sie die Belastungsgrenze nach Satz 4, d.h. zwei oder ein Prozent der jährlichen Einnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 3 bis 7 BBhV, übersteigen. Im Unterschied dazu geht es bei der Gewährung einer über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Leistung nicht darum, eine wirkungsgleiche Belastung zwischen Beihilfeberechtigten und gesetzlich Krankenversicherten herzustellen. Die Einräumung eines Beihilfeanspruchs über den festgelegten Höchstbetrag hinaus dient allein der Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Einzelfall. (2) Die planwidrige Regelungslücke ist mit Blick auf die vergleichbare Sach- und Interessenlage durch entsprechende Heranziehung des § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV zu schließen. Nach § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV sind getätigte Aufwendungen für Hilfsmittel und Geräte zur Selbstbehandlung und Selbstkontrolle im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, die weder in Anlage 5 oder 6 aufgeführt noch mit den aufgeführten Gegenständen vergleichbar sind, ausnahmsweise beihilfefähig, wenn dies im Hinblick auf die Fürsorgepflicht nach § 78 BBG notwendig ist. Die Entscheidung hierüber ist von Amts wegen in dem durch Beihilfeantrag eingeleiteten Verfahren zu treffen. Bei wertender Betrachtung macht es aus der Sicht der Fürsorgepflicht keinen sachlichen Unterschied, ob bei der Anschaffung von Hilfsmitteln der vollständige Ausschluss der Beihilfefähigkeit oder deren höhenmäßige Begrenzung zu einer unzumutbaren finanziellen Belastung der Beihilfeberechtigten führt. Sowohl in den in § 25 Abs. 4 Satz 1 BBhV geregelten Fallkonstellationen als auch in dem nicht geregelten Fall, dass für ein in der Anlage 5 genanntes Hilfsmittel ein Höchstbetrag als Obergrenze für die Beihilfefähigkeit der Aufwendungen festgelegt ist, bedarf es eines über das geregelte Beihilfeniveau hinausgehenden Anspruchs, um zu gewährleisten, dass der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht auch unter Berücksichtigung des pauschalierenden und typisierenden Charakters der Beihilfevorschriften im Einzelfall genügt wird. Das Oberverwaltungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob die Ablehnung der Gewährung weiterer Beihilfeleistungen für die Anschaffung der Hörgeräte eine besondere Härte für den Kläger darstellt. Die Sache ist daher an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, damit es diese Prüfung nachholen kann.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020260&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020261
BVerwG
6. Senat
20140505
6 B 46/13
Beschluss
§ 25 Abs 1 TKG 2004, § 25 Abs 5 S 1 TKG 2004, § 25 Abs 5 S 2 TKG 2004
vorgehend VG Köln, 15. Mai 2013, Az: 21 K 2516/10, Urteil
DEU
Telekommunikation; Ermessen der Bundesnetzagentur bei der Zugangsanordnung
Bei der Entscheidung über die Festlegung der Bedingungen einer Zugangsanordnung nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 TKG (juris: TKG 2004) ist der Bundesnetzagentur kein Regulierungsermessen, sondern ein allgemeines (Rechtsfolge-)Ermessen eingeräumt.
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und des Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer höchstrichterlich bisher noch nicht geklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. a) Die Klägerin zu 2 wirft zunächst die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig auf, ob "der Begriff des 'Beibehaltens' in § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG (bedeutet), dass die Regulierungsverfügung, welche die in einer vorangegangenen Regulierungsverfügung auferlegte Verpflichtung beibehält, diese Verpflichtung unverändert oder nur in dem Umfang fortschreibt, wie er sich der neuen Regulierungsverfügung durch Auslegung entnehmen lässt". Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich und ihre Klärung im Revisionsverfahren daher nicht zu erwarten. Dies gilt auch, soweit die Klägerin zu 2 mit dem Klageantrag zu 1.a) die Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 25. Januar 2010 insoweit begehrt, als in Ziffer 1.1 des Beschlusstenors angeordnet worden ist, dass Kollokation im Multifunktionsgehäuse einschließlich der virtuellen Kollokation auch für solche Multifunktionsgehäuse gewährt werden muss, die bis einschließlich 27. Juni 2007 errichtet worden sind. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit in der Annahme, die für die beanstandete Kollokationsanordnung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 TKG erforderlichen Voraussetzungen für eine Verpflichtung zur Zugangsgewährung lägen vor, für unbegründet gehalten. Dabei ist es davon ausgegangen, dass sich die durch die Regulierungsverfügung der Bundesnetzagentur vom 27. Juni 2007 geregelte Pflicht zur Zugangsgewährung auch auf solche Kabelverzweiger erstreckt, die in vor dem 27. Juni 2007 errichteten Multifunktionsgehäusen untergebracht sind. Diese Annahme ist das Ergebnis der - für das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO grundsätzlich bindenden - tatrichterlichen Auslegung und Feststellung des Regelungsgehalts der genannten Regulierungsverfügung. In diesem Zusammenhang ist die Vorinstanz zwar der von der Klägerin zu 2 befürworteten Einschränkung der in Rede stehenden Kollokationsverpflichtung mit der Erwägung entgegengetreten, Ziffer 1. der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007, die die besagte Kollokationsverpflichtung beinhalte (Ziffer 1.1.3), sei dahin gefasst, dass die bereits durch die vorangegangene Regulierungsverfügung vom 20. April 2005 auferlegte Verpflichtung zur Gewährung des Zugangs zum Teilnehmeranschluss (u.a.) am Kabelverzweiger "beibehalten" wird. Dem liegt erkennbar die Annahme zugrunde, der in der Ermächtigungsgrundlage des § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG verwendete Begriff des "Beibehaltens" bedeute, dass die in einer vorangegangenen Regulierungsverfügung auferlegte Verpflichtung inhaltlich unverändert fortgeschrieben wird. Selbst wenn das Verwaltungsgericht hierbei zu Unrecht von einem Verständnis des Begriffs des "Beibehaltens" ausgegangen sein sollte, der es ausschließt, dass die Bundesnetzagentur eine früher auferlegte Verpflichtung "im Rahmen ihrer Abwägung konkretisiert", wäre dies jedoch für das Ergebnis der Auslegung der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 nicht erheblich. Denn das Verwaltungsgericht hat sich in erster Linie auf den "klaren Wortlaut" der hier einschlägigen Ziffer 1.1.3 des Tenors der Regulierungsverfügung gestützt, der gegen die Annahme spreche, dass eine Verpflichtung zur Kollokation in den bis zum Zeitpunkt der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 bereits errichtet gewesenen Multifunktionsgehäusen nicht bestehe, weil erstmals durch diese Regulierungsverfügung eine solche Zugangsverpflichtung auferlegt worden sei. b) Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache weiter in der Frage, ob "die Bundesnetzagentur bei der Festlegung der Bedingungen der Zugangsanordnung nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 TKG über Regulierungsermessen" verfügt. Ferner will die Beschwerde in diesem Zusammenhang geklärt wissen, ob "an die Ausübung des Regulierungsermessens nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 TKG, d.h. an die Ermittlung der zu beachtenden Belange, an die Gewichtung der Belange und an den Ausgleich zwischen den Belangen, geringere Anforderungen zu stellen (sind) als bei der Ausübung des Regulierungsermessens bei der Auferlegung einer Verpflichtung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG". Beide Fragen beziehen sich auf die Erwägungen, mit denen die Vorinstanz den Klageantrag zu 1.c) für unbegründet gehalten hat. Dieser Antrag ist auf die Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 25. Januar 2010 insoweit gerichtet, als in Ziffer 1.1 des Beschlusstenors i.V.m. Ziffer 1.1.1 Satz 2 der Anlage 1 des Vertrages über den Zugang zum Multifunktionsgehäuse die Verpflichtung der Klägerin zu 2 zu platzschaffenden Maßnahmen im Multifunktionsgehäuse sowie in Ziffer 2 der Anlage 1 des Vertrages über den Zugang zum Multifunktionsgehäuse die Verpflichtung der Klägerin zu 2 zur virtuellen Kollokation angeordnet worden ist. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang angenommen, dass der Bundesnetzagentur bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Zugangsanordnungen nach § 25 TKG ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe, der im Hinblick auf die vertragsersetzende Funktion einer solchen Anordnung zum einen auf einen fairen Ausgleich der berechtigten Interessen beider an der Zugangsgewährung beteiligten Parteien gerichtet sein müsse, der andererseits aber auch die öffentlichen Belange zu berücksichtigen habe, die durch § 2 Abs. 2 TKG sowie die einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen vorgegeben seien. Ob die Bundesnetzagentur den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum rechtmäßig ausgefüllt hat, sei nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die insoweit für die Überprüfung des Regulierungsermessens anerkannt seien. Danach sei eine Anordnung zu beanstanden, wenn ihr eine Abwägung überhaupt nicht zugrunde gelegen habe (Abwägungsausfall), in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden sei, was nach Lage der Dinge in sie habe eingestellt werden müssen (Abwägungsdefizit), die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden sei (Abwägungsfehleinschätzung) oder der Ausgleich zwischen ihnen zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis stehe (Abwägungsdisproportionalität). Nach diesem Maßstab erweise sich die hier streitige Anordnung platzschaffender Maßnahmen als rechtmäßig. Den von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen fehlt die für eine Zulassung der Revision erforderliche Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren. Die erste Frage, die sich auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung allerdings ohne Weiteres verneinen lässt (aa), ist nicht entscheidungserheblich (bb). Damit entfällt offensichtlich auch die Grundlage für die zweite Frage, die an die Annahme eines Regulierungsermessens der Bundesnetzagentur anknüpft. aa) Dass dem Ansatz der Vorinstanz, die Entscheidung der Bundesnetzagentur über die Festlegung der Bedingungen der Zugangsanordnung nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 TKG nach den Grundsätzen des Regulierungsermessens zu überprüfen, nicht zu folgen ist, kann der Senat ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens auf der Grundlage seiner bisherigen Rechtsprechung entscheiden. Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 TKG können Gegenstand einer Anordnung alle Bedingungen einer Zugangsvereinbarung sowie die Entgelte sein; die Bundesnetzagentur darf die Anordnungen mit Bedingungen in Bezug auf Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpfen (Satz 2). Aus der Verwendung der Formulierungen "können" und "darf" ergibt sich, dass diese Rechtsnorm eine Ermessensermächtigung enthält. Die Bundesnetzagentur kann danach zwischen mehreren rechtlich zulässigen Handlungsmöglichkeiten wählen. Ihr steht zwar kein Entschließungsermessen (vgl. § 25 Abs. 1 Satz 1 TKG), aber ein Auswahlermessen dahingehend zu, welche von mehreren Maßnahmen ergriffen wird. Hierbei handelt es sich um den typischen Fall eines auf den Rechtsfolgenausspruch bezogenen sogenannten allgemeinen Ermessens, das vor allem der Einzelfallgerechtigkeit dient. Der Bundesnetzagentur soll ermöglicht werden, unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks einerseits und der konkreten Umstände andererseits eine dem Einzelfall angemessene und sachgerechte Entscheidung zu treffen, in die insbesondere auch Zweckmäßigkeits- und Billigkeitserwägungen einfließen können. Die rechtlichen Bindungen, denen die Ausübung dieses Ermessens unterliegt, ergeben sich aus § 40 VwVfG. Danach hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Art und Umfang der gerichtlichen Kontrolle werden in § 114 Satz 1 VwGO geregelt. Danach prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Mit der Entwicklung der Kategorie des Regulierungsermessens hat die Rechtsprechung auf den Umstand reagiert, dass das Telekommunikationsgesetz neben klassischen Ermessensermächtigungen und der Einräumung von Beurteilungsspielräumen auf der Tatbestandsseite (vgl. z.B. § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG) Normen enthält, die der Regulierungsbehörde Entscheidungsspielräume einräumen, die sich keiner dieser Kategorien eindeutig zuordnen lassen. Von dem allgemeinen Ermessen unterscheiden sich diese Entscheidungsspielräume dadurch, dass der Behörde ein umfassender Auswahl- und Ausgestaltungsspielraum auf der Rechtsfolgenseite zusteht, der untrennbar mit einer durch zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe gesteuerten Abwägung verbunden ist. Die zu konkretisierenden unbestimmten Rechtsbegriffe weisen in hohem Maße wertende und prognostische Elemente auf. Im Rahmen der Abwägung sind eine Vielzahl zum Teil gegenläufiger Regulierungsziele sowie sonstiger öffentlicher und privater Belange zu gewichten und auszugleichen. Der Senat hat diese Kategorie komplexer behördlicher Entscheidungsspielräume bei der Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen nach § 13 TKG mit dem Begriff des Regulierungsermessens gekennzeichnet und in Anlehnung an das Planungsermessen behandelt. Das Regulierungsermessen wird dem entsprechend fehlerhaft ausgeübt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat - Abwägungsausfall -, in die Abwägung nicht an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste - Abwägungsdefizit -, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt worden ist - Abwägungsfehleinschätzung - oder der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht - Abwägungsdisproportionalität -. Die gerichtliche Kontrolle der Ausübung des Regulierungsermessens hat sich dabei grundsätzlich auf diejenigen Erwägungen zu beschränken, die die Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung dargelegt hat (vgl. grundlegend Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 Rn. 47, sowie zuletzt Urteil vom 11. Dezember 2013 - BVerwG 6 C 23.12 - juris Rn. 24). Während die Bundesnetzagentur bei der Auferlegung von Regulierungsverpflichtungen nach § 13 TKG über einen umfassenden Auswahl- und Ausgestaltungsspielraum verfügt, der untrennbar mit einer durch zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe gesteuerten Abwägung verbunden ist und bei dessen Ausübung sie sich - anders als im Fall "gewöhnlicher" Ermessensermächtigungen - nicht an einem durch Auslegung zu ermittelnden Normzweck, sondern an einer Vielzahl solcher Zwecke, nämlich den in § 2 Abs. 2 TKG vorgegebenen Regulierungszielen auszurichten hat, weist die Ermächtigungsgrundlage für Zugangsanordnungen nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 TKG derartige Besonderheiten nicht auf. Als bei der Ermessensentscheidung zu beachtende Vorgaben werden in der Vorschrift lediglich Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit genannt. Eine Abwägung am Maßstab der Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 TKG findet auf dieser Ebene nicht mehr statt, da die Konfliktbewältigung bereits auf der vorgelagerten Stufe der zu vollziehenden Regulierungsverfügung stattzufinden hat (vgl. Urteil vom 11. Dezember 2013 a.a.O. Rn. 38 ff.). Aus diesem Grund besteht kein Anlass, für die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der Ausübung des der Bundesnetzagentur bei der Entscheidung nach § 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 TKG eingeräumten Ermessens diejenigen Maßstäbe heranzuziehen, die die Rechtsprechung für die Abwägungskontrolle im Rahmen von Planungsentscheidungen entwickelt hat. Vielmehr verbleibt es bei den Maßstäben, die für allgemeine Ermessensentscheidungen gelten. bb) Wenn die aufgeworfene Rechtsfrage aus Sicht des Revisionsgerichts klar und eindeutig zu beantworten ist, von der Vorinstanz aber gerade anders beantwortet wurde, ist zwar die Klärungsbedürftigkeit grundsätzlich zu bejahen (vgl. Pietzner/Buchheister, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: April 2013, § 132 Rn. 37a). Im vorliegenden Fall ist die Revision aber deshalb nicht zuzulassen, weil auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts und der Darlegungen in der Beschwerdebegründung ausgeschlossen werden kann, dass der Klageantrag zu 1.c) Erfolg gehabt hätte, wenn das Verwaltungsgericht die Entscheidung der Bundesnetzagentur bezüglich der Verpflichtung der Klägerin zu 2 zu platzschaffenden Maßnahmen im Multifunktionsgehäuse nicht nach den Grundsätzen des Regulierungsermessens, sondern nach den Maßstäben überprüft hätte, die für allgemeine Ermessensentscheidungen gelten. Auch unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist nicht erkennbar, dass ein Ermessensfehler vorliegt. Da die Bundesnetzagentur nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts den ihr eröffneten Gestaltungsspielraum erkannt und unter Darlegung und Abwägung die aus ihrer Sicht betroffenen gegenläufigen Belange im Einzelnen begründet hat, welche Maßnahmen sie für den Fall einer bestimmten Aufnahmekapazität im Multifunktionsgehäuse als angemessen erachtet, liegt kein Fall einer Ermessensunterschreitung oder eines Ermessensnichtgebrauchs vor. Dass sie mit der streitgegenständlichen Anordnung platzschaffender Maßnahmen über die in der Ermächtigungsnorm vorgesehene Rechtsfolge hinausgegangen sein könnte (Ermessensüberschreitung), ist nicht erkennbar und wird auch von der Klägerin zu 2 selbst nicht behauptet. Für einen Ermessensfehlgebrauch bestehen ebenfalls keine Anhaltspunkte. Das Verwaltungsgericht hat unter dem Gesichtspunkt einer Abwägungsfehleinschätzung bzw. einer Abwägungsdisproportionalität eingehend und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Bundesnetzagentur die wesentlichen Interessen, die bei den hier erörterten Maßnahmen betroffen sind, zutreffend erkannt habe und sich der gefundene Ausgleich zwischen den konfligierenden Belangen mit Blick auf das ihnen jeweils zukommende objektive Gewicht auch nicht als unverhältnismäßig erweise. Dies schließt die Annahme sachwidriger Erwägungen oder der Nichtbeachtung maßgeblicher Zielvorstellungen des ermächtigenden Gesetzes aus. Schließlich ist auf der Grundlage der Ausführungen des Verwaltungsgerichts auch nicht erkennbar, dass die Bundesnetzagentur bei ihrer Entscheidung sonstige Ermessensgrenzen, insbesondere verfassungsrechtliche Vorgaben wie die Grundrechte, das Gleichheitsgebot oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, aber auch Normen des einfachen Rechts und des Unionsrechts missachtet haben könnte. 2. Die Revision ist ferner nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). a) Die von der Beschwerde mit Blick auf den Klageantrag zu 1.a) geltend gemachte Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes liegt nicht vor. Nach § 108 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Ob das Tatsachengericht auf einer ausreichend breiten oder einer zu schmalen tatsächlichen Grundlage entschieden hat, ist grundsätzlich eine dem materiellen Recht zuzuordnende Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung, auf die eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden kann. Soweit hiervon Ausnahmen zuzulassen sind, verlangt die Rüge eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz die Darlegung, dass das Gericht einen Schluss gezogen hat, den es ohne Willkür, insbesondere ohne Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, schlechterdings nicht ziehen konnte (Beschluss vom 19. Februar 2013 - BVerwG 6 B 37.12 - Buchholz 442.066 § 42 TKG Nr. 4 Rn. 13 m.w.N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die Klägerin zu 2 wendet sich zum einen gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die ihr durch den angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 25. Januar 2010 auferlegte Verpflichtung, Kollokation auch in solchen Multifunktionsgehäusen zu gewähren, die vor dem 27. Juni 2007 errichtet worden sind, auf Ziffer 1.1.3 des Tenors der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 gestützt werden könne. Zum anderen sieht sie den Überzeugungsgrundsatz durch die Annahme des Verwaltungsgerichts verletzt, dass die ihr durch den angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom 25. Januar 2010 auferlegte Verpflichtung, die sogenannte virtuelle Kollokation für den Fall zu ermöglichen, dass die Kapazitäten in vor dem 27. Juni 2007 errichteten Multifunktionsgehäusen erschöpft sind, auf die Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 gestützt werden könne. Dass das Verwaltungsgericht mit diesen Annahmen in Bezug auf die Reichweite der genannten Regulierungsverfügung von einem falschen Sachverhalt ausgegangen sei, begründet die Klägerin zu 2 unter Hinweis auf die ihrer Auffassung nach einschränkenden Aussagen des Senats in seinem Urteil vom 27. Januar 2010 - BVerwG 6 C 22.08 - (Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 1) zur Tragweite der Verpflichtung in Ziffer 1.1.3 des Tenors der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007. Selbst wenn den Entscheidungsgründen des genannten Urteils (vgl. Urteil vom 27. Januar 2010 a.a.O. Rn. 21, 24 und Rn. 26) erkennbar die von der Klägerin zu 2 unterstellte Rechtsauffassung zugrunde liegen sollte, hätte das Verwaltungsgericht die verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht überschritten. Denn es hat die entsprechenden Ausführungen des Senats nicht etwa - wie die Klägerin zu 2 unterstellt - aus seiner Würdigung ausgeblendet, sondern sich mit ihnen vielmehr eingehend auseinander gesetzt und im Einzelnen dargelegt, weshalb seiner Auffassung nach aus diesen Ausführungen nicht hergeleitet werden könne, dass die streitige Anordnung, soweit sie sich auf eine Kollokation auch in solchen Multifunktionsgehäusen erstreckt, die bereits bis zum 27. Juni 2007 errichtet worden waren, und zudem die Gewährung virtueller Kollokation umfasst, nicht von der in der Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 geregelten Kollokationsverpflichtung gedeckt sei. b) Der von der Beschwerde geltend gemachte Verfahrensfehler einer Entscheidung durch Prozessurteil statt durch Sachurteil rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. In einer Entscheidung durch Prozessurteil statt durch Sachurteil liegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Verfahrensfehler, wenn diese Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung der prozessualen Vorschriften beruht (Beschluss vom 26. Februar 2014 - BVerwG 6 C 3.13 - juris Rn. 15 m.w.N.). In Bezug auf den Klageantrag zu 1.b) hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen. Dieser Antrag ist auf die Aufhebung des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 25. Januar 2010 insoweit gerichtet, als in Ziffer 1.1 des Beschlusstenors i.V.m. Ziffer 3.2.2 der Anlage 1 des angeordneten Vertrages über den Zugang zum Multifunktionsgehäuse bei Kapazitätsengpässen eine Zugangsgewährung nach dem zeitlichen Prioritätsprinzip angeordnet worden ist und als diese Regelung untrennbar verknüpft ist mit den sonstigen Regelungen zum Bestellprozess in Ziffer 3 der Anlage 1 des angeordneten Vertrages. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, es fehle an der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO), weil nicht erkennbar sei und von der Klägerin zu 2 auch nicht dargelegt werde, dass und in welcher Hinsicht sie durch die Regelungen zum Kollokations-Bestellprozess nach Ziffer 3 der Anlage 1 zum angeordneten Vertrag über die Kollokation im Multifunktionsgehäuse und namentlich durch die Beachtung des aus 3.2.2 dieses Regelwerks folgenden Prinzips, Kollokationsnachfragen nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs zu bearbeiten und - bei Vorliegen der Voraussetzungen - zu erfüllen, im Sinne einer Beeinträchtigung in eigenen Rechten belastet werde. Nach Auffassung der Beschwerde hat das Verwaltungsgericht, indem es in Bezug auf den Klageantrag zu 1.b) nicht in der Sache entschieden hat, verkannt, dass schon die privatrechtsgestaltende Wirkung der Zugangsanordnung die Klagebefugnis der Klägerin zu 2 als Adressatin begründe. Zwar dürfte der Klägerin zu 2 darin zu folgen sein, dass das Verwaltungsgericht zu weit gehende Anforderungen an die Klagebefugnis gestellt hat. Weil der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts stets einem staatlichen Freiheitseingriff unterliegt, folgt nach der sogenannten Adressatentheorie allein hieraus ein Klagerecht nach § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. nur Beschluss vom 19. Juli 2010 - BVerwG 6 B 20.10 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 54 Rn. 16). Selbst wenn aus diesem Grund der Klage in Bezug auf den Klageantrag zu 1.b) nicht bereits die Klagebefugnis abgesprochen werden durfte, ist sie insoweit jedenfalls deshalb unzulässig, weil für die Anfechtungsklage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Durch einen Erfolg der Anfechtungsklage könnte die Klägerin zu 2 ihr Rechtsschutzziel einer besonderen Regelung für den Fall des Auftretens einer Knappheitssituation offensichtlich nicht erreichen. Denn entgegen der Darstellung der Klägerin zu 2 hat die Bundesnetzagentur in dem angefochtenen Beschluss vom 25. Januar 2010 in Verbindung mit dem Vertrag über den Zugang zum Multifunktionsgehäuse nicht angeordnet, dass bei Kapazitätsengpässen eine Zugangsgewährung nach dem zeitlichen Prioritätsprinzip erfolgt, sondern vielmehr von einer gesonderten Regelung zur Verwaltung knapper Kollokationsmöglichkeiten ausdrücklich abgesehen. Zwar ist die Regulierungsbehörde in diesem Zusammenhang - wie sich aus den Ausführungen auf S. 35 ff. des Beschlusses ergibt - davon ausgegangen, dass die bereits aus den allgemeinen Bestellregelungen folgende Vergabe der Kollokationsmöglichkeiten nach dem Zeitpunkt der Bestelleingänge die Anforderungen der Chancengleichheit, Billigkeit und Rechtzeitigkeit in befriedigender Weise erfüllt. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sich die Geltung des Prioritätsprinzips hier gerade aus dem Fehlen einer Regelung ergibt. Die Klägerin zu 2 hätte deshalb eine Verpflichtungsklage mit dem Ziel der Festlegung eines besonderen Verteilungsverfahrens für den Fall einer Knappheitssituation erheben müssen. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Klageabweisung aus prozessualen Gründen stellt sich damit im Sinne des § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen als richtig dar. Diese Folge ist schon im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde zu beachten.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020261&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020262
BVerwG
2. Senat
20140506
2 B 90/13
Beschluss
§ 12 Abs 1 S 1 BeamtVG, § 12 Abs 1 S 2 BeamtVG, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, 5. Juli 2013, Az: 1 A 38/13, Urteil vorgehend Verwaltungsgericht des Saarlandes, 9. Oktober 2012, Az: 2 K 17/11
DEU
Zur maßgeblichen laufbahnrechtlichen Regelung für die Berücksichtigung einer Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit; zu den Voraussetzungen einer Revision wegen Divergenz
Zur maßgeblichen laufbahnrechtlichen Regelung für die Berücksichtigung einer Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit; zu den Voraussetzungen einer Revision wegen Divergenz
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) der Beklagten ist unbegründet. 1. Der 1955 geborene Kläger stand als technischer Fernmeldehauptsekretär im Dienst der Beklagten. 1973 ging der Kläger kurz vor der Beendigung des 10. Schuljahres von der Realschule ab. Anschließend absolvierte er von September 1973 bis August 1976 die Ausbildung zum Fernmeldehandwerker. Nach einer mehrjährigen Tätigkeit als Angestellter bei der Deutschen Bundespost wurde er zum 1. November 1985 zum Beamten auf Probe ernannt. Auf seinen Antrag hin versetzte ihn die Beklagte mit Ablauf des 31. August 2010 in den Ruhestand. Den Antrag des Klägers, seine Ausbildungszeit zum Fernmeldehandwerker als weitere ruhegehaltfähige Dienstzeit anzuerkennen, lehnte die Beklagte ab. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Beklagte dagegen verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Anerkennung seiner Ausbildungszeit zum Fernmeldehandwerker als weitere ruhegehaltfähige Dienstzeit unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Für die Auslegung von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BeamtVG sei maßgeblich, ob die Ausbildung nach den laufbahnrechtlichen Regelungen, die zur Zeit ihrer Ableistung gegolten hätten, neben der allgemeinen Schulbildung zur Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes als allgemeine normative Einstellungsvoraussetzung erforderlich gewesen sei. Allein das Abstellen auf diesen Zeitraum gewährleiste, dass der später in das Beamtenverhältnis übernommene Beamte annähernd die Versorgung erhalte, die er beziehen würde, wenn er sich während der Zeit, in der er die besondere Eignung für die Wahrnehmung seines späteren Amtes erlangt habe, bereits im Beamtenverhältnis befunden hätte. Die zum Zeitpunkt der Ausbildung des Klägers maßgeblichen Bestimmungen hätten den erfolgreichen Abschluss der Hauptschule und daneben den Nachweis der erforderlichen technischen Befähigung, etwa durch eine bestandene Gesellenprüfung in einem der jeweiligen Fachrichtung entsprechenden Handwerk, erfordert. Dementsprechend handele es sich bei der Ausbildung zum Fernmeldehandwerker um eine außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebene Ausbildung, deren nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt werden könne. 2. Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, "ob bei Beamten des mittleren technischen Dienstes, die ab 1980 in ein Beamtenverhältnis übernommen wurden und die keine mittlere Reife vorweisen konnten, eine vor 1980 durchgeführte Lehre als ruhegehaltfähige Dienstzeit anerkannt werden kann." Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr., u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Die von der Beschwerde der Sache nach aufgeworfene Frage nach dem für die Anwendung von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BeamtVG maßgeblichen Recht rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht. Denn sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts geklärt. Im Beamtenversorgungsrecht ist grundsätzlich das bei Eintritt des Versorgungsfalls geltende Recht maßgeblich (Urteile vom 25. August 2011 - BVerwG 2 C 22.10 - Buchholz 239.1 § 5 BeamtVG Nr. 20 Rn. 8 und vom 26. November 2013 - BVerwG 2 C 17.12 - IÖD 2014, 66 Rn. 7). Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der Fassung des am 25. März 2010 in Kraft getretenen Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012 (BGBl I S. 462) kann die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden. Wird aber die allgemeine Schulbildung durch eine andere Art der Ausbildung ersetzt, so steht diese nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG mit der Folge der Schulbildung gleich, dass diese Zeit nicht zu berücksichtigen ist. Die Frage, ob der betreffende Bewerber in das Beamtenverhältnis berufen werden kann (§ 7 BBG und § 7 BeamtStG), bestimmt sich nach den zum Zeitpunkt der Ernennung geltenden Bestimmungen, insbesondere den laufbahnrechtlichen Regelungen. Dagegen ist für die Frage der Berücksichtigung von Zeiten als ruhegehaltfähig nach Maßgabe von § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtVG das zur Zeit der jeweiligen Ausbildung maßgebliche Recht entscheidend. Welche Ausbildung im Sinne des § 12 Abs. 1 BeamtVG vorgeschrieben ist und ob sie eine in erster Linie geforderte allgemeine Schulbildung ersetzt, ergibt sich aus den laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung (Urteile vom 28. April 1983 - BVerwG 2 C 97.81 - Buchholz 235 § 28 BBesG Nr. 8 S. 12, vom 26. September 1996 - BVerwG 2 C 28.95 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 S. 4, vom 29. September 2005 - BVerwG 2 C 33.04 - Buchholz 239.2 § 23 SVG Nr. 4 Rn. 9 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 9.08 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17 Rn. 21 sowie Beschlüsse vom 20. Juli 1989 - BVerwG 2 B 33.88 - Rn. 4 und vom 5. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 103.11 - Rn. 11). Durch die Berücksichtigung der nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachten Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildungszeiten oder Zeiten praktischer hauptberuflicher Tätigkeiten sollen die Unterschiede ausgeglichen werden, die dadurch entstehen könnten, dass für einzelne Laufbahnen einer Laufbahngruppe eine längere Ausbildung als für andere Laufbahnen oder eine praktische hauptberufliche Tätigkeit vorgeschrieben ist. Auf diese Weise sollen Nachteile der Laufbahnverzögerung durch Erfüllung der vorgeschriebenen Laufbahnerfordernisse gegenüber solchen Beamten vermieden werden, die unmittelbar nach dem Schulabschluss in das Beamtenverhältnis eintreten und damit bereits von einem früheren Zeitpunkt an ruhegehaltfähige Dienstzeiten erwerben können. Entscheidend ist, dass der Beamte nicht in der Lage war, die durch die vorgeschriebene Ausbildung oder hauptberufliche Tätigkeit entstehende Verzögerung zu vermeiden, so dass auf die Vorschriften abzustellen ist, die zur Zeit der Ausbildung galten (Urteil vom 28. April 1983 a.a.O.). Dabei ist gerade in Bezug auf das Vorbringen der Beschwerde zu beachten, dass die Regelungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BeamtVG insoweit einheitlich anzuwenden sind. Die Frage, ob eine andere Art der Ausbildung die allgemeine Schulausbildung ersetzt (z.B. das Erfordernis des Realschulabschlusses durch den erfolgreichen Abschluss der Hauptschule sowie einer Berufsausbildung), darf deshalb nicht isoliert nach den zum Zeitpunkt der Berufung in das Beamtenverhältnis maßgeblichen Vorschriften beantwortet werden. 3. Zugunsten der Beklagten geht der Senat davon aus, dass mit der Beschwerde auch geltend gemacht wird, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts weiche im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab und beruhe auf dieser Abweichung. Auch diese Rüge führt nicht zur Zulassung der Revision. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass das Berufungsgericht in dem angefochtenen Urteil einen inhaltlich bestimmten, das Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, mit dem es einem Rechtssatz widersprochen hat, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Das ist der Fall, wenn das Berufungsgericht einen im zu entscheidenden Fall erheblichen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts nicht anwendet, weil es ihn für unrichtig hält (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14, vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 B 18.07 - Buchholz 235.1 § 69 BDG Nr. 1 Rn. 4 und vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 2 B 53.08 - juris Rn. 3). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Den in der Beschwerdebegründung angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts kann entgegen der Beschwerde nicht der abstrakte Rechtssatz entnommen werden, hinsichtlich der Frage, ob die allgemeine Schulausbildung durch eine andere Art der Ausbildung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG ersetzt werde, sei grundsätzlich auf das zum Zeitpunkt des Eintritts in die jeweilige Beamtenlaufbahn geltende Beamtenrecht und damit insbesondere auf die insoweit maßgeblichen Laufbahnvorschriften abzustellen. Die Urteile des Senats vom 19. September 1991 (- BVerwG 2 C 34.89 - Buchholz 240 § 28 BBesG sowie - BVerwG 2 C 37.89 - n.v.) betreffen die Festsetzung des Besoldungsdienstalters des jeweiligen Klägers und befassen sich mit der Auslegung des § 28 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung des Bundesbesoldungsgesetzes vom 13. November 1980 (BGBl I S. 2081). Die Zulassung der Revision wegen Divergenz setzt aber voraus, dass das Oberverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz mit einem widersprechenden Rechtssatz abgerückt ist. Das Urteil vom 26. September 1996 (- BVerwG 2 C 28.95 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 S. 4 f.) entspricht in Bezug auf die Bewertung der vom Kläger des dortigen Verfahrens absolvierten Lehre als nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG nicht zu berücksichtigende Ausbildungszeit entgegen der Annahme der Beschwerde den oben dargelegten Grundsätzen. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, dass diese Lehre zusammen mit dem erfolgreichen Abschluss der Volksschule den nach den zum Zeitpunkt der beruflichen Ausbildung maßgeblichen laufbahnrechtlichen Vorschriften regelmäßig geforderten Mittelschulabschluss ersetzte. Auch im Beschluss vom 5. Dezember 2011 (- BVerwG 2 B 103.11 - Rn. 11) hat der Senat auf die laufbahnrechtlichen Regelungen abgestellt, die zum Zeitpunkt der Ableistung der Ausbildung für die Übertragung des ersten statusrechtlichen Amtes maßgeblich waren. Die Beschwerde zieht auch den Senatsbeschluss vom 13. Januar 1992 (- BVerwG 2 B 90.91 -) heran. Dieser betrifft zwar § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 BeamtVG und nimmt auch ausdrücklich Bezug auf die oben angeführten Senatsurteile vom 19. September 1991 (- BVerwG 2 C 34.89 sowie BVerwG 2 C 37.89 -). Dem Beschluss ist aber keine ausdrückliche Stellungnahme zu der Frage zu entnehmen, ob es für die Vorbildungsvoraussetzungen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Absolvierung der Lehre oder auf den Rechtszustand zum Zeitpunkt der Berufung in das Probebeamtenverhältnis ankommt. Aus dem Beschluss des VGH Mannheim vom 25. April 1991 (- 11 S 2509/89 -), der Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 13. Januar 1992 ist, kann aber wohl entnommen werden, dass der Senat tatsächlich die Rechtslage zum Zeitpunkt der Berufung in das Beamtenverhältnis als maßgeblich angesehen hat. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 13. Januar 1992 hinsichtlich des Zugangs zu den Laufbahnen des mittleren Dienstes auf § 17 Nr. 1 BBG in der Fassung des am 1. September 1976 in Kraft getretenen Zweiten Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 18. August 1976 (BGBl I S. 2209) abgestellt ("mindestens der Abschluss der Realschule"). Nach dem Beschluss des VGH Mannheim hatte der dortige Kläger, ein Lokomotivführer, seine Lehre zum Elektroinstallateur aber bereits in der Zeit von Dezember 1974 bis Ende Januar 1976 absolviert. Dennoch scheidet die Zulassung der Revision wegen Divergenz aus. Eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor, wenn das Berufungsgericht einer Rechtsansicht entgegengetreten ist, die das Bundesverwaltungsgericht zwar in der Vergangenheit vertreten hat, inzwischen aber nicht mehr vertritt (Beschluss vom 5. Mai 1999 - BVerwG 4 B 35.99 - NVwZ 2000, 65 f.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl., § 132 Rn. 18). Die Zulassung der Revision wegen Divergenz dient der Wahrung und Erhaltung der Rechtseinheit. Diese Rechtseinheit ist aber nicht mehr gefährdet, wenn die Entscheidung, von der abgewichen wird, zwischenzeitlich überholt ist (Urteil vom 11. April 2002 - BVerwG 4 C 4.01 - BVerwGE 116, 169 <173> = Buchholz 310 § 127 VwGO Nr. 11 S. 7). Dies ist auch gegeben, wenn das Revisionsgericht die vereinzelte, seiner früheren Spruchpraxis widersprechende Rechtsprechung wieder aufgegeben hat und nunmehr wieder in Übereinstimmung mit der früheren ständigen Rechtsprechung entscheidet. So liegt es hier. Der Senat hat nach seinem Beschluss vom 13. Januar 1992 mehrfach, übereinstimmend mit der früheren ständigen Rechtsprechung entschieden, dass die laufbahnrechtlichen Regelungen zur Zeit der Ableistung der jeweiligen Ausbildung maßgeblich sind (Urteile vom 26. September 1996 - BVerwG 2 C 28.95 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 S. 4, vom 29. September 2005 - BVerwG 2 C 33.04 - Buchholz 239.2 § 23 SVG Nr. 4 Rn. 9 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 9.08 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17 Rn. 21 und Beschluss vom 5. Dezember 2011 - BVerwG 2 B 103.11 - Rn. 11).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020262&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020263
BVerwG
5. Senat
20140325
5 C 13/13
Urteil
§ 11 Abs 1 S 2 AufenthG, § 18a Abs 1 Nr 7 AufenthG, § 25a Abs 1 S 1 AufenthG, § 60a Abs 2 S 1 AufenthG, § 60a Abs 4 AufenthG, § 77 Abs 1 S 1 AufenthG, § 104 Abs 1 S 1 AufenthG, § 2 Abs 1 Nr 1 BAföG, § 2 Abs 1a Nr 1 BAföG, § 7 Abs 1 Nr 1 BAföG, § 8 Abs 2a BAföG, § 32 Abs 1 BeschV 2013, § 32 Abs 2 BeschV 2013, § 10 BeschVerfV, § 59 Abs 2 SGB 3
vorgehend VG Stuttgart, 15. Januar 2013, Az: 11 K 1711/12, Urteil
DEU
Bewilligung von Ausbildungsförderung für ausländischen Straftäter; geduldeter Aufenthalt
1. Ein Ausländer hält sich auch dann im Sinne des § 8 Abs. 2a BAföG geduldet im Bundesgebiet auf, wenn die Ausländerbehörde es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm eine Duldung zu erteilen. 2. Wurden einem Ausländer pflichtwidrig Duldungen nicht erteilt, so kann dieser den Nachweis, sich im Sinne des § 8 Abs. 2a BAföG seit mindestens vier Jahren ununterbrochen geduldet im Bundesgebiet aufgehalten zu haben, durch eine entsprechende Bescheinigung der Ausländerbehörde führen. 3. Wegen der § 8 Abs. 2a BAföG zugrunde liegenden Integrationserwartung verleiht die Bestimmung demjenigen keinen Anspruch, der im Sinne des § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG verurteilt worden ist.
Der im September 1978 geborene Kläger ist eigenen Angaben zufolge russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Er begehrt für den Zeitraum von April 2012 bis Juli 2012 die Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Seiner Darstellung zufolge reiste er im September 2001 in das Bundesgebiet ein. Im Februar 2002 wurde er wegen versuchten Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Im April 2002 wurde er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Da sich das Russische Generalkonsulat in der Folge weigerte, dem Kläger ein Reisedokument auszustellen, war und ist seine Abschiebung tatsächlich unmöglich. Im Juli 2006 wurde er wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer weiteren Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Während der Verbüßung dieser Strafhaft wurde sein Aufenthalt zunächst "faktisch geduldet". Erst am 26. Juli 2010 wurde ihm auf seinen Antrag hin eine auf ein Jahr befristete Duldung erteilt, die in der Folge verlängert wurde. Zum September 2011 wurde der Kläger zur schulischen Ausbildung in die Oberstufe der Technischen Oberschule S. aufgenommen. Im gleichen Monat beantragte er für den Zeitraum von September 2011 bis Juli 2012 Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2012 ab. Der Widerspruch des zwischenzeitlich aus der Strafhaft entlassenen Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 22. Februar 2012 zurückgewiesen. Im März 2012 bestätigte die Ausländerbehörde dem Kläger, dass sich dieser seit über vier Jahren im Status der Duldung befinde, ihm während der Haftzeit zwar keine Duldungsbescheinigungen ausgestellt worden seien, er in diesem Zeitraum jedoch faktisch geduldet worden sei. Hierauf beantragte der Kläger im April 2012, den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 zurückzunehmen. Nachdem die Beklagte ein Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt hatte, hat er am 23. Mai 2012 Klage mit dem Ziel erhoben, ihm für seine Ausbildung an der Technischen Hochschule in S. ab April 2012 Ausbildungsförderung zu bewilligen. Am 9. Juli 2012 hat er überdies Klage erhoben mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 26. Januar 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Mit Bescheid vom 2. Januar 2013 hat die Beklagte den Rücknahmeantrag abgelehnt. Der Kläger hat die Einbeziehung dieses Bescheides in das Klageverfahren und in der Sache beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihm antragsgemäß Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch der Technischen Oberschule S. für den Zeitraum von April 2012 bis Juli 2012 in gesetzlicher Höhe zu gewähren und den Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 2013 aufzuheben, soweit dieser dem entgegenstehe. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Bescheide vom 26. Januar 2012 und 22. Februar 2012 lägen nicht vor, da der Kläger die persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Ausbildungsförderung nicht erfülle. Er sei nicht der Gruppe der von § 8 Abs. 2a BAföG erfassten geduldeten Ausländern zuzurechnen. Der Umstand, dass inhaftierte Ausländer, auch wenn ihnen eine Duldungsbescheinigung nicht erteilt werde, ausländerrechtlich als faktisch geduldet gälten, genüge ausbildungsförderungsrechtlich nicht. Die Entstehungsgeschichte des § 8 Abs. 2a BAföG mache deutlich, dass die Vorschrift nur solche geduldeten Ausländer einbeziehe, die gut integriert seien. Dabei habe der Gesetzgeber maßgeblich auch den Gedanken der Straffreiheit in den Blick genommen (§ 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG). Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Begehren weiter. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 2a BAföG setze den Besitz einer Duldungsbescheinigung voraus, finde im Gesetz keine Stütze. Die Erwägungen in den Gesetzesmaterialien hätten sich im Gesetzestext nicht niedergeschlagen. Er wäre rechtsschutzlos, sähe § 8 Abs. 2a BAföG das Erfordernis des Besitzes einer förmlichen Duldung für die Dauer von vier Jahren vor, da die Norm erst zum 1. Januar 2009 in Kraft getreten sei, weshalb für ihn jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden habe, die Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung zu beantragen. Zudem würde er gegenüber einem nichtinhaftierten geduldeten Ausländer in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise benachteiligt. Wer in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht sei, dürfe nicht schlechter gestellt werden als jemand, der aus Gründen nicht abgeschoben werden könne, die er selbst zu vertreten habe. Eine Gleichbehandlung sei ferner insoweit geboten, als Ausländer, denen wiederkehrend Duldungsbescheinigungen ausgestellt würden, nicht mehr Vertrauen in einen weiteren Inlandsaufenthalt entwickeln könnten als faktisch geduldete inhaftierte Ausländer. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die zulässige Revision des Klägers, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die Beklagte hat, soweit es den Zeitraum von April 2012 bis Juli 2012 betrifft, im Ergebnis zu Recht sowohl die Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 (1.) als auch die Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch der Technischen Oberschule S. (2.) abgelehnt. 1. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Rücknahme der Bescheide vom 26. Januar 2012 und 22. Februar 2012 folgt weder aus § 44 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - i.d.F. der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl I S. 130), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juli 2013 (BGBl I S. 2749), - SGB X - (a) noch aus § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB X (b). a) Die Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt worden ist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Für die unrichtige Anwendung des Rechts im Sinne des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X genügt ein objektiver Rechtsverstoß (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1983 - 2 RU 77/82 - InfAuslR 1984, 145), was nach dem zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Ausgangsverwaltungsakts maßgebenden Recht zu beurteilen ist (vgl. BSG, Urteile vom 3. April 2001 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 <81> und vom 7. September 2006 - B 4 RA 43/05 R - BSGE 97, 94 <Rn. 55>). Die Ablehnung von Ausbildungsförderung mit Bescheid vom 26. Januar 2012 war rechtmäßig. Der erstrebten Bewilligung von Leistungen nach Maßgabe von § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1a Nr. 1 des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) i.d.F. vom 24. Oktober 2010 (BGBl I S. 1422), im hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854), steht entgegen, dass der Kläger nicht die persönlichen Voraussetzungen einer Förderung erfüllt. Er gehört nicht dem von § 8 Abs. 2a BAföG erfassten Personenkreis an. Nach dieser Norm wird geduldeten Ausländern (§ 60a des Aufenthaltsgesetzes), die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, Ausbildungsförderung geleistet, wenn sie sich seit mindestens vier Jahren ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Allerdings verstößt die Annahme des Verwaltungsgerichts, ein Ausländer, der lediglich "faktisch geduldet" werde, halte sich nicht im Sinne des § 8 Abs. 2a BAföG geduldet im Bundesgebiet auf, gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) (aa). Auf diesem Verstoß beruht das Urteil indes nicht, da das Verwaltungsgericht zutreffend auch angenommen hat, ein Anspruch auf Ausbildungsförderung scheide wegen der Verurteilungen des Klägers zu Freiheitsstrafen aus (bb). aa) Im streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum vom 1. April 2012 bis zum 31. Juli 2012 erfüllte der Kläger die Voraussetzung eines mindestens vierjährigen ununterbrochenen geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet. § 8 Abs. 2a BAföG nimmt § 60a des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), im hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl I S. 3044) bzw. vom 1. Juni 2012 (BGBl I S. 1224), auch im Zusammenhang mit dem Erfordernis eines vierjährigen geduldeten Aufenthalts in Bezug. Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist und ihm keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Erteilung der Duldung bedarf der Schriftform (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen (§ 60a Abs. 4 AufenthG). Hier lagen die materiellen Voraussetzungen einer Duldung vor, weil die Abschiebung des Klägers wegen der Weigerung der Auslandsvertretung der Russischen Förderation, ihm ein Reisedokument auszustellen, tatsächlich unmöglich war. Zwar wurden dem Kläger (schriftliche) Duldungen erst ab dem 26. Juli 2010 erteilt. Jedoch konnte er in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 25. Juli 2010 die Erteilung einer Duldung beanspruchen. Dieser Zeitraum ist im Rahmen des § 8 Abs. 2a BAföG als geduldeter Aufenthalt zu berücksichtigen. Ein Ausländer hält sich nämlich auch dann im Sinne des § 8 Abs. 2a BAföG geduldet im Bundesgebiet auf, wenn die Ausländerbehörde es pflichtwidrig unterlassen hat, ihm eine Duldung zu erteilen und er die Voraussetzungen für die Erteilung in einer den Anforderungen der Massenverwaltung genügenden Weise nachgewiesen hat. Das ist hier der Fall. (1) Die Auslegung der § 8 Abs. 2a BAföG ergibt, dass die Voraussetzung eines geduldeten Aufenthalts auch für einen Zeitraum erfüllt ist, in dem dem Ausländer eine Duldung hätte erteilt werden müssen. Der Wortlaut des § 8 Abs. 2a BAföG ist insoweit offen. Mangels einer ausdrücklichen Bezugnahme auf das Schriftformerfordernis des § 77 Abs. 1 Satz 1 AufenthG lässt er es zu, seinen Anwendungsbereich auch in den Fällen als eröffnet anzusehen, in denen der Ausländer (lediglich) die materiellen Voraussetzungen einer Duldung erfüllt, ohne dass ihm eine solche schriftlich erteilt worden ist. Aus grammatikalischer Sicht kann die Bestimmung aber auch dahin verstanden werden, dass eine schriftliche Duldung erteilt sein muss. Rückschlüsse auf die Auslegung des § 8 Abs. 2a BAföG lassen sich auch nicht aus der Interpretation der entsprechenden Merkmale in der Parallelnorm des § 59 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (Art. 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl I S. 594), geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854), - SGB III - ziehen. Dies gilt gleichermaßen für das systematische Verhältnis zu § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG und § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG. In diesen Bestimmungen wird ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis u.a. an einen mehrjährigen geduldeten Aufenthalt geknüpft. Soweit dies dahin verstanden wird, dass auch solche Zeiten einbezogen werden, in denen der Ausländer die materiellen Duldungsvoraussetzungen erfüllte, ihm hingegen eine Duldung nicht erteilt wurde, ist dies das Ergebnis einer Auslegung jener Bestimmungen (vgl. Burr, in: Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz - GK-AufenthG -, Stand: Januar 2014, § 25a AufenthG Rn. 4, und Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, a.a.O., § 104a AufenthG Rn. 15, jeweils m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2013, § 25a Rn. 2 und § 104a AufenthG Rn. 7). Dieses kann nicht zwingend auf § 8 Abs. 2a BAföG übertragen werden. Auch die historisch-genetische Auslegung des § 8 Abs. 2a BAföG weist nicht zwingend darauf hin, dass nur Zeiten zu berücksichtigen sind, in denen eine förmliche Duldung erteilt wurde. Sinn und Zweck der Bestimmung gebieten es hingegen, auch solche Zeiträume in Ansatz zu bringen, in denen dem Ausländer von der Ausländerbehörde pflichtwidrig eine Duldung nicht erteilt wurde. Der allgemeine Zweck der Bestimmung liegt darin, auch jungen geduldeten Ausländern den Zugang zur Ausbildung durch finanzielle Sicherung ihres Lebensunterhalts zu erleichtern (vgl. BTDrucks 16/10914 S. 7 f. und 9; BTPlenprot 16/187, Stenografischer Bericht S. 20175 C und 20176 A). Im Rahmen dieser Zwecksetzung kommt dem Erfordernis eines geduldeten Aufenthalts seit mindestens vier Jahren vornehmlich die Funktion zu, in verwaltungspraktikabler Weise sicherzustellen, dass sich der Ausländer in dem genannten Zeitraum im Bundesgebiet aufgehalten hat und er nicht "untergetaucht" war oder sich in anderer Weise dem ausländerrechtlichen Verfahren entzogen hat. Der Zweck des § 8 Abs. 2a BAföG darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Ausländerbehörde bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG pflichtwidrig die Erteilung einer das Schriftformerfordernis wahrenden Duldung unterlässt. Anderenfalls hätte sie es entgegen dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck des § 8 Abs. 2a BAföG in der Hand, durch pflichtwidriges Unterlassen einer Amtshandlung die Erfüllung der Förderungsvoraussetzungen zu vereiteln. Deshalb ist § 8 Abs. 2a BAföG dahin auszulegen, dass er auch dann einen Anspruch auf Ausbildungsförderung verleiht, wenn die Ausländerbehörde von einer (schriftlichen) Duldung abgesehen hat, obwohl sie eine solche hätte erteilen müssen. Sind die materiellen Voraussetzungen einer Aussetzung der Abschiebung gegeben, hat der Ausländer einen Anspruch auf Erteilung einer förmlichen Duldung. Eine stillschweigende - "faktische" - Aussetzung der Abschiebung anstelle der förmlichen Duldung sieht das Aufenthaltsgesetz nicht vor (vgl. Urteile vom 25. September 1997 - BVerwG 1 C 3.97 - BVerwGE 105, 232 <236> = Buchholz 402.240 § 55 AuslG Nr. 2 S. 5 f. und vom 21. März 2000 - BVerwG 1 C 23.99 - BVerwGE 111, 62 <65> = Buchholz 402.240 § 55 AuslG Nr. 7 S. 3; BVerfG, Kammerbeschluss vom 6. März 2003 - 2 BvR 397/02 - NVwZ 2003, 1250 <1251>). (2) Die Feststellungslast für das Bestehen eines seit mindestens vier Jahren ununterbrochenen geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet trägt der Ausländer. Den Darlegungsanforderungen in einem Verfahren der Massenverwaltung genügt er in der Regel durch die Vorlage ausländerrechtlicher Dokumente oder Bescheinigungen (vgl. BTDrucks 16/5172 S. 19 zu § 8 Abs. 2 BAföG-E). Eine dem Gebot der Praktikabilität im Gesetzesvollzug entsprechende Nachweisführung wird in den Fällen der förmlichen Duldung durch die Vorlage der gemäß § 60a Abs. 4 AufenthG zu erstellenden Duldungsbescheinigung ermöglicht (Nr. 8.2a.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz vom 15. Oktober 1991 (GMBl S. 770), zuletzt geändert durch Verordnung vom 29. Oktober 2013 (GMBl S. 1094); Fischer, in: Rothe/Blanke; BAföG, 5. Aufl., Stand: April 2012, § 8 Rn. 53). Wurden einem Ausländer pflichtwidrig Duldungen nicht erteilt, so kann der in Rede stehende Nachweis insbesondere durch eine entsprechende Bescheinigung der Ausländerbehörde geführt werden. (3) Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen liegen hier die Voraussetzungen eines mindestens vierjährigen geduldeten Aufenthalts im Bundesgebiet vor. Soweit dem Kläger Duldungen erteilt wurden, hat er diese vorgelegt. Die materiellen Voraussetzungen einer Duldung waren - wie aufgezeigt - auch für die Zeit vom 1. April bis zum 25. Juli 2012 erfüllt. Insoweit durfte es die Ausländerbehörde nicht bei einer "faktischen Duldung" belassen, sondern hätte die Abschiebung förmlich aussetzen müssen. Das Vorliegen der materiellen Duldungsvoraussetzungen für diesen Zeitraum hat der Kläger durch Vorlage der am 14. März 2012 von der Ausländerbehörde ausgestellten Bescheinigung nachgewiesen. Aus dieser ergibt sich, dass sich der Kläger auch in dem hier in Rede stehenden Zeitraum im "Status der Duldung" befand. bb) Der Kläger erfüllt wegen seiner strafrechtlichen Verurteilungen gleichwohl nicht die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2a BAföG. Die Bestimmung ist im Wege der teleologischen Reduktion insoweit einzuschränken. Die Befugnis der Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten unter anderem dann zu, wenn diese nach ihrer grammatikalischen Fassung Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (vgl. Urteil vom 9. Februar 2012 - BVerwG 5 C 10.11 - BVerwGE 142, 10 = Buchholz 454.710 § 14 WoGG <n.F.> Nr. 1, jeweils Rn. 15 m.w.N.). Ob eine planwidrige Gesetzeslücke als Voraussetzung einer teleologischen Reduktion vorliegt, ist nach dem Plan des Gesetzgebers zu beurteilen, der dem Gesetz zugrunde liegt (Urteil vom 16. Mai 2013 - BVerwG 5 C 28.12 - NJW 2013, 2775 <Rn. 9> m.w.N.). Liegt eine solche Lücke vor, ist sie durch Hinzufügung einer dem gesetzgeberischen Plan entsprechenden Einschränkung zu schließen. So verhält es sich hier. § 8 Abs. 2a BAföG erweist sich insoweit als planwidrig, als er keine Einschränkung dahin enthält, dass Ausländer, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat im Sinne des § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, dem Anwendungsbereich der Bestimmung nicht unterfallen. § 8 Abs. 2a BAföG geht auf das Gesetz zur arbeitsmarktadäquaten Steuerung der Zuwanderung Hochqualifizierter und zur Änderung weiterer aufenthaltsrechtlicher Regelungen (Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz) vom 20. Dezember 2008 (BGBl I S. 2846) zurück. Dieses Regelungswerk dient der teilweisen Umsetzung des Aktionsprogramms der Bundesregierung "Beitrag der Arbeitsmigration zur Sicherung der Fachkräftebasis in Deutschland" vom 16. Juli 2008 (http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/aktionsprogramm-arbeitsm igration-fachkraeftebasis.pdf). Nach diesem Programm (S. 2 und 5) soll der steigende Bedarf an Fachkräften dadurch gedeckt werden, dass vor allem die Potenziale derjenigen jungen Ausländerinnen und Ausländer genutzt werden, "die durch Integration im Inland mit der deutschen Kultur vertraut sind und hier ihre Ausbildung absolvieren ('Bildungsinländer/innen')". Dieses Anliegen bezieht sich ausdrücklich auf junge geduldete Ausländerinnen und Ausländer. An diese Erwägung knüpft die Begründung des Entwurfs des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes, in dem § 8 Abs. 2a BAföG ursprünglich nicht enthalten war, an und hebt hervor, dass der Zweck verfolgt werde, einen Beitrag zur langfristigen Deckung des Fachkräftebedarfs dadurch zu leisten, dass aufenthaltsrechtliche Erleichterungen für solche jungen geduldeten Ausländerinnen und Ausländer geschaffen würden, "die durch Integration im Inland mit der deutschen Kultur vertraut sind" (vgl. BTDrucks 16/10288 S. 8). Vor diesem Hintergrund drängt es sich auf, dass der Gesetzgeber solche geduldeten Ausländer begünstigen wollte, deren Aufenthalt zumindest die Erwartung rechtfertigt, dass sie sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen werden. Diese Zielgruppe hat auch nicht dadurch eine Erweiterung erfahren, dass im parlamentarischen Ausschussverfahren der federführende Innenausschuss des Deutschen Bundestages auf Antrag der Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD empfahl, den Entwurf des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes unter anderem um die Einfügung des § 8 Abs. 2a BAföG zu ergänzen. Diese Empfehlung zielte darauf, den in dem Aktionsprogramm vorgesehenen erleichterten Zugang junger geduldeter Ausländer zu einer Ausbildung durch eine Erweiterung des Ausbildungsförderungsrechts zu flankieren (BTDrucks 16/10914 S. 7 f.). Geduldete Ausländer mit einem Aufenthalt von mindestens vier Jahren in Deutschland sollten denjenigen Ausländern gleichgestellt werden, die über eine der in § 8 Abs. 2 Nr. 2 BAföG genannten Aufenthaltserlaubnisse verfügen (BTDrucks a.a.O.). Die durch das Aktionsprogramm initiierten Verbesserungen für Geduldete sollten "im Ausbildungsförderungsrecht gespiegelt" werden (BTPlenprot 16/187, Stenografischer Bericht S. 20176 <A>). Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Zweck des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes, diejenigen Geduldeten zu begünstigen, bei denen zumindest die Erwartung einer erfolgreichen Integration gehegt werden kann, für § 8 Abs. 2a BAföG keine Geltung beansprucht. Das Verfahren bietet keinen Anlass abschließend darüber zu befinden, bei welchen Fallgestaltungen die Integrationsprognose nicht gerechtfertigt ist. Dies ist jedenfalls anzunehmen, wenn der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Das entspricht der vom Gesetzgeber in § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG getroffenen Wertung. Diese ist auch im Zusammenhang mit § 8 Abs. 2a BAföG zu berücksichtigen. § 18a AufenthG ist - wie § 8 Abs. 2a BAföG - Gegenstand des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes und deshalb ebenfalls von dem Zweck getragen, Erleichterungen für junge geduldete Ausländer, bei denen jedenfalls eine positive Integrationserwartung gerechtfertigt ist, zu schaffen. Da § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG eine Fallgestaltung beschreibt, bei der dieser Zweck aus Sicht des Gesetzgebers nicht erreicht wird, erweist es sich als planwidrig, dass § 8 Abs. 2a BAföG eine solche Einschränkung nicht enthält. Deshalb ist es geboten, die Bestimmung im Wege teleologischer Reduktion dahin einzuschränken, dass ihr Anwendungsbereich in Fällen des § 18a Abs. 1 Nr. 7 AufenthG nicht eröffnet ist. Mit Blick darauf mag es auf sich beruhen, ob die Gewährung von Ausbildungsförderung in einem solchen Fall überhaupt geeignet wäre, den Zugang dieses Ausländers zum Arbeitsmarkt mittelbar zu erleichtern (vgl. § 10 der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung <Beschäftigungsverfahrensverordnung - BeschVerfV> vom 22. November 2004 <BGBl I S. 2934>, im hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. November 2011 <BGBl I S. 2258> bzw. vom 1. Juni 2012 <BGBl I S. 1224>; § 32 Abs. 1 und 2 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern <Beschäftigungsverordnung> i.d.F. vom 6. Juni 2013 <BGBl I S. 1499>). Ebenfalls ohne Belang ist, dass unabhängig von dem Abschluss einer (Schul-)Ausbildung der Erteilung eines Aufenthaltstitels etwa nach § 18a AufenthG die Sperre des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht. Gemessen daran gehört der Kläger dem von § 8 Abs. 2a BAföG begünstigten Personenkreis nicht an, weil er wegen versuchten Diebstahls mit Waffen in Tateinheit mit gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt wurde. b) Die Beklagte war auch nicht nach § 44 Abs. 2 SGB X verpflichtet, den Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2012 zurückzunehmen. Nach dieser Norm ist im Übrigen ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise zurückzunehmen. In Anknüpfung an die Ausführungen zu a) fehlt es bereits an einer rechtswidrigen Versagung von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. 2. Aus den unter 1. dargelegten Gründen war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz für den Besuch der Technischen Oberschule S. zu gewähren.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020263&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020264
BVerwG
8. Senat
20140416
8 B 46/13
Beschluss
Art 6 Abs 1 GG, Art 6 Abs 2 GG, Art 6 Abs 4 GG, Art 6 Abs 5 GG, Art 3 Abs 1 GG
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 27. Mai 2013, Az: 9 S 1038/11, Urteil
DEU
Hinterbliebenenrentenanspruch in nichtehelicher Lebensgemeinschaft
Die gegen diese Entscheidung erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 27.06.2014 - 1 BvR 1446/14 - nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass seiner nichtehelichen Lebensgefährtin, die die beiden gemeinsamen, im Haushalt der Eltern lebenden Kinder betreut, nach seinem Ableben ein Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente wie einer Witwe gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1, § 25 und § 28 Abs. 1 Nr. 1 der Satzung des Beklagten vom 29. November 1991 (VwS) zusteht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die dagegen erhobene Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Anders als die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nur in Betracht, wenn die Entscheidung von einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage abhängt, die dem revisiblen Recht zugehört und der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Da die satzungsrechtliche Regelung der Hinterbliebenenrente nach § 137 Abs. 1 VwGO dem irrevisiblen Recht zuzuordnen ist, ist eine Grundsatzfrage des revisiblen Rechts nicht schon mit dem Vortrag bezeichnet, das Berufungsgericht habe die Satzungsvorschrift grundgesetzwidrig ausgelegt (vgl. Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49). Vielmehr muss dargetan werden, dass der bundesverfassungsrechtliche Maßstab selbst grundsätzlicher Klärung bedarf (Pietzner/Buchheister, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. 2, Stand Mai 2010, § 132 Rn. 43 m.w.N.). Daran fehlt es, wenn die aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sich anhand der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lassen (vgl. Beschluss vom 24. August 1999 - BVerwG 4 B 72.99 - BVerwGE 109, 268 <270> = Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 228 S. 13). Soweit der Kläger sich auf Art. 6 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 GG beruft, formuliert er keine bestimmte verfassungsrechtliche Auslegungsfrage, sondern wiederholt lediglich sein Berufungsvorbringen, ohne sich mit der einschlägigen bundesverfassungsgerichtlichen, im Berufungsurteil zitierten Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Im Übrigen ergibt sich aus dieser Rechtsprechung ohne Weiteres, dass der grundrechtliche Schutz der Familie (Art. 6 Abs. 1 GG) und das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht gebieten, den Witwenrentenanspruch auf eine nichteheliche Lebenspartnerin zu erstrecken. Die versorgungsrechtliche Ungleichbehandlung nichtehelicher Lebenspartner ist wegen des Fehlens einer der Ehe oder der eingetragenen Lebenspartnerschaft vergleichbaren rechtlichen Bindung mit langfristigen wechselseitigen, rechtlich verbindlichen Unterhalts- und Einstandspflichten durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Dies gilt auch, soweit sie nichteheliche Lebensgemeinschaften mit gemeinsamen Kindern betrifft (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. November 2004 - 1 BvR 684/98 - BVerfGE 112, 50 <65 f.>, vom 7. Juli 2009 - 1 BvR 1164/07 - BVerfGE 124, 199 <221 ff.> und vom 17. November 2010 - 1 BvR 1883/10 - NJW 2011, 1663 <Rn. 11 f.>). Ebenso ist geklärt, dass Art. 6 Abs. 4 und 5 GG den Normgeber nicht verpflichten, einen Anspruch auf Witwenrente auch für nichteheliche Mütter vorzusehen. Die versorgungsrechtliche Ungleichbehandlung nichtehelicher Lebenspartner beschränkt sich nicht auf nichteheliche Mütter und knüpft nicht an die Mutterschaft an. Gleiches gilt im Übrigen für die versorgungsrechtliche Benachteiligung hinterbliebener nichtehelicher Väter gegenüber den Witwern. Die Verpflichtung zur Gleichstellung nichtehelicher Kinder begünstigt nur diese und nicht auch deren Eltern (BVerfG, Beschluss vom 17. November 2010 a.a.O. Rn. 12). Außerdem dient der Anspruch auf Witwenrente nach der berufungsgerichtlichen Auslegung der irrevisiblen Satzungsregelungen, an die der Senat im Revisionsverfahren nach § 137 Abs. 1 VwGO gebunden wäre, gerade nicht der Kompensation des Ausfalls eines Anspruchs auf Betreuungsunterhalt (zur Maßgeblichkeit der Anknüpfung vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 9. November 2004 a.a.O. S. 70 vor 4. und vom 2. Mai 2012 - 1 BvL 20/09 - BVerfGE 131, 1 <19 f.>). Die Witwenrente soll vielmehr den Ausfall des Unterhalts für den überlebenden Partner selbst ausgleichen. Klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Fragen bezüglich der Pflichtmitgliedschaft in der Beklagten wirft die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht auf. Soweit der Kläger geltend macht, als Gegenleistung für seinen Beitrag eine angemessene Versorgung seiner Familie verlangen zu können, übersieht er, dass die Hinterbliebenenrenten nach der berufungsgerichtlichen Auslegung der irrevisiblen Satzungsregelungen dazu bestimmt sind, ausfallende Unterhaltsleistungen zu ersetzen, nicht jedoch, nicht unterhaltsberechtigte Personen abzusichern. Dagegen ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020264&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020265
BVerwG
4. Senat
20140408
4 B 5/14
Beschluss
§ 35 Abs 3 S 1 Nr 7 BauGB
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 31. Oktober 2013, Az: 1 B 13.794, Urteil
DEU
Anforderungen an die Befürchtung einer Splittersiedlungsverfestigung
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. 1. Das Beschwerdevorbringen ergibt nicht, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen wäre. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 1. Februar 2011 - BVerwG 7 B 45.10 - juris Rn. 15). Daran fehlt es hier. Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob bei der Beurteilung eines Vorhabens im Außenbereich, welches entsprechend den Maßstäben des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB als Baulücke einzustufen ist, eine negative Vorbildwirkung auf in unmittelbaren Anschluss benachbarte Grundstücke, deren Bebauung die planungsbefugte Gemeinde beabsichtigt, im Zuge der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans von bisher planerisch bedeutsamer Grünfläche in 'Wohnbaufläche' darzustellen, ausüben kann." Die Frage bedarf zunächst der Auslegung. Der Klägerin geht es offensichtlich darum, klären zu lassen, ob von einer negativen Vorbildwirkung eines Bauvorhabens im Außenbereich und damit von einer Verfestigung bzw. Erweiterung einer Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) auch dann auszugehen ist, wenn die unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstücke nach einer von der Gemeinde bereits eingeleiteten, aber noch nicht abgeschlossenen Änderung des Flächennutzungsplans zukünftig als Wohnbauflächen dargestellt werden sollen. In dieser Form wäre die Frage zwar einer allgemeinverbindlichen Klärung zugänglich. Sie führt gleichwohl nicht zur Zulassung der Revision, weil sie auf einen Sachverhalt abstellt, den der Verwaltungsgerichtshof so nicht festgestellt hat. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs führt das klägerische Vorhaben zu einer unerwünschten Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung. Der Grund hierfür liege in der weitreichenden negativen Vorbildwirkung, die das Bauvorhaben auf die drei unmittelbar benachbarten Grundstücke (FlNr. 496/8, 496 und 498/3) sowie auf das Grundstück FlNr. 498 besitze. Auf diesen vier Grundstücken sei das Bauvorhaben der Klägerin geeignet, den Wunsch nach weiterer Wohnbebauung entstehen zu lassen bzw. zu verstärken. Dieser ließe sich dort aufgrund der Größe und des Zuschnitts der Grundstücke sowie der Situierung der Bestandsgebäude ohne weiteres erfüllen, wenn auch auf dem Grundstück FlNr. 498/3 erst nach Abriss der in seinem nördlichen Teil vorhandenen Garage mit Nebengebäude (UA S. 8, 9). Ferner stellt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass im Zuge der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans beabsichtigt sei, die Bebauung entlang der Straße A und der Straße B (Nr. 14 - 20) als Wohnbaufläche darzustellen (UA S. 9; Niederschrift über den Ortstermin vom 24. Oktober 2013, GA S. 80). An diese mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen ist der Senat gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Folglich ist davon auszugehen, dass allenfalls die Grundstücke FlNr. 496 und 496/8 zukünftig als Wohnbauflächen dargestellt werden, es jedoch bei den Grundstücken FlNr. 498/3 und 498 bei der Darstellung "Grünfläche" verbleibt. Im Übrigen lässt sich die umstrittene Rechtsfrage, ohne dass es hierfür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf, auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung ohne weiteres beantworten (z.B. Beschlüsse vom 13. März 1992 - BVerwG 4 B 39.92 - NVwZ 1993, 268 = juris Rn. 11 und vom 12. Juli 2012 - BVerwG 4 B 13.12 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 214 Rn. 3). Nach der Rechtsprechung des Senats reicht es für den Tatbestand des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung aus, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen (Verfestigung einer Splittersiedlung) versagt würde, mit der Genehmigung also ein sog. Berufungsfall geschaffen würde (vgl. etwa Urteil vom 19. April 2012 - BVerwG 4 C 10.11 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 386 = juris Rn. 22). Mit der Versagung der Genehmigung soll bereits "den Anfängen gewehrt" werden (Beschluss vom 2. September 1999 - BVerwG 4 B 27.99 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 340 = juris Rn. 6; siehe auch Urteile vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 C 72.74 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 123 = juris Rn. 21 und vom 25. Januar 1985 - BVerwG 4 C 29.81 - Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 223 = juris Rn. 11). Dabei kommt es für die Beurteilung der Frage, ob die Genehmigung eines Vorhabens im Außenbereich im Hinblick auf eine Vorbildwirkung für weitere Bauvorhaben zur Verfestigung einer Splittersiedlung führt, nicht auf eine abschließende bebauungsrechtliche Prüfung zu "befürchtender" Folgevorhaben, insbesondere nicht auf die Prüfung einer etwaigen Beeinträchtigung anderer öffentlicher Belange durch ein Folgevorhaben, an (Beschluss vom 2. September 1999 a.a.O. = juris Rn. 8). Das gilt in gleicher Weise für den Tatbestand des Befürchtens der Erweiterung einer Splittersiedlung. Der öffentliche Belang der Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung wird nicht dadurch entkräftet, dass der Entwurf eines Flächennutzungsplans den Teil des Grundstücks als Baufläche darstellt, den der Bauherr bebauen will, denn Darstellungen eines Flächennutzungsplans haben unmittelbar keine solche positive Wirkung, sondern allenfalls Indizwirkung für tatsächliche, die Kraft öffentlicher Belange abschwächende Umstände (Urteil vom 25. Januar 1985 a.a.O. juris Rn. 12). Der dem klägerischen Vorhaben entgegenstehende öffentliche Belang der Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung entfällt folglich nicht dadurch, dass Teile der Umgebungsbebauung zukünftig als Wohnbauflächen dargestellt werden sollen; er verliert - wenn überhaupt - allenfalls an Gewicht. Das gilt umso mehr, als die intendierte Änderung des Flächennutzungsplans noch gar nicht wirksam oder - als frühest denkbarer Zeitpunkt - zumindest "planreif" ist (vgl. Urteil vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 356 = juris Rn. 31). Einen darüber hinaus gehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. 2. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Klägerin legt nicht dar, dass das angefochtene Urteil von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 und vom 13. Juli 1999 - BVerwG 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. a) Die behauptete Divergenz zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 1990 - BVerwG 4 C 6.87 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 261) liegt schon deshalb nicht vor, weil diese Entscheidung zur Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 BauGB nicht ausdrücklich genannten öffentlichen Belangs des Umfangs bzw. des Maßes der baulichen Nutzung eines Außenbereichsvorhabens ergangen ist, während es vorliegend um die Frage der Beeinträchtigung des in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB genannten öffentlichen Belangs der Erweiterung und Verfestigung einer Splittersiedlung durch das klägerische Vorhaben geht. b) Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs weicht auch nicht von dem Urteil vom 26. Mai 1967 - BVerwG 4 C 25.66 - (BVerwGE 27, 137 = Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 41) ab. Der Senat hat in dieser Entscheidung zwar ausgesprochen, dass bei der Anwendung des § 35 BBauG/BauGB die Lage eines Grundstücks in unmittelbaren Anschluss an den Geltungsbereich eines Bebauungsplans nicht gänzlich außer Betracht bleiben dürfe (a.a.O. - juris Rn. 15). Eine Divergenz zu diesem Rechtssatz scheidet aber schon deshalb aus, weil das Grundstück der Klägerin nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) nicht an einen durch Bebauungsplan überplanten Bereich angrenzt. Die Nachbargrundstücke sind nicht überplant und im Flächennutzungsplan des Beigeladenen derzeit als planerisch bedeutsame Grünflächen dargestellt. Einen Rechtsgrundsatz, wonach "ein Baugrundstück, das sich nach tatsächlicher Betrachtung als Baulücke darstellt, über eine besondere Lage verfügt, welche bei einer Genehmigung des Vorhabens die Bebauung auch der sonst benachbarten oder in der Nähe belegenen Grundstücke als Folgewirkung ausschließt oder doch jedenfalls nicht ernstlich erwarten lässt", hat der Senat im Urteil vom 26. Mai 1967 (a.a.O.) nicht aufgestellt. Bei den fraglichen Ausführungen, auf die die Beschwerde offensichtlich abstellt (a.a.O. - juris Rn. 16), handelt es sich nicht um einen Rechtssatz, sondern um die Rechtsanwendung in dem konkreten Fall.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020265&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020267
BVerwG
4. Senat
20140513
4 B 38/13
Beschluss
§ 34 Abs 1 S 1 BauGB, § 23 BauNVO
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 13. März 2013, Az: OVG 10 B 4.12, Urteil vorgehend VG Berlin, 20. April 2012, Az: 13 K 25.11
DEU
Bestimmung des Begriffs "nähere Umgebung" für die Kriterien in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB
Bestimmung des Begriffs "nähere Umgebung" für die Kriterien in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB
Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die benachbarten Grundstücke der Klägerin und der Beigeladenen befinden sich in einem Stadtviertel mit einer gründerzeitlichen, in der Regel fünfgeschossigen straßenseitigen Blockrandbebauung. Ein Bebauungsplan besteht nicht. Der Beklagte erteilte der Beigeladenen im November 2009 die streitgegenständliche Baugenehmigung für einen Seitenflügel nebst Quergebäude, der im rückwärtigen Teil ihres Grundstücks an die bestehende Blockrandbebauung anschließt und an der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Klägerin belegen ist. Das Vorhaben soll über sechs, in ihrer Ausdehnung gestaffelte Geschosse verfügen. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Baugenehmigung aufgehoben (Urteil vom 13. März 2013 - OVG 10 B 4.12 - DÖV 2013, 948 <Ls.>; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. November 2010 - OVG 10 S 31.10 - OVGE BE 31, 204 = LKV 2010, 567 = ZfBR 2011, 161 = BRS 76 Nr. 85), da das Vorhaben die Vorschrift über die Abstandsflächen (§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BauO Berlin) verletze. Namentlich dürfe die Beigeladene nicht nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze bauen (§ 6 Abs. 1 Satz 3 BauO Berlin). Das Vorhaben füge sich entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Maßgeblich als nähere Umgebung sei allein der südliche Teil des Straßengevierts, in dem eine rückwärtige Bebauung mit einem mehrgeschossigen Seitenflügel kein Vorbild finde, sich vielmehr eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche befinde. In der so bestimmten näheren Umgebung verlaufe hinter der Blockrandbebauung eine Baugrenze. Das Vorhaben der Beigeladenen überschreite diese Baugrenze und löse durch eine nicht auszuschließende Vorbildwirkung bodenrechtliche Spannungen aus. Die Beigeladene fordert im Kern, auch den nördlichen Teil des Straßengevierts als nähere Umgebung in den Blick zu nehmen. Dort befinden sich auch im rückwärtigen Teil der Grundstücke Seitenflügel. 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, die ihr die Beschwerde zumisst. a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen der Kreis für die maßgebliche Umgebung regelmäßig enger zu ziehen ist als hinsichtlich der Art der Nutzung, ferner, ob insofern der maßgebliche Umkreis hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen tendenziell kleiner zu ziehen ist als das Straßengeviert, in dem das Bauvorhaben liegt. Diese Fragen führen nicht zur Zulassung der Revision. Sie wären in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil sie nicht entscheidungserheblich sind (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Maßstabsbildend im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist die Umgebung, insoweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; Urteile vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380> = Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 63 S. 48, vom 21. November 1980 - BVerwG 4 C 30.78 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 79 S. 85 und vom 5. Dezember 2013 - BVerwG 4 C 5.12 - NVwZ 2014, 370 Rn. 10 - zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen). Dabei ist die nähere Umgebung für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (allg. Meinung, vgl. Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2197; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 21; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl. 2006, § 34 Rn. 26; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 3, Stand Oktober 2013, § 34 Rn. 25; Spannowsky, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 34 Rn. 32.3). Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart dieser näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen (Beschluss vom 6. November 1997 - BVerwG 4 B 172.97 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 188 S. 57). So hat der Senat zu § 34 BBauG angenommen, dass bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung "in der Regel" enger zu begrenzen sein werde als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25 S. 58). Mit dem in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB verwendeten Begriff der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die konkrete Größe der Grundfläche der baulichen Anlage und ihre räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint. Es geht also um den Standort im Sinne des § 23 BauNVO (Beschluss vom 28. September 1988 - BVerwG 4 B 175.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 128 S. 29). Die Instanzgerichte neigen dazu, hinsichtlich dieses Merkmals einen kleineren Umgriff der näheren Umgebung anzunehmen als bei der Art der baulichen Nutzung; dies gelte "in der Regel" (so OVG Magdeburg, Beschluss vom 4. Juli 2012 - 2 L 94/11 - BRS 79 Nr. 101; VGH München, Beschluss vom 25. April 2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18 und Urteil vom 7. März 2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22; VGH Mannheim, Urteil vom 23. September 1993 - 8 S 1281/93 - juris Rn. 22 und Beschluss vom 15. Dezember 2005 - 5 S 1847/05 - juris Rn. 8) oder "im Regelfall" (OVG Bautzen, Beschluss vom 29. Dezember 2010 - 1 A 710/09 - juris Rn. 6; OVG Münster, Urteile vom 16. November 2001 - 7 A 1143/00 - juris Rn. 29 und vom 9. September 2010 - 2 A 508/09 - juris Rn. 37). Hiervon geht auch das Oberverwaltungsgericht aus ("in der Regel", UA S. 16). Ob diese Annahme "im Regelfall" oder - bezogen auf das Straßengeviert "tendenziell" - zutrifft, ist nicht entscheidungserheblich. Denn sie bezeichnet nur einen gedanklichen Ausgangspunkt, der jedenfalls von einer Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im Einzelfall nicht entbindet, wie sie das Oberverwaltungsgericht hier vorgenommen hat (UA S. 17 ff.) und die sich rechtsgrundsätzlicher Klärung entzieht. Hinzu tritt, dass der von der Beschwerde zum Vergleich herangezogene Umgriff der näheren Umgebung im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzungen sich ebenfalls nur im Einzelfall, aber nicht rechtsgrundsätzlich bestimmen lässt, da er unter anderem von der Art der jeweiligen baulichen Nutzung abhängt. Soweit die Beschwerde als Bezugspunkt das "Straßengeviert" benennt, scheidet eine rechtsgrundsätzliche Klärung schon wegen der Vielgestaltigkeit solcher Straßengevierte aus. b) Die Beschwerde wirft als grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen auf, ob die maßgebliche nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die überbaubaren Grundstücksflächen auf einen (sowohl hinsichtlich absoluter Maße als auch hinsichtlich der Relation zur übrigen Bebauung im Straßengeviert) kleinen Bereich, welcher nur das Baugrundstück und dessen unmittelbare Umgebung umfasst, reduziert sein kann, wenn sich die daran anschließende Bebauung allein im Hinblick auf die dort verwirklichten Bebauungstiefen unterscheidet, hieran anschließend, ob unter den genannten Voraussetzungen eine "städtebauliche Zäsur" wegen andersartiger "baulicher Struktur" angenommen werden kann. Diese Fragen würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Abgrenzung der näheren Umgebung nicht allein auf die im nördlichen Bereich vorhandene Bebauungstiefe abgestellt, sondern auch darauf verwiesen, dass die Bereiche durch eine relativ hohe fünfgeschossige Bebauung im Blockinnern optisch vollständig voneinander getrennt seien (UA S. 19). Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. c) Die Beschwerde sieht grundsätzlichen Klärungsbedarf für die Frage, ob es bei der Auslegung des Begriffs der "näheren Umgebung" im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB und der dabei erforderlichen Ermittlung, was sich auf das Baugrundstück noch "prägend" auswirkt, allein auf den Blickwinkel eines (stehenden) Menschen ankommt oder ob - zumindest ergänzend - ein Blickwinkel von oben (Vogelperspektive) erforderlich ist. Die Frage ist geklärt, soweit sie rechtsgrundsätzlich klärungsfähig ist. Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie eingebettet ist, nur an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen (Urteil vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 138 S. 55). Dies kann auf die Abgrenzung der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB übertragen werden (Beschluss vom 20. August 1998 - BVerwG 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 S. 76). Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden (Beschluss vom 3. Dezember 2008 - BVerwG 4 BN 26.08 - BRS 73 Nr. 91 Rn. 3), die ein Bild "von oben" vermitteln. Dabei kann die für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB kennzeichnende wechselseitige Beeinflussung auch über ein den optischen Zusammenhang unterbrechendes Hindernis noch eintreten (Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 127 S. 27). Hiervon ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen, das seine tatrichterliche Würdigung auch auf einen Lageplan (UA S. 4) und ein Luftbild (UA S. 17) stützt. Ob eine wechselseitige Beeinflussung trotz einer, vom Standpunkt eines stehenden Menschen nicht überwindbaren optischen Trennung vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, die eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht rechtfertigt. d) Die Beschwerde will weiter rechtsgrundsätzlich klären lassen, ob die nach § 34 Abs. 1 BauGB bestehende Bebauungsmöglichkeit eines Grundstücks durch eine in der Umgebung vorhandene Bebauung eingeschränkter sein kann, als wenn diese Bebauung nicht vorhanden wäre. Die Frage rechtfertigt ebenfalls nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten. Maßgebend für die nähere Umgebung, in die sich das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, einfügen muss, ist die vorhandene Bebauung. Aus ihr ist der Rahmen abzuleiten, zu dem das Vorhaben in einer bestimmten Beziehung stehen muss (stRspr; Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380, 385 ff.>). Es ist nicht angängig - wie es der Beschwerde offensichtlich vorschwebt -, bei der in der näheren Umgebung vorhandenen Bebauung danach zu unterscheiden, ob sie Bebauungsmöglichkeiten eröffnet oder einschränkt. e) Schließlich zeigt die Beschwerde auch mit der Frage, ob bei der Bestimmung der hinteren Baugrenze ein deutlich wahrnehmbares Gebäude der Hauptnutzung als nicht prägend außer Acht gelassen werden kann, nur weil es deutlich kleiner ist als die Gebäude in der unmittelbaren Umgebung, keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf. Aus der Betrachtung der näheren Umgebung sind solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt (Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322 <325> und Beschluss vom 16. Juni 2009 - BVerwG 4 B 50.08 - BRS 74 Nr. 95 Rn. 6; stRspr). Von diesen Rechtsgrundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 18). Die Beschwerde erschöpft sich in einem Angriff auf dessen tatrichterliche Bewertung. 2. Die Divergenzrügen nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision. a) Die behauptete Divergenz zu den Urteilen vom 13. Juni 1969 - BVerwG 4 C 80.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 21) und vom 18. Oktober 1974 - BVerwG 4 C 77.73 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45) ist nicht hinreichend bezeichnet. Diesem Erfordernis ist nur genügt, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Nach den von der Beschwerde angeführten Urteilen des Senats kann die Frage, ob etwas nach der vorhandenen Bebauung unbedenklich ist, nicht allein nach der Bebauung eines Grundstücks oder nur ganz weniger Grundstücke bestimmt werden (Urteil vom 13. Juni 1969 a.a.O. S. 38). Es darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch "prägend" auf dasselbe einwirkt (Urteil vom 18. Oktober 1974 a.a.O. S. 114). Wie auch die Beschwerde anerkennt, hat sich das Oberverwaltungsgericht der Rechtsprechung des Senats ausdrücklich angeschlossen (UA S. 16). Sie meint indes, der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts den (unausgesprochenen) Rechtssatz entnehmen zu können, dass auch ein derart kleiner Umgebungsumgriff grundsätzlich die "nähere Umgebung" innerhalb eines deutlich größeren Bebauungszusammenhangs darstellen könne und die über das Baugrundstück und dessen unmittelbare Nachbargrundstücke hinausgehende Umgebung allein wegen insoweit andersartiger Bebauung ausgeklammert werden könne (Beschwerdebegründung S. 5). In der Sache wendet sich die Beschwerde gegen die tatrichterliche Annahme, der nördliche Teil des Straßenblocks wirke infolge der optischen Trennung und der unterschiedlichen baulichen Strukturen nicht mehr prägend für das Grundstück der Beigeladenen. Die damit erhobene Rüge einer fehlerhaften Subsumtion führt indes nicht zur Annahme einer Divergenz (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). b) Die geltend gemachte Divergenz zum Urteil vom 19. September 1969 - BVerwG 4 C 18.67 - (Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 25) liegt ebenfalls nicht vor. Die in Bezug genommenen Ausführungen des Senats (a.a.O. S. 57 f.) sind nicht divergenzfähig, weil sie die dortige Entscheidung nicht tragen (vgl. Beschluss vom 3. April 1996 - BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269 S. 28; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 132 Rn. 36). 3. Die Verfahrensrügen führen nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Zulassung der Revision. Die als Aufklärungsrügen erhobenen Rügen verfehlen die Darlegungsanforderungen. Eine Aufklärungsrüge muss substantiiert dartun, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (Beschluss vom 8. Juli 2009 - BVerwG 4 BN 12.09 - juris Rn. 6 f. <insoweit nicht veröffentlicht in BRS 74 Nr. 230>; stRspr). Die erhobenen Aufklärungsrügen beschränken sich darauf, vorgebliche Ermittlungsdefizite aufzuzeigen, benennen aber nicht substantiiert, welche Aufklärungsmaßnahmen die Beigeladene noch für geeignet und erforderlich hält. Die Rügen müssten aber auch hiervon unabhängig ohne Erfolg bleiben. a) Die Beschwerde meint, der Einbeziehung des südlichen Teils des Grundstücks K.-straße 44 in die nähere Umgebung des Vorhabengrundstücks im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche (UA S. 15) widerspreche es, dieses Grundstück bei der Herleitung einer faktischen Baugrenze nicht einzubeziehen (UA S. 21). Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, die dem materiellen Recht zuzuordnen ist (Beschluss vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4; stRspr), bezeichnet aber keine Verletzung der Aufklärungspflicht. b) Die Beschwerde rügt weiter, das Oberverwaltungsgericht habe die Wirkung des Geländesprungs von 2 m im südlichen Teil des Straßengevierts und der darauf befindlichen Ziegelmauer sowie der Bebauung des Grundstücks K.-straße 44 durch eine Remise und einen Seitenflügel fehlerhaft gewürdigt. Das Oberverwaltungsgericht hat diese Verhältnisse seinem Urteil zu Grunde gelegt (UA S. 18, 19, 21). Dass es sie rechtlich anders bewertet als die Beigeladene, führt nicht auf einen Verfahrensfehler. c) Die Beschwerde meint, das Oberverwaltungsgericht habe unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht angenommen, es sei in der Umgebung jenseits des Straßengevierts des Vorhabengrundstücks nicht "mehr oder weniger gang und gäbe", dass in den von der Blockrandbebauung umschlossenen Flächen Seitenflügel oder Quergebäude mit Hauptnutzungen stehen (UA S. 19). Das Oberverwaltungsgericht hat indes aus den Feststellungen zu den Blockinnenbereichen zweier Straßenviertel in der Umgebung gefolgert, eine Blockinnenbebauung in der Umgebung sei nicht "mehr oder weniger gang und gäbe". Einer weiteren Aufklärung zu anderen Straßenvierteln bedurfte es nach der für die Beurteilung des Vorliegens eines Verfahrensfehlers maßgeblichen materiell-rechtlichen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht (vgl. Urteil vom 14. Januar 1998 - BVerwG 11 C 11.96 - BVerwGE 106, 115 <119>). d) Die Beigeladene meint, das Oberverwaltungsgericht habe Unterlagen zu den Gründen für die Beseitigung von Seitenflügeln in der Vergangenheit fehlerhaft beurteilt. Damit wendet sie sich gegen die tatrichterliche Würdigung, ohne einen Verfahrensfehler zu bezeichnen. e) Die unter 8. erhobene Rüge bezeichnet keinen Verfahrensfehler. f) Die Beschwerde vermisst eine Aufklärung darüber, welche Grundstücke in der näheren Umgebung überbaubare Innenhofflächen aufweisen. Es ist aber weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit dieser Umstand nach der materiellen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts von Bedeutung gewesen sein könnte. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Abgrenzung der näheren Umgebung unter anderem auf die Baustruktur im südlichen Teil des Straßengevierts abgestellt, wo eine grundstücksübergreifende, im räumlichen Zusammenhang stehende, nicht bebaute Grundstücksfläche vorhanden sei. Diese werde durch die straßenseitige Blockrandbebauung mit einer großen, im Wesentlichen nicht überbauten Freifläche im Blockinnern geprägt (UA S. 17 f.). Hiervon ausgehend kam es nicht auf die Frage an, welche einzelnen Grundstücke über eine bebaubare Grundstücksfläche im straßenabgewandten Grundstücksteil verfügen. g) Die Beschwerde sieht schließlich die gerichtliche Aufklärungspflicht verletzt, weil das Oberverwaltungsgericht angenommen habe, eine Vorbildwirkung des streitgegenständlichen Vorhabens sei nicht auszuschließen (UA S. 28). Im Hinblick auf das Flurstück 92 wendet sie sich (erneut) gegen die materiell-rechtliche Auffassung des Oberverwaltungsgerichts zum Umgriff der näheren Umgebung. Ihr weiterer Hinweis, die derzeitige Bebauung des Flurstücks 94 schließe eine Errichtung von Seitenflügeln aus, zieht die vom Oberverwaltungsgericht angenommene Vorbildwirkung für mögliche Veränderungen der Bebauung auf diesem Grundstück nicht in Zweifel.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020267&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020268
BVerwG
2. Senat
20140430
2 A 8/13
Urteil
Art 267 Abs 3 AEUV, § 30 BBG, § 33 BBG, § 21 BeamtStG, § 7 BUrlG, Art 7 Abs 2 EGRL 88/2003, § 125 SGB 9
DEU
Zum Zusammenhang zwischen Veranlassung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und finanzieller Abgeltung nicht genommenen Urlaubs
Zum Zusammenhang zwischen Veranlassung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und finanzieller Abgeltung nicht genommenen Urlaubs
Die auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassene Klägerin beansprucht die finanzielle Abgeltung ihres krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs. Von Anfang Januar 2009 bis Ende März 2012 stand die Klägerin als Regierungsrätin zur Anstellung (BesGr A 13 BBesO) im Dienst der Beklagten. In diesem Zeitraum war die Klägerin in der Personalverwaltung des Bundesnachrichtendienstes (BND) tätig. Bei der Klägerin ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt. Von Anfang März 2011 bis Ende März 2012 war die Klägerin dienstunfähig krankgeschrieben. Mit Ablauf des 31. März 2012 wurde sie auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Im Jahr 2011 nahm sie sieben Urlaubstage in Anspruch, im Jahr 2012 hatte die Klägerin keinen Urlaub. Im Juli 2012 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Abgeltung ihres nicht in Anspruch genommenen Urlaubs unter Einschluss des Schwerbehindertenzusatzurlaubs. Im August 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus: Der vom EuGH angenommene Abgeltungsanspruch setze die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichens der Regelaltersgrenze oder die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit voraus. In diesen Fällen sei der Urlaubsanspruch zu sichern, weil der Beamte diesen wegen des Ruhestands nicht mehr habe realisieren können. Diese Schutzfunktion sei aber in den Fällen nicht geboten, in denen der Beamte seinen nicht verbrauchten Urlaub auf eigenes Betreiben hin nicht mehr antreten könne. Die Beendigung des Dienstverhältnisses durch Entlassung auf eigenen Antrag stelle den typischen Fall einer solchen Maßnahme dar. Ohne den Entlassungsantrag hätte die Klägerin ihren Jahresurlaub in natura nehmen können. Am 9. September 2013 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt: Nach der Rechtsprechung des EuGH zum Abgeltungsanspruch sei es unerheblich, aus welchem Grund das Beschäftigungsverhältnis beendet worden sei. Auch der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sei vom Dienstherrn abzugelten. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 4 651,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 1. April 2012 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Hintergrund des Anspruchs auf Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs sei, dass dem Beschäftigten nicht jeder Genuss des Urlaubsanspruchs verwehrt bleiben solle. Im Gegensatz zu dem vom EuGH entschiedenen Fall sei der Klägerin die Inanspruchnahme ihres Urlaubs nicht unmöglich gewesen. Denn die Klägerin sei auf eigenen Wunsch aus dem Dienst ausgeschieden. Hätte die Klägerin nicht ihre Entlassung beantragt, hätte sie noch die Möglichkeit gehabt, den ihr zustehenden Jahresurlaub in Anspruch zu nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die dem Senat vorliegende Verwaltungs- und Personalakte verwiesen.
Die Klage, für die der Senat nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO erst- und letztinstanzlich zuständig ist, ist überwiegend begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin zur Abgeltung des in den Jahren 2011 und 2012 nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs 3 466,26 € zu zahlen. In Bezug auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 125 SGB IX ist die Klage mangels einer Anspruchsgrundlage unbegründet. 1. Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf Abgeltung des von ihr krankheitsbedingt nicht in Anspruch genommenen Mindestjahresurlaubs ist Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl EU Nr. L 299 S. 9; im Folgenden: RL 2003/88/EG). Nach der für die nationalen Gerichte verbindlichen Auslegung des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG durch den EuGH haben auch Beamte aufgrund dieser nach Ablauf der Umsetzungsfrist unmittelbar anwendbaren Bestimmung grundsätzlich einen Anspruch auf Abgeltung des von ihnen nicht in Anspruch genommenen Mindestjahresurlaubs von vier Wochen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 - Rs. C- 337/10, Neidel - ABl EU 2012, Nr. C 174 S. 4 = NVwZ 2012, 688; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - BVerwG 2 C 10.12 - NVwZ 2013, 1295 Rn. 10 ff.). Eine Ausnahme vom Anwendungsbereich der RL 2003/88/EG nach Maßgabe ihres Art. 1 Abs. 3 liegt angesichts der Tätigkeit der Klägerin in der Personalverwaltung des BND nicht vor (Urteil vom 15. Dezember 2011 - BVerwG 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Die Beendigung des Beamtenverhältnisses der Klägerin durch ihre antragsgemäße Entlassung nach § 33 BBG ist eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sämtliche Umstände, die die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis, d.h. insbesondere die Dienstleistungspflicht des Arbeitnehmers sowie die Entgeltpflicht des Arbeitgebers, beenden, so dass der Arbeitnehmer keinen bezahlten Jahresurlaub mehr nehmen kann (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 - Rs. C- 350/06 und C- 520/06, Schultz-Hoff - Slg. 2009, I-179 Rn. 56 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 29; BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 12). Da es danach für den Begriff der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG nicht darauf ankommt, auf wessen Veranlassung das Dienstverhältnis beendet worden ist oder in wessen Verantwortungsbereich der jeweilige Beendigungsgrund fällt, erfüllen sämtliche Beendigungsgründe der § 30 BBG und § 21 BeamtStG dieses Merkmal der Anspruchsgrundlage. Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck des Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft, von dem nicht abgewichen werden darf und den die zuständigen nationalen Stellen nur in den in der maßgeblichen Richtlinie selbst ausdrücklich gezogenen Grenzen umsetzen dürfen. Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bezweckt es, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 22 f. und 54 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 28 jeweils m.w.N.). Der Anspruch auf Jahresurlaub und der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts sind zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Durch das Erfordernis der Zahlung des Urlaubsentgelts soll der Arbeitnehmer während des Jahresurlaubs in eine Lage versetzt werden, die in Bezug auf das Entgelt mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist (EuGH, Urteile vom 16. März 2006 - Rs. C- 131/04 und C-257/04, Robinson-Steele - Slg. 2006, I-2531 Rn. 58 und vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 60). Wird das Arbeitsverhältnis beendet, ist es dem Arbeitnehmer nicht mehr möglich, tatsächlich bezahlten Jahresurlaub zu nehmen. Um zu verhindern, dass dem Arbeitnehmer wegen dieser Unmöglichkeit jeder Genuss des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub, selbst in finanzieller Form, verwehrt wird, sieht Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG vor, dass der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hat (EuGH, Urteile vom 20. Januar 2009 a.a.O. Rn. 56 und vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 29). Der Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Frage, ob auch die antragsgemäße Entlassung einer Beamtin nach § 33 BBG als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Sinne von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG anzusehen ist, bedarf es nach den Vorgaben des EuGH (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - Rs. C- 283/81, Cilfit - Slg. 1982, 3417, 3426 Rn. 16, stRspr) nicht. Ausgehend von der Rechtsprechung des EuGH zu dem aus Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG abgeleiteten Abgeltungsanspruch ist die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Beantwortung der Frage bleibt. Weder aus dem Unionsrecht noch aus den innerstaatlichen beamtenrechtlichen Vorschriften ergab sich für die bis zu ihrer Entlassung durchgehend dienstunfähig erkrankte Klägerin die Obliegenheit, ihren Entlassungsantrag nach § 33 BBG so weit hinauszuschieben, dass sie ihren Mindesturlaub im Sinne von Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG noch während ihres aktiven Dienstes nehmen konnte. Es bleibt bei der gesetzlichen Regelung des § 33 Abs. 2 Satz 1 BBG, wonach die Entlassung jederzeit verlangt werden kann. Der unionsrechtliche Abgeltungsanspruch nach Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG ist aber auf den Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG beschränkt. Die Arbeitszeitrichtlinie stellt lediglich Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf und überlässt es den Mitgliedstaaten, den Beamten weitergehende Ansprüche auf Urlaub und dessen Abgeltung einzuräumen (EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 a.a.O. Rn. 35 f.). Für den Anspruch auf Abgeltung des nicht genommenen Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bietet das innerstaatliche Recht für Beamte keine Grundlage. § 7 Abs. 4 BUrlG, der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Grundlage auch für die Abgeltung dieses Urlaubs ist (BAG, Urteil vom 23. März 2010 - 9 AZR 128/09 - BAGE 134, 1 Rn. 73 und 85), ist auf Beamte nicht anwendbar (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 8). 2. Für das Jahr 2011 standen der Klägerin bei einem Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen nach Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG und einer 5-Tage-Woche 20 Urlaubstage zu. In diesem Jahr hat die Klägerin sieben Tage Urlaub genommen, so dass für dieses Jahr noch 13 Tage abzugelten sind. Für das Kalenderjahr 2012, in dem die Klägerin keinen Erholungsurlaub genommen hat, errechnet sich wegen der Entlassung der Klägerin aus dem Dienst mit Ablauf des 31. März 2012 ein anteiliger Urlaubsanspruch von fünf Tagen. Bei der Berechnung des Betrags, der dem Beamten für jeden nicht genommenen Urlaubstag als Abgeltung zusteht, ist auf die Besoldung abzustellen, die der Beamte in den letzten drei Monaten vor der Beendigung des aktiven Beamtenverhältnisses erhalten hat. Der Beschäftigte soll das Arbeitsentgelt erhalten, das er bekommen hätte, wenn er den Urlaub während seiner aktiven Dienstzeit genommen hätte (Urteil vom 31. Januar 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.). Aus den Bruttobezügen der Klägerin in den Monaten Januar bis März 2012 in Höhe von 12 517,25 € errechnet sich bei 13 Wochen sowie einer regelmäßigen Arbeitszeit von fünf Tagen pro Woche ein gerundeter Tagessatz von 192,57 €. Bei 18 auszugleichenden Tagen ergibt sich ein Betrag von 3 466,26 €. Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen hat die Klägerin nicht. Denn einen allgemeinen Grundsatz, der zur Zahlung von Verzugszinsen im öffentlichen Recht verpflichtet, gibt es nicht (Urteile vom 15. März 1989 - BVerwG 7 C 42.87 - BVerwGE 81, 312 <317 f.> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 7 S. 6 f., vom 18. Mai 1994 - BVerwG 11 A 1.92 - BVerwGE 96, 45 <59> = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 11 S. 12, vom 24. Januar 2007 - BVerwG 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 = Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 20 <jeweils Rn. 63>, vom 28. Juni 2011 - BVerwG 2 C 40.10 - USK 2011, 147 Rn. 11 und vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 = Buchholz 237.4 § 76 HmbBG Nr. 3 <jeweils Rn. 46 f.>). Sofern, wie hier, das einschlägige Fachrecht keine abweichenden Regelungen enthält, können allerdings nach den auch im Verwaltungsprozess anwendbaren Vorschriften des § 291 Satz 1 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB Rechtshängigkeitszinsen verlangt werden. Hinsichtlich des Anspruchs auf finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Mindestjahresurlaubs sind auch die Voraussetzungen für die Zahlung von Rechtshängigkeitszinsen erfüllt (Urteil vom 26. Juli 2012 a.a.O. Rn. 47). Diese Geldschuld ist in der Weise konkretisiert, dass ihr Umfang rechnerisch unzweifelhaft ermittelt werden kann.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020268&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020269
BVerwG
2. Senat
20140327
2 C 50/11
Urteil
§ 2 BBesG, § 6 BBesG, § 72a BBesG, § 44 BBG, § 45 BBG, § 46 BBG, § 27 BeamtStG, § 26 BeamtStG, § 29 BeamtStG, § 2 DBezZuschlV BW, Art 125a Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 33 Abs 5 GG
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 16. Mai 2011, Az: 4 S 1003/09, Urteil vorgehend VG Stuttgart, 1. April 2009, Az: 3 K 1366/08, Urteil
DEU
Begrenzt dienstfähige Beamte müssen besser besoldet werden als im gleichen Umfang teilzeitbeschäftigte Beamte
Das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) und der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verbieten es, begrenzt dienstfähige Beamte wie teilzeitbeschäftigte Beamte zeitanteilig zu besolden. Geboten ist eine Orientierung an der Besoldung für Vollzeitbeschäftigte. Allerdings darf der Normgeber berücksichtigen, dass begrenzt dienstfähige Beamte objektiv nicht die volle Dienstleistung erbringen und einer unerwünschten Attraktivität des Instituts der begrenzten Dienstfähigkeit entgegenwirken.
Die Klägerin ist Lehrerin und steht als Studiendirektorin (Besoldungsgruppe A 15) in Diensten des beklagten Landes. Mit Bescheid vom 27. September 2007 wurde ihre Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit mit Wirkung vom 1. Oktober 2007 auf 15/25 Wochenstunden (= 60 %) herabgesetzt. Im Anschluss daran teilte ihr das Landesbesoldungsamt ihre zeitanteilig ermäßigten Dienstbezüge mit. Da diese deutlich höher waren als die Versorgungsbezüge, die sie bei Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit erhalten hätte, kam sie nicht in den Genuss des für begrenzt dienstfähige Beamte vorgesehenen Zuschlags zur Besoldung. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben und beantragt, das beklagte Land zu verurteilen, an sie 1 588,73 € für den Zeitraum von Oktober 2007 bis April 2008 zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass die ihr gezahlte Besoldung in diesem Zeitraum verfassungswidrig zu niedrig war. Mit diesem Klagebegehren ist sie in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung höherer Dienstbezüge für den Zeitraum von Oktober 2007 bis April 2008, weil sie der Aufzehrungsregelung der einschlägigen Verordnung unterfalle. Deren geltend gemachte Verfassungswidrigkeit sei im Rahmen des Leistungsantrags irrelevant, da keine höheren als die gesetzlich vorgesehenen Besoldungsleistungen zugesprochen werden könnten. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil die besoldungsrechtliche Gleichbehandlung von begrenzt dienstfähigen Beamten mit teilzeitbeschäftigten Beamten keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung sei. Beide Gruppen leisteten objektiv in beschränktem zeitlichen Umfang Dienst. Die bei begrenzt dienstfähigen Beamten fehlende Freiwilligkeit der Reduzierung der Arbeitszeit sei kein so wesentlicher Umstand, dass eine besoldungsrechtliche Gleichbehandlung der beiden Beamtengruppen verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Denn die Teildienstunfähigkeit des begrenzt dienstfähigen Beamten rühre aus seiner Sphäre her und er habe mit der fortbestehenden Dienstleistungsverpflichtung auch den Vorteil der fortbestehenden Integration ins Arbeitsleben. Die Klägerin hat die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt und beantragt, die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 16. Mai 2011 und des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. April 2009 sowie den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Besoldung und Versorgung vom 7. März 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin 1 588,73 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 7. April 2008 zu zahlen, hilfsweise, festzustellen, dass die der Klägerin gewährte Besoldung in der Zeit vom 1. Oktober 2007 bis 30. April 2008 insoweit zu niedrig ist, als ihr kein Zuschlag aufgrund ihrer begrenzten Dienstfähigkeit gewährt worden ist. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich des auf Zahlung höherer Dienstbezüge gerichteten Klagebegehrens unbegründet (1.). Hinsichtlich der hilfsweise beantragten Feststellung ist die Revision begründet. Das Urteil verletzt insoweit Bundesrecht, nämlich Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG (2.). 1. Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren auf Zahlung höherer Dienstbezüge ist unbegründet. Ein Zahlungsanspruch besteht nicht, weil der Beklagte die Dienstbezüge der Klägerin im Einklang mit den normativen Vorgaben festgesetzt hat. Besoldungsleistungen dürfen nur gewährt werden, wenn und soweit sie gesetzlich festgelegt sind (vgl. nur § 2 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG). Aufgrund des in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten besoldungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im besoldungsrelevanten Bereich gilt dies auch dann, wenn die Alimentation der Beamten, d.h. ihr Nettoeinkommen, verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt ist. Auch dann wird den Beamten zugemutet abzuwarten, bis der Gesetzgeber aufgrund einer verfassungsgerichtlichen Feststellung eine Neuregelung getroffen hat. Diese muss den Zeitraum ab der Feststellung der Verfassungswidrigkeit erfassen (stRspr; vgl. Urteile vom 20. Juni 1996 - BVerwG 2 C 7.95 - Buchholz 240 § 2 BBesG Nr. 8 S. 3 f. und zuletzt vom 27. Mai 2010 - BVerwG 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 Nr. 117 Rn. 8 m.w.N.). Im streitgegenständlichen Zeitraum von Oktober 2007 bis April 2008 galten für die Besoldung der baden-württembergischen Landesbeamten § 72a und § 6 Abs. 1 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), weil Baden-Württemberg von der insoweit seit dem 1. September 2006 bestehenden Gesetzgebungskompetenz für das Besoldungsrecht noch keinen Gebrauch gemacht hatte (Art. 125a Abs.1 Satz 1 GG, § 86 BBesG a.F.). Danach erhielt ein Beamter bei begrenzter Dienstfähigkeit Dienstbezüge wie ein teilzeitbeschäftigter Beamter, gegebenenfalls ergänzt durch einen durch Rechtsverordnung des Landes geregelten nicht ruhegehaltfähigen Zuschlag. Nach der baden-württembergischen Dienstbezügezuschlagsverordnung - DBZV BW - vom 6. November 2007 (GBl S. 490) bekamen begrenzt dienstfähige Beamte zusätzlich zu ihren laufenden Dienstbezügen einen nicht ruhegehaltfähigen Zuschlag in Höhe von fünf Prozent ihrer Dienstbezüge bei Vollzeitbeschäftigung, mindestens jedoch 220 € (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 DBZV BW). Allerdings verringerte sich nach § 2 Abs. 2 Satz 2 DBZV BW der Zuschlag um den Unterschiedsbetrag, wenn die entsprechend des Arbeitszeitanteils gezahlten Dienstbezüge höher waren als die fiktiven Versorgungsbezüge (sog. Aufzehrungsregelung). Die Arbeitszeit der Klägerin war aufgrund ihrer begrenzten Dienstfähigkeit auf 60 % reduziert. Bei Lehrern bemisst sich die Arbeitszeit nach der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung (vgl. Urteil vom 30. August 2012 - BVerwG 2 C 23.10 - BVerwGE 144, 93 = Buchholz 240 § 6 BBesG Nr. 29, jeweils Rn. 14 m.w.N.). Der ihr nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 DBZV BW an sich zustehende Zuschlag in Höhe von 248,20 € (5 % ihrer Vollzeitbezüge) wurde nach § 2 Abs. 2 Satz 2 DBZV BW vollständig aufgezehrt, weil er geringer war als die Differenz zwischen den fiktiven Versorgungsbezügen (2 292,97 €) und ihren nach ihrem Arbeitszeitanteil berechneten Dienstbezügen (2 999,46 €). Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine bloße Teilnichtigkeit des § 2 Abs. 2 Satz 2 DBZV BW - mit der Folge eines Zahlungsanspruchs allein aufgrund der verbleibenden Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 1 DBZV BW - nicht in Betracht. Trotz Nichtigkeit einer Teilregelung sind die verbleibenden normativen Regelungen dann rechtswirksam, wenn sie in ihrer Gesamtheit ein sinnvolles, anwendbares Regelwerk darstellen und der Verordnungsgeber dieses Regelwerk ohne den nichtigen Teil erlassen hätte und auch hätte erlassen können (BVerfG, Beschluss vom 7. September 2010 - 2 BvF 1/09 - BVerfGE 127, 165 <223>; BVerwG, Urteil vom 26. September 2012 - BVerwG 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 28). Hiernach scheidet die Annahme einer bloßen Teilnichtigkeit von § 2 Abs. 2 Satz 2 DBZV BW schon deshalb aus, weil der Verordnungsgeber die verbleibenden Zuschlagsregelungen nicht ohne eine Aufzehrungsregelung hätte erlassen dürfen. Die verbleibenden Zuschlagsregelungen hätten nämlich zur Folge, dass ein Teil der begrenzt dienstfähigen Beamten - nämlich solche mit nur einer geringen Minderung der Dienstfähigkeit - höher besoldet würden als vollzeitbeschäftigte Beamte, was gleichheitswidrig wäre (vgl. auch VGH München, Urteil vom 30. November 2009 - 14 B 06.2477 - juris Rn. 50). 2. Die Revision ist begründet, soweit die Klägerin festgestellt wissen will, dass ihre Besoldung im Zeitraum von Oktober 2007 bis April 2008 verfassungswidrig zu niedrig bemessen war. Der Verordnungsgeber war verpflichtet, begrenzt dienstfähigen Beamten einen Zuschlag zu gewähren, um eine gleichheitswidrige Benachteiligung gegenüber teilzeitbeschäftigten Beamten zu vermeiden und das erforderliche Alimentationsniveau sicherzustellen. Daher verletzt das Berufungsurteil Bundesverfassungsrecht, nämlich Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG. Der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es bleibt dem Gesetzgeber überlassen, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Die Ungleichbehandlung von Sachverhalten ist erst dann geboten, wenn eine am Gerechtigkeitsgedanken orientierte Betrachtungsweise ergibt, dass die Ungleichheiten so bedeutsam sind, dass ihnen Rechnung getragen werden muss. Dies setzt voraus, dass sich im Hinblick auf die Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Gleichbehandlung nicht finden lässt. Im Bereich des Besoldungsrechts hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum politischen Ermessens, innerhalb dessen er das Besoldungsrecht den tatsächlichen Notwendigkeiten und der fortschreitenden Entwicklung anpassen darf (Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <313> = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1 S. 4 m.w.N.). Nach dem in Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Alimentationsprinzip hat der Dienstherr dem Beamten und seiner Familie nach Dienstrang, Bedeutung des Amtes und entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Dienstbezüge, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung bilden die Voraussetzung dafür, dass sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der dem Berufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe beitragen kann, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern. Die Alimentation ist die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte ihm zur Verfügung stellt und seine Dienstpflichten nach Kräften erfüllt. Der Beamte verliert mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis grundsätzlich die Freiheit zu anderweitiger Erwerbstätigkeit, denn der Staat fordert die ganze Arbeitskraft des Beamten und damit seine volle Hingabe (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <263 f.> m.w.N.; stRspr). Das Alimentationsprinzip steht in einem engen Zusammenhang mit dem Lebenszeitprinzip, das ebenfalls eine integre, ausschließlich an Gesetz und Recht orientierte Amtsführung fördern soll, indem es den Beamten rechtliche und wirtschaftliche Sicherheit gibt. Alimentationsprinzip und Lebenszeitprinzip konstituieren das Beamtenverhältnis als ein auf Lebenszeit angelegtes Dienst- und Treueverhältnis und gewährleisten die amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54, jeweils Rn. 17 m.w.N.). Die Dienstbezüge sind anders als das Entgelt im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis kein Arbeitslohn für Arbeitsleistung innerhalb der Arbeitszeit, sie sind kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste in bestimmten Dienstzeiten (BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> m.w.N.). Dienstbezüge werden nicht als Entgelt für Einzelleistungen gewährt, sondern sollen sicherstellen, dass der Beamte seine Dienstleistung unter Beachtung der hierfür geltenden Pflichten erbringt. Ausgehend von diesen Maßstäben geht es im Streitfall um eine vor dem Hintergrund der Anforderungen des Alimentationsprinzips anzustellende vergleichende Betrachtung von zwei Gruppen: den aufgrund eigenen Antrags (also freiwillig) teilzeitbeschäftigten Beamten einerseits und den begrenzt dienstfähigen Beamten andererseits: Werden Beamten Dienstbezüge gewährt, die entsprechend der ermäßigten Arbeitszeit abgesenkt sind, kann die Alimentation ihren Zweck nicht erfüllen: Denn bei einer entsprechend der Arbeitszeit reduzierten Besoldung erreichen die betroffenen Beamten nicht das Einkommensniveau, das der Besoldungsgesetzgeber selbst als dem jeweiligen Amt angemessen eingestuft hat. Sie erhalten nicht das Einkommen, das als Grundlage wirtschaftlicher Unabhängigkeit für das konkrete Amt mit seiner Verantwortung und Bedeutung angesehen werden kann. Das kann bei der Teilzeitbeschäftigung deshalb hingenommen werden, weil sie im Interesse des Beamten und auf dessen Antrag hin gewährt wird. Das Merkmal der Freiwilligkeit bezüglich der Einschränkung von Arbeitszeit und Besoldung ist als funktionsadäquates Sicherungskriterium erforderlich. Der Beamte kann - gegebenenfalls auch in Ansehung des übrigen Familieneinkommens - selbst darüber entscheiden, ob und inwieweit er die Arbeitszeit reduzieren und dafür Einbußen bei der Besoldung in Kauf nehmen will oder ob er für die Sicherung eines angemessenen Unterhalts auf die volle Besoldung angewiesen ist. (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007, a.a.O. S. 269 f.). Während ein teilzeitbeschäftigter Beamter nur mit einem Teil seiner Arbeitskraft Dienst leistet, bringt der begrenzt dienstfähige Beamte seine Arbeitskraft ganz ein. Daher steht er dem in Art. 33 Abs. 5 GG verankerten Leitbild, wonach der Beamte dem Dienstherrn seine gesamte Persönlichkeit und volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen hat, zumindest erheblich näher (Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - a.a.O. S. 314 bzw. S. 5). Der Dienstherr bringt durch die Entscheidung, die nur noch begrenzt dienstfähigen Beamten nicht in den Ruhestand zu versetzen, sondern sie im Dienst zu belassen, zum Ausdruck, dass er auf ihre objektiv eingeschränkte, subjektiv aber volle Dienstleistung Wert legt. Daher darf er ihnen auch die zur Sicherung der unabhängigen Amtsführung gebotene Besoldung nicht vorenthalten. Der begrenzt dienstfähige Beamte hat nicht die Möglichkeit, es bei der Vollzeitbeschäftigung und damit bei der vollen Besoldung zu belassen oder später wieder Vollzeitbeschäftigung und -besoldung zu verlangen. Vom Ausnahmefall der substantiellen Verbesserung seiner gesundheitlichen Situation abgesehen, kann er anders als der teilzeitbeschäftigte Beamte auch nicht - ggf. sogar vorzeitig - zur Vollzeit und damit zur vollen Besoldung zurückkehren (vgl. nur § 91 Abs. 3 Satz 2, 92 Abs. 4 Satz 1 BBG; Urteile vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 2 C 20.07 - NVwZ 2009, S. 470 Rn. 23 ff. und vom 30. Oktober 2008 - BVerwG 2 C 48.07 - BVerwGE 132, 243 Rn. 7 ff.). Zwar liegt der Grund für die begrenzte Dienstfähigkeit des Beamten - seine beeinträchtigte Gesundheit - nicht in der Sphäre des Dienstherrn, so dass Gefahren für die Unabhängigkeit der Amtsführung nicht durch den Dienstherrn drohen; insbesondere haben es die Vorgesetzten des begrenzt dienstfähigen Beamten nicht in der Hand, ihn etwa durch die Erhöhung der Dienstleistungsquote besoldungsrechtlich besserzustellen. Aber es besteht strukturell die Gefahr, dass der begrenzt dienstfähige Beamte Alimentationsdefizite auf andere Weise auszugleichen sucht. Dies ist umso bedenklicher, als ihm in der Regel die bei Voll- und Teilzeitbeschäftigung voll dienstfähiger Beamter möglichen Nebentätigkeiten - die ihrerseits wiederum die Gefahr mit sich bringen können, zum "Diener zweier Herren" zu werden (BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007, a.a.O. S. 272) - aus gesundheitlichen Gründen weitgehend verschlossen sein dürften. Der Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass der Dienst leistende begrenzt dienstfähige Beamte nicht nur die Besoldung als Gegenwert für seine Dienstleistung erhält, sondern auch noch befördert werden und vor allem seinen Ruhegehaltssatz noch steigern kann. Allerdings sind das Vorteile, die das Alimentationsdefizit eines zeitanteilig besoldeten Beamten nicht verringern. Sie unterscheiden ihn überdies nur von dem vorzeitig in den Ruhestand versetzten begrenzt dienstfähigen Beamten, nicht aber von dem teilzeitbeschäftigten Beamten und können deshalb den unter Gleichheitsaspekten (Art. 3 Abs. 1 GG) erforderlichen besoldungsrechtlichen Unterschied zwischen dem Dienst leistenden begrenzt dienstfähigen Beamten und dem teilzeitbeschäftigten Beamten nicht herstellen. Der Funktion der Alimentation, durch einen amtsangemessenen Lebensunterhalt des Beamten sicherzustellen, dass der Dienst leistende Beamte im politischen Kräftespiel zu einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung beiträgt, entspricht es daher, dass sich die Besoldung von Dienst leistenden begrenzt dienstfähigen Beamten grundsätzlich an derjenigen für Vollzeitbeschäftigte orientieren muss. Mit der Besoldung für Vollzeitbeschäftigte hat der Gesetzgeber das von ihm selbst als amtsangemessen angesehene Niveau der Besoldung festgelegt. Der Normgeber darf es bei der Besoldung begrenzt dienstfähiger Beamter nicht dabei belassen, diese auf ein zeitanteilig niedrigeres Niveau abzusenken. Mit der Verordnungsermächtigung in § 72a Abs. 2 BBesG a.F. ist dem Besoldungsnormgeber die Möglichkeit eröffnet, eine verfassungskonforme Gesamtregelung zu schaffen (vgl. für den Fall der verfassungsrechtlich gebotenen Besserstellung von Dienst leistenden begrenzt dienstfähigen Beamten gegenüber in den Ruhestand versetzten begrenzt dienstfähigen Beamten: Urteil vom 28. April 2005 - 2 C 1.04 - a.a.O. S. 315 bzw. S. 5 f.). Im Rahmen dieser Gesamtregelung hat eine Aufzehrungsregelung, die - wie im vorliegenden Fall - zu einer gleichen Besoldung des begrenzt dienstfähigen Beamten und des teilzeitbeschäftigten Beamten führt, keinen Platz. Sie führt tendenziell dazu, dass dienstjüngere Beamte - wegen ihrer relativ niedrigen fiktiven Ruhegehaltsansprüche - und Beamte mit relativ hoher Teilzeitquote - weil sie eine relativ hohe Besoldung erhalten - den Zuschlag nicht erhalten; bei ihnen verbleibt es bei der Teilzeit-Besoldung. Damit werden die Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des Alimentationsprinzips (Art. 33 Abs. 5 GG) verfehlt, da ohne rechtfertigenden Grund die ungleichen Gruppen der begrenzt dienstfähigen Beamten einerseits und der teilzeitbeschäftigten Beamten andererseits gleichbehandelt werden und für begrenzt dienstfähige Beamte das erforderliche Alimentationsniveau nicht gewährleistet wird. Allerdings darf der Normgeber im Rahmen seiner Gesamtregelung auch den unterschiedlichen objektiven Umfang der Arbeitsleistung von begrenzt dienstfähigen Beamten einerseits und vollzeitbeschäftigten Beamten andererseits bei der Besoldung berücksichtigen und einer unerwünschten Attraktivität des Instituts der begrenzten Dienstfähigkeit entgegenwirken. Die vom Dienstherrn zu gewährende Alimentation steht in einem engen sachlichen Zusammenhang zur Dienstleistungspflicht der Beamten (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54, jeweils Rn. 18). So wie das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten in den hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips verankert ist (Urteile vom 23. Februar 2012 a.a.O. Rn. 16 und vom 25. Juni 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 50), gilt Entsprechendes für das angemessene Verhältnis von zeitlichem Dienstleistungsumfang und Bezugshöhe. Volle Alimentation setzt daher grundsätzlich auch die volle Dienstleistung der Beamten voraus (vgl. § 9 BBesG zum Verlust der Dienstbezüge bei schuldhaftem Fernbleiben vom Dienst). Durch seine Dienstleistung "erwirbt" der Beamte sein Recht auf amtsangemessene Alimentation (BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <289>). Die gesetzliche Ausgestaltung der Alimentation der Beamten knüpft in vielfältiger Weise an den Umfang der Arbeitsleistung an, beispielsweise beim Alters-Ruhegehalt durch die - verfassungsrechtlich gebotene (vgl. BVerfG, Urteil vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - a.a.O. S. 286 m.w.N.) - Anknüpfung an die Anzahl der ruhegehaltfähigen Dienstjahre (vgl. z.B. § 6 BeamtVG; bei Teilzeitbeschäftigung mit der entsprechenden Quote, § 6 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG), beim Ruhegehalt im Falle der Dienstunfähigkeit ebenfalls durch die Anknüpfung an die Anzahl der ruhegehaltfähigen Dienstjahre (plus Zurechnungszeit, vgl. z.B. §§ 6 und 13 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) und bei der Vergütung für Mehrarbeit (vgl. z.B. die Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung - BMVergV). Wenn der Normgeber für begrenzt dienstfähige Beamte einen Abschlag von der Vollalimentation vornimmt, trägt dies dem Umstand Rechnung, dass dem Dienstherrn ein Teil der Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht und dadurch das austarierte Pflichtengefüge zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten betroffen ist (vgl. für den Fall des vorzeitigen Ruhestands Urteil vom 23 Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54, jeweils Rn. 22 m.w.N.). Allerdings darf der Abschlag nicht so hoch sein, dass er die oben dargelegte Sicherungsfunktion der Alimentation verfehlt; er darf deshalb insbesondere nicht zu einer Gleichbehandlung von begrenzt dienstfähigen Beamten mit teilzeitbeschäftigten Beamten führen. Zu einem entsprechenden Abschlag ist der Normgeber auch unter dem Gesichtspunkt berechtigt, einer unerwünschten Attraktivität des Instituts der begrenzten Dienstfähigkeit entgegenzuwirken. Er darf der nicht fernliegenden Gefahr einer Fehlsteuerung im Bereich der begrenzten Dienstfähigkeit durch zu attraktive Besoldung begegnen (vgl. zu der Funktion des Versorgungsabschlags, Anreize für eine vorzeitige Pensionierung und den Anstieg der damit verbundenen Finanzierungslasten zu verringern: Urteile vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 C 20.03 - BVerwGE 120, 154 <161> = Buchholz 239.1 § 14 BeamtVG Nr. 8 S. 16, vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 C 12.03 - Buchholz 239.1 § 14 BeamtVG Nr. 7 Rn. 18 und vom 25. Januar 2005 - BVerwG 2 C 48.03 - Buchholz 239.1 § 14 BeamtVG Nr. 9 Rn. 20). Das trägt auch der gesetzgeberischen Intention Rechnung, die Arbeitskraft der Beamten möglichst umfassend zu nutzen und Pensionierungen, aber auch die begrenzte Dienstfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze soweit wie möglich zu vermeiden. Die Weiterverwendung begrenzt dienstfähiger Beamter nach § 45 BBG und § 27 BeamtStG ist ebenso wie die anderweitige Verwendung dienstunfähiger Beamter nach § 44 Abs. 2 und 3 BBG, § 26 Abs. 2 und 3 BeamtStG und die Reaktivierung von Ruhestandsbeamten nach § 46 BBG, § 29 BeamtStG Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25, jeweils Rn. 20 m.w.N.). Dabei hat die Weiterverwendung der dienstunfähigen Beamten unter voller Nutzung ihrer Arbeitskraft Vorrang vor der begrenzten Dienstfähigkeit und damit nur einer anteiligen Nutzung ihrer Arbeitskraft. Der Normgeber hat verschiedene Möglichkeiten, den vorgenannten Aspekten Rechnung zu tragen. Es steht ihm bei der Besoldung begrenzt dienstfähiger Beamter frei, einen Abschlag von der vollen Besoldung vorzunehmen oder - wie derzeit ausnahmslos im Bund und in den Ländern vorgesehen - an die Teilzeitbesoldung anzuknüpfen und diese um einen Zuschlag zu ergänzen, der sich allerdings - wie dargelegt - von der Besoldung freiwillig Teilzeitbeschäftigter deutlich abheben muss und nicht dem Effekt einer Aufzehrungsregelung wie der hier erörterten unterliegt. Geeignet dürfte insbesondere eine Regelung sein, die als Zuschlag zur Teilzeitbesoldung einen angemessenen prozentualen Teil der Differenz zwischen der Teilzeit- und der Vollzeitbesoldung gewährt, wie dies etwa das Thüringer Besoldungsrecht (§ 7 Thüringer Besoldungsgesetz, GVBl 2009, S. 238) vorsieht.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020269&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020270
BVerwG
2. Wehrdienstsenat
20140320
2 WD 5/13
Urteil
§ 17 Abs 2 S 2 SG, § 17 Abs 2 S 1 SG, § 7 SG, § 23 Abs 1 SG, § 242 Abs 1 StGB
vorgehend Truppendienstgericht Süd, 10. Januar 2013, Az: S 4 VL 38/12, Urteil
DEU
Verhältnis von § 7 SG zu § 17 Abs. 2 Satz 2 SG; außerdienstliches Vergehen; Diebstahl von anvertrauten Wechselkennzeichen
1. Außerdienstliches Fehlverhalten verletzt § 17 Abs. 2 Satz 2 SG auch ohne zusätzlichen Bezug zur Dienstausübung regelmäßig dann, wenn das Strafrecht dafür eine mittelschwere Strafe (Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren) androht (Änderung der Rechtsprechung). 2. § 17 Abs. 2 Satz 2 SG erfasst außerdienstliches, strafrechtlich relevantes Verhalten abschließend und verbietet den Rückgriff auf § 7 SG unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Loyalität zur Rechtsordnung (Änderung der Rechtsprechung).
Der 19... geborene Soldat wurde nach dem Erwerb des Hauptschulabschlusses und der Ausbildung zum Call-Center-Agenten im Jahr 2000 zur Ableistung des Grundwehrdienstes einberufen und nach einer Bewerbung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr zunächst zum Soldaten auf Zeit berufen. Mit Wirkung vom 1. Juli 20... wurde ihm die Eigenschaft eines Berufssoldaten verliehen. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. November 20... Der Soldat wurde zuletzt im Dezember 20... zum Hauptfeldwebel befördert. Nach zahlreichen Verwendungen wurde er zum 1. Oktober 2009 zur 2. Kommandokompanie ... versetzt. Zum 1. Oktober 2010 wurde er zum Ausbildungszentrum ... versetzt, wo er bei der ...kompanie ... als Fallschirmjägerfeldwebel und Gruppenführer eingesetzt wurde. In zeitlichem Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Vorkommnissen wurde der Soldat aus seiner Verwendung herausgelöst. Derzeit wird er im Stab der Lehrgruppe z.b.V. eingesetzt; er zeichnet dort für die Planung und Steuerung der Lehrgänge verantwortlich. Der Soldat wurde regelmäßig, zuletzt am 20. April 2011 beurteilt. Im Bereich "Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten" erhielt er im Durchschnitt die Bewertung "5,13". In der Beschreibung seiner Persönlichkeit heißt es, er sei ein intelligenter und zielstrebiger Unteroffizier, der gerne und aus Überzeugung Soldat sei. Er habe sein Ziel, Kommandosoldat und Berufssoldat zu werden, durch viel Ehrgeiz und Engagement erreicht. Er wisse genau, was er wolle und schöpfe die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vollumfänglich aus, um seine Ziele zu erreichen. Sein Auftreten gegenüber Vorgesetzten, Kameraden und Dienstgradniedrigeren sei stets korrekt und höflich. Für die Verwendung in Stabsverwendungen erscheine er aufgrund seiner Intelligenz, seiner guten Auffassungsgabe und seiner PC-Fertigkeiten prädestiniert. Der nächsthöhere Vorgesetzte hat ergänzt, der Soldat sei ein gestandener Unteroffizier mit Portepee, der seine Ausbildung zum Kommandofeldwebel erfolgreich beendet habe, um im Anschluss schwerpunktmäßig im Bereich S 2 ... eingesetzt zu werden. Hier habe er sich schnell positionieren und entwickeln können. Durch seine geistigen Fähigkeiten erfasse er Sachverhalte schnell, analysiere diese und setze sie stringent und zielführend um. Eher ein Mann der leisen Töne, schaffe er es, sich neben dem allgemeinen Dienstbetrieb in diesem Fachgebiet weiter zu entwickeln. Problemen gehe er nicht aus dem Weg, sondern packe sie an. Insgesamt empfehle sich der Soldat für Stabsverwendungen. Er habe noch Potential und solle gezielt gefordert und gefördert werden. Hierbei komme es insbesondere darauf an, dass er seinen Führungsanspruch und seinen Führungswillen deutlich nach Außen kenntlich mache, um an Profil zu gewinnen. Insgesamt besitze der Soldat zweifellos das Potential, - bei Bedarf - mittelfristig bis in die höchsten Verwendungen seiner Laufbahn gefördert werden zu können. Die in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht als Leumundszeugen vernommenen Zeugen Hauptmann W. und Oberstleutnant B. haben den Soldaten in ihren durch Verlesung in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Aussagen als sehr intelligenten und motivierten Soldaten beschrieben, zu dem das vorgeworfene Fehlverhalten nicht passe. Sie hätten weiterhin Vertrauen zu ihm. Hauptmann W. hat den Soldaten leistungsmäßig zwischen "5,5" und "6" eingeordnet. Die Sonderbeurteilung vom 13. März 2013 weist als Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung die Note "6,00" aus. Erläuternd ist ausgeführt, der Soldat sei bis Januar 2012 als Ausbildungsfeldwebel in der ...kompanie ... eingesetzt gewesen. Aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen habe er in der Ausbildung der Feldwebelanwärter nur noch bedingt eingesetzt werden können. Seine Aufgaben habe er unter Berücksichtigung seiner körperlichen Einschränkung jedoch zur vollsten Zufriedenheit der Vorgesetzten erfüllt. Der Soldat sei ab April 2012 in die Dienstgeschäfte des Bearbeiters Lehrgangsplanung und Steuerung eingewiesen worden. Dabei sei er durch Motivation und Engagement positiv aufgefallen. Seit Oktober 2012 sei er als Bearbeiter in der Lehrgangsplanung und Steuerung eingesetzt. Dabei sei es ihm gelungen, diese anspruchsvolle Tätigkeit reibungslos und ohne Qualitätseinbußen fortzuführen. Fleiß, Übersichtsfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit zeichneten den Soldaten besonders aus. Er sei in den Bereichen Lehre und Ausbildung voll integriert und im Kameradenkreis geschätzt. Der Soldat habe Freude an seiner derzeitigen Tätigkeit und trage durch einen hohen persönlichen Einsatz wesentlich zu Aufgabenerfüllung bei. Er sei derzeit der richtige Mann am richtigen Platz. Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte führte ergänzend aus, der Soldat habe sich überraschend schnell in die für ihn völlig neue Materie eingearbeitet und dabei sehr gute Ergebnisse erzielt. Aufgrund noch ausstehender laufbahnrechtlicher Entscheidungen könne zum jetzigen Zeitpunkt eine Entwicklungsprognose lediglich bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive gegeben werden. Grundsätzliches Entwicklungspotential oberhalb davon sei jedoch vorhanden. In der Berufungshauptverhandlung hat der aktuelle Disziplinarvorgesetzte des Soldaten, Oberstleutnant L., ausgeführt, der Soldat nehme einen Oberstabsfeldwebel-Dienstposten erfolgreich wahr. Er habe sehr gute Arbeit geleistet, sei sehr engagiert und sehr pflichtbewusst. Der Leumundszeuge hob anerkennend hervor, dass der Soldat sich deutlich engagierter im Dienst zeige als andere Soldaten mit anhängigem Disziplinarverfahren; er hätte ihm die Belastungen durch das Verfahren nicht angemerkt und würde von dem Verfahren nichts wissen, wenn der Soldat nicht selbst berichtet hätte. Der Soldat bringe sich aktiv in das Dienstgeschehen ein. Auf seine Frage an den Soldaten, warum er nicht umziehe, habe dieser geantwortet, er fühle sich seiner Dienststelle verpflichtet. Er schätze den Soldaten, zu dem er volles Vertrauen habe, mit "6,5 - 6,7" leistungsmäßig wesentlich höher ein als durch die letzte Beurteilung ausgewiesen. Der aktuelle Disziplinarbuchauszug des Soldaten sowie der aktuelle Auszug aus dem Zentralregister weisen jeweils die teilweise sachgleichen strafrechtlichen Verhängungen von Geldstrafen durch das Amtsgericht C. vom 11. April 2012 und durch das Amtsgericht G. vom 16. April 2012 aus; der Zentralregisterauszug zusätzlich die durch Beschluss vom 17. Januar 2013 des Amtsgerichts G. vorgenommene Gesamtstrafenbildung. Der Soldat ist berechtigt das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Gold zu tragen. Er ist geschieden, seit Ende 2012 erneut verheiratet und erhält Dienstbezüge aus der Besoldungsgruppe A 8 Z in Höhe von 2 841,65 € brutto und 2 316,71 € netto. Seiner früheren Ehefrau zahlt er bis Ende 2014 monatlich 428 € Unterhalt. Bis Ende des Jahres zahle er auch noch monatlich 200 € wegen der Verbindlichkeiten aus dem Strafverfahren ab. Für eine Kfz-Finanzierung wendet er monatlich 475 € auf. 1. Nachdem der Soldat am 4. März 2012 gegen die Anhörung der Vertrauensperson Widerspruch erklärt hatte, erfolgte seine Anhörung am 8. März 2012. Der Amtschef Heeresamt hat gegen den Soldaten mit diesem am 1. Juni 2012 ausgehändigter Verfügung vom 24. Mai 2012 das gerichtliche Disziplinarverfahren wegen vier Pflichtverletzungen eingeleitet. Die Einleitungsverfügung enthielt - als Punkt 1 - auch den Vorwurf, den Audi A 3 der von ihm getrennt lebenden (seinerzeitigen) Ehefrau "entwendet" zu haben. Die Schlussanhörung des Soldaten erfolgte am 28. August 2012. Im Anschluss daran übersandte der Soldat Unterlagen, um den Nachweis zu erbringen, an dem Audi A 3 keinen Diebstahl begangen zu haben. Darüber hinaus forderte die Wehrdisziplinaranwaltschaft unter dem 29. August 2012 vom Amtsgericht G. die Bestätigung an, dass das Strafverfahren wegen des Diebstahls dieses Fahrzeugs endgültig eingestellt worden war. Die Akte wurde der Wehrdisziplinaranwaltschaft zwar übersandt, enthielt jedoch keine abschließende Entscheidung zu diesem Tatkomplex. Von der Staatsanwaltschaft T. forderte die Wehrdisziplinaranwaltschaft ebenfalls unter dem 29. August 2012 die Strafakte an; dies jedoch erfolglos. 2. Mit Zustimmung der Einleitungsbehörde hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten mit ihm am 8. November 2012 zugestellter Anschuldigungsschrift vom 29. Oktober 2012 als Dienstvergehen zur Last gelegt: "1. Der Soldat entwendete zu einem nicht mehr genauer feststellbaren Zeitpunkt im Zeitraum April bis September 2010, in dem er als Gehilfe des Sicherheitsbeauftragten des Kommando ..., ..., mit dem Nachweis (Ausgabe und Rücknahme) von Wechselkennzeichen betraut war, das Wechselkennzeichen ... aus dem Bestand des Kommandos, um es für seine Zwecke zu behalten. 2. Der Soldat montierte zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 2010 an einem nicht näher feststellbaren Ort die Wechselkennzeichen der Bundeswehr, ..., ohne entsprechende Berechtigung an seinen PKW VW ... und legte bis zur Entdeckung durch die Polizei am 05.09.2011 mit diesen Kennzeichen eine Strecke von ca. 2 000 km zurück. 3. Der Soldat fuhr am 05.09.2011 gegen 01.15 Uhr mit dem Audi ..., amtliches Kennzeichen ..., auf der ...straße in ... B. und hatte zuvor das zwischenzeitlich durch die Zeugin S. bereits abgemeldete und vom Soldaten weder neu angemeldete noch haftpflichtversicherte Fahrzeug mit den amtlichen Kennzeichen ... versehen, welche auf einen dem Soldaten gehörenden PKW VW ... ausgegeben worden waren, um den Eindruck einer ordnungsgemäßen Anmeldung des Fahrzeugs zu erwecken. Mit dieser Kombination von Fahrzeug und Kennzeichen legte der Soldat ca. 30 000 km zurück. Der Soldat hatte das Fahrzeug, welches zumindest im Miteigentum der früheren Ehefrau S. und seit der Trennung im September 2009 in ihrem alleinigen Gewahrsam stand, spätestens im Frühjahr 2010 in ... W. mittels eines Ersatzschlüssels an sich genommen, obwohl er wusste, dass diese das Fahrzeug bereits im Dezember 2009 bei der Polizei als gestohlen gemeldet hatte und nach dem Fahrzeug gefahndet wurde." Im Ermittlungsergebnis der Anschuldigungsschrift heißt es zum Anschuldigungspunkt 3 unter anderem: "Ungeachtet nicht abschließend zu klärender Fragen der Eigentumsverhältnisse an dem in Rede stehenden Audi ... im Hinblick auf die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 242 StGB (die frühere Ehefrau hat sich im Strafverfahren auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen) stellt zumindest das Verbringen des Fahrzeugs nach B. und die anschließende Aufbewahrung des Fahrzeugs in Kenntnis der Fahndungsausschreibung des Fahrzeugs und des Umstandes, dass er selbst im Dezember 2009 durch die Polizei zum Verbleib des Fahrzeugs befragt wurde, eine schuldhafte soldatische Pflichtverletzung nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SG dar, deren Gewichtung hinsichtlich Art und Höhe einer zu erwartenden Disziplinarmaßnahme gesondert unter Betrachtung der Gesamtumstände der Trennungsauseinandersetzung zu bewerten sein wird." 3. In dem zu Anschuldigungspunkt 1 sachgleichen Strafverfahren war der Soldat durch das Amtsgericht C. mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 9. Dezember 2011 (...) wegen Diebstahls des Wechselkennzeichens zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 60 € verurteilt worden. Mit gleichzeitig rechtskräftig gewordenem Beschluss des Amtsgerichts C. vom 10. Mai 2012 wurde die Tagessatzhöhe auf 35 € reduziert. ln dem zu den Anschuldigungspunkten 2 und 3 sachgleichen Strafverfahren war der Soldat durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts G. vom 16. April 2012 wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit einem Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz, zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu je 50 € verurteilt worden. Das Verfahren wegen des Diebstahls des Audi war nach § 153a StPO gegen eine Zahlung von 500 € eingestellt worden. Durch Beschluss des Amtsgerichts G. vom 17. Januar 2013 erfolgte eine Gesamtstrafenbildung zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35 €. 4. Das Truppendienstgericht hat den Soldaten durch Urteil vom 10. Januar 2013 in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt und die Frist zur Wiederbeförderung auf zwei Jahre verkürzt. In tatsächlicher Hinsicht stellte es zum Anschuldigungspunkt 1 fest, der Soldat habe eingeräumt, zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Zeitraum April bis September 2010 das Wechselkennzeichen mit dem amtlichen Kennzeichen ... aus dem Bestand des Kommandos ... entnommen, es mit nach Hause genommen und an seinen VW-... mit dem Kennzeichen ... montiert zu haben. Vom 1. April 2010 bis 30. September 2010 sei der Soldat neben seinen originären Aufgaben zusätzlich als Gehilfe des Sicherheitsbeauftragten ... mit der Verwaltung und dem Nachweis von Wechselkennzeichen (eingeschlossen Aus- und Rückgabe) beauftragt gewesen. Er habe zu diesem Zeitpunkt ohne Beteiligung weiterer Personen Zugang zu den Wechselkennzeichen des ... gehabt. Auf eine förmliche Bestellung des Soldaten als Sicherheitsverantwortlicher sei jedoch wegen dessen fehlender Ausbildung verzichtet worden. Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 2 stehe aufgrund der folgenden bindenden Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts G. vom 16. April 2012 fest: "Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 2010 montierte der Angeklagte die amtlichen Kennzeichen ... an seinen VW .... Bei diesem Kennzeichen handelte es sich um Tarnkennzeichen der Bundeswehr, für deren Verwendung er keine Berechtigung hatte. Der Angeklagte legte mit diesem Kennzeichen am Fahrzeug eine Strecke von ca. 2 000 km zurück." Ebenso stehe zum Anschuldigungspunkt 3 aufgrund der folgenden bindenden Feststellungen des Amtsgerichts G. in seinem Urteil vom 16. April 2012 fest: "Der Angeklagte nahm zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2010 den schwarzen Audi ..., amtliches Kennzeichen ..., mittels eines Ersatzschlüssels an sich und fuhr sodann nach B. Das Auto war jedenfalls im Besitz seiner damals getrennt lebenden, heute geschiedenen Ehefrau. Danach hat der Angeklagte das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... versehen, welche für einen, auf ihn zugelassenen VW ... ausgegeben waren. Er nutzte diese Kennzeichen, um den Eindruck einer ordnungsgemäßen Anmeldung des Fahrzeugs zu erwecken. Der Angeklagte hat das von der Zeugin S. bereits abgemeldete Fahrzeug weder neu angemeldet noch haftpflichtversichert. Er legte mit dieser Kombination von Fahrzeug und Kennzeichen ca. 30 000 km zurück. Unter anderem fuhr der Angeklagte am 05.09.2011 gegen 01.15 Uhr mit diesem Audi ... auf der ...straße in ... B." Der Soldat habe diese Sachverhalte vollumfänglich eingeräumt, sein Verhalten zu allen Anschuldigungspunkten jedoch damit zu erklären versucht, sich in einer Notlage befunden zu haben. Das Wechselkennzeichen habe er auf seinen VW ... montiert, weil ihm das Hin- und Hermontieren des Kennzeichens vom Audi auf den VW ... zu lästig geworden sei. Im Übrigen sei er davon ausgegangen, dass der Audi durch ihn im Straßenverkehr habe geführt werden dürfen, da er mit einem ordnungsgemäßen Kennzeichen versehen gewesen sei. Diese Einlassungen würden das Handeln des Soldaten weder rechtfertigen noch erklären. Die Auffassung, er habe sich in einer Notlage befunden, entbehre jeder Grundlage. Der Soldat habe vielmehr aus purem Eigennutz und Bequemlichkeit das Wechselkennzeichen aus den Beständen der Bundeswehr entwendet und auf seinen Pkw montiert. Gleiches gelte für das Ummontieren des Kennzeichens seines VW-... auf den Audi. Auch die Einlassung hinsichtlich der bestehenden Pflichtversicherung für den Audi entbehre jeder Grundlage. Es handele sich um reine Schutzbehauptungen. Der Soldat habe durch sein Fehlverhalten nicht nur Strafgesetze verletzt, sondern darüber hinaus jeweils vorsätzlich auch die Pflicht zu treuem Dienen gemäß § 7 SG (Anschuldigungspunkte 1 und 2), die Pflicht zu achtungsvollem Verhalten innerhalb des Dienstes gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG (Anschuldigungspunkt 1) sowie außerhalb des Dienstes gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SG (Anschuldigungspunkte 2 und 3). Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei zu beachten, dass das Dienstvergehen äußerst schwerwiegend sei. Dabei falle auch ins Gewicht, dass der Soldat nicht nur in Bezug auf die entwendeten Wechselkennzeichen, sondern auch durch die Montage dieser Wechselkennzeichen auf seinen VW-... und die Ummontierung des Kennzeichens seines VW ... auf den nicht zugelassenen Audi Strafgesetze verletzt habe. Der Soldat habe damit ein hohes Maß an Bedenkenlosigkeit im Hinblick auf die Rechtsordnung gezeigt. Ein solches Verhalten sei Beleg für mangelnde Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Soldaten und stelle dessen persönliche Integrität und Aufrichtigkeit in Frage. Dazu trete erschwerend, dass es sich um zwei Fälle der Urkundenfälschung und er als Vorgesetzter gehandelt habe. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bilde eine Dienstgradherabsetzung. An der Höhe des Schadens anzuknüpfen sei vorliegend nicht sachgerecht. Die Schwere des Dienstvergehens ergebe sich daraus, dass es sich bei den Wechselkennzeichen um ein besonders hohes Gut gehandelt habe. Auch wenn im Hinblick auf das Anvertrautsein die disziplinare Höchstmaßnahme in Betracht zu ziehen sei, sei sie deshalb nicht auszusprechen, weil keine förmliche Bestellung des Soldaten als Gehilfe des Sicherheitsbeauftragten erfolgt sei. Zu Gunsten des Soldaten sei zu berücksichtigen, dass dieser in seiner Dienstzeit sehr ordentliche dienstliche Leistungen gezeigt habe. Auch dass beide Leumundszeugen ihr fortstehendes Vertrauen zu dem Soldaten bekundet hätten, falle positiv ins Gewicht. Jedoch sei zu Lasten des Soldaten zu berücksichtigen, dass er wegen des Vorkommnisses von seinem originären Dienstposten als Ausbilder habe abgelöst werden müssen und die auszubildenden Soldaten von den Vorkommnissen Kenntnis erhalten hätten. Im Hinblick auf die verschiedenen strafrechtlich relevanten Rechtsverstöße und die lange Dauer des strafbewehrten Handelns sei eine Dienstgradherabsetzung in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels nicht ausreichend, vielmehr eine Herabsetzung in den Dienstgrad eines Feldwebels erforderlich. Angesichts der Aussagen der Leumundszeugen und der bisher gezeigten dienstlichen Leistungen sei es allerdings vertretbar ist, die Frist für die Wiederbeförderung auf zwei Jahre zu verkürzen. 5. Gegen das dem Soldaten am 21. Januar 2003 zugestellte Urteil hat dieser am 18. Februar 2013 in vollem Umfang Berufung einlegen lassen und beantragt, ihn zu einer milderen Disziplinarmaßnahme zu verurteilen. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, vom äußeren Ablauf her würden die Anschuldigungen zwar zutreffen; das Truppendienstgericht habe jedoch zu seinen Lasten unzutreffende maßnahmeverschärfende Feststellungen getroffen. Darüber hinaus seien maßnahmemildernde Umstände nicht angemessen berücksichtigt worden. Die angeschuldigten Vorgänge seien im Zusammenhang zu betrachten: Im Spätsommer des Jahres 2009 habe seine frühere Ehefrau im Rahmen der ehelichen Trennungsauseinandersetzungen auch den Audi an sich genommen, als dessen Eigentümer er sich angesehen habe. Im Frühjahr 2010 habe er den Audi zufällig in W. entdeckt. Er sei etwa eine Woche später nochmals dorthin gefahren und habe den Audi mit einem Zweitschlüssel nach B. verbracht. Das Fahrzeug habe dort mehrere Monate ungenutzt gestanden. Der von ihm genutzte VW ... sei wiederholt defekt gewesen und habe in die Werkstatt gebracht werden müssen. In dieser Situation sei er auf den Gedanken gekommen, den Audi zu nutzen. Ohne sich nähere Gedanken über die rechtliche Situation zu machen, habe er die Kennzeichen des Passat an den Audi montiert. In der Folgezeit habe er den Audi, wenn der Passat wieder einmal defekt gewesen sei, genutzt. Im Laufe des Jahres 2010 sei er ferner auf die Idee gekommen, dass er dienstliche Wechselkennzeichen dazu nutzen könne, um das ständige, umständliche Umtauschen der Kennzeichen am Passat und am Audi zu vermeiden. Er habe daher die Wechselkennzeichen ... in der Absicht an sich genommen, sie zurückzuführen, sobald der technische Mangel am Passat endgültig beseitigt und der Wagen wieder nutzbar sei. In der Berufungshauptverhandlung hat der Soldat zusätzlich ausgeführt, er habe beabsichtigt, die Kennzeichen anlässlich einer für Oktober 2010 anberaumten Besprechung wieder zurückzugeben. Zu den Wechselkennzeichen hätten vier Kameraden selbstständig Zugang gehabt. Er sei Gehilfe des Sicherheitsbeauftragten gewesen, dazu allerdings nicht förmlich bestellt worden. Die Herabsetzung in den Dienstgrad sei unangemessen, zumal die Straftaten ausweislich des Strafausspruchs nicht schwer wögen. Zudem sei er sich nicht bewusst gewesen, durch die Verwendung der Kennzeichen eine Urkundenfälschung zu begehen. Die Ausgabe der Wechselkennzeichen sei nicht an besonders strenge Voraussetzungen geknüpft gewesen. Er habe im Gegenteil eine äußerst laxe und durch das Fehlen jeglicher Dienstaufsicht gekennzeichnete Praxis angetroffen. Der Materialwert der Kennzeichen bewege sich im Bagatellbereich. Anders als im truppendienstgerichtlichen Urteil vertreten, sei auf deren Sachwert abzustellen. Im Übrigen habe er immer beabsichtigt, die Kennzeichen zurückzugeben. Letztlich habe ein furtum usus vorgelegen. Das Truppendienstgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass er von seinem originären Dienstposten als Ausbilder abgelöst worden sei, weil aufgrund seiner Vorführung durch die Feldjäger die auszubildenden Soldaten von den Vorkommnissen Kenntnis erlangt hätten. Zudem hätte er ohne diese Ablösung seine Ausbildertätigkeit nicht mehr wahrnehmen können, weil er zwei Wochen später wegen einer Knieoperation ohnehin ausgefallen wäre. Die Leumundszeugen hätten seine Persönlichkeit zutreffend gewürdigt und eine hervorragende Nachbewährung liege vor. Hinzu trete sein ehrenamtliches Engagement in der Jugendarbeit. Es sei ihm nicht darauf angekommen, sich zu Lasten des Dienstherrn zu bereichern. Er habe in der Verwendung der Wechselkennzeichen lediglich eine Möglichkeit der einfacheren Handhabung gesehen.
1. Die von dem Soldaten gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO eingelegte Berufung ist form- und fristgerecht erfolgt. Da die Berufung ausschließlich vom Soldaten eingelegt wurde, ist der Senat an das Verschlechterungsverbot gebunden (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 StPO). 2. Das Rechtsmittel ist von dem Soldaten in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat daher im Rahmen der Anschuldigung (a) auf der Grundlage eines ohne schwere Fehler durchgeführten Verfahrens (b) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen (c), diese rechtlich zu würdigen (d) sowie über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden (e). a) Die Anschuldigungsschrift bedarf im Hinblick auf Anschuldigungspunkt 3 (2. Absatz) der Auslegung, da sich die Formulierung, der Soldat habe den Audi "an sich genommen", von dem in Ziffer 1 der Einleitungsverfügung angeschuldigten Verhalten unterscheidet. In ihr wird dem Soldaten vorgehalten, das Fahrzeug "entwendet(e)" zu haben, wodurch der Vorwurf eines Diebstahls in den Raum gestellt wird. Gemäß § 123 Satz 3 WDO i.V.m. § 107 Abs. 1 WDO dürfen zum Gegenstand der Urteilsfindung nur solche Pflichtverletzungen gemacht werden, die in der Anschuldigungsschrift dem Soldaten als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind. Die Anschuldigungsschrift muss dabei gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 WDO die Tatsachen, in denen ein schuldhaftes Dienstvergehen erblickt wird, und die Beweismittel geordnet darstellen. Der dem Soldaten gegenüber erhobene Vorwurf muss in der Anschuldigungsschrift so deutlich und klar sein, dass dieser sich mit seiner Verteidigung darauf einstellen kann. Bei Zweifeln über Gegenstand und Umfang des in der Anschuldigungsschrift zur Last gelegten Fehlverhaltens ist die Anschuldigungsschrift aus der Sicht des Empfängers, wie sie bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen ist, auszulegen. Verbleiben insoweit Zweifel, fehlt es an einer Anschuldigung im Sinne des § 99 Abs. 1 WDO (vgl. Urteil vom 16. Mai 2013 - BVerwG 2 WD 1.12 - juris Rn. 30 m.w.N.). Aus der Sicht des Empfängers ist die Anschuldigungsschrift in Ziffer 3 (2. Absatz) bei objektiver Betrachtungsweise dahingehend zu verstehen ist, dass der Soldat nicht angeschuldigt worden ist, das Fahrzeug gestohlen, sondern es in strafrechtlich irrelevanter Weise an sich gebracht zu haben. Dies folgt daraus, dass die Wehrdisziplinaranwaltschaft in der Anschuldigungsschrift den Vorwurf nicht mehr wie in der Einleitungsverfügung dahingehend fasst, der Soldat habe das Fahrzeug "entwendet", womit nach allgemeinem Sprachgebrauch ein Diebstahl bezeichnet wird. Dass sie mit der Abkehr von dieser Formulierung und dem Übergang zur Formulierung, der Soldat habe das Fahrzeug "an sich genommen", die Anschuldigung reduziert hat, wird auch an den Ausführungen im wesentlichen Ermittlungsergebnis (der Anschuldigungsschrift) deutlich, das bei der Auslegung mit heranzuziehen ist (vgl. Urteil vom 18. September 2003 - BVerwG 2 WD 3.03 - BVerwGE 119, 76 <80> = NZWehrr 2005, 122 m.w.N.). Dort ist ausgeführt, "Ungeachtet nicht abschließend zu klärender Fragen der Eigentumsverhältnisse an dem in Rede stehenden Audi ... im Hinblick auf die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des § 242 StGB ... (stelle) zumindest das Verbringen des Fahrzeugs nach B. und die anschließende Aufbewahrung des Fahrzeugs ... eine schuldhafte soldatische Pflichtverletzung ... dar". Dass die Wehrdisziplinaranwaltschaft mit dem Wechsel der Formulierung in Anschuldigungspunkt 3 vom Vorwurf eines Diebstahls abrücken wollte, wird zudem aus einem Vergleich mit Ziffer 1 der Anschuldigungsschrift deutlich. Dort ist übereinstimmend mit Ziffer 3 der Einleitungsverfügung und unverändert davon die Rede, der Soldat habe Wechselkennzeichen "entwendet". b) Das disziplinargerichtliche Verfahren leidet auch an keinem wesentlichen Verfahrensmangel, obgleich der Soldat nach der Schlussanhörung am 28. August 2012 noch Unterlagen übermittelt hat, die den Nachweis über die wahren Eigentumsverhältnisse am Audi ... erbringen sollten, und die Wehrdisziplinaranwaltschaft sowohl vom Amtsgericht G. als auch von der Staatsanwaltschaft T. Informationen angefordert hat. Nimmt der Wehrdisziplinaranwalt nach einer als Schlussanhörung im Sinne des § 97 Abs. 3 Satz 1 WDO vorgesehenen Vernehmung erneut Ermittlungen auf, hat er den Soldaten nach dem (endgültigen) Abschluss dieser Ermittlungen erneut - nunmehr abschließend - zu hören (so Beschlüsse vom 12. April 2006 - BVerwG 2 WDB 3.05 - Buchholz 450.2 § 97 WDO 2002 Nr. 1 und vom 29. Dezember 2012 - BVerwG 2 WD 8.12 - juris Rn. 19). Dass dies hier unterblieb, musste den Vorsitzenden der Truppendienstkammer aber nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 1 WDO veranlassen, auf eine Nachholung hinzuwirken. Da die Strafverfolgungsbehörden nicht reagiert haben, erbrachten die Anfragen keine neuen Erkenntnisse. Dies gilt auch für die vom Soldat der Wehrdisziplinaranwaltschaft selbst übermittelten und ihm somit bekannten Unterlagen. Soweit die Wehrdisziplinaranwaltschaft aus ihnen rechtliche Folgerungen zog, folgt auch daraus nicht das Erfordernis einer erneuten Schlussanhörung, weil die rechtlichen Folgerungen für den Soldaten ausschließlich vorteilhaft waren. Die Wehrdisziplinaranwaltschaft rückte nach Auswertung der Unterlagen von dem Vorwurf ab, der Soldat habe das Fahrzeug gestohlen (vgl. 2. a). c) In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des Senats fest: aa) Der Soldat nahm im Zeitraum April bis September 2010, in dem er als Gehilfe des Sicherheitsbeauftragten des Kommandos ..., ..., tätig war, wissentlich und willentlich das Wechselkennzeichen ... aus dem Bestand des Kommandos in der Absicht an sich, es sich rechtswidrig zuzueignen. Zu diesem Zeitpunkt umfasste der Aufgabenbereich des Soldaten auch die Ausgabe und die Rücknahme von Wechselkennzeichen. Eine förmliche Bestellung als Gehilfe des Sicherheitsbeauftragten war nicht erfolgt. Die Feststellung beruht auf der weitgehend geständigen Einlassung des Soldaten, an deren Wahrheitsgehalt kein Zweifel besteht. Soweit es die Feststellung des Aufgabenbereichs des Soldaten betraf, beruht die Feststellung zusätzlich auf der durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Stellungnahme des Hauptmanns G. vom 28. November 2011. Soweit der Soldat im Berufungsverfahren seine Zueignungsabsicht in Abrede und in der Berufungshauptverhandlung zudem einen konkreten Besprechungstermin als Rückgabetermin für die Wechselkennzeichen in den Raum gestellt hat, liegt zum einen ein gesteigerter Vortrag vor, der ihn insoweit unglaubhaft werden lässt; dies gilt umso mehr, als der Soldat in der Verhandlung vor dem Truppendienstgericht erst auf gerichtliche Nachfrage erklärt hatte, er hätte die Kennzeichen "einfach (wieder) abgegeben". Zum anderen ist die - im Rahmen des Berufungsverfahrens - erklärte Absicht, die Wechselkennzeichen dann zurückbringen zu wollen, wenn der VW wieder problemlos nutzbar sei, vage und deshalb schon aus Rechtsgründen nicht geeignet, die Zueignungsabsicht auszuschließen. Ein furtum usus, auf den sich der Soldat nunmehr stützt, liegt lediglich bei einer nur vorübergehenden Gebrauchsabsicht vor (Fischer, StGB, 61. Aufl. 2014, § 242 Rn. 38). Dabei ist auf den Willen des Täters zur alsbaldigen Rückführung abzustellen. An einem Willen zur alsbaldigen Rückführung fehlte es zur Überzeugung des Senats jedoch bei dem Soldaten, weil er die im September 2010 aus dem Bestand des Kommandos entfernten Wechselkennzeichen erst nach der Aufdeckung der Tat durch die Polizei im September 2011 wieder zurückgegeben hat. Angesichts eines Rückgabezeitraums von mindestens einem Jahr, der sich zudem nur wegen der Aufdeckung der Tat auf diesen Umfang beschränkte, ist der Vortrag nicht nur unglaubhaft, sondern auch ungeeignet, die Zueignungsabsicht entfallen zu lassen. bb) Nach den gem. § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO für den Senat bindenden Feststellungen des Amtsgerichts G. vom 16. April 2012, an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen, sowie aufgrund der geständigen Einlassung des Soldaten steht zum Anschuldigungspunkt 2 fest, dass dieser zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 2010 die amtlichen Wechselkennzeichen ... wissentlich und willentlich an seinen VW ... mit dem amtlichen Kennzeichen ... in dem Wissen um die fehlende Berechtigung dazu anmontiert und mit diesen Kennzeichen am Fahrzeug eine Strecke von ca. 2 000 km zurückgelegt hat. cc) Nach den gem. § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO für den Senat bindenden Feststellungen des Amtsgerichts G. vom 16. April 2012, an deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen, sowie aufgrund der geständigen Einlassung des Soldaten steht zum Anschuldigungspunkt 3 (1. Absatz) ferner fest, dass der Soldat den Audi ..., amtliches Kennzeichen ..., welcher weder angemeldet noch haftpflichtversichert war, wissentlich und willentlich mit den amtlichen, für den auf ihn zugelassenen VW ... ausgegebenen Kennzeichen ... versehen und damit ca. 30 000 km zurückgelegt hat. dd) Aufgrund der geständigen Einlassung des Soldaten steht ferner fest, dass der Soldat zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2010 den schwarzen Audi ..., amtliches Kennzeichen ..., mittels eines Ersatzschlüssels wissentlich und willentlich an sich gebracht und nach B. gefahren hat, obwohl das Auto sich jedenfalls nach der Trennung zunächst im Besitz seiner von ihm damals getrennt lebenden (früheren) Ehefrau befand. Eine Bindung des Senats an die diesbezüglichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts G. vom 16. April 2012 bestand gem. § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO nicht, weil das Verfahren bezüglich dieses Vorwurfs zuvor durch Beschluss des Amtsgerichts vom 16. April 2012 nach § 153a StPO vorläufig eingestellt worden war und das Urteil insoweit nicht auf diese Feststellungen beruht. d) Der Soldat hat durch sein Verhalten ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG begangen. aa) Er hat durch das zu Anschuldigungspunkt 1 festgestellte Verhalten wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich, gegen § 7 SG verstoßen. Er verpflichtet auch zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, insbesondere zur Wahrung der Strafgesetze (Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 = Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 42, jeweils Rn. 49). Dabei muss es sich um einen Rechtsverstoß von Gewicht handeln, der zudem in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (Urteile vom 24. April 2007 - BVerwG 2 WD 9.06 - BVerwGE 128, 319 = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 57, jeweils Rn. 41, vom 25. September 2008 - BVerwG 2 WD 19.07 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 42 Rn. 32 = NZWehrr 2009, 73 und vom 13. Februar 2014 - BVerwG 2 WD 4.13 - Rn. 34). Ein solcher Verstoß liegt vor, da der Soldat den Straftatbestand des § 242 Abs. 1 StGB verwirklicht und sich das Fehlverhalten unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichtet hat. Darüber hinaus hat der Soldat gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen. bb) Er hat ferner durch das zu Anschuldigungspunkt 2 festgestellte Verhalten wissentlich und willentlich, mithin vorsätzlich, gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG verstoßen. (1) Ein außerdienstliches Dienstvergehen liegt vor, da der Soldat das Verhalten sowohl außer Dienst als auch außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen zeitigte (zum kumulativen Erfordernis: Urteil vom 14. Oktober 2009 - BVerwG 2 WD 16.08 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 43 Rn. 39). Dass er dabei die im Eigentum des Bundes stehenden Wechselkennzeichen einsetzte, lässt die Pflichtverletzung nicht zu einer innerdienstlichen im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 SG werden. Dies widerspräche nicht nur dem Gesetzeswortlaut, der ausschließlich an das originär dienstliche Verhalten des Soldaten sowie an dessen dienstlich geprägten Aufenthaltsbereich anknüpft, sondern auch der im Zusammenhang mit dem Anschuldigungspunkt 3 dargelegten gesetzgeberischen Intention. Beides verbietet, aus dem Einsatz dienstlichen Materials einen dienstlichen Bezug im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 SG abzuleiten. Dazu sind ebenfalls nicht die Rückwirkungen des Fehlverhaltens auf den Dienstherrn geeignet (vgl. Urteil vom 25. September 2008 a.a.O. Rn. 33 m.w.N.). Die Verwendung der Wechselkennzeichen stellt jedoch einen Bezug zum Dienst her und verleiht dem außerdienstlichen Verhalten damit disziplinarische Relevanz. Dabei kommt es bei dem Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr oder der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist. Es reicht vielmehr aus, dass das Verhalten geeignet war, eine solche Wirkung auszulösen. Denn die Vorschrift stellt allein auf das Verhalten des betreffenden Soldaten ab, ohne dass es für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung auf den konkreten Eintritt einer solchen Beeinträchtigung ankommt. Die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten kann durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt (vgl. Urteil vom 25. September 2008 a.a.O. Rn. 28 m.w.N.). Dies ist der Fall. (2) Ein Verstoß auch gegen § 7 SG in Gestalt eines Verstoßes gegen die Loyalität zur Rechtsordnung liegt hingegen nicht vor. § 17 Abs. 2 Satz 2 SG bildet eine abschließende Regelung für Verfehlungen strafrechtlichen Gehalts außerhalb des Dienstes und außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen. Der Gesetzgeber bezweckte mit dem Begriff der "ernsthaften" Beeinträchtigung in § 17 Abs. 2 Satz 2 SG - wie nachfolgend im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 3 dargelegt - eine disziplinarisch restriktive Erfassung außerdienstlichen Fehlverhaltens und nimmt strafrechtlich relevantes Verhalten davon nicht aus. cc) Sofern es das wissentliche und willentliche Anbringen des für den VW ... vorgesehenen Kennzeichens an den Audi betrifft, hat der Soldat ebenfalls vorsätzlich gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG verstoßen. Ein außerdienstliches Verhalten liegt vor, da der Soldat das Verhalten sowohl außer Dienst als auch außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen zeitigte. Das Verhalten war auch geeignet, die Achtung und das Vertrauen, die die dienstliche Stellung des Soldaten erfordert, i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 SG ernsthaft zu beeinträchtigen und damit disziplinarwürdig. (1) Die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch ein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit weckt oder dessen Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt. Dies ist bei strafrechtlich relevantem Verhalten eines Soldaten auch außerhalb des Dienstes in Betracht zu ziehen (Urteile vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - juris Rn. 36 m.w.N. und vom 21. Juni 2011 - BVerwG 2 WD 10.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 8 Rn. 23 m.w.N.; vgl. auch Beschluss vom 23. Januar 2014 - BVerwG 2 B 52.13 - juris Rn. 7). (2) Der Begriff der "ernsthaften" Beeinträchtigung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG verlangt indes, nicht jeden Verstoß gegen mit Freiheits- oder Geldstrafe bewehrte Strafgesetze als ernsthafte Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten anzusehen (Urteile vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <24 f.> sowie vom 24. April 2007 - BVerwG 2 WD 9.06 - BVerwGE 128, 319 = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 57, jeweils Rn. 41). Soweit der Senat in der Vergangenheit dem § 17 Abs. 2 Satz 2 SG die Dienstpflicht entnommen hatte, "außerhalb des Dienstes keine mit Freiheits- oder Geldstrafe bedrohten Straftaten zu begehen" (vgl. etwa Urteil vom 25. September 2008 - 2 WD 19.07 - Buchholz 449 § 17 SG Nr. 42 Rn. 32 = NZWehrr 2009, 73 zu § 7 SG), hält er daran nicht fest. Auslegungsleitend ist dabei die Erwägung, dass Satz 2 des § 17 Abs. 2 SG durch Art. IV Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Wehrdisziplinarrechts vom 21. August 1972 (BGBl. I S. 1481) eingefügt wurde. Ausweislich der Gesetzesbegründung entspricht die Vorschrift inhaltlich dem durch Art. II § 2 Nr. 3 a) des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 20. Juli 1967 (BGBl. I S. 725) eingefügten § 77 Abs. 1 Satz 2 BBG, demzufolge ein außerdienstliches Fehlverhalten nur noch unter den seinerzeit verschärften Anforderungen tatbestandlich ein Dienstvergehen bilden soll (zum Beamtendisziplinarrecht: BTDrucks V/1693 S. 10 i.V.m. BTDrucks V/313, dort Nr. 2, sowie Urteil vom 30. August 2000 a.a.O. <24 ff.>). Die frühere Auffassung von der sehr weitgehenden Wohlverhaltenspflicht auch außer Dienst sollte danach ähnlich wie im Beamtenrecht mit der Gesetzesänderung auch für das Soldatenrecht als nicht mehr zeitgemäß aufgegeben werden. Dass die Frage des außerdienstlichen Fehlverhaltens nicht wie für das Beamtenrecht in den Bestimmungen zum allgemeinen Tatbestand des Dienstvergehens (§ 77 BBG) in § 23 SG, sondern in § 17 Abs. 2 SG geregelt wurde, ist nach der Gesetzesbegründung zwar darauf zurückzuführen, dass der Soldat im Gegensatz zu Beamten in Gemeinschaftsunterkünften wohnt und in den militärischen Unterkünften und Anlagen auch außer Dienst die Aufrechterhaltung von Disziplin und Ordnung, insbesondere die Befolgung von Befehlen und die Achtung der Kameradschaftspflicht, gewährleistet sein muss. Im Übrigen sollte aber durch die Einbeziehung des Satzes 2 in § 17 Abs. 2 SG der Grundsatz unberührt bleiben, dass der Soldat nicht mehr wegen jedes Fehlverhaltens im privaten Bereich disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden soll (vgl. BTDrucks VI/1834 S. 71; vgl. auch Jahresbericht des Wehrbeauftragten 1967, BTDrucks V/2948). (3) Die auf eine disziplinarisch restriktive Erfassung außerdienstlichen Verhaltens abzielende Gesetzesänderung strahlt darauf aus, in welchem Umfang außerdienstliches, strafrechtlich relevantes Verhalten, das keinen (sonstigen) Bezug zur Dienstausübung aufweist, eine ernsthafte Beeinträchtigung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 SG erwarten lässt (vgl. bereits Urteil vom 4. Juni 1980 - BVerwG 2 WD 55.79 - BVerwGE 73, 15 <18> = NZWehrr 1981, 28). Die aus einem Verstoß gegen die Strafrechtsordnung resultierenden Zweifel an der Rechtstreue eines Soldaten und damit seiner Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit sind umso größer, je höher die Sanktionsdrohung ist, über die sich das vorgeworfene Verhalten hinwegsetzt. Daher bietet der Strafrahmen der verletzten Norm des Strafgesetzbuches einen Anhalt für die Bestimmung der Disziplinarwürdigkeit der außerdienstlichen Straftat. Das gesetzgeberische Ziel einer restriktiven Erfassung außerdienstlichen Fehlverhaltens wäre aber nicht zu erreichen, wenn ein Strafrahmen, der Freiheitsstrafen auch in geringer Höhe erlaubt, bereits für sich genommen die Disziplinarwürdigkeit des Verhaltens begründen könnte. Andernfalls könnte nämlich schon jede Beleidigung gemäß § 185 StGB im privaten Bereich das Erfordernis disziplinarer Ermittlungen nach sich ziehen. Lässt der Sanktionsrahmen der Strafnorm dagegen eine Freiheitsstrafe im mittleren Bereich zu, kommt hierin die Einschätzung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass die Tat einen auch im Vergleich mit anderen Straftaten erhöhten Unrechtsgehalt hat. Wer eine derart schwerwiegende Straftat begeht, beeinträchtigt schon damit seine Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit ernsthaft. Erlaubt der Strafrahmen eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, kann hieraus bereits die Disziplinarwürdigkeit des außerdienstlichen Fehlverhaltens folgen (vgl. für das Beamtendisziplinarrecht: Urteil vom 28. Juli 2011 - BVerwG 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 = Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 18, jeweils Rn. 24). Erlaubt die Sanktionsdrohung der Strafrechtsnorm noch keine Freiheitsstrafe im mittleren Bereich, bedarf es zur Begründung einer allein aus Zweifeln an der Rechtstreue des Soldaten resultierenden Disziplinarwürdigkeit außerdienstlichen Fehlverhaltens zusätzlicher Umstände. Negative Rückschlüsse auf die Integrität, die dienstliche Zuverlässigkeit und die Verwendbarkeit eines Soldaten können sich auch aus den Umständen der Begehung des Dienstvergehens ergeben. Insbesondere kann der Wiederholung eines mit einer geringeren Sanktionsdrohung bewehrten strafbaren Verhaltens oder einer einschlägigen Vorbelastung Rechnung zu tragen sein (vgl. für das Beamtendisziplinarrecht: Beschluss vom 11. Februar 2014 - BVerwG 2 B 37.12 - juris Rn. 29). (4) Das Verhalten des Soldaten ist folglich disziplinarwürdig. Der Soldat hat den Straftatbestand einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB verwirklicht, die mit einer Geld- oder aber einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren geahndet werden kann, womit er sich im Bereich der (mittel)schweren Strafandrohung bewegt (vgl. Urteil vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 13.10 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 12 Rn. 17). Soweit der Soldat gegen die vom Senat geteilte strafrechtliche Würdigung seines Verhaltens durch das Amtsgericht G. einwendet, er sei sich nicht bewusst gewesen, mit seinem Verhalten diesen Straftatbestand zu verwirklichen, überzeugt dies nicht. Da der Soldat die den Tatbestand konstituierenden Elemente kannte, läge insoweit ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum vor (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl. 2014, § 16 Rn. 13), der selbst bei der Annahme eines Rechtsirrtums für den intelligenten Soldaten nach § 17 Satz 2 StGB vermeidbar gewesen wäre. Entsprechendes gilt für den Einwand des Soldaten, er sei sich keines Verstoßes gegen §§ 1, 6 des Pflichtversicherungsgesetzes bewusst gewesen. Darüber hinaus geht der Senat - wie das Truppendienstgericht - von einer Schutzbehauptung aus, da allgemein bekannt ist, dass sich der Versicherungsschutz nur auf das konkret zugelassene Kraftfahrzeug bezieht. Da der am Strafrahmen gemessene Unrechtsgehalt der Tat schon wegen der mit dem Fahrzeug zurückgelegten 30 000 km nicht gering wiegt, war die Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG erheblich. (5) Dass es nicht zusätzlich darauf ankommt, ob eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr oder der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist, wurde bereits dargelegt. Entsprechendes gilt für den untersagten Rückgriff auf § 7 SG. dd) Soweit die Wehrdisziplinaranwaltschaft den Soldaten des unter Anschuldigungspunkt 3 (2. Absatz) beschriebenen Verhaltens angeschuldigt hat, ist dieses Verhalten nicht disziplinarwürdig. Der Soldat ist von diesem Vorwurf freizustellen. (1) Dem Verhalten fehlt es an jeglichem Bezug zum Dienst oder zu dienstlichen Unterkünften oder dienstlichen Anlagen, so dass es sich als außerdienstliche Verhaltensweise darstellt. Sie begründet nach dem Angeschuldigten jedoch weder eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr noch - wie vorliegend in Betracht zu ziehen - eine Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens in die dienstliche Stellung des Soldaten, die i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 SG ernsthaft wäre. Zwar ist das gegen den Soldaten geführte Strafverfahren wegen des Diebstahls des Audis nach § 153a StPO eingestellt worden, was gerade die schuldhafte Begehung des Straftatbestandes voraussetzt (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2010 - BVerwG 2 WD 35.09 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 5 Rn. 33 = NZWehrr 2011, 72). Gleichwohl folgt daraus nicht die Disziplinarwürdigkeit des Verhaltens unter dem Gesichtspunkt, dass der Soldat damit einen Straftatbestand verwirklicht hat, der einen mittleren Strafrahmen aufweist (vgl. 2 d) cc) (3)). Diesen Umstand zu berücksichtigen, steht bereits die Beschränkung der Anschuldigungsschrift auf ein strafrechtlich irrelevantes Verhalten entgegen (vgl. 2 a)). (2) Darüber hinaus liegen auch keine sonstigen qualifizierenden Umstände vor, aus denen sich verlässlich Rückschlüsse auf mangelnde Gesetzestreue oder auf mangelndes Verantwortungsbewusstsein bei der Erfüllung dienstlicher Pflichten ableiten ließen. Das angeschuldigte Verhalten des Soldaten betrifft vielmehr ausschließlich den Bereich zivilrechtlicher Besitzansprüche und ist zudem auch nicht wiederholt erfolgt (vgl. Urteil vom 30. August 2000 - BVerwG 1 D 37.99 - BVerwGE 112, 19 <27> und Beschluss vom 11. Februar 2014 - BVerwG 2 B 37.12 - juris Rn. 29). e) Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten. Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen. aa) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt die Verfehlung schwer. Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sind durch die zu Anschuldigungspunkt 1 festgestellte Verletzungen der Pflicht zum achtungs- und vertrauensvollen Verhalten im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) und der Pflicht zum treuen Dienen gekennzeichnet (§ 7 SG). Die Pflicht zum treuen Dienen gehört zu den zentralen Pflichten eines Soldaten. Ihre Verletzung ist in der Regel schon deshalb von erheblicher Bedeutung. Der besondere Unrechtsgehalt des Dienstvergehens ergibt sich auch daraus, dass der Soldat gegen seine Pflicht zur Beachtung der Strafgesetze verstoßen und kriminelles Unrecht begangen hat; er ist auch entsprechend rechtskräftig verurteilt worden. Aber auch die Verletzungen der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außerhalb des Dienstes (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG) wiegen schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines Dienstgrades als Hauptfeldwebel in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 SG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten Vorgesetztenverhältnisses an Beispielhaftigkeit hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer Vorgesetztenstellung aufgrund des Dienstgrades aus (vgl. Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 30). Zu Lasten des Soldaten wirkt auch, dass ihm die Wechselkennzeichen anvertraut waren. Anvertraut ist eine Sache einem Soldaten, wenn diesem dafür eine besondere dienstliche Schutz- und Verwendungspflicht und damit auch eine Garantenstellung übertragen worden ist. Denn Anvertrauen ist - im Wehrdisziplinarrecht nicht anders als im Strafrecht - die Hingabe oder das Belassen einer Sache durch den Berechtigten zum Verwalten und Verwenden in dem Vertrauen, der Besitzer werde mit der ihm überlassenen Sache ausschließlich im Sinne des Anvertrauenden verfahren, sie also nur in seinem Sinne aufbewahren, verwenden und sie schützen. Allein die Möglichkeit des Zugriffs auf diese Gegenstände reicht für eine Feststellung des Anvertrautseins nicht aus. Von einem Zugriff auf einen einem Soldaten anvertrauten Gegenstand ist nur dann auszugehen, wenn er sich bei gewöhnlichem Ablauf regulär im Arbeitsbereich des Soldaten befindet und dieser sich auch faktisch gewöhnlich mit der Verwahrung und Verwaltung von derartigen Gegenständen befasst. Dass eine Befassung mit dem fraglichen Objekt aufgrund von Einzelweisungen im Bedarfsfall nicht auszuschließen ist, rechtfertigt dagegen die mit der Feststellung des Anvertrautseins regelmäßig verbundene höhere Sanktionsdrohung nicht (vgl. Urteil vom 18. April 2013 - BVerwG 2 WD 16.12 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 43 Rn. 38 m.w.N.). Auf der Grundlage der durch Verlesen eingeführten Aussage des Hauptmanns G. vom 28. November 2011, aber auch der Aussagen des Soldaten selbst waren ihm die Wechselkennzeichen anvertraut. Sie befanden sich regulär im Arbeitsbereich des Soldaten und er war auch faktisch gewöhnlich und nicht nur situativ und auf Einzelweisung mit deren Verwaltung befasst. Dass im Rahmen dessen nicht nur er, sondern vier Personen Zugriff auf sie hatten, nimmt dem Soldaten nicht seine Vertrauensstellung. Ebenso wenig der Umstand, dass er nicht gem. Ziffer 112 der ZDv 2/30 förmlich zum Gehilfen des Sicherheitsbeauftragten bestellt worden war. Zum einen ist nicht ersichtlich, dass mit dieser Funktion zwingend die Verwaltung gerade auch von Wechselkennzeichen verbunden ist; zum anderen bestand auf Seiten des Soldaten kein Zweifel daran, dass ihm die Wechselkennzeichen anvertraut waren. Die Warnfunktion, die man - wie von der Verteidigung vorgetragen - der förmlichen Bestellung beimessen mag, kommt bei dem Soldaten zudem deshalb nicht zum Tragen, weil er auf die von ihm selbst eingeführten Kontrollmaßnahmen hingewiesen hat, mit denen er der äußerst laxen Ausgabepraxis begegnen wollte. Dieser Umstand belegt eindeutig, dass er sich hinsichtlich der Verwaltung der Wechselkennzeichen in besonderer Weise in die Pflicht genommen gesehen hat und insoweit auch keine Unklarheiten bestanden. Dies gilt umso mehr, als sich der Soldat nach eigener Aussage selbst nicht in die von ihm eingeführte Ausgabeliste eingetragen hat. Erschwerend tritt hinzu, dass die Wechselkennzeichen von ihrer Zielsetzung her nur in Fällen eingesetzt werden dürfen, in denen dies aus Gründen der Sicherheit geboten ist. Daran ändert die - ausweislich der durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführte Stellungnahme des ...-Sicherheitsbeauftragten vom 28. November 2011 - tatsächlich eher laxe Ausgabepraxis nichts. Soweit es um den Diebstahl des Wechselkennzeichens geht, bewegt sich die Schadenssumme allerdings unterhalb des "Bagatellbetrags" von 50 €. Weitere wirtschaftliche Schäden traten beim Dienstherrn durch die Nutzung der Wechselkennzeichen durch den Soldaten nicht ein. bb) Das Dienstvergehen schädigte den Dienstherrn durch den Diebstahl, hatte jedoch keine weiteren feststellbaren Auswirkungen auf das Vermögen des Dienstherrn. Im Übrigen geht der Senat zugunsten des Soldaten davon aus, dass die Ablösung des Soldaten von seinem Dienstposten nicht durch das Dienstvergehen, sondern krankheitsbedingt erfolgt ist und sich die Umstände seiner Festnahme nicht mehr aufklären lassen, so dass ihr auch keine besondere Außenwirkung beigemessen werden kann. cc) Die Beweggründe des Soldaten sind durch Eigennutz charakterisiert. Daran ändert auch der Einwand nichts, er habe die Wechselkennzeichen nicht an sich genommen, um sich an ihnen zu bereichern, sondern "nur", um sich eine einfachere Handhabung zu ermöglichen. dd) Das Maß der Schuld wird durch das vorsätzliche Handeln des voll schuldfähigen Soldaten bestimmt. Auf Milderungsgründe in den Umständen der Tat (vgl. z.B. Urteil vom 23. September 2008 - BVerwG 2 WD 18.07 - juris Rn. 59 m.w.N.) kann sich der Soldat nicht berufen. In Betracht zu ziehen ist auch nicht eine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten. Eine Augenblickstat liegt vor, wenn der Entschluss zum Tun oder Unterlassen nicht geplant oder wohl überlegt, sondern spontan und aus den Umständen eines Augenblickszustandes zustande gekommen ist. Von Spontaneität, Kopflosigkeit oder Unüberlegtheit ist nicht mehr zu sprechen, wenn das Dienstvergehen sich - wie vorliegend - über einen längeren Zeitraum erstreckt. Der Milderungsgrund eines Mitverschuldens von Vorgesetzten in der Form einer mangelhaften Dienstaufsicht greift schon mangels einer Überforderungssituation nicht ein. Es bedurfte auch bei einer laxen Ausgabepraxis keines hilfreichen Eingreifens der Dienstaufsicht, damit der Soldat erkennen konnte, sich nicht "in Selbstbedienung" das Wechselkennzeichen verschaffen zu dürfen (vgl. Urteil vom 18. April 2013 - BVerwG 2 WD 16.12 - juris Rn. 58 m.w.N.). Dies gilt umso mehr, als es gerade die Aufgabe des Soldaten war, die Wechselkennzeichen vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Von einer durch die familiären Bedingungen herbeigeführten psychischen Ausnahmesituation (Urteil vom 13. September 2011 - BVerwG 2 WD 15.10 - juris Rn. 53) kann angesichts des langen Zeitraums, über den sich die Nutzung der Wechselkennzeichen und der Kennzeichenmissbrauch hinzog, nicht gesprochen werden. In einer akuten Stresssituation befand sich der Soldat nach der Trennung von seiner ersten Frau im September 2009 zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen nicht mehr. Der Soldat hat zudem eingeräumt, dass er sich nicht in einer Notsituation gesehen hat, sondern er des Wechselns der Schilder schlicht leid war. ee) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen die förmlichen Beurteilungen zwar für eher durchschnittliche Leistungen. Eine Nachbewährung liegt jedoch angesichts der Leistungssteigerung des Soldaten von "5,13" auf zunächst "6,00" und aktuell auf "6,5 - 6,7" vor. Für den Soldaten spricht zudem, dass er - abgesehen von den hier gegenständlichen Vorfällen - strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, auch wenn diesem Umstand kein hohes Gewicht zukommt, da er hiermit nur die Mindesterwartungen des Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt und keine besondere, ihn aus dem Kameradenkreis heraushebende Leistung erbracht hat. Soweit der Soldat sich, nachdem er gefasst wurde, geständig eingelassen hat, spricht auch dies für ihn. Nach einer Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 WDO und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die erstinstanzlich ausgesprochene Herabsetzung um zwei Dienstgrade nicht unverhältnismäßig. f) Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - juris Rn. 35 ff.) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus: aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Vergreift sich ein Soldat in Vorgesetztenstellung vorsätzlich an Eigentum oder Vermögen seines Dienstherrn, so indiziert ein solches schweres Fehlverhalten nach der Senatsrechtsprechung regelmäßig eine Dienstgradherabsetzung. Erfolgt der vorsätzliche Zugriff im Bereich der dienstlichen Kernpflichten des Soldaten (z.B. Entwendung "anvertrauten" dienstlichen Geldes oder Gutes oder Ausnutzung einer vergleichbaren Vertrauensstellung etwa als Materialnachweisfeldwebel), so ist in der Regel die Entfernung aus dem Dienstverhältnis Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. z.B. Urteile vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 WD 7.08 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 29 Rn. 53 m.w.N. und vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 44). Vorliegend bildet die Entfernung aus dem Dienst den Ausgangspunkt der Zumessenserwägungen, da die streitbefangenen Wechselkennzeichen dem Soldaten - wie bereits dargelegt - anvertraut waren. bb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, dem Wehrdienstgericht einen Spielraum eröffnet (vgl. Urteil vom 13. Februar 2014 - BVerwG 2 WD 4.13 - Rn. 73). Ob in dem relativ geringen Schaden, der sich mit weniger als 50 € unterhalb der vom Senat entwickelten "Bagatellgrenze" bewegt (vgl. Urteil vom 16. März 2011 - BVerwG 2 WD 40.09 - juris Rn. 30 m.w.N.), ein Umstand zu sehen ist, der regelmäßig den Übergang zu einer milderen Maßnahme gebietet (vgl. Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 WD 29.11 - BVerwGE 145, 269 = Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 42, jeweils Rn. 82 m.w.N.), kann dahingestellt bleiben; denn angesichts des zu Gunsten des Soldaten wirkenden Verschlechterungsverbots steht rechtlich ohnehin nur eine Herabsetzung im Dienstgrad zur Prüfung an. Jedenfalls ist selbst dann, wenn dies bejaht würde, die vom Truppendienstgericht ausgesprochene Degradierung um zwei Stufen nicht zu beanstanden. Die wegen ihres unmittelbaren Dienstbezugs den Schwerpunkt des Dienstvergehens bildende Pflichtverletzung gemäß Anschuldigungspunkt 1 war strafrechtlich relevant war und ist zudem auch strafgerichtlich geahndet worden. Hinzu tritt, dass der Soldat zwei weitere (außerdienstliche) Pflichtverletzungen begangen hat, die ebenfalls nicht nur strafrechtlich geahndet, sondern auch beharrlich begangen wurden. Dass der Soldat wegen dieser Pflichtverletzungen bereits strafrechtlich und vom Strafmaß her moderat belangt wurde, begründet keinen mildernden Umstand. Weder § 16 Abs. 1 noch § 17 Abs. 2 bis 4 WDO stehen dem entgegen. Steht im Einzelfall - wie hier - § 16 WDO der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer Kriminalstrafe oder sonstigen Strafsanktion für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die Kriminalstrafe unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen (vgl. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 49 m.w.N. und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 51). g) Der positive Eindruck, den der Soldat beim Senat hinterlassen hat, sowie seine kontinuierliche Leistungssteigerung bildet einen besonderen Grund im Sinne des § 62 Abs. 3 Satz 3 WDO, die Wiederbeförderungsfrist auf zwei Jahre zu verkürzen. Die Entscheidung des Truppendienstgerichts begegnete auch insoweit keinen rechtlichen Bedenken.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020270&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020271
BVerwG
9. Senat
20140508
9 B 3/14
Beschluss
§ 116 BauGB, § 121 Abs 2 BauGB, § 96 BauGB, § 18f Abs 5 S 1 FStrG, Art 14 Abs 3 GG, § 40 VwGO, § 17a Abs 2 S 1 GVG
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 20. Dezember 2013, Az: OVG 1 A 1.13, Beschluss
DEU
Rechtsweg bei Streitigkeiten über die Aufwandserstattung bei einer straßenrechtlichen vorzeitigen Besitzeinweisung
Für Streitigkeiten über die Erstattung von Aufwendungen, die einem von einer vorzeitigen Besitzeinweisung (§ 18f FStrG) Betroffenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstanden sind, ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben.
1. Der Senat hat das Rubrum des Verfahrens berichtigt, da es sich bei der in der Antragsschrift angegebenen Bezeichnung des Beklagten - Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft des Landes Brandenburg - um eine offenkundige Unrichtigkeit handelte. Den angefochtenen Bescheid hat das Ministerium des Innern des Landes Brandenburg erlassen. 2. Die vom Oberverwaltungsgericht gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG zugelassene Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat für den vorliegenden Rechtsstreit zu Unrecht den Verwaltungsrechtsweg gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG für unzulässig erklärt. Die Antragstellerin wendet sich gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Antragsgegners vom 26. März 2013, mit dem die von ihr unter dem 20. März 2013 beantragte Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 128,52 Euro für das Besitzeinweisungsverfahren nach § 18f FStrG abgelehnt worden ist. Nicht Gegenstand ihres Kostenfestsetzungsantrags - und damit auch nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsbeschlusses - ist die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für das Enteignungs- und Entschädigungsverfahren nach § 19 Abs. 5 FStrG i.V.m. § 44 Abs. 1, 2 des Enteignungsgesetzes des Landes Brandenburg - EntGBbg -; die insoweit geltend gemachten Kosten hatte der Beklagte bereits vor der Antragstellung in Höhe von 656,05 Euro beglichen. Bei dem damit allein in Rede stehenden Anspruch auf Erstattung der im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung (§ 18f FStrG) entstandenen Rechtsanwaltskosten handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Diese Streitigkeit ist entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen. a) Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG, auf den sich das Oberverwaltungsgericht bezieht, enthält für den vorliegenden Rechtsstreit keine Zuweisung zu den ordentlichen Gerichten. Die Vorschrift erfasst nur Entschädigungsansprüche für Enteignungen im verfassungsrechtlichen Sinne, also für die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (stRspr des BVerfG, s. nur Beschluss vom 22. Mai 2001 - 1 BvR 1512/97 u.a. - BVerfGE 104, 1 <9> und Urteil vom 17. Dezember 2013 - 1 BvR 3139/08 u.a. - DÖV 2014, 242 <244> jeweils m.w.N.; vgl. zur Rechtswegzuständigkeit auch Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 2013, § 40 Rn. 500 f.; Sodan, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 40 Rn. 502 ff.; Haack, in: Gärditz, VwGO, Stand 2013 § 40 Rn. 131 und Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 40 Rn. 57 jeweils m.w.N.). Um eine solche Enteignungsentschädigung geht es bei der hier umstrittenen Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Beteiligten eines Besitzeinweisungsverfahrens nicht. Das gilt auch unter der Prämisse, dass der Besitz des Grundstücks Bestandteil des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Eigentums ist und die vorzeitige Besitzeinweisung demzufolge bereits Enteignungscharakter hat (so Büchs, Handbuch des Eigentums- und Entschädigungsrechts, 3. Aufl. 1996, Rn. 2066; Dyong, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Sept. 2013, § 116 Rn. 17; Aust, in: Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, S. 1397 Rn. 30.1; Scheidler, UPR 2009, 125; s. auch OVG Münster, Beschluss vom 24. Januar 2008 - 20 B 1789/07 - NWVBl 2009, 316 juris Rn. 9). Die damit im Zusammenhang stehenden Fragen bedürfen hier keiner Vertiefung. Denn unabhängig davon ist der Gesetzgeber im Rahmen der ihm obliegenden gerechten Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten (Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG) von Verfassungs wegen nicht gezwungen, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen gerade der Enteignungsentschädigung (mit der Rechtswegfolge aus Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG) zuzuordnen; in § 18f FStrG ist dies auch nicht geschehen. Trifft das Gesetz keine eigenständige Regelung über die Erstattung der notwendigen Rechtsverfolgungskosten, können allerdings die betreffenden Enteignungsvorschriften verfassungskonform dahin auszulegen sein, dass derartige Kosten als Folgeschäden der Enteignung zu entschädigen sind (so bereits BGH, Urteil vom 6. Dezember 1965 - III ZR 172/64 - NJW 1966, 493 <496> zu § 96 BBauG/BauGB; s. auch Papier, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 14 <Stand Juli 2010> Rn. 632; Depenheuer, in: v. Mangold/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 455). Daraus folgt aber nicht, dass der Gesetzgeber sämtliche Folgeschäden unter dem Gesichtspunkt des Entschädigungsrechts erfassen muss. In Ausfüllung des ihm insoweit zustehenden Regelungsspielraums (vgl. Papier a.a.O. Rn. 633) hat er inzwischen mit der grundlegenden, in § 121 BauGB getroffenen Systementscheidung einen anderen Weg beschritten. Nach dieser außerhalb der Entschädigungsregelungen normierten Kostenvorschrift zählen zu den Kosten, die bei Ablehnung eines Enteignungsantrages vom Antragsteller und bei Stattgabe vom Entschädigungsverpflichteten zu tragen sind (§ 121 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB) auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten (§ 121 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Die Herauslösung des diesbezüglichen Erstattungsanspruches aus den Folgeschäden soll die Unbilligkeit beseitigen, die darin bestand, dass die Enteignungsentschädigung im Falle der Ablehnung des Enteignungsantrages nicht eingreift. Demgegenüber stellt § 121 BauGB unabhängig vom Verfahrensausgang sicher, dass die Kosten einer anwaltlichen Vertretung erstattungsfähig sind, wenn sie zur zweckentsprechenden und erfolgreichen Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen notwendig waren (BTDrucks 7/2496 S. 61); diese eigenständige Kostenregelung entfaltet Sperrwirkung gegenüber den Vorschriften über die Enteignungsentschädigung (Schmidt-Aßmann/Groß, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Sept. 2013, § 96 Rn. 92). Die Grundentscheidung, die der Bundesgesetzgeber für Enteignungskosten - einschließlich der Kosten vorläufiger Besitzeinweisungen (Dyong a.a.O. Rn. 19a) - in § 121 Abs. 2 BauGB getroffen hat, hat Auswirkungen auch auf den in § 18f FStrG geregelten Fall der vorzeitigen Besitzeinweisung. Sie schließt es aus, die notwendigen Rechtsverfolgungskosten dort als Teil der Entschädigung (§ 18f Abs. 5 FStrG) aufzufassen. Denn es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber an der seinerzeit als unbillig empfundenen, durch die Neufassung des § 121 BauGB überwundenen Rechtslage gerade im Zusammenhang mit § 18f FStrG dennoch hätte festhalten wollen. Vielmehr deutet der Umstand, dass in § 18f FStrG eine spezielle Regelung über die Kosten zweckentsprechender Rechtsverfolgung fehlt, auf eine planwidrige Regelungslücke hin, die durch entsprechende Anwendung des § 121 Abs. 2 BauGB zu schließen ist. Die Zuständigkeit der Zivilgerichte drängt sich nach Auffassung des Senats auch weder wegen einer besonderen Sachnähe der ordentlichen Gerichte für Entschädigungsfragen noch unter den vom Oberverwaltungsgericht genannten Zweckmäßigkeits- und Praktikabilitätsgesichtspunkten auf, wobei offen bleiben kann, ob für diese Kriterien angesichts des Erfordernisses einer ausdrücklichen Zuweisung an ein anderes Gericht (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO) überhaupt Raum ist (kritisch hierzu insbesondere Ehlers a.a.O. § 40 Rn. 489 ff.). Nach der Systematik des entsprechend anwendbaren § 121 Abs. 2 BauGB steht der Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten nicht im Zusammenhang mit der Besitzeinweisungsentschädigung; eine besondere Sachnähe besteht vielmehr zu dem Rechtsbehelf gegen die vorzeitige Besitzeinweisung als solche, für den § 18f Abs. 6a FStrG die Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung und mithin die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte voraussetzt (s. auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 25. November 2010 - 11 Bauland W 1/10 - NVwZ 2011, 639). b) Die Rechtswegzuweisung zu den ordentlichen Gerichten ergibt sich auch nicht aus § 50 Abs. 1 Satz 2 EntGBbg i.V.m. §§ 217 ff., 232 BauGB (Zuweisung zu den Kammern und Senaten für Baulandsachen). Die landesrechtliche Zuweisungsnorm gilt nur für Anträge auf gerichtliche Entscheidung gegen Entscheidungen der Enteignungsbehörde "nach diesem Gesetz", d.h. wenn und soweit nicht Bundesrecht anzuwenden ist (vgl. § 1 Satz 1 EntGBbg). Eine bundesrechtliche Verweisungsnorm, wie sie § 19 Abs. 5 FStrG für Enteignungen im engeren Sinn enthält, fehlt für die vorzeitige Besitzeinweisung. Damit können die genannten Rechtswegbestimmungen auch nicht entsprechend angewandt werden. c) Eine abdrängende Zuweisung ist schließlich auch nicht aus § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu entnehmen. Die dort genannte "Aufopferung für das gemeine Wohl" erfasst nur den allgemeinen (ungeschriebenen) Aufopferungsanspruch, der zurücktritt, wenn - wie hier - eine spezialgesetzliche Anspruchsgrundlage besteht (Rennert, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 40 Rn. 108; vgl. auch Urteil vom 24. Juni 1993 - BVerwG 7 C 26.92 - BVerwGE 94, 1 <6 ff.>). 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Kostenentscheidung ist nicht wegen der Regelung des § 17b Abs. 2 GVG entbehrlich. Die Anfechtung der Entscheidung über die Verweisung löst ein selbständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist (Beschlüsse vom 28. September 1994 - BVerwG 1 B 163.94 u.a. - Buchholz 300 § 13 GVG Nr. 4 und vom 12. April 2013 - BVerwG 9 B 37.12 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 308 Rn. 12). Die Streitwertfestsetzung entfällt, weil Gerichtskosten nicht angefallen sind (KV Nr. 5502 i.V.m. § 1 GKG).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020271&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020274
BVerwG
6. Senat
20140425
6 P 17/13
Beschluss
§ 53 Abs 3 PersVG RP 1992, § 80 Abs 1 Nr 8 PersVG RP 1992
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 2. Oktober 2013, Az: 5 A 10534/13, Beschluss vorgehend VG Mainz, 9. April 2013, Az: 5 K 1671/12.MZ, Beschluss
DEU
Geschäftsbereichübergreifende Mitbestimmung bei der Anwendung der Richtlinien der TdL; Lehrkräfte; Begriff des Verwaltungszweigs
1. Die Entscheidung über die Anwendung der Richtlinien der TdL über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte erfüllt den Mitbestimmungstatbestand nach § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG (juris: PersVG RP 1992) (Fragen des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung). 2. Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf Beschäftigte im Geschäftsbereich anderer oberster Dienstbehörden erstrecken, fallen in den Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG.
I. Im Streit ist, ob die Entscheidung über die Anwendung der "Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien)" mitbestimmungspflichtig ist. Die Lehrer-Richtlinien enthalten abstrakte, an Kriterien wie insbesondere der Vorbildung, dem Studienabschluss, der Lehrbefähigung oder dem dienstlichen Einsatz ausgerichtete Regelungen über die Zuordnung von im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräften an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Musikschulen zu einzelnen Entgeltgruppen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die Höhe von Entgelten ist in den Richtlinien nicht geregelt. Die Lehrer-Richtlinien sind am 19./20. Dezember 2011 von der Mitgliederversammlung der TdL in neuer Fassung beschlossen worden, in der sie seit dem 1. Januar 2012 in Kraft sind. Das Land Rheinland-Pfalz ist Mitglied der TdL. Die Arbeitsverträge der einzelnen im Arbeitnehmerstatus beschäftigten Lehrkräfte im Land Rheinland-Pfalz enthalten dynamische Verweisungen auf die Lehrer-Richtlinien. Mit E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 6. März 2012 und vom 3. April 2012 übersandte der Beteiligte zu 2 die Lehrer-Richtlinien sowie zwei weitere, korrigierte Fassungen von ihnen unter anderem an die Beteiligte zu 1 sowie an die Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle in der Oberfinanzdirektion Koblenz mit der "Bitte um Beachtung" und mit dem Hinweis, dass die Mitgliederversammlung der TdL der ab 1. Januar 2012 geltenden Neufassung der Richtlinien zugestimmt habe. Die Beteiligte zu 1 leitete diese E-Mails des Beteiligten zu 2 mit eigenen E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 8. März 2012 und vom 3. April 2012 an die für das Tarifrecht zuständigen Referenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sowie des Pädagogischen Leistungszentrums (PL) mit dem Hinweis weiter, die Richtlinien würden "mit nachstehendem Anschreiben zu ihrer Verwendung" zugeleitet. Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 1 auf, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Richtlinien durchzuführen. Dies wurde abgelehnt. Der Antragsteller hat daraufhin das Beschlussverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, dass ihm bei der Anwendung der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Richtlinien der Tarifgemeinschaft der Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 sei keine Maßnahme der Beteiligten zu 1 im Sinne von § 74 RhPPersVG. Diese habe die Anwendung der Lehrer-Richtlinien weder angeordnet, noch ihrer Anwendung zugestimmt oder sie den Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verbindlich vorgegeben. Ihre E-Mails an die ADD sowie an das PL enthielten deklaratorische Hinweise ohne Regelungscharakter auf die Neufassung der Lehrer-Richtlinien. Erlass, Inhalt und Anwendung der Lehrer-Richtlinien gehörten ausschließlich zum Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2. Dem Antragsteller stehe auch kein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu, der die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 auch für den Geschäftsbereich der Beteiligten zu 1 angeordnet habe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ende, wie aus § 53 Abs. 1 RhPPersVG ersichtlich werde, an der Grenze des Geschäftsbereichs der Beteiligten zu 1. Eine Personalvertretung sei nicht im Hinblick auf Maßnahmen zu beteiligen, die von einer Behörde eines anderen Geschäftsbereichs getroffen würden. Nichts anderes folge aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Anwendung dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass der Beteiligte zu 2 im Verhältnis zur Beteiligten zu 1 einer anderen Körperschaft oder einem anderen Verwaltungszweig desselben Fachressorts angehöre. Nichts von beidem sei der Fall. Verfassungsrechtliche Bestimmungen würden kein abweichendes Ergebnis gebieten. Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren dem Beteiligten zu 2 mitgeteilt, er sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 53 Abs. 3 RhPPersVG gemäß § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt. Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, die Beteiligte zu 1 habe ausweislich der Formulierungen "zu Ihrer Verwendung" und "mit der Bitte um Beachtung" eine eigenständige Entscheidung getroffen. Jedenfalls ergäbe sich sein Mitbestimmungsrecht aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Beteiligte zu 1 steht wie der Vertreter des Bundesinteresses auf dem Standpunkt, die Anwendung der Lehrer-Richtlinien sei durch den Beteiligten zu 2 entschieden worden. Ihr selbst stehe insoweit kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Die Beteiligten zu 1 und 2 sehen § 53 Abs. 3 RhPPersVG als nicht einschlägig an. Eine verwaltungszweigübersteigende Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift komme bei geschäftsbereichsübersteigenden Maßnahmen oberster Dienstbehörden nicht in Betracht. II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 121 Abs. 2 RhPPersVG, § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Der angefochtene Beschluss sowie der erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts sind daher aufzuheben (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 2 ZPO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung. 1. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung über die Anwendung der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 neugefassten Lehrer-Richtlinien gegenüber den im Arbeitnehmerstatus beschäftigten staatlichen Lehrkräften an Grundschulen. Dies war im Tenor klarzustellen. 2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gegenüber der Beteiligten zu 1 verneint. a. Zwar erfüllt die Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien den Tatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG, wonach der Personalrat bei Fragen der Gestaltung des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat. Zweck des Mitbestimmungsrechts nach dieser Vorschrift ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (stRspr; vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG: Beschluss vom 20. November 2008 - BVerwG 6 P 17.07 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 15 Rn. 11 m.w.N.). Zu den danach mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregelungen gehört die Bestimmung von Vergütungsgruppen ebenso wie die Festlegung von Vergütungsgruppenmerkmalen. Solche Bestimmungen bzw. Festlegungen enthalten Entscheidungen über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander. Insofern sind sie für die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit unter den Beschäftigten von hoher Relevanz. Die inhaltliche Ausgestaltung von Vergütungsgruppen und Vergütungsgruppenmerkmalen nach abstrakten Kriterien wird daher vom Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG umfasst (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: BAG, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 1 ABR 61/11 - AP Nr. 143 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Um eben solche Ausgestaltungen handelt es sich bei den Regelungen der Lehrer-Richtlinien. Dass die Lehrer-Richtlinien dienststellenübergreifend Anwendung finden sollen, hindert die Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG nicht (vgl. Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 12). Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG angeordnete Tarifvorrang kommt nicht zum Tragen, da nach Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum TV-L diese Entgeltordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG weiter angeordnete Gesetzesvorrang kommt gleichfalls nicht zum Tragen. Beschlüssen der TdL - einer Arbeitgebervereinigung - kommt keine Gesetzeswirkung zu. Aus sich heraus haben die Beschlüsse der TdL keine arbeitsrechtliche Bedeutung. Es bedarf der Entscheidung des jeweiligen Landes, ob es sie gegenüber seinen Beschäftigten zugrunde legt (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 1995 - 4 AZR 489/94 - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer = juris Rn. 28). Sie sind innerhalb des Landes einer Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 26). b. Jedoch erfolgt die Anwendung der Lehrer-Richtlinien gegenüber den betroffenen Lehrkräften nicht aufgrund einer Maßnahme der Beteiligten zu 1. Die Mitbestimmung der Personalvertretung knüpft an Maßnahmen einer Dienststelle an (vgl. § 74 Abs. 1 RhPPersVG). Maßnahme in diesem Sinne ist jede Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand des Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 19. September 2012 - BVerwG 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 23 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat nicht die Beteiligte zu 1 die Entscheidung getroffen, die Lehrer-Richtlinien in ihrem Geschäftsbereich anzuwenden, d.h. anzuordnen, dass sie der Vergütungsbestimmung von Lehrkräften zugrunde zu legen sind. Sondern eine dahingehende Entscheidung hat - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der Beteiligte zu 2 getroffen, indem er nach Neufassung der Richtlinien durch die Mitgliederversammlung der TdL die neugefassten Richtlinien den betroffenen Stellen innerhalb der Landesverwaltung mit der Bitte um Beachtung übermittelt hat. Der Beteiligte zu 2 hat hierbei die Beteiligte zu 1 ebenso wie die übrigen angeschriebenen Stellen als Bote bzw. Verteilerinstanz eingeschaltet, um seine Entscheidung an die einzelnen für die Sachbearbeitung zuständigen Verwaltungseinheiten weiterzuleiten. Eine solche Weiterleitung hat die Beteiligte zu 1 sodann auch vorgenommen. Dass im Zeitraum vor die Weiterleitung eine Beschlussfassung der Beteiligten zu 1 über die Anwendung der Richtlinien erfolgt wäre, die sich als eigenverantwortliche Durchführung oder Umsetzung qualifizieren ließe (vgl. hierzu Beschluss vom 19. September 2012 a.a.O. Rn. 24), wird durch keine greifbaren Anhaltspunkte belegt. Dagegen spricht zunächst, dass die E-Mail der Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2011 am selben Tag weitergeleitet wurde und somit schon überhaupt keine nennenswerte Zeit für eine eigene Sachbefassung der Beteiligten zu 1 verblieb. Dagegen spricht weiter, dass nach der Anordnung über die Geschäftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2011 (GVBl S. 172) Fragen des Tarifrechts als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" zur Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zählen und folglich keine Kompetenzgrundlage der Beteiligten zu 1 für eine eigenständige Sachbefassung gegeben war. Der Zuordnung der Lehrer-Richtlinien zum Tarifrecht als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" steht, anders als der Antragsteller meint, nicht entgegen, dass es sich bei ihnen um ein Regelwerk handelt, welches einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt worden ist. Der in der Anordnung über die Geschäftsverteilung verwendete Oberbegriff des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" lässt auf den Willen des Anordnungsgebers schließen, den Umgang mit sämtlichen vergütungsbezogenen Regelwerken ohne Rücksicht auf deren Urheberschaft der Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zuzuweisen. Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine entsprechende Zuweisung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste, falls sie mitbestimmungsfreie Entscheidungen von Dienststellen im Bereich des Vergütungswesens ermöglichte. Ungeachtet der vom Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassenen Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber überhaupt verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentativorgans der Beschäftigten zu schaffen, ist dem Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, wie er die Beteiligung von ihm eingerichteter Personalvertretungen im Einzelnen ausgestaltet (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <69>). Eine Verfassungspflicht, keine mitbestimmungsfreien Maßnahmen der Art zuzulassen, wie sie von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG erfasst sind, besteht nicht. 3. Dem Antragsteller steht in der vorliegenden Sache ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu. Zwar endet im Grundsatz die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz an den Grenzen des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde. Letzterer steht im Grundsatz nur der bei ihr gebildete Hauptpersonalrat partnerschaftlich gegenüber. In Abweichung hiervon bestimmt jedoch § 53 Abs. 3 RhPPersVG: "In Angelegenheiten, in denen die Entscheidung von einer Stelle getroffen wird, die einem anderen Verwaltungszweig oder einer anderen Körperschaft angehört als die Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, hat die entscheidungsbefugte Stelle den Personalrat der Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, zu beteiligen und die Dienststelle zu unterrichten." Ausgehend von dieser Vorschrift hätte der Beteiligte zu 2 den Antragsteller im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens beteiligen müssen, bevor er die - nach dem oben Gesagten § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG unterfallende - Entscheidung traf, die Lehrer-Richtlinien gegenüber den Angehörigen der Personengruppe zur Anwendung zu bringen, die vom Antragsteller repräsentiert wird. Hierfür und gegen die von den Beteiligten zu 1 und 2 geteilte gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sprechen folgende Erwägungen: a. Der gesetzlich nicht definierte Begriff des Verwaltungszweigs wird gemeinhin dahingehend verstanden, dass er diejenigen Verwaltungsbereiche bezeichnet, die typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen, d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung (vgl. Beschluss vom 22. Januar 2013 - BVerwG 2 B 89.11 - juris Rn. 7). Ausgehend von diesem Verständnis, das auch den §§ 87 ff. RhPPersVG ("Besondere Bestimmungen für einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes") zugrunde liegt, bilden die jeweiligen Geschäftsbereiche der Beteiligten zu 1 und 2 - nämlich die Bildungs- und die Finanzverwaltung - unterschiedliche Verwaltungszweige. Der Beteiligte zu 2 hat demnach mit der Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien eine Maßnahme getroffen, die sich im Sinne von § 53 Abs. 3 RhPPersVG auf Beschäftigte innerhalb eines anderen Verwaltungszweigs erstreckt. Dagegen spricht nicht, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG seinem Wortlaut nach die Konstellation abdeckt, dass die Entscheidung sich innerhalb des betroffenen anderen Verwaltungszweigs auf Beschäftigte einer einzigen Dienststelle auswirkt. § 53 Abs. 4 RhPPersVG erweitert die Anwendung von Absatz 3 auf die - hier einschlägige - Konstellation, dass innerhalb des anderen Verwaltungszweigs mehrere Dienststellen betroffen sind, und ordnet für diesen Fall die Mitbestimmungszuständigkeit je nach Streubreite der Maßnahme dem Bezirkspersonalrat oder dem Hauptpersonalrat zu. Auch wenn die vom Antragsteller repräsentierten Beschäftigten bereits sämtlich durch den bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gebildeten Bezirkspersonalrat repräsentiert sein dürften (vgl. § 97 Abs. 1 Nr. 1 RhPPersVG), ist die Mitbestimmungszuständigkeit im hier vorliegenden Fall einer Maßnahme, die von einer obersten Dienstbehörde getroffen wird, beim Antragsteller als der hierarchisch am höchsten angesiedelten Stufenvertretung im betroffenen anderen Verwaltungszweig anzusiedeln; dies muss aus dem Rechtsgedanken des § 53 Abs. 1 RhPPersVG gefolgert werden. b. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sowie der Beteiligten zu 1 und 2 sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich einer anderen obersten Dienstbehörde erstrecken, vom Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG auszunehmen. aa. Der Umstand, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG das Partnerschaftsprinzip durchbricht (vgl. hierzu LTDrucks 15/4466 S. 16), spricht nicht zwingend für eine enge Auslegung der Vorschrift. Hingegen spricht für eine weite Auslegung der Vorschrift, dass sie sogar Fälle erfasst, in denen Maßnahmen einer Körperschaft sich auf Beschäftigte einer anderen Körperschaft erstrecken. Verglichen hiermit wäre es unverständlich, wenn nicht sogar wertungswidersprüchlich, von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Fälle auszunehmen, in denen sich - innerhalb ein- und derselben Körperschaft - Maßnahmen eines ministeriellen Geschäftsbereichs auf Beschäftigte in anderen ministeriellen Geschäftsbereichen erstrecken. Der Gesetzgeber hatte bei § 53 Abs. 3 RhPPersVG ersichtlich im Auge, keine personalratsfreien Räume entstehen zu lassen (vgl. Jacobi/Küssner/Meerkamp, Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz, Stand April 2013, § 53 Rn. 16). bb. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vom Beteiligten zu 2 erwähnten § 83 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 RhPPersVG. Dass danach ein Einwendungsrecht des Personalrats bei Kündigungen besteht, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer "an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort" weiterbeschäftigt werden kann, besagt ersichtlich nichts für das Verständnis von § 53 Abs. 3 RhPPersVG. cc. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass im Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz anders als in § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG keine Regelung zur Einrichtung einer gemeinsamen Einigungsstelle bei Maßnahmen, die sich auf Dienststellen mehrerer oberster Dienstbehörden erstrecken, enthalten ist. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat bei der genannten Vorschrift offenkundig im Auge gehabt, ein mögliches Auseinanderlaufen verschiedener Beteiligungsverfahren zu verhindern. Für den rheinland-pfälzischen Gesetzgeber war dieser Aspekt nicht vorrangig. Andernfalls wäre die Aufnahme der körperschaftsübersteigenden Beteiligung in § 53 Abs. 3 RhPPersVG, bei der - im Falle einer Vielzahl Betroffener - die Gefahr divergierender Beteiligungsergebnisse evident ist, unerklärlich. Schon von daher überzeugt es nicht, dass der Beteiligte zu 2 bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG denjenigen Regelungswillen zugrunde gelegt sehen möchte, der den baden-württembergischen Gesetzgeber bei § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG geleitet hat. dd. Auch aus der Entstehungsgeschichte von § 53 Abs. 3 RhPPersVG, der auf das Personalvertretungsgesetz vom 8. Dezember 1992 (GVBl S. 333) zurückgeht, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Beteiligte zu 2 aus der früheren Vorschrift des § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. auf einen mit Bedacht normierten Gegensatz zwischen den Begriffen des Verwaltungszweigs und des ministeriellen Geschäftsbereichs schließen möchte, dem auch bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Rechnung zu tragen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Begriffs "Geschäftsbereich" in § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. erklärte sich aus dessen Regelungsgegenstand. Vereinbarungen mit gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen sollten nach dieser Vorschrift in Bezug auf Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde geschlossen werden können, die sich nicht ausschließlich auf die bei ihr Beschäftigten auswirken. Es lag für den Gesetzgeber nahe, diesen Sachverhalt mit der Wendung "über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehend" zu umschreiben. Auf einen Willen, die Konstellation einer geschäftsbereichsübersteigenden Personalratsbeteiligung, mit der ein Auseinanderfallen von Maßnahmenbefugnis und personeller Betroffenheit überbrückt werden soll, von dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG - der eben diesen Zweck verfolgt - auszunehmen, kann hieraus indes nicht geschlossen werden. ee. Entgegen der Beteiligten zu 1 ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit divergierender Positionierungen der verschiedenen bei der Beteiligten zu 1 angesiedelten Stufenvertretungen für Lehrkräfte kein tragfähiges Argument gegen das hier gefundene Ergebnis. Eine solche Möglichkeit besteht auch in Bezug auf Maßnahmen, die die Beteiligte zu 1 selbst einheitlich gegenüber sämtlichen Gruppen von Lehrkräften treffen möchte. Im hier vorliegenden Fall dürften divergierende Positionierungen im Übrigen deshalb nicht überhandnehmen, weil ein erheblicher Teil der Regelungen der Lehrer-Richtlinien nur jeweils eine Gruppe von Lehrkräften betrifft. Überdies kann der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, soweit auch auf Ebene der Einigungsstellen ein einheitliches Ergebnis nicht zustande kommt, gerade in den besonders wichtigen, die Regierungsgewalt berührenden Angelegenheiten durch die Wahrnehmung des Evokationsrechts seitens der obersten Dienstbehörde nach § 75 Abs. 6 RhPPersVG begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn der zu 2 beteiligte Finanzminister zur Entscheidung berufen ist und ihm Personalvertretungen verschiedener Ressorts gegenüberstehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020274&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020275
BVerwG
2. Senat
20140430
2 C 65/11
Urteil
§ 59 Nr 1 BG RP, § 59 Nr 2 BG RP, § 62 Abs 1 S 3 BG RP, § 2 Abs 2 SGB 9, § 69 Abs 1 SGB 9, § 69 Abs 5 SGB 9
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 22. September 2011, Az: 2 A 10665/11, Urteil vorgehend VG Koblenz, 24. Februar 2011, Az: 6 K 1186/10.KO, Urteil
DEU
Nachträgliche Auswechselung des Grundes der Versetzung in den Ruhestand; Altersgrenze; rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung; Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung
Nach dem Beginn des Ruhestandes kann weder die Versetzung in den Ruhestand noch der Grund, auf dem sie beruht, durch Widerruf, Rücknahme oder Wiederaufgreifen des Verfahrens nachträglich geändert werden (wie Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 22.06 - Buchholz 232 § 47 BBG Nr. 3 Rn. 13 f.). Das gilt auch dann, wenn der Beamte die Zurruhesetzungsverfügung mit dem Ziel der Auswechselung des Grundes für den Ruhestand (Schwerbehinderung statt Erreichen der Antragsaltersgrenze) angefochten hat und die zuständige Behörde später rückwirkend seine Schwerbehinderung feststellt.
Der Kläger begehrt die Auswechselung des Grundes für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Der am 1. Mai 1947 geborene Kläger beantragte im Februar 2002 die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell. Die Freistellungsphase sollte mit Vollendung des 63. Lebensjahres enden. Ergänzend teilte er mit, er habe einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt, über den noch nicht abschließend entschieden sei. Der Beklagte bewilligte die Altersteilzeit antragsgemäß. Im Jahr 2004 wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt. Aufgrund einer Verschlechterung seiner Gesundheit beantragte er im Jahr 2008 erneut die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und erhob im Jahre 2009 eine entsprechende Klage beim Sozialgericht. Im März 2010 bat der Beklagte den Kläger, den Nachweis der Schwerbehinderung bis spätestens Ende April 2010 vorzulegen; andernfalls werde er antragsgemäß aufgrund des Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand versetzt. Der Kläger verwies auf das noch laufende sozialgerichtliche Verfahren. Da der Kläger deren Nachweis nicht vorlegte, versetzte ihn der Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2010 mit Ablauf dieses Tages wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand. Die Versorgungsbezüge des Klägers wurden um den gesetzlich vorgesehenen Versorgungsabschlag in Höhe von 7,2 % gekürzt. Widerspruch und Klage gegen die Zurruhesetzungsverfügung, die sich nicht gegen die Zurruhesetzung als solche, sondern wegen der damit verbundenen Abzüge bei den Versorgungsbezügen ausschließlich gegen den Grund für die Zurruhesetzung richtete, blieben erfolglos. Während des Berufungsverfahrens stellte die hierfür zuständige Behörde rückwirkend ab Dezember 2009 beim Kläger einen Grad der Behinderung von 50 fest. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Kläger mit Ablauf des 30. April 2010 wegen seiner Schwerbehinderung in den Ruhestand zu versetzen. Das Oberverwaltungsgericht hat darauf abgestellt, der für den Grund der Zurruhesetzung maßgebliche Antrag des Klägers sei auf eine Zurruhesetzung vorrangig wegen Schwerbehinderung und nur hilfsweise wegen Erreichens des 63. Lebensjahres gerichtet gewesen. Die Zurruhesetzung wegen Schwerbehinderung setze nicht die förmliche Feststellung, sondern lediglich das Vorliegen einer Schwerbehinderung voraus. Vor Eintritt der Bestandskraft der Zurruhesetzungsverfügung sei eine nachträgliche, aber rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung ebenso zu berücksichtigen wie eine bereits bei Ruhestandseintritt vorliegende Feststellung. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision. Er beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. September 2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Februar 2011 zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). § 59 des rheinland-pfälzischen Landesbeamtengesetzes - LBG RP - vom 14. Juli 1970 (GVBl S. 241) in der Fassung vom 7. Juli 2009 (GVBl S. 279) als im Zeitpunkt der Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf des 30. April 2010 geltendes und damit maßgebliches Recht regelt die Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der allgemeinen gesetzlichen Altersgrenze. Danach konnte ein Beamter auf seinen Antrag auch ohne den Nachweis der Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden, wenn er entweder das 63. Lebensjahr vollendet hatte (§ 59 Nr. 1 LBG RP) oder schwerbehindert im Sinne des § 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) war und das 60. Lebensjahr vollendet hatte (§ 59 Nr. 2 LBG RP). Das Oberverwaltungsgericht ist zwar rechtsfehlerfrei von einem Antrag des Klägers ausgegangen, als Schwerbehinderter in den Ruhestand versetzt zu werden (1.). Allerdings verletzt es § 59 Nr. 2 LBG RP i.V.m. § 69 Abs. 1 und 5 SGB IX sowie § 62 Abs. 1 Satz 3 LBG RP, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, eine Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung setze nicht die förmliche Feststellung, sondern lediglich das Vorliegen einer Schwerbehinderung voraus (2.) und der in der Zurruhesetzungsverfügung festgesetzte Grund für die Zurruhesetzung könne auch nach dem Beginn des Ruhestands noch ausgewechselt werden (3.). Der Kläger hat das erforderliche Rechtsschutzinteresse für seine Klage. Bei einer Versetzung in den Ruhestand nach § 59 Nr. 2 LBG RP statt nach § 59 Nr. 1 LBG RP müsste er keinen Versorgungsabschlag hinnehmen. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 3 Nr. 1 BeamtVG in der am 31. August 2006 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926), der bei Beginn des Ruhestands des Klägers nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG, § 108 Abs. 1 BeamtVG fortgalt. Danach konnten Schwerbehinderte ab Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Versorgungsabschläge vorzeitig in den Ruhestand gehen. 1. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Antrag des Klägers auf Zurruhesetzung gerichtet war, vorrangig wegen Schwerbehinderung, hilfsweise wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung im Wege der Auslegung ist revisionsrechtlich Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137 Abs. 2 VwGO. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht an den vom Tatsachengericht festgestellten Erklärungsinhalt gebunden, wenn dieses Gericht sein Ergebnis rechtsfehlerfrei begründet hat. Die Bindung tritt nicht ein, wenn die Auslegung auf einer unvollständigen Würdigung der festgestellten Tatsachen, einem Rechtsirrtum, einem Verstoß gegen eine Auslegungsregel oder einem Verstoß gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz oder ein Denkgesetz beruht. Nur in diesen Fällen kann das Bundesverwaltungsgericht die Erklärung selbst auslegen (stRspr; zuletzt Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 23.12 - ZBR 2014, 126 Rn. 14). Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, der um den Hinweis auf ein laufendes Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter ergänzte Antrag des Klägers aus dem Jahre 2002, mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt zu werden, könne nur so verstanden werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall in den Ruhestand treten wollte, allerdings zur Vermeidung eines Versorgungsabschlags möglichst wegen Schwerbehinderung nach § 59 Nr. 2 LBG RP und hilfsweise wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze nach § 59 Nr. 1 LBG RP. Diese Auslegung verstößt nicht gegen einen allgemeinen Auslegungsgrundsatz (vgl. § 133 BGB), sodass sie das Revisionsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen hat. 2. Allerdings verletzt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass es im Rahmen des § 59 Nr. 2 LBG RP nicht auf die förmliche Feststellung der Schwerbehinderung ankomme, sondern ihr tatsächliches Vorliegen genüge, § 59 Nr. 2 LBG RP i.V.m. § 69 Abs. 1 und 5 SGB IX als revisibles Recht. Zwar verlangt § 59 Nr. 2 LBG RP nicht ausdrücklich die Feststellung der Schwerbehinderung. Die Norm nimmt Bezug auf die Schwerbehinderung im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX. Damit wird aber nicht nur der materiell-rechtliche Bedeutungsgehalt der nach § 59 Nr. 2 LBG RP erforderlichen Schwerbehinderung geklärt, sondern zugleich auch die Zuständigkeit zur Feststellung der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch IX in Bezug genommen. Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest (§ 69 Abs. 1 SGB IX) und stellen einen Ausweis hierüber aus, der dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen dient, die schwerbehinderten Menschen nach Teil 2 des Sozialgesetzbuch IX oder nach anderen Vorschriften zustehen (§ 69 Abs. 5 SGB IX). Dies zeigt, dass nur die mit dem Vollzug des Sozialgesetzbuches IX beauftragten Behörden für die Feststellung der Schwerbehinderung zuständig sein sollen. Andere Behörden können und dürfen keine eigenständige Prüfung einer Schwerbehinderteneigenschaft vornehmen, sondern sind an das - positive oder negative - Ergebnis der Prüfung dieser Behörde gebunden. Ohne eine von der zuständigen Behörde ausgesprochene Feststellung einer Schwerbehinderung dürfen sie keine Schwerbehinderung annehmen. Eine eigenständige Prüfung der Schwerbehinderteneigenschaft eines Beamten durch den Dienstherrn im Rahmen des § 59 Nr. 2 LBG RP ist damit ausgeschlossen. Die in dieser Gesetzeslage zum Ausdruck kommende Feststellungswirkung und Zuständigkeitskonzentration entspricht der ständigen Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht (BSG, Urteil vom 6. Oktober 1981 - 9 RVs 3/81 - BSGE 52, 168 Rn. 26 ff.; BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992 - BVerwG 5 C 48.88 - BVerwGE 90, 65 <69 f.>; vgl. auch Urteile vom 17. Dezember 1982 - BVerwG 7 C 11.81 - BVerwGE 66, 315 <316 ff.> und vom 11. Juli 1985 - BVerwG 7 C 44.83 - BVerwGE 72, 8 <9 ff.>). Damit darf eine Versetzung in den Ruhestand als Schwerbehinderter nach § 59 Nr. 2 LBG RP nur vorgenommen werden, wenn die zuständige Behörde im Zeitpunkt des vom Beamten beantragten Ruhestandsbeginns einen entsprechenden Feststellungsbescheid erlassen hat. Ist das nicht der Fall, ist nur die Versetzung des Beamten in den Ruhestand nach § 59 Nr. 1 LBG RP (Antragsaltersgrenze) möglich. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob das Verfahren auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft noch in der Schwebe oder negativ abgeschlossen ist. Hieran ändert auch nichts, dass die Feststellung der Schwerbehinderung lediglich deklaratorisch wirkt (BSG, Urteile vom 30. April 1979 - 8b RK 1/78 - BSGE 48, 167 Rn. 15 und vom 22. September 1988 - 12 RK 44/87 - SozR 2200 § 176c Nr. 9 Rn. 12). Die Konzentration der Zuständigkeit für diese Feststellung bei den Versorgungsbehörden ist unabhängig davon, ob die Feststellung konstitutiv oder deklaratorisch wirkt; auch ein feststellender Verwaltungsakt kann Bindungswirkung haben (Urteil vom 11. Juli 1985 - BVerwG 7 C 44.83 - BVerwGE 72, 8 <9 f.>). Dem Umstand, dass die Feststellung der Schwerbehinderung nur deklaratorische Bedeutung und zugleich Bindungswirkung hat, wird dadurch Rechnung getragen, dass die Feststellung auch rückwirkend erfolgen kann. Sie bedeutet aber nicht, dass auch andere Behörden zur eigenständigen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft berechtigt und verpflichtet wären. 3. Auch eine - hinter den Zeitpunkt des Ruhestandseintritts des Beamten zurückreichende - rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ermöglicht keine Auswechselung des Grundes für die Zurruhesetzung. Nach § 62 Abs. 1 Satz 3 LBG RP kann die Zurruhesetzungsverfügung - nur - bis zum Beginn des Ruhestandes zurückgenommen werden. Diese Bestimmung, die sich auch in den Beamtengesetzen anderer Länder und des Bundes findet, dient nicht nur dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten, sondern auch dem allgemeinen Interesse der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Damit erweist sie sich als das Gegenstück der Ämterstabilität, die aus ähnlichen Gründen den Widerruf und die Rücknahme der Ernennung von den allgemeinen Vorschriften ausnimmt und an spezielle, im Beamtengesetz selbst geregelte Voraussetzungen knüpft (Urteil vom 25. Oktober 2007 - BVerwG 2 C 22.06 - Buchholz 232 § 47 BBG Nr. 3 Rn. 13 f.). Die Versetzung in den Ruhestand ist - wie die Ernennung des Beamten - ein statusverändernder Verwaltungsakt. Sie ist nach dem Ruhestandsbeginn nicht mehr korrigierbar; die abschließenden Regelungen des Beamtenrechts stehen einem Rückgriff auf die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts über den Widerruf und die Rücknahme von Verwaltungsakten und ein Wiederaufgreifen des Verfahrens (§§ 48, 49, 51 VwVfG) entgegen. Das erfasst auch den Grund für die Zurruhesetzung. Eine Aufspaltung in die Zurruhesetzung "als solche" einerseits und den Grund für die Zurruhesetzung andererseits ist nicht möglich (Urteil vom 25. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 9; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, § 47 a.F. Rn 7.0). Dementsprechend muss der Grund für die Zurruhesetzung bei Erlass der Zurruhesetzungsverfügung feststehen; er darf nicht offen oder in der Schwebe bleiben. Kommt die Versetzung in den Ruhestand aus mehreren gesetzlichen Gründen in Betracht, so ist eine nachträgliche Änderung des Inhalts der Verfügung dahingehend, dass die Zurruhesetzung auf einen anderen der gesetzlichen Gründe gestützt wird, nicht möglich (Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, § 47 a.F. Rn. 8). Das schließt gleichermaßen Änderungen zugunsten wie zu Lasten des Beamten aus. Anderenfalls wäre auch eine Änderung zu Lasten des Beamten etwa bei nachträglichem Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft möglich, z.B. bei einer Krebserkrankung nach Entfallen des Rezidivrisikos. Somit sind inhaltliche Änderungen - auch bezüglich des Grundes der Zurruhesetzungsverfügung - ab Beginn des Ruhestandes ausgeschlossen. Der Beamte hat deshalb bei von der zuständigen Behörde noch nicht festgestellter Schwerbehinderung vor dem von ihm ins Auge gefassten Ruhestandstermin nur die Wahl, entweder "pünktlich" wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand zu treten oder aber zunächst im aktiven Dienst zu bleiben und erst später nach erfolgter Feststellung der Schwerbehinderung wegen der Schwerbehinderung - oder im Fall, dass der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung erfolglos bleibt, wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze - in den Ruhestand zu treten.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020275&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020276
BVerwG
6. Senat
20140502
6 PB 11/14
Beschluss
§ 87 Nr 1 PersVG BE 2004, § 90 Nr 10 PersVG BE 2004, § 16d Abs 1 SGB 2, § 16d Abs 7 SGB 2
vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 30. Januar 2014, Az: OVG 60 PV 20.12, Beschluss vorgehend VG Berlin, 6. November 2012, Az: 61 K 10.12 PVL, Beschluss
DEU
Personalratsbeteiligung bei Eingliederung von MAE-Kräften; privater Dritter als Maßnahmenträger
Der Einsatz erwerbsfähiger Leistungsberechtigter ("MAE-Kräfte") in Arbeitsgelegenheiten gemäß § 16d Abs. 1 und 7 SGB II (juris: SGB 2) in einer Dienststelle unterliegt auch dann wegen Erfüllung des Tatbestands der Einstellung der Mitbestimmung gemäß § 87 Nr. 1 BlnPersVG (juris: PersVG BE 2004) oder der Mitwirkung gemäß § 90 Nr. 10 BlnPersVG, wenn die Dienststelle im sozialrechtlichen Sinn nicht selbst Maßnahmenträger ist, sondern die MAE-Kräfte von einem privaten Dritten vermittelt und angeleitet werden, der seinerseits durch die Agentur für Arbeit als Maßnahmenträger eingeschaltet worden ist und Förderleistungen für die Bereitstellung von Arbeitsgelegenheiten in Anspruch nimmt.
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 91 Abs. 2 BlnPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG ist unbegründet und hat daher keinen Erfolg. 1. Die Grundsatzrüge gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG greift nicht durch. Der Beteiligte sieht der Sache nach als klärungsbedürftig an, ob der Einsatz erwerbsfähiger Leistungsberechtigter (sog. "MAE-Kräfte") in Arbeitsgelegenheiten gemäß § 16d Abs. 1 und 7 SGB II in einer Dienststelle auch dann wegen Erfüllung des Tatbestands der Einstellung der Mitbestimmung gemäß § 87 Nr. 1 BlnPersVG oder der Mitwirkung gemäß § 90 Nr. 10 BlnPersVG unterliegt, wenn die Dienststelle im sozialrechtlichen Sinne nicht selbst Maßnahmenträger ist, sondern die MAE-Kräfte von einem privaten Dritten vermittelt und angeleitet werden , der seinerseits durch die Agentur für Arbeit als Maßnahmenträger eingeschaltet worden ist und Förderleistungen für die Bereitstellung von Arbeitsgelegenheiten in Anspruch nimmt. Diese Frage hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, denn sie ist unter Berücksichtigung des Senatsurteils vom 21. März 2007 (BVerwG 6 P 4.06 - BVerwGE 128, 212 = Buchholz 251.8 § 78 RhPPersVG Nr. 1; für § 99 Abs. 1 BetrVG ebenso BAG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - 1 ABR 60/06 - BAGE 124, 182) eindeutig mit dem Oberverwaltungsgericht zu bejahen, so dass kein Bedarf für die Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens besteht. Der Senat hat in dem Urteil vom 21. März 2007, der die mit § 16d Abs. 1 und 7 SGB II im hier interessierenden Umfang deckungsgleichen Bestimmungen in § 16 Abs. 1 und 3 SGB II a.F. betraf, ausgesprochen, dass MAE-Kräfte, die im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten in der Dienststelle zum Einsatz kommen, dort im Sinne des personalvertretungsrechtlichen Einstellungsbegriffs eingegliedert werden (a.a.O. Rn. 15). Die Zwischenschaltung eines privaten Maßnahmenträgers, der die MAE-Kräfte vermittelt und anleitet, könnte allenfalls dann zu einer anderen rechtlichen Beurteilung als im Urteil vom 21. März 2007 - das den Einsatz bei einer Dienststelle betraf, die selbst als Maßnahmenträger fungierte - führen, wenn aufgrund dieser Zwischenschaltung die Rechtsbeziehung zwischen Dienststelle und den MAE-Kräften nicht die für die Annahme einer Eingliederung erforderlichen Merkmale aufwiese. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, die auch das Urteil vom 21. März 2007 zum Ausgangspunkt nimmt (a.a.O. Rn. 10), ist zur Annahme einer Eingliederung neben der - hier unstreitig gegebenen - tatsächlichen Arbeitsaufnahme im Rahmen der Arbeitsorganisation der Dienststelle ein rechtliches Band erforderlich, durch welches ein Weisungsrecht der Dienststelle, verbunden mit entsprechenden Schutzpflichten, und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Dienstleistenden, verbunden mit entsprechenden Schutzrechten, begründet werden. Ein solches rechtliches Band liegt - wie das Oberverwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - auch vor, wenn MAE-Kräfte, die bei einer Dienststelle zum Einsatz gelangen, durch einen privaten Maßnahmenträger vermittelt und angeleitet werden. Insofern ist zum einen auf die sozialrechtliche Bestimmung des § 16d Abs. 7 Satz 2 HS 2 SGB II zu verweisen, nach der die Vorschriften über den Arbeitsschutz entsprechend anzuwenden sind. Aufgrund dieser Bestimmung ergeben sich unmittelbar im Verhältnis zwischen der Dienststelle und den bei ihr eingesetzten MAE-Kräften einerseits Schutzpflichten und andererseits hiermit korrespondierende Schutzansprüche im Hinblick auf die einschlägigen gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsschutz in einer Weise, wie sie sonst für das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern typisch ist (vgl. näher bezogen auf § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F.: Urteil vom 21. März 2007 a.a.O. Rn. 18). Diese Rechtslage verändert sich nicht dadurch, dass eine Vermittlung und Anleitung betroffener MAE-Kräfte durch einen privaten Maßnahmenträger erfolgt und die Dienststelle nicht selbst als Maßnahmenträger fungiert. Dies gilt auch dann, wenn - wie im Ausgangsfall des vorliegenden Streits - die Dienststelle mit dem privaten Maßnahmenträger im Rahmen eines Kooperationsvertrags vereinbart, dass dieser die MAE-Kräfte über Unfallverhütungsvorschriften belehrt, ihnen Anweisungen zur Arbeitssicherheit erteilt und die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Arbeitsschutzes "erfüllt". Vereinbarungen dieser Art begründen Verpflichtungen des privaten Maßnahmenträgers im Innenverhältnis zur Dienststelle, bei entsprechend zu Tage tretendem Regelungswillen darüber hinaus auch vertragliche Ansprüche zugunsten betroffener Dritter wie hier der MAE-Kräfte. Sie bringen aber weder die gesetzesunmittelbar in § 16a Abs. 7 Satz 2 SGB II normierten Pflichten der Dienststelle zum Erlöschen, noch das in dieser Bestimmung zugleich angelegte Recht von MAE-Kräften, sich gegenüber der Dienststelle, bei der sie eingesetzt sind, auf die Einhaltung dieser Pflichten zu berufen und ggfs. Ansprüche geltend zu machen, sofern sie verletzt werden. Die normativen Vorgaben aus § 16a Abs. 7 Satz 2 SGB II stehen mit anderen Worten nicht dergestalt zur Disposition der Dienststelle, dass diese sich ihrer im Wege der Delegation auf einen privaten Maßnahmenträger, der die MAE-Kräfte vermittelt und anleitet, entledigen könnte. Ein hiervon abweichendes Gesetzesverständnis, nach dem die genannten Vorgaben allein den von der Agentur für Arbeit eingeschalteten Maßnahmenträger und nicht zumindest auch die Dienststelle träfen, bei der die MAE-Kräfte tatsächlich zum Einsatz gelangen, würde die Gefahr erheblicher Schutzlücken zu Lasten der eingesetzten MAE-Kräfte begründen. Denn der außenstehende Maßnahmenträger wird in aller Regel nicht einen derart weitreichenden Zugriff auf die Arbeitsstätte der Dienststelle und ihre arbeitstechnischen Vorrichtungen besitzen, dass er allein aus eigenem Vermögen in der Lage wäre, die Einhaltung der gesetzlichen Arbeitsschutzregelungen auch tatsächlich hinreichend zu gewährleisten. Zum anderen entfällt durch die Einschaltung eines privaten Maßnahmenträgers zur Vermittlung und Anleitung von MAE-Kräften auch nicht die erforderliche Weisungsbefugnis der Dienststelle. Der Senat hat in dem genannten Urteil vom 21. März 2007 ausgesprochen, dass der Normgeber des § 16 Abs. 3 SGB II a.F. unausgesprochen davon ausgegangen ist, erwerbsfähige Hilfsbedürftige würden in Arbeitsgelegenheiten weisungsabhängige Tätigkeiten verrichten (a.a.O. Rn. 18). Es bedarf keiner Entscheidung, ob deshalb - oder womöglich auch aus Gründen, die außerhalb des Sozialrechts liegen - die Ausgestaltung einer Rechtsbeziehung zwischen einer Dienststelle und einem privaten Maßnahmenträger hinsichtlich des Einsatzes von MAE-Kräften in der Dienststelle ausgeschlossen ist, kraft derer das Weisungsrecht gegenüber den MAE-Kräften auf den Maßnahmenträger konzentriert wird und der Dienststelle keine eigenen Weisungsmöglichkeiten gegenüber diesen verbleiben. Soweit - wie mit dem Feststellungsbegehren des Antragstellers und wie beim Ausgangsfall des vorliegenden Streits - ein Maßnahmenträger in Rede steht, dem kraft Vereinbarung mit der Dienststelle dieser gegenüber lediglich die Vermittlung und Anleitung von MAE-Kräften obliegt, ist jedenfalls die Weisungsbefugnis der Dienststelle, von der § 16d Abs. 7 SGB II gleichermaßen wie zuvor § 16 Abs. 3 SGB II a.F. gesetzesunmittelbar ausgeht, sowie die hiermit korrespondierende Weisungsgebundenheit der in der Dienststelle eingesetzten MAE-Kräfte nicht in Frage gestellt. Dies berücksichtigt im Übrigen auch der Kooperationsvertrag, der im Ausgangsfall des vorliegenden Streits abgeschlossen worden ist. Nach ihm ist zwar der vom privaten Maßnahmenträger gestellte Vorarbeiter mit der unmittelbaren Leitung der Arbeitseinsätze vor Ort betraut, hat aber den Arbeitseinsatz und -ablauf der MAE-Kräfte täglich mit einem Beauftragten der Dienststelle abzustimmen. Die Dienststelle soll demnach die wesentlichen Direktionsentscheidungen im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung in der Hand behalten. Ferner ist nach dem Kooperationsvertrag die Arbeitszeitgestaltung mit ihr abzustimmen. Aus den der Dienststelle nach der Kooperationsvereinbarung vorbehaltenen Rechten, Ersatzpersonal für nichtgeeignete Arbeitskräfte anzufordern und die sofortige Beendigung des Arbeitseinsatzes eines Teilnehmers bei personenbezogenem Fehlverhalten zu verlangen, kann zudem indirekt geschlossen werden, dass der Dienststelle nach dem Willen der Kooperationspartner vorgelagert zu den genannten Rechten ein Recht zur Kontrolle der Arbeitserbringung durch die MAE-Kräfte belassen bleiben soll. Die im Urteil vom 21. März 2007 angestellten Erwägungen zu Sinn und Zweck der Personalratsbeteiligung beim Einsatz von MAE-Kräften in der Dienststelle (a.a.O. Rn. 31 ff.) kommen im hier betroffenen Fall des Einsatzes auf Vermittlung eines zwischengeschalteten privaten Maßnahmenträgers gleichermaßen zum Tragen. Der Mitbestimmungs- bzw. Mitwirkungspflichtigkeit des Einsatzes von MAE-Kräften in der vorliegenden Konstellation steht nicht entgegen, wenn die Auswahl der Kräfte durch den privaten Maßnahmenträger erfolgt. Mangels entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen bleibt das Recht der Dienststelle, die von einer Agentur für Arbeit ausgewählten Kräfte wegen fehlender fachlicher oder persönlicher Eignung abzulehnen, unberührt (vgl. Urteil vom 21. März 2007 a.a.O. Rn. 24). Es ist kein Grund ersichtlich, warum kein solches Recht bestehen sollte, wenn die Auswahl durch einen zwischengeschalteten privaten Maßnahmenträger erfolgt. Etwaige entgegenstehende Vereinbarungen mit diesem wären unbeachtlich. Eine Dienststelle kann Beteiligungsrechte des Personalrats nicht dadurch unterlaufen, dass sie auf Einflussnahme bei der Arbeitsaufnahme bei ihr einzusetzender Personen verzichtet (vgl. BAG, Beschluss vom 22. April 1997 - 1 ABR 74/96 - AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972 Bl. 1627 = juris Rn. 51). 2. Die Divergenzrüge gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG greift nicht durch. Der angefochtene Beschluss weicht nicht dadurch vom Urteil des Senats vom 21. März 2007 (a.a.O.) ab, dass in ihm der Dienststelle ein Weisungsrecht hinsichtlich der Arbeitstätigkeit von MAE-Kräften zugesprochen wird. Die vom Antragsteller in Bezug genommene Passage in Rn. 18 des Urteils vom 21. März 2007, wo vom Weisungsrecht des Maßnahmenträgers und nicht der Dienststelle die Rede ist, erklärt sich daraus, dass in dem entschiedenen Fall - anders als im vorliegenden Fall - die Dienststelle selbst als Maßnahmenträger fungierte. 3. Die Gehörsrüge gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG greift nicht durch. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht kann nicht als unzulässige Überraschungsentscheidung gerügt werden. § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG beschränken den Beschwerdeführer auf die Rüge von Gehörsverletzungen durch die Sachentscheidung. Soweit der Beteiligte vorträgt, die Zurückweisung der Beschwerde durch das Oberverwaltungsgericht stelle eine unzulässige Überraschungsentscheidung dar, muss seiner Gehörsrüge gleichfalls der Erfolg versagt bleiben. Mit dem Misserfolg ihres Rechtsmittels müssen Verfahrensbeteiligte stets rechnen. Aus dem Vortrag des Beteiligten ergibt sich kein Verhalten des Oberverwaltungsgerichts, das ein schützenswertes Vertrauen des Beteiligten auf einen Erfolg seiner Beschwerde hätte begründen können.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020276&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020277
BVerwG
6. Senat
20140425
6 P 18/13
Beschluss
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 2. Oktober 2013, Az: 5 A 10539/13, Beschluss vorgehend VG Mainz, 9. April 2013, Az: 5 K 1672/12.MZ, Beschluss
DEU
I. Im Streit ist, ob die Entscheidung über die Anwendung der "Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien)" mitbestimmungspflichtig ist. Die Lehrer-Richtlinien enthalten abstrakte, an Kriterien wie insbesondere der Vorbildung, dem Studienabschluss, der Lehrbefähigung oder dem dienstlichen Einsatz ausgerichtete Regelungen über die Zuordnung von im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräften an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Musikschulen zu einzelnen Entgeltgruppen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die Höhe von Entgelten ist in den Richtlinien nicht geregelt. Die Lehrer-Richtlinien sind am 19./20. Dezember 2011 von der Mitgliederversammlung der TdL in neuer Fassung beschlossen worden, in der sie seit dem 1. Januar 2012 in Kraft sind. Das Land Rheinland-Pfalz ist Mitglied der TdL. Die Arbeitsverträge der einzelnen im Arbeitnehmerstatus beschäftigten Lehrkräfte im Land Rheinland-Pfalz enthalten dynamische Verweisungen auf die Lehrer-Richtlinien. Mit E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 6. März 2012 und vom 3. April 2012 übersandte der Beteiligte zu 2 die Lehrer-Richtlinien sowie zwei weitere, korrigierte Fassungen von ihnen unter anderem an die Beteiligte zu 1 sowie an die Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle in der Oberfinanzdirektion Koblenz mit der "Bitte um Beachtung" und mit dem Hinweis, dass die Mitgliederversammlung der TdL der ab 1. Januar 2012 geltenden Neufassung der Richtlinien zugestimmt habe. Die Beteiligte zu 1 leitete diese E-Mails des Beteiligten zu 2 mit eigenen E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 8. März 2012 und vom 3. April 2012 an die für das Tarifrecht zuständigen Referenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sowie des Pädagogischen Leistungszentrums (PL) mit dem Hinweis weiter, die Richtlinien würden "mit nachstehendem Anschreiben zu ihrer Verwendung" zugeleitet. Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 1 auf, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Richtlinien durchzuführen. Dies wurde abgelehnt. Der Antragsteller hat daraufhin das Beschlussverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, dass ihm bei der Anwendung der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Richtlinien der Tarifgemeinschaft der Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 sei keine Maßnahme der Beteiligten zu 1 im Sinne von § 74 RhPPersVG. Diese habe die Anwendung der Lehrer-Richtlinien weder angeordnet, noch ihrer Anwendung zugestimmt oder sie den Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verbindlich vorgegeben. Ihre E-Mails an die ADD sowie an das PL enthielten deklaratorische Hinweise ohne Regelungscharakter auf die Neufassung der Lehrer-Richtlinien. Erlass, Inhalt und Anwendung der Lehrer-Richtlinien gehörten ausschließlich zum Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2. Dem Antragsteller stehe auch kein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu, der die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 auch für den Geschäftsbereich der Beteiligten zu 1 angeordnet habe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ende, wie aus § 53 Abs. 1 RhPPersVG ersichtlich werde, an der Grenze des Geschäftsbereichs der Beteiligten zu 1. Eine Personalvertretung sei nicht im Hinblick auf Maßnahmen zu beteiligen, die von einer Behörde eines anderen Geschäftsbereichs getroffen würden. Nichts anderes folge aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Anwendung dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass der Beteiligte zu 2 im Verhältnis zur Beteiligten zu 1 einer anderen Körperschaft oder einem anderen Verwaltungszweig desselben Fachressorts angehöre. Nichts von beidem sei der Fall. Verfassungsrechtliche Bestimmungen würden kein abweichendes Ergebnis gebieten. Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren dem Beteiligten zu 2 mitgeteilt, er sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 53 Abs. 3 RhPPersVG gemäß § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt. Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, die Beteiligte zu 1 habe ausweislich der Formulierungen "zu Ihrer Verwendung" und "mit der Bitte um Beachtung" eine eigenständige Entscheidung getroffen. Jedenfalls ergäbe sich sein Mitbestimmungsrecht aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Beteiligte zu 1 steht wie der Vertreter des Bundesinteresses auf dem Standpunkt, die Anwendung der Lehrer-Richtlinien sei durch den Beteiligten zu 2 entschieden worden. Ihr selbst stehe insoweit kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Die Beteiligten zu 1 und 2 sehen § 53 Abs. 3 RhPPersVG als nicht einschlägig an. Eine verwaltungszweigübersteigende Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift komme bei geschäftsbereichsübersteigenden Maßnahmen oberster Dienstbehörden nicht in Betracht. II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 121 Abs. 2 RhPPersVG, § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Der angefochtene Beschluss sowie der erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts sind daher aufzuheben (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 2 ZPO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung. 1. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung über die Anwendung der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 neugefassten Lehrer-Richtlinien gegenüber den im Arbeitnehmerstatus beschäftigten staatlichen Lehrkräften an Integrierten Gesamtschulen. Dies war im Tenor klarzustellen. 2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gegenüber der Beteiligten zu 1 verneint. a. Zwar erfüllt die Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien den Tatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG, wonach der Personalrat bei Fragen der Gestaltung des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat. Zweck des Mitbestimmungsrechts nach dieser Vorschrift ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (stRspr; vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG: Beschluss vom 20. November 2008 - BVerwG 6 P 17.07 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 15 Rn. 11 m.w.N.). Zu den danach mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregelungen gehört die Bestimmung von Vergütungsgruppen ebenso wie die Festlegung von Vergütungsgruppenmerkmalen. Solche Bestimmungen bzw. Festlegungen enthalten Entscheidungen über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander. Insofern sind sie für die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit unter den Beschäftigten von hoher Relevanz. Die inhaltliche Ausgestaltung von Vergütungsgruppen und Vergütungsgruppenmerkmalen nach abstrakten Kriterien wird daher vom Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG umfasst (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: BAG, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 1 ABR 61/11 - AP Nr. 143 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Um eben solche Ausgestaltungen handelt es sich bei den Regelungen der Lehrer-Richtlinien. Dass die Lehrer-Richtlinien dienststellenübergreifend Anwendung finden sollen, hindert die Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG nicht (vgl. Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 12). Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG angeordnete Tarifvorrang kommt nicht zum Tragen, da nach Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum TV-L diese Entgeltordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG weiter angeordnete Gesetzesvorrang kommt gleichfalls nicht zum Tragen. Beschlüssen der TdL - einer Arbeitgebervereinigung - kommt keine Gesetzeswirkung zu. Aus sich heraus haben die Beschlüsse der TdL keine arbeitsrechtliche Bedeutung. Es bedarf der Entscheidung des jeweiligen Landes, ob es sie gegenüber seinen Beschäftigten zugrunde legt (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 1995 - 4 AZR 489/94 - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer = juris Rn. 28). Sie sind innerhalb des Landes einer Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 26). b. Jedoch erfolgt die Anwendung der Lehrer-Richtlinien gegenüber den betroffenen Lehrkräften nicht aufgrund einer Maßnahme der Beteiligten zu 1. Die Mitbestimmung der Personalvertretung knüpft an Maßnahmen einer Dienststelle an (vgl. § 74 Abs. 1 RhPPersVG). Maßnahme in diesem Sinne ist jede Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand des Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 19. September 2012 - BVerwG 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 23 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat nicht die Beteiligte zu 1 die Entscheidung getroffen, die Lehrer-Richtlinien in ihrem Geschäftsbereich anzuwenden, d.h. anzuordnen, dass sie der Vergütungsbestimmung von Lehrkräften zugrunde zu legen sind. Sondern eine dahingehende Entscheidung hat - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der Beteiligte zu 2 getroffen, indem er nach Neufassung der Richtlinien durch die Mitgliederversammlung der TdL die neugefassten Richtlinien den betroffenen Stellen innerhalb der Landesverwaltung mit der Bitte um Beachtung übermittelt hat. Der Beteiligte zu 2 hat hierbei die Beteiligte zu 1 ebenso wie die übrigen angeschriebenen Stellen als Bote bzw. Verteilerinstanz eingeschaltet, um seine Entscheidung an die einzelnen für die Sachbearbeitung zuständigen Verwaltungseinheiten weiterzuleiten. Eine solche Weiterleitung hat die Beteiligte zu 1 sodann auch vorgenommen. Dass im Zeitraum vor der Weiterleitung eine Beschlussfassung der Beteiligten zu 1 über die Anwendung der Richtlinien erfolgt wäre, die sich als eigenverantwortliche Durchführung oder Umsetzung qualifizieren ließe (vgl. hierzu Beschluss vom 19. September 2012 a.a.O. Rn. 24), wird durch keine greifbaren Anhaltspunkte belegt. Dagegen spricht zunächst, dass die E-Mail des Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2011 am selben Tag weitergeleitet wurde und somit schon überhaupt keine nennenswerte Zeit für eine eigene Sachbefassung der Beteiligten zu 1 verblieb. Dagegen spricht weiter, dass nach der Anordnung über die Geschäftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2011 (GVBl S. 172) Fragen des Tarifrechts als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" zur Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zählen und folglich keine Kompetenzgrundlage der Beteiligten zu 1 für eine eigenständige Sachbefassung gegeben war. Der Zuordnung der Lehrer-Richtlinien zum Tarifrecht als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" steht, anders als der Antragsteller meint, nicht entgegen, dass es sich bei ihnen um ein Regelwerk handelt, welches einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt worden ist. Der in der Anordnung über die Geschäftsverteilung verwendete Oberbegriff des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" lässt auf den Willen des Anordnungsgebers schließen, den Umgang mit sämtlichen vergütungsbezogenen Regelwerken ohne Rücksicht auf deren Urheberschaft der Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zuzuweisen. Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine entsprechende Zuweisung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste, falls sie mitbestimmungsfreie Entscheidungen von Dienststellen im Bereich des Vergütungswesens ermöglichte. Ungeachtet der vom Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassenen Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber überhaupt verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentativorgans der Beschäftigten zu schaffen, ist dem Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, wie er die Beteiligung von ihm eingerichteter Personalvertretungen im Einzelnen ausgestaltet (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <69>). Eine Verfassungspflicht, keine mitbestimmungsfreien Maßnahmen der Art zuzulassen, wie sie von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG erfasst sind, besteht nicht. 3. Dem Antragsteller steht in der vorliegenden Sache ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu. Zwar endet im Grundsatz die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz an den Grenzen des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde. Letzterer steht im Grundsatz nur der bei ihr gebildete Hauptpersonalrat partnerschaftlich gegenüber. In Abweichung hiervon bestimmt jedoch § 53 Abs. 3 RhPPersVG: "In Angelegenheiten, in denen die Entscheidung von einer Stelle getroffen wird, die einem anderen Verwaltungszweig oder einer anderen Körperschaft angehört als die Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, hat die entscheidungsbefugte Stelle den Personalrat der Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, zu beteiligen und die Dienststelle zu unterrichten." Ausgehend von dieser Vorschrift hätte der Beteiligte zu 2 den Antragsteller im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens beteiligen müssen, bevor er die - nach dem oben Gesagten § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG unterfallende - Entscheidung traf, die Lehrer-Richtlinien gegenüber den Angehörigen der Personengruppe zur Anwendung zu bringen, die vom Antragsteller repräsentiert wird. Hierfür und gegen die von den Beteiligten zu 1 und 2 geteilte gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sprechen folgende Erwägungen: a. Der gesetzlich nicht definierte Begriff des Verwaltungszweigs wird gemeinhin dahingehend verstanden, dass er diejenigen Verwaltungsbereiche bezeichnet, die typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen, d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung (vgl. Beschluss vom 22. Januar 2013 - BVerwG 2 B 89.11 - juris Rn. 7). Ausgehend von diesem Verständnis, das auch den §§ 87 ff. RhPPersVG ("Besondere Bestimmungen für einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes") zugrunde liegt, bilden die jeweiligen Geschäftsbereiche der Beteiligten zu 1 und 2 - nämlich die Bildungs- und die Finanzverwaltung - unterschiedliche Verwaltungszweige. Der Beteiligte zu 2 hat demnach mit der Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien eine Maßnahme getroffen, die sich im Sinne von § 53 Abs. 3 RhPPersVG auf Beschäftigte innerhalb eines anderen Verwaltungszweigs erstreckt. Dagegen spricht nicht, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG seinem Wortlaut nach die Konstellation abdeckt, dass die Entscheidung sich innerhalb des betroffenen anderen Verwaltungszweigs auf Beschäftigte einer einzigen Dienststelle auswirkt. § 53 Abs. 4 RhPPersVG erweitert die Anwendung von Absatz 3 auf die - hier einschlägige - Konstellation, dass innerhalb des anderen Verwaltungszweigs mehrere Dienststellen betroffen sind, und ordnet für diesen Fall die Mitbestimmungszuständigkeit je nach Streubreite der Maßnahme dem Bezirkspersonalrat oder dem Hauptpersonalrat zu. Auch wenn die vom Antragsteller repräsentierten Beschäftigten bereits sämtlich durch den bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gebildeten Bezirkspersonalrat repräsentiert sein dürften (vgl. § 97 Abs. 1 Nr. 1 RhPPersVG), ist die Mitbestimmungszuständigkeit im hier vorliegenden Fall einer Maßnahme, die von einer obersten Dienstbehörde getroffen wird, beim Antragsteller als der hierarchisch am höchsten angesiedelten Stufenvertretung im betroffenen anderen Verwaltungszweig anzusiedeln; dies muss aus dem Rechtsgedanken des § 53 Abs. 1 RhPPersVG gefolgert werden. b. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sowie der Beteiligten zu 1 und 2 sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich einer anderen obersten Dienstbehörde erstrecken, vom Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG auszunehmen. aa. Der Umstand, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG das Partnerschaftsprinzip durchbricht (vgl. hierzu LTDrucks 15/4466 S. 16), spricht nicht zwingend für eine enge Auslegung der Vorschrift. Hingegen spricht für eine weite Auslegung der Vorschrift, dass sie sogar Fälle erfasst, in denen Maßnahmen einer Körperschaft sich auf Beschäftigte einer anderen Körperschaft erstrecken. Verglichen hiermit wäre es unverständlich, wenn nicht sogar wertungswidersprüchlich, von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Fälle auszunehmen, in denen sich - innerhalb ein- und derselben Körperschaft - Maßnahmen eines ministeriellen Geschäftsbereichs auf Beschäftigte in anderen ministeriellen Geschäftsbereichen erstrecken. Der Gesetzgeber hatte bei § 53 Abs. 3 RhPPersVG ersichtlich im Auge, keine personalratsfreien Räume entstehen zu lassen (vgl. Jacobi/Küssner/Meerkamp, Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz, Stand April 2013, § 53 Rn. 16). bb. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vom Beteiligten zu 2 erwähnten § 83 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 RhPPersVG. Dass danach ein Einwendungsrecht des Personalrats bei Kündigungen besteht, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer "an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort" weiterbeschäftigt werden kann, besagt ersichtlich nichts für das Verständnis von § 53 Abs. 3 RhPPersVG. cc. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass im Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz anders als in § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG keine Regelung zur Einrichtung einer gemeinsamen Einigungsstelle bei Maßnahmen, die sich auf Dienststellen mehrerer oberster Dienstbehörden erstrecken, enthalten ist. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat bei der genannten Vorschrift offenkundig im Auge gehabt, ein mögliches Auseinanderlaufen verschiedener Beteiligungsverfahren zu verhindern. Für den rheinland-pfälzischen Gesetzgeber war dieser Aspekt nicht vorrangig. Andernfalls wäre die Aufnahme der körperschaftsübersteigenden Beteiligung in § 53 Abs. 3 RhPPersVG, bei der - im Falle einer Vielzahl Betroffener - die Gefahr divergierender Beteiligungsergebnisse evident ist, unerklärlich. Schon von daher überzeugt es nicht, dass der Beteiligte zu 2 bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG denjenigen Regelungswillen zugrunde gelegt sehen möchte, der den baden-württembergischen Gesetzgeber bei § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG geleitet hat. dd. Auch aus der Entstehungsgeschichte von § 53 Abs. 3 RhPPersVG, der auf das Personalvertretungsgesetz vom 8. Dezember 1992 (GVBl S. 333) zurückgeht, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Beteiligte zu 2 aus der früheren Vorschrift des § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. auf einen mit Bedacht normierten Gegensatz zwischen den Begriffen des Verwaltungszweigs und des ministeriellen Geschäftsbereichs schließen möchte, dem auch bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Rechnung zu tragen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Begriffs "Geschäftsbereich" in § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. erklärte sich aus dessen Regelungsgegenstand. Vereinbarungen mit gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen sollten nach dieser Vorschrift in Bezug auf Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde geschlossen werden können, die sich nicht ausschließlich auf die bei ihr Beschäftigten auswirken. Es lag für den Gesetzgeber nahe, diesen Sachverhalt mit der Wendung "über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehend" zu umschreiben. Auf einen Willen, die Konstellation einer geschäftsbereichsübersteigenden Personalratsbeteiligung, mit der ein Auseinanderfallen von Maßnahmenbefugnis und personeller Betroffenheit überbrückt werden soll, von dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG - der eben diesen Zweck verfolgt - auszunehmen, kann hieraus indes nicht geschlossen werden. ee. Entgegen der Beteiligten zu 1 ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit divergierender Positionierungen der verschiedenen bei der Beteiligten zu 1 angesiedelten Stufenvertretungen für Lehrkräfte kein tragfähiges Argument gegen das hier gefundene Ergebnis. Eine solche Möglichkeit besteht auch in Bezug auf Maßnahmen, die die Beteiligte zu 1 selbst einheitlich gegenüber sämtlichen Gruppen von Lehrkräften treffen möchte. Im hier vorliegenden Fall dürften divergierende Positionierungen im Übrigen deshalb nicht überhandnehmen, weil ein erheblicher Teil der Regelungen der Lehrer-Richtlinien nur jeweils eine Gruppe von Lehrkräften betrifft. Überdies kann der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, soweit auch auf Ebene der Einigungsstellen ein einheitliches Ergebnis nicht zustande kommt, gerade in den besonders wichtigen, die Regierungsgewalt berührenden Angelegenheiten durch die Wahrnehmung des Evokationsrechts seitens der obersten Dienstbehörde nach § 75 Abs. 6 RhPPersVG begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn der zu 2 beteiligte Finanzminister zur Entscheidung berufen ist und ihm Personalvertretungen verschiedener Ressorts gegenüberstehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020277&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020278
BVerwG
6. Senat
20140425
6 P 19/13
Beschluss
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 2. Oktober 2013, Az: 5 A 10538/13, Beschluss vorgehend VG Mainz, 9. April 2013, Az: 5 K 1669/12.MZ, Beschluss
DEU
I. Im Streit ist, ob die Entscheidung über die Anwendung der "Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien)" mitbestimmungspflichtig ist. Die Lehrer-Richtlinien enthalten abstrakte, an Kriterien wie insbesondere der Vorbildung, dem Studienabschluss, der Lehrbefähigung oder dem dienstlichen Einsatz ausgerichtete Regelungen über die Zuordnung von im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräften an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Musikschulen zu einzelnen Entgeltgruppen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die Höhe von Entgelten ist in den Richtlinien nicht geregelt. Die Lehrer-Richtlinien sind am 19./20. Dezember 2011 von der Mitgliederversammlung der TdL in neuer Fassung beschlossen worden, in der sie seit dem 1. Januar 2012 in Kraft sind. Das Land Rheinland-Pfalz ist Mitglied der TdL. Die Arbeitsverträge der einzelnen im Arbeitnehmerstatus beschäftigten Lehrkräfte im Land Rheinland-Pfalz enthalten dynamische Verweisungen auf die Lehrer-Richtlinien. Mit E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 6. März 2012 und vom 3. April 2012 übersandte der Beteiligte zu 2 die Lehrer-Richtlinien sowie zwei weitere, korrigierte Fassungen von ihnen unter anderem an die Beteiligte zu 1 sowie an die Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle in der Oberfinanzdirektion Koblenz mit der "Bitte um Beachtung" und mit dem Hinweis, dass die Mitgliederversammlung der TdL der ab 1. Januar 2012 geltenden Neufassung der Richtlinien zugestimmt habe. Die Beteiligte zu 1 leitete diese E-Mails des Beteiligten zu 2 mit eigenen E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 8. März 2012 und vom 3. April 2012 an die für das Tarifrecht zuständigen Referenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sowie des Pädagogischen Leistungszentrums (PL) mit dem Hinweis weiter, die Richtlinien würden "mit nachstehendem Anschreiben zu ihrer Verwendung" zugeleitet. Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 1 auf, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Richtlinien durchzuführen. Dies wurde abgelehnt. Der Antragsteller hat daraufhin das Beschlussverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, dass ihm bei der Anwendung der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Richtlinien der Tarifgemeinschaft der Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 sei keine Maßnahme der Beteiligten zu 1 im Sinne von § 74 RhPPersVG. Diese habe die Anwendung der Lehrer-Richtlinien weder angeordnet, noch ihrer Anwendung zugestimmt oder sie den Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verbindlich vorgegeben. Ihre E-Mails an die ADD sowie an das PL enthielten deklaratorische Hinweise ohne Regelungscharakter auf die Neufassung der Lehrer-Richtlinien. Erlass, Inhalt und Anwendung der Lehrer-Richtlinien gehörten ausschließlich zum Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2. Dem Antragsteller stehe auch kein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu, der die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 auch für den Geschäftsbereich der Beteiligten zu 1 angeordnet habe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ende, wie aus § 53 Abs. 1 RhPPersVG ersichtlich werde, an der Grenze des Geschäftsbereichs der Beteiligten zu 1. Eine Personalvertretung sei nicht im Hinblick auf Maßnahmen zu beteiligen, die von einer Behörde eines anderen Geschäftsbereichs getroffen würden. Nichts anderes folge aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Anwendung dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass der Beteiligte zu 2 im Verhältnis zur Beteiligten zu 1 einer anderen Körperschaft oder einem anderen Verwaltungszweig desselben Fachressorts angehöre. Nichts von beidem sei der Fall. Verfassungsrechtliche Bestimmungen würden kein abweichendes Ergebnis gebieten. Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren dem Beteiligten zu 2 mitgeteilt, er sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 53 Abs. 3 RhPPersVG gemäß § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt. Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, die Beteiligte zu 1 habe ausweislich der Formulierungen "zu Ihrer Verwendung" und "mit der Bitte um Beachtung" eine eigenständige Entscheidung getroffen. Jedenfalls ergäbe sich sein Mitbestimmungsrecht aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Beteiligte zu 1 steht wie der Vertreter des Bundesinteresses auf dem Standpunkt, die Anwendung der Lehrer-Richtlinien sei durch den Beteiligten zu 2 entschieden worden. Ihr selbst stehe insoweit kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Die Beteiligten zu 1 und 2 sehen § 53 Abs. 3 RhPPersVG als nicht einschlägig an. Eine verwaltungszweigübersteigende Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift komme bei geschäftsbereichsübersteigenden Maßnahmen oberster Dienstbehörden nicht in Betracht. II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 121 Abs. 2 RhPPersVG, § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Der angefochtene Beschluss sowie der erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts sind daher aufzuheben (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 2 ZPO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung. 1. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung über die Anwendung der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 neugefassten Lehrer-Richtlinien gegenüber den im Arbeitnehmerstatus beschäftigten staatlichen Lehrkräften der Förderschulen. Dies war im Tenor klarzustellen. 2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gegenüber der Beteiligten zu 1 verneint. a. Zwar erfüllt die Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien den Tatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG, wonach der Personalrat bei Fragen der Gestaltung des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat. Zweck des Mitbestimmungsrechts nach dieser Vorschrift ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (stRspr; vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG: Beschluss vom 20. November 2008 - BVerwG 6 P 17.07 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 15 Rn. 11 m.w.N.). Zu den danach mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregelungen gehört die Bestimmung von Vergütungsgruppen ebenso wie die Festlegung von Vergütungsgruppenmerkmalen. Solche Bestimmungen bzw. Festlegungen enthalten Entscheidungen über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander. Insofern sind sie für die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit unter den Beschäftigten von hoher Relevanz. Die inhaltliche Ausgestaltung von Vergütungsgruppen und Vergütungsgruppenmerkmalen nach abstrakten Kriterien wird daher vom Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG umfasst (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: BAG, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 1 ABR 61/11 - AP Nr. 143 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Um eben solche Ausgestaltungen handelt es sich bei den Regelungen der Lehrer-Richtlinien. Dass die Lehrer-Richtlinien dienststellenübergreifend Anwendung finden sollen, hindert die Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG nicht (vgl. Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 12). Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG angeordnete Tarifvorrang kommt nicht zum Tragen, da nach Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum TV-L diese Entgeltordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG weiter angeordnete Gesetzesvorrang kommt gleichfalls nicht zum Tragen. Beschlüssen der TdL - einer Arbeitgebervereinigung - kommt keine Gesetzeswirkung zu. Aus sich heraus haben die Beschlüsse der TdL keine arbeitsrechtliche Bedeutung. Es bedarf der Entscheidung des jeweiligen Landes, ob es sie gegenüber seinen Beschäftigten zugrunde legt (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 1995 - 4 AZR 489/94 - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer = juris Rn. 28). Sie sind innerhalb des Landes einer Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 26). b. Jedoch erfolgt die Anwendung der Lehrer-Richtlinien gegenüber den betroffenen Lehrkräften nicht aufgrund einer Maßnahme der Beteiligten zu 1. Die Mitbestimmung der Personalvertretung knüpft an Maßnahmen einer Dienststelle an (vgl. § 74 Abs. 1 RhPPersVG). Maßnahme in diesem Sinne ist jede Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand des Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 19. September 2012 - BVerwG 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 23 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat nicht die Beteiligte zu 1 die Entscheidung getroffen, die Lehrer-Richtlinien in ihrem Geschäftsbereich anzuwenden, d.h. anzuordnen, dass sie der Vergütungsbestimmung von Lehrkräften zugrunde zu legen sind. Sondern eine dahingehende Entscheidung hat - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der Beteiligte zu 2 getroffen, indem er nach Neufassung der Richtlinien durch die Mitgliederversammlung der TdL die neugefassten Richtlinien den betroffenen Stellen innerhalb der Landesverwaltung mit der Bitte um Beachtung übermittelt hat. Der Beteiligte zu 2 hat hierbei die Beteiligte zu 1 ebenso wie die übrigen angeschriebenen Stellen als Bote bzw. Verteilerinstanz eingeschaltet, um seine Entscheidung an die einzelnen für die Sachbearbeitung zuständigen Verwaltungseinheiten weiterzuleiten. Eine solche Weiterleitung hat die Beteiligte zu 1 sodann auch vorgenommen. Dass im Zeitraum vor der Weiterleitung eine Beschlussfassung der Beteiligten zu 1 über die Anwendung der Richtlinien erfolgt wäre, die sich als eigenverantwortliche Durchführung oder Umsetzung qualifizieren ließe (vgl. hierzu Beschluss vom 19. September 2012 a.a.O. Rn. 24), wird durch keine greifbaren Anhaltspunkte belegt. Dagegen spricht zunächst, dass die E-Mail des Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2011 am selben Tag weitergeleitet wurde und somit schon überhaupt keine nennenswerte Zeit für eine eigene Sachbefassung der Beteiligten zu 1 verblieb. Dagegen spricht weiter, dass nach der Anordnung über die Geschäftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2011 (GVBl S. 172) Fragen des Tarifrechts als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" zur Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zählen und folglich keine Kompetenzgrundlage der Beteiligten zu 1 für eine eigenständige Sachbefassung gegeben war. Der Zuordnung der Lehrer-Richtlinien zum Tarifrecht als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" steht, anders als der Antragsteller meint, nicht entgegen, dass es sich bei ihnen um ein Regelwerk handelt, welches einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt worden ist. Der in der Anordnung über die Geschäftsverteilung verwendete Oberbegriff des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" lässt auf den Willen des Anordnungsgebers schließen, den Umgang mit sämtlichen vergütungsbezogenen Regelwerken ohne Rücksicht auf deren Urheberschaft der Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zuzuweisen. Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine entsprechende Zuweisung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste, falls sie mitbestimmungsfreie Entscheidungen von Dienststellen im Bereich des Vergütungswesens ermöglichte. Ungeachtet der vom Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassenen Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber überhaupt verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentativorgans der Beschäftigten zu schaffen, ist dem Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, wie er die Beteiligung von ihm eingerichteter Personalvertretungen im Einzelnen ausgestaltet (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <69>). Eine Verfassungspflicht, keine mitbestimmungsfreien Maßnahmen der Art zuzulassen, wie sie von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG erfasst sind, besteht nicht. 3. Dem Antragsteller steht in der vorliegenden Sache ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu. Zwar endet im Grundsatz die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz an den Grenzen des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde. Letzterer steht im Grundsatz nur der bei ihr gebildete Hauptpersonalrat partnerschaftlich gegenüber. In Abweichung hiervon bestimmt jedoch § 53 Abs. 3 RhPPersVG: "In Angelegenheiten, in denen die Entscheidung von einer Stelle getroffen wird, die einem anderen Verwaltungszweig oder einer anderen Körperschaft angehört als die Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, hat die entscheidungsbefugte Stelle den Personalrat der Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, zu beteiligen und die Dienststelle zu unterrichten." Ausgehend von dieser Vorschrift hätte der Beteiligte zu 2 den Antragsteller im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens beteiligen müssen, bevor er die - nach dem oben Gesagten § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG unterfallende - Entscheidung traf, die Lehrer-Richtlinien gegenüber den Angehörigen der Personengruppe zur Anwendung zu bringen, die vom Antragsteller repräsentiert wird. Hierfür und gegen die von den Beteiligten zu 1 und 2 geteilte gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sprechen folgende Erwägungen: a. Der gesetzlich nicht definierte Begriff des Verwaltungszweigs wird gemeinhin dahingehend verstanden, dass er diejenigen Verwaltungsbereiche bezeichnet, die typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen, d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung (vgl. Beschluss vom 22. Januar 2013 - BVerwG 2 B 89.11 - juris Rn. 7). Ausgehend von diesem Verständnis, das auch den §§ 87 ff. RhPPersVG ("Besondere Bestimmungen für einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes") zugrunde liegt, bilden die jeweiligen Geschäftsbereiche der Beteiligten zu 1 und 2 - nämlich die Bildungs- und die Finanzverwaltung - unterschiedliche Verwaltungszweige. Der Beteiligte zu 2 hat demnach mit der Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien eine Maßnahme getroffen, die sich im Sinne von § 53 Abs. 3 RhPPersVG auf Beschäftigte innerhalb eines anderen Verwaltungszweigs erstreckt. Dagegen spricht nicht, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG seinem Wortlaut nach die Konstellation abdeckt, dass die Entscheidung sich innerhalb des betroffenen anderen Verwaltungszweigs auf Beschäftigte einer einzigen Dienststelle auswirkt. § 53 Abs. 4 RhPPersVG erweitert die Anwendung von Absatz 3 auf die - hier einschlägige - Konstellation, dass innerhalb des anderen Verwaltungszweigs mehrere Dienststellen betroffen sind, und ordnet für diesen Fall die Mitbestimmungszuständigkeit je nach Streubreite der Maßnahme dem Bezirkspersonalrat oder dem Hauptpersonalrat zu. Auch wenn die vom Antragsteller repräsentierten Beschäftigten bereits sämtlich durch den bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gebildeten Bezirkspersonalrat repräsentiert sein dürften (vgl. § 97 Abs. 1 Nr. 1 RhPPersVG), ist die Mitbestimmungszuständigkeit im hier vorliegenden Fall einer Maßnahme, die von einer obersten Dienstbehörde getroffen wird, beim Antragsteller als der hierarchisch am höchsten angesiedelten Stufenvertretung im betroffenen anderen Verwaltungszweig anzusiedeln; dies muss aus dem Rechtsgedanken des § 53 Abs. 1 RhPPersVG gefolgert werden. b. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sowie der Beteiligten zu 1 und 2 sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich einer anderen obersten Dienstbehörde erstrecken, vom Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG auszunehmen. aa. Der Umstand, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG das Partnerschaftsprinzip durchbricht (vgl. hierzu LTDrucks 15/4466 S. 16), spricht nicht zwingend für eine enge Auslegung der Vorschrift. Hingegen spricht für eine weite Auslegung der Vorschrift, dass sie sogar Fälle erfasst, in denen Maßnahmen einer Körperschaft sich auf Beschäftigte einer anderen Körperschaft erstrecken. Verglichen hiermit wäre es unverständlich, wenn nicht sogar wertungswidersprüchlich, von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Fälle auszunehmen, in denen sich - innerhalb ein- und derselben Körperschaft - Maßnahmen eines ministeriellen Geschäftsbereichs auf Beschäftigte in anderen ministeriellen Geschäftsbereichen erstrecken. Der Gesetzgeber hatte bei § 53 Abs. 3 RhPPersVG ersichtlich im Auge, keine personalratsfreien Räume entstehen zu lassen (vgl. Jacobi/Küssner/Meerkamp, Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz, Stand April 2013, § 53 Rn. 16). bb. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vom Beteiligten zu 2 erwähnten § 83 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 RhPPersVG. Dass danach ein Einwendungsrecht des Personalrats bei Kündigungen besteht, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer "an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort" weiterbeschäftigt werden kann, besagt ersichtlich nichts für das Verständnis von § 53 Abs. 3 RhPPersVG. cc. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass im Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz anders als in § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG keine Regelung zur Einrichtung einer gemeinsamen Einigungsstelle bei Maßnahmen, die sich auf Dienststellen mehrerer oberster Dienstbehörden erstrecken, enthalten ist. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat bei der genannten Vorschrift offenkundig im Auge gehabt, ein mögliches Auseinanderlaufen verschiedener Beteiligungsverfahren zu verhindern. Für den rheinland-pfälzischen Gesetzgeber war dieser Aspekt nicht vorrangig. Andernfalls wäre die Aufnahme der körperschaftsübersteigenden Beteiligung in § 53 Abs. 3 RhPPersVG, bei der - im Falle einer Vielzahl Betroffener - die Gefahr divergierender Beteiligungsergebnisse evident ist, unerklärlich. Schon von daher überzeugt es nicht, dass der Beteiligte zu 2 bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG denjenigen Regelungswillen zugrunde gelegt sehen möchte, der den baden-württembergischen Gesetzgeber bei § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG geleitet hat. dd. Auch aus der Entstehungsgeschichte von § 53 Abs. 3 RhPPersVG, der auf das Personalvertretungsgesetz vom 8. Dezember 1992 (GVBl S. 333) zurückgeht, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Beteiligte zu 2 aus der früheren Vorschrift des § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. auf einen mit Bedacht normierten Gegensatz zwischen den Begriffen des Verwaltungszweigs und des ministeriellen Geschäftsbereichs schließen möchte, dem auch bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Rechnung zu tragen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Begriffs "Geschäftsbereich" in § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. erklärte sich aus dessen Regelungsgegenstand. Vereinbarungen mit gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen sollten nach dieser Vorschrift in Bezug auf Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde geschlossen werden können, die sich nicht ausschließlich auf die bei ihr Beschäftigten auswirken. Es lag für den Gesetzgeber nahe, diesen Sachverhalt mit der Wendung "über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehend" zu umschreiben. Auf einen Willen, die Konstellation einer geschäftsbereichsübersteigenden Personalratsbeteiligung, mit der ein Auseinanderfallen von Maßnahmenbefugnis und personeller Betroffenheit überbrückt werden soll, von dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG - der eben diesen Zweck verfolgt - auszunehmen, kann hieraus indes nicht geschlossen werden. ee. Entgegen der Beteiligten zu 1 ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit divergierender Positionierungen der verschiedenen bei der Beteiligten zu 1 angesiedelten Stufenvertretungen für Lehrkräfte kein tragfähiges Argument gegen das hier gefundene Ergebnis. Eine solche Möglichkeit besteht auch in Bezug auf Maßnahmen, die die Beteiligte zu 1 selbst einheitlich gegenüber sämtlichen Gruppen von Lehrkräften treffen möchte. Im hier vorliegenden Fall dürften divergierende Positionierungen im Übrigen deshalb nicht überhandnehmen, weil ein erheblicher Teil der Regelungen der Lehrer-Richtlinien nur jeweils eine Gruppe von Lehrkräften betrifft. Überdies kann der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, soweit auch auf Ebene der Einigungsstellen ein einheitliches Ergebnis nicht zustande kommt, gerade in den besonders wichtigen, die Regierungsgewalt berührenden Angelegenheiten durch die Wahrnehmung des Evokationsrechts seitens der obersten Dienstbehörde nach § 75 Abs. 6 RhPPersVG begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn der zu 2 beteiligte Finanzminister zur Entscheidung berufen ist und ihm Personalvertretungen verschiedener Ressorts gegenüberstehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020278&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020279
BVerwG
6. Senat
20140425
6 P 20/13
Beschluss
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 2. Oktober 2013, Az: 5 A 10541/13, Beschluss vorgehend VG Mainz, 9. April 2013, Az: 5 K 1668/12.MZ, Beschluss
DEU
I. Im Streit ist, ob die Entscheidung über die Anwendung der "Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte (Lehrer-Richtlinien)" mitbestimmungspflichtig ist. Die Lehrer-Richtlinien enthalten abstrakte, an Kriterien wie insbesondere der Vorbildung, dem Studienabschluss, der Lehrbefähigung oder dem dienstlichen Einsatz ausgerichtete Regelungen über die Zuordnung von im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräften an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen sowie an Musikschulen zu einzelnen Entgeltgruppen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Die Höhe von Entgelten ist in den Richtlinien nicht geregelt. Die Lehrer-Richtlinien sind am 19./20. Dezember 2011 von der Mitgliederversammlung der TdL in neuer Fassung beschlossen worden, in der sie seit dem 1. Januar 2012 in Kraft sind. Das Land Rheinland-Pfalz ist Mitglied der TdL. Die Arbeitsverträge der einzelnen im Arbeitnehmerstatus beschäftigten Lehrkräfte im Land Rheinland-Pfalz enthalten dynamische Verweisungen auf die Lehrer-Richtlinien. Mit E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 6. März 2012 und vom 3. April 2012 übersandte der Beteiligte zu 2 die Lehrer-Richtlinien sowie zwei weitere, korrigierte Fassungen von ihnen unter anderem an die Beteiligte zu 1 sowie an die Zentrale Besoldungs- und Versorgungsstelle in der Oberfinanzdirektion Koblenz mit der "Bitte um Beachtung" und mit dem Hinweis, dass die Mitgliederversammlung der TdL der ab 1. Januar 2012 geltenden Neufassung der Richtlinien zugestimmt habe. Die Beteiligte zu 1 leitete diese E-Mails des Beteiligten zu 2 mit eigenen E-Mails vom 23. Dezember 2011, vom 8. März 2012 und vom 3. April 2012 an die für das Tarifrecht zuständigen Referenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) sowie des Pädagogischen Leistungszentrums (PL) mit dem Hinweis weiter, die Richtlinien würden "mit nachstehendem Anschreiben zu ihrer Verwendung" zugeleitet. Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 1 auf, das Mitbestimmungsverfahren hinsichtlich der Richtlinien durchzuführen. Dies wurde abgelehnt. Der Antragsteller hat daraufhin das Beschlussverfahren mit dem Antrag eingeleitet, festzustellen, dass ihm bei der Anwendung der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Richtlinien der Tarifgemeinschaft der Länder über die Eingruppierung der im Arbeitnehmerverhältnis beschäftigten Lehrkräfte ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 sei keine Maßnahme der Beteiligten zu 1 im Sinne von § 74 RhPPersVG. Diese habe die Anwendung der Lehrer-Richtlinien weder angeordnet, noch ihrer Anwendung zugestimmt oder sie den Dienststellen ihres Geschäftsbereichs verbindlich vorgegeben. Ihre E-Mails an die ADD sowie an das PL enthielten deklaratorische Hinweise ohne Regelungscharakter auf die Neufassung der Lehrer-Richtlinien. Erlass, Inhalt und Anwendung der Lehrer-Richtlinien gehörten ausschließlich zum Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2. Dem Antragsteller stehe auch kein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu, der die Einführung der Lehrer-Richtlinien ab dem 1. Januar 2012 auch für den Geschäftsbereich der Beteiligten zu 1 angeordnet habe. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ende, wie aus § 53 Abs. 1 RhPPersVG ersichtlich werde, an der Grenze des Geschäftsbereichs der Beteiligten zu 1. Eine Personalvertretung sei nicht im Hinblick auf Maßnahmen zu beteiligen, die von einer Behörde eines anderen Geschäftsbereichs getroffen würden. Nichts anderes folge aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Anwendung dieser Vorschrift würde voraussetzen, dass der Beteiligte zu 2 im Verhältnis zur Beteiligten zu 1 einer anderen Körperschaft oder einem anderen Verwaltungszweig desselben Fachressorts angehöre. Nichts von beidem sei der Fall. Verfassungsrechtliche Bestimmungen würden kein abweichendes Ergebnis gebieten. Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Feststellungsbegehren weiter. Der Senat hat im Rechtsbeschwerdeverfahren dem Beteiligten zu 2 mitgeteilt, er sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 53 Abs. 3 RhPPersVG gemäß § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.V.m. § 83 Abs. 3 ArbGG beteiligt. Der Antragsteller steht auf dem Standpunkt, die Beteiligte zu 1 habe ausweislich der Formulierungen "zu Ihrer Verwendung" und "mit der Bitte um Beachtung" eine eigenständige Entscheidung getroffen. Jedenfalls ergäbe sich sein Mitbestimmungsrecht aus § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Die Beteiligte zu 1 steht wie der Vertreter des Bundesinteresses auf dem Standpunkt, die Anwendung der Lehrer-Richtlinien sei durch den Beteiligten zu 2 entschieden worden. Ihr selbst stehe insoweit kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Die Beteiligten zu 1 und 2 sehen § 53 Abs. 3 RhPPersVG als nicht einschlägig an. Eine verwaltungszweigübersteigende Beteiligung im Sinne dieser Vorschrift komme bei geschäftsbereichsübersteigenden Maßnahmen oberster Dienstbehörden nicht in Betracht. II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluss beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 121 Abs. 2 RhPPersVG, § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), nämlich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG. Der angefochtene Beschluss sowie der erstinstanzliche Beschluss des Verwaltungsgerichts sind daher aufzuheben (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 562 Abs. 1 ZPO). Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, § 563 Abs. 2 ZPO). Dies führt zum Ausspruch der aus dem Tenor ersichtlichen Feststellung. 1. Das vom Antragsteller beanspruchte Mitbestimmungsrecht bezieht sich auf die Entscheidung über die Anwendung der mit Wirkung ab dem 1. Januar 2012 neugefassten Lehrer-Richtlinien gegenüber den im Arbeitnehmerstatus beschäftigten staatlichen Lehrkräften an Realschulen plus. Dies war im Tenor klarzustellen. 2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers gegenüber der Beteiligten zu 1 verneint. a. Zwar erfüllt die Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien den Tatbestand des § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG, wonach der Personalrat bei Fragen der Gestaltung des Arbeitsentgelts in der Dienststelle einschließlich der Entgeltsysteme, Aufstellung von Entgeltgrundsätzen, Einführung und Anwendung von Entgeltmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat. Zweck des Mitbestimmungsrechts nach dieser Vorschrift ist die angemessene und durchsichtige Gestaltung des Lohngefüges und die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der Dienststelle. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist nicht die konkrete, absolute Höhe des Arbeitsentgelts. Gegenstand sind die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen, d.h. die abstrakt-generellen Grundsätze der Entgeltfindung (stRspr; vgl. etwa zu § 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 BlnPersVG: Beschluss vom 20. November 2008 - BVerwG 6 P 17.07 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 15 Rn. 11 m.w.N.). Zu den danach mitbestimmungspflichtigen Entgeltfindungsregelungen gehört die Bestimmung von Vergütungsgruppen ebenso wie die Festlegung von Vergütungsgruppenmerkmalen. Solche Bestimmungen bzw. Festlegungen enthalten Entscheidungen über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander. Insofern sind sie für die Wahrung der Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit unter den Beschäftigten von hoher Relevanz. Die inhaltliche Ausgestaltung von Vergütungsgruppen und Vergütungsgruppenmerkmalen nach abstrakten Kriterien wird daher vom Mitbestimmungsrecht aus § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG umfasst (vgl. zu § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG: BAG, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 1 ABR 61/11 - AP Nr. 143 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = juris Rn. 23 f. m.w.N.). Um eben solche Ausgestaltungen handelt es sich bei den Regelungen der Lehrer-Richtlinien. Dass die Lehrer-Richtlinien dienststellenübergreifend Anwendung finden sollen, hindert die Anwendung von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG nicht (vgl. Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 12). Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG angeordnete Tarifvorrang kommt nicht zum Tragen, da nach Nr. 4 der Vorbemerkungen zu allen Teilen der Entgeltordnung zum TV-L diese Entgeltordnung nicht für Beschäftigte gilt, die als Lehrkräfte beschäftigt sind. Der in § 73 Abs. 1 RhPPersVG weiter angeordnete Gesetzesvorrang kommt gleichfalls nicht zum Tragen. Beschlüssen der TdL - einer Arbeitgebervereinigung - kommt keine Gesetzeswirkung zu. Aus sich heraus haben die Beschlüsse der TdL keine arbeitsrechtliche Bedeutung. Es bedarf der Entscheidung des jeweiligen Landes, ob es sie gegenüber seinen Beschäftigten zugrunde legt (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 1995 - 4 AZR 489/94 - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer = juris Rn. 28). Sie sind innerhalb des Landes einer Abänderung im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugänglich (Beschluss vom 20. November 2008 a.a.O. Rn. 26). b. Jedoch erfolgt die Anwendung der Lehrer-Richtlinien gegenüber den betroffenen Lehrkräften nicht aufgrund einer Maßnahme der Beteiligten zu 1. Die Mitbestimmung der Personalvertretung knüpft an Maßnahmen einer Dienststelle an (vgl. § 74 Abs. 1 RhPPersVG). Maßnahme in diesem Sinne ist jede Handlung oder Entscheidung, die den Rechtsstand des Beschäftigten berührt. Die Maßnahme muss auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielen. Nach Durchführung der Maßnahme müssen das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren haben (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 19. September 2012 - BVerwG 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 23 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hat nicht die Beteiligte zu 1 die Entscheidung getroffen, die Lehrer-Richtlinien in ihrem Geschäftsbereich anzuwenden, d.h. anzuordnen, dass sie der Vergütungsbestimmung von Lehrkräften zugrunde zu legen sind. Sondern eine dahingehende Entscheidung hat - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat - der Beteiligte zu 2 getroffen, indem er nach Neufassung der Richtlinien durch die Mitgliederversammlung der TdL die neugefassten Richtlinien den betroffenen Stellen innerhalb der Landesverwaltung mit der Bitte um Beachtung übermittelt hat. Der Beteiligte zu 2 hat hierbei die Beteiligte zu 1 ebenso wie die übrigen angeschriebenen Stellen als Bote bzw. Verteilerinstanz eingeschaltet, um seine Entscheidung an die einzelnen für die Sachbearbeitung zuständigen Verwaltungseinheiten weiterzuleiten. Eine solche Weiterleitung hat die Beteiligte zu 1 sodann auch vorgenommen. Dass im Zeitraum vor der Weiterleitung eine Beschlussfassung der Beteiligten zu 1 über die Anwendung der Richtlinien erfolgt wäre, die sich als eigenverantwortliche Durchführung oder Umsetzung qualifizieren ließe (vgl. hierzu Beschluss vom 19. September 2012 a.a.O. Rn. 24), wird durch keine greifbaren Anhaltspunkte belegt. Dagegen spricht zunächst, dass die E-Mail des Beteiligten zu 2 vom 23. Dezember 2011 am selben Tag weitergeleitet wurde und somit schon überhaupt keine nennenswerte Zeit für eine eigene Sachbefassung der Beteiligten zu 1 verblieb. Dagegen spricht weiter, dass nach der Anordnung über die Geschäftsverteilung der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2011 (GVBl S. 172) Fragen des Tarifrechts als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" zur Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zählen und folglich keine Kompetenzgrundlage der Beteiligten zu 1 für eine eigenständige Sachbefassung gegeben war. Der Zuordnung der Lehrer-Richtlinien zum Tarifrecht als Bestandteil des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" steht, anders als der Antragsteller meint, nicht entgegen, dass es sich bei ihnen um ein Regelwerk handelt, welches einseitig von der Arbeitgeberseite festgelegt worden ist. Der in der Anordnung über die Geschäftsverteilung verwendete Oberbegriff des "finanziellen öffentlichen Dienstrechts" lässt auf den Willen des Anordnungsgebers schließen, den Umgang mit sämtlichen vergütungsbezogenen Regelwerken ohne Rücksicht auf deren Urheberschaft der Ressortzuständigkeit des Beteiligten zu 2 zuzuweisen. Dem Antragsteller kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine entsprechende Zuweisung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen müsste, falls sie mitbestimmungsfreie Entscheidungen von Dienststellen im Bereich des Vergütungswesens ermöglichte. Ungeachtet der vom Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassenen Frage, ob die Grundrechte oder das Sozialstaatsprinzip den Gesetzgeber überhaupt verpflichten, für den Bereich des öffentlichen Dienstes in gewissem Umfang Beteiligungsrechte eines gewählten Repräsentativorgans der Beschäftigten zu schaffen, ist dem Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet, wie er die Beteiligung von ihm eingerichteter Personalvertretungen im Einzelnen ausgestaltet (BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <69>). Eine Verfassungspflicht, keine mitbestimmungsfreien Maßnahmen der Art zuzulassen, wie sie von § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG erfasst sind, besteht nicht. 3. Dem Antragsteller steht in der vorliegenden Sache ein Mitbestimmungsrecht gegenüber dem Beteiligten zu 2 zu. Zwar endet im Grundsatz die Reichweite der personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmung nach dem Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz an den Grenzen des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde. Letzterer steht im Grundsatz nur der bei ihr gebildete Hauptpersonalrat partnerschaftlich gegenüber. In Abweichung hiervon bestimmt jedoch § 53 Abs. 3 RhPPersVG: "In Angelegenheiten, in denen die Entscheidung von einer Stelle getroffen wird, die einem anderen Verwaltungszweig oder einer anderen Körperschaft angehört als die Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, hat die entscheidungsbefugte Stelle den Personalrat der Dienststelle, auf die oder deren Beschäftigte sich die Maßnahme erstreckt, zu beteiligen und die Dienststelle zu unterrichten." Ausgehend von dieser Vorschrift hätte der Beteiligte zu 2 den Antragsteller im Rahmen eines Mitbestimmungsverfahrens beteiligen müssen, bevor er die - nach dem oben Gesagten § 80 Abs. 1 Nr. 8 RhPPersVG unterfallende - Entscheidung traf, die Lehrer-Richtlinien gegenüber den Angehörigen der Personengruppe zur Anwendung zu bringen, die vom Antragsteller repräsentiert wird. Hierfür und gegen die von den Beteiligten zu 1 und 2 geteilte gegenteilige Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sprechen folgende Erwägungen: a. Der gesetzlich nicht definierte Begriff des Verwaltungszweigs wird gemeinhin dahingehend verstanden, dass er diejenigen Verwaltungsbereiche bezeichnet, die typischerweise einem Fachressort als Geschäftsbereich unterstehen, d.h. die großen, übergeordneten Struktureinheiten wie z.B. die Finanz- oder die Innenverwaltung (vgl. Beschluss vom 22. Januar 2013 - BVerwG 2 B 89.11 - juris Rn. 7). Ausgehend von diesem Verständnis, das auch den §§ 87 ff. RhPPersVG ("Besondere Bestimmungen für einzelne Zweige des öffentlichen Dienstes") zugrunde liegt, bilden die jeweiligen Geschäftsbereiche der Beteiligten zu 1 und 2 - nämlich die Bildungs- und die Finanzverwaltung - unterschiedliche Verwaltungszweige. Der Beteiligte zu 2 hat demnach mit der Entscheidung über die Anwendung der Lehrer-Richtlinien eine Maßnahme getroffen, die sich im Sinne von § 53 Abs. 3 RhPPersVG auf Beschäftigte innerhalb eines anderen Verwaltungszweigs erstreckt. Dagegen spricht nicht, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG seinem Wortlaut nach die Konstellation abdeckt, dass die Entscheidung sich innerhalb des betroffenen anderen Verwaltungszweigs auf Beschäftigte einer einzigen Dienststelle auswirkt. § 53 Abs. 4 RhPPersVG erweitert die Anwendung von Absatz 3 auf die - hier einschlägige - Konstellation, dass innerhalb des anderen Verwaltungszweigs mehrere Dienststellen betroffen sind, und ordnet für diesen Fall die Mitbestimmungszuständigkeit je nach Streubreite der Maßnahme dem Bezirkspersonalrat oder dem Hauptpersonalrat zu. Auch wenn die vom Antragsteller repräsentierten Beschäftigten bereits sämtlich durch den bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion gebildeten Bezirkspersonalrat repräsentiert sein dürften (vgl. § 97 Abs. 1 Nr. 1 RhPPersVG), ist die Mitbestimmungszuständigkeit im hier vorliegenden Fall einer Maßnahme, die von einer obersten Dienstbehörde getroffen wird, beim Antragsteller als der hierarchisch am höchsten angesiedelten Stufenvertretung im betroffenen anderen Verwaltungszweig anzusiedeln; dies muss aus dem Rechtsgedanken des § 53 Abs. 1 RhPPersVG gefolgert werden. b. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sowie der Beteiligten zu 1 und 2 sprechen keine durchgreifenden Gründe dafür, Maßnahmen oberster Dienstbehörden, die sich auf den gesamten Geschäftsbereich einer anderen obersten Dienstbehörde erstrecken, vom Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG auszunehmen. aa. Der Umstand, dass § 53 Abs. 3 RhPPersVG das Partnerschaftsprinzip durchbricht (vgl. hierzu LTDrucks 15/4466 S. 16), spricht nicht zwingend für eine enge Auslegung der Vorschrift. Hingegen spricht für eine weite Auslegung der Vorschrift, dass sie sogar Fälle erfasst, in denen Maßnahmen einer Körperschaft sich auf Beschäftigte einer anderen Körperschaft erstrecken. Verglichen hiermit wäre es unverständlich, wenn nicht sogar wertungswidersprüchlich, von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Fälle auszunehmen, in denen sich - innerhalb ein- und derselben Körperschaft - Maßnahmen eines ministeriellen Geschäftsbereichs auf Beschäftigte in anderen ministeriellen Geschäftsbereichen erstrecken. Der Gesetzgeber hatte bei § 53 Abs. 3 RhPPersVG ersichtlich im Auge, keine personalratsfreien Räume entstehen zu lassen (vgl. Jacobi/Küssner/Meerkamp, Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz, Stand April 2013, § 53 Rn. 16). bb. Nichts Gegenteiliges folgt aus dem vom Beteiligten zu 2 erwähnten § 83 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 RhPPersVG. Dass danach ein Einwendungsrecht des Personalrats bei Kündigungen besteht, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer "an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort" weiterbeschäftigt werden kann, besagt ersichtlich nichts für das Verständnis von § 53 Abs. 3 RhPPersVG. cc. Nichts Gegenteiliges folgt daraus, dass im Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz anders als in § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG keine Regelung zur Einrichtung einer gemeinsamen Einigungsstelle bei Maßnahmen, die sich auf Dienststellen mehrerer oberster Dienstbehörden erstrecken, enthalten ist. Der baden-württembergische Gesetzgeber hat bei der genannten Vorschrift offenkundig im Auge gehabt, ein mögliches Auseinanderlaufen verschiedener Beteiligungsverfahren zu verhindern. Für den rheinland-pfälzischen Gesetzgeber war dieser Aspekt nicht vorrangig. Andernfalls wäre die Aufnahme der körperschaftsübersteigenden Beteiligung in § 53 Abs. 3 RhPPersVG, bei der - im Falle einer Vielzahl Betroffener - die Gefahr divergierender Beteiligungsergebnisse evident ist, unerklärlich. Schon von daher überzeugt es nicht, dass der Beteiligte zu 2 bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG denjenigen Regelungswillen zugrunde gelegt sehen möchte, der den baden-württembergischen Gesetzgeber bei § 85 Abs. 6 Satz 3 BaWüPersVG geleitet hat. dd. Auch aus der Entstehungsgeschichte von § 53 Abs. 3 RhPPersVG, der auf das Personalvertretungsgesetz vom 8. Dezember 1992 (GVBl S. 333) zurückgeht, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Soweit der Beteiligte zu 2 aus der früheren Vorschrift des § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. auf einen mit Bedacht normierten Gegensatz zwischen den Begriffen des Verwaltungszweigs und des ministeriellen Geschäftsbereichs schließen möchte, dem auch bei Auslegung von § 53 Abs. 3 RhPPersVG Rechnung zu tragen sei, kann ihm nicht gefolgt werden. Die Verwendung des Begriffs "Geschäftsbereich" in § 86 Abs. 1 RhPPersVG a.F. erklärte sich aus dessen Regelungsgegenstand. Vereinbarungen mit gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen sollten nach dieser Vorschrift in Bezug auf Maßnahmen einer obersten Dienstbehörde geschlossen werden können, die sich nicht ausschließlich auf die bei ihr Beschäftigten auswirken. Es lag für den Gesetzgeber nahe, diesen Sachverhalt mit der Wendung "über den Geschäftsbereich einer obersten Dienstbehörde hinausgehend" zu umschreiben. Auf einen Willen, die Konstellation einer geschäftsbereichsübersteigenden Personalratsbeteiligung, mit der ein Auseinanderfallen von Maßnahmenbefugnis und personeller Betroffenheit überbrückt werden soll, von dem Anwendungsbereich des § 53 Abs. 3 RhPPersVG - der eben diesen Zweck verfolgt - auszunehmen, kann hieraus indes nicht geschlossen werden. ee. Entgegen der Beteiligten zu 1 ergibt sich schließlich aus der Möglichkeit divergierender Positionierungen der verschiedenen bei der Beteiligten zu 1 angesiedelten Stufenvertretungen für Lehrkräfte kein tragfähiges Argument gegen das hier gefundene Ergebnis. Eine solche Möglichkeit besteht auch in Bezug auf Maßnahmen, die die Beteiligte zu 1 selbst einheitlich gegenüber sämtlichen Gruppen von Lehrkräften treffen möchte. Im hier vorliegenden Fall dürften divergierende Positionierungen im Übrigen deshalb nicht überhandnehmen, weil ein erheblicher Teil der Regelungen der Lehrer-Richtlinien nur jeweils eine Gruppe von Lehrkräften betrifft. Überdies kann der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, soweit auch auf Ebene der Einigungsstellen ein einheitliches Ergebnis nicht zustande kommt, gerade in den besonders wichtigen, die Regierungsgewalt berührenden Angelegenheiten durch die Wahrnehmung des Evokationsrechts seitens der obersten Dienstbehörde nach § 75 Abs. 6 RhPPersVG begegnet werden. Dieser Gesichtspunkt kommt auch zum Tragen, wenn der zu 2 beteiligte Finanzminister zur Entscheidung berufen ist und ihm Personalvertretungen verschiedener Ressorts gegenüberstehen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020279&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020285
BVerwG
4. Senat
20140327
4 CN 3/13
Urteil
§ 1 Abs 6 Nr 7 Buchst b BauGB, § 1a Abs 4 BauGB, § 214 Abs 3 S 1 BauGB, § 34 Abs 1 BNatSchG, § 36 BNatSchG, § 34 Abs 3 BNatSchG, § 34 Abs 4 BNatSchG, § 34 Abs 5 BNatSchG, Art 4 Abs 1 EGRL 147/2009, Art 4 Abs 2 EGRL 147/2009, Art 4 Abs 4 S 1 EGRL 147/2009, Art 6 Abs 3 EWGRL 43/92, Art 6 Abs 4 EWGRL 43/92, Art 7 EWGRL 43/92
vorgehend OVG Lüneburg, 22. Mai 2008, Az: 1 KN 149/05, Urteil
DEU
Unzulässige Straßenplanung im faktischen Vogelschutzgebiet nicht durch nachträgliche Gebietsmeldung "geheilt"
Unzulässige Straßenplanung im faktischen Vogelschutzgebiet nicht durch nachträgliche Gebietsmeldung "geheilt"
Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist der Bebauungsplan Nr. 67 "Kommunale Entlastungsstraße Bensersiel" der Antragsgegnerin. Der Antragsteller ist Eigentümer einer der Ortslage von Bensersiel westlich vorgelagerten landwirtschaftlichen Hofstelle mit ca. 70 ha (teilweise verpachteten) Betriebsflächen, die durch die geplante, mittlerweile fertig gestellte Entlastungsstraße durchschnitten werden. Die Entlastungsstraße ist ca. 2 140 m lang. Sie schließt im Westen mit einem Kreisel an den bisherigen Verlauf der Landesstraße L 5 an und führt von dort mit einem Abstand von ca. 200 bis 250 m südlich um die Ortslage von Bensersiel herum, um im Osten wiederum über einen Kreisel an die durch den Ort als "Hauptstraße" verlaufende, nach Osten auf einer neuen Trasse weiterführende Landesstraße L 5 sowie an die Landesstraße L 8 anzubinden. Ende 2003 beschloss die Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 67, mit dem sie die planungsrechtlichen Grundlagen für die Entlastungsstraße schaffen wollte. Im Aufstellungsverfahren wiesen Umweltverbände in mehreren Stellungnahmen darauf hin, dass der Bereich der Straßentrasse und die angrenzenden Bereiche teilweise ein faktisches Vogelschutzgebiet darstellten. Das war auch der Standpunkt der im Aufstellungsverfahren beteiligten Behörden. Das Gebiet war ferner bei Sudfeldt et. al., Important Bird Areas (Bedeutende Vogelschutzgebiete) in Deutschland - überarbeitete und aktualisierte Gesamtliste (Stand 1. Juli 2002) mit dem Eintrag "Norden-Esens, binnendeichs, 10 485 ha" als sog. IBA-Gebiet aufgeführt. In der Bekanntmachung der Erklärung Europäischer Vogelschutzgebiete des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 23. Juli 2002 war es jedoch noch nicht erfasst. Die EU-Kommission forderte die Bundesrepublik Deutschland deshalb im Vertragsverletzungsverfahren 2001/5117 mit Schreiben vom 3. April 2003 auf, u.a. das Gebiet "IBA Norden-Esens" von ca. 10 000 ha als Besonderes Schutzgebiet auszuweisen. Auf diese Problematik war die Antragsgegnerin im Aufstellungsverfahren zunächst nur mit dem Hinweis eingegangen, die Fläche werde nicht als Vogelschutzgebiet eingeschätzt und sei deshalb nicht gemeldet worden. In der Vorlage für die Ratssitzung vom 20. September 2004, in der der Bebauungsplan Nr. 67 als Satzung beschlossen wurde, bestätigte sie dann allerdings die Bedeutung der IBA-Gebiete und ging auf das Mahnschreiben der EU-Kommission ein. Sie hob jedoch ihren fachlichen Beurteilungsspielraum hervor und legte dar, dass es keinen Anlass gebe, das fragliche Gebiet als eines der für die Erhaltung der in Betracht kommenden Arten zahlen- und flächenmäßig am geeignetsten einzustufen. Auch das Land Niedersachsen sehe keinen Nachmeldebedarf. Selbst wenn es zu einer Nachmeldung kommen sollte, sei zweifelhaft, ob der Planungsraum für die Entlastungsstraße hierzu gehöre, weil gerade wegen der Belange des Vogelschutzes eine Trasse in relativer Nähe zum Ortsrand gewählt worden sei. In einer Stellungnahme der EU-Kommission vom 10. April 2006 wurde das Gebiet erneut als nicht ausreichend gemeldet aufgelistet. Der daraufhin erarbeitete Vorschlag V 63 "Ostfriesische Seemarsch zwischen Norden und Esens" des Landes Niedersachsen für ein ca. 8 000 ha großes Vogelschutzgebiet reicht an die Trasse der Entlastungsstraße heran, schließt diese aber nicht ein, was wiederum auf fachliche Kritik stieß. Am 26. Juni 2007 beschloss die Landesregierung die Nachmeldung des Vogelschutzgebiets V 63 entsprechend dem Vorschlag, mit Bekanntmachung vom 28. Juli 2009 (Nds.MBl. S. 783) wurde es zum Europäischen Vogelschutzgebiet erklärt. Den Normenkontrollantrag des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. Mai 2008 abgelehnt. Die Planung scheitere nicht am Maßstab der Erforderlichkeit. Der Bebauungsplan sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des europäischen Vogelschutzes fehlerhaft, allerdings nur deshalb nicht, weil das Land Niedersachsen inzwischen Vogelschutzgebiete nachgemeldet habe. Damit stehe das Gebiet nicht (mehr) als sog. faktisches Vogelschutzgebiet unter unmittelbarem Schutz der Vogelschutzrichtlinie. Der Umstand, dass das Gebiet als IBA-Gebiet anerkannt gewesen sei, hätte der Planung an sich zunächst entgegen gestanden; die Überlegungen, die die Antragsgegnerin in der Anlage zu ihrer Sitzungsvorlage angestellt habe, hätten bei gleichbleibendem Sachstand die Planung nur dann "gerettet", wenn die Annahme gutachtlich erhärtet worden wäre, dass das faktische Vogelschutzgebiet nicht bis an den Trassenbereich heranreichte. Im Nachhinein sei nunmehr jedoch eine entscheidende Veränderung dadurch eingetreten, dass das Land das Vogelschutzgebiet V 63 nachgemeldet habe. Mit der Nachmeldung stehe zugleich fest, dass diejenigen Bereiche, in denen die Nachmeldung flächenmäßig hinter dem ursprünglichen IBA-Gebiet zurückbleibe, nicht als faktisches Vogelschutzgebiet zu bewerten seien. Offen bleiben könne, ob die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Rechtsänderungen, die zum Fortfall eines Rechtsverstoßes führten, bei der Überprüfung von Planfeststellungsbeschlüssen zu berücksichtigen seien, auf Normenkontrollverfahren übertragen werden könne. Denn hier liege in der Gebietsnachmeldung und der dadurch bewirkten Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen, die von vornherein plausibel gewesen seien. Der Bebauungsplan lasse auch keine Abwägungsfehler erkennen. Die Interessen des Antragstellers seien insgesamt nicht so gewichtig, dass das Vorhaben einer nachhaltigen Verkehrsentlastung dahinter zurückstehen müsste. Mit Beschluss vom 17. Juni 2009 - BVerwG 4 BN 28.08 - hat der Senat die Revision zugelassen zur Klärung der Frage, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen. Von dem zugelassenen Rechtsmittel hat der Antragsteller Gebrauch gemacht. Zur Behebung etwaiger mit der Zulassungsfrage aufgezeigter Bedenken gegen den Bebauungsplan Nr. 67 brachte die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan Nr. 72 in Aufstellung, der im November 2009 ortsüblich bekannt gemacht wurde. Dieser war im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan Nr. 67. Er setzte allerdings erstmals fest, dass die Umgehungsstraße mit einem sog. Flüsterasphalt ausgebaut und mit einer 1,75 m hohen Lärm- und Sichtschutzwand zum Schutze der Wohnbevölkerung und des Vogelschutzgebiets versehen wird. Zur Begründung des Bebauungsplans Nr. 72 stellte die Antragsgegnerin im Wesentlichen auf die Begründung der Vorgängerplanung ab. Auch gegen diesen Bebauungsplan Nr. 72 beantragte der Antragsteller beim Oberverwaltungsgericht eine Normenkontrolle. Bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Bebauungsplan Nr. 72 hatte der Senat das Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 67 ausgesetzt. Nach erfolglosem Eilantrag des Antragstellers (OVG, Beschluss vom 30. April 2010 - 1 MN 34/10) hat das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan Nr. 72 - einschließlich dessen zwischenzeitlich in Kraft gesetzter 1. Änderung - mit Normenkontrollurteil vom 10. April 2013 für unwirksam erklärt, weil der Bebauungsplan zu einer unzulässigen Beeinträchtigung eines faktischen Vogelschutzgebiets führe und gegen Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL verstoße. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 13. Januar 2014 - BVerwG 4 BN 37.13). Mit Bekanntwerden des Normenkontrollurteils gegen den Bebauungsplan Nr. 72 hat der Senat die Aussetzung des Normenkontrollverfahrens gegen den Bebauungsplan Nr. 67 aufgehoben.
Die zulässige Revision ist begründet. Das angegriffene Normenkontrollurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO); der Bebauungsplan Nr. 67 der Antragsgegnerin ist für unwirksam zu erklären (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO). 1. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, der im Jahr 2004 als Satzung beschlossene und im Jahr 2005 bekannt gemachte Bebauungsplan Nr. 67 sei unter dem Gesichtspunkt des europäischen Vogelschutzes deshalb nicht fehlerhaft, weil das Land Niedersachsen im Jahr 2007 das Vogelschutzgebiet V 63 nachgemeldet habe. Zwar hätte die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses von einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgehen müssen. Ihre gegenteilige Einschätzung sei aber durch die vom Land vorgenommene Abgrenzung des nachgemeldeten Vogelschutzgebiets V 63 nachträglich als "von vornherein plausibel" bestätigt worden. Diese Annahme verletzt Bundesrecht. a) Nicht zu beanstanden ist diese Annahme allerdings, soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, das Plangebiet habe bei Satzungsbeschluss dem Schutz der Vogelschutz-Richtlinie unterstanden, der der Planung "an sich" entgegen gestanden habe. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Vogelschutzrichtlinie - V-RL (ABl. L 20/7), die an die Stelle der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 getreten ist, legt fest, dass hinsichtlich der in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten sind insbesondere verpflichtet, die für die Erhaltung dieser Vogelarten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu besonderen Schutzgebieten zu erklären. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der V-RL haben die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen für die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten zu treffen. Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel (unter bestimmten Voraussetzungen) in den Schutzgebieten zu vermeiden. Nur überragende Gemeinwohlbelange wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit sind geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL zu überwinden (Urteil vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - BVerwGE 117, 149 <152 f.>; EuGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - Rs. C-57/89, Leybucht - Slg. 1991, I-883 Rn. 22 f.). Die Mitgliedstaaten haben das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot auch dann zu beachten, wenn sie das betreffende Gebiet nicht zum Vogelschutzgebiet erklärt haben, obwohl dies hätte geschehen müssen (EuGH, Urteil vom 18. März 1999 - Rs. C-166/97 - Slg. 1999, I-1719 Rn. 38). Denn andernfalls könnten die Schutzziele nicht erreicht werden (EuGH, Urteil vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90, Santona - Slg. 1993, I-4221 Rn. 22). Kommt ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten nicht nach, erfahren solche Gebiete als sog. faktische Vogelschutzgebiete bis zu ihrer ordnungsgemäßen Unterschutzstellung den strengen Schutz des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL (EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 47). Faktische Vogelschutzgebiete umfassen Lebensräume und Habitate, die für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen und damit zum Kreis der im Sinne des Art. 4 der V-RL geeignetsten Gebiete gehören (Urteil vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <101>). Über die Abgrenzung dieser Gebiete gibt u.a. das aktualisierte IBA-Verzeichnis Aufschluss. Dieses Verzeichnis ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (z.B. EuGH, Urteil vom 19. Mai 1998 - Rs. C-3/96 - NuR 1998, 538 Rn. 68 ff.) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22. Januar 2004 a.a.O. S. 102) ein bedeutsames Erkenntnismittel. Es hat zwar keinen Rechtsnormcharakter, spielt aber als gewichtiges Indiz für die Zugehörigkeit eines Gebiets zu den im Sinne des Art. 4 der V-RL geeignetsten Gebieten eine maßgebliche Rolle. Seine Indizwirkung kann nur entkräftet werden, wenn der Mitgliedstaat wissenschaftliche Beweise dafür vorlegt, dass die Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der V-RL durch andere als die in diesem Verzeichnis aufgeführten Gebiete erfüllt werden können (EuGH, Urteil vom 13. Dezember 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 51). Von diesen rechtlichen Maßstäben hat sich das Oberverwaltungsgericht (UA S. 18 f.) ersichtlich leiten lassen. Das ergibt sich nicht nur daraus, dass es auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich Bezug genommen hat, sondern kommt etwa auch in der Formulierung zum Ausdruck, die Planung hätte bei gleichbleibendem Sachstand nur "gerettet" werden können, wenn die Annahme gutachtlich erhärtet worden wäre, dass das faktische Vogelschutzgebiet nicht bis an den Trassenbereich heranreicht (UA S. 19). Entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin - auch in der mündlichen Verhandlung - ist dem angegriffenen Urteil auch zu entnehmen, dass das Plangebiet nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts im faktischen Vogelschutzgebiet lag. Das lässt sich nicht nur aus dem Ergebnis der vorinstanzlichen Subsumtion rückschließen, wonach der Umstand, dass Norden-Esens als IBA-Gebiet anerkannt gewesen sei, der Planung "an sich zunächst" entgegen gestanden habe. Das Oberverwaltungsgericht (UA S. 18) hat auch ausdrücklich festgestellt, dass das "Gebiet" (nach der Nachmeldung des Vogelschutzgebiets V 63 durch das Land) "nicht (mehr) als sog. faktisches Vogelschutzgebiet unter unmittelbarem Schutz der Vogelschutz-Richtlinie" stehe, worin zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, dass es nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ursprünglich unter diesem Schutz stand. Keinen Zweifeln unterliegt ferner, dass das Oberverwaltungsgericht mit dem Begriff "Gebiet" das Plangebiet bezeichnet hat. Der Senat hat deshalb im Revisionsverfahren als bindende Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) zugrunde zu legen, dass das Gebiet Norden-Esens als IBA-Gebiet anerkannt war, dass das Plangebiet in diesem IBA-Gebiet lag und dass die Indizwirkung des IBA-Gebiets für das Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebiets seitens der Antragsgegnerin nicht durch einen wissenschaftlichen Gegenbeweis entkräftet wurde. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts hat das Oberverwaltungsgericht auf dieser Tatsachengrundlage angenommen, dass das strenge Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL für faktische Vogelschutzgebiete der Planung "an sich zunächst" entgegenstand, weil es ersichtlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen überragender Gemeinwohlbelange gesehen hat, aufgrund derer das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL hätte überwunden werden können. b) Die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, das strenge Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL sei im "Nachhinein" entfallen, weil das Land das Vogelschutzgebiet V 63 nach Abschluss der Planung nachgemeldet habe (UA S. 19), wobei das Schutzgebiet bis an die Trasse der Entlastungsstraße heranreiche, diese aber nicht mit einschließe, steht dagegen mit Bundesrecht nicht im Einklang. Richtig ist zwar, dass die gerichtliche Anerkennung eines faktischen Vogelschutzgebiets im Falle eines abgeschlossenen Gebietsauswahl- und -meldeverfahrens nur noch unter engen Voraussetzungen in Betracht kommt, nämlich dann, wenn der Nachweis geführt werden kann, dass die vorgenommene Gebietsabgrenzung auf sachwidrigen Erwägungen beruht. Dieser deutlich erhöhte Maßstab für die Anerkennung eines faktischen Vogelschutzgebiets kann indes nicht einer Planung zugute kommen, die zu einem Zeitpunkt aufgestellt wurde, als das Gebietsauswahl- und -meldeverfahren des Landes noch defizitär war. Das gilt bereits aus Rechtsgründen. Auf die vom Oberverwaltungsgericht im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 67 noch verneinte, im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan Nr. 72 sodann aber bejahte Frage, ob die vorgenommene Abgrenzung des nachgemeldeten Vogelschutzgebiets V 63 auf sachwidrigen Erwägungen beruht, kommt es deshalb nicht an. aa) Die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe für die gerichtliche Anerkennung eines faktischen Vogelschutzgebiets im Falle eines abgeschlossenen mitgliedstaatlichen Gebietsauswahl- und -meldeverfahrens hat das Oberverwaltungsgericht (UA S. 19 f.) zutreffend wiedergegeben. Der Umstand, dass ein Land die Auswahl seiner "Natura 2000"-Gebiete abgeschlossen hat, steht der rechtlichen Existenz "faktischer" Vogelschutzgebiete grundsätzlich nicht entgegen (Urteil vom 14. November 2002 - BVerwG 4 A 15.02 - BVerwGE 117, 149 <154>). Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, alle Landschaftsräume zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die für die Erhaltung der betreffenden Vogelarten am geeignetsten erscheinen (EuGH, Urteil vom 19. Mai 1998 a.a.O. Rn. 62). Die Identifizierung Europäischer Vogelschutzgebiete hat sich ausschließlich an ornithologischen Kriterien zu orientieren; eine Abwägung mit anderen Belangen findet nicht statt (Urteil vom 14. November 2002 a.a.O. S. 156). Ob die Ausweisungs- und Meldepflichten erfüllt worden sind, unterliegt grundsätzlich der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Ein Land kann die Diskussion um die Existenz "faktischer" Vogelschutzgebiete folglich nicht dadurch beenden, dass es sein Gebietsauswahlverfahren für abgeschlossen erklärt (Urteil vom 14. November 2002 a.a.O. S. 155). Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der V-RL eröffnet jedoch den Mitgliedstaaten einen fachlichen Beurteilungsspielraum in der Frage, welche Gebiete nach ornithologischen Kriterien für die Erhaltung der zu schützenden Vogelarten "zahlen- und flächenmäßig" am geeignetsten sind (EuGH, Urteile vom 28. Februar 1991 - Rs. C-57/89, Leybucht - Slg. 1991, I-883, vom 2. August 1993 - Rs. C-355/90, Santona - Slg. 1993, I-4221 und vom 11. Juli 1996 - Rs. C-44/95 - NuR 1997, 36). Die Eignungsfaktoren mehrerer Gebiete sind vergleichend zu bewerten. Gehört ein Gebiet hiernach zu den für den Vogelschutz "geeignetsten" Gebieten, ist es zum Vogelschutzgebiet zu erklären. Unterschiedliche fachliche Wertungen sind allerdings möglich. Die Nichtmeldung eines Gebiets ist nicht zu beanstanden, wenn sie fachwissenschaftlich vertretbar ist. Diese Vertretbarkeitskontrolle umfasst auch die Netzbildung in den einzelnen Ländern, hat aber auch insoweit den fachlichen Beurteilungsspielraum des Mitgliedstaates zu beachten. In dem Maße, in dem sich die Gebietsvorschläge eines Landes zu einem kohärenten Netz verdichten, verringert sich die richterliche Kontrolldichte. Mit dem Fortschreiten des mitgliedstaatlichen Auswahl- und Meldeverfahrens steigen die prozessualen Darlegungsanforderungen für die Behauptung, es gebe ein (nicht erklärtes) "faktisches" Vogelschutzgebiet, das eine "Lücke im Netz" schließen soll (Urteil vom 14. November 2002 a.a.O. S. 155 f.). Entsprechendes gilt auch für die zutreffende Gebietsabgrenzung. Die gerichtliche Anerkennung eines faktischen Vogelschutzgebiets kommt im Falle eines abgeschlossenen Gebietsauswahl- und -meldeverfahrens deshalb nur in Betracht, wenn der Nachweis geführt werden kann, dass die Nichteinbeziehung bestimmter Gebiete in ein gemeldetes Vogelschutzgebiet auf sachwidrigen Erwägungen beruht. Das gilt selbst dann, wenn die betreffenden Gebiete im IBA-Verzeichnis aufgeführt sind (Gellermann, in: Landmann/Rohmer, BNatSchG, Stand 1. August 2013, Vor § 31 - 36 Rn. 15 a.E.). Während also im Falle einer unterbliebenen Gebietsmeldung eine widerlegliche Vermutung dafür spricht, dass die im IBA-Verzeichnis aufgeführten Gebiete faktische Vogelschutzgebiete sind, greift im Stadium eines abgeschlossenen mitgliedstaatlichen Auswahl- und Meldeverfahrens umgekehrt eine Vermutung des Inhalts, dass ein faktisches Vogelschutzgebiet außerhalb des gemeldeten Vogelschutzgebiets nicht existiert, die nur durch den Nachweis sachwidriger Erwägungen bei der Gebietsabgrenzung widerlegt werden kann. Der vom Oberverwaltungsgericht für die nachträgliche Bestätigung einer "von vornherein plausiblen" Planung herangezogene Maßstab der vom Land nach Abschluss der Planung vorgenommenen Gebietsabgrenzung ist mithin kein dem Erkenntnismittel des IBA-Verzeichnisses äquivalenter, sondern ein für die Anerkennung faktischer Vogelschutzgebiete deutlich strengerer Maßstab. bb) Zu Unrecht hat das Oberverwaltungsgericht (UA S. 19) angenommen, dass die streitgegenständliche Straßenplanung, die bereits abgeschlossen war, als der Vorschlag für das nachgemeldete Vogelschutzgebiet V 63 erarbeitet wurde, von diesem für die Anerkennung faktischer Vogelschutzgebiete deutlich strengeren Maßstab rückwirkend profitieren könne. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass der Bebauungsplan "an sich zunächst" dem strengen Schutzregime für faktische Vogelschutzgebiete nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL unterstehe. In der Gebietsnachmeldung liege aber im Kern die Bestätigung von fachlichen Annahmen, die "von vornherein plausibel" gewesen seien. Dies beseitigt indes die Unwirksamkeit des Bebauungsplans nicht. Das Oberverwaltungsgericht verkennt bereits den für die Beurteilung der Rechtsgültigkeit von Rechtsnormen maßgeblichen Zeitpunkt. Rechtsnormen, die unter Verletzung (zwingenden) höherrangigen Rechts, das in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt zu beachten war, zustande gekommen sind, sind im Grundsatz von Anfang an (ex tunc) und ohne Weiteres (ipso iure) unwirksam (vgl. z.B. Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand April 2013, vor § 47 Rn. 6 und Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 47 Rn. 112 und 120), soweit sich nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen anderes ergibt (vgl. Beschluss vom 7. März 2002 - BVerwG 4 BN 60.01 - Buchholz 406.13 § 5 ROG Nr. 3 S. 10). Dies gilt jedenfalls für den hier markierten Verstoß gegen Unionsrecht, da ausweislich des entsprechend anzuwendenden § 1a Abs. 4 BauGB der nationale Gesetzgeber die Unwirksamkeit von Bebauungsplänen anordnet, die unter Verstoß gegen Regelungen des Gebietsschutzes für "Natura 2000"-Gebiete erlassen worden sind. Welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgeblich ist, ist im Gesetz nur in Ansätzen geregelt. Für die Abwägung bei Bebauungsplänen bestimmt § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Satzung maßgebend ist; ist der planenden Gemeinde in diesem Zeitpunkt ein beachtlicher Abwägungsfehler unterlaufen, kann der Bebauungsplan - vorbehaltlich etwaiger Planerhaltungsvorschriften (§§ 214, 215 BauGB) - auf der Grundlage dieses Satzungsbeschlusses nicht wirksam in Kraft treten. Ob dieser Zeitpunkt auch für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer Planung mit Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL maßgeblich ist, kann der Senat offen lassen. Denn spätester in Betracht kommender Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist der Zeitpunkt der Inkraftsetzung der Rechtsnorm, hier durch ortsübliche Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Verstößt die Rechtsnorm in diesem Zeitpunkt gegen Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL, ist sie von Anfang an unwirksam (vgl. z.B. Kopp/Schenke, a.a.O.). Vorliegend wurde der Bebauungsplan Nr. 67 am 20. September 2004 als Satzung beschlossen und mit ortsüblicher Bekanntmachung im Amtsblatt für den Landkreis Wittmund am 28. Februar 2005 in Kraft gesetzt. Bis zur Inkraftsetzung des Bebauungsplans war die Meldepraxis des Landes nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 19) defizitär; die von der EU-Kommission angemahnte Nachmeldung und Ausweisung des Gebiets "IBA Norden-Esens" als Besonderes Schutzgebiet lag noch nicht vor (UA S. 5); sie erfolgte erst im Jahre 2007. In dem für die Beurteilung der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 67 spätestens maßgeblichen Zeitpunkt der Inkraftsetzung des Bebauungsplans konnte sich die Antragsgegnerin auf die Abgrenzung des erst ca. zwei Jahre später nachgemeldeten Vogelschutzgebiets V 63 deshalb nicht berufen; als Erkenntnismittel war in diesem Zeitpunkt maßgeblich auf das IBA-Verzeichnis abzustellen. Da das Plangebiet nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im IBA-Gebiet "Norden-Esens" lag und die Annahme, dass das faktische Vogelschutzgebiet nicht bis an den Trassenbereich heranreicht, nicht gutachtlich erhärtet wurde, unterlag die Planung dem strengen Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL. Gegen dieses hat die Antragsgegnerin verstoßen, weil überragende Gemeinwohlbelange, die geeignet gewesen wären, dieses strenge Schutzregime zu überwinden, nicht vorlagen. Da Unbeachtlichkeitsvorschriften (§ 214 Abs. 1 bis 3, § 215 Abs. 1 BauGB) insoweit nicht greifen, konnte der Bebauungsplan Nr. 67 im Zeitpunkt seiner ortsüblichen Bekanntmachung nicht wirksam in Kraft treten. Die Anerkennung eines rückwirkenden Maßstabswechsels bei der Frage der zutreffenden Abgrenzung eines faktischen Vogelschutzgebiets widerspräche auch dem Sanktionscharakter, den der Europäische Gerichtshofs dem strengen Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL beimisst. Sobald ein Vogelschutzgebiet zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt wird, treten gemäß Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 206 vom 22. Juli 1992, 7) - FFH-RL - die Verpflichtungen nach Art. 6 der FFH-RL an die Stelle der Pflichten aus Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL (EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 44). Dieser mit Ausweisung eines Vogelschutzgebiets eintretende Regimewechsel ermöglicht es dem Mitgliedstaat, aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art einen Plan oder ein Projekt durchzuführen, auch wenn sie ein Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen können, sofern eine Alternativlösung nicht vorhanden und durch Ausgleichsmaßnahmen sichergestellt ist, dass die globale Kohärenz des "Natura 2000"-Netzes geschützt ist. Unterlässt der Mitgliedstaat die gebotene Schutzgebietsausweisung, bleibt es bei dem strengen Schutzregime des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL, wonach - wie dargelegt - das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL nur zugunsten überragender Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, überwunden werden kann. Diese Dualität der anwendbaren Regelungen sieht der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 7. Dezember 2000 a.a.O. Rn. 50 ff.) als gerechtfertigt an, weil ein Mitgliedstaat aus der Missachtung seiner unionsrechtlichen Pflichten keinen Vorteil ziehen soll. Einen solchen Vorteil nimmt der Europäische Gerichtshof an, wenn sich ein Mitgliedstaat, der unter Verstoß gegen die Vogelschutz-Richtlinie ein Gebiet nicht zum besonderen Schutzgebiet erklärt, obwohl dies nach fachlichen Gesichtspunkten erforderlich gewesen wäre, auf Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL berufen könnte. Denn ohne den förmlichen Akt der Unterschutzstellung ist es für die Kommission besonders schwer, wirksam zu überprüfen, ob die Mitgliedstaaten das Verfahren nach Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL angewandt haben, und gegebenenfalls festzustellen, dass gegen die daraus resultierenden Verpflichtungen verstoßen wurde. Insbesondere wäre die Gefahr wesentlich größer, dass Pläne und Vorhaben, die das Gebiet beeinträchtigen, von den nationalen Behörden unter Verstoß gegen das genannte Verfahren genehmigt werden, von der Kommission aber nicht überprüft werden können und entgegen den Erfordernissen der Erhaltung dieses Gebiets schwere oder sogar irreparable Umweltschäden verursachen. Darüber hinaus schafft das strenge Schutzregime nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL für faktische Vogelschutzgebiete auch einen Anreiz für die Mitgliedstaaten, besondere Schutzgebiete auszuweisen, weil sie sich dadurch die Möglichkeit eröffnen, sich eines Verfahrens zu bedienen, das es ihnen erlaubt, auch aus Gründen sozialer oder wirtschaftlicher Art einen Plan oder ein Vorhaben zu beschließen, der oder das ein besonderes Schutzgebiet beeinträchtigt (EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2000 a.a.O. Rn. 56). Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts würde der Mitgliedstaat auch im Fall einer Gebietsnachmeldung nach Abschluss einer beeinträchtigenden Planung aus der Missachtung seiner unionsrechtlichen Pflichten Vorteile ziehen. Die Vorteile gingen über die vom Europäischen Gerichtshof angenommenen Vorteile noch hinaus. Denn einem Maßstabswechsel hat das Oberverwaltungsgericht nur hinsichtlich der Frage der Abgrenzung des faktischen Vogelschutzgebiets das Wort geredet, während das angegriffene Urteil nicht erkennen lässt, dass die angegriffene Straßenplanung nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts auch an dem mit der Gebietsnachmeldung erreichten Schutzstatus zu messen wäre. Das hätte hier aber nahegelegen, weil das nachgemeldete Vogelschutzgebiet V 63 nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts an die Trasse der Entlastungsstraße heranreicht. Insoweit greift die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 77), auf die sich das Oberverwaltungsgericht in seiner Normenkontrollentscheidung über den Bebauungsplan Nr. 72 (Urteil vom 10. April 2013 - 1 KN 33/10 - NuR 2013, 424 <425>) nunmehr ausdrücklich gestützt hat, wonach im Einzelfall auch ökologische Beziehungsgefüge zwischen den Rand- und Pufferzonen des Gebiets und den an das Gebiet angrenzenden Flächen oder dort anzutreffenden Pflanzen- oder Tierarten für den günstigen Erhaltungszustand des Gebiets maßgeblich sein können. Hätte die Meldung oder Ausweisung des Vogelschutzgebiets V 63 bereits im Zeitpunkt der Straßenplanung vorgelegen, wäre die Antragsgegnerin gemäß Art. 7 i.V.m. Art. 6 Abs. 3 der FFH-RL, § 34 Abs. 1 BNatSchG gehalten gewesen, die Auswirkungen der Straße auf diese Erhaltungsziele im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung zu untersuchen bzw. gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b, § 1a Abs. 4 BauGB zu berücksichtigen. Entsprechende Planungsanforderungen hat das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 67 nicht formuliert. Dem Oberverwaltungsgericht ist insoweit allerdings kein Vorwurf zu machen. Denn im maßgeblichen Zeitpunkt der Planung war der Schutzstatus des Gebiets noch gar nicht definiert (vgl. hierzu jüngst Urteil vom 8. Januar 2014 - BVerwG 9 A 4.13 - juris LS 5) und konnte deshalb im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) auch nicht berücksichtigt werden. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts hätte die planende Gemeinde damit einen doppelten Vorteil: Sie würde einerseits von der Abgrenzung des nachgemeldeten Gebiets profitieren, andererseits könnten ihr die Erhaltungsziele und Schutzzwecke dieses nachgemeldeten Gebiets aber nicht entgegen gehalten werden. Diese doppelte Vorteilslage liefe der Sanktionsrechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erst recht zuwider. Das gilt umso mehr, als das Land Niedersachsen die Abgrenzung des nachgemeldeten Vogelschutzgebiets V 63 nach eigenem Bekunden "unter Berücksichtigung des Bebauungsplans Nr. 67 vorgenommen" hat (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 10. April 2013 a.a.O. <428>). Damit tritt ein weiterer Zweck des strengen Schutzregimes für faktische Vogelschutzgebiete zu Tage, der darin besteht, eine an ornithologisch-fachlichen Kriterien ausgerichtete Gebietsausweisung und -abgrenzung offen zu halten und nicht durch vorangehende Planungen unrealistisch werden zu lassen. Ein Maßstabswechsel bei der Abgrenzung faktischer Vogelschutzgebiete kommt auch aus diesem Grunde erst mit der Meldung und Ausweisung eines Gebiets in Betracht. Die Forderung nach einer vorhergehenden Meldung und Ausweisung ist auch - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - keine bloße Förmelei. Vielmehr ist dem Vogelschutz in diesem Fall durch das Regelungskonzept des FFH-Rechts Rechnung zu tragen: Die über Art. 7 i.V.m. Art. 6 Abs. 3 und 4 der FFH-RL, § 36 i.V.m. § 34 Abs. 1 und 3 bis 5 BNatSchG eröffnete Möglichkeit, einen Plan aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art durchzuführen, auch wenn er ein Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen kann, setzt die strikte Beachtung der habitatschutzrechtlichen Verfahrensanforderungen und gegebenenfalls der inhaltlichen Anforderungen an eine Abweichungsentscheidung voraus (vgl. hierzu Urteil vom 10. April 2013 - BVerwG 4 C 3.12 - BVerwGE 146, 176 Rn. 10 ff.), die nach § 1a Abs. 4 BauGB auch in der Bauleitplanung einzuhalten sind. Ergibt eine durchzuführende Verträglichkeitsprüfung, dass die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets V 63 beeinträchtigt werden können, ist insbesondere zu prüfen, ob die mit der Straßenplanung beabsichtigte Verkehrsentlastung als "zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses" im Sinne des § 34 Abs. 3 BNatSchG anzuerkennen ist und ob zumutbare Planungsalternativen nicht gegeben sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, sind gemäß § 34 Abs. 5 BNatSchG die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes "Natura 2000" notwendigen Maßnahmen vorzusehen, andernfalls ist die Planung unzulässig. Diese verfahrens- und materiell-rechtlichen Planungsanforderungen sind für den Vogelschutz substantiell von Bedeutung. Sie entfielen, wollte man mit dem Oberverwaltungsgericht die nach Abschluss der Straßenplanung vorgenommene Gebietsnachmeldung als fachliche Bestätigung der "von vornherein plausiblen" Annahmen der Antragsgegnerin zur Abgrenzung des faktischen Vogelschutzgebiets akzeptieren. 2. Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die vom Oberverwaltungsgericht (UA S. 20) offen gelassene Frage, ob die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 252 ff., 256) zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt bei (der gerichtlichen Überprüfung von) Planfeststellungsbeschlüssen auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann, ist zu verneinen. Nach dieser Rechtsprechung sind abweichend von dem Grundsatz, dass es für die gerichtliche Kontrolle eines Planfeststellungsbeschlusses auf die Sach- und Rechtslage bei dessen Erlass ankommt, Rechtsänderungen zu berücksichtigen, die zum Fortfall eines Rechtsverstoßes führen. Diese zum Fachplanungsrecht ergangene Rechtsprechung lässt sich auf Bebauungspläne nicht übertragen. Rechtsnormen, die unter Verletzung höherrangigen Rechts zustande gekommen sind, sind nicht nur - wie ausgeführt - von Anfang an (ex tunc) und ohne weiteres (ipso iure) unwirksam; sie bleiben es auch, soweit nicht aufgrund gesetzlicher Sonderregelungen ausnahmsweise etwas anderes gilt. Der Bebauungsplan Nr. 67 war - wie dargelegt - von Anfang an wegen Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL unwirksam. Planerhaltungsvorschriften kommen insoweit nicht in Betracht. Die Satzung kann deshalb auch nicht aufgrund einer späteren Rechtsänderung wieder "zum Leben erweckt" werden. 3. Da die Nachmeldung des Vogelschutzgebiets V 63 somit unter keinem Gesichtspunkt zu der vom Oberverwaltungsgericht angenommenen "entscheidenden Veränderung" führt, kann der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts selbst entscheiden, dass die Planung gegen Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der V-RL verstößt. Der Bebauungsplan Nr. 67 ist folglich gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020285&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020286
BVerwG
2. Senat
20140227
2 C 19/12
Urteil
Art 140 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 33 Abs 5 GG, Art 79 Abs 3 GG, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, Art 137 Abs 3 WRV, Art 137 Abs 5 WRV
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 18. September 2012, Az: 5 A 1941/10, Urteil vorgehend VG Düsseldorf, 16. Juli 2010, Az: 1 K 714/08, Urteil
DEU
Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten auch für Geistliche und Kirchenbeamte eröffnet; Subsidiarität des staatlichen Rechtswegs; soziale Fürsorgepflicht für bisherige Bedienstete
Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten auch für Geistliche und Kirchenbeamte eröffnet; Subsidiarität des staatlichen Rechtswegs; soziale Fürsorgepflicht für bisherige Bedienstete
Der Kläger beansprucht, im Kirchendienst der Beklagten, einer evangelischen Landeskirche, weiterbeschäftigt zu werden oder zumindest eine Abfindung zu erhalten. Der 1960 geborene Kläger bestand im Jahr 1992 die Zweite Theologische Prüfung. Von Oktober 1992 bis Ende März 1994 stand er als Pastor im Hilfsdienst in einem Dienstverhältnis zur Beklagten. Mit Wirkung vom 1. Juli 1994 ernannte ihn die Beklagte erstmals für die Dauer von fünf Jahren unter Berufung in das Kirchenbeamtenverhältnis auf Zeit zum Pastor im Sonderdienst. Er wurde in einer Kirchengemeinde eingesetzt und mit Aufgaben der Krankenhausseelsorge betraut. Im Juli 1999 wurde das Kirchenbeamtenverhältnis um fünf Jahre verlängert. Nach diesem Zeitraum versicherte die Beklagte den Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung nach und zahlte ihm ein Übergangsgeld. Nach Ablauf des Dienstverhältnisses beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihn unbefristet, hilfsweise erneut auf die Dauer von fünf Jahren befristet in ein Kirchenbeamtenverhältnis zu berufen, weiter hilfsweise ihm eine Abfindung zu gewähren, die sachlich den Regelungen für Wahlbeamte auf Zeit entspreche. Die Beklagte lehnte diese Anträge ab; die Klage vor dem kirchlichen Verwaltungsgericht blieb ohne Erfolg. Im Anschluss hieran hat der Kläger das staatliche Verwaltungsgericht angerufen. Dieses hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten nicht eröffnet sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, über die Rechtsschutzbegehren des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten sei eröffnet. Zum einen übten Religionsgesellschaften, die als öffentlich-rechtliche Körperschaften anerkannt seien, gegenüber ihren Geistlichen und Beamten öffentliche Gewalt aus. Zum anderen stehe dem Kläger ein verfassungsrechtlich verbürgter Justizgewährungsanspruch zu. Die Beklagte habe das Grundrecht des Klägers auf freie Berufswahl verletzt. Danach seien einer Religionsgesellschaft mit Körperschaftsstatus Schutzpflichten gegenüber ihren Seelsorgern auferlegt. Sie dürften Dienstverhältnisse nicht ohne gewichtigen Grund befristen und müssten ihre Bediensteten für den Fall des Ausscheidens aus dem Kirchendienst angemessen absichern. Die Schutzvorkehrungen dürften nicht deutlich von den typusprägenden Grundsätzen des staatlichen Beamtenrechts und den allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts abweichen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. September 2012 aufzuheben, soweit es das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 16. Juli 2010 geändert hat, und die Berufung auch insoweit zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht, nämlich Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Aus dem Bundesrecht ergeben sich keine Ansprüche des Klägers auf unbefristete oder befristete Weiterbeschäftigung im Dienst der Beklagten oder auf weitere Abfindungsleistungen. 1. Das Oberverwaltungsgericht hat den Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten zu Recht für eröffnet erachtet. Dies folgt aber entgegen seiner Auffassung nicht bereits aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, sondern aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten staatlichen Justizgewährungspflicht, mit der ein subjektives Recht korrespondiert. a) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eröffnet den Zugang zu den staatlichen Gerichten nur gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Akte der öffentlichen Gewalt im Sinne dieser Bestimmung sind aber lediglich Maßnahmen grundrechtsverpflichteter Staatsfunktionen, mithin alle Staatsgewalt. Danach üben Religionsgesellschaften keine öffentliche Gewalt i.S.d. Art. 19 Abs. 4 GG aus (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - NJW 2009, 1195 Rn. 2 m.w.N.; BVerwG, Urteile vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 21.78 - BVerwGE 66, 241 <242> und vom 30. Oktober 2002 - BVerwG 2 C 23.01 - BVerwGE 117, 145 <147> = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 68 S. 14). Auch die Zuerkennung des Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV ändert nichts daran, dass es sich bei kirchlichen Maßnahmen nicht um Akte staatlicher Gewalt handelt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Dezember 2008, a.a.O. Rn. 5; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2002, a.a.O. S. 147). Im religiös-weltanschaulich neutralen Staat des Grundgesetzes, der keine Staatskirche oder Staatsreligion kennt (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV), bedeutet diese zusammenfassende Kennzeichnung der Rechtsstellung einer Religionsgesellschaft keine Gleichstellung mit anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die in den Staat eingegliedert sind. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts soll die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Religionsgesellschaften unterstützen. Mit dem Körperschaftsstatus werden ihnen bestimmte hoheitliche Befugnisse gegenüber ihren Mitgliedern übertragen, etwa das Besteuerungsrecht und die Dienstherrnfähigkeit. Dies erleichtert es der Religionsgesellschaft, ihre Organisation und ihr Wirken nach den Grundsätzen ihres religiösen Selbstverständnisses zu gestalten und die hierfür erforderlichen Ressourcen, etwa in Form finanzieller Mittel, zu erlangen. Mit der Zuerkennung des Körperschaftsstatus wird die Religionsgesellschaft aber keiner besonderen Hoheit des Staates oder einer gesteigerten Staatsaufsicht unterworfen (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <387 f.> m.w.N.). b) Der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ist aber auch in dienstrechtlichen Streitigkeiten zwischen Geistlichen und Kirchenbeamten und ihrer Religionsgesellschaft aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten staatlichen Justizgewährungsanspruchs eröffnet, wenn und insoweit die Verletzung staatlichen Rechts geltend gemacht wird (Urteil vom 28. Februar 2002 - BVerwG 7 C 7.01 - BVerwGE 116, 86 = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 67; Morlok, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2008, Art. 137 WRV Rn. 73). Seine entgegenstehende Rechtsprechung (Urteil vom 30. Oktober 2002 - BVerwG 2 C 23.01 - BVerwGE 117, 145 <149> = Buchholz 11 Art. 140 GG Nr. 68 S. 15) gibt der Senat auf. Das Grundgesetz garantiert Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten nicht nur gemäß Art. 19 Abs. 4 GG, sondern darüber hinaus im Rahmen des allgemeinen Justizgewährungsanspruchs, der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG, folgt (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 1995 - 1 BvR 166/93 - BVerfGE 93, 99 <107>). Diese grundgesetzliche Garantie des Rechtsschutzes umfasst den Zugang zu den staatlichen Gerichten, die Prüfung des Streitbegehrens in einem förmlichen Verfahren sowie den Erlass einer verbindlichen gerichtlichen Entscheidung (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 - BVerfGE 85, 337 <345>; Beschluss des Plenums vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <401>). Danach können auch Geistliche oder Beamte einer Religionsgesellschaft, die von ihrer Dienstherrenfähigkeit Gebrauch gemacht hat, staatliche Gerichte anrufen, wenn und soweit sie geltend machen, ein Akt ihrer Religionsgesellschaft habe sie in ihren Rechten verletzt (v. Campenhausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, § 37 S. 311). Das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften gemäß Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV schließt nicht bereits den Zugang zu den staatlichen Gerichten aus, sondern bestimmt Umfang und Intensität der Prüfung des Aktes der Religionsgesellschaft durch das staatliche Gericht (BGH, Urteil vom 28. März 2003 - V ZR 261/02 - BGHZ 154, 306 <312>; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band IV/2, 2011, S. 1267; v. Campenhausen/Unruh, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 137 WRV Rn. 114 ff., 120; de Wall/Muckel, Kirchenrecht, 3. Aufl. 2012, § 30 Rn. 30). Das staatliche Gericht ist dabei auf die Prüfung beschränkt, ob der Kläger durch eine Maßnahme seiner Religionsgesellschaft in einer subjektiven Rechtsposition verletzt ist, die ihm das staatliche Recht verleiht. Dies ist der Fall, wenn kirchliches Recht oder dessen fallbezogene Anwendung gegen eine staatliche Rechtsposition verstößt, die auch von der Religionsgesellschaft zu beachten ist. Die staatlichen Gerichte haben bei dieser Prüfung von demjenigen Verständnis des kirchlichen Rechts auszugehen, das die zuständigen kirchlichen Organe, insbesondere die kirchlichen Gerichte, vertreten. Die staatlichen Gerichte sind nur dann befugt, das autonom gesetzte Recht der Religionsgesellschaft auszulegen und anzuwenden, wenn und soweit die Religionsgesellschaft selbst diese Möglichkeit eröffnet (§ 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG i.V.m. § 135 Satz 2 BRRG). 2. Die aus dem Justizgewährungsanspruch folgende Befugnis des staatlichen Gerichts, innerkirchliche Akte auf ihre Vereinbarkeit mit staatlichem Recht zu überprüfen, muss das durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV geschützte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften achten. Danach ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbstständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes (Satz 1). Die gesonderte Regelung in Satz 2, wonach die Religionsgesellschaft ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde verleiht, ist eine Verstärkung der nach Satz 1 ohnehin bestehenden Gewährleistung und nur als historisch sensibler Punkt eigens genannt (vgl. Morlok, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 49 <S. 1578>). Sie schließt die früher bestehenden staatlichen Vorschlags-, Ernennungs-, Wahl- oder Bestätigungsrechte aus (Anschütz, Die Verfassung des Deutschen Reichs, 14. Aufl. 1933, Art. 137 Anm. 6, S. 639 ff.). Diese Garantie freier Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten ist die notwendige, rechtlich selbstständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Religionsgesellschaften die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt (BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1986 - 2 BvL 19/84 - BVerfGE 72, 278 <289> m.w.N.). Das Selbstbestimmungsrecht umfasst jedenfalls die Pflege, Weiterentwicklung und Tradierung der Glaubensinhalte in Form der Theologie, die Regelung von Kultus und Liturgie, die Regelung der inneren Organisation unter Einschluss des Beitragsrechts, die Wohlfahrtstätigkeit der Kirchen, ihre Vermögensverwaltung und Haushaltsführung sowie die Auswahl der Mitarbeiter und die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse der Religionsgesellschaft (vgl. Morlok, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 50 m.w.N.; Stern, a.a.O. S. 1248 ff.). Geschützt sind sämtliche Tätigkeiten, zu denen sich die Religionsgesellschaft nach ihrem Selbstverständnis berufen sieht, ihren Auftrag in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfG, Beschluss vom 13. Dezember 1983 - 2 BvL 13, 14, 15/82 - BVerfGE 66, 1 <21> m.w.N.). Das Selbstbestimmungsrecht umfasst alle Maßnahmen, die in Verfolgung der vom kirchlichen Auftrag her bestimmten karitativ-diakonischen Aufgaben zu treffen sind, z.B. Vorgaben struktureller Art, aber auch die Personalauswahl und die mit diesen Entscheidungen untrennbar verbundene Vorsorge zur Sicherstellung der "religiösen Dimension" des Wirkens im Sinne kirchlichen Selbstverständnisses (BVerfG, Beschluss vom 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703, 1718/83 und 856/84 - BVerfGE 70, 138 <164>). Zum Kern des Selbstbestimmungsrechts einer Religionsgesellschaft gehören insbesondere alle Entscheidungen, die die Schaffung von geistlichen oder seelsorgerischen Ämtern, ihre Verteilung und ihre konkrete Besetzung betreffen. Diese Maßnahmen wurzeln im geistlichen Wesen der Religionsgesellschaft. Die Träger des geistlichen Amtes sind insbesondere zur Seelsorge und zur Predigt berufen (BVerfG, Beschluss vom 21. September 1976 - 2 BvR 350/75 - BVerfGE 42, 312 <335 f.>). Eine Religionsgesellschaft wirkt in erster Linie durch diejenigen, die die religiösen Lehren der Religionsgesellschaft in ihrem Namen gegenüber ihren Mitgliedern wie gegenüber Außenstehenden vertreten oder leitende Funktionen in der innerkirchlichen Verwaltung ausüben. 3. Die in Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV genannte Grenze des für alle geltenden Gesetzes für das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft erstreckt sich auch auf den Regelungsbereich des Satzes 2 (Morlok, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 57). Die Grenze ist im Einzelfall im Wege der Abwägung zu bestimmen. Das Gewicht des konkret betroffenen Aspekts des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgesellschaft ist dem Rechtsgut gegenüberzustellen, dessen Schutz das einschränkende Gesetz dient (v. Campenhausen/de Wall, a.a.O. S. 107 ff.; Germann, in: Epping/Hillgruber, GG, 2. Aufl. 2013, Art. 140 Rn. 42 ff.; v. Campenhausen/Unruh, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 46 und 123; Morlok, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 63). Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleistet mit Rücksicht auf das zwingende Erfordernis des friedlichen Zusammenlebens von Staat und Kirche nicht nur das selbstständige Ordnen und Verwalten der eigenen Angelegenheiten durch die Religionsgesellschaft, sondern auch den staatlichen Schutz anderer für das Gemeinwesen bedeutsamer Rechtsgüter. Ein Gesetz, das der Staat zum Schutz eines derart gewichtigen Rechtsgutes erlassen hat und das deshalb auch dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht Schranken ziehen kann, trifft auf eine eben solche Schranke, nämlich auf die materielle Wertentscheidung des Grundgesetzes für die besondere Eigenständigkeit der Religionsgesellschaften gegenüber dem Staat. Dieser Wechselwirkung von Kirchenfreiheit und Schrankenzweck ist durch entsprechende Güterabwägung Rechnung zu tragen, wobei dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonderes Gewicht beizumessen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 <401> und vom 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703, 1718/83 und 856/84 - BVerfGE 70, 138 <167>). Für diese Wechselwirkung gilt nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz, dass sich der Staat desto stärker mit rechtlichen Vorgaben für die Tätigkeit der Religionsgesellschaft und einer gerichtlichen Überprüfung derselben zurückzuhalten hat, je näher der jeweilige Akt der Religionsgesellschaft dem Kernbereich des Selbstbestimmungsrechts, insbesondere der Verkündigung ihrer Glaubenslehre steht. Der Grundsatz religiös-weltanschaulicher Neutralität verwehrt es dem Staat, Glaube und Lehre einer Religionsgesellschaft zu beurteilen. In diesem Bereich hat der Staat nichts zu regeln und zu bestimmen. Das hindert ihn indes nicht daran, das tatsächliche Verhalten einer Religionsgesellschaft oder ihrer Mitglieder nach - noch darzulegenden - verfassungsrechtlichen Maßstäben zu beurteilen, auch wenn dieses Verhalten letztlich religiös motiviert ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <394>). Daher sind Glaubenslehre und Binnenstruktur der Religionsgesellschaft dem Geltungsanspruch des staatlichen Rechts weitestgehend entzogen. Dementsprechend eingeschränkt ist die Befugnis staatlicher Gerichte, Normsetzung und Entscheidungen der Religionsgesellschaften für ihren Bereich zu überprüfen. Fragen wie z.B. die nach Glaubenslehre und Kirchenrecht in den Religionsgesellschaften unterschiedlich beurteilte Ehelosigkeit von Geistlichen und der Zugang von Frauen zu geistlichen Ämtern sind daher von den staatlichen Gerichten nicht zu überprüfen. Je geringer dagegen der Bezug des innerkirchlichen Aktes zu den wesentlichen Elementen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ist, desto eher kann der Staat rechtliche Vorgaben machen, deren Beachtung von den staatlichen Gerichten überprüft werden kann. Zum Kern des Selbstbestimmungsrechts einer Religionsgesellschaft gehören insbesondere die Verkündigung ihrer Glaubensinhalte und die Auswahl der zur Verkündigung berufenen Personen. Auch insoweit ist indes nicht von einem vom staatlichen Recht gänzlich freien Raum auszugehen. Auch im Kernbereich dieses Selbstbestimmungsrechts hat der Staat gegenüber Religionsgesellschaften darauf zu achten, dass ihr Verhalten nicht zu einer Gefährdung der in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien führt. Das Grundgesetz erklärt durch Art. 79 Abs. 3 GG neben dem in Art. 1 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Menschenwürde und dem von ihm umfassten Kerngehalt der nachfolgenden Grundrechte auch andere Garantien für unantastbar, die in Art. 20 GG festgehalten sind. Daraus können sich zugleich staatliche Schutzpflichten ergeben. Daher obliegt es staatlichen Gerichten, im Einzelfall nachzuprüfen, ob eine Religionsgesellschaft nach ihrem Verhalten bereit und imstande ist, die in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien auch im innerkirchlichen Bereich zu gewährleisten (BVerfG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - 2 BvR 1500/97 - BVerfGE 102, 370 <392 ff.>; v. Campenhausen/Unruh, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 125). Diese fundamentalen Verfassungsprinzipien sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Voraussetzung für die Verleihung des Körperschaftsstatus gemäß Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 5 WRV. Wegen ihrer elementaren Bedeutung sind diese Prinzipien - auch in Ansehung des verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrechts der Religionsgesellschaften - für das Verhalten jeder Religionsgesellschaft maßgeblich und von ihr zu beachten. Eine Beeinträchtigung oder Gefährdung dieser vom Grundgesetz für dauerhaft verbindlich erklärten Grundsätze darf der Staat auch von einer Religionsgesellschaft nicht hinnehmen. Dementsprechend kann jeder innerkirchliche Akt vor den staatlichen Gerichten mit dem Vorbringen angegriffen werden, er verletze diese elementaren Grundprinzipien des staatlichen Rechts (vgl. v. Campenhausen/Unruh, a.a.O. Art. 137 WRV Rn. 125; Stern, a.a.O. S. 1268; Unruh, Religionsverfassungsrecht, 2009, Rn. 220). Bei der Überprüfung von Akten einer Religionsgesellschaft müssen sich die staatlichen Gerichte aber stets des stark eingeschränkten Geltungsanspruchs des staatlichen Rechts bewusst sein. Die religiöse Legitimation kirchenrechtlicher Vorschriften darf nur in Frage gestellt werden, wenn und soweit die fundamentalen Verfassungsprinzipien des Art. 79 Abs. 3 GG betroffen sind. Der Grundsatz der Neutralität des Staates in religiösen Dingen muss durch weitestgehende Zurückhaltung gewahrt werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - NJW 2009, 1195 Rn. 6). Die staatlichen Gerichte verfehlen diesen Prüfungsmaßstab, wenn sie einfaches staatliches Recht zum vermeintlichen verfassungsrechtlich verbürgten "Mindeststandard" erheben und ohne die gebotene Rücksichtnahme auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft auf diese anwenden. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Eröffnung des Rechtswegs zu den staatlichen Gerichten gegen Entscheidungen von Religionsgesellschaften und zur Intensität ihrer gerichtlichen Überprüfung (BGH, Urteile vom 11. Februar 2000 - V ZR 271/99 - NJW 2000, 1555 und vom 28. März 2003 - V ZR 261/02 - BGHZ 154, 306) bedarf es mangels einer Abweichung im Sinne von § 2 Abs. 1 RsprEinhG keiner Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes. Die genannten Rechtsfragen werden von den beiden obersten Gerichtshöfen inhaltlich übereinstimmend beantwortet. Zwar sind die Maßstäbe für die gerichtliche Prüfung eines Aktes einer Religionsgesellschaft durch ein innerkirchliches Gericht andere als bei der Kontrolle durch ein staatliches Gericht. Denn letzteres kann die Maßnahme nur daraufhin überprüfen, ob sich der Geltungsanspruch des staatlichen Rechts auf diesen Akt erstreckt und, wenn dies der Fall ist, ob er mit staatlichem Recht vereinbar ist. Dennoch gebührt der innerkirchlichen Gerichtsbarkeit der Vorrang vor der subsidiären Anrufung staatlicher Gerichte. Dies gebietet die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV). Dieses Recht schließt die Befugnis ein, innerkirchlich einen Rechtsweg mit dem Ziel zu öffnen, in der Religionsgesellschaft aufgetretene Rechtsstreitigkeiten durch eigene Spruchkörper mit qualifizierten Richtern zu entscheiden. Dieser Wertentscheidung einer Religionsgesellschaft hat der Staat dadurch Rechnung zu tragen, dass staatliche Gerichte erst nach Ausschöpfung des innerkirchlichen Rechtswegs angerufen werden können (BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. September 1998 - 2 BvR 1476/94 - NJW 1999, 349 <350>; BGH, Urteil vom 28. März 2003 - V ZR 261/02 - BGHZ 154, 306 <312>; de Wall/Muckel a.a.O.; Morlok, a.a.O. Rn. 73 <S. 1593> m.w.N.). Wird nach Ausschöpfung des kirchlichen Rechtswegs das staatliche Gericht angerufen, so sind Gegenstand seiner Prüfung im Hinblick auf die Verletzung staatlichen Rechts sowohl die Verwaltungsentscheidungen der Religionsgesellschaft als auch die Entscheidungen der innerkirchlichen Gerichte. Dabei ist das staatliche Gericht in seinem Rechtsfolgenausspruch darauf beschränkt, die Verletzung staatlichen Rechts festzustellen. 4. Ausgehend von diesen Maßstäben verletzt das Berufungsurteil Bundesrecht. a) Zum einen hat das Oberverwaltungsgericht den dargestellten Prüfungsmaßstab eindeutig überdehnt. Zwar kündigt das Berufungsgericht in seinen Maßstabsätzen an, die vom Kläger angegriffenen innerkirchlichen Entscheidungen der Beklagten seien nur darauf zu überprüfen, ob sie "verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen sozialer Sicherung" genügen und ob sie ein "verfassungsrechtlich gebotenes Mindestmaß sozialen Schutzes" (UA S. 24) einhalten. Sodann misst das Berufungsgericht jedoch die angegriffenen innerkirchlichen Entscheidungen im Detail an einem nur als "Orientierungshilfe" herangezogenem staatlichen Gesetz, nämlich dem Teilzeit-Befristungsgesetz - TzBfG - vom 21. Dezember 2000 (BGBl I S. 1966), das im Übrigen erst am 1. Januar 2001, mithin nach der Verlängerung des Pfarrersonderdienstverhältnisses des Klägers um einen zweiten Fünf-Jahres-Zeitraum, in Kraft getreten ist. b) Zum anderen verstößt die Rechtsanwendung in der Sache selbst gegen Bundesrecht: aa) Nach den obigen Grundsätzen sind die beiden ersten Anträge des Klägers betreffend die Begründung eines Kirchenbeamtenverhältnisses offensichtlich unbegründet. Mit diesen beiden Anträgen ist ein zentrales Element des Selbstbestimmungsrechts der beklagten Religionsgesellschaft angesprochen. Wegen der großen Bedeutung der Bestimmung der Ämter und des Status der Bediensteten einer Religionsgesellschaft für das kirchliche Selbstverständnis und die Verkündigung der Glaubensinhalte ist dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht bei der gebotenen Güterabwägung in der Weise Rechnung zu tragen, dass diese innerkirchlichen Entscheidungen von den staatlichen Gerichten lediglich daraufhin überprüft werden können, ob die in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen elementaren Verfassungsprinzipien verletzt worden sind. Insbesondere ist es nicht Aufgabe der staatlichen Gerichte, den Zuschnitt der kirchlichen Ämter, ihre Ausgestaltung und ihre konkrete Vergabe im Einzelnen zu kontrollieren. Gemäß § 5 Abs. 2 des Kirchengesetzes über die Pastoren im Sonderdienst in der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 11. Januar 1985 (KABl S. 20) konnte die auf fünf Jahre begrenzte Amtszeit dieses besonderen Kirchbeamtenverhältnisses nur einmalig durch Neubegründung eines weiteren Beamtenverhältnisses auf Zeit bis auf zehn Jahre verlängert werden. Die Beklagte hatte die Sonderdienststellen als eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eingerichtet. Sie sollte es Theologen, die nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht unmittelbar eine Anstellung im Kirchendienst gefunden hatten, ermöglichen, sich aus einer Tätigkeit bei der Beklagten heraus auf eine freie Stelle zu bewerben, sodass sie sich nicht eine Beschäftigung außerhalb des kirchlichen Dienstes suchen mussten. Bei dieser Sachlage bestehen keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, die Beklagte habe bei ihren ablehnenden Entscheidungen über die Anträge des Klägers, ihn unbefristet in das Kirchenbeamtenverhältnis zu berufen, hilfsweise, ihn erneut in ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Kirchenbeamtenverhältnis zu berufen, die dargestellten elementaren verfassungsrechtlichen Grundsätze verletzt. bb) Auch das Neubescheidungsbegehren in Bezug auf die Gewährung einer höheren, den Regelungen für Wahlbeamte auf Zeit entsprechenden Abfindung ist unbegründet. Die Entscheidung über die Höhe eines Übergangsgeldes aus Anlass des Ausscheidens eines im Bereich der Krankenhausseelsorge eingesetzten Pastors im Sonderdienst aus dem zur Kirche bestehenden Dienstverhältnis berührt das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht dieser Religionsgesellschaft weitaus weniger als die Neubegründung eines Kirchenbeamtenverhältnisses auf Dauer oder auch nur auf Zeit. Denn es geht nicht um die Bestimmung derjenigen, die die Glaubenslehre der Religionsgesellschaft nach innen oder außen vertreten oder die Verwaltung der Religionsgesellschaft leiten, sondern lediglich um die finanziellen Folgen der Beendigung eines Dienstverhältnisses. Daher gehen hier der Geltungsanspruch des staatlichen Rechts und dementsprechend die Intensität der Überprüfung durch ein staatliches Gericht weiter, als wenn es um die Verleihung oder Beendigung kirchlicher Ämter ginge. An Art. 33 Abs. 5 GG sind die einschlägigen Vorschriften der Beklagten über die Ansprüche eines aus dem Dienst ausgeschiedenen Pastors und die konkreten Maßnahmen der Beklagten allerdings nicht zu messen. Art. 33 Abs. 5 GG kommt auf die öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse der Religionsgesellschaften weder unmittelbar noch entsprechend zur Anwendung. Diese Vorschrift enthält inhaltliche Vorgaben lediglich für die Regelung des öffentlichen Dienstes als Bestandteil der Staatsverwaltung (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Dezember 2008 - 2 BvR 717/08 - NJW 2009, 1195 Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 25. November 1982 - BVerwG 2 C 21.78 - BVerwGE 66, 241 <250> = Buchholz 230 § 135 BRRG Nr. 4 S. 7). Scheidet ein Geistlicher oder Beamter aus dem zu einer Religionsgesellschaft bestehenden Dienstverhältnis aus, so müssen die Maßnahmen der Religionsgesellschaft jedoch der aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) folgende Fürsorgepflicht des bisherigen Dienstherrn genügen. Der Dienstherr muss für eine ausreichende soziale Absicherung seines bisherigen Bediensteten Sorge tragen. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte hier zum einen dadurch nachgekommen, dass sie - entsprechend den Vorgaben des staatlichen Rechts - wegen des Verlustes der bisherigen Versorgungsanwartschaft in der Versorgungskasse der Religionsgesellschaft eine solche Anwartschaft im staatlichen Sicherungssystem begründet hat. Zum anderen hat sie dem Kläger ein Übergangsgeld gezahlt, das sich an den Vorgaben des staatlichen Rechts für den Fall des Ausscheidens eines Beamten aus einem zum Staat bestehenden Dienstverhältnis orientiert. Schon deswegen, weil die Beklagte dem Kläger diejenigen Leistungen gewährt, die auch einem Beamten beim Ausscheiden aus dem staatlichen Bereich zustehen, kann - entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts - keine Rede davon sein, die Beklagte hätte rechtliche Mindeststandards der sozialen Absicherung nicht eingehalten. Hinsichtlich der Versorgungsanwartschaft des Klägers ist die Beklagte von sich aus durch die Nachversicherung den Vorgaben des staatlichen Rechts nachgekommen. Während seines Dienstes für die Beklagte war der Kläger nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI wegen der nach den Bestimmungen der Beklagten bestehenden Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei. Mit der Beendigung des Dienstverhältnisses verlor der Kläger jedoch diese Anwartschaft. Entsprechend der Vorgabe des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, der auch den Personenkreis im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VI erfasst, hat die Beklagte den Kläger für den Zeitraum, in dem er wegen seines Dienstverhältnisses zur Beklagten versicherungsfrei war, in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert (vgl. § 12 der Satzung der von der Beklagten mit begründeten Gemeinsamen Versorgungskasse; Gesetz betreffend die Errichtung einer Gemeinsamen Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte der Evangelischen Kirche im Rheinland, der Evangelischen Kirche von Westfalen und der Lippischen Landeskirche als Anstalt des öffentlichen Rechts vom 16. Juli 1971, GV NRW, S. 194). Es kann nach dem oben dargestellten Maßstab auch nicht beanstandet werden, dass Bedienstete der Beklagten (Pfarrer, Prediger, Pastoren im Hilfsdienst und Kirchenbeamte) die aus dem Dienstverhältnis resultierende Versorgungsanwartschaft bei Beendigung des Dienstverhältnisses verlieren. Das staatliche Recht zwingt Religionsgesellschaften nicht, gesonderte Versorgungskassen für eine bestimmte Gruppe ihrer Beschäftigten zu schaffen. Wenn sich die Religionsgesellschaft zur Gründung einer solchen gesonderten Versorgungskasse entschließt, kann sie den Zugang zu dieser Kasse auf solche Beschäftigte beschränken, die noch in einem Dienst- und Treueverhältnis mit dem jeweiligen Träger der Kasse stehen. Staatliches Recht gebietet auch keine höhere als die dem Kläger gewährte Abfindung. Grundlage des dem Kläger für einen Zeitraum von fünfeinhalb Monaten in Höhe der bisherigen Bezüge gezahlten Übergangsgeldes ist § 30 der Ordnung über die Besoldung und Versorgung der Pfarrerinnen und Pfarrer sowie der Vikarinnen und Vikare der Beklagten in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2000 (- PfBVO -, KABl 2001, S. 1), zuletzt geändert durch die gesetzesvertretende Verordnung vom 26. September 2003 (KABl S. 273). § 30 Abs. 1 PfBVO der Beklagten verweist hinsichtlich des einem ausscheidenden Bediensteten zustehenden Übergangsgeldes ausdrücklich auf die entsprechende Reglung des staatlichen Rechts in § 47 BeamtVG. Da die Anlehnung an das staatliche Recht ausreicht, kann der konkrete Umfang der der Religionsgesellschaft obliegenden Fürsorgepflicht insoweit dahingestellt bleiben. Schließlich ist der Umstand, dass der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben konnte, eine nicht zu beanstandende Folge des besonderen Charakters seines bisherigen Dienstverhältnisses. Entsprechendes gilt auch in vergleichbaren Konstellationen, in denen ein Beamter aus einem zum Staat bestehenden Beamtenverhältnis ausscheidet. Nach § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III setzt der Bezug von Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit voraus, dass der Betreffende die Anwartschaftszeit erfüllt hat, d.h. für die Dauer von mindestens zwölf Monaten in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Die Beschäftigung des Klägers für die Beklagte war aber nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 SGB III versicherungsfrei.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020286&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020287
BVerwG
6. Senat
20140416
6 C 11/13
Urteil
Art 3 Abs 3 GG, Art 6 Abs 2 S 1 GG, Art 7 Abs 3 S 1 GG, Art 7 Abs 1 GG
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 23. Januar 2013, Az: 9 S 2180/12, Urteil vorgehend VG Freiburg (Breisgau), 21. September 2011, Az: 2 K 638/10, Urteil nachgehend BVerfG, 27. November 2017, Az: 1 BvR 1555/14, Nichtannahmebeschluss
DEU
Anspruch auf staatliche Rechtssetzung; Verpflichtung zur Einrichtung eines Schulfachs Ethik in der Grundschule
1. Eltern können aufgrund von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht die Einrichtung bestimmter Schulfächer verlangen. 2. Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG räumt den Religionsgemeinschaften als außerstaatlichen Bildungs- und Erziehungsträgern die Möglichkeit schulbezogener Mitwirkung im Interesse der Religionsfreiheit ein. Für die Forderung nach Einführung eines nichtkonfessionellen Ethikunterrichts als Ersatzfach für den Religionsunterricht bietet die Vorschrift keine Grundlage. 3. Nimmt der Normgeber im Schulrecht bei Gestaltung der Stundentafeln keine Gleichstellung zwischen den Fächern Ethik und Religion vor, verstößt er nicht gegen Art. 3 Abs. 3 GG, da bereits auf Ebene der Verfassung (Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG) eine Differenzierung zwischen beiden Fächern vorgenommen wird.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagte zur Einrichtung des Fachs Ethik an der Grundschule verpflichtet war. Die Klägerin ist alleinsorgeberechtigte Mutter dreier nicht konfessionsgebundener Söhne. Im Februar 2010 befanden sich ein Sohn in der zweiten Klasse und ein weiterer Sohn in der vierten Klasse der ...-Grundschule in F. Die Klägerin verlangte im Februar 2010 vom Kultusministerium die Einrichtung des Fachs Ethik an der ...-Grundschule. An der Schule gebe es kein adäquates Ersatzfach für das Fach Religion. Sie habe ein Recht auf ethisch-moralische Bildung ihrer Kinder. Die Benachteiligung ihrer Söhne aufgrund ihrer weltanschaulichen Gesinnung sei nicht verfassungsgemäß. Ethikunterricht solle gleichberechtigt und parallel zum Religionsunterricht stattfinden. Das Kultusministerium erwiderte, Ethik sei in höheren Klassen (7. oder 8. Klasse) weiterführender Schulen als eigenes Fach eingeführt, das dort von denjenigen Schülern besucht werden müsse, die nicht am Religionsunterricht teilnähmen. So sei Sorge getragen, dass auch diese Schüler in der für sie bisweilen schwierigen Lebensphase der Pubertät ein Fach hätten, in dem sie über Grundfragen des menschlichen Lebens sprechen und nachdenken könnten. Obwohl in den unteren Klassen Ethik nicht als eigenes Fach vorgesehen sei, seien diesem Fach entsprechende Unterrichtsinhalte dort dennoch Teil des Unterrichts. Die moralisch-ethische Bildung und Erziehung gehöre zum pädagogischen Kernauftrag der Schulen - auch der Grundschulen -, der fächerübergreifend auszugestalten sei. Die im April 2010 erhobene Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat den zuletzt gestellten Antrag der Klägerin, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, eine Rechtsverordnung nach § 100a Abs. 3 BaWüSchulG zu erlassen, nach welcher Ethikunterricht an der Grundschule ab der ersten Klasse zu erteilen ist, für zulässig erachtet. Die Klägerin verfüge über das erforderliche Feststellungsinteresse (§ 43 Abs. 1 VwGO), da ein weiterer Sohn von ihr ab dem Sommer 2013 die Grundschule besuchen werde und insofern Wiederholungsgefahr gegeben sei. Der Klageantrag sei aber unbegründet. Weder aus dem Grundgesetz, noch aus der Landesverfassung oder aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten lasse sich ein Anspruch auf Einrichtung des Fachs Ethik an der Grundschule ableiten. Zur Begründung ihrer Revision trägt die Klägerin vor, bei Fehlen eines schulfachlich verselbständigten Ethikunterrichts sei die ethisch-moralische Bildung konfessionsloser Schüler nicht hinreichend gesichert. Im Vergleich zu konfessionsgebundenen Schülern, die am Religionsunterricht teilnehmen könnten, liege eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor. Art. 7 Abs. 3 GG eröffne den Religionsgemeinschaften Raum zur Unterrichtung ihres Bekenntnisses nur deshalb, weil sie hiermit für den Staat die ethisch-moralische Bildung der Kinder übernehmen und so eine staatliche Aufgabe erfüllen sollten. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft könnten die Religionsgemeinschaften diese Aufgabe nicht länger umfassend erfüllen. Hierauf habe der Staat allgemein mit der Einrichtung des Fachs Ethik reagiert. Das Grundgesetz verlange vom Staat, dieses Fach parallel zum Fach Religion in allen Jahrgangsstufen einzurichten. Eine Privilegierung konfessionell gebundener Schüler werde durch Art. 7 Abs. 3 GG nicht gedeckt. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Das angefochtene Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Aus revisiblem Recht ergibt sich kein Anspruch der Klägerin auf Einrichtung des Fachs Ethik in den Grundschulklassen. Ihr Feststellungsbegehren findet somit im revisiblen Recht keine Stütze. 1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Es liegt eine nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO vor. Die Klägerin strebt nicht den Erlass oder die Änderung eines Parlamentsgesetzes an, sondern eine staatliche Rechtssetzung auf untergesetzlicher Ebene. Hierüber zu entscheiden sind die Verwaltungsgerichte auch dann berufen, wenn der Anspruchsteller sein Begehren auf verfassungsrechtliche Gründe stützt (vgl. Urteil vom 3. November 1986 - BVerwG 7 C 115.86 - BVerwGE 80, 355 <357 f.> = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 238 S. 11 f. m.w.N.). Wegen des dritten Sohnes der Klägerin, dessen Einschulung an der ...-Grundschule mittlerweile für 2014 vorgesehen ist, besteht ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. 2. Ein Anspruch der Klägerin auf Einrichtung des Fachs Ethik in den Grundschulklassen ergibt sich nicht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. Nach dieser Vorschrift sind Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Im Handlungsfeld des öffentlichen Schulwesens stößt das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auf den in Art. 7 Abs. 1 GG verankerten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Art. 7 Abs. 1 GG vermittelt dem Staat Befugnisse zur Planung, Organisation, Leitung und inhaltlich-didaktischen Ausgestaltung des öffentlichen Schulwesens, seiner Ausbildungsgänge sowie des dort erteilten Unterrichts (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 1997 - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288 <303>; BVerwG, Urteile vom 17. Juni 1998 - BVerwG 6 C 11.97 - BVerwGE 107, 75 <78> = Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 124 S. 39 und vom 11. September 2013 - BVerwG 6 C 25.12 - juris Rn. 11). Der Staat verfügt danach über eine umfassende Schulgestaltungsmacht in organisatorischer wie inhaltlicher Hinsicht (vgl. Jestaedt, in: Bonner Kommentar, Stand Dezember 1995, Art. 6 Abs. 2 und 3, Rn. 336). Diese ist den Ländern als Trägern der Schulhoheit, also hier dem Beklagten, überantwortet (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. März 1957 - 2 BvG 1/55 - BVerfGE 6, 309 <354>; stRspr). Zwar ist das elterliche Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag aus Art. 7 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gleichgeordnet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 - 1 BvL 1/75 u.a. - BVerfGE 47, 46 <72>; stRspr). Hieraus wird ersichtlich, dass das Grundgesetz die Schule nicht zur alleinigen Staatsangelegenheit erklärt hat (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 1972 - 1 BvR 230/70 u.a. - BVerfGE 34, 165 <182>). Das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG macht also vor der Schule nicht generell halt (vgl. Jestaedt, a.a.O. Rn. 331). Noch erschöpft es sich insoweit in denjenigen Ansprüchen, die in Art. 7 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 5 GG ausdrücklich geregelt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. Dezember 1977 a.a.O. S. 74; stRspr). Jedoch verbleibt dem Staat bei Festlegung des schulischen Bildungs- und Erziehungsprogramms - dem Kernbereich seiner Schulgestaltungsmacht - Gestaltungsfreiheit. Namentlich können Eltern nicht die Einrichtung bestimmter Schulfächer verlangen (vgl. Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 6. Aufl., Bd. 1, 2010, Art. 6 Abs. 2 Rn. 227; Uhle, in: Epping/Hillgruber, Beck-OK GG, Stand 2013, Art. 7 Rn. 28; Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Lfg. Mai 2013, Art. 6 Rn. 117, 131; Höfling, in: Handbuch des Staatsrechts, 3. Aufl., Bd. VII, 2009, S. 517; vgl. auch Geis, in: Friauf/Höfling, Berliner Kommentar, Stand Aug. 2013, Art. 7 Rn. 37; Jestaedt, a.a.O. Rn. 350). Insoweit bedarf es der Konzentration der Bestimmungsbefugnis auf den Staat schon deshalb, weil die diesbezüglichen Wünsche der Eltern regelmäßig voneinander abweichen werden; der Staat kann nicht allen, oft unterschiedlichen Elterninteressen Rechnung tragen (Robbers, a.a.O. Rn. 222). Ihrer bedarf es aber auch, weil der Kanon der Schulfächer nicht ausschließlich Belange der Eltern und Schüler berührt. Ihre Auswahl kann, je nachdem wie sie vorgenommen wird, Ordnungsvorstellungen sowie Qualifikationsmuster der nachwachsenden Generation beeinflussen. Sie ist insofern von gesamtgesellschaftlichem Interesse. Daher besteht ein legitimes Mitsprachebedürfnis auch solcher Bürger, die nicht unmittelbar in eigener Person bzw. über ihre schulpflichtigen Kinder von der schulischen Unterrichtsgestaltung betroffen sind. Der herausragenden Bedeutung der Schule für die Gesellschaft (Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 6 C 6.12 - BVerwGE 145, 333 Rn. 19 m.w.N.) wird nur ein solches Verständnis des Zusammenspiels von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 7 Abs. 1 GG gerecht, das von einer grundsätzlich ungeschmälerten, ausschließlich demokratisch gebundenen Gestaltungsfreiheit des Staates im Hinblick auf die Zusammensetzung des Fächerkanons ausgeht, d.h. die diesbezüglichen Entscheidungsmöglichkeiten des Staates nicht durch elterliche Bestimmungsrechte eingeengt sieht. Ob die Gestaltungsfreiheit des Staates im Hinblick auf das schulische Bildungs- und Erziehungsprogramm und gegebenenfalls auch im Hinblick auf die Zusammensetzung des Fächerkanons an Grenzen stößt - jenseits derer dann ausnahmsweise grundrechtliche Gestaltungsansprüche einzelner Eltern erwachsen könnten -, wenn der Staat seine Verantwortung, für ein leistungsfähiges Schulwesen zu sorgen, in flagranter Weise verletzt, bedarf keiner Vertiefung. Mit der Entscheidung des Beklagten, in der Grundschule kein Fach Ethik einzurichten, wäre ein etwaiger verfassungsrechtlicher Mindeststandard nicht unterschritten, auch wenn man hierin ein Minimum an schulisch betriebener Wertevermittlung einrechnet. Bereits der Unterricht in anderen Fächern wie etwa Deutsch oder Gemeinschaftskunde bringt eine solche Wertevermittlung stoffbedingt automatisch mit sich (vgl. Urteil vom 17. Juni 1998 a.a.O. S. 79 f. bzw. S. 40). Auch unabhängig vom jeweiligen Unterrichtsstoff ist davon auszugehen, dass die Schüler im Schulalltag, unter den Zwängen des schulischen Gemeinschaftslebens, auf vielfältige Weise mit ethisch fundierten Verhaltens- und Einstellungsgeboten konfrontiert werden und sie auf diese Weise verinnerlichen. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs im angefochtenen Urteil ist im Land Baden-Württemberg die ethisch-moralische Bildung sowohl der konfessionsgebundenen als auch der konfessionslosen Schüler in diesem Sinne gewährleistet. 3. Ein Anspruch auf Einrichtung des Fachs Ethik in den Grundschulklassen ergibt sich nicht aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG; auf die Frage, ob diese Vorschrift Individualrechte von Eltern begründet, kommt es nicht an. Gemäß Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG ist der Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Satz 2 der Vorschrift bestimmt, dass er unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt wird. Die Klägerin hat mit ihrer Forderung nach Einrichtung des in § 100a BaWüSchulG geregelten Ethikunterrichts auch in den Jahrgangsstufen der Grundschule keinen Religionsunterricht im Auge. Ausweislich von § 100a Abs. 2 BaWüSchulG orientiert sich der Ethikunterricht "an den Wertvorstellungen und den allgemeinen ethischen Grundsätzen, wie sie in Verfassung und im Erziehungs- und Bildungsauftrag des § 1 niedergelegt sind" (Satz 2). Der Ethikunterricht soll diese Vorstellungen und Grundsätze vermitteln sowie "Zugang zu philosophischen und religionskundlichen Fragestellungen eröffnen" (Satz 3). Er "dient der Erziehung der Schüler zu verantwortungs- und wertbewusstem Verhalten" (Satz 1). Diesen Vorgaben kann entnommen werden, dass der Ethikunterricht nach der Vorstellung des Gesetzgebers - so wie es auch dem Verlangen der Klägerin entspricht - auf eine bekenntnisfreie Werteunterweisung und -vermittlung gerichtet ist. Demgegenüber handelt es sich beim Religionsunterricht, wie ihn Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG normiert, um eine Veranstaltung zur Glaubensunterweisung. In ihm sind die Glaubenssätze der jeweiligen Religionsgemeinschaft als bestehende Wahrheit zu vermitteln. Der Religionsunterricht ist in konfessioneller Positivität und Gebundenheit zu erteilen. Er zielt nicht auf eine überkonfessionelle vergleichende Betrachtung religiöser Lehren, ist nicht bloße Morallehre, Sittenunterricht, historisierende und relativierende Religionskunde, Religions- oder Bibelgeschichte (BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1987 - 1 BvR 47/84 - BVerfGE 74, 244 <252>; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 6. Juli 1973 - BVerwG 7 C 36.71 - BVerwGE 42, 346 <350> = Buchholz 421 Kultur- und Schulwesen Nr. 34 S. 14, vom 23. Februar 2000 - BVerwG 6 C 5.99 - BVerwGE 110, 326 <333> = Buchholz 11 Art. 7 Abs. 3 GG Nr. 6 S. 5 und vom 23. Februar 2005 - BVerwG 6 C 2.04 - BVerwGE 123, 49 <53> = Buchholz 11 Art. 7 Abs. 3 GG Nr. 7 S. 16 f.). Entgegen Überlegungen, wie sie in der Revisionsbegründung anklingen, trifft Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG nicht die Regelungsaussage, dass der Staat zur moralisch-ethischen Erziehung der Kinder im Rahmen eines gesonderten Schulfachs verpflichtet wäre und dieser Verpflichtung mit Blick auf die mittlerweile festzustellende Abnahme religiöser Bindungen durch zusätzliche Einrichtung eines nicht-konfessionell orientierten Ersatzfaches für das Fach Religion nachzukommen hätte. Ein dahingehendes Verständnis liefe der Regelungsabsicht des Verfassungsgebers zuwider, die er bei dieser Vorschrift verfolgt hat. Wie insbesondere aus der Entstehungsgeschichte von Art. 149 WRV - der Vorgängernorm zu Art. 7 Abs. 2 und 3 GG - hervorgeht, steht die verfassungsrechtliche Garantie des Religionsunterrichts im Zusammenhang mit der Neuordnung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche in Deutschland nach dem Ende der Monarchien. Mit Art. 149 WRV wurde im Rahmen einer umfassenden Kompromissbildung zwischen den in der Weimarer Nationalversammlung vertretenen Parteien dem von größeren Teilen der Bevölkerung unterstützten Anliegen der Religionsgemeinschaften entsprochen, im Rahmen der Schule eigenen Einfluss auf die religiöse Kindeserziehung zu behaupten (vgl. Hildebrandt, Das Grundrecht auf Religionsfreiheit, 2000, S. 202, 204 m.w.N.; ausführlicher Überblick bei Landé, Die Schule in der Reichsverfassung, 1929, S. 27 ff., 181). Aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates 1948/1949 ergeben sich keine Hinweise auf eine veränderte Stoßrichtung der nunmehr ins Grundgesetz übernommenen Garantie des Religionsunterrichts. Dort wurde der Vorschlag zur Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung zunächst im thematischen Zusammenhang mit der vorgesehenen Normierung des Elternrechts behandelt. Hiergegen wandte sich in der 24. Sitzung des Ausschusses für Grundsatzfragen der Abgeordnete Dr. H. unwidersprochen mit der Aussage, der Religionsunterricht sei "keine Ausstrahlung des Elternrechts, sondern institutionell Recht der Konfessionen"; es handle sich "nicht um Familien- und Elternrecht, sondern um traditionelles Recht der Kirchen, kirchliches Bildungsrecht, Religionsausübungsrecht" (Der Parlamentarische Rat 1948-1949, Akten und Protokolle, Bd. 5/II, 1993, S. 646; vgl. auch den Bericht in JöR N.F. 1, 1951, S. 101 ff. <103>). Im späteren Verlauf der Beratungen des Parlamentarischen Rates wurde die Bestimmung über den Religionsunterricht in den heutigen Art. 7 GG überführt, ohne dass zutage tritt, dass dies mit einem Wandel des inhaltlichen Verständnisses der vorgesehenen Normierung verbunden gewesen wäre. Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG ist vor diesem Hintergrund als eine Norm zu verstehen, die den Bereich der Schule dem Einwirken von Seiten der Religionsgemeinschaften öffnet, d.h. diesen als außerstaatlichen Bildungs- und Erziehungsträgern die Möglichkeit schulbezogener Mitwirkung im Interesse der Religionsfreiheit einräumt. Dementsprechend ist die Vorschrift in der Rechtsprechung des Senats als Konkretisierung des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften (Urteil vom 23. Februar 2000 a.a.O. S. 340 bzw. S. 11), als Mittel zur Entfaltung und Unterstützung der diesen grundrechtlich gewährten Religionsfreiheit bezeichnet worden (Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. S. 53 bzw. S. 17; vgl. auch Badura, a.a.O. Art. 7 Rn. 67). Zwar weist Art. 7 Abs. 3 GG den Religionsunterricht der staatlichen Unternehmerschaft zu, d.h. er entlässt ihn nicht aus der staatlichen Schulhoheit, sondern regelt ihn als Bestandteil der Unterrichtsarbeit im Rahmen der staatlichen Schulorganisation, so dass er zu den gemeinsamen Angelegenheiten von Staat und Kirche gezählt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 1987 a.a.O. S. 251; BVerwG, Urteile vom 6. Juli 1973 a.a.O. S. 347 f. bzw. S. 12 und vom 23. Februar 2000 a.a.O. S. 333 bzw. S. 5). Die staatlichen Befugnisse dienen jedoch neben der Sicherung schuldidaktischer Qualitätsstandards in erster Linie dazu, die verfassungsimmanenten Grenzen der Religionsfreiheit sowie die dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht gesetzten Schranken des für alle geltenden Gesetzes (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) zu wahren und hierbei insbesondere sicherzustellen, dass sich keine Widersprüche zu staatlich definierten Bildungs- und Erziehungszielen auftun (Badura, a.a.O. Rn. 67; siehe auch Urteil vom 17. Juni 1998 a.a.O. S. 92 bzw. S. 50). Sie ändern nichts daran, dass mit der Garantie des Religionsunterrichts den Anliegen der Religionsgemeinschaften Raum verschafft werden sollte und diese Garantie insofern in einen verfassungssystematischen Zusammenhang mit weiteren Regelungen des grundgesetzlichen Religions- und Staatskirchenrechts einzuordnen ist (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. S. 53 bzw. S. 17; Badura, a.a.O. Rn. 63). Für die Forderung nach Einführung eines nichtkonfessionellen Ethikunterrichts als Ersatzfach für den Religionsunterricht bietet Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG somit keine Grundlage. 4. Ein Anspruch auf Einrichtung des Fachs Ethik in den Grundschulklassen ergibt sich nicht aus Art. 3 Abs. 3 GG. Nach dieser Vorschrift darf niemand wegen seines Glaubens benachteiligt oder bevorzugt werden, unabhängig davon, ob eine Regelung hierauf unmittelbar angelegt ist oder in erster Linie andere Ziele verfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 - 2 BvR 524/01 - BVerfGE 114, 357 <364>). Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 2005 a.a.O.; stRspr). Dieser gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dem Normgeber ist danach zwar nicht jede Differenzierung verwehrt. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes liegt aber vor, wenn Personengruppen anders behandelt werden, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Urteil vom 16. März 2004 - 1 BvR 1778/01 - BVerfGE 110, 141 <167>; stRspr). Erfasst ist auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06 u.a. - juris Rn. 73; stRspr). Art. 3 Abs. 1 GG setzt mit diesen Maßgaben der Gestaltungsfreiheit des Normgebers Grenzen. Aufgrund von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG sind die Grenzen im besonderen Fall von Differenzierungen, die an das Innehaben eines Glaubens anknüpfen, enger als im Anwendungsbereich des allgemeinen Gleichheitssatzes gesteckt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013 a.a.O. Rn. 77; stRspr). Im Lichte von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 GG können Eltern aufgrund von Art. 3 Abs. 3 GG verlangen, dass ihre Kinder in der Schule nicht anhand glaubensmäßiger Kriterien einer anderen Behandlung als andere Kinder unterzogen werden. Ob der Verzicht auf die Einrichtung des Fachs Ethik in der Grundschule im tatbestandlichen Sinne eine Ungleichbehandlung konfessionsloser Schüler gegenüber konfessionell gebundenen Schüler darstellt - was angesichts der aufgezeigten Unterschiede zwischen Ethik- und Religionsunterricht in Frage gestellt werden könnte -, bedarf keiner Vertiefung. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG scheidet jedenfalls deshalb aus, weil die Einrichtung von Religionsunterricht als Schulfach durch das Grundgesetz selbst in Art. 7 Abs. 3 Satz 1 vorgegeben ist, die Einrichtung eines gesonderten Fachs Ethik hingegen nicht. Bereits der Verfassungsgeber hat mithin diejenige Differenzierung vorgenommen, welche die Klägerin für gleichheitswidrig hält. Belässt es der (einfache) Gesetzgeber bzw. der Verordnungsgeber hierbei, d.h. nimmt er bei Gestaltung der Stundentafeln keine Gleichstellung zwischen beiden Fächern vor, kann ihm dies nicht als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG angelastet werden. Die Funktion der Gleichheitssätze des Art. 3 GG besteht nicht darin, Differenzierungen entgegenzuwirken, die bereits durch die Verfassung getroffen sind.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020287&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020288
BVerwG
5. Senat
20140417
5 C 16/13
Urteil
Art 3 Abs 1 GG, § 75 Abs 3a S 2 SGB 5, § 75 Abs 3a S 3 SGB 5, § 6 Abs 3 BhV BE, § 6 Abs 5 S 1 BhV BE, § 12 Abs 1a VAG, § 12 Abs 1b S 1 Nr 2 VAG, § 12 Abs 1c VAG, § 12g VAG
vorgehend VG Berlin, 12. Dezember 2012, Az: 7 K 91.11, Urteil
DEU
Basistarifklausel in Berliner Beihilfeverordnung; Gleichbehandlungsgrundsatz
Die Basistarifklausel des § 6 Abs. 5 der Beihilfeverordnung des Landes Berlin (juris: BhV BE) verstößt jedenfalls in den Fällen gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, in denen der Beihilfeberechtigte oder der berücksichtigungsfähige Angehörige unfreiwillig im Basistarif versichert ist. Dies ist der Fall, wenn er aufgrund der allgemeinen Krankenversicherungspflicht gehalten ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen und er sich zu zumutbaren Bedingungen nur zum Basistarif versichern kann.
Die Beteiligten streiten um die Höhe von Beihilfeleistungen für im Basistarif versicherte Beamte. Der Kläger ist Ruhestandsbeamter des beklagten Landes Berlin. Er erhält grundsätzlich für 70 Prozent seiner krankheitsbedingten Aufwendungen Beihilfe. Für die übrigen 30 Prozent der Behandlungskosten ist er bei einer privaten Krankenversicherung zum Basistarif versichert. Nach der für den Rechtsstreit maßgeblichen Bestimmung der Berliner Landesbeihilfeverordnung orientiert sich die Höhe der staatlichen Beihilfeleistung bei im Basistarif versicherten Beamten an den für die private Krankenversicherung geltenden gesetzlichen Leistungspflichten. Die privaten Krankenversicherer müssen für medizinische Leistungen im Basistarif geringere als die im privatärztlichen Bereich nach der Gebührenordnung für Ärzte vorgesehenen Schwellen- und Höchstwerte (2,3facher bzw. 3,5facher Satz) erstatten. Der Kläger beantragte für mehrere bis März 2010 durchgeführte ärztliche Behandlungen Beihilfe und reichte Arztrechnungen im Gesamtwert von 259,97 € ein. Die Beihilfestelle kürzte mit Bescheid vom 16. September 2010 die Beihilfeleistung unter Berufung auf die Basistarifklausel um 42,01 €, weil die behandelnden Ärzte bei den eingereichten Honorarrechnungen im Basistarif nicht vorgesehene Erhöhungsbeträge bis zum 2,3fachen Satz angesetzt hätten. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Bescheid vom 9. März 2011 zurückgewiesen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Ruhestandsbeamten auf ungekürzte Beihilfe mit Urteil vom 12. Dezember 2012 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Basistarifklausel in der Beihilfeverordnung des Landes Berlin unwirksam sei. Ihr fehle schon die erforderliche Ermächtigungsgrundlage in einem Parlamentsgesetz. Das Landesbeamtengesetz lasse bei der Beihilfebemessung nur die Einführung von absoluten Höchstbeträgen oder Pauschalbeträgen zu. Relative, von der Wahl des Gebührensatzes abhängige Erstattungsgrenzen sehe das Gesetz nicht vor. Die Basistarifklausel stelle auch keine zulässige Regelung von beihilferechtlichen Einzelheiten dar, sondern eine qualitativ neue Form der Leistungskürzung. Ferner führe die Basistarifklausel zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung von Beamten mit einer Basistarifversicherung gegenüber Beamten mit einem umfassenden Beihilfeergänzungstarif. Die Revision des Beklagten begründet dieser im Wesentlichen damit, dass die Basistarifklausel eine im Landesbeamtengesetz ausdrücklich zugelassene Höchstbetragsregelung darstelle. Sie begrenze den beihilfefähigen Höchstbetrag auf das Niveau der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit werde eine ausreichende Absicherung im Krankheitsfall gewährleistet. Die Regelung verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Es stelle einen sachlichen Grund dar, bei dem Umfang der Beihilfeleistungen auf den Umfang der ergänzenden Krankenversicherung, die der Beamte selbst gewählt habe, abzustellen. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Der Vertreter des Bundesinteresses schließt sich der Rechtsauffassung des Beklagten an.
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht mit revisiblem Recht in Einklang. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob die von dem Beklagten versagte Erstattung von Aufwendungen schon deshalb zu beanstanden ist, weil es insoweit an einer dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt, der auch im Beihilferecht Geltung beansprucht, genügenden gesetzlichen Ermächtigung fehlt (vgl. dazu Urteil vom 19. Juli 2012 - BVerwG 5 C 1.12 - BVerwGE 143, 363 = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 42, jeweils Rn. 12 f. m.w.N.). Die streitige Versagung der Erstattung von Aufwendungen verstößt jedenfalls gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. 1. Die umstrittene Beschränkung des Beihilfeanspruchs beruht auf § 6 Abs. 5 der Verordnung über die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und sonstigen Fällen (Landesbeihilfeverordnung - LBhV) in der im hier maßgeblichen Zeitraum des Entstehens der Aufwendungen (vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 2.12 - IÖD 2013, 33 m.w.N.) geltenden Fassung vom 8. September 2009 (GVBl S. 436). Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 LBhV beurteilt sich die Angemessenheit der Aufwendungen von Beihilfeberechtigten und ihrer berücksichtigungsfähigen Angehörigen, die unter anderem in einem Basistarif nach § 12 Abs. 1a des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl I 1993 S. 2), vor dem hier maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. November 2007 (BGBl I S. 2631), versichert sind, nach den in den Verträgen nach § 75 Abs. 3b Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) - SGB V -, vor dem maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2007 (BGBl I S. 378), vereinbarten Gebührenregelungen. Solange keine vertraglichen Gebührenregelungen vorliegen - was für den entscheidungserheblichen Zeitraum der Fall ist - gelten nach § 6 Abs. 5 Satz 2 LBhV unter anderem die Maßgaben des § 75 Abs. 3a Satz 2 SGB V. Nach dieser Vorschrift werden ärztliche Leistungen wie folgt vergütet: Für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nummer 437 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,16fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte, für die in den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte genannten Leistungen nur bis zum 1,38fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte und für die übrigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte nur bis zum 1,8fachen des Gebührensatzes der Gebührenordnung für Ärzte. Damit steht die streitige Ablehnung der Erstattung von Aufwendungen im Einklang. 2. Die Basistarifklausel des § 6 Abs. 5 LBhV verstößt jedenfalls in den Fällen gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, in denen der Beihilfeberechtigte oder der berücksichtigungsfähige Angehörige unfreiwillig im Basistarif versichert ist. So liegt es, wenn er aufgrund des allgemeinen Krankenversicherungsrechts gehalten ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen und er sich zu zumutbaren Bedingungen nur zum Basistarif versichern kann. Dies ist bei dem Kläger nach den Senat bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) der Fall. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt (Urteil vom 2. April 2014 - BVerwG 5 C 40.12 - juris Rn. 16). b) § 6 Abs. 5 LBhV bewirkt eine Ungleichbehandlung der Gruppe der basistarifversicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen gegenüber der Gruppe der Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen, die im Normaltarif krankenversichert sind. Die ungleiche Behandlung besteht zunächst darin, dass der Erstattungsanspruch der zuerst genannten Gruppe für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen geringer ausfällt als derjenige des anderen Personenkreises. Für die nach § 6 Abs. 5 LBhV basistarifversicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen findet der für die Gruppe der anderen Beihilfeberechtigten geltende Grundsatz des § 6 Abs. 3 LBhV keine Anwendung, nach dem unter anderem Aufwendungen für ärztliche Leistungen grundsätzlich dann angemessen und erstattungsfähig sind, wenn sie den Gebührenrahmen der einschlägigen Gebührenordnungen für Ärzte entsprechen. Während also der im Normaltarif versicherte Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige etwa bei ärztlichen Leistungen durchschnittlicher Schwierigkeit in der Regel den nach § 5 Abs. 2 GOÄ festgelegten Schwellenwert des 2,3fachen Betrages (vgl. Urteil vom 17. Februar 1994 - BVerwG 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117 <122 f.> = Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 5 S. 6) und in Ausnahmefällen sogar den Höchstwert des 3,5fachen Betrages erstattet bekommt, erhielt der basistarifversicherte Beamte oder berücksichtigungsfähige Angehörige im hier maßgeblichen Behandlungszeitraum (Oktober 2009 bis März 2010) - wie aufgezeigt - höchstens den 1,8fachen Betrag ersetzt. Werden dem im Basistarif Versicherten für eine ärztliche Leistung etwa Gebühren nach dem 2,3fachen des Gebührensatzes berechnet, hat er die Differenz zu dem geringeren Gebührensatz nach § 75 Abs. 3a Satz 2 SGB V selbst zu tragen. Die im Basistarif krankenversicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen vermögen dieser Ungleichbehandlung in finanzieller Hinsicht auch nicht auszuweichen, ohne dass dies mit einer anderen Ungleichheit einhergeht. Nimmt der im Basistarif Versicherte ärztliche Leistungen auf der Grundlage der Gebührensätze seines Tarifs in Anspruch, die erheblich unter dem liegen, was für Privatpatienten üblicherweise abgerechnet wird, muss er befürchten, dass er die Behandlung, die er als Privatpatient im Normaltarif erhalten würde, nicht erfährt (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706, 814, 819, 832, 837/08 - BVerfGE 123, 186 <240>). Will er dies vermeiden, ist er auf die Bereitschaft eines Arztes angewiesen, ihm trotz der im Basistarif geringeren Vergütungssätze die gleiche Behandlung zuteil werden zu lassen wie dem im Normaltarif Versicherten. Dies führt zu einer Beschränkung der freien Arztwahl. Soweit es sich um faktische Auswirkungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 LBhV handelt, sind auch diese am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen, weil diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). c) Die Ungleichbehandlung ist nicht durch hinreichende Differenzierungsgründe gerechtfertigt. Der Senat ist insoweit nicht auf eine Überprüfung am Willkürmaßstab beschränkt. Da eine Ungleichbehandlung von Personengruppen vorliegt und diese auch nicht auf einer freiwilligen Entscheidung des Klägers beruht, wäre die ungleiche Behandlung nur gerechtfertigt, wenn für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die verschiedenen Rechtsfolgen legitimieren können. Solche Gründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich. aa) Bei dem Kläger kann die Unterscheidung nicht damit gerechtfertigt werden, dass sich die Betroffenen bei der Wahl des Basistarifs freiwillig für ein niedrigeres Krankenbehandlungsniveau entschieden hätten und in der Konsequenz dieser autonomen Entscheidung im Krankheitsfall auch vom Dienstherr nur entsprechend niedrigere Erstattungsleistungen erwarten könnten. Dies gilt gleichermaßen für die Erwägung, die Beamten und Versorgungsempfänger sollten in ihrem eigenen Interesse dazu angehalten werden, sich für eine über den Basistarif hinausgehende umfassendere Krankheitsvorsorge zu entscheiden. Denn die unfreiwillig im Basistarif versicherten Beihilfeberechtigten haben gerade keine autonome Entscheidung getroffen, und ihnen fehlt die Möglichkeit, sich zu zumutbaren Bedingungen in einem umfassenderen privaten Krankenversicherungstarif zu versichern. Die Unterscheidung kann auch nicht damit begründet werden, dass es sich bei den unfreiwillig im Basistarif versicherten Personen um eine vergleichsweise kleine Personengruppe handele, die der Normgeber in Ausübung seiner Pauschalierungsbefugnis beim Erlass der Beihilfeverordnung hätte vernachlässigen dürfen. Denn die Basistarifversicherung ist gerade für Personen eingeführt worden, die bislang in zulässiger Weise nicht krankenversichert waren und aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen keine Möglichkeit zum Abschluss einer bezahlbaren Krankenversicherung hatten (vgl. § 12 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 VAG, vgl. auch BTDrucks 16/3100 S. 207). bb) Die Differenzierung nach dem vom Beihilfeberechtigten oder berücksichtigungsfähigen Angehörigen abgeschlossenen Versicherungstarif kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie eine bereits im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit wahre. Über Jahrzehnte ist im Hinblick darauf, dass der Beamte nicht gesetzlich verpflichtet gewesen ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen, die Beihilfe unabhängig vom Nachweis einer Versicherung in vollem Umfang gewährt worden. Art und Umfang der die Beihilfe ergänzenden privaten Krankenversicherung blieben als Teil der privaten Lebensführung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Vertragsfreiheit) des Beamten überlassen (vgl. Urteile vom 25. Juni 1987 - BVerwG 2 C 57.85 - BVerwGE 77, 331 <336> = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 3 S. 15 und vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 17.88 - Buchholz 270 § 15 BhV Nr. 2 S. 4). Dies entspricht dem beamtenrechtlichen Grundsatz der Vorsorgefreiheit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Februar 2008 - 2 BvR 613/06 - ZBR 2008, 318 <320> m.w.N.), so dass eine Leistungskürzung aufgrund des vom Beamten gewählten Versicherungstarifs nicht als im derzeitigen Beihilfesystem bereits angelegt anzusehen ist (vgl. auch Urteil vom 19. Juli 2012 - BVerwG 5 C 1.12 - BVerwGE 143, 363 = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 42, jeweils Rn. 14). § 76 Abs. 3 Satz 5 des Landesbeamtengesetzes - LBG - vom 19. März 2009 (GVBl S. 70) lässt eine Kürzung der Beihilfe im Hinblick auf die privaten Versicherungsleistungen nur zu, wenn die Beihilfe zusammen mit den von dritter Seite zustehenden Erstattungen die beihilfefähigen Aufwendungen überschreitet. cc) Ferner sind für die beihilferechtliche Benachteiligung basistarifversicherter Beamter und berücksichtigungsfähiger Angehöriger auch keine Differenzierungsgründe von solcher Art und solchem Gewicht erkennbar, die zwar nicht im bestehenden Beihilfesystem angelegt sind, aber die Unterscheidung gleichwohl ausnahmsweise rechtfertigen können. Insbesondere kann die Beschränkung der Beihilfeleistungen nicht mit den Gründen gerechtfertigt werden, die zur Festlegung einer niedrigeren Vergütungspflicht der privaten Krankenversicherungen in § 73 Abs. 3a Satz 2 und 3 SGB V bei Basistarifversicherten geführt haben. Diese Regelungen stehen im Zusammenhang mit der Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht. Da die Zahl der nicht krankenversicherten Personen in Deutschland stark zugenommen hatte und diese Personen im Falle einer schwerwiegenden Erkrankung letztlich auf staatliche Hilfe angewiesen waren, entschloss sich der Gesetzgeber im Zuge des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl I S. 378) zur Einführung einer Krankenversicherungsoption für alle im Bundesgebiet dauerhaft lebenden Personen. Durch eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) wurden die privaten Versicherungsunternehmen verpflichtet, allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine private Krankenversicherung zum Basistarif anzubieten (§ 12 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 VAG). Dieser Basistarif sollte in Bezug auf seine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein (§ 12 Abs. 1a VAG; BTDrucks 16/3100 S. 81). Der maximale Beitrag sollte - unabhängig von Alter und Vorerkrankungen - dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen (vgl. § 12 Abs. 1c VAG). Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 wurden alle nicht gesetzlich krankenversicherungspflichtigen Personen durch eine Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes zudem gesetzlich verpflichtet, mindestens eine Krankenversicherung zum Basistarif abzuschließen. Der Kontrahierungszwang der privaten Krankenversicherung wurde damit durch die jetzt in § 193 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007 (BGBl I S. 2631), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. September 2013 (BGBl I S. 3642), verankerte Krankenversicherungspflicht ergänzt (zur Entstehungsgeschichte BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706, 814, 819, 832, 837/08 - BVerfGE 123, 186 <193>; Sodan, NJW 2007, 1313 f.). Die Beschränkung der Vergütungspflicht der privaten Krankenversicherer dient dazu, diesen die Refinanzierung des Basistarifs zu erleichtern. Die privaten Krankenversicherer können die Mehrkosten, die bislang nicht versicherte, häufig ältere und kranke Neukunden mit sich bringen, systembedingt nicht wie die gesetzliche Krankenversicherung durch Umlagen abdecken. Ihnen fehlen auch die Rückstellungen, die bei der Versicherung von jungen und gesunden Neukunden bis zum Eintritt schwerer Erkrankungen typischerweise gebildet werden. Wären sie verpflichtet, die im Privatpatientenbereich üblichen Entgelte für Krankenbehandlungen zu erbringen, hätte die Einführung der Krankenversicherungspflicht hohe Verluste bei den privaten Krankenversicherungen erwarten lassen. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber nicht nur neue Risiko-Umlageverfahren für Basistarifversicherungen geschaffen (vgl. § 12g VAG; BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 a.a.O. <239>), sondern auch die Vergütungspflicht der privaten Krankenversicherer durch § 75 Abs. 3a SGB V im Bereich des Basistarifs auf ein aus seiner Sicht auch den behandelnden Ärzten zumutbares Maß reduziert. Dabei wurde der ursprüngliche Regelungsansatz, dass die ärztlichen Leistungen mindestens auf dem Ersatzkassenniveau zu vergüten sind (BTDrucks 16/3100 S. 16, 116), im Gesetzgebungsverfahren aufgegeben. Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Vergütungssätze wurden ausgehend von dem im bisherigen PKV-Standardtarif üblichen Niveau im zahnärztlichen Bereich leicht erhöht, aber nach oben wie nach unten disponibel ausgestaltet (vgl. BTDrucks 16/4200 S. 36 f.; BTDrucks 16/4247 S. 37). Es liegt auf der Hand, dass die auf eine finanzielle Schonung der privaten Krankenversicherer abzielenden Überlegungen bei der Einführung der Basistarifversicherungspflicht einer speziellen Problemlage geschuldet sind und dass die Refinanzierungsprobleme der privaten Krankenversicherer bei der Aufnahme von bislang unversicherten Risikopatienten in keiner Weise mit den Finanzierungsproblemen der öffentlichen Hand bei der Beihilfeerbringung vergleichbar sind. Dies folgt schon daraus, dass der Staat die Kosten der Beihilfe aus Steuern und damit über eine Umlage finanziert, also anders als private Krankenversicherer gerade keine Rückstellungen aus Versicherungsbeiträgen bildet. Außerdem mögen bislang nicht krankenversicherte Beamte für die privaten Krankenversicherungen Neukunden sein, für die jedwede Risikorückstellungen fehlen. Sie sind aber für den Staat keine "Neukunden", sondern stehen - wie der Fall des hier klagenden Ruhestandsbeamten zeigt - häufig seit Jahren in einem gegenseitigen Treueverhältnis zum Staat, so dass ein geringerer Beihilfebemessungssatz nicht unter dem Gesichtspunkt unerwarteten Risikozuwachses gerechtfertigt werden kann. dd) Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung die niedrigeren beihilferechtlichen Erstattungen damit begründet hat, dass der basistarifversicherte Beamte oder berücksichtigungsfähige Angehörige geringere Krankenkassenbeiträge zu entrichten habe, überzeugt dies ebenfalls nicht. Denn den niedrigeren Krankenversicherungsbeiträge der basistarifversicherten Beamten stehen entsprechend geringere Krankenversicherungsleistungen gegenüber, so dass der basistarifversicherte Beamte den "Vorteil" niedrigerer Beiträge bereits mit dem "Nachteil" gekürzter Erstattungsleistungen der privaten Krankenversicherung erkauft. Für eine doppelte Anrechnung dieses "Vorteils" bei der Beihilfegewährung ist damit kein Raum. ee) Ebenso wenig kann die geringere Erstattungshöhe mit der vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 15. März 2013 - 10 A 11153/12.OVG - juris Rn. 30) angeführten Erwägung begründet werden, der Basistarifversicherte habe auf einfache Weise die Möglichkeit, durch einen Hinweis auf sein geringeres Versicherungsniveau eine Absenkung der Honorarrechnung zu erwirken und damit beim Dienstherrn eine Ersparnis zu erzielen. Diese Argumentation vermag schon deswegen nicht zu überzeugen, weil es auch der "normal" versicherte Beamte jederzeit in der Hand hat, durch Hinnahme von Einschränkungen des gewohnten medizinischen Versorgungsstandards in einen Basistarif zu wechseln und auf diese Weise Einsparungen beim Dienstherrn zu bewirken. Es leuchtet aber nicht ein, dass nur diejenigen zur Leistung eines solchen Ersparnisbeitrags verpflichtet sein sollen, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen oder ihres Alters von den privaten Krankenversicherern gegen ihren Willen nur zum Basistarif versichert werden. Damit wird im Ergebnis einer Beamtengruppe ein Sonderopfer allein deswegen abverlangt, weil sie auf dem Markt der privaten Krankenversicherungen aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen bereits benachteiligt ist. Dies ist mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. 3. Da die Regelung des § 6 Abs. 5 LBhV jedenfalls bei unfreiwillig im Basistarif versicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen gegen den Gleichheitssatz verstößt und zumindest in diesem Teilbereich unwirksam ist, kann der zu diesem Personenkreis zählende Kläger - wie vom Verwaltungsgericht entschieden - nach § 6 Abs. 3 LBhV die Erstattung der nach den einschlägigen Gebührenordnungen üblichen Entgelte verlangen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020288&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020291
BVerwG
5. Senat
20140417
5 C 40/13
Urteil
Art 3 Abs 1 GG, § 75 Abs 3a S 2 SGB 5, § 75 Abs 3a S 3 SGB 5, § 6 Abs 3 BBhV, § 6 Abs 5 BBhV, § 12 Abs 1a VAG, § 12 Abs 1b S 1 Nr 2 VAG, § 12 Abs 1c VAG, § 12g VAG, § 80 Abs 3 S 3 BBG
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 15. März 2013, Az: 10 A 11153/12, Urteil vorgehend VG Mainz, 4. Oktober 2012, Az: 6 K 195/12.MZ, Urteil
DEU
Basistarifklausel in Bundesbeihilfeverordnung; Gleichbehandlungsgrundsatz
Die Basistarifklausel des § 6 Abs. 5 der Bundesbeihilfeverordnung (juris: BBhV) verstößt jedenfalls in den Fällen gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, in denen der Beihilfeberechtigte oder der berücksichtigungsfähige Angehörige unfreiwillig im Basistarif versichert ist. Dies ist der Fall, wenn er aufgrund der allgemeinen Krankenversicherungspflicht gehalten ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen und er sich zu zumutbaren Bedingungen nur zum Basistarif versichern kann.
Die Beteiligten streiten um die Höhe von Beihilfeleistungen für im Basistarif versicherte Beamte und Angehörige. Der Kläger ist beihilfeberechtigter Ruhestandsbeamter der Beklagten. Seine Ehefrau ist berücksichtigungsfähige Angehörige, für die der Kläger grundsätzlich für 70 Prozent ihrer krankheitsbedingten Aufwendungen Beihilfe erhält. Für die übrigen 30 Prozent der Behandlungskosten ist seine Ehefrau bei einer privaten Krankenversicherung zum Basistarif versichert. Nach § 6 Abs. 5 der Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) orientiert sich die Höhe der staatlichen Beihilfeleistung bei im Basistarif versicherten Beamten an den für die private Krankenversicherung geltenden gesetzlichen Leistungspflichten. Die privaten Krankenversicherer müssen für medizinische Leistungen im Basistarif geringere als die im privatärztlichen Bereich nach der Gebührenordnung für Ärzte vorgesehenen Schwellen- und Höchstwerte (2,3facher bzw. 3,5facher Satz) erstatten. Mit Bescheid vom 15. Juni 2011 gewährte die Beklagte dem Kläger neben eigenen Aufwendungen auch Beihilfe für Aufwendungen, die seiner Ehefrau für ärztliche Behandlungen in der Zeit von Dezember 2010 bis Mai 2011 entstanden waren. Hierfür legte sie die geringeren Gebührensätze zugrunde, die für im Basistarif Versicherte gelten. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Erstattung der seiner Ehefrau von den Ärzten tatsächlich abgerechneten höheren Gebühren begehrte, blieb ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 4. Oktober 2012 stattgegeben. Es hat die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die geltend gemachten Aufwendungen weitere Beihilfe ohne Berücksichtigung des sich nach § 6 Abs. 5 BBhV ergebenden Kürzungsfaktors zu gewähren. Diese Regelung könne nicht als Grundlage für entsprechende Kürzungen herangezogen werden, weil sie unwirksam sei. Jedenfalls für Beamte oder deren Angehörige, die - wie die Ehefrau des Klägers - selbst vor Einführung der Versicherungspflicht nicht krankenversichert gewesen seien und die ihrer Versicherungspflicht nur unfreiwillig und alternativlos durch den Abschluss eines Basistarifs nachkommen konnten, wirke sie sich so wesentlich auf das Beihilfeniveau aus, dass es insoweit einer Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers bedurft hätte. An einer solchen Grundlage in einem Parlamentsgesetz fehle es. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Die in § 6 Abs. 5 BBhV vorgenommene Beschränkung der Beihilfe auf die Gebührensätze für Versicherte im Basistarif unterliege nicht dem Vorbehalt des Gesetzes. Die Beschränkung sei vielmehr Ausfluss des bereits im Gesetz niedergelegten Strukturprinzips, dass grundsätzlich nur wirtschaftlich angemessene Aufwendungen beihilfefähig seien. Eine Entscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers sei auch nicht mit Blick auf die Amtsangemessenheit der Alimentation erforderlich. Die Basistarifklausel sei ferner mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die Gruppe der im Basistarif Versicherten werde bei der Gewährung der Beihilfe nicht ungerechtfertigt anders behandelt als die Gruppe der "normal" privat versicherten Beamten oder die Gruppe der überhaupt nicht versicherten Beamten. Die beiden letzteren Gruppen hätten nämlich, anders als die im Basistarif Versicherten, nicht die Möglichkeit, den Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte zu beschränken. Zur Begründung seiner Revision verweist der Kläger insbesondere auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Er rügt, das Oberverwaltungsgericht habe verkannt, dass § 6 Abs. 5 BBhV in der vorliegenden Konstellation unwirksam sei, weil die Regelung weder mit dem Gesetzesvorbehalt noch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar sei. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht unterstützt ihre Rechtsauffassung.
Die Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil steht mit revisiblem Recht nicht in Einklang. Dabei lässt der Senat dahingestellt, ob die von der Beklagten versagte Erstattung von Aufwendungen schon deshalb zu beanstanden ist, weil es insoweit an einer dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt, der auch im Beihilferecht Geltung beansprucht, genügenden gesetzlichen Ermächtigung fehlt (vgl. dazu Urteil vom 19. Juli 2012 - BVerwG 5 C 1.12 - BVerwGE 143, 363 = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 42, jeweils Rn. 12 f. m.w.N.). Entgegen der Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts verstößt die streitige Versagung der Erstattung von Aufwendungen jedenfalls gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. 1. Die umstrittene Beschränkung des Beihilfeanspruchs beruht auf § 6 Abs. 5 der Bundesbeihilfeverordnung - BBhV - vom 13. Februar 2009 (BGBl I S. 326) in der im hier maßgeblichen Zeitraum des Entstehens der Aufwendungen (vgl. Urteil vom 8. November 2012 - BVerwG 5 C 2.12 - IÖD 2013, 33 m.w.N.) anzuwendenden Fassung der Ersten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 17. Dezember 2009 (BGBl I S. 3922). Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 BBhV beurteilt sich die Angemessenheit der Aufwendungen von Beihilfeberechtigten und ihrer berücksichtigungsfähigen Angehörigen, die u.a. in einem Basistarif nach § 12 Abs. 1a des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl I 1993 S. 2), vor dem hier maßgeblichen Zeitraum des Entstehens der Aufwendungen (von Dezember 2010 bis Mai 2011) zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. November 2007 (BGBl I S. 2631), versichert sind, nach den in den Verträgen nach § 75 Abs. 3b Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vom 20. Dezember 1988 (BGBl I S. 2477) - SGB V -, vor dem maßgeblichen Zeitraum zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2007 (BGBl I S. 378), vereinbarten Gebührenregelungen. Wie das Oberverwaltungsgericht (UA S. 7) zu Recht festgestellt hat, ist insoweit die für die Zeit ab 1. April 2010 getroffene Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, KöR, und dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. im Einvernehmen mit den Beihilfekostenträgern bezüglich der Honorierung ambulanter ärztlicher und belegärztlicher Leistungen für im Basistarif Versicherte vom 28. Januar 2010 einschlägig. Danach werden ärztliche Leistungen wie folgt vergütet: Für die in Abschnitt M des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) genannten Leistungen sowie für die Leistung nach Nr. 437 GOÄ mit dem 0,9-fachen des Gebührensatzes, für Leistungen nach den Abschnitten A, E und O des Gebührenverzeichnisses der GOÄ mit dem 1,0fachen des Gebührensatzes und für die übrigen Leistungen mit dem 1,2fachen des Gebührensatzes. Damit steht die streitige Ablehnung der Erstattung von Aufwendungen im Einklang. 2. Die Basistarifklausel des § 6 Abs. 5 BBhV verstößt jedenfalls in den Fällen gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, in denen der Beihilfeberechtigte oder der berücksichtigungsfähige Angehörige unfreiwillig im Basistarif versichert ist. So liegt es, wenn er aufgrund der allgemeinen Krankenversicherungspflicht gehalten ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen und er sich zu zumutbaren Bedingungen nur zum Basistarif versichern kann. Dies ist bei der Ehefrau des Klägers als berücksichtigungsfähiger Angehöriger nach den den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) der Fall. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es aber dem Normgeber frei, aufgrund autonomer Wertungen die Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - BVerfGE 118, 79 <100> und vom 21. Juni 2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49 <68> m.w.N.). Knüpft die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d.h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte an oder hängt sie von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen ab, hat der Normgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum. Ein Gleichheitsverstoß ist nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen unterliegt der Normgeber dagegen regelmäßig engen rechtlichen Bindungen. Dies gilt auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 a.a.O. m.w.N.). Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz kann in diesen Fällen schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können. Für beide Fallgruppen gilt, dass die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilferecht angeführten Gründe auch vor der verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn Bestand haben müssen, in der die Beihilfe ihre Grundlage hat (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 5 C 3.12 - Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 43 Rn. 29 und vom 5. Mai 2010 - BVerwG 2 C 12.10 - ZBR 2011, 126 Rn. 10 f. jeweils m.w.N.). Zwar begründet die Durchbrechung einer vom Gesetz selbst statuierten Sachgesetzlichkeit für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie kann jedoch ein Indiz für eine objektiv willkürliche Regelung oder das Fehlen eines nach Art und Gewicht hinreichenden Rechtfertigungsgrundes darstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. September 2009 - 1 BvR 2275/07 - ZOV 2009, 291 <295> m.w.N.). Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Vorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes indiziert, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit, dass notwendige und angemessene Aufwendungen beihilfefähig sind, ohne zureichenden Grund verlässt (Urteil vom 2. April 2014 - BVerwG 5 C 40.12 - juris Rn. 16). b) § 6 Abs. 5 BBhV bewirkt eine Ungleichbehandlung der Gruppe der basistarifversicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen gegenüber der Gruppe der Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen, die im Normaltarif krankenversichert sind. Die ungleiche Behandlung besteht zunächst darin, dass der Erstattungsanspruch der zuerst genannten Gruppe für Aufwendungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen geringer ausfällt als derjenige des anderen Personenkreises. Für die nach § 6 Abs. 5 BBhV basistarifversicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen findet der für die Gruppe der anderen Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen geltende Grundsatz des § 6 Abs. 3 BBhV keine Anwendung, nach dem unter anderem Aufwendungen für ärztliche Leistungen grundsätzlich dann angemessen und erstattungsfähig sind, wenn sie den Gebührenrahmen der einschlägigen Gebührenordnungen für Ärzte entsprechen. Während also der im Normaltarif versicherte Beihilfeberechtigte oder berücksichtigungsfähige Angehörige etwa bei ärztlichen Leistungen durchschnittlicher Schwierigkeit in der Regel den nach § 5 Abs. 2 GOÄ festgelegten Schwellenwert des 2,3fachen Betrages (vgl. Urteil vom 17. Februar 1994 - BVerwG 2 C 10.92 - BVerwGE 95, 117 <122 f.> = Buchholz 270 § 5 BhV Nr. 5 S. 6) und in Ausnahmefällen sogar den Höchstwert des 3,5fachen Betrages erstattet bekommt, erhielt der basistarifversicherte Beamte oder berücksichtigungsfähige Angehörige im hier maßgeblichen Behandlungszeitraum (Dezember 2010 bis Mai 2011) - wie aufgezeigt - höchstens den 1,2fachen Betrag ersetzt. Werden dem im Basistarif Versicherten für eine ärztliche Leistung etwa Gebühren nach dem 2,3fachen des Gebührensatzes berechnet, hat er die Differenz zu dem geringeren Gebührensatz nach § 75 Abs. 3a Satz 2 SGB V selbst zu tragen. Die im Basistarif krankenversicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen vermögen dieser Ungleichbehandlung in finanzieller Hinsicht auch nicht auszuweichen, ohne dass dies mit einer anderen Ungleichheit einhergeht. Nimmt der im Basistarif Versicherte ärztliche Leistungen auf der Grundlage der Gebührensätze seines Tarifs in Anspruch, die erheblich unter dem liegen, was für Privatpatienten üblicherweise abgerechnet wird, muss er befürchten, dass er die Behandlung, die er als Privatpatient im Normaltarif erhalten würde, nicht erfährt (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706, 814, 819, 832, 837/08 - BVerfGE 123, 186 <240>). Will er dies vermeiden, ist er auf die Bereitschaft eines Arztes angewiesen, ihm trotz der im Basistarif geringeren Vergütungssätze die gleiche Behandlung zuteil werden zu lassen wie dem im Normaltarif Versicherten. Dies führt zu einer Beschränkung der freien Arztwahl. Soweit es sich um faktische Auswirkungen des § 6 Abs. 5 Satz 2 BBhV handelt, sind auch diese am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen, weil diese ungleiche Auswirkung gerade auf die rechtliche Gestaltung zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 3. Dezember 1968 - 2 BvE 1, 3, 5/67 - BVerfGE 24, 300 <358> und Beschluss vom 9. August 1978 - 2 BvR 831/76 - BVerfGE 49, 148 <165>). c) Die Ungleichbehandlung ist nicht durch hinreichende Differenzierungsgründe gerechtfertigt. Der Senat ist insoweit nicht auf eine Überprüfung am Willkürmaßstab beschränkt. Da eine Ungleichbehandlung von Personengruppen vorliegt und diese auch nicht auf einer freiwilligen Entscheidung der Ehefrau des Klägers beruht, wäre die ungleiche Behandlung nur gerechtfertigt, wenn für sie Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die verschiedenen Rechtsfolgen legitimieren können. Solche Gründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich. aa) Bei der Ehefrau des Klägers kann die Unterscheidung nicht damit gerechtfertigt werden, dass sich die Betroffenen bei der Wahl des Basistarifs freiwillig für ein niedrigeres Krankenbehandlungsniveau entschieden hätten und in der Konsequenz dieser autonomen Entscheidung im Krankheitsfall auch vom Dienstherr nur entsprechend niedrigere Erstattungsleistungen erwarten könnten. Dies gilt gleichermaßen für die Erwägung, die beihilfeberechtigten Beamten und Versorgungsempfänger und deren berücksichtigungsfähige Angehörige sollten in ihrem eigenen Interesse dazu angehalten werden, sich für eine über den Basistarif hinausgehende umfassendere Krankheitsvorsorge zu entscheiden. Denn die unfreiwillig im Basistarif versicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen haben gerade keine autonome Entscheidung getroffen, und ihnen fehlt die Möglichkeit, sich zu zumutbaren Bedingungen in einem umfassenderen privaten Krankenversicherungstarif zu versichern. Die Unterscheidung kann auch nicht damit begründet werden, dass es sich bei den unfreiwillig im Basistarif versicherten Personen um eine vergleichsweise kleine Personengruppe handele, die der Normgeber in Ausübung seiner Pauschalierungsbefugnis beim Erlass der Beihilfeverordnung hätte vernachlässigen dürfen. Denn die Basistarifversicherung ist gerade für Personen eingeführt worden, die bislang in zulässiger Weise nicht krankenversichert waren und aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen keine Möglichkeit zum Abschluss einer bezahlbaren Krankenversicherung hatten (vgl. § 12 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 VAG, vgl. auch BTDrucks 16/3100 S. 207). bb) Die Differenzierung nach dem vom Beihilfeberechtigten oder seinem berücksichtigungsfähigen Angehörigen abgeschlossenen Versicherungstarif kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie eine bereits im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit wahre. Über Jahrzehnte ist im Hinblick darauf, dass der Beamte nicht gesetzlich verpflichtet gewesen ist, eine private Krankenversicherung abzuschließen, die Beihilfe unabhängig vom Nachweis einer Versicherung in vollem Umfang gewährt worden. Art und Umfang der die Beihilfe ergänzenden privaten Krankenversicherung blieben als Teil der privaten Lebensführung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Vertragsfreiheit) des Beamten überlassen (vgl. Urteile vom 25. Juni 1987 - BVerwG 2 C 57.85 - BVerwGE 77, 331 <336> = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 3 S. 15 und vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 17.88 - Buchholz 270 § 15 BhV Nr. 2 S. 4). Dies entspricht dem beamtenrechtlichen Grundsatz der Vorsorgefreiheit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Februar 2008 - 2 BvR 613/06 - ZBR 2008, 318 <320> m.w.N.), so dass eine Leistungskürzung aufgrund des vom Beamten oder seinem beihilfeberechtigten Angehörigen gewählten Versicherungstarifs nicht als im derzeitigen Beihilfesystem bereits angelegt anzusehen ist (vgl. auch Urteil vom 19. Juli 2012 - BVerwG 5 C 1.12 - BVerwGE 143, 363 = Buchholz 271 LBeihilfeR Nr. 42, jeweils Rn. 14). § 80 Abs. 3 Satz 3 Bundesbeamtengesetz - BBG - vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) in der rückwirkend zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes vom 14. November 2011 (BGBl I S. 2219) lässt eine Kürzung der Beihilfe im Hinblick auf die privaten Versicherungsleistungen nur zu, wenn die Beihilfe zusammen mit den von dritter Seite zustehenden Erstattungen die beihilfefähigen Aufwendungen überschreitet. cc) Ferner sind für die beihilferechtliche Benachteiligung basistarifversicherter Beamter und berücksichtigungsfähiger Angehöriger auch keine Differenzierungsgründe von solcher Art und solchem Gewicht erkennbar, die zwar nicht im bestehenden Beihilfesystem angelegt sind, aber die Unterscheidung gleichwohl ausnahmsweise rechtfertigen können. Insbesondere kann die Beschränkung der Beihilfeleistungen nicht mit den Gründen gerechtfertigt werden, die zur Festlegung einer niedrigeren Vergütungspflicht der privaten Krankenversicherungen in § 73 Abs. 3a Satz 2 und 3 SGB V bei Basistarifversicherten geführt haben. Diese Regelungen stehen im Zusammenhang mit der Einführung der allgemeinen Krankenversicherungspflicht. Da die Zahl der nicht krankenversicherten Personen in Deutschland stark zugenommen hatte und diese Personen im Falle einer schwerwiegenden Erkrankung letztlich auf staatliche Hilfe angewiesen waren, entschloss sich der Gesetzgeber im Zuge des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 26. März 2007 (BGBl I S. 378) zur Einführung einer Krankenversicherungsoption für alle im Bundesgebiet dauerhaft lebenden Personen. Durch eine Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) wurden die privaten Versicherungsunternehmen verpflichtet, allen Personen mit Wohnsitz in Deutschland, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig waren, eine private Krankenversicherung zum Basistarif anzubieten (§ 12 Abs. 1b Satz 1 Nr. 2 VAG). Dieser Basistarif sollte in Bezug auf seine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar sein (§ 12 Abs. 1a VAG; BTDrucks 16/3100 S. 81). Der maximale Beitrag sollte - unabhängig von Alter und Vorerkrankungen - dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung entsprechen (vgl. § 12 Abs. 1c VAG). Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 wurden alle nicht gesetzlich krankenversicherungspflichtigen Personen durch eine Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes zudem gesetzlich verpflichtet, mindestens eine Krankenversicherung zum Basistarif abzuschließen. Der Kontrahierungszwang der privaten Krankenversicherung wurde damit durch die jetzt in § 193 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007 (BGBl I S. 2631), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. September 2013 (BGBl I S. 3642), verankerte Krankenversicherungspflicht ergänzt (zur Entstehungsgeschichte BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 - 1 BvR 706, 814, 819, 832, 837/08 - BVerfGE 123, 186 <193>; Sodan, NJW 2007, 1313 f.). Die Beschränkung der Vergütungspflicht der privaten Krankenversicherer dient dazu, diesen die Refinanzierung des Basistarifs zu erleichtern. Die privaten Krankenversicherer können die Mehrkosten, die bislang nicht versicherte, häufig ältere und kranke Neukunden mit sich bringen, systembedingt nicht wie die gesetzliche Krankenversicherung durch Umlagen abdecken. Ihnen fehlen auch die Rückstellungen, die bei der Versicherung von jungen und gesunden Neukunden bis zum Eintritt schwerer Erkrankungen typischerweise gebildet werden. Wären sie verpflichtet, die im Privatpatientenbereich üblichen Entgelte für Krankenbehandlungen zu erbringen, hätte die Einführung der Krankenversicherungspflicht hohe Verluste bei den privaten Krankenversicherern erwarten lassen. Um dies zu verhindern, hat der Gesetzgeber nicht nur neue Risiko-Umlageverfahren für Basistarifversicherungen geschaffen (vgl. § 12g VAG; BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 a.a.O. <239>), sondern auch die Vergütungspflicht der privaten Krankenversicherer durch § 75 Abs. 3a SGB V im Bereich des Basistarifs auf ein aus seiner Sicht auch den behandelnden Ärzten zumutbares Maß reduziert. Dabei wurde der ursprüngliche Regelungsansatz, dass die ärztlichen Leistungen mindestens auf dem Ersatzkassenniveau zu vergüten sind (BTDrucks 16/3100 S. 16, 116), im Gesetzgebungsverfahren aufgegeben. Die vom Gesetzgeber vorgegebenen Vergütungssätze wurden ausgehend von dem im bisherigen PKV-Standardtarif üblichen Niveau im zahnärztlichen Bereich leicht erhöht, aber nach oben wie nach unten disponibel ausgestaltet (vgl. BTDrucks 16/4200 S. 36 f.; BTDrucks 16/4247 S. 37). Es liegt auf der Hand, dass die auf eine finanzielle Schonung der privaten Krankenversicherer abzielenden Überlegungen bei der Einführung der Basistarifversicherungspflicht einer speziellen Problemlage geschuldet sind und dass die Refinanzierungsprobleme der privaten Krankenversicherer bei der Aufnahme von bislang unversicherten Risikopatienten in keiner Weise mit den Finanzierungsproblemen der öffentlichen Hand bei der Beihilfeerbringung vergleichbar sind. Dies folgt schon daraus, dass der Staat die Kosten der Beihilfe aus Steuern und damit über eine Umlage finanziert, also anders als private Krankenversicherer gerade keine Rückstellungen aus Versicherungsbeiträgen bildet. Außerdem mögen bislang nicht krankenversicherte Beamte für die privaten Krankenversicherungen Neukunden sein, für die jedwede Risikorückstellungen fehlen. Sie sind aber für den Staat keine "Neukunden", sondern stehen häufig seit Jahren in einem gegenseitigen Treueverhältnis zum Staat, so dass ein geringerer Beihilfebemessungssatz nicht unter dem Gesichtspunkt unerwarteten Risikozuwachses gerechtfertigt werden kann. dd) Die niedrigeren beihilferechtlichen Erstattungen können auch nicht mit dem Hinweis darauf gerechtfertigt werden, dass der basistarifversicherte Beamte oder berücksichtigungsfähige Angehörige geringere Krankenkassenbeiträge zu entrichten haben. Denn den niedrigeren Krankenversicherungsbeiträgen stehen entsprechend geringere Krankenversicherungsleistungen gegenüber, so dass der basistarifversicherte Beamte oder berücksichtigungsfähige Angehörige den "Vorteil" niedrigerer Beiträge bereits mit dem "Nachteil" gekürzter Erstattungsleistungen der privaten Krankenversicherung erkaufen. Für eine doppelte Anrechnung dieses "Vorteils" bei der Beihilfegewährung ist damit kein Raum. ee) Ebenso wenig kann die geringere Erstattungshöhe mit der vom Oberverwaltungsgericht (UA S. 10 f.) angeführten Erwägung begründet werden, der Basistarifversicherte habe auf einfache Weise die Möglichkeit, durch einen Hinweis auf sein geringeres Versicherungsniveau eine Absenkung der Honorarrechnung zu erwirken und damit beim Dienstherrn eine Ersparnis zu erzielen. Diese Argumentation vermag schon deswegen nicht zu überzeugen, weil es auch der "normal" versicherte Beamte jederzeit in der Hand hat, durch Hinnahme von Einschränkungen des gewohnten medizinischen Versorgungsstandards in einen Basistarif zu wechseln und auf diese Weise Einsparungen beim Dienstherrn zu bewirken. Es leuchtet aber nicht ein, dass nur diejenigen zur Leistung eines solchen Ersparnisbeitrags verpflichtet sein sollen, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen oder ihres Alters von den privaten Krankenversicherern gegen ihren Willen nur zum Basistarif versichert werden. Damit wird im Ergebnis einer Beamtengruppe ein Sonderopfer allein deswegen abverlangt, weil sie auf dem Markt der privaten Krankenversicherungen aufgrund ihres Alters oder ihrer Vorerkrankungen bereits benachteiligt ist. Dies ist mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. 3. Da die Regelung des § 6 Abs. 5 BBhV jedenfalls bei unfreiwillig im Basistarif versicherten Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen gegen den Gleichheitssatz verstößt und zumindest in diesem Teilbereich unwirksam ist, kann der Kläger - wie erstinstanzlich vom Verwaltungsgericht entschieden - für die im Streit stehenden Aufwendungen seiner im Basistarif versicherten Ehefrau nach § 6 Abs. 3 BBhV die Erstattung der nach den einschlägigen Gebührenordnungen üblichen Entgelte verlangen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020291&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020292
BVerwG
2. Senat
20140526
2 B 69/12
Beschluss
§ 57a Abs 2 S 2 BG BW 1996, § 84 Abs 3 BG BW 2010, § 8 Abs 1 S 1 PolDG BW, § 98 VwGO, § 444 ZPO
vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 19. Juni 2012, Az: 4 S 1723/10, Urteil vorgehend VG Freiburg (Breisgau), 8. Oktober 2009, Az: 6 K 2381/08
DEU
Zu den Anforderungen an eine gerichtliche Anordnung der Entbindung eines Arztes von der Schweigepflicht zu Beweiszwecken
Die gerichtliche Anordnung, einen Arzt zu Beweiszwecken von der Schweigepflicht zu entbinden und sich mit der Beiziehung einer früheren ärztlichen Begutachtung einverstanden zu erklären, muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Das gilt insbesondere bei psychischen Erkrankungen. Die früheren Erkenntnisse müssen nach ärztlicher Auffassung für die neue Begutachtung zwingend erforderlich sein. Die Verweigerung einer unverhältnismäßig weitgehenden Schweigepflichtentbindung und einer ebensolchen Aktenbeiziehung darf nicht zum Anlass für die Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO genommen werden.
Die Beschwerde des Klägers hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt zwar nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO. Jedoch liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor, weil ein Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) vorliegt und das Berufungsurteil auf diesem Verfahrensmangel beruhen kann. Der 1973 geborene Kläger, ein im Jahr 2009 wegen Dienstunfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand versetzter Berufsschullehrer, wurde im Jahr 1996 in den Freiwilligen Polizeidienst des beklagten Landes aufgenommen. Im Jahr 2008 entließ ihn der Beklagte aus diesem Dienst und stützte sich dabei auf die Feststellungen des Amtsarztes im Zurruhesetzungsverfahren. Die hiergegen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Im Berufungsurteil hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt: Die Annahme des Beklagten, dass der Kläger den gesundheitlichen Anforderungen des Freiwilligen Polizeidienstes nicht (mehr) gewachsen sei, sei gerechtfertigt. Diese Anforderungen entsprächen denjenigen, die an Polizeibeamte zu stellen seien (Polizeidienstfähigkeit). Zwar sei die Verwendung des amtsärztlichen Gutachtens, auf das die Versetzung des Klägers in den Ruhestand gestützt sei, gesetzlich ausgeschlossen. Doch sei der Kläger als polizeidienstunfähig zu behandeln, weil er die Sachaufklärung bewusst verhindert habe. Er habe sich geweigert, seine früheren Ärzte und Therapeuten von ihrer Schweigepflicht zu entbinden, und es abgelehnt, dass deren Unterlagen von dem gerichtlich zu bestellenden Sachverständigen beigezogen werden. Ohne diese früheren Erkenntnisse sei die Erstellung eines neuen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Erlass des Widerspruchsbescheides im Jahr 2008, nicht möglich. 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst. Dies setzt voraus, dass der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft und darlegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass diese Rechtsfrage sowohl im konkreten Fall entscheidungserheblich als auch allgemein klärungsbedürftig ist (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 7 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> und vom 24. Januar 2011 - BVerwG 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4). Hiernach rechtfertigen die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen (Beschwerdebegründung S. 27 f.) nicht die Zulassung der Revision. Die erste Frage, ob eine gerichtliche Anordnung, einen Arzt von seiner Schweigepflicht in Bezug auf ein Gutachten zu entbinden, zulässig ist, obwohl der Verwertung dieses Gutachtens ein gesetzliches Verbot entgegensteht, kann - soweit im vorliegenden Fall entscheidungserheblich - aufgrund vorhandener Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantwortet werden (siehe dazu unter 3.). Mit den weiteren Fragen wirft die Beschwerde, wie sich schon aus den Formulierungen der Fragen und der Bezugnahme auf eine wörtlich wiedergegebene Erklärung des Klägers ergibt, keine verallgemeinerungsfähigen Rechtsfragen auf, sondern wendet sich gegen die fallbezogene Würdigung des Verwaltungsgerichtshofs. Damit kann die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht erreicht werden. 2. Die Beschwerde führt auch nicht zur Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Eine solche ist nur dann i.S.v. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Hier fehlt es bereits an der Gegenüberstellung solcher Rechtssätze. Außerdem sind die von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts in Anwendung anderer Rechtsnormen ergangen, nämlich zum Fahrerlaubnis- bzw. Musterungsrecht. 3. Allerdings rügt die Beschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen hat. Es hätte den Nachweis der Polizeidienstunfähigkeit des Klägers daher nicht in Anwendung der Beweisregel der § 125 Abs. 1 Satz 1, § 98 VwGO i.V.m. § 444 ZPO als erbracht ansehen dürfen. a) Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Fehlt dem Gericht die hierfür erforderliche Sachkunde, muss es sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen. Kommt es maßgeblich auf den Gesundheitszustand eines Menschen an, ist daher regelmäßig die Inanspruchnahme ärztlicher Fachkunde erforderlich. Für die entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen gibt es keine eigene, nicht durch entsprechende medizinische Auskünfte und Sachverständigengutachten vermittelte Sachkunde des Richters (vgl. Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 11; Beschlüsse vom 24. Mai 2006 - BVerwG 1 B 118.05 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 16 Rn. 3 und vom 21. Februar 2014 - BVerwG 2 B 24.12 - IÖD 2014, 100 <juris Rn. 10>). Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Freiwilligen Polizeidienst (FPolDG BW) vom 12. April 1985 (GBl. BW S. 129) werden Angehörige des Freiwilligen Polizeidienstes von der Aufstellungsbehörde (u.a.) entlassen, wenn sie den gesundheitlichen Anforderungen des Freiwilligen Polizeidienstes nicht (mehr) gewachsen sind. Hierbei handelt es sich um Landesrecht, dessen Auslegung und Anwendung nicht der Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt (§ 137 Abs. 1 VwGO). Daher hat das Berufungsgericht für den Senat bindend angenommen, an freiwillig Polizeidienst Leistende seien dieselben gesundheitlichen Anforderungen zu stellen wie an Polizeibeamte. Sie müssten mithin polizeidienstfähig sein. Die Beurteilung der (fehlenden) Polizeidienstfähigkeit unterliegt der inhaltlich nicht eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (vgl. die Urteile vom 30. Mai 2013 - BVerwG 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 38 und <generell zur gesundheitlichen Eignung> vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 - NVwZ 2014, 372 Rn. 20). Erweist sich die von der Behörde für die Annahme der fehlenden Polizeidienstfähigkeit gegebene Begründung als nicht tragfähig, so hat das Gericht zu klären, ob der betroffene Polizeifreiwillige zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich dienstunfähig war. Wie bei einer von der Behörde erlassenen ärztlichen Untersuchungsanordnung setzt auch eine gerichtlich angeordnete Beweiserhebung dieses Inhalts deren Rechtmäßigkeit voraus. In beiden Fällen muss die Anordnung hinsichtlich Gegenstand und Umfang bestimmten - aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgenden - formellen und inhaltlichen Anforderungen genügen, die das Bundesverwaltungsgericht bereits mehrfach beschrieben hat (Urteile vom 26. April 2012 - BVerwG 2 C 17.10 - Buchholz 237.6 § 226 NdsLBG Nr. 1 Rn. 16 f. und vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 18 ff.; Beschluss vom 21. Februar 2014 - a.a.O. <juris Rn. 9 ff.>). Die Anforderungen gelten auch für eine (im Rahmen einer solchen Beweiserhebung ergehende) gerichtliche Anordnung, mit der dem Betroffenen aufgegeben wird, zur Erstellung eines ärztlichen Gutachtens ihn vormals behandelnde Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden und sein Einverständnis mit der Beiziehung deren früherer Begutachtungen zu erteilen (Beschluss vom 21. Februar 2014 a.a.O.). Die strikte Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist verfassungsrechtlich geboten, weil Angaben eines Arztes über Anamnese, Diagnose und therapeutische Maßnahmen an dem Schutz teilnehmen, den das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dem Einzelnen vor dem Zugriff der öffentlichen Gewalt gewährt. Dieses Grundrecht schützt vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter (BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 1 BvR 689/92 - BVerfGE 89, 69 <82> und Kammerbeschluss vom 6. Juni 2006 - 2 BvR 1349/05 - BVerfGK 8, 183 <190 f.>, jeweils m.w.N.). In diesen grundrechtlichen Schutzbereich wird eingegriffen, wenn der Betroffene zu einer unverhältnismäßigen, weil zu weit gehenden Schweigepflichtentbindung verpflichtet wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. Juli 2013 - 1 BvR 3167/08 - NJW 2013, 3086 Rn. 18 ff., 22). Diese Grundrechtsbetroffenheit ist insbesondere bei Untersuchungen auf psychische Erkrankungen gegeben (Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 22). Die Folgen, wenn sich ein Angehöriger des Freiwilligen Polizeidienstes einer rechtmäßig angeordneten ärztlichen Untersuchung zur Feststellung seines gesundheitlichen Zustandes verweigert, sind nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt (siehe dagegen § 53 Abs. 1 Satz 4 LBG BW 1996; § 53 Abs. 1 Satz 2 LBG BW 2011; dazu Urteil vom 30. Mai 2013 a.a.O. Rn. 14). Daher kann die rechtsgrundlose Verweigerung einer solchen Untersuchung und einer darauf bezogenen Schweigepflichtentbindung nach dem aus § 444 ZPO abgeleiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz zum Nachteil des Betroffenen gewertet werden. Insbesondere kann auf die fehlende Dienstfähigkeit geschlossen werden, wenn der Betroffene durch sein Verhalten die Feststellung seines Gesundheitszustandes bewusst verhindert. Die Verpflichtung, sich hierfür ärztlich untersuchen zu lassen, ginge ins Leere, wenn aus einer unberechtigten Weigerung keine Rückschlüsse gezogen werden könnten (Urteile vom 27. Juni 1991 - BVerwG 2 C 40.89 - Buchholz 239.1 § 60 BeamtVG Nr. 1 S. 5, vom 18. September 1997 - BVerwG 2 C 33.96 - Buchholz 237.5 § 51 HeLBG Nr. 2 S. 3 und vom 26. April 2012 a.a.O. Rn. 12). b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die im Streitfall ergangene Beweisanordnung rechtswidrig, weil sie dem Kläger eine unverhältnismäßig weitgehende Entbindung von der Schweigepflicht und ein ebensolches Einverständnis zur Aktenbeiziehung abverlangt. Dass der Kläger dazu nicht bereit war, sondern nur zu einer eingeschränkten Entbindungserklärung, durfte das Berufungsgericht nicht zum Anlass für die Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 1. März 2012 dem Kläger aufgegeben, sämtliche Ärzte und Therapeuten, die ihn in der Vergangenheit behandelt und/oder untersucht haben, von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden; des Weiteren solle er sich damit einverstanden erklären, dass die Akten des Gesundheitsamtes K. und der Kliniken Sch. K. beigezogen werden. Schließlich solle der Kläger sein Einverständnis erklären, dass vom Berufungsgericht ggf. zu beauftragende Sachverständige Unterlagen von Ärzten und Therapeuten, die den Kläger in der Vergangenheit behandelt und/oder untersucht haben, beiziehen und bei diesen Erkundigungen einholen. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese umfassende Schweigepflichtentbindung und Einverständniserklärung zur Aktenbeiziehung zur "Voraussetzung für eine Beauftragung des Sachverständigen" erklärt. Ohne Kenntnis der bereits vorliegenden Befunde sei es einem Sachverständigen "schlechterdings nicht möglich", die Polizeidienstfähigkeit des Klägers zum hier maßgeblichen, in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt (Oktober 2008) zu beurteilen. Diese Erwägungen sind nicht geeignet, die hier in Rede stehende umfassende gerichtliche Aufforderung zur Schweigepflichtentbindung und Erteilung des Einverständnisses zur Aktenbeiziehung zu tragen: Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass der Verwaltungsgerichtshof über die erforderliche medizinische Sachkunde verfügt hätte, um beurteilen zu können, dass eine Begutachtung des Klägers andernfalls "schlechterdings nicht möglich" gewesen wäre. Ob die früheren Erkenntnisse im vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Umfang für die neue Begutachtung zwingend erforderlich waren, ist zunächst eine medizinische Frage. Daher hätte es einer dahingehenden ärztlichen Aussage bedurft; erst dann wäre es Sache des Gerichts gewesen, daraus ggf. prozessuale Konsequenzen zu ziehen. Zum anderen - und vor allem - hat der Kläger sich der ihm obliegenden Mitwirkung im Rahmen der Feststellung seiner Polizeidienstfähigkeit keineswegs gänzlich verschlossen. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof zutreffend anführt, hat der Kläger auf seine weiterhin bestehende Bereitschaft verwiesen, sich einer vom Beklagten in Auftrag gegebenen ärztlichen Untersuchung mit der erwähnten Zielsetzung zu unterziehen, und erklärt, er werde für die bei dem genannten Klinikum geführten ärztlichen Informationen eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht mit der Maßgabe aussprechen, dass Auskünfte ausschließlich durch die damalige Stationsärztin und/oder den ärztlichen Leiter erteilt werden, und zwar auf eine konkrete Anfrage zur Frage seiner Polizeidiensttauglichkeit und ohne Übermittlung von Akten bzw. Aktenauszügen. Die in diesem eingeschränkten Einverständnis liegende Zurückhaltung des Klägers, gesundheitliche Erkenntnisse zu seiner Person aus dem psychischen Bereich nur unter engen Voraussetzungen Dritten zugänglich zu machen, ist - wie auch der Verwaltungsgerichtshof im Ausgangspunkt zu Recht hervorhebt - rechtlich geschützt, weil das Gutachten, das in dem vorangegangenen Zurruhesetzungsverfahren des Klägers als Berufsschullehrer erstellt worden war, dem spezialgesetzlichen Verwertungsverbot gemäß § 57a Abs. 2 Satz 2 LBG BW 1996 unterlag. Danach durfte das damalige Gutachten nur für die Prüfung verwandt werden, ob der Kläger als Berufsschullehrer wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen war (vgl. nunmehr § 84 Abs. 3 LBG BW 2011). Gleichwohl war dieses Gutachten - wie auch der Verwaltungsgerichtshof zutreffend beanstandet - unter Verstoß gegen dieses Verwertungsverbot vom Beklagten zum Anlass und zur Grundlage für die Entlassung des Klägers aus dem Freiwilligen Polizeihilfsdienst gemacht worden. Bei dieser Sachlage war die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs an den Kläger zur Abgabe der oben wiedergegebenen umfassenden Schweigepflichtentbindung und Einverständniserklärung zur Aktenbeiziehung zu weitgehend. Ihre Verweigerung durfte nicht - quasi vor der Zeit - zum Anlass für die Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO genommen werden. Eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende Verfahrensweise hätte beispielsweise dahin gehen können, den in Aussicht genommenen Sachverständigen zunächst mit einer Begutachtung auf der Grundlage derjenigen Erkenntnisse zu beauftragen, mit deren Verwertung der Kläger einverstanden war. Dieses Einverständnis umfasste immerhin Auskünfte der damaligen Stationsärztin und des ärztlichen Leiters der Klinik, also unmittelbarer Erkenntnis- und Auskunftspersonen betreffend die frühere Begutachtung. Daher lag es nahe, den Sachverständigen zunächst mit einer Begutachtung auf dieser Grundlage zu beauftragen. Erst wenn der Sachverständige sich - nach Auswertung der vom Einverständnis des Klägers getragenen und mit dessen Mitwirkung gewonnenen Erkenntnisse - außerstande erklären sollte, auf dieser Grundlage eine hinreichend zuverlässige Antwort auf die Beweisfrage geben zu können, würden sich ggf. weitergehende Fragen zur Bedeutung des erwähnten spezialgesetzlichen Verwertungsverbots betreffend das Gutachten aus dem Zurruhesetzungsverfahren und zur Anwendung der Beweisregel des § 444 ZPO stellen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020292&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020293
BVerwG
3. Senat
20140409
3 C 5/13
Urteil
§ 1 Abs 2 StVO, § 12 Abs 4 S 3 StVO, § 41 Abs 1 StVO, Anl 2 Abschn 4 Zeichen 229 StVO
vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 31. Januar 2013, Az: 8 A 1667/12, Urteil vorgehend VG Frankfurt, 14. Mai 2012, Az: 5 K 1325/12.F, Urteil
DEU
Abschleppen eines unberechtigt an einem Taxenstand abgestellten Fahrzeugs; Wartezeit; Verhältnismäßigkeit
Die Einleitung einer kostenpflichtigen Abschleppmaßnahme wegen eines verbotswidrig an einem Taxenstand (Zeichen 229 zu § 41 StVO <juris: StVO, Anl 2 Abschn 4 Zeichen 229>) abgestellten Fahrzeugs ist regelmäßig auch ohne Einhaltung einer bestimmten Wartezeit mit dem bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar. Nach Maßgabe der konkreten Umstände kann es allerdings geboten sein, von Abschleppmaßnahmen abzusehen, etwa wenn eine Beeinträchtigung des reibungslosen Taxenverkehrs ausgeschlossen ist, oder mit der Abschleppanordnung zu warten, etwa wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Verantwortliche kurzfristig wieder am Fahrzeug erscheinen und es unverzüglich selbst entfernen wird.
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Abschleppkosten. Am 2. Juli 2011 stellte ein mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs beauftragter Bediensteter der Beklagten um 19:30 Uhr fest, dass ein Reisebus des Klägers auf einem mit dem Zeichen 229 ausgeschilderten Taxenstand am Affentorplatz in Frankfurt-Sachsenhausen abgestellt und dessen Fahrer nicht im Fahrzeug oder dessen Umgebung anzutreffen war. Nachdem der städtische Bedienstete vergeblich versucht hatte, den Kläger über die im Reisebus sichtbar angebrachte Mobilfunknummer zu erreichen, ordnete er das Abschleppen des Busses an. Gegen 19:40 Uhr erschien der Kläger wieder am Bus und fuhr ihn wenig später fort. Der städtische Bedienstete brach die Abschleppmaßnahme um 19:42 Uhr noch vor dem Eintreffen des Abschleppfahrzeugs ab. Mit Bescheid vom 25. November 2011 machte die Beklagte gegenüber dem Kläger Kosten in Höhe von 513,15 € geltend; dieser Betrag setzt sich zusammen aus den der Beklagten vom Abschleppunternehmen in Rechnung gestellten Kosten für die Leerfahrt eines mit zwei Mitarbeitern besetzten vierachsigen Abschleppfahrzeugs in der Zeit von 19:38 Uhr bis 20:08 Uhr in Höhe von 446,25 €, Verwaltungsgebühren in Höhe von 60 € und Zustellkosten in Höhe von 6,90 €. Dem Widerspruch des Klägers half die Beklagte in Höhe der hälftigen Zustellkosten ab; im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die gegen diese Bescheide erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Die Abschleppmaßnahme sei zu Recht ohne weiteres Zuwarten eingeleitet worden, nachdem der Kläger über die im Bus ausgelegte Mobilfunknummer nicht zu erreichen gewesen sei. Es sei Sache des Klägers gewesen, seine Erreichbarkeit sicherzustellen. Der Reisebus habe Taxen an der Anfahrt des Taxenstandes gehindert; daher sei ein umgehendes Einschreiten geboten gewesen. Auch die Höhe der Kosten sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte habe nur die Möglichkeit gehabt, die am Markt angebotenen Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Die Suche nach einem möglicherweise günstigeren Anbieter sei aus Zeitgründen nicht möglich gewesen; im Vordergrund habe eine effektive Gefahrenabwehr gestanden. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof diese Entscheidung geändert und die angegriffenen Bescheide aufgehoben, soweit im Widerspruchsverfahren keine Abhilfe erfolgt war; im Übrigen hat er die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung heißt es: Die dem Kostenbescheid zugrunde liegende Abschleppanordnung sei unverhältnismäßig und daher rechtswidrig. Die beträchtlichen Leerfahrtkosten und die Verwaltungskosten wären nicht entstanden, wenn der Bedienstete zehn Minuten auf das Eintreffen des Busfahrers gewartet hätte, wozu er - mindestens - verpflichtet gewesen sei. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei geklärt, dass keine bestimmte Wartezeit für das Abschleppen verbotswidrig in einem absoluten Haltverbot abgestellter Fahrzeuge einzuhalten sei. Andererseits sei eine Wartezeit von mindestens einer Stunde erforderlich, bevor das Abschleppen eines Fahrzeugs veranlasst werden dürfe, das unzulässig an einem nur gegen Entgelt zu benutzenden Parkplatz (Parkuhr, Parkautomat) geparkt worden sei. Der hier zu beurteilende Fall sei zwischen diesen beiden Fallgruppen einzuordnen. Der Taxenstand sei nicht wie bei einem absoluten Haltverbot nur dem fließenden Verkehr oder Rettungsfahrzeugen vorbehalten und müsse zu diesem Zweck jederzeit freigehalten werden. Zulässig sei dort aber nur das Halten und Parken bestimmter öffentlicher Verkehrsmittel, zu denen der Reisebus des Klägers nicht gehöre. Mit dem verbotswidrigen Abstellen habe der Kläger eine Ordnungswidrigkeit begangen. Sie wiege in ihrer Sozialschädlichkeit aber weitaus geringer als das verbotswidrige Parken von Kraftfahrzeugen in absoluten Haltverbotszonen oder auf ausgewiesenen Rettungswegen. Sie bewirke keine akute Gefährdung der Sicherheit oder Leichtigkeit des fließenden Straßenverkehrs, von Leben und Gesundheit hilfebedürftiger Personen oder von bedeutenden Sachwerten. Beeinträchtigt werde nur die Möglichkeit anfahrender Taxen, Fahrgäste direkt am Taxenstand aussteigen zu lassen und dort anschließend auf neue Fahrgäste zu warten. Doch dürften gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) Taxen, wenn der Taxenstand durch andere Fahrzeuge blockiert sei und die Verkehrslage es zulasse, Fahrgäste auch neben anderen Fahrzeugen ein- oder aussteigen lassen, die auf einem Seitenstreifen oder am rechten Fahrbahnrand stünden. Dadurch würden die Folgen auch der vollständigen Fehlbelegung eines Taxenstandes deutlich relativiert. Die Einrichtung eines Taxenstandes biete weder den Taxiunternehmern die Gewähr dafür, ihn jederzeit nutzen zu können, noch könnten Fahrgäste damit rechnen, dort immer wartende Taxen vorzufinden. Deshalb müsse hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit eines sofortigen Abschleppens ein deutlicher Unterschied zum verbotswidrigen Abstellen in absoluten Haltverbotszonen gemacht werden. Zu berücksichtigen seien auch die nachteiligen Folgen für den Betroffenen, der zusätzlich zu einem Bußgeld hohe Abschleppkosten tragen müsse, deren Verhältnismäßigkeit vor allem bei durch eine vorzeitige Anordnung verursachten Leerfahrten - wie hier - sehr fragwürdig sei. Der städtische Bedienstete müsse deshalb eine Ermessensentscheidung treffen, nach welcher Wartezeit er das Abschleppen anordne, da nicht damit zu rechnen sei, dass der Fahrer zurückkomme und das Fahrzeug selbst entferne. Eine solche Ermessensentscheidung fehle hier gänzlich. Aus der Niederschrift des Bediensteten, der Rechnung des Abschleppunternehmens und der dienstlichen Erklärung vom 6. Januar 2012 sei ersichtlich, dass er die Ordnungswidrigkeit um 19:30 Uhr festgestellt und nach nur einem erfolglosen Anrufversuch die dann fehlgeschlagene Abschleppmaßnahme um 19:38 Uhr oder zuvor veranlasst habe; sie sei nach dem Eintreffen des Klägers am Bus gegen 19:40 Uhr abgebrochen worden. Da die hier eingehaltene Wartezeit von maximal acht Minuten keinesfalls ausgereicht habe, biete der Fall an sich keine Veranlassung, konkret zur Mindestdauer der in solchen Fällen gebotenen Wartezeit Stellung zu nehmen. Um der Beklagten jedoch einen Anhaltspunkt für künftige Fälle zu geben, sei eine Konkretisierung angebracht. Die Wartezeit liege hier in der Mitte zwischen der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geforderten Wartezeit von mindestens einer Stunde bei der Zweckentfremdung von Parkplätzen im eingeschränkten Haltverbot und keiner Wartezeit bei der Missachtung eines absoluten Haltverbots; sie betrage somit eine halbe Stunde ab der Feststellung der Ordnungswidrigkeit. Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend: Gegen die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Wartezeit spreche die besondere Funktion von Taxenständen. Der Verordnungsgeber habe im Interesse eines reibungslosen Taxenverkehrs das dort früher geltende Parkverbot durch ein Haltverbot ersetzt. Das von ihm angestrebte reibungslose Funktionieren des Taxenverkehrs setze voraus, dass die Taxenstände von unberechtigt haltenden oder parkenden Fahrzeugen freigehalten würden. Das Interesse hieran sei im Grundsatz dem Schutz von Behindertenparkplätzen gleichgelagert; dort dürften Abschleppmaßnahmen regelmäßig ohne jedes Zuwarten veranlasst werden. Außerdem führe die Auffassung des Berufungsgerichts faktisch zu einer sehr viel längeren Fehlbelegung des Taxenstandes; hinzuzurechnen sei noch die Anfahrzeit für den Abschleppwagen und die Zeit für das Verladen des zu entfernenden Fahrzeugs. Gegen die Wartefrist spreche zudem das öffentliche Interesse an einer wirksam und wirtschaftlich durchführbaren Verkehrsüberwachung. Schließlich sei der Gedanke der Generalprävention zu berücksichtigen. Auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes könne eine Wartezeit vor der Anordnung einer Abschleppmaßnahme nur dann in Betracht kommen, wenn kein Taxi behindert worden sei. Hier habe es aber eine konkrete Behinderung gegeben. Die angefallenen Kosten seien nicht überhöht. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil. Ein Taxenstand könne nicht wie eine absolute Haltverbotszone behandelt werden. Er habe dort gehalten, um die Fahrgäste gefahrlos aussteigen zu lassen, und im Bus seine Mobiltelefonnummer hinterlassen. Dass er das Mobiltelefon wegen eines Toilettengangs kurzfristig abgestellt habe, sei sicher nachvollziehbar. Vorsorglich und hilfsweise seien die geltend gemachten Abschleppkosten als weit überhöht zu beanstanden. Die Beklagte müsse mit den Abschleppunternehmen vertraglich deutlich günstigere Tarife für Leerfahrten vereinbaren. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält das Berufungsurteil für unzutreffend. Die Abschleppanordnung sei verhältnismäßig gewesen. Das verbotswidrige Abstellen des Reisebusses habe die Nutzungsmöglichkeit des Taxenstandes beeinträchtigt. Für ein Abschleppen habe auch das generalpräventive Interesse an einem geordneten Parkverhalten in Innenstädten gesprochen. Diesen gewichtigen öffentlichen Belangen stehe eine überschaubare Kostenbelastung des Klägers gegenüber. Der städtische Bedienstete habe vergeblich versucht, den Kläger zu erreichen. Eine pauschale Wartefrist könne nicht richtig sein. Es komme darauf an, in welchem Umfang es dem Behördenbediensteten zuzumuten sei, den Verantwortlichen zu erreichen oder seinen Aufenthalt festzustellen. Im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr müsse es möglich sein, gegen einen verbotswidrig Parkenden bereits im Vorfeld einer akuten Behinderung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vorzugehen.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Die Abschleppanordnung stand im Einklang mit dem bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch die an diese Maßnahme anknüpfende Heranziehung des Klägers zur Kostentragung lässt keinen Verstoß gegen Bundesrecht erkennen. Die Revision führt daher zur Änderung des Berufungsurteils und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung. Zwar sind die Rechtsgrundlagen für den von der Beklagten gegen den Kläger geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch im Wesentlichen dem irrevisiblen Landesrecht zu entnehmen, namentlich den Vorschriften des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und des Hessischen Verwaltungskostengesetzes (HVwKostG) sowie der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport, auf die die Abschleppanordnung und die daran anschließende Heranziehung des Klägers zur Kostentragung gestützt sind. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt jedoch, ob das Berufungsgericht dabei den bundesverfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zutreffend angewendet hat (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 18. Februar 2002 - BVerwG 3 B 149.01 - Buchholz 442.151 § 12 StVO Nr. 10 S. 2 m.w.N.). Dass die Inanspruchnahme des Klägers unabhängig davon aus Gründen des Landesrechts rechtswidrig war, haben die Vorinstanzen nicht angenommen; das ist auch sonst nicht ersichtlich. 1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts musste hier zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nicht länger mit der Abschleppanordnung abgewartet werden. Der bundesverfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebietet nicht, dass in den Fällen eines Verstoßes gegen das absolute Haltverbot, das an Taxenständen nach dem Zeichen 229 für andere als betriebsbereite Taxen gilt, im Allgemeinen eine Wartezeit von mindestens 30 Minuten seit der Feststellung des unzulässigen Abstellens eingehalten werden muss, bevor eine Abschleppmaßnahme eingeleitet werden darf. a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des zuvor für das Straßenrecht zuständigen 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts ist es zwar unverhältnismäßig, einen bloßen Verstoß etwa gegen das Verbot des Gehweg-Parkens oder allein die Vorbildwirkung des fehlerhaften Verhaltens, also ausschließlich generalpräventive Erwägungen, zum Anlass für Abschleppmaßnahmen zu nehmen; andererseits ist es aber nicht zweifelhaft, dass verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge regelmäßig abgeschleppt werden dürfen, wenn sie andere Verkehrsteilnehmer behindern. Dies gilt etwa beim Verstellen des gesamten Bürgersteigs oder einem Hineinragen des Fahrzeugs in die Fahrbahn, bei Funktionsbeeinträchtigungen einer Fußgängerzone oder beim verbotswidrigen Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz, in Feuerwehranfahrzonen oder auch bei einem Abschleppen zur Verhinderung von Straftaten. In allen diesen wie auch in sonstigen Abschleppfällen dürfen jedoch die für den Betroffenen entstehenden Nachteile nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme bezweckten Erfolg stehen, was unter Abwägung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen ist. Dabei hat die Straßenverkehrsbehörde sich davon leiten zu lassen, dass Abschleppmaßnahmen ohne konkrete Behinderungen zwar nicht ausgeschlossen sind, die gegenläufigen Interessen aber naturgemäß ein größeres Gewicht bekommen (zusammenfassend dazu Beschluss vom 18. Februar 2002 a.a.O. S. 2 f. m.w.N.). b) Mit dem Abstellen des Reisebusses am Taxenstand hat der Kläger gegen das mit dem Zeichen 229 angeordnete absolute Haltverbot für nichtberechtigte Fahrzeuge und das sich daraus zugleich ergebende Wegfahrgebot verstoßen, das in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sofort vollziehbar ist (vgl. Beschlüsse vom 26. Januar 1988 - BVerwG 7 B 189.87 - Buchholz 442.151 § 13 StVO Nr. 4 S. 1 f. und vom 15. Juni 1981 - BVerwG 7 B 216.80 - Buchholz 442.151 § 41 StVO Nr. 4 S. 3). Der Kläger hat damit gemäß § 49 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 41 Abs. 1 StVO und Zeichen 229 der Anlage 2 zur StVO eine Ordnungswidrigkeit begangen. Darüber hinaus verletzt dieses Verhalten - auch ohne dass es erst noch zu einer konkreten Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs kommen muss - die öffentliche Sicherheit im Sinne des Gefahrenabwehrrechts (vgl. zum Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung - HSOG: VGH Kassel, Urteil vom 22. Mai 1990 - 11 UE 2056/89 - NVwZ-RR 1991, 28). c) Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass es an einer Ermessensentscheidung des städtischen Bediensteten vor dem Einschreiten gänzlich gefehlt habe, ist unzutreffend. Dieser hat, wie die von ihm über die Abschleppmaßnahme gefertigte Niederschrift zeigt, die maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten (Verstoß gegen das absolute Haltverbot nach dem Zeichen 229; konkrete örtliche und zeitliche Umstände, insbesondere die bereits eingetretene Behinderung eines anfahrenden Taxis) in den Blick genommen. Er hat außerdem vor der Einleitung der Abschleppmaßnahme - allerdings vergeblich - zunächst noch versucht, Abhilfe über einen Anruf auf der im Reisebus ausliegenden Mobiltelefonnummer zu schaffen; damit wurden auch in Betracht kommende Handlungsalternativen in seine Entscheidungsfindung einbezogen. d) Dass die auf dieser Grundlage dann getroffene Abschleppanordnung geeignet war, die mit dem Verstoß gegen das absolute Haltverbot eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit wieder zu beseitigen, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Etwas Abweichendes macht auch der Kläger nicht geltend. e) Die Einleitung der Abschleppmaßnahme war erforderlich. Sie erweist sich nicht deshalb als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig, weil dem städtischen Bediensteten nach der maßgeblichen ex-ante Betrachtung zum Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme ein milderes, aber ebenso wirksames Mittel offen stand. Insoweit gilt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass bei einer - bezogen auf den Zeitpunkt der Entdeckung des Verstoßes - zeitnahen Abschleppmaßnahme eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (nur) dann in Betracht zu ziehen ist, wenn der Führer des Fahrzeugs ohne Schwierigkeiten und ohne Verzögerung festgestellt und zur Beseitigung des verbotswidrigen Parkens veranlasst werden kann (vgl. Beschluss vom 27. Mai 2002 - BVerwG 3 B 67.02 - VRS 2002 309 <310> m.w.N.). Dementsprechend war es nicht ausreichend, dass der Kläger seine Mobilfunknummer im Reisebus hinterlegt hatte. Der städtische Bedienstete unternahm vor dem Bestellen des Abschleppwagens den Versuch, den Kläger über diese Nummer telefonisch zu erreichen. Nachdem dieser Versuch ohne Erfolg blieb und auch sonst nicht zu erkennen war, dass der Fahrer des Busses alsbald wieder an seinem Fahrzeug eintreffen würde, waren weitere Maßnahmen zu einer Kontaktaufnahme nicht veranlasst. Der Kläger hat keinerlei konkrete Angaben zu seinem aktuellen Aufenthalt hinterlassen; für den städtischen Bediensteten war damit nicht ersichtlich, wo sich der für das Fahrzeug Verantwortliche befand. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, er sei wegen eines dringenden Gangs auf die Toilette vorübergehend telefonisch nicht erreichbar gewesen. Der für den Verkehrsverstoß Verantwortliche hat das Risiko für seine jederzeitige Erreichbarkeit zu tragen. Hier hat der Kläger zudem, wie er in seiner Revisionserwiderung vorträgt, das Mobiltelefon selbst abgestellt. f) Die Einleitung der Abschleppmaßnahme war schließlich nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, also kein übermäßiger Eingriff in den Rechtskreis des Klägers. Der städtische Bedienstete durfte in Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalls zum Ergebnis kommen, dass die Nachteile, die mit der Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zum bezweckten Erfolg stehen. Dabei fällt zugunsten des ordnungsbehördlichen Einschreitens ins Gewicht, dass sowohl der Gesetz- als auch der Verordnungsgeber dem reibungslosen Funktionieren des Taxenverkehrs einen hohen Stellenwert beimessen. Gemäß § 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) ist der Verkehr mit Taxen, der eine der in § 8 Abs. 1 PBefG genannten Verkehrsarten - also die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Obussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr - ersetzt, ergänzt oder verdichtet, Teil des öffentlichen Personennahverkehrs. Auch der erkennende Senat hat - wenn auch in anderem Zusammenhang - angenommen, dass die Existenz und das Funktionieren des Taxenverkehrs als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut anzusehen sind (vgl. Beschluss vom 31. Januar 2008 - BVerwG 3 B 77.07 - juris Rn. 7 m.w.N.). Der Verordnungsgeber hat mit der Siebzehnten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 14. Dezember 1993 (BGBl I S. 2043) das früher an Taxenständen geltende Parkverbot für nicht berechtigte Fahrzeuge (vgl. § 12 Abs. 3 Nr. 5 StVO a.F.) durch ein absolutes Haltverbot ersetzt; er hat dadurch deutlich gemacht, dass er dem Taxenverkehr im Allgemeinen und der jederzeitigen bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit der Taxenstände im Besonderen eine hohe Bedeutung beimisst. Zur Begründung für diese Änderung verweist er darauf, dass im Interesse eines möglichst reibungslosen Taxiverkehrs die rechtlichen Voraussetzungen für das Freihalten der Taxenstände von unberechtigt haltenden und parkenden Fahrzeugen verbessert werden müssten (VkBl 1994 S. 172). Diese als Nummer 9 an die sonstigen absoluten Haltverbote des § 12 Abs. 1 StVO angefügte Regelung hat mit der Sechsundvierzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 5. August 2009 (BGBl I S. 2631) und der Verordnung zur Neufassung der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl I S. 367) ihren Standort in Nummer 15 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO gefunden; die rechtliche Gewichtung des absoluten Haltverbots an Taxenständen ist davon unberührt geblieben. Vor diesem Hintergrund wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung zu Recht davon ausgegangen, dass eine Abschleppmaßnahme bei einem Verstoß gegen das sich aus dem Zeichen 229 ergebende absolute Haltverbot grundsätzlich auch ohne konkrete Beeinträchtigung eines zum Halten und Parken an Taxenständen berechtigten Taxis verhältnismäßig ist (so u.a. VGH München, Beschluss vom 15. Dezember 2006 - 24 ZB 06.2743 - BayVBl 2007, 249, OVG Hamburg, Beschluss vom 7. März 2006 - 3 Bf 392/05 - VRS 2006, 231 <232 f.> sowie OVG Saarlouis, Beschluss vom 16. Juni 1999 - 9 Q 166/98 - juris Rn. 13). Das findet seine Rechtfertigung darin, dass in aller Regel zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Erlass einer Abschleppanordnung weder absehbar ist, wann das nächste halteberechtigte Taxi am Taxenstand eintreffen wird, noch eingeschätzt werden kann, wann der Verantwortliche das dort unberechtigt abgestellte Fahrzeug selbst wegfahren wird. Da unterstellt werden kann, dass Taxenstände regelmäßig nur in dem für einen ordnungsgemäßen Taxenbetrieb erforderlichen Umfang ausgewiesen werden, muss vielmehr jederzeit mit der Inanspruchnahme des Taxenstandes durch Taxen und bei einem verbotswidrigen Abstellen sonstiger Fahrzeuge mit deren Behinderung gerechnet werden (in diesem Sinne auch VGH München, Beschluss vom 15. Dezember 2006 a.a.O. und OVG Hamburg, Beschluss vom 7. März 2006 a.a.O.). Etwas anderes kann nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer örtlicher oder zeitlicher Umstände angenommen werden, etwa dann, wenn offenkundig nicht (mehr) mit einer Inanspruchnahme des Taxenstandes durch Taxen und deren Fahrgäste zu rechnen ist. Das war hier - an einem Samstagabend in Frankfurt-Sachsenhausen - fernliegend. Hier kam hinzu, dass durch den abgestellten Reisebus bereits ein Taxi bei der Nutzung des Taxenstandes behindert worden war. Das ergibt sich aus dem vom städtischen Bediensteten über die Abschleppmaßnahme angefertigten Protokoll, in dem dieses Taxi mit seinem amtlichen Kennzeichen aufgeführt wird; der Kläger hat das nicht substantiiert bestritten. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Abschleppanordnung aber regelmäßig nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn das vorschriftswidrige Abstellen des Fahrzeugs zu einer Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer führt (vgl. u.a. Beschluss vom 18. Februar 2002 - BVerwG 3 B 149.01 - Buchholz 442.151 § 12 StVO Nr. 10 S. 2 und Urteil vom 14. Mai 1992 - BVerwG 3 C 3.90 - BVerwGE 90, 189 <193> m.w.N.). Darüber hinaus erwies sich die Beeinträchtigung der Nutzung des Taxenstandes schon wegen der Größe des Reisebusses als besonders gravierend. Demgegenüber vermögen die vom Berufungsgericht für seine Auffassung angeführten Gesichtspunkte nicht zu überzeugen. Zu Unrecht differenziert es zwischen dem Haltverbot an mit dem Zeichen 229 ausgeschilderten Taxenständen und sonstigen absoluten Haltverboten. Das läuft der Wertung des Verordnungsgebers zuwider, der - wie gezeigt - den Ausschluss nichtberechtigter Fahrzeuge an Taxenständen bewusst zu einem absoluten Haltverbot "aufgewertet" hat und damit gerade das Ziel verfolgt, sie für ihre bestimmungsgemäße Nutzung freizuhalten. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die ordnungswidrige zeitweilige Zweckentfremdung von Taxenständen durch das Parken nicht privilegierter Fahrzeuge keine akute Gefährdung der Sicherheit oder Leichtigkeit des fließenden Straßenverkehrs, von Leben und Gesundheit hilfebedürftiger Personen oder des Schutzes bedeutender Sachwerte bewirke, hält zudem - jedenfalls in dieser Absolutheit - einer Überprüfung am Maßstab allgemeiner Lebenserfahrung nicht stand. Insofern liegt - wie die von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen von Taxenverbänden bestätigen - vielmehr auf der Hand, dass es beim Ausweichen von Taxen auf die vom fließenden Verkehr genutzte Fahrspur durch das Ausscheren selbst und ebenso beim Ein- und Aussteigen von Fahrgästen zu Gefährdungssituationen kommen kann, die durch eine bestimmungsgemäße Nutzbarkeit des Taxenstandes vermieden werden können und nach der Wertung des Verordnungsgebers auch sollen. Das gilt im Hinblick auf den erhöhten Zeit- und Platzbedarf verstärkt dann, wenn behinderte Menschen ein Taxi benutzen wollen. Der Verweis des Berufungsgerichts auf § 12 Abs. 4 Satz 3 StVO greift ebenfalls nicht durch. Zwar dürfen nach dieser Regelung Taxen, wenn die Verkehrslage es zulässt, auch neben anderen Fahrzeugen, die auf dem Seitenstreifen oder am rechten Fahrbahnrand halten oder parken, Fahrgäste ein- und aussteigen lassen. Doch kann hierdurch das durch das Zeichnen 229 verkörperte absolute Haltverbot schon deshalb nicht relativiert werden, weil diese Möglichkeit den Taxen nur unter engen Voraussetzungen, nämlich nur dann eröffnet ist, wenn die Verkehrslage es zulässt. Ebenso wenig geht es entgegen dem Revisionsvorbringen des Klägers an, in dieser Befugnis gleichsam eine "Kompensation" für eine mögliche nichtberechtigte Inanspruchnahme von Taxenständen durch sonstige Fahrzeuge zu sehen. Zu keinem anderen Ergebnis führt schließlich die vom Berufungsgericht angeführte Erwägung, das Vorhandensein eines Taxenstandes biete weder den Taxifahrern eine Gewähr dafür, diesen Stand auch immer nutzen zu können, noch könnten potentielle Fahrgäste damit rechnen, am Taxenstand jederzeit wartende Taxen vorzufinden. Das mag zutreffen, kann aber nicht rechtfertigen, dass die Funktion von Taxenständen durch ein verbotswidriges Handeln Dritter ungeachtet dieser Unwägbarkeiten beeinträchtigt wird. Auf der anderen Seite sind - als gegen ein sofortiges Abschleppen sprechende Gesichtspunkte - die regelmäßig nicht unerheblichen Kosten und sonstigen Erschwernisse einzustellen, die sich nach einer solchen Maßnahme für den Betroffenen ergeben; dazu zählt etwa der Aufwand für das Abholen des Fahrzeugs an einem Sammelplatz. Doch kann diesen Belangen des Betroffenen in aller Regel kein höheres Gewicht zukommen als dem vom Normgeber anerkannten öffentlichen Interesse an einem reibungslosen Funktionieren des Taxenverkehrs. Dabei kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Fahrer des verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs die Ursache für die ihn treffenden nachteiligen Folgen selbst gesetzt hat. An dieser Gewichtung der widerstreitenden Belange würde sich nichts ändern, wenn - wie der Kläger im Revisionsverfahren erneut geltend macht - eine an Ort und Stelle für Reisebusse vorgesehene Abstellfläche ihrerseits durch Taxen belegt gewesen wäre. Feststellungen dazu, ob diese Behauptung des Klägers stimmt, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Im Internet allgemein zugängliche Ansichten sprechen dafür, dass es sich hier zum einen um eine dem Linienverkehr vorbehaltene Busspur nebst Haltestelle und zum anderen um einen weiteren Taxenstand handelt, die für den Reisebus des Klägers gleichermaßen nicht offen standen. Aber auch ungeachtet dessen könnten Verkehrsverstöße Dritter einen eigenen Verkehrsverstoß nicht rechtfertigen. g) Danach kann dem Berufungsgericht auch nicht in der Annahme gefolgt werden, der bundesverfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlange - im Allgemeinen - eine Mindestwartezeit von 30 Minuten gerechnet ab der Feststellung des unzulässigen Abstellens, bevor das Abschleppen eines unter Verstoß gegen das Haltverbot des Zeichens 229 abgestellten Fahrzeugs angeordnet werden dürfe. Das begründet das Berufungsgericht damit, dass diese Zeitspanne in der Mitte liege zwischen der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geforderten Wartezeit von mindestens einer Stunde bei einem verbotswidrigen Halten an Parkuhren und Parkscheinautomaten und keiner Wartezeit bei der Missachtung eines absoluten Haltverbots. Diese Bildung eines arithmetischen Mittelwertes ist zum einen deshalb verfehlt, weil es sich bei dem durch das Zeichen 229 verkörperten Haltverbot - wie bereits dargelegt und wie das auf diesem Zeichen seinerseits abgebildete Zeichen 283 und die Entstehungsgeschichte der Regelung deutlich machen - gerade um ein absolutes Haltverbot im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung handelt. Das bestätigt die dem Zeichen 229 in Nummer 15 der Anlage 2 zu § 41 StVO durch den Verordnungsgeber beigegebene Erläuterung; danach darf - abgesehen von den dort genannten Ausnahmen - wer ein Fahrzeug führt, an Taxenständen nicht halten. Dass das Zeichen 229 von diesem absoluten Haltverbot an Taxenständen "betriebsbereite Taxen" - oder wie es nun in Anlehnung an das Personenbeförderungsgesetz heißt, "für die Fahrgastbeförderung bereit gehaltene Taxen" - ausnimmt, ändert nichts an dem absoluten Verbot für nicht berechtigte Fahrzeuge. Insofern ist der vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verwendete Begriff des "relativen" Verbots zumindest missverständlich. Abgesehen davon trägt die "30-Minuten-Regel" des Berufungsgerichts dem rechtlichen Grundsatz nicht hinreichend Rechnung, dass es von einer Gesamtbetrachtung der wesentlichen Umstände des jeweiligen Einzelfalls abhängt, ob die Einleitung der Abschleppmaßnahme im Einklang mit dem bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz steht (vgl. dazu die bisherige Rechtsprechung zusammenfassend: Beschluss vom 18. Februar 2002 a.a.O. S. 2). Die Verengung auf den Verstoß gegen das Zeichen 229 und die schematische Vorgabe einer dreißigminütigen Wartefrist führen dazu, dass andere Gesichtspunkte ausgeblendet bleiben, die für die gebotene Einzelfallbetrachtung bedeutsam sein können. Auch ist der Einwand der Beklagten und des Vertreters des Bundesinteresses nicht von der Hand zu weisen, dass bei der vom Berufungsgericht geforderten regelmäßigen Wartezeit von 30 Minuten eine effektive und zugleich wirtschaftliche Überwachung des ruhenden Verkehrs durch die Bediensteten der Ordnungsbehörde erheblich beeinträchtigt wäre. Sie müssten entweder vor Ort bleiben oder aber wieder zum Standplatz zurückkehren, um feststellen zu können, ob der Verstoß gegen das Haltverbot auch nach Ablauf der Wartefrist noch andauert. Hinzu kommt, dass sich die Blockierung eines Taxenstandes durch ein oder mehrere dort unberechtigt abgestellte Fahrzeuge über die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene Wartezeit von 30 Minuten hinaus zusätzlich noch dadurch verlängert, dass die Anfahrt des Abschleppfahrzeugs und das Verladen des verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs weitere Zeit in Anspruch nehmen. Schließlich wird durch ein zeitnahes Abschleppen der negativen Vorbildwirkung entgegengewirkt, die von einem verbotswidrig an einem Taxenstand abgestellten Fahrzeug für andere Kraftfahrer ausgeht. Zwar kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats der Gedanke der Generalprävention für sich genommen eine Abschleppmaßnahme noch nicht rechtfertigen, doch kann dieser Gesichtspunkt - wie hier - ergänzend in die Gesamtabwägung einfließen. Das gilt umso mehr als die Rechtsprechung der Vorinstanz die Gefahr begründet, dass Verkehrsteilnehmer unter Inkaufnahme eines Bußgeldes, aber in Erwartung eines jedenfalls vorübergehenden "Abschleppschutzes", von dem sie bei einer regelmäßigen Wartezeit von 30 Minuten ausgehen könnten, entsprechende Verkehrsverstöße begehen (vgl. dazu auch Beschluss vom 18. Februar 2002 a.a.O. S. 2). 2. Die angegriffenen Bescheide sind aus revisionsrechtlicher Sicht auch im Hinblick auf die Höhe der dort von der Beklagten geltend gemachten Kosten nicht zu beanstanden. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde - bei sachdienlicher Auslegung des Klageantrags - nur noch der Restbetrag von 509,70 €, der nach der durch den Widerspruchsbescheid erfolgten Teilabhilfe vom Kläger gefordert wurde. Der Kläger wendet sich vor allem dagegen, dass für den Einsatz der volle Stundensatz abgerechnet wurde, obgleich es sich nur um eine Leerfahrt gehandelt habe, die zudem schon wenige Minuten nach der Anforderung wieder abgebrochen worden sei. Doch gibt die Beklagte insofern nur die Kosten als Auslagen an den Kläger weiter, die ihr vom Abschleppunternehmer in Rechnung gestellt wurden. Das Abschleppunternehmen als Privatunternehmen aber ist rechtlich - zumal durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz - nicht dahingehend gebunden, dass es minutengenau abrechnen muss und nicht in der geschehenen Weise pauschalieren darf. Ansonsten ergibt sich die Höhe der Forderung beanstandungsfrei daraus, dass wegen der Größe des abzuschleppenden Fahrzeugs ein Spezialfahrzeug mit Zusatzpersonal zum Einsatz kommen musste und zudem Wochenendzuschläge anfielen. Dass sich gemessen am bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ein rechtswidriges Unterlassen der Beklagten daraus ergibt, dass sie mit dem Abschleppunternehmen im Vorfeld keine günstigere Pauschale für Leerfahrten mit Spezialfahrzeugen ausgehandelt hat, ist nicht zu erkennen. Das würde voraussetzen, dass eine solche Vereinbarung von den in Betracht kommenden Abschleppunternehmen überhaupt akzeptiert worden wäre. Dazu hat der Kläger nichts vorgetragen. Die Beklagte ihrerseits hat - vom Kläger unbestritten - geltend gemacht, dass solche Pauschalen für Leerfahrten mit Spezialfahrzeugen nicht ortsüblich seien.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020293&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020294
BVerwG
8. Senat
20140312
8 C 27/12
Urteil
Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 56 AEUV, Art 101 AEUV, Art 102 AEUV, Art 106 AEUV, § 7 Abs 1 S 4 Nr 2 BetrAVG, § 10 Abs 1 BetrAVG, § 10 Abs 2 S 1 BetrAVG, § 10 Abs 2 S 2 BetrAVG, § 10 Abs 2 S 3 BetrAVG, § 10 Abs 2 S 5 BetrAVG, § 10 Abs 2 S 6 BetrAVG, § 10 Abs 3 Nr 1 BetrAVG, § 10 Abs 3 Nr 3 BetrAVG, § 10 Abs 3 Nr 4 BetrAVG, § 11 Abs 2 S 1 BetrAVG, § 11 Abs 3 BetrAVG, § 37 VAG, § 40 VwVfG
vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 18. Mai 2012, Az: 7 A 11241/11, Urteil vorgehend VG Mainz, 9. September 2011, Az: 4 K 37/11.MZ, Urteil
DEU
Zum Verhältnis von ungesicherten Direktzusagen mit durch Contractual Trust Arrangement gesicherten Direktzusagen; Vereinbarkeit mit europarechtlichen Wettbewerbsregeln; Auswahl des Glättungsverfahrens im Wirkbereich der Wirtschaftskrise war ermessensfehlerfrei
1. Die in § 10 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG geregelte beitragsrechtliche Gleichbehandlung von ungesicherten Direktzusagen mit Direktzusagen, die durch ein Contractual Trust Arrangement gesichert sind, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. 2. Die gesetzliche Insolvenzsicherungsbeitragspflicht gemäß § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG ist mit Art. 102, 106 AEUV vereinbar. 3. Die Entscheidung des Trägers der gesetzlichen Insolvenzsicherung (§ 14 BetrAVG), die durch die Wirtschaftskrise bedingte sprunghafte Erhöhung des Insolvenzsicherungsbeitragssatzes im Jahr 2009 durch die Anwendung des (sog.) Glättungsverfahrens nach § 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG und nicht stattdessen oder zusätzlich durch einen Rückgriff auf den Ausgleichsfonds gemäß § 10 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG abzufangen, war ermessensfehlerfrei.
Die Beteiligten streiten um die Heranziehung der Klägerin zum Insolvenzsicherungsbeitrag nach dem Gesetz über die Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - Betriebsrentengesetz - (BetrAVG) für das Jahr 2009. Die Klägerin führt die betriebliche Altersversorgung ihrer Mitarbeiter im Wege unmittelbarer Versorgungszusagen (Direktzusagen) durch. Der Beklagte ist gemäß § 14 BetrAVG der Träger der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung in Deutschland und Luxemburg. Mit Rundschreiben vom Juli 2009 wies er die Klägerin darauf hin, wegen der Schadensentwicklung infolge der Wirtschaftskrise sei mit einer erheblichen Steigerung des Beitragssatzes gegenüber dem Durchschnitt der fünf Vorjahre zu rechnen. Dieser betrage 3,3 ‰; der Beitragssatz für 2009 werde nach den bisher vorliegenden Daten voraussichtlich auf circa 13,5 ‰ ansteigen. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. November 2009 setzte der Beklagte den Insolvenzsicherungsbeitrag der Klägerin für 2009 aufgrund des für dieses Jahr ermittelten Beitragssatzes von 14,2 ‰ und der von der Klägerin mitgeteilten Bemessungsgrundlagen auf 10 572,01 € fest. Unter Anwendung des Glättungsverfahrens (§ 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG) verteilte der Beklagte die Beitragsforderung auf die Jahre 2009 bis 2013. Er stellte einen Teilbetrag in Höhe von 8,2 ‰ der Bemessungsgrundlage zum Jahresende 2009 und jeweils 1,5 ‰ der Bemessungsgrundlage zum Ende jedes der vier Folgejahre fällig. Den Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2010 zurück, der nähere Ausführungen zur Begründung der Entscheidung für die Anwendung des Glättungsverfahrens und gegen eine Heranziehung des Ausgleichsfonds nach § 10 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG enthielt. Im Zeitpunkt der Beitragsfestsetzung sei die Schadensentwicklung im Jahr 2010 nicht abzusehen und deshalb nicht vorhersehbar gewesen, ob in diesem Jahr nochmals das Glättungsverfahren angewendet oder nur auf den Ausgleichsfonds zurückgegriffen werden könne. Außerdem habe der Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit für die Anwendung des Glättungsverfahrens gesprochen, weil dadurch die Belastung durch die Schadensentwicklung auf die damalige Risikogruppe verteilt worden sei. Dagegen hat die Klägerin Anfechtungsklage erhoben und geltend gemacht, die Beitragserhebung sei verfassungs- und unionsrechtswidrig. Überdies habe der Beklagte es ermessensfehlerhaft unterlassen, zur Senkung des Beitragssatzes den Ausgleichsfonds heranzuziehen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. Mai 2012 zurückgewiesen. Die Beitragserhebung finde ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 und 3 BetrAVG und sei verfassungs- und unionsrechtskonform. Sie greife weder in die Eigentums- noch in die Berufsfreiheit ein. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Soweit die Beitragserhebung die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 AEUV einschränke, sei sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig. Der Beklagte habe auch nicht gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften des Unionsrechts verstoßen. Er sei nicht als Unternehmen im Sinne des Art. 102 AEUV einzuordnen. Jedenfalls greife die Bereichsausnahme für Systeme der sozialen Sicherung gemäß Art. 106 AEUV ein. Die Entscheidung des Beklagten, nur das Glättungsverfahren anzuwenden, sei ermessensfehlerfrei. Die im Widerspruchsbescheid näher ausgeführten Ermessenserwägungen, insbesondere zur Unsicherheit, ob das Glättungsverfahren 2010 erneut zur Verfügung gestanden haben würde, hielten der rechtlichen Überprüfung Stand. Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, das Berufungsurteil verletze Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG, da die Erhöhung des Beitragssatzes auf das nahezu Achtfache des Vorjahres sie unverhältnismäßig belaste und erdrosselnde Wirkung entfalte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Beitragsfestsetzung seit dem Übergang vom Rentenwertumlageverfahren zur vollständigen Kapitaldeckung stärkeren kurzfristigen Schwankungen unterliege. Art. 3 Abs. 1 GG werde ebenfalls verletzt. Die Beitragserhebung behandle kongruent rückgedeckte und ungesicherte Direkt- und Unterstützungskassenzusagen jeweils sachwidrig gleich. Sie stelle Pensionsfondszusagen durch die Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 3 Nr. 4 BetrAVG ohne sachlichen Grund besser als Direktzusagen, die mittels eines Contractual Trust Arrangements (CTA) gesichert seien. Ohnedies sei eine gleichheitskonforme Beitragserhebung nicht gewährleistet, weil Instrumente zur Überprüfung und Durchsetzung der Erfüllung der Mitteilungspflichten nach § 11 BetrAVG fehlten. Das Berufungsurteil habe schließlich die unverhältnismäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV verkannt und übersehen, dass der Beklagte schon wegen der gesetzlich eröffneten Ermessensspielräume zur Begrenzung der Beitragshöhe als Unternehmen anzusehen sei. Er missbrauche die marktbeherrschende Stellung, die sich aus seinem faktischen Monopol ergebe. Zur Heranziehung des Ausgleichsfonds sei er schon aufgrund seiner bisherigen Verwaltungspraxis verpflichtet gewesen. Die spekulativen Ermessenserwägungen im Widerspruchsbescheid ließen unberücksichtigt, dass das Glättungsverfahren keine ausreichende bilanzielle Entlastung habe herbeiführen können. Außerdem habe der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen, eine Kombination beider Entlastungsmaßnahmen in Erwägung zu ziehen. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 2012 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz vom 9. September 2011 zu ändern und den Beitragsbescheid des Beklagten vom 16. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 22. Dezember 2010 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er verteidigt das angegriffene Urteil. Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen des Beklagten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Es geht zutreffend davon aus, dass die angefochtene Erhebung des Insolvenzsicherungsbeitrags für das Jahr 2009 ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 1 bis 3 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - Betriebsrentengesetz - (BetrAVG) vom 19. Dezember 1974 (BGBl I S. 3610), zuletzt geändert durch Art. 4e des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 (BGBl I S. 2940), findet. 1. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die gesetzliche Ermächtigung zur Beitragserhebung für verfassungskonform gehalten. Die Beitragsregelung verletzt weder Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch Art. 12 Abs. 1 oder Art. 2 Abs. 1 GG. Sie ist auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. a) § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG greift nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ein. Die Eigentumsfreiheit schützt nicht das Vermögen als solches. Das Auferlegen von Zahlungspflichten berührt ihren Schutzbereich erst, wenn diese die Liquidität so stark beeinträchtigen, dass sie erdrosselnde Wirkung haben. Das trifft auf die Beitragserhebung nach § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG nicht zu (Urteil vom 25. August 2010 - BVerwG 8 C 40.09 - Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 20 <Rn. 31>). Für die Frage, ob die Beitragserhebung erdrosselnde Wirkung entfaltet, ist auf den Beitragssatz abzustellen (Urteil vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 35.09 - Buchholz 437.1 Nr. 21 <Rn. 47>). Er richtet sich bei der laufenden Beitragserhebung nach § 10 Abs. 2 und 3 BetrAVG, die den kostendeckenden Gesamtbeitragsbedarf und dessen Verteilung auf die Beitragspflichtigen regeln. Eine erdrosselnde Wirkung fehlt jedenfalls, wenn der Beitragssatz sich trotz konjunkturbedingter Schwankungen regelmäßig im einstelligen Promillebereich des Barwertes der zu sichernden Rechte bewegt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 - NVwZ 2012, 1535 <1539 unter cc>; BVerwG, Urteile vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 31, vom 15. September 2010 a.a.O. Rn. 47 und vom 12. Oktober 2011 - BVerwG 8 C 19.10 - Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 22 <Rn. 28>). Die Auffassung der Klägerin, dies sei schon wegen der Festlegung eines zweistelligen Promillesatzes im Jahr 2009 zu verneinen, geht fehl. Sie übersieht, dass es nach der dargestellten, überdies nicht abschließenden Konkretisierung auf die Regelmäßigkeit und nicht auf die Ausnahmslosigkeit einstelliger Promillesätze ankommt. Der Beitragssatz hält sich auch dann noch regelmäßig im einstelligen Promillebereich, wenn es nur ausnahmsweise aufgrund außergewöhnlicher Umstände zu einer höheren Festlegung kommt. Die Erhöhung auf 14,2 ‰ im Jahr 2009 stellt sich nach den Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz, an die der Senat mangels wirksamer Verfahrensrügen gebunden ist (§ 137 Abs. 2 i.V.m. § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO), als ein außergewöhnliches Ereignis dar, das auf die extreme Schadensentwicklung in der damaligen Finanz- und Wirtschaftskrise zurückzuführen war. Der Ausnahmecharakter der Beitragssteigerung ergibt sich daraus, dass sie in der Geschichte des Beklagten einzigartig ist. Der Beitragssatz, der sich im Zeitraum von der Errichtung des Beklagten 1974 bis einschließlich 2008 ungeachtet konjunktureller Schwankungen stets im einstelligen Promillebereich bewegt hatte, konnte bereits in den Jahren 2010 und 2011 wieder auf weniger als 2 ‰ zurückgeführt werden. Die effektive Gesamtbeitragsbelastung einschließlich der im Glättungsverfahren verschobenen Beitragsanteile von je 1,5 ‰ betrug damit jeweils weniger als 4 ‰. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung zu prüfen, ob sich aus Art. 14 Abs. 1 GG eine absolute Obergrenze für einen den einstelligen Promillebereich ausnahmsweise verlassenden Beitragssatz herleiten lässt. Die in der Geschichte des Beklagten einmalige, ausnahmsweise Belastung mit einem - niedrigen - zweistelligen Beitragssatz von 14,2 ‰ (oder 1,42 %) beschränkt sich nach wie vor auf einen sehr kleinen Bruchteil der von den betroffenen Unternehmen aufzubringenden Pensionslast (zu diesem Kriterium vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1539 unter cc) und ist deshalb nicht geeignet, deren Liquidität in erdrosselndem Maß zu beschränken. Außerdem hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 2 BetrAVG mit der Bereitstellung des Glättungsverfahrens und der Ermächtigung zur Heranziehung des Ausgleichsfonds nach Satz 5 und 6 der Vorschrift selbst Vorkehrungen getroffen, die Liquiditätsbelastung bei erheblichen Beitragssteigerungen oder einem anhaltend hohen Beitragsbedarf so zu begrenzen, dass den Unternehmen das erforderliche Minimum wirtschaftlicher Entfaltungsmöglichkeiten verbleibt. Damit trägt die Beitragsermächtigung dem von der Klägerin hervorgehobenen Umstand Rechnung, dass die Entwicklung des Beitragssatzes seit der Umstellung der Finanzierung des Beklagten vom Rentenwertumlageverfahren auf eine vollständige Kapitaldeckung im Jahr 2006 (vgl. die Neufassung des § 10 Abs. 2 BetrAVG durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 2. Dezember 2006 - BGBl I S. 2742) wegen der Verpflichtung zur sofortigen Ausfinanzierung insolvenzbedingt zu sichernder Anwartschaften größere kurzfristige Schwankungen aufweisen kann als zuvor. Die von der Vorinstanz festgestellte Entwicklung des Beitragssatzes seit 2006 lässt keine Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit der gesetzlichen Mechanismen zur Verhinderung einer erdrosselnden Beitragsbelastung erkennen. Vielmehr hat die Anwendung des Glättungsverfahrens im vorliegenden Fall dazu geführt, dass die effektive Beitragsbelastung trotz der extremen Schadensentwicklung durchweg einstelligen Promillebeitragssätzen entsprach. b) Ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor. § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG regelt weder unmittelbar den Beruf der betroffenen Unternehmer, noch hat die Vorschrift eine objektiv berufsregelnde Tendenz (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1536 unter 2.; BVerwG, stRspr, vgl. Urteile vom 23. Mai 1995 - BVerwG 1 C 32.92 - BVerwGE 98, 280 <291> = Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 13, vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 32 und vom 12. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 28). c) Der mit der Anordnung der Beitragserhebung verbundene Eingriff in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG ist Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, die diese Freiheit beschränkt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1536 f. unter II.). Die gesetzliche Regelung des Insolvenzsicherungsbeitrags genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben und wahrt das Verhältnismäßigkeitsgebot. aa) Der Insolvenzsicherungsbeitrag ist als Beitrag im Rechtssinne einzuordnen. Er wird als Abgabe für die potenzielle Inanspruchnahme des Beklagten erhoben, der als Beliehener gemäß § 14 BetrAVG hoheitliche Aufgaben und Befugnisse im Bereich der Insolvenzsicherung wahrnimmt und deshalb der mittelbaren Staatsverwaltung zuzurechnen ist. Der als Gegenleistung für den Beitrag gewährte Vorteil liegt in der Insolvenzsicherung der jeweils zu sichernden Versorgungsanwartschaften und -leistungen durch den Beklagten. Damit wird der Arbeitgeber von seiner Pflicht, die Erfüllung der zu sichernden Ansprüche auf die zugesagte betriebliche Altersversorgung als einer besonderen Form des Arbeitsentgelts zu gewährleisten, für den Fall der eigenen Insolvenz entlastet (vgl. Urteile vom 10. Dezember 1981 - BVerwG 3 C 1.81 - BVerwGE 64, 248 <259> = Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 1, vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 33 ff. und vom 12. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 29 ff.). Wegen dieses Gegenleistungsverhältnisses kann die beitragsrechtliche Relevanz sonstiger mittelbarer Vorteile der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung für den Arbeitgeber wie etwa Vorteile im Wettbewerb um erfahrene Fachkräfte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1538 unter ee) oder Erweiterungen der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Februar 1987 - 1 BvR 1667/84 - AP Nr. 14 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen; BVerwG, Urteil vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 34) dahinstehen. § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG genügt dem beitragsrechtlichen Äquivalenzprinzip. Dieses setzt nicht voraus, dass der Beitrag einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil des einzelnen Beitragspflichtigen ausgleicht oder dass dieser den gebotenen Vorteil tatsächlich nutzt. Vielmehr genügt, dass die Beitragshöhe nicht in einem Missverhältnis zum gebotenen Vorteil steht und dass einzelne Beitragspflichtige nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig belastet werden (Urteil vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 35; vgl. Urteil vom 12. Mai 1999 - BVerwG 6 C 14.98 - BVerwGE 109, 97 <111> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 157 S. 17). Diese Anforderungen werden erfüllt. Zwischen der Beitragshöhe und dem gebotenen Vorteil besteht kein Missverhältnis. Eine "Übersicherung" ist ausgeschlossen, da § 10 Abs. 2 BetrAVG die Beitragserhebung auf die zur Aufwands- und Kostendeckung des Beklagten erforderliche Summe begrenzt. Die Beitragsbemessung nach § 10 Abs. 3 BetrAVG führt auch nicht zu einer übermäßigen Belastung einzelner Beitragspflichtiger. Die solidarische Verteilung der Beitragslast wird durch den Grundsatz des sozialen Ausgleichs gerechtfertigt, der aus dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG abzuleiten ist und den Grundsatz der Vorteilsgerechtigkeit für den Bereich der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung prägt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Februar 1987 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 37 und vom 12. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 29; ähnlich bereits Urteil vom 23. Januar 2008 - BVerwG 6 C 19.07 - Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 18). Der Insolvenzsicherungsbeitrag muss daher weder das Insolvenzrisiko des beitragspflichtigen Arbeitgebers noch das konkrete Ausfallrisiko im Fall seiner Insolvenz abbilden. Ausreichend ist vielmehr, dass Ungleichbehandlungen, die sich aus der Anknüpfung an das abstrakte Insolvenzrisiko des gewählten Durchführungsweges und durch die solidarische Lastenverteilung ergeben, durch sachliche Gründe vor Art. 3 Abs. 1 GG gerechtfertigt sind (vgl. dazu im Einzelnen die nachfolgenden Ausführungen zur Vereinbarkeit der Beitragsregelung mit dem Gleichheitssatz, Rn. 28 ff.). bb) Selbst wenn der Insolvenzsicherungsbeitrag als Sonderabgabe einzuordnen sein sollte, genügt § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG den sich daraus ergebenden strengeren Anforderungen an die Abgabenerhebung. Die Abgabe dient der Finanzierung der Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung und damit einem über die bloße Mittelbeschaffung hinausgehenden Sachzweck. Die nach § 10 Abs. 1 BetrAVG beitragspflichtigen Arbeitgeber stellen eine homogene Gruppe dar. Sie sind durch die Erteilung von Versorgungszusagen über einen insolvenzsicherungspflichtigen Durchführungsweg verbunden und sowohl gegenüber anderen Arbeitgebern als auch gegenüber der Allgemeinheit abgegrenzt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1537 f.). Ihr spezifischer Bezug zum Sachzweck der Abgabenerhebung liegt in der Sicherung der Erfüllung ihrer Zusagen für den Fall der eigenen Insolvenz. Dabei sind Beitragsbelastung und beitragsfinanzierte Begünstigung sachgerecht miteinander verknüpft. Die Abgabe wird auch überwiegend gruppennützig verwendet. Die mit ihr finanzierte Insolvenzsicherung dient nicht allein dem Interesse der Arbeitnehmer, sondern in hinreichendem Maß auch dem der abgabepflichtigen Arbeitgeber (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1538). Dass die erforderliche haushaltsrechtliche Dokumentation unterblieben wäre, ist weder festgestellt noch sonst erkennbar. cc) Unabhängig von der abgabenrechtlichen Einordnung des Insolvenzsicherungsbeitrags belastet dieser die Beitragspflichtigen nicht unverhältnismäßig. Seine Erhebung dient dem verfassungsrechtlich legitimen Zweck, die betriebliche Altersversorgung als wichtige Ergänzung der sozialversicherungsrechtlichen Alterssicherung vor insolvenzbedingten Ausfällen zu schützen. Sie ist dazu auch geeignet und erforderlich (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1538). Da die Insolvenzsicherung der betrieblichen Altersversorgung dem vom Sozialstaatsgebot gedeckten sozialen Schutzprinzip dient, ist die Erforderlichkeit der Beitragserhebung nicht individuell, sondern bezogen auf den Gesamtaufwand zu prüfen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1539 vor cc). Eine über den erforderlichen Gesamtbedarf hinausgehende Beitragserhebung wird schon durch den Kostendeckungsgrundsatz des § 10 Abs. 2 BetrAVG ausgeschlossen. Daran hat sich auch durch den Übergang vom Rentenwertumlageverfahren zur vollständig kapitalgedeckten Finanzierung im Jahr 2006 nichts geändert. Neu ist lediglich, dass zu sichernde Anwartschaften schon im Jahr der Insolvenz ausfinanziert und in die Berechnung des Beitragsbedarfs einbezogen werden müssen (Urteil vom 12. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 34). Entgegen der Auffassung der Klägerin führt dies nicht zwangsläufig zu unverhältnismäßigen Beitragserhöhungen oder zu unzumutbaren kurzfristigen Beitragsschwankungen. Wie bereits dargelegt, bewegt sich der Beitragssatz auch seit 2006 praktisch durchweg im einstelligen Promillebereich. Nur die krisenbedingte, außergewöhnliche Häufung von Sicherungsfällen mit großem Schadensumfang hatte im Jahr 2009 eine sprunghafte Erhöhung des Beitragssatzes für dieses Jahr zur Folge. Um eine unverhältnismäßige Beitragsbelastung selbst in solchen Situationen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber mit der Regelung des Glättungsverfahrens und der Ermächtigung zur Heranziehung des Ausgleichsfonds in § 10 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG geeignete Instrumente zur Verfügung gestellt, erhebliche Beitragssteigerungen auf mehrere Jahre zu strecken und außergewöhnlich hohe Beitragsbelastungen abzufangen (vgl. oben Rn. 18). Da die Beitragspflichtigen regelmäßig mehrere Monate im Voraus über die voraussichtliche Beitragsentwicklung informiert werden, ist die Beitragsbelastung auch hinlänglich vorhersehbar und planbar. Entgegen dem Vortrag der Klägerin kann aus der Freiwilligkeit des Angebots ergänzender betrieblicher Altersversorgung nicht auf die Unzulässigkeit einer Verpflichtung zur (Mitfinanzierung der) Insolvenzsicherung erteilter Zusagen geschlossen werden. Die gegenteilige Auffassung wird insbesondere der Entgeltfunktion der zugesagten ergänzenden Altersversorgung nicht gerecht, die sich bei einer Finanzierung der Anwartschaften durch Entgeltumwandlung besonders deutlich zeigt. Der steuerrechtliche Halbteilungsgrundsatz, dessen allgemeine Anerkennung die Klägerin voraussetzt und auf den sie sich zur Begründung der Unverhältnismäßigkeit der Beitragserhebung beruft, wäre auf die Erhebung des Insolvenzsicherungsbeitrags nicht übertragbar. Außerdem vernachlässigt die Klägerin, dass die Beitragsbemessung bei Direktzusagen nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG nicht den vollen Wert der Pensionsverpflichtung zugrunde legt, sondern nur den jeweiligen diskontierten Teilwert. d) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht die Vereinbarkeit der Beitragsregelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG bejaht. Er ist hier in der Ausprägung des Willkürverbots einschlägig, da keine speziellen Freiheitsrechte betroffen sind und die Beitragspflicht durch die Wahl des Durchführungswegs beeinflusst werden kann. aa) Die gesetzliche Abgrenzung des Kreises der Beitragspflichtigen nach § 10 Abs. 1 BetrAVG und die differenzierende Regelung der Beitragsbemessung in Anknüpfung an den gewählten Durchführungsweg gemäß § 10 Abs. 3 BetrAVG sind durch sachliche Gründe gerechtfertigt (dazu und zum Folgenden vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1539; BVerwG, Urteil vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 40 ff.). Die gesetzlichen Differenzierungen orientieren sich am abstrakten Insolvenzrisiko des gewählten Durchführungsweges, also an der potenziellen Gefährdung der zugesagten Versorgungsleistung im Insolvenzfall. Dieses sachliche Differenzierungskriterium entspricht dem Ziel der Regelung, die zur Finanzierung der Insolvenzsicherung erforderlichen Beiträge solidarisch und mit möglichst geringem Verwaltungs- und Kostenaufwand auf die beitragspflichtigen Arbeitgeber umzulegen. Die Umverteilung ihrerseits rechtfertigt sich daraus, dass anderenfalls Arbeitgeber mit "schlechten" und daher teuren Risiken davon abgehalten werden könnten, ihren Arbeitnehmern eine ergänzende betriebliche Altersversorgung anzubieten, was die Funktion der betrieblichen Altersversorgung als dritter Säule der sozialen Sicherung im Alter in Frage stellen würde. Die Anknüpfung an das abstrakte Insolvenzrisiko des gewählten Durchführungsweges rechtfertigt auch die von der Klägerin beanstandete Besserstellung der Pensionsfondszusagen (§ 10 Abs. 3 Nr. 4 BetrAVG) gegenüber den Direkt- und Unterstützungskassenzusagen nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 und 3 BetrAVG und der Direktversicherungszusage mit widerruflichem, abgetretenem oder beliehenem Bezugsrecht gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O.; BVerwG, Urteile vom 25. August 2010 a.a.O. und vom 12. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 40 f.). bb) Zu einer weiteren Differenzierung der Beitragsbemessung war der Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet. Entgegen der Auffassung der Klägerin war er insbesondere nicht gehalten, bei Direkt- und Unterstützungskassenzusagen jeweils danach zu unterscheiden, ob diese durch den Abschluss einer kongruenten Rückdeckungsversicherung und die Verpfändung des Versicherungsanspruchs oder durch ein Contractual Trust Arrangement (CTA) geschützt sind, und sie in diesem Fall den Pensionsfondszusagen gleichzustellen. Vielmehr durfte er auch insoweit am sachlichen Kriterium des abstrakten Insolvenzrisikos festhalten, für das es allein auf den gewählten Durchführungsweg mit der ihn kennzeichnenden Ausgestaltung des Primärleistungsanspruchs ankommt, so dass etwaige zusätzliche privatrechtliche Sicherungsabreden für die Beitragsbemessung unerheblich bleiben. Die damit verbundene Typisierung ist gleichheitsrechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt nicht nur für den bereits entschiedenen Fall der kongruent rückgedeckten, pfandrechtlich gesicherten Direkt- oder Unterstützungskassenzusagen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1539 f.; BVerwG, Urteile vom 25. August 2010 und vom 12. Oktober 2011, je a.a.O.), sondern auch bei Sicherungen mittels CTAs. Die gesetzliche Gleichbehandlung verschiedener Sachverhalte verletzt Art. 3 Abs. 1 GG nicht schon, wenn etwa zulässige Differenzierungen unterbleiben, sondern nur, wenn der Gesetzgeber wesentlich Ungleiches gleich behandelt. Bei der Regelung von Massenphänomenen ist er zu Typisierungen befugt. Dabei steht ihm im Bereich des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die verfassungsrechtlichen Grenzen dieses Spielraums werden durch die gesetzliche Anknüpfung der Beitragsbemessung an den gewählten Durchführungsweg und das sich daraus ergebende abstrakte Insolvenzrisiko nicht überschritten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1540). Der Gesetzgeber konnte die damit verbundenen Härten nicht vermeiden, ohne auf erhebliche, wenn nicht unüberwindliche Schwierigkeiten zu stoßen und überdies das verfassungsrechtlich legitime Ziel der Beitragsregelung zu konterkarieren. Die Differenzierung der Beitragsbemessung nach dem gewählten Durchführungsweg soll die zur Finanzierung der Insolvenzsicherung erforderliche Beitragslast solidarisch und mit möglichst geringem Verwaltungs- und Kostenaufwand auf die beitragspflichtigen Arbeitgeber verteilen (vgl. BTDrucks 7/2843 S. 10). Jede Berücksichtigung des konkreten Insolvenzrisikos des einzelnen Arbeitgebers und jede Berücksichtigung einer Minderung des konkreten Ausfallrisikos durch privatrechtliche Sicherungsabreden würde zusätzliche einzelfallbezogene Erhebungen zur wirtschaftlichen Situation des Unternehmens sowie zur Ausgestaltung und Wirksamkeit der Zusatzabreden erfordern und so den Verwaltungsaufwand und damit den Beitragsbedarf erhöhen. Das gilt auch für die unter dem Sammelbegriff des Contractual Trust Arrangement zusammengefassten Treuhandabreden. Zum einen hängt deren Insolvenzfestigkeit mangels Typenzwangs von der konkreten vertraglichen Ausgestaltung ab (vgl. BAG, Urteil vom 18. Juli 2013 - 6 AZR 47.12 - BB 2013, 3132 <Rn. 14> zur "Doppeltreuhand"; dazu Grewe, BB 2013, 3132 <3135>; Klemm, BetrAV 2014, 15 f.; zuvor bereits Rößler, BB 2010, 1405 <1411 ff.>). Diese müsste in jedem Einzelfall und, wegen ihrer Abänderbarkeit, in jedem Beitragsjahr neu geprüft werden. Zum anderen unterliegen CTAs der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO (Klemm, a.a.O. S. 17), so dass auch die Anfechtbarkeit im Einzelfall geklärt werden müsste. Weder die Feststellungen der Vorinstanz noch das Revisionsvorbringen geben zureichende Anhaltspunkte dafür, dass von den Härten, die sich aus der beitragsrechtlichen Vernachlässigung von Sicherungs- und Treuhandabreden ergeben könnten, mehr als nur eine verhältnismäßig unerhebliche Zahl von Arbeitgebern betroffen wäre. Vielmehr hat die Klägerin ebenso wie die Klägerinnen der mit diesem Verfahren gemeinsam verhandelten Parallelverfahren erklärt, ihre Versorgungszusagen nicht mittels CTAs gesichert zu haben. Die Intensität der Ungleichbehandlung ist angesichts des niedrigen, praktisch durchweg im einstelligen Promillebereich verbleibenden Beitragssatzes gering. Unabhängig davon wäre die Besserstellung der Pensionsfondszusagen - auch - gegenüber CTA-gesicherten Direkt- oder Unterstützungskassenzusagen selbst dann gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber privatrechtliche Sicherungsabreden bei der Beitragsbemessung hätte berücksichtigen wollen. Pensionsfonds unterstehen nach § 112 Abs. 2 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) ausnahmslos der Versicherungsaufsicht und sind den Beschränkungen der Pensionsfonds-Kapitalanlagenverordnung (PFKapAV) unterworfen (Urteil vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 45). Dagegen kann eine Sicherung mittels CTA bei Wahrnehmen des Konzernprivilegs des § 2 Abs. 1 Nr. 7 Kreditwesengesetz (KWG) der Bankenaufsicht entzogen werden. Die treuhänderische Vermögensverwaltung unterliegt nur fakultativen, vertraglich zu vereinbarenden und aufzuhebenden Beschränkungen (Herrmann, BetrAV 2012, 1 <2>). Nach wie vor (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. Juli 2012 a.a.O. S. 1541 unter 3.) liegt der gesetzlichen Regelung der Beitragspflicht und Beitragsbemessung daher eine nachvollziehbare Systematik zugrunde. cc) Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht eine Verletzung des steuerrechtlichen Grundsatzes der Lastengleichheit verneint. Er ist schon wegen der abgabenrechtlichen Unterschiede zwischen Steuern und nichtsteuerlichen Abgaben nicht einschlägig. Ohnedies entbehrt der Vorwurf der Klägerin, eine gleichmäßige Beitragserhebung sei mangels ausreichender gesetzlicher Vorschriften zur Sicherung einer gleichmäßigen Beitragserhebung nicht gewährleistet, jeder Grundlage. Die Mitteilungspflichten der betroffenen Arbeitgeber werden durch gesetzliche Nachweispflichten ergänzt, die ebenso wie flankierende Mitteilungs- und Auskunftspflichten Dritter und der Finanzämter nach § 11 Abs. 6 und 8 BetrAVG eine Überprüfung der Angaben der Beitragspflichtigen erlauben, mit Verwaltungsakten durchzusetzen und zudem bußgeldbewehrt sind (§ 11 Abs. 2, § 12 BetrAVG; vgl. Urteil vom 22. November 1994 - BVerwG 1 C 22.92 - BVerwGE 97, 117 <119 ff.> = Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 12). 2. Einen Unionsrechtsverstoß, der zur Unanwendbarkeit der Ermächtigungsgrundlage führen würde, hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht verneint. a) Die Beitragserhebung verletzt nicht die Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (ABl EU Nr. C 115, S. 47). Zwar ist die passive Dienstleistungsfreiheit der Klägerin insoweit berührt, als die Beitragspflicht zur Folge hat, dass Insolvenzsicherungsangebote anderer, EU-ausländischer Anbieter und der Abschluss zusätzlicher Sicherungsabreden mit diesen als wirtschaftlich wenig sinnvoll erscheinen. Die Freiheitsbeschränkung ist jedoch aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und insbesondere verhältnismäßig. Die beitragsfinanzierte gesetzliche Insolvenzsicherung ist geeignet und erforderlich, eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit abzuwenden. Die Beitragsregelung sichert die unionsrechtlich in ihrer Bedeutung für das soziale Sicherungssystem anerkannte ergänzende betriebliche Altersversorgung wirksam gegen insolvenzbedingte Ausfälle und gewährleistet damit die Funktionsfähigkeit des Betriebsrentensystems als dritter Säule der Altersversorgung. Den Abschluss einer Versicherung gegen Insolvenzausfälle vorzuschreiben, wäre ein zwar milderes, aber weniger effektives Mittel. Bei einer versicherungsförmigen, dem Kapitalisierungsprinzip folgenden, an das konkrete Insolvenzrisiko anknüpfenden Finanzierung wäre eine wirksame Insolvenzsicherung nicht ebenso gewährleistet wie bei der kapitalgedeckten Umlagefinanzierung zur solidarischen Verteilung der Risiken (vgl. Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2003/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Juni 2003, ABl EG Nr. L 235, S. 10; EuGH, Urteile vom 21. September 1999 - Rs. C-67/96, Albany - Slg. 1999, I-5863 Rn. 105 ff., 109 f. und vom 5. März 2009 - Rs. C-350/07, Kattner Stahlbau GmbH - Slg. 2009, I-1538 Rn. 84 ff.). Wie bereits dargelegt, bestünde ohne die solidarische Verteilung der Beitragslast auf alle Mitglieder der Risikogruppe die Gefahr, dass "schlechte" Risiken nicht genügend gesichert werden könnten (vgl. oben Rn. 29). b) Die Beitragsregelung verstößt schließlich nicht gegen Art. 101 ff. AEUV. aa) Es ist schon zweifelhaft, ob der Beklagte ein diesen Regelungen unterliegendes Unternehmen im Sinne der Art. 102, 106 AEUV ist. Der Unternehmensbegriff dieser Bestimmungen ist funktional zu verstehen und umfasst wirtschaftliche Einheiten beliebiger Rechtsform, die wirtschaftlich tätig sind und dauerhaft einen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Mit Rücksicht auf die ausschließliche Kompetenz der Mitgliedstaaten für die Ausgestaltung ihrer sozialen Sicherungssysteme sind jedoch Einrichtungen ausgenommen, die bei der Verwaltung der öffentlichen Aufgabe der sozialen Sicherheit mitwirken und eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter erfüllen (EuGH, Urteile vom 22. Januar 2002 - Rs. C-218/00, Cisal - Slg. 2002, I-717 Rn. 22 f., 43 ff. und vom 5. März 2009 a.a.O. Rn. 37; Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 101 Rn. 25 ff.). Danach liegt ein Unternehmen vor, wenn die wirtschaftliche Einheit Beiträge und Leistungen selbst nach dem Kapitalisierungsprinzip und dem Grundsatz der Abhängigkeit des Leistungsanspruchs von der individuellen Beitragszahlung festlegt, wobei die Mitgliedschaft - und damit die Wahl zwischen ihr und anderen Anbietern - freigestellt sein muss (EuGH, Urteile vom 16. November 1995 - Rs. C-244/94, Fédération francaise des sociétés d'assurance - Slg. 1995, I-4022 Rn. 17, vom 21. September 1999 - Rs. C-219/97, Drijvende Bokken - Slg. 1999, I-6121 Rn. 71 ff. und vom 12. September 2000 - Rs. C-180/98 u.a., Pavel Pavlov u.a. - Slg. 2000, I-6497 Rn. 114 f.). Dagegen fehlt die Unternehmenseigenschaft bei einer Einrichtung, die kraft Gesetzes zu bestimmten Leistungen verpflichtet ist, deren Beiträge zwar insgesamt kostendeckend, aber nicht streng proportional zum übernommenen Risiko festgesetzt werden und bei der kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen gezahlten Beiträgen und gewährten Leistungen besteht, weil die Leistungen nach dem Gesetz unabhängig von der Höhe und der Zahlung der Beiträge erbracht werden müssen (EuGH, Urteile vom 17. Februar 1993 - Rs. C-159/91 und C-160/91, Poucet & Pistre - Slg. 1993, I-664 Rn. 18 und vom 16. März 2004 - Rs. C-264/01 u.a., AOK Bundesverband u.a. - Slg. 2004, I-2524 Rn. 47, 52). Für die Abgrenzung sind daher nicht die Gewinnerzielungsabsicht oder die Einbeziehung solidarischer Gestaltungselemente entscheidend, sondern einerseits das freie kalkulatorische Bestimmen des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung im Wettbewerb mit anderen Anbietern und andererseits das gesetzlich vorgeschriebene Erbringen gesetzlich definierter, durch ein solidarisches Beitragssystem finanzierter, aber von der individuellen Beitragshöhe und -zahlung unabhängiger sozialer Leistungen (vgl. EuGH, Urteil vom 16. März 2004 a.a.O. Rn. 46 ff., 49). Letzteres trifft auf den Beklagten zu. Er ist eine gesetzlich errichtete Einrichtung der Insolvenzsicherung, deren Leistungspflichten in § 7 Abs. 1 BetrAVG gesetzlich festgelegt sind und nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erfüllung der Beitragspflicht des insolvent gewordenen Arbeitgebers stehen. Zwischen der Beitrags- und Leistungshöhe besteht ebenfalls kein dem Kapitalisierungsprinzip entsprechender unmittelbarer Zusammenhang. Die Beitragshöhe wird nicht frei kalkuliert und richtet sich nicht nach dem konkreten Insolvenzrisiko des Beitragspflichtigen. Sie wird vielmehr gesetzlich als Bruchteil des solidarisch auf alle Beitragspflichtigen verteilten Gesamtrisikos definiert (§ 10 Abs. 2 und 3 BetrAVG; dazu Urteile vom 4. Oktober 1994 - BVerwG 1 C 41.92 - BVerwGE 97, 1 <7> = Buchholz 437.1 BetrAVG Nr. 11 und vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 41, 43 f.). Eine Streckung oder Minderung der Beitragsbelastung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 5 und 6 BetrAVG unterliegt ebenfalls keiner unternehmerischen Entscheidung des Beklagten, sondern ist gesetzlich an klare Voraussetzungen und Zwecke gebunden. Sie kommt stets sämtlichen Beitragspflichtigen zugute und wirkt sich nicht auf die Leistungsansprüche aus. Der Hinweis der Klägerin auf den Zustimmungsvorbehalt des Beklagten bei außergerichtlichen (Sanierungs-)Vergleichen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 BetrAVG belegt keine Befugnis des Beklagten zur freien, marktwirtschaftlichen Beitrags- und Leistungskalkulation. Der Zustimmungsvorbehalt soll dazu beitragen, Vergleiche zulasten der Pensionäre zu verhindern und die Belastung der Gesamtheit der Beitragspflichtigen möglichst gering zu halten (vgl. Rolfs, a.a.O. § 7 Rn. 102 ff., 106). Mit dem Fehlen einer Pflichtmitgliedschaft ist eine Einordnung als Unternehmen ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Da der funktionale Unternehmensbegriff von der Rechtsform der wirtschaftlichen Einheit abstrahiert (EuGH, Urteile vom 17. Februar 1993 a.a.O. Rn. 17 und vom 22. Januar 2002 a.a.O. Rn. 22), stellt das Indiz der Pflichtmitgliedschaft nicht auf die Organisationsstruktur, sondern auf das Fehlen einer Wahlmöglichkeit ab. Diese fehlt auch hier, weil das Gesetz in § 10 Abs. 1 BetrAVG eine unbedingte Beitragspflicht begründet, die es den Betroffenen verwehrt, sich dem gesetzlichen System der sozialen Sicherung zu entziehen und auf andere, für sie günstigere Angebote auszuweichen. Der Revisionsvortrag bestätigt dies indirekt, da er die Rechtsstellung des Beklagten als die eines Monopolisten bezeichnet. bb) Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union erübrigt sich gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV schon angesichts seiner zitierten, gefestigten Rechtsprechung zur Abgrenzung des Unternehmensbegriffs. Im Übrigen kommt es auf dessen Anwendbarkeit auch nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls die Bereichsausnahme nach Art. 106 Abs. 2 AEUV eingreift. Das allgemeine wirtschaftliche Interesse an der vom Beklagten zu erbringenden Dienstleistung ergibt sich aus der unionsrechtlich anerkannten Bedeutung der ergänzenden Altersversorgung, der daraus folgenden Notwendigkeit einer wirksamen Insolvenzsicherung sowie daraus, dass die gesetzliche Regelung der Beitragspflicht und Beitragsverteilung zur Verwirklichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist (vgl. oben Rn. 37). Auch insoweit wirft der Fall keine klärungsbedürftigen, nach Art. 267 Abs. 3 AEUV vorlagepflichtigen Fragen auf. 3. Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht die Anwendung des § 10 Abs. 1 bis 3 BetrAVG im konkreten Fall für rechtmäßig gehalten. Die Entscheidung des Beklagten, lediglich das Glättungsverfahren nach § 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG anzuwenden und nicht stattdessen oder daneben den Ausgleichsfonds nach § 10 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG heranzuziehen, verletzt den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Anwendung eines die Beitragsbelastung reduzierenden Ausgleichsinstruments nicht. a) Für die Ermessenskontrolle ist, wie für die rechtliche Beurteilung der angegriffenen Beitragsfestsetzung insgesamt, die Sach- und Rechtslage bei der Entscheidung des Beklagten über die Beitragsverteilung im Jahr 2009 maßgeblich. Auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung kommt es bei Anfechtungsklagen nur an, soweit sich aus dem materiellen Recht nichts anderes ergibt (vgl. Urteile vom 25. August 2010 a.a.O. Rn. 16 und vom 12. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 10). Hier lässt sich §§ 10 f. BetrAVG entnehmen, dass für die Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung die Sach- und Rechtslage bei der Festlegung des Beitragssatzes und der Beitragsverteilung auf die Beitragspflichtigen maßgeblich ist. Da der Beklagte nach § 10 Abs. 2 und 3, § 11 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 BetrAVG den Beitragsbedarf für das laufende Kalenderjahr zu ermitteln und die erforderlichen Beiträge auf der Grundlage der in diesem Jahr erhobenen Daten nach den Bemessungskriterien des § 10 Abs. 3 BetrAVG auf alle nach § 10 Abs. 1 BetrAVG beitragspflichtigen Unternehmen zu verteilen hat, kann es für die materielle Rechtmäßigkeit nur auf den Zeitpunkt dieser Verteilungsentscheidung ankommen und nicht auf möglicherweise divergierende Zeitpunkte eventueller späterer Widerspruchsbescheide gegenüber einzelnen Beitragspflichtigen. Gleiches gilt für die rechtliche Überprüfung etwaiger Prognosen, die im Rahmen der Ermessensausübung angestellt wurden. Dies hindert allerdings nicht, bei der Prüfung der Ermessenserwägungen die näheren Ausführungen zur Begründung der Ermessensentscheidung im Widerspruchsbescheid zu berücksichtigen. Nach § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage der Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. b) Die Anwendung des Glättungsverfahrens und das Absehen von einem Rückgriff auf den Ausgleichsfonds entsprechen dem Zweck der jeweiligen Ermächtigung (§ 40 Teilsatz 1 VwVfG). Das 2006 eingeführte Glättungsverfahren (§ 10 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG) dient dazu, erhebliche Beitragssteigerungen gegenüber dem Vorjahr abzufedern, wie sie 2009 infolge der krisenbedingten, sprunghaften Schadensentwicklung auftraten. Die Ermächtigung zur Heranziehung des Ausgleichsfonds erlaubt es dagegen, eine hohe Beitragsbelastung unabhängig davon zu mindern, ob sie noch über dem Vorjahresniveau oder aber auf gleicher oder niedrigerer, jedoch immer noch erheblicher Höhe liegt (§ 10 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG). Während der Rückgriff auf den Ausgleichsfonds vor 2006 die einzige Möglichkeit bildete, sprunghafte Beitragserhöhungen auszugleichen, stellt er sich nach der Einführung des Glättungsverfahrens nun eher als subsidiäres Mittel zur Reduzierung (auch anhaltend) hoher Beitragsbelastungen dar, die durch eine Glättung nicht oder nicht ausreichend zu mindern sind (vgl. den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung vom 22. November 1974, BTDrucks 7/2843 S. 10 zu § 6d Abs. 2 des Entwurfs; Rolfs, in: Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, 5. Aufl. 2010, § 10 Rn. 68e). Der unterschiedlichen Zweckbestimmung beider Instrumente trägt die Erwägung des Beklagten Rechnung, sich die Möglichkeit einer Heranziehung des Ausgleichsfonds für den Fall eines längeren Fortdauerns der Wirtschaftskrise offen zu halten. Die ihr zugrunde liegende Prognose ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ob eine erneute Anwendung des Glättungsverfahrens im Jahr 2010 wegen weiterer Beitragssteigerungen zulässig sein und eine Heranziehung des Ausgleichsfonds 2010 erforderlich werden würde, war im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt 2009 angesichts der Ungewissheit der weiteren Entwicklung der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht hinreichend absehbar. Die Erwägungen des Widerspruchsbescheides zur Beitragsgerechtigkeit belegen ebenfalls keine zweckwidrige Ermessensausübung. Das Anliegen, den im Krisenjahr 2009 entstandenen Schaden auf die damals Beitragspflichtigen zu verteilen, entspricht dem Grundsatz solidarischer Verteilung gemeinsamer Risiken auf die Mitglieder der jeweiligen Risikogruppe. c) Die Ermessensentscheidung des Beklagten, ausschließlich das Glättungsverfahren anzuwenden, überschreitet auch nicht die Rechtsgrenzen des Ermessens (§ 40 Teilsatz 2 VwVfG). Sie verletzt keine Grundrechte der Betroffenen. Wie sich aus den obigen Ausführungen zu Art. 14 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG ergibt, ist die durch das Glättungsverfahren reduzierte jährliche Liquiditätsbelastung, die einem Beitragssatz im einstelligen Promillebereich entspricht, nicht unverhältnismäßig. Zusätzliche Maßnahmen zu ihrer Minderung oder zur Begrenzung auch der bilanziellen Folgen der Beitragserhöhung waren deshalb nicht geboten. Eine alleinige Heranziehung des Ausgleichsfonds hätte die Beitragsbelastung nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten in der Revisionsverhandlung im Jahr 2009 nicht ebenso effektiv mindern können, weil der Beitragssatz selbst bei einem Rückgriff auf den Gesamtbestand des Ausgleichsfonds in Höhe von 700 Mio. € nur um 3,2 ‰ (auf 11 ‰) hätte gesenkt werden können. Aus Art. 3 Abs. 1 GG ergab sich ebenfalls keine Verpflichtung des Beklagten, im Jahr 2009 den Ausgleichsfonds heranzuziehen. Von einer entsprechenden Selbstbindung des Beklagten kann nicht die Rede sein, weil die Rechtslage bei früheren Rückgriffen auf den Ausgleichsfonds in den Jahren 1982, 1993, 1996 und 2002 nicht mit der Rechtslage im Beitragsjahr 2009 zu vergleichen war. Seit der Einführung des Glättungsverfahrens im Jahr 2006 stand ein spezielles Ausgleichsinstrument für Fälle erheblicher Beitragserhöhungen zur Verfügung. Daraus, dass der Beklagte in früheren Fällen nur auf den Ausgleichsfonds hatte zurückgreifen können und zurückgegriffen hatte, lässt sich für die Ermessensausübung unter der neuen Rechtslage nichts herleiten. Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Beklagte schließlich nicht erwägen, die Verlustrücklage (§ 37 VAG) zur Beitragsminderung heranzuziehen. Ihre Heranziehung kann allenfalls zulässig sein, bereits eingetretene Bilanzverluste auszugleichen (dazu vgl. Rolfs, a.a.O. § 10 Rn. 68), nicht jedoch dazu, einen Anstieg des Beitragsbedarfs wegen einer extremen Schadensentwicklung im Jahr der Beitragsfestsetzung durch einen Rückgriff auf die Verlustrücklage zu kompensieren und so der Verpflichtung zur Festsetzung kostendeckender Beiträge gemäß § 10 Abs. 2 BetrAVG zuwider zu handeln.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020294&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020295
BVerwG
9. Senat
20140515
9 B 45/13
Beschluss
§ 351 FamFG, Art 35 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 4 Abs 2 Nr 2 VwVfG, § 8 Abs 1 S 1 VwVfG
vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 4. Juni 2013, Az: 5 B 11.2412, Urteil vorgehend VG Augsburg, 13. Oktober 2010, Az: Au 6 K 10.209, Urteil
DEU
Zur Kostenfreiheit für behördliche Auskünfte, die ein Notar im Rahmen seiner gesetzlichen Nachforschungspflicht einholt; Amtshilfe
Weder aus § 351 Satz 1 FamFG noch aus Art. 35 GG oder aus § 8 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ergibt sich die Kostenfreiheit für behördliche Auskünfte, die ein Notar in Erfüllung seiner ihm durch § 351 Satz 1 FamFG auferlegten Nachforschungspflicht einholt.
I. Die Klägerin ist Notarin. Sie wandte sich an die Beklagte zwecks Nachprüfung von vor über 30 Jahren von ihrem Amtsvorgänger beurkundeten Erbverträgen und bat um Auskunft, ob und wo die Vertragsteile noch leben. Die Beklagte erteilte die gewünschten Auskünfte und zog die Klägerin zu standesamtlichen Gebühren sowie zu einer Melderegisterauskunftsgebühr heran. Die gegen die Gebührenbescheide gerichtete Klage sowie die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Berufung blieben erfolglos. II. Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hat keinen Erfolg. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Frage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind. 1. Soweit die Klägerin geklärt wissen will, ob sich aus § 351 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) i.d.F. der Bek. vom 17. Dezember 2008 (BGBl I S. 2586), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. Juli 2013 (BGBl I S. 2176), eine Kostenfreiheit für die ermittelnden, die Verfügung von Todes wegen in amtlicher Verwahrung habenden Stellen bei Nachfragen an Verwaltungsbehörden ergibt, dürfte das Beschwerdevorbringen schon nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügen, denn die konkrete Rechtsfrage hat sich dem Verwaltungsgerichtshof nicht gestellt. Rechtsfragen, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt haben oder auf die sie nicht entscheidend abgehoben hat, können regelmäßig nicht zur Zulassung der Revision führen (Beschlüsse vom 21. September 1993 - BVerwG 2 B 109.93 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 181 und vom 26. August 2013 - BVerwG 9 B 13.13 - juris Rn. 4 m.w.N.). Hiervon abgesehen bedarf die Frage auch keiner Klärung im Revisionsverfahren, weil sie sich mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten lässt. Nach § 351 FamFG soll, wenn sich Verfügungen von Todes wegen seit mehr als 30 Jahren in amtlicher Verwahrung befinden, die verwahrende Stelle von Amts wegen ermitteln, ob der Erblasser noch lebt. Kann die verwahrende Stelle nicht ermitteln, dass der Erblasser noch lebt, ist die Verfügung von Todes wegen zu eröffnen. Die Regelung soll - insoweit identisch mit den Vorgängervorschriften - dafür sorgen, dass Verfügungen von Todes wegen den Beteiligten nach dem Erbfall zur Kenntnis gelangen, damit der in der Verfügung niedergelegte Wille des Erblassers zur Geltung kommt und nicht den von der Verfügung nicht unterrichteten Beteiligten auf Dauer unbekannt bleibt (vgl. statt vieler BGH, Beschluss vom 31. Oktober 1972 - NotZ 3/72 - LM Nr. 1 zu § 25 BNotO). Die Frage der Kostenpflichtigkeit von Auskünften der Standesämter und Meldebehörden regelt § 351 FamFG seinem Wortlaut nach nicht. Das Ermittlungsgebot verhält sich nicht zu der Frage, wie die Ermittlung durchzuführen ist. Genauso wenig enthält es eine verfahrensrechtliche Aussage hinsichtlich der gegebenenfalls im Zuge der Ermittlungen anfallenden Kosten der um Auskunft ersuchten Behörden (anders - ohne Begründung - Kordel, DNotZ 2009, 644 <647>). Nach der Gesetzessystematik liegt vielmehr auf der Hand, dass sich behördliches Handeln im Zuge der durch § 351 FamFG eingeführten Ermittlungspflicht nach dem jeweiligen Fachgesetz bestimmt, d.h. nach den entsprechenden Regelungen des Personenstands-, Melde- und Verwaltungsverfahrensrechts. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts anderes (vgl. BRDrucks 309/07 S. 630; BTDrucks 16/6308 S. 280, 391; BTDrucks 16/9733 S. 297). 2. Die Klägerin fragt zudem, ob die Anfrage gemäß § 351 FamFG Amtshilfe im Sinne von Art. 4 Abs. 1 BayVwVfG ist, welche gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kostenfrei ist. Sie hält es für klärungsbedürftig, ob die Auskünfte von Standesämtern und Melderegistern Amtshilfe sein können und wann eine "eigene Aufgabe" der ersuchten Behörde im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG vorliegt. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass diese - letztere - Frage allein nach der Aufgabe zu beurteilen ist, die die ersuchende Behörde erfüllen will (S. 7 der Beschwerdebegründung). Auch die Beantwortung dieser - gemäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO revisibles Recht betreffenden - Fragen ist auf der Grundlage der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation möglich, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte. Nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG, der identisch ist mit § 4 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG, liegt selbst dann, wenn eine Behörde einer anderen Behörde auf Ersuchen ergänzende Hilfe leistet, Amtshilfe im Rechtssinne nicht vor, wenn die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde als eigene Aufgabe obliegen. Dass sich das Negativmerkmal der Zuweisung einer behördlichen Hilfeleistung zum eigenen Aufgabenkreis allein auf die ersuchte, nicht aber, wie die Klägerin meint, auf die ersuchende Behörde bezieht, ergibt sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut von Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG. Nichts anderes folgt aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Unter "eigenen" Aufgaben der ersuchten Behörde sind alle Aufgaben zu verstehen, die ihr bereits spezialgesetzlich außerhalb der Amtshilferegelungen als Hilfeleistungen (auch) gegenüber anderen Behörden übertragen sind, für die sich also die Pflicht zur Hilfeleistung nicht erst aufgrund des Ersuchens der auf die Hilfe angewiesenen Behörde ergibt (BTDrucks 7/910 S. 38; näher hierzu Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 4 Rn. 16 ff.). Diese Regelung hat ihren inneren Grund darin, dass die von ihr erfassten Hilfeleistungen in der Regel bestimmten Fachbehörden zugewiesen sind, die häufig eigens zu diesem Zweck errichtet oder zumindest (auch) hierfür mit Dienstkräften und Einrichtungen ausgestattet wurden, um andere Behörden unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung Hilfeleistungen zu erbringen, ohne dass der Rückgriff auf die §§ 4 bis 8 VwVfG notwendig wäre; das vom Gesetzgeber vorgegebene Zusammenwirken bestimmter Behörden, die dafür jeweils mit Teilaufgaben betraut sind, lässt sich nicht mit der Amtshilfe gleichsetzen, die die Aufgabenbewältigung nur in Ausnahmefällen mit fremder Hilfe ermöglichen soll (BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - III ZR 34/00 - BGHZ 148, 139 <142 > m.w.N.). Hiervon ausgehend hat die Vorinstanz zu Recht festgestellt, dass die Erteilung von Auskünften aus dem Personenstands- und Melderegister im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Gebührenbescheide zum originären Aufgabenkreis der Beklagten gehörte, die dieser aufgrund gesetzlicher Zuweisung gerade gegenüber Dritten oblag (anders - ohne Begründung - Stuppi, notar 2010, 236 <241>). Dies folgt aus § 61 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Abs. 1 Satz 1 Personenstandsgesetz (PStG) i.d.F. der Bek. vom 19. Februar 2007 (BGBl I S. 122), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl I S. 3458) einerseits und aus § 1 Abs. 1 Satz 2, § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 Melderechtsrahmengesetz (MRRG) i.d.F. der Bek. vom 19. April 2002 (BGBl l S. 1342) i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 2, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 des (bayerischen) Gesetzes über das Meldewesen (BayMeldeG) i.d.F. der Bek. vom 8. Dezember 2006 (GVBl 2006, 990) andererseits. 3. Die von der Klägerin - wiederum im Zusammenhang mit der Amtshilfe - aufgeworfenen Fragen, ob ein Notar Behörde im Sinne von Art. 35 Abs. 1 GG ist, ob die Anfrage gemäß § 351 FamFG Amtshilfe im Sinne von Art. 35 Abs. 1 GG darstellt und ob sich aus Art. 35 Abs. 1 GG die Kostenfreiheit der Amtshilfe herleiten lässt, zeigen ebenfalls keinen revisionsgerichtlichen Klärungsbedarf auf. Nach Art. 35 Abs. 1 GG leisten sich alle Behörden des Bundes und der Länder gegenseitig Rechts- und Amtshilfe. Der Verwaltungsgerichtshof hat insoweit ausgeführt, dass, selbst wenn diese Verfassungsvorschrift ohne Umsetzung durch einfaches Recht anwendbar und die Klägerin als Behörde anzusehen sei, hiermit keine Regelung zur Kostenerstattung oder Kostenfreiheit getroffen sei. Hierfür bleibe das einfachgesetzliche Recht maßgeblich. Demgegenüber steht die Beschwerde auf dem Standpunkt, die Gebührenfreiheit der Amtshilfe ergebe sich unmittelbar aus Art. 35 Abs. 1 GG oder im Wege einer verfassungskonformen Auslegung der Art. 4 ff. BayVwVfG. Dem ist nicht zu folgen. Aus Art. 35 Abs. 1 GG ergibt sich nicht, dass Amtshilfe in sämtlichen denkbaren Konstellationen kostenfrei zu erfolgen hat. Die Bedeutung des Art. 35 GG erschöpft sich darin, auf dem Gebiet der Rechts- und Amtshilfe die Einheit der im Bundesstaat in Bundes- und Landesgewalt geteilten Staatsgewalt herzustellen. Die Beistandspflicht des Art. 35 Abs. 1 GG stellt sich als notwendige Folge der Gewaltenteilung und der Ausübung der Staatsgewalt durch verschiedene Behörden dar (BVerfG, Beschluss vom 27. April 1971 - 2 BvL 31/71 - BVerfGE 31, 43 <46>). Über Inhalt und Umfang der Rechts- und Amtshilfe sagt die Vorschrift nichts aus (BVerwG, Urteile vom 12. Oktober 1971 - BVerwG 6 C 99.67 - BVerwGE 38, 336 <340> = Buchholz 232 § 90 BBG Nr. 13 und vom 8. April 1976 - BVerwG 2 C 15.74 - BVerwGE 50, 301 <310> = Buchholz 232 § 90 BBG Nr. 20; Beschluss vom 10. August 2011 - BVerwG 6 A 1.11 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 305 Rn. 8). Art. 35 Abs. 1 GG erweist sich deshalb als eine auf das Grundsätzliche beschränkte Bestimmung, die im besonderen Maß der Konkretisierung und Ausfüllung durch das einfache Recht bedarf. Eine solche Konkretisierung stellen insbesondere die Regelungen der Amtshilfe in §§ 4 bis 8 VwVfG dar (Beschluss vom 10. August 2011 a.a.O. Rn. 8; so auch die einhellige Auffassung in der Kommentarliteratur, vgl. nur Erbguth, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 35 Rn. 18; v. Danwitz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 35 Rn. 31; Hömig, in: Hömig, GG, 10. Aufl. 2013, Art. 35 Rn. 4; Epping, in: Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Stand 1. November 2013, Art. 35 Rn. 14). Vor diesem Hintergrund wirft die Beschwerde keine Gesichtspunkte auf, die die Durchführung eines Revisionsverfahrens erforderlich erscheinen lassen. Denn sie übersieht, dass wegen der Erfüllung einer "eigenen Aufgabe" der ersuchten Behörde eine Amtshilfe im verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinne nicht vorliegt und somit mögliche Grenzen der Gebührenerhebung für Amtshilfemaßnahmen für die Entscheidung unerheblich waren. 4. Die Klägerin hält zudem für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob die Auferlegung von Auskunftskosten gegenüber den Notaren bei deren Ermittlung gemäß § 351 FamFG einen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG darstellt. Mit dieser Rüge genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die Klägerin muss im Rahmen der rechtlichen Durchdringung des Streitstoffs erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann (Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26, und vom 17. März 2008 - BVerwG 6 B 7.08 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 451.20 § 12 GewO Nr. 1> ZInsO 2009, 1811). Daran fehlt es. Die Klägerin wendet sich mit ihren Ausführungen in erster Linie gegen die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, das einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verneint hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Landesrecht, hier des Bayerischen Kostengesetzes, eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur dann zu begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Im Einzelnen ist darzulegen, gegen welche verfassungsrechtlichen Normen verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser Normen alsdann Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich noch nicht aufgrund bisheriger oberstgerichtlicher Rechtsprechung beantworten lassen (Beschlüsse vom 17. März 2008 - BVerwG 6 B 7.08 - Buchholz 451.20 § 12 GewO Nr. 1 Rn. 9 und vom 3. April 2013 - BVerwG 9 B 44.12 - juris Rn. 5). Daran fehlt es. 5. Klärungsbedarf sieht die Klägerin ferner hinsichtlich der Fragen, ob die Praxis der Beklagten, je nachdem ob eine Behörde im formellen Sinn als verwahrende Behörde die Anfrage tätigt oder aber ein bayerischer oder ein nichtbayerischer Notar zur Kostentragung herangezogen wird, gegen Art. 3 GG verstößt, und ob die Änderung der Praxis bayerischer Behörden - erst seit dem Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 22. Dezember 2008 werden für die streitgegenständlichen Auskünfte Gebühren verlangt - willkürlich und durch keine Rechtsänderung gerechtfertigt ist und damit einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 Alt. 2 GG darstellt. Die Rügen bleiben schon deshalb ohne Erfolg, weil sich diese Rechtsfragen dem Berufungsgericht nicht gestellt haben. Denn es hat nicht geprüft, ob Art. 3 Abs. 1 GG durch die Regelung des Art. 4 Satz 1 Nr. 1 BayKG zur persönlichen Gebührenfreiheit des Freistaats Bayern verletzt ist. Ebenso wenig hat sich das Berufungsgericht mit der Frage der Änderung der Verwaltungspraxis durch die Beklagte befasst. Abgesehen davon lässt es die Beschwerde auch im Zusammenhang mit den hier aufgeworfenen Fragen wiederum bei der Behauptung bewenden, dass einzelne landesrechtliche Normen bzw. ihre Anwendung durch die bayerischen Behörden verfassungsrechtlich bedenklich seien. Sie legt aber nicht substantiiert dar, inwieweit sich - über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der konkret gerügten Verwaltungspraxis hinaus - ungeklärte Fragen des Verfassungsrechts von grundsätzlicher Bedeutung stellen.
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020295&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public
WBRE410020296
BVerwG
2. Senat
20140327
2 C 2/13
Urteil
§ 40 Abs 1 Nr 4 S 4 BBesG, § 38 Abs 2 S 5 BesG ST 2011
vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 11. Dezember 2012, Az: 1 L 14/12, Urteil vorgehend VG Magdeburg, 10. Januar 2012, Az: 5 A 212/10 MD, Urteil
DEU
Strenge Anforderungen an die analoge Gesetzesanwendung im Besoldungsrecht; Familienzuschlag bei geschiedenen Beamten
1. Wegen des strikten Gesetzesvorbehalts sind der analogen Anwendung im Besoldungsrecht besonders enge Grenzen gesetzt. Sie kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der eindeutig erkennbare Wille des Gesetzgebers in den gesetzlichen Vorschriften nur unvollkommen Ausdruck gefunden hat. 2. Bei geschiedenen Beamten, deren Kind bei beiden Elternteilen zu gleichen Anteilen im wöchentlichen Wechsel wohnt, kann der jeweils entstehende Mehrbedarf die Gewährung des vollen kinderbezogenen Familienzuschlags rechtfertigen.
Der Rechtsstreit betrifft die Höhe des kinderbezogenen Familienzuschlags bei geschiedenen Beamten, deren Kind bei beiden Eltern zu gleichen Anteilen im wöchentlichen Wechsel wohnt. Der 1974 geborene Kläger ist Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe A 10) im Dienst des Beklagten. Er ist Vater eines im Jahr 2004 geborenen ehelichen Kindes. Die Ehe ist seit Juli 2010 rechtskräftig geschieden, der Kläger ist seiner geschiedenen Ehefrau nicht zum Unterhalt verpflichtet. Beide wohnen in derselben Kleinstadt. Nach einer notariell beglaubigten Vereinbarung üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus. Der Aufenthalt erfolgt im wöchentlichen Wechsel: In den geraden Wochen ist die Tochter beim Kläger - wo sie auch gemeldet ist -, in den ungeraden Wochen hält sie sich bei ihrer Mutter auf, die als Bundesbeamtin beschäftigt ist. Der Kindesunterhalt wird durch die jeweilige Betreuung und die damit verbundenen Sach- und Arbeitsleistungen erbracht, das Kindergeld wird der Mutter ausbezahlt. Seit August 2010 wird dem Kläger der ehegattenbezogene Anteil des Familienzuschlags nicht mehr gewährt. Er erhält aber - ebenso wie seine geschiedene Ehefrau - wegen der anteiligen Kinderbetreuung den Familienzuschlag der Stufe 1 zur Hälfte. Den auf volle Zahlung des kinderbezogenen Zuschlags gerichteten Antrag lehnte der Beklagte ab. Nach erfolglosem Widerspruch hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, dem Kläger den vollen Familienzuschlag der Stufe 1 ab August 2010 zu gewähren. Die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, eine anteilige Kürzung des Familienzuschlags sehe das Gesetz nur im Falle der von mehreren Anspruchsberechtigten gemeinsam bewohnten Wohnung vor. Eine analoge Anwendung der Kürzungsbestimmungen komme nicht in Betracht. Weder liege die hierfür erforderliche planwidrige Lücke vor noch sei die Kostensituation des praktizierten "Wechselmodells" mit derjenigen einer gemeinsamen Wohnung vergleichbar. Mit der Revision beantragt der Beklagte, die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 11. Dezember 2012 und des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 10. Januar 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt weder Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) noch revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Es hat den Beklagten vielmehr zu Recht verpflichtet, den vollen Familienzuschlag der Stufe 1 auch nach dem 1. August 2010 weiter zu gewähren. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für eine volle Zuschlagsgewährung (1.). Die Bestimmungen zur anteiligen Zuschlagsgewährung sind nicht einschlägig und können auch im Wege einer analogen Anwendung nicht herangezogen werden (2.). 1. Rechtsgrundlage für den Anspruch im Zeitraum von 1. August 2010 bis zum 31. März 2011 sind §§ 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BGBl I S. 3020), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2006 (BGBl I S. 1466). Diese Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes galten durch die in § 1 Abs. 2 Satz 1 LBesG Sachsen-Anhalt in der Fassung des Gesetzes vom 25. Juli 2007 (GVBl LSA S. 236) enthaltene Verweisung auch nach der Einführung der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder für die Besoldung der Beamten in Art. 74 Abs. 1 Nr. 27 GG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl I S. 2034) als Landesrecht fort. Seit dem 1. April 2011 enthält § 38 Abs. 2 LBesG Sachsen-Anhalt in der Fassung des Gesetzes vom 8. Februar 2011 (GVBl LSA S. 68) eine eigenständige Regelung des Familienzuschlagsrechts, die § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.F. mit Ausnahme einer sprachlichen Berücksichtigung der weiblichen Form wörtlich entspricht. a) Danach erhalten die nicht von § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 1 LBesG erfassten Beamten den Familienzuschlag der Stufe 1, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen. b) Der Kläger ist zwar geschieden, seiner früheren Ehefrau aber nicht zum Unterhalt verpflichtet und damit ein anderer Beamter im Sinne der genannten Vorschriften. Er hat das Kind auch "nicht nur vorübergehend" in seine Wohnung aufgenommen. Nicht nur vorübergehend in die Wohnung aufgenommen ist eine andere Person, wenn die Wohnung auch für den Aufgenommenen zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen im Sinne des § 7 BGB wird und es hierdurch zur Bildung einer häuslichen Gemeinschaft kommt (Beschluss vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 2 B 116.90 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 22 <juris Rn. 4>). Ein derartiger Wohnsitz kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen (§ 7 Abs. 2 BGB). Minderjährige Kinder, deren Eltern das gemeinsame Sorgerecht haben, aber getrennt leben, können demnach einen Doppelwohnsitz haben (§ 11 Satz 2 BGB; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Dezember 1994 - XII ARZ 33/94 - NJW 1995, 1224 sowie BFH, Urteil vom 28. April 2010 - III R 79/08 - NJW 2010, 3263). Daher kann auch die nicht nur vorübergehende Wohnungsaufnahme ausnahmsweise in mehrere Wohnungen erfolgen (vgl. Nr. 40.1.9 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz - BBesGVwV - D II 3 - 221 710/1 sowie bereits Beschluss vom 12. Dezember 1990 a.a.O. Rn. 6). Dies ist nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hier der Fall, weil das Kind zu gleichen Anteilen in den Wohnungen beider Elternteile lebt. Schließlich gewährt der Kläger seiner Tochter auch Unterhalt aufgrund der gesetzlich angeordneten Verpflichtung des § 1601 BGB und nach Maßgabe der zwischen den Eltern getroffenen notariell beglaubigten Vereinbarung, ohne dass die Eigenmittelgrenze aus § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 3 LBesG überschritten wird. 2. Nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 5 LBesG wird der Betrag der Stufe 1 des für den Beamten maßgebenden Familienzuschlages nach der Zahl der Berechtigten nur anteilig gewährt, wenn mehrere Anspruchsberechtigte wegen der Aufnahme einer anderen Person in die gemeinsam bewohnte Wohnung einen Familienzuschlag der Stufe 1 oder eine entsprechende Leistung beanspruchen. a) Die Voraussetzungen dieser Konkurrenzregelung liegen nicht vor, weil der Kläger und seine geschiedene Ehefrau keine gemeinsam bewohnte Wohnung haben. Eine Auslegung, die - wie von der Beklagten vorgeschlagen - dieses Tatbestandsmerkmal ignoriert, würde die Wortlautgrenze überschreiten und sich damit der Bindung an Recht und Gesetz entziehen. Unübersteigbare Grenze der Auslegung einer Gesetzesbestimmung ist der mögliche Wortsinn der Vorschrift. Jenseits dessen wird trotz des formalen Rekurses auf die Norm nicht mehr die vom Gesetzgeber verantwortete Regelung, sondern ein anderes, durch die Deutung des Gerichts geschaffenes Recht angewendet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 19. September 2007 - 2 BvF 3/02 - BVerfGE 119, 247 <259> und vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 <209 f.>). b) Die Bestimmungen zur anteiligen Zuschlagsgewährung bei gemeinsamer Wohnung der Zuschlagsberechtigten können auch nicht in analoger Anwendung herangezogen werden. aa) Die analoge Anwendung der von einer Norm angeordneten Rechtsfolge auf Sachverhalte, die dieser Norm nicht unterfallen, setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus. Der Anwendungsbereich der Norm muss wegen eines versehentlichen, mit dem Normzweck unvereinbaren Regelungsversäumnisses des Normgebers unvollständig sein. Eine derartige Lücke darf von den Gerichten im Wege der Analogie geschlossen werden, wenn sich aufgrund der gesamten Umstände feststellen lässt, dass der Normgeber die von ihm angeordnete Rechtsfolge auch auf den nicht erfassten Sachverhalt erstreckt hätte, wenn er diesen bedacht hätte (stRspr; vgl. Urteil vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 24). Im Regelungsbereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts sind einer analogen Anwendung aber besonders enge Grenzen gesetzt. Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unterliegen Besoldungsleistungen dem Vorbehalt des Gesetzes. Sie dürfen nur zugesprochen werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (z.B. § 2 Abs. 1 BBesG und § 3 Abs. 1 BeamtVG). Dies gilt auch, wenn die sich aus dem Gesetz ergebende Besoldung verfassungswidrig zu niedrig bemessen ist (BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 1958 - 1 BvR 1/52 u.a. - BVerfGE 8, 1 <18 f.>; BVerwG, Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 C 1.04 - BVerwGE 123, 308 <310> und vom 27. Mai 2010 - BVerwG 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 8 m.w.N. zur stRspr). Die Korrektur verfassungswidriger oder fehlerhafter Besoldungsfestsetzungen ist Aufgabe des Besoldungsgesetzgebers, der dabei einen weiten Spielraum politischen Ermessens hat und das Besoldungsgefüge als Ganzes sowie das Recht der öffentlichen Haushalte in den Blick nehmen muss (Urteil vom 14. Mai 1964 - BVerwG 2 C 133.60 - BVerwGE 18, 293 <295>). Durch die Gesetzesbindung der Besoldung ist es daher auch den Gerichten verwehrt, Beamten eine gesetzlich nicht geregelte Besoldung zu gewähren. Das schließt es zwar nicht generell aus, eine im Besoldungsgesetz versehentlich nicht getroffene Regelung nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers im Wege der Analogie zu schließen (Urteil vom 18. November 1982 - BVerwG 6 C 38.78 - Buchholz 235 § 28 BBesG Nr. 7 S. 9 m.w.N.). Grundlage einer auf die analoge Anwendung einer bestehenden Regelung gestützten Gerichtsentscheidung bleibt die gesetzliche Norm. Die Methode der Analogie geht zwar über die Auslegung im engeren Sinne hinaus, weil deren Anwendungsbereich auf einen Fall erstreckt wird, der vom Anwendungsbereich der Norm gerade nicht erfasst ist (BVerfG, Beschluss vom 3. April 1990 - 1 BvR 1186/89 - BVerfGE 82, 6 <12>; vgl. zur Charakterisierung als "Fortsetzung der Auslegung": Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 366). Die darin liegende Rechtsfortbildung ist aber den Wertungen des Gesetzes entnommen und stellt, sofern die methodischen Grenzen eingehalten sind, keine unzulässige richterliche Eigenmacht dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - 1 BvR 918/10 - BVerfGE 128, 193 <210 f.>; Urteil vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07 u.a. - BVerfGE 132, 99 <127>). Der analogen Anwendung besoldungsgesetzlicher Regelungen auf Sachverhalte, die nach dem Ergebnis der Auslegung nicht erfasst werden, sind aber besonders enge Grenzen gesetzt. Dies gilt gleichermaßen für die Zuerkennung von Besoldungsleistungen im Wege der Analogie als auch für deren Ausschluss oder Beschränkung: Zum einen liegen planwidrige Gesetzeslücken im Bereich der geltenden Beamtenbesoldung angesichts des regelmäßig abschließenden Charakters der getroffenen Bestimmungen nur ganz ausnahmsweise vor. Durch die besoldungsrechtlichen Vorschriften werden der Kreis der Anspruchsberechtigten, Grund und Höhe der einzelnen Bezüge sowie ihre Berechnung regelmäßig ausdrücklich und detailliert durch zwingende Vorschriften mit vielfach stark kasuistischem Inhalt festgelegt. Regelungen dieser Art sind nach dem darin erkennbaren Willen des Gesetzgebers regelmäßig abschließend konzipiert, so dass der Möglichkeit einer analogen Anwendung schon das Fehlen einer planwidrigen Regelungslücke entgegensteht (vgl. Urteile 30. Mai 1967 - BVerwG 2 C 27.67 - BVerwGE 27, 159 <161>, vom 20. Juni 1974 - BVerwG 2 C 28.73 - BVerwGE 45, 201 <203> und vom 15. Oktober 1980 - BVerwG 6 C 25.78 - BVerwGE 61, 79 <81> zur Gesamtkonzeption des § 6 BBesG sowie Urteil vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 C 43.04 - BVerwGE 125, 79 <80 f.> zum Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG). Zum anderen darf die Analogie nicht zur Umgehung des verfassungsrechtlich fundierten Gesetzesvorbehalts im Besoldungsrecht führen. Es muss ausgeschlossen sein, dass letztlich die Gerichte durch großzügige Interpretationen des mutmaßlichen Willens des Gesetzgebers Besoldungsleistungen zusprechen, ausschließen oder beschränken, obwohl sich dies dem Besoldungsgesetz nicht im Wege der Gesetzesauslegung entnehmen lässt. Aus diesen Gründen kommt die Erweiterung des Anwendungsbereichs besoldungsrechtlicher Normen im Wege der Analogie nur in Betracht, wenn der erkennbare Wille des Gesetzgebers in den gesetzlichen Vorschriften nur unvollkommen Ausdruck gefunden hat, wie etwa im Falle eines Redaktionsversehens (Urteile vom 24. November 1960 - BVerwG 2 C 6.58 - BVerwGE 11, 263 <264 ff.> und vom 28. Dezember 1971 - BVerwG 6 C 17.68 - BVerwGE 39, 221 <227 f.>). Von der analogen Anwendung einer Norm, die ein mit dem Zweck der Norm unvereinbares Regelungsversäumnis des Normgebers voraussetzt (Urteil vom 28. Juni 2012 - BVerwG 2 C 13.11 - BVerwGE 143, 230 Rn. 24), sind die Fälle zu unterscheiden, in denen eine Norm im Hinblick auf nachträglich eingetretene Rechtsentwicklungen angewendet wird, um einen Widerspruch zu der bei Erlass der Regelung unmissverständlich zum Ausdruck gekommenen Zielsetzung des Normgebers auszuschließen (Urteil vom 29. September 2005 - BVerwG 2 C 44.04 - BVerwGE 124, 227 <230 ff.>). bb) Diese Voraussetzungen sind für die Ausdehnung der in § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 5 LBesG angeordneten Kürzung des Familienzuschlags der Stufe 1 auf die dort nicht geregelten Fälle mehrerer Wohnungen nicht gegeben. Zwar ist in allen nicht durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 2 LBesG geregelten Fällen des kinderbezogenen Familienzuschlags durch die Anknüpfung an den Kindergeldbezug sichergestellt, dass der Zuschlag höchstens einmal gewährt werden kann. Dass der Gesetzgeber damit ein ausnahmslos geltendes Prinzip hatte statuieren wollen, kann aber nicht festgestellt werden. Die Abweichung für den Fall des Doppelwohnsitzes eines Kindes geschiedener Beamten ist vielmehr durch Sinn und Zweck der Anspruchsberechtigung aus § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 2 LBesG begründet (vgl. zur Privilegierung der Alleinerziehenden durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG bereits BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2007 - 2 BvR 375/06 - BVerfGK 12, 453 Rn. 18 f.). Dem Familienzuschlag kommt eine soziale, nämlich ehe- und familienbezogene Ausgleichsfunktion zu. Er tritt zu den leistungsbezogenen Besoldungsbestandteilen hinzu, um diejenigen Mehraufwendungen auszugleichen, die typischerweise durch Ehe und Familie entstehen. Der kinderbezogene Bestandteil des Familienzuschlags ist dazu bestimmt, den von Kindern verursachten Mehrbedarf einschließlich der Mehraufwendungen für Unterkunft und Heizung zu decken (Urteil vom 9. Mai 2006 - BVerwG 2 C 12.05 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 37 Rn. 19; Beschluss vom 8. Juni 2011 - BVerwG 2 B 76.11 - juris Rn. 6). Der ehe- und familienbezogene Zweck des Familienzuschlags rechtfertigt es, dass er insgesamt nur einmal gezahlt wird, auch wenn beide Ehegatten besoldungsberechtigt sind (stRspr; vgl. zuletzt Urteil vom 24. September 2013 - BVerwG 2 C 52.11 - juris Rn. 12). Dies wird durch die sog. Halbierungsregelung des § 40 Abs. 4 Satz 1 BBesG oder durch die Anknüpfung der Zuschlagsgewährung an die Kindergeldberechtigung nach § 40 Abs. 5 BBesG erreicht. Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es, zu verhindern, dass derselbe Bedarf aus öffentlichen Kassen doppelt abgegolten wird (vgl. BTDrucks 7/4127, S. 40 sowie Urteil vom 1. September 2005 - BVerwG 2 C 24.04 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 33 Rn. 15). Die Einschränkung findet beim Ausgleich kinderbezogener Mehraufwendungen ihre sachliche Berechtigung darin, dass diese auch dann, wenn beide Elternteile zuschlagsberechtigt sind, regelmäßig nur einmal anfallen. Diese Annahme trifft zwar bei Ehegatten zu, bei geschiedenen Eltern verhält sich die Sachlage aber typischerweise anders. Sofern eine gemeinsam bewohnte Wohnung mehrerer Anspruchsberechtigter nicht vorliegt, fällt tatsächlich bei jedem Zuschlagsberechtigten ein Mehrbedarf für die Wohnungsaufnahme an (vgl. zur Orientierung der Alimentierung am tatsächlichen Unterhaltsaufwand auch BVerfG, Beschluss vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <267>). Die Anspruchsgewährung aus § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG, die regelmäßig alleinerziehenden Eltern bei Aufnahme ihrer Kinder in den Haushalt zugute kommt (BTDrucks 17/7142, S. 24), trägt dieser durch die Wohnungsaufnahme typischerweise entstehenden wirtschaftlichen Mehrbelastung Rechnung (vgl. Urteile vom 31. Mai 1990 - BVerwG 2 C 43.88 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 19 <insoweit nicht abgedruckt, juris Rn. 17> und vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 C 43.04 - BVerwGE 125, 79 = Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 36 jeweils Rn. 19). Die Einschränkung der Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 5 LBesG auf die Aufnahme in die "gemeinsam bewohnte Wohnung" entspricht daher der Zweckbestimmung der Regelung. Sie stellt sicher, dass in den Fällen, in denen nur eine (gemeinsame) Kinderbetreuung stattfindet, insgesamt nur ein - anteilig aufgespaltener - Familienzuschlag gewährt wird. Sofern das Kind aber nicht in eine gemeinsame Wohnung aufgenommen wird und damit tatsächlich zweimal entsprechender Mehrbedarf entsteht, wird dieser auch berücksichtigt. cc) Dass der Gesetzgeber die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 im Falle der nicht nur vorübergehenden Aufnahme in mehrere Wohnungen pauschal geregelt und eine anteilige Kürzung im Hinblick auf die nur anteilig entstehenden Mehraufwendungen (wie etwa Verpflegung oder Heizkosten) nicht vorgesehen hat, obliegt seinem politischen Gestaltungsspielraum (stRspr; vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 1397/09 - BVerfGE 131, 239 <258>; BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - BVerwG 2 C 49.11 - juris Rn. 36). Folge dieser Regelungstechnik ist, dass die auf die Ermittlung der tatsächlichen Aufwendungsanteile gerichtete Aufklärungsrüge des Beklagten auf unerhebliche Tatsachenfragen bezogen ist. Die Einschränkung der Zuschlagsberechtigung erfolgt in den Fällen der Gewährung nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG a.F. bzw. § 38 Abs. 2 Satz 2 LBesG allein durch die Voraussetzung, dass die Wohnung auch für den Aufgenommenen zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen geworden sein muss. Liegt die nicht nur vorübergehende Wohnungsaufnahme aber bei Kindern, deren geschiedenen Eltern das Sorgerecht gemeinsam obliegt, ausnahmsweise im Hinblick auf mehrere Wohnungen vor, so hat dies - auf Grundlage dieses Gesetzesstandes - auch eine jeweilige Gewährung des Familienzuschlags zur Folge. Die Neufassung der Zuschlagsgewährung durch § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG in der Fassung des Gesetzes vom 15. März 2012 (BGBl I S. 462), die den Anspruch an den Kindergeldbezug knüpft, steht dem nicht entgegen. Durch die statische Verweisung in § 1 Abs. 2 Satz 1 LBesG a.F. ist diese Änderung für das Landesrecht nicht anwendbar. Sie ist auch nicht inhaltlich begründet, sondern allein dem Anliegen geschuldet, den Verwaltungsaufwand und die Fehleranfälligkeit zu reduzieren (BTDrucks 17/7142, S. 24).
http://www.rechtsprechung-im-internet.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jb-WBRE410020296&psml=bsjrsprod.psml&max=true
Deutschland
deutsch
BMJV
public