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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e : 2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. 3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es ist nicht geeignet, die tragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, die angefochtene Nebenbestimmung in der Baugenehmigung vom 7.12.2017 sei rechtmäßig, da sie sicherstelle, dass die Vorgaben des § 31 Abs. 4 BauO NRW a. F. eingehalten würden. 4Soweit die Kläger geltend machen, die Baulast vom 16.12.1991 "kompensiere" den Verstoß gegen § 31 Abs. 4 BauO NRW a. F., diese sei nicht vorhabenbezogen und beschränke sich nicht nur auf die Nutzung als Backstube, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. 5Das Verwaltungsgericht ist jedenfalls zu Recht davon ausgegangen, dass die Baulast nur vorhabenbezogen ist und wegen der Aufgabe des Backstubenbetriebs keine Wirkung mehr entfaltet. 6Der Inhalt der Baulast ist dem eindeutigen Wortlaut der Eintragung in das Baulastenverzeichnis vom 16.12.1991 zu entnehmen. In der Eintragung heißt es: "Verpflichtung, den Fluchtweg aus der Backstube auf Trenngrundstück A aus Flurstück 1307 über Trennstück B aus Flurstück 1307 zu dulden." Daraus ergibt sich die Beschränkung der Baulast auf die Nutzung des Anbaus als Backstube. 7Der weitere Einwand der Kläger, es stünden für die Nutzung des Anbaus als Lagerhalle nicht zwei Fluchtwege nach vorne zur Sandkaulstraße zur Verfügung, ist - worauf die Kläger selbst hinweisen - für das streitgegenständliche Verfahren ohne Belang. 8Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. 9Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. 10Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
{ "jurisdiction": "Germany", "type": "caselaw", "language": "de" }
Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e : 2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. 3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es ist nicht geeignet, die tragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, die Ablehnung der begehrten bauordnungsrechtlichen Verfügung sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in ihren Rechten, hier könne ausnahmsweise von einem Einschreiten abgesehen werden, da den Klägern durch die Beklagte in einer Nebenbestimmung zu der Baugenehmigung vom 7.12.2017 aufgegeben worden sei, das Flachdach unterhalb der streitgegenständlichen Fensteröffnungen gemäß den Brandschutzanforderungen des § 35 Abs. 7 BauO NRW a. F. bzw. § 32 Abs. 7 BauO NRW 2018 herzustellen und die Terrassennutzung untersagt worden sei, so dass eine von den Fensteröffnungen in der Rückwand des Gebäudes der Beigeladenen ausgehende Gefahr für Leben und Gesundheit nur als gering anzusehen sei. 4Der dagegen gerichtete Einwand der Kläger, § 35 Abs. 7 BauO NRW a. F. diene nicht zur Kompensation von Verstößen gegen § 30 Abs. 1, Abs. 8 Satz 1 BauO NRW 2018 und es werde damit kein Schutz ihres Grundstücks vor dem Überschlagen eines Brandes oberhalb des erdgeschossigen Anbaus bewirkt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die in § 35 Abs. 7 BauO NRW a. F. bzw. § 32 Abs. 7 BauO NRW 2018 normierten Anforderungen an die Dächer von Anbauten, die - wie hier - an Wände mit höherliegenden Fenstern anschließen, 5vgl. dazu Radeisen in Schulte/Radeisen/Schulte/van Schewick/Rasche-Sutmeier/Wiesmann, Die neue Bauordnung in Nordrhein-Westfalen, 4. Auflage, § 32 Rn. 33, 6werden mit der Ausführung des Dachs des Anbaus im 5 m Bereich zur rückwärtigen Außenwand der Beigeladenen in F 90 AB (gemäß der Verpflichtung der Kläger in der Baugenehmigung vom 7.12.2017) hinreichend erfüllt. Ob der auf dem Anbau befindliche Wintergarten eine ausreichende Brandfestigkeit aufweist oder zu beseitigen ist, bleibt der Klärung in dem Berufungsverfahren 7 A 3122/19 vorbehalten. Zur Beseitigung der übrigen Aufbauten und Gegenstände auf dem Flachdach sind die Kläger bereits verpflichtet (vgl. Seite 9 des nunmehr insoweit rechtskräftigen Urteils des VG Aachen im Verfahren - 5 K 5608/17 -). 7Auf die Fragen, ob durch die Teilung eine brandschutzrechtliche Gefahrenlage geschaffen worden und ob der von den Klägern geltend gemachte Anspruch verwirkt sein könnte, kommt es aus obigen Gründen nicht an. 8Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen im Zulassungsverfahren sind nicht erstattungsfähig. Dies entspricht der Billigkeit, denn die Beigeladene hat im Zulassungsverfahren keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt. 9Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. 10Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe 2Der Antrag des Antragstellers, 3die aufschiebende Wirkung der Klage 19 K 4683/20.A gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17.08.2020 anzuordnen, 4ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. 5Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung, bei der die Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu berücksichtigen sind, überwiegt das öffentliche Interesse gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Asylklageverfahren in der Bundesrepublik Deutschland bleiben zu dürfen. 6Gemäß § 36 Abs. 4 AsylG darf die aufschiebende Wirkung der Klage bei einer Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder die Verfügung des Bundesamtes für sich genommen, d.h. unbeschadet der Beurteilung des Asylgesuchs als offensichtlich unbegründet, unter Rechtsfehlern leidet. Dabei bleiben Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben wurden, nach § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG unberücksichtigt, soweit sie nicht gerichtsbekannt oder offenkundig sind. 7Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 8vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 02.05.1984 - 2 BvR 1413/83, BVerfGE 67, 43 ff. (62) und vom 20.04.1988 - 2 BvR 1506/87, DVBl. 1988, 631, 9erfordert eine auf die offensichtliche Unbegründetheit des Asylantrages gestützte Abschiebungsandrohung, dass das Anerkennungsbegehren auch der Sache nach offensichtlich aussichtslos ist. Dies ist der Fall, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Bundesamtes vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung des Asylbegehrens geradezu aufdrängt. 10Diese Voraussetzungen, die für das auf Art. 16a GG gestützte Asylbegehren und die erstrebte Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG gleichermaßen gelten, liegen vor. 11Das Vorbringen des Antragstellers gegenüber dem Bundesamt ist nicht geeignet, eine asylerhebliche Verfolgung oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu begründen. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass seine Freundin nach der Einnahme eines von ihm besorgten Medikaments zur Abtreibung des gemeinsamen Babys verstorben sei und die Familie seiner Freundin erst Ruhe gebe, wenn er tot sei, so ist die angebliche Bedrohung durch die Familie seiner Freundin dem Staat Ghana jedenfalls nicht zurechenbar. Der Antragsteller hat nichts Substantiiertes dafür vorgetragen, dass der Staat Ghana nicht bereit oder in der Lage gewesen wäre, ihn vor rechtswidrigen Übergriffen der Familie der verstorbenen Freundin zu schützen. Ungeachtet dessen wäre es dem Antragsteller auch zuzumuten, sich der angeblichen Bedrohung durch die Familie seiner verstorbenen Freundin dadurch zu entziehen, dass er sich in einem sicheren Landesteil Ghanas niederlässt, wo diese keinen Zugriff auf ihn hat. Auch der Vortrag des Antragstellers, dass seine Freundin nach der Einnahme des von ihm besorgten Medikaments verstorben sei und die Polizeibehörden ihn nun verfolgten, knüpft nicht an asyl- oder flüchtlingsrelevante Merkmale an. Die angebliche polizeiliche Suche nach dem Antragsteller dient vielmehr der Aufklärung strafrechtlichen Unrechts. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, sich der strafrechtlichen Verfolgung durch die ghanaischen Behörden zu stellen. Eine nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis ist in Ghana nicht feststellbar, 12vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Ghana als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 29.02.2020, S. 11. 13Der Antragsteller hat bei dieser Sachlage auch offensichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Dem Vorbringen des Antragstellers lässt sich nicht entnehmen, dass ihm ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller in Ghana die Todesstrafe befürchten müsse bzw. eine unmenschliche Behandlung während der Haft erfahren würde. Der Tatbestand der Abtreibung (vgl. Section 58 Criminal Code Ghana) ist nicht mit der Todesstrafe bedroht. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, sich der strafrechtlichen Verfolgung durch die ghanaischen Behörden zu stellen. Eine Verhaftung und die Durchführung eines Strafverfahrens werden lediglich bei zureichenden Anhaltspunkten erfolgen und sind Ausdruck rechtsstaatlichen Vorgehens. Ghana verfügt über eine unabhängige Justiz und eine rechtsstaatliche Verfassung, die insbesondere willkürliche Verhaftungen verbietet, 14vgl. Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Ghana als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 29.02.2020, S. 19. 15Soweit der Antragsteller geltend macht, dass wegen der Überbelegung der ghanaischen Gefängnisse eine Infektion mit Covid-19, an deren Folgen er versterben könne, nicht verhindert werden könne und ihm damit eine "unmenschliche Behandlung" im Rahmen einer Verhaftung drohe, so ist auch dies nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Die Tatsache, dass die Haftbedingungen in Ghana westeuropäischen Verhältnissen nicht entsprechen, lässt eine menschenrechtswidrige Behandlung nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, 16vgl. VG Köln, Urteil vom 26.04.2019 – 19 K 4353/17.A – juris, Rn. 29. 17Eine unmenschliche Behandlung ist auch nicht infolge der Ansteckungsgefahr mit SARS-CoV-2 innerhalb des Gefängnisses zu befürchten. Die Infektionszahlen mit SARS-CoV-2 in Ghana lassen nicht darauf schließen, dass in der Haftanstalt, selbst bei Berücksichtigung der Überbelegung, jederzeit mit einer Infektion gerechnet werden muss. In Ghana wurden bislang insgesamt 47.775 Infektionen bestätigt, 316 Menschen verstarben daran. Aktuell bestehen 488 aktive Fälle (vgl. https://www.ghanahealthservice.org/covid19/, abgerufen am 28.10.2020). Die Inzidenzrate liegt bei 153,75 Infektionen auf 100.000 Einwohner und damit deutlich unter der Inzidenzrate Nordrhein-Westfalens, die bei 653,99 Infektionen auf 100.000 Einwohner liegt (vgl. John Hopkins University, COVID 19 Dashboard, https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 28.10.2020). Darüber hinaus hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bei ihm eine lebensgefährliche Erkrankung auslösen würde. Individuelle Risikofaktoren hat er nicht benannt. 18Die Antragsgegnerin war auch nicht verpflichtet, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG festzustellen. Der Vortrag des Antragstellers, die Unterbringung in einem Gefängnis in Ghana in Zeiten der Corona-Pandemie verstoße gegen Art. 3 EMRK, ist aus den genannten Gründen nicht nachvollziehbar. 19Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. 20Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe 1 I. Der sinngemäß gestellte Antrag, 2 die Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 9 der Niedersächsischen Verordnung über Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 7. Oktober 2020, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Oktober 2020, über die Verpflichtung, in einem Fitnessstudio außerhalb einer sportlichen Betätigung eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, vorläufig außer Vollzug zu setzen, 3 ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.). 4 Diese Entscheidung, die nicht den prozessrechtlichen Vorgaben des § 47 Abs. 5 VwGO unterliegt (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 607; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 110 ff.), trifft der Senat ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 12.6.2009 - 1 MN 172/08 -, juris Rn. 4 m.w.N.) und gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 NJG ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter. 5 1. Der Antrag ist zulässig. 6 Der Antrag ist entgegen der Ansicht des Antragsgegners ein tauglicher Normenkontrolleilantrag im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO. Aus der Bezugnahme der Antragstellerin auf das von ihr betriebene Fitnessstudio im gestellten Antrag allein folgt nicht, dass sie nur eine individuelle Regelung für sich selbst begehrt. Aus ihrem tatsächlichen Begehren ergibt sich vielmehr unmissverständlich, dass sie erstrebt, die Verordnung außer Vollzug zu setzen, und nicht etwa die Unanwendbarkeit der Verordnung auf sie festzustellen (vgl. zu entsprechenden Formulierungen Senatsbeschl. v. 28.08.2020 - 13 MN 307/20 -, juris Rn. 6). In den Antrag ist auch kein Begehren auf Normergänzung in Gestalt der Aufnahme von „Sportbereichen“ als Ausnahme vom Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen hineinzulesen. 7 Der Normenkontrolleilantrag ist nach § 47 Abs. 6 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 75 NJG statthaft. Die Niedersächsische Verordnung über Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 (Niedersächsische Corona-Verordnung) vom 7. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 346), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Oktober 2020 (Nds. GVBl. S. 363), ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 75 NJG (vgl. zu den insoweit bestehenden Anforderungen: Senatsbeschl. v. 31.1.2019 - 13 KN 510/18 -, NdsRpfl. 2019, 130 f. - juris Rn. 16 ff.). 8 Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung bestimmte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) betrifft die Antragstellerin mittelbar, da sie auf die Einhaltung der Maskenpflicht hinzuwirken hat (§ 3 Abs. 8 Satz 1 der Verordnung), und lässt es möglich erscheinen, dass sie in ihrem Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit nach Art. 19 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG verletzt ist. Eine darüberhinausgehende Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb als einer nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition dürfte hingegen nicht vorliegen. Denn dieser Schutz erfasst nur den konkreten Bestand an Rechten und Gütern; die hier durch die verordnete Beschränkung betroffenen bloßen Umsatz- und Gewinnchancen werden hingegen auch unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht von der Eigentumsgarantie erfasst (vgl. BVerfG, Urt. v. 6.12.2016 - 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, 331 f. - juris Rn. 240; Beschl. v. 26.6.2002 - 1 BvR 558/91 -, BVerfGE 105, 252, 278 - juris Rn. 79 m.w.N.). 9 Der Antrag ist zutreffend gegen das Land Niedersachsen als normerlassende Körperschaft im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO gerichtet. Das Land Niedersachsen wird durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vertreten (vgl. Nr. II. des Gemeinsamen Runderlasses der Staatskanzlei und sämtlicher Ministerien, Vertretung des Landes Niedersachsen, v. 12.7.2012 (Nds. MBl. S. 578), zuletzt geändert am 15.9.2017 (Nds. MBl. S. 1288), in Verbindung mit Nr. 4.22 des Beschlusses der Landesregierung, Geschäftsverteilung der Niedersächsischen Landesregierung, v. 17.7.2012 (Nds. MBl. S. 610), zuletzt geändert am 18.11.2019 (Nds. MBl. S. 1618)). 10 2. Der Antrag ist aber unbegründet. 11 Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrages im Hauptsacheverfahren, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe müssen die gegenläufigen Interessen deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.4.2019 - BVerwG 4 VR 3.19 -, juris Rn. 4; Senatsbeschl. v. 27.7.2020 - 13 MN 272/20-, juris Rn. 10 m.w.N.). 12 Unter Anwendung dieser Grundsätze bleibt der hier in der Sache auf eine einstweilige Außervollzugsetzung des das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung anordnenden § 3 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung gerichtete Antrag ohne Erfolg. 13 Der Senat hat sich zuletzt in seinen Beschlüssen vom 14. August 2020 - 13 MN 300/20 -, juris Rn. 10 ff., und 6. Juli 2020 - 13 MN 238/20 -, juris Rn. 9 ff., zur Rechtmäßigkeit einer derartigen Verpflichtung in § 2 bzw. § 9 a.F. der Niedersächsischen Corona-Verordnung geäußert. Auf deren Inhalt wird zur weiteren Begründung Bezug genommen. An der dortigen Einschätzung, wonach die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung notwendig im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG, also geeignet, erforderlich und auch angemessen ist, hält der Senat fest. Diese Auffassung wird in der Rechtsprechung einhellig geteilt (vgl. etwa jüngst in Bezug auf Schulen OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15.10.2020 - 3 MR 43/20 -, juris Rn. 31; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 24.9.2020, juris Rn. 7; Bayerischer VGH, Beschl. v. 8.9.2020 - 20 NE 20.2001 -, juris Rn. 34). Das Vorbringen der Antragstellerin in diesem Verfahren bietet dem Senat keinen Anlass, seine Einschätzung zu revidieren. 14 Die Niedersächsische Corona-Verordnung ist hinsichtlich einer Maskenpflicht in Fitnessstudios voraussichtlich rechtmäßig. Sie kann auf § 28 Abs. 1 IfSG gestützt werden (a.), ist ausreichend bestimmt (b.), verhältnismäßig (c.) und führt zu keiner ungerechtfertigten Ungleichbehandlung (d.). Selbst wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen wären, würde dies nicht die vorläufige Außervollzugsetzung der Norm begründen (e.). 15 a. Taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung einer Maskenpflicht ist § 28 Abs. 1 IfSG. 16 Die Antragstellerin wendet sich gegen die Heranziehung dieser Ermächtigungsgrundlage mit dem Argument, in ihrem Fitnessstudio seien keine Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheider festgestellt worden. Die Anordnung einer Maskenpflicht erfolge daher aus präventiven Gründen, was allein aufgrund von § 16 IfSG erfolgen dürfe. 17 Dieser Argumentation liegt ein falsches Normverständnis zugrunde. § 28 IfSG ermächtigt zu Maßnahmen, die ergriffen werden können, sobald Kranke etc. festgestellt werden, und zwar unabhängig davon, wo diese festgestellt werden. § 16 IfSG betrifft demgegenüber die Konstellation, dass keine Kranken etc. festgestellt wurden, also Maßnahmen allein vorsorglich für den Fall, dass eine Epidemie ausbrechen könnte, ergriffen werden. Der Anwendungsbereich des § 16 Abs. 1 IfSG ist nur eröffnet, solange eine übertragbare Krankheit noch nicht aufgetreten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.1971 - BVerwG I C 60.67 -, juris Rn. 28 zu §§ 10 Abs. 1, 34 Abs. 1 BSeuchG a.F.; Senatsurt. v. 3.2.2011 - 13 LC 198/08 -, juris Rn. 40, vgl. auch Senatsbeschl. v. 15.10.2020- 13 MN 371/20 -, juris Rn. 48). Maßnahmen nach § 28 Abs. 1 IfSG dienen umfassend dem Schutz von bisher nicht kranken, nicht krankheitsverdächtigen und nicht ansteckungsverdächtigen Personen und damit gezielt auch präventiven Zwecken (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 30.4.2020 - 1 S 1101/20 -, juris Rn. 18 ff.). 18 b. § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 9 der Niedersächsischen Corona-Verordnung regelt ausreichend bestimmt, inwieweit in Fitnessstudios eine Maskenpflicht gilt. 19 § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung trifft folgende Regelung: 20 „Jede Person hat in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen.“ 21 Die Räumlichkeiten eines Fitnessstudios, zu denen jedes Mitglied Zugang erhält, sind derartige Räume. 22 § 3 Abs. 4 Nr. 9 der Verordnung ordnet folgendes an: 23 „Absatz 1 gilt nicht […] 9. bei sportlicher Betätigung […].“ 24 Hieraus ergibt sich für Fitnessstudios, dass während der Nutzung eines Sportgeräts oder während der Teilnahme an einem Sportkurs keine Maskenpflicht gilt, beim Erholen und beim sonstigen Aufenthalt indes schon. 25 Die Antragstellerin dehnt den Begriff „sportliche Betätigung“ zu weit aus, wenn sie hierunter auch die Phasen notwendiger Regeneration fasst, unabhängig davon, wo sie erfolgt. Die Ausnahmeregelung ist gemäß ihrer Natur eng zu verstehen und umfasst nicht die Tätigkeiten vor und nach der Gerätenutzung oder Kursteilnahme. 26 c. Diese Maskenpflicht ist auch zum Schutz vor einer weiteren Verbreitung des Coronavirus geeignet, erforderlich und angemessen. 27 Die Antragstellerin trägt vor, beim Wechsel zu einem zwei Meter entfernten Trainingsgerät sei das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sinnlos. Es sei auch nicht nachzuvollziehen, dass gerade der Teil des Aufenthalts in einem Fitnessstudio, bei dem keine körperliche Anstrengung erfolge, von der Maskenpflicht betroffen sei. Tatsächlich würden Masken (nur) der Visualisierung des Virus und der Erziehung dienen. Der Antragsgegner müsse seine Kapazitäten im Gesundheitssystem erweitern und dürfe nach vielen Monaten mit der Pandemie nicht mehr willkürlich in Grundrechte eingreifen. Es sei auch kein einziger Fall einer Ansteckung im Fitnessstudio dokumentiert. Das Abstandsgebot würde ausreichen. 28 An späterer Stelle zieht die Antragstellerin in Zweifel, dass eine Mund-Nasen-Bedeckung überhaupt geeignet ist, eine Verbreitung von COVID-19 zu verhindern. Das Konzept, Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen, sei allein aus einer politischen Absicht, ein Symbol für die Virusbekämpfung zu haben, geboren. Das RKI, auf dessen wissenschaftlicher Grundlage die Maskenpflicht beruhe, sei vom Staat finanziert. Jedenfalls aber sei die Mund-Nasen-Bedeckung gegenüber dem Abstands- und Hygienegebot subsidiär. Zumindest Visiere dürften auch zulässig sein. 29 Die Einwände der Antragstellerin überzeugen allesamt nicht. 30 (1) Nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis sind Mund-Nasen-Bedeckungen zur Bekämpfung des Coronavirus grundsätzlich geeignet, wie der Senat in seinem Beschluss vom 14. August 2020 – 13 MN 300/20 -, juris Rn. 13 ff. m.w.N.) festgestellt hat. Demgegenüber verkennt die Antragstellerin den Prozess der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung, wenn sie nur einzelne Publikationen zitiert, die sich kritisch mit der Wirksamkeit von Mund-Nasen-Bedeckungen auseinandersetzen. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden nicht dadurch gewonnen, dass von allen Seiten gleichförmige Paradigmen wiederholt werden, sondern dadurch, dass sich aus verschiedenen Beiträgen und Sichtweisen eine Synthese bildet. 31 (2) Auch die eingeschränkte Maskenpflicht in Fitnessstudios ist eine geeignete Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG. 32 Dadurch, dass bei der eigentlichen sportlichen Betätigung keine Maskenpflicht gilt, besteht in Fitnessstudios ein höheres Infektionsrisiko als in anderen Dienstleistungsbetrieben. Gerade das stoßartige Ausatmen unter körperlicher Belastung kann bei (noch) symptomfreien, aber infizierten Personen zu einem massiven Ausstoß infektiöser Viren über eine große Distanz führen und damit die im Vordergrund stehende Tröpfcheninfektion - auch in Gestalt kleinster und über einen längeren Zeitraum in der Luft schwebender Aerosole - befördern (vgl. Senatsbeschl. v. 14.5.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 31). 33 Dieses Infektionsrisiko besteht in erster Linie im näheren Umkreis zu dem jeweiligen Gerät oder Platz, an dem die sportliche Betätigung erfolgt. Bereits aus diesem Grund ist eine Maskenpflicht für Personen, die sich aktuell nicht sportlich betätigen und sich in derselben Räumlichkeit aufhalten, angezeigt. 34 Der Antragstellerin ist zuzugestehen, dass das Anlegen der Mund-Nasen-Bedeckung für den bloßen Wechsel zu einem anderen, zwei Meter entfernten Gerät nicht unbedingt wirksam erscheint. Eine Norm wie die Niedersächsische Corona-Verordnung muss es indes nicht leisten, auf jede noch so spezifische Konstellation einzugehen. Deutlich kleinteiligere Regelungen würden dazu führen, dass die grundsätzliche Maskenpflicht an Übersichtlichkeit einbüßen würde und sie nur noch schwer handhabbar wäre. Vorstellbare Regelungen dergestalt, dass eine Maskenpflicht nicht gilt, wenn die Strecke, die mit Maske zurückgelegt wird, nur zwei Meter beträgt und gewährleistet ist, dass sich keine weitere Person in besagtem Abstand aufhält, sind derart kleinteilig und umgehungsanfällig (z.B. bei einem „Hangeln“ von Gerät zu Gerät), dass die grundsätzliche Normbefolgung in Gefahr geriete. Vor dem Hintergrund, dass eine Maskenpflicht auch bei Sportausübung in Gebäuden oder gar eine vollständige Schließung von Fitnessstudios vorstellbar sind (vgl. Senatsbeschl. v. 14.5.2020 - 13 MN 156/20 -, juris Rn. 31), ist die Maskenpflicht in der bestehenden Form als geeignet anzusehen. 35 Dass es, so der Vortrag der Antragstellerin, noch keinen Fall einer Infektion mit COVID-19 in einem Fitnessstudio gegeben hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Antragstellerin kann nicht glaubhaft machen, dass eine Tröpfchen- oder Aerosol-Infektion in einem Fitnessstudio ausgeschlossen ist. 36 (3) Die Maskenpflicht ist auch erforderlich. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. 37 Soweit die Antragstellerin vorträgt, es sollten vielmehr Intensivbetten geschaffen werden, ist diese Maßnahme in keiner Weise geeignet, die Verbreitung von COVID-19 einzudämmen. 38 Auch stellen Abstands- und Hygieneregeln keine gleich geeigneten Maßnahmen dar, sondern sind weitere Bausteine in der Pandemiebekämpfung des Antragsgegners. Die Antragstellerin übersieht in diesem Zusammenhang, dass es ihr bei sichergestellter dauerhafter Einhaltung des Abstandsgebots freisteht, den Aufenthalt in ihrem Fitnessstudio ohne eine Mund-Nasen-Bedeckung zu gestatten (§ 3 Abs. 6 der Verordnung). 39 Die weitere Forderung, Visiere als (mildere) Alternative zu textilen Masken zuzulassen, geht ins Leere. Sprachlich lassen sich auch Visiere unter den Begriff Mund-Nasen-Bedeckung fassen. Die Niedersächsische Corona-Verordnung steht der Verwendung von Visieren als Alternative zu textilen Masken nicht entgegen. § 3 Abs. 3 der Verordnung lautet wie folgt: 40 „Eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne der Absätze 1 und 2 ist insbesondere jede textile Barriere, die aufgrund ihrer Beschaffenheit geeignet ist, eine Ausbreitung von übertragungsfähigen Tröpfchenpartikeln durch Husten, Niesen und Aussprache zu verringern, unabhängig von einer Kennzeichnung oder zertifizierten Schutzkategorie.“ 41 Mit der Verwendung des Wortes insbesondere macht der Verordnungsgeber deutlich, dass auch andere als textile Bedeckungen zulässig sind, solange sie die Übertragung von Tröpfchenpartikeln verringern. Die Formulierung insbesondere wurde erst nachträglich mit der Änderungsverordnung vom 5. Mai 2020 (Nds. GVBl. S. 90, 92) in den damaligen § 9 der Verordnung eingefügt, so dass auch von einer gewollten Abkehr von der vorherigen Formulierung „Eine Mund-Nasen-Bedeckung im Sinne des Absatzes 1 ist jede textile Barriere, die […]“ (Änderungsverordnung v. 24.4.2020, Nds. GVBl. S. 84) und damit von einer Abkehr von der Beschränkung auf textile Bedeckungen auszugehen ist. 42 Mund-Nasen-Bedeckungen in Form von geeigneten Visieren sind zwar deutlich schlechter in ihrer Rückhaltewirkung von Atemflüssigkeitspartikeln (vgl. RKI, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2 / Krankheit COVID-19, https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, Stand: 28.10.2020), allerdings nicht vollkommen wirkungslos. § 3 Abs. 3 der Niedersächsischen Corona-Verordnung erfordert keine über eine (auch nur geringfügige) Verringerung der Ausbreitung von Tröpfchenpartikeln hinausgehende Effektivität. 43 Dass die Verwendbarkeit von Visieren auf der Webseite des Antragsgegners anders oder zumindest widersprüchlich kommuniziert wird (vgl. die Webseite „Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Mund-Nasen-Bedeckung“, abrufbar unter https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten_auf_haufig_gestellte_fragen_faq/alltagsmaskenpflicht-in-niedersachsen-antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-187161.html, Stand: 28.10.2020), ist rechtlich unbeachtlich. 44 (4) Die Maskenpflicht ist auch angemessen (verhältnismäßig im engeren Sinne). 45 Die Maskenpflicht beeinträchtigt die Kunden in gewisser Weise in ihrer durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten Freizeitgestaltung. Dieser Eingriff wiegt seiner Intensität nach jedoch schon deshalb nicht besonders schwer, weil die Freizeitaktivität selbst ohne Maske ausgeübt werden kann. Mit Blick auf die gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines möglichen erneuten Anstiegs der Zahl von Ansteckungen und Erkrankungen für die hochwertigen Rechtsgüter Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) einer Vielzahl Betroffener sowie einer Überlastung des Gesundheitswesens ist dieser verbleibende, seiner Intensität nach sehr geringe Eingriff in das Grundrecht der Besucher eines Fitnessstudios aus Art. 2 Abs. 1 GG in der Abwägung daher voraussichtlich angemessen. 46 Der sich für die Antragstellerin ergebene Mehraufwand in Umsetzung der zutreffend verstandenen Maskenpflicht ist zumutbar. 47 d. Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von Fitnessstudios im Vergleich zu Zusammenkünften der Legislative und Exekutive liegt nicht vor. 48 Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.2.2012 - 1 BvL 14/07 -, BVerfGE 130, 240, 252 - juris Rn. 40; Beschl. v. 15.7.1998 - 1 BvR 1554/89 u.a. -, BVerfGE 98, 365, 385 - juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012 - 1 BvL 16/11 -, BVerfGE 132, 179, 188 - juris Rn. 30; Beschl. v. 21.6.2011 - 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, 69 - juris Rn. 65; Beschl. v. 21.7.2010 - 1 BvR 611/07 u.a. -, BVerfGE 126, 400, 416 - juris Rn. 79). 49 Hiernach sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde weniger streng (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17.4.2020 - OVG 11 S 22/20 -, juris Rn. 25). Auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26.3.2020- 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten (vgl. Senatsbeschl. v. 14.4.2020 - 13 MN 63/20 -, juris Rn. 62). 50 Die von der Antragstellerin als Vergleich herangezogenen Ausnahmeregelungen von der Maskenpflicht in § 3 Abs. 4 Nr. 3 - „im Zusammenhang mit der Wahrnehmung eines politischen Mandats“ - und Nr. 4 - „bei Veranstaltungen und Sitzungen des Niedersächsischen Landtags […] und von kommunalen Vertretungen […]“ - der Niedersächsischen Corona-Verordnung sind vor dem Hintergrund der zwingenden Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen gerechtfertigt. 51 e. Selbst bei offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache wäre eine vorläufige Außervollzugsetzung nicht angezeigt. 52 Es überwiegen die für den weiteren Vollzug der streitgegenständlichen Verordnungsbestimmungen sprechenden Gründe die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung. 53 Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der vorläufigen Außervollzugsetzung der angegriffenen Regelungen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Niedersächsischen Corona-Verordnung ist im Hinblick darauf, dass für die Kunden der Antragstellerin die Maskenpflicht ohnehin nicht bei der Aktivität gilt, die den Grund ihres Besuches darstellt, als gering zu bewerten. 54 Das derart gewichtete Interesse setzt sich nicht gegen das öffentliche Interesse an einem ununterbrochenen weiteren Vollzug der Regelungen für die Dauer des Normenkontrollverfahrens in der Hauptsache durch. Ohne eine Maskenpflicht - in egal welcher Situation - würde sich die Gefahr der Ansteckung mit dem Virus, der erneuten Erkrankung vieler Personen, der Überlastung der gesundheitlichen Einrichtungen bei der Behandlung schwerwiegender Fälle und schlimmstenfalls des Todes von Menschen auch nach derzeitigen Erkenntnissen weiter erhöhen (vgl. zu dieser Gewichtung: BVerfG, Beschl. v. 7.4.2020 - 1 BvR 755/20 -, juris Rn. 10; Beschl. v. 28.4.2020 - 1 BvR 899/20 -, juris Rn. 12 f.).   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE200004183&psml=bsndprod.psml&max=true
{ "jurisdiction": "Germany", "type": "caselaw", "language": "de" }
Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag des Antragstellers, 2 dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, das Auswahlverfahren zur Besetzung der Stelle „Dezernat 11“ im GB 1 fortzusetzen, 3 hat keinen Erfolg. 4 Der nach § 123 Abs. 1 Satz VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet. Die Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch den Abbruch des Auswahlverfahrens für den ausgeschriebenen Dienstposten die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. 5 Nach der Bestimmung des § 123 Abs. 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dazu hat der Antragsteller Tatsachen glaubhaft zu machen, aus denen sich ergibt, dass ihm ein Anspruch, ein Recht oder ein sonstiges schützenswertes Interesse zusteht (sog. Anordnungsanspruch), und ferner, dass dieser Anordnungsanspruch in Folge einer Gefährdung durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss, somit eine Eilbedürftigkeit besteht (sog. Anordnungsgrund, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). 6 Dem Antragsteller steht zwar ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite. 7 Der Anordnungsgrund für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ergibt sich aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens selbst, das auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn gerichtet ist und deshalb bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann (BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2/15 - Rn. 12, juris). Ist der Bewerbungsverfahrensanspruch durch eine rechtsbeständige Ernennung oder durch einen gerechtfertigten Abbruch erloschen, kann ein Bewerber nicht mehr verlangen, auf die ausgeschriebene Stelle befördert zu werden. Deshalb fordert in beiden Fällen das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dass der Bewerber die Möglichkeit erhält, im Wege vorläufigen Rechtsschutzes das Erlöschen des Bewerbungsverfahrensanspruches zu verhindern. Beim Abbruch kann jeder Bewerber eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO mit dem Ziel anstreben, den Dienstherrn zur Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten. Damit kann er verhindern, dass ohne tragfähigen Grund ein neues Verfahren eingeleitet, die Stelle also nochmals ausgeschrieben wird (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6/11 - Rn. 12 juris m.w.N.). 8 Seiner Obliegenheit der zeitnahen Rechtsverfolgung binnen der Frist von einem Monat nach Zugang der Abbruchmitteilung ist der Antragsteller nachgekommen (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2/15 - Rn. 13 juris m.w.N.). 9 Dem Antragsteller steht jedoch kein Anordnungsanspruch zur Seite, weil die Entscheidung des Antragsgegners, das Auswahlverfahren abzubrechen, seinen - des Antragstellers - grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruch gem. Art. 33 Abs. 2 GG nicht verletzt. Die Abbruchentscheidung erfolgte mit hinreichendem sachlichen Grund. 10 Der Dienstherr kann ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren aus sachlichen Gründen jederzeit beenden. Liegt jedoch ein solcher Grund für den Abbruch nicht vor, darf keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren würden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens sonst in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2018 - 2 VR 4/18 - Rn. 13 juris m.w.N.). 11 In formeller Hinsicht müssen die Bewerber von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Dies ist hier durch den per Fax dem Antragsteller-Vertreter übersandten Vermerk vom 30.07.2020 geschehen. Darin wird beiden Bewerbern in knapper, aber ausreichender Weise der Grund für ihre Nichtberücksichtigung mitgeteilt. Der Antragsgegner hat unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er das Stellenbesetzungsverfahren ohne Stellenbesetzung beenden will. Den für den Abbruch maßgeblichen Grund, der dabei ausschließlich auf die anlässlich des Abbruches dokumentierten Gründe zu begrenzen ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24.09.2015 - 2 BvR 1686/15 -Rn 14, juris und Beschluss vom28.11.2011 - 2 BvR 1181/11 - Rn 23 juris; OVG Schleswig, Beschluss vom 20.11.2019 - 2 MB 10/19 - nicht veröffentlicht), hat der Antragsgegner in den aufgrund des Auswahlgesprächs von den beiden Bewerbern gezeigten unzureichenden Leistungen und Fähigkeiten im Auswahlgespräch gesehen. Dies ist auch ausreichend in dem in Bezug genommen Gutachten des (externen) Personalberaters dokumentiert worden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 07/09 - Rn. 28 f.; BVerfG, Beschluss vom 28.11.2011 a.a.O. Rn. 23 m.w.N). 12 Materiell unterliegt der Dienstherr bei der Abbruchentscheidung unterschiedlichen rechtlichen Bindungen. Er kann zum einen ein Auswahlverfahren abbrechen, wenn er zu der Einschätzung gelangt, der konkrete Dienstposten solle mit dem ursprünglich festgelegten Zuschnitt und der ursprünglichen besoldungsrechtlichen Einstufung nicht mehr besetzt werden. Dem gleichgestellt ist die Entscheidung, den Dienstposten anders zuzuschneiden (BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2018 - 2 VR 4/18 -, Rn. 15 - 17, juris, m.w.N.). 13 Auf eine solche organisatorische Entscheidung hat sich der Antragsgegner vorliegend indes nicht berufen. Zwar sollen in der (künftigen) Ausschreibung Anforderungen leicht geändert werden. Der Antragsgegner hat jedoch dargelegt, dass der wesentliche Grund des Abbruchs die Nichteignung beider Kandidaten für die ausgeschriebene Stelle gewesen ist. 14 Der 2. Senat des OVG Schleswig hat zu den Anforderungen an einen zum Abbruch berechtigenden Grund in seinem Beschluss vom 20. November 2019 a.a.O. Folgendes ausgeführt: 15 „Soweit ein Abbruch des Auswahlverfahrens nicht aus organisatorischen Gründen - etwa wegen Wegfall des Dienstpostens - erfolgt, müssen sachliche Gründe für die Beendigung des Auswahlverfahrens aus Art. 33 Abs. 2 GG abgeleitet werden können. Dem Dienstherrn kommt hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2015 - 2 BvR 1686/15 -, Juris Rn. 14; BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 -, Juris Rn. 16). Da sich durch Abbruch des Auswahlverfahrens der Bewerberkreis steuern lässt, ist jedoch ein sachlicher Grund erforderlich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2015 - a.a.O. -, Juris Rn. 14). Ein solcher liegt etwa dann vor, wenn sich der Dienstherr entschließt, mit dem Ziel der bestmöglichen Besetzung der Beförderungsstelle einen breiteren Interessentenkreis anzusprechen, weil keiner der Bewerber den Erwartungen entspricht (BVerwG, Urteile vom 26. 01.2012 - 2 A 7.09 -, Juris Rn. 27 und vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 -, Juris Rn. 27) oder weil der Dienstherr den einzigen Bewerber nicht uneingeschränkt für geeignet hält (BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 2 C 14.98 -, Juris Rn. 29).Will der Dienstherr demnach das Auswahlverfahren entweder ohne Stellenbesetzung endgültig beenden oder es bei fortbestehender Stellenbesetzungsabsicht gewissermaßen "auf Null" zurücksetzen und mit dem Auswahlprozess erneut beginnen, so muss er dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Der für den Abbruch maßgebliche Grund muss, sofern er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - juris, Rn. 23 m.w.N).“ 16 Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. 17 Der Antragsgegner hat, wenn auch in knapper Form, in seinem Vermerk vom 30.07.2020 dargelegt, dass er beide Bewerber aufgrund des Eindrucks aus dem Auswahlgespräch für nicht geeignet ansieht. Dabei hat er auf das vom Personalberater gefertigte Gutachten verwiesen. In diesem ist im Einzelnen festgehalten, warum beide Kandidaten für den ausgeschriebenen Dienstposten nicht geeignet sind. Ob die Bewertung des Antragsgegners und das gesamte Prozedere im Zusammenhang mit dem Auswahlgespräch einer rechtlichen Prüfung standhält oder vielmehr (wofür aus den vom Antragsteller in seiner Antragsschrift und seinem Schriftsatz vom 27.10.2020 genannten Gründen einiges spricht) fehlerbehaftet ist, kommt es indes nicht an. Anders als bei einer vorgenommenen Auswahlentscheidung zwischen Bewerbern ist nicht entscheidend, ob die Eignungsbewertungen der Bewerber in vollem Umfange einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Es genügt, dass der Dienstherr - wie vorliegend - die Bewerber nicht für geeignet hält (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.04.1996 - 2 C 21/95 - juris, Rn. 23). 18 Es ist danach nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner sich wegen der Bedenken gegen die Eignung der beiden (einzigen) Bewerber entschlossen hat, die Stelle erneut - diesmal bundesweit - auszuschreiben mit dem Ziel, einen breiteren Interessentenkreis anzusprechen und so zu einer bestmöglichen Besetzung der Stelle zu gelangen. 19 Anhaltspunkte dafür, dass das Auswahlverfahren abgebrochen wurde, um den Antragsteller willkürlich auszuschließen, um so das Ziel zu verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 a.a.O. Rn. 27), sind nicht erkennbar und vom Antragsteller auch nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen besteht kein Schutz vor neuen, womöglich vom Dienstherrn gezielt angesprochenen Bewerbern; weder im laufenden noch im neuen Auswahlverfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.2012 - a.a.O. - juris Rn. 30 f.; BVerfG, Beschlüsse vom 24.09 2015 - 2 BvR 1686/15 - juris Rn. 19 und vom 25. 01.2017 - 2 BvR 2076/16 - juris Rn. 24). 20 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 2 GKG. 21 Die Streitwertfestsetzung orientiert sich am Auffangstreitwert, weil der Antrag lediglich auf die Überwindung des mit der Abbruchentscheidung geschaffenen Hindernisses für die Fortsetzung des Auswahlverfahrens und nicht bereits gegen die Vergabe der Stelle an einen ausgewählten Bewerber gerichtet ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.12.2018 - 2 VR 4/18 - juris Rn. 23; VGH Kassel, Beschluss vom 23.07.2020 - 1 B 1730/20 - juris Rn.6 m.w.N.).
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Tenor Der Antrag wird auf Kosten der Antragstellerin abgelehnt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5000 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag der Antragstellerin, 2 die aufschiebende Wirkung des eingelegten Widerspruchs vom 13.10.2020 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 07.10.2020 hinsichtlich der Ausweisung wiederherzustellen und im Übrigen anzuordnen; hilfsweise: dem Antragsgegner gem. §123 VwGO aufzugeben, Abschiebungsmaßnahmen gegen sie zu unterlassen; 3 hat insgesamt keinen Erfolg. 4 Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei der von ihr im Schriftsatz vom 27. Oktober 2020 angegebenen Adresse ihres Verlobten in Brunsbüttel um ihren derzeitigen tatsächlichen Aufenthaltsort und um eine den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Antragserhebung entsprechende ladungsfähige Anschrift handelt. 5 Der Hauptantrag erweist sich bereits aus anderen Gründen als unzulässig. 6 Der mit Widerspruch angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 7. Oktober 2020 enthält keine eigenständige vollziehbare Regelung, die eine bestehende Rechtsposition der Antragstellerin beseitigt. Der (wiederholenden) Ausreiseaufforderung kommt keine vollstreckungsrechtliche Wirkung zu; die Antragstellerin ist bereits auf Grund der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung des Burgenlandkreises vom 7. Januar 2020, in welchem eine Ausreiseaufforderung und Abschiebeandrohung ergangen ist, vollziehbar ausreisepflichtig. 7 Die Antragstellerin hat auch mit dem gestellten Hilfsantrag keinen Erfolg. 8 Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Antragstellerin darlegt, dass ihr ein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss, weil ihr ansonsten unzumutbare Nachteile entstehen (Anordnungsgrund). Die Antragstellerin hat Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). 9 Einen Anordnungsanspruch auf Aussetzung seiner Abschiebung hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. 10 Die Abschiebung eines – wie hier – vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Einem Ausländer kann gemäß § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine Duldung auch erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. 11 Der Abschiebung der Antragstellerin stehen vorliegend weder rechtliche noch tatsächliche Hindernisse entgegen. Die Antragstellerin hat zu möglichen Abschiebehindernissen weder vorgetragen noch sind solche für das Gericht ersichtlich. Der Vortrag zur bevorstehenden Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen ist zu unsubstantiiert, um daraus auf eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG schließen zu können. 12 Ein Duldungsanspruch nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG wegen Unvereinbarkeit der Abschiebung mit der Eheschließungsfreiheit setzt voraus, dass die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht. Dies ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn der Eheschließungstermin feststeht oder jedenfalls verbindlich bestimmbar ist. Die Annahme einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn die Vorbereitungen in dem Verfahren der Eheschließung bereits so weit vorangeschritten sind, dass die Anmeldung der Eheschließung vorgenommen wurde, die Verlobten die vom Standesbeamten geforderten Urkunden beschafft haben und bei der Prüfung der Ehefähigkeit von ausländischen Verlobten ein Antrag auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses gestellt wird und jedenfalls dem Standesbeamten im Hinblick auf den gestellten Befreiungsantrag alle aus seiner Sicht erforderlichen Unterlagen vorliegen (siehe VGH München, Beschl. v. 28.11.2016 – 10 CE 16.2266 –, juris Rn. 11 m.w.N.; OVG Schleswig, Beschl. v. 22.04.2013 – 4 MB 23/13 –, n.v. S. 3 d. Beschlussausfertigung m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist eine bevorstehende Eheschließung nicht glaubhaft gemacht. 13 Die Antragstellerin hat hierzu – neben bloßen allgemeinen Rechtsausführungen – lediglich konkret vorgetragen, sie beabsichtige die Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen, müsse aber noch die „notwendigen Papiere“ aus Thailand besorgen; dies sei ihr derzeit auf Grund der CoVid-19-Lage nicht möglich. Damit ist eine Eheschließung nicht nur nicht unmittelbar bevorstehend, sondern eher zeitlich fernliegend. 14 Maßgeblich ist allein die objektive Tatsache, dass die Eheschließung nicht unmittelbar bevorsteht (vgl. VG Schleswig, Beschluss vom 5. Januar 2017, 1 B 70/16, juris, Rn. 33). Dies steht in Einklang mit dem in der Rechtsprechung des OVG Schleswig (Beschlüsse vom 22. April 2013 – 4 MB 23/13 – und vom 3. Januar 2017 – 4 MB 51/16 –) aufgestellten Grundsatz, dass es regelmäßig nicht darauf ankommt, ob den Ausländer bei Verzögerungen des Verfahrens ein Verschulden trifft. 15 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 2, 52 Abs. 2, 63 Abs. 2 GKG. 16 Die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe beruht auf § 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet, wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
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Tenor Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000, -- € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 23. Oktober 2020, soweit darin für das Stadtgebiet von Meldorf das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im Bereich Süder- und Nordermarkt, Süderstraße, Roggenstraße, Spreetstraße, Zingelstraße und Raiffeisenplatz angeordnet wurde, nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO zulässig, jedoch nicht begründet. 2 Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO i.V.m § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht in dem vorliegenden Fall des nach § 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges die aufschiebende Wirkung des Widerspruches ganz oder teilweise anordnen. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Lässt sich bei der summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen, weil an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Verwaltungsakt als offensichtlich rechtmäßig, so führt dies in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelmäßig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist. 3 Lässt sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, so ergeht die Entscheidung aufgrund einer weiteren Interessenabwägung, in der zum einen die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall der Ablehnung eines Antrags und des erfolgreichen Rechtsbehelfs in der Hauptsache gegenüberzustellen sind. Bei dieser Interessenabwägung ist jeweils die Richtigkeit des Vorbringens desjenigen als wahr zu unterstellen, dessen Position gerade betrachtet wird, soweit das jeweilige Vorbringen ausreichend substantiiert und die Unrichtigkeit nicht ohne weiteres erkennbar ist (OVG Schleswig, Beschluss vom 13. September 1991 – 4 M 125/91 –, Rn. 14, juris; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 11. September 2017 – 1 B 128/17 –, Rn. 28 - 29, juris). 4 Die Kammer kann vorliegend weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit der ergangenen Allgemeinverfügung vom 23. März 2020 im Hinblick auf die durch die angefochtene Allgemeinverfügung ausgesprochene Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für die benannten Gebiete der Stadt Meldorf feststellen. 5 Nach der Ziffer 1 der „Allgemeinverfügung des Antragsgegners über Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 auf dem Gebiet des Kreises Dithmarschen aufgrund der Überschreitung des Inzidenzwertes von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen“ vom 23. Oktober 2020 ist in den in Anlage 1 öffentlich zugänglichen Bereichen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung gemäß § 2 Abs. 5 der Landesverordnung zur Bekämpfung des Coronavirus SARS-CoV-2, ersatzverkündet am 1.10.2020, zuletzt geändert durch Ersatzverkündung am 22.10.2020, verpflichtend. Die Anlage ist Teil der Allgemeinverfügung. Die Verpflichtung nach Satz 1 gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und Personen, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen können und dies glaubhaft machen können. Personen, die keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und für die eine Ausnahme nicht zutrifft, sind das Betreten, der Aufenthalt und die Nutzung öffentlich zugänglicher Bereiche nicht gestattet. 6 Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in der Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG in der Fassung des Art. 5 des Gesetzes 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385). Nach dieser Vorschrift trifft die zuständige Behörde, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29-31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten (Satz 1). Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen (Satz 2). Eine Heilbehandlung darf nicht angeordnet werden (Satz 3). Die Grundrechte der Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Versammlungsfreiheit (Art. 8 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Art. 11 Abs. 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) werden insoweit eingeschränkt (Satz 4). 7 Es handelt sich bei der Bestimmung des § 28 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz IfSG um eine Generalklausel, die die zuständigen Behörden zum Handeln verpflichtet (sog. gebundene Entscheidung). Nur hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen, – "wie" des Eingreifens – ist der Behörde Ermessen eingeräumt. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der verfügten Beschränkungen ist der im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht geltende Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Dafür sprechen das Ziel des Infektionsschutzgesetzes, eine effektive Gefahrenabwehr zu ermöglichen (§ 1 Abs. 1, § 28 Abs. 1 IfSG), sowie der Umstand, dass die betroffenen Krankheiten nach ihrem Ansteckungsrisiko und ihren Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen unterschiedlich gefährlich sind. Es erscheint sachgerecht, einen am Gefährdungsgrad der jeweiligen Erkrankung orientierten, "flexiblen" Maßstab für die hinreichende (einfache) Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (VG Bayreuth, Beschluss vom 11. März 2020 – B 7 S 20.223 –, Rn. 44 - 45, juris). Sind Schutzmaßnahmen erforderlich, so können diese grundsätzlich nicht nur gegen die in Satz 1 genannten Personen, also gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider getroffen werden, sondern – soweit erforderlich – auch gegenüber anderen Personen (Bales/Baumann/Schnitzler, Infektionsschutzgesetz, Kommentar, 2. Aufl. § 28 Rn. 3). 8 Es bestehen keine Zweifel daran, dass es sich bei der Infektion mit dem SARS-CoV-2 um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG handelt, so dass der Anwendungsbereich des 5. Abschnitts des Infektionsschutzgesetzes, der sich mit der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten befasst, eröffnet ist. Die aktuelle Lage ist nach dem Lagebericht des Robert-Koch-Instituts vom 25. Oktober 2020 dadurch gekennzeichnet, dass nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Fallzahlen auf einem erhöhten Niveau Ende August und Anfang September aktuell in fast allen Bundesländern ein weiterer Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung zu beobachten ist. Der Anteil der COVID-19-Fälle in der älteren Bevölkerung nimmt aktuell zu. Die berichteten R-Werte liegen seit Anfang Oktober deutlich über 1. Bundesweit gibt es in verschiedenen Landkreisen Ausbrüche, die mit unterschiedlichen Situationen in Zusammenhang stehen, u.a. größeren Feiern im Familien- und Freundeskreis und in Betrieben. Es werden auch wieder vermehrt COVID-19-bedingte Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gemeldet. Zusätzlich kommt es in zahlreichen Landkreisen zu einer zunehmend diffusen Ausbreitung von SARSCoV-2-Infektionen in die Bevölkerung, ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar sind. Der Anteil der Verstorbenen unter den gemeldeten COVID-19-Fällen liegt seit Ende Juli kontinuierlich unter 1% und hat damit im Vergleich zum Infektionsgeschehen im Frühjahr, insbesondere im April, deutlich abgenommen. Eine mögliche Veränderung des Virus, die zu einem milderen Verlauf führt, wird jedoch nicht als Ursache hierfür gesehen. Stattdessen gibt es für den niedrigeren Anteil an Verstorbenen verschiedene Gründe: Einerseits sind unter den Fällen derzeit vor allem jüngere Menschen, die meist weniger schwer erkranken. Andererseits werden durch die breite Teststrategie auch vermehrt milde Fälle erfasst. Aktuell nehmen jedoch die Erkrankungen unter älteren Menschen wieder zu. Da diese häufiger einen schweren Verlauf durch COVID-19 aufweisen, steigt ebenso die Anzahl an schweren Fällen und Todesfällen. Diese können vermieden werden, wenn mit Hilfe der Infektionsschutzmaßnahmen die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus verhindert wird. Daher ist es weiterhin notwendig, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert, z.B. indem sie Abstands- und Hygieneregeln konsequent – auch im Freien – einhält, Innenräume lüftet und, wo geboten, eine Mund-Nasen-Bedeckung korrekt trägt. Menschenansammlungen – besonders in Innenräumen – sollten möglichst gemieden und Feiern auf den engsten Familien- und Freundeskreis beschränkt bleiben (Lagebericht RKI vom 25. Oktober 2020). 9 Im Gebiet des Antragsgegners besteht aufgrund des Überschreitens des Inzidenzwertes von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner Anlass für zusätzliche Maßnahmen zur Verzögerung der Ausbreitungsdynamik und zur Unterbrechung von Infektionsketten, letztlich auch, um wesentliche Funktionen des Gesundheitssystems aufrechtzuerhalten. Das Interaktionsgeschehen ist nach Angaben des Antragsgegners im Kreisgebiet nicht überall eingrenzbar. Eine notwendige Schutzmaßnahme, um die Weiterverbreitung der Krankheit zu verhindern, kann auch die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sein. Insbesondere in den Bereichen des öffentlichen Raums, in denen die Hygiene- und Abstandsanforderungen nicht umfassend eingehalten werden können, kann der Schutz der betroffenen Menschen durch die Mund-Nasen-Bedeckung zumindest verbessert werden (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 13. Mai 2020 – 3 MR 14/20 –, Rn. 19, juris unter Hinweis auf einschlägige Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts). 10 Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt aktuell (vgl. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste_Infektionsschutz.html) das generelle Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen weiteren Baustein, um den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren und somit Risikogruppen zu schützen. Diese Empfehlung beruht auf Untersuchungen, die belegen, dass ein relevanter Anteil von Übertragungen von SARS-CoV-2 unbemerkt erfolgt, d.h. zu einem Zeitpunkt vor dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen. Eine teilweise Reduktion der unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB könnte auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen. Dies betrifft die Übertragung im öffentlichen Raum, wo mehrere Menschen zusammentreffen und sich länger aufhalten (z.B. Arbeitsplatz) oder der physische Abstand von mindestens 1,5 m nicht immer eingehalten werden kann (z.B. Einkaufssituation, öffentliche Verkehrsmittel). Dies gilt auch bei Menschenansammlungen im Freien, wenn der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten wird. Das Tragen von MNB im öffentlichen Raum kann vor allem dann im Sinne einer Reduktion der Übertragungen wirksam werden, wenn möglichst viele Personen eine MNB tragen. Das Tragen einer MNB trägt dazu bei, andere Personen vor feinen Tröpfchen und Partikeln die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, zu schützen (Fremdschutz). Wichtig ist hierbei, dass Mund und Nase bedeckt sind. Für diesen Fremdschutz durch MNB gibt es inzwischen erste wissenschaftliche Hinweise. Den Stellungnahmen des RKI kommt im Zusammenhang mit der Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen eine besondere Bedeutung zu. Dies ergibt sich aus der durch das Gesetz bestimmten Aufgabenzuweisung des Instituts nach § 4 IfSG (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 15. Oktober 2020 – 3 MR 43/20 –, Rn. 26, juris). 11 Erfahrungsgemäß kann es insbesondere in zentralen Ortslagen mit Geschäften und anderen Einrichtungen mit Publikumsverkehr auch draußen zu Begegnungen kommen, bei denen die Menschen nicht immer den zum Infektionsschutz erforderlichen Mindestabstand einhalten können. Die durch die Allgemeinverfügung des Antragsgegners ausgewiesenen Gebiete gehören zur zentralen Ortslage in Meldorf mit zahlreichen Geschäften, Restaurants und Dienstleistungsangeboten in der Nähe des Marktplatzes mit dem Meldorfer Dom. Dies spricht für einen verstärkten Fußgängerverkehr, bei dem auf den Wegen zumindest bei stärkerem Andrang nicht immer der erforderliche Abstand eingehalten werden kann. Selbst bei weniger starkem Andrang muss immer damit gerechnet werden, dass einzelne Personen, obwohl ausreichend Platz vorhanden ist, unnötig dicht an anderen Menschen vorbeigehen oder stehenbleiben, um in Schaufenster zu sehen, wogegen man sich auch mit Umsicht kaum vollständig schützen kann. Das Abstandhalten hängt in solchen Situationen auch von den anderen Menschen ab. Der Antragsteller bestreitet jedoch überhaupt einen dichteren Fußgängerverkehr bis auf die Wochenmarkttage und macht ausreichende Ausweichmöglichkeiten geltend. Die Kammer kann diese tatsächliche Frage im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend klären. Zweifelhaft bleibt insbesondere aber, ob die Regelung auch außerhalb der üblichen Geschäfts- und Restaurantzeiten, etwa nachts, erforderlich ist. Da der Antragsteller nach eigenen Angaben die strittigen Bereiche aber ausschließlich tagsüber in der Mittagspause nutzt, er sich demnach für eine sich auf die Nachtzeit beschränkte Anordnung nicht auf ein Rechtsschutzbedürfnis berufen könnte, hat die Kammer von einer entsprechenden Regelung für die Nachtzeit der insoweit teilbaren Allgemeinverfügung abgesehen. Das Tragen eine Mund-Nasen-Bedeckung in Fußgängerbereichen ist gegenwärtig in Schleswig-Holstein noch nicht durch eine Landesverordnung geregelt, insoweit unterscheidet sich der Fall in seiner Ausgangslage von dem durch das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschiedenen Fall (Beschluss vom 26. Oktober 2020 – 7 K 4209/20 –, wo nach der Presseerklärung des VG Karlsruhe keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgelegen hätten, dass die Allgemeinverfügung über die bereits in der Landes-Corona-Verordnung geregelte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Fußgängerbereichen hinaus erforderlich sei). 12 Da im vorläufigen Rechtschutzverfahren nicht die offensichtliche Rechtmäßigkeit der betroffenen Teile der Allgemeinverfügung festgestellt werden kann, sind in einer weitergehenden Interessenabwägung die Folgen gegenüberzustellen, die im Hinblick auf das öffentliche Interesse in dem Fall einträten, dass dem Antrag stattgegeben wird, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall der Ablehnung seines Antrags. 13 Gemessen an diesen Maßstäben überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzung des sich aus der Allgemeinverfügung ergebenden Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in dem betroffenen Bereich der Stadt Meldorf. 14 Vorliegend streiten auf Seiten des öffentlichen Interesses überragende Gründe der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Bevölkerung und der Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der ärztlichen, insbesondere krankenhausärztlicher (Intensiv-)Versorgung für die Bevölkerung. Die Infektionsgefahr ist durch das steigende Infektionsgeschehens im Bereich des Antragsgegners, das teilweise nicht eingegrenzt werden konnte, dadurch besonders risikobehaftet, dass bislang unentdeckt infizierte Personen sich im öffentlichen Raum bewegen und andere unwissentlich infizieren. 15 Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse setzt ein im Rahmen der Folgenabwägung überwiegendes privates Interesse voraus, dass im Einzelfall Umstände vorliegen, die so gewichtig sind, dass entgegen der gesetzgeberischen Anordnung in §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 IfSG eine vorläufige Aussetzung der Vollziehung angezeigt ist. 16 Die von dem Antragsteller geltend gemachten Belange wiegen zwar schwer, insbesondere deshalb, weil es sich auch um einen Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) handelt und die Folgen des Eingriffs für einen bestimmten Zeitraum irreversibel sind. Der Antragsteller nutzt die betroffenen Bereiche, um von seinem Arbeitsplatz am Amtsgericht Meldorf mittägliche Spaziergänge, Einkäufe und Restaurantbesuche zu unternehmen. Das in der Antragsschrift beschriebene Bedürfnis nach Erholung an der frischen Luft kann der Antragsteller allerdings auch in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsplatzes in den nicht betroffenen Bereichen befriedigen. Die Beschränkung trifft den Antragsteller im Gegensatz zu anderen von den derzeitigen einschränkenden Regelungen Betroffenen nicht wirtschaftlich existenziell. Mit den von dem Antragsgegner durch die Allgemeinverfügung getroffenen Maßnahmen kommt dieser seiner grundrechtlichen Pflicht zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nach. Der möglichen Verlangsamung der Ansteckungsrate und die mögliche Unterbrechung von Infektionsketten sind bei der Abwägung angesichts der konkreten Lage im Kreis Dithmarschen mit einem aktuell deutlich erhöhten Infektionsgeschehens entscheidende Bedeutung beizumessen, auch um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern und Leben und Gesundheit der Bevölkerung wirksam zu schützen. Vor diesem Hintergrund müssen die grundrechtlich geschützten Freiheiten des Antragstellers für einen begrenzten Zeitraum und einen begrenzten örtlichen Bereich zurückstehen. 17 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2 iVm § 52 Abs. 2 GKG festgesetzt.
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Tenor 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 3. (kleinen) Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 30.06.2020 a) im Schuldspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte schuldig ist des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Nötigung b) sowie aufgehoben 1) in den Einzelstrafaussprüchen hinsichtlich der Tat(en) vom 15. Mai 2019 (Fall II.2 der Urteilsgründe) 2) im Ausspruch über die Gesamtstrafe, wobei die insoweit getroffenen Feststellungen bestehen bleiben. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Gründe 1 Das Amtsgericht Pirmasens hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei (tatmehrheitlichen) Fällen sowie wegen Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von weiteren zwei Jahren keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Seine Berufung hat das Landgericht Zweibrücken durch das angefochtene Urteil als unbegründet verworfen. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts; das zulässige Rechtsmittel führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zu einem (vorläufigen) Erfolg. I. 1. 2 Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen einer am 15. Januar 2019 begangenen Tat des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt hat, sind der Schuldspruch und die Bemessung der dafür verhängten Einzelstrafe von fünf Monaten frei von den Angeklagten belastenden Rechtsfehlern (§ 349 Abs. 2 StPO). 2. 3 Hinsichtlich der unter II.2 der Urteilsgründe festgestellten Tat begegnet der Schuldspruch jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das Landgericht von einer unzutreffenden konkurrenzrechtlichen Bewertung ausgegangen ist, deren Korrektur die Änderung des Schuldspruchs und den Wegfall der Einzelstrafen nach sich zieht. 4 a) Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen: 5 Am 15. Mai 2019 fuhr der Angeklagte, der nicht über eine Fahrerlaubnis verfügte, zwischen 16:00 Uhr und 18:00 Uhr mit einem PKW über einen Wirtschaftsweg in Richtung seiner in E. gelegenen Wohnung. Der Feldweg, der für Anlieger frei gegeben war, hatte die Breite eines Traktors. Auf dem Wirtschaftsweg ging der Zeuge B. mit zwei Hunden spazieren. Obwohl der Angeklagte den Zeugen bemerkt hatte, verringerte er seine Geschwindigkeit nicht, sondern gab Gas. Der Zeuge war gezwungen, schnell zur Seite zu springen, um nicht von dem Fahrzeug des Angeklagten erfasst zu werden. Dies hatte der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen, es war ihm aber egal. Der Angeklagte passierte den Zeugen in einem Abstand von höchstens 50 cm und setzte seine Fahrt über öffentliche Verkehrsflächen bis zu seinem Anwesen in E. fort. 6 b) Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass die durch das schnelle Zufahren auf den Zeugen begangene Nötigung in Tatmehrheit zum vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis steht, und hat für die Taten Einzelfreiheitsstrafen von fünf bzw. zwei Monaten verhängt. Diese Bewertung hält rechtlicher Überprüfung nicht statt: 7 aa) Ausreichend für Tateinheit ist, wenn die tatbestandlichen, mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrfach verletzenden Ausführungshandlungen in einem für sämtliche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise identisch sind (st. Rspr., vgl. Heintschel-Heinegg in MünchKomm-StGB, 4. Aufl. 2020, § 52 Rn. 86 und die dortigen Nachweise). Bei (jedenfalls teilweiser) Ausführungsidentität zwischen einem Zustands- und einem Dauerdelikt gilt grundsätzlich nichts anderes (vgl. Heintschel-Heinegg aaO. Rn. 90; s.a. BGH, Beschluss vom 09.08.1983 – 5 StR 319/83, juris Rn. 4: Tateinheit zwischen Fahren ohne Fahrerlaubnis und einem unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs begangenen Raub). So liegt der Fall auch hier. Das Dauerdelikt des Fahrens (ohne Fahrerlaubnis) auf den Geschädigten zu war notwendiger Bestandteil der Ausführungshandlung der dadurch bewirkten Nötigung und verbindet beide Delikte zur Tateinheit. 8 bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Landgericht in Bezug genommenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz vom 28.10.2009 (Az.: 3 Ss 128/09, BeckRs 2010, 1174). Das Oberlandesgericht hat sich dort mit einer lediglich anlässlich eines Vergehens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis begangenen Beleidigung befasst und insoweit die Annahme von Tateinheit durch das Instanzgericht beanstandet. Nicht in Zweifel gezogen hat es jedoch die Wertung, dass das Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Nötigungshandlung eines mit dem Kraftfahrzeug bewirkten Ausbremsen, mithin einer Ausführungshandlung des (unerlaubten) Fahrens, in Tateinheit steht (vgl. II.3 der Beschlussgründe). 3. 9 Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen gegen den geänderten Schuldspruch hätte verteidigen können. Die Änderung des Schuldspruchs entzieht den insoweit bestimmten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe die Grundlage. Einer Aufhebung auch der (rechtsfehlerfrei) getroffenen Feststellungen bedurfte es insoweit nicht; der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern sich diese nicht zu den bislang getroffenen in Widerspruch setzen. Auch die Maßregel ist von dem zur Aufhebung führenden Rechtsfehler nicht betroffen und kann bestehen bleiben. 10 Bei Festsetzung der - für die bislang tatmehrheitlich gewertete Taten - neuen einheitlichen Einzelstrafe ist der neue Tatrichter durch das Verschlechterungsverbot nur gehindert, eine die Summe aus den bisherigen Einzelstrafen übersteigende neue Einzelstrafe zu verhängen; überdies darf die neue Gesamtstrafe nicht höher als die bisherige ausfallen (BGH, Beschluss vom 13.03.2019 – 4 StR 491/18, juris Rn. 16).
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Tenor 1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 24.02.2020 wird als unbegründet verworfen. 2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen. Gründe 1 Das Amtsgericht hat den Betroffenen auf dessen in zulässiger Weise eingelegten Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidiums Rheinpfalz – Zentrale Bußgeldstelle – vom 8. Oktober 2019 (Az.: 09.2004444.1) am 24. Februar 2020 wegen vorsätzlichen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 43 km/h zu einer Geldbuße von 320 Euro verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat, mit Vollstreckungsaufschub gem. § 25 Abs. 2a StVG, angeordnet. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner auf die Beanstandung der Verletzung förmlichen und materiellen Rechts gestützten Rechtsbeschwerde. 2 Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom 28. Mai 2020 gem. § 80a Abs. 3 OWiG auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen. Der Senat hat mit Beschluss vom 28. Mai 2020 eine Stellungnahme der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (nachfolgend: PTB) eingeholt und deren unter dem 14. August 2020 erstellte Äußerung, zu der der Betroffene angehört worden ist, verwertet. 3 Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. I. 4 Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr der Betroffene am 7. August 2019 um 10:41 Uhr in der Gemarkung Kollweiler die L 372 in Fahrtrichtung Kollweiler mit einem PKW, wobei er die dort mittels Verkehrszeichen (Zeichen 274) auf 70 km/h beschränkte Höchstgeschwindigkeit (nach Toleranzabzug) um 43 km/h mit bedingtem Vorsatz überschritt. Die Messung wurde mit einem Messgerät ES 3.0 der Firma ESO vorgenommen. II. 1. 5 Die – nicht näher ausgeführte – Sachrüge des Betroffenen ist unbegründet i.S.d. §§ 79 Abs. 3 OWiG, 349 Abs. 2 StPO. Das Urteil weist keinen ihn benachteiligenden sachlich-rechtlichen Fehler auf. 2. 6 Die Verfahrensrüge, mit der der Betroffene eine Verletzung von § 147 StPO bzw. des Rechts auf ein faires Verfahren und des rechtlichen Gehörs beanstandet, ist ebenfalls nicht begründet. 7 a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: 8 Nach Einlegung des Einspruchs gegen den vorbezeichneten Bußgeldbescheid hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 15. Oktober 2019 gegenüber der Bußgeldbehörde „komplette Akteneinsicht (...) insbesondere in die gesamte Messreihe“ beantragt. Die Einsicht sollte „die Falldatensätze der gesamten tatgegenständlichen Messreihe mit Rohmessdaten/Einzelmesswerten sowie Statistikdatei und Caselist, sämtliche vorhandenen Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichunterlagen des Messgeräts seit der ersten Inbetriebnahme, die Konformitätsbescheinigung zum Messgerät, Aufbau- bzw. Einbauanweisung der Firma V. für das Messgerät Poliscan FM 1 bei Verwendung in einem Trailer sowie die verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung“ umfassen. Vorsorglich, für den Fall der Verweigerung der Akteneinsicht, hat der Betroffene Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Zur Begründung dieses Begehrens hat der Betroffene vorgetragen, ein eventueller Messfehler könne nur durch Einsicht in diese Unterlagen bzw. Daten erkannt werden. Insbesondere könne nur mit Hilfe dieser Unterlagen überprüft werden 9 - das Vorliegen atypischer Fotopositionen- die Divergenz zwischen der Anzahl der erfassten Messungen und der generierten Falldatensätze- die Annullierungsrate des Geräts- Bewegungen des Messgeräts während der Messung- die eventuelle Nutzung von Messpunkten außerhalb des Messbereichs. 10 Mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 hat die Bußgeldbehörde dem Betroffenen mitgeteilt, dass nach erneuter Prüfung an dem Bußgeldbescheid festgehalten werde und die Sache nach dem 30. Oktober 2019 an das Amtsgericht abgegeben werde. Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30. Oktober 2019 hat der Betroffene seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung wiederholt. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2019 hat die Bußgeldbehörde Einsicht in „die Messreihe“ u.a. mit der Begründung abgelehnt, diese sei nicht Aktenbestandteil und ein Anspruch des Betroffenen auf Überlassung bestehe nicht. Der Überlassung einer sog. „Lebensakte“ stehe entgegen, dass diese in Rheinland-Pfalz nicht vorgesehen und daher nicht geführt werde. Mit Schriftsatz vom 9. November 2019 hat der Betroffene seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung wiederholt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 19. November 2019 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass kein Anspruch auf Überlassung der Daten der gesamten Messreihe bestehe. Die weiter begehrten Daten oder Unterlagen seien nicht Teil der Verfahrensakte, insoweit gebiete weder das Gebot eines fairen Verfahrens noch der Anspruch auf rechtliches Gehör deren Beziehung. 11 Das Amtsgericht hat sodann für den 10. Februar 2020 Termin zur Hauptverhandlung bestimmt und diesen später auf den 24. Februar 2020 verlegt. Mit Schriftsatz des Verteidigers vom 3. Februar 2020 hat der Betroffene sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 19. November 2019 eingelegt, über die bis zum Hauptverhandlungstermin nicht entschieden worden ist. In der Hauptverhandlung hat der Verteidiger des Betroffenen der Verwertung der Messung widersprochen sowie die Aussetzung des Verfahrens beantragt und diesen Antrag mit der (teilweisen) verweigerten Akteneinsicht „insbesondere in die komplette Messreihe“ und eine dadurch fehlende Nachprüfbarkeit der Messung begründet. Das Amtsgericht hat den Aussetzungsantrag abgelehnt, weil keine Gründe ersichtlich seien, die eine Aussetzung bzw. das entsprechende (Akteinsichts-)Gesuch rechtfertigen würden. 12 Der Betroffene ist der Auffassung, durch die Nichtüberlassung von nicht bei den Akten befindlichen amtlichen Messunterlagen in seinem Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt worden zu sein. Die Überlassung der Daten und Unterlagen sei erforderlich gewesen, um eine „Parität des Wissens“ herzustellen und es ihm zu ermöglichen, die Berechtigung des auf das Ergebnis eines standardisierten Messverfahrens gestützten Tatvorwurfs mit Hilfe eines Sachverständigen zu überprüfen. Durch die Weigerung, diese Daten und Unterlagen herauszugeben, sei zudem sein Recht auf Verteidigung unzulässig beschränkt worden. 13 b) Das Rechtsbeschwerdevorbringen deckt einen den Betroffenen benachteiligenden Verfahrensfehler nicht auf. 14 aa) Hinsichtlich der gegenüber der Bußgeldbehörde beantragten Einsicht in die Aufbau- bzw. Einbauanweisung der Firma V. für das Messgerät Poliscan FM1 geht das Begehren des Betroffenen schon deshalb ins Leere, weil die Messung nicht mit einem solchen Gerät ausgeführt worden ist. Soweit der Beschwerdeführer gegenüber der Bußgeldbehörde zudem die Einsicht in Wartungs-, Instandsetzungs- und Eichunterlagen des Messgeräts seit der ersten Inbetriebnahme sowie die Konformitätsbescheinigung zum Messgerät beantragt hat, hat er dieses Begehren im Rahmen der Hauptverhandlung nicht weiterverfolgt. Von dem dort gestellten Antrag, ihm Einsicht „in die entsprechenden Daten- und Unterlagen, insbesondere in die komplette Messreihe“ zu gewähren und dem damit verbundenen Aussetzungsantrag, waren die genannten Unterlagen – jedenfalls ausdrücklich – nicht erfasst. Ein entsprechender Antrag wäre zudem unbegründet gewesen. Das Amtsgericht hat sich ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe davon überzeugt, dass das Eichsiegel im Zeitpunkt der Messung unversehrt und die Eichung in zeitlicher Sicht noch gültig gewesen war. Die Rüge fehlerhaft versagter Einsicht kann daher nur dann Erfolg haben, wenn der Betroffene tatsachenfundiert vorträgt, dass entgegen den Auskünften der Verwaltungsbehörde an dem Messgerät innerhalb des maßgebenden Eichzeitraums bis zur durchgeführten Messung Reparatur- oder Wartungsmaßnahmen durchgeführt worden sind (OLG Celle, Beschluss vom 28.06.2017 – 2 Ss (OWi) 146/17, juris Rn. 18). Entsprechender Vortrag ist der Rechtsbeschwerdebegründung nicht zu entnehmen. Der Umstand, dass das Gerät geeicht war, impliziert gemäß § 37 Abs. 1 bzw. Abs. 4 MessEG zudem, dass dieses im Falle eines Inverkehrbringens nach dem 31. Januar 2014 gemäß den Bestimmungen des Abschnitts 2 MessEG erfolgt ist und eine Konformitätsbescheinigung mithin vorlag (KG Berlin, Beschluss vom 27.08.2018 – 3 Ws (B) 205/18, BeckRS 2018, 31315). 15 bb) Der Senat schließt aus, dass das Urteil zum Nachteil des Betroffenen auf der Versagung einer Einsicht in Falldatensätze, die seine Messung nicht unmittelbar betreffen, beruhen kann. 16 (a) Die Frage, ob der Betroffene gegenüber der Verwaltungsbehörde einen Anspruch auf Einsicht in andere Verkehrsteilnehmer betreffende Falldatensätze hat und ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen durch die Verweigerung einer Einsichtnahme in diese Unterlagen eine vom Gericht zu beachtende unzulässige Beschränkung der Verteidigung bewirkt sein kann, wird von der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet (vgl. zum Meinungsstand: Senat, Beschluss vom 05.05.2020 – 1 OWi 2 SsBs 94/19, juris Rn. 13). Eine den Ermittlungsbehörden bzw. dem Gericht zuzurechnende Beschränkung der Verteidigung kann aber jedenfalls nur dann zur Aufhebung eines Urteils führen, wenn ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil besteht, dieser mithin also geeignet sein kann, die gerichtliche Entscheidung zum Nachteil des Betroffenen zu beeinflussen (Senat aaO. Rn. 18). Einen solchen kausalen Zusammenhang kann der Senat schon deshalb ausschließen, weil aus der Betrachtung der gesamten Messreihe, also der andere Verkehrsteilnehmer betreffende Daten, keine für die Beurteilung der Verlässlichkeit der den Betroffenen betreffenden Messung relevanten Erkenntnisse gezogen werden können (vgl. die Stellungnahme der PTB „Der Erkenntniswert von Statistikdatei, gesamter Messreihe und Annullationsrate in der amtlichen Geschwindigkeitsüberwachung.“ Stand: 30. März 2020 / PTB, Braunschweig und Berlin. DOI: 10.7795/520.20200330; abrufbar unter: https://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/fachabteilungen/abteilung_1/1.3_kinematik/1.31/downloads/PTB_Stellungnahme_Statistikdatei_DOI.pdf sowie Senat aaO. Rn. 21 ff.). 17 (b) Der Betroffene hat weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren oder im Rechtsbeschwerderechtzug Gesichtspunkte benannt, die eine Relevanz der von ihm herausverlangten Daten - Falldatensätze, Statistikdatei und „Caselist“ - für die Beurteilung der ihn betreffenden Messung als zumindest möglich erscheinen lassen. Dies gilt namentlich für die im Schriftsatz seines Verteidigers vom 15. Oktober 2019 genannten Einzelaspekte. Zu diesen hat die PTB in ihrem Schreiben vom 14. August 2020 Stellung genommen und eine entsprechende Relevanz jeweils schlüssig ausgeschlossen: 18 (aa) Ob hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Messung eine „atypische Fotoposition“, also eine Abweichung der Position des gemessenen Fahrzeugs im Verhältnis zur Fotolinie im Vergleich zur Markierung der Fotolinie bei Start der Messreihe bestanden hat, kann bereits anhand eines Vergleichs des nach der Gebrauchsanweisung zu Beginn der Messreihe anzufertigenden Vergleichsfotos mit dem Tatfoto geprüft werden. Einer Einsicht in andere, dritte Verkehrsteilnehmer betreffende Messdaten bedarf es dazu nicht. Dem Betroffenen ist insoweit zwar zuzugeben, dass sich aus einem Abgleich des Vergleichsfotos und den Aufnahmen anderer Fahrzeuge feststellen lässt, ob hinsichtlich dieser Messungen eine abweichende bzw. „atypische“ Fotoposition vorgelegen hat. Eine Relevanz für die Beurteilung der insoweit unauffälligen Messung des Betroffenen ergibt sich aus dem Ergebnis einer solchen Überprüfung jedoch nicht. 19 Nach Auskunft der PTB haben die Baumusterprüfungen zudem ergeben, dass kleinere Verschwenkungen oder Verkippungen des Sensorkopfes unkritisch sind. Eine Bewegung des Sensorkopfes wäre im Tatfoto auch nicht erkennbar, weil dieses von einer baulich abgesetzten Einheit erstellt wird. Hieran würde sich auch durch die Betrachtung der Falldatensätze der gesamten Messreihe nichts ändern. 20 (bb) Entsprechendes gilt für eine Auswertung der sog. Statistikdatei. In dieser Datei, die vom Mess- und Eichrecht nicht vorgeschrieben und deren Erstellung und Inhalt von der PTB im Rahmen der Baumusterüberprüfung nicht geprüft werden, werden nach Angaben des Herstellers alle erfassten Fahrzeuge gezählt. Dies umfasst nicht nur Fahrzeuge, die zu schnell waren und hinsichtlich derer eine Falldatei erzeugt wurde, sondern auch solche, deren Führer die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten haben. 21 Zwar lässt sich hieraus unter Umständen das Verhältnis zwischen der Anzahl der verworfenen Messungen und denjenigen, zu denen eine Falldatei erzeugt wurde, bestimmen (sog. Annullierungsrate). Aus der Anzahl der Annullierungen lässt sich aber kein relevanter Erkenntnisgewinn für eine zur Auswertung gekommene (weil nicht annullierte) Messung erzielen. Soweit der Betroffene im Schriftsatz seines Verteidigers vom 2. Oktober 2020 unter Verweis auf die Ausführungen eines von ihm beauftragten Sachverständigen der V. GmbH & Co KG, S., ausführt, eine Annullationsrate von mehr als 10 % sei „als auffällig“ zu bezeichnen und gebe einen Hinweis auf das Vorliegen „atypischer Messsituationen“, ist diese Behauptung weder näher begründet noch sonst nachvollziehbar. Eine hohe Zahl an Annullationen ist vielmehr gerade Ausdruck einer funktionierenden Qualitätsprüfung durch das Gerät selbst und dahin zu interpretieren, dass bei der konkreten Messung – anders als bei den annullierten Vorgängen – keinerlei Störeinflüsse festzustellen waren. Dass dieselben Umstände, die zur Annullation einzelner Messvorgänge geführt haben, sich in einer für den Betroffenen nachteiligen Weise auch in der ihn betreffenden Messung ausgewirkt haben können, liegt schon deshalb fern, weil der korrekte Umgang mit solchen Szenarien Schwerpunkt der Bauartprüfung ist (vgl. hierzu auch S. 3 der Stellungnahme der PTB „Der Erkenntniswert von Statistikdatei, gesamter Messreihe und Annullationsrate in der amtlichen Geschwindigkeitsüberwachung“). Letztlich lassen sich die Gründe, die zur Verwerfung von Messungen geführt haben, nachträglich auch nicht mehr ermitteln, weil hinsichtlich dieser Messungen Falldateien gerade nicht erzeugt worden sind. Allein die nicht ausschließbare, jedoch nicht näher verifizierbare Möglichkeit des Vorliegens einer „atypischen Messsituation“ kann mit Blick auf die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens (hierzu: OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 18.04.2016 – 2 Ss (OWi) 57/16, juris Rn. 7 ff.) keinen Anlass bieten, die Verlässlichkeit der Messung in Zweifel zu ziehen. Soweit in der Rechtsprechung demgegenüber vereinzelt die Auffassung vertreten worden ist, die Messbeständigkeit des Messgeräts bzw. der Messanlage und damit die Gültigkeit der Eichung könne nur nachgewiesen werden, wenn „alle Messfotos zur Auswertung gelangt“ sind (LG Hanau, Beschluss vom 07.01.2019 – 4b Qs 114/18, juris Rn. 22), liegt dem offenkundig ein unrichtiges Verständnis der technischen und rechtlichen Gegebenheiten zu Grunde. III. 22 Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig. Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung einer der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Errichtung eines Sportfachmarktes. 2 Die Antragstellerin ist eine kreisfreie Stadt mit rund 78.000 Einwohnern unmittelbar südwestlich von I.. Die Antragsgegnerin ist eine selbstständige Gemeinde im Landkreis J. mit rund 34.000 Einwohnern. Ihr Gemeindegebiet befindet sich unmittelbar südlich von I. und östlich von der Antragstellerin. Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) stuft die Antragstellerin als Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion ein, die Antragsgegnerin als Mittelzentrum. 3 Die Beigeladene ist eine Grundstücksgesellschaft und plant den Neubau eines „K.“-Sportfachmarktes mit 3.576,61 m² Verkaufsfläche im Randgebiet der Antragsgegnerin. Diese passte mit Beschluss vom 13.12.2017 ihr Einzelhandelskonzept an und stufte die Sortimente Sportbekleidung/-schuhe, Sportartikel, Camping, Unterhaltungselektronik, Musik sowie Waffen und Jagdbedarf als nicht zentrumsrelevant ein. Anfang 2018 leitete sie zur Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen ein Verfahren zur Entwicklung des Flächennutzungsplanes (36. Änderung) sowie zur Änderung des Bebauungsplans ein. Mit Schreiben vom 02.03.2018 lud die Antragsgegnerin zur frühzeitigen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung am 15.03.2018 auch die Träger öffentlicher Belange ein, darunter die Antragstellerin. Die Antragstellerin erhob mit Schreiben vom 26.03.2018 Einwendungen. Anschließend sind eine Reihe fachlicher Stellungnahmen eingeholt bzw. eingereicht worden, unter anderem: 4 - Auswirkungsanalyse K. G.: Aktualisierung der Auswirkungsanalyse für die geplante Ansiedlung eines Sportfachmarktes in G. (BBE Handelsberatung GmbH, Stand 17.09.2019, i.F. „Auswirkungsanalyse BBE“) 5 - Gutachterliche Stellungnahme zu Plausibilitätsprüfung der „L. Liste 2017“ (BBE Handelsberatung, Stand 16.09.2017). 6 - Auswirkungsanalyse K. Sportfachmarkt G. (GFK, Stand 24.10.2016, i.F. „Auswirkungsanalyse GFK“). 7 - Gutachterliche Stellungnahme zur Bestimmung des Marktgebietes der Gemeinde G. (GFK, Stand 24.09.2018). 8 - Rechtsgutachten zur Anpassung der Bauleitplanung der Gemeinde G. zur Ansiedlung eines K. -Sportfachmarkts (Bebauungsplan Nr. 23/220 „M. Sportfachmarkt“) an das Integrationsgebot als Ziel der Raumordnung (N., September 2018). 9 - Stellungnahme zum Rechtsgutachten der Kanzlei O. Rechtsanwälte Partnerschaft mbB betreffend die Bauleitplanung der Gemeinde G. zur Ansiedlung eines K. -Sportfachmarkts (P., Q., November 2018). 10 - Einzelhandelsrelevante Voruntersuchung zum Bauleitplanverfahren R. und S. in der Gemeinde G. (T. GmbH, November 2006). 11 Die Antragstellerin selbst ließ bereits zuvor zur Fortschreibung ihres eigenen Einzelhandelskonzeptes die 12 - Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes für die Stadt E. (U. GmbH, Juli 2017) 13 anfertigen. Auf den Inhalt der Stellungnahmen wird Bezug genommen. 14 Die Antragsgegnerin legte die Planentwürfe, Entwurfsbegründungen, umweltbezogenen Stellungnahmen und Gutachten vom 15.02.2019 bis zum 18.03.2019 zur Einsichtnahme aus. Eine eingeschränkte erneute Auslegung erfolgte vom 18.11.2019 bis zum 02.12.2019, weil Zoobedarf aus der textlichen Festsetzung der zulässigen Sortimente entfiel und die zulässige Verkaufsfläche auf 3.700m² herabgesetzt wurde. 15 Auf den Bauantrag der Beigeladenen vom 14.02.2019 genehmigte die Antragsgegnerin der Beigeladenen mit Bescheid vom 17.12.2019 auf Grundlage von § 33 Abs. 1 BauGB die Errichtung dieses Vorhabens auf dem Grundstück mit der postalischen Anschrift V. 1, 28816 G. (Gemarkung W., Flur 11, Flurstück 8/39 und 8/40) mitsamt 90 erforderlichen Einstellplätzen. Der Vorhabenstandort liegt in X. nordöstlich der Kreuzung der Bundesautobahn Y. mit der Bundesstraße Z. und weniger als 500 Meter von der AA. Landesgrenze entfernt. In der unmittelbaren Umgebung befinden sich zahlreiche weitere großflächige Einzelhandelsbetriebe, unter anderem der „AB.“, ein Outlet-Center mit 20.000m² Verkaufsfläche. Die Luftlinie des Standortes zum Gemeindegebiet der Antragstellerin beträgt 6,63 Kilometer, bis zum Rathausplatz in der historischen Altstadt 12,16 Kilometer. 16 Seit der am 08.01.2020 in Kraft getretenen 36. Änderung des Flächennutzungsplans vom Februar 1996 sieht dieser für das Vorhabengrundstück die Nutzung zum Einzelhandel vor. Der am 12.02.2020 von der Antragsgegnerin beschlossene Bebauungsplan 23/220 „R. Sportfachmarkt“ trat mit seiner Bekanntmachung am 02.03.2020 im Amtsblatt Nr. 05/2020 des AC. in Kraft und setzt für das streitgegenständliche Grundstück ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung „Sportfachmarkt“ mit maximal 3.700m² Verkaufsfläche fest. Von diesen dürfen 1.300m² auf Sportbekleidung/Schuhe entfallen, 2.400m² auf sonstige Sportartikel. 17 Die Antragstellerin legte mit Schreiben vom 05.03.2020 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein. Mit Schreiben vom 27.04.2020 beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung und begründete ihr Begehren im Wesentlichen damit, dass der Bebauungsplan 23/220 und die auf diesem beruhende Baugenehmigung gegen das interkommunale Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 BauGB verstießen. Neue Einzelhandelsgroßprojekte wie das streitgegenständliche seien nur nach Maßgabe der Ziffern 2.3 02 bis 10 des Landes-Raumordnungsprogramms Niedersachsen in der Fassung vom 26.09.2017 (Nds. GVBl. Nr. 20/2017, i.F. „LROP 2017“) zulässig. Der Verstoß sei bereits darin zu sehen, dass dem Vorgang keine Planung vorangegangen sei, im Rahmen derer die Antragstellerin ihre durch § 2 Abs. 2 BauGB geschützten Interessen - darunter die Einhaltung des Integrations- und Kongruenzgebotes - hätte geltend machen können. Die im Aufstellungsverfahren ausgelegten Unterlagen enthielten keine Aussagen zu den raumordnerischen Auswirkungen des Vorhabens und der Einhaltung des Kongruenzgebotes. Auch die spätere eingeschränkte erneute Auslegung des Bebauungsplans 23/220 ohne Beteiligung der Antragstellerin hätte nach § 4a Abs. 3 Satz 4 BauGB nicht erfolgen dürfen, denn die zuvor vorgenommene Streichung des Zoobedarfs aus den zulässigen Sortimenten und die Reduzierung der Verkaufsfläche von 3800m² auf 3700m² berühre die Grundzüge der Planung und betreffe die Interessen der Antragstellerin. Stattdessen habe die Antragsgegnerin eine Gefälligkeitsplanung betrieben, indem sie zunächst ihr Einzelhandelskonzept und anschließend die Änderung des Flächennutzungsplans und die Änderung des Bebauungsplans einseitig auf die Realisierung des Vorhabens ausgerichtet habe. Weiterhin verstoße die Baugenehmigung materiell gegen das Kongruenzgebot, weil nicht der durch die zuständige Landesplanungsbehörde abgegrenzte Kongruenzraum herangezogen worden, sondern ein eigener Kongruenzraum gebildet worden sei, ohne dass eine tragfähige Begründung die Abweichung rechtfertige. 18 Die Antragstellerin stellte unter dem 01.04.2020 einen Normenkontrollantrag beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zur Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 23/220 der Antragsgegnerin, über den noch nicht entschieden ist (1 KN 63/20). 19 Mit Bescheid vom 25.06.2020 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Baugenehmigung ab. Sie begründete die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass den Belangen der Nachbargemeinden Rechnung getragen worden sei. Das interkommunale Abstimmungsgebot schütze nicht den Einzelhandel der Nachbargemeinde vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft. Es müssten unmittelbare und gewichtige Auswirkungen auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung der Nachbargemeinde zu befürchten sein. Solche Auswirkungen seien im hiesigen Einzelfall nicht anzunehmen, weil der gutachterlich prognostizierte Kaufkraftabfluss der Antragstellerin durch das Vorhaben marginal sei und bei 0,2 Millionen Euro pro Jahr liege. Die sich hieraus ergebende Umlenkungsquote liege bei 7,5% und verteile sich auf insgesamt zehn überwiegend marken- und qualitätsorientiert ausgerichtete Betriebe. Soweit daneben eine Verletzung des Integrations- und Kongruenzgebotes geltend gemacht werde, begründe der behauptete Verstoß schon keine von dem interkommunalen Abstimmungsgebot unabhängige selbstständige Rechtsverletzung der Antragstellerin. Darüber hinaus liege auch kein Verstoß gegen das Integrationsgebot vor, denn es handele sich nach den sachlich begründeten Änderungen des Einzelhandelskonzeptes der Antragsgegnerin nicht um zentrumsrelevante Sortimente. Ebenso sei das Kongruenzgebot nicht verletzt, denn die von dem AD. als Untere Raumordnungsbehörde ermittelten Kongruenzräume seien methodisch fehlerhaft bestimmt und könnten nicht zur Prüfung des Vorhabens herangezogen werden. Dies habe die Antragstellerin selbst gegenüber dem Landkreis Diepholz mit Schreiben vom 30.08.2018 geltend gemacht. Zutreffend sei vielmehr, die Besonderheiten des Einzelfalls in einer Abwägung zu würdigen, die hier für die raumordnerische Vertretbarkeit des Vorhabens sprächen. Das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin liege äußerst verkehrsgünstig und unmittelbar angrenzend an I., ein besonders einzelhandelsstarkes Oberzentrum. Alleine der Kaufkraftabfluss von den beiden K. -Fachmärkten im dortigen Stadtgebiet mache bereits einen erheblichen Anteil des prognostizierten Umsatzes aus. Durch die Eigenständigkeit des Bundeslandes I. entstehe aber raumordnerisch eine Sondersituation, in der die Region I. mit dem Ballungsraum I. /E. /G. /AE. nicht in Gänze betrachtet werden könne. Ohne diese Verzerrung wäre das Kongruenzgebot hier unproblematisch, denn eine grenzübergreifende Betrachtung würde zeigen, dass das Kongruenzgebot aufgrund der Überlagerung der Kongruenzräume und der hohen Mobilität der Bevölkerung in dieser Metropolregion keine sinnvolle Steuerungswirkung entfalten könne. Der Landkreis J. habe diesen Erwägungen mit Mitteilung vom 27.01.2020 beigepflichtet und keine raumordnerischen Bedenken geltend gemacht. Schließlich handele es sich auch nicht um eine Gefälligkeitsplanung. Die Aktualisierung des Einzelhandelskonzeptes beruhe auf dem aus dem städtebaulichen Wettbewerb für die Entwicklung des Ortskerns W. resultierenden Erfordernis, Fehlinvestitionen zu vermeiden. Die Offenlegung der Unterlagen sei nicht zu beanstanden, es seien die raumordnungsrelevanten Stellungnahmen aller Beteiligten und das Abwägungsmaterial aus der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung ausgelegt und auch die Antragstellerin hinreichend in die Lage versetzt worden, ihre raumordnerischen Belange zu prüfen und geltend zu machen. Auch in der anschließenden eingeschränkten erneuten Offenlegung der Planungsunterlagen läge kein Rechtsfehler, denn die Änderungen beträfen nur ein marginales Randsortiment und eine geringfügige Verkleinerung der Verkaufsfläche und berührten die planerische Grundkonzeption nicht. Die zuvor von der Antragstellerin vorgebrachten Einwände seien ordnungsgemäß abgewogen worden und nicht für diese Anpassungen ursächlich, sodass die Antragstellerin auch nicht hätte erneut beteiligt werden müssen. 20 Die Antragstellerin hat am 17.07.2020 hiergegen Klage erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie wiederholt und vertieft ihre Widerspruchsbegründung: 21 Der Antrag sei zulässig, denn die Antragstellerin könne geltend machen, durch die angegriffene Baugenehmigung möglicherweise in ihren eigenen Rechten als Nachbargemeinde verletzt worden zu sein. Sie berufe sich auf ihren in § 2 Abs. 2 BauGB normierten Schutz vor negativen städtebaulichen Auswirkungen. Diese Anforderungen der Norm dürften nicht überdehnt werden. Weiterhin sei die Behauptung der Beigeladenen, dass die Antragstellerin den Rechtsstreit nur als Stellvertreterin der Stadt I. führe, weder belegt noch relevant. Das Gutachten AF. sei von der Antragstellerin und der Stadt Bremen gemeinsam in Auftrag gegeben worden. Auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin gegen andere Bauvorhaben nicht vorgegangen sei, ergebe sich für das hiesige Verfahren nichts. 22 Der Bebauungsplan Nr. 23/220 sei unwirksam, weil er an zahlreichen rechtlichen Mängeln leide. Es seien entgegen des § 3 Abs. 2 BauGB die umweltbezogenen Stellungnahmen nicht vollständig mitsamt dem Entwurf des Bebauungsplans und seiner Begründung öffentlich ausgelegt worden. Es sei trotz grundlegender Änderungen nur eine eingeschränkte erneute Auslegung nach § 4a Abs. 3 BauGB erfolgt. Der Bebauungsplan sei entgegen § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt worden, weil die parallel durchgeführte 36. Änderung des Flächennutzungsplans infolge ihrer Unbestimmtheit und der fehlenden Anpassung an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB ihrerseits unwirksam sei. Der Bebauungsplan verstoße ebenfalls gegen die Ziele der Raumordnung, weil mit der Festsetzung des zentrumsrelevanten Sortiments in nicht integrierter städtebaulicher Lage das Integrationsgebot in Ziffer 2.3 (05) LROP 2017 missachtet worden sei. Die regelmäßige Einordnung von Sportartikeln als zentrumsrelevant sei eine landesplanerische Entscheidung, die sich aus den Erläuterungen des LROP 2017 ergebe und dürfe von der Antragsgegnerin nicht durch die willkürliche Änderung des Einzelhandelskonzeptes unterlaufen werden. Dies sei jedoch erfolgt, denn die Antragsgegnerin habe bei der Änderung ihrer Sortimentsliste alleine auf innergemeindliche Umstände abgestellt und die landesplanerische Dimension des Integrationsgebotes als Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG verkannt. 23 Ferner verstoße die Festsetzung gegen das Kongruenzgebot in Ziffer 2.3 03 LROP 2017, denn das Einzugsgebiet des Planvorhabens betrage 300.000 Einwohner, wohingegen im Kongruenzraum der Antragsgegnerin lediglich 91.000 Einwohner lebten. Die Überschreitung sei nach Maßgabe von Ziffer 2.3 03 Satz 5 LROP 2017 wesentlich, weil demnach weit mehr als 30% des Umsatzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kongruenzraumes erzielt werde. Weiterhin sei das Beeinträchtigungsverbot in Ziffer 2.3 08 LROP 2017 verletzt, da eine wesentliche Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereichs der Antragstellerin zu erwarten sei. Der Bebauungsplan leide auch unter einem Festsetzungsfehler, weil die Art der baulichen Nutzung auf einen Fachmarkt beschränkt sei, es für eine numerische Festsetzung der Anzahl der zulässigen Betriebe aber keine Rechtsgrundlage gebe. Schließlich verstoße der Bebauungsplan auch aufgrund der Summe der Unregelmäßigkeiten gegen das Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 BauGB. 24 Aus der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 23/220 folge die objektive Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung, weil die demnach fortbestehenden Bebauungspläne für das Plangebiet Sondergebiete mit der Zweckbestimmung „Teppichmarkt“ und „Wochenendhausgebiet“ sowie Misch-, Industrie- und Gewerbegebiete festsetzten. Die Antragstellerin werde hierdurch in eigenen Rechten verletzt, weil der Schutzzweck in § 2 Abs. 2 BauGB gerade ihr als Nachbargemeinde diene. Diese Vorschrift gelte zwar unmittelbar nur für die Erstellung von Bebauungsplänen. Die Missachtung dieser Vorschrift bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes schlage aber auf die auf dem rechtswidrigen Bebauungsplan beruhende Baugenehmigung durch, weil die Antragsgegnerin hierdurch auf die Genehmigungsvoraussetzungen eingewirkt und der Beigeladenen unter Missachtung der Interessen der Antragstellerin in städtebaulich zurechenbarer Weise einen Zulassungsanspruch verschafft habe: Die Änderung des Einzelhandelskonzeptes, die Weiterentwicklung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 23/220 bezweckten von vornherein die Herbeiführung der Genehmigungsvoraussetzungen für das Verfahren, für das bereits im Dezember und unter unzulässiger Heranziehung von § 33 Abs. 1 BauGB vor Abschluss des Planaufstellungsverfahrens die Baugenehmigung erteilt worden sei. Der Genehmigung beruhe daher auf einem Planungsvorgang, der nicht abwägungsfehlerfrei durchgeführt worden sei. 25 Der Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 BauGB sei nicht durch die Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB eingeschränkt worden. Die Unwirksamkeit des Bebauungsplanes Nr. 23/220 führe zur Anwendbarkeit der vorausgehenden Bebauungspläne Nr. 23 (15/13) – Teppichmarkt und Nr. 23/191-N, sodass der Anwendungsbereich des § 34 BauGB insgesamt nicht eröffnet sei. Gerade der Missbrauchsgedanke, der nach der Rechtsprechung die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB auch auf die Baugenehmigung fordere, greife in der vorliegenden Konstellation. 26 Die Baugenehmigung leide inhaltlich ihrerseits an einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes. Bereits § 11 Abs. 3 BauNVO liege die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass Einzelhandelsbetriebe wie der hiesige regelmäßig geeignet seien, Nachbargemeinden zu beeinträchtigen. So ziehe auch das hiesige Vorhaben unmittelbare und für die Antragstellerin unzumutbare städtebauliche Auswirkungen nach sich, weil es die Versorgungsfunktion der Innenstadt der Antragstellerin und ihre raumordnerische Funktion beeinträchtige. Vorliegend löse das Vorhaben deshalb einen qualifizierten Abstimmungsbedarf aus, dem die Antragsgegnerin keine Rechnung getragen habe. 27 Der Verweis auf die absolute Summe des umgelenkten Umsatzes greife zu kurz. Die gutachterlich prognostizierte Umsatzumlenkung für die Innenstadt der Antragstellerin müsse im Kontext bestehender Vorschädigungen durch bereits im Gemeindegebiet der Antragstellerin vorhandene Einzelhandelsbetriebe betrachtet werden. Das zuvor gerade noch unbedenkliche Nebeneinander der Einzelhandelsbetriebe an dem nicht integrierten Standort schlage durch das Hinzutreten des streitgegenständlichen Vorhabens in eine beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des innerstädtischen Versorgungsbereiches der Antragstellerin um. Ein vollständiger Funktionsverlust trete hierdurch zwar noch nicht ein, eine Erholung des Versorgungsbereiches werde jedoch nachhaltig erschwert. Im Bereich der Sportartikel werde im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin bereits ohne das Vorhaben ein Umsatz von über 22 Millionen Euro generiert, obwohl die warengruppenspezifische Kaufkraft bei nur 5,6 Millionen Euro liege. Im Sollzustand werde der Gesamtumsatz mit 29,4 bis 30,06 Millionen Euro prognostiziert, wodurch die Zentralität von etwa 400% auf über 525% steige. Die Antragsgegnerin überschreite damit ihre Funktion als Mittelzentrum auf Kosten der Antragstellerin. Diese verfüge trotz eines erheblich höheren Kaufkraftpotenzials eine sortimentsspezifische Verkaufsfläche von nur 960m² mit einem Umsatz von 2,2 Millionen Euro jährlich. Dies zeige, dass bereits jetzt ein Großteil der Kaufkraft durch die Nachbargemeinden und insbesondere durch die Antragsgegnerin und ihr im „AB.“ festzustellendes Überangebot abgezogen werde. Der geplante „K.“-Markt verstetige diese Situation. Dass die im Gebiet der Antragstellerin durchgeführten Haushaltsbefragungen nur eine geringe Einkaufspräferenz für das Gebiet der Antragsgegnerin ergeben hätten, läge im Wesentlichen daran, dass die Befragten die Einzelhandelsagglomeration nördlich der AY. entlang der AG. fälschlicherweise als Bremen zugehörig wähnten. 28 Hilfsweise sei zu berücksichtigen, dass auch wenn die Vorgängerbebauungspläne unwirksam seien und daher § 34 Abs. 3 BauGB zur Anwendung käme, die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt werde. Im Rahmen der Vorschrift sei aus den bereits dargestellten Gründen gleichermaßen eine Verletzung der Rechte der Antragstellerin anzunehmen, da schädliche Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche zu erwarten seien. 29 Die Antragstellerin beantragt, 30 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 17.07.2020 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 17.12.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2020 anzuordnen. 31 Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen, 32 den Antrag abzulehnen. 33 Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft ihre Argumentation im Widerspruchsverfahren dahingehend, dass das Rechtsschutzersuchen der Antragstellerin bereits unzulässig sei. Sie habe ihr Rechtsschutzbedürfnis verwirkt, weil sie nicht gegen die am 21.11.2016 in Oldenburg, am 01.11.2018 in AH. und am 05.12.2019 in I. eröffneten „K.“-Filialen vorgegangen sei. 34 Der Antrag sei auch im Übrigen wegen der fehlenden Antragsbefugnis unzulässig, hilfsweise unbegründet, weil eine Verletzung eigener Rechte der Antragstellerin nicht vorliege. 35 Auf die Wirksamkeit des Bebauungsplanes 23/220 komme es nicht an. Er sei rechtlich ohnehin nicht zu beanstanden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, insbesondere habe die Antragsgegnerin einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, welche umweltbezogenen Unterlagen wesentlich seien. Diesen habe sie ordnungsgemäß genutzt und lediglich auf die Auslegung der Lärmprognosen verzichtet, da die vorausgegangenen Bebauungspläne ihrerseits Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel gewesen seien. Auch die eingeschränkte ergänzende Auslegung sei unproblematisch, denn die Streichung des Zoobedarfs aus dem Sortiment und die darauf beruhende Herabsetzung der Verkaufsfläche um 2,63% sei weder auf eine Einwendung der Antragstellerin hin erfolgt, noch berühre sie die Grundzüge der Planung oder die Rechte der Antragstellerin. Im Übrigen handele es sich um eine aus Sicht der Antragstellerin günstige Veränderung, sodass keine neuen relevanten Planungsbeiträge von der Antragstellerin zu erwarten gewesen seien. Weiterhin sei er im Einklang mit § 8 Abs. 2 BauGB aus der 36. Änderung des Flächennutzungsplans entwickelt worden. Diese sehe an dem Vorhabenstandort die Nutzung für „Einzelhandel“ vor, die hinreichend Bestimmt sei. Die textliche Festsetzung „ein Fachmarkt für Sportartikel“ sei rechtlich zulässig. Das Plangebiet bestehe nur aus einem einzigen Vorhabenstandort, der sich mit der Verkaufsflächenbegrenzung deckt. Der vermeintlichen numerische Beschränkung komme somit keine regelnde Wirkung zu, es handele sich nur um eine Klarstellung. 36 Letztlich könne aber ohnehin nur ein Rechtsfehler, der eine Norm verletzt, die den Schutz der Antragstellerin bezweckt, auch auf die Baugenehmigung durchschlagen. 37 Das landesplanerische Integrationsgebot sei nicht verletzt. Die Begründung des LROP 2017 weise ausdrücklich darauf hin, dass die Erstellung einer landesweit gültigen zentrumsrelevanten Sortimentsliste nicht möglich sei und sich die Eigenschaft der Zentrumsrelevanz eines Sortiments anhand der jeweiligen örtlichen Situation und einer Konkretisierung im Einzelfall durch die planende Gemeinde bestimme. Der Antragsgegnerin stehe es daher im Rahmen ihres Planungsermessens frei zu entscheiden, dass Sportartikeln keine Zentrumsrelevanz zukomme, weil das Sortiment in den zentralen Versorgungsbereichen der Gemeinde nicht vorhanden und die Ansiedlungschancen für neue Betriebe als sehr gering einzustufen seien. 38 Das Kongruenzgebot sei ebenfalls nicht verletzt. Es handele sich lediglich um einen der Abwägung zugänglichen Grundsatz der Raumordnung ohne Zielcharakter. Eine solche Abwägung habe stattgefunden. Diese sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die von dem Landkreis vorgenommene Abgrenzung der Kongruenzräume methodisch nicht überzeuge. Diese stelle die Erreichbarkeit in den Vordergrund, lege aber trotz der guten Erreichbarkeit durch das Fernstraßennetz einen flächenmäßig kleineren Kongruenzraum fest als für deutlich schlechter erreichbare Mittelzentren des Landkreises. Dies lege insbesondere nahe, dass die Ausdehnung des Kongruenzraumes in Richtung I. nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Bei der Überlappung der Kongruenzräume sei im Wesentlichen anhand einer vergleichbaren Erreichbarkeit bei einem Fahrtzeitunterschied von 4 Minuten gearbeitet worden, ohne - wie von der Arbeitshilfe zum Abschnitt 2.3 des LROP vorgeschlagen - die Standortnetzdichte zu berücksichtigen. Im eng verflochtenen südlichen AI. Umland entspreche es aber nicht der Realität, dass Kunden ihren Einkaufsort alleine anhand eines Fahrtzeitunterschiedes von wenigen Minuten wählen. Andere wichtige Kriterien würden missachtet. Die Pendlerverflechtung spiele keine erkennbare Rolle, obwohl die Antragsgegnerin die mit Abstand höchste Anzahl von Einpendlern im Landkreis J. habe und diese Gruppe aufgrund der Attraktivität des Einzelhandelsangebots einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Kaufkraft vor Ort lasse. Die Einzelhandelsagglomeration in R. sei nicht als Marktgebiet berücksichtigt und in seiner Attraktivität erfasst worden, obwohl die Besucherherkunftsbefragungen nahelegten, dass die Mehrheit der Kunden aus einem deutlich größeren Umkreis anreise als in dem sehr kompakten abgegrenzten Kongruenzraum zum Ausdruck komme. Alleine der „AJ.“-Markt und der „AB.“ verzeichneten aber einen Anteil von Kunden von außerhalb des festgelegten Kongruenzraums von etwa 80%. Unter diesen Umständen könne das Kongruenzgebot nicht schematisch auf den hiesigen Fall angewendet werden, es müssten auch die atypischen Besonderheiten berücksichtigt werden. 39 Eine Verletzung des Beeinträchtigungsverbotes liege nicht vor. Von dem Vorhaben gingen dieser Untersuchung zufolge aufgrund der nur marginalen Auswirkungen auf die Umsätze in dem zentralen Versorgungsbereich der Antragstellerin auch keine unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art auf sie aus, sodass kein weitergehender Abstimmungsbedarf bestehe. Das geplante Vorhaben werde sich vor allem auf die Umsätze bereits bestehender „K.“-Märkte sowie die Innenstadt von I. auswirken. Die für die Antragstellerin prognostizierte Umlenkungsquote von 7,3% bei einem nominellen Umsatz von etwa 0,2 Millionen Euro jährlich sei dagegen marginal und hinnehmbar. Auch eine Vorschädigung durch den im Gebiet der Antragsgegnerin vorhandenen Einzelhandel sei nicht festzustellen. Die Antragstellerin gehe in ihrem eigenen Einzelhandelskonzept von 2017 selbst davon aus, dass nur 1,8% ihrer Bewohner die Antragsgegnerin als ihren bevorzugten Einkaufsort wählten. Dem stünden insgesamt 48,3% der Befragten gegenüber, die I. und AK. als Haupteinkaufsorte wählten. Auch die Auswirkungsanalyse BBE 2019 komme zu dem Ergebnis, dass die Innenstadt der Antragstellerin stark im Einflussbereich des umfangreichen Einzelhandelsangebots des Oberzentrums I. liege. 40 Unabhängig von der Wirksamkeit des aktuellen Bebauungsplanes und seiner Vorgänger könne die Antragstellerin aber keine materielle Rechtsverletzung geltend machen. Das interkommunale Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB sei nach Inkrafttreten des § 34 Abs. 3 BauGB auf Einzelvorhaben nicht mehr anwendbar. Jedenfalls könne § 2 Abs. 2 BauGB für die angegriffene Baugenehmigung keine Anwendung finden, weil die Antragsstellerin bei der Planaufstellung nicht übergangen worden sei. Die Vorschrift entfalte Drittschutz nur in Konstellationen der Missachtung oder Umgehung, nicht aber, wenn die Gelegenheit zur Beteiligung am Bauleitplanverfahren bestanden habe und die Auswirkungen auf die Nachbargemeinde gutachterlich untersucht worden seien. 41 Im Ergebnis fehle es aber unabhängig von der anzuwendenden Vorschrift an einem materiellen Verstoß, da das Vorhaben aus den bereits genannten Gründen den Zielen der Raumordnung nicht widerspreche und keine schädlichen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Antragstellerin erwarten lasse. Dies sei nur der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit eines Versorgungsbereiches so nachhaltig gestört werde, dass dieser seine Funktion zumindest hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr substanziell wahrnehmen könne. Neben den in der Summe geringfügigen Auswirkungen des Vorhabens spreche hier gegen eine Beeinträchtigung, dass der „K.“-Markt eine gegenüber Sportfachmärkten in integrierten Lagen große Sortimentsbreite und -tiefe bei einem Eigenmarkenanteil von 70% biete und daher mit seinem preisorientierten Angebot nicht in direkte Konkurrenz zu marken- und qualitätsorientierten spezialisierten Einzelhändlern trete. 42 Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Antragsgegnerin an und ergänzt die Begründung dahingehend, dass der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag fehle, da sie das Verfahren stellvertretend für die Stadt I. führe. Diese habe sich auf politischer Ebene vehement gegen die Planung gestellt, selbst aber unlängst einen „K.“-Fachmarkt im westlichen Randgebiet der Gemeinde genehmigt und damit ihre eigenen Rechtsschutzmöglichkeiten verwirkt. Die Antragstellerin hingegen habe insbesondere gegen die Eröffnung des „AL.“ in I. -AM. keine Einwände erhoben, obwohl die Entfernung zu ihrem Innenstadtbereich vergleichbar sei und mache sich nunmehr das Gutachten AF. zu eigen, das ihr Prozessbevollmächtigter ursprünglich im Auftrage der Stadt I. angefertigt habe. Auch gegen den „K.“-Fachmarkt im Randbereich von AK. habe sich die Antragstellerin nicht gewehrt, obwohl eine von ihr in Auftrag gegebene Haushaltsbefragung ergeben habe, dass immerhin 11,5% der Haushalte AK. als bevorzugten Einkaufsort wählten, wohingegen nur 1,8% bevorzugt in G. einkauften. Soweit die Antragstellerin behaupte, die Einzelhandelsagglomeration in R. wäre bei der Befragung I. zugeordnet worden, gebe es hierfür keine Anhaltspunkte. Die CIMA differenziere in ihrem Gutachten zwischen den Standorten und wisse als spezialisiertes Unternehmen die erhobenen Daten auch zutreffend auszuwerten. Weiterhin habe die Antragstellerin im Jahr 2018 auch gegenüber dem Landkreis J. ihre Bedenken zur methodischen Abgrenzung der Kongruenzräume deutlich gemacht, auf deren Einhaltung sie nunmehr bestehe. 43 Das interkommunale Abstimmungsgebot sei nicht verletzt, denn die Antragstellerin habe zu jeder Zeit des Verfahrens die Möglichkeit gehabt, sich zu beteiligen, und diese auch genutzt. Inhaltlich sei zu beachten, dass die oberzentrale Teilfunktion der Antragstellerin sich nicht auf aperiodische Sortimente erstrecke und die Antragstellerin sich nur auf ihre Stellung als Mittelzentrum berufen könne. Als solches sei sie der Antragsgegnerin gleichgeordnet. Einen derartigen Konkurrenzschutz bezwecke das Raumordnungsrecht jedoch nicht. Nichts Anderes ergebe sich auch aus § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO, der zwar für großflächige Einzelhandelsbetriebe die Vermutung aufstelle, dass sie sich auf zentrale Versorgungsbereiche auswirkten; dies bedeute aber nicht, dass sich zugleich jedwede Gemeinde auf eine solche Auswirkung berufen könne. Es komme stets auf den Einzelfall und die mit ihm verbundenen konkreten Beeinträchtigungen an. Dies zeige letztlich auch die Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb bei Unterlassen einer Bauleitplanung ein Abwehranspruch eine schädliche Auswirkung auf einen zentralen Versorgungsbereich voraussetze, ansonsten aber ein Abwehranspruch aus § 2 Abs. 2 BauGB geringere Anforderungen vorsehen sollte. Hilfsweise müsse man auch hinsichtlich der vorangegangenen Bebauungspläne die Unwirksamkeit feststellen, sodass sich das Vorhaben ohnehin nach § 34 Abs. 1 und 3 BauGB zu richten hätte. 44 Das Beeinträchtigungsverbot sei jedenfalls nicht tangiert. Die Antragstellerin selbst gehe in ihrem Einzelhandelskonzept davon aus, dass Umlenkungsquoten von weniger als 7% grundsätzlich unwesentlich seien. Eine Umlenkung von 7,3% könne daher keine Beeinträchtigung der Einzelhandelsfunktion verursachen, denn die Differenz liege unterhalb dessen, was nachweisbar sei. Ob die darüber hinaus behauptete Vorschädigung tatsächlich bestehe, sei zu bezweifeln, denn die sortimentsspezifische Verkaufsfläche der Antragstellerin sei im Zeitraum 2007 - 2020 um 780m² gewachsen. Auch die CIMA gehe bei der Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Antragstellerin lediglich von einem Nachholbedarf im Bereich Sportartikel zur Steigerung der Einzelhandelszentralität aus. Die Auswirkungsanalyse der BBE komme ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Wettbewerbsfähigkeit im projektrelevanten Sortiment durch die vorhandenen leistungsstarken Einzelhändler im Grundsatz gewährleistet sei, diese aber durch das Angebot in AK. und I. wettbewerbsanfälliger geworden seien. Im Übrigen hätte die Antragstellerin die behauptete Vorschädigung ihres zentralen Versorgungsbereichs selbst zu verantworten, da sie entgegen ihres landesplanerischen Auftrages die Eröffnung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben in I. und AK. hingenommen habe. 45 Das Angebot sei marken- und qualitätsorientiert und werde in seiner Stabilität durch „K.“ nicht gefährdet. Die gleichwohl vergleichsweise geringe Zentralität des Angebots der Antragstellerin liege vielmehr an der gegenüber I. nachteiligen Lage, die durch eine gute Verkehrsanbindung an die Bremer Innenstadt und eine hohe Anzahl von Auspendlern gekennzeichnet sei. 46 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. II. 47 Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Er ist zulässig, aber nicht begründet. 48 Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Var. 1 VwGO statthaft, denn im Falle einer Baugenehmigung entfällt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage aufgrund der Regelung in § 212a Abs. 1 BauGB. 49 Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. 50 Insbesondere fehlt der Antragstellerin nicht schon die erforderliche Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO in analoger Anwendung. Die Vorschrift setzt voraus, dass die Verletzung eigener Rechte auf der Grundlage der Antragsbegründung zumindest möglich erscheint. Diese Möglichkeit ist nur dann auszuschließen, wenn offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte der Antragstellerin verletzt sein können. Da die Antragstellerin nicht Adressatin der von ihr angegriffenen Baugenehmigung ist, kommt es insoweit darauf an, ob sie sich für ihr Begehren auf eine öffentlich-rechtliche Norm stützen kann, die zumindest auch dem Schutz ihrer Interessen dient. Drittschutz vermitteln nur solche Vorschriften, die nach dem in ihnen enthaltenen, durch Auslegung zu ermittelnden Entscheidungsprogramm für die Behörde auch der Rücksichtnahme auf Interessen eines individualisierbaren, sich von der Allgemeinheit unterscheidenden Personenkreises dienen (BVerwG, Urteil vom 19.09.1986 - 4 C 8/84 -, juris). 51 Diese Anforderung ist erfüllt. Die Antragstellerin macht geltend, dass die angefochtene Baugenehmigung unter Missachtung des in § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB normierten interkommunalen Abstimmungsgebots erteilt worden sei und beruft sich damit auf die Verletzung einer sie schützenden Norm. Aus der Vorschrift ergibt sich, dass Kommunen sich gegen Vorhaben auf dem Gebiet einer Nachbarkommune erfolgreich gerichtlich zur Wehr setzen können, wenn die baurechtliche Zulassung eines Vorhabens auf einer Planung der Nachbarkommune beruht, die nicht hinreichend mit der Nachbargemeinde abgestimmt ist, denn das interkommunale Abstimmungsgebot beinhaltet auch einen Anspruch auf eine gerechte Abwägung (BVerwG, Urteil vom 15.12.1989 – 4 C 36/86 –, Rn. 32, juris; vgl. auch VG Würzburg, Urteil vom 19.07.2018 – W 5 K 16.931 –, Rn. 40, juris, m.w.N.). Es erscheint auch nicht offensichtlich und unter allen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen, dass die streitgegenständliche Genehmigung tatsächlich das interkommunale Abstimmungsgebot zu Lasten der Antragstellerin verletzt. 52 Unerheblich ist hingegen, ob die Geltendmachung dieser Rechtsposition zugleich auch für das Land I. von Vorteil sein könnte. Eine Vorschrift oder ein Rechtssatz, aus dem sich ergibt, dass das Interesse eines (anderen) Dritten an dem Erfolg eines Rechtsbehelfs die (eigene) Drittanfechtungsbefugnis berührt oder dem Rechtsschutzbedürfnis entgegenstehen könnte, ist nicht ersichtlich, sofern jedenfalls die Schwelle zur Rechtsmissbräuchlichkeit nicht erreicht wird. Für Letzteres spricht im vorliegenden Fall nichts. Selbst wenn - wie die Beigeladene meint - das Land I. die treibende Kraft hinter dem Rechtsschutzbegehren sein sollte, so nimmt dies der Antragstellerin weder die eigene Befugnis, ihre Rechtspositionen gerichtlich überprüfen zu lassen, noch stellt sich dies in einer solchen Konstellation als missbräuchlich dar. Es dürfte vielmehr sogar prozessökonomisch naheliegend und an der Tagesordnung sein, dass unter mehreren betroffenen Nachbarn nur diejenigen mit den vermeintlich besten Erfolgsaussichten zu Rechtsbehelfen greifen. 53 Der Antragstellerin fehlt es auch nicht aus anderen Gründen an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere hat sie es nicht dadurch verwirkt, dass sie nicht gerichtlich gegen die Genehmigungen für die am 21.11.2016 in AK., am 01.11.2018 in AH. und am 05.12.2019 in I. eröffneten „K.“-Sportfachmärkte vorgegangen ist. Nach dem auch im Verwaltungsrecht geltenden, aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ableitbaren Rechtsgedanken der Verwirkung kann ein Antragsteller sein Recht auf gerichtliche Überprüfung nicht mehr ausüben, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Letzteres ist etwa anzunehmen, wenn ein Nachbar unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des geltend gemachten Rechts unternommen zu werden pflegt (VG München, Urteil vom 22.10.2019 – M 1 K 18.1276 –, Rn. 27, juris). Dieser Gedanke lässt sich auf den hiesigen Fall nicht übertragen, denn die von der Antragsgegnerin und der Beigeladenen gerügte Untätigkeit der Antragstellerin bezieht sich bereits nicht auf die streitgegenständliche Baugenehmigung, sondern auf andere Rechtsverhältnisse der Antragstellerin zu den jeweiligen genehmigenden Gemeinden und die den dortigen Baugenehmigungen zu Grunde liegenden Sachverhalte. Dem Verzicht der Antragstellerin auf Rechtsbehelfe in diesen Verfahren lässt sich aber nach Treu und Glauben weder der Erklärungsgehalt entnehmen, dass dieser Verzicht auch für künftige vergleichbare Sachverhalte gelten könnte, noch ist er geeignet, ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen dahingehend zu wecken, dass die Antragstellerin das streitgegenständliche Vorhaben hinnehmen könnte. Neben diesen grundsätzlichen Erwägungen spricht für das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin und gegen eine Verwirkung darüber hinaus auch, dass die Sachverhalte sich rechtlich und tatsächlich signifikant unterscheiden: Im Verhältnis zum Land I. erscheint etwa zweifelhaft, ob die Antragstellerin sich auf § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB hätte berufen können (vgl. für den umgekehrten Fall Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2005 - 1 ME 172/05 -, Rn. 70ff, juris), im Verhältnis zur Stadt AK. und zum AN. ist aufgrund der Entfernungen die Eigenschaft der Antragstellerin als Nachbargemeinde i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht eindeutig. 54 Schließlich sind die Voraussetzungen von §§ 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 6 VwGO erfüllt. Die Antragstellerin hat den erforderlichen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit am 27.04.2020 bei der Antragsgegnerin gestellt. Die Antragsgegnerin hat den Antrag am 25.06.2020 abgelehnt. 55 Der Antrag ist jedoch nicht begründet. 56 Nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin ganz oder teilweise anordnen, wenn ihr Interesse, von der Vollziehung der angegriffenen Baugenehmigung verschont zu bleiben, das Interesse der Bauherrin an der Ausnutzung der Genehmigung überwiegt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung ist das Risiko der Nachbarin, die Folgen der Verwirklichung der angegriffenen Maßnahme trotz möglichen späteren Erfolges in der Hauptsache dulden zu müssen, mit dem Risiko der Bauherrin abzuwägen, die Verwirklichung des Vorhabens trotz möglicher späterer Klageabweisung aufschieben zu müssen. Bei der zwischen beiden Folgeabschätzungen vorzunehmenden Abwägung spielt die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsbehelfs in der Regel eine entscheidende Rolle. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung lässt sich hier absehen, dass der von der Antragstellerin eingelegte Rechtsbehelf keinen Erfolg haben wird, denn es bestehen im Hinblick auf die rügefähigen drittschützenden Rechte der Antragstellerin keine gewichtigen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung. 57 Die Anfechtung einer Baugenehmigung durch einen Nachbarn kann nur dann zum Erfolg führen, wenn die Genehmigung gegen eine im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfende Vorschrift verstößt und der Nachbar dadurch in seinen Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 VwGO. Nachbarn können eine Baugenehmigung nur mit Erfolg anfechten, wenn sie durch diese in einem ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht zumindest auch teilweise dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Hinzu muss kommen, dass die Baugenehmigung gerade deshalb rechtswidrig ist, weil Rechte, die dem individuellen Schutz Dritter, d.h. gerade dem Schutz des klageführenden Nachbarn dienen, verletzt sind. 58 Nach dieser Maßgabe kann die Antragstellerin die Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung nicht verlangen, weil eine solche qualifizierte und individuelle Verletzung von Rechten der Antragstellerin durch die angegriffene Baugenehmigung nicht ersichtlich ist. 59 Eine Rechtsverletzung kommt im vorliegenden Fall wie dargestellt im Hinblick auf das interkommunale Abstimmungsgebot in § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB in Betracht. Dieses nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für die Aufstellung von Bauleitplänen geltende Gebot begründet in bestimmten Fällen auch ein Abwehrrecht gegen das aufgrund des Bebauungsplans genehmigte Einzelvorhaben. Lässt die Gemeinde bei ihrer Bauleitplanung die gebotene Abstimmung vermissen, so kann sich die Nachbargemeinde auch dagegen zur Wehr setzen, dass auf der Grundlage eines solchen nicht abgestimmten Bebauungsplans Einzelvorhaben verwirklicht werden (OVG Weimar, Beschluss vom 20.12.2004 – 1 EO 1077/04 –, Rn. 31, juris). Dies gilt namentlich dann, wenn die Gemeinde dem Bauinteressenten unter Missachtung dieser Vorschrift einen Zulassungsanspruch verschafft hat (BVerwG, Urteil vom 11.02.1993 – 4 C 15/92 –, Rn. 26, juris). Erforderlich ist, dass die Gemeinde in einer städtebaulich zurechenbaren Weise die Weichen Richtung Zulassungsentscheidung gestellt hat, beispielsweise durch die Aufstellung des entsprechenden Bebauungsplans oder durch die Änderung des Flächennutzungsplans. Es muss sich um Handlungen handeln, bei denen § 2 Abs. 2 BauGB entweder unmittelbar anzuwenden war, oder um Handlungen, durch welche eine von Baurechts wegen an sich gebotene Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB in vorwerfbarer Weise umgangen worden ist (Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 ME 172/05 –, Rn. 31, juris). Diese Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des interkommunalen Abstimmungsgebotes in § 2 Abs. 2 BauGB unmittelbar auf die streitgegenständliche Baugenehmigung sind erfüllt, denn die Antragsgegnerin hat mit der 36. Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des Bebauungsplans 20/223 selbst städtebaulich zurechenbar bauplanungsrechtliche Rahmenbedingungen für das streitgegenständliche Vorhaben geschaffen. 60 Befinden sich benachbarte Gemeinden objektiv in einer Konkurrenzsituation, so darf keine von ihrer Planungshoheit rücksichtslos zum Nachteil der anderen Gebrauch machen. Der Gesetzgeber bringt dies in § 2 Abs. 2 BauGB unmissverständlich zum Ausdruck. Diese Bestimmung verleiht dem Interesse der Nachbargemeinde, vor Nachteilen bewahrt zu werden, besonderes Gewicht. Das Gebot, die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen, lässt sich als gesetzliche Ausformung des in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleisteten gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts verstehen. § 2 Abs. 2 BauGB liegt die Vorstellung zugrunde, dass benachbarte Gemeinden sich mit ihrer Planungsbefugnis im Verhältnis der Gleichordnung gegenüber stehen. Die Vorschrift verlangt einen Interessenausgleich zwischen diesen Gemeinden und fordert dazu eine Koordination der gemeindlichen Belange. Die Nachbargemeinde kann sich unabhängig davon, welche planerischen Absichten sie für ihr Gebiet verfolgt oder bereits umgesetzt hat, gegen unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf dem benachbarten Gemeindegebiet zur Wehr setzen (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 – 4 C 5/01 –, Rn. 21, juris). 61 Unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde im Sinne von § 2 Abs. 2 BauGB benachbart ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich behandelt. Teilweise wird bereits eine gemeinsame Gemeindegrenze und die Belegenheit im „Einzugsbereich“ des Vorhabens für ausreichend erachtet, um einen qualifizierten Abstimmungsbedarf auszulösen (OVG A-Stadt, Beschluss vom 28.10.2011 – 2 B 1049/11 –, Rn. 33, juris). Nach einer anderen Auffassung dienen die Voraussetzungen und Vermutungstatbestände des § 11 Abs. 3 BauNVO als Indikatoren dafür, dass Auswirkungen auf die Planungshoheit betroffener Gemeinden bestehen, weil die dort benannten Vorhaben grundsätzlich nicht darauf zugeschnitten seien, nur den örtlichen Bedarf zu decken und daher typischerweise geeignet seien, aufgrund des zu erwartenden Kaufkraftabflusses Beeinträchtigungspotenzial zu entfalten (OVG Weimar, Beschluss vom 20.12.2004 – 1 EO 1077/04 – Rn. 33, juris). Vertreten wird jedoch auch, dass bereits die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 2 BauGB auf die Planung bzw. Genehmigung großflächiger Einzelhandelsbetriebe voraussetze, dass unmittelbare städtebauliche Auswirkungen gewichtiger Art auf die jeweilige Gemeinde zu besorgen seien (Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 ME 172/05 –, Rn. 46, juris; OVG A-Stadt, Beschluss vom 02.12.2016 – 7 B 1344/16 –, Rn. 8, juris). Letzteres setze daher nicht nur das Vorliegen eines der Vermutungstatbestände in § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB voraus, sondern auch ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, das Vorhaben werde möglicherweise durch Kaufkraftabfluss städtebau- und raumordnungsrechtlich relevante Folgen zu Lasten der Nachbargemeinde hervorrufen (Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 ME 172/05 –, Rn. 88, juris). 62 Das Gericht lässt dies dahingestellt. Darauf, ob vorliegend ein Abstimmungsbedarf aufgrund nicht nur geringfügiger Auswirkungen ausgelöst wurde, kommt es im hiesigen Verfahren im Ergebnis nicht an, weil das interkommunale Abstimmungsgebot jedenfalls nicht durch das Vorhaben verletzt ist. Erforderlich ist in formeller Hinsicht eine Beteiligung potentiell von der Planung betroffener Nachbargemeinden am Verfahren, materiell, dass die sich aus der Planungshoheit ergebenden städtebaulichen Belange der Nachbargemeinde in die Abwägung durch die planende Gemeinde einzustellen sind. Demnach ist das kommunale Abstimmungsgebot verletzt, wenn städtebauliche Belange der Nachbargemeinde überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt bzw. nicht hinreichend ermittelt, in ihrer Bedeutung verkannt oder in unverhältnismäßiger Weise hinter konkurrierende Belange zurückgestellt wurden (Nds. OVG, Urteil vom 10.07.2014 – 1 KN 121/11 –, Rn. 49f, juris). 63 Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. In formeller Hinsicht ist festzustellen, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin im Rahmen der 36. Änderung des Flächennutzungsplans und der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 23/220 beteiligt und die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 28.02.2019 erhobenen Einwendungen in das Abwägungsmaterial eingestellt hat (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 15.03.2012 – 1 KN 152/10 –, Rn. 253, juris). Insbesondere hat sich die Antragsgegnerin mit den beiden Auswirkungsanalysen der BBE Handelsberatung und GFK in geeigneter Weise Kenntnis über die konkreten Auswirkungen des von ihr planerisch ermöglichten Vorhabens auf die Antragstellerin verschafft. 64 Im Rahmen dieses Abwägungsvorgangs hat die Antragsgegnerin die eigenen Entwicklungsbelange und die der Antragstellerin gewichtet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Belange der Antragstellerin zurückzustellen sind, weil nennenswerte Beeinträchtigungen für ihren zentralen Versorgungsbereich nicht zu erwarten seien. Nach der im gerichtlichen Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. 65 § 2 Abs. 2 BauGB lässt sich nicht entnehmen, dass eine Planung, die durch Auswirkungen gewichtiger Art gekennzeichnet ist, bereits aus diesem Grund zugleich gegen das Abwägungsgebot verstößt, wenn sie nicht in Koordination mit der benachbarten Gemeinde erfolgt. Die Vorschrift bezweckt nicht, einer Gemeinde die Möglichkeit zu eröffnen, die Planungen der Nachbargemeinde zu unterbinden, sondern räumt ihr nur das Recht ein, dass ihre Interessen im Rahmen der Bauleitplanung berücksichtigt werden (OVG C-Stadt, Urteil vom 20.08.2019 – 2 E 6/18.N –, Rn. 24, juris). Die Nachbargemeinde wird daher erst in ihren Rechten verletzt, wenn die planende Gemeinde ihre materielle Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 BauGB zum Nachteil der Nachbargemeinde durch einen relevanten Verstoß gegen das Abwägungsgebot missachtet hat. Die Gemeinde, die ihre eigenen Vorstellungen selbst um den Preis von gewichtigen Auswirkungen für die Nachbargemeinde durchsetzen möchte, unterliegt insofern bei ihrer Planung einem erhöhten Rechtfertigungszwang. Es gilt aber, dass selbst gewichtige Belange im Wege der Abwägung überwunden werden dürfen, wenn noch gewichtigere ihnen im Rang vorgehen. Maßgebend bleibt die Reichweite der Auswirkungen im Einzelfall. Rein wettbewerbliche bzw. wirtschaftliche Auswirkungen reichen für eine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes nicht aus. Dieses schützt nicht den in der Nachbargemeinde vorhandenen Einzelhandel vor Konkurrenz, sondern nur die Nachbargemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft und Trägerin eigener Planungshoheit. Die befürchteten Auswirkungen müssen sich gerade auf die städtebauliche Ordnung und Entwicklung in einer Nachbargemeinde beziehen (Nds. OVG, Urteil vom 15.03.2012 – 1 KN 152/10 –, Rn. 254, juris; OVG A-Stadt, Beschluss vom 28.10.2011 – 2 B 1049/11 –, Rn. 35, juris, m.w.N.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 06.03.2020 – 12 K 5237/19 –, Rn. 31, juris; VG Würzburg, Urteil vom 19.07.2018 – W 5 K 16.931 –, Rn. 58, juris). Mängel im Rahmen dieser Abwägung sind gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur insoweit erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Fehler anders geplant worden wäre, genügt nicht (OVG Weimar, Beschluss vom 20.12.2004 – 1 EO 1077/04 –, Rn. 46, 54, juris). 66 Ob sich die Zulassung eines Einzelhandelsbetriebs unmittelbar und gewichtig auf die Nachbargemeinde auswirkt und dabei rücksichtslos ist, ist im jeweiligen Einzelfall anhand verschiedener Faktoren zu beurteilen. Städtebauliche Konsequenzen einer Planung zeigen sich etwa dann, wenn eine Schädigung des Einzelhandels in der Nachbargemeinde die verbrauchernahe Versorgung der dortigen Bevölkerung in Frage stellt oder die Zentrenstruktur der Nachbargemeinde nachteilig verändert. Im Zusammenhang mit der Planung von Einzelhandelsprojekten kann insoweit der Abfluss bislang in der Nachbargemeinde absorbierter Kaufkraft einen wesentlichen - wenn auch nicht den einzigen - Indikator darstellen. Der - gutachterlich prognostizierte - Kaufkraftabfluss ist typischerweise die Kenngröße, anhand derer die Intensität der Belastung der Nachbarkommunen ermittelt werden kann. Allerdings handelt es sich bei dem Kriterium "Kaufkraftabfluss" zunächst um eine wirtschaftliche Bezugsgröße, deren städtebauliche Bedeutung sich erst bei Überschreiten der städtebaulichen Relevanzschwelle ergibt. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass sich das wirtschaftliche Umfeld des Einzelhandels in der Nachbargemeinde verändert und sich dessen Konkurrenzsituation verschlechtert. Überschritten ist die städtebauliche Relevanzschwelle erst dann, wenn ein Umschlag von rein wirtschaftlichen zu städtebaulichen Auswirkungen stattzufinden droht (OVG A-Stadt, Beschluss vom 28.10.2011 – 2 B 1049/11 –, Rn. 37, juris). 67 Ein bestimmter "Schwellenwert" für einen städtebaulich beachtlichen Kaufkraftabfluss ist gesetzlich nicht vorgegeben. Prozentual ermittelte - und prognostisch nur bedingt verlässlich greifbare - Umsatzumverteilungssätze lassen nicht lediglich einen einzigen "logischen" Schluss zu. In der Tendenz geht die Rechtsprechung - faustformelartig - davon aus, dass erst Umsatzverluste ab einer Größenordnung von mehr als 10 % als gewichtig anzusehen sind. Bei der Handhabung des 10 %-Kriteriums bleibt somit zu beachten, dass von unmittelbaren städtebaulichen Auswirkungen gewichtiger Art eines Einzelhandelsvorhabens, die zu einer Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots des § 2 Abs. 2 BauGB führen, erst nach einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls dann gesprochen werden kann, wenn in der benachbarten Gemeinde ansässige Einzelhandelsunternehmen infolge der ihnen auf dem Gebiet der Vorhabengemeinde erwachsenen Konkurrenz zur Aufgabe gezwungen wären und darüber entweder die branchenmäßige Versorgung der eigenen Gemeindeangehörigen in Gefahr geriete oder städtebauliche Probleme wie Verödung von (Neben-)Zentren, Entstehung eines trading-down-Effekts oder ähnliches sich abzeichneten. Einzustellen ist ebenfalls, ob der Innenstadthandel insgesamt oder nur in bestimmten Branchen in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, ob die Gemeinde schon jetzt in erheblichem Umfang unter dem Abfluss von Kaufkraft zu leiden hat und ob es der Gemeinde gelingen kann, die mit einem Vorhaben verbundenen Auswirkungen aus eigener Kraft zu kompensieren. Mit anderen Worten muss es zu einer Funktionsstörung kommen, einem Zustand der Unausgewogenheit, der zur Folge hat, dass ein Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann (OVG A-Stadt, Beschluss vom 28.10.2011 – 2 B 1049/11 –, Rn. 39, 41, juris; Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 ME 172/05 –, Rn. 46, juris). 68 Die Antragstellerin kann sich nach dieser Maßgabe nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihre städtebaulichen Belange von der Antragsgegnerin in unverhältnismäßiger Weise hinter den eigenen Belangen zurückgestellt worden seien. Es ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die von dem streitgegenständlichen Vorhaben ausgehenden und die Antragstellerin betreffenden Auswirkungen sich unterhalb der Schwelle der städtebaulichen Relevanz bewegen. 69 Die Auswirkungsanalyse GFK geht von einer Bruttoumsatzerwartung des Vorhabens von 8,25 Millionen Euro pro Jahr aus, von denen 3,82 Millionen Euro auf Sportbekleidung-/Schuhe entfallen und der Rest sich auf Sportartikel-/geräte, Campingausrüstung sowie Fahrräder und Zubehör verteilt (BBE Handelsberatung: 7,00 Millionen). Für den zentralen Versorgungsbereich Innenstadt der Antragstellerin in rund 18km Entfernung geht die GFK von insgesamt 15 hierdurch möglicherweise betroffenen Betrieben mit einem jährlichen Gesamtumsatz von 2,7 Millionen Euro aus. Die prognostizierte Umsatzverteilung zulasten der Antragstellerin wird von den beiden Auswirkungsanalysen BBE und GFK mit 0,2 Millionen Euro jährlich beziffert, woraus sich eine Umsatzlenkungsquote von 7,9 (GFK) bzw. 7,5% (BBE) ergäbe. Durch die Verteilung dieser Umsatzminderung auf die überwiegend leistungsstarken Betriebe seien die Auswirkungen marginal und ließen keine Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereiches erwarten. Anhaltspunkte, die Zweifel an der methodischen Richtigkeit dieser Prognose weckten, sind weder ersichtlich, noch von der Antragstellerin vorgetragen. Die prognostizierte Umsatzlenkung erreicht im vorliegenden Fall daher noch nicht einmal die Schwelle von 10%, bei der die Rechtsprechung von einem „begründeten Anfangsverdacht“ für unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art spricht. 70 Solche ergeben sich im vorliegenden Fall auch nicht aus anderen Umständen des Einzelfalls. Die räumliche Beziehung des Vorhabenstandortes zum Gemeindegebiet der Antragstellerin und ihrer Innenstadt spricht gegen eine wesentliche Beeinträchtigung durch das Vorhaben. Mit einer Luftlinie von rund 12km und einer Fahrstrecke von rund 16km liegt das Projekt in erheblicher Distanz und nahezu so weit entfernt von der Innenstadt der Antragstellerin, wie es das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin überhaupt zulässt. Auch das östlichste Wohngebiet der Antragstellerin im Stadtteil AO. ist noch immer rund 20 Minuten Fahrtzeit entfernt, wohingegen die AI. Innenstadt von hier in 13 Minuten zu erreichen ist. In ebenfalls etwa 20 Minuten Fahrtzeit ist der „K.“ in I. -AM. mit einem identischen Sortiment zu erreichen, sodass das durch das Vorhaben geschaffene Angebot für die Einwohner der Antragstellerin kaum über zusätzliche Anziehungskraft verfügen dürfte. Lediglich für die Bewohner der südlichsten Ausläufer der Antragstellerin könnte der geplante Sportfachmarkt durch die gegenüber I. etwas schnellere Anbindung über die AY. interessant sein. 71 Bestätigung findet diese Annahme auch in der Analyse der CIMA (Fortschreibung Einzelhandelskonzept 2017, i.F. „CIMA 2017“), die der Einzelhandelsagglomeration in R. zwar eine hohe Attraktivität, aber eine untergeordnete Bedeutung für die Antragstellerin zuschreibt, da lediglich 1,8% der von ihr befragten Bewohner der Antragstellerin die Antragstellerin als bevorzugten Einkaufsort benannten (CIMA 2017, S. 37). Die Kaufkraft fließe vor allem in die Oberzentren I. und AK. ab. Nicht weiter substantiiert ist dagegen das Vorbringen der Antragstellerin, das Befragungsergebnis der CIMA sei in diesem Punkt methodisch unrichtig, weil die Befragten aufgrund der besonderen örtlichen Begebenheiten das Gewerbegebiet R. für einen Teil von I. halten könnten. Anhaltspunkte für diesen Fehler benennt die Antragstellerin nicht. Auch ist objektiv nichts für die Richtigkeit dieser Annahme ersichtlich, zumal die sich aus der räumlichen Lage ergebenden Fahrtzeiten das Gewerbegebiet gegenüber den Angeboten im Bremer Stadtgebiet nicht attraktiver erscheinen lassen. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin über ein negatives Pendlersaldo verfügt (-6.816 im Jahr 2016, CIMA 2017, S. 10) und 8.876 Berufspendler im Jahr 2019 den Weg nach I. auf sich nahmen, wohingegen nur 1.100 Personen in das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin auspendelten. Letztlich bestätigt auch die von der BBE Handelsberatung im Rahmen ihrer Auswirkungsanalyse durchgeführte Kundenbefragung AP., dass der Standort und Konsumenten aus dem Gemeindegebiet der Antragstellerin wechselseitig von untergeordneter Bedeutung sein dürften: Von den 8.132 befragten Personen stammten nur 352 aus dem Gemeindegebiet der Antragstellerin, von denen 144 zu den 3.628 Kunden zählten, die nicht wegen des AJ. -Möbelhauses gekommen waren (S. 17). 72 Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin aufgrund des Vorhabens Gefahr läuft, ihren Versorgungsauftrag im Bereich Sportbekleidung-/-artikel substanziell nicht mehr wahrnehmen zu können. Zutreffend ist zwar, dass ein gerade noch unbedenkliches Nebeneinander von Einzelhandelsbetrieben an nicht integrierten Standorten in räumlicher Nähe zum Versorgungsbereich durch das Hinzutreten eines weiteren branchengleichen Vorhabens in eine städtebaulich beachtliche Schädigung der Funktionsfähigkeit des Versorgungsbereichs umschlagen kann (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 – 4 C 2/08 –, Rn. 16, juris zu § 34 Abs. 3 BauGB). Dies ist bei summarischer Prüfung hier jedoch nicht zu befürchten. Unbestritten ist, dass die Innenstadt der Antragstellerin durch ihre Lage zwischen den Oberzentren I. und AK. unter einem hohen Konkurrenzdruck steht und insbesondere der Einzelhandelsumsatz im Bereich Sportartikel-/Sportbekleidung deutlich hinter dem Nachfragepotenzial der Gemeinde liegt. Wie dargestellt zielt das interkommunale Abstimmungsgebot nicht darauf ab, den Einzelhandel vor (stärkerer) Konkurrenz zu bewahren, sondern schützt die Planungshoheit einer Gemeinde vor schädlichen städtebaulichen Auswirkungen. Zentrale Versorgungsbereiche sollen erhalten werden, weil ihnen eine herausragende Bedeutung für Bestand und Entwicklung von Städten und Gemeinden zukommt. Dass durch die kumulative Wirkung zahlreicher großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf den Gebieten ihrer Nachbargemeinden die Auswirkungen dieser Konkurrenzsituation die von der Antragstellerin angeführte Vorschädigung ihres zentralen Versorgungsbereichs Innenstadt begründen, konnte sie jedoch gegenüber den anderslautenden fachlichen Einschätzungen nicht substantiiert darlegen. So verweist auf der einen Seite die Auswirkungsanalyse GFK darauf, dass die Wettbewerbsanfälligkeit der Innenstadt der Antragstellerin im Sportsortiment aufgrund der grundsätzlich gegebenen Konkurrenz- und Leistungsfähigkeit des dort ansässigen projektrelevanten Einzelhandels moderat sei. Auch die Untersuchung der BBE spricht trotz der Schließung von Karstadt von einem stabilen innerstädtischen Einzelhandel im Gemeindegebiet der Antragstellerin. Nach den Untersuchungen der CIMA 2017 für die Antragstellerin ist die relevante Verkaufsfläche im Zeitraum 2007 bis 2017 um immerhin 780m² gestiegen (CIMA 2017. S. 58), was trotz der niedrigen absoluten Zahlen gegen eine Dysfunktionalität spricht. Schließlich attestiert die Untersuchung der CIMA 2017 der Antragstellerin in ihrem Endbericht des Einzelhandelskonzeptes 2017, dass das Nachfragepotenzial im Gebiet der Antragstellerin im Bereich Sportartikel/Fahrräder/Campingartikel seit 2007 von 6,2 Millionen auf 13,4 Millionen Euro gestiegen sei (S. 57). Dies legt auf der einen Seite zwar im Vergleich zu den tatsächlichen Umsatzzahlen einen Nachholbedarf nahe, zeigt aber auf der anderen Seite das erhebliche Entwicklungspotenzial. Die projektrelevante branchenspezifische Situation in der Innenstadt der Antragstellerin stellt sich damit ihrem Gesamtbild nach als nicht derart prekär dar, dass das Hinzutreten der – marginalen – Auswirkungen des Vorhabens diese in eine städtebaulich beachtliche Schädigung umschlagen lässt. 73 Neben der geringen umsatzlenkenden Wirkung für die Antragstellerin ist weiterhin festzustellen, dass das Vorhaben in erster Linie die Sportartikel- und -bekleidungsbranche betrifft, auf die 2017 der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts der Antragstellerin zufolge in ihrem gesamten Stadtgebiet ein Umsatzanteil von 8,9 von 523,4 Millionen Euro (CIMA 2017, S. 52) und ein Verkaufsflächenanteil von 2.830m² von 174.840m² entfiel. Im zentralen Versorgungsbereich Innenstadt entfallen auf die Warengruppe Sportartikel einschließlich Sportbekleidung/Fahrräder/Campingartikel 1.040m² Verkaufsfläche von insgesamt 21.114m² (CIMA 2017, S.81) sowie ein Umsatzanteil von 3,4 Millionen Euro von 80,7 Millionen Euro. Gemessen an diesen Zahlen ist festzustellen, dass die betroffene Einzelhandelsbranche für den Innenstadtbereich der Antragstellerin einen nur relativ geringen Stellenwert hat und dies ebenfalls eher gegen eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Planungshoheit spricht. 74 Auch unter Berücksichtigung der ihr durch die Ziele der Raumordnung zugewiesene Funktion als Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion, auf die sich die Antragstellerin dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB berufen kann (vgl. auch VG Karlsruhe, Beschluss vom 06.03.2020 – 12 K 5237/19 –, Rn. 49; VG Würzburg, Urteil vom 19.07.2018 – W 5 K 16.931 –, Rn. 71, beide juris), ergibt sich durch die Planung und Genehmigung des Vorhabens durch die Antragsgegnerin bei summarischer Prüfung keine Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebotes zu Lasten der Antragstellerin. 75 Die Antragstellerin rügt ohne Erfolg, dass das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verletzt sei. Nach Nr. 2.3 (08) LROP 2017 dürfen ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung durch neue Einzelhandelsgroßprojekte nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Hierbei handelt es sich um ein wehrfähiges Ziel der Raumordnung (Nds. OVG, Urteil vom 15.03.2012 – 1 KN 152/10 –, Rn. 171, juris). 76 Auch diese Vorschrift stellt jedoch auf eine wesentliche Beeinträchtigung der benannten Funktionen ab. Für die Frage, wann eine wesentliche Beeinträchtigung anzunehmen ist, zieht die Rechtsprechung ihre Judikatur zu den erwartbaren schädlichen Auswirkungen i.S.v. § 34 Abs. 3 BauGB heran (Nds. OVG, Urteil vom 15.03.2012 – 1 KN 152/10 –, Rn. 185, juris). Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt demnach vor, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich "nachhaltiger" Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche (BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 – 4 C 7/07 –, Rn. 14, juris). Ergänzend kann die bereits dargestellte Rechtsprechung zu § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB berücksichtigt werden mit der Konsequenz, dass ein gutachterlich prognostizierter Kaufkraftabfluss unter 10% sich als unerheblich darstellt und eine Gefährdung des raumordnungsrechtlichen Versorgungsauftrages nicht befürchten lässt (Nds. OVG, Urteil vom 15.03.2012 – 1 KN 152/10 –, Rn. 187, 209ff, juris). Daneben fließen aber auch andere Faktoren, wie der Abstand zwischen dem betrachteten Vorhaben und dem betroffenen zentralen Versorgungsbereich, die Konstellation der "Vorschädigung" des zentralen Versorgungsbereichs oder die Gefährdung eines im zentralen Versorgungsbereich vorhandenen "Magnetbetriebs", der maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs hat (BVerwG, Urteil vom 11.10.2007 – 4 C 7/07 –, Rn. 24, juris). 77 Nach diesen Maßgaben ist eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte, der integrierten Versorgungsstandorte und der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung durch das Vorhaben nicht anzunehmen. Bereits aus den obigen Darstellungen ergibt sich nach Auffassung der Kammer, dass anhand einer Gesamtbetrachtung aller Umstände von dem Vorhaben keine unmittelbaren Auswirkungen gewichtiger Art zu erwarten sind. Bewegen sich demnach die zu erwartenden Auswirkungen unterhalb der städtebaulichen Relevanzschwelle, ist damit aber auch kontraindiziert, dass dennoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des zentralen Versorgungsbereichs anzunehmen sein könnte. 78 Ebenfalls ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin eine Verletzung des Integrationsgebotes. Die maßgebliche Bestimmung in Nr. 2.3 (05) S. 1 LROP 2017 gibt vor, dass neue Einzelhandelsgroßprojekte, deren Kernsortimente zentrenrelevant sind, im Grundsatz nur innerhalb der städtebaulich integrierten Lagen zulässig sind. Auch hierbei handelt es sich um ein hinreichend bestimmtes Ziel der Raumordnung i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, das die Aufgabe hat, eine Zersiedlung des Raums, überflüssige Verkehrsbewegungen und damit unnötige Immissionen sowie den Bau neuer Straßen zu verhindern und sicherzustellen, dass der zentrale Versorgungsstandort Innenstadt sowie Nahversorgungsstandorte im Interesse der nichtmotorisierten Bevölkerung erhalten und gestärkt werden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 17.05.2013 – 1 ME 56/13 –, Rn. 32, juris). Bei dem streitgegenständlichen Sportfachmarkt handelt es sich um ein Einzelhandelsgroßprojekt. Auch ist nicht zweifelhaft, dass der Vorhabenstandort sich nicht in einer städtebaulich integrierten Lage befindet. Das Integrationsgebot ist gleichwohl nicht betroffen, da das Kernsortiment des Sportfachmarktes nach Maßgabe des Einzelhandelskonzeptes der Antragsgegnerin von 2017 („L. Liste“) nicht zentrenrelevant ist. 79 Die Änderung des Einzelhandelskonzeptes durch die Antragsgegnerin ist rechtlich nicht zu beanstanden. Weder dem LROP 2017 selbst, noch dessen Erläuterungen lässt sich entnehmen, welche Sortimente eine Gemeinde als zentrenrelevant führen muss und welche nicht. Tatsächlich stellen die Erläuterungen vielmehr klar: 80 „Die Einteilung von zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten in sog. Sortimentskatalogen hat sich als Beurteilungs- und Entscheidungshilfe bewährt. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Sortimentsstruktur in keiner Handelsbranche statisch festlegen lässt. Die Erstellung einer abschließenden und landesweit dauerhaft gültigen Liste ist daher nicht möglich. Welche Sortimente in der jeweiligen örtlichen Situation zentrenrelevant sind, bedarf vielmehr einer Betrachtung im Einzelfall und daran anknüpfend einer näheren Konkretisierung durch die planende Gemeinde.“ 81 Aus dieser Darstellung wird ersichtlich, dass die anschließend als „in der Regel“ zentrenrelevant aufgezählten Sortimente – darunter die hier einschlägigen Sportartikel, Campingartikel, Fahrräder und Fahrradzubehör – keine rechtsverbindliche Vorgabe darstellen, sondern der für die Aufstellung der Sortimentsliste zuständigen Gemeinde lediglich eine Orientierungshilfe bieten. Die Antragsgegnerin ist daher nicht nur rechtlich in der Lage, sondern sogar dazu angehalten, ihre individuelle örtliche Situation zu berücksichtigen und eine eigene Sortimentsliste aufzustellen. Auch dass die Änderung des Einzelhandelskonzeptes hier in rechtsmissbräuchlicher Weise erfolgt ist, ist nicht festzustellen. Mit den „Empfehlungen zur textlichen Anpassung des aktuell gültigen Einzelhandelskonzeptes“ der GFK vom 04.07.2017 liegt eine fachliche Einschätzung vor, die empfiehlt, flächen- und/oder transportintensive Sortimente mit geringerer Frequenzinduktion aus der Liste der zentrenrelevanten Sortimente zu entfernen, um das Passanten- und Kundenaufkommen im unterdurchschnittlich ausgestatteten zentralen Versorgungsbereich zu erhöhen. Die BBE Handelsberatung bestätigt in ihrer gutachterlichen Stellungnahme zur „L. Liste“ 2017 diese Einschätzung als nachvollziehbar, gängig, schlüssig und in Anbetracht der örtlichen Situation als gerechtfertigt, sodass die Antragsgegnerin sich insoweit auf gleich zwei fachliche Äußerungen stützen kann. Dass die Antragsgegnerin mit dieser Entscheidung raumordnerisch einen Sonderweg geht, drängt sich auch nach einem Vergleich mit den Standorten anderer „K.“-Fachmärkte in Norddeutschland nicht auf. 82 Schließlich verfängt auch nicht der Verweis auf einen Verstoß gegen das Kongruenzgebot. Nach Ziffer 2.3 (03) S. 3 LROP 2017 soll das Einzugsgebiet eines neuen Einzelhandelsgroßprojektes in einem Mittel- oder Oberzentrum in Bezug auf seine aperiodischen Sortimente den maßgeblichen Kongruenzraum nicht wesentlich überschreiten, wobei nach Satz 5 eine wesentliche Überschreitung gegeben ist, wenn mehr als 30 vom Hundert des Vorhabenumsatzes mit Kaufkraft von außerhalb des maßgeblichen Kongruenzraumes erzielt würde. Die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob das Kongruenzgebot in der im LROP 2017 formulierten Fassung ein verbindliches Ziel der Raumordnung darstellt und welcher Kongruenzraum vorliegend maßgeblich ist, lässt das Gericht dahingestellt. Im Ergebnis könnte die Antragstellerin aus einem Verstoß der Antragsgegnerin gegen das Kongruenzgebot jedenfalls keine Beeinträchtigung einer ihr durch die Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktion und damit eine relevante eigene Rechtsverletzung ableiten. Es gelingt der Antragstellerin nicht darzulegen, dass die Überschreitung des Kongruenzrahmens durch die Antragsgegnerin in einem über den Bagatellbereich hinausgehenden Umfang Einfluss auf ihren eigenen Versorgungsauftrag hat. Die Behauptung, in der Zentralität von 400% im Ist- und 525% im Soll-Zustand und der damit einhergehenden Überschreitung des eigenen Versorgungsauftrages spiegele sich die Unterversorgung der Antragstellerin im Bereich des projektrelevanten Einzelhandels bei einer Zentralität von 66% wider, ist bei summarischer Prüfung nicht zu belegen. Das Einzelhandelskonzept der Antragstellerin selbst verweist darauf, dass mit 1,8% nur ein Bruchteil der befragten Einwohner der Antragstellerin den Einzelhandel der Antragsgegnerin als bevorzugten Einkaufsort ansehen. Gleichzeitig werden die „Sandwich-Lage“ zwischen den einzelhandelsstarken Oberzentren I. und AK. mit der einhergehenden hohen Anzahl an Auspendlern sowie der Verlauf der Weser als Ursachen für die hohen Kaufkraftabflüsse benannt. Auf der anderen Seite lassen sowohl die Kundenbefragungen im „AB.“ im Rahmen der gutachterlichen Bestimmung des Marktgebietes der Antragsgegnerin durch die GFK als auch die gutachterlichen Umsatzprognosen der BBE Handelsberatung und der GFK für das Vorhaben keine erheblichen Kaufkraftabflüsse von der Antragstellerin hin zu der Antragsgegnerin erwarten. Es wird vielmehr deutlich, dass die Einzelhandelsagglomeration in W. vor allem für die Bewohner der Antragsgegnerin sowie von I., AQ. und AE. von größerer Bedeutung ist. Aufgrund der Lage des Gewerbegebietes unmittelbar an der Grenze zu I. und der BZ., welche die benannten Gemeinden, nicht aber die Antragstellerin an I. anbindet, erscheinen diese Erkenntnisse plausibel. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die von der Antragstellerin geltend gemachte niedrige Zentralität insbesondere im Bereich Sportartikel/Fahrräder/Campingartikel festzustellen ist und durch die hohe Zentralität der Antragsgegnerin in Anbetracht der bislang in R. ansässigen Einzelhandelsunternehmen kaum zu begründen ist. Umgekehrt lässt sich etwa die relativ hohe Zentralität der Antragstellerin im Sortiment Möbel, Wohnungseinrichtungsbedarf, Glas, Porzellan, Keramik und Hausrat nicht erklären, wenn der Einzelhandelsagglomeration in R. und den dort vorzufindenden großflächigen Einzelhandelsbetrieben (AJ., AR. Baumarkt, AS. Bettenhaus und AT.) tatsächlich eine derart große Anziehungskraft für die Einwohner der Antragstellerin zukommen würde, wie diese es befürchtet. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Zentralitätskennziffern der Beteiligten, der eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der Antragsgegnerin in einer wehrfähigen Funktionszuweisung nahelegt, ist auf dieser Grundlage folglich nicht konstruierbar. 83 Dahingestellt bleiben kann, ob die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 BauGB zum Zeitpunkt der Genehmigung vorgelegen haben, insbesondere ob die erforderliche Planreife gegeben war. § 33 Abs. 1 BauGB begründet nur in demjenigen Umfang Drittschutz, in dem die antizipiert angewandten künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans selbst dem Drittschutz dienen. Eine losgelöste Berufung auf § 33 Abs. 1 BauGB unabhängig von dem Inhalt der Baugenehmigung und des Bebauungsplans ist dagegen nicht anzuerkennen (OVG Koblenz, Beschluss vom 03.04.2012 – 1 B 10136/12 –, Rn. 19, juris, m.w.N.). 84 Ebenfalls dahingestellt bleiben kann für das hiesige Verfahren das Verhältnis zwischen § 34 Abs. 3 BauGB und § 2 Abs. 2 BauGB. Insbesondere kommt es nicht auf die zwischen den Beteiligten erörterte Frage an, ob mit der Einführung des § 34 Abs. 3 BauGB für eine Anwendung des § 2 Abs. 2 BauGB auf ein Einzelvorhaben kein Raum mehr bleibt (BVerwG, Beschluss vom 24.10.2018 – 4 B 15/18 –, juris), denn aus § 34 Abs. 3 BauGB ergibt sich jedenfalls kein für die Antragstellerin günstigerer Prüfungsmaßstab. Wie bereits dargestellt müssen von einem Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche einer Gemeinde zu erwarten sein, damit diese die Genehmigung mit Erfolg im Wege einer Drittanfechtung vor Gericht beanstanden kann. Dies ist der Fall, wenn die Funktionsfähigkeit des betroffenen zentralen Versorgungsbereichs in beachtlichem Ausmaß beeinträchtigt und damit gestört wird. Eine solche Funktionsstörung liegt vor, wenn der Versorgungsbereich seinen Versorgungsauftrag generell oder hinsichtlich einzelner Branchen nicht mehr in substantieller Weise wahrnehmen kann. Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche sind nicht erst dann schädlich, wenn sie die Schwelle zur Unzumutbarkeit überschreiten. Schutzzweck des § 34 Abs. 3 BauGB ist die Vermeidung städtebaulich nachhaltiger Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche (BVerwG, Urteil vom 17.12.2009 – 4 C 2/08 –, Rn. 13, juris). Auch für diese Vorschrift stellt sich somit als entscheidend dar, dass die von dem Vorhaben zu erwartenden Auswirkungen die erforderliche Schädlichkeitsschwelle im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der zentralen Versorgungsbereiche der Antragstellerin nicht erreichen. 85 Auch auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans 23/220 „Sportfachmarkt R.“ kommt es für die Entscheidung nicht an. Drittschutz entfaltet zugunsten der Antragstellerin hier die – wie dargestellt – nicht verletzte Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 BauGB. Soweit die Antragstellerin daneben die Wirksamkeit des Bebauungsplans anzweifelt, sind die geltend gemachten Mängel nicht geeignet, sich in einer der Antragstellerin Drittschutz vermittelnden Weise auf die angegriffene Baugenehmigung auszuwirken. Sollten die Festsetzungen des Bebauungsplans 23/220 unwirksam sein, so entspräche die genehmigte Nutzung für einen Sportfachmarkt zwar nicht der Festsetzung „Teppichmarkt“ im vorausgehenden Bebauungsplan Nr. 23 (15.13-3) –M. – Teil Ost, 3. Änderung – „Teppichmarkt“, die Rechte der Antragstellerin würde dies jedoch nicht berühren (vgl. OVG Weimar, Beschluss vom 20.12.2004 – 1 EO 1077/04 –, Rn. 35, juris). Gleiches gilt, wenn auch alle vorausgehenden Bebauungspläne sich als unwirksam erweisen sollten – in diesem Fall würde sich die Genehmigungsfähigkeit nach § 34 BauGB richten, in dessen Rahmen die Antragstellerin sich nur auf die – ebenfalls nicht verletzte – Vorschrift in § 34 Abs. 3 BauGB berufen könnte. Soweit die Antragstellerin unter Verweis auf die Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Nds. OVG, Beschluss vom 30.11.2005 – 1 ME 172/05 –, Rn. 26, juris) meint, bereits aus der Unwirksamkeit des aufgestellten Bebauungsplans die Verletzung des sie schützenden Planungserfordernisses ableiten zu können, lässt sich dieser Rechtssatz der zitierten Entscheidung nicht entnehmen. Dieser Entscheidung lag vielmehr ebenso wie der dort zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 01.08.2002 – 4 C 5/01 –, juris) eine Konstellation zugrunde, in der die genehmigende Gemeinde ein Bauleitplanverfahren für das nach § 11 BauNVO sondergebietspflichtige Vorhaben nicht durchgeführt hat und den Anwendungsbereich von § 2 Abs. 2 BauGB potenziell unterlaufen hat. Eine solche Konstellation liegt hier jedoch nicht vor. 86 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen Antrag gestellt und sich somit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, vgl. § 154 Abs. 3 VwGO. 87 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an Nr. 8 e) der Streitwertannahmen der Bausenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts nach dem 01.01.2002 und Nr. 9.7.2. i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges des Bundesverwaltungsgerichts in der am 18.07.2013 beschlossenen Fassung.   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE200004384&psml=bsndprod.psml&max=true
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Tenor 1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Rostock vom 2. Mai 2019 wird zurückgewiesen. 2. Der Antragsteller trägt die in beiden Rechtszügen entstandenen Kosten. 3. Der Streitwert wird für das Antrags- und Beschwerdeverfahren auf jeweils 5746,-- € Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Streitig ist die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 in Höhe von insgesamt EUR 22.985,36 einschließlich Säumniszuschlägen, wobei vorliegend über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs zu entscheide ist. 2 Der Antragsteller (künftig. AST) ist gelernter Kfz-Mechaniker und betrieb von 2009 bis zum 28. Februar 2018 die Firma „H.“ in A-Stadt. Zuvor betrieb der AST ab 1996 eine Baufirma, die später in Insolvenz geriet. Noch während des laufenden Insolvenzverfahrens gründete der AST den o. g. Pizzaservice. Er mietete ein Geschäftslokal in der Rostocker Innenstadt und erwarb sukzessive mehrere Kraftfahrzeuge. Er beschäftigte kaum festangestellte Mitarbeiter, dafür aber viele Aushilfskräfte. 3 Am 9. November 2015 leitete das Hauptzollamt Stralsund ein Ermittlungsverfahren gegen den AST wegen Verdachts des Nichtabführens von Arbeitnehmerentgelten gemäß § 266a StGB ein. Anlass für die Ermittlungen war eine Anzeige des früheren Arbeitnehmers (künftig: AN) Y., der angab, bis zu seiner fristlosen Kündigung auf 450,00 Euro-Basis angestellt gewesen zu sein, tatsächlich seien ihm aber 700,00 EUR - 800,00 EUR gezahlt worden. Er habe im erheblichen Umfang gearbeitet (März 2015: ca. 300 Stunden, April 2015: 284,5 Stunden, Mai 2015: 287 Stunden, Juni 2015: 260 Stunden, Juli 2015:283 Stunden und im Zeitraum 1. bis 5. August 2015 49 Stunden). Er sei für den AST ab März 2015 als Geschäftsführer tätig gewesen. In diesem Zusammenhang habe er u. a. Dienstpläne erstellt, Personal eingeteilt und neue Mitarbeiter eingestellt. Es sei ihm bewusst gewesen, dass nur schwarzgearbeitet worden sei. Unter Bezugnahme auf eigene Aufzeichnungen machte er in seiner Vernehmung vom 9. November 2015 Angaben zu dem Umfang der Arbeitszeiten und zur Bezahlung von 13 Mitarbeitern des AST. 4 In der von ihm vorgelegten Lohn-Liste seien nicht die tatsächlich ausgezahlten Entgelte abgebildet worden. Hinsichtlich der Lohnzahlungen und der Stundenaufzeichnungen habe es eine doppelte Buchführung gegeben. Arbeitszeitnachweise seien für eventuelle Zollkontrollen „geschönt“ worden. Nach den von ihm vorgelegten Arbeitszeitnachweisen waren an den Wochenenden drei Köche (J., der nie samstags arbeitete; H. und M. P.) tätig (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten das Vernehmungsprotokoll vom 9. November 2015). 5 Laut den Angaben des früheren AN B., der von I. als Geschäftsführer bezeichnet wurde, der aber nicht „das Schwarze Buch“ habe führen dürfen, sei der AST stets vor Ort gewesen, habe selbst aber keine Pizza hergestellt und ausgefahren, sondern nur Anweisungen erteilt. Ansonsten seien in der Pizzeria am Wochenende 2-3 Köche und 2-3 Fahrer im Einsatz gewesen. Zu Stoßzeiten seien es mehr Fahrer gewesen (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten das Vernehmungsprotokoll vom 20. März 2019). 6 Am 12. Februar 2019 erließ die Antragsgegnerin (künftig: AG ´in) nach vorheriger Anhörung des AST mit Schreiben vom 18. Januar 2019 den mit Widerspruch vom 22. Februar 2019 angefochtenen Bescheid vom 12. Februar 2019, der auf § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. §§ 2, 6 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) gestützt wurde, und forderte von diesem für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 22.985,36 (davon Säumniszuschläge in Höhe von 6.200,00 Euro). Gegenstand der anlassbezogenen Prüfung waren ausschließlich die Mindestlohnverstöße sowie die fehlerhafte Beitragsberechnung für den AN E.. 7 Nach den Feststellungen der AG´in wurde dieser AN erst zum 8. Juni 2016 zur Sozialversicherung angemeldet, obwohl er bereits seit dem 1. Juni 2015 von dem AST beschäftigt wurde und im Arbeitsvertrag als Beginn der Beschäftigung auch der 1. Juni 2015 vereinbart wurde. Demzufolge wurden in der Lohnabrechnung für Juni 2015 zu wenig Beiträge und Umlagen berechnet und gegenüber der Minijobzentrale der Bundesknappschaft abgerechnet. Zudem ging die AG´in davon aus, dass der AST im Prüfzeitraum vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2016 nicht die Beiträge und Umlagen aus den geschuldeten Mindestlöhnen nach dem Mindestlohngesetz für die erbrachten Arbeitsleistungen der Beschäftigten über die Lohnbuchhaltung abrechnet und somit zu wenig Beiträge und Umlagen an die Einzugsstellen entrichtet habe. Nach den Feststellungen der AG´in wurden für die AN E. G., B. N. D., S. H., D. H., G. J., L. K., O. C., S. F. und G. I. im Zeitraum von 01/15 bis 08/15 nicht die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen, sondern lediglich verkürzte Arbeitsentgelte (die formal vereinbarten Arbeitsentgelte) über die Lohnbuchhaltung abgerechnet. 8 Nach den weiteren Feststellungen der AG´in entrichtete der AST als Arbeitgeber die Beiträge für die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen vorsätzlich nicht bzw. nicht in voller Höhe. Hinweise auf die Führung von schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonten wurden in den vorgefundenen Unterlagen nicht gefunden. Nur durch diese hätte die Fälligkeit des erarbeiteten Mindestlohnes hinausgezögert werden können (vgl. § 2 Abs. 2 MiLoG). Daher waren die Beiträge zur Sozialversicherung entsprechend § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in den Monaten zu zahlen, in denen die Mindestlöhne erzielt wurden. 9 Die tatsächlichen Lohnsummen und damit die tatsächlich abzuführenden Sozialbeiträge errechnete die AG´in nach der Formel 201 h/Woche x 13 Wochen / 3 Mon x 8,50 Mindestlohn/ Arbeitsstunde. Es ergaben sich geschätzte Mindestlöhne in Höhe von monatlich 7.400,00 €. Dabei ging die Beklagte von folgenden Voraussetzungen aus: Der Pizzaservice sei von montags bis freitags von 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr und von 17.00 Uhr bis 23.00 Uhr, also 9 Stunden, und samstags und sonntags von 12.00 Uhr bis 23.00 Uhr geöffnet gewesen. Daraus würden sich 67 Öffnungsstunden/Woche ergeben. Während der Öffnungszeiten sei der Pizzaservice jeweils mit drei (3) AN besetzt gewesen sei. 10 Mit seinem Schriftsatz vom 4. März 2019 beantragte der AST, "die Vollstreckung des angegriffenen Bescheides auszusetzen“. 11 Im laufenden Widerspruchsverfahren vermerkte die AG´in am 7. März 2019 in ihren Akten, dass unter Bezugnahme auf eigene Angaben des AST u. a. daran festgehalten werde, dass die Standardbesetzung des Pizzaservices aus einem Koch und zwei Fahrern bestanden habe. Diese Personalstärke sei erforderlich gewesen, um den Geschäftsbetrieb zu den Öffnungszeiten zu gewährleisten. Der Umstand, dass es an Wochenenden auch vorgekommen sei, dass sich die Besetzung verdoppelt habe, sei bei der Schätzung nicht berücksichtigt worden. Soweit der AST angegeben habe, dass er als Arbeitgeber im Betrieb anwesend gewesen sei und die Belegschaft regelmäßig nur aus einem Koch und einem oder zwei Fahrern bestanden habe, räume er damit zumindest ein, dass auch regelmäßig drei AN (ein Koch und zwei Fahrer) gleichzeitig zur Gewährleistung des Geschäftsbetriebes zu den Öffnungszeiten im Einsatz gewesen seien. Insofern seien die geschätzten Arbeitsentgelte, die der Beitragsberechnung gemäß § 28 f Abs. 2 Satz 3 SGB IV zu Grunde gelegt worden seien, angemessen und nachvollziehbar. Die Berücksichtigung von lediglich zwei AN (einem Koch und nur einem Kraftfahrer) würde zu dem Ergebnis führen, dass der AST rund 25.000 EUR zu viel gezahlt hätte. Lediglich in den Monaten 09/15, 10/15, 03/16 und 04/16 hätte er dann insgesamt rund 2.000 EUR zu wenig Beiträge abgeführt. Das sei völlig unrealistisch und widerspreche den nachweislich festgestellten fehlenden Beitragsabrechnungen in den Monaten 01/15 bis 08/15. 12 Die AG`in lehnte den o. g. Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung mit Schreiben vom 15. März 2019 ab. Die Befugnis zur Schätzung sei gegeben, da der AST seine Aufzeichnungspflichten verletzt habe. Dabei berief sie sich auf den Schriftsatz des Rechtsanwalts vom 12. April 2018, der den AST auch im Ermittlungsverfahren vertreten hatte, in dem es hieß: 13 "Insgesamt wird auch noch zu berücksichtigen sein, dass in dem Unternehmen des Herrn A. selten mehr als drei Personen gleichzeitig gearbeitet haben. Die Standartbesetzung des Pizzaservices bestand aus einem Koch und zwei Fahrern. An Wochenenden ist es auch vorgekommen, dass die Besetzung sich verdoppelt hat. Dennoch ist von einem relativ kleinen und übersichtlichen Unternehmen auszugehen, sodass ein eventuell angerichteter Gesamtschaden eher im geringeren Bereich zu suchen ist…. " 14 Diese Ausführungen im Strafverfahren dürften nach Ansicht des AST jetzt nicht als seine Erklärung gewertet und nicht zur Grundlage einer Schätzung gemacht werden. Mit Schriftsatz vom 4. März 2019 habe er gegenüber der AG´in klargestellt, dass tatsächlich neben ihm regelmäßig nur zwei AN tätig gewesen seien, so dass keine Nachforderungen bestünden oder diese deutlich geringer hätten ausfallen müssen, was die AG´in schlicht ignoriert habe. Darüber hinaus sei er auch nicht in der Lage, den angeforderten Betrag in Höhe von EUR 22.985,35 aufzubringen. Er sei vermögenslos, arbeitssuchend und erhalte kein Arbeitslosengeld. Die Familie lebe von den Einkünften der Ehefrau aus Vermietung und Verpachtung sowie aus nichtselbstständiger Arbeit. 15 Der Antragssteller hat beantragt, 16 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22. Februar 2019 gegen den Bescheid vom 12. Februar 2019 anzuordnen. 17 Die Antragsgegnerin hat beantragt, 18 den Antrag abzulehnen. 19 Ihrer Ansicht nach bestünden keine überwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides, der hinreichend bestimmt sei und die erforderlichen Rechtsquellen nenne, als auch die zur Nachforderung führenden Berechnungswege nachvollziehbar darlege. 20 Der jeweilige Rentenversicherungsträger könne sich im Rahmen der Prüfung beim Arbeitgeber nach § 28p SGB IV allein auf die im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung gewonnenen Ermittlungsergebnisse der Zollverwaltung stützen. Selbst das Unterlassen einer eigenen Betriebsprüfung beim Arbeitgeber führe als solches nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides (siehe LSG Baden-Württemberg Urteil vom 29. Juni 2017, L 10 R 592/17). 21 Der Hinweis des AST, dass sich die Besetzung an den Wochenenden gelegentlich verdoppelt habe, sei zu Gunsten des AST außer Acht gelassen worden. 22 Die Aussetzung der Vollziehung sei anzuordnen, wenn die Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts überwögen. Dies folge aus dem in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, das Vollzugsrisiko auf den Adressaten zu verlagern, um die notwendigen Einnahmen der Sozialversicherungsträger zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben sicherzustellen. Nur dann überwöge das Interesse des AST das öffentliche Interesse an der Vollziehung. 23 Die Vollziehung des Beitragsbescheides vom 12. Februar 2019 habe für den AST auch keinen erheblichen Schaden bzw. keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Es bedürfe hierfür insoweit konkreter Angaben und die Vorlage aussagekräftiger Unterlagen über die wirtschaftliche Gesamtsituation des AST bzw. Nachweise über erfolglose Gespräche mit den betroffenen Einzugsstellen im Sinne des § 76 Abs. 2 SGB IV über den Abschluss von Stundungs- bzw. Ratenzahlungsvereinbarungen. 24 Die Gefahr, dass der AST etwaig zu Unrecht erbrachte Leistungen nicht zurückerhalte, bestehe nicht, weil die Einzugsstellen regelmäßig in der Lage seien, bereits geleistete Zahlungen zurückzuerstatten. Dagegen sei die finanzielle Situation des AST bei Abschluss des gerichtlichen Verfahrens ungewiss. 25 Mit seinem Schreiben vom 4. April 2029 hat der AST die eidesstattliche Versicherung der früheren Mitarbeiter B. S. und D. übersandt, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. 26 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 2. Mai 2019 hat das Sozialgericht Rostock (SG) den Antrag abgelehnt. Der zulässige Antrag sei unbegründet. 27 Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) lägen nicht vor. Nach summarischer Prüfung bestünden keine überwiegenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12. Februar 2019. 28 Rechtsgrundlage des vorgenannten Bescheides und der Beitragsforderung der AG´in sei § 28p SGB Sozialgesetzbuch - Vierter Teil (SGB IV) i. V. m. § 28f Abs. 2 SGB IV sowie den die Versicherungspflicht regelnden §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 226 Sozialgesetzbuch - Fünfter Teil (SGB V), §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 57 Sozialgesetzbuch - Elfter Teil (SGB XI), §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 162 Sozialgesetzbuch - Sechster Teil (SGB VI) und §§ 25 Abs. 1 Satz 1, 342 Sozialgesetzbuch - Dritter Teil (SGB III). 29 Der AST habe in seiner Funktion als Arbeitgeber nicht gemäß § 28f Abs. 1 SGB IV für jeden AN getrennt nach Kalenderjahren Entgeltunterlagen in deutscher Sprache in vollem Umfang geführt. 30 Soweit die AG´in im Bescheid vom 12. Februar 2019 zunächst für namentlich aufgeführte AN geschuldete Sozialversicherungsbeiträge aufgeführt habe, weil die Beiträge nicht aus dem geschuldeten Mindestlohn für die tatsächlich erbrachten Arbeitsleistungen entrichtet worden seien, habe der AST dagegen keine Einwendungen erhoben. Eine fehlerhafte Rechtsanwendung oder Berechnung sei auch sonst nicht ersichtlich. 31 Soweit der AST sich gegen die Schätzung weiterer Arbeitsentgelte für namentlich nicht bekannte AN und die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge aus dieser Entgeltschätzung wende, würden seine Einwendungen nicht durchgreifen. 32 Der AST habe keine ausreichenden Aufzeichnungen dazu geführt, welcher AN an welchen Tagen und zu welchen Zeiten in seinem Betrieb tätig gewesen sei. Es ließe sich in Teilen schlicht nicht feststellen, wer, wann und wie lange gearbeitet habe. Daher ließen sich auf einzelne AN bezogene Lohnsummen und die daraus zu errechnenden Sozialversicherungsbeiträge nicht ermitteln. Zudem würden die vom AST geführten Entgeltunterlagen zu den zur Sozialversicherung gemeldeten AN die wahre Beschäftigungssituation im Betrieb des AST im Prüfzeitraum nicht abbilden. Vielmehr müssten schon nach dem eigenen Vortrag des AST zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes tatsächlich mehr als die gemeldeten AN im Betrieb beschäftigt gewesen sein. 33 Mit Blick auf die Verletzung der Aufzeichnungspflichten sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Lohnsumme nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV zu schätzen. Zu den Schätzmethoden enthalte das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Der Rentenversicherungsträger müsse von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen, sei aber letztlich in der Wahl seiner Mittel frei, selbst wenn das Ergebnis für den Beitragsschuldner nicht das Günstigste sei (Werner in: jurisPK-SGB IV § 28f Rn. 63). Ausgeschlossen seien nur Schätzungen, die willkürlich von vollkommen lebensfremden Verhältnissen ausgingen. 34 Insoweit habe die AG´in beanstandungsfrei zu Grunde gelegt, dass im Betrieb des AST durchschnittlich während der Öffnungszeiten jeweils drei Arbeitnehmer zum geltenden Mindestlohn beschäftigt gewesen seien und habe daraus die vom AST geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge errechnet. Soweit der AST eingewendet habe, dass regelmäßig neben ihm selbst nur zwei AN tätig geworden seien, sei dies schon nach seinem eigenen Vortrag und der von ihm vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der damaligen AN S. und D. nicht überzeugend. Zum einen habe der AST über das Schreiben seines Verteidigers im Ermittlungsverfahren vom 12. April 2018 selbst eingeräumt, dass es an Wochenenden auch vorgekommen sei, dass sich die Besetzung verdoppelt habe. Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten an die AG´in vom 4. März 2019 habe der AST zudem eingeräumt, als Betriebsinhaber nicht immer, sondern „bis auf wenige Ausnahmen selbst in dem Pizzaservice mitgearbeitet“ zu haben. Schließlich hätten auch die damaligen AN S. und D. unter dem 27. Mai 2019 bzw. dem 5. März 2019 an Eides statt versichert, dass es ganz selten vorgekommen sei, dass der AST erst nach der Ladenöffnung gekommen oder vor Ladenschluss gegangen sei, und dass es auch mal vorgekommen sei, dass der AST krank gewesen sei oder sich einen Tag freigenommen habe. Dies seien aber seltene Ausnahmefälle gewesen. Aus all diesen Umständen folge ohne weiteres, dass der Betrieb des AST eben nicht ständig mit nur zwei AN habe betrieben werden können. Vielmehr sei zumindest zu einigen Zeiten ein dritter AN zur Absicherung des Betriebes erforderlich gewesen, weil der AST selbst gerade nicht mitgearbeitet habe, und zum anderen habe es Zeiten (Wochenenden) gegeben, an denen zusätzlich zum AST deutlich mehr als zwei AN- nämlich offenbar bis zu fünf AN - gearbeitet hätten. Bei diesem Sachstand sei es nicht zu beanstanden, wenn die AG´in ihrer Schätzung eine durchschnittliche Besetzung mit drei Arbeitnehmern zu Grunde lege. 35 Aus der sich danach ergebenden Lohnsumme habe die AG´in sodann die nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträge errechnet, ohne dass insoweit Fehler gerügt worden oder sonst ersichtlich seien. 36 Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 13. Mai 2019 beim SG eingelegte Beschwerde, mit welcher der AST sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung weiter verfolgt. Die Tatsache, dass zeitweilig an Wochenenden mehr als zwei AN beschäftigt gewesen seien, rechtfertige die Annahme nicht, dass während der gesamten Öffnungszeit drei statt zwei AN beschäftigt worden seien. Die Schätzung dürfe gerade nicht im Sinne einer "Strafschätzung" oder "Druckschätzung" dazu verwendet werden, die Erklärungspflichtverletzung zu sanktionieren und ihn zur Abgabe der Erklärungen anzuhalten. Die Tatsache also, dass teilweise auch mehr als zwei AN in seinem Betrieb tätig gewesen seien, könne allenfalls einen Zuschlag auf die Lohnsumme rechtfertigen, die auf der Basis von zwei AN x 67 Arbeitsstunden zu berechnen sei. Statt einer Lohnsumme von 7.400,00 EUR im Monat (3 AN) ergäbe sich eine Lohnsumme von 4.935,00 EUR bzw. unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 10 %, eine Lohnsumme von 5.429,00 EUR. Diese Lohnsumme weiche nicht wesentlich von den ausweislich der Tabelle auf Seite 6 unten und 7 oben des Bescheides gemeldeten Arbeitsentgelten ab, sodass durchaus schon die Frage gestellt werden müsse, ob überhaupt eine Hinzuschätzung erfolgen dürfe. Die o. g. Lohnsumme liege bis auf wenige Ausnahmen unter dem Betrag, den er als Arbeitsentgelt abgerechnet habe (S. 6 unten und S. 7 oben des Bescheides der Antragsgegnerin). 37 Er habe nicht behauptet, dass er bei Abwesenheit oder Erkrankung vertreten worden sei. Zu genau dieser Frage verhielten sich die eidesstattlichen Versicherungen der AN S. und D. nicht. Sie bestätigten vielmehr, dass es auch vorgekommen sei, dass der Betrieb mit nur zwei Personen (ihn eingerechnet) aufrechterhalten worden sei. 38 Nach einem Wechsel seines Bevollmächtigten begründet der AST seine Beschwerde mit seinem Schreiben vom 27. Juli 2020 ergänzend: 39 Die AG´in habe die Feststellungen nicht im Rahmen des Amtsaufklärungsgrundsatzes verifiziert. 40 Bei den sichergestellten Arbeitszeitnachweisen (AZN) handele es sich um Falsifikate. 41 Die vorstehenden auf dem DATEV-Vordruck erstellten vermeintlichen AZN seien weder durch ihn selbst noch von einem seiner AN auf seinen Geheiß, respektive mit seinem Wissen gefertigt worden. Auch sei der auf dem DATEV-Vordruck angebrachte Stempel weder von ihm selbst noch von einem Mitarbeiter der Pizzeria auf seinen Geheiß, respektive mit seinem Wissen verwendet worden. Einen Stempel "KONTROLLIRT AM …" habe es überhaupt nicht gegeben. Des Weiteren seien auch die AZN auf dem Vordruck "Tätigkeitsnachweis", den früheren AN I. betreffend, weder von ihm selbst noch von einem seiner AN auf seinen Geheiß, respektive mit seinem Wissen gefertigt worden. Folgerichtig sei festzustellen, dass die vorstehenden vermeintlichen Beweismittel durch das HZA Stralsund am 28. Juni 2016 weder in den Geschäftsräumen der Pizzeria noch in der Nebenwohnung S. Str. noch in seiner Wohnung (Am H.) aufgefunden worden seien. Tatsächlich seien diese vermeintlichen AZN von dem vorgenannten ehemaligen AN bei seiner Anzeigeerstattung übergeben worden. 42 Offensichtlich handele es sich bei den vermeintlichen AZN um Aufzeichnungen der o. g. Person, durch die der Anschein erweckt werden solle, er selbst oder seine AN hätten diese mit seinem Wissen und Wollen erstellt. Der ehemalige AN I. sei offensichtlich psychisch gestört. Die von ihm bei der Anzeigeerstattung vorgelegten vermeintlichen AZN seien Ausdruck dieser Erkrankung, was näher erläutert wird. 43 Die Unterstellung der AG`in, er habe im Zeitraum Januar 2015 bis August 2015 die abgerechneten und gemeldeten Arbeitsentgelte nicht aus den geschuldeten Mindestlöhnen entrichtet, beruhe ausschließlich auf einer Hochrechnung des Personalschlüssels anhand der Öffnungszeiten der Pizzeria und der unzutreffenden Behauptung, dass er selbst nicht mitgearbeitet habe. 44 Es handele sich lediglich um eine Schätzung ins Blaue, soweit die AG´in von 201 Mindestarbeitsstunden ausgegangen sei. Maßgeblich für den Umfang der Personalstärke seien nicht die Öffnungszeiten, sondern der (zu erwartende) Umsatz. An umsatzschwachen Tagen habe der Betrieb womöglich sogar nur mit zwei Personen aufrechterhalten werden können. Des Weiteren habe er selbst vollschichtig im Betrieb mitgearbeitet. Das Gegenteil folge nicht aus der Aussage des früheren Mitarbeiters B. S.. Der AN S. sei in der Zeit von Februar 2015 bis August 2015 krankheitsbedingt für ihn nicht tätig gewesen. Mithin könne er für den vorstehenden Zeitraum auch keine Angaben zum Umfang seiner Tätigkeit machen. Ebenso nicht bezüglich der Monate Januar 2015 und September 2015 bis April 2016, weil der AN S. überhaupt nicht im Betrieb gewesen sei. Tatsächlich habe er selbst auch während dessen Arbeitszeiten aktiv mitgearbeitet, indem er hinter dem Tresen gearbeitet und am Telefon Bestellungen angenommen habe. 45 Dem vorgenannten Schreiben hat der AST Auszüge aus den Ermittlungsakten der Staats-anwaltschaft A-Stadt beigefügt (u. a. AZN und ein Protokoll über die Vernehmung des früheren Mitarbeiters I., in welchem u. a. mehrere vom AST abhängig Beschäftigte genannt werden). 46 Der AST beantragt sinngemäß, 47 den Beschluss des Sozialgerichts vom 2. Mai 2019 aufzuheben und die aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22. Februar 2019 gegen den Bescheid vom 12. Februar 2019 anzuordnen. 48 Die AG´in beantragt, 49 die Beschwerde zurückzuweisen. 50 Die AG´in verweist auf die Begründung des angefochten Bescheides, ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss, denen sie sich im vollen Umfang anschließt. 51 Nach fernmündlicher Auskunft der AG´in ist inzwischen noch kein Widerspruchsbescheid erlassen worden. 52 Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der entscheidungsvorbereitenden Schrift-sätze und den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten (vgl. dort insbesondere die vom AST an sein Steuerbüro übermittelten Mitarbeiterlisten, Blatt 212/213 VA) verwiesen. II. 53 Die gemäß §§ 172,173 SGG zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. 54 Die aufschiebende Wirkung des o. g. Widerspruchs kann nach summarischer Überprüfung des angefochtenen Bescheides nicht angeordnet werden, weil keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen. Aus dem Umstand, dass § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, folgt, dass nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen können, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs, hier des Widerspruchs, zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Anderenfalls wäre in Beitragsangelegenheiten angesichts der vielfach in vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch ungeklärten Verhältnisse eine Vollziehung häufig nicht durchsetzbar, was die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger beeinträchtigen könnte. Insoweit müssen erhebliche Gründe für ein überwiegendes Obsiegen in der Hauptsache sprechen, um von der in § 86a Absatz 2 Nr. 1 SGG angeordneten Risikoverteilung abzuweichen (vgl. LSG M.-V. vom 26. März 2013 –L 7 R 479/12 B ER-). Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. 55 Gegenwärtig ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig erweisen wird. Es sprechen nach der bisher bekannten Sach- und Rechtslage vielmehr gewichtige Argumente für „Schwarzarbeit“ und die Verletzung von Aufzeichnungspflichten durch den AST. 56 Ermächtigungsgrundlage für die Nachforderung ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe der Arbeitnehmer in der Sozialversicherung ge-genüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamt-sozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d. h., die für einen versiche-rungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV) zu zahlen. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III). 57 Ernsthafte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschluss folgen weder aus formellen noch aus materiellen Aspekten, insbesondere liegt keine Verletzung der Formvorschrift des § 28p Abs. 1 SGB IV vor. Im vorliegenden Fall war die Ankündigung der Prüfung gemäß § 7 Beitragsverfahrensordnung (BVV) nicht erforderlich. Bereits aus § 7 Abs. 1 S. 1 BVV ergibt sich, dass eine Ankündigung nur "grundsätzlich" erforderlich ist. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 4 BVV kann die Prüfung in den Fällen des § 98 Abs. 1 S. 4 SGB X - somit bei besonderen Gründen - auch ohne Ankündigung durchgeführt werden. Ein solcher besonderer Grund ist bei Erkenntnissen des HZA zu Schwarzarbeit zu bejahen. 58 Sofern hier auch keine Prüfung "beim Arbeitgeber" erfolgt ist, ist dies ebenfalls unschädlich. Denn insoweit handelt es sich auch um keine zwingende formelle Maßgabe (vgl. § 13 Abs. 2 i. V. m. 7 Abs. 4 BVV). 59 Es begegnet auch keinen Bedenken, dass die AG´in die Ergebnisse der vom HZA durchgeführten Ermittlungen herangezogen, auf dieser Grundlage die eigene Prüfung nach § 28p SGB IV durchgeführt und durch Verwaltungsakt abgeschlossen hat (vgl. Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29. Juli 2017 - L 10 R 592/17 – juris, Rn. 19 f.; Beschluss des Sächsisches LSG vom 12 Februar .2018 - L 9 KR 496/7 B ER – juris, Rn. 124). Gemäß § 20 Abs. 1 SGB X bestimmt die Behörde, die den Sachverhalt von Amts wegen ermitteln muss, Art und Umfang der Ermittlungen. Dabei bedient sie sich gemäß § 21 SGB X der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält. Die Behörde kann insbesondere Auskünfte jeder Art einholen (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X) sowie Urkunden und Akten beiziehen (§ 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X). Erfasst ist somit auch der Rückgriff auf Unterlagen aus dem Ermittlungsverfahren des HZA. 60 Zur Überzeugung des Senats ergeben sich beim derzeitigen Sachstand keine Anhaltspunkte dafür, dass die AG´in im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X verpflichtet gewesen wäre, vor Erlass der angefochtenen Bescheide weitere Beweiserhebungen vorzunehmen. Der Sachverhalt hat sich aufgrund der beigezogenen Verwaltungsakte als so hinreichend dargestellt, dass Feststellungen gemäß § 28p SGB IV auf dieser Grundlage getroffen werden konnten. 61 Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (sog. Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und da-durch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Nach § 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV ist ein Summenbescheid rechtswidrig, wenn ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zuzuordnen ist. So liegt der Fall hier indes nicht. 62 Vorliegend war die AG´in wegen der Verletzung der Aufzeichnungspflichten zur Schätzung berechtigt und beruht die Schätzung auch auf einer nachvollziehbaren Grundlage. Der AST kann u. a. nicht damit gehört werden, dass im Regelfall nur drei Personen, einschließlich er selbst, in dem Pizzaservice tätig waren, der frühere Mitarbeiter I., der „offensichtlich psychisch gestört“ sei, die dokumentierten Arbeitszeitnachweise ohne sein Wissen und Wollen gefertigt habe und ihm dementsprechend zu Unrecht vorgehalten werde, die geschuldeten Beiträge nicht aus den Mindestlöhnen entrichtet zu haben. 63 Entgegen der Auffassung des AST folgt aus dem angefochtenen Bescheid keinesfalls, dass die AG´in ihrer Schätzung zugrunde gelegt hat, dass drei AN jeweils wöchentlich 67 Stunden gearbeitet haben, um die vorgenannten, unstreitigen Öffnungszeiten des Pizzaservice vollständig abzudecken, was offensichtlich auch wegen der geltenden Arbeitszeitbestimmungen nicht zutreffend sein kann. Bei generalisierter Betrachtung und unter Berücksichtigung der Öffnungszeiten an den Wochenenden war neben dem AST durchschnittlich das Äquivalent der Arbeitskraft von drei abhängig Beschäftigten (zwei Fahrer, ein Koch in Vollzeit) erforderlich, um den Pizzaservice betreiben zu können. Dieses Arbeitszeitvolumen wurde nach den getroffenen Feststellungen auf eine größere Anzahl von AN verteilt. Dies schließt nicht aus, dass zu gewissen Tageszeiten eine eher geringe Nachfrage herrschte, daher im Einzelfall auch zwei Personen die Nachfrage abdecken konnten, dagegen zu anderen Zeiten (z. B. in den Abendstunden und an den Wochenenden) eine größere Nachfrage gegeben war und weitere AN eingesetzt werden mussten. 64 Soweit der AST Zweifel an den Angaben des ehemaligen AN I. äußert, wonach weitere (geringfügig beschäftigte) Fahrer (auch mit eigenen Kraftfahrzeugen) eingesetzt wurden, kann ggf. erst im Hauptverfahren geklärt werden, ob und in welchem Umfang dies zutreffend ist. Im Kern steht aber fest, dass der AST mehrere AN in denselben Zeiträumen beschäftigt hat. Für die Richtigkeit dieser Angaben spricht bereits, dass der AST nach seinem eigenen Vortrag mehrere Kraftfahrzeuge zur Auslieferung der Waren angeschafft hat. Insoweit besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese dann auch (von mehreren Personen) genutzt worden sind. Hierfür spricht ebenso der Inhalt der jeweiligen eidesstattlichen Versicherung der früheren Mitarbeiter B. S. und DaLshad, wonach zumindest an den Wochenenden weitere Fahrer eingesetzt wurden. In seiner Vernehmung hat der Mitarbeiter S. zudem angegeben, dass der AST selbst nicht als Koch oder Fahrer gearbeitet, sondern nur Anweisungen erteilt habe. 65 Die Richtigkeit der Angaben des früheren AN I. wird letztlich auch durch die vom AST selber gefertigten Mitarbeiterlisten belegt, die von ihm am 18. März 2015 für den Zeitraum Januar bis März (wohl 2015) mit 14 aufgeführten AN sowie am 22. März 2016 für den Zeitraum Oktober bis Februar (wohl 2015 und 2016) wiederum mit 14 genannten AN an seinen Steuerberater übersandt wurden (in welchen der Name des Mitarbeiters D. nicht auftaucht). Bis auf wenige Ausnahmen waren diese AN jeweils im selben Zeitraum, d. h., jeweils im konkreten Monat tätig. Schließlich erschließt sich dem Senat nicht, dass der in geschäftlichen Fragen erfahrene AST freiwillig mehr Beiträge als erforderlich gezahlt haben will (vgl. den o. g. Aktenvermerk der AG´in vom 18. März 2019). 66 Die Beitragsforderung ist auch nicht verjährt, da im Falle der hier vorliegenden Verletzung von Aufzeichnungspflichten und der Aussage des ehemaligen AN I. keine ernsthaften Zweifel an einer vorsätzlichen Vorenthaltung der Beiträge bestehen. Entsprechend greift die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV ein. Das BSG hat in seinem Urteil vom 30. März 2000 - B 12 KR 14/99 R - ausgeführt, dass Vorsatz regelmäßig vorliege, wenn für ein typisches Arbeitsentgelt (beispielsweise bei illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit) überhaupt keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet würden. Das treffe auch in Fällen nur teilweiser „Schwarzlohnzahlungen“ zu, d. h., wenn lediglich Entgeltteile nicht ordnungsgemäß verbucht und gemeldet und dadurch die gesetzlich geforderten Abzüge umgangen werden sollen (BGH-Urteil vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 320/09). Das war hier der Fall. 67 Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass sich der Betriebsprüfungsbescheid der AG´in hinsichtlich der festgesetzten Säumniszuschläge im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. 68 Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen (§ 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV). 69 Dass die Träger der Rentenversicherung im Rahmen von Betriebsprüfungsbescheiden nach § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV auch zur Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV berechtigt sind, entspricht der ständigen Rechtsprechung (vgl. z. B. Urteil des LSG NRW vom 19. Dezember 2018 - L 8 R 335/14 –, juris, Rn. 123). Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, sind Säumniszuschläge gem. § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV zu erheben; ein behördliches Ermessen besteht hierbei nicht. 70 Es spricht aufgrund des bisher ermittelten Sachverhalts nichts dafür, dass der AST i. S. v. § 24 Abs. 2 SGB IV von seiner Zahlungspflicht unverschuldet keine Kenntnis hatte und die Säumniszuschläge aus diesem Grund nicht zu erheben wären. 71 Auch die Höhe der erhobenen Säumniszuschläge begegnet keinen Bedenken. Die AG´in hat ihrer Festsetzung die gesetzliche Berechnungsvorschrift zugrunde gelegt. 72 Für die Säumniszuschläge greift ebenfalls die dreißigjährige Verjährungsfrist ein (vgl. Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 25 Rn. 62), sodass diese ebenso wie die Beiträge selbst nicht verjährt sind. 73 Eine unbillige Härte vermag der Senat – abgesehen davon, dass nicht bekannt ist, ob die jeweilige Einzugsstelle die beantragte Stundung gewährt hat - ebenfalls nicht zu erkennen. Eine solche liegt im Sinne des § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG erst dann vor, wenn dem Betroffenen Nachteile entstehen, die über die eigentlichen Zahlungen hinausgehen und die nicht oder nur schwer wiedergutzumachen sind; wenn also ein Schaden eintritt, der auch durch eine spätere Rückzahlung nicht ausgeglichen werden kann. Die Vollziehung eines rechtmäßigen Beitragsbescheides auch im Falle unterstellter ernsthafter Liquidationsprobleme stellt keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne der Vorschrift dar, denn die Beitragslast trifft jeden Beitragspflichtigen, unabhängig von seiner Vermögens- und Einkommenslage (vgl. hierzu Beschluss des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 7. Mai 2013 – L 5 KR 47/13 B ER; Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts vom 9. März 2006 – L 6 R 967/05 ER – und des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. November 2009 – L 4 KA 70/09 B ER). 74 Zur weiteren Begründung verweist der Senat auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses (vgl. § 142 Absatz 2 Satz 3 SGG). 75 Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 154 Abs. 1 VwGO. 76 Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Das Interesse des AST in seiner Funktion als Arbeitgeber entspricht auch in Betriebsprüfungsverfahren gemäß § 28p SGB IV ff. in der Regel der Höhe der zu erwartenden Beitragsforderung. Wegen des identischen wirtschaftlichen Interesses ist der Streitwert insgesamt in Höhe eines Bruchteils der Beitragsforderung anzusetzen, der hier im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen des dem Senat eingeräumten Ermessens in ständiger Rechtsprechung mit einem Viertel angesetzt wird. 77 Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar, vgl. § 177 SGG.
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Tenor Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - Einzelrichter der 11. Kammer - vom 11. September 2020 wird abgelehnt. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. 1 Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses ihren Bescheid vom 4. Februar 2020 aufgehoben hat, mit dem sie den Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Griechenland angeordnet hat. 2 Der C. geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger yezidischen Glaubens. Nach eigenen Angaben hat er den Irak am 29. Juli 2019 verlassen und sich unter anderem 2 Monate in Griechenland aufgehalten. Von dort sei er am 12. November 2019 mit dem Flugzeug nach Deutschland gereist. Im Rahmen einer Anhörung bei der Beklagten am 25. November 2019 gab er an, in keinem anderen Mitgliedstaat internationalen Schutz beantragt zu haben. Am 25.11.2019 stellte er einen förmlichen Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland. 3 Die Beklagte stellte anhand der EURODAC-Datenbank fest, dass der Kläger bereits am 8. Oktober 2019 in Griechenland Asyl beantragt hat. Am 29. November 2019 stellte die Beklagte ein Wiederaufnahmegesuch bei den griechischen Behörden. Diese erklärten am 9. Dezember 2019 die Übernahme. Über den Asylantrag des Klägers sei in Griechenland noch nicht entschieden. 4 Mit Bescheid vom 4. Februar 2020 lehnte die Beklagte den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), ordnete die Abschiebung nach Griechenland an (Nr. 3) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 15 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, weil Griechenland aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags für die Behandlung desselben zuständig sei (Art. 3 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor, weil nicht davon auszugehen sei, dass ihm in Griechenland eine menschenunwürdige Behandlung drohe. Ihm stünden vor Ort verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung, weshalb er keine Benachteiligungen zu befürchten habe. Die humanitären Bedingungen in Griechenland führten ebenfalls nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe. 5 Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 14. Februar 2020 Klage erhoben und gleichzeitig um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung der Klage führt die Prozessbevollmächtigte des Klägers - offenbar unter Verwechslung bzw. in Unkenntnis des tatsächlichen Sachverhalts - aus, der Kläger habe in Griechenland bereits internationalen Schutz erhalten. Anerkannten Schutzberechtigten drohe in Griechenland eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK. Es drohe akute Obdachlosigkeit und Verelendung. Es bestehe keine Chance, sich ein Existenzminimum aufzubauen. 6 Mit rechtskräftigem Beschluss vom 24. Februar 2020 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Für die Prüfung des Asylantrages des Klägers sei gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO Griechenland zuständig. Das griechische Asylverfahren sei jedenfalls derzeit nicht mit systemischen Mängeln behaftet. Dem Kläger drohe auch keine seine Rechte aus Art. 3 EMRK verletzende Behandlung. Die erkennende Kammer habe bereits mit Urteil vom 20. November 2019 - 11 A 265/19 - entschieden, dass in Griechenland anerkannte Schutzberechtigte, die keinen besonderen Schutzbedarf hätten (also insbesondere arbeitsfähige und gesunde Männer, bei denen jedenfalls die Möglichkeit bestehe, ein Arbeitseinkommen zu erzielen), grundsätzlich nicht mit einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung zu rechnen hätten. 7 Mit Schreiben vom 18. März 2020, gerichtet an die Präsidentinnen und Präsidenten der Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe, teilte das Bundesamt mit, dass es in den anhängigen Dublin-Verfahren alle Kläger anschreibe und ihnen gegenüber die Vollziehung der Abschiebungsanordnung vorübergehend gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO aussetze. Angesichts der Corona-Krise würden in Europa die meisten Grenzen geschlossen und Reiseverbote ausgesprochen. Da vor diesem Hintergrund Dublin-Überstellungen nicht zu vertreten seien, setze das Bundesamt bis auf weiteres alle Dublin-Überstellungen aus. 8 Mit Schreiben vom 12. August 2020 teilte das Bundesamt dem Verwaltungsgericht mit, dass es gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom selben Tage den Widerruf der Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO erklärt habe. Im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Krise seien Dublin-Überstellungen nach Griechenland wieder zu vertreten. 9 Mit Urteil vom 11. September 2020 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 4. Februar 2020 auf. Zwar sei Griechenland ursprünglich gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig gewesen. Die Zuständigkeit sei jedoch wegen Ablaufs der Überstellungsfrist auf die Beklagte übergegangen. Die reguläre Überstellungsfrist habe mit der Bekanntgabe des Beschlusses vom 24. Februar 2020, zugestellt an die Beklagte am selben Tage, neu zu laufen begonnen. Die Frist habe somit mit Ablauf des 24. August 2020 geendet. Die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO sei nicht durch die aufgrund der Corona-Pandemie ausgesprochene Aussetzung der Vollziehung entsprechend § 80 Abs. 4 VwGO für die Zeit bis zum Widerruf der Aussetzungsentscheidung unterbrochen. Der vorliegende Fall der vorübergehenden Aussetzung ausschließlich aufgrund des Vorliegens tatsächlicher Abschiebungshindernisse während der Beschränkungen infolge der COVID-19 Pandemie falle nicht in den Anwendungsbereich von Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO. 10 Die Beklagte hat am 9. Oktober 2020 die Zulassung der Berufung beantragt. Die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Im Berufungsverfahren sei die grundsätzliche Rechtsfrage zu klären, 11 „ob die Corona-Pandemie und die hierauf - insb. in Form von Aus-/Einreisesperren und der unionsweit faktischen Aussetzung des Dublin-Überstellungsverfahrens - gezeigten Reaktionen in der Europäischen Union das Bundesamt i.S.d. Art. 27 Abs. 3 bzw. 4 Dublin III-VO berechtig(t)en, die Überstellungsentscheidung auszusetzen, mit der Folge, dass damit die Überstellungsfrist unterbrochen wurde, d.h. ob die behördlich entsprechend § 80 Abs. 4 VwGO erklärte Vollzugsaussetzung im Sinn der BVerwG-Rechtsprechung (Urteil vom 09.01.2019 - 1 C 16.18 - juris) aufgrund sachgerechter Erwägungen erfolgt ist.“ 12 Die Beklagte ist der Ansicht, die durch das Bundesamt gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO vorgenommene Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung habe die Rechtsfolge, dass die in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehene Überstellungsfrist unterbrochen werde. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Überstellungsentscheidung seien nur ein möglicher Grund für behördliche Aussetzungsentscheidungen. Auch unterhalb dieser Schwelle sei eine behördliche Aussetzung zulässig, soweit sie auf sachlich vertretbaren, willkürfreien und nicht rechtsmissbräuchlichen Erwägungen beruhe. Dies leitet die Beklagte aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Januar 2019 (a.a.O.) ab. Vorliegend würden eben solche Erwägungen, namentlich die Schutzfunktion dieser Maßnahme, sowie die von den meisten Mitgliedstaaten ausgesprochenen Reise- und Einreiseverbote, die Aussetzungsentscheidung tragen. Die gegenteilige Auffassung des Verwaltungsgerichts begegne durchgreifenden Zweifeln, weil das unionsrechtliche Regelungswerk zum Dublin-Verfahren nicht eindeutig bzw. aus sich heraus auslegbar sei. Auch die Rahmenvorgaben der Dublin III-VO ermöglichten eine Auslegung im Sinne der Beklagten. Denn es zeigten sich keine sachbezogenen Gründe dafür, dass es angesichts des Art. 29 Abs. 1 UA 1 letzte Alt. Dublin III-VO nicht auch möglich sein könne, dass während der Anhängigkeit eines Rechtsmittels zugleich eine begleitende behördliche Überprüfung durchgeführt werde, die aufschiebende Wirkung gemäß § 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufgrund einer Vollzugaussetzung nach § 80 Abs. 4 VwGO entfalte. Ihre Auffassung stehe auch nicht in Widerspruch zu Mitteilungen der EU-Kommission, die sich hierin mit den erheblichen Rechtsgrundlagen gar nicht auseinandersetze. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO sei als Öffnungsklausel zu verstehen, die es den Mitgliedstaaten ermögliche, den Regelungsbereich innerhalb des definierten äußeren Rahmens durch nationales Recht zu gestalten. Auch könne das Risiko einer nicht in den Verantwortungsbereich des ersuchenden Mitgliedstaates fallenden völlig atypischen Sonderkonstellation nicht einseitig der Sphäre des ersuchenden Mitgliedstaates zugeordnet werden. Im Übrigen sei geklärt, dass dem überstellenden Staat in tatsächlicher Hinsicht stets zumindest ein zusammenhängender 6-Monatszeitraum für den Überstellungsvollzug zur Verfügung stehen solle. Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO gehe erkennbar von dem Grundgedanken aus, dass die Überstellungsfrist erst anlaufe, sobald der Überstellungsvollzug praktisch möglich sei. Es stelle sich ohnedies die Frage, ob durch die völlig atypische Situation, bei der ein Überstellungsvollzug praktisch nicht mehr möglich sei, nicht per se bereits eine Unterbrechung der Überstellungsfrist in entsprechender Anwendung von Art. 29 Abs. 1 UA 1 Alt. 1 i.V.m. Art. 27 Abs. 3 und Abs. 4 Dublin III-VO bewirkt sei. Die Dublin III-VO zeige sich insoweit planwidrig lückenhaft. Eine konkrete Regelung zur Sondersituation einer faktisch-generellen Aussetzung des Dublin-Überstellungsverfahrens enthalte die Dublin III-VO nicht. Auch sei eine solche Situation bei Schaffung der Dublin II- bzw. III-VO nicht absehbar gewesen. Diese planwidrige Regelungslücke könne und müsse durch eine Analogie geschlossen werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Vollzugsaussetzung rechtswidrig, wenn der Ablauf der Überstellungsfrist auf behördliche Versäumnisse zurückzuführen sei. Dies sei hier gerade nicht der Fall. II. 13 Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil hat keinen Erfolg. Denn der von ihr allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ergibt sich aus ihrem Vorbringen zur Begründung ihres Zulassungsantrages nicht. 14 Eine Rechtssache ist nur dann im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG grundsätzlich bedeutsam, wenn sie eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfrage oder eine obergerichtlich bislang noch nicht beantwortete Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft, die im Rechtsmittelverfahren entscheidungserheblich und einer abstrakten Klärung zugänglich ist, im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts einer fallübergreifenden Klärung in einem Berufungsverfahren bedarf, nicht schon geklärt ist und (im Falle einer Rechtsfrage) nicht bereits anhand des Gesetzeswortlauts und der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann (BVerwG, Beschluss vom 08.08.2018 - 1 B 25.18 -, juris Rn. 5, zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; ferner: GK-AsylG, Stand: Juni 2019, § 78 AsylG Rn. 88 ff. m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: April 2019, § 78 AsylG Rn. 21 ff. m.w.N). 15 Vorliegend ist die aufgeworfene Rechtsfrage nicht grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG, weil sie bereits anhand des Wortlauts von Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO und der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung sowie auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens dahingehend beantwortet werden kann, dass die Aussetzung der Überstellung aus tatsächlichen der Abschiebung entgegenstehenden Gründen gemäß § 80 Abs. 4 VwGO - hier aufgrund der COVID-19 Pandemie - durch die Beklagte nicht die Unterbrechung der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO gemäß oder entsprechend Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zur Folge hat. 16 Gemäß Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Abs. 1 c oder d Dublin III-VO aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. 17 Gemäß Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass die zuständigen Behörden beschließen können, von Amts wegen tätig zu werden, um die Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss des Rechtsbehelfs oder der Überprüfung auszusetzen. 18 Diese unionsrechtlich vorgesehene Möglichkeit wird im nationalen Recht durch § 80 Abs. 4 VwGO eröffnet. Die Aussetzung der Vollziehung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO ist zwar generell geeignet, die in Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO vorgesehene Überstellungsfrist zu unterbrechen (BVerwG, Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris Rn. 19). Ob die Aussetzung zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist führt, richtet sich aber in unionsrechtskonformer Auslegung von § 80 Abs. 4 VwGO nach der Dublin III-VO (BVerwG, Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris Rn. 25; Lehnert/Werdermann, NVwZ 2020, 1308, 1309). 19 1. Bereits der Wortlaut von Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO knüpft die Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung an das Vorliegen eines Rechtsbehelfs- oder Überprüfungsverfahrens („um“, „bis zum“). Eine Aussetzung aufgrund tatsächlicher Unmöglichkeit - wie hier als Reaktion auf die COVID-19 Pandemie - sieht Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO seinem Wortlaut nach dagegen nicht vor. 20 2. Dieses Auslegungsergebnis wird durch weitere Auslegungserwägungen hinsichtlich Systematik und Sinn und Zweck der Norm bestätigt. 21 Die systematische Stellung des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO innerhalb der Dublin III-VO unterstreicht die Anknüpfung der Unterbrechung der Überstellungsfrist an ein Rechtsbehelfs- oder Überprüfungsverfahren. So findet sich die Vorschrift in Abschnitt IV „Verfahrensgarantien“ und trägt selbst die amtliche Überschrift „Rechtsmittel“. Sinn und Zweck der Vorschrift ist mithin die Gewährleistung der Möglichkeit einer rechtlichen Prüfung der mitgliedstaatlichen Überstellungsentscheidung und damit eines effektiven Rechtsschutzes (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 10). 22 Das Dublin-System ist von dem Gedanken der Beschleunigung geprägt (vgl. Erwägungsgrund 5 Dublin III-VO), welcher mit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes in einem Spannungsverhältnis steht (EuGH, Urteil vom 07.06.2016 - C-63/15 -, juris Rn. 57; BVerwG, Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris Rn. 26). Bei der Auslegung des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO ist dieses Spannungsverhältnis zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund kann eine Aussetzung der Durchführung der Überstellungsentscheidung im Sinne des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO, die den Fristbeginn nach Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO verzögert und somit dem Beschleunigungsgedanken zuwiderläuft, nur zugunsten der Gewährung effektiven Rechtsschutzes vorgenommen werden (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 12; VG Hamburg, Beschluss vom 16.09.2020 - 9 AE 3364/20 -, juris Rn. 13; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15.09.2020 - A 9 K 4825/19 -, juris Rn. 20; VG Ansbach, Beschluss vom 23.07.2020 - AN 17 E 20.50215 -, juris Rn. 26 ff.; VG Aachen, Urteil vom 10.06.2020 - 9 K 2584/19.A -, juris Rn. 29 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18.05.2020 - 15 L 776/20.A -, juris Rn. 10 ff.; a.A. etwa: VG Karlsruhe, Urteil vom 26.08.2020 - A 1 K 1026/20 -, juris Rn. 36 ff. m.w.N.; VG Minden, Beschluss vom 06.07.2020 - 12 L 485/20.A -, juris Rn. 53 ff.). 23 Auch Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO liegt das Verständnis zugrunde, dass die tatsächliche bzw. „praktische Möglichkeit“ bzw. hier Unmöglichkeit der Überstellung von dem Ablauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist zu trennen ist. Aus Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO ergibt sich, dass die Überstellungsfrist unabhängig von der praktischen Möglichkeit der Überstellung spätestens sechs Monate nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs oder der endgültigen Entscheidung über eine rechtliche Prüfung, die aufschiebende Wirkung hat, endet. Diese Sechsmonatsfrist ist als Höchstfrist anzusehen, binnen derer die Überstellung zu erfolgen hat (Senatsbeschluss vom 18.09.2020 - 10 LA 193/20 -, n.v.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 17). Innerhalb dieser Frist hat die Überstellung zu erfolgen, sobald dies praktisch möglich ist. 24 Diejenigen Fälle, in denen die Überstellungsfrist aufgrund tatsächlicher Umstände ausnahmsweise verlängert werden kann, sind in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO ausschließlich und abschließend definiert (höchstens ein Jahr bei Inhaftierung und höchstens 18 Monate bei Flucht der betreffenden Person). Es handelt sich dabei um enumerativ aufgezählte Fälle. 25 Eine Analogie zu Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Umstände der COVID-19 Pandemie sind mit den in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO geregelten Fallkonstellationen schon nicht zu vergleichen, da der Schutzsuchende keinen Anteil an diesen Umständen hat. Es liegen also keine gleichgelagerten Sachverhalte vor, die eine Analogie überhaupt zuließen. Eine analoge Anwendung des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO auf andere, nicht vom Kläger zu vertretende oder zumindest nicht in seine Sphäre fallende Umstände, widerspräche zudem dem Beschleunigungsgedanken der Dublin III-VO (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 33 ff.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15.09.2020 - A 9 K 4825/19 -, juris Rn. 13), da über die klar begründeten Ausnahmefälle in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO hinaus eine Vielzahl anderer Fallkonstellationen denkbar wäre, in denen die Überstellung aus tatsächlichen Gründen nicht durchgeführt werden könnte. Aus diesem Grund fehlt es auch von vornherein an einer planwidrigen Regelungslücke (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 35), da der Verordnungsgeber eben nur die beiden in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO geregelten Fälle als Fristverlängerungsmöglichkeiten ausdrücklich vorgesehen hat. 26 3. Diese Auslegung entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris). Denn diese erlaubt die Aussetzung nur vor dem Hintergrund der Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Aus dem Urteil lässt sich dagegen nicht ableiten, dass jede sachlich vertretbare, willkürfreie und nicht rechtsmissbräuchliche Erwägung eine Aussetzung im Sinne von Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO stützen kann (vgl. OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 13 ff.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 15.09.2020 - A 9 K 4825/19 -, juris Rn. 13; a.A. etwa VG Minden, Beschluss vom 06.07.2020 - 12 L 485/20.A -, juris Rn. 53; VG Osnabrück, Beschluss vom 12.05.2020 - 5 B 95/20 -, juris Rn. 13 ff.). 27 Vielmehr macht das Bundesverwaltungsgericht deutlich, dass die in Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eröffnete Möglichkeit, dass auch die zuständigen Behörden die Durchführung der Überstellungsentscheidung aussetzen können, die Fallgruppen erweitert, in denen einem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung im Sinne des Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO zukommt (BVerwG, Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris Rn. 20). Dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall lag eine Aussetzungsentscheidung des Bundesamtes zugrunde, die es auf Anfrage des Bundesverfassungsgerichts getroffen hatte. Es setzte die Vollziehung der Abschiebungsandrohung aus dem dort streitgegenständlichen Bescheid bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde oder den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO aus. Erst mit dieser behördlichen Aussetzungsentscheidung stand für den dortigen Kläger fest, dass während des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu rechnen ist. Der gesamte vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall hält sich mithin im systematischen Rahmen der Aussetzung bis zur Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wie es Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO seinem Wortlaut nach vorsieht. 28 Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu lesen, auf die sich die Beklagte bezieht (BVerwG, Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16.18 -, juris Rn. 26 f.), mit denen das Bundesverwaltungsgericht klargestellt hat, dass es in jedem Fall um „die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes“ geht. Die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehen sich mithin auf eine Aussetzung bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens unter Berücksichtigung des Spannungsverhältnisses zwischen dem Beschleunigungsgedanken der Dublin III-VO und der Wirksamkeit gerichtlichen Rechtsschutzes. 29 Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass in der Rechtsprechung des EuGH anerkannt ist, dass der überstellende Mitgliedstaat über einen zusammenhängenden Sechsmonatszeitraum verfügen solle, um die Überstellung zu bewerkstelligen (EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08 -, juris Rn. 43; BVerwG, Urteil vom 08.01.2019 - 1 C 16/18 -, juris Rn. 17), steht dies dem Auslegungsergebnis ebenfalls nicht entgegen. Vielmehr fallen tatsächliche Hindernisse, die innerhalb der zusammenhängenden Sechsmonatsfrist auftreten und nicht in Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO geregelt sind, in die Risikosphäre des überstellenden Staates. 30 Auch die (nicht rechtsverbindliche Mitteilung) der EU-Kommission vom 17. April 2020 stützt die hier vertretene Auffassung (Mitteilung der Kommission vom 17.04.2020, COVID-19: Hinweise zur Umsetzung der einschlägigen EU-Bestimmungen im Bereich der Asyl- und Rückführungsverfahren und zur Neuansiedlung, 2020/C 126/02, ABl. EU C 126, S. 12, 16; ebenso OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 18; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18.05.2020 - 15 L 776/20.A -, juris Rn. 20; Verständnis als unergiebig: VG Karlsruhe, Urteil vom 26.08.2020 - A 1 K 1026/20 -, juris Rn. 50). Zwar wird Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO von der Kommission nicht ausdrücklich erwähnt. Es heißt dort aber sehr deutlich: 31 „Wird die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht innerhalb der geltenden Frist durchgeführt, so geht die Zuständigkeit nach Artikel 29 Absatz 2 der Dublin-Verordnung auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Keine Bestimmung der Verordnung erlaubt es, in einer Situation wie der, die sich aus der COVID-19-Pandemie ergibt, von dieser Regel abzuweichen.“ 32 Wie das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein zutreffend ausführt, fügt sich das Auslegungsergebnis auch in die bislang in Zusammenhang mit der tatsächlichen Unmöglichkeit der Überstellung innerhalb der Frist des Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO ergangene obergerichtliche Rechtsprechung ein (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 19). So hat etwa das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem Fall, der systemische Mängel des ungarischen Asylsystems betraf, entschieden, dass der dem Dublin-System innewohnende Beschleunigungsgedanke es gebietet, in einer solchen Situation vom Selbsteintrittsrecht des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen. Um den Anspruch auf effektiven Zugang zum Asylverfahren und auf zügige Sachprüfung nicht ins Leere laufen zu lassen, hat ein Mitgliedstaat sein Selbsteintrittsrecht auszuüben, wenn die Überstellung an den an sich für zuständig erachteten Mitgliedstaat wegen dessen mangelnder Aufnahmebereitschaft aussichtslos erscheint (Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 20.12.2016 - 8 LB 184/15 -, juris Rn. 61 m.w.N.). Auch danach ist allein die tatsächliche Unmöglichkeit der Überstellung nicht geeignet, den Beschleunigungsgedanken, der seine besondere Ausprägung in Art. 29 Abs. 1 UA 1 Dublin III-VO gefunden hat, einzuschränken (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.07.2020 - 1 LA 120/20 -, juris Rn. 19). 33 Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO). 34 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG. 35 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE200004277&psml=bsndprod.psml&max=true
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Tenor I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Klägerin ist algerische Staatsangehörige, die zu ihrem Asylbegehren im Wesentlichen familiäre sowie gesundheitliche Gründe vorgebracht hat. Sie wolle zu ihrem syrischen Ehemann in Deutschland ziehen, mit dem sie religiös verheiratet sei. Bei ihr liege eine Risikoschwangerschaft vor. Mit Bescheid vom 16. September 2020 lehnte die Beklagte den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab. Weiter stellte sie fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Ihr wurde die Abschiebung nach Algerien bzw. in einen anderen Staat angedroht. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden bis zum Ablauf der einwöchigen Klagefrist und, im Falle einer fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Die Klägerin erhob am 2. Oktober 2020 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid und beantragte: 1. Der Bescheid des Bundesamtes für ... (Gesch.-Z.: …) vom 16. September 2020, zugestellt am 25. September 2020, wird aufgehoben. 2. Die Bundesrepublik Deutschland wird verpflichtet, mich als Asylberechtigte anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVfG zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylVfG zu gewähren, weiter hilfsweise, festzustellen, dass Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Zur Begründung gab die Klägerin am 7. Oktober 2020 zu Protokoll der Urkundsbeamtin im Wesentlichen an: Sie sei im vierten Monat schwanger. Hierbei handele es sich um eine Risikoschwangerschaft. Das Gesundheitssystem in Algerien sei anders als in Deutschland. Es gebe keine Krankenversicherung. Sie sei auf die medizinische Versorgung in Deutschland angewiesen. Sie möchte mit ihrem Ehemann, mit dem sie religiös verheiratet sei, die gemeinsame Sorgepflicht für das gemeinsame Kind ausüben. Sie wolle in Deutschland offiziell heiraten. Der Ehemann besitze einen Aufenthaltstitel in Deutschland. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 beauftragte die Klägerin ihren Ehemann, sie zu vertreten. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2020, die Klage abzuweisen. Mit Beschluss vom 5. Oktober 2020 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung. Mit Beschluss vom 6. Oktober 2020 (W 8 S 20.31116) lehnte das Gericht im Sofortverfahren den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2020 hörte das Gericht die Klägerin zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid an. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Sofortsache W 8 S 20.31116) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen. Gründe Die Klage, über die gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden konnte, ist zulässig, aber offensichtlich unbegründet. Die Klage ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO), weil der Klägerin offensichtlich kein Aufenthalts- bzw. Bleiberecht zusteht (vgl. § 30 AsylG). Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.3.1979 - 1 B 24/79 - Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B.v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 - BVerfGE 65, 76; U.v. 11.12.1985 - 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 - BVerfGE 71, 276; B.v. 20.12.2006 - 2 BvR 2063/06 - NVwZ 2007, 1046). Diese Voraussetzungen für die Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet liegen vor. Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Des Weiteren nimmt das Gericht auf seinen Beschluss im Sofortverfahren (VG Würzburg, B.v. 6.10.102020 - W 8 S 20.31116) Bezug, in dem es das klägerische Vorbringen schon ausführlich gewürdigt hat. Die Klägerin hat im gerichtlichen Verfahren, insbesondere auch nach Ergehen des sie betreffenden Beschlusses im Sofortverfahren bzw. nach der gerichtlichen Anhörung zum Erlass eines Gerichtsbescheids, keine weiteren Gesichtspunkte vorgebracht, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Solche Gründe sind auch nicht sonst ersichtlich. Daher erübrigen sich weitergehende Ausführungen zu den Entscheidungsgründen. Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass - wie auch schon im Sofortverfahren ausgeführt - die Voraussetzungen für den Familienflüchtlingsschutz offensichtlich nicht vorliegen und die vorgebrachten weiteren familiären Aspekte (Eheschließungsabsicht, Anerkennung der Vaterschaft durch den Vater, Sorgerecht) nicht im vorliegenden Verfahren, sondern gesondert gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde als inlandsbezogene Abschiebungshindernisse geltend zu machen sind (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Soweit die Klägerin nun noch ihre Risikoschwangerschaft geltend macht, ist anzumerken, dass diese nicht die Annahme einer Gefahrenlage i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigt. Denn nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - BVerwGE 127, 33). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des gesundheitlichen Zustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlichen und schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen. Mit der Präzisierung des Gesetzgebers, dass lediglich lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern, wird klargestellt, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erheblich konkrete Gefahr für Leib oder Leben nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG darstellen (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2019 - 19 CS 19.2136). Weiter ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Des Weiteren ist nach § 60a Abs. 2c Sätze 2 und 3 AufenthG i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung zur Glaubhaftmachung der Krankheit erforderlich. Wird die geltend gemachte Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen soll, aber nicht durch eine qualifizierte Bescheinigung i.S.d. § 60a Abs. 2c AufenthG belegt, so bleibt es bei der gesetzlichen Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, wonach der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2019 - 19 CS 19.2136). Eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung hat die Klägerin nicht vorgelegt, sondern nur ihren Mutterpass, dem lediglich zu entnehmen ist, dass die Klägerin im Jahre 2019 schon mal einen Früh-Abort erlitten haben soll. Konkrete Ausführungen zur Risikoschwangerschaft, insbesondere zu den relevanten Folgen bei einer eventuellen Abschiebung sind im Mutterpass überhaupt nicht enthalten. Grundsätzlich ist das Bestehen einer Risikoschwangerschaft aber nicht mit einer akuten Gesundheitsgefahr für die Schwangere und das Ungeborene gleichzusetzen. Selbst wenn das Vorbringen so zu verstehen wäre, dass eine Fehlgeburt in Algerien drohen sollte, erschließt sich daraus noch nicht, dass sich dies zu einem lebensgefährdenden Zustand für die Klägerin entwickeln könnte (VG Würzburg, B.v. 28.11.2017 - W 6 E 17.33779 - juris; U.v. 8.11.2017 - W 6 K 17.30307 - juris). Im Übrigen müsste sich die Klägerin mit den Möglichkeiten der medizinischen Versorgung in Algerien behelfen. Denn grundsätzlich ist die medizinische Versorgung in Algerien mit einem für den Bürger weitgehend kostenlosen Gesundheitssystems auf niedrigem Niveau sichergestellt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der demokratischen Volksrepublik Algerien vom 11.7.2020, Stand Juni 2020 S. 22; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Algerien vom 26.6.2020, S. 29 ff.). Sollten dennoch im Einzelfall Zuzahlungen zu leisten sein, muss sich die Klägerin letztlich - wie auch schon in der Vergangenheit - in Algerien auf die eigene Arbeitskraft sowie gegebenenfalls familiäre Unterstützung oder auch finanzielle Unterstützung durch den Ehemann verweisen lassen. Abgesehen davon könnten der Klägerin bei Bedarf für eine Übergangszeit auch Medikamente mitgegeben werden (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2019 - 19 CS 19.2136). Soweit die Klägerin eine reelle Gefahr für die Leibesfrucht durch den Stress infolge einer drohenden bzw. während der Abschiebung befürchtet, handelt es sich um ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis (VG Hannover, B.v. 17.9.2019 - 5 B 3968/19 - juris), das ebenso wie die familiären Gründe nicht im vorliegenden Verfahren, sondern gegenüber der Ausländerbehörde in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen wären. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
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Tenor Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, 1. an die Klägerin 7.500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.05.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung der am 10.02.2008 geborenen Fuchsstute „X“, Transpondernummer 939000010#####, Lebensnummer 1000041000#####, 2. an die Klägerin 9.126,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2020 zu zahlen 3. an die Klägerin weitere 1.184,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.09.2020 zu zahlen. Es wird festgestellt, dass a. sich die Beklagte zu 2) mit der Annahme der im Klageantrag zu 1. näher bezeichneten Stute „X“ seit dem 28.05.2020 in Verzug befindet, b. die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin alle notwendigen Unterbringungs- und Versorgungskosten für die im Klageantrag zu 1. näher bezeichnete Stute „X“ zu erstatten, soweit diese noch nicht im Klageantrag zu 2. beziffert wurden (insbesondere Unterbringungs-, Futter-, Tierarzt-, Hufschmied-, Versicherungskosten). Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorenthalten. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Rechtsbehelfsbelehrung: 2Gegen das Versäumnisurteil ist der Einspruch statthaft. Dieser muss innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Landgericht Münster, Am Stadtgraben 10, 48143 Münster, eingehen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieses Urteils. Diese Frist kann nicht verlängert werden. 3Der Einspruch kann nur durch eine zugelassene Rechtsanwältin oder einen zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden. 4Der Einspruch muss die Bezeichnung des angefochtenen Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) sowie die Erklärung enthalten, dass Einspruch eingelegt wird. Er ist zu unterzeichnen und zu begründen, insbesondere sind Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzutragen. Nur die Frist zur Begründung des Einspruchs kann auf Antrag verlängert werden, wenn dadurch der Rechtsstreit nicht verzögert wird oder, wenn wichtige Gründe für die Verlängerung vorgetragen werden. Dieser Antrag muss ebenfalls innerhalb der Einspruchsfrist bei Gericht eingehen. Wenn der Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig begründet wird, kann allein deshalb der Prozess verloren werden. 5Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr: 6Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
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Tenor I. Die Anträge werden abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller ist Eigentümer und Betreiber des Restaurants „… …“ im Landkreis Berchtesgadener Land. In diesem Landkreis war ein erheblicher Anstieg im Hinblick auf Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus (neuartiges Coronavirus) zu verzeichnen. Am 22. Oktober 2020 lag der 7-Tage-Inzidenzwert deutlich über 250 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einem Zeitraum von 7 Tagen. Mit Allgemeinverfügung vom 19. Oktober 2020 (gültig ab 20. Oktober 2020, 14:00 Uhr), neu gefasst durch Allgemeinverfügung vom 22. Oktober 2020 (gültig ab 23. Oktober 2020, 0:00 Uhr, gültig zunächst bis 2. November 2020 20, 24:00Uhr) ordnete der Antragsgegner auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 im Landkreis Berchtesgadener Land aufgrund steigender Fallzahlen verschiedene Maßnahmen an. Das Maßnahmenpaket umfasst allgemeine Ausgangsbeschränkungen, Veranstaltungsverbote, Betriebsuntersagungen, Besuchsverbote, Schließung von Schulen und Betreuungseinrichtungen und eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum. Ziffer 3 Abs. 2 der Allgemeinverfügung in der Fassung vom 22. Oktober 2020 lautet: „Untersagt sind Gastronomiebetriebe jeder Art. Dies gilt auch für Gaststätten und Gaststättenbereiche im Freien (z.B. Biergärten, Terrassen). Ausgenommen ist die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen.“ In Ziffer 1 Abs. 2 der Allgemeinverfügung ist darüber hinaus geregelt, dass das Verlassen der eigenen Wohnung nur bei Vorliegen triftiger Gründe erlaubt ist. Ziffer 1 Abs. 3 enthält eine Aufzählung triftiger Gründe, unter anderem die Ausübung beruflicher Tätigkeiten, Versorgungsgänge für Gegenstände des täglichen Bedarfs und Einkaufen in Ladengeschäften sowie die Inanspruchnahme sonstiger Dienstleistungen wie z.B. Friseurbesuche. Auf die Allgemeinverfügung samt Begründung (abrufbar unter: https://www.lrabgl.de/fileadmin/user_upload/content/doc/Das_Landratsamt/Amtsblaetter/2020/Amtsblatt_Nr_43b_vom_22-10-2020_Volltext.pdf) wird Bezug genommen. Der Antragsteller erhob am 21. Oktober 2020 Klage gegen Ziffer 3 Abs. 2 der Allgemeinverfügung und beantragte gleichzeitig die Feststellung, dass der Besuch eines Gastronomiebetriebs einen triftigen Grund im Sinne der Ziffer 1 Abs. 2 der Allgemeinverfügung darstelle. Gleichzeitig beantragt er im Eilverfahren gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und gemäß § 123 Abs. 1 VwGO: 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 Abs. 2 der Allgemeinver fügung des Antragsgegners vom 19. Oktober 2020 in der Fassung vom 22. Oktober 2020, wird angeordnet. 2. Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass der Besuch eines Gastronomiebetriebes einen triftigen Grund im Sinne von Ziffer 1 Abs. 2 der Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 19. Oktober 2020 in der Fassung vom 22. Oktober 2020 darstellt. Zur Begründung wurde mit Schriftsätzen vom 22. Oktober 2020 und vom 23. Oktober 2020 im Wesentlichen vorgetragen, die Allgemeinverfügung sei bereits formell rechtswidrig, weil sie die Mindestanforderungen an eine hinreichende Begründung nicht erfülle. Es werde weder die richtige einschlägige Rechtsgrundlage genannt noch die Ermessensbetätigung hinreichend begründet. Die Allgemeinverfügung sei auch materiell rechtswidrig. Insbesondere fehle es an einer geeigneten Rechtsgrundlage. § 25a der 7.Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung alte Fassung (7. BayIfSMV a. F.) bzw. § 25 7. BayIfSMV (n. F.), soweit die Vorschrift aufgrund der 7-Tages-Inzidenz von über 100 überhaupt anwendbar sei und nicht vielmehr § 26 7. BayIfSMV (n. F.) in Betracht komme, seien abschließend und ermächtigten nicht zu weitergehenden, über die Vorschrift hinausgehenden Maßnahmen. Auch § 28 Abs. 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) stelle keine hinreichende Rechtsgrundlage (mehr) dar, um derartig weitreichende Grundrechtseingriffe zu rechtfertigen. Es bestünden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Rechtsgrundlage insbesondere im Hinblick auf den Parlamentsvorbehalt bzw. das Wesentlichkeitsgebot. Selbst wenn man von einer gültigen Rechtsgrundlage ausginge, so sei die Allgemeinverfügung jedenfalls ermessensfehlerhaft. Die Schließung von Gastronomiebetrieben sei nicht notwendig, da von ordnungsgemäß geführten Gastronomiebetrieben, die Abstandsvorgaben und Hygienekonzepte mit Rückverfolgungsmöglichkeiten einhielten, gegenüber den weiterhin zulässigen Tätigkeiten keine erhöhte Infektionsgefahr ausgehe. Der Antragsgegner gehe von einem diffusen Infektionsgeschehen aus. Dies widerspreche bereits den Verlautbarungen des Ministerpräsidenten, der eine private Feier als Auslöser für den enormen Anstieg der Infektionszahlen genannt habe. Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen (Transkript des Podcasts „Corona Virus-Update“ vom 13.10.2020, Professor Dr. C* … D* …*) liege gerade kein diffuses Infektionsgeschehen vor, vielmehr werde das Infektionsgeschehen durch Cluster vorangetrieben. Aus der fehlenden Fähigkeit der Gesundheitsämter, diese zu ermitteln, könne nicht auf eine diffuse Infektionstätigkeit geschlossen werden. Es gebe keinen Nachweis, dass die Infektionstätigkeit tatsächlich gerade durch den Betrieb von Gastronomiebetrieben maßgeblich gefördert werde. Es stelle sich vielmehr so dar, dass der Antragsgegner offenbar keine Kenntnis habe, wo sich die Infektionstätigkeit abspiele, und daher nun mit der Gießkanne Maßnahmen ergreife. Dass von Gastronomiebetrieben eine relevante Infektionsgefahr ausgehe, habe der Antragsgegner nicht dargetan. Als milderes Mittel gegenüber der Betriebsschließung jeglicher Gastronomie sei eine Kontrolle der Einhaltung der vorgeschriebenen Hygienekonzepte und bei Nichteinhaltung die Betriebsschließung einzelner Betriebe vorzugswürdig. Eine effektive Kontrolle der Hygienekonzepte habe nach hiesiger Kenntnis nicht stattgefunden. Das Betriebsverbot verstoße auch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Es sei nicht gerechtfertigt, dass das gesamte geschäftliche Leben im Wesentlichen fortgeführt werden könne, insbesondere Dienstleistungsbetriebe wie Friseursalons oder Kosmetikstudios, bei denen im Vergleich mit einem Gastronomiebetrieb ein wesentlich engerer körperlicher Kontakt bestehe. Für den Antragsteller bestehe ein vollständiges Berufsverbot, was ihn unverhältnismäßig belaste. Der Antragsgegner beantragt, Die Anträge werden abgelehnt. Die Rechtsgrundlage für die Allgemeinverfügung finde sich in § 28 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 IfSG in Verbindung mit § 25 der 7. BayIfSMV. Formelle Mängel seien in der aktuellen Fassung der Allgemeinverfügung vom 22. Oktober 2020 nicht ersichtlich. Die angegriffene Regelung sei verhältnismäßig. Sie sei geeignet, das legitime Ziel der Unterbrechung von Infektionsketten zu erreichen. Durch die Maßnahme werde der Kontakt innerhalb der Gastronomie beschränkt und zwar sowohl zwischen den Gästen als auch zwischen Gästen und Personal. Eine Vergleichbarkeit mit Einzelhandelsbetrieben oder Dienstleistern liegen nicht vor, da es der Bewirtung von Gästen inhärent sei, dass Geselligkeit und Beisammensitzen gefördert werde. Überall dort, wo reger Gesprächsaustausch innerhalb von Gruppen stattfinde, bestehe ein erhöhtes Infektionsrisiko. Außerdem sei zu beachten, dass die Allgemeinverfügung auch jede Art von Veranstaltungen mit Ausnahme von Gottesdiensten untersage, auch private Feiern würden unterbunden. Die Allgemeinverfügung sei bis zum 2. November 2020 befristet, ein Umstieg auf Liefer- oder Abholbetrieb zur Vermeidung drastischer finanzieller Einbußen sei zumutbar. Das Infektionsgeschehen sei diffus über den Landkreis verteilt, anderslautende Berichterstattungen seien aus Sicht des Antragsgegners nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf die Überwachung von Hygienekonzepten dürfte unstreitig sein, dass Erlass und Vollzug von Rechtsnormen oder Allgemeinverfügungen zu unterscheiden und unabhängig voneinander zu betrachten seien. Letztlich diene das verfügte Maßnahmenpaket dem übergeordneten Ziel, eine echte „Quarantäne“ wie etwa in M* … oder K* … zu verhindern. Es bestehe infolge der stark erhöhten Infektionszahlen eine Gefahr für Leib und Leben einer Vielzahl von Menschen mit der Möglichkeit einer Überforderung der personellen und sachlichen Kapazitäten des Gesundheitssystems. Der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig, da ein besonderes Feststellungsinteresse weder dargelegt noch ersichtlich sei und der Antragsteller keine Rechtsverletzung geltend machen könne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen. II. Die Anträge bleiben ohne Erfolg. 1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, da Anfechtungsklagen gegen Maßnahmen nach dem IfSG kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung entfalten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 28 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG), aber unbegründet. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn die Klage keine aufschiebende Wirkung hat. Dabei trifft das Gericht im Rahmen einer summarischen Prüfung der sich im Zeitpunkt der Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, oder diejenigen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, überwiegen. Wesentliches Element dieser Entscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid als voraussichtlich rechtswidrig, besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, bleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung. Streitgegenstand ist die Allgemeinverfügung des Antragsgegners vom 19. Oktober 2020 in der Fassung vom 22. Oktober 2020. Maßgeblich für die Beurteilung des Rechtsstreits ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, insbesondere die 7. BayIfSMV in der Fassung der letzten Änderung vom 22. Oktober 2020. 1.1. Die streitgegenständliche Allgemeinverfügung erweist sich in Ziffer 3 Abs. 2 als voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 1.1.1. Im Hinblick auf die formelle Rechtmäßigkeit bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist den Anforderungen an die Begründungspflicht gemäß Art. 39 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) Genüge getan. Nach dieser Vorschrift bedarf ein Verwaltungsakt der Begründung. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Soweit gerügt wird, der Antragsgegner habe unzutreffende Rechtsvorschriften zur Begründung herangezogen, ist zu sehen, dass Art. 39 BayVwVfG erfordert, dass eine Begründung gegeben wird, nicht jedoch, dass die Begründung in allen Punkten zutreffend sein muss. Vielmehr gibt auch eine gegebenenfalls unzutreffende rechtliche Begründung dem Betroffenen hinreichende Auskunft darüber, auf welche Gründe die Behörde den Verwaltungsakt gestützt hat (BVerwG NVwZ 1993, 572; Tiede* … in BeckOK VwVfG, 48. Stand 1.7.2020, § 39 Rn. 37). Nach ständiger Rechtsprechung kann die Heranziehung unzutreffender Rechtsvorschriften zwar die materielle Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründen, stellt aber keinen Fehler hinsichtlich der formellen Begründungspflicht dar. Einen Begründungsfehler vermag das Gericht auch nicht im Hinblick auf die Ermessenserwägungen zu erkennen. Jedenfalls die Ausführungen in der Neufassung der streitgegenständlichen Verfügung vom 22. Oktober 2020 lassen die wesentlichen Grundlagen der Entscheidung hinreichend erkennen. 1.1.2. Die Allgemeinverfügung ist auch materiell rechtmäßig. 1.1.2.1. Einschlägige Rechtsgrundlage für die Schließung von Gastronomiebetrieben ist § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG. Diese Vorschrift hat der Antragsgegner auch im Wesentlichen herangezogen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind §§ 24 bis 26 der 7. BayIfSMV in der seit 23. Oktober 2020 gültigen aktuellen Fassung ebenso wie § 25a der 7. BayIfSMV der zuvor gültigen Fassung, wonach im Falle erhöhter Inzidenzwerte besondere, verschärfte Regelungen gelten, nicht abschließend. Vielmehr lässt die 7. BayIfSMV ausdrücklich weitergehende Anordnungen der örtlich für den Vollzug des IfSG zuständigen Behörden zu. Dies ergibt sich eindeutig aus § 27 7. BayIfSMV (n.F.) bzw. § 25 7. BayIfSMV (a.F.). 1.1.2.2. Die Tatbestandsvoraussetzungen der einschlägigen Rechtsgrundlage sind erfüllt. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden. Diese Voraussetzungen liegen dem Grunde nach angesichts der anhaltenden SARSCoV-2-Pandemielage unzweifelhaft vor. Das Virus SARS-CoV-2 ist ein Krankheitserreger im Sinne von § 2 Nr. 1 IfSG, der zur Lungenkrankheit COVID-19, einer übertragbaren Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG führen kann. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts, dem der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt hat (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 - 1 BvQ 28/20 - juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 - Vf. 6-VII-20 - juris Rn. 16), handelt es sich bei der COVID-19-Pandemie weltweit und in Deutschland um eine dynamische und ernst zu nehmende Situation, wobei die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch einzuschätzen ist. Intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen bleiben nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes verfolgen weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Es ist laut Robert Koch-Institut (RKI) von entscheidender Bedeutung, die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern. Hierdurch soll die Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen gewonnen werden. Auch sollen Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.ht ml, Stand 26.10.2020). Weitere tatbestandliche Anforderungen an ein Tätigwerden stellt § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG nicht. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist die Behörde zum Handeln verpflichtet (sog. gebundene Entscheidung). 1.1.2.3. Hinsichtlich Art und Umfang der zu treffenden Schutzmaßnahmen ist der Behörde ein Auswahlermessen eingeräumt. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss. Zudem sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 - 3 C 16.11 - BVerwGE 142, 205 - juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 20 CS 20.1821 - juris Rn. 27). Die Ermessensentscheidung ist nach Maßgabe von § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich überprüfbar. Im vorliegenden Fall sind Ermessensfehler im Sinne von § 114 Satz 1 VwGO nicht ersichtlich. a) Das Gericht hat keinen Zweifel an der Notwendigkeit der Untersagung des Gastronomiebetriebs (mit Ausnahme der Abgabe und Lieferung mitnahmefähiger Speisen).  Der Antragsgegner nimmt insoweit zu Recht Bezug auf den extremen Anstieg des Inzidentswerts auf weit über 250 (Stand: 22. Oktober 2020). Damit hatte der Landkreis Berchtesgadener Land den Spitzenplatz in der Liste der höchsten Inzidenzwerte in der Bundesrepublik Deutschland erreicht. Am 26. Oktober 2020 lag Inzidenzwert laut Robert Koch-Institut immer noch bei 237 und übersteigt damit um ein Vielfaches die Werte von 35, 50 bzw. 100, ab denen die 7. BayIfSMV (n.F.) besondere Regelungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens vorsieht. Der Antragsgegner hatte daher begründeten Anlass, einem weiteren Anstieg des Infektionsgeschehens durch weitere, eigene Maßnahmen entgegenzuwirken. Zu diesem Zweck hat er ein Maßnahmenpaket geschnürt, welches erkennbar darauf gerichtet ist, Kontakte auf das notwendigste Maß zu beschränken und damit die Weiterverbreitung des Virus einzudämmen. Bestandteil dieses Maßnahmenpakets ist auch die streitgegenständliche Anordnung im Hinblick auf Gastronomiebetriebe. b) Die Untersagung von Gastronomiebetrieben jeder Art mit Ausnahme der Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen erweist sich auch als voraussichtlich verhältnismäßig. (1) Sie verfolgt den legitimen Zweck, die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus durch die Reduzierung infektionsbegünstigender physischer Kontakte zeitlich und räumlich zu verlangsamen, um so eine Überlastung des Gesundheitssystems und das Risiko einer erhöhten Sterblichkeit Betroffener an einer SARS-CoV-2-Infektion zu verhindern. (2) Die Maßnahme ist als Teil eines auf Kontaktreduzierung gerichteten Maßnahmenpakets geeignet, die Infektionsgefahr im Rahmen der Pandemiebekämpfung zu verringern und eine Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verzögern. Dabei reicht es nach allgemeinen ordnungsrechtlichen Grundsätzen aus, dass die Maßnahme zur Zweckerreichung beiträgt (vgl. BVerwG, U.v. 2.8.2012 - 7 CN 1.11 - juris Rn. 29, BayVGH, B.v. 13.8.2020 - 20 S 20.1821 - juris Rn. 27). Dass durch die Schließung von Gaststätten eine Reduzierung von - nicht unbedingt notwendigen - Kontakten bewirkt wird, liegt auf der Hand. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Begegnungen von Menschen in Gastronomiebetrieben keinerlei Beitrag zur Ausbreitung des neuartigen Coronavirus leisten. Zunächst ist festzustellen, dass die Einschätzung des Gesundheitsamtes, es liege im Landkreis ein diffuses Infektionsgeschehen vor, plausibel und nachvollziehbar erscheint. Sie beruht auf den Erkenntnissen des Gesundheitsamtes und steht im Einklang mit den Feststellungen des Robert Koch-Instituts (vgl. den täglichen Situationsbericht vom 26. Oktober 2020, Seite 7), wonach es sich in den meisten Kreisen „um ein diffuses Geschehen, mit zahlreichen Häufungen im Zusammenhang mit privaten Feiern im Familien- und Freundeskreis“ handele (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/O kt_2020/2020-10-26-de.pdf? _blob=publicationFile). Nicht belegbare Äußerungen von anderer Stelle oder aus der Presse vermögen die fachkundige Einschätzung der mit der Sache befassten Behörden nicht zu erschüttern. Soweit der Antragsteller darauf verweist, das Gesundheitsamt habe gerade keine explizite Kenntnis davon, dass sich Personen bei einem Gastronomiebesuch infiziert hätten, ist zu sehen, dass die mangelnde Kenntnis derartiger Ausbrüche gerade nicht bedeutet, dass Ansteckungen im Bereich der Gastronomie ausgeschlossen wären. Aus dem vom Antragsteller vorgelegten Transkript des Podcasts von Prof. Dr. D* … geht gerade diese Problematik hervor (Transskript des Podcasts vom 13.10.2020, Seite 4). Prof. Dr. D* … weist darauf hin, dass bei den Gesundheitsämtern insoweit Erkenntnislücken bestehen. So seien über die Hälfte aller Ansteckungsfälle nicht aufklärbar, darunter auch solche, die in Restaurants stattfinden könnten. (3) Die streitgegenständliche Maßnahme ist zum Zwecke des Infektionsschutzes auch erforderlich. Ein gleichermaßen geeignetes, aber in seinen Auswirkungen milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Insbesondere das vom Antragsteller in diesem Zusammenhang angeführte Mittel der konsequenten Einhaltung von Hygienekonzepten in der Gastronomie erscheint angesichts der aktuellen Infektionslage und deren epidemiologischer Bewertung nicht (mehr) als gleich geeignetes effektives Mittel, um in der jetzigen Situation die weitere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verlangsamen.  Das Infektionsgeschehen ist nach plausibler Darstellung des Antragsgegners nicht auf bestimmte Infektionsherde beschränkt, sondern verteilt sich diffus in der Gesamtbevölkerung und flächig über den gesamten Landkreis. Die Inzidenzwerte haben dabei bundesweit Spitzenwerte erreicht, wobei zunehmend die Gefahr eines exponentiellen Anstiegs der Infektionen bestehe, angesichts dessen eine Kontaktnachverfolgung nicht mehr zu gewährleisten sei. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner Maßnahmen ergreift, um Kontakte und Ansteckungen bei der Einnahme von Mahlzeiten in Gaststätten auszuschließen. Unter den dargelegten Umständen ist es nicht gleichermaßen effektiv, in Gaststättenbetrieben wie bisher den Betrieb lediglich den Regelungen über den Mindestabstand, die Maskenpflicht und über ein vom Betreiber auszuarbeiten und einzuhaltendes Hygienekonzept zu überantworten. Auch das strengste Hygienekonzept kann nicht verhindern, dass sich Menschen während der Einnahme von Mahlzeiten im Restaurant ohne Mund-Nasen-Bedeckung in einer sogenannten „face to face Situation“ ohne Einhaltung des Mindestabstands gegenübersitzen und über Tröpfcheninfektion oder Aerosolbildung das Virus weitergeben. Das Risiko einer Infektion im Bereich von Gaststätten ist hinnehmbar, soweit und solange das Infektionsgeschehen auf einem niedrigen Niveau stattfindet. Vor dem Hintergrund des derzeitigen Infektionsgeschehens im betroffenen Landkreis ist der Antragsgegner jedoch nicht gehindert, strengere Maßnahmen zu ergreifen. Die Untersagung von Gastronomiebetrieben (mit Ausnahme der Abgabe und Lieferung mitnahmefähiger Speisen) ist daher als Teil des Maßnahmenpakets zur gebotenen Kontaktreduzierung erforderlich, um den Zweck der Eindämmung des Infektionsgeschehens zu erreichen. (4) Schließlich steht Ziffer 3 Abs. 2 der Allgemeinverfügung auch nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck, sondern erweist sich als voraussichtlich angemessen. Die streitgegenständliche Anordnung beschränkt den Antragsteller als Eigentümer und Betreiber einer Gaststätte in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz - GG). Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt kein vollständiges Berufsverbot vor, da die Untersagung zeitlich befristet ist und die Abgabe und Lieferung mitnahmefähiger Speisen unberührt lässt. Ob der Antragsteller von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, bleibt ihm überlassen. Es liegt somit lediglich ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit vor. Der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) ist von der streitgegenständlichen Maßnahme nicht berührt, da die Eigentumsfreiheit nicht den Erwerb, sondern das Erworbene schützt, mithin nicht künftige Gewinnerwartungen. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Betrieb des Antragstellers durch die zeitlich befristete Maßnahme derzeit in seiner Existenz gefährdet wäre. Da der Eingriff somit auf der Ebene der Berufsausübung erfolgt, müssen zu seiner Rechtfertigung vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls vorliegen (BVerfG, B.v. 20.12.2017 - 1 BvR 2233/17 - juris Rn. 11 m.w.N.). Dies ist hier im Hinblick auf den angestrebten Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung sowie des Funktionierens des Gesundheitssystems zu bejahen. In der Abwägung mit den Rechten der Bevölkerung auf Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 GG), die zu schützen der Staat die strenge Pflicht hat, tritt die Berufsfreiheit des Antragstellers zurück. Angesichts des dynamischen Anstiegs der Infektionszahlen im betroffenen Landkreis besteht die Gefahr einer Vielzahl von Erkrankungen mit COVID-19, welche insbesondere für ältere Menschen und Risikopatienten die Gefahr eines tödlichen Verlaufs mit sich bringt. Ferner ist zu befürchten, dass bei einem Anstieg der Infektionszahlen nicht nur Ärzte und Krankenhäuser, sondern auch Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Infektionsketten überlastet werden. Angesichts der hochwertigen Rechtsgüter Leib und Leben, der möglichen gravierenden, teils irreversiblen Folgen eines weiteren Anstiegs von Infektionen und Erkrankungen einer Vielzahl von Personen ist der Eingriff trotz seiner nicht unerheblichen Intensität als voraussichtlich angemessen zu bewerten. Die Untersagung von Gastronomiebetrieben greift auch nicht unverhältnismäßig in das Recht des Antragstellers auf Gleichbehandlung (Art. 3 GG) ein, weil Einzelhandel und Dienstleistungsbetriebe von Betriebsuntersagungen nicht betroffen sind. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Differenzierende Regelungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angemessen sind (st. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 24. März 2015 - 1 BvR 2880/11 -, juris, Rn. 38 f., m. w. N.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 76). Vorliegend besteht ein angemessener sachlicher Differenzierungsgrund. Das Maßnahmenpaket der Allgemeinverfügung ist erkennbar von dem Gedanken getragen, persönliche Kontakte auf den Bereich des Notwendigen zu beschränken und Vergnügungen, Freizeittätigkeiten und Geselligkeit zu untersagen. Der Gaststättenbereich ist eindeutig dem Bereich Freizeit, Vergnügungen und Geselligkeit zuzuordnen und unterscheidet sich daher von notwendigen Besorgungen im Einzelhandel oder etwa der Inanspruchnahme von Dienstleistungen im Rahmen eines Friseurbesuchs. Ein weiterer Differenzierungsgrund liegt darin, dass persönliche Kontakte im Rahmen des Einzelhandels und der weiterhin erlaubten Dienstleistungen in der Regel zeitlich von kurzer Dauer sind und Hygienekonzepte beachtet werden müssen, die insbesondere das dauerhafte Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen beinhalten, während sich beim Gaststättenbesuch Personen ohne Mund-Nasen-Bedeckungen über einen längeren Zeitraum „face to face“ gegenübersitzen. 1.1.2.4. Der Einwand des Antragstellers, § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG stelle keine hinreichende Rechtsgrundlage (mehr) dar, um weitreichende Grundrechtseingriffe wie Betriebsschließungen zu rechtfertigen, da die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Bestimmtheit, Parlamentsvorbehalt und Wesentlichkeitsgebot nicht gewahrt seien, verfängt jedenfalls im Eilverfahren bei summarischer Prüfung derzeit nicht. Dabei ist zu sehen, dass die Rechtsgrundlage in ihrem Wortlaut nicht so genau wie irgend möglich gefasst sein muss, sondern von Verfassung wegen nur hinreichend bestimmt zu sein hat. Daher genügt es, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mithilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte der Norm. Welche Anforderungen an das Maß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelnen zu stellen sind, lässt sich aber nicht allgemein festlegen. Zum einen kommt es auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen an. Je schwerwiegender die grundrechtsrelevanten Auswirkungen für die von einer Rechtsverordnung potentiell Betroffenen sind, desto strengere Anforderungen gelten für das Maß der Bestimmtheit sowie für Inhalt und Zweck der erteilten Ermächtigung. Zum anderen hängen die Anforderungen von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts ab, insbesondere davon, in welchem Umfang der zu regelnde Sachverhalt einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist. Insoweit ist im Rahmen der Pandemiebekämpfung zu sehen, dass sich nicht von vorneherein bestimmen lässt, welche Schutzmaßnahmen im Einzelfall in Betracht kommen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 30.3.2020 - 20 NE20.632 - juris Rn. 40 ff.). Die stets sich verändernde Pandemielage und die fortschreitende Entwicklung medizinischer und epidemiologischer Erkenntnisse erfordern eine stete Anpassung verschiedener, im vorneherein nicht abschließend bestimmbarer Maßnahmen. Der Gesetzgeber selbst hat dazu sinngemäß ausgeführt, dass eine generelle Ermächtigung geboten sei, um für alle Fälle gewappnet zu sein (vgl. BT Drs. 8/2468 S. 27 f.). Das Gericht geht daher davon aus, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsgrundlage derzeit noch gewahrt sind. Nach alledem erweist sich die erhobene Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als voraussichtlich erfolglos. Für welchen Zeitraum die Anordnung aufrechterhalten werden kann, hängt vom Fortgang des Infektionsgeschehen ab, welches der Antragsgegner sorgfältig zu beobachten hat. Wegen der nicht vorhersehbaren Dynamik der Entwicklung ist eine gerichtliche Prognose der zulässigen Zeitdauer - wie vom Antragsteller gewünscht - nicht möglich. 1.2. Selbst, wenn man die Erfolgsaussichten als offen betrachten würde, führte eine Interessenabwägung dazu, dass die von dem Antragsteller geltend gemachten Gründe für die einstweilige Außervollzugsetzung der Anordnung die für den weiteren Vollzug sprechenden Gründe nicht überwiegen. Zwar kommt es durch die getroffene Anordnung zu einer Beschränkung des Antragstellers in seiner Berufsfreiheit von einigem Gewicht. Allerdings wäre das Gewicht eines rechtswidrigen Eingriffs gleichwohl weniger hoch einzuschätzen als die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der streitgegenständlichen Anordnung. Würde der Vollzug ausgesetzt, wäre jedenfalls nicht auszuschließen, dass es - in welchem Umfang auch immer - zu einem weiteren Fortschreiten des Infektionsgeschehens mit den dargestellten Gefahren für überragend wichtige Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Funktionieren des Gesundheitssystems) kommen würde. Da somit das Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt, war der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen. 2. Der Antrag gemäß § 123 VwGO auf vorläufige Feststellung, dass der Besuch eines Gastronomiebetriebes einen triftigen Grund im Sinne von Ziffer 1 Abs. 2 der Allgemeinverfügung darstellt, ist unzulässig, da es am Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Da - wie soeben erörtert - die Untersagung des Gastronomiebetriebs voraussichtlich rechtmäßig ist und die aufschiebende Wirkung der Klage nicht angeordnet wurde, ist dem Antragsteller die begehrte Feststellung nicht von Nutzen. Ohne Gäste bewirten zu dürfen, hat der Antragsteller keinen Vorteil von der Feststellung, dass ein Besuch seiner Gaststätte einen triftigen Grund darstellen würde. 3. Gemäß § 154 Abs. 1 VwGO hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. 4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m Nr. 1.5. Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Aufgrund der faktischen Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens angesichts der befristeten Laufzeit der Allgemeinverfügung unterbleibt dabei eine Reduzierung des Streitwerts gegenüber dem Hauptsacheverfahren um die Hälfte. Das Gericht misst dem Feststellungsantrag jedenfalls im Eilverfahren keine eigenständige streitwertrelevante Bedeutung zu (Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs).
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 13.000,00 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Der am 9. März 2020 bei Gericht eingegangene Antrag, 3dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu unter-sagen, die ihm für den Monat März 2020 zur Verfügung stehende und nach A 10 LBesO bewertete Beförderungsstelle mit der Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist, 4hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet. 5Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts des Antragstellers nur getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. 6Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. 7Im Hinblick darauf, dass der Antragsgegner die Absicht hat, die in Streit stehende Stelle alsbald mit der Beigeladenen zu besetzen, besteht ein Anordnungsgrund. Denn durch die Beförderung der Mitbewerberin und deren Einweisung in diese Stelle würde der geltend gemachte Bewerberverfahrensanspruch endgültig vereitelt. 8Der Antragsteller hat indes einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. 9In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die vom Dienstherrn im Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren – rechtmäßigen – Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls möglich erscheint. 10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Oktober 2010 – 1 B 901/10 –, juris, Rn. 7 f. m.w.N. 11Bei der Prüfung dieses Bewerbungsverfahrensanspruchs ist im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (erforderlichenfalls) derselbe Maßstab anzulegen wie im Hauptsacheverfahren. 12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2006 – 1 B 41/06 –, juris, Rn. 4 f. m.w.N. 13Ein Beamter hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes, er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr eine rechts-, insbesondere ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Materiell-rechtlich hat der Dienstherr bei seiner Entscheidung darüber, wem von mehreren Bewerbern er die Stelle übertragen will, das Prinzip der Bestenauslese zu beachten und Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Konkurrenten zu bewerten und zu vergleichen (Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG i.V.m. § 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW). Bei diesen Kriterien handelt es sich um Gesichtspunkte, die Aufschluss darüber geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Qualifikationsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat. Dieser Vergleich ist in erster Linie anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. 14Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19. August 2013 – 6 B 816/13 –, juris, Rn. 4 f. m.w.N. 15Nach dieser Maßgabe ist die streitgegenständliche Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden. Denn die Beigeladene weist gegenüber dem Antragsteller - ausweislich ihrer dienstlichen Beurteilung vom 3. August 2017 - einen Leistungsvorsprung auf. Zwar enden beide Beurteilungen mit dem Gesamturteil auf jeweils drei Punkte. Die Beigeladene erzielte hingegen insgesamt 21 Punkte und damit einen Punkt mehr als der Antragsteller (Wertesumme 20 Punkte). 16Nicht entscheidungserheblich ist in diesem Zusammenhang die zwischen den Beteiligten aufgeworfene Rechtsfrage, ob die dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 6. Dezember 2019 bereits deswegen rechtsfehlerhaft sein könnte, weil es im Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilungen an einheitlichen Vorgaben für die Gewichtung der Bewertungen der Einzelmerkmale bei der Gesamturteilsbildung fehlte. 17Vgl. grundlegend: Urteil der Kammer vom 12. Dezember 2018 - 2 K 17925/17 -, juris; im Nachgang hierzu OVG NRW, Urteil vom 2. Dezember 2019 - 6 A 420/19 -, juris. 18Denn aus einem solchen Rechtsfehler könnte der Antragsteller im vorliegenden Verfahren nichts für sich herleiten. 19Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation: Beschluss der Kammer vom 25. August 2020 - 2 L 3045/19 -, juris. 20Erweist sich eine Auswahlentscheidung als rechtlich fehlerhaft, kommt nach ständiger Rechtsprechung die begehrte Untersagung der Stellenbesetzung nur dann in Betracht, wenn sich der Rechtsverstoß auf die Erfolgsaussichten der Bewerbung des Antragstellers auswirken kann. Maßgeblich ist, ob die Aussichten des unterlegenen Bewerbers, in einem neuen, den aufgezeigten Rechtsfehler vermeidenden Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, offen sind, d. h. seine Auswahl ernsthaft möglich erscheint. Die Beurteilung, ob die Auswahl des unterlegenen Bewerbers bei Vermeidung des Rechtsfehlers möglich erscheint oder vollkommen ausgeschlossen ist, setzt eine wertende Betrachtung der Umstände des Einzelfalls voraus. Diese Entscheidung kann einerseits nicht schon im Falle einer - grundsätzlich immer gegebenen - „theoretischen Chance“ des erfolglosen Bewerbers, ausgewählt zu werden, in dessen Sinne ausfallen. Andererseits haben die Gerichte zu beachten, dass es nicht ihre Aufgabe ist, den besser geeigneten Bewerber zu bestimmen und eine eigene Prognose der Erfolgsaussichten der Bewerbung vorzunehmen. 21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2020 - 6 B 1414/19 -, juris, Rn. 4 ff. 22Im Streitfall erscheint es nicht ernsthaft möglich, dass eine unter Vermeidung des von den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachten Rechtsfehlers getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Antragstellers ausfällt. Der Antragsgegner hat bereits mit Schreiben vom 29. November 2018 in dem oben angeführten und den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bekannten Verfahren 2 K 17925/17 mitgeteilt, dass eine (unterschiedliche) Gewichtung der Einzelmerkmale im Beurteilungsverfahren nicht erfolgt sei. Dass der Antragsgegner bei einer erneut zu treffenden Auswahlentscheidung eine hiervon abweichende Verwaltungspraxis an den Tag legen würde, ist nicht ersichtlich. Die bisherige Verwaltungspraxis des Antragsgegners entspricht im Übrigen auch der Neufassung der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei (BRL Pol), Runderlass des Ministeriums des Innern (Az.: 403-26.00.05) vom 14. Mai 2020. Nach Nummer 8.1 Satz 2 BRL Pol ist sämtlichen Einzelmerkmalen gemäß Nummer 6.1 für die Bildung des Gesamturteils gleiches Gewicht beizumessen. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller - wie bereits festgestellt - eine gegenüber der Beigeladenen um einen Punkt geringere Wertesumme (20 Punkte) aufweist, erscheint eine neuere und zu seinen Gunsten ausfallende Auswahlentscheidung nicht als ernsthaft möglich. Dies gilt auch deshalb, weil die Absenkung in dem Einzelmerkmal „Soziale Kompetenz“ von drei auf zwei Punkten Rechtsfehler nicht erkennen lässt. 23Stimmen Erst- und Endbeurteilung bei der Bewertung der Merkmale und des Gesamturteils nicht überein, so hat der Schlusszeichnende nach Nr. 9.2 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinien für die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im Bereich der Polizei (Runderlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales vom 29. Februar 2016, Az.: 403-26.00.05) die abweichende Beurteilung zu begründen. Vorliegend hat der Endbeurteiler die Absenkungsentscheidung wie folgt begründet: 24„PK L.      -U.     war im Allgemeinen kooperativ und freundlich zu seinen Kollegen. Er zeigte sich auch meistens ausgeglichen und respektvoll gegenüber seinen Vorgesetzten. Die Teamfähigkeit, Verantwortungsbereitschaft und Zuverlässigkeit liegt bei PK L.      -U.     annähernd im Durchschnitt. Im Verhältnis zu den anderen Beamtinnen und Beamten der Vergleichsgruppe ist die soziale Kompetenz des PK L.      -U.     nicht so ausgeprägt, wie es einer Bewertung mit 3 Punkten entsprechen sollte. Vor allem die Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen sowie Vorgesetzten entspricht nicht diesen Anforderungen.“ 25Der Einwand des Antragstellers, die Absenkungsentscheidung sei nicht mit der Stellungnahme des Erstbeurteilers vom 9. Oktober 2018, die dieser im Rahmen eines gegen ihn - den Antragsteller - anhängigen Disziplinarverfahrens verfasst habe, in Einklang zu bringen, verfängt nicht. Die in Bezug genommene Stellungnahme von PHK B.       verhält sich bereits nicht zu der (bemängelten) Zusammenarbeit des Antragstellers mit dessen weiteren Vorgesetzten. So hat der Leiter der Polizeiwache P.          unter dem 17. Oktober 2019 auch unter Hinweis darauf, dass unter anderem die Zusammenarbeit mit Vorgesetzten nicht den Anforderungen an eine 3-Punkte-Berteilung entspreche, die im Streit stehende Absenkung vorgeschlagen. Dem haben sich die weiteren Dienstvorgesetzten, EPHK T.        und PD C.      , und schlussendlich auch der Endbeurteiler angeschlossen. In der Beurteilungskonferenz ist hierzu am 7. November 2019 festgehalten worden, dass gegen den Antragsteller im Beurteilungszeitraum ein Disziplinarverfahren unter anderem wegen der privaten Nutzung dienstlicher Computer eingeleitet worden sei. Der in diesem Zuge ergangenen Anweisung, dieses Fehlverhalten zu unterlassen, habe sich der Antragsteller widersetzt. Zu diesem Vorhalt verhält sich die vom Antragsteller ins Feld geführte Stellungnahme seines unmittelbaren Dienstvorgesetzten nicht. Dies gilt auch hinsichtlich des weiteren in der Beurteilerkonferenz festgehaltenen Vorhalts, der Antragsteller habe wiederholt daran erinnert werden müssen, mit seiner Dienstwaffe sorgfältig umzugehen und sie entsprechend sicher im Waffenfach aufzubewahren. Der Antragsteller sei angesichts des Umstandes, dass er aus den gegen ihn geführten Disziplinarverfahren keine Lerneffekte erziele, „anhaltend als verantwortungslos und unzuverlässig einzustufen“. Hiergegen hat der Antragsteller keine substantiierten Einwände geltend gemacht. Seine Rüge, die ihm gegenüber erhoben Vorwürfe, er habe sich wiederholt Anweisungen widersetzt und gehe mit seiner Dienstwaffe nicht sorgfältig um, würden sich in seiner Beurteilung gar nicht wiederfinden, geht fehl. Denn in der Anlage IV zu der im Streit stehenden dienstlichen Beurteilung nimmt der Endbeurteiler Bezug auf die Beurteilungskonferenz vom 7. November 2019, in der gerade dieses Fehlverhalten hervorgehoben worden ist. 26Auch der Einwand, die im Rahmen der Auswahlentscheidung erfolgte Faktorisierung der Einzelmerkmale Arbeitseinsatz (Faktor 1,3) und Leistungsgüte (Faktor 1,7) sei rechtswidrig, verhilft dem Antrag nicht zum Erfolg. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller und die Beigeladene in diesen Merkmalen gleich beurteilt worden sind, wirkt sich eine insoweit vorgenommene besondere Gewichtung dieser Einzelmerkmale im Verhältnis der Bewerber zueinander nicht weiter aus. 27Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Dem Antragsteller waren auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil sie einen (obsiegenden) Prozessantrag gestellt und sich damit am Kostenrisiko beteiligt hat. 28Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 und den Sätzen 2 und 3 GKG und § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs. Hiernach ist für den Antrag auf vorläufige Freihaltung der Beförderungsstelle ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des angestrebten Amtes (Besoldungsgruppe A 10) in Ansatz gebracht worden. 29Rechtsmittelbelehrung: 30(1)       Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. 31Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 32Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht. 33Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe. 34Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 35Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 36(2)       Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 37Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 38Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 39Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 40Die Beschwerdeschrift soll möglichst 2-fach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 41War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 3. OG Mitte im Haus…, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Korridor, 1 Bad mit Toilette sowie den rechts von der Kellertreppe, geradeaus neben dem Heizungsraum gelegenen Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. 2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist gewährt bis 31.03.2021. Tatbestand Die Klägerin begehrt die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach vorangegangener Kündigung wegen Eigenbedarfs. Mit Mietvertrag vom 01.01.1998 mietete die Beklagte vom Rechtsvorgänger der Klägerin, Herrn … die streitgegenständliche Dreizimmerwohnung im 3. OG Mitte im Haus mit einer Wohnfläche von ca. 75 qm, nebst Keller. Beginn des Mietverhältnisses war der 01.01.1989 (zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 01.01.1989, vorgelegt als Anlage K1, Bezug genommen). Die monatliche Teilinklusive Miete betrug zunächst 550,00 DM zzgl. 20,00 DM Pauschale für Treppenreinigung, zuletzt betrug der Mietzins 370,91 € zzgl. 10,00 € Pauschale für Treppenreinigung. Nach dem Tod des ursprünglichen Eigentümers und Ehemanns der Klägerin hat die Klägerin ihren Anteil am Grundstück … auf ihre beiden Kinder, … übertragen. Gleichzeitig wurde zugunsten der Klägerin am Grundstück … ein Nießbrauch bestellt und im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 27.02.2019, Zugang am 28.02.2019, kündigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin das Mietverhältnis ordentlich mit Kündigungsfrist zum 29.02.2020 wegen Eigenbedarfs (zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Kündigung vom 27.02.2019, vorgelegt als Anlage K2, Bezug genommen). Weiter wurde in dieser Kündigung einer stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses widersprochen und auf das Widerspruchsrecht des Mieters hingewiesen. Vor Ablauf der Kündigungsfrist wurde eine Wohnung im 4. OG links, im selben Haus frei. Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 29.03.2019 bot die Klägerin diese freiwerdende Wohnung der Beklagten als Alternativwohnung zum Bezug an und bat um Rückäußerung bis 24.04.2019. In diesem Schreiben heißt es wörtlich: „Namens unserer Mandantin teilen wir mit, dass vor Ablauf der Kündigungsfrist der erklärten Eigenbedarfskündigung die Wohnung im 4. OG links im Haus…, bestehend aus 2 Zimmern, einem Bad, eine Küche und eine Diele/Flur mit einer Fläche von etwa 55 qm frei wird. Unsere Mandantin bietet Ihnen diese Wohnung als Alternativwohnung zum Bezug an und zwar zu folgenden Konditionen: Vertragsbeginn: 01.07.2019; monatliche Teilinklusivmiete: € 640.00; zuzüglich Pauschale für Treppenreinigung: € 10,00.“ (Zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 29.03.2019, vorgelegt als Anlage K5, Bezug genommen). Eine Rückäußerung seitens der Beklagten erfolgte nicht. Nachdem die Beklagte auf das Angebot nicht reagierte, teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 09.05.2019 mit, dass die angebotene Alternativwohnung ab dem 20.05.2019 an andere Mietinteressenten vergeben werde. Auch auf dieses Schreiben reagierte die Beklagte nicht. Mit Schreiben des Mietervereins … vom 06.12.2019 ließ die Beklagte die Kündigung zurückweisen (zu den weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 06.12.2019, vorgelegt als Anlage K8, Bezug genommen). Die Klägerin trägt vor, sie benötige die Wohnung für ihren Enkel, den Zeugen…, welcher gemeinsam mit dessen Sohn dort einziehen solle. Derzeit, so die Klägerin, bewohne … die ca. 50 m² große Wohnung im 2. OG rechts im selben Haus. Sein im April 2006 geborener Sohn … lebe seit März 2018 dauerhaft bei ihm. Er habe alters- und entwicklungsbedingt den Wunsch nach Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre und brauche ein ausreichend großes eigenes Zimmer. Dieser Wohnbedarf könne in der jetzigen Wohnung nicht verwirklicht werden, weil diese Wohnung sowohl vom Zuschnitt als auch von der Fläche für Vater und Sohn zu klein sei. Geeigneter Alternativwohnraum stehe der Klägerin nicht zur Verfügung. Mittlerweile sei er 14 Jahre alt, und die derzeitige Wohnsituation werde dem Wohnbedarf eines Erwachsenen und eines Jugendlichen nicht gerecht. Die Wohnung verfüge nur über zwei Zimmer, Flur, Küche, Bad und WC, wobei das größere der beiden Zimmer ein sogenanntes Durchgangszimmer sei (Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift und den Schriftsatz vom 17.07.2020 Bezug genommen). Die Klagepartei trägt weiter vor, die der Beklagten im März 2019 angebotene Alternativwohnung im 4. OG sei auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten für diese geeignet und ohne weiteres akzeptabel gewesen. Die Wohnung sei mit einer Fläche von 55 qm für eine Einzelperson ohne weiteres ausreichend. Sie verfüge über zwei Zimmer, einen Flur, ein Bad und eine Küche. Die Alternativwohnung hätte sich auch im selben Haus befunden und liege lediglich ein Stockwerk höher als die bisherige Wohnung (zu den weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 17.07.2020 Bezug genommen). Die Klägerin beantragt, 1.Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 3. OG Mitte im Haus…, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Korridor, 1 Bad mit Toilette sowie den rechts von der Kellertreppe, geradeaus neben dem Heizungsraum gelegenen Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. 2.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Hilfsweise beantragt sie, das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortzusetzen. Rein vorsorglich beantragt sie, eine angemessene Räumungsfrist nach § 721 ZPO zu gewähren. Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Enkel der Klägerin die Wohnung gemeinsam mit seinem im April 2006 geborenen Sohn … bewohne, und dieser seit März 2018 dauerhaft bei seinem Vater lebe. Die Beklagte bestreitet weiter mit Nichtwissen, dass der mittlerweile knapp 14-jährige Urenkel der Klägerin alters- und entwicklungsbedingt den Wunsch nach Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre habe und deswegen ein ausreichend großes eigenes Zimmer benötige. Die Beklagte bestreitet weiter mit Nichtwissen, dass dieser Wohnbedarf in der jetzigen Wohnung nicht verwirklicht werden könne (zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 31.03.2020 Bezug genommen). Die Beklagte trägt vor, es sei richtig dass ihr die Wohnung im 4. OG angeboten worden sei. Diese Wohnung habe sie, die Beklagte, nicht anmieten können. Zum einen sei die Wohnung schlichtweg zu teuer, zum anderen scheide die Anmietung der Wohnung auch deshalb aus, da sie extrem unter Geräuschen wie Verkehrslärm, der innerhalb der Wohnung auftrete, leide. Bereits in der jetzigen Wohnung sei der Straßenverkehrslärm wesentlich zu hören. Dies wäre bei der höher gelegenen Wohnung jedoch noch wesentlich mehr der Fall. In der gegenwärtigen Wohnung sei es ihr, der Beklagten, wenigstens noch möglich, das kleine Zimmer und die Wohnküche mit Richtung zum Hof zu nutzen. Die Beklagte trägt weiter vor, sie bestreite, dass der Urenkel der Klägerin zusammen mit dem Enkel der Klägerin in dem streitgegenständlichen Anwesen dauerhaft wohne, denn sie, die Beklagte, habe den Enkel und Urenkel nur einmal im Sommer 2019 im Haus gesehen und könne kaum glauben, dass der Urenkel tatsächlich dauerhaft bei seinem Vater wohne (zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 31.03.2020 Bezug genommen). Die Beklagte trägt weiter vor, es bestünden bis heute erhebliche Zweifel am Eigenbedarf im Hinblick auf den Enkel der Vermieterin. Die Beklagte trägt weiter vor, tatsächlich handele es sich bei der streitgegenständlichen Wohnung zwar um eine Dreizimmerwohnung, jedoch sei einer der drei Wohnräume so klein, dass nur ein Bett, nicht einmal ein Schrank untergestellt werden könne. Die Beklagte trägt weiter vor, in ihrer Person würden zudem Härtegründe vorliegen, welche unter Abwägung der Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit als erforderlich erscheinen lassen. Insbesondere aus medizinischer Sicht sei sie nicht in der Lage umzuziehen, sie beziehe eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung und sei zu 50% schwerbehindert. Sie befinde sich seit mehreren Jahren schon in einer verhaltenstherapeutischen sowie einer nervenärztlichen Behandlung, sodass sie wegen dieser schwerwiegenden Erkrankung auf Dauer nicht umzugsfähig sei (zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 30.03.2020 den hiermit vorgelegten Attesten, Anlage B1 und B2, Bezug genommen). Außerdem, sei sie, die Beklagte, die seit mehr als 30 Jahren in dieser Wohnung wohne, mit dem dortigen Wohnfeld fest verwurzelt, weshalb ein Umzug nicht ohne ernsthaft zu befürchtende gesundheitliche Gefahren und ohne eine Verschlechterung ihres derzeitigen Zustands zu verkraften sei. Ein Umzug, welcher mit einem Wechsel der bisherigen Wohngegend verbunden wäre, hätte ganz fatale Folgen, sie, die Beklagte, würde ihren einzigen Kontakt zur Außenwelt verlieren würde, nämlich einen Freund, der in unmittelbarer Nähe wohne (Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 31.03.2020 Bezug genommen). Das Gericht hat Beweis erhoben durch informatorische Anhörung der Tochter der Klägerin welche nach § 141 Abs. 3 ZPO bevollmächtigt war, sowie durch Einvernahme der Zeugen … (zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften vom 25.08.2020 und vom 27.10.2020 Bezug genommen). Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 25.08.2020 und vom 27.10.2020 und die übrigen Aktenbestandteile. Gründe Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif. Eine Schriftsatzfrist zum Schriftsatz der Klagepartei vom 26.10.2020 war der Beklagten nicht zu gewähren: Gegenstand des Schriftsatzes vom 26.10.2020 war die klägerische Darstellung, warum der erstmals im Verhandlungstermin vom 25.08.2020 angedachte Wohnungstausch (d.h. Wohnung des Zeugen im 2. OG gegen die Wohnung der Beklagten) letztlich gescheitert ist. Dies hat der Klägervertreter im Termin vom 27.10.2020 noch einmal ausführlich dargestellt. Die Beklagtenpartei hat hierauf im Termin ausführlich erwidert und dezidiert erläutert, warum aus ihrer Sicht die Verhandlungen dazu gescheitert waren. Eine weitere pauschal beantragte Schriftsatzfrist hierzu war daher nicht zu gewähren. Die Klage ist zulässig und begründet. A. Zulässigkeit der Klage Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München sachlich und örtlich zuständig, weil die Streitigkeit einem Mietverhältnis über eine in München gelegene Wohnung entspringt, §§ 29a Abs. 1 ZPO, 23 Nr. 2a GVG. B. Begründetheit der Klage Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gemäß § 546 Abs. 1, Abs. 2 BGB, da die Kündigung vom 27.02.2019 wegen Eigenbedarfs das Mietverhältnis zum 29.02.2020 beendet hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Die Klagepartei kam in der maßgeblichen Zeit vom Ausspruch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ihrer Anbietpflicht nach, als im selben Haus eine vergleichbare Wohnung im 4. OG frei wurde und die Klagepartei diese der Beklagten auch angeboten hat. Die Beklagte hat ohne hinreichende Gründe diese Ersatzwohnung abgelehnt. Sie kann auch nicht die Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen eines Härtegrundes verlangen, da jedenfalls alle konkret dargelegten Härtegründe bei Annahme der vor Ablauf der Kündigungsfrist angebotenen Alternativwohnung nicht relevant gewesen wären. Darauf, dass die Klagepartei auch nach Ablauf der Kündigungsfrist einen Wohnungstausch zwischen der Beklagten und dem Zeugen … angeboten hatte und dies letztlich gescheitert ist, kommt es nicht an, da zu diesem Zeitpunkt keine Pflicht der Vermieter mehr bestand, der Beklagten noch eine Alternativwohnung anzubieten. I. Die Kündigung vom 27.02.2019 hat das Mietverhältnis zum 29.02.2020 beendet, weil sie formell und materiell wirksam ist. 1. Zwischen der Klägerin und der Beklagten bestand ein wirksamer Wohnraummietvertrag vom 01.01.1989 über die streitgegenständliche 3-Zimmer-Wohnung im 3. OG Mitte im Haus… Die Beklagte war aufgrund dieses Mietvertrags zuletzt zur Zahlung einer Teilinklusivmiete von 370,91 € zzgl. Treppenreinigungspauschale von 10,00 € pro Monat verpflichtet. 2. Die Kündigung vom 27.02.2019 wahrt die gemäß § 568 Abs. 1 BGB erforderliche Schriftform und lässt den Kündigungsgrund, insbesondere die im Bereich der Eigenbedarfskündigung als sog. Kerntatsachen zu bezeichnenden Umstände hinreichend erkennen, § 573 Abs. 3 S. 1 BGB (BGH NJW 2014, 2102). Die Klägerin war auch zur Kündigung als Vermieterin aktivlegitimiert. 3. Die Kündigung vom 27.02.2019 ging direkt der Beklagten zu, § 130 Abs. 1 S. 1 BGB. 4. Den Klägern stand auch materiell ein erforderlicher Kündigungsgrund in Form des sog. Eigenbedarfs zur Seite. a) Nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt nach § 573 Abs. 2 S. 2 BGB insbesondere dann vor, wenn der Vermieter die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt (BGH, NJW 2010, 3775). Dabei genügt es, wenn der Vermieter die ernsthafte Absicht, die Räume selbst als Wohnung zu nutzen oder dem Angehörigen zu überlassen darlegt und wenn diese Absicht auf vernünftigen Erwägungen beruht (Blank/Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage, 2019, § 573 Rn. 42). b) Der von der Klägerin für ihren Enkel, den Zeugen… und dessen Sohn…, ihren Urenkel geltend gemachte Wohnbedarf stellt einen grundsätzlich angemessenen Eigenbedarfsgrund dar. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Enkel der Klägerin gemeinsam mit seinem Sohn …die streitgegenständliche Wohnung bei Ausspruch und Zugang der Kündigung beziehen wollte und auch gegenwärtig noch beziehen will und zwar vor allem deshalb, damit der Sohn … ein eigenes Zimmer erhält, das nicht über das Durchgangszimmer, in welchem der Vater lebt, erreicht werden kann. Auch ist das Gericht davon überzeugt, dass der Sohn … aufgrund seines Alters und seiner Entwicklung ein eigenes Zimmer benötigt, das vom übrigen Wohnbereich abgegrenzt ist. Diese Notwendigkeit haben die Zeugen … und … im Beweistermin vom 27.10.2020 nachvollziehbar dargelegt. Für die Überzeugungsbildung des Gerichts gelten gemäß § 286 ZPO die folgenden Grundsätze: Eine Tatsache ist erst dann zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, wenn das Gericht von der Wahrheit der jeweiligen bestrittenen Tatsache überzeugt ist. Ein bloßes Glauben, Wähnen, Fürwahrscheinlichhalten berechtigen den Richter hingegen nicht zur Bejahung eines streitigen Tatsachenvortrags, wobei objektive Wahrscheinlichkeitserwägungen allenfalls Grundlage und Hilfsmittel für die Überzeugungsbildung des Richters sein können. Zwingend hinzukommen muss die subjektive persönliche Entscheidung des Richters, ob er die strittige Tatsachenbehauptung als wahr erachtet hat (BGH NJW 2014, 71; Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 286 Rn. 18). Andererseits ist mehr als eine subjektive Überzeugung des Richters zum Beweis einer strittigen Tatsachenbehauptung auch nicht erforderlich. Absolute Gewissheit zu verlangen, hieße die Grenze menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren. Dass die Sachverhaltsfeststellung durch das Abstellen auf ein persönliches Überzeugtseins mit subjektiven Einflüssen belastet wird, ist im Bereich menschlichen Richtens zwangsläufig und unvermeidbar. Der Richter muss sich mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, das ist eine Gewissheit, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 256 = NJW 1970, 946; BGH NJW 2014, 71; Zöller, ZPO, 32. Auflage 2018, § 286 Rn. 19). Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht überzeugt, dass die Klägerin möchte, dass ihr Enkel und Urenkel die streitgegenständliche Wohnung wie oben ausgeführt tatsächlich selbst bewohnen wollten und wollen. aa) Die nach § 141 Abs. 3 ZPO bevollmächtigte Tochter der betagten (93-Jährigen) Klägerin gab im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung im Termin vom 25.08.2020 glaubhaft an, ihr Neffe, der Zeuge …, habe sich 2011 von seiner damaligen Lebensgefährtin, der Zeugin … getrennt. Er und seine damalige Lebensgefährtin, hätten zusammen in einer 4-Zimmer-Wohnung in … gewohnt. Diese hätte sich ihr Neffe aber nicht mehr leisten können. Da 2012 eine Nachbarin im Haus … gekündigt hätte, da diese zurück an den Bodensee gegangen sei, sei dann ihr Neffe in diese Wohnung eingezogen. Damals sei die Sorgerechtsregelung so gewesen, dass … bei seiner Mutter gewesen sei und der Vater, ihr Neffe, jeweils jedes zweite Wochenende ein Umgangsrecht gehabt hätte. Mitte 2013 habe die Mutter von … dann geheiratet und mit diesem Mann zwei Kinder bekommen. Diese hätten dann alle zusammen in … gelebt. Da sei aber der Platz zu klein geworden, auch für …, der dann im Jahr 2013 dauerhaft zum Vater gegangen sei. Auf Vorhalt korrigierte die Tochter der Klägerin dieses Datum auf 2018, mit dem Hinweis, dies sei zutreffend, 2013 hätte die Mutter von … neu geheiratet, und danach erst seien deren weitere beiden Kinder gekommen. Die Tochter der Klägerin gab weiter glaubhaft an, seit dieser Zeit wohne … durchgehend mit … in der Wohnung in der … Es sei so, nach und nach sei … immer älter geworden. Für einen jetzt 14-Jährigen sei es nicht möglich, in diesem kleinen Zimmer zu wohnen. Unter Inaugenscheinnahme der Anlage K9, welche den Grundriss der vom … aktuell bewohnten Wohnung im 2. OG darstelle, erläuterte die Tochter der Klägerin, es sei so, dass sich das Kinderzimmer neben der Küche befinde, allerdings ohne eigenen Durchgang. D.h., das Kinderzimmer sei nur über das Wohnzimmer erreichbar, und im Wohnzimmer wohne der Vater… Im Zuge von Corona mit Homeschooling hätte sich die ganze Situation auch nochmals verschärft. Unter Inaugenscheinnahme von Anlage K10, dem Grundriss der Wohnung der Beklagten, erläuterte die Tochter der Klägerin, dass es hier möglich wäre, dass der … Freunde empfangen könne, ohne dass man ständig durch das Wohnzimmer des Vaters gehen müsse. bb) Der Zeuge … bekundete glaubhaft, er und die Zeugin …, die Mutter des gemeinsamen Sohne hätten sich Anfang 2011 getrennt. Sie sei nach … gezogen. Er habe noch ein Jahr in der Wohnung am … gewohnt, die Wohnung sei aber zu groß und zu teuer für ihn allein gewesen. Ende 2011 sei dann in der … eine Wohnung im Haus frei geworden mit zwei Zimmern. Damals hätte es eine Umgangsregelung gegeben, wonach … zwei Wochen bei seiner Mutter und zwei Wochen bei ihm, dem Vater, gewesen sei. Sein Sohn sei auch bei ihm, dem Zeugen, gemeldet gewesen, da die Schule in der Nähe gewesen sei. Die Kindsmutter, die Zeugin …, habe 2013/2014 geheiratet und zwei Kinder bekommen. Sein Sohn hätte, so der Zeuge, im März 2018 gefragt, ob er dauerhaft bei ihm, dem Zeugen, wohnen könne. Er, sein Sohn, besuche seither seine Mutter sporadisch, er würde sie unregelmäßig sehen, beide würden selbstständig ausmachen, wann sie sich sehen, so der Zeuge. Auf Frage des Gerichts bekundete der Zeuge, bei der Kindsmutter hätte der Sohn sein Zimmer mit dem Baby teilen müssen. Er habe gesagt, dass er wegen des Kindes weniger gern zur Mama gehe. Die Mutter hätte das schade gefunden, sei aber damit einverstanden gewesen, dass der Sohn zum Vater ziehe. Der Zeuge legte dem Gericht das Original der Anlage K4 vor, die Vereinbarung vom 28.02.2018 und gab an, dass dies damals so fixiert worden sei. Der Zeuge gab weiter glaubhaft an, die jetzige Wohnsituation sei so, dass das Wohnzimmer ein Durchgangszimmer sei, über welches der Sohn zum Schlafzimmer komme, das sein Zimmer sei. Wegen der Pubertät gäbe es oft Reibereien. Eine Rückzugsmöglichkeit gebe es nicht. Das hätte sich in Home-office-Zeiten noch verstärkt. Es sei so, sein Sohn müsse vom Badezimmer durch das Zimmer des Vaters gehen, um in sein eigenes Zimmer zu gelangen. Auch wenn Freunde seines Sohnes da seien, müssten die beim Verlassen der Wohnung erst durch das Zimmer des Vaters, auch wenn dieser schlafe. Sie würden also an seinem Bett vorbei gehen. Auch wenn er, der Zeuge, seine Freundin zu Gast habe und man allein sein wolle, auch intimer, dann hätte man immer Sorge, erwischt zu werden. Der Zeuge … ist nicht nur der Enkel der Klägerin, sondern zugleich die Bedarfsperson. Er hat daher ein erhebliches Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens, so dass seine Aussage besonders kritisch zu prüfen ist. Diesen gesteigerten Anforderungen wird die Aussage des Zeugen gerecht. Der Zeuge schilderte ruhig und sachlich seine Beweggründe und erläuterte die Wohnsituation sehr plastisch und teilweise auch mit sehr persönlicher und intimer Konnotation. Auch an seiner Glaubwürdigkeit bestehen keinerlei Zweifel. cc) Die Zeugin…, die Kindsmutter von … und ehemalige Lebensgefährtin des Zeugen gab glaubhaft an, der gemeinsame Sohn hätte den Wunsch geäußert, bei seinem Papa wohnen zu wollen. Im Jahr 2017 sei ihre Tochter zur Welt gekommen. Der gemeinsame Sohn und das Neugeborene hätten sich ein Zimmer teilen müssen. Dies sei dem Sohn zu doof gewesen, so die Zeugin, und er habe gesagt, dass er beim Papa wohnen wolle. Seit März 2018 würde er, so die Zeugin, bei seinem Vater wohnen. Der Umgang mit ihr, der Mutter, sei nicht geregelt, das sei nur in der Anfangszeit so gewesen. Jetzt würde man sich treffen, wie es gerade passe. Unter Vorlage von Anlage K4 im Original, der Vereinbarung vom 28.02.2018, bestätigt die Zeugin, diese Vereinbarung getroffen zu haben. Sie gab an, man habe das damals dokumentieren wollen. Die Angaben der Zeugin sind glaubhaft und die Zeugin ist für das Gericht glaubwürdig. Auch ihre Angaben, warum die Vereinbarung zum gewöhnlichen Aufenthalt von … Anfang 2018 geschlossen wurde, sind überzeugend. Es ist durchaus üblich, dass Paare, die sich trennen, dies auch ohne Familiengericht so fixieren. dd) Nach der durchgeführten Beweisaufnahme hat das Gericht nicht den geringsten Zweifel, dass vorliegend die Klägerin die streitgegenständliche Wohnung infolge des geeigneten Zuschnitts für ihren Enkel und dessen Sohn benötigt. Die Tochter der Klägerin sowie die beiden Zeugen haben sehr eindrücklich dargelegt, dass zwingend eine Änderung der Wohnsituation erforderlich ist, damit sich vor allem der Urenkel … altersgerecht entwickeln kann. Wie man ernsthaft bestreiten kann, dass ein 12- oder 14-Jähriger alters- und entwicklungsbedingt den Wunsch nach Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre habe, bleibt für das Gericht allerdings ein Rätsel. Der Wunsch der Klagepartei jedenfalls beruht bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf „vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen“. Diesen nachvollziehbaren Eigennutzungswunsch hat das Gericht von Verfassungs wegen zu akzeptieren. II. Ein Anspruch der Beklagten auf Fortsetzung des Mietverhältnisses besteht nicht. Die Klagepartei hatte der Beklagten zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist eine Alternativwohnung im selben Haus angeboten, welche der Beklagten zumutbar gewesen wäre. Die Beklagte hatte sich zu diesem Angebot überhaupt nicht geäußert und es somit grundlos abgelehnt. Sie kann sich daher nicht auf Härtegründe berufen, welche bei Annahme der Alternativwohnung obsolet geworden wären (§ 242 BGB). Rechtsfolge einer unbegründeten Ablehnung einer Alternativwohnung ist damit, dass die Mietpartei die Berufung auf jene Härteeinwände verliert, die mit der Annahme der zumutbaren Alternativwohnung gar nicht eingetreten wären. Denn es wäre rechtsmissbräuchlich, dem Vermieter Härtegründe vorhalten zu können, die der Mieter durch seine unbegründete Ablehnung einer zumutbaren Alternativwohnung selbst herbeigeführt hat. Daran ändert auch nichts, dass der BGH seine Rechtsprechung auf Seiten des Vermieters dahingehend konkretisiert hat, dass ein Verstoß gegen die Anbietpflicht auf Seiten des Vermieters nicht zur Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung führen kann, sondern nur zu einem Schadensersatzanspruch auf Geldersatz nach §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB (BGH NZM 2017, 111; ausführlich dazu Bub/Treier/Fleindl, 5. Aufl. 2019, Kap IV Rn. 149). a) Alternativwohnung im Zeitraum zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist: Die Pflicht des wegen Eigenbedarfs kündigenden Vermieters, dem Mieter bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare, im selben Haus oder in derselben Wohnanlage liegende Wohnung, die vermietet werden soll, anzubieten, beschränkt sich auf Wohnungen, die dem Vermieter zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehen (BGH NZM 2008, 642). Dies lässt sich damit begründen, dass das Mietverhältnis dann beendet ist und bei einem beendeten Vertragsverhältnis keine nachvertragliche Treuepflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter mehr besteht (BGH NZM 2008, 642, 643). Ein weiterer Grund für eine Begrenzung der Anbietpflicht bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerden der Kündigung liegt darin, dass mit einer zeitlichen Ausdehnung der Anbietpflicht bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses oder gar bis zum Auszug ein falscher Anreiz für den Mieter gesetzt würde, den Rechtsweg in der Hoffnung, dass der Eigenbedarf zwischenzeitlich entfallen könnte, in jedem Fall auszuschöpfen, selbst wenn die Berechtigung des Eigennutzungswunsches des Vermieters erkannt wird (Milger, NZM 2014, 769, 776). Die Anbietpflicht selbst folgt als vertragliche Nebenpflicht aus § 241 Abs. 2 BGB (Bub/Treier/Fleindl, 5. Aufl. 2019, Kap IV Rn. 148). Hierbei muss der Vermieter die Alternativwohnung zu marktgerechten Konditionen anbieten. Dies bedeutet, dass er nur eine ortsübliche Neuvertragsmiete fordern kann, die er auch von einem Dritten verlangen würde. Auch muss der Vermieter den Mieter über Größe, Ausstattung und Beschaffenheit der Ersatzwohnung informieren und ihm die wesentlichen Vertragsdaten mitzuteilen (Bub/Treier/Fleindl, 5. Aufl. 2019, Kap IV Rn. 148). Dieser Pflicht war die Klägerin nachgekommen. Bereits mit Scheiben vom 29.03.2019, zugangen am 29.03.2019, hatte die Klägerin der Beklagten eine Alternativwohnung im 4. OG links im selben Anwesen angeboten, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Bad, 1 Küche und einer Diele/Flur mit einer Fläche von ca. 55 Quadratmetern. Die Vermieterseite hatte bei diesem Vertragsangebot sogar die für den Mieter sehr günstige Mietstruktur des alten Mietvertrages beibehalten und einen Vertragsbeginn zum 01.07.2019 mit einer monatlichen Teilinklusivmiete von 640 € zzgl. 10,00 € Pauschale für die Treppenreinigung angeboten. Nach Mietspiegel … 2019 läge beim vorliegenden Altbau Baujahr 1901 allein eine Nettokaltmiete mit Lagenzuschlag ohne weitere Zu- und Abschläge bereits bei 711,15 € (12,93 € x 55 qm). Das Gericht hält die angebotene Wohnung auch für vergleichbar, auch wenn sie etwas kleiner ist. Grundsätzlich darf die Mietpartei ihren Wohnbedarf nach ihren eigenen Vorstellungen und im Rahmen ihren finanziellen Möglichkeiten selbst bestimmen. Da die Beklagte keine besonderen nachvollziehbaren und mit Tatsachen untermauerte Wünsche oder Umstände vorgetragen hat, die eine Wohnung derselben Größe und Ausstattung erforderlich machen, ist davon auszugehen, dass Vergleichbarkeit im konkreten Fall vorliegt, wenn der Grundstandard der bisherigen Wohnung mit dem Grundstandard der Alternativwohnung annähernd übereinstimmt. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Alternativwohnung bis zu 35 Prozent kleiner oder größer ist (vgl. BGH NJW 2010, 3775, wonach eine Vergleichbarkeit einer frei werdenden Zwei-Zimmer-Wohnung von circa 60 m2 mit der gekündigten Ein-Zimmer-Wohnung von circa 40 m2 Größe nicht von vornherein ausgeschlossen ist). So liegt der Fall hier, so dass seitens der Klägerin mit Schreiben vom 29.03.2019 eine angemessene Vergleichswohnung tatsächlich angeboten worden war. Die Beklagte hat auf dieses Schreiben nicht reagiert. Auf Frage des Gerichts im Termin vom 25.08.2020, warum die Beklagte auf das Angebot der Klagepartei nicht reagiert habe, gab sie zu Protokoll, sie habe sich die Wohnung angeschaut, selber bei der Nachbarin geklingelt, und habe festgestellt, dass die Wohnung zu laut für sie sei, da sie nach vorne zur Straße hinaus gehe. Sie habe es der Klagepartei nicht mitgeteilt, da die Klagepartei aus ihrer Sicht gewusst habe, dass sie, die Beklagte, lärmempfindlich sei. Diese Begründung ist unbehelflich. Abgesehen davon, dass es schlicht unhöflich ist, auf ein konkretes Alternativangebot des Vermieters überhaupt nicht zu reagieren - was das Gericht jedoch nicht zu bewerten hat - ist es auch rechtlich relevant, denn: Selbst wenn der Vermieter die Wohnung zu unangemessenen Bedingungen anbieten würde, aber zugleich zum Ausdruck brächte, dass er verhandlungsbereit sei, darf der Mieter solche Verhandlungen nicht ablehnen; er muss Gegenvorschläge machen (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 573 Rn. 131). Dies beruht auf der Erwägung, dass die Anbietpflicht letztlich auf dem Partnerschaftsgedanken beruht; deshalb muss der Mieter an einer möglichen Lösung partnerschaftlich mitwirken. Lehnt der Mieter die Aufnahme von Verhandlungen ab, so kann die Wohnung anderweitig vermietet werden. Gleiches gilt, wenn der Mieter die Verhandlungen ohne hinreichenden Grund abbricht (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 573 Rn. 131). Der Einwand, dass die Alternativwohnung verglichen mit der bisherigen infolge des Straßenlärms zu laut sei, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar: Unstreitig befinden sich beide Wohnungen im selben Haus, die Alternativwohnung sogar noch ein Stockwert höher. Unstreitig wurden im Anwesen im Jahr 2002 neue Fenster eingebaut. Dass man bei geöffnetem Fenstern in der Innenstadt in der Nähe des … Platzes Straßenlärm hören kann, liegt in der Natur der Sache; dies muss sowohl im 3. als auch im 4. Stock gleichermaßen der Fall sein, da die Schallwellen ihrer pyhsikalischen Bestimmung folgend keinen Bogen um den dritten Stock machen, und explizit vor dem dritten Stock auch kein isoliertes Schallhindernis vorhanden ist. Das Gericht hat im Termin vom 25.08.2020 mit den Parteien erörtert, dass das Gericht ortskundig ist und dies offengelegt: Die verkehrsträchtige …Straße, die seit einiger Zeit Zone 30 ist, wird zu großen Teilen abgeschirmt durch den Gebäudekomplex… . Die …Straße ist auf dieser Höhe sogar eine Einbahnstraße. Besondere Umstände dafür, dass der Straßenlärm im 4. Stock signifikant höher ist als im 3. Stock, sind nicht erkennbar und auch nicht substantiiert vorgetragen. Ebenso ist nicht glaubhaft, dass sich die Beklagte in ihrer jetzigen Wohnung hauptsächlich in dem kleinen Zimmer aufhält, das zum Hof hinaus geht. Die Einwände der Beklagten entbehrten nach Auffassung des Gerichts jeglicher Substanz und waren erkennbar nur darauf gerichtet, irgendwie zu verhindern, in eine andere Wohnung im selben Haus umziehen und einen höheren Mietzins zahlen zu müssen. Für das Gericht steht somit fest, dass die Beklagte ohne Grund und ohne sich und der Klagepartei die Möglichkeit einer Nachverhandlung zu ermöglichen, die Alternativwohnung im 4. OG abgelehnt hat. Damit fallen sämtliche Härtegründe weg, die mit einem nun erforderlichen Auszug virulent werden könnten: Weder kann sich die Beklagte auf § 574 Abs. 2 BGB berufen, denn sie hätte einen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen im selben Anwesen erhalten. Auch die feste Verwurzelung im Wohnungsumfeld wäre nicht ansatzweise tangiert. Noch kann sich die Beklagte auf gesundheitliche Aspekte berufen: Ob ihr ein Umzug in ein anderes Anwesen im selben oder einem anderen Stadtteil zumutbar ist, muss nicht mehr geklärt werden, denn die Beklagte hatte keine erheblichen Gründe vorgetragen, dass ihr ein Umzug vom 3. in den 4. Stock im selben Anwesen unzumutbar gewesen wäre, allein hierauf kommt es aber an. Denkbar, warum ein Umzug im selben Haus in eine andere Wohnung nicht zumutbar sei, käme etwa bei einem Mieter in Betracht, der an Demenz leidet und sich ausschließlich nur noch in seiner Wohnung zurechtfindet. Diese oder eine vergleichbare Konstellation hat die Beklagte nicht vorgetragen. Das Gericht hatte auch nach zwei Verhandlungen an unterschiedlichen Tagen nicht ansatzweise den Eindruck, dass der Beklagten ein Umzug im Haus nicht zumutbar wäre. Die vorgelegten Atteste vom 05.11.2019 und vom 06.11.2019 sind trotz Ausstellung durch zwei verschiedene Ärzte nahezu inhaltsgleich und völlig ohne Aussagekraft. Der Satz, die Patientin sei dauerhaft nicht umzugsfähig, ohne Einbettung in eine Diagnose und ohne Differenzierung zwischen einem Umzug im selben Haus oder einem Umzug von mehreren hundert Metern oder Kilometern, deutet sehr auf ein Gefälligkeitsattest hin. Es genügt jedenfalls, sobald eine adäquate Alternativwohnung angeboten wurde, nicht mehr, lediglich kund zu tun, man sei krank und könne nicht umziehen. Der Mieter muss sich schon die Mühe machen darzulegen, warum ihm ein Umzug im selben Haus ein Stockwerk höher nicht möglich sei. Diese Atteste hätten, wenn es darauf angekommen wäre, auch keinerlei Anknüpfungstatsachen für ein Sachverständigengutachten gegeben. Ausforschungsbeweise führt das Gericht ohnehin nicht durch. b) Tauschwohnung im Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist. Zwar kann sich unter Umständen die Anbietpflicht auch gerade auf die durch den Umzug des Vermieters freiwerdende Wohnung erstrecken (Wohnungstausch; Bub/Treier/Fleindl, 5. Aufl. 2019, Kap IV Rn. 148). Dies gilt aber ebenfalls grundsätzlich nur bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerden der Kündigung. Nur im Einzelfall sind Ausnahmen zu dieser zeitlichen Grenze denkbar, wenn dies unter dem Gesichtspunkt der Einzelfallgerechtigkeit erforderlich ist (Milger NZM 2014, 769, 776). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch eindeutig nicht vor: Der Beklagten war eine zumutbare Alternativwohnung sehr zeitig angeboten worden. Dies hätte ermöglicht, dass der Zeuge mit seinem Sohn bereits vor mehr als einem Jahr in eine für ihn entwicklungs- und altersgerechte Wohnsituation hätte wechseln können. Die Beklagte dagegen hat bis zuletzt den Eigenbedarf bestritten, selbst im Beweistermin hat sie den Zeugen … am Ende der Vernehmung über ihre Anwältin fragen lassen, warum man den Sohn so selten im Treppenhaus sehe, was der Zeuge damit begründete, dass der sein Sohn um 07:30 Uhr zur Schule gehe und nach 16:00 Uhr nach Hause komme und dann meistens in seinem Zimmer wäre. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum die Beklagte bei dieser Sachlage einen rechtlichen Anspruch auf die Tauschwohnung nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerden der Kündigung haben sollte. Die Angebote und Bemühungen der Klagepartei hierzu waren rein freiwillig. Auf die Frage, warum die Verhandlungen über den Wohnungstausch (Wohnung Zeuge … 2. OG gegen Wohnung der Beklagten) letztlich scheiterten, und ob 400 € oder 600 € an Mietzins für die Tauschwohnung angemessen wären oder ob die Tauschwohnung 55 qm oder 65 qm misst, kommt es daher nicht an. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihrer Grundlage in §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO. V. Die Entscheidung hinsichtlich Ziffer 4 beruht auf § 721 ZPO. Unter Abwägung der gegenseitigen Interessen ist der Beklagten eine Räumungsfrist bis 31.03.2021 einzuräumen. Dabei ist zu Gunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass das Mietverhältnis sehr lange gedauert hat und sie nach ihren Angaben gesundheitlich angeschlagen ist (was gesondert bei § 721 ZPO zu berücksichtigen ist). Zu ihren Gunsten ist massiv einzustellen, die sich derzeit wieder stark zuspitzende Corona-Lage, die es schwieriger erscheinen lässt, Ersatzwohnraum zu finden. Zwar könnte man auch hier einwenden, hätte die Beklagte die Alternativwohnung angenommen, müsste sie jetzt in Corona-Zeiten keinen Ersatzwohnraum suchen. Allerdings greift dieser Einwand nicht durch, da die Corona-Pandemie Anfang des Jahres 2019 noch nicht absehbar war. Dennoch ist zu ihren Lasten weiter zu berücksichtigen, dass die Kündigungsfrist bereits seit mindestens 29.02.2020 abgelaufen ist, und die Obliegenheit, nach Ersatzwohnraum zu suchen spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist begann, also hier bereits mit dem 01.03.2020; nach ihrem eigenen Bekunden hat die Beklagte erst Ende September 2020 mit der Suche nach Ersatzwohnraum auf dem freien und geförderten Markt begonnen. Zugunsten der Klägerin ist vor allem deren Grundrecht auf Eigentum einzustellen. Insgesamt erscheint eine Räumungsfrist von rund fünf Monaten angemessen, insbesondere, da die Sozialbindung des Eigentums eben auch umfasst, in Pandemie-Zeiten etwas starker zurückstehen zu müssen. Es ist daher der Klagepartei zumutbar, dass die Bedarfspersonen noch einige Monate in der alten Wohnsituation verbringen.
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1T a t b e s t a n d : 2Die Klägerin macht aus ererbtem Recht ihrer 1924 geborenen und am 02.07.2018 verstorbenen Mutter - im folgenden Patientin - gegen die Beklagte, die  verschiedene Pflegeeinrichtungen betreibt, Schadensersatzansprüche wegen angeführt fehlerhafter Pflege geltend. 3Aufgrund Pflegevertrages vom 03.04.2018 wurde die Patientin, die zu dieser Zeit bereits an einer fortgeschrittenen Demenz litt und in den Pflegegrad V eingestuft war, am 04.04.2018 in eine von der Beklagten geführte Kurzzeitpflegeeinrichtung in L-D aufgenommen. Am 12.04.2018 zog sich die Patientin aus Anlass eines Sturzereignisses eine Platzwunde zu. Am 20.04.2018 wurde die Patientin um 01:45 Uhr unter zwischen den Parteien umstrittenen Umständen von einer Pflegekraft vor dem Balkon im Speisesaal liegend auf dem Boden vorgefunden. Die Beklagte veranlasste einen RTW-Transport der Patientin in das Heilig-Geist-Krankenhaus in Köln-Longerich. 4Die Klägerin wirft der Beklagten Pflegefehler vor. Die Pflegekräfte hätten entweder die bei der Patientin bestehende Sturzgefahr verkannt oder aber - sollte die Sturzgefahr beklagtenseits realisiert worden seien - auf diese nicht adäquat reagiert. Es sei versäumt worden, Sturzrisiken etwa durch Anbringen eines Bettgitters, mittels Tieferlegen des Bettes, durch eine Fixierung oder aber eine engmaschigere Beobachtung zu minimieren. Am frühen Morgen des 20.04.2018 sei es erneut zu einem Sturz der Patientin gekommen. In dessen Folge habe die Patientin sich eine traumatisch bedingte subdurale Blutung ebenso zugezogen wie eine mediale Schenkelhalsfraktur, die in der Folge operativ habe versorgt werden müssen. Die Patientin sei in deutlich weitergehendem Maße auf Pflege angewiesen gewesen, als dass zuvor der Fall gewesen sei. Letztlich sei es zu einer Lebenszeitverkürzung gekommen; der Tod der Patientin am 02.07.2018 sei auf den Sturz vom 20.04.2018 und damit auf die Pflegefehler zurückzuführen. 5Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin ein ererbtes Schmerzensgeld, das sie seiner Höhe nach in das Ermessen des Gerichts stellt, wobei sie indes angibt, einen Betrag von nicht unter 35.000 € für angemessen zu erachten. 6Die Klägerin beantragt, 7die Beklagte zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Jahr jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit zu zahlen. 8Die Beklagte beantragt, 9              die Klage abzuweisen. 10Sie bestreitet Pflegefehler. Im Gegenteil habe die der Patientin zuteil gewordene Pflege zu jeder Zeit den Regeln der Kunst entsprochen. Das Anbringen eines Bettgitters sei kontraindiziert gewesen, weil ein solches mit Blick auf die motorische Unruhe der Patientin eine etwa gegebene Sturzgefahr noch verstärkt hätte. Ohnehin wäre es Sache der Klägerin - unstreitig Betreuerin der Patientin - gewesen, die Genehmigung eines Bettgitters beim Betreuungsgericht zu beantragen. Zu dem von der Klägerin behaupteten Sturzereignis am frühen Morgen des 20.04.2018 erklärt sie sich mit Nichtwissen. Keiner ihrer Mitarbeiter habe einen Sturz beobachtet; allein, dass die Patientin im Speisesaal auf dem Boden liegend aufgefunden worden sei, deute für sich genommen nicht auf einen Sturz hin. Eine durchgehende Überwachung sei in einer Pflegeeinrichtung nicht zu leisten. Etwa bei der Patientin entstandene Verletzungen - zu denen sie sich ebenfalls mit Nichtwissen erklären - seien einer Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos geschuldet. 11Zum Sach- und Streitstand im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, das in der mündlichen Verhandlung ergänzend erläutert worden ist. Für das Beweisergebnis wird auf das schriftliche Gutachten der Sachverständigen Dr. E vom 07.12.2019 ebenso Bezug genommen wie auf das Sitzungsprotokoll vom 29.09.2020. 12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e : 13Die Klage ist nicht begründet. 14Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung eines ererbten Schmerzensgeldes aus dem Gesichtspunkt schuldhafter Vertragsverletzung (§§ 280 Abs. 1, 1922 BGB) oder wegen einer unerlaubten Handlung (§§ 823, 1922 BGB) zu. 15Die Beweisaufnahme hat einen Pflegefehler nicht ergeben. 16Dies geht zulasten der für einen solchen beweisbelasteten Klägerin. 17Die Pflegesachverständige Dr. E hat in ihren mündlich und schriftlich erstatteten Gutachten ausgeführt, dass die von der Beklagten in der betroffenen Pflegeeinrichtungen veranlassten Maßnahmen den Vorgaben des Expertenstandards Sturzprophylaxe entsprochen hätten. 18Das bei der verstorbenen Patientin tatsächlich bestehende Sturzrisiko sei von Anfang an korrekt eingeschätzt worden. Sturzgefahren existierten bei dementen Patienten; man könne nicht viel dagegen tun. Weitergehende Maßnahmen, als die in der Einrichtung der Beklagten getroffenen seien vor diesem Hintergrund nicht notwendig gewesen. Insbesondere stelle sich - anders, als die Klägerin meine - eine Fixierung oder das Hochstellen der Bettseitenteile („Bettgitter“) als kontraindiziert dar. 19Eine Fixierung berge nämlich die erhebliche Gefahr von Strangulationsverletzungen. Hinzu komme, dass die erzwungene Unbeweglichkeit bei den betroffenen Patienten zu einem massiven Muskelabbau führe, der eine fortschreitende motorische Verunsicherung bedinge und damit die Sturzgefahr erhöhe, anstatt sie zu verringern. 20Nichts anderes gelte für die Anbringung eines Bettgitters. Denn bei - wie hier – dementen, allerdings hochmobilen Patienten, denen die Einsichtsfähigkeit in die Sinnhaftigkeit eines Bettgitters fehle, führe ein solches allein dazu, dass der Patient typischerweise versuche, den Seitenschutz zu überklettern. Sonach - so die Sachverständige - minimiere ein Bettgitter nicht die Sturzgefahr, sondern begünstige allenfalls Stürze aus größerer Höhe. 21Die Kammer hat keine Bedenken, die vorstehend wiedergegebenen gutachterlichen Feststellungen ihrer Entscheidungsfindung zugrunde zu legen. Nach dem Dafürhalten des Gerichts ist die fachliche Kompetenz der Sachverständigen nicht in Zweifel zu ziehen. Dr. E ist nicht nur Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands unabhängiger Pflegesachverständiger und Pflegeberater, sie ist zusätzlich eine sehr erfahrene Gerichtsgutachterin, die die Kammer seit Jahren immer wieder beauftragt. Die Sachverständige vermochte ihre Schlussfolgerungen überzeugend, verständlich und nachvollziehbar zu erläutern, dies auf Grundlage der von ihr eingesehenen vollständigen Behandlungsunterlagen. Mängel der Begutachtung erschließen sich hiernach nicht, sodass das Gericht den Ausführungen der Sachverständigen in vollem Umfang folgt. 22Weil hiernach schon ein Pflegefehler nicht erwiesen ist, konnte die Kammer unentschieden lassen, welche Verletzungen die Patientin durch einen – anzunehmenden – Sturz erlitten hat. 23Die Nebenentscheidungen haben ihre Grundlage in §§ 91, 709 ZPO. 24Der Streitwert wird auf 35.000 € festgesetzt.
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Tenor Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. 1 Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der Vollziehung eines Bescheides der Antragsgegnerin zur Festsetzung bzw. Vorauszahlung von Zweitwohnungssteuer für die Jahre 2016 bis 2019. 2 Am 25. März 2019 erging der streitgegenständliche Bescheid gegenüber dem Antragsteller. Mit diesem wurde für die Jahre 2016 bis 2018 Zweitwohnungssteuer von jeweils 1.182,63 Euro festgesetzt sowie für das Jahr 2019 eine Vorauszahlung in identischer Höhe veranlagt. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 30. März 2019 zugestellt. Am 30. April 2019 legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides. Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Frist zur Begründung sowie Einreichung von Unterlagen bis zum 15. Mai 2019 gesetzt hatte, innerhalb derer jedoch keine weitere Stellungnahme des Antragstellers einging, wies sie mit Bescheid vom 18. Juni 2019 den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Antragsteller am 24. Juni 2019 zugestellt. 3 Am 16. Dezember 2019 ging bei der Antragsgegnerin ein auf den 11. Dezember 2019 datiertes Schreiben mit dem Betreff „Steuer-Nummer xxx Zweitwohnungssteuer | Begründung meines Einspruchs vom 30.4.2019“ ein. In dem Schreiben erfolgten Ausführungen in Bezug auf die Nutzung der Zweitwohnung durch den Antragsteller zur Begründung des Einspruchs. Zudem beantragte der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Am selben Tag ging ein weiteres, auf den 14. Dezember 2019 datiertes Schreiben mit dem Betreff „Steuer-Nummer xxx Zweitwohnungssteuer | Weitere Begründung meines Einspruchs vom 30.4.2019“ ein. In dem Schreiben erfolgten Ausführungen in Bezug auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2019, 1 BvR 807/12. Der Antragsteller beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide Zweitwohnungssteuer sowie zudem die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide. 4 Am 19. Dezember 2019 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller telefonisch darauf hin, dass der Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2019 rechtskräftig sei. Daraufhin ging am 9. Januar 2020 ein auf den Vortag datiertes Schreiben des Antragstellers ein, in dem dieser ausführte, dass er am 20. Juli 2019 eine Änderung der Bescheide nach § 172 Abs. 1 AO beantragt habe. Dem beigefügt war ein auf den 20. Juli 2019 datiertes Schreiben, mit dem der Antragsteller die Änderung der Bescheide nach § 172 Abs. 1 AO beantragte. 5 Mit Schreiben vom 20. Januar 2020 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass das Schreiben vom 20. Juli 2019 nicht eingegangen sei. Der Widerspruchsbescheid sei rechtskräftig. Dem Antragsteller sei in einem persönlichen Gespräch am 1. Juli 2019 mitgeteilt worden, dass der Widerspruchsbescheid versandt worden sei und dagegen nur noch Klage erhoben werden könne. 6 Mit Schreiben vom 22. Januar 2020, eingegangen bei der Antragsgegnerin am folgenden Tag, beantragte der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 110 Abs. 1 AO. Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller daraufhin unter dem 6. März 2020 auf, bis zum 20. März 2020 den Nachweis zu erbringen, dass er den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 25. März 2019 am 20. Juli 2019 an sie abgesandt habe. Unter dem 29. März 2020, eingegangen am 3. April 2020, übersandte der Antragsteller daraufhin die teilweise geschwärzte Kopie eines Postausgangsbuches. Die handschriftlichen Eintragungen in der lesbaren Tabellenzeile lauten: „090709 | 20.7.19 | Amt Sylt | A. | Antrag Änderung Bescheid Zweitwhg.steuer A. ZWSt 2016-2019 | B | [Unterschrift].“ 7 Unter dem 15. Mai 2019, dem Antragsteller zugestellt am 20. Mai 2020, wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass das Schreiben sowie die Auflistung als Nachweis für die Absendung des Antrages auf Abänderung des Bescheides nicht ausreiche. Der Widerspruchsbescheid sei rechtskräftig und die Bescheide könnten nicht mehr geändert werden. 8 Unter dem 21. Juni 2020, per Fax übermittelt am Folgetag, forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, ihre Rechtsauffassung zu überprüfen und wiederholte seinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Unter dem 27. Juli 2020, dem Antragsteller zugestellt am 30. Juli 2020, führte die Antragsgegnerin erneut aus, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung abzulehnen sei. 9 Dem trat der Antragsteller mit Schreiben vom 6. August 2020, der Antragsgegnerin zugegangen am 10. August 2020, entgegen. Daraufhin wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 31. August 2020, dem Antragsteller zugestellt am 4. September 2020, unter anderem darauf hin, dass zwar mit Urteil 1 BvL 11/14 vom 10. April 2018 die Grundlagen zur Berechnung der Zweitwohnungssteuer als rechtswidrig angesehen wurden. Im gleichen Urteil sei jedoch den Gemeinden eine Änderungsfrist der Satzung bis zum 31. Dezember 2019 eingeräumt worden. Die Antragsgegnerin könne daher für die Jahre bis Ende 2019 auf der alten Berechnungsgrundlage Zweitwohnungssteuer erheben. Sie habe rückwirkend zum 1. Januar 2019 eine neue Zweitwohnungssteuersatzung erlassen und daraufhin den Vorauszahlungsbescheid für 2019 aufgehoben. 10 Am 5. Oktober 2020 hat der Antragsteller den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt und eine Klage, die unter dem Aktenzeichen 2 A 255/20 geführt wird, erhoben, mit der er die Aufhebung des Bescheides vom 25. März 2019 begehrt. 11 Zur Begründung des vorliegenden Antrags führt er aus, dass erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestünden. Der Bescheid sei auch nicht rechtskräftig. Denn er sei nicht wirksam bekannt gegeben worden. Sein Rechtsschein sei daher zu beseitigen. Er sei gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer des Grundstückes in A.. Sie hätten gegenüber der Antragsgegnerin keine Erklärung abgegeben, dass Bescheide, welche das Grundstück beträfen, nur an einen Ehepartner mit Wirkung auch für den anderen zugestellt werden dürften. Nach § 122 Abs. 6, 7 AO sei daher ein Bescheid über die Zweitwohnungssteuer entweder jedem Ehepartner zuzustellen oder – unter Verbindung zu einem Bescheid – an beide Ehepartner zu adressieren. Dementgegen sei von der Antragsgegnerin nur ein Bescheid erstellt worden, in dem auf seine Ehefrau kein Bezug genommen worden sei. Es liege daher keine wirksame Bekanntgabe vor. 12 Der Antragsteller beantragt, 13 die Vollziehung des angefochtenen Bescheides auszusetzen. 14 Die Antragsgegnerin beantragt, 15 den Antrag abzulehnen. 16 Sie verweist auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren. II. 17 Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist unzulässig. Der Antrag ist auch nicht in einen erfolgreichen Antrag nach § 123 VwGO umzudeuten. 18 Nach § 80 Abs. 5 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung von Klage bzw. Widerspruch in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO betreffend die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten anordnen. Zwar handelt es sich bei der vorliegend streitbefangenen Zweitwohnungssteuerveranlagung um eine solche Anforderung von öffentlichen Abgaben. Vorliegend fehlt dem Antragsteller jedoch das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Denn der streitgegenständliche Bescheid ist bestandskräftig. Die Anfechtungsklage ist daher offensichtlich unzulässig. 19 Der Antragsteller wendet sich gegen den Bescheid vom 25. März 2019. Sein dagegen erhobener Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2019, dem Antragsteller zugestellt am 24. Juni 2019, zurückgewiesen. Die einmonatige Klagefrist ist daher am 24. Juli 2019 abgelaufen, § 74 Abs. 1 Satz 1, § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, §§ 187, 188 BGB. Der Antragsteller hat jedoch erst am 5. Oktober 2020 Klage erhoben. Diese ist damit offensichtlich verfristet. Der Antragsteller hat keinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt, § 60 Abs. 1 VwGO. Diese ist ihm auch nicht von Amts wegen nach § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO zu gewähren. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist einzuhalten. Zudem war die Klagefrist im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits über ein Jahr abgelaufen, § 60 Abs. 3 VwGO. 20 Der Bescheid ist auch nicht nichtig. Insbesondere wurde er ordnungsgemäß bekanntgegeben. Die Bekanntgabe von Zweitwohnungssteuerbescheiden richtet sich nicht nach den Regelungen der Abgabenordnung (AO), sondern nach den Regelungen des Schleswig-Holsteinischen Landesverwaltungsgesetzes (LVwG). Denn für landesrechtlich zu regelnde Steuern und Abgaben gilt in Schleswig-Holstein nach § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 KAG, dass auf die Festsetzung und Erhebung das Landesverwaltungsgesetz Anwendung findet und im Übrigen die Abgabenordnung sinngemäß anzuwenden ist. Darin liegt kein Verstoß gegen Bundesrecht, da die Abgabenordnung nach der grundgesetzlichen Regelung der Gesetzgebungskompetenzen nur für bundesrechtlich zu regelnde Steuern gelten kann, nicht aber für Kommunalsteuern, für die das Land die Gesetzgebungshoheit hat. Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 LVwG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für den er seinem Inhalt nach bestimmt ist. Dies ist vorliegend allein der Antragsteller. Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass auch seine Ehefrau Eigentümerin des Grundstückes in A. ist, so begründet dies zwar eine Steuerpflicht auch seiner Ehefrau nach § 3 Abs. 1 Zweitwohnungssteuersatzung der Antragsgegnerin, da sie eine Zweitwohnung im Sinne von § 2 Zweitwohnungssteuersatzung innehat. Der Antragsteller und seine Ehefrau sind als gemeinschaftliche Zweitwohnungsinhaber jedoch Gesamtschuldner, § 3 Abs. 2 Zweitwohnungssteuersatzung. Es stand der Antragsgegnerin daher frei, allein den Antragsteller in Anspruch zu nehmen. 21 Die Bestandskraft des Bescheides wird auch nicht durch einen etwaigen Antrag des Antragstellers auf Änderung des Bescheides beeinflusst. Zwar ist nach der aktuellen Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts § 172 Abs. 1 AO insoweit anwendbar, als dieser die Geltung von §§ 116 ff LVwG überlagere (Beschluss vom 13. Mai 2009, 2 MB 3/09, n. v.; insoweit ausdrückliche Abkehr vom Beschluss vom 23. November 2004, 2 MB 59/04, n. v. – Vorrang der speziellen Normen des § 116 LVwG –; vgl. dazu auch Beschluss der Kammer vom 8. Mai 2015, 2 B 90/14, n.v.). Ob diese Überlagerung sich auf die im dortigen Verfahren betroffene Konstellation eines Schutzes des Steuerpflichtigen gegen eine für diesen nachteilige Änderung beschränkt, kann offenbleiben. Denn auch bei Anwendung von § 172 Abs. 1 AO führt der Änderungsantrag eines Steuerpflichtigen ohne ebenfalls erhobene Klage nicht dazu, dass der Bescheid nicht mit Ablauf der Klagefrist in Bestandskraft erwächst (so auch Peters in: BeckOK AO, 14. Edition Stand 1. Oktober 2020, § 172 Rn. 66). 22 Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des nicht anwaltlich vertretenen Antragstellers ist auch nicht auf Grundlage seines Begehrs, § 88 VwGO, in einen erfolgreichen Antrag auf Anordnung einer vorübergehenden Untersagung der Vollziehung nach § 123 VwGO umzudeuten. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dabei hat die Antragspartei sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) zu bezeichnen und glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 1 und 2, § 294 ZPO. 23 Vorliegend fehlt es bereits an jeglicher Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, aus dem das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. 24 Zudem fehlt es auch an einer Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches. Dies würde voraussetzen, dass der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin einen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 25. März 2019 hätte. 25 An einem solchen fehlt es jedoch, unabhängig davon, ob Rechtsgrundlage für die Änderung eines bestandskräftigen Zweitwohnungssteuerbescheides § 172 AO oder § 116 LVwG ist. Dabei kann auch offenbleiben, ob der Ausgangsbescheid vom 25. März 2019 rechtswidrig war. Denn sowohl die Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO als auch die Änderung nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG sehen bei Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheids nur eine Ermessensentscheidung der Behörde über eine Änderung/Aufhebung vor (vgl. zu § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a AO BFH, Urteil vom 11. Oktober 2017, IX R 2/17, juris Rn. 12). Ein Anspruch auf Aufhebung des Ausgangsbescheids besteht nur, wenn das Ermessen auf Null reduziert ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass, wenn – wie hier – die Rücknahme eines bestandskräftigen belastenden Verwaltungsaktes begehrt wird, bei der Ausübung des Rücknahmeermessens in Rechnung zu stellen ist, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit. Ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes besteht nur, wenn dessen Aufrechterhaltung "schlechthin unerträglich" ist (BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2004, 6 C 24.03, juris Rn. 15 m. w. N.). Dafür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich. Soweit der Antragsteller sich im Verwaltungsverfahren auf eine fehlende Nutzungsmöglichkeit der Zweitwohnung bezieht, die ggf. nach § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Zweitwohnungssteuersatzung zu einer geringeren Steuerschuld führen könnte, hatte er hinreichende Möglichkeit, dies bereits im ursprünglichen Verwaltungsverfahren geltend zu machen. Nach § 8 Abs. 1 Zweitwohnungssteuersatzung hat der Steuerpflichtige für jedes Kalenderjahr bis zum 31. Januar des Folgejahres eine Steuererklärung abzugeben. Dies hat der Antragsteller nicht getan und auch im Rahmen des Widerspruchsverfahrens, in dem ihm die Antragsgegnerin nochmals Frist bis zum 15. Mai 2019 gesetzt hatte, weder eine entsprechende Erklärung noch Unterlagen eingereicht. Soweit der Antragsteller zudem auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung zur Verfassungswidrigkeit des Steuermaßstabes der indexierten Jahresrohmiete verweist, sind die Verwaltungsbehörden grundsätzlich nicht verpflichtet, ein durch unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakt abgeschlossenes Verfahren deshalb wieder aufzugreifen, weil sich der unanfechtbar gewordene Verwaltungsakt nachträglich auf Grund höchstinstanzlicher Rechtsprechung als rechtswidrig erweist (BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1967, III C 123.66, juris Rn. 3). So hatte auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil zum Steuermaßstab der indexierten Jahresrohmiete bei der Erhebung von Zweitwohnungssteuern vom 27. November 2019 (9 C 4.19) ausdrücklich ausgeführt, dass von der Nichtigkeit der Satzungsgrundlage für die Vergangenheit nur die noch nicht bestandskräftigen Bescheide betroffen sind und keine Verpflichtung besteht, unanfechtbare Bescheide zu überprüfen und anzupassen (juris Rn. 25). Auch das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem stattgebenden Kammerbeschluss vom 18. Juli 2019 (1 BvR 807/12, 1 BvR 2917/13) zwar die Verfassungswidrigkeit der dort zugrundeliegenden Zweitwohnungssteuersatzung, die ebenfalls als Steuermaßstab die indexierte Jahresrohmiete zugrunde legte, festgestellt (juris Rn. 26-36, 75), aber gleichzeitig den am Verfahren beteiligten Gemeinden eine Übergangsfrist zur weiteren Anwendbarkeit bis zum 31. März 2020 eingeräumt (juris Rn. 73) und aufgrund derer die angegriffenen Behörden- und Gerichtsentscheidungen nicht aufgehoben (juris Rn. 75). 26 Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die gegenüber § 116 LVwG engeren Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO Anwendung finden. Soweit man diese zugrunde legte, wäre unabhängig von der Frage, ob der Antragsteller hier glaubhaft gemacht hat, dass er ohne Verschulden gehindert war, das auf den 20. Juli 2020 datierte Schreiben fristgemäß einzusenden, bereits fraglich, ob das Schreiben überhaupt einen wirksamen Antrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO darstellt. Denn es beschränkt sich auf einen Antrag auf Überprüfung und kündigt eine konkrete Begründung lediglich an. Ein wirksamer Antrag nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a AO setzt jedoch voraus, dass der Antrag selbst innerhalb der Rechtsbehelfsfrist bereits konkretisiert und begründet wird; Angaben zu rein beitragsmäßigen Auswirkungen der Änderung auf die Steuerfestsetzung sind weder erforderlich noch für sich genommen ausreichend (BFH, Urteil vom 20. Dezember 2006, X R 30/05, juris Rn. 12-13 m. w. N.). 27 Ebenso kommt es auch hier nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin laut ihrem Schreiben vom 31. August 2020 den Bescheid bezüglich der Vorauszahlung für 2019 bereits wieder aufgehoben habe. 28 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 23.10.2020 gegen die Ziffer 1 der Allgemeinverfügung „Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Messen, messeähnlichen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen“ vom 23.10.2020 wird angeordnet.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 15.000,- EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Anordnung ihres Widerspruchs gegen die mit der Allgemeinverfügung „Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Messen, messeähnlichen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen“ vom 23.10.2020 angeordnete Begrenzung der Besucherzahlen bei Messen. 2 Mit der am 24.10.2020 in Kraft getretenen Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt S. – Amt für öffentliche Ordnung – wird u. a. abweichend von § 1 Abs. 2 der Verordnung des Wirtschaftsministeriums und des Sozialministeriums zur Eindämmung von Übertragungen des Corona-Virus (SARS-CoV-2) auf Messen Ausstellungen und Kongressen (Corona-Verordnung Messen – CoronaVO Messen) angeordnet, dass Messen (Ziffer 1), Ausstellungen (Ziffer 2) und Kongresse (Ziffer 3) sowie Sportwettkämpfe und Sportwettbewerbe (Ziffer 4) mit maximal 100 gleichzeitig anwesenden Besuchern durchgeführt werden dürfen. Bei Vorlage eines erweiterten Hygienekonzepts, das darlegt, wie Begegnungsverkehr zwischen den Besuchern und Personenansammlungen auf dem Veranstaltungsgelände vermieden werden, können gemäß Ziffer 5 der Allgemeinverfügung vom Amt für öffentliche Ordnung im Einzelfall abweichend von den Regelungen der Ziffern 1 bis 4 Veranstaltungen mit bis zu 500 Besuchern genehmigt werden, wobei bei Messen, Ausstellungen und Kongressen das Personal der Aussteller zu den höchstens zulässigen 500 Personen zählt. Für die Nichtbefolgung der Ziffern 1 bis 5 wird die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000 EUR angedroht (Ziffer 6). Die Allgemeinverfügung tritt mit Ablauf des 08.11.2020 außer Kraft (Ziffer 7). 3 Hiergegen erhob die Antragstellerin am 23.10.2020 Widerspruch. In ihrem am selben Tag eingegangenen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs führt sie im Wesentlichen aus, sie habe in der Zeit vom 30.10.2020 bis zum 01.11.2020 eine Designmesse in der Liederhalle mit mehr als 100 gleichzeitig anwesenden Besucherinnen und Besuchern geplant. Aktuell hätten sich für die Designmesse rund 110 Aussteller auf einer Ausstellungsfläche von 4.900 Quadratmeter angemeldet. Die Antragstellerin rechne mit einer Besucherzahl von 1.600 Besuchern pro Veranstaltungstag, wobei gewährleistet sei, dass zu jedem Zeitpunkt nicht mehr als 700 Besucher gleichzeitig auf der Messefläche zugegen seien. Hierfür sowie für die Durchführung ihrer Messe habe sie ein ausführliches Hygiene- und Schutzkonzept erarbeitet, das vollumfänglich den Anforderungen der CoronaVO Messen genüge. So werde eine Datenerhebung zur Kontaktnachverfolgung gewährleistet, da die Tickets für die Veranstaltung nahezu ausschließlich online erworben werden könnten. Lediglich bei noch vorhandenen Kapazitäten sei ein Verkauf einzelner Eintrittskarten vor Ort möglich, wobei auch hier eine Datenerhebung gewährleistet sei. Zudem finde eine Zählung sämtlicher Besucher in Echtzeit und eine Registrierung des Betretens bzw. Verlassens des Messegeländes statt, sodass zu keinem Zeitpunkt mehr als 700 Besucher zur gleichen Zeit auf dem Veranstaltungsgelände seien. Im Übrigen gelte während der gesamten Dauer die Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, deren Einhaltung fortlaufend überwacht werde. Zudem unterweise sie ihre Mitarbeiter-/innen in die geltenden Abstands- und Hygieneregeln und weise die Besucher hierauf hin. Für den Fall, dass es zu Warteschlagen am Eingang kommen sollte, seien etwa entsprechende Abstandsmarkierungen vorhanden. Eine Begegnung der Zu- und Ausgangsbesucherströme werde durch extra hierfür ausgewiesene Stellen vermieden. Der Veranstaltungsort verfüge zudem über eine hochmoderne Raumlüftungsanlage, wodurch ein achtfacher Austausch der Raumluft pro Stunde gewährleistet werde. Die der Durchführung dieser Messe entgegenstehende, pauschale Beschränkung der Besucher auf 100 Personen durch die angegriffene Allgemeinverfügung verletze ihre Grundrechte aus Art. 12 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Die Personenbeschränkung stehe zudem im Widerspruch zur abschließenden Regelung des § 1 Abs. 2 CoronaVO Messen, wonach sich seit dem 01.09.2020 bei Messen mehr als 500 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig am Veranstaltungsort aufhalten dürften. Zudem bringe die CoronaVO Messen zum Ausdruck, dass die Durchführung von Messe- und Kongressveranstaltungen bei Einhaltung eines Hygiene- und Schutzkonzeptes infektionsschutztechnisch unbedenklich seien. Im Übrigen finde eine unwillkürliche Ungleichbehandlung gegenüber dem großflächigen Einzelhandel statt, da eine Beschränkung der Besucherzahlen für diese Unternehmen trotz erheblich größerer Besucherströme nicht vorgenommen worden sei und eine Datenerfassung der Besucher zur Rückverfolgung etwaiger Kontaktbegegnungen nicht stattfinde. 4 Die Antragstellerin beantragt nach sachdienlicher Auslegung, 5 die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 23.10.2020 gegen die Ziffer 1 der Allgemeinverfügung „Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Messen, messeähnlichen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen“ der Antragsgegnerin vom 23.10.2020 anzuordnen. 6 Die Antragsgegnerin beantragt, 7 den Antrag abzulehnen. 8 Zur Begründung führt sie aus, aufgrund der aktuell rasant steigenden Fallzahlen könnten die Infektionsketten in der Stadt S. in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht mehr nachvollzogen werden. Mit einer Fortsetzung dieses negativen Trends mit zum jetzigen Zeitpunkt völlig unabsehbaren Folgen für die Gesundheit und das Wohlergehen der Bevölkerung in S. sei zu rechnen. Unter Bezugnahme auf die Begründung zur streitgegenständlichen Allgemeinverfügung führt sie im Wesentlichen aus, dass in S. aktuell in 58 % aller Infektionsfälle der konkrete Infektionsverlauf und die konkrete Ansteckungsquelle nicht mehr ermittelt werden könnten. Wegen der dynamischen Fallzahlentwicklung sei die Nachverfolgung von Infektionsquellen gefährdet, sodass in S. 60 Bundeswehrsoldaten bei der Kontaktnachverfolgung im Gesundheitsamt eingesetzt worden seien. Im Falle der fehlenden Möglichkeit einer Kontaktnachverfolgung würden die Fallzahlen noch weiter steigen. Für eine effektive Pandemiebewältigung seien daher weitergehende Maßnahmen erforderlich, die die gesamte Bevölkerung in den Blick nehmen müssten. Es müsse davon ausgegangen werden, dass es – unabhängig von der Einhaltung der Regelungen der Corona-Verordnung und der jeweiligen Unterverordnungen – auch bei der Durchführung von Veranstaltungen wie etwa Messen zu einer nicht unerheblichen Anzahl an Virusübertragen kommen werde. Im Gegensatz zu Kulturveranstaltungen seien Besucher auf Messen ständig in Bewegung. Selbst bei Einbahnregelungen könnten aufgrund der unterschiedlichen Verweildauer der Gäste an den Ständen Stauungen und Personenansammlungen von Ausstellern und deren Mitarbeitern mit den Messebesuchern nicht zuverlässig vermieden werden. Ebenso komme es bei diesen Beratungsgesprächen an den einzelnen Ständen zu einer Vielzahl an direkten Kontakten zwischen den Ausstellern und den Besuchern, worauf die geplante Messe gerade abziele. Selbst bei guter Durchlüftung der Räume und der Einhaltung von Mindestabständen und Hygienevorgaben müsse aufgrund der Vielzahl an potenziellen Ausscheidern von einem erhöhten Infektionsrisiko ausgegangen werden. Aufgrund des großen Zustroms von Besuchern aus den ebenfalls von der Infektionsausbreitung stark betroffenen umliegenden Landkreisen sei zudem davon auszugehen, dass Messeveranstaltungen zu einem hohen Eintrag an Erregern in das Stadtgebiet beitragen würden. Daneben sei die Infektionsgefahr durch die An- und Abreise der Besucher, insbesondere bei der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs zu berücksichtigen. Da es den Messeveranstaltern im Einzelfall ermöglicht werde, durch Erstellung und Umsetzung eines erweiterten Hygienekonzepts die Zahl an zulässigen Teilnehmern/Besuchern im Einzelfall ausnahmsweise auf 500 Personen zu erhöhen, sei die grundsätzliche Begrenzung auf 100 Personen verhältnismäßig. 9 Auf die Gerichtsakte, aus der sich auch das im Einzeln ausgearbeitete Hygienekonzept der Antragstellerin ergibt, wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen. II. 10 Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat Erfolg. 11 I. Die Kammer legt den Antrag so aus, dass dieser sich nur gegen die Ziffer 1 der Allgemeinverfügung richtet (vgl. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Wie sich aus der Antragsbegründung ergibt, begehrt die Antragstellerin die Zulassung der von ihr geplanten Messeveranstaltung ohne eine Besucherbeschränkung auf unter 700 Personen, sodass sie sich inhaltlich ausschließlich gegen das diesem Vorhaben entgegenstehende Verbot der Durchführung einer Messe mit mehr als 100 Besuchern bei gleichzeitiger Anwesenheit gemäß Ziffer 1 der Allgemeinverfügung richtet. Dieser so verstandene Antrag ist insbesondere wegen der gesetzlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 IfSG statthaft. 12 II. Der Antrag ist auch begründet. 13 Bei der Entscheidung über einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das Gericht eine Abwägung zwischen dem privaten Interesse an der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits vorzunehmen. Das Gewicht dieser gegenläufigen Interessen wird entweder vornehmlich durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache oder – insbesondere wenn die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen erscheinen – durch eine Folgenabwägung bestimmt. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung; ist er offensichtlich rechtmäßig, hat regelmäßig das – unabhängig davon zu belegende – öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang. Im Rahmen der Folgenabwägung sind die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits zu gewichten. Maßgebend sind insoweit nicht nur die Dringlichkeit des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung sowie Natur und Schwere der mit dem Eingriff für den Antragsteller verbundenen Belastungen, sondern auch die Möglichkeit, die jeweiligen Folgen der Maßnahmen rückgängig zu machen. 14 Gemessen daran überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Begrenzung der gleichzeitig anwesenden Besucher bei Messen auf maximal 100 Personen. Denn der von der Antragstellerin erhobene Widerspruch vom 23.10.2020 dürfte bei summarischer Prüfung Aussicht auf Erfolg haben. 15 Die Ziffer 1 der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 23.10.2020 ist voraussichtlich rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO analog). 16 1. Grundlage der Allgemeinverfügung ist §§ 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG i. V. m. § 20 der Rechtsverordnung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus des Landes Baden-Württemberg (CoronaVO). 17 Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG unter anderem Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 IfSG kann sie insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. 18 2. Formelle Mängel der Allgemeinverfügung wurden nicht vorgetragen und sind bei summarischer Prüfung auch nicht ersichtlich. Das Amt für öffentliche Ordnung der Stadt S. dürfte insbesondere aufgrund der § 54 Satz 1 IfSG i. V. m. § 1 Abs. 6a Satz 4 IfSGZustV BW in der Fassung vom 28.05.2020 zuständig für den Erlass der angefochtenen Allgemeinverfügung sein, da das Infektionsgeschehen innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Gesundheitsamtes der Stadt S. auf die Stadt S. begrenzt ist, weshalb die zuständige Ortspolizeibehörde und nicht das Gesundheitsamt gemäß § 1 Abs. 6a Satz 1 IfSG trotz des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen dieser Norm die notwendigen Maßnahmen im Benehmen mit dem Gesundheitsamt trifft. 19 3. Ziffer 1 der Allgemeinverfügung vom 23.10.2020 ist voraussichtlich materiell rechtswidrig. 20 a) Zwar steht § 1 Abs. 2 CoronaVO Messen, wonach sich ab dem 01.09.2020 u. a. bei Messen i. S. d. § 64 Gewerbeordnung mehr als 500 Besucherinnen und Besucher gleichzeitig am Veranstaltungsort aufhalten dürfen und § 2 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO Messen, wonach bei der Durchführung einer Messe eine Mindestfläche von sieben Quadratmetern pro Besucherin oder Besucher bezogen auf die für die Besucherinnen und Besucher zugängliche Ausstellungsfläche nicht unterschritten werden darf, einer weitergehenden Beschränkung der Besucherzahlen bei Messen durch die angefochtene Allgemeinverfügung nicht entgegen. Denn die Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) vom 23.06.2020 in der ab 19.10.2020 gültigen Fassung, die zum Erlass der CoronaVO Messen gemäß § 16 Abs. 7 Nr. 4 CoronaVO ermächtigt, lässt das Recht der zuständigen Behörden gemäß § 20 Abs. 1 CoronaVO unberührt, weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen zu erlassen. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass allein durch die fehlende Bezugnahme auf § 20 CoronaVO in der CoronaVO Messen abschließende Regelungen in Bezug auf die Durchführung von Messen getroffen werden sollten, vermag die Kammer dem angesichts der in diesem Falle fehlenden Effektivität der Pandemiebekämpfung durch örtlich begrenztes und zeitlich aktuelles Handeln der zuständigen Behörden nicht zu folgen. Zudem dürften auch bei gänzlichem Fehlen einer dem § 20 Abs. 1 CoronaVO vergleichbaren Regelung im Landesrecht, weitergehende Maßnahmen auf §§ 28 Abs. 1, 16 Abs. 1 IfSG als bundesrechtliche Eingriffsnormen gestützt werden können, um die Pandemie effektiv bekämpfen zu können. 21 b) Zudem liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG mit Blick auf das „Ob“ eines staatlichen Handelns vor. 22 Im Gebiet der Stadt S. werden unzweifelhaft fortwährend Kranke, Krankheitsverdächtige Ausscheider und Ansteckungsverdächtige (§ 2 Nr. 4 bis 7 IfSG) im Hinblick auf das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 und die hierdurch ausgelöste Krankheit COVID-19 festgestellt. Die Antragsgegnerin hat hinsichtlich des Infektionsgeschehens in S. ausgeführt, dass der 7-Tage-Inzidenzwert mittlerweile für die Stadt S. für den 25.10.2020 bei 112,4 pro 100.000 Einwohnern und für den 26.10.2020 trotz der wochenendbedingt geringeren Testungen und Auswertungen bei 109,3 pro 100.000 Einwohnern liege, weshalb S. – verglichen mit dem Inzidenzwert des Bundes und des Landes Baden-Württemberg – ein überdurchschnittliches Infektionsgeschehen aufweise. Am 25.10.2020 seien 99 Neuinfektionen in der Stadt S. registriert worden, sodass die Zahl der Infektionen auf insgesamt 4.739 Fälle angestiegen sei. In nahezu allen Stadtteilen der Stadt S. sei ein Anstieg der Infektionsfälle zu verzeichnen. 23 COVID-19 ist eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG. Den Angaben des fachkundigen Robert-Koch-Instituts (im Folgenden: RKI) zufolge, das nach § 4 IfSG zentrale Aufgaben im Zusammenhang mit der Vorbeugung übertragbarer Krankheiten und der Verhinderung ihrer Weiterverbreitung zu erfüllen hat, manifestiert sich die Erkrankung als Infektion der Atemwege, aber auch anderer Organsysteme mit den Symptomen Husten, Fieber, Schnupfen sowie Geruchs- und Geschmacksverlust. Der Krankheitsverlauf variiert in Symptomatik und Schwere. Es wird angenommen, dass etwa 81% der diagnostizierten Personen einen milden, etwa 14% einen schwereren und etwa 5% einen kritischen Krankheitsverlauf zeigen. Obwohl schwere Verläufe auch bei Personen ohne Vorerkrankung auftreten und auch bei jüngeren Patienten beobachtet wurden, haben ältere Personen (mit stetig steigendem Risiko für einen schweren Verlauf ab etwa 50 bis 60 Jahren), Männer, Raucher (bei schwacher Evidenz), stark adipöse Menschen, Personen mit bestimmten Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. koronare Herzerkrankung und Bluthochdruck) und der Lunge (z.B. COPD) sowie Patienten mit chronischen Nieren- und Lebererkrankungen, mit Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), mit einer Krebserkrankung oder mit geschwächtem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht oder durch Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr schwächen, wie z.B. Cortison) ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. Die Erkrankung ist sehr infektiös, und zwar nach Schätzungen beginnend etwa ein bis zwei Tage vor Symptombeginn und endend – bei mild-moderaten Erkrankungen – jedenfalls zehn Tage nach Symptombeginn. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel (größere Tröpfchen und kleinere Aerosole), die beim Atmen, Husten, Sprechen und Niesen entstehen. Auch eine Übertragung durch kontaminierte Oberflächen kann nicht ausgeschlossen werden. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel fünf bis sechs Tage bei einer Spannweite von einem bis zu 14 Tagen. Der Anteil der Infizierten, der auch tatsächlich erkrankt (Manifestationsindex), beträgt bis zu 85%. Laut der Daten aus dem deutschen Meldesystem werden etwa 14% der in Deutschland dem RKI übermittelten Fälle hospitalisiert. Unter hospitalisierten COVID-19-Patienten mit einer schweren akuten Atemwegserkrankung mussten 37% intensivmedizinisch behandelt und 17% beatmet werden. Die mediane Hospitalisierungsdauer von COVID-19-Patienten mit einer akuten respiratorischen Erkrankung beträgt 10 Tage und von COVID-19-Patienten mit einer Intensivbehandlung 16 Tage. Zur Aufnahme auf die Intensivstation führt im Regelfall Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz (> 30/min), dabei steht eine Hypoxämie im Vordergrund. Mögliche Verlaufsformen sind die Entwicklung eines akuten Lungenversagens (Acute Respiratory Distress Syndrome – ARDS) sowie, bisher eher seltener, eine bakterielle Koinfektion mit septischem Schock. Weitere beschriebene Komplikationen sind zudem Rhythmusstörungen, eine myokardiale Schädigung sowie das Auftreten eines akuten Nierenversagens (vgl. zum Krankheitsbild im Einzelnen mit weiteren Nachweisen: Kluge/Janssens/Welte/Weber-Carstens/Marx/Karagiannidis, Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patienten mit COVID-19, in: Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin vom 12.3.2020, veröffentlicht unter: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-020-00674-3.pdf, Stand: 30.03.2020). Eine Impfung ist in Deutschland nicht verfügbar. Verschiedene spezifische Therapieansätze (direkt antiviral wirksam, immunmodulatorisch wirksam) wurden und werden im Verlauf der Pandemie in Studien untersucht. Zwei Arzneimittel erwiesen sich jeweils in einer bestimmten Gruppe von Patienten mit COVID-19 als wirksam. Als direkt antiviral wirksames Arzneimittel erhielt Remdesivir am 03.07.2020 eine bedingte Zulassung zur Anwendung bei schwer erkrankten Patienten durch die Europäische Kommission. Als immunmodulatorisch wirksames Arzneimittel erhielt Dexamethason eine positive Bewertung durch die Europäische Kommission für die Anwendung bei bestimmten Patientengruppen mit einer Infektion durch SARS-CoV-2. Aufgrund der Neuartigkeit des Krankheitsbildes lassen sich keine zuverlässigen Aussagen zu Langzeitauswirkungen und (irreversiblen) Folgeschäden durch die Erkrankung bzw. ihre Behandlung (z.B. in Folge einer Langzeitbeatmung) treffen. Allerdings deuten Studiendaten darauf hin, dass an COVID-19 Erkrankte auch Wochen bzw. Monate nach der akuten Erkrankung noch Symptome aufweisen können. Während der Fall-Verstorbenen-Anteil bei Erkrankten bis etwa 50 Jahren unter 0,1% liegt, steigt er ab 50 zunehmend an und liegt bei Personen über 80 Jahren häufig über 10% (vgl. zu Vorstehendem im Einzelnen und mit weiteren Nachweisen: RKI, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), veröffentlicht unter: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html?nn=13490888, Stand: 16.10.2020; Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2, veröffentlicht unter: www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html, Stand: 28.09.2020; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.2020 – 13 MN 371/20 –, juris Rn. 44 f.). 24 Die danach vorliegenden tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG verpflichten die Antragsgegnerin zum Handeln, ohne dass ihr ein Entschließungsermessen zustünde (gebundene Entscheidung, vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 3 C 16.11 –, juris Rn. 23). 25 c) Nach summarischer Prüfung erweist sich die in Ziffer 1 der angefochtenen Allgemeinverfügung angeordnete Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Messen auf maximal 100 gleichzeitig anwesende Besucher aber nicht als eine notwendige Schutzmaßnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG, sodass die Antragsgegnerin das ihr zustehende Auswahlermessen voraussichtlich rechtfehlerhaft ausgeübt hat. 26 § 28 Abs. 1 IfSG liegt die Erwägung zugrunde, dass sich die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, nicht im Vorfeld bestimmen lässt. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet. Der Begriff der "Schutzmaßnahmen" ist folglich umfassend und eröffnet der Infektionsschutzbehörde ein möglichst breites Spektrum geeigneter Maßnahmen. Da § 28 Abs. 1 IfSG auch der Verhinderung der Übertragung auf bisher nicht erkrankte Personen und damit ebenfalls präventiven Zwecken dient, ermächtigt die Vorschrift auch zu Maßnahmen gegen Nichtstörer (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.04.2020 – 1 S 925/20 – juris Rn. 33; BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 36; Gerhardt, Infektionsschutzgesetz Kommentar, 3. Auflage 2020, § 28, Rn. 18). "Schutzmaßnahmen" im Sinne des § 28 Abs. 1 IfSG können daher auch Untersagungen oder Beschränkungen von unternehmerischen Tätigkeiten in den Bereichen Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sein (OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.10.2020 – 13 MN 371/20 –, juris Rn. 50 m. w. N.) 27 Hinsichtlich Art und Umfang der zu treffenden Schutzmaßnahmen ist der Behörde ein Auswahlermessen eingeräumt. Dieses Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss. Der Staat darf mithin nicht alle Maßnahmen und auch nicht solche Maßnahmen anordnen, die von Einzelnen in Wahrnehmung ihrer Verantwortung gegenüber sich selbst und Dritten bloß als nützlich angesehen werden. Vielmehr dürfen staatliche Behörden nur solche Maßnahmen verbindlich anordnen, die zur Erreichung infektionsschutzrechtlich legitimer Ziele objektiv notwendig sind. Bei der Bewertung infektionsschutzrechtlicher Gefahrenlagen kommt der Antragsgegnerin zwar ein Einschätzungsspielraum zu (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 09.04.2020 – 20 NE 20.688 –, juris, Rn. 45). Dennoch bedarf es zur Bestimmung der objektiven Notwendigkeit jeder einzelnen Maßnahme eine fortlaufende Verhältnismäßigkeitsprüfung. Die Ermessensentscheidung ist nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO gerichtlich überprüfbar. 28 Die Antragsgegnerin dürfte das ihr zustehende Auswahlermessen bezüglich der zu ergreifenden Maßnahmen – das „Wie“ der Maßnahmen – in gerichtlich gemäß § 114 Satz 1 VwGO zu beanstandender Weise ausgeübt haben, denn die Beschränkung der Teilnehmerzahl bei Messen auf maximal 100 Personen hält einer Verhältnismäßigkeitsprüfung voraussichtlich nicht stand. 29 aa) Sie verfolgt allerdings ein legitimes Ziel. 30 Sie bezweckt zusammen mit anderen normierten Maßnahmen und Vorgaben im Zusammenhang mit der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie, Neuinfektionen soweit als möglich vorzubeugen und damit gleichzeitig auch die Ausbreitungsgeschwindigkeit der übertragbaren Krankheit COVID-19 innerhalb der Bevölkerung zu verringern. Dies dient unter anderem dazu, eine Überlastung des öffentlichen Gesundheitssystems zu vermeiden. Zweck der Regelung ist somit der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit jedes Einzelnen wie auch der Bevölkerung insgesamt, wofür den Staat gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG eine umfassende Schutzpflicht trifft (BVerfG, Beschluss vom 16.10.1977 – 1 BvQ 5/77 –, juris Rn. 13 f.; vgl. VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 – 14 L 422/20 –, juris Rn. 19). Dabei wurde die Beschränkung der Teilnehmerzahlen bei Messen, messeähnlichen Veranstaltungen und Sportveranstaltungen als Reaktion auf eine Situation verfügt, in der sich der Verlauf der Pandemie in S. (wieder) zunehmend verschärft. Dem RKI zufolge ist aktuell ein beschleunigter Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Die Inzidenz der letzten sieben Tage ist deutschlandweit auf 74,9 Fälle pro 100.000 Einwohner angestiegen. Der Anteil der COVID-19-Fälle in der älteren Bevölkerung nimmt aktuell zu. Die berichteten R-Werte liegen seit Anfang Oktober deutlich über 1. Daher appelliert das RKI dringend, dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiere (vgl. Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand: 25.10.2020, S. 1 f.). Bezogen auf den Stadtkreis S. liegt unter Zugrundelegung der von der Antragsgegnerin übermittelten Daten der 7-Tage-Inzidenzwert für den 25.10.2020 bei 112,4 pro 100.000 Einwohnern und für den 26.10.2020 bei 109,3 pro 100.000 Einwohnern; am 25.10.2020 kamen 99 weitere Infektionsfälle zu den bereits insgesamt registrierten 4.735 Fällen hinzu (vgl. auch https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4, Stand: 26.10.2020, 00:00 Uhr). 31 bb) Ebenfalls ist von der Geeignetheit der Beschränkung der Besucherzahlen von Messen auf 100 gleichzeitig anwesende Besucher auszugehen, da mit dieser Beschränkung ein Aufeinandertreffen von mehr als 100 Personen zur gleichen Zeit verhindert und hierdurch das Risiko einer Weiterverbreitung von SARS-CoV-2 insgesamt minimiert wird. 32 cc) Die Kammer zweifelt aber daran, dass die Beschränkung auf 100 gleichzeitig anwesende Besucher bei Messen auch unter Zuerkennung eines weiten Einschätzungsspielraums seitens der Antragsgegnerin und der Zulässigkeit der Typisierung und Pauschalierung (vgl. hierzu VG Freiburg, Beschluss vom 14.05.2020 – 4 K 1621/20 –, juris Rn. 31 m. w. N.) bei der Bekämpfung und Eingrenzung der Pandemie erforderlich ist. Die Kammer vermag nicht zu erkennen, dass Messen unter den bislang geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen der CoronaVO Messen einen derart wesentlichen Anteil am Infektionsgeschehen haben, dass wegen der nunmehr zu verzeichnenden Neuinfektionen eine weitere, pauschale Begrenzung auf 100 bzw. bei Vorliegen eines erweiterten Schutzkonzeptes nach Ziffer 5 der Allgemeinverfügung im Wege einer Ermessensentscheidung seitens der Antragsgegnerin auf maximal 500 gleichzeitig anwesende Personen (Besucher und Aussteller sowie deren Mitarbeiter) als weitere Maßnahme erforderlich wäre. Denn durch die strengen Regelungen der CoronaVO Messen sind bereits mildere Mittel in Form von Schutz- und Hygienemaßnahmen ergriffen worden, die für die Bekämpfung des von Messeveranstaltungen ausgehenden Infektionsrisikos als in gleicher Weise geeignet erscheinen. 33 Nach den durch das RKI aufbereiteten Daten spielen Messen als öffentliche Veranstaltungen gegenüber anderen Infektionsumfeldern wie dem privaten Haushalt, Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und dem Arbeitsplatz ersichtlich eine untergeordnete Rolle (vgl. das umfangreiche Zahlenwerk in: RKI, Epidemiologisches Bulletin Nr. 38/2020 vom 17.09.2020, S. 6-9). Übertragungen im öffentlichen Bereich (in Verkehrsmitteln, Gaststätten, Hotels) kämen, sicher auch bedingt durch die massiven Gegenmaßnahmen, vergleichsweise deutlich seltener vor. Viele Infektionsketten begännen durch enge Kontakte im privaten Umfeld jüngerer Menschen, zum Beispiel auf einer Feier/Party, die dann zu einer Verbreitung und dem Eintrag der Infektion in besonders schwierige Settings führen könnten (RKI, Epidemiologisches Bulletin Nr. 38/2020 vom 17.09.2020, S. 11). Auch aktuell berichtet das RKI, der bundesweite Anstieg werde durch Ausbrüche, welche insbesondere im Zusammenhang mit privaten Treffen und Feiern sowie Gruppenveranstaltungen stünden, verursacht. Auch würden wieder vermehrt COVID-19-bedingte Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen gemeldet. Zusätzlich komme es in zahlreichen Landkreisen zu einer zunehmend diffusen Ausbreitung von SARSCoV-2-Infektionen in die Bevölkerung, ohne dass Infektionsketten eindeutig nachvollziehbar seien. 34 Die Antragsgegnerin hat diesbezüglich keine davon abweichende Begründung vorlegen können, dass Messen in S. ein gewichtiges Infektionsumfeld darstellen, wonach neben den bereits geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen eine pauschale Beschränkung der gleichzeitig anwesenden Besucherzahl auf 100 Personen erforderlich wäre. Soweit die Antragsgegnerin vorträgt, in S. könnten aktuell in 58 % aller Infektionsfälle der konkrete Infektionsverlauf und die konkrete Ansteckungsquelle nicht mehr ermittelt werden, weshalb wegen der dynamischen Fallzahlentwicklung die Nachverfolgung von Infektionsquellen gefährdet sei, lässt dieser Umstand nicht den Rückschluss auf eine große Infektionsgefahr bei der Durchführung von Messeveranstaltung zu, soweit diese unter die Schutz- und Hygienemaßnahmen der CoronaVO Messen fallen und die jeweiligen Messebetreiber die sich aus dieser Verordnung ergebenen Maßnahmen erfüllen. 35 Denn nach § 2 Abs. 1 Satz 1 CoronaVO Messen sind u. a. bei Messen i. S. d. § 64 GewO die Hygieneanforderungen nach § 4 CoronaVO einzuhalten. Nach § 4 Abs. 1 CoronaVO hat ein verantwortlicher Messebetreiber die über die allgemeinen Pflichten aus §§ 2 und 3 CoronaVO (Allgemeine Abstandsregeln und Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung) hinausgehenden, folgenden Pflichten mindestens zu erfüllen: die Begrenzung der Personenzahl auf Grundlage der räumlichen Kapazitäten und die Regelung von Personenströmen und Warteschlangen, damit eine Umsetzung der Abstandsregel nach § 2 CoronaVO ermöglicht wird (Nr. 1), die regelmäßige und ausreichende Lüftung von Innenräumen, die dem Aufenthalt von Personen dienen, sowie die regelmäßige Wartung von Lüftungsanlagen (Nr. 2), die regelmäßige Reinigung von Oberflächen und Gegenständen, die häufig von Personen berührt werden (Nr. 3), die Reinigung oder Desinfektion von Gegenständen, die bestimmungsgemäß in den Mund genommen werden, nachdem diese von einer Person benutzt wurden (Nr. 4), die regelmäßige Reinigung der Barfuß- und Sanitärbereiche (Nr.5), das Vorhalten von Handwaschmittel in ausreichender Menge sowie von nicht wiederverwendbaren Papierhandtüchern, alternativ Handdesinfektionsmittel oder andere gleichwertige hygienische Handtrockenvorrichtungen (Nr. 6), den Austausch ausgegebener Textilien, nachdem diese von einer Person benutzt wurden (Nr. 7) und eine rechtzeitige und verständliche Information über Zutritts- und Teilnahmeverbote, die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, Abstandsregelungen und Hygienevorgaben, Reinigungsmöglichkeiten für die Hände, eine bestehende Möglichkeit bargeldlosen Bezahlens sowie einen Hinweis auf ein gründliches Händewaschen in den Sanitäranlagen (Nr. 8). 36 Ferner wird nach § 2 Abs. 1 Satz 1 CoronaVO Messen verlangt, dass ein Hygienekonzept nach § 5 CoronaVO zuvor zu erstellen ist, worin insbesondere darzustellen ist, wie die Hygienevorgaben nach § 4 CoronaVO umgesetzt werden sollen und dass und eine Datenerhebung nach § 6 CoronaVO durchzuführen ist, sodass die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 3 CoronaVO zur Nachverfolgung von möglichen Infektionswegen die erhobenen Daten herausverlangen kann. 37 Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 CoronaVO Messen gilt zudem ein Zutritts- und Teilnahmeverbot nach § 7 CoronaVO, wovon Personen erfasst werden, die in Kontakt zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person stehen oder standen, wenn seit dem letzten Kontakt noch nicht 14 Tage vergangen sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 CoronaVO), die typische Symptome einer Infektion mit dem Coronavirus, namentlich Fieber, trockener Husten, Störung des Geschmacks- oder Geruchssinns, aufweisen, (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 CoronaVO) oder die entgegen § 3 Abs. 1 CoronaVO keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 CoronaVO). Zudem sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 die nach § 8 CoronaVO geltenden besonderen und über die §§ 2 und 3 CoronaVO hinausgehenden Pflichten für den Arbeitgeber hinsichtlich des Arbeitsschutzes zu erfüllen. 38 Nach § 2 Abs. 2 CoronaVO Messen haben Veranstalterinnen und Veranstalter die Anzahl der tatsächlich gleichzeitig anwesenden Personen so zu begrenzen, dass die Abstandsregelungen eingehalten werden können. Bei der Durchführung einer Messe, Ausstellung und im Ausstellungsbereich eines Kongresses darf eine Mindestfläche von sieben Quadratmetern pro Besucherin oder Besucher bezogen auf die für die Besucherinnen und Besucher zugängliche Ausstellungsfläche nicht unterschritten werden, wobei Betreiberinnen und Betreiber, Veranstalterinnen und Veranstalter, Ausstellerinnen und Aussteller sowie deren Beschäftigte oder sonstige Mitwirkende bei der Berechnung nach Satz 2 außer Betracht bleiben. 39 Gemäß § 3 CoronaVO Messen sind die Abstandregeln nach § 2 Abs. 1 und 2 CoronaVO einzuhalten und nach § 4 CoronaVO Messen gilt während des Aufenthalts in geschlossenen Räumen eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für alle Personen ab Vollendung des sechsten Lebensjahrs. 40 Die CoronaVO Messen enthält nach Überzeugung der Kammer daher insgesamt eine Vielzahl von Hygiene- und Schutzmaßnahmen, die die Infektionsgefahr bei der Durchführung von Messen auf ein Minimum reduziert. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin vorgetragene Empfehlung des RKI, dass Ansammlungen von Personen in geschlossenen Räumen vermieden werden sollten, ist insbesondere festzustellen, dass mit § 2 Abs. 2 CoronaVO Messen eine dynamische Besuchergrenze im Wege einer Quadratmeterregelung getroffen worden ist, sodass auch bei Außerachtlassen der Ziffer 1 der Allgemeinverfügung nicht die Gefahr einer unbeschränkten Teilnahme von Besuchern in den Veranstaltungsräumen von Messen und die Gefahr der Nichteinhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Metern gemäß § 3 CoronaVO Messen i. V. m. § 2 CoronaVO bestünde. Dass die Antragstellerin die Einhaltung der Schutz- und Hygienemaßnahmen nicht gewährleisten kann und deshalb Verstöße gegen die CoronaVO Messen zu erwarten sind, weshalb die Infektionsgefahr im vorliegenden Fall als höher zu qualifizieren wäre, hat die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt vorgetragen und lässt sich angesichts des umfangreichen Schutzkonzepts, das die Antragstellerin im Vorfeld der Durchführung ihrer Messe ausgearbeitet hat und das auch dem Gericht vorliegt, nicht erkennen. 41 dd) Darüber hinaus dürfte die Beschränkung der Besucherzahlen von Messen auf 100 gleichzeitig anwesende Besucher vor dem Hintergrund der bereits strengen Regelungen zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen und der Erstellung eines tragfähigen Schutzkonzeptes, die bei der Durchführung einer Messe aufgrund der CoronaVO Messen zu beachten sind und vor dem Hintergrund, dass das Infektionsumfeld „Messeveranstaltung“ nach den derzeitigen Erkenntnissen nur eine untergeordnete Rolle im Infektionsgeschehen spielt aufgrund des gewichtigen Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG nicht angemessen sein [hierzu (1)]. Darüber hinaus dürfte die angefochtene Regelung angesichts des Umstands, dass andere große Einzelhandelsgeschäfte mit vergleichbarem Besucherandrang derzeit keiner Beschränkungen hinsichtlich der anwesenden Besucheranzahl unterliegen, gegen den Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen [hierzu (2)]. 42 (1) Der Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG auf der Stufe der Berufsausübungsfreiheit stellt sich nach summarischer Prüfung als ungemessen und damit als nicht gerechtfertigt dar. Zwar kann ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit durch jede vernünftige Erwägung des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein. Die durch die Antragsgegnerin angestellten Erwägungen rechtfertigen den Eingriff jedoch vorliegend voraussichtlich nicht. Denn das Infektionsumfeld „Messeveranstaltung“ spielt – wie gezeigt – nach den derzeitigen Erkenntnissen nur eine untergeordnete Rolle im Infektionsgeschehen, was die Antragsgegnerin im Hinblick auf die Stadt S. nicht widerlegen konnte. Zudem stellt die CoronaVO Messen für die Durchführung von Messen bereits eine Vielzahl von Schutz- und Hygienevorgaben auf. So stellen insbesondere die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung, die dynamische Besucherregelung unter Anknüpfung an die Quadratmeterzahl der den Besuchern zugänglichen Ausstellungsfläche und der damit zusammenhängenden Pflicht zur Einhaltung des Abstandsgebots präventive Maßnahmen dar, um eine Infektion der Besucher und Aussteller mit SARS-CoV-2 zu minimieren. Die Pflicht zur Datenerhebung stellt darüber hinaus eine Maßnahme mit Doppelcharakter dar, um einerseits eine Kontaktnachverfolgung im Falle einer Infektion ermöglichen zu können und andererseits durch die Kontaktverfolgung eine weitere Ausbreitung von SARS-CoV-2 über die anwesenden Besucher hinaus verhindern zu können. Da die Überwachung und Durchsetzung dieser und die in der CoronaVO Messen weiter enthaltenen Pflichten prioritär geboten ist, erscheint die weitere Einschränkung der Berufsfreiheit der Antragstellerin nicht mehr verhältnismäßig. 43 Daran vermag auch die von der Antragsgegnerin getroffene Ausnahmeregelung gemäß Ziffer 5 der angefochtenen Allgemeinverfügung nichts zu ändern, wonach bei Vorlage eines erweiterten Hygienekonzepts im Einzelfall abweichend von Ziffer 1 Messen mit bis zu 500 Besuchern genehmigt werden können. Denn auch hier findet eine nicht zu rechtfertigende Abkehr von der in § 2 Abs. 2 CoronaVO Messen getroffenen Quadratmeterregelung hin zu einer pauschalen Obergrenze von 500 gleichzeitig anwesenden Besuchern unter Nichtberücksichtigung der einzelnen örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der Größe der Ausstellungsfläche der Messe statt. Zudem wird im Rahmen der Ausnahme nach Ziffer 5 der Allgemeinverfügung bei der Zählung der höchstens zulässigen 500 Personen das Personal der Aussteller einbezogen, sodass die tatsächliche Anzahl der gleichzeitig anwesenden Besucher einer Messeveranstaltung im Falle der Ausnahme nach Ziffer 5 nicht 500 Besucher betragen, sondern angesichts der Größe der geplanten Messe und der Anzahl der Aussteller (vorliegend etwa 110 Aussteller) erheblich darunterliegen würde. 44 In diesem Zusammenhang weist das Gericht die Antragstellerin aus Klarstellungsgründen aber darauf hin, dass es sich bei der in der Antragsschrift angegeben Fläche der Ausstellung von 4.900 Quadratmetern gemäß § 2 Abs. 2 CoronaVO um die den Besuchern zugängliche Ausstellungsfläche handeln muss, um hiervon ausgehend die zulässige Zahl der gleichzeitig anwesenden Besucher errechnen zu können. 45 (2) Die pauschale Beschränkung der gleichzeitig anwesenden Besucher bei Messeveranstaltungen nach Ziffer 1 der Allgemeinverfügung vom 23.10.2020 dürfte zudem gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. 46 Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfG, Beschluss vom 07.02.2012 – 1 BvL 14/07 –, juris Rn. 40 m. w. N.). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.07.2012 – 1 BvL 16/11 –, juris Rn. 30; BVerfG, Beschluss vom 21.06.2011 – 1 BvR 2035/07 –, juris Rn. 65). 47 Gemessen daran liegt ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. 48 Bei der Antragstellerin als Messebetreiberin und Betreibern von großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels handelt es sich um wesentlich Gleiches im Sinne des Gleichheitssatzes. Sie sind Gewerbetreibende, die ihrer Berufsausübung dadurch nachgehen, dass sie ihre Waren bzw. Dienstleistungen Kunden und Besucher in geschlossenen Räumen anbieten und bei unbeschränkten Zugangsmöglichkeiten größtmöglichen Umsatz und Gewinn machen. Zwar generieren Messebetreiber ihre Einnahmen hauptsächlich durch die Akquise von Ausstellern. Bei beiden Gewerbetreibenden stehen aber die Einnahmen im unmittelbaren Zusammenhang mit den erwarteten Besucherströmen. Daher werden Messebetreiber durch die Regelungen der Allgemeinverfügung ungleich behandelt, indem diese bei der Durchführung von Messen eine Beschränkung der gleichzeitig anwesenden Besucherzahl auf 100 Personen nach Ziffer 1 der Allgemeinverfügung bzw. eine Beschränkung der gleichzeitig anwesenden Besucherzahl auf 500 Personen unter Anrechnung der auf der Messe Beschäftigten gemäß Ziffer 5 der Allgemeinverfügung hinzunehmen haben, während Betreiber von großflächigen Verkaufsstellen mit vergleichsweiser Anziehungskraft und Besucherströmen (z. B. große Shopping-Center oder Möbel-Center) keinen derartigen Beschränkungen unterliegen. Zwar müssen auch Betreiber des Einzelhandels ein Schutz- und Hygienekonzept nach § 14 Nr. 8 i. V. m. §§ 4, 5 CoronaVO erstellen. Nach derzeitigem Stand werden diesen Betreibern aber weder durch die CoronaVO noch durch etwaige Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin Vorgaben zur maximal zulässigen Personenanzahl in ihren Verkaufsräumen gemacht. 49 Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. 50 Nach dem am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab sind die sich aus dem Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde zwar weniger streng, auch kann die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 15.06.2020 – 1 B 176/20 –, juris Rn. 46 m. w. N.). Zudem ist die sachliche Rechtfertigung nicht allein anhand des infektionsschutzrechtlichen Gefahrengrades der betroffenen Tätigkeit zu beurteilen. Vielmehr sind auch alle sonstigen relevanten Belange zu berücksichtigen, etwa die Auswirkungen der Ge- und Verbote für die betroffenen Unternehmen und Dritte und auch öffentliche Interessen an der uneingeschränkten Aufrechterhaltung bestimmter unternehmerischer Tätigkeiten. Auch die Überprüfbarkeit der Einhaltung von Ge- und Verboten kann berücksichtigt werden (OVG Bremen, Beschluss vom 30.07.2020 – 1 B 221/20 –, juris Rn. 35 m. w. N.). Dem Verordnungsgeber ist im Hinblick auf das gewählte Mittel, solange eine epidemische Lage wie vorliegend durch erhebliche Ungewissheiten und sich ständig weiterentwickelnde fachliche Erkenntnisse geprägt ist, ein entsprechender Einschätzungsspielraum einzuräumen, soweit sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen; der Einschätzungsspielraum umfasst notwendigerweise auch Pauschalierungen, Verallgemeinerungen und Generalisierungen (OVG Bremen, Beschluss vom 15.06.2020 – 1 B 176/20 –, juris Rn. 38 m. w. N.). Dies gilt insbesondere bei Massenerscheinungen, wo generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen getroffen werden können, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen; Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich im Zusammenhang mit Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (Bay. VerfGH, Entscheidung vom 03.07.2020 – Vf. 34-VII-20 –, juris Rn. 19 m. w. N.). 51 Ein sachlich vertretbarer Grund für die Differenzierung zwischen der von der Antragstellerin geplanten Veranstaltung einerseits und der Öffnung großflächiger Verkaufsstellen des Einzelhandels für den Publikumsverkehr ohne Beschränkung der gleichzeitig anwesenden Besucheranzahl andererseits ist aber nicht ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, dass sich bei der Durchführung der von der Antragstellerin geplanten Messe nach Maßgabe des vorgelegten Schutz- und Hygienekonzepts ein höheres Infektions-risiko verwirklicht als bei der Öffnung großflächiger Verkaufsstellen des Einzelhandels wie Möbelhäuser oder Shopping-Center. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass sowohl bei Messeveranstaltungen als auch in Verkaufsstellen des Einzelhandels aufgrund von Flüchtigkeitskontakten seitens der Besucher untereinander und zwischen den Besuchern und Ausstellern bzw. Verkäufern grundsätzlich die Gefahr einer Infektion bestehen kann. Zudem ist davon auszugehen, dass die von der Antragstellerin geplante Messe darauf ausgelegt ist, dass Aussteller und Besucher ins Gespräch kommen. Die hiervon ausgehende Infektionsgefahr kann jedoch gerade mit den in der CoronaVO Messen geregelten Pflichten zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und dem Einhalten des Abstandsgebots sowie der Pflicht zur regelmäßigen und ausreichenden Lüftung der Innenräume begegnet werden. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass sich die Anzahl der Kontakte mit nicht in einem Hausstand lebenden Personen bei der von der Antragstellerin geplanten Messeveranstaltung signifikant von denen in Verkaufsstellen des Einzelhandels unterscheidet. Denn auch in Verkaufsstellen des Einzelhandels, die zwar überwiegend als Selbstbedienungsläden ausgestaltet sind, kommt es im Rahmen von Beratungs- und Verkaufsgesprächen zu unter Umständen auch längeren Kontaktaufnahmen mit – mitunter mehreren – nicht in einem Hausstand lebenden Personen. Schwierigkeiten im Hinblick auf die Überprüfung der Einhaltung des Schutz- und Hygienekonzepts dürften von den konkreten (räumlichen) Gegebenheiten sowie den dargelegten infektionsgefahrerhöhenden Umständen abhängen; ein Unterschied zu den häufig mehrstöckigen Verkaufsstellen des Einzelhandels ist hier nicht ersichtlich. Die von der Antragsgegnerin pauschal behauptete gesteigerte Infektionsgefahr durch die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs durch die Besucher der Messeveranstaltung rechtfertigt die Differenzierung ebenfalls nicht. Selbst bei Zugrundelegung des Vorbringens der Antragstellerin, wonach bei Messeveranstaltungen generell aufgrund einer größeren Anziehungskraft davon auszugehen sei, dass deutlich mehr Besucher aus den umliegenden Landkreisen zu der geplanten Messeveranstaltung kämen (als zu großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels), ist zu berücksichtigen, dass die hiervon ausgehende Gefahr einer Weiterverbreitung des Virus in den Landkreisen nach Durchführung der Messeveranstaltung dadurch begegnet werden kann, dass Messeveranstaltungen gemäß § § 2 Abs.1 Satz 1 CoronaVO Messen – im Gegensatz zu großflächigen Verkaufsstellen des Einzelhandels nach § 14 Nr. 8 CoronaVO – dazu verpflichtet sind, eine Datenerhebung i. S. d. § 6 CoronaVO durchzuführen, um eine Kontaktnachverfolgung im Falle einer Infektion im Rahmen der Messeveranstaltung gewährleisten zu können. 52 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 53 Die Streitwertfestsetzung findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG und in Anlehnung an Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.10.2020 – 1 S 2843/20 –, S. 2). Von einer Halbierung des Streitwertes im Eilverfahren (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013) wird abgesehen, da die Antragstellerin mit ihrem Antrag die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.
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Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 1G r ü n d e : 2Die Beschwerde ist unbegründet. 3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i. S. d. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO bietet. 4Der im SGB-II-Leistungsbezug stehende Kläger ist zur Vermeidung seiner Obdachlosigkeit seit dem 8. Dezember 2016 durchgehend ‑ aufgrund mehrerer, jeweils befristeter Ordnungsverfügungen - von der Beklagten in eine von dieser ‑ ebenfalls durch mehrere, jeweils befristete Ordnungsverfügungen ‑ beschlagnahmte Wohnung der H.   Immobilien AG (H1.   AG) eingewiesen. Nach Aktenlage ist dem Kläger die Wohnung der H2.   AG (X.        Str. , ) zuletzt durch Einweisungsverfügung vom 1. April 2020 für die Zeit vom 8. Dezember 2019 bis zum 7. Juni 2020 zugewiesen worden. Mit an die H3.   AG gerichteter Ordnungsverfügung gleichen Datums hatte die Beklagte die Wohnung für den genannten Zeitraum beschlagnahmt. In den Begründungen der Ordnungsverfügungen führte die Beklagte jeweils aus, dass innerhalb der städtischen Obdachloseneinrichtungen keine Unterbringungsmöglichkeiten für den Kläger bestünden und sie eine anderweitige Unterbringung für den Kläger nicht habe finden können. Aufgrund der Beschlagnahme ihrer Wohnung und der Zwangseinweisung des Klägers macht die H4.   AG gegenüber dem Kläger laufend ein „Nutzungsentgelt in Höhe der jeweils gültigen Gesamtmiete“ geltend. Diese Kosten werden vom Jobcenter monatlich direkt an die H5.   AG gezahlt. 5Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen die ihm gegenüber ergangene Einweisungsverfügung der Beklagten vom 1. April 2020. Er hält seine (wiederholte) Einweisung in die Wohnung der H6.   AG für rechtswidrig und begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihm eine ordentliche und sanierte Wohnung zu vermitteln. Die Wohnung der H7.   AG weise Mängel auf. 6Mit diesem Begehren bleibt die Klage voraussichtlich ‑ nach der im Prozesskostenhilfeverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung ‑ ohne Erfolg. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand verletzt(e) die mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. April 2020 erfolgte Einweisung des Klägers in die Wohnung der H8.   AG (bis zum 7. Juni 2020) diesen voraussichtlich jedenfalls nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat wohl auch keinen Anspruch auf die Zuweisung einer anderen Unterkunft durch die Beklagte. 7Dabei kann dahinstehen, ob die Inanspruchnahme der H9.   AG als Nichtstörer i. S. d. § 19 OBG NRW rechtmäßig war, insbesondere, ob ‑ auch nach bereits über dreijähriger Beschlagnahmezeit ‑ mit Blick darauf, dass eine Wohnungsbeschlagnahme zur Unterbringung einer von Obdachlosigkeit bedrohten Person grundsätzlich nur als letztes Mittel zulässig ist, 8vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2017 ‑ 9 B 209/17 ‑, juris Rn. 15; zu den Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Nichtstörers zur Vermeidung von Obdachlosigkeit und den Verpflichtungen der Ordnungsbehörde nach Zwangseinweisungen vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 11. April 1990 ‑ 9 B 1042/90 ‑, NVwZ 1991, 692 = juris Rn. 6 ff., 9die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme der Wohnung der H10.   AG im April 2020 (nach wie vor) vorlagen. Denn die gegenüber der H11.   AG ergangene Ordnungsverfügung vom 1. April 2020 ist, soweit ersichtlich, von dieser nicht angegriffen worden und in Bestandskraft erwachsen. 10Dafür, dass die Einweisung des Klägers in die Wohnung der H12.   AG diesen in seinen Rechten verletzt(e), ist nichts ersichtlich. Die Einweisung des Klägers in die Wohnung der H13.   AG ist ‑ auf der rechtlichen Grundlage des § 14 Abs. 1 OBG NRW ‑ erfolgt, weil der Kläger seit der Zwangsräumung aus seiner Mietwohnung in der C.        H14.        Straße in im Dezember 2016 ohne eigene Wohnung ist. Einen Mietvertrag hat er seitdem nicht abgeschlossen. Er ist nicht in der Lage, sich aus eigenen Kräften mit einer Unterkunft zu versorgen. Da der Kläger deutlich zum Ausdruck bringt, dass er von der Beklagten eine Unterkunft zur Verfügung gestellt bekommen möchte, ist davon auszugehen, dass er nicht freiwillig ohne Unterkunft leben will. Er ist daher unfreiwillig obdachlos. Eine solche unfreiwillige Obdachlosigkeit stellt regelmäßig eine Gefahr i. S. d. § 14 Abs. 1 OBG NRW dar, die jedoch durch die Einweisung der betreffenden Person(en) in eine Unterkunft abgewehrt werden kann, weil dadurch deren Obdachlosigkeit (im rechtlichen Sinne) beendet wird. 11Vgl. Sächs. OVG, Beschluss vom 30. Juli 2013 ‑ 3 B 380/13 ‑, juris Rn. 10 (zu § 3 Abs. 1 SächsPolG). 12Soweit der Kläger meint, Zwangseinweisungen seien rechtswidrig und damit wohl zum Ausdruck bringen will, dass er nicht zwangsweise untergebracht werden dürfe, wird darauf hingewiesen, dass die Einweisungsverfügung der Beklagten vom 1. April 2020 ihn keinesfalls verpflichtet, sich (nur) in der Wohnung der H15.   AG aufzuhalten. Vielmehr hat die Einweisung ihm gegenüber allein eine begünstigende Wirkung: Sie eröffnet ihm die Möglichkeit, die Wohnung der H16.   AG zu nutzen und beendet damit seine (drohende unfreiwillige) Obdachlosigkeit. Eine Verpflichtung des Klägers, die ihm zugewiesene Wohnung der H17.   AG auch tatsächlich zu beziehen und zu nutzen, begründet die Einweisungsverfügung dagegen nicht. 13Vgl. hierzu nochmals Sächs. OVG, Beschluss vom 30. Juli 2013, a. a. O. 14Dem Kläger steht es selbstverständlich frei, sich selbst eine Unterkunft bzw. Wohnung zu beschaffen. Ebenso steht es ihm frei, sich außerhalb der ihm zugewiesenen Wohnung der H18.   AG aufzuhalten. 15Der Kläger hat voraussichtlich auch keinen Anspruch auf Zuweisung einer anderen Unterkunft durch die Beklagte. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist nicht zu erkennen, dass die dem Kläger von der Beklagten mit Bescheid vom 1. April 2020 (bis zum 7. Juni 2020) zugewiesene Wohnung der H19.   AG die vom Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Beschluss zutreffend wiedergegebenen Anforderungen an die Unterbringung eines Obdachlosen auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 OBG NRW nicht erfüllen würde. Weder aus dem von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang (VV) noch aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich derzeit Anhaltspunkte dafür, dass eine Unterbringung in der Wohnung der H20.   AG dem Kläger nicht zumutbar (gewesen) wäre. 16Ausweislich des Verwaltungsvorgangs der Beklagten handelt es sich bei der beschlagnahmten und dem Kläger zugewiesenen Wohnung der H21.   AG um eine ca. 41 m² große Wohnung bestehend aus jedenfalls einem Zimmer (so etwa VV Bd. 1, Bl. 158 und Bd. 2, Bl. 118), möglicherweise sogar auch aus zwei Zimmern (so die früheren Ordnungsverfügungen der Beklagten gegenüber dem Kläger vom 9. Januar 2017, vom 16. Juni 2017, vom 8. Januar 2018, vom 14. August 2018, vom 5. Dezember 2018 und vom 4. November 2019), sowie Bad, Arbeitsküche und Zentral-/Etagenheizung. Die Wohnung steht dem Kläger wohl zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Dass diese Art der Unterbringung den Anforderungen an eine menschenwürdige Unterkunft im Fall des Klägers nicht genügt, ist nicht ersichtlich. Das gilt namentlich hinsichtlich Größe und Ausstattung der Unterkunft. 17Soweit der Kläger pauschal den Zustand der Wohnung bemängelt bzw. auf einen „Mangel der Wohnung“ hinweist, lässt dieser Einwand schon nicht erkennen, was konkret er an der ihm zugewiesenen Wohnung für unzumutbar hält. Die Beschwerdebegründung enthält in diesem Zusammenhang nur die Behauptung, dass es in der Wohnung vermüffelt rieche. Insoweit ist nicht ersichtlich, warum diesem Umstand nicht hinreichend durch geeignetes Lüften und Reinigen der Wohnung durch den Kläger selbst begegnet werden könnte. Im Übrigen hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass Obdachlose bei ihrer Unterbringung im Verhältnis zur Versorgung mit einer Wohnung weitgehende Einschränkungen hinnehmen müssen. Anders als der Kläger offenbar meint, ist durch die Zuweisung der Wohnung in der X1.          Str.  durch die Beklagte kein zivilrechtliches Mietverhältnis begründet worden. Weder ist er Mieter der Wohnung noch ist die H22.   AG (oder gar die Beklagte) seine Vermieterin. Sollte der Kläger meinen, dass ihm Ansprüche wie dem Mieter einer Wohnung zustehen, geht diese Einschätzung fehl. 18Schließlich ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand auch nicht erkennbar, dass dem Kläger die Unterbringung in der ihm zugewiesenen Wohnung in der X2.          Str.  wegen seiner gesundheitlichen Verfassung nicht zumutbar wäre. Das Vorbringen des Klägers beschränkt sich insoweit bislang auf die Behauptung, dass es ihm gesundheitlich „nicht gut“ gehe, seit er in der Wohnung wohne. Unter welchen konkreten gesundheitlichen Beschwerden er ‑ aktuell ‑ leidet, hat der Kläger jedoch nicht angegeben, geschweige denn durch (aktuelle) ärztliche Atteste belegt. Die im Verwaltungsvorgang der Beklagten befindlichen, den Kläger betreffenden ärztlichen Atteste stammen aus der Zeit vor der Einweisung des Klägers in die Wohnung X3.          Str.  (vgl. VV Bd. 2, Bl. 7 f. und Bl. 24). Sie sind im Übrigen aber auch nicht hinreichend aussagekräftig in Bezug auf die Frage, warum eine Unterbringung in der Wohnung X4.          Str.  dem Kläger (aus gesundheitlichen Gründen) nicht zumutbar sein sollte. 19Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO. 20Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der in der Hauptsache erhobenen Klage (24 K 5462/20) der Antragstellerin gegen die von der Antragsgegnerin am 16. August 2020 mündlich angeordnete Betriebsschließung und Versiegelung wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. 2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2I. 3Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Schließung ihres Betriebes nebst Versiegelung. 4Die Antragsgegnerin erteilte der Antragstellerin am 14. Juli 2016 die Erlaubnis zum Betrieb einer Schankwirtschaft ohne besondere Betriebseigentümlichkeiten unter der Anschrift N.       Str. 000 in 00000 E.        . 5In der Folgezeit führte die Antragsgegnerin – teilweise anlässlich wiederholter Beschwerden der Anwohner wegen Ruhestörung – regelmäßig Kontrollen der unter dem Namen „B.   D.    “ geführten Gaststätte durch, bei denen sie u.a. Verstöße gegen das Nichtraucherschutzgesetz feststellte. Die Antragstellerin konnte dabei nie persönlich angetroffen werden. 6Am 16. August 2020 um 1:00 Uhr kontrollierte die Antragsgegnerin erneut den Betrieb, in dessen Rahmen sie mündlich die Schließung des Betriebes anordnete und diesen versiegelte. Aus dem im Verwaltungsvorgang enthaltenen Vermerk ergibt sich zu den Gründen Folgendes: In dem Gewerbe seien 19 Gäste und als Verantwortlicher Herr H.      P.     angetroffen worden. Dieser habe während der gesamten Kontrolle mit dem Ehemann der Antragstellerin, die sich selbst in der Türkei aufgehalten habe, telefoniert. Herr P.     habe zugegeben, dass er im Zeitpunkt des Betretens der Räumlichkeiten durch Mitarbeiter der Antragsgegnerin geraucht und die Zigarette im hinteren Bereich der Küche entsorgt habe. Auch würden Gäste regelmäßig in den hinteren Bereichen rauchen, wenn sie an den Geldspielgeräten säßen. Der bei Herrn P.     durchgeführte Atemalkoholtest habe einen Blutalkoholwert von 0,6 Promille ergeben. Neben im Einzelnen benannten gewerberechtlichen Mängeln seien auch erhebliche Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung festgestellt worden. Insoweit habe Herr P.     zugegeben, dass es zu keinem Zeitpunkt durch die Antragstellerin oder ihren Ehemann Unterweisungen bezüglich der Schutzmaßnahmen bzw. Verhaltensregeln der Coronaschutzverordnung gegeben habe. Auch würden Tischabstände nicht eingehalten und bis zur Kontrolle zu keiner Zeit Kundenkontaktdaten erhoben. Am 20. August 2020 meldete sich die Antragstellerin fernmündlich bei der Antragsgegnerin. Hinsichtlich des Inhalts des Gesprächs wird auf den  Gesprächsvermerk Bezug genommen (vgl. Bl. 183 Heft 1 der Beiakte). 7Die Antragstellerin hat am 12. September 2020 Klage erhoben (24 K 5462/20), über die noch nicht entschieden ist, und ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Die Antragsgegnerin hat mit Ordnungsverfügung vom 30. September 2020 die am 16. August 2020 durchgeführte Maßnahme bestätigt (Bl. 22 ff. der Gerichtsakte). Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen die Feststellung ihrer Mitarbeiter bei der Betriebskontrolle vom 16. August 2020. Die Antragstellerin hat ihre Klage mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2020 um eine Anfechtungsklage gegen die schriftliche Bestätigungsverfügung der Antragsgegnerin erweitert und auch insoweit um vorläufigen Rechtsschutz ersucht. 8Zur Begründung ihrer Eilanträge trägt die Antragstellerin wie folgt vor: Die Coronaschutzverordnung stelle schon keine Rechtsgrundlage für die Betriebsschließung dar. Die vermeintlichen Vorfälle aus den Jahren 2016 bis 2018 reichten bei weitem nicht aus, um die angeordnete Betriebsschließung nebst Versiegelung zu begründen, zumal es insoweit eines gestreckten Verfahrens bedurft hätte. Selbiges gelte hinsichtlich des Vorhalts, sie sei bei den Kontrollen der Antragsgegnerin nicht angetroffen worden. Weder bestehe hierzu eine gesetzliche Pflicht noch sei ihr dies als Mutter eines zweijährigen Kindes möglich. Vielmehr sei es ihr erlaubt, Dritte einzustellen. Dabei habe sie sich davon überzeugt, dass diese Personen geeignet seien und sich an die erforderlichen Vorschriften hielten. Da die Gesamtverantwortung stets bei ihr gelegen habe, sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, eine Stellvertretererlaubnis zu beantragen. Zudem reichten auch die sonstigen von der Antragsgegnerin aufgeführten Punkte nicht aus, um eine sofortige dauerhafte Betriebsschließung zu begründen. Es sei schon unzutreffend, dass keinerlei Kontaktdatenerfassung stattgefunden habe. Entsprechende Listen seien geführt und in einem Ordner aufbewahrt worden. Dabei sei es ihr gemäß § 2a Abs. 1 S. 2 der Coronaschutzverordnung gestattet, Adressen und Telefonnummern nicht zu erfassen, wenn diese Daten für den Verantwortlichen bereits verfügbar seien. Da es sich bei ihren Gästen überwiegend um Stammgäste handele, sei diese Voraussetzung erfüllt. Lediglich an einem Kontrolltag sei es von Herrn P.     versäumt worden, eine entsprechende Kontaktliste den Gästen vorzulegen. Dabei sei aber zu beachten, dass an diesem Tag kein normaler Gaststättenbetrieb stattgefunden habe, sondern der Betrieb eigentlich geschlossen gewesen sei. Herr P.     , der hin und wieder aushelfe, wenn sie verhindert sei und daher über einen Schlüssel verfüge, habe sich am Kontrolltag mit ein paar Freunden und Bekannten dort getroffen und ein wenig gefeiert. Deswegen sei er an dem Tag auch nicht nüchtern gewesen. Er sei aufgrund dieses Vorfalls nachdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sich ein solcher Vorfall nicht wiederholen dürfe und die Gaststätte kein privater Feierort sei. Inwieweit der Mindestabstand nicht eingehalten worden sei, ergebe sich weder aus dem Kontrollbericht noch aus den angefertigten Lichtbildern. Letztere ließen vielmehr das Gegenteil erkennen. Gleichwohl sei nunmehr an der Theke eine Plexiglasabtrennung angebracht worden. Ebenso seien alle überzähligen Tische und Stühle aus dem Gastbereich entfernt und eine Raumskizze an der Wand angebracht worden. Genauso unzutreffend sei die Behauptung, dass vorhandene Stofftischdecken nicht bei jedem Gastwechsel ausgetauscht würden. Dennoch werde ab sofort hierauf verzichtet. Desinfektionsmittel würden – wie auch schon in der Vergangenheit – vorgehalten. Herr P.     habe es lediglich versäumt, diese in die Sanitätsräume zu stellen, da die Gaststätte eigentlich geschlossen gewesen sei. Jedenfalls gebe es ein milderes Mittel in Gestalt einer Aufforderung, ab sofort Listen zur Rückverfolgung zu führen, zur Entfernung von Tischen und Stühlen, zur Einhaltung des Mindestabstandes und zur Entfernung von Stoffdecken sowie zur Ausstattung des zweiten Sanitärraumes mit Flüssigseife/Desinfektionsmittel. Selbst eine befristete Betriebsschließung hätte ausgereicht. 9Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, 10die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die durch die Antragsgegnerin mündlich angeordnete Betriebsschließung anzuordnen und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Bestätigungsverfügung der Antragsgegnerin vom 30. September 2020 wiederherzustellen. 11Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß, 12die Anträge abzulehnen. 13Zur Begründung wiederholt sie ihre bisherigen Ausführungen und trägt – insbesondere mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2020 – ergänzend vor: Die Voraussetzungen des § 55 Absatz 2 VwVG NRW hätten vorgelegen, da eine auf § 14 Abs. 1 OBG gestützte Schließungsverfügung rechtmäßig gewesen wäre. Die seit März 2020 eingeleitete Unzuverlässigkeitsprüfung habe ergeben, dass gegen die Antragstellerin ein Vollstreckungstitel eingetragen worden sei, sie Rückstände bei der Minijobzentrale habe und das Anhaltspunkte dafür vorlegen, dass sie Steuern nicht abführe, da sie laut Mitteilung der Stadtkasse steuerrechtlich nicht geführt werde. Daher werde derzeit auch ein Widerrufsverfahren eingeleitet. Die Antragstellerin habe gegen § 14 Abs. 1 S. 1 CoronaSchVO verstoßen und biete aufgrund des aufgezeigten gaststättenrechtlichen Fehlverhaltens und ihrer ständigen Abwesenheit keinerlei Gewähr dafür, diese Regelungen in ihrer Gaststätte um- und durchzusetzen. Die Verstöße gegen die CoronaSchVO ergäben sich aus dem Bericht ihres Außendienstes. Die Ausführungen der Antragstellerin stünden im unauflösbaren Widerspruch zu den Angaben des Herrn P.     gegenüber ihrem Außendienst. Herr P.     habe zugegeben, dass keine Kundenkontaktlisten geführt worden seien. Auch bei dem Telefonat mit dem vermeintlichen Chef, Herrn L.      , sei zu keinem Zeitpunkt erwähnt worden, dass ein Ordner mit Namen zur Einsicht zur Verfügung stehe. Auch sei weder von Herrn P.     noch von Herrn L.      angegeben worden, dass es sich um eine private Feier handele. Dagegen spreche bereits, dass der Betrieb für jedermann zugänglich gewesen sei. Aufgrund der Verstöße bestehe die gegenwärtige Gefahr der Weiterverbreitung des Sars-VoV-2-Virus. Mit Blick auf die Schutzpflicht des Staates für Leib und Gesundheit der Bevölkerung habe dieser durch die sofortige Schließung begegnet werden müssen. Durch die Nichteinhaltung der Coronaschutzverordnung habe die Antragstellerin eine schnellere Verbreitung des Virus in Kauf genommen. Da sie weder bei den polizeilichen noch den ordnungsbehördlichen Kontrollen jemals anwesend gewesen sei und sich offensichtlich nicht um ihren Betrieb kümmere, habe eine mildere Maßnahme – auch mit Blick auf die Summe der Verstöße – nicht ergriffen werden können. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass sich die Antragstellerin persönlich erst am 20. August 2020 gemeldet habe. Hinzu komme, dass die vermeintlich verantwortliche Person am Kontrollabend unter Alkoholeinfluss gestanden habe. 14Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen. 15II. 16Soweit die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2020 ihre Klage auf die Bestätigungsverfügung vom 30. September 2020 erweitert und auch insoweit um vorläufigen Rechtsschutz ersucht hat, handelt es sich – sofern es sich mit Blick auf § 173 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 264 Nr. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) überhaupt um eine Antragsänderung handeln sollte – jedenfalls um eine entsprechend § 91 Abs. 1 VwGO sachdienliche Antragsänderung, da sie das Gericht nicht mit einem vollständig neuen Streitstoff konfrontiert und darüber hinaus dazu geeignet ist, den sachlichen Streit zwischen den Beteiligten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes endgültig auszuräumen. 17Zur Antragsänderung im Beschwerdeverfahren vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 29. Januar 2018 – 9 B 1540/17 –, juris, Rn. 13. 18Insoweit handelt es sich auch um eine nach § 44 VwGO analog zulässige objektive Antragshäufung. 19Der Antrag hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Er ist nur teilweise zulässig (1.). Soweit er zulässig ist, ist er auch begründet (2.). 201. Der Antrag ist nur zulässig, soweit die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 12. September 2020 erhobenen Klage gegen die am 16. August 2020 erfolgte Schließung ihres Betriebes nebst Versiegelung begehrt. Insoweit entfällt die aufschiebende Wirkung ihrer Klage voraussichtlich kraft Gesetzes. Zwar dürfte die aufschiebende Wirkung ihrer Klage nicht bereits nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO, §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) entfallen, da – wie noch auszuführen sein wird – nach der im Eilverfahren allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage die hier erfolgte dauerhafte Schließung der antragstellerischen Gaststätte voraussichtlich keine Maßnahme nach § 28 Abs. 1 IfSG darstellt. Indes dürfte die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO i.V.m. § 112 Satz 1 des Justizgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (JustG NRW) entfallen, da es sich – wie noch auszuführen sein wird – im vorliegenden Fall sowohl bei der Betriebsschließung als auch bei der Versiegelung um Maßnahmen handeln dürfte, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen worden sind. 21Sollte – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin – eine Betriebsschließungsverfügung als Grundverwaltungsakt erlassen worden sein (siehe dazu sogleich), wäre festzustellen, dass der gegen die Betriebsschließung gerichteten Klage der Antragstellerin nach § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung zukommt, da es sich dann – anders als bei der Versiegelung – nicht um eine Maßnahme in der Verwaltungsvollstreckung handeln und es auch an einer Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO fehlen würde. 22Soweit die Antragstellerin die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer am 14. Oktober 2020 gegen die Bestätigungsverfügung vom 30. September 2020 erhobenen Klage begehrt, ist der Antrag unzulässig. Denn er ist schon nicht statthaft, da die Bestätigungsverfügung vom 30. September 2020 mangels einer eigenständigen Regelung selbst kein Verwaltungsakt ist, sondern lediglich Beweiszwecken dient. 23Vgl. nur OVG NRW Beschluss vom 25. November 1993 – 10 B 360/93 –, juris, Rn. 11 m.w.N. 242. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet. 25Die Begründetheit eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 Var. 1 VwGO beurteilt sich danach, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung das private Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung überwiegt. Maßgebliches Kriterium für die Abwägung der Interessen durch das Gericht sind die Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Ergibt die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes allein mögliche und gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung. Denn an der Vollziehung rechtswidriger hoheitlicher Maßnahmen kann kein öffentliches Interesse bestehen. Ist der Verwaltungsakt hingegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit. 26Nach diesen Maßstäben fällt die Interessenabwägung zu Lasten der Antragsgegnerin aus, da sowohl die Schließung des antragstellerischen Betriebes (a) als auch die Versiegelung (b) nach Aktenlage voraussichtlich rechtswidrig gewesen ist. 27a) Es spricht nach bisheriger Aktenlage Überwiegendes dafür, dass die am 16. August 2020 erfolgte dauerhafte Betriebsschließung rechtlichen Bedenken begegnet. 28Insoweit ist bereits fraglich, ob die Antragsgegnerin die Betriebsschließung auf die richtige Ermächtigungsgrundlage gestützt hat. 29Die Antragsgegnerin benennt in ihrer Bestätigungsverfügung vom 30. September 2020 als Rechtsgrundlage §§ 55 Abs. 2, 57, 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW – VwVG NRW). Gemäß § 55 Abs. 2 VwVG NRW kann der Verwaltungszwang ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Vollzugsbehörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt. Wenngleich in vergleichbaren Fällen in Gestalt einer (mündlich) ergangenen Betriebsschließungsverfügung ein Grundverwaltungsakt vorliegen dürfte, hat es im vorliegenden Fall hieran mangels wirksamer Bekanntgabe gegenüber der Antragstellerin im Zeitpunkt der Schließung gefehlt. Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, was vorliegend die Antragstellerin als Konzessionsinhaberin gewesen wäre. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so kann die Bekanntgabe nach Satz 2 dieser Vorschrift zwar auch ihm gegenüber vorgenommen werden. Dass der im Zeitpunkt der Schließung der Gaststätte der Antragstellerin anwesende Herr P.     ein Bevollmächtigter i.S.d. § 14 VwVfG NRW gewesen ist, erscheint nach Aktenlage aber eher fernliegend. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Betriebsschließung der Antragstellerin (jedenfalls) im Rahmen des Telefongesprächs vom 20. August 2020 bekannt gegeben worden ist, 30zu der (zu bejahenden Frage) ob eine fernmündliche Erklärung einem mündlichen Verwaltungsakt gleichzustellen ist vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 37 VwVfG Rn. 77. 31Letztlich kann diese Frage aber dahingestellt bleiben, da sowohl ein Grundverwaltungsakt als auch die Schließung im Wege des Sofortvollzuges nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW einer rechtlichen Überprüfung nicht standhält. Im zuletzt genannten Fall, hätte die Antragsgegnerin jedenfalls nicht im Rahmen ihrer Befugnisse gehandelt. Diese Voraussetzung liegt dann vor, wenn die Antragsgegnerin berechtigt wäre, gegenüber dem Betroffenen einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt zu erlassen, den sie im Rahmen des Sofortvollzugs vollstreckt. Die Handlung, Duldung oder Unterlassung, die die Antragsgegnerin ohne vorausgehenden Verwaltungsakt vollstreckt, müsste sie von dem Betroffenen durch Verwaltungsakt verlangen dürfen. Abzustellen ist damit auf die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Grundverfügung. 32Vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Oktober 2016 – 25 L 3430/16 –, juris, Rn. 13. 33Letzteres ist hier nicht der Fall. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin ist im vorliegenden Fall nicht § 14 Abs. 1 OBG NRW sondern als speziellere Norm § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO i.V.m. § 31 GastG die richtige Ermächtigungsgrundlage für die hier erfolgte nicht nur vorübergehende, sondern auf Dauer angelegte Schließung der Gaststätte der Antragstellerin. 34Dass es sich vorliegend um eine dauerhafte, und nicht nur vorübergehende Schließung des antragstellerischen Betriebes handelt, steht weder zwischen den Beteiligten im Streit, noch besteht ansonsten Anlass hieran zu zweifeln. Die Antragsgegnerin hat nicht im Ansatz zu erkennen gegeben, dass die Betriebsschließung für einen nur begrenzten Zeitraum gelten soll. Im Gegenteil: Bereits die parallele Einleitung des Widerrufsverfahrens belegt, dass es ihr um die dauerhafte Schließung der Gaststätte geht, weil sie die Antragstellerin als unzuverlässig erachtet. Dafür spricht zudem, dass die Antragsgegnerin ihre Ordnungsverfügung nicht zumindest überwiegend mit Verstößen der Antragstellerin gegen das Infektionsschutzrecht sondern zusätzlich auch mit Verstößen begründet hat, die dem sonstigen Ordnungsrecht unterfallen. Daher kam für die Antragsgegnerin eine Aufhebung der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung im gerichtlichen Verfahren auch nicht in Betracht, obgleich bei den am 20. und 21. Oktober 2020 durchgeführten Kontrollen des antragstellerischen Betriebes, 35der aufgrund des Hängebeschlusses der Kammer vom 21. September 2020 bis zu einer Entscheidung im Eilverfahren wieder öffnen durfte, 36festgestellt worden ist, dass die infektionsschutzrechtlichen Vorgaben nunmehr eingehalten werden. 37Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 GewO i.V.m. § 31 GastG kann die Fortsetzung eines Betriebs von der zuständigen Behörde verhindert werden, wenn zur Ausübung des Gewerbes eine Erlaubnis, Genehmigung, Konzession oder Bewilligung erforderlich ist und es an einer solchen Zulassung fehlt. Diese Voraussetzungen liegen aber allein deshalb nicht vor, da die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine gaststättenrechtliche Erlaubnis erteilt und diese – obgleich dies nach Aktenlage naheliegend gewesen sein dürfte – auch nicht nach § 15 Abs. 2 GastG widerrufen hat. Ist aber – wie hier – eine gaststättenrechtliche Erlaubnis erteilt, muss diese zunächst aufgehoben werden, bevor der Gaststättenbetrieb beendet werden kann. Erst daran anschließend kann die Schließungsverfügung ergehen. Soll diese gleichzeitig oder unmittelbar anschließend ergehen, muss die Beseitigung der Erlaubnis für sofort vollziehbar erklärt werden. 38Vgl. hierzu Leisner, in: Pielow, BeckOK GewO, Stand: 51. Edition 01.12.2019, § 15 Rn. 27 f. m.w.N. 39Danach konnte die Antragsgegnerin den Betrieb der Antragstellerin nicht dauerhaft schließen, ohne zuvor – oder bei zugleich erfolgender Anordnung der sofortigen Vollziehung gleichzeitig – den für die Schließung eines erlaubten erlaubnispflichtigen Gewerbes notwendigen ersten Schritt in Gestalt der Aufhebung der der Antragstellerin im Jahr 2016 erteilten gaststättenrechtlichen Erlaubnis getätigt zu haben. 40Eine speziellere, von diesem zweistufigen Vorgehen abweichende Regelung enthält auch nicht die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-VoV-2 in der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltenden Fassung vom 30. September 2020 (Coronaschutzverordnung – CoronaSchVO). 41Vgl. zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Betriebsschließung Leisner, in: Pielow, BeckOK GewO, Stand: 51. Edition 01.12.2019, § 15 Rn. 48 m.w.N. 42§ 14 Abs. 1 CoronaSchVO regelt lediglich, dass beim Betrieb von Restaurants, Gaststätten, Kneipen, Bars, Imbissen, (Eis-)Cafés, öffentlich zugänglichen Mensen und Kantinen, Speisewagen und Bistros im Personenverkehr sowie ähnlichen gastronomischen Einrichtungen die in der Anlage zu dieser Verordnung festgelegten Hygiene- und Infektionsschutzstandards zu beachten sind und sieht in § 8 Abs. 2 Nr. 33 ff. CoronaSchVO die Ahnung eines Verstoßes mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro vor. Eine Ermächtigung zur (dauerhaften) Schließung des Betriebes bei Nichtbeachtung der festgelegten Hygiene- und Infektionsschutzstandards – noch dazu ohne vorherige Aufhebung einer erteilten Erlaubnis – ist hierin nicht enthalten. 43Die nicht nur vorübergehende Schließung eines erlaubten Gewerbes aufgrund von Verstößen gegen § 14 Abs. 1 CoronaSchVO lässt sich im vorliegenden Fall schließlich auch nicht auf die Generalklausel des § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG stützen. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft danach die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den § 29 bis § 31 genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da die hier ergangene dauerhafte Betriebsschließung über das hinausgeht, wozu die Generalklausel ermächtigt. 44Die Kammer verkennt nicht, dass eine (vorübergehende) Schließung eines Betriebes aufgrund von Verstößen gegen § 14 CoronaSchVO auf die Generalklausel gestützt werden kann. 45Vgl. hierzu Kießling, in: Kießling, IfSG, § 28 Rn. 57 m.w.N. 46Indes stellt eine auf Dauer angelegte Schließung eines erlaubten Gewerbes ohne vorherige Aufhebung der Erlaubnis, jedenfalls wenn sie – wie hier – auch auf nicht dem Infektionsschutzrecht sondern dem sonstigen Ordnungsrecht unterfallenden Verstößen beruht, schon keine der Generalklausel unterfallende Schutzmaßnahme dar. Denn Zweck des IfSG ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern (vgl. § 1 IfSG). Zur Erreichung dieses Zwecks genügt bereits die vorübergehende, d.h. zumindest auf den (noch nicht absehbaren) Zeitpunkt des Endes der Corona-Pandemie begrenzte Schließung eines Betriebes, in dem gegen Vorschriften der CoronaSchVO verstoßen worden ist. 47Zur Möglichkeit der Anordnung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung nach § 28 Abs. 1 IfSG vgl. ausführlich Gerhardt, IfSG, 3. Aufl. 2020, § 28 Rn. 9. 48Will die Behörde demgegenüber – wie hier – einen Betrieb aufgrund der fehlenden Zuverlässigkeit des Konzessionsinhabers dauerhaft schließen, bedarf es in einem solchen Fall des Widerrufs der Erlaubnis nach den speziellen gewerberechtlichen Vorschriften (s.o.). Selbstverständlich kann sich die Unzuverlässigkeit eines Konzessionsinhabers dabei auch aus Verstößen gegen die CoronaSchVO ergeben. 49b) Ist die dauerhafte Schließung des Betriebes der Antragstellerin danach rechtswidrig gewesen, hält auch die Versiegelung, die selbst bei einem vorausgegangenen Grundverwaltungsakt in Gestalt der Betriebsuntersagung zumindest mangels Androhung und Festsetzung in Form des Sofortvollzuges nach § 55 Abs. 2 VwVG NRW erfolgt wäre, einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Denn aufgrund der dargestellten entgegenstehenden Legalisierungswirkung der weiterhin bestehenden gaststättenrechtlichen Erlaubnis hat die Antragsgegnerin jedenfalls nicht innerhalb ihrer Befugnisse gehandelt. 50Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 2. Var. VwGO. 51Die Streitwertfestsetzung ist nach §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG erfolgt. Nach Ziffer  54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit beträgt der Streitwert einer Gewerbeuntersagung den Jahresbetrag des erzielten oder verwertbaren Gewinnes, mindestens aber 15.000,00 Euro, wobei in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Streitwert in der Regel – und so auch hier – die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwertes beträgt. 52Rechtsmittelbelehrung: 53(1)       Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. 54Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 55Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht. 56Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe. 57Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 58Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 59(2)       Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 60Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 61Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 62Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 63Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 64War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Tenor 1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1) gegen den Beschluss des Landgerichts Landshut vom 23.09.2020, Az. 55 OH 42/20, wird zurückgewiesen. 2. Die Antragsgegnerin zu 1) trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe I. Die Antragsgegnerin zu 1) wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung ihres Befangenheitsgesuchs gegen den Sachverständigen im selbständigen Beweisverfahren. Die Antragstellerin behauptet Mängel an einem von der Antragsgegnerin erworbenen Schwimmbecken (Wölbungen, Risse). Die Antragsgegnerin zu 1) stellt Mängel, die sie zu verantworten habe, in Abrede und behauptet, es habe sich das Baugrundrisiko verwirklicht, welches aber der Antragsteller trage. Mit Beweisbeschluss vom 21.02.2020 wurde der Sachverständige Dipl.-Ing. H. H. mit der Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beauftragt. Nach Durchführung eines Ortstermins, an dem für die Antragsgegnerin zu 1) niemand teilnahm, erstellte der Sachverständige unter dem 09.07.2020 sein Gutachten (Bl. 108/121 d.A.). Darin führte er auf Seite 10 u.a. aus „Da im Bereich des Beckens der Boden nach Auskunft des Antragstellers lehmig ist und deswegen das eingedrungene Wasser nicht versickern kann, füllt sich im Laufe der Zeit die ehemalige Baugrube mit Wasser“. Die Antragsgegnerin zu 1) nahm dazu mit Schriftsatz vom 22.07.2020 Stellung, rügte die Mangelhaftigkeit des Gutachtens und lehnte den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab (Bl. 127/129 d.A.). Das Ablehnungsgesuch wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Sachverständige ungeprüft Angaben des Antragstellers zur Bodenbeschaffenheit übernommen habe. Die Art der Tatsachenermittlung und -auswertung im Gutachten verursache „einen starken Eindruck der Befangenheit des Sachverständigen“. Der Sachverständige nahm zu den Einwendungen mit Schreiben vom 17.08.2020 Stellung sowie zum Befangenheitsantrag mit Schreiben vom 22.08.2020. In letzterem führte er u.a. aus, dass sich die Bodenbeschaffenheit aus den Gerichtsakten ergebe, nicht aber aus den Auskünften des Antragstellers. Mit Beschluss vom 23.09.2020 wies das Landgericht den Befangenheitsantrag der Antragstellerin zurück. Ob die Bodenbeschaffenheit streitig gewesen sei oder nicht, sei vom Sachverständigen nicht zweifelsfrei zu beantworten gewesen; der Beweisbeschluss enthalte dazu keine Angaben. Die Frage, ob hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit weiterer Klärungsbedarf bestehe, sei kein Fall der Befangenheit des Sachverständigen. Soweit die Antragsgegnerin im Übrigen das Gutachten für fachlich mangelhaft halte, begründe das nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen. Einer mangelnden Sorgfalt des Sachverständigen seien im Übrigen beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt. Gegen den am 25.09.2020 zugestellten Beschluss legte die Antragsgegnerin zu 1) mit Schriftsatz vom 05.10.2020, eingegangen per beA am selben Tage, sofortige Beschwerde ein. Die Entscheidung des Landgerichts sei falsch, denn dem Sachverständigen habe die Streitigkeit der Bodenbeschaffenheit bewusst sein müssen. Dass der Sachverständige in seiner Stellungnahme behaupte, die Bodenbeschaffenheit ergebe sich aus den Akten, nicht aber aus der Auskunft des Antragstellers, verstärke den Eindruck der Voreingenommenheit. Das Gutachten sei hastig und ohne vertiefte Sachbefassung erstellt. Die offensichtlichen Unzulänglichkeiten des Gutachtens könnten nicht im normalen Verfahrensweg aufgefangen werden. Das Landgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 06.10.2020 nicht ab und verfügte die Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht München zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde. II. 1. Die sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 406 Abs. 5, 567 Abs. 1 Nr.1 ZPO, und auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 569 Abs. 1 S.1 ZPO erhoben worden. 2. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gem. § 568 S.1 ZPO der Einzelrichter berufen, da die angefochtene Entscheidung durch die Einzelrichterin erlassen wurde. 3. In der Sache erweist sich die Beschwerde jedoch als unbegründet und die angefochtene Entscheidung des Landgerichts als richtig. a) Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit kommt es nicht darauf an, ob der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn vom Standpunkt der ablehnenden Partei aus genügend Gründe vorhanden sind, die in den Augen einer verständigen Partei geeignet sind, Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen. Dieser Anschein muss sich auf Tatsachen oder Umstände gründen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Beschluss vom 11.6.2008, X ZR 124/06 = DS 2008, 266, beck-online). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Sachverständige in näherer Beziehung zu einer der Parteien steht. Ein Mangel an Sachkunde, Lücken, Unzulänglichkeiten oder Fehler im Gutachten entwerten dieses gegebenenfalls, rechtfertigen jedoch für sich allein regelmäßig nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH Beschluss vom 5.11.2002, X ZR 178/01, BeckRS 2003, 94, beck-online). Denn derartige Mängel betreffen grundsätzlich nicht seine Unabhängigkeit (vgl. BGH, Beschluss v. 27. 9. 2011, X ZR 142/08 = NJW-RR 2011, 1555, beck-online). b) Gemessen an diesen Maßstäben, liegen hier noch keine ausreichenden Umstände vor, die die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen. aa) Zutreffend hat das Erstgericht ausgeführt, dass fachliche Mängel im Gutachten grundsätzlich nicht die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen. Zwar ist zweifelhaft, ob auch die Argumentation des Erstgerichts zutreffend ist, mangelnde Sorgfalt treffe ohnehin beide Parteien gleichermaßen, denn im vorliegenden Fall - fachliche Mängel des Gutachtens unterstellt - ist es nach dem Ergebnis des Gutachtens bzw. der ergänzenden Stellungnahme nicht fernliegend, dass sich die mangelnde Sorgfalt jedenfalls nicht zu Lasten des Antragstellers auswirken würde. Allerdings ist nicht erkennbar, dass diesem Gutachten Voreingenommenheit des Sachverständigen zugrunde liegt. So wurde im Gutachten deutlich gemacht, dass es hinsichtlich der Bodenbeschaffenheit auf Angaben des Antragstellers beruht und nicht auf eigenen Untersuchungen. Überdies ist in diesem Zusammenhang der Hinweis des Antragstellers zutreffend, dass bei dem Ortstermin kein Vertreter der Antragsgegnerin zu 1) anwesend war und die entsprechende Behauptung des Antragstellers vom Antragsgegner zu 2) nicht bestritten wurde. Hinzu kommt, dass dem Sachverständigen zum einen nicht vorgegeben wurde, von welchem Sachverhalt er insoweit auszugehen habe (vgl. § 404a Abs. 1 und 3 ZPO). Das betrifft sowohl die Frage des vertraglich geschuldeten Soll-Zustands, als auch die Frage der Bodenbeschaffenheit. Zum anderen hatte er auch nicht den Auftrag, die Bodenbeschaffenheit selbst zu untersuchen. Unter diesen Umständen ist eine Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen zu verneinen. bb) Der Beschwerdeführerin ist allerdings zuzugeben, dass die Stellungnahme des Sachverständigen, er habe die Angaben zur Bodenbeschaffenheit den Gerichtsakten entnommen, im Widerspruch zu seinen diesbezüglichen Ausführungen im Gutachten steht. Tatsächlich lässt sich eine entsprechende Behauptung in den vor Erstellung des Gutachtens eingegangenen Schriftsätzen der Antragstellerin nicht finden. Dies mag aus Sicht der Antragsgegnerin zu 1) den Eindruck mangelnder Sorgfalt des Sachverständigen verstärken, stellt aber - nach den oben darlegten Maßstäben - ebenfalls keinen ausreichenden Grund für Zweifel an der Unvoreingenommenheit dar. Insbesondere ist eine gleichsam systematische, auf Willkür beruhende Benachteiligung der Antragsgegnerin zu 1) aus der Sicht einer verständigen Partei nicht zu erkennen. 4. Es sei ausdrücklich klargestellt, dass mit dieser Beschwerdeentscheidung nicht festgestellt wird, ob die Gutachten des Sachverständigen fachlich ohne Fehler oder ob sie mangelhaft sind und deshalb gem. § 412 Abs. 1 ZPO ein neues Gutachten erholt werden muss. Dies ist im selbständigen Beweisverfahren zu klären, ebenso die Frage, ob und inwieweit dem Sachverständigen vor der Erstellung des Gutachtens Vorgaben gem. § 404a Abs. 1 bzw. Abs. 3 ZPO zu machen sind oder die Frage, ob nicht die Mängelbehauptungen gegebenenfalls zu präzisieren sind und der Beweisbeschluss auf Tatsachenfragen zu beschränken ist. Soweit die Antragsgegnerin zu 1) meint, die behaupteten Fehler könnten nicht im „normalen Verfahren“ aufgefangen werden, folgt das Beschwerdegericht dem nicht. Das Verfahren der Beschwerde gegen ein zurückgewiesenes Befangenheitsgesuch dient nicht dazu, derartige (behauptete) fachliche Unzulänglichkeiten zu korrigieren und auf diese Weise steuernd in die Beweiserhebung einzugreifen. III. Die Pflicht zur Tragung der Gerichtsgebühren ergibt sich bereits aus dem Gesetz (Nr. 1812 KV-GKG, Festgebühr), im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 97 Abs. 1 ZPO (vgl. ZöllerG. Vollkommer, 32. Aufl., § 46 Rn. 20). Eine Festsetzung des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren gem. § 33 Abs. 1 RVG hatte mangels entsprechenden Antrags zu unterbleiben.
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Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 22. Juli 2020 - 6 K 2425/20 - wird geändert. Er wird wie folgt neu gefasst: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, eine Abschiebung des Antragstellers vorläufig bis zur Zustellung des Beschlusses zu unterlassen, mit dem das beim Verwaltungsgericht Freiburg anhängige Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz (A 6 K 2443/20) gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.07.2020 abgeschlossen wird.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verbleibt es bei der Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts.Der Streitwert wird unter Änderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf 2.500,-- Euro festgesetzt. Gründe  1 Die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er sich gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 22.07.2020 insoweit wendet, als ihm darin die Abschiebung des Antragstellers über den Zeitpunkt der Entscheidung des Eilverfahrens gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.07.2020 hinaus bis zur Bestandskraft dieses Bescheids untersagt wird, hat Erfolg.I.2 Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 20.10.2017 den am 03.01.2017 gestellten Asylantrag des Antragstellers als offensichtlich unbegründet ab. Dem hiergegen erhobenen Eilantrag gab das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 21.02.2018 - A 6 K 10289/17 - statt. Mit seit 07.08.2018 rechtskräftigem Urteil vom 13.06.2018 - A 6 K 10288/17 - wies es die Klage des Antragstellers gegen den Bundesamtsbescheid ab. Der mit bestandskräftigem Bescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 28.03.2019 ausgewiesene Antragsteller befand sich vom 17.10.2017 bis 20.03.2020 in Haft. Unter Berücksichtigung der erst nach Ausstellung eines türkischen Passersatzpapieres möglich gewordenen, für den 23.07.2020 vorgesehenen Abschiebung ordnete das Amtsgericht Freiburg mit Beschluss vom 10.07.2020 Abschiebehaft gegen den Antragsteller an, der ab diesem Tag in eine Abschiebehafteinrichtung aufgenommen wurde. Der Antragsteller erhielt am 16.07.2020 die Mitteilung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über die Ankündigung der Abschiebung nach Istanbul am 23.07.2020.3 Mit Anwaltsschreiben vom 21.07.2020 stellte der Antragsteller einen Asylfolgeantrag. Unter Vorlage von Schreiben der türkischen Oberstaatsanwaltschaft l. vom 01.11.2017 und eines türkischen Gerichts, der 37. Strafkammer des Landgerichts l., vom 02.06.2020 nebst Übersetzungen sowie facebook-Einträgen trug er u.a. vor, er habe am 17.07.2020 von seinem Anwalt in der Türkei Unterlagen erhalten, aus denen sich ergebe, dass gegen ihn ein Haftbefehl aus politischen Gründen bestehe. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 21.07.2020 den Antrag als unzulässig ab, da die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Außerdem wurde der Antrag auf Abänderung des Bescheids vom 20.10.2017 bezüglich der Feststellungen zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG abgelehnt. Dem Bescheid zufolge bedurfte es gemäß § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylG keiner erneuten Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung. Der Bundesamtsbescheid wurde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 22.07.2010 um 14:17 Uhr zugestellt. Der hiergegen erhobene Eilantrag - A 6 K 2443/20 - ging ebenso wie die Klage - A 6 K 2442/20 - am späten Nachmittag (ca. 17 Uhr) des 22.07.2020 beim Verwaltungsgericht Freiburg ein. Die Abschiebung sollte am nächsten Tag um 11:05 Uhr ab dem Flughafen Stuttgart erfolgen.4 Mit einem per Fax am 20.07.2020 um 21:45 Uhr beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingegangenen Eilantrag - 10 K 3060/20 - hat sich der Antragsteller persönlich gegen seine vorgesehene Abschiebung gewandt. Er hat unter Vorlage der bereits genannten Schreiben der Oberstaatsanwaltschaft l. vom 01.11.2017 und der 37. Strafkammer des Landgerichts l. vom 02.06.2020 nebst Übersetzung sowie mit seinem Vorbringen, er habe sich im Jahre 2017 in den sozialen Medien negativ über die AKP geäußert und den „Diktator Erdogan“ kritisiert, geltend gemacht, ihm drohe bei einer Einreise in die Türkei Verfolgung sowie Folter durch die türkische Polizei. Mit Beschluss vom 21.07.2020 ist das Verfahren an das zuständige Verwaltungsgericht Freiburg verwiesen worden.5 Das Verwaltungsgericht Freiburg hat mit seinem am 22.07.2020 um 14:20 Uhr dem Antragsgegner bekannt gegebenen Beschluss - 6 K 2425/20 - diesem aufgegeben, die Abschiebung des Antragstellers in die Türkei vorläufig zu unterlassen. Es hat unter anderem ausgeführt: Aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wäre bei einem Antrag gerichtet gegen die Bundesrepublik Deutschland effektiver Rechtsschutz gegen die Abschiebung nicht mit hinreichender Sicherheit zu gewährleisten, weshalb hier ausnahmsweise die Rechtswidrigkeit des Bescheids des Bundesamts vom 21.07.2020 in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber dem Rechtsträger der für die Abschiebung zuständigen Behörde geltend gemacht werden könne. Der Eilantrag sei auch begründet. Die Abschiebung sei bis zur Bestands- bzw. - für den Fall eines Klageverfahrens - Rechtskraft des Bescheids des Bundesamtes vom 21.07.2020 ausgesetzt.6 Gegen den am 24.07.2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 04.08.2020 Beschwerde eingelegt und diese unter dem 08.08.2020 damit begründet, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei jedenfalls hinsichtlich seiner Verpflichtung zu ändern, die Abschiebung bis zur Bestands- oder Rechtskraft des Bescheids des Bundesamtes vom 21.07.2020 auszusetzen. Die Anknüpfung an die Bestands- oder Rechtskraft des Bescheids vom 21.07.2020 sei rechtswidrig und könne dazu führen, dass dem Antragsgegner aufenthaltsbeendende Maßnahmen auch dann versagt blieben, wenn nach einer eventuellen Ablehnung des Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ablehnung der Durchführung des Asylfolgeverfahrens mit Bescheid des Bundesamts vom 21.07.2020 erneut eine vollziehbare Ausreisepflicht eintrete. Zur Sicherung der Rechte des Antragsstellers wäre es allenfalls gerechtfertigt, dem Antragsgegner eine Abschiebung bis zur Entscheidung über den gegen die Bundesrepublik gerichteten Eilantrag zu untersagen.7 Der Antragsteller hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.II.8 1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere nach § 146 Abs. 1 VwGO statthaft. Dem steht § 80 AsylG nicht entgegen.9 Nach § 80 AsylG können Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 VwGO nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Maßgeblich für die Einordnung einer Streitigkeit als solcher nach dem Asylgesetz ist der geltend gemachte Anspruch im jeweiligen Verfahren als Teil des verwaltungsprozessualen Streitgegenstands. Es geht darum, ob die begehrte Maßnahme oder Entscheidung ihre rechtliche Grundlage im Asylgesetz findet; es kommt hingegen nicht darauf an, welche Behörde im konkreten Fall gehandelt hat bzw. handeln oder unterlassen soll (BVerwG, Urteil vom 25.09.1997 - 1 C 6.97 -, juris Rn. 14; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.09.2020 - 11 S 1715/20 -, juris Rn. 2; vgl. auch Funke-Kaiser in: GK-AsylG, § 80 Rn. 9 i.V.m. § 74 Rn. 12 ; Guckelberger in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 32). Entscheidend ist allein die objektive Zugehörigkeit des Klage- bzw. Antragsbegehrens zu den Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz.10 Der Streitgegenstand bestimmt sich über den geltend gemachten Anspruch, also über die begehrte Rechtsfolge, und den dafür herangezogenen Grund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.12.2018 - 11 S 2125/18 -, juris Rn. 2 m.w.N.; Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 121 Rn. 23). Grundsätzlich ist der geltend gemachte Anspruch im Verfahren nach § 123 VwGO der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs (Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 123 Rn. 12), so dass sich der Streitgegenstand des Hauptsacheverfahrens mittelbar auf denjenigen des Verfahrens nach § 123 VwGO auswirkt.11 Bei einem Eilverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, in dem geltend gemacht wird, das Bundesamt habe zu Unrecht die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt, ist eine asylrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 80 AsylG gegeben. Denn hierzu gehören Streitverfahren, in denen Gegenstand Entscheidungen des Bundesamtes sind, die das Bundesamt in Wahrnehmung der ihm durch das Asylgesetz übertragenen Aufgaben getroffen hat (BVerwG, Beschluss vom 06.03.1996 - 9 B 714/95 -, juris Rn. 4). Ob hingegen Maßnahmen oder Entscheidungen anderer Behörden ihre rechtliche Grundlage im Asylgesetz haben, ist nach dem Gefüge und dem Sinnzusammenhang der einzelnen Regelungen zu bestimmen (vgl. Neundorf in: Kluth/Heusch, BeckOK AusR, § 80 Rn. 1 i.V.m. Seeger, a.a.O, § 74 Rn. 1 ). So liegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine Streitigkeit nach dem Asylgesetz vor, wenn der (ehemalige) Asylbewerber gegenüber der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde unter Berufung auf Duldungsgründe (§§ 60a ff. AufenthG) die Aussetzung seiner Abschiebung begehrt (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 18.12.2018 - 11 S 2125/18 -, juris Rn. 3; siehe auch Beschlüsse vom 07.07.2020 - 11 S 1076/19 -, juris, und vom 26.03.2019 - 12 S 502/19 -, juris). Der Senat teilt nicht die Auffassung, dass das gesamte Verfahren der Aufenthaltsbeendigung eines abgelehnten Asylbewerbers aus einer für das gerichtliche Beschwerdeverfahren allein maßgeblichen prozessualen Sicht als funktionelle Einheit aufzufassen sei, das mit dessen Abschiebung beendet werde, und die dazu führt, dass ein Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG auch dann angenommen wird, wenn der auf Asylrecht beruhenden Abschiebungsandrohung mit Gründen entgegengetreten wird, die ihre Grundlage im Ausländerrecht haben (so Hessischer VGH, Beschluss vom 17.10.2019 - 4 B 1953/19 -, juris Rn. 12 ff., insb. Rn. 17). Der beschränkte Wortlaut „Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz“ spricht gegen eine erweiternde Auslegung in Ansehung der gesetzlich getrennten Regelungen im Asylgesetz über die Entscheidungsphase des Asylverfahrens und der diesbezüglichen Durchsetzbarkeit durch die Ausländerbehörden im Wege der Abschiebung (vgl. auch Hailbronner, AuslR, § 80 AsylG Rn. 16).12 Der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG greift auch dann nicht, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG effektiver Eilrechtsschutz gegen eine drohende Abschiebung nur durch einen Antrag erreicht werden kann, der gegen den Rechtsträger der für die Abschiebung zuständigen Behörden gerichtet ist (vgl. auch OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 23.06.2020 - 2 M 28/20 -, juris Rn. 13; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14.01.2019 - 7 B 11544/18 -, juris Rn. 4; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 26.02.2018 - 13 ME 438/17 -, juris Rn. 19; Marx, AsylG, 10. Aufl. 2019, § 71 Rn. 121; Hailbronner, AuslR, § 71 AsylG Rn. 111). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, bestimmt sich in einem solchen Fall unmittelbar anhand von Art. 19 Abs. 4 GG und nicht aus Normen des Asylgesetzes. Die auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG getroffene Entscheidung des Bundesamts ist in dem hierfür vorgesehenen, gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten (Eil-) Verfahren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht wirksam zu kontrollieren (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen etwa BVerfG, Beschlüsse vom 23.07.2020 - 2 BvR 939/20 -, juris Rn. 19, vom 17.01.2019 - 2 BvQ 1/19 -, juris Rn. 24, und vom 20.11.2018 - 2 BvR 80/18 -, juris Rn. 7 ff.). Der Rechtsschutz gegenüber der Ausländerbehörde ist im vorliegenden Fall nur darauf gerichtet sicherzustellen, dass diese Kontrolle durch den Antragsteller erreicht werden kann.13 Das Erfordernis einer solchen Absicherung kann unter Zugrundelegung der Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes - Verfahrensrichtlinie - (ABl. L 180 vom 29.06.2013, S. 60) auch unionsrechtlich begründet werden. Das Bundesamt hat im vorliegenden Fall angenommen, dass der Antragsteller einen Folgeantrag gestellt hat, bei dem keine neuen Umstände oder Erkenntnisse zur Frage vorgebracht worden sind, ob ihm internationaler Schutz zuzuerkennen wäre, und hat den Antrag mit Bescheid vom 21.07.2020 als unzulässig angesehen. In einem solchen Fall, d.h. einer Entscheidung des Mitgliedstaats nach Art. 33 Abs. 2 lit. d) RL 2013/32, sieht Art. 46 Abs. 6 lit. b) i.V.m. Abs. 8 dieser Richtlinie vor, dass der Antragsteller bis zum Abschluss des - hier von ihm in Gang gesetzten - vorläufigen Rechtsschutzverfahrens gegen die Entscheidung der Asylbehörde im Mitgliedsstaat verbleiben darf; ob sich der Antragsteller über die Beendigung des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes hinaus bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens im Mitgliedstaat aufhalten darf, bestimmt sich hingegen nach der in jenem Eilverfahren getroffenen Entscheidung (siehe zu Art. 46 Abs. 6 und Abs. 8 RL 2013/32 Vedsted-Hansen, Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd. Ed., 2016, Part D IV, Art. 46 Rn. 4; vgl. allgemein zur Rechtslage nach der RL 2013/32 betr. Folgeanträge Funke-Kaiser in: GK-AsylG, § 71 Rn. 154.1 f.).14 2. Die Beschwerde ist begründet. Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts in dem vom Antragsgegner begehrten Umfang zu ändern ist.15 Der Antragsgegner hat sich in seiner Beschwerdebegründung nicht mit substantiiertem Vortrag dagegen gewandt, dass das Verwaltungsgericht mit Blick auf die konkreten zeitlichen Abläufe (siehe oben I.) angenommen hat, effektiver Rechtsschutz sei nur durch eine einstweilige Anordnung gegenüber dem Rechtsträger der Ausländerbehörde zu erlangen. Auch die Tatsache, dass das Verwaltungsgericht dem Eilantrag im Grundsatz stattgegeben hat, wird vom Antragsgegner zugestanden. Hieran ist der Senat gebunden.16 Der Antragsgegner macht jedoch geltend, dass der Umfang der Sicherung des vorläufigen Bleiberechts des Antragstellers, wie er sich aus der Auslegung des Tenors im Lichte der Entscheidungsgründe ergebe, nämlich bis zur Bestandskraft des Bescheids des Bundesamts vom 21.07.2020 bzw. der Rechtskraft eines diesen betreffenden Urteils, vor dem Hintergrund des seitens des Antragstellers gestellten Eilverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland nicht geboten sei und auch mit dem Recht nicht in Einklang stehe. Es genüge die Sicherung bis zum Abschluss des Verfahrens auf vorläufigen Rechtsschutz gegenüber der Bundesrepublik Deutschland.17 Der Antragsgegner ist nicht daran gehindert, sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens darauf zu berufen, dass kurze Zeit nach dem Erlass der gegen ihn gerichteten einstweiligen Anordnung die Klage des Antragstellers gegen die Bundesrepublik Deutschland (A 6 K 2442/20) betreffend den Bescheid des Bundesamts vom 21.07.2020 und der Eilantrag formuliert als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage (A 6 K 2443/20) beim Verwaltungsgericht eingegangen sind. Denn die Beschwerde kann auch auf - innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist - nachträglich eingetretene oder bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht berücksichtigte Gründe gestützt werden; auch insoweit lässt sich die Ergebnisrichtigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses mit Erfolg anzweifeln (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.08.2019 - 11 S 1794/19 -, juris Rn. 8; Rudisile in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 146 Rn. 13c ; Schenke in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 146 Rn. 42 - jew. m.w.N.).18 Der vom Antragsgegner vorgebrachte Einwand führt auch zu der beantragten Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Ob der Beschluss auch aus anderen Gründen abzuändern wäre, etwa weil ggfs. nur der Zeitraum bis zur Stellung eines Eilantrags gegen die Bundesrepublik Deutschland eine Sicherung gegenüber dem Rechtsträger der abschiebenden Behörde gebieten würde, ist vom Senat aufgrund der Bindung an das Begehren des Beschwerdeführers nicht zu entscheiden.19 Der Antragsteller selbst hat im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht der Sache nach lediglich den Antrag gestellt, vorläufig nicht abgeschoben zu werden. Die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene zeitliche Geltung der Verpflichtung des Antragsgegners, die Abschiebung des Antragstellers auszusetzen, ist unter Inanspruchnahme einer im Rahmen einstweiliger Anordnungen möglichen richterlichen Gestaltungsbefugnis erfolgt, die aber so nicht aufrechterhalten werden kann.20 Zwar vermittelt § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO dem Gericht einen nicht unerheblichen Spielraum bei der konkreten Ausgestaltung des Inhalts einer einstweiligen Anordnung. Das Gestaltungsermessen des Gerichts wird allerdings in verschiedener Weise beeinflusst und begrenzt (vgl. näher Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 123 Rn. 134 ff. ; Funke-Kaiser in: Quaas/Zuck/Funke-Kaiser, Prozesse in Verwaltungssachen, 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 469 ff.; Dombert in: Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 227 ff.). Eine Begrenzung erfolgt etwa durch den Zweck der einstweiligen Anordnung, nämlich einerseits effektiven Rechtsschutz zu gewähren, andererseits aber deren prinzipielle Vorläufigkeit zu beachten. Auch ist der rechtsstaatliche Grundsatz zu beachten, dass einer Behörde keine Pflichten auferlegt werden dürfen, die mit dem geltenden Recht nicht in Einklang zu bringen sind.21 Die durch das Verwaltungsgericht ausgesprochene Anordnung des Verbots einer Abschiebung vor einer Bestandskraft des Bundesamtsbescheids vom 21.07.2020 geht über das hinaus, was für die Erreichung des Sicherungszwecks erforderlich ist. Denn die Beendigung des Eilverfahrens gegenüber der Bundesrepublik Deutschland enthält die eigenständige Klärung, ob der Antragsteller in der Folgezeit über das Eilverfahren hinaus in Deutschland verbleiben darf. Dies kann ein Beschluss in der Sache sein, aber auch ein Beschluss, der aus prozessualen Gründen ergeht, z.B. im Fall einer Antragsrücknahme.22 Zudem steht der vom Verwaltungsgericht gewählten Anordnung die begrenzende Wirkung des Rechts entgegen. Geht man - wie das Bundesamt in dem Bescheid vom 21.07.2020 - davon aus, dass es in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Ausländer nach dem unanfechtbaren Abschluss des ersten Asylverfahrens vor der Stellung eines Folgeantrags nicht ausgereist ist, keiner erneuten Abschiebungsandrohung bedarf (a.A. allerdings Funke-Kaiser in: GK-AsylG, § 71 Rn. 154.1.), hätte die einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts zur Folge, dass der Antragsteller auch nach einem für ihn negativen Ausgang des gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichteten Eilverfahrens noch nicht abgeschoben werden könnte. § 71 Abs. 5 AsylG sieht solches aber nicht vor.23 Im Übrigen könnte auch die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 2008/115 vom 16.12.2008 - Rückführungsrichtlinie - (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) erfordern, dass ein - wie hier - nach dieser Richtlinie bereits eingeleitetes Verfahren, in dessen Rahmen eine Rückkehrentscheidung, gegebenenfalls einhergehend mit einem Einreiseverbot, ergangen ist, in dem Stadium, in dem es wegen der Stellung eines (Folge-) Antrags auf internationalen Schutz unterbrochen wurde, wieder aufgenommen werden kann, sobald dieser Antrag erstinstanzlich abgelehnt wurde; die Mitgliedstaaten dürfen nämlich die Erreichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels, das darin besteht, eine wirksame Rückkehr- und Rückübernahmepolitik für illegal aufhältige Drittstaatsangehörige zu schaffen, nicht beeinträchtigen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.02.2016 - C-601/15 PPU - N.-, juris Rn. 75).24 Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.25 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren und Änderung des Streitwerts für das Verfahren des ersten Rechtszugs beruhen auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 § 63 Abs. 2 und 3 GKG. Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs, den Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die vorläufige Aussetzung der Abschiebung zum Gegenstand haben, auf 2.500,-- Euro festzusetzen (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 18.12.2018 - 11 S 2125/18 -, juris, und vom 29.11.2018 - 12 S 2504/18 -, juris).26 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Tenor Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin ... ..., ... ..., ... ... zur Vertretung beigeordnet. Ratenzahlungen sind nicht zu leisten. Gründe  1 Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt die Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten (§ 121 Abs. 2 ZPO). Eine Prüfung, ob die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, unterbleibt im vorliegenden Verfahren, weil die Beklagte das Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO).2 Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht nicht entgegen, dass das Verfahren mit Abschluss des in der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2020 geschlossenen Vergleichs beendet ist.3 Nach der Beendigung eines Rechtszuges ist eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur möglich, wenn der Antragsteller vor Abschluss des Verfahrens alles zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe Erforderliche getan bzw. das Gericht trotz Entscheidungsreife nicht über den Prozesskostenhilfeantrag entschieden hat, bevor das erledigende Ereignis eingetreten ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 -, juris Rn. 13 f.; BVerwG, Beschluss vom 19.04.2011 - 1 PKH 7.11 u.a. -, juris Rn. 1; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2019 - 11 S 2127/18 -, juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2018 - 12 E 765/17 -, juris Rn. 3, 8; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.12.2014 - 3 O 40/14 -, juris Rn. 5). Bewilligungsreife setzt das Vorliegen eines mit Begründung versehenen Prozesskostenhilfeantrags sowie einer vollständigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einschließlich der entsprechenden Belege voraus (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.10.2003 - 1 BvR 901/03 -, juris Rn. 16; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.04.2019, a.a.O., juris Rn. 4; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.10.2018, a.a.O., juris Rn. 5, 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.06.2010 - OVG 10 M 8.10 -, juris Rn. 10). Da die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO für jeden Rechtszug gesondert erfolgt, lässt die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Erklärung diese Pflicht grundsätzlich nicht entfallen. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn der Beteiligte in der Vorinstanz eine den Formanforderungen entsprechende Erklärung abgegeben hat, mit seinem zweitinstanzlichen Prozesskostenhilfegesuch auf diese Bezug nimmt und im Zusammenhang mit dieser Bezugnahme unmissverständlich erklärt, dass sich seither an den wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nichts geändert habe und eine neue Erklärung denselben Inhalt haben müsse (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2016 - 9 PKH 3/16 -, juris Rn. 1; Senatsbeschluss vom 16.07.2020 - 12 S 1558/20 -, juris Rn. 6). Diesen Anforderungen ist mit der von der Klägerin vor Abschluss des Verfahrens abgegebenen Bezugnahme auf die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Mündels J. S. Genüge getan. Damit hat die Klägerin hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass J. S. (weiterhin) nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Dies ergibt sich auch aus der im Nachgang vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der J. S. vom 21.10.2020. Auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der J. S., nicht aber auf die der Klägerin als (ehemalige) Vormundin der J. S. kommt es hier allein an.4 Bei der Prüfung der Bedürftigkeit im Prozesskostenhilfeverfahren ist auch dann allein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mündels, hier der J. S., abzustellen, wenn der Vormund, hier die Klägerin, die Interessen des Mündels nicht als dessen gesetzlicher Vertreter wahrnimmt, sondern - wie hier im Falle der Geltendmachung eines höheren Pflegegeldanspruchs nach § 39 SGB VIII - als Inhaber der Personensorge selbst Verfahrensbeteiligter ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2011 - XII ZB 322/10 -, juris Rn. 16 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 15.01.2020 - 12 E 656/19 -, 09.01.2020 - 12 E 1057/19 -, und vom 24.07.2017 - 12 E 132/17 -, jeweils in juris).5 Der Beschluss ist unanfechtbar.
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Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 9. Kammer, Einzelrichter - vom 7. Februar 2020 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.047,62 Euro festgesetzt. Gründe 1 Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 7. Februar 2020 ist unbegründet. 2 Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen ihre mit Bescheiden der Antragsgegnerin vom 7. September 2018 für den Ausbau der Dahlmannstraße erfolgte Heranziehung zu Ausbaubeiträgen in Höhe von € 5177,33 (Kassenzeichen …), € 1514,31 (Kassenzeichen …), € 1882,66 (Kassenzeichen …) und € 81,85 (Kassenzeichen …). Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Februar 2020 teilweise die aufschiebende Wirkung der gegen die Bescheide erhobenen Klage angeordnet und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass das Grundstück der Antragstellerin zwar in die Verteilung mit einzubeziehen sei, entgegen der Berechnung der Beklagten jedoch gemäß § 7 Abs. 1 der Satzung der Landeshauptstadt Kiel über die Erhebung von Beiträgen für die Herstellung, den Aus- und Umbau und die Erneuerung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze (Ausbaubeitragssatzung – ABS –) nur mit einem Faktor von 1,5 zu gewichten sei, da lediglich eine dreigeschossige und keine viergeschossige Bebauung vorliege. Im Übrigen würden sich die streitgegenständlichen Bescheide jedoch aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen. 3 Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage. 4 Die von der Antragstellerin begehrte Anordnung hat zu erfolgen, wenn ihre Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet – was angesichts des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO der Fall ist – und eine Interessenabwägung ergibt, dass ihr Aussetzungsinteresse das Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Var. VwGO). Im Rahmen dieser Abwägung finden vor allem die Erfolgs-aussichten in der Hauptsache bei einer summarischen Prüfung Berücksichtigung. Ist der Bescheid offensichtlich rechtswidrig beziehungsweise bestehen in Anlehnung an § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, so überwiegt in der Regel das Aussetzungsinteresse. Ist der Bescheid hingegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in der Regel das Vollziehungsinteresse. Ernstliche Zweifel liegen dabei bereits dann vor, wenn der Erfolg einer Klage oder eines Rechtsmittels zumindest ebenso wahrscheinlich wie ihr Misserfolg ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Juni 1998 – 2 M 7/98 –, Juris Rn. 20 und vom 21. Juli 2016 – 2 MB 12/16 –, Juris Rn. 4). Ernstliche Zweifel in diesem Sinne legt das Beschwerdevorbringen indes nicht dar. 5 Soweit die Antragstellerin zunächst geltend macht, die aufschiebende Wirkung der gegen die streitgegenständlichen Bescheide erhobenen Klage sei bereits deshalb in vollem Umfang anzuordnen, da die Antragsgegnerin die – aufgrund der unzutreffenden Einordnung der Bebauung – unstreitig um 6 % überhöhte Inanspruchnahme der Antragstellerin lediglich im Rahmen fiktiver Bescheide anerkannt habe, verfängt dies nicht. Die im Eilverfahren nur mögliche summarische Überprüfung der Abgabenerhebung beschränkt sich im Wesentlichen darauf, ob der angefochtene Bescheid auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruht, ob die (vorläufig) abgerechnete Maßnahme beitragsfähig und das herangezogene Grundstück beitragspflichtig sind und ob sich die Höhe des geforderten Beitrages nach den konkreten Umständen in etwa in einer Größenordnung bewegt, die auch bei einer abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren erwartet werden kann . Deshalb führen Bedenken des Abgabenpflichtigen, die allenfalls Auswirkungen auf die Höhe der angeforderten Abgabe in geringerer Höhe haben können, nicht zur vollständigen, sondern ggfs. zur teilweisen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. September 2019 – 6 B 11122/19 –, Juris Rn. 5-6, wonach bei geringfügigen Auswirkungen auf die Höhe der Abgabe eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch nur in diesem Umfang nicht angezeigt sei). 6 Das Beschwerdevorbringen, auch hinsichtlich weiterer Grundstücke im Abrechnungsgebiet sei mit der Folge, dass die Summe der Beitragsflächen und damit auch der fiktiv errechnete Beitragssatz weiterhin fehlerhaft sei, eine unzutreffende Bebauung zugrunde gelegt worden, greift ebenfalls nicht durch. Sollte dies – wie die Antragsgegnerin zwar selbst erstinstanzlich in den Raum gestellt hat (vgl. Bl. 79 d. GA) – bei weiteren Grundstücken der Fall sein, und deshalb eine unzutreffende Bebauung und damit ein geringerer Faktor mit der Folge einer sich weiter verringernden Gesamtbeitragsfläche anzunehmen sein, streitet dies zumindest nicht für die Antragstellerin. Dieser Umstand – als zutreffend unterstellt – kann allenfalls zur Folge haben, dass sich aufgrund einer geringeren Gesamtbeitragsfläche ein höherer Beitragssatz je Quadratmeter ergibt. Eine weitere Reduzierung der Beitragslast der Antragstellerin kann dies jedoch gerade nicht zur Folge haben. 7 Die weitere Rüge, Motivation der Baumaßnahme sei nicht die Sanierung der Straße und der Einbau einer Frostschutzschicht, sondern die Verlegung einer neuen Fernwärmeleitung gewesen, weshalb zumindest eine geschätzte Ersparnis der Antragsgegnerin in die Aufwandsermittlung habe eingestellt werden müssen, kann der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht bereits zutreffend dargestellt, dass es keines straßenausbaubeitragsrechtlichen Ausgleichs dafür bedarf, dass sich eine Wiederherstellung der (alten) Fahrbahn aus Anlass etwa einer Kanalbaumaßnahme wegen der gleichzeitigen Erneuerung der Fahrbahn erübrigt und die Kanalbaumaßnahme damit kostengünstiger ausfallen kann. Eine teilweise in der Rechtsprechung für erforderlich gehaltene schätzungsweise Veranschlagung der fiktiven Kosten einer Wiederherstellung der alten Fahrbahn nach anderweitigen Erfahrungssätzen der Gemeinde und eine nach dem Verhältnis der durch die Baumaßnahmen betroffenen Flächen von Kanal und Straße zu bemessende Aufteilung einer geschätzten Ersparnis (vgl. hierzu etwa OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. Juli 2010 – 15 A 1189/10 –, Juris Rn. 32; Hessischer VGH, Beschluss vom 18. August 2010 – 5 B 1254/10 –, Juris Rn. 5; OVG Saarland, Urteil vom 29. September 2005 – 1 R 9/05 –, Juris Rn. 45) würde ohne Not und rechtliche Veranlassung einen Fremdkörper in die Grundsätze der straßenausbaubeitragsrechtlichen Aufwandsermittlung einführen, der im Übrigen mit erheblichem Aufwand sowie gesteigerter Fehleranfälligkeit und Rechtsunsicherheit für die Gemeinden verbunden wäre und zudem konsequenterweise im Hinblick auf jede andere Maßnahme – wie etwa die Verlegung von Versorgungsleitungen – betrieben werden müsste, die nicht direkt den Straßenausbau betrifft (vgl. OVG für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 10. August 2012 – 4 LB 3/12 –, Juris Rn. 55; Habermann in: Habermann/ Arndt, Kommentar zum Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein , § 8 Rn 304; Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Kommentar <24. Lieferung / Stand 2019>, § 8 Rn. 447a ff.). Die Motivationslage dafür, weshalb zu welchem Zeitpunkt eine Straßenausbaumaßnahme vorgenommen wird, stellt sich vielmehr als irrelevant dar, wenn die Voraussetzungen für die Erhebung eines Ausbaubeitrages insgesamt vorliegen. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend bejaht und wird vom Beschwerdevorbringen auch nicht angegriffen. 8 Der Verweis der Antragstellerin, die vor der Ausbaumaßnahme vorhandenen Granitgroßpflastersteine seien von der Antragsgegnerin gut zu gebrauchen gewesen und ihr Wert sei deshalb aufwandsmindernd zu berücksichtigen, ist ebenfalls nicht geeignet eine Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Bescheide zu begründen. Ein solcher (fiktiver) Wert der aufgenommenen Granitgroßpflastersteine war – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend annimmt – bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes nicht mindernd zu berücksichtigen, weil für den Aufwand nach § 8 Abs. 3 Satz 1 KAG allein die tatsächlich entstandenen Kosten maßgeblich sind und die Aufnahme von (wenn auch werthaltigem) Altmaterial nicht mit einem Wertzufluss an die Gemeinde, die nach wie vor Eigentümerin des vormals in die Straße verbauten Materials bleibt, verbunden ist (vgl. OVG für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 10. August 2012 – a.a.O. –, Juris Rn.. 57 mwN.; Habermann in: Habermann/ Arndt, Kommentar zum Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein , § 8 Rn 307; a.A. OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. Februar 2011 – 4 L 207/10 –, Juris Rn. 7 mwN.). Dies gilt auch für den Fall, dass die aufgenommenen Steine im Rahmen einer anderen Straßenbaumaßnahme wiederverwendet werden. Zwar entstehen der Gemeinde dort dann keine (erneuten) tatsächlichen Materialkosten. Die Wiederverwertung bleibt jedoch kostenneutral (vgl. Urteil des Senats vom 30. April 2003 – 2 LB 105/02 –, NordÖR 2003, Seite 424; a.A. unter Bezugnahme auf überholte Rechtsprechung des Senats wohl Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Kommentar <24. Lieferung / Stand 2019>, § 8 Rn. 440 mwN.). Letztlich sieht die Ausbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin hier auch keine Verpflichtung zur Gegenrechnung des Wertes des aufgenommenen Altmaterials vor (vgl. zu dieser Möglichkeit Habermann in: Habermann/ Arndt, Kommentar zum Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein , § 8 Rn 307). 9 Zuletzt vermag auch das Beschwerdevorbringen, die Antragstellerin sei nicht als Anliegerin der Dahlmannstraße, sondern des Philosophengangs, der eine eigenständige Einrichtung darstelle, anzusehen, keine ernstlichen Zweifel an dem Ergebnis des erstinstanzlichen Beschlusses darzulegen. Die Einrichtung iSd. § 8 Abs. 1 KAG ist zwar regelmäßig die im Gemeindegebiet verlaufende Straße in ihrer gesamten Ausdehnung. Für die Feststellung der räumlichen Ausdehnung der Einrichtung iSd. § 8 Abs. 1 KAG ist dabei jedoch, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise und ungeachtet einer etwa wechselnden Straßenbezeichnung, auf das Erscheinungsbild eines Straßenzuges (z.B. die Straßenführung, Straßenbreite und -länge, Straßenausstattung, Zahl der „erschlossenen“ Grundstücke), seine Verkehrsfunktion sowie auf vorhandene Abgrenzungen (Kreuzungen, Einmündungen), die eine Verkehrsfläche augenfällig als eigenständiges Element des Straßennetzes erscheinen lassen, abzustellen. Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht (stRspr. des Senats, vgl. Urteil vom 21. Oktober 2009 – 2 LB 15/09 –, Juris Rn. 52 m.w.N.). 10 Das Verwaltungsgericht hat danach zurecht zugrunde gelegt, dass die Antragstellerin (zumindest) Anliegerin des ausgebauten Teilbereiches der Dahlmannstraße ist. Die dies begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (Beschlussabdruck Seite 9 f.) teilt der Senat – auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens – uneingeschränkt. Das Verwaltungsgericht geht insoweit zutreffend davon aus, dass durch die Neugestaltung der Dahlmannstraße und dabei insbesondere des Kreuzungsbereiches zum Philosophengang nicht (mehr) von zwei eigenständigen Einrichtungen auszugehen ist, sondern der Teilbereich der Dahlmannstraße vom Lorentzendamm kommend bis zur Einmündung zum Philosophengang, sowie der Philosophengang selbst nunmehr eine einheitliche Einrichtung darstellen. In Ansehung der neu geschaffenen beidseitigen Führung der Gehwege von dem ersten Teilbereich der Dahlmannstraße um die Kurve in den Philosophengang, stellt dies – wie auch vom Verwaltungsgericht angenommen – jetzt den natürlichen Verlauf der Einrichtung dar. Der nach Auffassung der Antragstellerin auch nach Abschluss der Maßnahme fortbestehende unterschiedliche Ausbauzustand des Philosophenganges und der Dahlmannstraße insbesondere in Bezug auf Straßenbelag und Gehwege (vgl. auch die entsprechenden Lichtbilder, Beiakte A Bl. 178-183), ist nach Auffassung des Senats nicht derart gravierend, dass trotz der Umgestaltung des Einmündungsbereiches der Eindruck fortbesteht eine neue Einrichtung zu betreten. Die Unterschiede treten bei natürlicher Betrachtungsweise in der Gesamtschau vielmehr zurück, sodass ihnen keine Zäsurwirkung zukommt. 11 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. 12 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 12. Kammer - vom 15. April 2020 geändert: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 7. Januar 2020 gegen die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019 verfügte Versetzung der Antragstellerin wird angeordnet. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe 1 Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. April 2020 ist begründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses in Frage. 2 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 7. Januar 2020 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 11. Dezember 2019 anzuordnen. Mit dem Bescheid verfolgt die Antragsgegnerin die Versetzung der in … wohnenden Antragstellerin nach Köln/ Brühl zur Deutschen Telekom Placement Services (TPS), Business Projects. 3 Im Rahmen des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nimmt das Gericht eine eigenständige Interessenabwägung vor, die sich vorrangig an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren hat. Danach überwiegt hier – entgegen der Annahme des Verwaltungsge-richts – das Interesse der Antragstellerin daran, von der Vollziehung des Bescheides vom 11. Dezember 2019 vorerst verschont zu bleiben, das öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Versetzung, weil die Versetzung offensichtlich rechtswidrig ist. 4 Die materiellen Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 2. Alt BBG liegen in Bezug auf die streitgegenständliche Versetzungsverfügung nicht vor, da der Antragstellerin mit dieser kein mindestens mit demselben Endgrundgehalt wie das bisherige Amt verbundenes Amt übertragen wird. 5 Gemäß § 28 Abs. 2 2. Alt. BBG ist eine Versetzung aus dienstlichen Gründen zwar auch ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt, und die Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist. Diese für Bundesbeamte allgemein geltende Vorschrift findet gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG Anwendung auch auf die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Beamten (Art. 143b Abs. 3 Satz 1, § 2 Abs. 1 PostPersRG), zu denen die Antragstellerin zählt. Eine Versetzung ist dabei nach § 28 Abs. 1 BBG die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen Dienststelle bei demselben oder einem anderen Dienstherrn. Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen tritt an die Stelle des neuen funktionellen Amtes der neue Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellen- oder Behördenwechsels der Betriebswechsel (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 6 P 25.10 –, Juris Rn. 18; Urteil vom 15. November 2006 – 6 P 1.06 –, Juris Rn. 18). Werden Aufgabenbereich und Betrieb in diesem Sinne gewechselt, so entspricht dies der Personalmaßnahme der Versetzung gemäß § 28 BBG (vgl. Senatsbeschluss vom 8. April 2020 – 2 MB 14/19 –, n.v.; OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25. März 2019 – 1 B 1048/18 –, Juris Rn. 5 f.; ebenso: Bayerischer VGH, Beschluss vom 13. Juli 2018 – 6 CS 18.1205 –, Juris Rn. 15, und Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 6. Februar 2019 – 12 B 78/18 –, Juris Rn. 30 bis 36, jeweils m. w. N.). 6 Gegenstand der streitgegenständlichen Versetzungsverfügung ist die Übertragung der Aufgabe einer „Supporter Projektmanagement (Besoldungsgruppe A 9 BBesO)“ bei der Organisationseinheit TPS am Beschäftigungsort Brühl. Dieser Aufgabenbereich (entsprechend des Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne) stellt indes – entgegen der Annahme der Antragsgegnerin sowie des Verwaltungsgerichts – kein Amt mit mindestens demselben Endgrundgehalt dar. Es handelt sich hierbei vielmehr um ein anderes – niedrigeres – Amt, als das bisher von der Antragstellerin innegehabte Amt der Fernmeldebetriebsinspektorin A 9 VZ + Z. Dies ergibt sich daraus, dass der mit der Versetzung abstrakt-funktionell zu übertragende Aufgabenkreis bereits ausweislich der Versetzungsverfügung (vgl. Bl. 7 d. Gerichtsakte, „Personalposten BPR-1080, Stellen-ID 49553 Bewertung A9“) und damit bereits nach eigener Einschätzung der Antragsgegnerin nicht mit der Amtszulage gemäß Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes versehen ist. Die von der Antragstellerin innegehabte Amtszulage gilt jedoch als Bestandteil des Grundgehalts (vgl. § 42 Abs. 2 Satz 2 BBesG). Dies hat zur Folge, dass es sich trotz etwaig gleicher Amtsbezeichnungen um unterschiedliche Statusämter handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2007 – 2 B 25.07 –, Juris Rn. 4; BVerwG, Urteil vom 12. Juli 1972 – 6 C 11.70 –, Juris Rn. 17; Senatsbeschlüsse vom 4. Dezember 2017 – 2 MB 20/17 –, Juris Rn. 9 und vom 29. September 2017 – 2 MB 13/17 –, Juris Rn. 16;). Amtszulagen bilden dabei funktionell sog. Zwischenämter (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2000 – 2 BvR 1457/96 –, Juris Rn. 7). Vor diesem Hintergrund ist die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 15. April 2020 übersandte „Einweisung in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 VZ nt mit Amtszulage nach Anlage IX des Bundesbesoldungsgesetzes vom 5. Juli 2018“ (vgl. Bl. 50 d. Gerichtsakte) nicht geeignet die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin ein Amt mit mindestens demselben Grundgehalt übertragen wird, zu stützen. Diese – ohnehin lediglich haushaltsrechtlich relevante (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2007 – a.a.O –) – Einweisung kann bereits chronologisch keinen Einfluss auf den Inhalt der auf den 11. Dezember 2019 datierenden streitgegenständlichen Versetzungsverfügung haben. Ebenfalls unerheblich ist in diesem Zusammenhang der erstinstanzliche Vortrag der Antragsgegnerin, dass der Antragstellerin die Zulage trotz der Versetzung weiterhin gezahlt werde (vgl. Bl. 49 d. Gerichtsakte). Dies hat keinen Einfluss auf die statusrechtliche Bewertung des von der Antragstellerin zukünftig wahrzunehmenden Aufgabenkreises im Sinne des abstrakt-funktionellen Amtes. Zudem kommt die Antragsgegnerin hiermit – losgelöst von der Rechtswidrigkeit der Versetzung – lediglich ihrer ohnehin hierzu bestehenden Verpflichtung aus § 19a Abs. 1 Satz 1 BBesG nach. 7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG. 8 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung des Verlusts seines Freizügigkeitsrechts. 2 Der Antragsteller ist am ... in der Bundesrepublik Deutschland geboren und kroatischer Staatsbürger. Bis zum ... war er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis. Der Antragsteller ist wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Im Bundeszentralregister finden sich folgende Eintragungen: 3 1. Urteil des Amtsgerichts ... vom 15.10.2013 (...): Schuldspruch nach § 27 JGG wegen Unterschlagung unter Einbeziehung einer nicht zentralregisterpflichtigen Entscheidung). 4 2. Urteil des Amtsgerichts ... vom 03.03.2015 (...): 18 Monate Jugendstrafe wegen Diebstahl in 5 Fällen (unter Einbeziehung der Entscheidung vom 15.10.2013 und einer nicht zentralregisterpflichtigen Entscheidung). 5 3. Urteil des Amtsgerichts ... vom 29.09.2015 (...): 2 Jahre 10 Monate Jugendstrafe wegen Diebstahl in zwei Fällen, Hehlerei sowie unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln (unter Einbeziehung der Entscheidungen vom 15.10.2013 und vom 03.03.2015 und einer nicht zentralregisterpflichtigen Entscheidung). 6 4. Strafbefehl des Amtsgerichts ... vom 26.01.2018 (...): 15 Tagessätze Geldstrafe zu je 15 EUR wegen Leistungserschleichung. 7 5. Urteil des Amtsgerichts ... vom 15.05.2018 (...): 4 Jahre 9 Monate Jugendstrafe wegen schwerer räuberischer Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, versuchter Diebstahl in Tateinheit mit Sachbeschädigung, versuchte Gefangenenbefreiung sowie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (unter Einbeziehung der Entscheidung vom 29.09.2015, einer nicht zentralregisterpflichtigen Entscheidung und der Entscheidungen vom 15.10.2013 und vom 03.03.2015). 8 6. Urteil des Landgerichts ... vom 10.05.2019 (...): 6 Jahre 9 Monate Jugendstrafe wegen räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung in 2 Fällen, tateinheitlicher Anstiftung zur Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung (unter Einbeziehung der Entscheidungen vom 15.05.2018, vom 26.01.2018, vom 29.09.2015, einer nicht zentralregisterpflichtigen Entscheidung, der Entscheidung vom 15.10.2013 und der Entscheidung vom 03.03.2015). 9 Bereits im Hinblick auf die Verurteilung wegen Diebstahls, Hehlerei und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Ziff. 3) prüfte das Regierungspräsidium Freiburg (im Folgenden: Regierungspräsidium) eine Verlustfeststellung. Es nahm hiervon jedoch Abstand, da es aufgrund des langjährigen Aufenthalts des Antragstellers die Voraussetzungen für nicht erfüllt hielt. Nachdem der Antragsteller wegen schwerer räuberischer Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, versuchter Gefangenenbefreiung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig verurteilt worden war (Ziff. 5), teilte das Regierungspräsidium dem Antragsteller mit Schreiben vom 8. Oktober 2018 mit, dass ein Verlustfeststellungsverfahren (noch) eingestellt worden sei, das Regierungspräsidium jedoch bei erneuten Verstößen gegen die Rechtsordnung wieder eine Verlustfeststellung prüfen werde. Zugleich wurde der Antragsteller seitens des Regierungspräsidiums verwarnt. 10 Nach Rechtskraft der Verurteilung durch das Landgericht ... (Ziff. 6) hörte das Regierungspräsidium den Antragsteller zur (nunmehr) beabsichtigten Verlustfeststellung an. Mit Schreiben vom 29. April 2020 nahm die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers Stellung. Sie führte aus: Eine Verlustfeststellung verstieße gegen Unionsrecht. Der Antragsteller habe sein gesamtes Leben in der Bundesrepublik verbracht, sodass für ihn die Privilegierung des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU greife. Eine Verlustfeststellung sei insoweit nur aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit möglich. Der Begriff der zwingenden Gründe der öffentlichen Sicherheit umfasse die innere und äußere Sicherheit des Staates und das Funktionieren seiner grundlegenden Einrichtungen. Zwar könnten auch Straftaten im Bereich besonders schwerer Kriminalität eine Bedrohung für die Sicherheit eines Mitgliedstaates sein. Die vom Antragsteller verübten Straftaten erreichten jedoch nicht einen derart hohen Schweregrad. Überdies sei die Dauer des Aufenthalts des Antragstellers in der Bundesrepublik ebenso zu berücksichtigen wie seine familiären Bindungen zur Mutter und zum Stiefvater, sowie dass er eine Suchttherapie anstrebe. 11 Mit Beschluss vom 11. Mai 2020 (...) stimmte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts ... der Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG zu, da die Kausalität bei einem nach Bedeutung und Gewicht überwiegenden Teil der Einheitsjugendstrafe zugrundeliegenden Taten gegeben gewesen sei. 12 Mit - der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 3. Juli 2020 zugestelltem - Bescheid vom 1. Juli 2020 stellte das Regierungspräsidium fest, dass der Antragsteller das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Freizügigkeitsrecht) in der Bundesrepublik Deutschland verloren hat (Ziff. I des Bescheids), drohte ihm die Abschiebung nach Kroatien oder in einen anderen Staat an, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist, jedoch nicht vor Ablauf von einem Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung (Ziff. II des Bescheids), ordnete die Abschiebung aus der Haft an (Ziff. III des Bescheids), forderte den Antragsteller für den Fall, dass eine Abschiebung aus der Haft nicht möglich ist, auf, das Bundesgebiet innerhalb einer Woche zu verlassen, und drohte für den Fall, dass der Aufforderung nicht nachgekommen wird, die Abschiebung nach Kroatien oder in einen anderen Staat an, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist (Ziff. IV des Bescheids), befristete das mit der Verlustfeststellung verbundene Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 8 Jahre ab Ausreise/Abschiebung (Ziff. V des Bescheids) und ordnete die sofortige Vollziehung der Feststellung des Verlusts des Freizügigkeitsrechts an (Ziff. VI des Bescheids). 13 Der Antragsteller hat am 3. August 2020 Klage erhoben (10 K 2572/20) und zugleich den vorliegenden Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. 14 Der Antragsteller beantragt sachdienlich formuliert, 15 die aufschiebende Wirkung seiner Klage - 10 K 2572/20 - gegen Ziff. I des Bescheids des Regierungspräsidiums vom 1. Juli 2020 wiederherzustellen und hinsichtlich der Ziffern II bis IV anzuordnen. 16 Der Antragsgegner beantragt, 17 den Antrag abzulehnen. 18 Zur Begründung wiederholt und vertieft er die im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente. 19 Der Kammer liegt die einschlägige Ausländerakte (2 Bände) sowie die Gerichtsakte des Klageverfahrens (10 K 2572/20) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf diese Akten sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. II. 20 1. Die Kammer legt den Antrag sachdienlich dahin aus (vgl. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO), dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (10 K 2572/20) gegen die Verlustfeststellung (Ziff. I des Bescheids) sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung und die Anordnung der Abschiebung aus der Haft (Ziff. II, III und IV des Bescheids) begehrt. Dagegen ist die Befristungsentscheidung (Ziff. V des Bescheids) nicht Gegenstand des Verfahrens des vorläufigen Rechtschutzes, da es dem Antragsteller (derzeit) ersichtlich allein um die Verhinderung seiner Ausreisepflicht und deren zwangsweiser Durchsetzung geht und nicht um die vorzeitige Wiedereinreise nach einer erfolgten Ausreise/Abschiebung. 21 2. Der so verstandene Antrag ist zulässig. Soweit der Antragsteller sich gegen die Verlustfeststellung (Ziff. I des Bescheids) wendet, ist sein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1; Abs. 2 Nr. 4 VwGO statthaft, soweit er sich gegen die Abschiebungsandrohung und die Anordnung der Abschiebung aus der Haft wendet (Ziff. II, III und IV des Bescheids) ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1; Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG statthaft. Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere liegt mit der am 3. August 2020 erhobenen Klage (10 K 2572/20) ein tauglicher - insbesondere nicht offensichtlich unzulässiger - Rechtsbehelf vor, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt bzw. angeordnet werden kann. 22 3. Der Antrag ist jedoch unbegründet. 23 a) Soweit der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Verlustfeststellung (Ziff. I des Bescheids) begehrt, ist der Antrag unbegründet, weil die Anordnung des Sofortvollzugs den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend schriftlich begründet wurde (aa.), bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers, vom Sofortvollzug einstweilen verschont zu bleiben, überwiegt, weil sich die beanstandete Verlustfeststellung bei der im einstweiligen Rechtsschutz allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig erweist (bb.) und auch ein besonderes Sofortvollzugsinteresse vorliegt (cc.). 24 aa) Das Regierungspräsidium hat die Anordnung des Sofortvollzugs in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet. Das formale Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung verlangt eine auf die Umstände des konkreten Falles bezogene Darlegung des besonderen Interesses gerade an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts. Insbesondere muss die Vollziehbarkeitsanordnung erkennen lassen, dass sich die Behörde des rechtlichen Ausnahmecharakters der Anordnung bewusst ist (vgl. W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 80 Rn. 84; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 80 [22. EL September 2011], Rn. 247). Dies ist vorliegend der Fall. Den Ausführungen des Regierungspräsidiums, dass die Anordnung des Sofortvollzugs geboten sei, weil sich das Verfahren bei Ausschöpfung eventueller Rechtsmittel über das Haftende hinaus erstrecken könne und angesichts des bisher seitens des Antragstellers gezeigten Verhaltens ohne Anordnung des Sofortvollzugs die mit der Verlustfeststellung bezweckte Verhinderung schwerer Rechtsverletzungen vereitelt würde, lässt sich hinreichend deutlich entnehmen, dass diesem der rechtliche Ausnahmecharakter der Anordnung des Sofortvollzugs bewusst war und bezieht sich auch auf den konkreten Einzelfall. Ob diese Argumente inhaltlich zutreffend sind, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Januar 2019 - 10 S 1919/17 -, juris, Rn. 4; Beschluss vom 10. Dezember 2010 - 10 S 2173/10 -, juris, Rn. 3). 25 bb) Die Verlustfeststellung erweist sich - im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.07.2015 - 1 C 22.14 -, juris, Rn. 11) - als voraussichtlich rechtmäßig. 26 (1) Die Verlustfeststellung ist voraussichtlich formell rechtmäßig. Das Regierungspräsidium ist nach § 6 Abs. 3 AAZuVO sachlich und nach § 3 Abs. 1, Abs. 3 AAZuVO örtlich zuständig. Der Antragsteller wurde vor Erlass der Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 8 Satz 1 FreizügG/EU angehört. 27 (2) Die Verlustfeststellung findet ihre Rechtsgrundlage jedenfalls in § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 FreizügG/EU. 28 Zur Beantwortung der Frage, ob ein Unionsbürger i.S.v. § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU seinen Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat gehabt hat, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Verlustfeststellung ergeht (vgl. EuGH, Urteil vom 17. April 2018 - C-316/16 und C-424/17 -, juris, Rn. 88; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2018 - 11 S 2019/18 -, juris, Rn. 7). Dies war vorliegend der 1. Juli 2020. Ausgehend hiervon ist fraglich, ob der Antragsteller seinen Aufenthalt in den letzten zehn Jahren vor der Verlustfeststellung in der Bundesrepublik hatte. 29 Zwar wurde dieser am 15. Februar 1998 in der Bundesrepublik geboren und hat sich - soweit ersichtlich - ununterbrochen in der Bundesrepublik aufgehalten. Für die Anwendung des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU genügt aber nicht der bloß tatsächliche Aufenthalt, dieser muss vielmehr auch rechtmäßig gewesen sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2016 - 18 B 816/16 -, juris, Rn. 4; Hailbronner, Ausländerrecht, § 6 FreizügG/EU [100. Aktualisierung März 2017], Rn. 35). 30 Nach Aktenlage gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller sich seit seiner Geburt zu irgendeinem Zeitpunkt unrechtmäßig in der Bundesrepublik aufgehalten haben könnte. Auch dürfte es nicht darauf ankommen, dass Kroatien erst seit dem 1. Juli 2013 Mitgliedstaat der Europäischen Union ist. Der Gerichtshof der Europäischen Union geht - ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht - davon aus, dass sich ein Recht auf Daueraufenthalt auch aus Aufenthaltszeiten eines Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat ergeben kann, bevor der Drittstaat der Europäischen Union beigetreten ist, sofern der Betroffene nachweisen kann, dass diese im Einklang mit den Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 RL 2004/38/EG zurückgelegt wurden (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-424/10 u.a. -, juris, Rn. 62; BVerwG, Urteil vom 31. Mai 2012 - 10 C 8.12 -, juris, Rn. 17). Es dürfte einiges dafür sprechen, dass dies auch hinsichtlich der Berechnung der Zehnjahresfrist des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU gilt (vgl. Kurzidem, in: BeckOK Ausländerrecht, § 6 FreizügG/EU [26. Edition 1. Juli 2020], Rn. 24; Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 6 FreizügG/EU, Rn. 64). Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller sich seit seiner Geburt nicht im Einklang mit den Voraussetzungen des Unionsrechts in der Bundesrepublik aufgehalten hätte, bestehen nach Aktenlage nicht. 31 Der Kläger befand sich jedoch wiederholt in Jugendhaft. Insoweit könnte einiges dafür sprechen, dass die Inhaftierung den Zehnjahreszeitraums unterbrochen hat, weil insoweit die Integrationsbande abgerissen sind (vgl. hierzu: EuGH, Urteil vom 16. Januar 2014 - C-400/12 -, juris, Rn. 34 ff.; Urteil vom 17. April 2018 - C-316/16 u.a. - juris, Rn. 76 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2018 - 11 S 2019/18 -, juris, Rn. 8; OVG Saarland, Urteil vom 30. April 2015 - 2 A 265/14 -, BeckRS 2015, 53103, Rn. 26; Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Auflage 2020, § 6 FreizügG/EU, Rn. 60). Die Kammer braucht diese Frage jedoch nicht zu beantworten. Denn auch wenn davon ausgegangen wird, dass die Integrationsbande des Antragstellers durch die Haftzeiten nicht unterbrochen wäre und folglich eine Verlustfeststellung nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG/EU erfolgen kann, wären diese Voraussetzungen voraussichtlich erfüllt. 32 (3) Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 FreizügG darf eine Verlustfeststellung nur erfolgen, wenn zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit dies gebieten. Mit der genannten Norm greift der Gesetzgeber die Vorgabe von Art. 28 Abs. 3 RL 2004/38/EG auf, wonach einer Ausweisung privilegierter Unionsbürger eine Entscheidung beruhend „auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden“, zugrunde liegen muss (vgl. Kurzidem, in: BeckOK Ausländerrecht, § 6 FreizügG/EU [26. Edition 1. Juli 2020], Rn. 25). Hierzu gehören die Beeinträchtigung des Funktionierens der Einrichtungen des Staates und seiner wichtigen öffentlichen Dienste sowie das Überleben der Bevölkerung ebenso wie die Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen oder des friedlichen Zusammenlebens der Völker oder eine Beeinträchtigung der militärischen Interessen (vgl. EuGH, Urteil vom 23. November 2010 - C-145/09 -, juris, Rn. 44 m.w.N.). Allerdings können auch Straftaten im Bereich besonders schwerer Kriminalität als Bedrohung für die Sicherheit eines Mitgliedstaats angesehen werden, wenn diese geeignet sind, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen, weil die Art und Weise der Begehung besonders schwerwiegende Merkmale aufweist (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Mai 2012 - C-348/09 -, juris, Rn. 28; Urteil vom 23. November 2010 - C-145/09 -, juris, Rn. 44 ff.; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12. April 2018 - 11 S 428/18 -, juris, Rn. 5; OVG Saarland, Urteil vom 30. April 2015 - 2 A 265/14 -, BeckRS 2015, 53103, Rn. 28 ff.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. Dezember 2015 - 10 ZB 15.1394 -, juris, Rn. 7). Ergänzend setzt die Annahme eines zwingenden Grundes der öffentlichen Sicherheit voraus, dass der Betroffene wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens fünf Jahren verurteilt oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet wurde (§ 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU). 33 (4) Die Voraussetzungen der Verlustfeststellung liegen ausgehend von diesem Maßstab beim Antragsteller voraussichtlich vor. 34 (a) Der Antragsteller wurde zuletzt rechtskräftig vom Landgericht ... wegen vorsätzlicher Straftaten zu einer Jugendstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Die Verhängung einer mindestens fünfjährigen Jugendstrafe wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten (§ 6 Abs. 5 Satz 3 FreizügG/EU) liegt damit vor. 35 (b) Es liegen wohl auch zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit vor, die die Verlustfeststellung gebieten. 36 Der Antragsteller hat zahlreiche schwerwiegende Straftaten begangen, die von außerordentlicher Gewaltbereitschaft und Rohheit geprägt waren. Im Urteil des Landgerichts ... vom 10. Mai 2019 (...) wird zur Person des Antragstellers ausgeführt: 37 „Nach seiner Einschulung im Jahr 200... fiel der Angeklagte immer wieder als verhaltensauffällig auf. Sein delinquentes Verhalten begann bereits im Alter von neun Jahren, weshalb seine Mutter Hilfe zur Erziehung beantragte. Obwohl der Angeklagte zu seiner Mutter ein gutes Verhältnis hatte, konnte sie ihren Sohn erzieherisch nicht mehr erreichen, weshalb es von Februar 200... bis Juni 200... zu einer teilstationären Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung ... kam. Dort besuchte ... eine Schule für Erziehungshilfe mit angegliederter Tagesgruppe. Eine anschließende probeweise Beschulung in der öffentlichen Schule ist im Oktober 200... gescheitert und es folgte von Dezember 200... bis März 20... eine Beschulung in der ...-Schule mit angeschlossener Tagesgruppe im Kinder- und Familienzentrum. Ab April 20... war der Angeklagte bis Dezember 20... vollstationär in einem Kinderheim untergebracht. Auch diese Maßnahme konnte nicht andauern, da der Angeklagte dort nicht kooperierte. Im Sommer 20... folgte letztlich die Befreiung von der allgemeinen Schulpflicht, woraufhin der Angeklagte ca. 3-4 Monate in der Firma seines Stiefvaters gearbeitet hat. 38 Der Angeklagte fiel durchgängig durch Schuleschwänzen auf und konsumierte ab seinem 14. Lebensjahr regelmäßig Drogen, hauptsächlich Cannabis. Im Alter von 14 Jahren trat der Angeklagte seinen ersten Arrest an. Mit 17 Jahren kam er für 2 Jahre in Jugendhaft, die er zunächst zur Durchführung einer Drogentherapie in der Außenstelle der JVA ... in ... verbrachte. Dort konnte er 20... einen Hauptschulabschluss mit der Durchschnittsnote 1,7 erlangen. Der Versuch dieser Therapie musste jedoch nach acht Monaten vorzeitig abgebrochen werden, da es zu gewalttätigen Konflikten mit anderen Insassen gekommen ist, der Angeklagte wurde daraufhin nach ... verlegt. Nach der Haftentlassung im August 20... gelang es dem Angeklagten, der zunächst bei seiner Mutter und seinem Stiefvater lebte, nicht, auch in Freiheit drogenfrei zu leben. Nach eigenen Angaben hatte er „viel durchzumachen“ und unter anderem Todesfälle im Bekannten- und Verwandtenkreis zu bewältigen, weshalb er sich erneut den alten Freunden angeschlossen habe. Ein halbes Jahr nach seiner Haftentlassung wurde der Angeklagte zur Vollstreckung von U Haft im Januar 20... in der JVA ... aufgenommen. Mittlerweile verbüßt er seine Jugendstrafe in der JVA ..., wo er sich derzeit in der Absonderung befindet, da er mit zur Weitergabe bestimmtem Spice und einem Handy erwischt wurde. Zuvor hielt sich der Angeklagte nach eigenen Angaben 9 Monate meldungsfrei. ... hat einen Reinigungskurs besucht, eine Ausbildung absolviert er nicht. Betäubungsmittel hat er seit seiner Inhaftierung im Januar 20... nicht mehr konsumiert. 39 Der Angeklagte ist vorbestraft: 40 [...] 41 Am 15.10.2013 erkannte das Amtsgericht ... (...) den Angeklagten der Unterschlagung für schuldig und setzte die Entscheidung der Verhängung der Jugendstrafe gemäß § 27 JGG für 2 Jahre zur Bewährung aus. 42 Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: 43 Am 09.07.20... gegen 16:00 Uhr - somit im Alter von 15 Jahren - nahm der Angeklagte am Bahnhof ... das unverschlossen abgestellte Mountainbike der Marke ... der Geschädigten [...] im Wert von 600 EUR an sich, um es auf Dauer als eigenes zu behalten. Dieses Fahrrad war durch einen bislang unbekannten Täter am 12.06.2013 im Zeitraum zwischen 13:00 Uhr und 16:00 Uhr an der Dualen Hochschule [...] zurückgelassen worden. Bei Tatbegehung besaß der Angeklagte die gemäß § 3 erforderliche Reife, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. 44 Am 03.03.2015 wurde der Angeklagte erneut von dem Amtsgericht ... (...) verurteilt. Unter Einbeziehung der Entscheidung vom 15.10.20... (siehe oben) wurde der Angeklagte wegen Diebstahls in fünf Fällen zu einer Jugendstrafe von 18 Monaten verurteilt. 45 Die der Verurteilung zu Grunde liegenden Sachverhalte stellen sich wie folgt dar: 46 1. Am 07.11.2013 gegen 10:00 Uhr verschaffte sich der Angeklagte ... ... Zutritt zu den Lagerräumen der Gaststätte ... [...], indem er an der rückwärtigen Seite des Lagerschuppens die Blechverkleidung abschraubte und sich durch die entstehende Öffnung in den Lagerraum zwängte, um dort Leergut zu entwenden. Sodann entnahm er aus dem Lagerraum drei Kisten Leergut im Wert von 9,90 EUR, um diese auf Dauer als eigene zu behandeln und in einem Lebensmitteldiscounter gegen Auszahlung des Pfandgeldes abzugeben. 47 2. Am 02.01.2013 in der Zeit zwischen 13:30 Uhr und 18:25 Uhr drang der Angeklagte ... ... in den in der Tiefgarage [...] abgestellten Pkw, Mazda Tribute, amtliches Kennzeichen: [...] der Geschädigten [...] gewaltsam ein, in dem er das Fenster an der Beifahrerseite einwarf, um daraus Stehlenswertes zu entwenden. Sodann entwendete er die Handtasche der Geschädigten, in welcher sich ein Schminkset ... und deren Geldbeutel mit Bargeld in Höhe von 46,30 EUR, ihrem Bundespersonalausweis, ihrem Führerschein, dem Fahrzeugschein, einer EC-Karte der Kreissparkasse ... sowie einer AOK-Versichertenkarte befanden. Der Wert des Diebesgutes, das der Angeklagte ... ... für sich behalten wollte, betrug ungefähr 700 EUR. Der am Fahrzeug verursachte Sachschaden beläuft sich auf 200 EUR. 48 3. Im Zeitraum vom 11.03.2014, 18.00 Uhr, und dem 13.03.2014, 09.00 Uhr, entwendete der Angeklagte ... ... das in der Tiefgarage [...] abgestellte mit Lenkradschlosses gesicherte Kleinkraftrad der Marke A GM, 7 amtliches Kennzeichen [...] im Wert von ungefähr 350 EUR, indem er das Lenkradschloss aufbrach, den Roller kurzschloss und sich sodann mit diesem entfernte. Er beabsichtigte hierbei, der Roller dauerhaft als eigenen zu behandeln. An dem Roller entstand Sachschaden in Höhe von ca. 250 EUR. 49 4. Im Zeitraum vom 31.01.2014, 18:00 Uhr, bis zum 02.02.2014, 13.45 Uhr, warf der Angeklagte ... ... auf der Suche nach stehlenswerten Gut mit einem Stein das Fenster zum Büro des Schuldirektors in der ...schule [...] ein, öffnete das Fenster und kletterte hierdurch in das Schulgebäude. Anschließend durchsuchte er das Büro des Schuldirektors sowie das angrenzende Sekretariat und riß den Hebel zu einem Stahltresor ab. Die Tür zum Lehrerzimmer öffnete er gewaltsam mit einer Handsäge und zwei Schraubenziehern. Hier entwendete der Angeklagte sodann insgesamt 80 EUR Bargeld und mehrere Schlüssel, um diese für eigene Zwecke zu verwenden. Sachschaden entstand in Höhe von ca. 900 EUR. 50 5. Im Zeitraum vom 17.04.2014 bis zum 21.04.2014 gelangte der Angeklagte auf der Suche nach stehlenswerten Gegenständen auf nicht näher bekannter Art und Weise in die Räumlichkeiten der Fachhochschule ... [...] und brach dort den Schlüsselkasten auf, um den dort befindlichen Generalschlüssel für sich zu behalten und für eigene Zwecke zu verwenden, namentlich mithilfe des Schlüssels Zugang zu den abgeschlossenen Räumlichkeiten der Fachhochschule zu erlangen und dort Gegenstände zu entwenden. Dem Tatplan entsprechend brach der Angeklagte im Studiensekretariat Büroschränke und -container auf und entwendete einen Kleintresor mit verschiedenen Dienstsiegeln. Weiter entwendete der Angeklagte aus verschiedenen Räumen sodann jedenfalls ein Hiltimessgerät, zwei Notebooks und zwei Fotoapparate nebst Zubehör im Gesamtwert von ca. 3495,04 EUREUR, um diese Gegenstände für eigene Zwecke zu verwenden. Sachschaden entstand in Höhe von ca. 5.000 EUR, die Kosten für den Einbau einer neuen Schließanlage betragen ca. 270.000 EUR. 51 Bei Begehung aller Taten besaß der Angeklagte die gemäß § 3 JGG erforderliche Reife, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. 52 [...] 53 Mit Urteil des Amtsgericht ... vom 29.09.2015 (...) wurde der Angeklagte wegen Diebstahls in 2 Fällen, Hehlerei, sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Entscheidungen vom 15.10.2013 und vom 03.03.2015 zu einer Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung des Restes der Jugendstrafe wurde mit Entscheidung vom 25.02.2016 zurückgestellt bis zum 22.03.2018. Die Zurückstellung der Vollstreckung wurde widerrufen und der Rest der Jugendstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt bis zum 15.08.2019. 54 Aufgrund eines Strafbefehles vom 26.01.2018 des Amtsgerichts ... wurden gegen den Angeklagten wegen Leistungserschleichung 15 Tagessätze zu je 15 EUR verhängt. Mangels Zahlung dieser Strafe wurde für den Angeklagten die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe als Überhaft notiert. 55 Am 15.05.2018 verurteilte das Amtsgericht ... (...) den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung in 2 Fällen, versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, versuchter Gefangenenbefreiung sowie wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Jugendstrafe von 4 Jahren und 9 Monaten, in die die Entscheidungen vom 20.09.2015, vom 15.10.2013 und vom 03.03.2015 einbezogen wurden. Von einer Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts ... wurde abgesehen. 56 Die Sachverhalte, die dieser Verurteilung zu Grunde lagen, liegen zeitlich innerhalb der damals offenen Bewährung des Angeklagten und stellen sich wie folgt dar: 57 Am 29.10.2017 kam es in der Innenstadt von ... zu folgenden Taten: 58 1. Gegen 05:30 Uhr sprach der Angeklagte den ... ... [...] in der ... Innenstadt an und forderte nach einer kurzen Konversation und der Bedrohung „ich leg dich um, mit 9mm“ unter Androhung von Gewalt die Herausgabe der Handschuhe, die der ... ... zu diesem Zeitpunkt trug. Während der Forderung nahm er einen großen Pflasterstein, den er in einer Tasche bei sich trug, in die Hand, holte aus und äußerte „gib mir jetzt die Handschuhe, Tod oder Handschuhe“, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Der ... ... übergab dem Angeklagten schließlich seine Handschuhe, woraufhin der Angeklagte sich mit diesen vom Tatort entfernte, um diese auf Dauer ohne Berechtigung für sich zu behalten. 59 2. Gegen 06:00 Uhr sprach der Angeklagte die ... ... an, die sich zu diesem Zeitpunkt mit ihrem Fahrrad zwischen dem Anwesen ... und ... in ... ... befand, und forderte sie unter Androhung von Gewalt auf, ihm ihr Fahrrad zu überlassen. Dabei drohte er, sie mit dem großen Pflasterstein, den er in einer Tasche bei sich trug und zwischenzeitlich herausholte und holte damit aus, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Zudem äußerte der Angeklagte der ... ... gegenüber, dass er eine Pistole und ein Messer dabei habe und sie erschießen bzw. erstechen würde und auch wisse, wo sie und ihre Tochter wohnen. 60 Nachdem die ... ... um Hilfe rief und sich aufgrund dessen eine Passantin näherte, ließ der Angeklagte, der nun erkannte, dass die ... ... ihm das Fahrrad nicht übergeben würde, aufgrund des nunmehr erhöhten Entdeckungsrisikos von der weiteren Tatbegehung ab und rannte [...] weg. 61 3. Kurze Zeit nach dem vorgenannten Vorfall 2 nahm der Angeklagte, der sich mittlerweile vor der Schaufensterscheibe des Schmuckgeschäfts „...“ [...] aufhielt, den in seiner Tasche befindlichen großen Pflasterstein heraus und schlug mit diesem auf die Scheibe ein um verschiedene Gegenstände aus der Auslage zu entnehmen und diese ohne Berechtigung auf Dauer für sich zu behalten. Als der Angeklagte erkannte, dass er die aus bruchfestem Glas bestehende Scheibe nicht durchschlagen würde können, gab er die weitere Tatausführung auf und entfernte sich vom Tatort. Dass durch seine Handlungen die Scheibe beschädigt und ein Schaden in Höhe von etwa 1.200,00 EUR entstehen würde, sah der Angeklagte voraus und nahm dies billigend in Kauf. 62 4. Gegen 06:40 Uhr stieg der Angeklagte am Taxistand vor dem Bahnhof in ... in das Taxi des ... ... ein und forderte von diesem unter Anwendung von Gewalt die Herausgabe von Geld, ansonsten schlage er zu. Währenddessen hatte er einen großen Pflasterstein in der Hand und holte damit aus. Der ... ... stieg daraufhin aus seinem Taxi aus und entfernt sich von diesem. Währenddessen folgte ihm der Angeklagte und forderte ein weiteres Mal mit erhobenem Pflasterstein die Herausgabe von Geld. Nachdem der ... ... daraufhin um Hilfe rief und sich aufgrund dessen ein weiterer Taxifahrer näherte, ließ der Angeklagte, der nun erkannte, dass der ... ... ihm kein Geld übergeben wird, aufgrund des nunmehr erhöhten Entdeckungsrisikos von der weiteren Tatbegehung ab und entfernte sich vom Tatort. 63 Anklage vom 19.04.2018 (...) 64 Am 26.11.2017 kam es um 02:45 Uhr in der ... Straße sowie vor dem Rathaus ... in ... zu folgenden Taten 65 1. (Das Verfahren wurde bezüglich dieser Tat vor der Hauptverhandlung nach § 154 StPO eingestellt). 66 2. Nachdem der Angeklagte mit dem Roller in Richtung ... vor einem Streifenwagen geflüchtet war, stellte sich der Zeuge ..., ein Bekannter des Angeklagten, dem Streifenwagen in den Weg und beleidigte die Beamten. Die Beamten stiegen aus und forderten die Personalien des Herrn .... Dieser verweigerte die Angabe der Personalien und kam in einer bedrohlichen Haltung auf die Beamten zu. Daraufhin wurde der sich heftig zur Wehr setzen Herr ... vorläufig festgenommen und unter großem Kraftaufwand in den Streifenwagen verbracht. Als die Türe des Streifenwagens geschlossen war und die Beamten im Begriff waren einzusteigen, kam der Angeklagte aus dem Dunkeln angerannt und riss die Tür des Streifenwagens hinten rechts wieder auf und versuchte den vorläufig festgenommenen ... zu befreien. Diesem gelang es zunächst auszusteigen. Als er wegrennen wollte, stießen die Beamten den Angeklagten weg und setzten Herrn Doll wieder in den Streifenwagen. Der Angeklagte riss weiter am Türhebel und versuchte Herrn ... zu befreien, was nicht gelang, da die Türen verriegelt waren und die Beamten davon fuhren. Der Angeklagte handelte in der Absicht, Herrn ... aus dem formell rechtmäßigen, staatlichen Gewahrsam zu befreien. 67 3. Die Beamten der Streife forderten Unterstützung an, welche den Angeklagten vor dem Rathaus in ... antrafen. Ein Alkomattest ergab um 3:03 Uhr einen Atemalkoholwert von 0,81 mg/l. Dem Angeklagten wurde daraufhin eröffnet, dass er nun mit zum Polizeirevier ... gehen müsse. Der Angeklagte weigerte sich und rannte weg. Der Angeklagte konnte durch die Beamten gestellt werden. Mittels unmittelbarem Zwang wurde der Angeklagte zu Boden gebracht und arretiert. Hierbei wehrte er sich gegen das Schließen. Der Angeklagte sperrte die Arme gegen das auf den Rücken verbringen und versuchte die Beamten zu zwicken. Nur durch Anwendung unmittelbaren Zwangs konnte der Angeklagte geschlossen werden. In der Jackentasche führte der Angeklagte während der gesamten Zeit griffbereit ein Messer mit einer Klingenlänge von 11,5 cm mit sich. Dies war dem Angeklagten auch bewusst. 68 [...]“ 69 Der Verurteilung des Antragstellers durch das Landgericht ... am 10. Mai 2019 lagen folgende Feststellungen zum Tatgeschehen zu Grunde: 70 „Tat Nummer 1: 71 Am 24.05.20... traf der zur Tatzeit 20- jährige Angeklagte, der sich auf dem Transport von der Justizvollzugsanstalt ... in die Justizvollzugsanstalt ... befand, in der Transportzelle der JVA ... [...] zusammen mit ... ... auf den Geschädigten .... Die drei Häftlinge wurden zu dritt untergebracht, wobei der Angeklagte die räumliche Situation nutzte, um einen Schnellhefter des Geschädigten ... ohne dessen Einverständnis an sich zu nehmen, um sich den darin befindlichen Inhalt gegen den Willen des ... durchzulesen. In den Unterlagen des ... befand sich auch eine Anklage gegen diesen, weshalb der Angeklagte in Erfahrung brachte, dass dem Geschädigten ... der Vorwurf eines Sexualdelikts - von dem er später freigesprochen wurde - gemacht wird. Da ein solcher Vorwurf nicht die Billigung des Angeklagten und ... fand, kamen die beiden überein, den Geschädigten ... gemeinsam zu schlagen, um ihn zu verletzen und ihm Schmerzen zuzufügen. Diesen Tatentschluss setzten der Angeklagte und ... unmittelbar in die Tat um und schlugen gemeinsam handelnd zumindest zweimal mit der Faust gegen den Körper des Geschädigten ..., wodurch dieser Schmerzen und Hämatome erlitt, worauf es dem Angeklagten und ... ankam. 72 Tat Nummer 2: 73 Im Juni 20... wurde der Geschädigte ... in die Justizvollzugsanstalt ... [...] verlegt, in der sich bereits der zum Tatzeitpunkt 20-jährige Angeklagte und seine Mitinsassen ..., ... und ... befanden. Als der Angeklagte mitbekam, dass ... nunmehr auch in der JVA ... untergebracht ist, verbreitete ... nach Eintreffen des ... in der JVA ... das Wissen um den Vorwurf eines Sexualdeliktes gegen den damals 16-jährigen ... unter anderem unter den Häftlingen ... und .... Dabei wusste der Angeklagte, dass ein Häftling, dem dieser Tatvorwurf gemacht wird, in der Gefangenenhierarchie weit unten steht. 74 Der Angeklagte nahm das Wissen um den Vergewaltigungsvorwurf gegen ... zum Anlass am 21.06.20... auf diesen zuzugehen. ... drohte ... an, ihn weiter zu schlagen, wenn er nicht seinen Einkauf zur Besorgung vorher durch den Angeklagten ausgewählter Artikel nutzt. Der Angeklagte kreuzte auf dem Einkaufszettel des Geschädigten einen Haarreif, 2 Beutel Tabak, Papers und 10 Beutel chinesische Nudeln im Wert von insgesamt 20 EUR an und gab dem Geschädigten diesen Einkaufzettel mit der Drohung, er werde ihn schlagen, wenn er diese Waren nicht für ihn einkauft und kostenlos an ihn übergibt. Wie von dem Angeklagten geplant und beabsichtigt kaufte der Geschädigte aus Angst vor weiteren Schlägen durch den Angeklagten, von dem der Geschädigte aufgrund der vorangegangenen Gewalttätigkeiten wissen musste, dass es nicht bei einer leeren Drohung verbleiben könnte, beim Einkauf vom 21.06.2018 Tabak, Nudeln, Papers und den Haarreif und übergab die Waren im Gesamtwert von 20 EUR an den Angeklagten, der sie - wie von Anfang an geplant - für sich behielt, ohne den Geschädigten in irgendeiner Form zu entlohnen oder einer rechtmäßigen Anspruch gegen den Geschädigten zu haben. 75 Tat Nummer 3: 76 Einen Tag später, am 22.06.20... suchten der 20-jährige Angeklagte und sein Mithäftling ..., der nunmehr auch von dem Vergewaltigungsvorwurf gegen ... wusste, während der Freizeit in der JVA ... im gemeinsam den Haftraum des Geschädigten ... auf, nachdem sie zuvor verabredet hatten, ... zu schlagen und zu treten, um ihm Schmerzen zuzufügen und ihn zu verletzen. Teil des gemeinsamen Tatplans war es auch, den Geschädigten über ihre Absichten zu täuschen, was sie auch taten, indem sie zunächst begannen, mit dem Geschädigten gemeinsam Karten zu spielen. Zum Zwecke des Kartenspielens saßen alle drei Häftlinge in der Haftzelle des Geschädigten auf Stühlen um einen Tisch. Im Laufe des Spiels fragte ... den Geschädigten, ob dieser ein „Vergewaltiger“ sei. Als der Geschädigte dies verneinte trat der Angeklagte ... verbal zur Seite und forderte den Geschädigten auf, dieser solle „nicht lügen“. ... erhob sich daraufhin und trat - wie zuvor mit dem Angeklagten verabredet - gegen den Körper des noch immer auf dem Stuhl sitzenden Geschädigten .... Dieser fiel aufgrund des wuchtigen Trittes mitsamt dem Stuhl zu Boden. Diesen Umstand nutzten der Angeklagte und ... aus, um im gemeinsamen Zusammenwirken den am Boden liegenden Geschädigten zu schlagen und zu treten, wobei sie auf den Kopf des Geschädigten, den dieser mit seinen Händen zu schützen versuchte, zielten. Dieser notdürftige Schutz des Geschädigten reicht jedoch nicht aus, um einen Tritt gegen seine Oberlippe abzuwehren. Der Geschädigte erlitt eine Prellung an der Oberlippe, Hämatome und Schmerzen, die im Bereich der Oberlippe zwei Wochen anhielten. Es kam dem Angeklagten und ... darauf an, den Geschädigten zu verletzen und ihm Schmerzen zuzufügen, wobei sie auch billigend in Kauf nahmen, dass die Schmerzen über einen gewissen Zeitraum anhalten würden. 77 Tat Nummer 4: 78 Nachdem der bisherige Zellengenosse von ... verlegt wurde, zog ... am Abend des 22.06.2018 in seine Zelle ein. In der Nähe dieses Haftraumes befanden sich die Hafträume des zu diesem Zeitpunkt 20-jährigen Angeklagten und .... Nach dem Einschluss gegen 18:30 Uhr spielte ... mit dem Geschädigten bis ca. 21:00 Uhr Karten, anschließend legte sich ... in sein Bett. 79 Der Angeklagte hatte sich nunmehr entschlossen, ... über die geöffneten Zellenfenster aufzufordern, ... mit Schlägen und folterähnlichen Quälereien zu misshandeln. 80 ... begab sich an das Fenster seines Haftraumes und begann kurz nach 21 Uhr, sich mit dem Angeklagten über das Fenster zu unterhalten. Bei dieser Gelegenheit erklärte der Angeklagte dem ..., dass sein neuer Zellengenosse ... ein „Vergewaltiger“ sei und forderte ... zunächst auf, den Geschädigten deshalb im Schrank einzusperren. Dem Angeklagten, der aufgrund des Einschluss nicht mehr eigenhändig vorgehen konnte, kam es darauf an, dass ... die von ihm während der Freizeit begonnenen Misshandlungen zum Nachteil des ... fortführte. Der Angeklagte ging dabei davon aus, dass ..., sobald er wisse, dass der Geschädigte ein „Vergewaltiger“ sei, seine Anweisungen durchführen und seine Anregungen annehmen würde. So kam es auch, dass wie von dem Angeklagten vorgeschlagen und gewollt, ... den Geschädigten aufforderte, die unverschraubt eingelegten Bretter des in der Zelle befindlichen Einbauschrankes zu entnehmen und sich in den Schrank zu kauern. ... drohte dabei dem Geschädigten damit, es werde „wehtun“, wenn er nicht freiwillig in den Schrank kletterte. Aus Angst vor Schlägen kam der Geschädigte der Aufforderung des ... nach, nahm die Bretter aus dem Schrank heraus und kletterte in diesen hinein. In dem Schrank konnte der Geschädigte nicht aufrecht sitzen, was ... und der Angeklagte wussten, jedoch billigenden Kauf nahmen. Nachdem sich der Geschädigte im Schrankinneren eingefunden hatte, versperrte ... die Schranktür mit einer Gabel, die er durch die Befestigungsösen des Vorhängeschlosses schob, damit der Geschädigte nicht mehr eigenständig herauskommen kann. Dem Geschädigten war es aufgrund der Verriegelung nicht möglich, eigenständig aus dem Schrank zu gelangen. ... kam es dabei ebenso wie dem Angeklagten bei seiner Aufforderung darauf an, dass sich der Geschädigte nicht mehr frei im Haftraum bewegen kann. 81 Nachdem der Geschädigte ... 30 Minuten in kauernder Haltung im Schrank ausharren musste, rief der Angeklagte dem ... über das Fenster zu, er solle ... zur Befragung an das Fenster holen. Wie von dem Angeklagten beabsichtigt, kam ... seiner Aufforderung nach, öffnete den Schrank, holte den Geschädigten heraus und zog ihn zum Fenster. Dort angekommen begann der Angeklagte den Geschädigten zu der ihm vorgeworfenen Vergewaltigung zu befragen. Der Geschädigte erklärte ... und dem Angeklagten, dass das mit der Vergewaltigung nicht stimme, was den Angeklagten dazu veranlasste, den noch nicht dazu entschlossenen ... aufzufordern, ... mit den Fäusten zu schlagen. Bei seiner Aufforderung kam es dem Angeklagten darauf an, dass ... diese in die Tat umsetzt. Es war dem Angeklagten völlig gleichgültig, wie ... genau vorgeht und wie schwer ... durch dieses Vorgehen verletzt wird. Wie von dem Angeklagten beabsichtigt kam ... seinem Vorschlag unmittelbar nach. Da der Geschädigte sich jedoch gegen den kommenden Faustschlag zu schützen versuchte, trat ihm ... kräftig mit dem Knie gegen den Oberschenkel, so dass ... Schmerzen verspürte und Hämatome erlitt, worauf es sowohl ... als auch dem Angeklagten ankam. Anschließend sperrte ... den Geschädigten, der unter dem Eindruck des Schlages stand und wegen diesem und dem gesamten gemeinschaftlichen Vorgehen des Angeklagten und seines Zimmergenossen Angst verspürte, wieder in den Schrank ein, wo der Geschädigte zusammengekauert weitere 15 Minuten verbrachte. Abermals war der Schrank über die Gesamtdauer des Einschlusses mit einer Gabe verriegelt, so dass der Geschädigte nicht eigenständig herausklettern konnte, worauf es ... und dem Angeklagten ankam. Aufgrund der unbequemen Haltung im Schrank erlitt der Geschädigte Rückenschmerzen. 82 Nachdem ... 15 Minuten im Schrank verbleiben musste, holte ... ihn wieder aus dem Schrank und zog ihn zum Fenster. Dort beratschlagte er sich erneut mit dem Angeklagten und auch mit dem nunmehr hinzugekommenen ..., wie sie den Geschädigten weiter quälen könnten. ... hatte sich kurz zuvor dazu entschlossen, an den durch ... ausgeführten Misshandlung mitzuwirken und diesen ebenfalls mit Ideen zu unterstützen und ihn in seinem Tun zu bestärken. ... schlug er ... vor, dem „Vergewaltiger“ ... die „Klobürste in den Arsch (zu) stecken“. Der Angeklagte nahm diesen Vorschlag auf und schwächte ihn dahingehend ab, ... solle den Geschädigten dazu zwingen, „die Klobürste und die Klobrille ab(zu)lecken“, wozu er ... dann aufforderte. Wie von dem Angeklagten und ... beabsichtigt, forderte nunmehr ... den Geschädigten dazu auf, die Toilettenbürste und die Toilettenbrille abzulecken. Um ihn dazu zu bringen dies zu tun drohte ... dem Geschädigten an, ihn im Weigerungsfalle weiter zu schlagen. Aus Angst vor Schlägen kam der Geschädigte der Forderung seiner Mithäftlinge nach und leckte sowohl an der Toilettenbürste als auch an der Toilettenbrille, was er eklig fand. Darauf kam es dem Angeklagten, ... und ... an. 83 Danach sperrte ... den unter dem Eindruck der vorangegangenen Misshandlung stehenden Geschädigten, der ihm aufgrund dessen keine Gegenwehr mehr entgegenbrachte, für weitere 5 Minuten mithilfe der Gabel in den Schrank ein, um ihn an einer freien Fortbewegung zu hindern und sich mit ... und dem Angeklagten weiter ungestört beraten zu können, wie er den Geschädigten misshandeln könne. Nach Ablauf der 5 Minuten öffnete ... die Schranktür und brachte den Geschädigten vom Schrank wieder an das Fenster, wo dieser - wie zuvor zwischen ..., ... und ... besprochen - erneut von der „Vergewaltigung“ berichten sollte. ..., ... und dem Angeklagten passt es jedoch nicht, dass der Geschädigte noch immer nicht zugab, ein „Vergewaltiger“ zu sein, weshalb ... auf Aufforderung des ... und im Einverständnis mit ... zunächst mehrmals mit der flachen Hand ins Gesicht des Geschädigten schlug. Anschließend verlegte sich ... darauf, mit einem Stoffgürtel auf den Geschädigten einzuschlagen, was ebenfalls die Billigung von ... und dem Angeklagten fand. Durch die Schläge erlitt der Geschädigte Schmerzen, worauf es sowohl ..., als auch ... und dem Angeklagten maßgeblich ankam. 84 Sodann forderte ... den Geschädigten auch auf, in die Hocke zu gehen und tief ein- und auszuatmen, danach soll er aufstehen und dabei die Luft anhalten, worum es sich um einen „Pilotentest“ handele. Der nunmehr seit über einer Stunde misshandelte Geschädigte kam der Aufforderung des ... aus Angst vor diesem und dessen Gewalttaten nach. Während der Geschädigte Aufstand drückte ... diesem kräftig gegen den Solarplexus, woraufhin der Geschädigte ohnmächtig wurde und zu Boden fiel, was ..., der den Geschädigten nach dessen Erwachen auslachte, gleichgültig war. Erneut besprach sich daraufhin ... am Fenster mit ... und dem Angeklagten, was er dem Geschädigten noch antun könnte. 85 Im Zuge dieses Gespräches forderte der Angeklagte ... auf, er solle mit dem Geschädigten Karten spielen und der Geschädigte müsse bei einem niedrigeren Kartenwert durchführen, was auch immer ... den Geschädigten befehle. Dem Angeklagten war dabei bewusst, dass ... dem ... auch bei diesem „Spiel“ Schmerzen zufügen wird, was dem Angeklagten jedoch gerade recht war. Der Angeklagte wusste auch, dass ... mit den Quälereien nicht einverstanden war, diese aber nur aus Angst vor dem Angeklagten und ... ertrug. 86 In Ausführung dieses Tatentschlusses begann ... mit ... Karten zu spielen, worauf sich der Geschädigte aus Angst vor ... einließ. Als ... eine niedrigere Karte zog als ... forderte dieser den Geschädigten auf, seinen Mund zu öffnen. Nachdem der Geschädigte, der es - unter dem Eindruck der vorangegangenen Misshandlung völlig verängstigt - nicht mehr wagte, Widerspruch oder Gegenwehr zu leisten, seinen Mund öffnete, spukte ... ihm in den offenen Mund, woraufhin der Geschädigte sofort ein starkes Ekelgefühl verspürte, was ... und dem Angeklagten gleichgültig war. 87 Im Zuge dieses Spiels schlug ... dem Geschädigten auch die im Haftraum befindliche Kehrschaufel so heftig auf den Kopf, dass diese dabei kaputtging. 88 Als ... erneut einen niedrigeren Kartenwert zog, forderte ... diesen auf, sich kochendes Wasser über die Hand zu schütten. Aufgrund seiner großen Angst vor seinem Zellengenossen erhitzte der Geschädigte Wasser und goss es sich noch kochend über die Fingerspitzen, was derart schmerzte, dass er den Wasserkocher unmittelbar fallen ließ. Dies war dem Angeklagten, ... und ... gleichgültig. Aufgrund der großen Schmerzen begann sich der Geschädigte seine Fingerspitzen mit kaltem Wasser zu kühlen. 89 Erst gegen 4:00 Uhr in der Nacht endeten die Misshandlungen des ... und er ließ von dem Geschädigten ab. 90 Zu einem nicht mehr genau einzuordnenden Zeitpunkt während der Misshandlung in dieser Nacht erklärte ... dem Geschädigten, er müsse ihm „wahrscheinlich die Kehle durchschneiden“, weil dieser ihn bei den Beamten verraten könnte. Diese Drohung sprach ... aus, um den Geschädigten in Angst um sein Leben zu versetzen und ihn so davon abzuhalten, sich den Vollzugsbeamten anzuvertrauen. ... wollte dadurch erreichen, dass sein Tun unentdeckt bleibt. Wie von ... gewollt, vertraute sich der Geschädigte aus Angst vor ihm am nächsten Tag keinem Beamten an. 91 Durch die Gewalthandlungen erlitt der Geschädigte eine Prellung am linken Ohr, ein Hämatom unterhalb der Rippen am Rücken rechts, ein Hämatom am Schienbein rechts, sowie Schmerzen, darauf kam es ... und dem Angeklagten an.“ 92 Aus diesen Ausführungen, die - soweit hier wiedergegeben - nur die Taten betreffen, die (noch) im Bundeszentralregister eingetragen sind, ergibt sich, dass eine ganz erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit vom Antragsteller ausgeht. Dessen Taten waren von außerordentlicher Brutalität, Gewaltbereitschaft und Rohheit geprägt. Obwohl der Antragsteller mehrfach verurteilt wurde, hat er sich die jeweiligen (rechtskräftigen) Verurteilungen nicht zur Warnung gereichen lassen und sie nicht zum Anlass genommen, die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland künftig zu achten, sondern er hat im Gegenteil stets neue Straftaten begangen, bei denen er zunehmend skrupelloser vorging. Dass vom Antragsteller eine besonders schwerwiegende Gefahr für Rechtsgüter Dritter, insbesondere für die körperliche Unversehrtheit und das Vermögen bzw. Eigentum ausgeht, wird besonders daran deutlich, dass er nur neun Tage nach seiner Verurteilung am 15. Mai 2018 wegen schwerer räuberischer Erpressung, versuchter schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung, versuchter Gefangenbefreiung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemeinsam mit einem anderen Gefangenen den damals erst 16-jährigen Mithäftling ... körperlich misshandelt hat und damit zum Ausdruck gebracht hat, dass er keine Hemmungen hat, die körperliche Unversehrtheit anderer zu verletzen. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass er in der Folgezeit in der Haft nicht nur eine schwere räuberische Erpressung zu Lasten des ... begangen, sondern sich auch ganz maßgeblich an folterähnlichen Quälereien zu Lasten des damals erst 16-jährigen ... beteiligt hat. Auch das Landgericht ... geht davon aus, dass vom Antragsteller gleich massive Vorfälle mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Zukunft zu erwarten sind, wenn eine längere Gesamterziehung keinen Erfolg hat (vgl. UA des Landgerichts ..., S. 36). Dass der Antragsteller selbst in der Hauptverhandlung die über Stunden andauernden Misshandlungen des ... nach eigenen Angaben „ganz ehrlich“ als „lustig“ bezeichnet hat, er habe vielmehr gar „nicht anders gekonnt“, als diesem „ein paar mitzugeben“ und sich daher nicht in der Lage sah, beim Geschädigten zu entschuldigen (vgl. UA des Landgerichts ..., S. 21), zeigt, dass dieser nicht nur nicht willens und in der Lage ist, die Rechtsordnung einzuhalten, sondern sich auch noch über seine Opfer lustig macht und keine Einsicht zeigt. 93 Dass es sich bei den vom Antragsteller begangenen Straftaten keineswegs um bloß „durchschnittliche“ Kriminalität handelt, wird schon dadurch deutlich, dass das Landgericht ... sich genötigt sah, eine Einheitsjugendstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten zu verhängen, die nur 3 Jahre und 3 Monate unter der möglichen Höchststrafe (vgl. § 18 Abs. 1 JGG) liegt. Auch ist zu sehen, dass es sich bei den vom Antragsteller begangenen Straftaten zu einem erheblichen Teil um solche handelt (Einsteigediebstahl, schwere räuberische Erpressung), die geeignet sind, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen. Besonders schwerwiegend ist, dass der Antragsteller die Situation der Haft dazu ausgenutzt hat, sich federführend an Misshandlungen an einem minderjährigen Gefangenen zu beteiligen, die folterähnlich waren und darum in besonderer Weise die Menschenwürde angreifen. Soweit der Antragsteller darauf verweist, der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg habe eine schwere räuberische Erpressung als nicht ausreichend angesehen, um eine Verlustfeststellung aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit zu rechtfertigen (vgl. Beschluss vom 27. April 2016 - 11 S 2081/15 -, juris, Rn. 27 f.), ist dies - unabhängig davon, ob die Kammer dieser Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg folgen kann - schon deshalb unbehelflich, weil es sich insoweit nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg um eine singuläre Tat mit begrenzter Wirkung gehandelt hatte, von der ein Gefährdungspotential für die Allgemeinheit nicht ausgegangen war und bei der nach dem Tatplan außer der Angestellten einer Spielhalle - die auch nicht unmittelbar physisch zu Schaden gekommen war - keine weiteren unbeteiligten Personen betroffen waren. Davon kann im Fall des Antragstellers keinesfalls ausgegangen werden. Dieser hat vielmehr über Jahre hinweg in gewalttätiger Weise Straftaten begangen und ist auch nicht davor zurückgeschreckt, völlig anlasslos einen Mithäftling, den er zuvor schon mehrfach gewalttätig angegriffen hatte, über Stunden mit folterähnlichen Quälereien zu misshandeln. Ausgehend hiervon ist wohl auch unter Berücksichtigung des langjährigen Aufenthalts des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland sowie seiner familiären Bindungen zu seiner Mutter und seinem Stiefvater und unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK die Verlustfeststellung aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich. Dem Antragsteller ist eine Rückkehr nach ... zumutbar, zumal er nach eigenen Angaben die kroatische Sprache beherrscht (vgl. Bl. 31 d.A.: „spricht wesentlich besser deutsch als kroatisch“). Daraus, dass - nach Angaben des Antragstellers - die Vorbereitung für eine Entzugstherapie läuft und das Landgericht ... insoweit mit Beschluss vom 11. Mai 2020 der Zurückstellung der Jugendstrafe nach § 35 BtMG zugestimmt hat, folgt nicht, dass die Verlustfeststellung nicht zwingend erforderlich wäre. Vielmehr ist regelmäßig gerade dann, wenn Straftaten auf einer Suchterkrankung des Ausländers beruhen, von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht auszugehen, solange der Ausländer nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen hat (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 6. Juni 2019 - 10 C 19.1081 -, juris, Rn. 7). Vorliegend ist das Ergebnis der - angestrebten - Therapie völlig offen. Unabhängig davon sind die Taten, die der letzten Verurteilung des Antragstellers zu Grunde liegen, nicht aufgrund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden. 94 Die vom Antragsteller begangenen besonders schwerwiegenden Straftaten und die hieraus folgende Gefährdung für die öffentliche Sicherheit ist wohl auch nicht dadurch „verbraucht“, dass das Regierungspräsidium den Antragsteller mit Schreiben vom 8. Oktober 2018 verwarnt hat. Zwar ist ein Ausweisungsgrund „verbraucht“, wenn die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen hat, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten (vgl. BVerwGE 157, 325 <339 f. Rn. 39>; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2017 - 11 S 1555/16 -, juris, Rn. 34 ff.). Ob dies auch für Verlustfeststellungsgründe gilt - wofür einiges sprechen dürfte - bedarf hier keiner Entscheidung. Denn jedenfalls begründet das Schreiben des Regierungspräsidiums vom 8. Oktober 2018 kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend, dieses werde dem Antragsteller die bis dahin ergangenen rechtskräftigen Verurteilungen in Zukunft nicht mehr vorhalten. In dem Schreiben heißt es wörtlich: 95 „[...] das gegen Sie eingeleitete Verlustfeststellungsverfahren haben wir nach abschließender Prüfung (noch) eingestellt. [...] 96 Sollten Sie in Zukunft die Deutsche Rechtsordnung erneut missachten und eine strafbare Handlung begehen, die zu einer weiteren Freiheitsstrafe führt, wird das Regierungspräsidium erneut eine Verlustfeststellung prüfen. Mit einer Einstellung des Verfahrens und einem Verbleib im Bundesgebiet können Sie dann nicht mehr rechnen. Die daraus resultierenden Folgen (u.a. Reintegration in Kroatien) haben Sie sodann selbst zu vertreten. 97 Sie werden daher ausdrücklich verwarnt und aufgefordert, sich künftig in der Bundesrepublik Deutschland rechtskonform zu verhalten. [...]“ 98 Diese Formulierung gibt für die Annahme, das Regierungspräsidium wolle dem Antragsteller seine bisherigen strafrechtlichen Verurteilungen künftig nicht mehr vorhalten nichts her. Im Gegenteil weist das Regierungspräsidium ausdrücklich darauf hin, dass bei weiteren Rechtsverstößen eine erneute Prüfung der Verlustfeststellung erfolgen werde. Auch kann der Antragsteller nichts für sich daraus herleiten, dass das Regierungspräsidium von einer „Freiheitsstrafe“ spricht, der Antragsteller tatsächlich jedoch zu einer Jugendstrafe verurteilt worden ist. Es liegt auf der Hand, dass das Regierungspräsidium das Wort „Freiheitsstrafe“ nicht in Abgrenzung zur Jugendstrafe, sondern zur Geldstrafe benutzt hat. 99 Das Regierungspräsidium dürfte darüber hinaus das ihm eingeräumte Ermessen erkannt und fehlerfrei ausgeübt haben. Insbesondere dürfte sich der Verlustfeststellung wohl (noch) hinreichend entnehmen lassen, dass das Regierungspräsidium von zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist. Zwar hat das Regierungspräsidium ausgeführt, vom Antragsteller gehe eine schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung aus, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. S. 14 des angegriffenen Bescheids), was darauf hindeuten könnte, dass es vom rechtlichen Maßstab des § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU ausgegangen ist. Wie sich aus den Ausführungen zu § 6 Abs. 4 und 5 FreizügG/EU auf Seite 17 des Bescheids ergibt, hat das Regierungspräsidium aber erkannt, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit die Verlustfeststellung tragen können. Indem es ausführte, der Antragsteller sei zu einer Einheitsjugendstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt worden und damit lägen die Voraussetzungen für eine Verlustfeststellung im Falle eines zehnjährigen Mindestaufenthalts vor, hat es hinreichend klar zu erkennen gegeben, dass es seine Ermessensentscheidung (auch) am Maßstab des § 6 Abs. 5 FreizügG/EU ausgerichtet hat. Es dürfte wohl auch nicht zu einem Ermessensfehler führen, dass das Regierungspräsidium zwei Verurteilungen aufgeführt hat, die nicht (mehr) im Bundeszentralregister eingetragen sind. Zwar dürfen nach § 6 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU nur im Bundeszentralregister noch nicht getilgte Eintragungen berücksichtigt werden. Dem Bescheid dürfte sich jedoch hinreichend entnehmen lassen, dass das Regierungspräsidium seine Entscheidung nicht auf Straftaten gestützt hat, die nicht (mehr) im Bundeszentralregister eingetragen sind. Denn es befasst sich in der Begründung der Entscheidung ganz überwiegend mit der Verurteilung durch das Landgericht ... und führt lediglich aus, dass der Antragsteller mehrfach vorbestraft sei, was jedoch auch ohne die nicht im Bundeszentralregister enthaltenen Verurteilung ersichtlich der Fall ist. Auch soweit das Regierungspräsidium - ergänzend - auf weitere Verurteilungen eingeht (vgl. S. 14 des Bescheids) handelt es sich ersichtlich lediglich um solche, die (noch) im Bundeszentralregister eingetragen sind. 100 cc) Es liegt auch ein besonderes Interesse am Sofortvollzug vor. Dieses setzt ein besonderes öffentliches Interesse gerade an der Aufenthaltsbeendigung vor Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens voraus (vgl. Kurzidem, in: BeckOK Ausländerrecht, § 6 FreizügG/EU [26. Edition 1. Juli 2020], Rn. 37). Davon ist vorliegend auszugehen. Wie ausgeführt geht vom Antragsteller die Gefahr der Begehung schwerster Straftaten aus. Selbst in der Haft war der Antragsteller nicht bereit, sich an die Rechtsordnung zu halten. Dies ergibt sich nicht nur aus einer Vielzahl disziplinarischer Maßnahmen (vgl. Bl. 319- 379 BA), sondern insbesondere auch daraus, dass er sich sogar während seines Aufenthalts in der Justizvollzugsanstalt nicht von der Begehung besonders gravierender Straftaten abhalten ließ. Angesichts dessen besteht ein erhebliches überwiegendes öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des Antragstellers vor Abschluss des Rechtbehelfsverfahrens. 101 b) Soweit der Kläger sich gegen die Abschiebungsandrohung nach Kroatien und die Anordnung der Abschiebung aus der Haft wendet (Ziff. II, III und IV des Bescheids), ist sein Antrag ebenfalls unbegründet. Das öffentliche Interesse am kraft Gesetzes (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 1; Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG) bestehenden Sofortvollzug der Abschiebungsandrohung bzw. Anordnung der Abschiebung aus der Haft überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers. Auch insoweit erweist sich der angegriffene Bescheid bei summarischer Prüfung als voraussichtlich rechtmäßig. Gründe, ausnahmsweise gleichwohl die aufschiebende Wirkung anzuordnen, bestehen nicht. 102 aa) Die in Ziff. II des Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage ebenso in § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU wie die Anordnung der Abschiebung aus der Haft (Ziff. III des Bescheids). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist Rechtsgrundlage für eine Abschiebungsandrohung im Anwendungsbereich des FreizügG/EU ausschließlich § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU; diese kann nicht auf §§ 58, 59 AufenthG gestützt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 30. April 2014 - 11 S 244/14 -, juris, Rn. 98 ff., a.A.: Hessischer VGH, Urteil vom 18. August 2011 - 6 B 821/11 -, juris, Rn. 20). Nach Auffassung der Kammer gilt dies auch, wenn die Abschiebung aus der Haft angeordnet wird (a.A. Bayerischer VGH, Beschluss vom 30. September 2019 - 10 C 19.1919 -, juris, Rn. 10; VG Augsburg, Urteil vom 14. November 2017 - Au 1 K 17.249 -, juris, Rn. 44 [Rechtsgrundlage ist in § 11 Abs. 2 FreizügG/EU i.V.m. § 58 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 AufenthG zu suchen]). Daraus folgt, dass dem Antragsteller - zwingend - eine Ausreisefrist zu setzen ist (vgl. Epe, in: GK-AufenthG, § 7 FreizügG/EU [38. Lieferung November 2009], Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 12. Juni 1979 - I C 70.11 -, juris, Rn. 18 [zur Vorgängervorschrift § 12 Abs. 7 AufenthG/EWG]; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. November 1991 - 13 S 2481/91 -, juris, Rn. 14 [zur Vorgängervorschrift § 12 Abs. 7 AufenthG/EWG]). Dies ist hier geschehen. Dagegen lässt sich der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 3 und 4 FreizügG/EU nicht entnehmen, dass dem Betroffenen in jedem Fall Gelegenheit zur freiwilligen Ausreise gegeben werden muss. Es ist daher unschädlich, wenn die Ausreisefrist in die Zeit der Haft fällt (vgl. Epe, in: GK-AufenthG, § 7 FreizügG/EU [38. Lieferung November 2009], Rn. 25; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. November 1991 - 13 S 2481/91 -, juris, Rn. 14 [zur Vorgängervorschrift § 12 Abs. 7 AufenthG/EWG). 103 Keiner Entscheidung bedarf, ob die zur RL 2018/115/EG ergangene Gnandi-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 19. Juni 2018 - C-181/16 -, juris) und die daran anschließende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 20. Februar 2020 - 1 C 19.19 -, juris) auch im Rahmen der Setzung einer Ausreisefrist nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU grundsätzlich erfordert, dass der Lauf der Ausreisefrist erst mit Abschluss eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO beginnt. Denn für den Fall, dass - wie hier - eine Verlustfeststellung aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit erfolgt, gebietet das Unionsrecht nicht, dass die Abschiebung vor Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nicht vollzogen wird (vgl. Art. 31 Abs. 2 dritter Spiegelstrich RL 2004/38/EG). Dass nach - nationalem - Recht eine Abschiebung auch in diesen Fällen erst nach Entscheidung über einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zulässig ist (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 4 FreizügG/EU), ändert hieran nichts. 104 bb) Kann - wie ausgeführt - die Zeit der nach § 7 Abs. 1 Satz 3 FreizügG/EU zu setzenden Ausreisefrist auch in die Zeit der Haft fallen, dann bedurfte es der ergänzenden Setzung einer (weiteren) Ausreisefrist in Ziff. IV des Bescheids nicht. Dass das Regierungspräsidium dem Antragsteller eine weitere Ausreisefrist von einer Woche gesetzt hat, begünstigt ihn ausschließlich und ist deshalb nicht zu beanstanden. Die Androhung kann insbesondere nicht dahingehend verstanden werden, dass das Regierungspräsidium sich - abweichend von Ziff. I des Bescheids - für den Fall, dass der Antragsteller vor Ablauf der Monatsfrist aus der Haft entlassen wird, vorbehält, dessen Abschiebung vor Ablauf von einem Monat nach Zustellung des Bescheids durchzuführen. Es ergibt sich zweifelsfrei aus dem Bescheid, dass das Regierungspräsidium Ziff. IV des Bescheids als „Ersatzregelung“ für den Fall vorgesehen hat, dass die Abschiebung des Klägers nach Ablauf der Monatsfrist aus der Haft heraus nicht möglich ist. 105 cc) Gründe, trotz der voraussichtlichen Rechtmäßigkeit die aufschiebende Wirkung hinsichtlich Ziff. II, III und IV des Bescheids anzuordnen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. 106 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Den Streitwert setzt die Kammer nach §§ 63 Abs. 2; 52 Abs. 2 Nr. 2; 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR fest. Dies entspricht dem Streitwert der Hauptsache (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. Januar 2020 - 11 S 2544/19 -, juris, Rn. 49). Eine Halbierung des Streitwerts kommt im Hinblick auf den langjährigen legalen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik nicht in Betracht.
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1Tatbestand: 2Der am 00.00.1977 geborene Kläger wehrt sich mit seiner Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. 3Der Kläger führte am Mittwoch, den 28. November 2018 gegen 10:35 Uhr in N.       ein Fahrzeug im Straßenverkehr und wurde im Rahmen einer Verkehrskontrolle von der Polizei angehalten und überprüft. Da Anzeichen eines Drogenkonsums festgestellt werden konnten, wurde dem Kläger mit seinem Einverständnis eine Blutprobe entnommen. Bei der Untersuchung der Blutprobe wurde laut Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums F.     vom 28. Januar 2019 ein Amphetaminwert von 36 ng/ml festgestellt. 4Die Beklagte erlangte von diesem Vorfall seitens des Polizeipräsidiums F.     am 2. Januar 2019 Kenntnis. Nach Beiziehung einer Bußgeldakte der Stadt I.        erlangte die Beklagte ebenfalls Kenntnis von einem Vorgang aufgrund einer Verkehrskontrolle des Klägers am 20. September 2017 gegen 4:15 Uhr in I.        . Ausweislich des polizeilich festgehaltenen Sachverhalts sei der freiwillig durchgeführte Drogenvortest positiv auf Amphetamine ausgefallen. Die Untersuchung der dem Kläger daraufhin entnommenen Blutprobe ergab laut Gutachten des Landeskriminalamtes O.             vom 11. Januar 2018 einen Amphetaminwert von 67,1 ng/ml. 5Die Beklagte hörte den Kläger zu dem beabsichtigten Entzug der Fahrerlaubnis an. Daraufhin bestellte sich der Verfahrensbevollmächtigte für den Kläger und nahm dahingehend Stellung, dass der Kläger keine Betäubungsmittel konsumiert habe, so dass der behauptete Amphetaminkonsum nicht erklärlich sei. Der Kläger bekomme monatliche Spritzen gegen seine Depressionen, deren Wirkstoff ebenso für das Testergebnis verantwortlich sein könne. 6Mit Ordnungsverfügung vom 4. Juli 2019, zugestellt am 12. Juli 2019, entzog die Beklagte dem Kläger die Fahrerlaubnis, ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an und forderte den Kläger auf, den Führerschein spätestens 3 Tage nach Zustellung der Ordnungsverfügung zwecks Eintragung eines Aberkennunsvermerks vorzulegen, da er Inhaber einer polnischen Fahrerlaubnis sei. Außerdem setzte sie eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 95,00 Euro fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen, weil er unter der berauschenden Wirkung von Amphetamin am Straßenverkehr teilgenommen habe. 7Der Kläger hat am 9. August 2019 Klage erhoben und gleichzeitig einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung gestellt. Zur Begründung wiederholt er sein Vorbringen aus dem Anhörungsverfahren und führt ergänzend aus, dass im Bußgeldverfahren noch ein Termin zur Hauptverhandlung anstehe, der vor Erlass der Ordnungsverfügung abzuwarten gewesen wäre. 8Den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das erkennende Gericht mit Beschluss vom 18. September 2019 – 14 L 2212/19 – mit der Begründung ab, dass die Ungeeignetheit des Klägers zum Führen von Fahrzeugen aufgrund des nachgewiesenen Amphetaminkonsums feststehe, da es sich bei den Substanzen um Betäubungsmittel im Sinne von § 1 Abs. 1 BtmG handele, so dass dem Kläger die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen war, ohne dass der Beklagten ein Ermessen eingeräumt sei. Es könne auch dahinstehen, ob der Kläger das Amphetamin über Spritzen aufgenommen habe. Jedenfalls habe er dies nicht durch entsprechende Belege (ärztliches Attest, Rezept o. ä.) glaubhaft gemacht. Zudem komme es auf die Umstände des Amphetaminkonsums am 28. November 2018 nicht entscheidungserheblich an, da der Kläger bereits im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 20. September 2017 aufgefallen war, wobei die Untersuchung der an diesem Tag entnommenen Blutprobe einen Amphetaminwert von 67,1 ng/ml aufgewiesen habe. Allein die dadurch feststehende Amphetamineinnahme reiche aus, um die aktuelle Fahrungeeignetheit des Klägers festzustellen. Auch sei der Ausgang des Ordnungswidrigkeitenverfahrens vor der Entziehung der Fahrerlaubnis im Verwaltungsverfahren nicht abzuwarten gewesen, da eine analoge Anwendung von § 3 Abs. 3 StVG auf Ordnungswidrigkeiten nicht möglich sei. 9Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen wies die dagegen eingelegte Beschwerde mit Beschluss vom 6. Mai 2020 (16 B 1373/19) mit der Begründung zurück, dass der Vorfall vom 20. September 2017 entgegen der Auffassung des Klägers bei – wie hier - gebundenen Entscheidungen im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung herangezogen werden könne. Denn die Verwaltungsgerichte hätten von Amts wegen umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trage oder nicht. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig oder rechtswidrig sei, richte sich nach dem Recht, das geeignet sei, die getroffene Regelung zu rechtfertigen. Erweise sich der Bescheid aus anderen als in dem Bescheid angegebenen Gründen als rechtmäßig, ohne dass er durch den Austausch der Begründung in seinem Wesen geändert werde, dann sei der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO nicht rechtswidrig. Daher sei das Verwaltungsgericht an einem Austausch der Begründung bzw. an einer weiteren Begründung nicht gehindert gewesen, da der Regelungsgehalt der Entziehungsverfügung mit der weiteren vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Begründung gleich geblieben sei. 10Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 11die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 7. Juli 2019 aufzuheben. 12Die Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihre Ausführungen aus dem angegriffenen Bescheid. 15Mit Beschluss der Kammer vom 7. August 2020 ist das Verfahren der Vorsitzenden zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen worden. 16Auf die gerichtliche Anfrage vom 7. August 2020 hin, mit welcher Begründung der Kläger die Klage angesichts des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts und der dagegen zurückgewiesenen Beschwerde durch das Oberverwaltungsgericht aufrechterhalten möchte, hat der Kläger nichts vorgetragen. 17Der auf den 11. November 2020 anberaumte Termin ist aufgehoben worden, nachdem sowohl der Kläger als auch die Beklagte auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten ergänzend Bezug genommen. 19Entscheidungsgründe: 20Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil beide Parteien einen entsprechenden Verzicht erklärt haben, § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 21Die zulässige Klage ist unbegründet. 22Die angefochtene Entziehungsverfügung der Beklagten vom 4. Juli 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). 23Die Verfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 46 Abs. 1 und Abs. 5 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung ‑ FeV ‑). Nach dieser Vorschrift hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Davon ist auszugehen, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 (zu den §§ 11, 13 und 14 FeV) vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist ein Kraftfahrer, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) eingenommen hat, im Regelfall zum Führen eines Kraftfahrzeuges ungeeignet. Dies ist vorliegend der Fall. 24Zur Begründung wird zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen auf den ausführlich begründeten Beschluss des erkennenden Gerichts vom 18. September 2019 im Verfahren 14 L 2212/19 und den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 6. Mai 2020 (16 B 1373/19) Bezug genommen. 25Rechtliche Bedenken gegen die sonstigen im Bescheid vom 4. Juli 2019 getroffenen Entscheidungen bestehen nicht. 26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 27Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO). 28Rechtsmittelbelehrung: 29Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 30Der Antrag kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingereicht werden. 31Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. 32Die Berufung ist nur zuzulassen, 331.              wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 342.              wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 353.              wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 364.              wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 375.              wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 38Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. 39Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen. 40Im Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 41Die Antragsschrift und die Zulassungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 42Beschluss: 43Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 44Gründe: 45Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 2 GKG erfolgt. 46Rechtsmittelbelehrung: 47Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 48Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 49Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 50Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 51Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 52War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Tenor I. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft M. I wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 14.09.2020 aufgehoben. II. Kosten werden nicht erhoben. Notwendige Auslagen des Verurteilten werden nicht erstattet. Gründe I. Die Staatsanwaltschaft M. I führte gegen den Verurteilten M. W. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Begünstigung, weil er am 19.07.2018 in M. von einem anderweitig Verfolgten den bei der Autovermietung E. am Vortag betrügerisch angemieteten Pkw Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen ... übernommen hatte, um diesen ins Ausland zu verschieben. Der Verurteilte konnte am 20.07.2018 gegen 22:00 Uhr in dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ... in Br. am I. (Österreich) festgestellt und festgenommen werden. Er befand sich deswegen vom 20.07.2018 bis zu seiner Entlassung am 06.08.2018 in Österreich in Untersuchungshaft. Mit Schreiben vom 08.08.2018 hat die Staatsanwaltschaft R. im Innenkreis (Österreich) die Staatsanwaltschaft M. I um Übernahme der Strafverfolgung ersucht. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft M. I zum bereits anhängigen Verfahren mit dem gleichen Ermittlungsgegenstand übernommen. Mit Anklageschrift vom 08.04.2019 erhob die Staatsanwaltschaft M. I gegen den Verurteilten wegen der Tat Anklage zum Amtsgericht München - Strafrichter. Der Verurteilte wurde mit Urteil des Amtsgerichts München vom 18.07.2019 wegen Begünstigung zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt. Die in Österreich erlittene Untersuchungshaft wurde dabei strafmildernd berücksichtigt. Eine Entscheidung über den Maßstab der Anrechnung der in Österreich erlittenen Untersuchungshaft wurde im Urteil nicht getroffen. Auf die Berufung des Verurteilten hat das Landgericht München I - 22. kleine Strafkammer - mit Urteil vom 24.06.2020 den Verurteilten wegen Begünstigung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die zum Nachteil des Verurteilten eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft verwarf das Landgericht München I. Im Urteil wurde die in Österreich erlittene Untersuchungshaft zugunsten des Verurteilten im Strafmaß berücksichtigt. Eine Entscheidung über den Maßstab der Anrechnung gemäß § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB wurde im Urteil nicht getroffen. Das Urteil ist seit 02.07.2020 rechtskräftig. Mit Verfügung vom 07.08.2020 stellte die Staatsanwaltschaft M. I den Antrag, die im Urteil unterbliebene Bestimmung des Anrechnungsmaßstabes gemäß § 51 Abs. 4 S. 2 StGB im Beschlusswege klarzustellen. Der Antrag wurde von der Vorsitzenden der 22. kleinen Strafkammer mit Verfügung vom 12.08.2020 der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts München I zugeleitet. Diese gab die Entscheidung bezüglich § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB an das zuständige Gericht des 1. Rechtszuges gemäß § 462a Abs. 1 S. 3 StPO ab. Mit Beschluss vom 14.09.2020 hat das Landgericht München I - 22. kleine Strafkammer als Berufungskammer - nach Anhörung der Beteiligten gestützt auf §§ 458, 462a Abs. 1 S. 3 StPO bestimmt, dass die in Österreich erlittene Untersuchungshaft im Verhältnis 1 : 1 angerechnet wird. Der Beschluss wurde der Staatsanwaltschaft M. I gemäß § 41 StPO am 15.09.2020 zugestellt. Mit Schreiben vom 16.09.2020, per Telefax eingegangen am selben Tag, hat die Staatsanwaltschaft M. I gegen den Beschluss des Landgerichts München I - 22. kleine Strafkammer - vom 14.09.2020 sofortige Beschwerde eingelegt. Sie hat diese damit begründet, dass die in Österreich erlittenen Untersuchungshaft nicht mehr nach Rechtskraft des Urteils angerechnet werden könne. Sie ist der Ansicht, dass die Anrechnung im Inland erlittener Untersuchungshaft gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB die Regel sei, die Anrechnung ausländischer Freiheitsentziehungen jedoch im Ermessen des Gerichts stehe. Mit Schreiben vom 24.09.2020 wurde der Verurteilte zum Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft angehört. Eine Stellungnahme ist nicht zu den Akten gelangt. Die Akten wurden dem Senat am 13.10.2020 vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft M. ist dem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft M. I beigetreten und hat beantragt, den Beschluss vom 14.09.2020 aufzuheben und dem Verurteilten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. II. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft M. I ist gemäß § 462 Abs. 3 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, §§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO. Sie hat in der Sache einen - rein formellen - Erfolg. 1. Der Beschluss der 22. kleinen Strafkammer war bereits deswegen aufzuheben, weil die Kammer für eine Entscheidung nach §§ 458 Abs. 1, 462 Abs. 1 StPO nicht zuständig war. Das für die Entscheidungen nach § 462 Abs. 1 StPO zuständige Gericht bestimmt sich nach § 462a StPO. Danach besteht eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer nach Absatz 1, wenn gegen den Verurteilten zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befasst wird, eine Freiheitsstrafe vollstreckt wird (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl. 2020, § 462a, Rn 3, 18). Solches ist weder aus den Akten ersichtlich noch ergibt sich bezüglich des Verurteilten ein Eintrag in IT-Vollzug. Die Vollstreckung der verfahrensgegenständlichen Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Demnach bestand zu keinem Zeitpunkt eine Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer, die diese - wie geschehen - nach § 462a Abs. 1 Satz 3 StPO hätte weiterübertragen können. Bei auf freiem Fuß befindlichen Verurteilten ist zuständiges Gericht gemäß § 462a Abs. 2 S. 1 StPO grundsätzlich das Gericht des 1. Rechtszuges. Vorliegend wäre folglich das Amtsgericht München - Strafrichter - zuständig gewesen. 2. Einer Rückverweisung der Sache an das zuständige Gericht bedurfte es gleichwohl nicht, weil die Sache keiner gerichtlichen Entscheidung gem. § 458 StPO bedarf. 2.1 Die Anrechnung einer im Ausland in derselben Sache erlittenen Freiheitsentziehung muss nicht in dem diese Sache aburteilenden Erkenntnis angeordnet werden, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Dies folgt für eine in derselben Sache im Ausland verhängte und vollstreckte Strafe - soweit im Inland nicht ohnehin ein Verfahrenshindernis wegen des nebisinidem-Grundsatzes besteht - aus § 51 Abs. 3 S. 1 StGB, für andere im Ausland wegen derselben Tat erlittene Freiheitsentziehungen, insbesondere Untersuchungs- oder Auslieferungshaft, aus § 51 Abs. 3 Satz 2 StGB, der auf § 51 Abs. 1 StGB verweist. Aus dieser Verweisung ergibt sich auch, dass die gem. § 51 Abs. 3 S. 2 StGB anzurechnende ausländische Freiheitsentziehung eine solche sein muss, die unter den Tatbegriff des Absatzes 1 fällt, also aus Anlass derselben Tat erfolgt sein muss (BGH NStZ 1988, 271; BGH NStZ 1997, 385). Die Anrechnung als solche steht mithin nicht im Ermessen des Tatgerichts, sondern folgt unmittelbar aus der gesetzlichen Anordnung (§ 51 Abs. 1 S. 1 StGB: „so wird […] angerechnet“; vgl. auch § 39 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 StVollstrO). Ein gesonderter Ausspruch im Urteil ist deswegen nicht erforderlich (Heintschel-Heinegg in BeckOK StGB, 47. Ed. 01.08.2020, § 51, Rn 17; Schneider in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 51, Rn. 39, 51; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, § 51, Rn 4, 13; Kempfer in Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. 2017, § 51, Rn 14, 15; BGHSt 24, 29 = NJW 1971, 290; Schneider in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 51, Rn 39; a.A. OLG Oldenburg NJW 1982, 2741). Eines besonderen Ausspruchs bedarf es nur, wenn (ausnahmsweise) keine Anrechnung erfolgen soll (§ 51 Abs. 1 S. 2 StGB). Eine solche Anordnung hat das Tatgericht nicht getroffen. Zwar ist bei der Anrechnung in derselben Sache erlittener ausländischer Freiheitsentziehungen regelmäßig der Anrechnungsmaßstab im Tenor wiederzugeben (§ 51 Abs. 4 S. 2 StGB). Ein fehlender Ausspruch zum Anrechnungsmaßstab kann die gem. § 51 Abs. 1 S. 1 StGB zwingende Anrechnung der ausländischen Haftzeiten wegen derselben Tat jedoch nicht entfallen lassen. Hierfür hätte es - wie dargelegt - einer ausdrücklichen Anordnung im Urteil gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 StGB bedurft. Der Rechtsansicht der beschwerdeführenden Staatsanwaltschaft M. I kann daher nicht gefolgt werden. 2.2 Der Anrechnungsmaßstab für eine aus Anlass der Tat im Ausland erlittene Freiheitsentziehung ist gem. § 51 Abs. 4 S. 2 StPO vom erkennenden Gericht im Urteil zu bestimmen. Eine unterbliebene Anordnung kann im Instanzenzug nachgeholt werden, in der Revisionsinstanz entsprechend § 354 Abs. 1 StPO, sofern keine weiteren Ermittlungen über den Anrechnungsmaßstab geboten sind (Heintschel-Heinegg, BeckOK StGB, 47. Ed. 01.08.2020, § 51, Rn 17; BGH BeckRS 2017, 136251; BGH BeckRS 2008, 1447). Andernfalls ist das Urteil insoweit aufzuheben und zurückzuverweisen (BGH NStZ 1997, 385 bzgl. Kolumbien). Diese Anordnung kann nicht dem Beschlusswege überlassen werden (Schneider in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 51, Rn 64; BGHSt 24, 29 = NJW 1971, 290). Hat das Gericht die Entscheidung über den Maßstab vergessen und ist das Urteil in Rechtskraft erwachsen, dann kann das Urteil nicht mehr nachträglich berichtigt oder ergänzt werden (Wolf in Pohlmann/Jabel/Wolf, Strafvollstreckungsordnung, 9. Aufl. 2016, § 39 StVollstrO, Rn. 93; Schneider in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 51, Rn 64). (1) Inwieweit im Falle der unterbliebenen Angabe eines Anrechnungsmaßstabes gem. § 51 Abs. 4 S. 2 StGB die Nachholung durch eine gerichtliche Entscheidung nach § 458 StPO überhaupt zulässig ist, braucht hier nicht entschieden werden (so hM, vgl. Verwaltungsvorschrift § 39 Abs. 5 S. 3 StVollstrO; OLG Hamm B.v. 27.01.2014, Gz. 1 Ws 600/13, Rn 33, juris; Kinzig in Schönke-Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 51, Rn 34; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 29. Aufl. 2018, § 51, Rn. 16; Appl in KK-StPO, 8. Aufl. 2019, StPO § 458 Rn. 6; Röttle/Wagner, Strafvollstreckung, 8. Aufl. 2009, Rn 168; a.A. offens. OLG Celle BeckRS 1994, 02190, Rn 5). Dagegen ließe sich einwenden, dass der Gesetzgeber den Anrechnungsmaßstab in § 51 Abs. 4 StGB insgesamt unvollständig geregelt hat und bei der Anrechnung inländischer Freiheitsstrafen - wie selbstverständlich - davon ausgegangen ist, dass das Maß der Anrechnung sich allein nach der Dauer der anzurechnenden Freiheitsentziehung richtet, also nach dem Maßstab 1 : 1 (Schneider in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 51, Rn. 55). Diesen Gedanken könnte man entsprechend auf die gemäß § 51 Abs. 3 StGB anzurechnenden ausländischen Freiheitsentziehungen anwenden, wenn die gebotene Angabe eines Anrechnungsmaßstabs im Urteil fehlt. Bei der Bestimmung eines höheren als des Regelmaßstabes der Anrechnung von 1 : 1 handelt es sich zudem der Sache nach um einen Härteausgleich für die aus Anlass der Tat erlittene Freiheitsentziehung im Ausland bei ggf. schwierigeren Haftbedingungen. Andere Entscheidungen über einen Härteausgleich - etwa wegen einer unterbliebenen Gesamtstrafenbildung wegen vollständiger Vollstreckung der einbeziehungsfähigen Strafe oder wegen überlanger Verfahrensdauer - sind dem erkennenden Gericht vorbehalten und können nach Rechtskraft der Entscheidung nicht mehr nachgeholt werden. (2) Bei der Entscheidung nach § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, die der Gesetzgeber dem Tatgericht eingeräumt hat (vgl. OLG Celle, BeckRS 1994, 02190). Eine Entscheidung nach § 458 StPO trifft hingegen nicht selten ein anderes Gericht (§ 462a StPO). Auch bei einer Nachholung der vom zuständigen Tatgericht vergessenen Entscheidung muss sich die Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs in dem Rahmen bewegen, der sich aus den im Urteil angegebenen Bemessungsfaktoren ergibt. Insoweit hat auch § 39 Abs. 5 S. 3 StVollstrO nicht etwa zum Inhalt, dass die Vollstreckungsbehörde bei fehlendem Ausspruch im Urteil über den Anrechnungsmaßstab stets eine Vorlage nach § 458 Abs. 1 StPO vornehmen muss. Die Anrechnung ist Teil der Strafzeitberechnung, die von der Vollstreckungsbehörde eigenständig vorzunehmen ist (§ 451 Abs. 1 StPO, § 36 Abs. 1 StVollstrO; vgl. OLG Düsseldorf MDR 1989, 90). Die Vorlage nach § 458 StPO kann jedenfalls erst dann zulässig sein, wenn die Vollstreckungsbehörde nicht durch Auslegung der Urteilsgründe dem Erkenntnis doch hinreichend sicher einen Maßstab entnehmen kann, etwa weil die Gründe unklar oder widerspruchsvoll sind. Gibt es nichts auszulegen, weil sich das Urteil gänzlich ausschweigt, dann muss die Vollstreckungsbehörde eigenständig den Gesetzesbefehl des § 51 Abs. 3, Abs. 4 StGB, der auf Anrechnung lautet, umsetzen (Wolf in Pohlmann/Jabel/Wolf, Strafvollstreckungsordnung, 9. Aufl. 2016, § 39 StVollstrO, Rn. 93). Der Anrechnungsmaßstab kann hierbei auch unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Rechtsprechung und Kommentarliteratur (vgl. z.B. Heintschel-Heinegg in BeckOK StGB, 47. Ed. 01.08.2020, § 51, Rn 17; Maier in MüKo StGB, 4. Aufl. 2020, § 51, Rn 58f.) festgelegt werden. Jedenfalls bei den alten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und bei der Schweiz wird der Anrechnungsmaßstab regelmäßig mit 1 : 1 anzusetzen sein (Schneider in LK-StGB, 13. Aufl. 2020, § 51, Rn 59). Vorliegend besteht nicht der geringste Zweifel, dass eine in Österreich in derselben Sache erlittene Untersuchungshaft (nur) mit 1 : 1 auf die Freiheitsstrafe anzurechnen ist (BGH BeckRS 2015, 6202). Für eine Vorlage nach § 458 Abs. 1 StPO besteht daher keine Veranlassung. Von der Erhebung von Kosten wurde gemäß § 21 GKG abgesehen.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Der Streitwert wird für das zweitinstanzliche Verfahren auf 20,53 Euro festgesetzt. Gründe: 1Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 2Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Das ist hier nicht der Fall. 31. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheids im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Aus der Antragsbegründung ergeben sich keine ernstlichen Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Gebührenbescheid für eine Ermahnung gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG vom 14. Januar 2019 im Ergebnis zu Recht abgewiesen hat. 4a) Die Einwände des Klägers gegen den Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichts rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Soweit er geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Rechtmäßigkeit der Ermahnung nicht untersucht, trifft dies ersichtlich nicht zu. Der insoweit einschränkende Obersatz des Verwaltungsgerichts, im gebührenrechtlichen Verfahren sei die Rechtmäßigkeit der Ermahnung, da diese kein Verwaltungsakt sei, nur summarisch zu überprüfen, wirkt sich vorliegend nicht aus, weil das Gericht die Rechtmäßigkeit der Ermahnung im Hinblick auf den streitigen Punktestand gleichwohl vollständig geprüft hat. 5Die auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG gestützte Ermahnung ist entgegen der Auffassung des Klägers kein Verwaltungsakt, 6vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2006- 3 B 49.06 -, NJW 2007, 1299, juris Rn. 5 (zur Vorgängerregelung). 7b) Das Verwaltungsgericht ist – jedenfalls im Ergebnis – zutreffend davon ausgegangen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt für den Kläger 4 Punkte im Fahreignungsregister (FAER) eingetragen waren und der Beklagte daher die die Gebührenpflicht auslösende Ermahnung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG aussprechen durfte. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 5 StVG ist für das Ergreifen der Maßnahmen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 StVG auf den Punktestand abzustellen, der sich zum Zeitpunkt der Begehung der letzten zur Ergreifung der Maßnahme führenden Straftat oder Ordnungswidrigkeit ergeben hat. Danach ist hier auf den 12. April 2018 abzustellen. 8Das FAER wies zu diesem Zeitpunkt folgende 4 Punkte auf: 9              Geschwindigkeitsüberschreitung am 17. Dezember 2013                             1 Punkt              (Entscheidung: 4. März 2014/Rechtskraft: 28. März 2014) 10              Geschwindigkeitsüberschreitung am 27. März 2014                                           2 Punkte              (Entscheidung: 26. Mai 2014/Rechtskraft: 11. Juni 2014/ 11              Eintragung:              24. Juni 2014) 12              Geschwindigkeitsüberschreitung am 12. April 2018                                          1 Punkt              (Entscheidung: 4. Mai 2018/Rechtskraft: 28. November 2018) 13Für die Zuwiderhandlungen vom 12. April 2018 und vom 27. März 2014 sind – wovon auch der Kläger ausgeht – insgesamt drei Punkte zu berücksichtigen. Dabei richtet sich auch die Bewertung für die Zuwiderhandlung vom 27. März 2014 nach neuem Recht. Zwar wurde diese noch vor dem Inkrafttreten der Neuregelung zum 1. Mai 2014 begangen, aber erst danach (am 24. Juni 2014) in das FAER eingetragen. Nach der Übergangsregelung in § 65 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StVG ist in diesem Fall die neue Rechtslage maßgeblich. 14Der Beklagte hat zutreffend auch die Zuwiderhandlung vom 17. Dezember 2013 (mit einem Punkt) berücksichtigt. Ob die – mit der Zulassungsbegründung angegriffene – Auffassung des Verwaltungsgerichts zutrifft, wonach die Zuwiderhandlung vom 27. März 2014 die Tilgung der Eintragung bezüglich der Zuwiderhandlung vom 17. Dezember 2013 hemmt, kann offen bleiben. Der angefochtene Gerichtsbescheid erweist sich jedenfalls aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig. Die Tilgung wird im maßgeblichen Zeitpunkt der Begehung der letzten Ordnungswidrigkeit am 12. April 2018 durch eine ältere Voreintragung, die Entziehung der Fahrerlaubnis vom 10. Oktober 2006, gehemmt. Darauf hat der Beklagte mit Schreiben vom 30. April 2019 sowie vom 12. September 2019 bereits hingewiesen. 15Am 12. April 2018 war die in das FAER eingetragene Entziehung der Fahrerlaubnis vom 10. Oktober 2006, die auf einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidung beruht (Straftat nach § 316 StGB), noch nicht tilgungsreif. Die Tilgung dieser Eintragung richtet sich nach § 29 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung. Dies folgt aus § 65 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 StVG. Hiernach werden Entscheidungen, die nach § 28 Abs. 3 StVG in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung im Verkehrszentralregister gespeichert worden und nicht von § 65 Abs. 3 Nr. 1 StVG erfasst sind, bis zum Ablauf des 30. April 2019 nach den Bestimmungen des § 29 StVG in der bis zum Ablauf des 30. April 2014 anwendbaren Fassung getilgt und gelöscht. Die Tilgungsfrist beträgt hier zehn Jahre (§ 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung) und beginnt, weil die Fahrerlaubnis wegen mangelnder Eignung entzogen wurde, erst mit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (vgl. § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung) am 21. Januar 2011. Die Tilgungsfrist für diese Eintragung war damit im hier maßgeblichen Bewertungszeitpunkt (12. April 2018) noch nicht abgelaufen. 16Nach § 29 Abs. 6 Satz 1 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung entfaltete diese Eintragung tilgungshemmende Wirkung auf die nachfolgenden Eintragungen im Register, denn danach ist die Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle Eintragungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Ordnungswidrigkeiten sind jedoch spätestens fünf Jahre nach dem Rechtskrafteintritt der beschwerenden Entscheidung zu tilgen (§ 29 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 6 Satz 4 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung). Aber auch diese fünfjährige Tilgungsfrist war für die Zuwiderhandlung vom 17. Dezember 2013, gerechnet ab Rechtskraft der Entscheidung am 28. März 2014, im hier maßgeblichen Zeitpunkt (12. April 2018) noch nicht abgelaufen. 17Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 13. Juli 2020. Der Hinweis auf § 4 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Satz 1 StVG führt nicht weiter. Die Vorschrift bestimmt nur, dass Punkte für vor der (Neu-)Erteilung einer Fahrerlaubnis rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen nicht mehr berücksichtigt werden dürfen. Sie bezieht sich – anders als der Kläger möglicherweise meint – nicht auf die (Tilgung der) den Punkten zugrunde liegenden straf- oder bußgeldrechtlichen Entscheidungen. 18Vgl. auch BVerwG, Beschlüsse vom 27. September 2012 - 3 C 33.11 -, juris Rn. 23 und vom 3. März 2011 - 3 C 1.10 -, juris Rn. 15, (jeweils unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien zur Vorgängerregelung); OVG NRW, Beschluss vom 29. Juni 2011 ‑ 16 B 212/11 ‑, NJW 2011, 2985 = juris Rn. 9 ff. (zur Vorgängerregelung); BT-Drs. 17/12636, S. 40; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 4 StVG Rn. 52. 19Punkte für vor der Neuerteilung der Fahrerlaubnis rechtskräftig gewordene Entscheidungen über Zuwiderhandlungen hat der Beklagte im Fall des Klägers aber auch nicht berücksichtigt. Die hier in Rede stehende, mit einem Punkt berücksichtigte Zuwiderhandlung vom 17. Dezember 2013 erfolgte nicht vor, sondern nach der Neuerteilung der Fahrerlaubnis. 20Darüber hinaus gilt die Vorschrift des § 4 Abs. 3 StVG auch in Ermangelung einer Übergangsvorschrift erst für Neuerteilungen ab 2014, 21vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2018 - 11 CS 18.1173 -, juris Rn. 9 und vom 22. April 2016 - 11 CS 16.399 -, juris Rn. 13 ff., 22die Neuerteilung der Fahrerlaubnis ist aber schon im Jahr 2011 erfolgt. Auf die vom Kläger – mit Blick auf den Fristbeginn des § 29 Abs. 5 Satz 1 StVG in der bis zum 30. April 2014 geltenden Fassung fehlerhaft (s. o.) – vorgenommene Fristberechnung kommt es demnach nicht an. § 65 Abs. 3 Nr. 2 StVG betrifft nicht die Vorschrift des § 4 Abs. 3 StVG. 232. Die Berufung ist auch nicht wegen Abweichung von der übergeordneten Rechtsprechung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Eine die Berufung eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Zulassungsantrag einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der übergeordneten Rechtsprechung aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat. 24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328, juris Rn. 3 (zu § 132 VwGO) m. w. N. 25Eine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist schon deshalb nicht dargelegt, weil es sich bei dem vom Kläger der Sache nach in Bezug genommenen Oberlandesgericht Bamberg nicht um ein in der Vorschrift benanntes Gericht handelt. Im Übrigen kommt es aufgrund der tilgungshemmenden Wirkung der Eintragung der Entziehung der Fahrerlaubnis (s. o.) auf die Frage der tilgungshemmenden Wirkung der Eintragung der Zuwiderhandlung vom 27. März 2014, auf die sich die entsprechenden Ausführungen beziehen, nicht an. 26Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. 27Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der Berufungszulassungsantrag ist unbegründet. Nach § 78 Abs. 3, Abs. 4 Satz 4 AsylG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn einer der in Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 aufgezählten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Die Klägerin stützt ihren Antrag ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache jedoch nicht zu. Als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet die Klägerin die Fragen: 341. „ob die Sanktionen des eritreischen Staates, die wehrpflichtigen eritreischen Staatsangehörigen, die sich dem Nationaldienst durch illegale Ausreise aus Eritrea entzogen haben, drohen, an einen Verfolgungsgrund im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b AsylG, hier insbesondere § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG, anknüpfen“, 52. „ob dies auch dann gilt, wenn die Wehrdienstentziehung durch ein[en] Verbleib im Ausland bei Eintritt der Wehrpflicht erfolgt ist“, 63. „ob die illegale Ausreise und eine nachfolgende Asylantragstellung eritreischer Staatsangehöriger vom eritreischen Staat allgemein als Regimegegnerschaft angesehen wird und der im Fall der Rückkehr drohenden Bestrafung (s. Frage 1) damit ein politischer Sanktionscharakter im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b AsylG zukommt“. 7Keine dieser Fragen rechtfertigt im vorliegenden Fall eine Berufungszulassung. Sie sind nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des beschließenden Senats inzwischen in verneinendem Sinn geklärt sind. Das gilt für die Fragen zu Nrn. 1 und 2, denn danach drohen nationaldienstpflichtigen eritreischen Staatsangehörigen Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Entziehung oder Desertion mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit regelmäßig weder in Anknüpfung an eine ihnen zugeschriebene politische Überzeugung im Sinn der § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG noch an einen sonstigen Verfolgungsgrund. Das gilt auch für eritreische Staatsangehörige, die vor Erreichen des dienstpflichtigen Alters ausgereist und im Ausland in dieses Alter hineingewachsen sind und denen im Fall der Rückkehr eine Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung droht. 8OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Oktober 2020 ‑ 19 A 3624/18.A ‑, juris, Rn. 14 f., und vom 21. September 2020 ‑ 19 A 1857/19.A ‑, juris, Rn. 30, 36 ff., 110 ff. 9Auch die zu Nr. 3 aufgeworfene Grundsatzfrage ist in der vorgenannten Senatsrechtsprechung in verneinendem Sinn geklärt. Danach knüpft der Staat Eritrea allein an eine illegale Ausreise im wehrpflichtigen Alter und/oder allein an eine Asylantragstellung im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine flüchtlingsschutzrelevanten Verfolgungsmaßnahmen. 10OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2020, a. a. O., Rn. 131 f. 11In Bezug auf diese drei Grundsatzfragen ist die Berufung auch nicht wegen nachträglicher Abweichung von der zitierten Senatsrechtsprechung nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zuzulassen. Wegen nachträglicher Abweichung ist die Berufung nach dieser Vorschrift unabhängig davon zuzulassen, ob der Rechtsmittelführer diesen Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt hat, wenn der zunächst vorliegende Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nachträglich dadurch entfällt, dass ein übergeordnetes Gericht die als grundsätzlich klärungsbedürftig dargelegte Grundsatzfrage in einem anderen Verfahren klärt, und die angefochtene Entscheidung von dieser höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung objektiv abweicht. 12OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2020 ‑ 19 A 4332/19.A ‑, juris, Rn. 2 f. m. w. N. 13Hier liegt keine solche Abweichung vor. Denn auch das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung durch Bezugnahme auf sein Urteil vom 23. März 2017 ‑ 6 K 7338/16.A ‑, juris, die Tatsachenfeststellung zugrunde gelegt, dass die Sanktionierung von Wehrdienstentziehung und illegaler Ausreise nicht generell an eine vermutete oder vorhandene politische Überzeugung anknüpft (Rn. 32 ff., 65 ff., 138). 14Unter diesen Umständen ist die in der Antragsbegründung weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage, 15164. „ob bei eritreischen weiblichen Staatsangehörigen, die Kinder haben, im Fall der (zwangsweisen) Rückkehr nach Eritrea mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass sie dem Nationaldienst zugeführt werden, jedenfalls dann, wenn sie zuvor illegal aus Eritrea ausgereist sind“, 17nicht entscheidungserheblich. Denn selbst wenn diese Frage in generalisierender Form zu bejahen sein sollte, fehlt es nach dem oben Ausgeführten jedenfalls an der gemäß § 3a Abs. 3 AsylG und Art. 9 Abs. 3 RL 2011/95/EU erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen den in den § 3 Abs. 1 und § 3b AsylG bezeichneten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen. Abgesehen davon ist auch diese Grundsatzfrage in der zitierten Senatsrechtsprechung in verneinendem Sinn geklärt. Danach sind Mütter nur von Gesetzes wegen grundsätzlich weiterhin dienstverpflichtet. In der Praxis sieht man bei Frauen, die Kinder haben, jedoch für gewöhnlich von einer Heranziehung zur Dienstleistung ab. Leisten sie bereits Dienst und werden schwanger oder heiraten, werden sie in der Regel ohne förmliche Entlassung vom Nationaldienst faktisch freigestellt. 18OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2020, a. a. O., Rn. 62 ff. 19Ebenso wenig entscheidungserheblich ist unter diesen Umständen auch die schließlich aufgeworfene Grundsatzfrage, 20215. „ob die den wehrdienstpflichtigen, illegal ausgereisten eritreischen Staatsangehörigen drohenden Sanktionen im Fall der Rückkehr als Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 Abs. 1, § 3a Abs. 2 Nr. 1, 3, 4 AsylG einzustufen sind.“ 22Selbst wenn auch diese Frage in generalisierender Form zu bejahen sein sollte, fehlt auch insoweit die gemäß § 3a Abs. 3 AsylG und Art. 9 Abs. 3 RL 2011/95/EU erforderliche kausale Verknüpfung zwischen den in den § 3 Abs. 1 und § 3b AsylG bezeichneten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen. 23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. 24Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Tenor Dem Kläger wird für das zweitinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin I.      in X.         beigeordnet. Der Berufungszulassungsantrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der Prozesskostenhilfeantrag für das Berufungszulassungsverfahren ist begründet. Der Berufungszulassungsantrag hatte im Zeitpunkt der Bewilligungsreife hinreichende Erfolgsaussicht wegen der unten bezeichneten, zu diesem Zeitpunkt ungeklärten Grundsatzfrage, ob nationaldienstpflichtigen eritreischen Staatsangehörigen drohende Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Entziehung oder Desertion mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit an eine ihnen zugeschriebene politische Überzeugung anknüpfen. Der Kläger konnte im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 3Der Berufungszulassungsantrag ist unbegründet. Nach § 78 Abs. 3, Abs. 4 Satz 4 AsylG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn einer der in Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 aufgezählten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Der Kläger stützt seinen Antrag auf die Zulassungsgründe nach § 78 Abs. 3 Nrn. 1 und 3 AsylG. Keiner dieser Gründe liegt vor. Die Berufung ist weder nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen der gerügten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (I.) noch nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO wegen der geltend gemachten Gehörsverletzung (II.) noch wegen der Besetzungsrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 1 VwGO (III.) zuzulassen. 4I. Der vorliegenden Rechtssache kommt nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu. Als grundsätzlich klärungsbedürftig rügt der Kläger die Frage, 5„ob Flüchtlingen aus Eritrea, die sich durch ihre Flucht dem Militärdienst und dem nationalen Dienst entziehen, nur subsidiärer Schutz zu gewähren ist oder ob ihnen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG i. V. mit der Genfer Flüchtlingskonvention zuzuerkennen ist.“ 6Diese Frage rechtfertigt im vorliegenden Fall keine Berufungszulassung. Sie ist nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des beschließenden Senats inzwischen geklärt ist. Danach ist die Grundsatzfrage dahin zu beantworten, dass den genannten eritreischen Staatsangehörigen regelmäßig nur subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Nationaldienstpflichtigen eritreischen Staatsangehörigen drohen Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Entziehung oder Desertion nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an eine ihnen zugeschriebene politische Überzeugung. Das gilt auch für eine im Fall der Rückkehr drohende Bestrafung. 7OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2020 ‑ 19 A 1857/19.A ‑, juris, Rn. 36 ff. 8In Bezug auf diese Grundsatzfrage ist die Berufung auch nicht wegen nachträglicher Abweichung von der zitierten Senatsrechtsprechung nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zuzulassen. Wegen nachträglicher Abweichung ist die Berufung nach dieser Vorschrift unabhängig davon zuzulassen, ob der Rechtsmittelführer diesen Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt hat, wenn der zunächst dargelegte und vorliegende Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nachträglich dadurch entfällt, dass ein übergeordnetes Gericht die als grundsätzlich klärungsbedürftig dargelegte Grundsatzfrage in einem anderen Verfahren klärt, und die angefochtene Entscheidung von dieser höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung objektiv abweicht. 9OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2020 ‑ 19 A 4332/19.A ‑, juris, Rn. 2 f. m. w. N. 10Hier liegt keine solche Abweichung vor. Denn auch das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Tatsachenfeststellung zugrunde gelegt, dass weder die Einberufung als solche noch die Bedingungen, denen die Betroffenen während der Dienstzeit unterworfen sind, an ein Verfolgungsmerkmal im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylG anknüpfen (S. 7 des Urteils) und insbesondere auch die Sanktionierungen von Dienstentziehung oder Desertion und illegaler Ausreise durch den Staat Eritrea nicht generell an eine vermutete politische Überzeugung im Sinn des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG anknüpfen (S. 20 ff. des Urteils). 11II. Auch der geltend gemachte Gehörsverstoß im Sinn des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es seinen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zur Einstufung von eritreischen Dienstpflichtigen als illoyale Regimegegner in dem in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO unter Berufung auf den Beweisablehnungsgrund eigener Sachkunde abgelehnt hat. 12Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO gebietet die Berücksichtigung von Beweisanträgen, die sich auf Tatsachen beziehen, welche nach der materiellen Rechtsauffassung des Tatsachengerichts entscheidungserheblich sind. Die Ablehnung oder Nichtberücksichtigung solcher Anträge verletzt Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht objektiv keine Stütze findet. 13BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 25. März 2020 ‑ 2 BvR 113/20 ‑, juris, Rn. 45, und vom 20. Dezember 2018 ‑ 1 BvR 1155/18 ‑, juris, Rn. 11; BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 2020 ‑ 1 B 65.19 ‑, juris, Rn. 17; OVG NRW, Beschluss vom 2. Januar 2020 ‑ 19 A 183/18.A ‑, juris, Rn. 3 f. m. w. N. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung. 14Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wie auch des beschließenden Gerichts kann die Tatsacheninstanz einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO oder mit dem Hinweis auf die eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen (vgl. § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Das setzt voraus, dass es seine Entscheidung in dem Beweisablehnungsbeschluss oder jedenfalls in der Sachentscheidung für die Beteiligten und das Rechtsmittelgericht nachvollziehbar begründet und gegebenenfalls angibt, woher es seine Sachkunde hat. Die eigene Sachkunde kann sich dabei auch ‑ zumal in Asylverfahren ‑ aus der Gerichtspraxis, namentlich aus der Verwertung bereits vorliegender Erkenntnismittel, ergeben. Schöpft das Gericht seine besondere Sachkunde aus vorhandenen Gutachten und amtlichen Auskünften, so muss der Verweis hierauf dem Einwand der Beteiligten standhalten, dass in diesen Erkenntnisquellen keine, ungenügende oder widersprüchliche Aussagen zur Bewertung der aufgeworfenen Tatsachenfragen enthalten sind. 15BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 2012 ‑ 1 C 13.11 ‑, BVerwGE 144, 230, juris, Rn. 11 m. w. N., Beschluss vom 11. Februar 1999 ‑ 9 B 381.98 ‑, DVBl. 1999, 1206, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschlüsse vom 18. März 2020 ‑ 19 A 147/20.A ‑, juris, Rn. 12 m. w. N., vom 14. Juli 2017 ‑ 13 A 1277/17.A ‑, juris, Rn. 13, und vom 21. März 2017 ‑ 19 A 2461/14.A ‑, NVwZ 2017, 1227, juris, Rn. 10. 16Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsgericht diesen Maßstäben gerecht geworden. Es hat seinen Beschluss nach § 86 Abs. 2 VwGO über die Ablehnung des gestellten Beweisantrags in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nachvollziehbar begründet und angegeben, dass es seine Sachkunde aus den zahlreichen dort zitierten und ausführlich gewürdigten Erkenntnisquellen schöpft (S. 31 des Urteils unter Hinweis auf die Quellen, die es auf den S. 20 bis 31 zitiert hat). Der Antragsbegründung des Klägers lässt sich kein Einwand entnehmen, mit dem er konkret auf einzelne dieser Erkenntnisquellen Bezug nimmt und Anhaltspunkte dafür benennt, dass in ihnen ungenügende oder widersprüchliche Aussagen zur Bewertung der aufgeworfenen Tatsachenfragen enthalten sind. Seine Gehörsrüge erschöpft sich vielmehr in dem pauschalen Vorwurf an das Verwaltungsgericht, aus den Urteilsgründen werde deutlich, „dass die entscheidende Richterin zu der entscheidungserheblichen Frage der Charakterisierung der Verfolgungsmaßnahmen, denen der Antragsteller im Falle der Rückkehr nach Eritrea ausgesetzt wäre, nicht die nötige Sachkunde besitzt.“ 17III. Schließlich greift auch die Besetzungsrüge des Klägers nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 1 VwGO nicht durch. Das Verwaltungsgericht war im Zeitpunkt der Durchführung der mündlichen Verhandlung und des Ergehens des angefochtenen Urteils am 27. Juni 2018 mit der entscheidenden Richterin am Verwaltungsgericht im Sinn des § 138 Nr. 1 VwGO „vorschriftsmäßig besetzt“. Die Richterin war an diesem Tag gesetzliche Richterin der 12. Kammer des Verwaltungsgerichts im Sinn der Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Präsidium des Verwaltungsgerichts hatte die beim Verwaltungsgericht Düsseldorf beschäftigte Richterin durch Beschluss vom 16. Mai 2018 mit Wirksamwerden ihrer Abordnung an das Verwaltungsgericht Arnsberg mit der Hälfte der regelmäßigen Dienstzeit der 12. Kammer zugewiesen. Zu Unrecht vertritt der Kläger sinngemäß die Auffassung, durch den Einzelrichterübertragungsbeschluss vom 15. Mai 2018 habe die 12. Kammer das Verfahren einem konkreten anderen Richter in Person übertragen, weshalb dieser auch über das Wirksamwerden des Präsidiumsbeschlusses vom 16. Mai 2018 hinaus gesetzlicher Richter im Sinn des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geblieben sei. Der Präsidiumsbeschluss enthalte „eine unzulässige ausnahmegerichtliche Zuständigkeitsregelung“ im Sinn dieser Verfassungsgarantie und eine Neuverteilung im Einzelfall, die nach dem stattgebenden Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Februar 2018 (Az. 2 BvR 2675/17, NJW 2018, 1155, juris) verfassungswidrig sei. 18Diese Auffassung beruht auf der unzutreffenden Prämisse, mit ihrem Einzelrichterübertragungsbeschluss vom 15. Mai 2018 habe die 12. Kammer das Verfahren dem konkreten Richter in Person übertragen. Nach § 76 Abs. 1 AsylG soll die Kammer den Rechtsstreit in der Regel „einem ihrer Mitglieder“ als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Bestimmt die Kammer, wie hier, in ihrem Einzelrichterübertragungsbeschluss den „Berichterstatter als Einzelrichter“, so zielt diese Übertragung auf das nach dem kammerinternen Geschäftsverteilungsplan nach § 21g GVG jeweils als Berichterstatter für das Verfahren funktional zuständige Kammermitglied, nicht hingegen auf dieses Kammermitglied als Person. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Kammer im Übertragungsbeschluss die weibliche Form verwendet, weil im Zeitpunkt seines Ergehens nach diesem Geschäftsverteilungsplan eine Berichterstatterin für das Verfahren zuständig ist, oder wenn sie dieses Kammermitglied namentlich benennt. Eine solche Bezeichnung ist regelmäßig als lediglich nachrichtlicher Hinweis auf die aktuelle geschäftsverteilungsplanmäßige Zuständigkeit zu verstehen. Sie lässt die Wirksamkeit der Einzelrichterübertragung grundsätzlich auch dann unberührt, wenn später infolge Änderung der kammerinternen oder gerichtlichen Geschäftsverteilung ein Berichterstatterwechsel eintritt. 19OVG NRW, Beschluss vom 16. Mai 2019 ‑ 6 A 1534/19.A ‑, juris, Rn. 4 ff. m. w. N. aus der einhelligen höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung sowie aus der Kommentarliteratur; zu entsprechenden Rechtsfrage bei Einverständniserklärungen nach § 87a Abs. 2 und 3 VwGO vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Januar 2019 ‑ 19 A 2183/17.A ‑, juris, Rn. 1, und vom 27. März 2017 ‑ 19 A 508/16 ‑, NVwZ-RR 2017, 498, juris, Rn. 2 f. 20Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG steht einer Änderung der Zuständigkeit auch während des laufenden Geschäftsjahres und auch für bereits anhängige Verfahren nicht entgegen, wenn die Neuregelung generell gilt, also außer anhängigen Verfahren auch eine unbestimmte Vielzahl künftiger, gleichartiger Fälle erfasst und nicht aus sachwidrigen Gründen geschieht. 21BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 18. März 2009 ‑ 2 BvR 229/09 ‑, NJW 2009, 1734, juris, Rn. 24 ff., und vom 27. September 2002 ‑ 2 BvR 1843/00 ‑, NJW 2003, 345, juris, Rn. 6 m. w. N. 22Nach diesen Maßstäben bestehen im vorliegenden Fall keine greifbaren Anhaltspunkte insbesondere für den Vorwurf des Klägers, der Präsidiumsbeschluss vom 16. Mai 2018 enthalte „eine unzulässige ausnahmegerichtliche Zuständigkeitsregelung“ und eine Neuverteilung im Einzelfall, die nur durch die Jahresgeschäftsverteilung des Gerichts möglich gewesen sei. Hiermit versucht er, die vorliegend streitige Einzelrichterübertragung in die Nähe des Falles zu rücken, über den die Kammer des Bundesverfassungsgerichts im zitierten Beschluss vom 20. Februar 2018 entschieden hat, der jedoch die zuletzt genannten Maßstäbe bestätigt und zu Inhalt und Reichweite einer Einzelrichterübertragung nach § 76 Abs. 1 AsylG keine Aussage enthält. 23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. 24Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren und – unter entsprechender Änderung der verwaltungsgerichtlichen Festsetzung von Amts wegen – für das Klageverfahren erster Instanz auf 1.342,23 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e: 2Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 3Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit dem angegriffenen Urteil verpflichtet, dem Kläger für die Einsätze „Castor 2008“ und „Castor 2010“ bezogen auf die Zeiten des Bereitschaftsdienstes weiteren Freizeitausgleich zu gewähren. Das Bundesministerium des Innern habe mit Durchführungserlass zu § 11 BPolBG vom 16. Mai 2008 eine Entscheidung nach § 11 Satz 2 BPolBG getroffen und unter Ziffer 2 den Umfang des Freizeitausgleichs geregelt. Es habe dabei eine Anrechnung von 50% für die typisierend zugrunde gelegten 8 Stunden Bereitschaftsdienst eines Tages vorgesehen und sei über die weiteren unter Ziffer 2.2. dargelegten Berechnungselemente für den Kläger zu einer Arbeitszeitbewertung von 70% gelangt. Diese Erlassregelung führe nicht zu einer angemessenen Berücksichtigung der mit der Dauer eines Einsatzes oder einer Übung und der damit verbundenen dienstlichen Beanspruchung bei der Festsetzung eines einheitlichen Freizeitausgleichs. Der Bereitschaftsdienst habe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 88 BBG zu 100% angesetzt werden müssen. Ausgehend von dieser – im Einzelnen wiedergegebenen – Rechtsprechung ermögliche die Festsetzung eines einheitlichen Freizeitausgleichs nach § 11 Satz 1 BPolBG es nicht, zulasten des Beamten abweichend von § 88 BBG vom vollen Freizeitausgleich für Bereitschaftsdienst zulasten abzusehen, sondern ermögliche lediglich die Festlegung eines einheitlichen und damit pauschalen Freizeitausgleichs, der nicht zwischen Volldienst und Bereitschaftsdienst unterscheide. 4Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. 5Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. 6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2018– 1 A 249/16 –, juris, Rn. 2, vom 9. Juli 2018 – 1 A 2592/17 –, juris, Rn. 2, vom 5. Januar 2017 – 1 A 2257/15 –, juris, Rn. 9 f., und vom 29. Januar 2016– 1 A 1862/14 –, juris, Rn. 3 f., jeweils m. w. N. 7Gemessen an diesen Anforderungen greift das Zulassungsvorbringen der Beklagten in dem Schriftsatz vom 28. März 2018 nicht durch. 8a) Die Beklagte trägt zunächst vor, der Regelungsgehalt des § 88 BBG könne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bei der Auslegung des § 11 BPolBG mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung nicht herangezogen werden. Vielmehr solle zumindest für den Bereich der Bundespolizei die Gewährung von Freizeitausgleich abweichend gehandhabt werden. Dies sei auch gerechtfertigt. Die Vorschrift des § 88 BBG regele den Ausgleich für echte Mehrarbeit, § 11 BPolBG dagegen den Freizeitausgleich für Zeiten, in denen der Beamte sich zwar „inaktiv“ bereithalte, aber gerade keine Arbeit leiste. 9Dieses Vorbringen begründet ungeachtet des Umstandes, dass die Beklagte in dem Erlass des BMI vom 16. Mai 2008 unter Nr. 2.2 selbst ausführt, dass eine Ungleichbehandlung von Bereitschaftszeiten im Einsatz und im Regeldienst unangebracht sei, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf (weiteren) Freizeitausgleich für die Castor-Einsätze 2008 und 2010 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zu Recht in der Sache auf § 11 BPolBG i. V. m. § 88 BBG gestützt. Wird nach § 11 BPolBG anstelle einer Dienstbefreiung nach § 88 BBG ein einheitlicher Freizeitausgleich festgesetzt, sind dabei die für § 88 BBG geltenden Maßstäbe zu berücksichtigen. Mehrarbeit in Form des Bereitschaftsdienstes ist daher auch in diesem Fall wie Vollzeit zu behandeln. 10Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2020 – 1 A 1512/18 –, juris, Rn. 50 ff., m.w.N. 11§ 11 Satz 1 BPolBG vermittelt allein kein subjektives öffentliches Recht auf Festsetzung eines pauschalierten Freizeitausgleichs, sondern dient allein öffentlichen Interessen. Die Regelung soll dem Dienstherrn lediglich zur Vermeidung von Verwaltungsaufwand eine weitere, nämlich pauschalierende Berechnungsart für den Freizeitausgleich bieten. 12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2020 – 1 A 1671/18 –, juris, Rn. 49 ff. m.w.N. 13§ 11 BPolBG trifft auch keine von § 88 BBG abweichende Regelung dazu, wie der einheitliche Freizeitausgleich im Grundsatz zeitlich zu bemessen ist. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der Norm, nach dem die Festsetzung eines einheitlichen Freizeitausgleichs „anstelle“ einer Dienstbefreiung nach den §§ 87 und 88 BBG ermöglicht wird. Er bietet keinen Anhalt dafür, dass bei der Gewährung des einheitlichen Freizeitausgleichs – abweichend von § 88 Satz 2 BBG – nicht die zeitliche Inanspruchnahme, sondern (auch) die Intensität der Mehrleistung maßgebend sein soll. § 11 BPolBG stellt auf den zeitlichen Umfang der geleisteten Mehrarbeit ab, nicht auf das Maß und die Intensität der dienstlichen Inanspruchnahme. § 11 BPolBG nennt neben der Dauer des Einsatzes oder der Übung zwar auch die damit verbundene dienstliche Beanspruchung als Kriterium für die Bemessung der Pauschalierung. Dieses Kriterium meint aber – wie sich aus der Wortwendung "damit verbunden" ergibt – die mit dem Einsatz oder der Übung einhergehenden, weiteren Einschränkungen oder Belastungen des Beamten. 14Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. Februar 2020 – 1 A 1512/18 –, juris, Rn. 75 ff., m.w.N. 15b) Soweit die Beklagte bemängelt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Kläger seine Rügeobliegenheiten verletzt habe, lässt sich diesem Vorbringen nichts dazu entnehmen, dass diese Frage entscheidungserheblich sein könnte. Es erschöpft sich in der Wiedergabe der abstrakten Vorgaben einer solchen Obliegenheit, eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Auseinandersetzung hiermit fehlt indes. 16c) Auch der Vortrag der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den Rechtsgedanken der Verwirkung, obwohl es dies von Amts wegen hätte tun müssen, nicht in die rechtliche Prüfung und Würdigung des Sachverhalts einbezogen, dringt nicht durch. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Anspruch des Klägers auf weiteren Freizeitausgleich tatsächlich verwirkt sein könnte. 17Zwar weist die Beklagte zum einen zutreffend darauf hin, dass der Rechtsgedanke der Verwirkung als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht einschließlich des öffentlichen Dienstrechts anwendbar ist, und zum anderen darauf, dass die Verwirkung ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten voraussetzt, das geeignet ist, beim anderen Teil die Vorstellung zu begründen, das Recht werde nicht mehr geltend gemacht. Die Beklagte hat jedoch mit ihrem weiteren Vorbringen, die Castor-Einsätze hätten bereits im November 2008 sowie im November 2010 stattgefunden und der Kläger habe erstmals im Mai 2011 nach Ablauf der Jahresfrist des § 88 BBG Ansprüche auf Dienstbefreiung an den Dienstherrn herangetragen, gerade nicht ein Vertrauen begründendes Verhalten des Klägers beschrieben, sondern lediglich dessen – schon nach dem eigenen Vortrag nicht ausreichende – Untätigkeit. Vor diesem Hintergrund ist auch nichts Substantiiertes dafür ersichtlich, dass sich dem Verwaltungsgericht unter Amtsermittlungsgesichtspunkten des § 86 VwGO hätte aufdrängen müssen, zu prüfen, ob der Anspruch des Klägers verwirkt ist. 18Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 19Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. 20Bei der Bemessung des Streitgegenstandes orientiert sich der Senat an der Mehrarbeitsvergütung, die bei der Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit pro Stunde zu zahlen wäre. 21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juni 2009 – 1 A 3143/08 –, juris, Rn. 26. 22Diese betrug für Beamte der Besoldungsgruppe A 9 bis A 12 BBesO – wie den Kläger – im Zeitraum vom 5. November bis 10. November 2008, innerhalb dessen der Kläger Freizeitausgleich für 38 Dienststunden begehrt, 16,65 Euro (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV in der Fassung vom 29. Juli 2008). Im Zeitraum vom 2. November 2010 bis 8. November 2010 betrug die entsprechende Mehrarbeitsvergütung 17,33 Euro (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 BMVergV in der Fassung vom 19. November 2010). Dabei begehrte der Kläger Freizeitausgleich für 41 geleistete Dienststunden. Dies ergibt den festgesetzten Streitwert (38 Stunden x 16,65 Euro + 41 Stunden x 17,33 Euro = 1.343,23 Euro). Die Festsetzung für das Verfahren erster Instanz ist nach § 63 Abs. 3 GKG entsprechend anzupassen. 23Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Göttingen - 3. Kammer - vom 14. August 2020 geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Der Streitwert wird unter Änderung der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug auf 3.809,22 EUR festgesetzt. Für den zweiten Rechtszug wird der Wert des Streitgegenstandes ebenfalls auf 3.809,22 EUR festgesetzt. Gründe I. 1 Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen seine - für sofort vollziehbar erklärte - Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf wegen fehlender charakterlicher Eignung. 2 Der im Jahr 1994 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2018 als Polizeikommissaranwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und studierte seither im Bachelorstudiengang „Polizeivollzugsdienst“ an der Antragsgegnerin, Studienort D.. 3 Am 9. März 2020 erhielt die personalbearbeitende Stelle der Antragsgegnerin durch eine sogenannte WE-Meldung der Polizeiinspektion E. von dem Umstand Kenntnis, dass gegen den Antragsteller ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Sachbeschädigung sowie der Beleidigung von Polizeibeamten geführt werde. Zum Sachverhalt wurde in dieser Meldung ausgeführt (Bl. 3/Beiakte 002), dass der seinerzeit 26-jährige Antragsteller am 7. März 2020 gegen 01:20 Uhr gemeinsam mit seiner Ehefrau und einem Freund mit dem Taxi von einem Kneipenbummel zur Wohnung dieses Freundes in E. gefahren sei, um dort zu nächtigen. Nach Verlassen des Taxis hätten sie den Wohnungsschlüssel nicht finden können. In dem Glauben, das Taxi anzuhalten, hätten sie einen Unbeteiligten mit ähnlichem Pkw angehalten, um im Fahrzeug nach dem Schlüssel zu suchen. Im weiteren Verlauf habe der Antragsteller gegen die Fahrertür des Pkws getreten, wodurch diese zerkratzt sei. Den zum Einsatzort der Sachbeschädigung entsandten Polizeibeamten sei der Antragsteller distanzlos und provokant begegnet und habe diese als „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ bezeichnet, nachdem er sich ihnen gegenüber mit dem Polizeidienstausweis ausgewiesen gehabt habe. Der Antragsteller, der mit osteuropäischem Akzent spreche, sei deutlich alkoholisiert gewesen; einen Alkoholtest habe er abgelehnt. 4 Ebenfalls am 9. März 2020 (Bl. 6f./Beiakte 002) teilte PHK F. - der Leiter der Studiengruppe, welcher der Antragsteller angehörte - der personalbearbeitenden Stelle der Antragsgegnerin mit, dass der Antragsteller am 8. März 2020 über den Messaging-Dienst „WhatsApp“ Kontakt zu PHK F. aufgenommen und um einen Gesprächstermin gebeten habe, weil er „am Freitag Mist gebaut“ habe. Der Antragsteller habe PHK F. auf dessen schriftliche Nachfrage erklärt, dass er - der Antragsteller - in E. wohl gegen ein fahrendes Auto getreten und zudem bei der Sachverhaltsaufnahme die eingesetzten Beamten beleidigt habe. Der Antragsteller habe erklärt, sich nur eingeschränkt daran erinnern zu könne, weil er „zu viel getrunken“ habe; er habe auch schon fernmündlich Kontakt zur Polizeiinspektion E. aufgenommen, um sich bei den Einsatzbeamten zu entschuldigen. Der Antragsteller habe dann - so PHK F. weiter - am 9. März 2020 in einem persönlichen Gespräch mit ihm nochmals ausführlich den Sachverhalt geschildert. Demnach sei er in E. bei einem Freund zu Besuch gewesen. Am Freitagabend sei man gemeinsam in der Stadt gewesen und habe dort diverse Kneipen aufgesucht. Nach der Rückkehr zur Wohnung des Freundes gegen 01:30 Uhr sei es sodann zu einem Problem mit dem Schlüssel gekommen. Man sei der Meinung gewesen, dass dieser im Taxi liegen müsse, mit welchem man aus der Stadt nach Hause gekommen sei, weshalb der Antragsteller versucht habe, ein Fahrzeug, das er für das Taxi gehalten habe, anzuhalten. Dabei habe er gegen die Beifahrertür getreten. Es sei dann zum Streit mit dem Fahrer gekommen, der sodann die Polizei hinzugezogen habe. Mit den hinzugerufenen Beamten sei es anschließend ebenfalls zum Streit gekommen, und es sei dann insofern eskaliert, als dass der Antragsteller „total wütend“ geworden sei und im Zuge dessen die Kollegen als „Faschisten“ beleidigt habe. Seiner Erinnerung nach seien die Polizeibeamten dann wieder weggefahren und er selbst habe nochmals die Polizei gerufen. Mit der nun eingetroffenen Besatzung habe es erneut Diskussionen, aber seiner Erinnerung nach ohne Beleidigungen, gegeben. Insgesamt habe der Antragsteller erklärt, teils erhebliche Erinnerungslücken an den Abend und die Ereignisse zu haben, was er auf seine starke Alkoholisierung zurückführe. Der Antragsteller habe auf PHK F. in diesem Moment einen sehr reumütigen Eindruck gemacht; und sein Verhalten offensichtlich bedauert. Er strebe weiterhin an, sich bei den betroffenen Beamten zu entschuldigen. 5 Mit E-Mail vom 12. März 2020 (Bl. 13/Beiakte 002) wurden der personalbearbeitenden Stelle der Antragsgegnerin 6 - die Strafanzeige nebst Bericht der sachverhaltsaufnehmenden Einsatzbeamtin, POK’in G., vom 7. März 2020 (Bl. 14 bis 19/Beiakte 002), 7 - die Strafanträge der Einsatzbeamten POK’G. und PK H. gegen den Antragsteller vom 7. März 2020 (Bl. 20, 21/Beiakte 002) 8 - sowie die Zeugenvernehmungen der POK’in G. vom 10. März 2020 (Bl. 22 bis 30/Beiakte 002) sowie des PK H. vom 10. März 2020 (Bl. 31 bis 35/Beiakte 002) 9 übersandt. 10 Mit Verfügung vom 30. März 2020 (Bl. 36 bis 42/Beiakte 002) verbot die Antragsgegnerin dem Antragsteller unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Verweis auf § 39 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) mit sofortiger Wirkung die Führung der Dienstgeschäfte. Das vom Antragsteller am 7. März 2020 gezeigte Verhalten stelle einen zwingenden dienstlichen Grund im Sinne des § 39 Satz 1 BeamtStG dar. Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin auf den Inhalt der am 9. März 2020 bei ihr eingegangenen WE-Meldung der Polizeiinspektion E., der Strafanzeige nebst Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. März 2020, der Zeugenvernehmungen der POK’in G. und des PK H. vom 10. März 2020 sowie auf die Ausführungen des PHK F. vom 9. März 2020 über die Angaben des Antragstellers zum Sachverhalt. 11 Nach entsprechender Anhörung vom 30. März 2020 (Bl. 43 bis 47/Beiakte 002) wurde der Antragsteller mit streitgegenständlicher Verfügung der Antragsgegnerin vom 5. Juni 2020 (Bl. 80 bis 87/Beiakte 001) mit Ablauf des 30. Juni 2020 unter Sofortvollzugsanordnung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf entlassen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, Beamte auf Widerruf könnten nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG jederzeit entlassen werden, wobei ihnen gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden solle. Für eine Entlassung erforderlich sei das Vorliegen eines sachlichen Grundes; es bedürfe ernstlicher Zweifel daran, dass der Betreffende das Ziel des Vorbereitungsdienstes, den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Laufbahn, erreichen könne. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn begründete Zweifel an der Eignung des Betreffenden für die angestrebte Beamtenlaufbahn bestünden. Der Begriff der Eignung umfasse auch den Charakter und die Persönlichkeit des Beamten; die charakterliche Eignung bilde einen Teilaspekt der persönlichen Eignung. 12 Nach Maßgabe dieser Grundsätze sei der Antragsteller nach Überzeugung der Antragsgegnerin für den Polizeiberuf charakterlich ungeeignet. Zur Begründung verwies die Antragsgegnerin auf den Inhalt der am 9. März 2020 bei ihr eingegangenen WE-Meldung der Polizeiinspektion E., der Strafanzeige nebst Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. März 2020, der Zeugenvernehmungen der POK’in G. und des PK H. vom 10. März 2020 sowie auf die Ausführungen des PHK F. vom 9. März 2020 über die Angaben des Antragstellers zum Sachverhalt; außerdem gab die Antragsgegnerin den Inhalt der Zeugenvernehmung des I. vom 16. März 2020 sowie der schriftlichen Einlassung des J. vom 30. März 2020 wieder. 13 Aufgrund der genannten Vorfälle sei die Entlassung des Antragstellers wegen begründeter Zweifel an seiner Eignung für den Polizeiberuf zwingend. Da er im Vorbereitungsdienst ausschließlich für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten ausgebildet werde, für den er sich als charakterlich ungeeignet erwiesen habe, greife die Vorschrift des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG, wonach Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden solle, vorliegend nicht ein. Die Entlassung sei auch verhältnismäßig. Angesichts der für den Polizeiberuf gezeigten charakterlichen Ungeeignetheit im Zusammenhang mit der massiven Beleidigung der eingesetzten Polizeibeamten, der damit einhergehenden Unterstellung rechten Gedankenguts, der Sachbeschädigung, des wiederholten Missbrauchs von Notrufen sowie des gezeigten aggressiven Verhaltens sei ein milderes Mittel als die Entlassung nicht denkbar. Da das Interesse des Antragstellers an einer weiteren Verwendung in dem Beruf, für den er sich als charakterlich ungeeignet erwiesen habe, gegenüber dem Interesse des Dienstherrn, nur solche Polizeikommissaranwärter zum Polizeikommissar zu ernennen und in das Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen, die dazu auch charakterlich geeignet seien, zurückstehe, sei die Entlassung auch angemessen. 14 Gegen diese Verfügung hat der Antragsteller am 23. Juni 2020 bei dem Verwaltungsgericht Göttingen unter dem Aktenzeichen 3 A 138/20 Klage erhoben und dort am 1. Juli 2020 um die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nachgesucht. Zur Begründung seines Eilantrags hat er ausgeführt, die Antragsgegnerin sei in ihrer Entlassungsverfügung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Soweit sie auf den Verdacht des wiederholten Missbrauchs von Notrufen abgehoben habe, habe ein solcher zu keinem Zeitpunkt bestanden und sei - wie sich aus dem in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Braunschweig befindlichen zusammenfassenden Vermerk vom 30. April 2020 ergebe - auch nicht Gegenstand der Ermittlungen gewesen. Aus diesem Vermerk folge zudem, dass hinsichtlich der Sachbeschädigung kein Strafantrag gestellt worden sei; die Sachbeschädigung sei jedoch gemäß § 303c des Strafgesetzbuches (StGB) ein Antragsdelikt, so dass hier ebenfalls kein strafrechtlich relevanter Vorwurf vorliege. Insofern verbleibe es allein beim strafrechtlichen Vorwurf der Beleidigung; hier seien Strafanträge gestellt worden. Zudem habe die Antragsgegnerin die Entlassungsverfügung nicht hinreichend begründet. Es werde nur allgemein davon gesprochen, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller für charakterlich ungeeignet für die Ausübung des Polizeiberufs halte; aus welchem Grunde dies der Fall sein solle, werde nicht erläutert. 15 Ungeachtet dessen habe die Antragsgegnerin allein auf die Geschehnisse vom 7. März 2020 abgestellt, ohne das weitere Verhalten des Antragstellers zu berücksichtigen. Sein Verhalten im Dienst sei ohne jeden Tadel gewesen. Auch habe er sich direkt am Morgen nach den Geschehnissen bei PHK F. gemeldet und diesem sein Fehlverhalten „gebeichtet“; außerdem habe er unmittelbar nach dem Vorfall Kontakt zu den beiden beteiligten Polizeibeamten gesucht, um sich zu entschuldigen. Hieraus sei erkennbar, dass der Antragsteller sein Fehlverhalten eingesehen habe. Es habe sich hier offenkundig um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt; ein solches rechtfertige noch nicht die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf. Dass eine Wiederholungsgefahr bestehe, habe die Antragsgegnerin in ihrer Entscheidung nicht bejaht; eine Wiederholungsgefahr sei angesichts der Reumütigkeit des Antragstellers auch ausgeschlossen. 16 Die Antragsgegnerin ist dem Eilantrag entgegengetreten. Sie sei bei ihrer Entlassungsentscheidung weder von einem unrichtigen noch von einem unvollständig festgestellten Sachverhalt ausgegangen. Sie habe ihre Entlassung auf den Verdacht der Sachbeschädigung, der Beleidigung sowie des wiederholten Missbrauchs von Notrufen gestützt. Der Antragsteller habe am 7. März 2020 gegen 01:20 Uhr in E., K., Höhe Hausnummer 4, mit dem beschuhten Fuß gegen die Beifahrertür des Pkw des Herrn J. getreten und diese dadurch beschädigt. Der Antragsteller habe sich dabei derart aggressiv und provokant gegenüber den Zeugen J. und I. gezeigt, dass beide befürchteten, er werde eine Waffe ziehen, als er ihnen angeboten habe, durch einen Ausweis seine Zugehörigkeit zur Polizei zu beweisen. Mit diesem Nachweis sowie dem Angebot an den Zeugen J., den Schaden am Auto vor Ort finanziell zu begleichen, habe der Antragsteller offensichtlich das Einschreiten der Polizei verhindern wollen. Den Zeugen J. habe der Antragsteller mit „Nazi“ betitelt und ihn auf Russisch beleidigt mit den übersetzten Worten „Ich fick Dich ins Maul, Schlampe!“. Gegenüber den vom Zeugen J. über Notruf angeforderten Polizeibeamten habe sich der Antragsteller ebenfalls ausgesprochen aggressiv, provokant und distanzlos verhalten. Er habe sie im Beisein der Zeugen J. und I. als „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ bezeichnet, nachdem er ihnen mit den Worten „Das macht ihr doch nur, weil ich ein Ausländer bin“, vorgeworfen hatte, ihm keine Hilfe gewähren zu wollen. Der Antragsteller habe auch - nachdem POK’in G. und PK H. den Ort verlassen hatten - zwei weitere Male den Notruf betätigt mit der Bitte, einen anderen Streifenwagen kommen zu lassen, weil die eingesetzten Beamten den Vorfall nicht objektiv aufgenommen hätten. Die in der Folge entsandten zwei Streifenwagen hätten jeweils den Antragsteller, seine Ehefrau und den Bekannten, Herrn L., angetroffen; dem Antragsteller sei es bei beiden Malen nur um die Suche nach dem verlorenen Wohnungsschlüssel und nicht um die von ihm verursachte Sachbeschädigung gegangen. 17 Insbesondere aufgrund der Schwere der begangenen Tathandlungen am 7. März 2020 habe der Antragsteller das für einen Polizeibeamten erforderliche Vertrauen seines Dienstherrn und der Öffentlichkeit unwiederbringlich zerstört. Die Kernpflichten eines Polizeibeamten bestünden darin, Straftaten zu verhüten, zu verfolgen und aufzuklären. Damit verbiete es sich für einen Polizeibeamten, das Eigentum anderer zu beschädigen, polizeiliche Maßnahmen nicht zu akzeptieren, den eigenen Migrationshintergrund argumentativ für sich einzusetzen, Zeugen sowie Kollegen in der Öffentlichkeit massiv zu beleidigen und grundlos den polizeilichen Notruf zu betätigen und dadurch die Polizei grundlos zu beschäftigen. Der Tritt des Antragstellers in die Beifahrertür des Pkw des Herrn J., sein weiteres gegenüber dem Geschädigten und dessen Beifahrer, dem Zeugen I., gezeigtes aggressives Verhalten und sein provokatives, distanzloses, immer wieder in die Sachverhaltsaufnahme eingreifendes Verhalten gegenüber den eingesetzten Beamten deute auf ein außerordentlich hohes und unberechenbares Aggressions- und Gewaltpotential des Antragstellers hin, das seine charakterliche Eignung für den Polizeiberuf ausschließe. Künftige Kollegen öffentlich als „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ zu bezeichnen und damit deren rechtmäßiges Handeln dem Handeln von Polizisten eines Willkür- und Unrechtsstaates gleichzustellen sowie den eingesetzten Polizeibeamten rechtes Gedankengut zu unterstellen, bekräftige diese Bewertung. Zudem zeige die wiederholte grundlose Notrufbetätigung den fehlenden Respekt des Antragstellers sowohl gegenüber den polizeilichen Einsatzkräften als auch gegenüber den tatsächlich in Not geratenen Personen, denen er durch seine Anrufe den Notruf blockiert habe. Dass gegen den Antragsteller weder wegen Sachbeschädigung noch wegen wiederholten Missbrauchs von Notrufen strafrechtlich ermittelt worden sei, stehe dieser Bewertung nicht entgegen; die Antragsgegnerin sei in ihrer Entlassungsverfügung auch nicht von einem gegen den Antragsteller geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und wiederholten Missbrauch von Notrufen ausgegangen. 18 Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei sein außerdienstliches Fehlverhalten am 7. März 2020 nicht als ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten, sondern als persönlichkeitsimmanent zu werten. Die Art und Weise, die Dauer und die Intensität des Fehlverhaltens belegten, dass der Antragsteller ein aggressives, respektloses und beleidigendes Grundverhalten besitze, das in ähnlich gelagerten Situationen immer wieder zu Tage treten werde. Ungeachtet dessen könnten auch aus einem einmaligen Fehlverhalten begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung abgleitet werden, wenn dieses einmalige Fehlverhalten die charakterlichen Mängel des Betroffenen hinreichend deutlich zu Tage treten lasse. Dies sei hier der Fall. 19 Mit Beschluss vom 14. August 2020 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers zum Aktenzeichen 3 A 138/20 gegen die Entlassungsverfügung vom 5. Juni 2020 wiederhergestellt. Die Entlassungsverfügung erweise sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig. 20 Aus der angefochtenen Verfügung ergebe sich nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, von welchem Sachverhalt die Antragsgegnerin ausgegangen sei. Die Verfügung beschränke sich nach einer kurzen Einleitung dahingehend, dass gegen den Antragsteller der Verdacht der Sachbeschädigung und der Beleidigung sowie der Verdacht des wiederholten Missbrauchs von Notrufen bestehe, auf die über fünf Seiten lange Wiedergabe des Sachverhalts anhand dienstlicher Meldungen, anderer Berichte, Zeugenaussagen und Stellungnahmen Dritter. Nach der berichtsartigen, ohne eigene Einordnung und Wertung der Antragsgegnerin erfolgten Wiedergabe des Sachstands im Zeitpunkt des Verfügungserlasses erfolge angesichts der teilweise voneinander abweichenden Schilderungen - z. B. wer den Wagen des Zeugen J. angehalten habe, der Antragsteller oder sein Bekannter, Herr L. - nicht die erforderliche Klarstellung, von welchem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt die Antragsgegnerin ausgehe. Es werde nicht dargelegt, welche Verhaltensweisen des Antragstellers im Einzelnen begründete Zweifel an seiner Eignung für den Polizeiberuf rechtfertigen sollten; der Hinweis auf die „genannten Vorfälle“, deren Schilderungen teilweise nicht übereinstimmten, reiche insoweit nicht aus. 21 Auch die Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit fassten das Geschehen ohne Zuordnung zum konkreten Verhalten des Antragstellers lediglich abstrakt zusammen. Die Erwägung, ihm sei nicht die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes zugeben, weil er sich als charakterlich ungeeignet für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten erwiesen habe, gebe lediglich formelhaft den Gesetzeswortlaut wieder. Ohne nachvollziehbare Begründung bleibe es dem Antragsteller gleichsam selbst überlassen, aus dem Konglomerat der aneinandergefügten Stellungnahmen, Berichte und Vernehmungen „herauszusuchen“, was aus Sicht der Antragsgegnerin dazu geführt haben könnte, ihm die charakterliche Eignung für den Polizeiberuf abzusprechen. 22 Zwar könne die „gleichsam lehrbuchmäßige Subsumtion und Abwägung“ in der Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2020 die in der maßgeblichen Verfügung fehlende Begründung ersetzen. Allerdings fehlten auch dort Ausführungen der Antragsgegnerin dahingehend, warum - obwohl es sich im Streitfall augenscheinlich lediglich um ein einmaliges außerdienstliches Fehlverhalten des Antragstellers handle - gleichwohl eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf in Betracht komme. Denn bei einem solchen einmaligen außerdienstlichen Fehlverhalten gälten nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (Beschluss vom 17.12.2010 - 5 ME 168/10 -, juris Rn. 8) besondere Anforderungen. So hätte die Antragsgegnerin vorher klären müssen, ob es sich nicht nur um ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Fehlverhalten des Antragstellers gehandelt habe; nach der genannten Rechtsprechung solle weiterhin nicht unbeachtet bleiben, wenn der Betreffende versuche, die Sache aus der Welt zu schaffen. Auch die Frage, ob es innerhalb des Dienstes während der Ausbildung Anzeichen gegeben habe, die auf eine mangelnde charakterliche Eignung schließen ließen, solle nach der zitierten Entscheidung Berücksichtigung finden. Keiner dieser Aspekte sei vorliegend jedoch von der Antragsgegnerin in den Blick genommen worden. Nach alledem fehle der Verfügung die sachgerechte Grundlage für die Ermessensabwägung. Überdies bestünden Zweifel daran, ob sich die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung überhaupt bewusst gewesen sei, dass sie eine Ermessensentscheidung treffe. 23 Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, der der Antragsteller entgegentritt. II. 24 Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Die von ihr in ihren Beschwerdebegründungen vom 8. September 2020 und vom 10. September 2020 dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), rechtfertigen die begehrte Änderung der angegriffenen Entscheidung. 25 1. Rechtsgrundlage der Entlassungsverfügung ist § 23 Abs. 4 BeamtStG. Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG kann ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden; die Entlassung ist also grundsätzlich in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt. Die fehlerfreie Ausübung des Ermessens erfordert vor allem, dass die Entlassung aus einem sachlichen Grund erfolgt, wobei grundsätzlich jeder sachliche Grund ausreicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.1959 - BVerwG 6 C 70.50 -, BVerwGE 10, 75, 79; Urteil vom 9.6.1981 - BVerwG 2 C 48.78 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 3.6.2004 - BVerwG 2 B 52.03 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2009 - 5 ME 25/09 -, juris Rn. 8; Beschluss vom 3.6.2014 - 5 ME 72/14 -). Als sachlicher Grund in diesem Sinne kommen einerseits Umstände in Betracht, die in der Person des Beamten liegen - etwa unzureichende fachliche Leistungen, fehlende gesundheitliche Leistung oder sonst fehlende persönliche Eignung für das Beamtenverhältnis -; andererseits können auch in der Sphäre der Verwaltung liegende Umstände einen sachlichen Grund darstellen, etwa Sparmaßnahmen, Wegfall des Bedarfs durch Organisationsänderungen bei Wegfall von Aufgaben o. ä. (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.12.1953 - BVerwG 2 C 21.53 -, BVerwGE 1, 57, 58; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, Stand: September 2020, Bd. 1, § 23 BeamtStG Rn. 9 in Verbindung mit § 37 BBG Rn. 7). Im Hinblick auf die in der Person des Beamten liegenden Umstände genügen bereits berechtigte Zweifel an der mangelnden fachlichen oder persönlichen Eignung des Betreffenden für sein Amt, um einen sachlichen Grund zu bejahen; die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist also nicht von dem Nachweis eines konkreten Dienstvergehens abhängig (BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2009, a. a. O., Rn. 8). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Eignung nicht nur an den Anforderungen des Vorbereitungsdienstes, sondern auch an denen der angestrebten Laufbahn zu messen ist (BVerwG, Urteil vom 17.12.1959, a. a. O., Bay. VGH, Beschluss vom 12.12.2011 - 3 CS 11.2397 -, juris Rn. 34). 26 Hinsichtlich der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst beschränkt § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG das Ermessen des Dienstherrn zusätzlich dahin, dass die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll. Dementsprechend ist die Entlassung eines Widerrufsbeamten im Vorbereitungsdienst nur aus Gründen statthaft, die mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Einklang stehen (BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998 - 5 M 5562/97 -, juris Rn. 6), womit Gründe im Bereich der Verwaltung wie Organisationsänderungen etc. in dieser Fallkonstellation als Entlassungsgründe ausscheiden (Lemhöfer, a. a. O., § 37 BBG Rn. 11); zulässig sind vielmehr lediglich Gründe, nach denen ernstliche Zweifel daran bestehen, dass der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes, nämlich den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Laufbahn, erreichen kann (Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998, a. a. O., Rn. 6; Beschluss vom 28.9.2007 - 5 ME 265/07 -, juris Rn. 18). Diese Voraussetzung ist insbesondere dann erfüllt, wenn der Beamte unzulängliche Leistungen erbringt oder begründete Zweifel an seiner persönlichen Eignung bestehen (Nds. OVG, Beschluss vom 23.1.1998, a. a. O., Rn. 6); außerdem ist die Entlassung eines Widerrufsbeamten im Vorbereitungsdienst nur unter der weiteren Einschränkung rechtmäßig, dass ernsthafte Zweifel an der Eignung nicht nur mit Blick auf die Anforderungen eines dem Beamten zu übertragenen Amtes bestehen, sondern auch und in erster Linie gemessen an den Anforderungen zum einen des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf und zum anderen des angestrebten Berufes insgesamt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.1.1981, a. a. O., Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 28.9.2007, a. a. O., Rn. 18). 27 Dabei ist die verwaltungsgerichtliche Kontrolldichte hinsichtlich der Frage, ob der Dienstherr von berechtigten Zweifeln an der Eignung eines Widerrufsbeamten ausgehen konnte, eine eingeschränkte. Während der den angenommenen Zweifeln von dem Dienstherrn zugrunde gelegte Sachverhalt von den Verwaltungsgerichten in vollem Umfang auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft werden kann, ist die Kontrolle im Übrigen darauf beschränkt, ob der Dienstherr den Rechtsbegriff der Eignung verkannt oder ob er bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (Nds. OVG, Beschuss vom 7.4.2009, a. a. O., Rn. 9; Beschluss vom 17.12.2010 - 5 ME 268/10 -, juris Rn. 7). Maßgebend für die Prüfung der Rechtmäßigkeit in diesem Sinne ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung - hier also im Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Entlassungsverfügung (5. Juni 2020) -; es kommt auf die zu diesem Zeitpunkt dem Dienstherrn zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel an (BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 28; Nds. OVG, Beschluss vom 7.4.2009, a. a. O., Rn. 9). 28 2. In Anwendung dieser Grundsätze vermag der beschließende Senat der Feststellung des Verwaltungsgerichts, die angegriffene Entlassungsverfügung sei bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung offensichtlich rechtswidrig, nicht beizutreten. Der Senat ist vielmehr der Auffassung, dass sich die Entlassungsverfügung der Antragsgegnerin bei summarischer Überprüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist, so dass für die vom Antragsteller begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage zum Aktenzeichen 3 A 138/20 kein Raum ist. 29 a) Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, es sei nicht mit der erforderlichen Klarheit/Eindeutigkeit erkennbar, welchen Sachverhalt die Antragsgegnerin ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe, folgt der Senat nicht. 30 aa) Die Antragsgegnerin hat vielmehr bereits in der angefochtenen Verfügung ausdrücklich erklärt, nach seinerzeitigem Kenntnisstand bestehe der begründete Verdacht der Sachbeschädigung, der Beleidigung und des wiederholten Missbrauchs von Notrufen durch den Antragsteller (Entlassungsverfügung, S. 1/unten und S. 2/oben). Welche tatsächlichen Verhaltensweisen des Antragstellers die Antragsgegnerin dabei zugrunde gelegt hat, geht ebenfalls eindeutig aus der angegriffenen Verfügung hervor, die zur weiteren Begründung den Inhalt der WE-Meldung der Polizeiinspektion E., der Strafanzeige nebst Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. Oktober 2020, der Zeugenvernehmungen der POK’in G. und des PK H. vom 10. März 2020, der Vernehmung des Zeugen I. vom 16. März 2020, der schriftlichen Einlassung des Zeugen J. vom 30. März 2020 sowie den Inhalt der Stellungnahme des PHK F. vom 9. März 2020 über die Angaben des Antragstellers zum Sachverhalt umfänglich wiedergibt. 31 Danach hat der Antragsteller in der Nacht des 7. März 2020 gegen 01:20 Uhr gegen die Tür des Pkw des Zeugen J. getreten und hierdurch Lackkratzer verursacht. Diesem Vorgang war vorangegangen, dass der Antragsteller in Begleitung seiner Ehefrau und des Herrn L. nach einer „Kneipentour“ per Taxi zu dessen Wohnung in der M.-Straße K. gefahren war, um dort zu übernachten, der Wohnungsschlüssel des Zeugen L. aber nicht hatte aufgefunden werden können und der Antragsteller den Schlüssel sodann im Taxi suchen wollte. Im dem Glauben, bei dem Pkw des Zeugen J., der gerade seinen Bekannten, den Zeugen I., in der Straße K. abgesetzt hatte, handele es sich um das Taxi, hatte der Antragsteller den Zeugen J. zunächst durch das Beifahrerfenster seines Pkw auf den Schlüssel angesprochen und sodann, nachdem der Zeuge J. erklärt hatte, den Schlüssel nicht zu haben, gegen die Beifahrertür des Pkw getreten. Dieses Kerngeschehen ist den von der Antragsgegnerin wiedergegebenen Unterlagen ohne Weiteres zu entnehmen. Dass die wiedergegebenen Schilderungen in einzelnen Details voneinander abweichen - so heißt es etwa in der (kurzen) WE-Meldung, dass der Antragsteller das Fahrzeug des Zeugen J. angehalten habe, während der Zeuge J. in der Nacht des Vorfalles gegenüber den Einsatzbeamten erklärt hat, der Zeuge L. habe sein Fahrzeug angehalten -, führt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht dazu, dass der Sachverhalt, auf den die Antragsgegnerin den Sachbeschädigungsverdacht stützt, unklar wäre, zumal der Antragsteller selbst gegenüber PHK F. eingeräumt hat, gegen die Tür des Fahrzeugs des Zeugen J. getreten zu haben. 32 Aus den von der Antragsgegnerin in der angegriffenen Verfügung wiedergegebenen Berichten, Aussagen und Stellungnahmen einschließlich der Stellungnahme des PHK F. über die Angaben des Antragstellers geht ferner eindeutig und übereinstimmend hervor, dass der seinerzeit deutlich alkoholisiert und sehr aufgebracht agierende Antragsteller die zum Einsatzort der Sachbeschädigung hinzugerufenen Polizeibeamten POK’in G. und PK H. mit den Worten „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ tituliert hat. Auch ergibt sich aus den insoweit übereinstimmenden Schilderungen der Zeugen I. und J. zu den Geschehnissen bis zum Eintreffen der Polizeibeamten der Vorhalt, dass der Antragsteller auf sie einen immer aggressiver werdenden Eindruck gemacht habe und auch den beiden Zeugen gegenüber die Begriffe „Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“ geäußert habe; außerdem habe der Antragsteller in Bezug auf den Zeugen J. in russischer Sprache eine Aussage getätigt, bei der es sich übersetzt um die Worte „Ich fick dich ins Maul, Schlampe“ gehandelt habe. 33 Schließlich lässt sich dem Einsatzbericht der POK’in G. vom 7. März 2020 und ihrer Zeugenvernehmung vom 10. März 2020 eindeutig der weitere Vorhalt entnehmen, der Antragsteller habe - nachdem POK’in G. und PK H. den Einsatzort verlassen hatten - den Polizeinotruf gewählt, dort mitgeteilt, gerade von der Polizei bedroht worden zu sein und gefordert, die Polizei solle nochmals vor Ort erscheinen. Etwas später habe der Antragsteller nochmals den Notruf gewählt und eine andere Streifenbesatzung eingefordert. Letztlich seien in der Folge zwei Funkstreifenbesatzungen zur Örtlichkeit entsandt worden, die den Antragsteller gemeinsam mit seiner Ehefrau und Herrn L. angetroffen hätten; dem Antragsteller sei es in diesem Moment lediglich um die Wohnungsschlüssel gegangen, nicht um die von ihm verursachte Sachbeschädigung. Der Antragsteller hat im Übrigen gegenüber PHK F. auch eingeräumt, „nochmals die Polizei gerufen“ zu haben. 34 bb) Die Antragsgegnerin hat den ihrer Entlassungsverfügung zugrunde liegenden - auf den in der angegriffenen Verfügung im Einzelnen wiedergegebenen Berichten, Aussagen und Stellungnahmen beruhenden - Kernsachverhalt zudem in ihrer Antragserwiderung vom 6. Juli 2020 in zulässiger Weise wie folgt präzisiert (S. 3 [Bl. 59/GA]): 35 „Die Antragsgegnerin hat die Entlassung mit dem Verdacht der Sachbeschädigung und der Beleidigung sowie des wiederholten Missbrauchs von Notrufen begründet. 36 Der Antragsteller trat am 07.03.2020 gegen 01:20 Uhr in E., N. Höhe Hausnummer O., mit dem beschuhten Fuß gegen die Beifahrertür des Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen P. des Herrn J. und beschädigte dieses dadurch. Er zeigte sich dabei derart aggressiv und provokant gegenüber den Zeugen J. und seinem Beifahrer, Herrn I., dass beide befürchteten, er würde eine Waffe ziehen, als er ihnen anbot, ihnen durch einen Ausweis seine Zugehörigkeit zur Polizei zu beweisen. Mit diesem Nachweis sowie mit seinem Angebot an den Zeugen J., den Schaden am Auto vor Ort zu finanziell begleichen zu wollen, wollte er offensichtlich das Einschreiten der Polizei verhindern. Den Zeugen J. betitelte er mit 'Nazi' und beleidigte ihn auf Russisch mit den übersetzten Worten 'Ich fick Dich ins Maul, Schlampe!'. Gegenüber den von dem Zeugen J. über Notruf angeforderten Polizeibeamten, Frau POK’in G. und Herrn PK H., zeigte sich der Antragsteller ebenfalls ausgesprochen aggressiv, provokant und distanzlos. Er bezeichnete sie im Beisein der Zeugen J. und I. als 'Nazis' und 'Scheiß-Faschisten', nachdem er ihnen mit den Worten 'Das macht ihr doch nur, weil ich ein Ausländer bin' vorgeworfen hatte, ihm keine Hilfe gewähren zu wollen. 37 Nachdem die eingesetzten Polizeibeamten, Frau POK’in G. und Herr PK H., den Tatort verlassen hatten, rief der Antragsteller zwei weitere Male über Notruf unter Angabe des Namens seines Bekannten, Herrn L., die polizeiliche Einsatzstelle mit der Bitte an, einen anderen Streifenwagen kommen zu lassen, da die eingesetzten Beamten den Vorfall nicht objektiv aufgenommen hätten. Die in der Folge entsandten zwei Funkstreifenwagenbesatzungen trafen jeweils den Antragsteller mit seiner Ehefrau und seinem Bekannten, Herrn L., an. Dem Antragsteller ging es bei beiden Malen nur um die Suche nach dem verlorenen Wohnungsschlüssel und nicht um die von ihm verursachte Sachbeschädigung“. 38 Mit diesen Ausführungen ist noch einmal ausdrücklich klargestellt worden, dass dem Antragsteller eine Sachbeschädigung durch einen Fußtritt in die Beifahrertür des Zeugen J., ein aggressives und provokantes Auftreten gegenüber den Zeugen J. und I., Beleidigungen gegenüber den Zeugen J. und I. („Nazis“ sowie „Ich fick Dich ins Maul, Schlampe!“), sein aggressives, provozierendes und distanzloses Verhalten gegenüber den zur Sachverhaltsaufklärung in Bezug auf die Sachbeschädigung herbeigerufenen Polizeibeamten, deren Beleidigung in der Öffentlichkeit („Nazis“ und „Scheiß-Faschisten“) nebst der Unterstellung, ihm als „Ausländer“ keine Hilfe angedeihen lassen zu wollen, und schließlich in der Folge die wiederholte grundlose und damit missbräuchliche Benutzung des Notrufs vorgeworfen wurde. 39 b) Dass der Antragsgegnerin infolge des festgestellten Sachverhalts berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf erwachsen sind, begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. 40 Die charakterliche Eignung ist ein Unterfall der persönlichen Eignung. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Betreffende der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - BVerwG 2 B 18.16 -, juris 26). Von den Polizeivollzugsbeamten ist in diesem Sinne eine gewisse soziale Kompetenz zu erwarten; es wird von ihnen verlangt, zugleich einerseits deeskalierend und andererseits die polizeilichen Ziele verfolgend auf andere Menschen einzuwirken (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 7.2.2009 - 5 ME 25/09 -, juris Rn. 32). 41 aa) Indem die Antragsgegnerin in ihrer Entlassungsverfügung (S. 7) mit der „massiven Beleidigung eingesetzter Polizeibeamter und der damit einhergehenden Unterstellung rechten Gedankenguts durch den Antragsteller“, mit der „Sachbeschädigung fremden Eigentums“, dem „wiederholten Missbrauch von Notrufen“ sowie dem „gezeigten aggressiven Verhalten des Antragstellers“ argumentiert, hat sie ihm bei verständiger Würdigung die erforderliche Loyalität, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Deeskalation abgesprochen und ihm eine unzureichende Dienstauffassung und ein fehlendes Bekenntnis zur Rolle der Polizei im demokratischen Rechtsstaat und damit ein gravierendes Defizit in Bezug auf die Grundvoraussetzungen polizeilicher Aufgabenwahrnehmung vorgehalten. Hiergegen ist - unter Berücksichtigung der insoweit eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit (s. o.) - beschwerdegerichtlich nichts zu erinnern. 42 bb) Die Antragsgegnerin hat ihre diesbezüglichen Erwägungen zudem in ihrer Antragserwiderung vom 6. Juli 2020 wie folgt präzisiert (S. 3f. [Bl. 59f./GA]): 43 „Insbesondere aufgrund der Schwere der begangenen Tathandlungen am 07.03.2020 hat der Antragsteller das für einen Polizeibeamten erforderliche Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit unwiederbringlich zerstört. Kernpflichten eines Polizeibeamten sind es, Straftaten zu verhüten, zu verfolgen und aufzuklären. Damit verbietet es sich für einen Polizeibeamten, das Eigentum anderer zu beschädigen, polizeiliche Maßnahmen nicht zu akzeptieren, den eigenen Migrationshintergrund argumentativ für sich einzusetzen, Zeugen sowie Kolleginnen und Kollegen in der Öffentlichkeit massiv zu beleidigen und grundlos den polizeilichen Notruf zu betätigen und dadurch die Polizei grundlos zu beschäftigen. Sein Tritt in die Beifahrertür des Pkw von Herrn J., sein weiteres, gegenüber dem Geschädigten von seinem Beifahrer, Herrn I., gegenüber Herrn PK H. bestätigtes (s. Bl. 33, 24 d. Verwaltungsvorgangs) gezeigtes aggressives Verhalten und sein provokatives und distanzloses, immer wieder in die Sachverhaltsaufnahme eingreifendes Verhalten gegenüber den eingesetzten Beamten deutet auf ein außerordentlich hohes und unberechenbares Aggressions- und Gewaltpotential des Antragstellers hin, das sich für einen künftigen Polizeivollzugsbeamten ausschließt. Künftige Kollegen öffentlich als 'Nazis' und 'Scheiß-Faschisten' zu bezeichnen und damit [deren] rechtmäßiges Handeln dem Handeln von Polizistinnen und Polizisten eines Willkür- und Unrechtsstaates gleichzusetzen und den eingesetzten Polizeibeamten rechtes Gedankengut zu unterstellen, bekräftigt im Lichte der deutschen Vergangenheit und der heutigen Rolle der Polizei als Exekutive eines demokratischen und sozialen Bundesstaates, der Bundesrepublik Deutschland, diese Bewertung. Ein solches Verhalten ist regelmäßig Ausdruck des Versagens in einem für das Amt zentralen Kernbereich und disqualifiziert den Antragsteller für eine mögliche Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. 44 Gleiches gilt für seinen wiederholten grundlosen Anruf bei der polizeilichen Einsatzstelle über Notruf, der den Einsatz von zwei Streifenwagenbesatzungen veranlasste, da dieses Verhalten sein fehlendes Verständnis für diesen Anschluss für Notlagen und seinen fehlenden Respekt sowohl gegenüber den polizeilichen Einsatzkräften als auch gegenüber tatsächlich in Not geratenen Personen, denen er durch seine Anrufe den Notruf blockiert, zeigt.“ 45 Mit diesen Ausführungen hat die Antragsgegnerin in zulässiger Weise vertieft, warum sie aus dem festgestellten Sachverhalt auf die fehlende charakterliche Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf geschlossen hat. 46 cc) Der beschließende Senat teilt auch nicht die Sichtweise des Verwaltungsgerichts (UA, S. 4f.), dass sich die Annahme der fehlenden charakterlichen Eignung des Antragstellers als rechtswidrig erweise, weil die angegriffene Verfügung vom 5. Juni 2020 keine Ausführungen zum Gesichtspunkt des einmaligen außerdienstlichen Fehlverhaltens und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Beschwerdegerichts (Nds. OVG, Beschluss vom 17.12.2010, a. a. O., Rn. 8) enthalte. 47 Wie die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 8. September 2020 (S. 3 [Bl. 106/GA]) zutreffend hervorgehoben hat, können begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung bereits aus einem einmaligen Fehlverhalten des Betreffenden abgeleitet werden, wenn dieses Fehlverhalten die charakterlichen Mängel des Betreffenden hinreichend deutlich zu Tage treten lässt (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016 - BVerwG 2 B 17.16 -, juris Rn. 10). Hiervon ist die Antragsgegnerin bei verständiger Würdigung ihrer Entlassungsverfügung ausgegangen, indem sie auf eine „massive Beleidigung eingesetzter Polizeibeamter und der damit einhergehenden Unterstellung rechten Gedankenguts“, den „wiederholten Missbrauch von Notrufen“ sowie das „gezeigte aggressive Verhalten“ abgestellt hat. Die hierin zum Ausdruck kommende Einschätzung, das gesamte Verhalten des Antragstellers am 7. März 2020 lasse seine charakterlichen Mängel derart hinreichend deutlich zu Tage treten, dass bereits aus diesem Verhalten begründete Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf abzuleiten sind, lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Wer - wie der Antragsteller - als Polizeianwärter aus Wut oder Frust das Eigentum Dritter schädigt, sodann gegenüber denjenigen Polizeibeamten, die zur Klärung des Sachverhalts herbeigerufen werden, ein höchst aggressives Verhalten zeigt, das darin gipfelt, diese als Repräsentanten eines Unrechtsstaates zu verunglimpfen, und sodann ohne Einsicht in dieses Verhalten und ohne Notwendigkeit durch Betätigung des Polizeinotrufs zwei weitere Polizeieinsätze herbeiführt, offenbart einen derart offenkundigen Mangel an Respekt gegenüber der polizeilichen Aufgabenerfüllung und der hierzu berufenen Polizeibeamten, dass die Annahme einer fehlenden charakterlichen Eignung ohne weiteres nachvollziehbar ist. Soweit das Verwaltungsgericht den Ausführungen im Beschluss des Senats vom 17. Dezember 2010 (a. a. O., Rn. 8) den Rechtssatz entnimmt, ein einmaliges schwerwiegendes außerdienstliches Fehlverhalten könne die Annahme der fehlenden charakterlichen Eignung nicht rechtfertigen, wenn es sich insoweit um ein persönlichkeitsfremdes handle, wird an diesem Rechtssatz angesichts der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016, a. a. O., Rn. 10) nicht mehr festgehalten (zu diesem Rechtssatz eher kritisch, ohne dass es im Rahmen der dortigen Nichtzulassungsbeschwerde hierauf angekommen ist, auch BVerwG, Beschluss vom 20.7.2016, a. a. O., Rn. 8). 48 Ungeachtet dessen hat die Antragsgegnerin ihre bereits in der angegriffenen Verfügung bei verständiger Würdigung zum Ausdruck gebrachte Einschätzung - der Antragsteller offenbare einen derart offenkundigen Mangel an Respekt gegenüber der polizeilichen Aufgabenerfüllung und den hierzu berufenen Polizeibeamten als innere Ablehnung der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung als solche, dass der Schluss auf seine fehlende charakterliche Eignung geradezu zwingend sei - im Beschwerdeverfahren in zulässiger Weise vertieft. Das von der Antragsgegnerin mit ihrer - innerhalb der maßgeblichen Beschwerdebegründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO erfolgten - ergänzenden Beschwerdebegründung vom 10. September 2020 vorgelegte Protokoll der Anhörung der PKA’in Q. vom 10. September 2020 (Bl. 120 bis 122/GA) stellt ein prozessual zulässiges Nachschieben von Gründen dar. Die prozessuale Zulässigkeit eines solchen Nachschiebens von Gründen ist für Ermessenserwägungen in § 114 Satz 2 VwGO geregelt; diese Vorschrift ist entsprechend anwendbar, wenn - wie hier - ein Beurteilungsspielraum besteht (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 26.10.2010 - 1 M 125/10 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 24.3.2015 - 5 LB 202/13 -; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 20. Auflage 2019, § 45 Rn. 22; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, § 114 Rn. 49; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 114 Rn. 87). Ein Nachschieben von Gründen ist zulässig, wenn die nachträglich vorgebrachten Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsaktes vorlagen, dieser durch sie nicht in seinem Wesen geändert und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.4.1959 - BVerwG 6 C 162.56 -, juris Rn. 22; Urteil vom 15.6.1971 - BVerwG 2 C 17.70 -, juris Rn. 32; Urteil vom 16.6.1997 - BVerwG 3 C 22.96 -, juris Rn. 19; Beschluss vom 15.5.2014 - BVerwG 9 B 57.13 -, juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. 49 PKA’in Q., die in derselben Studiengruppe wie der Antragsteller ausgebildet wird, hat in ihrer Anhörung vom 10. September 2020 auf die Frage, ob sich der Antragsteller ihr oder anderen gegenüber einmal beleidigend oder rassistisch geäußert oder eine Ablehnung von Polizisten zum Ausdruck gebracht habe, Folgendes bekundet (S. 2 [Bl. 121/GA]): 50 „Das ist auch so eine Sache, die mich immer gewundert hat. [Der Antragsteller] hat sehr oft davon berichtet, dass er früher regelmäßig von der Polizei angehalten worden sei, was er immer auf seinen kulturellen Hintergrund zurückführte. Er machte dabei deutlich, dass er eigentlich nichts von der Polizei hält. Da war ich schon verwundert, weil er ja den Beruf selbst ergreifen wollte. Er sagte auch regelmäßig, wenn er vom Dienst gekommen war, dass er das Verhalten der Kollegen der Dienststelle nicht nachvollziehen könne. Er sagte sinngemäß[,] 'dass das alles Spastis seien'.“ 51 Aus diesen Angaben der PKA’in Q., an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln der beschließende Senat keinerlei Anlass hat, über Äußerungen des Antragstellers, die bereits zeitlich vor Erlass der angegriffenen Verfügung erfolgt sind, wird eine ablehnende innere Haltung des Antragstellers gegenüber der Polizei und eine fehlende Akzeptanz gegenüber rechtmäßigem polizeilichen Handeln deutlich, wie sie die Antragsgegnerin in der angegriffenen Verfügung in nicht zu beanstandender Weise beim Antragsteller festgestellt hat. Gleichzeitig bekräftigen diese Äußerungen, dass es sich bei dem vom Antragsteller am 7. März 2020 gezeigten Verhalten nicht um ein „Momentanversagen“ handelt, sondern dass dieses Verhalten Ausdruck einer entsprechenden inneren - nämlich ablehnenden - Einstellung gegenüber der Polizei als Institution war. 52 Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich aus der Schilderung der PKA’in Q. auch nicht, dass der Antragsteller lediglich mit dem Verhalten einzelner Kollegen Probleme hatte (so Beschwerdeerwiderung - BE - vom 22.9.2020, S. 2 [Bl. 140/GA]), sondern enthält mit der Formulierung, der Antragsteller habe deutlich gemacht, dass er eigentlich nichts von der Polizei halte, gerade eine generalisierende Ablehnung der Polizei. 53 c) Anders als das Verwaltungsgericht meint, war der Antragsgegnerin - wie die Ausführungen auf S. 1, S. 7 der Entlassungsverfügung zeigen - auch sehr wohl bewusst, dass es sich bei der Entscheidung gemäß § 23 Abs. 4 BeamtStG um eine Ermessensentscheidung handelt. 54 Das nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG bestehende Ermessen des Dienstherrn erfährt durch § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG eine Einschränkung. Wenn es dort heißt, dass dem Betreffenden die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden soll, so bedeutet dies gemäß der allgemeinen Auslegung von Sollvorschriften, dass der Dienstherr sein Ermessen regelmäßig nicht dahingehend ausüben darf, die Entlassung eines Widerrufsbeamten vor Ableistung des Vorbereitungsdienstes und Ablegen der Prüfung vorzunehmen (Lemhöfer, a. a. O., § 37 BBG Rn. 11). Dies ist in der Rechtsprechung dahin umschrieben worden, die Entlassung eines Widerrufsbeamten während des Vorbereitungsdienstes sei nur aus Gründen statthaft, welche mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Einklang stehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 21). Bestehen ernsthafte Zweifel, dass der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes, nämlich den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Beamtenlaufbahn, erreichen kann - insbesondere, weil er unzulängliche Leistungen erbringt -, so kann er bereits vor Ableistung des Vorbereitungsdienstes und Ablegen der Prüfung aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis entlassen werden; eine Entlassung vor der planmäßigen Beendigung des Vorbereitungsdienstes kann aber auch dann gerechtfertigt sein, wenn begründete Zweifel an der gesundheitlichen oder sonstigen persönlichen Eignung des Betreffenden für die angestrebte Beamtenlaufbahn bestehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.6.1981, a. a. O., Rn. 21), denn dann erscheint die Fortsetzung der Ausbildung nicht mehr sinnvoll. Demgegenüber scheidet eine Entlassung aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis regelmäßig aus, wenn sie auf einen im Bereich der Verwaltung liegenden sachlichen Grund, etwa auf Sparmaßnahmen, gestützt wird. 55 Da die Antragsgegnerin die angefochtene Verfügung in nicht zu beanstandender Weise auf begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf gestützt hat, steht § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG einer vorzeitigen Entlassung des Antragstellers aus dem Widerrufsbeamtenverhältnis nicht entgegen. 56 c) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 57 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 40, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), bemisst sich also nach der Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge, wobei dieser Betrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren ist (Nds. OVG, Beschluss vom 16.12.2010 - 5 ME 268/10 -; Beschluss vom 3.6.2014 - 5 ME 72/14 -; vgl. auch Nds. OVG, Beschluss vom 8.6.2020 - 5 ME 91/20 - sowie Beschluss vom 21.9.2015 - 5 ME 152/15 - [beide zur Halbierung des Streitwertes im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in Bezug auf eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe]). Ausgehend von dem im Zeitpunkt der Einleitung des zweiten Rechtszuges (8. September 2020) maßgeblichen Anwärtergrundbetrag (vgl. Anlage 15 zu § 58 NBesG) in Höhe von 1.269,74 EUR errechnet sich somit ein Streitwert in Höhe von 3.809,22 EUR (6 x 1.269,74 x 0,5). 58 Die Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren war gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen entsprechend zu ändern, weil das Verwaltungsgericht eine Halbierung des Streitwerts mit Blick auf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht vorgenommen hat. 59 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE200004066&psml=bsndprod.psml&max=true
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Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, zu je 1/4. 1Gründe: 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 3Die Berufung ist nicht gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. 4Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Eine auf tatsächliche Verhältnisse gestützte Grundsatzrüge erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. 5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. Juli 2018 - 9 A 2789/17.A -, juris Rn. 4 f. m. w. N. 6Diesen Anforderungen genügt die Antragsbegründung nicht. 7Die Kläger werfen als grundsätzlich klärungsbedürftig die Tatsachenfrage auf, 8ob für eine irakische Familie mit zwei minderjährigen Kindern, wovon eines geistig behindert ist, in der Region Kurdistan Irak eine inländische Fluchtalternative besteht, in der es möglich ist, ein Existenzminimum zu sichern. 9Diese ‑ vom Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung in Bezug auf die Kläger bejahte ‑ Frage nach dem Bestehen einer „inländischen Fluchtalternative“ (vgl. § 3e AsylG) in der Autonomen Region Kurdistan (hier konkret: in der Stadt Dschamdschamal) ist jedoch ‑ auch in Bezug auf den genannten Personenkreis ‑ einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich, weil ihre Beantwortung von einer umfassenden Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls abhängt, bei der neben der allgemeinen Lage an dem Ort, der als interne Schutzmöglichkeit in Betracht kommt, auch individuelle Faktoren des/der Betroffenen zu berücksichtigen sind. Diese individuellen Faktoren können auch bei Familien mit zwei minderjährigen Kindern, wovon eines geistig behindert ist, unterschiedlich sein und deshalb zu jeweils unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Frage des Bestehens internen Schutzes führen. 10Gemäß § 3e Abs. 1 AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2). Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes diese Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG erfüllt, sind sowohl die dortigen allgemeinen Gegebenheiten als auch die persönlichen Umstände des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG). 11Zu den allgemeinen Gegebenheiten zählen insbesondere die wirtschaftlichen und humanitären Verhältnisse einschließlich der Gesundheitsversorgung sowie die Sicherheitslage am Ort des internen Schutzes. Zu persönlichen Umständen des Ausländers (vgl. dazu auch Art. 8 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 4 der Richtlinie 2011/95/EU) zählen etwa Alter, Geschlecht, familiärer und sozialer Hintergrund, eine ggf. bestehende Verfolgungssituation, Gesundheitszustand, finanzielle Situation bezogen auf Vermögen und Erwerbsmöglichkeiten, Leistungen aus Hilfsangeboten für Rückkehrer, bestehende Fähigkeiten, vorhandene Ausbildungen, Berufserfahrung, das Vorhandensein von tragfähigen Beziehungen bzw. Netzwerken am Ort des internen Schutzes, Kenntnisse zumindest einer am Ort des internen Schutzes gesprochenen Sprache sowie ggf. auch die Volks- und Religionszugehörigkeit. 12Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29. November 2019 ‑ A 11 S 2376/19 ‑, juris Rn. 36 f.; OVG S.-A., Beschluss vom 7. Mai 2018 ‑ 3 L 84/18 ‑, juris Rn. 7. 13Namentlich die Frage, ob von einem Ausländer i. S. v. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich an dem betreffenden verfolgungsfreien Ort niederlässt, ob eine Niederlassung dort mithin zumutbar ist, bedarf jeweils einer Prüfung unter umfassender Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und lässt sich grundsätzlich nicht verallgemeinernd beantworten. Das gilt insbesondere für die in diesem Zusammenhang zu beantwortende und von den Klägern angesprochene Frage, ob für die betreffende/n Person/en am Ort des internen Schutzes ein die Gewährleistungen des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh wahrendes Existenzminimum gesichert ist. 14Dass die Region Kurdistan Irak generell nicht als Möglichkeit eines internen Schutzes für Familien mit zwei minderjährigen Kindern, wovon eines geistig behindert ist, in Betracht kommt, legt die Antragsbegründung nicht dar. Die Kläger benennen keine konkreten Erkenntnismittel für ihre mit der Grundsatzfrage (jedenfalls sinngemäß) aufgestellte Behauptung, die Autonome Region Kurdistan stelle für den betreffenden Personenkreis keinen „verfolgungssicheren“ Ort dar, weil eine Rückkehr dorthin wegen der zu erwartenden schlechten Lebensbedingungen mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK verbunden wäre. Aus den in der Antragsbegründung hierfür allein angeführten verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen ergibt sich Derartiges nicht. Weder betreffen diese Entscheidungen den in der Grundsatzfrage benannten Personenkreis noch wird darin die Einschätzung vertreten, dass die Region Kurdistan-Irak generell nicht als interne Schutzmöglichkeit in Betracht käme. Vielmehr beruhen die zitierten Urteile der Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen (Urteil vom 9. August 2018 ‑ 15a K 12458/17.A -, Köln (Urteil vom 2. Mai 2018 ‑ 12 K 13138/17.A -) und Düsseldorf (Urteil vom 24. Oktober 2018 ‑ 16 K 17561/17.A -) jeweils auf einer Einzelfallwürdigung, bei der neben der allgemeinen Lage in der Autonomen Region Kurdistan jeweils auch individuelle Faktoren der jeweiligen Kläger wie Herkunftsregion, örtlicher und familiärer Bezug zur Autonomen Region Kurdistan, (yezidische) Religionszugehörigkeit und individuelle Verfolgungssituation berücksichtigt worden sind. Die Verwaltungsgerichte Gelsenkirchen und Düsseldorf führen in den zitierten Entscheidungen sogar ausdrücklich aus, dass die Autonome Region Kurdistan insbesondere dann als interne Schutzmöglichkeit in Betracht komme, wenn der betreffende Ausländer über verwandtschaftliche und/oder wirtschaftliche Beziehungen zum Autonomiegebiet verfüge (so Verwaltungsgericht Gelsenkirchen) bzw. wenn enge familiäre Kontakte zu dem in Aussicht genommenen Gebiet bestünden und familiäre Unterstützung möglich sei (so Verwaltungsgericht Düsseldorf). 15Nichts anderes hat das Verwaltungsgericht in dem hier angefochtenen Urteil angenommen, indem es maßgeblich darauf abgestellt hat, dass die Kläger ausweislich der von ihnen vorgelegten Personalausweise in Dschamdschamal (Provinz Sulaimaniya) registriert seien und bis zu ihrem Wohnortwechsel nach Kirkuk im Jahr 2013 auch dort gewohnt hätten. Zudem lebe in Dschamdschamal die Familie des Klägers zu 1. Da die Kläger bis zum Jahr 2013 bereits in Dschamdschamal gelebt hätten, sei auch davon auszugehen, dass es dem Kläger zu 1. ebenso wie in Kirkuk gelingen werde, den Lebensunterhalt der Kläger durch Arbeiten auf dem Bau zu sichern. Diese einzelfallbezogene Sachverhaltswürdigung entzieht sich einer grundsätzlichen Klärung. Mit Einwänden gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts könnte im Übrigen auch eine Verfahrensrüge nicht begründet werden. Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sowie Aufklärungsmängel gehören nicht zu den in § 138 VwGO genannten und in § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Bezug genommenen Verfahrensfehlern. 16Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO und § 83b AsylG. 17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt. 1Gründe 2I. 3Die Antragsteller betreiben gastronomische Einrichtungen in Bonn, im Rhein-Sieg-Kreis und in Köln. Sie begehren die vorläufige Außervollzugsetzung von § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 der Zweiten Verordnung (vom 16. Oktober 2020, GV. NRW. S. 978a) zur Änderung der Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO) vom 30. September 2020 (GV. NRW. S. 923). 4§ 15a CoronaSchVO hat den folgenden Wortlaut: 5§ 15a 6Regionale Anpassungen an das Infektionsgeschehen 7(1) Die nach dem Landesrecht für Schutzmaßnahmen nach § 28 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden beobachten mit Unterstützung des Landeszentrums Gesundheit fortlaufend das lokale, regionale und landesweite Infektionsgeschehen. Ein wesentlicher Indikator ist dabei die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von sieben Tagen bezogen auf 100.000 Einwohner (7-Tages-Inzidenz). 8(2) Liegt die 7-Tages-Inzidenz nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit bezogen auf einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt über dem Wert von 35 und ist das Infektionsgeschehen nicht ausschließlich auf bestimmte Einrichtungen o.ä. zurückzuführen und einzugrenzen, stellt der betroffene Kreis oder die kreisfreie Stadt am ersten Werktag, für den der entsprechende Inzidenzwert festgestellt wird, durch Allgemeinverfügung für ihr Gebiet das Erreichen der Gefährdungsstufe 1 fest. Liegt die 7-Tages-Inzidenz nach Satz 1 über dem Wert von 50, stellt der betroffene Kreis oder die kreisfreie Stadt das Erreichen der Gefährdungsstufe 2 fest. Die Feststellungen der Gefährdungsstufen 1 und 2 können erst aufgehoben werden, nachdem die jeweiligen Grenzwerte der 7-Tages-Inzidenz über einen Zeitraum von sieben aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten wurden. Kreise können das Gebiet einzelner Gemeinden von der Feststellung ausdrücklich ausnehmen, wenn dort gesichert ein signifikant geringeres Infektionsgeschehen unterhalb der jeweiligen Grenzwerte festzustellen ist und eine Verbreitung des Infektionsgeschehens in diese Gemeinden – gerade bei Umsetzung der verschärften Schutzmaßnahmen im restlichen Kreisgebiet – ausgeschlossen erscheint. 9(3) Mit der Feststellung der Gefährdungsstufe 1 treten in den jeweiligen Kommunen die folgenden Regelungen in Kraft: 101.              Veranstaltungen und Versammlungen im Sinne der §§ 4, 6, 7, 8, 9 und 13 sowie Kongresse mit mehr als 1.000 Personen sind unzulässig, 112.              abweichend von § 13 Absatz 5 Satz 2 dürfen ab dem 19. Oktober 2020 an Festen höchstens 25 Personen teilnehmen, 123.              abweichend von § 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 1a und 3a besteht die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung auch am Sitz- oder Stehplatz in geschlossenen Räumlichkeiten bei Konzerten und Aufführungen und sonstigen Veranstaltungen und Versammlungen nach § 13 Absatz 1 und 2, soweit dies nicht mit der Tätigkeit (zum Beispiel als Moderator, Vortragender) unvereinbar ist, sowie als Zuschauer von Sportveranstaltungen, 134.              abweichend von § 2b Absatz 1, § 6 Absatz 2, § 7 Absatz 1, § 8 Absatz 1, § 10 Absatz 6 und § 13 Absatz 1 darf das Erfordernis eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen, die nicht zu den in § 1 Absatz 2 genannten Gruppen gehören, nicht durch die Sicherstellung der qualifizierten Rückverfolgbarkeit nach § 2a Absatz 2 ersetzt werden, 145.              die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in öffentlichen Außenbereichen, in denen regelmäßig eine Unterschreitung des Mindestabstands zu erwarten ist (z.B. stark frequentierte Fußgängerzonen); die entsprechenden Bereiche sind in der Allgemeinverfügung nach Absatz 2 festzulegen. 15Soweit die betroffenen Kommunen weitergehende Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens (beispielsweise eine Sperrstunde für gastronomische Einrichtungen) für erforderlich halten, stimmen sie diese mit dem Landeszentrum Gesundheit unter Beteiligung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und mit der zuständigen Bezirksregierung ab und setzen diese um. 16(4) Mit der Feststellung der Gefährdungsstufe 2 treten in den jeweiligen Kommunen die folgenden Regelungen zusätzlich in Kraft: 171.              Veranstaltungen und Versammlungen im Sinne der §§ 4, 6, 7, 8, 9 und 13 sowie Kongresse sind ab dem vierten Tag nach der Feststellung der Gefährdungsstufe mit mehr als 100 Personen unzulässig, wenn nicht drei Tage vor der Veranstaltung ein Konzept nach § 2b bei der zuständigen unteren Gesundheitsbehörde vorgelegt wurde; auch mit einem solchen Konzept sind Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen im Freien oder mehr als 250 Personen in Innenräumen unzulässig, 182.              der Betrieb von gastronomischen Einrichtungen im Sinne von § 14 Absatz 1 und 2 sowie der Verkauf von alkoholischen Getränken sind zwischen 23 Uhr und 6 Uhr unzulässig, 193.              abweichend von § 13 Absatz 5 Satz 2 dürfen ab dem 19. Oktober 2020 an Festen höchstens 10 Personen teilnehmen, 204.              abweichend von § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 5 beträgt die zulässige Gruppengröße höchstens fünf Personen. 21Weitergehende Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens sind, soweit erforderlich – insbesondere bei fortschreitendem Infektionsgeschehen, in Abstimmung mit den in Absatz 3 genannten Stellen anzuordnen. 22(5) Die besonderen Beschränkungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 gelten nicht für Beerdigungen, Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz sowie Veranstaltungen und Versammlungen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -vorsorge (insbesondere politische Veranstaltungen von Parteien einschließlich Aufstellungsversammlungen zu Wahlen und Vorbereitungsversammlungen dazu sowie Blutspendetermine) zu dienen bestimmt. 23(6) Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales kann durch Erlass landeseinheitliche Vorgaben für die nach Absatz 2 und Absatz 3 umzusetzenden zusätzlichen Schutzmaßnahmen festlegen.“ 24Die Antragsteller haben am 19. Oktober 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. 25Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend: Der mit der Regelung verbundene Eingriff in ihre Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht gerechtfertigt. Gastronomische Einrichtungen spielten bei der Verbreitung des Coronavirus nur eine untergeordnete Rolle. Die bereits umgesetzten Hygienekonzepte des Verordnungsgebers seien ausreichend. Nach 23 Uhr stelle sich das Infektionsrisiko nicht anders dar als vor 23 Uhr. Ein Betriebsverbot zur Nachtzeit habe lediglich zur Folge, dass sich die Menschen auf öffentlichen Plätzen zusammenfänden. Dass Abstandvorschriften unter Alkoholeinfluss nicht mehr beachtet würden, sei spekulativ. Im Übrigen sei dies von den Gastwirten sicherzustellen, was auch bislang funktioniert habe. Die von den Gastwirten zu erwartenden Umsatzeinbußen stünden in keinem Verhältnis zu dem von der Regelung zu erwartenden Infektionsschutzertrag. 26Die Antragsteller beantragen, 27§ 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO in der ab dem 17. Oktober 2020 gültigen Fassung im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen. 28Der Antragsgegner tritt dem Antrag entgegen und beantragt, 29den Antrag abzulehnen. 30II. 31Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Der gemäß § 47 Abs. 6, Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 109a JustG NRW statthafte und auch im Übrigen zulässige Antrag ist unbegründet. Die von den Antragstellern begehrte einstweilige Anordnung ist nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten (§ 47 Abs. 6 VwGO). 32Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Norm zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist. 33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. September 2015 ‑ 4 VR 2.15 -, juris. 34Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nicht veranlasst. Ein ‑ noch zu erhebender ‑ Normenkontrollantrag in der Hauptsache bliebe voraussichtlich ohne Erfolg, weil sich die angegriffenen Regelungen in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO bei einer wegen der Eilbedürftigkeit der Entscheidung nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig erweisen (1.). Auch unter Berücksichtigung etwaig verbleibender Unsicherheiten bei der rechtlichen Bewertung erscheint eine Außervollzugssetzung der streitgegenständlichen Norm nicht dringend geboten (2.). 351. a) Die auf § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützte Regelung beruht voraussichtlich auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage. Soweit zunehmend diskutiert wird, inwieweit die im Verordnungswege ergriffenen flächendeckenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie noch den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts genügen, und insbesondere in Frage gestellt wird, ob allgemeine Eingriffe in die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG in der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel derzeit noch eine verfassungsmäßige Ermächtigungsgrundlage haben können, 36vgl. zuletzt zu § 32 Satz 1 und 2 i. V .m. § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG als hinreichende Ermächtigungsgrundlage für Betriebsverbote: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 6. Oktober 2020 - 1 S 2871/20 -, juris, Rn. 30 (offen gelassen); zu Eingriffen in die Berufsfreiheit durch das Verbot von Zuschauern bei Sportveranstaltungen: Bay. VGH, Beschluss vom 16. September 2020 ‑ 20 NE 20.1994 -, juris, Rn. 17, 37sind solche Bedenken bei vorläufiger Bewertung jedenfalls im vorliegenden Fall nicht begründet. Dabei ist unabhängig von den bisher in der Rechtsprechung des erkennenden Senats angestellten Erwägungen, 38siehe insoweit grundlegend Beschluss vom 6. April 2020 - 13 B 398/20.NE -, juris, Rn. 37 ff.; vgl. ferner etwa Beschluss vom 23. Juni 2020 ‑ 13 B 695/20.NE ‑, juris, Rn. 43 ff., m. w. N., 39zu berücksichtigen, dass es sich zum einen bei den in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO normierten Betriebseinschränkungen um regionale Vorgaben handelt, die nur dann Anwendung finden, wenn der betroffene Kreis oder die betroffene kreisfreie Stadt zuvor das Erreichen der Gefährdungsstufe 2 festgestellt hat, und sie zum anderen im Ausgangspunkt nur die Bedingungen der Berufsausübung regeln. 40b) Die in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO getroffenen Anordnungen erweisen auch im Übrigen als voraussichtlich rechtmäßig und genügen insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 41aa) Das Betriebsverbot von gastronomischen Einrichtungen im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 sowie das Verkaufsverbot von alkoholischen Getränken in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr in Kommunen der Gefährdungsstufe 2 dient dem legitimen Zweck, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu verlangsamen, um die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens sicherzustellen. In einer Situation, in der eine 7-Tage-Inzidenz von über 50 festgestellt wird (Gefährdungsstufe 2), droht die Weiterverbreitung des Virus wegen fehlender Nachverfolgungsmöglichkeiten außer Kontrolle zu geraten. Die Anknüpfung an den Orientierungswert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner für die Bestimmung der Gefährdungsstufe 2 dürfte dabei sachgerecht sein. Der Wert beschreibt die in den Lockerungsplänen von Bund und Ländern vereinbarte Obergrenze für Corona-Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen, bis zu der die öffentliche Gesundheitsverwaltung in Deutschland sich zu einer Rückverfolgung der Infektionsketten maximal in der Lage sieht und in der eine weitere Ausbreitung durch Fallfindung mit Absonderung von Erkrankten und engen Kontaktpersonen mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko noch möglich erscheint. 42Vgl. Ziffer 3 des Protokolls der Telefonschaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 6. Mai 2020, abrufbar unter: www.bundeskanzlerin.de/bkin-de/aktuelles/telefonschaltkonferenz-der-bundes-kanzlerin-mit-den-regierungschefinnen-und-regierungschefs-der-laender-am-06-mai-2020-1750988. 43Dementsprechend dürfte die Überschreitung dieses Wertes die Gefahr begründen, dass sich das Virus in der Bevölkerung in nicht mehr kontrollierbarer Weise weiterverbreiten wird. Dies gilt insbesondere, weil die Erkrankung unbemerkt erfolgen kann oder nicht stets mit Krankheitssymptomen einhergeht und infolgedessen nicht sichergestellt ist, dass noch konsequent Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Weiterverbreitung ergriffen werden können. 44Vgl. dazu bereits OVG NRW, Beschluss vom 13. Juli 2020 - 13 B 968/20.NE -, juris, Rn. 77 ff. 45Das gegenwärtige Infektionsgeschehen ist durch ein rapides Ansteigen der Infektionszahlen gekennzeichnet. Die 7-Tage-Inzidenz liegt mit Stand vom 25. Oktober 2020 für ganz Deutschland bei einem Wert von 74,9 und für Nordrhein-Westfalen nochmals deutlich darüber bei einem Wert von 104,8. 46Vgl. Robert Koch-Institut, Täglicher Lagebericht zur Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19) (Stand: 25.10.2020), abrufbar unter: https://www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-25-de.pdf?__blob=publicationFile 47Die berichteten R-Werte liegen anders als in früheren Phasen der Epidemie deutlich über 1. Dies lässt sich auch nicht mehr durch wenige einzelne Ursachen erklären. Vielmehr stellt sich das aktuelle Infektionsgeschehen sehr diffus dar. 48Vgl. Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 38/2020 vom 17. September 2020, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile. 49Gleichzeitig steigt mit der Zahl der Neuinfizierungen auch die Zahl der Corona-Patienten in den nordrhein-westfälischen Krankenhäusern stark an. So werden mit über 1.400 Patienten aktuell etwa 50 % mehr Personen mit Covid-19 stationär behandelt als noch vor einer Woche. 50Vgl. Süddeutsche Zeitung online vom 23. Oktober 2020, abrufbar unter: https://www.sueddeutsche.de/ gesundheit/gesundheit-duesseldorf-zahl-der-corona-patienten-in-nrw-kliniken-steigt-rasant-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-201023-99-51188. 51Die anstehenden Wintermonate, in denen zu erwarten ist, dass sich die Bevölkerung vermehrt und längere Zeit in Innenräumen aufhält, lassen vor diesem Hintergrund ohne geeignete Schutzmaßnahmen eine weitere erhebliche Ausbreitung des Infektionsgeschehens erwarten. 52bb) Das im Falle der Feststellung der Gefährdungsstufe 2 geltende Verbot zum Betrieb gastronomischer Einrichtungen im Sinne vom § 14 Abs. 1 und 2 CoronaSchVO sowie das Verbot des Verkaufs alkoholischer Getränke zwischen 23 Uhr und 6 Uhr ist in dieser Situation geeignet, zur Eindämmung bzw. Verlangsamung der Ausbreitung des Infektionsgeschehens beizutragen. 53Dabei ist dem Verordnungsgeber, dem eine Schutzpflicht für Leib und Leben obliegt, 54vgl. BVerfG, Urteil vom 28. Januar 1992 - 1 BvR 1025/82 u. a. -, juris, Rn. 69, m. w. N., 55in dieser sehr dynamischen Lage und wegen der fortbestehenden tatsächlichen Ungewissheiten eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf das gewählte Mittel einzuräumen, soweit und solange sich nicht andere Maßnahmen eindeutig als gleich geeignet und weniger belastend darstellen. 56Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. Juli 2020 ‑ 13 B 870/20.NE -, juris, Rn. 39 f., m. w. N. 57Dass der Verordnungsgeber die Grenzen seines Einschätzungsspielraums überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich. 58Die streitgegenständlichen Regelungen beruhen im Wesentlichen auf der Grundannahme, dass sich das Coronavirus nach derzeitigen Erkenntnissen bei direkten persönlichen Kontakten über zum Beispiel Sprechen, Husten oder Niesen im Wege einer Tröpfcheninfektion besonders leicht von Mensch zu Mensch verbreitet. Bei der Übertragung spielen nach gegenwärtigem Erkenntnisstand zudem Aerosole, bestehend aus kleinsten Tröpfchenkernen, die längere Zeit in der Umgebungsluft schweben und sich z. B. in Innenräumen anreichern und größere Distanzen überwinden können, eine wesentliche Rolle. 59Vgl. zu den Übertragungswegen Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Übertragungswege, abrufbar unter: https://www.rki.de/ DE/Content/InfAZ/ N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792bodyText2, Stand: 16. Oktober 2020. 60Daran anknüpfend ist das Betriebsverbot für gastronomische Einrichtungen in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr in Kommunen der Gefährdungsstufe 2 in der Herbst- und Winterzeit geeignet, einen Beitrag zur effektiven Eindämmung der Weiterverbreitung des Coronavirus zu leisten, weil es die Kontaktmöglichkeiten in den gastronomischen Einrichtungen während des Zeitraums von 23 Uhr bis 6 Uhr beschränkt. Es verhindert, dass sich wechselnde Gäste oder Gästegruppen zu dieser Zeit in den Einrichtungen einfinden. 61Die Sperrstunde reduziert überdies Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg von und zu gastronomischen Einrichtungen. Überdies trägt sie durch die Reduzierung der Gästezahlen dazu bei, dass die Gefahr eines Eintrags der Infektion in das weitere berufliche und private Umfeld der (ausbleibenden) Gäste reduziert wird. Gerade im familiären Umfeld lassen sich enge Kontakte, die eine Virusverbreitung begünstigen, nicht immer vermeiden. 62Im Übrigen trifft es zwar zu, dass sich das Infektionsrisiko in gastronomischen Einrichtungen, deren Gästezahl bereits durch die Regelungen der Coronaschutzverordnung beschränkt wird, nach 23 Uhr nicht anders darstellt als zuvor. Das ändert, wie ausgeführt, aber nichts daran, dass die Sperrstunde für die Zeit danach einen Beitrag zur Kontaktreduzierung leistet. 63Dem kann voraussichtlich auch nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass sich die sozialen Kontakte während der Dauer der Sperrstunde auf öffentliche Plätze oder in den privaten Raum verlagerten und eine Weiterverbreitung gerade nicht verhindert werde. Zwar dürfte es zu solchen Effekten kommen. Dass die befürchtete Verlagerung aber zumindest annähernd im gleichen Umfang stattfinden sollte, ist nicht anzunehmen. 64Das nächtliche Alkoholverkaufsverbot in Kommunen der Gefährdungsstufe 2 ist ebenfalls geeignet, das Infektionsrisiko zu reduzieren. Abgesehen davon, dass es einer erhöhten Attraktivität des öffentlichen Raums bei geschlossenen gastronomischen Einrichtungen und damit den vorstehend genannten Verlagerungseffekten entgegenwirken kann, trägt es offensichtlich zu der vom Verordnungsgeber bezweckten Verringerung infektiologisch bedenklicher Kontakte bei, indem es auf die unbestreitbar enthemmende Wirkung von Alkohol abzielt. Die enthemmende Wirkung von Alkohol erscheint ohne Weiteres dazu angetan, die Wirksamkeit der zur Kontaktbeschränkung und zur Einhaltung von Mindestabständen im öffentlichen Raum erlassenen Regelungen (vgl. § 1 Abs. 2 und 3, § 2 Abs. 1 CoronaSchVO) negativ zu beeinflussen. Dass die diesbezüglichen Vorgaben bei alkoholbedingter Enthemmung zwar nicht notwendigerweise vorsätzlich missachtet, aber schlicht vergessen werden können, dürfte nicht zweifelhaft sein. Im Übrigen dürfte auch davon auszugehen sein, dass die Bereitschaft zur Einhaltung hygienerechtlicher Schutzvorschriften in einer auch alkoholbedingt enthemmten Grundstimmung generell sinkt. Nach den Ausführungen des Antragsgegners haben die Erfahrungen der Vergangenheit gezeigt, dass die geltenden Maßgaben der Coronaschutzverordnung vor allem zu fortgeschrittener Stunde und mit fortschreitendem Alkoholkonsum missachtet wurden. An diese Erfahrungen darf der Antragsgegner anknüpfen. 65cc) Die streitgegenständlichen Regelungen dürften auch erforderlich sein. Ebenso wie für die Eignung einer Maßnahme kommt dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber auch für ihre Erforderlichkeit ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zu. Dieser ist nur dann überschritten, wenn aufgrund der dem Gesetz- oder Verordnungsgeber bekannten Tatsachen und der bereits vorhandenen Erfahrungen feststellbar ist, dass weniger grundrechtsbelastende, aber gleich wirksame Regelungsalternativen in Betracht kommen. 66Vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. September 2010 - 1 BvR 1789/10 -, juris, Rn. 21; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 ‑ 8 C 6.15 -, juris, Rn. 49. 67Dem Verordnungsgeber wird voraussichtlich nicht vorgehalten werden können, sich nicht für ein anderes, die Berufsfreiheit der Antragsteller weniger beeinträchtigendes Regelungsmodell entschieden zu haben. 68Das gilt zunächst in Bezug auf die Sperrstundenregelung. Der Einwand der Antragsteller, das Infektionsumfeld "Gastronomie" spiele gegenüber anderen Bereichen und insbesondere dem (rein) privaten Umfeld insgesamt eine nur untergeordnete Rolle, 69in diesem Sinne auch VG Berlin, Beschluss vom 15. Oktober 2020 ‑ 14 L 422/20 ‑, juris, Rn. 21, 70sodass schon aus diesem Grunde kein Bedarf an weitergehenden Schutzmaßnahmen bestehe, überzeugt angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens bei vorläufiger Bewertung nicht. Die in diesem Zusammenhang angeführten statistischen Daten des Robert Koch-Instituts beziehen sich auf bereits länger zurückliegende Zeiträume, 71vgl. etwa Epidemiologisches Bulletin 38/2020 vom 17. September 2020, S. 6 ff., wo ein Datenstand von MItte August 2020 ausgewiesen ist; abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/38_20.pdf?__blob=publicationFile, 72in denen die Lage noch deutlich weniger dynamisch war, und dürften insoweit zumindest zum Teil zeitlich überholt sein. Hinzu tritt die zwischenzeitlich nochmals erhöhte Diffusität des Infektionsgeschehens. Nach der nachvollziehbaren Darstellung des Antragsgegners sind die nordrhein-westfälischen Gesundheitsämter (und damit in der Folge auch das Robert Koch-Institut) in der überwiegenden Zahl der Fälle oftmals nicht (mehr) in der Lage, zu rekonstruieren, wo der Ursprung einer Infektion im Einzelfall liegt. 73Es drängen sich auch annähernd vergleichbar effektive Handlungsalternativen zu der Reduzierung von Kontakten jedenfalls nicht in einer Weise auf, dass allein diese in Frage kommen. 74Soweit die Antragsteller darauf verweisen, dass für gastronomische Einrichtungen bereits weitreichende Hygiene- und Infektionsschutzstandards gelten (vgl. § 14 CoronaSchVO i. V. m. Ziffer I der Anlage zur CoronaSchVO), trifft dies zwar zu, ändert aber an den gleichwohl bestehenden Kontakt- und Aufenthaltsmöglichkeiten, die es nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers zu reduzieren gilt, nichts. Die bestehenden Vorgaben wirken nicht dem Umstand entgegen, dass ohne die Sperrstunde zu erwarten ist, dass eine Vielzahl von Personen auf begrenztem Raum über einen regelmäßig nicht unerheblichen Zeitraum und - was gerade in den Wintermonaten zu befürchten sein wird - in schlecht gelüfteten Räumlichkeiten weiter aufeinandertrifft. Gerade bei einem längeren Verweilen von mehreren Personen in geschlossenen Räumen besteht indes ein nicht unbeträchtliches Übertragungsrisiko durch die Aufnahme gegebenenfalls virushaltiger Aerosole. 75Vgl. dazu nochmals Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Übertragungswege, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html#doc13776792body Text2, Stand: 16. Oktober 2020. 76(Individuelle) Möglichkeiten, die gastronomischen Einrichtungen organisatorisch und räumlich so einzurichten, dass Infektionen weiter minimiert werden, berücksichtigen nicht, dass Kontakte dadurch nicht in gleicher Weise effektiv verringert werden. 77Der Verzicht auf die Sperrstunde unter gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Alkoholverkaufsverbots dürfte kein gleich geeignetes, milderes Mittel darstellen. Unabhängig von der vom Antragsgegner problematisierten Frage, inwieweit sich ein bloßes Ausschankverbot in Gaststätten kontrollieren ließe, gilt dies schon deshalb, weil der Verordnungsgeber mit der Sperrstunde ‑ wie dargelegt ‑ (primär) das eigenständige legitime Ziel verfolgt, soziale Kontakte zeitlich zu limitieren bzw. ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht neu entstehen zu lassen. Dieses Ziel lässt sich voraussichtlich allein mit einem Ausschankverbot nicht ebenso wirksam erreichen, auch wenn davon auszugehen ist, dass die Möglichkeit zum Alkoholkonsum für einen nicht unerheblichen Teil der Nutzer abendlicher gastronomischer Angebote von wesentlicher Bedeutung ist. 78Ebenso sind auch hinsichtlich des zeitlich beschränkten Verbots des Verkaufs alkoholischer Getränke, das im Zusammenspiel mit der Sperrstunde faktisch allein den Außer-Haus-Verkauf betrifft, gleich geeignete, den Adressatenkreis des Verbots weniger belastende Maßnahmen nicht ersichtlich. Insbesondere stellte eine strengere Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Vorgaben der Coronaschutzverordnung durch die Polizei- und Ordnungsbehörden schon mit Blick darauf, was insoweit angesichts der zwangsläufig begrenzten personellen Ressourcen vernünftigerweise erwartbar ist, keine gleichwertige Alternative dar. 79So auch zum Verbot des Außer-Haus-Verkaufs alkoholischer Getränke Bay. VGH, Beschluss vom 13. August 2020 ‑ 20 CS 20.1821‑, juris, Rn. 34. 80dd) Vor diesem Hintergrund dürften sich die Regelungen zur Sperrstunde und zum Verkaufsverbot für Alkohol schließlich auch als angemessen erweisen. 81Angemessen, d. h. verhältnismäßig im engeren Sinne, ist eine freiheitseinschränkende Regelung, wenn das Maß der Belastung des Einzelnen noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen steht. Hierbei ist eine Abwägung zwischen den Gemeinwohlbelangen, deren Wahrnehmung der Eingriff in Grundrechte dient, und den Auswirkungen auf die Rechtsgüter der davon Betroffenen notwendig. Die Interessen des Gemeinwohls müssen umso gewichtiger sein, je empfindlicher der Einzelne in seiner Freiheit beeinträchtigt wird. Zugleich wird der Gemeinschaftsschutz umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die aus gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. 82St. Rspr., vgl. etwa BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2020 ‑ 2 BvR 2347/15 ‑, juris, Rn. 265, m. w. N. 83Davon ausgehend sind die fraglichen Regelungen voraussichtlich nicht zu beanstanden, weil die Schwere der damit verbundenen Grundrechtseingriffe im Ergebnis nicht außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Verordnungszweck steht. Zwar greifen die Maßnahmen vor allem in ganz erheblicher Weise in die Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG der davon betroffenen Betreiber gastronomischer Einrichtungen ein und gehen insbesondere für diejenigen Betriebe, die typischerweise einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes erst später am Abend und in der Nacht erzielen, mit gravierenden wirtschaftlichen Einbußen einher. Dies wirkt umso schwerer, als die gesamte Gastronomie bereits infolge der zu Beginn der Pandemie verordneten flächendeckenden Betriebsschließungen große und teils existenzbedrohende Belastungen verkraften musste, die auch durch die vom Antragsgegner bezeichneten Hilfsmaßnahmen vielfach nur ansatzweise kompensiert werden konnten. Gleichwohl überwiegt im Ergebnis das mit § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO zu schützende Interesse daran, die Kontrolle über die Infektionsausbreitung nicht zu verlieren, um so weiterhin eine dann konkret drohende Überforderung des Gesundheitswesens mit unmittelbaren Gefahren für Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) abwehren zu können. Die Entwicklung der vergangenen Tage lässt befürchten, dass das Infektionsgeschehen ohne geeignete Gegenmaßnahmen eine gefährliche Dynamik entfaltet, die ungebremst am Ende jedes noch so leistungsfähige Gesundheitssystem an die Grenzen seiner Belastbarkeit und darüber hinaus führt. Wegen der ihm obliegenden präventiven Schutzpflichten muss der Verordnungsgeber weder eine solche Entwicklung abwarten, noch ist er gehalten, einen Anstieg der Fallzahlen in Kauf zu nehmen, der aus seiner Sicht nochmals deutlich einschneidendere Eingriffe in weite Bereiche des privaten, sozialen und öffentlichen Lebens erzwingen würde. Dies dient letztlich auch den Interessen der hier betroffenen Betreiber von gastronomischen Einrichtungen in Kommunen der Gefährdungsstufe 2, denen gegenwärtig immerhin (noch) die Möglichkeit offen steht, ihren Betrieb im Zeitraum von 6 Uhr bis 23 Uhr zu führen. 84Hinzu tritt, dass die Regelungen ‑ wie ausgeführt ‑ regional auf Kommunen der Gefährdungsstufe 2 beschränkt sind, also nur in Regionen gelten, in denen die 7-Tages-Inzidenz nach den täglichen Veröffentlichungen des Landeszentrums Gesundheit bezogen auf einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt über dem Wert von 50 liegt und das Infektionsgeschehen nicht ausschließlich auf bestimmte Einrichtungen o. ä. zurückzuführen und einzugrenzen ist (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 1, 2 CoronaSchVO). Dieser Geltungsbereich kann noch weiter regional beschränkt werden: Kreise können das Gebiet einzelner Gemeinden von der Feststellung (der Gefährdungsstufe) ausdrücklich ausnehmen, wenn dort gesichert ein signifikant geringeres Infektionsgeschehen unterhalb des Grenzwerts festzustellen ist und eine Verbreitung des Infektionsgeschehens in diese Gemeinden - gerade bei Umsetzung der verschärften Schutzmaßnahmen im restlichen Kreisgebiet - ausgeschlossen erscheint (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 4 CoronaSchVO). Schließlich sind die Regelungen nicht nur durch die Geltungsdauer der Coronaschutzverordnung, sondern auch durch die Feststellung der Gefährdungsstufe 2 durch die jeweilige Kommune beschränkt (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 3 CoronaSchVO). 852. Soweit im Hinblick auf die vorliegend nur summarisch mögliche Prüfung Unsicherheiten bei der rechtlichen Beurteilung der in § 15a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 CoronaSchVO getroffenen Regelungen verbleiben und man deshalb von (allenfalls) offenen Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache ausgehen wollte, gebietet auch eine ergänzend vorzunehmende folgenorientierte Interessenabwägung nicht dringend den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Angesichts der derzeit rapide ansteigenden Zahl von Neuinfektionen fallen im Anschluss an die vorstehenden Erwägungen zur Angemessenheit die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm schwerer ins Gewicht als die (insbesondere wirtschaftlichen) Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs. 86Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Da die angegriffene Regelung mit Ablauf des 31. Oktober 2020 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist. 87Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1G r ü n d e 2Es kann dahinstehen, ob dem Kläger auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen. 3Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht. 4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 3 f. m. w. N. 5Eine Grundsatzrüge, die sich – wie hier – auf tatsächliche Verhältnisse stützt, erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. 6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 5. 7Gemessen hieran rechtfertigen die von dem Kläger für grundsätzlich bedeutsam erachteten Fragen, 8ob in Mali ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht, aufgrund dessen man von einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgehen kann, 9und 10ob, die Tuareg landesweit Einfluss haben, um potentielle Feinde zu verfolgen, 11die Zulassung der Berufung nicht. Der Kläger hat es nämlich bereits versäumt, diese Fragen durch die Vorlage geeigneter Erkenntnisquellen zu substantiieren. Es ist nicht Aufgabe des Senats, (neue) Erkenntnisse einzuholen, um die für den Kläger günstigen Gesichtspunkte zusammenzutragen. 12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 6 f. m. w. N. 13Im Ergebnis macht der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nur geltend, das Verwaltungsgericht nehme zu Unrecht (weil der bewaffnete Konflikt in Mali sich mittlerweile auch auf den Süden des Landes ausgebreitet habe und weil die Tuareg in der Lage seien, potentielle Feinde landesweit zu verfolgen) an, dass für ihn im Süden Malis eine inländische Fluchtalternative bestehe und damit (ernstliche) Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Hierbei handelt es sich aber von vornherein nicht um einen Zulassungsgrund im Sinne des § 78 Abs. 3 AsylG. 14Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). 15Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1G r ü n d e 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 3Soweit der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend machen, handelt es sich von vornherein nicht um einen Zulassungsgrund im Sinne des § 78 Abs. 3 AsylG. 4Die Berufung ist auch nicht wegen eines von dem Kläger gerügten Verfahrensmangels – der nach seinem Zulassungsvorbringen einzig in Betracht kommenden Versagung rechtlichen Gehörs nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO – zuzulassen. 5Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung zu mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können und mit ihren Ausführungen und Anträgen durch das Gericht gehört werden. Das Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, den Ausführungen eines Beteiligten in der Sache zu folgen. Die Gehörsrüge ist daher nicht geeignet, eine – vermeintlich – fehlerhafte Feststellung oder Bewertung des Sachverhalts einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann vielmehr nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist dabei davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie sich in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich hiermit auseinandersetzen. Aus einem Schweigen der Entscheidungsgründe zu Einzelheiten des Prozessstoffs allein kann deshalb noch nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe diese nicht beachtet und erwogen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs kann daher nur dann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass das Gericht tatsächliches Vorbringen der Beteiligten bei seiner Entscheidungsfindung nicht in Erwägung gezogen hat. 6Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2020– 1 A 2023/19.A –, juris, Rn. 13, vom 25. Juli 2017– 1 A 1436/17.A –, juris, Rn. 3, und vom 16. Dezember 2016 – 1 A 2199/16.A –, juris, Rn. 14. 7Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Gehörsverletzung nicht festgestellt werden. 8Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe die Gegebenheiten vor Ort in Mali falsch ermittelt und diese sowie sein Vorbringen unzuteffend gewürdigt. Hätte das Gericht seinen Vortrag richtig und umfassend gewürdigt, wäre es zu der Überzeugung gekommen, dass ihm in Mali Gefahr drohe und eine Flucht für ihn die einzige Möglichkeit gewesen sei, Schutz zu erlangen. Soweit das Verwaltungsgericht festgestellt habe, dass keine Abschiebungsverbote vorlägen, ließen sowohl die humanitären Verhältnisse in Mali als auch die politische Situation eine Gefährdung seiner Gesundheit und seines Lebens bei einer Rückkehr befürchten. 9Hiermit dringt der Kläger nicht durch. Er legt mit seinem Zulassungsvorbringen nicht einmal im Ansatz dar, dass bzw. inwieweit das Verwaltungsgericht seinen Vortrag nicht umfassend bei der Entscheidungsfindung in Betracht gezogen haben könnte. Der Kläger wendet sich vielmehr der Sache nach allein gegen die rechtliche Würdigung seines Verfolgungsvorbringens durch das Verwaltungsgericht. Dies zeigt einen Gehörsverstoß nicht auf. Ob das Verwaltungsgericht dem Vortrag des Klägers die richtige Bedeutung zugemessen und die richtigen Folgerungen daraus gezogen hat, ist keine Frage des rechtlichen Gehörs, sondern der Tatsachen- und Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO. 10Vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Dezember 1969– 2 BvR 320.69 –, juris, Rn. 9, m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 25. Juli 2017 – 1 A1436/17.A –, juris, Rn. 28 ff. 11Etwaige Fehler bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung gehören (grundsätzlich) nicht zu den in § 138 VwGO genannten und in § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Bezug genommenen Verfahrensfehlern. 12Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. November 1995– 9 B 710.94 –, juris, Rn. 4 ff. 13Ob ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat, wenn die die angegriffene Entscheidung tragenden Ausführungen des Gerichts handgreiflich von objektiver Willkür geprägt sind, kann hier offen bleiben. 14Zu der Frage, ob eine solche Ausnahme anerkannt werden kann, vgl. den Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2016 – 1 A 2199/16. A –, juris, Rn. 33 bis 36, m. w. N. zum Meinungsstand. 15Das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen. 16Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). 17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1G r ü n d e 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen. 3Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht. 4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 3 f. m. w. N. 5Eine Grundsatzrüge, die sich auf tatsächliche Verhältnisse stützt, erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. 6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 5. 7Gemessen hieran rechtfertigt die von der Klägerin für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, 8ob eine alleinstehende junge Marokkanerin mit einem Kleinkind im Alter von 2 Jahren deshalb in ihrer Existenz gefährdet ist, weil sie in Marokko nicht in der Lage ist, den eigenen Lebensunterhalt und den ihres Kindes sicherzustellen, ob nämlich deshalb, weil sie gemeinsam mit ihrem Kind weder in staatlichen noch caritativen Aufnahmeeinrichtungen kostenfrei unterkommen kann und ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht möglich ist bzw. zugemutet werden kann, weil Einrichtungen der aufgeführten Art nicht bereit oder in der Lage sind, Kleinkinder im Alter von 2 Jahren längerfristig in Obhut zu nehmen bzw. zu beaufsichtigen, damit die Kindesmutter einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte, 9die Zulassung der Berufung nicht. Ungeachtet dessen, dass diese Frage im Ergebnis allein auf ihren Einzelfall abstellt, hat die Klägerin es versäumt, sie durch Vorlage geeigneter Erkenntnisquellen zu substantiieren. Es ist nicht Aufgabe des Senats, (neue) Erkenntnisse einzuholen, um die für den Kläger günstigen Gesichtspunkte zusammenzutragen. 10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 6 f. m. w. N. 11Im Ergebnis macht die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht – u.a. unter Berufung auf nicht auf ihren Fall übertragbare Rechtsprechung des OVG NRW – davon aus, sie habe keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots, da sie im Falle einer Rückkehr nach Marokko nicht konkret in ihrer Existenz gefährdet sei, allein (ernstliche) Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Hierbei handelt es sich aber von vornherein nicht um einen Zulassungsgrund im Sinne des § 78 Abs. 3 AsylG. 12Selbst wenn die Klägerin mit dem Vorbringen, das Gericht habe außer Acht gelassen, dass sie im Falle einer Rückkehr (auch) die Verantwortung für ihr zweijähriges Kleinkind trage, sinngemäß den Zulassungsgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) geltend machen wollte, griffe dies nicht durch. Ihr Zulassungsvorbringen enthält schon keine Darlegungen dazu, inwieweit ihr Vortrag durch das Gericht (tatsächlich) nicht berücksichtigt worden sein sollte. Für solches ist auch nicht ansatzweise etwas ersichtlich, zumal das Verwaltungsgericht den von der Klägerin benannten Umstand bei seiner Entscheidungsfindung ausdrücklich beachtet hat. So hat es zunächst ausgeführt, die Geburt der Tochter der Klägerin sei ein neuer Umstand, der im Rahmen der Prüfung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vorliege, relevant sei (UA S. 8). Der Klägerin drohe unter der Hypothese, dass sie gemeinsam mit ihrem Kind nach Marokko zurückkehren werde, unter Berücksichtigung der vorliegenden Auskünfte und Berichte über die Lage in Marokko keine extreme materielle Not (UA S. 10). Es gebe in Marokko karitative Einrichtungen, die alleinstehenden Frauen – primär solchen mit Kindern – bei der Reintegration in die Familie, bei der Suche nach Arbeit und Wohnung, bei administrativen Aufgaben und bei der Kinderbetreuung helfen würden, sie zu medizinischen Behandlungen begleiteten und psychologische Unterstützung und juristische Beratung anböten (UA S. 11). Tatsächlich macht die Klägerin mit dem Vortrag, sie sei – entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts – aufgrund der Sorge für ihr Kind weder in der Lage, gegenwärtig einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen noch gebe es Betreuungseinrichtungen, die ihr eine Arbeitsaufnahme ermöglichten, wobei eine Betreuung des Kindes durch eine solche ohnehin dem Kindeswohl widersprechen würde, wiederum allein – nach § 78 Abs. 3 AsylG nicht relevante – (ernstliche) Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. 13Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). 14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
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Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. Januar 2018 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des Leistungsbescheides vom 10. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2017 verurteilt, dem Kläger für Mai 2016 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anrechnung von Einkommen in Höhe von 0,30 EUR zu gewähren. Der Erstattungsbescheid vom 10. November 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2017 wird insoweit aufgehoben, als eine Erstattung von mehr als 0,30 EUR gegenüber dem Kläger geltend gemacht wird. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um Leistungsansprüche des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Strittig ist dabei noch die Anrechnung von Einkommen in Höhe von insgesamt 52,69 EUR im Monat Mai 2016 auf den Leistungsanspruch des Klägers. Vormals streitig war auch die Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers im Rahmen der Leistungsgewährung. Diesbezüglich hat der Kläger aber durch das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Schleswig voll obsiegt. Der Beklagte hat dagegen keine Berufung eingelegt. 2 Der am .... 1966 geborene Kläger steht seit Anfang 2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. 3 Mit Bescheid vom 10. Mai 2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Monate Mai bis Oktober 2016 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und berücksichtigte für den Kläger dabei den Regelbedarf für Alleinstehende in Höhe von 404,00 EUR monatlich. Die Anrechnung von Einkommen erfolgte nicht. Im Bewilligungsabschnitt gingen auf dem Konto des Klägers zahlreiche geringe Beträge ein, die aus Produkttests resultierten. Dabei handelte es sich um Erstattungen des Kaufpreises von zuvor durch den Kläger gekauften Drogerieprodukten im Gegenzug zur Teilnahme an Bewertungsaktionen dieser Produkte. Im hier nur streitigen Monat Mai 2016 flossen dem Kläger dabei insgesamt 29,58 EUR, verteilt auf 7 Einzelzahlungen zu. Diese Einnahmen teilte der Kläger dem Beklagten mit. 4 Des Weiteren erwarb der Kläger am 6. Mai 2016 200 Aktien der ....bank AG zu einem Kaufpreis von 1451,95 EUR, die er am 26. Mai 2016 zu einem Preis in Höhe von 1482,25 EUR (Differenz 30,30 EUR) wieder veräußerte. 5 Mit Bescheid vom 10. November 2016 setzte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Oktober 2016 endgültig fest und setzte dabei für den Monat Mai 2016 um 22,69 EUR gegenüber der vorläufigen Bewilligung geringere Leistungen fest. Aus den Aufzeichnungen des Beklagten ergibt sich, dass dabei 5 Zahlungseingänge im Mai 2016 im Umfang von insgesamt 22,39 EUR sowie der Veräußerungsgewinn aus dem Aktienverkauf, bereinigt um eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,- EUR, als Einkommen im Monat Mai 2016 angerechnet wurde. Mit weiterem Bescheid vom 10. November 2016 forderte der Beklagte den Kläger zur Erstattung des überzahlten Betrages in Höhe von 22,69 EUR auf. 6 Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 18. November 2016, mit dem er auch höhere Unterkunftskosten begehrte. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Kläger habe im Mai 2016 Einnahmen in Geld aus Produkttests in Höhe von insgesamt 22,39 EUR erzielt und einen kapitalsteuerpflichtigen Kapitalertrag in Höhe von 30,30 EUR erwirtschaftet. Dieser Ertrag stelle Einkommen dar, es sei nicht nur lediglich Vermögen umgeschichtet worden. 7 Am 6. Februar 2017 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Schleswig Klage erhoben. Er hat vorgetragen, er habe insgesamt 7 Einnahmen im Monat Mai 2016 mitgeteilt. Da der Beklagte lediglich einen Betrag in Höhe von 22,39 EUR als sonstiges Einkommen berücksichtigt habe, habe er anscheinend zwei Einnahmen ausgeklammert. Bei der Erstattung von Bagatellbeträgen durch die Hersteller dürfte es sich um Zuwendung handeln, die unter die Regelung des § 11 Abs. 5 SGB II fielen. Es bestehe normalerweise keine rechtliche oder sittliche Pflicht zur Rückerstattung eines zuvor gezahlten Kaufpreises. Jedenfalls bei Beträgen in der vorliegenden Größenordnung werde die Situation des Leistungsberechtigten auch nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt seien. 8 Der Kläger hat beantragt, 9 den Erstattungsbescheid vom 10. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2017 aufzuheben, den Bewilligungsbescheid vom 10. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2017 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für den Monat Mai 2016 einen monatlichen Regelbedarf in Höhe von 404,00 EUR ohne Anrechnung von Einkommen zu gewähren und Leistungen für die Bedarfe der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis 31. Oktober 2016 in Höhe von jeweils monatlich 393,00 EUR zu gewähren. 10 Der Beklagte hat beantragt, 11 die Klage abzuweisen. 12 Mit Urteil vom 25. Januar 2018 hat das Sozialgericht Schleswig den Beklagten unter Abänderung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidungen verurteilt dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum weitere Unterkunftskosten in Höhe von 6,- EUR monatlich zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. In der Begründung hat es unter Modifikation des von dem Beklagten angewandten Konzeptes zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten bruttokalte Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt in F.... in Höhe von 337,00 EUR monatlich zuzüglich Heizkosten für maximal angemessen gehalten. Dies entsprach exakt dem von dem Kläger geschuldeten Betrag. Zur Abweisung der Klage im Übrigen hat das Sozialgericht ausgeführt, der Veräußerungsgewinn in Höhe von 30,30 EUR sei als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigen. Anders als bei der Auszahlung von Überschussanteilen und Bewertungsreserven aus einer Lebensversicherung, fließe durch die Veräußerung von Aktien mit Kursgewinn im laufenden Bewilligungszeitraum ein Wert zu, der über dem der zuvor vorgenommenen Vermögensumschichtung (Aktienerwerb) gelegen habe. Dieser Veräußerungsgewinn zähle ebenso wie Zinsen oder Dividenden aus Kapitalanlagen zu den Kapitalerträgen im Sinne von § 20 Einkommensteuergesetz (EStG). Diese seien nach der Rechtsprechung des BSG als Einkommen zu werten. Auch die weitere Berücksichtigung von Einnahmen in Höhe von 22,39 EUR aus diversen Produkttests sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Kammer sehe in der Rückerstattung des Kaufpreises eine monetäre Gegenleistung für die übermittelten Informationen des Erwerbers. Diese monetäre Gegenleistung stelle einen wertmäßigen Zuwachs dar, der zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehe und somit auch als Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu qualifizieren sei. Diese Einnahmen unterfielen nicht § 11 a Abs. 5 SGB II, denn eine rechtliche Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung durch das jeweilige Unternehmen bestehe. 13 Gegen dieses ihm am 14. Juni 2018 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 1. Februar 2018. Er trägt vor, der erzielte Kursgewinn aus dem Aktienverkauf stelle kein Einkommen dar, es handele sich um zum Schonvermögen zählendes Vermögen, welches mehrfach umgeschichtet worden sei. Das Sozialgericht habe nicht berücksichtigt, dass es zu zwei Vermögensumschichtungen während des Bewilligungsabschnitts gekommen sei, nämlich zum Kauf der Aktien aus dem Schonvermögen und dem Verkauf zum aktuellen Kurswert im Anschluss. Durch die doppelte Umschichtung sei der Charakter des Schonvermögens aber nicht entfallen. Er sieht sich diesbezüglich auch durch Rechtsprechung und die Arbeitsanweisung der Bundesagentur für Arbeit bestätigt. Hinsichtlich der Produkttest habe das Sozialgericht nicht beachtet, dass er zuvor den Kaufpreis der jeweiligen Produkte zu entrichten gehabt habe. Dieser sei für die Erzielung des Einkommens notwendig gewesen und daher jedenfalls nach § 11 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II vom Einkommen abzusetzen gewesen. Da er nicht mehr als den gezahlten Kaufpreis erstattet bekommen habe, habe er wirtschaftlich auch kein Einkommen erzielt. 14 Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 15 das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. Juni 2018 abzuändern, den Erstattungsbescheid des Beklagten vom 10. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 10. November 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2017 zu verurteilen, dem Kläger für den Monat Mai 2016 einen monatlichen Regelbedarf in Höhe von 404,00 EUR ohne Anrechnung von Einkommen zu gewähren. 16 Der Beklagte beantragt, 17 die Berufung zurückzuweisen. 18 Er trägt vor, der erzielte Verkaufspreis der Aktien könne nicht vollständig als Vermögen berücksichtigt werden, weil der Kläger diesen Vermögensgegenstand nicht bereits vor der erstmaligen Antragstellung innegehabt hätte. Allein der Umstand, dass der Kläger im Zeitpunkt der Erstantragstellung 2005 über geschontes Vermögen verfügt habe, führe nicht dazu, dass jede weitere Geldanlage und jeder Veräußerungs- oder sonstiger Gewinn sich damit beliebig erklären ließe. Er meint, die Rechtsprechung des BSG zu Sofortboni nach Stromanbieterwechsel sei auf die streitgegenständlichen Produkttests zu übertragen. 19 Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Entscheidungsgründe 20 Der Senat konnte trotz Fernbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2020 über die Berufungen entscheiden, weil der Kläger in der rechtzeitig zugegangenen Ladung auf diese, sich aus § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenende Möglichkeit hingewiesen worden ist. 21 Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist diese innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG, gerechnet ab Zustellung des angefochtenen Urteils, bei dem Landessozialgericht eingegangen. 22 Der Mindestbeschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG wird zwar deutlich nicht erreicht, sodass die Berufung der Zulassung bedurfte. Das Sozialgericht hat auch in dem angefochtenen Urteil die Berufung zugelassen. Dass dies wohl in Hinblick auf die vormals streitgegenständlichen Unterkunftskosten geschehen ist, hindert die Zulässigkeit der Berufung, in der nicht mehr über Unterkunftskosten gestritten wird, nicht. 23 Die Berufung ist auch überwiegend begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage auch insoweit abgewiesen, als der Beklagte im Monat Mai 2016 Einkommen aus Produkttests angerechnet hat. Insoweit sind die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die angefochtenen Entscheidungen waren in diesem Umfang abzuändern. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet und war zurückzuweisen. 24 Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum grundsätzlich Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II, denn er erfüllte die persönlichen Leistungsvoraussetzung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 SGB II und war auch gemäß § 9 Abs. 1 SGB II hilfebedürftig, weil er seinen grundsicherungsrechtlich relevanten Lebensunterhalt nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen vollständig sichern konnte und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhalten hat. 25 Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. Juli 2016 geltenden Fassung waren als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. 26 Eine gesetzliche Abgrenzung von Einkommen und Vermögen enthält das SGB II nicht. Das Bundessozialgericht (BSG) stellt in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich auf den Zuwachs während des Leistungsbezuges ab. Danach ist Einkommen grundsätzlich all das, was jemand in der Bedarfszeit wertmäßig dazu erhält und Vermögen all das, was er in der Bedarfszeit bereits hat. (vgl. BSG, Urteile vom 30. Juli 2008, B 14 AS 26/07R und vom 30. September 2008, B4 AS 29/07R). 27 Im Einzelfall ist die Abgrenzung gerade bei Geldanlagen mit Wertsteigerungen oder Gewinnausschüttungen nicht immer einfach und der Einzelfall zu betrachten. Dass Einnahmen aus Kapitalvermögen grundsätzlich der Einkommensanrechnung unterliegen, ergibt sich aber schon aus § 4 Satz 2 Nr.3 der auf Grundlage von § 13 SGB II erlassenen Arbeitslosengeld II Verordnung (Alg-II-V). Das BSG hat die Auszahlung von Überschussanteilen und Bewertungsreserven aus einer zum Schonvermögen zielenden Kapitallebensversicherung während des Leistungsbezug nicht als Einkommen qualifiziert, weil die Überschussbeteiligung Teil der Lebensversicherung sei und deshalb nur zur Steigerung des Verkehrswertes eines bereits zuvor vorhandenen Vermögensgegenstandes geführt habe (BSG, Urteil vom 10. August 2016, B 14 AS 51/15 R). Demgegenüber hat das BSG Zinseinkünfte aus Sparguthaben, die zum Schonvermögen gehören als Einkommen qualifiziert, wenn sie nach Antragstellung zufließen (Urteil vom 30. September 2008, B 4 AS 57/07 R). Zinseinkünfte hat das BSG auch dann als anrechenbares Einkommen qualifiziert, wenn die Geldanlage aus Mitteln einer gemäß § 11a Abs. 2 SGB II selbst nicht als Einkommen anzurechnenden Schmerzensgeldzahlung getätigt wurde. (BSG Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 103/11 R). In der landessozialgerichtlichen Rechtsprechung ist gestützt auf ältere Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe (Urteil des BSG vom 20. Juni 1978,7 RAr 47/77) bezogen auf die hier streitige Veräußerung von Wertpapieren angenommen worden, dass es sich bei dem erhaltenen Betrag nicht um Einkommen, sondern um Vermögen handele, weil der erzielte Kaufpreis nur an die Stelle des verwerteten Vermögensgegenstandes trete und dem Hilfebedürftigen keinen wertmäßigen Zuwachs bringe (siehe LSG NRW, Beschluss vom 26. April 2011, L7 AS 493/11 B). Zum Teil ist auch angenommen worden, dass es sich bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen regelmäßig um eine Vermögensumschichtung handele, da der Vermögensbestand des Veräußerers nicht verändert werde. Eine andere Beurteilung sei gerechtfertigt, wenn für eine Sache oder ein Recht ein Kaufpreis erlangt werde, der über dem Wert des veräußerten Gegenstandes liege (vergleiche Hessisches LSG, Urteil vom 29 Oktober 2012, L9 AS 357/10). 28 Vorliegend verhält es sich etwas anders als in den letztgenannten landessozialgerichtlichen Entscheidungen zugrundeliegenden Fällen, denn der Kläger hat eindeutig und klar quantifizierbar im laufenden Bewilligungsabschnitt einen wertmäßigen Zuwachs erzielt. Er hat - anders als in den genannten Entscheidungen - keinen länger zum Vermögen gehörenden Gegenstand veräußert und dabei von einer längerfristigen Wertentwicklung dieses Vermögensgegenstandes profitiert, sodass sich der Zeitpunkt des Wertzuwachses nicht mehr ohne erheblichen Aufwand und Unwägbarkeiten bestimmen lässt. Vielmehr hat er durch Ankauf und Verkauf eines Aktienpaketes nicht nur innerhalb eines Bewilligungsabschnitts nach dem SGB II, sondern auch noch innerhalb eines Monats sehr kurzfristig einen Spekulationsgewinn erzielt. Dieser unterfällt auch grundsätzlich der Kapitalertragssteuer. Zur Überzeugung des Senats ist aber ein kurzfristig erzielter Spekulationsgewinn, der an den Anleger auch in Geld ausgekehrt wird, eher mit Zinserträgen aus einer Kapitalanlage zu vergleichen als mit langfristig realisierten Wertsteigerungen einer grundsätzlich im Bestand bleibenden Geldanlage. Um eine bloße Vermögensumwandlung handelt es sich zur Überzeugung des Senats daher nur insoweit, als der Kläger den ursprünglich aufgewandten Kaufpreis in Höhe von 1.451,95 EUR durch Verkauf 20 Tage später zurückerhalten hat. Der erzielte Überschuss ist als Einkommen zu qualifizieren und unterliegt gemäß § 11 Abs.1 S.1 SGB II der leistungsmindernden Anrechnung. 29 Anders verhält es sich zur Überzeugung des Senats mit den Kaufpreiserstattungen, die der Kläger nach Produkttests von den Herstellern erhalten hat. Diese stellen schon keine Einnahme in Geld dar und können mangels quantifizierbaren Marktwerts und Einsetzbarkeit zur Bedarfsdeckung auch nicht als Einnahmen in Geldeswert angerechnet werden. Zwar hat der Kläger die angerechneten Beträge in Höhe von 22,39 EUR tatsächlich in Geld erhalten, dem stehen aber zuvor getätigten Ausgaben in mindestens gleicher Höhe entgegen. Der Kläger hat keine höheren Einnahmen erzielt, als er zuvor durch Zahlung des Kaufpreises aufgewandt hat. Um eine Kaufpreiserstattung nach Produkttest zu erhalten, ist die vorherige Zahlung des Kaufpreises auch notwendig, sodass dieser gemäß § 11 b Abs. 1 Nr. 5 SGB II vom Einkommen abzusetzen ist. Der Kläger hat daher wirtschaftlich keine Einnahmen in Geld erzielt. Erlangt hat er vielmehr lediglich die zum Teil kostenlose Nutzung der gekauften Produkte. In der hier noch maßgeblichen Fassung des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II waren - anders als in der aktuellen Fassung - auch außerhalb von Beschäftigungsverhältnissen neben Einnahmen in Geld aber auch noch Einnahmen in Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen, sodass zu prüfen ist, ob die kostenlose Nutzbarkeit der gekauften Drogerieprodukte (... Wunderbutter, ... Mundspülung, .... Öl, .... Shampoo und .... Vollwaschmittel) eine geldwerte Einnahme darstellt. Bei einer Anrechnung von Einnahmen in Geldeswert als Einkommen nach § 11 SGB II ist es erforderlich, dass die entsprechenden Sachleistungen einen Marktwert haben, denn nur Leistungen mit einem Marktwert sind geeignet, die aktuelle Bedürftigkeit zu beseitigen (vergleiche Söhngen jurisPK SGB II § 11 Rn. 45 m.w.N.). Einnahmen in Geldeswert müssen jedenfalls als bereite Mittel für die bedarfsbezogene Verwendung zur Verfügung stehen (vergleiche Söhngen aaO). Die ALG-II-VO bestimmte dabei im streitgegenständlichen Zeitraum in § 2 Abs. 6 i.V.m. § 4 S.1, dass Einnahmen in Geldeswert außerhalb einer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Verpflegung mit ihrem Verkehrswert anzusetzen sind, wobei maximal der Betrag anzusetzen ist, der für die entsprechende Ausgabengruppe im maßgebenden Regelbedarf enthalten ist. Die hier streitigen Produkte lassen sich unter den Abteilungen, die für die Ermittlung des Regelbedarfes nach § 20 SGB II relevant sind, am ehesten dem Bereich der Gesundheitspflege zuordnen. Für diese ergab sich im Jahr 2016 ein rechnerischer Anteil am Regelbedarf eines Alleinstehenden in Höhe von 17,35 EUR. (vergleiche https://harald-thome.de/fa/redakteur/Harald_2018/Ruediger-Boeker-Aufteilung-Regel-Bedarf-2011-2012-2013-2014-2015-2016-2017-2018-2019-nach-EVS-Abteilungen.pdf). Die Anrechnung des vollen Betrages von 22,39 EUR als Einkommen im Monat Mai 2016 scheidet danach schon von vornherein aus. Aber auch der Betrag von 17,35 EUR kann nicht als Einnahme in Geldeswert angerechnet werden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass für die Rückerstattung des Kaufpreises nicht nur der Kauf des Produkts, sondern auch der Verbrauch eines Teils des Produkts erforderlich ist, denn nur so können die im Rahmen des Produkttests nötigen Angaben durch den Erwerber gemacht werden. De facto erlangt der Kläger daher nicht die gänzliche unentgeltliche Nutzung der gekauften Produkte, sondern lediglich der Restbestände, die nach Erstnutzung des Produktes noch übrig sind. Der Marktwert einer angebrochenen Shampooflasche oder einer angebrochenen Mundspülung dürfte aber gegenüber dem ursprünglichen Kaufpreis deutlich gemindert sein und ist de facto kaum ermittelbar. Zudem erscheint auch eine Berücksichtigung des im Regelbedarf vorgesehenen Anteils für Gesundheitspflege in Gänze deshalb nicht angezeigt, weil die vom Kläger gekauften Produkte nur einen sehr spezifischen Teil der diesen Bereich umfassenden Alltagsprodukte widerspiegeln. Es kann nicht angenommen werden, dass der Kläger seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf im Bereich der Gesundheitspflege allein durch die im Ergebnis kostenlose Nutzung der angebrochenen Drogerieprodukte sichern konnte. Bei dieser Gemengelage lässt sich ein Betrag, der noch als geldwerter und zur Bedarfsdeckung einsetzbarer Vorteil angerechnet werden könnte, auch im Hinblick auf den insgesamt geringen Umfang der aus den Produkttest erhaltenen Kaufpreiserstattungen nicht seriös quantifizieren. Gegen eine Anrechnung spricht auch, dass sich die Einnahmen des Klägers nicht der Aufzählung in § 4 S.2 Alg-II-V zuordnen lassen. Insgesamt erscheint es daher zur Überzeugung des Senats nicht angezeigt, den geringen Gebrauchsvorteil, den der Kläger im Mai 2016 erzielt hat, als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II in diesem Monat anzurechnen. 30 Anrechnungsfähig ist daher lediglich der Verkaufsgewinn aus dem Aktiengeschäft in Höhe von 30,30 EUR, der aber noch um eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,- EUR gemäß § 11 b Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs.1 Nr.1 Alg-II-VO zu bereinigen war, sodass es bei anrechenbarem Einkommen in Höhe von 0,30 EUR verbleibt. 31 Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen waren demgemäß dahingehend abzuändern, dass eine Anrechnung von Einkommen im Mai 2016 lediglich im Umfang von 0,30 EUR erfolgt und von dem Kläger auch nur eine Erstattung in dieser Höhe verlangt wird. 32 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Das geringfügige Obsiegen des Beklagten rechtfertigt eine Quotierung der Kosten nicht. 33 Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe   1 Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 22.10.2020 gegen die Festsetzung einer Sperrzeit in der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 20.10.2020 (Ziffer 2 lit. a), hat keinen Erfolg. 2 Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet. 3 1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt., Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO statthaft. 4 Die Antragstellerin wendet sich gegen die von der Antragsgegnerin gemäß Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung vom 20.10.2020 ab dem Folgetag des Tages, an dem die sogenannte 7-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohnern für das Stadtgebiet der Antragsgegnerin den Wert von 50 erreicht oder überschritten hat, auf 23.00 Uhr festgesetzte Sperrzeit. Die Sperrzeit ist auf der Grundlage von § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG als Allgemeinverfügung und damit als Verwaltungsakt (§ 35 Satz 1 und 2 LVwVfG) festgesetzt worden. Die in Ziffer 3 lit. b der Allgemeinverfügung geregelte Wirksamkeitsvoraussetzung, wonach die in den Ziffern 2 bezeichneten Regelungen ab dem Folgetag des Tages gelten, an dem die sogenannte 7-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner für das Stadtgebiet der Antragsgegnerin den Wert von 50 erreicht oder überschritten hat, ist erfüllt, nachdem die Stadt Mannheim bereits am 15.10.2020 die 7-Tages-Inzidenz von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern überschritten hatte (vgl. https://www.mannheim.de/de/presse/225-aktuelle-meldung-zu-corona-15-10-2020 [Abruf am 23.10.2020]) und eine Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung vom 20.10.2020 entsprechende Anordnung bereits in Ziffer 2 lit. b der Allgemeinverfügung vom 15.10.2020 vorgesehen war. Derzeit beträgt die Inzidenzzahl 93,4 (https://www.mannheim.de/de/informationen-zu-corona/aktuelle-rechtsvorschriften/inzidenzzahl [Abruf am 23.10.2020]). Die Sperrzeit gilt nach Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung vom 20.10.2020 für alle Gaststättenbetriebe (Schank- und Speisewirtschaften) und für öffentliche Vergnügungsstätten (einschließlich der Spielhallen, Spielbanken und Wettvermittlungsstellen) abweichend von § 9 der Verordnung der Landesregierung zur Ausführung des Gaststättengesetzes (Gaststättenverordnung). 5 Dem Widerspruch der Antragstellerin kommt nach §§ 28 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung zu. 6 2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. 7 a) Nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO kann die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet werden, wenn das Interesse des Antragstellers, von den Wirkungen der Verfügung einstweilen verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das Gewicht der gegenläufigen Interessen wird vor allem durch die summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, aber auch durch die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits bestimmt. Bei der Abwägung auf Grund summarischer Erfolgsprüfung hat das Suspensivinteresse umso stärkeres Gewicht, je größer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind. Dem Vollzugsinteresse ist hingegen umso größeres Gewicht beizumessen, je weniger Aussicht auf Erfolg der Rechtsbehelf hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 – 13 S 1132/96 –, juris Rn. 3). Lassen sich die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens nicht abschätzen, ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.03.1997 – 13 S 1132/96 –, juris Rn. 3; Sächs. OVG, Beschluss vom 17.09.2010 – 2 B 168/10 –, juris Rn. 11; VG Karlsruhe, Beschlüsse vom 18.04.2016 – 3 K 2926/15 – und vom 25.09.2017 – 9 K 11521/17 –). Dabei sind die voraussichtlichen Folgen des Suspensiveffekts einerseits und der sofortigen Vollziehung andererseits zu gewichten (VG Stuttgart, Beschluss vom 14.03.2020 – 16 K 1466/20 –, juris Rn. 2). 8 b) Hier überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Suspensivinteresse der Antragstellerin. Nach der gebotenen summarischen Prüfung ist voraussichtlich davon auszugehen, dass die Festsetzung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt. 9 aa) Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr ist § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG. 10 Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1, 1. HS IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen von Satz 1 kann die zuständige Behörde unter anderem Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten (§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG). Letzteres beruht auf dem Gedanken, dass bei Menschenansammlungen Krankheitserreger besonders leicht übertragen werden können (vgl. BR-Drs. 566/99, S. 169 f.; BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 3 C 16.11 –, juris Rn. 26). Dabei lassen die von der baden-württembergischen Landesregierung erlassenen Regelungen das Recht der zuständigen Behörden, weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen zu erlassen, unberührt (§ 20 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 [Corona-Verordnung – CoronaVO] vom 23.06.2020 [in der Fassung vom 19.10.2020]). 11 Die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 1, 2 IfSG verstößt nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG. Berufsregelnde Gesetze fallen nicht unter das Zitiergebot (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.05.1983 – 1 BvL 46/80, 1 BvL 47/80 –, juris Rn. 29 f.; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 09.04.2020 – 1 S 925/20 –, juris Rn. 34 ff. und vom 06.10.2020 – 1 S 2871/20 –, juris Rn. 29). Entsprechendes gilt für die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG, wobei es hier zudem bereits an einem Grundrechtseingriff fehlen dürfte. 12 bb) Die Antragsgegnerin ist als Ortspolizeibehörde für die Festsetzung der streitgegenständlichen Sperrzeit zuständig (§ 54 Satz 1 IfSG i.V.m. § 1 Abs. 6 Satz 1 der baden-württembergischen Verordnung des Sozialministeriums über Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz vom 19.07.2007 – IfSGZustV –, § 62 Abs. 4 Satz 1 PolG). 13 Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin durfte die Festsetzung der Sperrzeit als Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 LVwVfG ergehen. Gemäß § 35 Satz 2, 1. Var. LVwVfG ist eine Allgemeinverfügung unter anderem ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet. Dies ist für die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 20.10.2020 der Fall, die örtlich auf das Stadtgebiet der Antragsgegnerin beschränkt ist und den Adressatenkreis mit Gaststättenbetrieben (Schank- und Speisewirtschaften) und öffentlichen Vergnügungsstätten (einschließlich der Spielhallen, Spielbanken und Wettvermittlungsstellen) näher eingrenzt. Darüber hinaus betrifft die Sperrzeit – wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt – als Reaktion auf die in jüngster Zeit stark ansteigenden Infektionszahlen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin einen konkreten Sachverhalt. Die von der Antragstellerin herangezogene Entscheidung (vgl. VG München, Beschluss vom 24.03.2020 – M 26 S 20.1255 –, juris Rn. 21) ist insofern mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, als die dort streitgegenständliche abstrakt-generelle Regelung alle in Bayern lebenden oder dort aufhältigen Personen betraf (VG München, Beschluss vom 24.03.2020 – M 26 S 20.1255 –, juris Rn. 23) und somit in örtlicher und persönlicher Hinsicht einen umfassenderen Anwendungsbereich hatte. 14 Die Festsetzung der Sperrzeit genügt – anders als die Antragstellerin meint – auch dem Bestimmtheitsgrundsatz des § 37 Abs. 1 LVwVfG. Dieser erfordert, dass der Sachverhalt, auf den sich die Regelung bezieht, und die Rechtsfolge, die bestimmt wird, erkennbar sind (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl., § 37 Rn. 27). Soweit in der Allgemeinverfügung der Begriff der „7-Tages-Inzidenz“ nicht genau definiert wird, ändert dies nichts. Der Begriff dürfte als maßgebliche Größe für die Bewertung des Infektionsgeschehens aus den Medien hinreichend bekannt sein (vgl. etwa die Angabe des Wertes auf der Seite des Robert Koch-Instituts, Stand: 23.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html [Abruf am 23.10.2020]). Die Antragstellerin nimmt zudem selbst Bezug auf die Internetpräsenz der Antragsgegnerin mit der Angabe der tagesaktuellen Inzidenzzahl. Dort wird der Wert der 7-Tages-Inzidenz definiert. Dieser gebe an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sich in einem bestimmten Gebiet insgesamt in den vergangen sieben Tagen angesteckt haben (https://www.mannheim.de/de/informationen-zu-corona/aktuelle-rechtsvorschriften/inzidenzzahl [Abruf am 23.10.2020]). Dass ein Adressat – wie die Antragstellerin vorträgt – davon ausgehen könnte, dass sich der Wert auf die Todeszahlen innerhalb der letzten sieben Tage beziehe, erscheint danach und in Anbetracht dessen fernliegend, dass es um die Eindämmung des vorgelagerten Infektionsgeschehens geht, über das die Todeszahlen insbesondere bei der Erkrankung jüngerer Personen nur bedingt aussagekräftig wären. Des Weiteren bedurfte es nicht der Angabe der Quelle für die Auffindung des aktuellen Inzidenzwertes in der Allgemeinverfügung. Der aktuelle Wert ist auf der Internetpräsenz der Antragsgegnerin, auf die auch die Antragstellerin Bezug nimmt, leicht auffindbar (vgl. https://www.mannheim.de/de/informationen-zu-corona/aktuelle-rechtsvorschriften/inzidenzzahl [Abruf am 23.10.2020]). Insofern ist bei lebensnaher Betrachtung zu erwarten, dass Betreiber von Gaststätten und Vergnügungsstätten – gerade bei den sich teilweise schnell ändernden Vorgaben während der Pandemiesituation – die Internetauftritte der für sie relevanten Rechtsträger zur näheren Information heranziehen. Schließlich ist die Allgemeinverfügung auch in Bezug auf ihre Ziffer 3 lit. b Satz 2, wonach die Regelungen nach Ziffer 2 unwirksam werden, wenn der Inzidenzwert sieben Tage lang ununterbrochen unter 50 liegt, hinreichend bestimmt. Soweit auf der genannten Internetseite nur jeweils die tagesaktuelle Zahl angegeben ist, ändert dies nichts. Denn von dem Betreiber einer Gaststätte oder Vergnügungsstätte dürfte ebenfalls zu erwarten sein, dass er sich nach der erstmaligen Überschreitung der Inzidenzzahl von 50 über die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens informiert hält. 15 cc) Der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG ist erfüllt. Bei dem Virus SARS-CoV-2, das sich im Wege einer Pandemie weltweit verbreitet hat, handelt es sich um eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nr. 3 IfSG (s. im Einzelnen Robert Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 [COVID-19], Stand: 16.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html [Abruf am 23.10.2020]; Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am 23.10.2020]; vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 17). Im Stadtgebiet der Antragsgegnerin wurden bereits 1.727 mit dem Virus infizierte Personen festgestellt (Stand: 22.10.2020, https://www.mannheim.de/de/nachrichten/232-aktuelle-meldung-zu-corona-22-10-2020 [Abruf am 23.10.2020]). Es ist zudem davon auszugehen, dass weitere Ansteckungsverdächtige im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG vorhanden sind. Nach der aktuellen Risikobewertung des durch § 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 IfSG hierzu vorrangig berufenen Robert Koch-Instituts ist im Hinblick auf Infektionsfälle mit dem Virus SARS-CoV-2 von einem bundesweit bestehenden Ansteckungsverdacht auszugehen (vgl. Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am 23.10.2020]; zum Maßstab s. allgemein BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 3 C 16.11 –, juris Rn. 26; VG Freiburg, Beschluss vom 25.03.2020 – 4 K 1246/20 –, juris Rn. 18). 16 dd) Demzufolge war die Antragsgegnerin zum Handeln verpflichtet (gebundene Entscheidung). Hinsichtlich Art und Umfang der Bekämpfungsmaßnahmen – dem „Wie“ des Eingreifens – ist ihr durch § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG Ermessen eingeräumt. Die Festsetzung einer Sperrzeit durch die Antragsgegnerin ist als Verwaltungsakt eine mögliche Schutzmaßnahme im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG, namentlich das Verbot einer Veranstaltung (§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG). Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG um notwendige Maßnahmen handeln muss, die zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich sind. Zugleich sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 3 C 16.11 –, juris Rn. 23 f.; VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 – 14 L 422/20 –, juris Rn. 16). 17 Die Festsetzung der Sperrzeit für das Stadtgebiet der Antragsgegnerin weist bei der Auswahl der Maßnahme aller Voraussicht nach keine Ermessensfehler nach § 114 Satz 1 VwGO auf. Insbesondere beeinträchtigt sie die Antragstellerin voraussichtlich nicht unverhältnismäßig in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Die Festsetzung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr durch Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 20.10.2020 ist, da sie die jedenfalls teilweise Schließung von Gaststättenbetrieben zur Folge hat, als eine Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit anzusehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 09.04.2020 – 1 S 925/20 –, juris Rn. 44 f., vom 30.04.2020 – 1 S 1101/20 –, juris Rn. 41 f. und vom 20.08.2020 – 1 S 2347/20 –, juris Rn. 21). Insofern ist sie mit Art. 12 Abs. 1 GG nur vereinbar, wenn sie durch hinreichende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt ist, wenn die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich sind und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit, d. h. der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, noch gewahrt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.02.1986 – 1 BvR 1770/83 –, juris Rn. 18, vom 15.12.1987 – 1 BvR 563/85 –, juris Rn. 90 und vom 11.02.1992 – 1 BvR 1531/90 –, juris Rn. 59; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.04.2020 – 1 S 925/20 –, juris Rn. 44 f.). 18 Diesen Anforderungen dürfte die von der Antragsgegnerin festgesetzte Sperrzeit genügen. 19 (1) Die Festsetzung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr für das Stadtgebiet der Antragsgegnerin in Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung vom 20.10.2020 dient einem legitimen Zweck. Die Antragsgegnerin verfolgt mit der Maßnahme das Ziel, die Pandemie des Virus SARS-CoV-2 zum Schutze der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger zu bekämpfen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 26). Nach der Begründung der Allgemeinverfügung soll diese der Verzögerung der Ausbreitungsdynamik, der Unterbrechung von Infektionsketten, der Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung für die Gesamtbevölkerung sowie dem Schutz vulnerabler Personengruppen dienen. Es gelte die Ausbreitung des Virus einzudämmen und die Ausbreitung des Infektionsgeschehens soweit wie möglich zu verlangsamen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems mit unter Umständen drastischen Folgen für Menschen mit schwerem Krankheitsverlauf zu verhindern, solange noch kein Impfstoff oder wirksame Medikamente existierten. Dies entspricht auch den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts, wonach Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen gewonnen werden könne, wenn die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich gehalten werde und Ausbrüche verhindert würden. Auch könnten hierdurch Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am 23.10.2020]). 20 (2) Die Festsetzung einer Sperrzeit ist zur Verhinderung der weiteren Verbreitung des Virus SARS-CoV-2 geeignet. 21 Ein Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.1984 – 1 BvR 1494/78 –, juris Rn. 49 und Beschluss vom 09.03.1994 – 2 BvL 43/92 –, juris Rn. 122; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 28). Diese Anforderungen erfüllt die Festsetzung einer Sperrzeit durch Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 20.10.2020. 22 Die Festsetzung einer Sperrzeit trägt zur Minimierung der Sozialkontakte und damit zu einer Verlangsamung der Ausbreitung des Virus bei (vgl. allgemein VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 28). Soweit gegen die Regelung vorgebracht wird, dass nicht ersichtlich sei, dass die Sperrzeit das Infektionsrisiko mindere bzw. einen Effekt auf die Eindämmung des Infektionsgeschehens habe (Bay. VGH, Beschluss vom 19.06.2020 – VGH 20 NE 20.1127 –, juris Rn. 42), überzeugt dies nicht. Denn bereits durch die bloße Verkürzung der Öffnungszeiten von Gaststättenbetrieben und öffentlichen Vergnügungsstätten mindert sich die Zahl der Kontakte zwischen den Personen und damit das Risiko einer Ansteckung. 23 Nach der Risikobewertung zu COVID-19 des Robert Koch-Instituts ist das Virus SARS-CoV-2 grundsätzlich leicht von Mensch zu Mensch übertragbar. Das Infektionsrisiko ist stark vom individuellen Verhalten (AHA-Regel: Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmasken tragen), der regionalen Verbreitung und von den Lebensbedingungen (Verhältnissen) abhängig. Hierbei spielen Kontakte in Risikosituationen (wie z. B. langer face-to-face Kontakt) eine besondere Rolle. Die Aerosolausscheidung steigt bei lautem Sprechen, Singen oder Lachen stark an. In Innenräumen steigt hierdurch das Risiko einer Übertragung deutlich und besteht auch, wenn ein Abstand von mehr als 1,5 m eingehalten wurde. Wenn der Mindestabstand von 1,5 m ohne Mund-Nasen-Bedeckung unterschritten wird, z. B. wenn Gruppen von Personen an einem Tisch sitzen, besteht ein erhöhtes Übertragungsrisiko (Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am: 23.10.2020]). Auch die bisherigen Erfahrungen in der Bundesrepublik und in anderen Staaten zeigen, dass die exponentiell verlaufende Verbreitung des besonders leicht im Wege der Tröpfcheninfektion und über Aerosole von Mensch zu Mensch übertragbaren Virus nur durch eine strikte Minimierung der physischen Kontakte zwischen den Menschen eingedämmt werden kann (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 28). 24 Die Sperrstunde vermindert die Ansteckungsgefahr somit bereits dadurch, dass sie die Anzahl sozialer Treffen und Zusammenkünfte in Gruppen verringert. Denn die längere Öffnung von Gastronomiebetrieben und Vergnügungsstätten ist ein Anreiz für Menschen, sich dort gemeinsam zu treffen. Die Antragsgegnerin hat insofern in der Begründung der Allgemeinverfügung nachvollziehbar ausgeführt, dass der Besuch solcher Betriebe regelmäßig durch eine Stimmung der Geselligkeit und Ausgelassenheit geprägt ist und gerade zum Zweck der Kontaktaufnahme bzw. zwischenmenschlichen Interaktion erfolgt. Dazu ist die Verweildauer typischerweise relativ hoch. Hinzu kommt, dass, wie die Antragsgegnerin in der Begründung der Allgemeinverfügung vom 20.10.2020 darlegt, der Konsum von Alkohol – welcher typischerweise eine enthemmende Wirkung hat und bei fortschreitendem Alkoholgenuss zu einer zunehmenden Missachtung der geltenden Corona-Regelungen führt – ein weiterer Faktor ist, der bei der zeitlichen Betriebsbeschränkung „auch eine, wenngleich nicht die zentrale Rolle“ spielt. Es kann auch nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der Problematik einer möglichen „Enthemmung“ und damit verbundenen möglichen Nichteinhaltung bestehender Vorschriften aufgrund des Konsums alkoholischer Getränke bereits vollständig durch das in Ziffer 2 lit. b der Allgemeinverfügung vorgesehene Verbot des Verkaufs und der Abgabe von alkoholischen Getränken von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr begegnet wird, zumal dieses lediglich am Freitag und Samstag gilt (vgl. zu dieser Argumentation aber VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 – 14 L 422/20 –, juris Rn. 24). 25 Die Festlegung der Sperrzeit auf einen bestimmten Zeitpunkt, hier 23.00 Uhr, lässt die Geeignetheit der Regelung ebenfalls nicht entfallen, wenngleich eine Infektionsgefahr grundsätzlich nicht von der Uhrzeit abhängt. Denn nachdem die Gaststättenbetriebe gerade auch zu dieser Zeit eine Anreizwirkung entfalten, kann jedenfalls insoweit das Infektionsgeschehen eingedämmt werden. Sie kann auch nicht als willkürlich betrachtet werden. Die Antragsgegnerin hat in der Begründung ihrer Allgemeinverfügung vielmehr als sachlichen Grund angeführt, dass nach den Erfahrungen aus entsprechenden Kontrollen in den vergangenen Monaten festzustellen sei, dass die Bereitschaft, sich an bestehende Hygiene- und Verhaltensvorschriften zu halten, besonders stark in den nächtlichen Stunden ab 23.00 Uhr abnehme. 26 Einer Geeignetheit der streitgegenständlichen Anordnung steht auch nicht der Einwand entgegen, dass das Infektionsumfeld „Gaststätte“ gegenüber anderen Infektionsumfeldern wie dem privaten Haushalt, Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und dem Arbeitsplatz lediglich eine untergeordnete Rolle spiele (VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 – 14 L 422/20 –, juris Rn. 21 mit Verweis auf Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 38/2020 vom 17.09.2020, S. 6 ff., https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/38/Art_01.html [Abruf am: 23.10.2020]). Zugleich liegt aber der Anteil von Fällen, die einem bekannten Ausbruch zuzuordnen sind, bereits bei Kindern nur bei rund 40 %, nimmt bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab und erst bei der Altersgruppe der ab 80-Jährigen wieder zu (vgl. Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 38/2020 vom 17.09.2020, S. 5, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/38/Art_01.html [Abruf am: 23.10.2020]). Nach den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts bleiben intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Um Infektionen im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich so weit wie möglich zu vermeiden, ist eine Intensivierung der gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen nötig (Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am: 23.10.2020]). Dem trägt die festgesetzte Sperrzeit Rechnung, indem sie – neben vielen weiteren Maßnahmen gegen die Verbreitung des Virus SARS-CoV-2, welche auf andere Lebensbereiche abzielen und in deren Zusammenschau die Regelung zu sehen ist – einen weiteren gesellschaftlichen Bereich erfasst, der weitere Infektionsquellen begründet. 27 (3) Ebenfalls ist die Festsetzung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr zur Eindämmung der Verbreitung des Virus SARS-CoV-2 im Stadtgebiet der Antragsgegnerin voraussichtlich erforderlich. 28 Ein Mittel ist erforderlich, wenn nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte gewählt werden können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.2020 – 1 S 2871/20 –, juris Rn. 41). 29 Die Sperrzeitregelung ist zur weiteren Eindämmung des Virus SARS-CoV-2 erforderlich, da mildere, gleich effektive Maßnahmen nicht bestehen. Sofern nach § 5 CoronaVO bereits Hygienekonzepte als mildere Mittel vorgeschrieben sind, von der Antragstellerin umgesetzt und auch als wirksame Maßnahme erachtet werden (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 42), sind solche Regelungen jedenfalls nicht gleichermaßen geeignet, eine Ansteckungswahrscheinlichkeit zu verringern (a.A. VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 – 14 L 422/20 –, juris Rn. 20). Denn nach den obigen Ausführungen des Robert Koch-Instituts besteht eine Ansteckungsgefahr durch die Aerosolverbreitung in geschlossenen Räumen auch bei Einhaltung der Hygienevorschriften, sie wird durch diese lediglich minimiert. Die Sperrzeitregelung geht jedoch darüber hinaus, indem sie die Ansteckungsgefahr durch die Verringerung sozialer Kontakte weiter senkt. Gleiches gilt für das Verbot des Ausschenkens von Alkohol, welches ebenfalls als milderes, aber nicht gleich effektives Mittel anzusehen ist (a.A. VG Berlin, Beschluss vom 15.10.2020 – 14 L 422/20 –, juris Rn. 20; als milderes Mittel auch genannt von Bay. VGH, Beschluss vom 19.06.2020 – VGH 20 NE 20.1127 –, juris Rn. 43; VG Würzburg, Beschluss vom 18.09.2020 – W 8 S 20.1337 –, juris Rn. 34 in Bezug auf die zeitliche Beschränkung der Abgabe von Getränken und Speisen in Gastronomiebetrieben). 30 Auch eine (alleinige) Beschränkung privater Zusammenkünfte anstelle der Festsetzung einer Sperrzeit kann die Infektionsgefahr nicht gleichermaßen effektiv eindämmen. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob sich die Treffen in den öffentlichen – etwa wegen einer zeitgleichen Schließung einer Mehrzahl von Gaststätten und Bars – oder privaten Raum verlagern könnten, ohne dass die Möglichkeit der Nachverfolgung der Kontakte bestünde. Ein solches Ausweichverhalten mag zwar unter Umständen zu erwarten sein, die Kontakte insgesamt werden aber durch die Festsetzung der Sperrzeit jedenfalls reduziert, schon aus dem Grund, weil es sich bei Treffen im öffentlichen Raum – insbesondere vor dem Hintergrund sinkender Außentemperaturen – nicht um eine gleichwertige Alternative handelt. Zudem sind auch für private Zusammenkünfte Einschränkungen vorgesehen. Soweit die Allgemeinverfügung vom 15.10.2020 solche noch selbst enthielt (Ziffer 2 lit. a der Allgemeinverfügung: Teilnehmerbegrenzung für Privatveranstaltungen in geschlossenen Räumen auf insgesamt maximal zehn Personen, wobei die Teilnehmenden bei Veranstaltungen in privaten Räumen aus höchstens zwei unterschiedlichen Haushalten stammen dürfen), untersagt nunmehr bereits § 9 Abs. 1 und § 10 Abs. 3 Nr. 1 CoronaVO (in der ab dem 19.10.2020 gültigen Fassung) grundsätzlich private Ansammlungen von mehr als zehn Personen bzw. private Veranstaltungen mit über zehn Teilnehmenden. Darüber hinaus kann die Sperrzeit – mehr als dies die Einschränkung privater Treffen könnte – die Begegnungen unbekannter Personen bzw. solcher aus zahlreichen unterschiedlichen Hausständen verringern, mögen diese auch in Gaststätten und öffentlichen Vergnügungsstätten unter Einhaltung der Abstands- und Hygieneregelungen stattfinden – woran hier im Übrigen angesichts der Darlegung der Antragsgegnerin zu vorgenommenen Kontrollen gewisse Zweifel bestehen –, da letztere den Kontakt mit Aerosolausstößen nicht vollständig verhindern können. 31 Im Hinblick auf die Eindämmung der Infektionsrisiken gelten die obigen Ausführungen gleichermaßen für die Betreiber von Vergnügungsstätten, darunter Spielhallen wie die von der Antragstellerin betriebene. Da es dort ebenfalls zu einer Zusammenkunft von teils unbekannten Personen in geschlossenen Räumen – wenn auch unter Beachtung entsprechender Hygienevorgaben – und bei zum Teil längerer Verweildauer kommt, sind die Anwesenden ebenso der Verbreitung von Aerosolen im Raum ausgesetzt. Soweit die Antragstellerin auf die Begrenzung der Spielgeräte innerhalb der Räumlichkeiten nach § 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit – SpielV verweist, wonach in Spielhallen oder ähnlichen Unternehmen je 12 Quadratmeter Grundfläche höchstens ein Geld- oder Warenspielgerät aufgestellt werden darf, ergibt sich nichts anderes. Hierdurch wird nur das Verhältnis der Gesamtzahl von Automaten zur Fläche der Spielhalle geregelt; dies sagt aber nichts über die Abstände zwischen einzelnen Spielautomaten aus. Die Antragsgegnerin weist darüber hinaus zu Recht darauf hin, dass das Verhalten der Besucher einer Spielhalle sich nicht auf das bloße Betätigen der Spielgeräte beschränken, sondern die Spielhalle durchaus auch als Ort eines geselligen Aufenthalts dienen dürfte. 32 (4) Die Festsetzung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stehen in einem angemessenen Verhältnis zueinander (vgl. allgemein VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.10.2020 – 1 S 3156/20 –, juris Rn. 32). 33 Die Regelung dient mit dem Schutz von Leben und Gesundheit einem hochrangigen Schutzgut, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Infektionslage ist zuletzt deutlich gestiegen (vgl. dazu auch VG Frankfurt, Beschluss vom 14.10.2020 – 2 L 2667/20.F – Pressemitteilung Nr. 12/2020 vom 14.10.2020) und mit einem weiteren Anstieg kann gerechnet werden. Soweit die Anzahl der neu übermittelten Fälle in Deutschland von etwa Mitte März bis Anfang Juli rückläufig war, werden seit Ende Juli wieder deutlich mehr Fälle übermittelt. Nach einer vorübergehenden Stabilisierung der Fallzahlen auf einem erhöhten Niveau ist nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts aktuell ein kontinuierlicher Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten. Die Dynamik nimmt in fast allen Regionen zu. Es kommt bundesweit zu Ausbruchsgeschehen, darunter insbesondere bei Gruppenveranstaltungen (vgl. Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am 23.10.2020]). Für den 22.10.2020 wurden für die Bundesrepublik erneut 11.242 Neuinfektionen gemeldet, nachdem bereits am 21.10.2020 ein neuer Höchststand an 11.287 Neuinfektionen gemeldet worden war (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html [Abruf am 23.10.2020]; https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-robert-koch-institut-meldet-neuen-hoechstwert-von-11-287-infektionen-a-67fb7c58-2743-4b14-88a8-8c1ec9df4e4c [Abruf am 23.10.2020]). Diese Entwicklung des Infektionsgeschehens gilt in besonderem Maße für die Stadt Mannheim. Im Stadtgebiet der Antragsgegnerin wurden bis zum Nachmittag des 22.10.2020 weitere 85 Fälle einer Infektion gemeldet (https://www.mannheim.de/de/presse/231-aktuelle-meldung-zu-corona-21-10-2020). Die 7-Tages-Inzidenz an Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern beträgt 93,4 (https://www.mannheim.de/de/informationen-zu-corona/aktuelle-rechtsvorschriften/inzidenzzahl [Abruf am 22.10.2020]). 34 Bei steigenden Infektionszahlen steht zu befürchten, dass die Gesundheitsämter mit einer Kontaktnachverfolgung nicht mehr nachkommen (andere Infektionslage etwa bei Bay. VGH, Beschluss vom 19.06.2020 – VGH 20 NE 20.1127 –, juris Rn. 42) und das Gesundheitssystem überlastet wird. Belastungsspitzen im Gesundheitswesen gilt es aber zu vermeiden. Zudem soll Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und Impfstoffen gewonnen werden. Nach wie vor gibt es keine zugelassenen Impfstoffe und die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und langwierig. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch ein (Robert Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand: 07.10.2020, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html [Abruf am: 23.10.2020]). 35 Die steigenden Infektionszahlen gaben und geben mithin Anlass, über die bereits bestehenden Einschränkungen hinaus weitere Maßnahmen zur Eindämmung des Virus SARS-CoV-2 in Form der streitgegenständlichen Sperrstundenfestsetzung zu ergreifen. Aufgrund des zunehmend diffusen Ausbreitungsgeschehens bedeutet dies, neben den bisher als hauptsächlich angeführten Infektionsquellen wie privaten Feiern oder Altenheimen auch Maßnahmen in weiteren Lebensbereichen zu ergreifen, um Zusammenkünfte von vielen Menschen generell zu beschränken. Durch das rechtzeitige Einführen örtlicher Beschränkungen soll ein Übergreifen der Infektionsdynamik auf ganz Deutschland und damit die Wiedereinführung deutschlandweiter und umfassender Beschränkungen verhindert werden. 36 Sofern die Anordnung zu diesem Zweck in die Berufsfreiheit der Antragstellerin nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreift, steht dies nicht außer Verhältnis zu den verfolgten Zielen. Die Berufsfreiheit der Antragstellerin ist lediglich auf der Stufe der Berufsausübungsregelung betroffen. Eine Einschränkung der Berufsausübung kann durch jede vernünftige Erwägung des Allgemeinwohls gerechtfertigt sein (siehe bereits oben). Die Beschränkung der Öffnungszeiten auf 23.00 Uhr erweist sich zudem als moderat im Vergleich zu einer vollständigen Schließung gastronomischer Betriebe und Vergnügungsstätten. Die Maßnahme ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie nach Ziffer 4 der Allgemeinverfügung bis zum 04.01.2021 befristet und damit im Ausgangspunkt auf geraume Zeit angelegt ist. Zudem wird die Sperrzeitregelung nach Ziffer 2 lit. a nach Ziffer 3 lit. b automatisch unwirksam, wenn die sogenannte 7-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohnern für Mannheim sieben Tage lang ununterbrochen unter dem Wert von 50 liegt. Damit ist eine zeitliche Überprüfung zur weiteren Notwendigkeit der Regelung bereits in der Allgemeinverfügung selbst angelegt. 37 c) Selbst wenn man annähme, dass im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht abschließend beurteilt werden könnte, ob die Einschränkung der Antragstellerin in ihrer Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG noch als verhältnismäßig anzusehen ist, würde bei der dann gebotenen Folgenabwägung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.2020 – 1 BvQ 29/20 –, juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.08.2020 – 1 S 2347/20 –, juris Rn. 21) jedenfalls das öffentliche Vollzugsinteresse gegenüber dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegen. 38 Wenn die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht angeordnet würde, sich nach behördlicher Überprüfung der Festsetzung der Sperrzeit im Widerspruchsverfahren und gegebenenfalls gerichtlicher Überprüfung in einem Klageverfahren jedoch herausstellte, dass die Festsetzung der Sperrzeit wegen einer unverhältnismäßigen Einschränkung der Antragstellerin in ihrem Recht aus Art. 12 Abs. 1 GG rechtswidrig ist, wäre die Antragstellerin in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG verletzt. Würde demgegenüber die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet und sich später herausstellen, dass die Sperrzeit zu Recht angeordnet worden ist, weil die Antragsgegnerin im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 GG annehmen durfte, dass den zu schützenden Grundrechten der übrigen Bevölkerung – Leben und körperliche Unversehrtheit – im vorliegenden Fall gegenüber der Berufsfreiheit der Antragstellerin der Vorrang zukommt, wären grundrechtlich geschützte Interessen einer großen Anzahl Dritter von hohem Gewicht betroffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.04.2020 – 1 BvQ 29/20 –, juris Rn. 7 ff.). Bei der Gegenüberstellung dieser Folgen muss das Interesse der Antragstellerin zurücktreten. Denn entsprechend der obigen Ausführungen ist der zu beachtende Schutz der Gesundheit höher zu bewerten als das andererseits zu berücksichtigende gewerbliche Interesse der Antragstellerin (VG Gießen, Beschluss vom 16.10.2020 – 8 L 3558/20.GI –, Pressemitteilung vom 16.10.2020; dahingehend auch Hess. VGH, Beschluss vom 16.10.2020 – 6 B 2515/20 –, juris Rn. 21). 39 Da mithin eine Folgenabwägung zum Nachteil der Antragstellerin ausginge, kommt auch aus diesem Grund die Anordnung der aufschiebenden Wirkung vorliegend nicht in Betracht. 40 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. 41 Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG (in Anlehnung an Ziffer 45.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der zuletzt am 18.07.2013 beschlossenen Änderungen). Im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache geht die Kammer vom vollen Streitwert aus (vgl. Beschluss der Kammer vom 08.02.2019 – 1 K 773/19 –).
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die dieses selber tragen. 1T a t b e s t a n d 2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks I.               19 in I.     (Gemarkung I.     , Flur 9, Flurstück 0/0). Die Beigeladenen sind die Eigentümer des nordöstlich angrenzenden Grundstücks I.               00 (Flurstück 0   ). Die Grundstücke liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans. Sie sind jeweils zur gemeinsamen Grenze hin grenzständig mit einem Wohnhaus bebaut. 3Mit Baugenehmigung vom 23. Juni 2014 sowie Nachtragsgenehmigungen vom 19. März 2015 und 21. Mai 2015 genehmigte die Beklagte die Errichtung eines rückwärtigen – zum Grundstück des Klägers grenzständigen – Anbaus im Erdgeschoss mit einer Tiefe von 2,75m und einer Breite von 5,60m und von Balkonen im Erd- und den Obergeschossen sowie eines Stellplatzes im rückwärtigen Grundstücksbereich. 4Am 2. Juli 2017 erteilte die Beklagte den Beigeladenen eine weitere (Nachtrags-)Baugenehmigung. Gegenstand dieser Genehmigung ist die Vergrößerung des bereits genehmigten rückwärtigen Anbaus auf eine Tiefe von 4,00m bei einer Breite von jetzt 5,20m. Zudem erstreckt sich der Anbau nunmehr über das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss. Auf dem Anbau ist im Dachgeschoss eine – teilweise überdachte – Dachterrasse nebst Gebäudeabschlusswand zum Grundstück des Klägers hin genehmigt. 5Die Beigeladenen zeigten gegenüber der Beklagten einen Baubeginn am 15. Oktober 2018 an; die Rohbaufertigstellung zeigten sie am 18. Juni 2019 an. 6Dem Kläger erteilte die Beklagte bereits am 12. Juni 2014 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines zum Grundstück der Beigeladenen hin grenzständigen Anbaus im Erdgeschoss mit einer Tiefe von 2,75m und einer Breite von 5,60m sowie von Balkonen im Erd- und dem Obergeschoss, einer Gaube im Dachgeschoss und zwei Stellplätzen im rückwärtigen Bereich. 7Am 24. Juli 2019 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung macht er geltend, bei den Gebäuden auf seinem Grundstück und dem Grundstück der Beigeladenen handele es sich um ein Doppelhaus. Ursprünglich seien Baugenehmigungen für nahezu identische rückwärtige eingeschossige Anbauten erteilt worden. Die Baugenehmigung vom 2. Juli 2017, die ihm nicht bekannt gegeben worden sei, gehe aber weit darüber hinaus. Die Genehmigung sei ohne seine Zustimmung erteilt worden. Es gebe keinen Lageplan und das Vorhaben beeinträchtige den Lichteinfall und den Sozialabstand. Zudem wirke der Anbau sehr erdrückend. 8Der Kläger beantragt, 9die den Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 2. Juli 2017 aufzuheben. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie trägt im Kern vor, die genehmigte Erweiterung füge sich nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung in die vorhandene Umgebungsbebauung ein. Soweit der Kläger meine, dass die Bebauungstiefe über die Umgebungsbebauung hinaus gehe, betreffe dies das Maß der baulichen Nutzung, das regelmäßig nicht nachbarschützend sei. Das Vorhaben der Beigeladenen sei dem Kläger gegenüber auch nicht rücksichtslos. Insbesondere habe es keine erdrückende Wirkung. Durch den Anbau entstehe nicht der Eindruck des „Eingemauert-Seins“ und es werde dem Grundstück des Klägers auch nicht „die Luft genommen“. Der Versprung zwischen dem Anbau auf dem Grundstück des Klägers und demjenigen auf dem Grundstück der Beigeladenen betrage nur 1,25m; das sei vom Kläger hinzunehmen. 13Die Beigeladenen, die keinen Antrag stellen, halten die angefochtene Baugenehmigung für rechtmäßig. 14Der Einzelrichter hat am 12. Oktober 2020 die Örtlichkeit in Augenschein genommen; wegen des Ergebnisses der Ortsbesichtigung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen. 16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e 17Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer solchen verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO). 18Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angegriffene Baugenehmigung vom 2. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie verstößt insbesondere nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts. 19Gegen eine Baugenehmigung kann sich ein Nachbar nur wehren, wenn das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts verstößt und ein Dispens von diesen Vorschriften nicht erteilt ist bzw. wegen nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Die verletzten Normen müssen nicht nur die Interessen der Allgemeinheit, sondern zumindest auch Individualinteressen des Nachbarn schützen. 20Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Dabei sind Nachbarrechte des Klägers nicht etwa verwirkt. Die Beklagte hat dem Kläger die Baugenehmigung vom 2. Juli 2017 nicht bekannt gegeben, so dass er erst mit fortschreitender Bautätigkeit, die über die Genehmigung vom 23. Juni 2014 hinaus ging, von der Existenz einer weiteren Baugenehmigung erfahren konnte. Das dürfte erst mit der Rohbaufertigstellung der Fall gewesen sein. Danach hat der Kläger sich rechtzeitig gegen das Vorhaben der Beigeladenen gewehrt. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt allerdings weder gegen bauplanungsrechtliche noch gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz des Klägers dienen. 21Bauplanungsrechtlich richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB, da das Grundstück der Beigeladenen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt. Ein Nachbar, der sich auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB gegen ein Vorhaben im unbeplanten Innenbereich wendet, kann mit seiner Klage nur durchdringen, wenn die angefochtene Baugenehmigung gegen das im Tatbestandsmerkmal des Einfügens enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstößt. Dies ist der Fall, wenn das genehmigte Vorhaben zwar in jeder Hinsicht den aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmen wahrt, sich aber gleichwohl in seine Umgebung nicht einfügt, weil es an der gebotenen Rücksicht auf die sonstige, also vor allem auf die in unmittelbarer Nähe vorhandene Bebauung fehlt. 22Ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; vgl. Urteil vom 26. Mai 1978 – 4 C 9.77 – und Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 –. 23Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme kann auch dann vorliegen, wenn sich ein Vorhaben entgegen § 34 BauGB nach den dort genannten Merkmalen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Maßgebend für den Verstoß gegen Rechte eines Nachbarn ist insoweit, dass sich aus den individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Aussagen für Doppelhäuser konkretisiert: Ist ein unbeplanter Innenbereich in offener Bauweise bebaut, weil dort nur Einzelhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen im Sinne von § 22 Abs. 2 BauNVO den maßgeblichen Rahmen bilden, so fügt sich ein grenzständiges Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB grundsätzlich nicht nach der Bauweise ein, das unter Beseitigung eines bestehenden Doppelhauses grenzständig errichtet wird, ohne mit dem verbleibenden Gebäude ein Doppelhaus zu bilden. Ein solches Vorhaben verstößt gegenüber dem Eigentümer der bisher bestehenden Doppelhaushälfte grundsätzlich gegen das drittschützende Gebot der Rücksichtnahme. 24Vgl. hierzu insgesamt BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –. 25Gemessen hieran liegt unter dem Gesichtspunkt der Bauweise kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vor. Durch das Vorhaben der Beigeladenen wird die faktische offene Bauweise nicht verletzt. 26Die im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung zur Bestimmung der faktischen Bauweise wird durch die Bebauung beidseits der Straße I.               , die Bebauung nördlich der S.-straße und durch die Bebauung entlang der L.-straße und der B.-  Straße(jeweils zwischen I.               und S.-straße) geprägt. Hier sind fast ausschließlich Einzel-, Doppelhäuser und wenige Hausgruppen anzutreffen. Damit ist eine faktische offene Bauweise im Sine des § 22 BauNVO gegeben. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Bestimmung werden die Gebäude in offener Bauweise mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet, d.h. bei Doppelhäusern wird nur an der gemeinsamen Grenze grenzständig gebaut. 27Die faktische offene Bauweise wird durch das Vorhaben der Beigeladenen nicht verletzt. Die auf den Grundstücken des Klägers und der Beigeladenen bestehenden Bestandsgebäude stellen ein Doppelhaus dar; der Doppelhauscharakter wird durch den genehmigten Anbau auf dem Grundstück der Beigeladenen nicht aufgehoben. 28Ein im Rahmen offener Bauweise im Sinne von Art. 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO als Grenzbebauung zulässiges Doppelhaus ist eine bauliche Anlage, die dadurch entsteht, dass zwei Gebäude auf benachbarten Grundstücken durch Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit zusammengefügt werden. Kein Doppelhaus bilden dagegen zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbstständige Baukörper erscheinen. Ein Doppelhaus verlangt ferner, dass die beiden Haushälften in "wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise" aneinandergebaut werden. 29Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –. 30Insoweit enthält das Erfordernis der baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein qualitatives Element, deren Vorliegen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. 31Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 –, Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 – und Beschluss vom 14. September 2015 – 4 B 16.15 –. 32In quantitativer Hinsicht sind dabei insbesondere die Geschosszahl, die Gebäudehöhe, die Bebauungstiefe und -breite sowie das durch diese Maße im Wesentlichen bestimmte oberirdische Brutto-Raumvolumen zu berücksichtigen. In qualitativer Hinsicht kommt es unter anderem auch auf die Dachgestaltung und die sonstige Kubatur des Gebäudes an. 33Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 – 4 C 12.14 – und Beschluss vom 14. September 2015 – 4 B 16.15 –. 34Diese Begriffsbestimmung bezeichnet den Begriff des Doppelhauses im Sinne aller planungsrechtlichen Vorschriften und ist damit auch für den - wie hier gegeben - unbeplanten Innenbereich von Bedeutung. 35Vgl. erneut BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 – sowie Urteil vom 19. März.2015 – 4 C 12.14 –. 36Im System der offenen Bauweise, das durch seitliche Grenzabstände zu den benachbarten Grundstücken gekennzeichnet ist, ordnet sich ein aus zwei Gebäuden zusammengefügter Baukörper nur ein und kann somit als Doppelhaus gelten, wenn das Abstandsgebot an der gemeinsamen Grundstücksgrenze auf der Grundlage der Gegenseitigkeit überwunden wird. Ein einseitiger Grenzanbau ist in der offenen Bauweise unzulässig. Die Zulässigkeit einer Bebauung als Doppelhaus setzt daher in Gebieten der offenen Bauweise den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Dieser Verzicht bindet die benachbarten Grundeigentümer bauplanungsrechtlich in ein Verhältnis des gegenseitigen Interessenausgleichs ein: Ihre Baufreiheit wird zugleich erweitert und beschränkt. Durch die Möglichkeit des Grenzanbaus wird die bauliche Nutzbarkeit der (häufig schmalen) Grundstücke erhöht. Das wird durch den Verlust seitlicher Grenzabstände an der gemeinsamen Grenze, die Freiflächen schaffen und dem Wohnfrieden dienen, "erkauft". Diese enge Wechselbeziehung, die jeden Grundeigentümer zugleich begünstigt und belastet, ist Ausdruck einer planungsrechtlichen Konzeption. Sie ist aus städtebaulichen Gründen (Steuerung der Bebauungsdichte, Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes) gewollt und begründet ein nachbarliches Austauschverhältnis, das nicht einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht werden darf. 37Vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2000 – 4 C 12.98 – und vom 5. Dezember 2013 – 4 C 5.12 –. 38Die Bestandsgebäude des Klägers und der Beigeladenen stellen geradezu idealtypisch ein Doppelhaus dar. Straßenseitig sind die Häuser an der Grundstücksgrenze spiegelbildlich aneinander gebaut. Geschossigkeit, Fassadengliederung und Dachform sind identisch. Auch rückwärtig waren die Gebäude ursprünglich nahezu identisch. 39An dem Vorliegen eines Doppelhauses hat sich durch die genehmigte Erweiterung des Gebäudes der Beigeladenen nichts geändert. Die Erweiterung betrifft lediglich einen geringen Teil der Breite der rückwärtigen Seite des Bestandsgebäudes. Bei einer Gesamtbreite von 13,30m macht der genehmigte Anbau nur gut 1/3 der Rückseite aus. Auch verändern die Tiefe von 4,0m und der Umstand, dass der genehmigte Anbau über zwei Vollgeschosse reicht, das Gebäude nicht derart, dass es den Charakter eines Doppelhauses verliert. Die besonders prägende straßenseitige Fassade bleibt unberührt. Auch die Dachform verändert sich nicht. Die überbaubare Grundstücksfläche unterscheidet sich auf den beiden Grundstücken nur unwesentlich. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger eine Baugenehmigung für einen gleich breiten, allerdings mit 2,75m geringfügig zurückspringenden Anbau erhalten und das Vorhaben zum Teil schon umgesetzt hat. Damit bestehen nunmehr an beiden Doppelhaushälften im Kern vergleichbare rückwärtige Anbauten. 40Damit liegen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht keine den Doppelhauscharakter aufhebende Veränderungen vor. Auch nach – der bereits erfolgten Verwirklichung des Vorhabens der Beigeladenen – besteht nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung weiterhin der Eindruck eines einheitlichen Gesamtgebäudes und nicht der Eindruck von zwei eher zufällig an der Grundstücksgrenze zusammengebauten Häusern. Ganz maßgeblich für diesen Eindruck ist, dass die Vorderseite der Gebäude und die Dachkonstruktion von den Veränderungen nicht betroffen sind. Zudem sind nahezu spiegelbildlich auf der Rückseite neue Balkonanlagen genehmigt und errichtet worden. Die einzige Abweichung besteht in der unterschiedlichen Grundfläche und Höhe der rückwärtigen Anbauten. Das fällt angesichts des im Vergleich zu den „Hauptgebäuden“ geringen Bauvolumens der Anbauten nicht ins Gewicht. 41Auch im Übrigen ist ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme – soweit es nicht um seine Ausprägung im Rahmen der so genannten Doppelhausrechtsprechung geht – nicht erkennbar. 42Als rücksichtslos erweist sich ein Bauvorhaben mit Blick auf den Umfang des Baukörpers erst dann, wenn es ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls derart übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird. 43Vgl. OVG NRW, Urteile vom 18. Oktober 2011 – 10 A 26/09 – und vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 –. 44Dies ist vorliegend insbesondere nach dem Eindruck aus der Ortsbesichtigung nicht erkennbar. Von einem Gefühl des „Eingemauertseins“ kann schon im Ansatz nicht die Rede sein. Vom Grundstück des Klägers aus ist der vollständige Blick in süd/süd-östlicher Richtung frei. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass die südlich/südöstlich angrenzenden Grundstücke tiefer als das Grundstück des Klägers liegen, so dass der Blick über den Ortsteil Alt I.     hinweg in die Landschaft nicht durch die Bebauung auf den angrenzenden Grundstücken beeinträchtigt wird. Lediglich in Richtung Nordosten wird der Blick durch den genehmigten Anbau auf dem Grundstück der Beigeladenen geringfügig eingeschränkt. Das ist hinzunehmen. Eine „beherrschende Wirkung“ geht von dem Anbau in keiner Weise aus. 45Es ist auch in keiner Weise eine unzumutbare Beeinträchtigung der Belichtung des Grundstücks des Klägers durch das Vorhaben der Beigeladenen gegeben. Dies folgt bereits – ungeachtet der vergleichsweise geringen Dimension des Anbaus – aus der Lage der Grundstücke zueinander. Der streitige Anbau steht nordöstlich des Grundstücks des Klägers. Damit wird die Besonnung und Belichtung des Grundstücks des Klägers über den weit überwiegenden Teil des Tages durch den Anbau nicht beeinträchtigt. 46Eine Rücksichtslosigkeit des im Gartenbereich des Grundstücks der Beigeladenen genehmigten Stellplatzes scheidet gleichfalls von vornherein aus. Der Kläger hat selbst für sein Grundstück eine Baugenehmigung für zwei Stellplätze im Gartenbereich beantragt und erhalten. Damit ist es ihm schon aus Gründen von „Treu und Glauben“ verwehrt, sich gegen den auf dem Nachbargrundstück genehmigten Stellplatz zu wenden. 47Auch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht ist keine Verletzung nachbarschützender Bestimmungen ersichtlich. Ob beim Bauantrag der Beigeladenen alle Bestimmungen der Bauprüfverordnung beachtet wurden, kann dahinstehen. Namentlich das vom Kläger angesprochene Erfordernis eines Lageplanes dient nicht – auch – dem Schutz der Rechte des Nachbarn. Unerheblich ist auch, dass die Beklagte keine Zustimmung des Klägers zum Vorhaben der Beigeladenen eingeholt hat. Ein derartiges Zustimmungserfordernis kennt das Gesetz nicht. 48Eine Verletzung von § 6 BauO NRW ist nicht gegeben. Das Einhalten einer Abstandfläche zum Grundstück des Klägers hin ist nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BauO NRW nicht erforderlich, da hier – wie oben bereits ausgeführt – bauplanungsrechtlich an die Grenze gebaut werden darf. Da der genehmigte Anbau lediglich 1,25m über das Gebäude auf dem Grundstück des Klägers hinausragt, ist eine hinreichende Anbausicherung durch die übrige deckungsgleiche Grenzbebauung gegeben. 49Die Kostenentscheidung folgt des § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), da die Beigeladenen keinen Antrag gestellt und sich damit nicht auch selbst dem Kostenrisiko ausgesetzt haben. 50Rechtsmittelbelehrung 51Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu, wenn sie von diesem zugelassen wird. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 52531. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 542. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 553. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 564. das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 575. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. 58Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich zu beantragen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. 59Statt in Schriftform kann die Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen. 60Die Gründe, aus denen die Berufung zugelassen werden soll, sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist. 61Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. 62Die Antragsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften. 63Beschluss 64Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6510.000,00 € 66festgesetzt. 67Gründe 68Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für der Kläger ist es angemessen, den Streitwert auf den festgesetzten Betrag zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). 69Rechtsmittelbelehrung 70Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden. 71Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen. 72Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 73Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt. 74Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.
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Tenor Auf die Berufungen des Klägers werden die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Juni 2017 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. November 2011 und 25. Juni 2015 sowie unter Abänderung des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20. Juni 2012 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2011 sowie 1. Februar 2012 bis 31. März 2012 bruttokalte Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu gewähren. Die Berufungen des Beklagten werden zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um Leistungsansprüche des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Strittig ist vorliegend die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Leistungen für die Unterkunft gemäß § 22 SGB II in den Monaten August 2011 bis März 2012. 2 Der am ... 1966 geborene Kläger steht seit Anfang 2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Er bewohnt in F... eine 53,63 m² große Zweizimmerwohnung, für die im streitgegenständlichen Zeitraum eine Nettokaltmiete in Höhe von 250,- EUR zzgl. 82,- EUR Betriebskostenvorauszahlung sowie eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 27,- EUR monatlich zu entrichten war. Die bruttokalten Unterkunftskosten des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum betrugen demnach 332,- EUR monatlich. 3 Bereits mit Schreiben vom 1. März 2005 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten nur noch bis 30. September 2005 berücksichtigt werden könnten. Danach seien diese auf das angemessene Ausmaß zu reduzieren. Dieses bestimme sich aus der analogen Anwendung der Wohngeldtabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) damaliger Fassung. Angemessen sei ein Betrag von 245,00 EUR monatlich bruttokalt. 4 Den Leistungsanspruch des Klägers im Zeitraum April bis September 2011 regelte der Beklagte vorläufig mit Bescheid vom 10. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2011 und berücksichtigte dabei eine Bruttokaltmiete in Höhe von 270,00 EUR monatlich. 5 Am 22. Juli 2011 hat der Kläger gegen diese Entscheidung Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Diese Klage wurde ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 9 AS 759/11 geführt. 6 Am 20. Oktober 2011 erfolgte die endgültige Leistungsfestsetzung für den oben genannten Zeitraum. Der Beklagte berücksichtigte dabei für die Zeit bis einschließlich 31. Juli 2011 wiederum eine Bruttokaltmiete in Höhe von 270,00 EUR zuzüglich Heizkosten und für den Zeitraum ab 1. August 2011 bis 30. September 2011 eine Bruttokaltmiete in Höhe von 301,00 EUR. 7 Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch mit dem Ziel, seine tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 359,00 EUR zu erhalten. 8 Der Beklagte erließ am 15. November 2011 einen Änderungsbescheid, mit dem für den Zeitraum von April 2011 bis Juli 2011 eine Bruttokaltmiete in Höhe von 291,00 EUR zuzüglich Heizkosten berücksichtigt wurden. Soweit der Widerspruch über diese Abänderung hinausging, hat der Beklagte ihn mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2011 zurückgewiesen. 9 Im Klageverfahren S 9 AS 759/11 hat das Sozialgericht Schleswig am 9. August 2013 gemeinsam mit weiteren Verfahren des Klägers einen Erörterungstermin durchgeführt. Dabei ist das Verfahren in Einverständnis beider Beteiligter ruhend gestellt worden. 10 Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2015 dem Klagebegehren für den Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2011 entsprochen hatte und in diesem Zeitraum die tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 332,00 EUR bruttokalt zzgl. 27,00 EUR Heizkosten der Leistungsgewährung zugrunde gelegt hatte, hat der Kläger das Verfahren mit Schriftsatz vom 9. August 2015 wiederaufgenommen und die Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten auch für die Monate August und September 2011 begehrt. Das Verfahren ist sodann unter dem Aktenzeichen S 9 AS 389/15 geführt worden. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen die Wirksamkeit der Kostensenkungsaufforderung angezweifelt und vorgetragen, diese könne zum Stichtag 1. August 2011 keine Wirkung mehr entfalten. 11 Der Kläger hat im Verfahren S 9 AS 389/15 beantragt, 12 den endgültigen Festsetzungsbescheid von 20. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. November 2011 und 25. Juni 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 31,00 EUR monatlich für den Zeitraum August 2011 bis September 2011 zu bewilligen und auszuzahlen. 13 Der Beklagte hat beantragt, 14 die Klage abzuweisen. 15 Den Leistungsanspruch des Klägers für den Zeitraum 1.Oktober 2011 bis 31. März 2012 regelte der Beklagte vorläufig mit Bescheid vom 30. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 und berücksichtigte dabei bruttokalte Unterkunftskosten in Höhe von 301,00 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von 27,00 EUR. 16 Der Kläger hat dagegen am 18. Oktober 2011 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Die Klage ist ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 9 AS 959/11 geführt worden. 17 Am 5. November 2011 erging ein Änderungsbescheid, mit dem der Beklagte für Dezember 2011 ein Guthaben einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 34,60 EUR auf den Unterkunftsbedarf mindernd angerechnet hat. Die Auszahlung dieses Gutachtens an den Kläger durch den Vermieter ist im Dezember 2011 erfolgt. 18 Am 20. Juni 2012 hat der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers im Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 endgültig festgesetzt und dabei, außer im Dezember 2011, für den die Betriebskostenabrechnung mindernd berücksichtigt wurde, bruttokalte Unterkunftskosten in Höhe von 301,00 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von 27,00 EUR berücksichtigt. 19 Auch das Klageverfahren S 9 AS 959/11 ist im Erörterungstermin vom 9. August 2013 im Einverständnis mit dem Beteiligten ruhend gestellt worden. 20 Mit Schriftsatz vom 6. September 2016 hat der Kläger das Verfahren wiederaufgenommen. Dieses ist sodann unter dem Aktenzeichen S 9 AS 439/16 geführt worden. 21 In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2017 hat das Sozialgericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Anrechnung des im Dezember 2011 zugeflossenen Betriebskostenguthabens erst im Januar 2012 hätte erfolgen dürfen. Daraufhin hat der Beklagte ein von dem Kläger angenommenes Teilanerkenntnis hinsichtlich der Gewährung weiterer Unterkunftskosten in Höhe von 34,60 EUR für den Monat Dezember 2011 abgegeben. 22 Der Kläger hat im Verfahren S 9 AS 439/16 beantragt, 23 den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 20. Juni 2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2011 weitere Unterkunftskosten in Höhe von 31,00 EUR zu gewähren und für den Zeitraum Februar bis März 2012 ebenfalls weitere Unterkunftskosten in Höhe von 31,00 EUR zu gewähren. 24 Der Beklagte hat beantragt, 25 die Klage abzuweisen. 26 Mit Urteilen vom 15. Juni 2017 hat das Sozialgericht Schleswig den Beklagten unter Abänderung der jeweiligen endgültigen Festsetzungsbescheide und der dazu ergangenen Änderungsbescheide verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 1. August 2011 bis 31. Dezember 2011 und 1. Februar 2012 bis 31. März 2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 28,- EUR monatlich zu bewilligen und auszuzahlen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Die Berufung hat es dabei jeweils zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Konzept des Beklagten zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten sei für den hier zu beurteilenden Einpersonenhaushalt schlüssig. Es habe jedoch unzutreffend auf der Angebotsseite WG-Zimmer eingeschlossen. Unter Herausrechnung der angebotenen WG-Zimmer ergebe sich eine angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 329,00 EUR. Gefolgt ist das Sozialgericht dabei einer früheren Entscheidung vom 18. März 2016 im Verfahren S 24 AS 232/15. In dieser Entscheidung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Vergleichsraumbildung und die Datenerhebung innerhalb des Vergleichsraums bei Erstellung des von dem Beklagten verwandten Unterkunftskostenkonzepts nicht zu beanstanden sei. Auch die Auswertung der Daten hat es überwiegend für beanstandungsfrei gehalten. Kritisiert hat es aber, dass bei Ermittlung der maximal angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt auch Wohnungen unterhalb einer Wohnfläche von 40-60 m² ohne Festlegung einer Mindestgröße aus den erhobenen Angebotsmieten mitberücksichtigt worden sind. Dabei handele es sich dann nicht nur um Wohnungen die kleiner als 40 m² seien, sondern auch um WG-Zimmer. Bei WG-Zimmern handele es sich aber um abstrakt nicht zumutbaren Wohnraum. Dies liege nicht an einer etwaigen Ausstattung und nur zu einem geringen Teil an der Größe des eigentlichen Zimmers, sondern im Wesentlichen daran, dass dem Nachsuchenden von vornherein eine erhebliche Aufgabe der Privatsphäre abverlangt werde. Dem stehe nicht entgegen, dass auf konkreter Ebene WG-Zimmer angemietet werden dürften und eine Anzahl von Hilfebedürftigen im gemeinschaftlichen Wohnen unter Umständen auch eine Annehmlichkeit sähen. Dies seien aber persönliche Erwägungen, die auf abstrakter Ebene bei Bestimmung der Angemessenheit außen vor zu bleiben hätten. Das Sozialgericht hat sodann die bei Ermittlung maximal angemessener Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt berücksichtigten 27 WG-Zimmer aus der Berechnung des vom Beklagten beauftragten Instituts herausgerechnet und im Ergebnis maximal angemessene Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt in Höhe von 329,00 EUR monatlich bruttokalt ermittelt. 27 Gegen die ihm am 25. Juli 2017 zugestellten Urteile richten sich die Berufungen des Klägers, die im Verfahren L3 AS 116/17 (= S 9 AS 389/15) am 27. Juni 2017 und im Verfahren L3 AS 117/17 (= S 9 AS 439/16) am 28. Juni 2017 eingegangen sind. 28 Der Beklagte hat in der Sitzung des Senats am 23. Oktober 2020 zu Protokoll des Gerichts jeweils Anschlussberufung gegen die Urteile des Sozialgerichts vom 15. Juni 2017 erhoben. 29 Der Kläger kritisiert die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten sowohl durch den Beklagten bzw. das von diesem beauftragte Institut als auch durch das Sozialgericht. Es sei zu berücksichtigen, dass der Wohnungsmarkt in F... angespannt sei. Zudem kritisiert er den Einbezug von Substandardwohnungen in die Auswertung. Die Betriebskosten seien bei Ermittlung der bruttokalten Unterkunftskosten zu niedrig angesetzt. Zu berücksichtigen sei, dass ein qualifizierter Mietspiegel für die Stadt F... nicht bestehe, was die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten erschwere. Er habe bereits früher darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung von Wohnungen unterhalb von 35 m² zweifelhaft sei. Das jetzt vorliegende Konzept berücksichtige aber noch sehr viel kleinere Wohnungen. Die durch das Sozialgericht erfolgte Korrektur sei nicht ausreichend. Zwar sei die Begründung im Ansatz korrekt, es seien aber möglicherweise immer noch nicht sämtliche unzumutbaren Unterkünfte eliminiert worden. Das Sozialgericht habe bei Bewertung der Nachfrage steigende Einwohnerzahlen und unzureichende Neubautätigkeit nicht hinreichend berücksichtigt. Auch gebe es Hinweise, dass bei der Ermittlung des Anteils der Transferleistungsbezieher auf der Nachfrageseite von zu wenig Bedarfsgemeinschaften ausgegangen sei. Insoweit sei das Gutachten von IWU erläuterungsbedürftig. 30 Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 31 die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Juni 2017 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Festsetzungsbescheides vom 20. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. November 2011 und 25. Juni 2015 sowie unter Abänderung des Festsetzungsbescheides vom 20. Juni 2012 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum August 2011 bis Dezember 2011 sowie Februar 2012 bis März 2012 bruttokalte Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu gewähren. 32 Der Beklagte beantragt, 33 die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Juni 2017 abzuändern und die Berufungen des Klägers zurückzuweisen. 34 Zur Begründung seiner Anträge hat er auf seine Ausführungen im Berufungsverfahren L3 AS 95/16, über welches der erkennende Senat ebenfalls aufgrund der Sitzung am 23. Oktober 2020 entschieden hat, Bezug genommen. Dort hat er ausgeführt, in Hinblick auf den hohen Anteil Studierender an der Wohnbevölkerung in F..._ könne nicht von vornherein von einer Unzumutbarkeit bestimmter bescheidener Wohnformen ausgegangen werden. 35 In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2020 hat der Senat beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 3 AS 116/17 verbunden. 36 Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen. Entscheidungsgründe 37 Der Senat konnte trotz Fernbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2020 über die Berufungen entscheiden, weil der Kläger in der rechtzeitig zugegangenen Ladung auf diese sich aus § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenende Möglichkeit hingewiesen worden ist. 38 Die Berufungen des Klägers sind zulässig. Insbesondere sind diese innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG, gerechnet ab Zustellung des angefochtenen Urteils, bei dem Landessozialgericht eingegangen. 39 Der Mindestbeschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG wird zwar jeweils nicht erreicht, sodass die Berufungen der Zulassung bedurften. Das Sozialgericht hat aber in beiden Fällen in den angefochtenen Urteilen die Berufung zugelassen. 40 Auch die Berufungen des Beklagten sind zulässig. Als unselbstständige Anschlussberufungen unterliegen sie während der Rechtshängigkeit der Berufungen des Klägers keiner Berufungsfrist. 41 Die Berufungen des Klägers sind auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht im Ergebnis die Verurteilung des Beklagten in den angefochtenen Urteilen auf die Gewährung von 329,- EUR Unterkunftskosten bruttokalt beschränkt und dem Kläger nicht die jeweils um 3,- EUR höheren tatsächlichen monatlichen Unterkunftskosten zugesprochen. Die Urteile des Sozialgerichts waren daher abzuändern. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind über den Umfang der erstinstanzlichen Verurteilungen hinaus auch insoweit rechtswidrig, als sie den Kläger nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten in den noch streitgegenständlichen Monaten gewähren. Der Kläger hat schon Anspruch auf Berücksichtigung seiner tatsächlichen Unterkunftskosten, weil er nicht wirksam zur Absenkung seiner Unterkunftskosten auf das angemessene Ausmaß aufgefordert worden ist. Unabhängig davon hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass das von den Beklagten zur Ermittlung der maximal angemessenen Unterkunftskosten zugrunde gelegte Konzept jedenfalls insoweit den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht genügt, als es auch WG-Zimmer bei der Auswertung der erhobenen Mietangebote zur Ermittlung der Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt mitberücksichtigt. Das Sozialgericht war entgegen seiner Vorgehensweise aber nicht gehalten, auf Grundlage des als defizitär erkannten Konzepts des Beklagten ein eigenes schlüssiges Konzept unter Herausrechnung der WG-Zimmer zu erarbeiten. 42 Die Berufungen des Beklagten sind hingegen nicht begründet und waren zurückzuweisen. 43 Der Kläger hat in den Monaten August bis Dezember 2011 sowie Februar bis März 2012 grundsätzlich gemäß §§ 9,19 SGB II Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, denn er war nicht in der Lage, seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf aus zur Verfügung stehenden Einkommen und Vermögen zu decken und hat die notwendigen Mittel auch nicht von anderen erhalten. 44 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende umfassen gemäß § 19 Abs. 1 SGB II auch die in § 22 SGB II geregelten Bedarfe für Unterkunft und Heizung. 45 Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den nach den Besonderheiten des Einzelfalles angemessen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens 6 Monate. Der Beginn der Regelhöchstfrist von 6 Monaten setzt voraus, dass den Berechtigten zweifelsfrei bekannt ist, dass und in welchem Ausmaß die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen sind (vergleiche Berlitz in LPK SGB II § 22 Rn. 133). Dies erfordert in aller Regel eine Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger. Die Wirksamkeit einer Kostensenkungsaufforderung selbst wiederum setzt voraus, dass die angemessenen Kosten für die Unterkunft durch das Jobcenter bezeichnet werden. Sie stellt ein Angebot dar, in einen Dialog über die angemessenen Aufwendungen einzutreten (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 15. Juni 2016, B 4 AS 36/15 R) 46 Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Unterkunftskosten unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (u.a. BSG, Urteile vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R und B 7b AS 10/06 R). 47 Dabei ist zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der abstrakt angemessene Wohnungsstandard zu bestimmen, wobei als angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist; die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (vgl. BSG, Urteil vom 02. Juli 2019 - B 14 AS 33/08 R ). Im weiteren Schritt ist zu ermitteln, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weitere Prüfung abzustellen ist. Dem folgt die Ermittlung, wieviel für eine nach Größe und Standard abstrakt angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die Leistungsberechtigten maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Hierbei sind nicht nur die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen (Angebotsmieten) zu betrachten, sondern auch vermietete Wohnungen können berücksichtigt werden. (Bestandsmieten) (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/ 14 R; BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R). Nach der sog. Produkttheorie kommt es nicht darauf an, dass beide Faktoren, d.h. Wohnungsgröße und Wohnungsstandard, für sich angemessen sind, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche und Standard (ausgedrückt im Quadratmeterpreis) eine insgesamt angemessene Mietobergrenze ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R; BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R). 48 Hinsichtlich der Wohnungsgröße ist auf die in den landesrechtlichen Wohnungsbauförderungsbestimmungen niedergelegten Wohnflächen abzustellen. Danach ergibt sich für Schleswig-Holstein (VB-SHWoFG, Amtsblatt Schl.-H. 2012, S. 790 ff.) ein Wert von 50 qm für einen 1-Personenhaushalt. 49 Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG muss die Ermittlung der regionalen Mietobergrenze auf der Grundlage eines überprüfbaren schlüssigen Konzepts erfolgen, um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraumes zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R). Dabei soll das schlüssige Konzept die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden, wobei der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S.d. §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen muss (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R). Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß hinreichend nachvollziehbar ist. 50 Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R). 51 Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (seit BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R) ist ein Konzept schlüssig, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: 52 Die Datenerhebung darf ausschließlich im dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), 53 es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen (Wohnungsstandard, Wohnungsgröße, Brutto- und Nettomiete), 54 Angaben über den Beobachtungszeitraum, 55 Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), 56 Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, 57 Validität der Datenerhebung, 58 Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung, 59 Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). 60 Hinsichtlich des konzeptionellen Ansatzes sind die Grundsicherungsträger frei, d.h. es besteht kontrollierte Methodenfreiheit bei Methodenvielfalt (vgl. Knickrehm in: Soziale Sicherheit 2015, 287 ff.). Es kann demnach verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf. mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist (vgl. BSG, Urteile vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Eine Begrenzung des methodischen Rahmens und damit der bestehenden Entscheidungsspielräume bei der Entwicklung eines schlüssigen Konzepts folgt jedoch aus den in §§ 22a bis 22c SGB II normierten Vorgaben, welche nicht nur für den Erlass von Satzungen, sondern generell bei der Erstellung schlüssiger Konzepte heranzuziehen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. Oktober 2017 – 1 BvL 2/15; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R). Zudem ist das Konzept gerichtlich im Sinne einer nachvollziehenden Kontrolle voll überprüfbar, d.h. führt die gerichtliche Kontrolle zu einer Beanstandung des Vergleichsraumes oder des schlüssigen Konzepts, so ist dem Leistungsträger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Nachbesserung einzuräumen. Gelingt eine Nachbesserung der Beanstandungen nicht, ist das Gericht nicht befugt, einen oder mehrere Vergleichsräume festzulegen oder ein schlüssiges Konzept – ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen – zu erstellen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Lediglich wenn ein qualifizierter Mietspiegel der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze zugrunde liegt, ist auf diesen zur Herstellung der Spruchreife zurückzugreifen. Andernfalls sind mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswerts die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) plus 10%. 61 Der Kläger hat vorliegend schon deshalb einen Anspruch auf Berücksichtigung seiner tatsächlichen Unterkunftskosten bei Ermittlung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil keine wirksame Kostensenkungsaufforderung vorliegt. Zwar hat der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 1. März 2005 auf die Unangemessenheit der tatsächlichen Unterkunftskosten aus seiner Sicht hingewiesen. Dabei mangelt es aber schon an der konkreten Bezeichnung der angemessenen Unterkunftskosten. In dem genannten Schreiben hatte der Beklagte maximale Unterkunftskosten von 245,- EUR monatlich zuzüglich Heizkosten genannt. Er ist aber mittlerweile für den streitgegenständlichen Zeitraum aber selbst davon ausgegangen, dass maximal 301,- EUR zuzüglich Heizkosten für einen Einpersonenhaushalt grundsicherungsrechtlich angemessen waren. Darin liegt eine deutlich mehr als geringfügige Abweichung. Entscheidend ist aber vor allem, dass die Kostensenkungsaufforderung vom März 2005 datiert und damit fast sechseinhalb Jahre vor Fertigstellung des von dem Beklagten angewandten „Grundsicherungsrechtlichen Mietspiegels“ vom 18. Juli 2011 dem Kläger zugesandt wurde. Ein erst im Jahr 2011 entwickeltes Konzept kann aber keine Grundlage für einen im Jahr 2005 begonnenen „Dialog über die angemessenen Aufwendungen“ bilden. (Vergleiche BSG, Urteil vom 30.Januar 2019, B 14 AS 11/18 R Rn. 33.) Eine Bezugnahme auf ein später erstelltes Konzept im Sinne eines Nachschiebens von Gründen für das Kostensenkungsverfahren scheidet aus, weil ein solches Nachschieben von Gründen dem Sinn einer Kostensenkungsaufforderung, in einen Dialog über die angemessenen Aufwendungen der Unterkunft einzutreten, entgegensteht. Über ein Konzept und dessen Angemessenheitswerte, die noch nicht bekannt sind, kann nicht gesprochen werden. Im Übrigen scheidet das Nachschieben von Gründen aus, wenn dadurch die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird. Eine solche Fallgestaltung ist gegeben, wenn Rechtsfolgen an ein Kostensenkungsverfahren geknüpft werden sollen, dessen Grundvoraussetzung „Bezeichnung der angemessenen Aufwendungen“ in der maßgeblichen Zeit nicht erfüllt war, weil die entsprechenden Erkenntnisse, auf die der Beklagte sich stützen will, erst später ermittelt worden sind. (BSG aaO Rn. 34). Danach ist das Kostensenkungsverfahren vorliegend bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht wirksam durch die Kostensenkungsaufforderung vom 1. März 2005 eingeleitet worden. 62 Es gibt auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auch ohne Kostensenkungsaufforderung eindeutig und zweifelsfrei über das Ausmaß der angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt aus Sicht des Beklagten informiert war, so dass das Kostensenkungsverfahren nicht entbehrlich war. Zwar ist zu konzedieren, dass der Kläger die Entwicklung der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung zur Angemessenheit der Unterkunftskosten in F... aufmerksam verfolgt und auch mitprägt. Gleichwohl kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass ihm die vom Beklagten für angemessen erachteten Werte zeitnah bekannt sind, ohne dass diese in einem an ihn gerichteten Bescheid oder ein sonstiges Schreiben des Beklagten wiedergegeben werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass ihm die Werte des Unterkunftskostenkonzepts des Beklagten vom 18. Juli 2011 für einen 1-Personenhaushalt spätestens mit Erhalt des Bescheids vom 20. Oktober 2011, mit dem für August und September 2011 bereits der danach ermittelte Wert von 301,- EUR berücksichtigt wurde, bekannt waren. Ob dies ausreicht, um dann im Zusammenwirken mit der unzureichenden Kostensenkungsaufforderung vom März 2005 eine 6-monatige Übergangsfrist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in Gang zu setzen, bedarf hier keiner Vertiefung, denn der streitgegenständliche Zeitraum läge dann immer noch innerhalb einer fiktiven Übergangsfrist von 6 Monaten. 63 Der Kläger hat aber auch unabhängig von dem fehlenden Kostensenkungsverfahren Anspruch auf Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten im streitgegenständlichen Zeitraum. Das von dem Beklagten genutzte Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten in seinem Gebiet, welches durch das Institut W. und U. GmbH (IWU) am 18. Juli 2011 erstellt wurde, wird den oben genannten Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept für die hier im Streit stehende Haushaltsgröße nicht gerecht. Das Sozialgericht hat jedenfalls zutreffend entschieden, dass dieses Konzept für 1-Personenhaushalte die abstrakt angemessenen und verfügbaren Wohnungen auf dem F... Wohnungsmarkt nicht richtig ermittelt, weil es auch abstrakt unzumutbare Wohnungen in Form von WG-Zimmern bei Ermittlung der Unterkunftskosten für diese Haushaltsgröße mit einbezieht. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass bereits die erhebliche Aufgabe der Privatsphäre, die mit der Wohnform WG einhergeht, einer Einbeziehung dieser Wohnformen in die Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten entgegensteht. Dem steht nicht entgegen, dass das Wohnen in Wohngemeinschaften gerade unter jungen Menschen, insbesondere Studierenden, beliebt ist und daher gerade an dem Hochschulstandort F... ebenso wie an anderen Hochschulstandorten die Wohnlandschaft mitprägt. Zu unterscheiden ist aber die freiwillige Entscheidung einzelner Personen für eine gemeinschaftliche Wohnform, die dann mit einem Weniger an individueller Privatsphäre einhergeht, und die abstrakte Zumutbarkeit von Wohnformen im Rahmen des Grundsicherungsrechts. Bei Ermittlung grundsicherungsrechtlich angemessener Unterkunftskosten können nur Wohnungen berücksichtigt werden, die der Gesamtheit der Grundsicherungsempfänger jedenfalls abstrakt zumutbar sind. Die individuelle Entscheidung einzelner Personen, in der Regel jüngerer Menschen, für eine gemeinschaftliche Wohnform kann dabei nicht im Rahmen der abstrakten Angemessenheit fremdbestimmt auf alle Grundsicherungsempfänger übertragen werden. Längst nicht alle suchen eine gemeinschaftliche Wohnform und sind bereit, Privatsphäre aufzugeben. Viele dürften auch persönlich für ein Leben in einer Wohngemeinschaft nicht geeignet sein, erfordert dies doch ein erhöhtes Maß an Kompromissbereitschaft und Teamfähigkeit im Alltag. Bereits aus diesem Grund erfüllt der grundsicherungsrelevante Mietspiegel der IWU vom 18. Juli 2011 für 1-Personenhaushalte nicht die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept. 64 Ob der grundsicherungsrelevante Mietspiegel vom 18. Juli 2011 im Übrigen die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept erfüllt, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2019 ist nämlich zwischenzeitlich geklärt, dass die Gerichte nicht befugt sind, anstelle der Grundsicherungsträger ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessenen Unterkunftskosten zu erstellen. Daran hat das Bundessozialgericht auch in jüngster Rechtsprechung festgehalten und erneut ausgeführt, dass es nicht Aufgabe der Gerichte ist, ein unschlüssiges Konzept schlüssig zu machen. (Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R, zitiert nach dem Terminbericht Nr. 30/20 des BSG). Durch nachträgliche Rechtsprechung ist daher geklärt, dass das Sozialgericht nicht berechtigt war, dass von dem Beklagten angewandte Konzept durch Modifikation der dort angestellten Berechnungen aus seiner gerichtlichen Sicht schlüssig zu machen. 65 Führt die gerichtliche Kontrolle vielmehr zur Beanstandung des schlüssigen Konzepts, so ist dem Leistungsträger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Nachbesserung zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Diese höchstrichterlich vorgesehene Vorgehensweise war dem Sozialgericht bei Abfassung seiner Urteile naturgemäß noch nicht bekannt, so dass seine Verfahrensweise aus damaliger Sicht nicht zu beanstanden ist. Auch ungeachtet des fehlenden Kostensenkungsverfahrens wäre es aber auch im anhängigen Berufungsverfahren entbehrlich, dem Beklagten, bzw. der Stadt F... noch einmal explizit Gelegenheit zur Nachbesserung des Konzeptes zu geben. Dem Beklagten ist durch die hier angefochtenen Urteile des Sozialgerichts Schleswig und dessen Urteil im Parallelverfahren S 24 AS 232/15 seit langem bekannt, dass es kammerübergreifende gerichtliche Einwendungen gegen sein Unterkunftskonzept in Hinblick auf Einpersonenhaushalte gibt. Gleichwohl hat der Beklagte keinerlei Bemühungen unternommen, sein Konzept in Bezug auf Einpersonenhaushalte nachzubessern. Vielmehr hat er durch Erhebung der Anschlussberufung in den vorliegenden Verfahren klar zu erkennen gegeben, dass er an der von dem Sozialgereicht beanstandeten Methode zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt im streitgegenständlichen Zeitraum festhält. 66 Da der grundsicherungsrelevante Mietspiegel des Beklagten die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erfüllt, hat der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Berücksichtigung seiner tatsächlichen Unterkunftskosten, begrenzt auf die sich aus § 12 WoGG ergebenden Werte zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 %. Die tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers lagen hier aber deutlich unter den Werten nach § 12 WoGG. 67 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. 68 Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Der zulässige Hauptantrag, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, gegen die Antragstellerin Verwaltungsverfahren oder Bußgeldverfahren einzuleiten sowie tatsächliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn oder weil die Antragstellerin vor einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache in ihren vier Beherbergungsbetrieben Übernachtungsangebote zu touristischen Zwecken für Personen bereitstellt, die sich in den vorangegangenen 14 Tagen in einem in § 16 Abs. 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO genannten Gebiet aufgehalten haben und ihr bei Ankunft kein ärztliches Zeugnis nach § 16 Abs. 4 Sätze 2 bis 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO vorlegen, das bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus vorhanden sind, und von Gästen mit touristischem Aufenthaltszweck in ihren vier Beherbergungsbetrieben nicht die schriftliche Bestätigung einholt, dass sie sich in den vorangegangenen 14 Tagen nicht in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt außerhalb der Freien und Hansestadt Hamburg aufgehalten haben, in dem oder in der nach den Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen höher als 50 ist, ist unbegründet. 2 Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, insbesondere auch, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO, dass der Antragsteller Umstände glaubhaft macht, aufgrund derer er dringend auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung angewiesen ist (Anordnungsgrund) und aus denen er in der Hauptsache einen Anspruch herleitet (Anordnungsanspruch). 3 Das Gericht kann im vorliegenden Verfahren zwar nicht feststellen, dass der Antragstellerin kein Anordnungsanspruch zustünde (hierzu unter 1.), kann dies im Ergebnis aber offen lassen, da eine Folgenabwägung ergibt, dass dem Antrag in der Sache nicht zu entsprechen ist (hierzu unter 2.). 4 1. Das Gericht kann vorliegend keine tragfähige Feststellung über den Anordnungsanspruch treffen. 5 a. Der Antragserfolg scheitert insoweit allerdings nicht bereits deshalb, weil es der Antragstellerin im Sinne eines spezifischen Entscheidungsmaßstabs nicht gelungen wäre, Umstände darzulegen, aufgrund derer eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs in der Hauptsache sowie schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile im Falle des Abwartens in der Hauptsache anzunehmen wären, d.h. die besonderen Anforderungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung zu erfüllen, die nach der Rechtsprechung des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts an eine Vorwegnahme der Hauptsache geknüpft werden (vgl. u.a. OVG Hamburg, Beschl. v. 6.7.2018, 3 Bs 97/18, juris Rn. 35), wobei eine solche (vollständige) Vorwegnahme der Hauptsache in Verfahren betreffend Regelungen der jeweiligen Fassungen der Verordnung zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO) jeweils deshalb angenommen wird, wenn und weil die Geltungsdauer der Verordnung auf wenige Wochen befristet ist und ein Hauptsacheverfahren vor Ablauf einer solchen Frist nicht entschieden wäre (vgl. u.a. OVG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2020, 5 Bs 77/20, juris Rn. 17). Die Kammer sähe sich unter Beachtung des Gebotes effektiven Rechtschutzes gem. Art. 19 Abs. 4 GG gehindert, einen solchen, besonders strengen Maßstab anzulegen. Denn dabei würden die Anforderungen an die Glaubhaftmachung und damit die Erfolgschancen eines Eilrechtschutzgesuches wesentlich davon abhängen, wie der Verordnungsgeber die Geltungsdauer regelt; dies stünde überdies im Widerspruch zu der Funktion einer engen Beschränkung der Geltungsdauer, die gerade dem (materiellen) Grundrechtschutz dienen soll (vgl. u.a. BVerfG, 2. Kammer des 1. Senats, 1 BvQ 31/20, Beschl. v. 10.4.2020, juris Rn. 16). 6 Auch der Umstand, dass in Eilverfahren, die auf eine Freistellung von Ge- oder Verboten der HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO gerichtet sind, zur Begründung des Rechtschutzbegehrs vielfach auf eine Unwirksamkeit der entsprechenden Bestimmungen der Verordnung abgestellt wird, führt als solcher nicht zu einem insgesamt besonders strengen Prüfungsmaßstab, auch nicht im Hinblick darauf, dass eine spezifisch diese Rechtsansicht, d.h. die Unwirksamkeit der Verordnung bestätigende Gerichtsentscheidung, obwohl unmittelbar nur inter partes wirksam, die Antragsgegnerin vor die Frage stellen würde, ob sie die übrigen Rechtsunterworfenen von sich aus gleich stellt oder aber, wie es u.a. bekannter Praxis der Finanzverwaltung entspricht, weitere Gerichtsverfahren riskiert. Einzig im Rahmen einer konkreten Prüfung der Verordnung auf ihre Wirksamkeit dürfte für die Fehlerkontrolle auf einen Offensichtlichkeitsmaßstab abzustellen sein (vgl. in Bezug auf Bebauungspläne u.a. OVG Hamburg, Beschl. v. 6.11.2019, 2 Bs 218/19, juris Rn. 16). 7 b. Ein Anordnungsanspruch ist gleichwohl weder festzustellen noch auszuschließen; es ist nach der allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung nicht zu klären, ob der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch darauf zukommt, ihre Beherbergungsbetriebe ohne sanktionsbewehrte Einhaltung der besonders gegenüber den Betrieben wirkenden Anforderungen gemäß § 16 Absätze 4 und 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO an die Bereitstellung von Übernachtungsangeboten für Touristen (im Folgenden: Touristenregelung – ein allgemeines Beherbergungsverbot in Bezug auf Touristen liegt wegen der tatbestandlichen Beschränkung sowie wegen der zusätzlichen Freistellungsmöglichkeit derzeit, anders als nach dem Stand der Verordnung zum 2. April 2020, dort § 9 Abs. 1, nicht vor) zu betreiben. 8 Für und gegen die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Touristenregelung sprechen nach vorläufiger Erkenntnis jeweils gewichtige Gründe. Die von der Antragstellerin geltend gemachte Verletzung in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (in Gestalt des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) kann die Kammer dabei nicht ausschließen (hierzu unter aa.). Das Gleiche gilt für eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG (hierzu unter bb.). 9 aa. Nicht ausgeschlossen werden kann eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Grundrechten aus Art. 19 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. 10 Sowohl Eingriffe in Art. 12 Abs. 1 GG als auch in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG sind nur dann zulässig, wenn eine gesetzliche Grundlage vorliegt (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 bzw. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG), die ihrerseits wiederum mit den Vorhaben des Grundgesetzes in Einklang steht. Zweifel ergeben sich insoweit bereits, ob die genannten Vorschriften in § 16 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO auf einer ausreichenden gesetzlichen Ermächtigung beruhen [hierzu unter (1)], während die tatbestandlichen Voraussetzungen der fraglichen Normen erfüllt sein dürften [hierzu unter (2)]. Die angefochtene Touristenregelung dürfte hinreichend bestimmt sein [hierzu unter (3)], begegnet jedoch auf Rechtsfolgenebene Bedenken [hierzu unter (4)]. 11 (1) Die angefochtene Regelung stützt sich auf eine als Generalklausel gefasste gesetzliche Grundlage, deren Eignung unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Wesentlichkeitsgrundsatzes, d.h. des Parlamentsvorbehaltes, erheblichen Bedenken begegnet (vgl. jüngst dazu: Präsident des Deutschen Bundestages unter Verweis auf ein entsprechendes Kurzgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages - https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw43-parlamentsbeteiligung-corona-800010): Nach § 32 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (vom 20.7.2000, BGBl. I S. 1045; zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 19.6.2020, BGBl. I S. 1385; Infektionsschutzgesetz - IfSG) werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen; diese Befugnisse können gemäß § 32 Satz 2 IfSG auch auf andere Stellen übertragen werden. Nach der infektionsschutzrechtlichen Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde für den Fall, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. 12 Obgleich die mit der Corona-Pandemie verbundenen infektionsschutzrechtlichen Handlungserfordernisse seit März 2020 bekannt sind, obgleich eine ganze Reihe möglicher staatlicher Sicherungsmaßnahmen – dazu gehören u.a. ausweislich der dazu maßgeblichen Beratungen auf der Bund-Länder-Ebene auch sog. Beherbergungsverbote – einer Vereinheitlichung im Sinne der Bestimmung von Standardmaßnahmen zugänglich sind und obgleich der Bundesgesetzgeber sich auf diese Pandemie bezogen auch bereits mit der indes die Zentralnorm des § 28 Abs. 1 IfSG nur teilweise präzisierenden, im Wesentlichen auf andere Regelungsbereiche bezogenen Gesetzesänderung zum 28.3.2020 (mit Gesetz vom 27.3.2020, BGBl. I S. 587) als grundsätzlich handlungsfähig erwiesen hat, fehlt es weiterhin an konkreteren Vorgaben durch den zuständigen Gesetzgeber an den Verordnungsgeber für den gebotenen Ausgleich zwischen dem Interesse am Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Bevölkerung und den durch schützende Beschränkung betroffenen Rechten und Interessen insbesondere von Personen, die – wie hier – im ordnungsrechtlichen Sinne nicht Störer sind, wie auch für die gebotene Abwägung zwischen eigenem Tun des Staates insbesondere zur weiteren Gefahrenerforschung und freiheitsbeschränkenden Maßnahmen unter dem Eindruck fehlender Erkenntnisse über die Gefahren. 13 Im Hinblick auf die weiterhin gegenläufige, d.h. ein Ausreichen der gesetzlichen Grundlage zugrunde legende obergerichtliche Rechtsprechung sieht die Kammer gleichwohl für das vorliegende Eilverfahren keine hinreichende Grundlage für eine dem Antrag stattgebende Entscheidung (vgl. dazu die Nachweise in dem Beschluss der Kammer 6 des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22.10.2020, 6 E 4319/20: OVG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2020, 5 Bs 114/20, juris Rn. 8; s. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 6.10.2020, 1 S 2871/20, juris Rn. 28 ff.; VGH München, Beschl. v. 1.9.2020, 20 CS 20.1962, juris Rn. 24; OVG Münster, Beschl. v. 8.7.2020, 13 B 870/20.NE, juris Rn. 14). 14 (2) Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 32 in Verbindung mit § 28 Abs.1 Satz 1 IfSG dürften demgegenüber erfüllt sein. Die Vornahme „notwendiger Schutzmaßnahmen“ ist nach letzterer Vorschrift (allein) davon abhängig, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war. Dass hiervon derzeit auszugehen ist, steht zwischen den Beteiligten nicht im Streit und bedarf auch aus Sicht der Kammer angesichts der sich erneut verstärkenden CoViD-19-Pandemie ausweislich der hierzu veröffentlichten Lageberichte des gemäß § 4 IfSG dazu berufenen Robert Koch-Instituts (im Folgenden: RKI – s. etwa Täglicher Lagebericht des RKI vom 22.10.2020, S. 1, wonach in den letzten sieben Tagen 46.771 neu bestätigte Infektionsfälle gemeldet worden sind; abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-22-de.pdf?__blob=publicationFile) keiner weiteren Begründung (so auch VG Hamburg, Beschl. v. 21.10.2020, 6 E 4319/20 und OVG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2020, 5 Bs 114/20, juris Rn. 10 m.w.N.). 15 (3) Die Touristenregelung dürfte – auch unter Berücksichtigung der im Hinblick auf die Bußgeldbewehrung eines Verstoßes hiergegen zum Tragen kommenden, gegenüber dem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit von Normen strengeren (so BVerfG, Beschl. v. 23.10.1985, 1 BvR 1053/82, juris Rn. 14) Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG – hinreichend bestimmt sein. Danach ist der Verordnungsgeber verpflichtet, die Voraussetzungen der Strafbarkeit bzw. Bußgeldbewehrung so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen (BVerfG, Beschl. v. 17.1.1978, 1 BvL 13/76, juris Rn. 38). Diesen Anforderungen genügt die Regelung des § 16 Abs. 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO. 16 Soweit die Antragstellerin geltend macht, es sei unklar, auf welche Veröffentlichungen des RKI in § 16 Abs. 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO Bezug genommen werde, führt dies nicht zur Unbestimmtheit der Vorschrift, da – insbesondere vor dem Hintergrund der Erforderlichkeit tagesaktueller Werte – naheliegt, dass die Veröffentlichung der Werte im Rahmen der Internetpräsenz des – im Übrigen auch insoweit nach § 4 IfSG legitimierten – RKI (https://corona.rki.de/) erfolgt (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.10.2020, 13 MN 371/20, juris Rn. 36; a.A. VGH München, Beschl. v. 28.7.2020, 20 NE.1609, juris Rn. 43). 17 Der Vortrag der Antragstellerin, dass sich – anders als der Zeitpunkt der Probeentnahme, des labortechnischen Nachweises der Infektion und der Meldung an das Gesundheitsamt – vielfach gar nicht feststellen lasse, an welchem Tag genau eine Infektion stattgefunden habe und die Anzahl der Neuinfektionen in den letzten sieben Tagen daher gar nicht exakt zu ermitteln sei, zieht die hinreichende Bestimmtheit der Norm ebenfalls nicht in Zweifel. Es ist mit Blick auf den allgemeinen Sprachgebrauch im Kontext der gegenwärtigen Pandemie offenkundig (und wird vom sonstigen Vorbringen auch der Antragstellerin bestätigt), dass maßgeblich die gängige 7-Tage-Inzidenz (bezogen auf die Anzahl der neu erfassten Infektionsfälle) ist, die als solche tagesaktuell auf der Internetseite des RKI veröffentlich wird. 18 Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist auch nicht erforderlich, dass für sie als Beherbergungsbetrieb feststellbar ist, welche Gebiete zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit unter die Touristenregelung fielen. Denn aus dem Wortlaut des – sich insoweit von der Regelung, die der Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 15.10.2020 (13 MN 371/20, juris) zugrunde lag, unterscheidenden – § 16 Abs. 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO („die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen höher als 50 ist“) ergibt sich, dass allein der Zeitpunkt der Ankunft in dem Beherbergungsbetrieb maßgeblich ist. Auf der Grundlage der auf der Internetseite des RKI veröffentlichten tagesaktuellen Werte ist ein Abgleich der Angaben der Gäste zu ihren Aufenthaltsorten in den vorangegangenen 14 Tagen, auf die der Beherbergungsbetrieb sich – ausgenommen eine Kontrolle hinsichtlich evident unrichtiger Angaben – naturgemäß verlassen muss, aber auch darf, ohne Weiteres möglich. Die Veröffentlichung eines Verlaufs der 7-Tage-Inzidenz für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt erscheint hingegen – auch mit Blick auf etwaige Bußgeldverfahren – nicht erforderlich. 19 (4) Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist (s. hierzu umfassend OVG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2020, 5 Bs 114/20, juris Rn. 11). Im Hinblick auf Art und Umfang des Eingreifens ist ihr Ermessen eingeräumt, welches dadurch beschränkt ist, dass es sich um „notwendige“ Schutzmaßnahmen handeln muss. Dem Ermessen sind zudem durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (BVerwG, Urt. v. 22.3.2012, 3 C 16.11, juris Rn. 24; VGH München, Beschl. v. 13.8.2020, 20 CS 20.1821, juris Rn. 27), wobei angesichts der niedrigen Eingriffsschwelle der Norm an die Voraussetzungen der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme je nach Eingriffstiefe erhöhte Anforderungen gestellt werden müssen (VGH München, Beschl. v. 1.9.2020, 20 CS 20.1962, juris Rn. 24). 20 In Anwendung dessen ist nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens nicht davon auszugehen, dass § 16 Abs. 4 und 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (s. dazu BVerfG, Beschl. v. 26.4.1995, 1 BvL 19/94 und 1 BvR 1454/94, juris Rn. 52; grundlegend Grzeszick in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Werkstand: 90. EL Februar 2020, Art. 20 Rn. 108 ff.) verstößt. Denn die Vorschrift ist aller Voraussicht nach zur Erreichung eines legitimen Zwecks [hierzu unter (a)] geeignet [hierzu unter (b)], erforderlich [hierzu unter (c)], jedoch hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne fraglich [hierzu unter (d)]. 21 (a) Die Touristenregelung dient einem legitimen Zweck. Mit der im Rahmen des Erlasses der HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO vom 30. Juni 2020 eingeführten Regelung bezweckt die Antragsgegnerin nach ihrem ausdrücklichen Vortrag vorrangig eine Verminderung der Ansteckungsgefahren dadurch, dass Personen, bei denen aufgrund ihres vorherigen Aufenthaltes in einem sog. Risikogebiet von einer erhöhten Gefahr einer Infektion ausgegangen wird und die den entsprechenden Verdacht nicht entkräften, der Aufenthalt in Hamburg durch Entzug einer wesentlichen Übernachtungsmöglichkeit erschwert wird (während die Minderung von Ansteckungsgefahren innerhalb des Beherbergungsbetriebs angesichts der sonstigen Sicherheitsvorkehrungen von untergeordneter Bedeutung ist). Damit verfolgt die Antragsgegnerin – im Zusammenwirken mit anderen in der HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO geregelten Maßnahmen – ausweislich des § 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO das Ziel, Neuinfektionen im Rahmen der durch das Coronavirus ausgelösten Pandemie soweit als möglich zu vermeiden, um damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit der durch das Virus ausgelösten Erkrankung CoViD-19 zu verringern. Hiermit sollen die Gesundheit und das Leben der Bürger im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützt und die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Gesundheitswesens aufrechterhalten werden. 22 (b) Die Touristenregelung ist zur Erreichung des vorgenannten Ziels auch geeignet (ebenso VGH Mannheim, Beschl. v. 15.10.2020, 1 S 3156/20, juris Rn. 27 f.; Zweifel äußernd hingegen OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.10.2020, 13 MN 371/20, juris Rn. 54 ff.). Eine Maßnahme ist geeignet, wenn der gewünschte Erfolg mit ihrer Hilfe gefördert werden kann (BVerfG, Beschl. v. 26.4.1995, 1 BvL 19/94 und 1 BvR 1454/94, juris Rn. 52). Nicht erforderlich ist dabei, dass der Zweck durch das Mittel vollständig erreicht wird; es genügt vielmehr, dass das Mittel die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass das verfolgte Ziel zumindest teilweise eintritt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.2.2001, 1 BvR 781/98, juris Rn. 22). So liegt es hier. 23 Im Ansatz, d.h. bezogen auf eine (an dieser Stelle nicht zu quantifizierende) Minderung der Touristenfrequenz in Hamburg und damit auch der Frequenz potentiell Infizierter, liegt eine Wirksamkeit wegen der Zugangserschwernisse für die Touristen auf der Hand und ist auch unstreitig. 24 Es ist nach Einschätzung der Kammer auch vor dem Hintergrund, dass die Gesundheitsämter nur in geringem Umfang überhaupt nachvollziehen können, wo der Ursprung einer Ansteckung im Einzelfall liegt (vgl. Täglicher Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 v. 20.10.2020, S. 13, abrufbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Okt_2020/2020-10-20-de.pdf?__blob=publicationFile), und dass die weit überwiegende Anzahl der Neuansteckungen unbemerkt bleiben dürfte (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. 16.10.2020, 5 Bs 186/20, S. 5, OVG Schleswig, Beschl. v. 15.10.2020, 3 MR 45/20, juris Rn. 15) naheliegend, dass es im Zusammenhang mit Reisen innerhalb Deutschlands zu einer nicht unerheblichen Anzahl von Neuinfektionen kommt. Hierfür sprechen auch gewisse Erfahrungswerte in Bezug auf Reisen in das Ausland (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 28.8.2020, 13 B 1232/20.NE, juris Rn. 43), die zumindest teilweise auf Inlandsreisen zu übertragen sein dürften. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass dem Verordnungsgeber bei der Beurteilung komplexer Gefahrenlagen, wie sie bei der aktuellen Corona-Pandemie gegeben sind, ein weiter Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Einschätzung der geeigneten, erforderlichen und gebotenen Maßnahmen zukommt (OVG Hamburg, Beschl. v. 30.4.2020, 5 Bs 64/20, juris Rn. 21; Beschl. v. 20.5.2020, 5 Bs 77/20, juris Rn. 28). 25 (c) Der hamburgische Verordnungsgeber darf im Rahmen seines Einschätzungsspielraums die Touristenregelung auch für erforderlich halten, um das Ziel der Eindämmung einer erhöhten Infektionsgefahr durch das Corona-Virus zu erreichen. 26 Das Element der Erforderlichkeit setzt voraus, dass der Staat unter mehreren, zur Erreichung des Zweckes gleich gut geeigneten Mitteln dasjenige wählt, das die geschützte Rechtsposition am wenigsten beeinträchtigt (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.7.1999, 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95 und 1 BvR 2437/95, juris Rn. 217). Die Erforderlichkeit der Touristenregelung ist nach Einschätzung der Kammer gegeben. Soweit die Antragstellerin hierzu die Ansicht vertritt, dass mildere Mittel in Form von Schutz- und Hygienemaßnahmen – namentlich gemäß dem vorgelegten Schutzkonzept – die von Beherbergungsbetrieben ausgehenden Infektionsrisiken mindestens in gleicher Weise zu bekämpfen geeignet seien, folgt die Kammer dem nicht. Zwar dürfte unbestritten sein, dass die Anordnung verschiedentlicher Maßnahmen, die die Antragsgegnerin zur Eingrenzung des von Beherbergungsbetrieben ausgehenden Infektionsgeschehens teilweise bereits vorgesehen hat (vgl. § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO insbesondere mit Verweis auf die allgemeinen Hygienevorgaben nach § 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO, die Kontaktdatenerhebungspflicht nach § 7 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO und die Maskenpflicht nach § 8 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO), sich als weniger eingriffsintensiv und damit als grundsätzlich milder darstellen. Diese Maßnahmen sind jedoch gesondert von der Touristenregelung zu betrachten; sie haben ausschließlich Einfluss auf das im unmittelbaren Zusammenhang mit der Beherbergung selbst stehende Infektionsgeschehen, nicht hingegen auf das nach den vorangegangenen Ausführungen maßgebliche und nicht auszuschließende erhöhte Risiko der Ausbreitung des Coronavirus durch Reisen im Inland, d.h. durch das Verhalten infizierter Touristen im Zusammenhang mit ihrem Aufenthalt außerhalb des Beherbergungsbetriebs, das durch die Touristenregelung verringert werden soll. 27 (d) Die Verhältnismäßigkeit der Touristenregelung im engeren Sinne, die voraussetzt, dass die mit dieser Maßnahme einhergehenden Belastungen für die Antragstellerin nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen, begegnet nicht unerheblichen Bedenken. 28 Dies gilt allerdings – im Hinblick darauf, dass für eine Beherbergung Infizierter (die vielmehr quarantänepflichtig wären) regelhaft keine Rechtsgründe streiten können, sowie darauf, dass der Abgleich der Angaben zum Herkunftsbereich mit den Risikobereichen durch die Beherbergungsbetriebe ohne Weiteres darstellbar erscheint (vgl. o.) – nur vor dem Hintergrund, dass die Möglichkeit für die Touristen, der mit der Herkunft aus einem Risikobereich verbundenen Gefährdungsvermutung entgegenzuwirken und so Zugang zur Übernachtungsmöglichkeit zu erhalten, nämlich durch Vorlage eines entlastenden ärztlichen Zeugnisses (wonach bei ihnen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Infektion vorhanden sind) nicht ohne Weiteres gegeben ist. Im Grundsatz zutreffend, d.h. im Qualitativen überzeugend, verweist die Antragstellerin insoweit nicht nur auf die für längerfristige Buchungen potentiell abschreckende Wirkung der auf einen erst kurz vor dem Eintreffen durchgeführten Test setzenden Regelung, sondern auch darauf, dass mit den Tests eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung verbunden ist und je nach Infrastruktur und aktueller Auslastung der Testeinrichtungen in den Herkunftsgebieten (der Verweis der Antragsgegnerin auf Testangebote am Hamburger Flughafen erfasst allenfalls die Interessen von Personen, die einen Tagesaufenthalt verlängern wollen) auch ungewiss ist, ob überhaupt in dem engen Zeitfenster von 48 Stunden vor dem Eintreffen in dem Beherbergungsbetrieb ein Test erwirkt und dessen Auswertung entgegengenommen werden kann (vgl. dazu auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 13 MN 371/20, juris, Rn. 64). 29 Weil die Regelung damit auf eine Minderung der Frequenz gerade der Touristen, die Angebote der Beherbergungsbetriebe nutzen, zielt, d.h. notwendig eine Minderung der Umsätze dieser Unternehmen bewirkt, und überdies zur Umsetzung nicht etwa nur die potentiell Infizierten, sondern auch die Beherbergungsbetriebe in die Pflicht nimmt, erschiene zur Rechtfertigung dieser potentiell spürbaren Beeinträchtigung von Rechtsträgern, von denen selbst keine infektionsschutzrechtlich erhebliche Gefahr ausgeht, sondern die als Nichtstörer in Anspruch genommen werden, ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür erforderlich, dass die Touristenregelung einen erheblichen Beitrag zur Minderung der Gefahr einer weiteren Corona-Ausbreitung leistet. 30 Eine solche hohe Wahrscheinlichkeit lässt sich derzeit nicht ermitteln, wie es überhaupt zwar nicht an allgemeiner Plausibilität der Annahmen der Antragsgegnerin hierzu – wie sie für die Beurteilung der Geeignetheit ausreicht -, jedoch an Klarheit der Wirkungszusammenhänge fehlt. Die ausführlichen Darlegungen der Antragstellerin zu den nach ihrer Ansicht zu vermutenden Zahlenverhältnissen (mit Schriftsatz vom 22.10.2020), wonach eine Wirkung der Touristenregelung zugunsten einer Gefahrenminderung nur im Bagatellbereich liegen könne, veranschaulichen insoweit insbesondere die Vielzahl der relevanten Aspekte. 31 So bedürfte es für eine präzise, nachvollziehende Einschätzung der Auswirkungen der Touristenregelung – sowohl auf die Gefahrenlage als auch auf die Umsätze von Beherbergungsunternehmen – einer Klärung u.a. der Fragen, 32 - welchen Anteil die Touristen im Sinne der Verordnung am Gesamtgastaufkommen haben (unter Beachtung u.a. des Vortrags der Antragsgegnerin, dass eine Reise aus familiären Gründen nicht einschlägig sei, aber auch des Umstandes, dass die Risikobezirke überwiegend in einer Entfernung von deutlich über 150 km von Hamburg [Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg], d.h. in Bereichen liegen, aus denen typischerweise Übernachtungsgäste und nicht lediglich Tagestouristen kommen sowie dass Anreisende zur Teilnahme an Feiern unter Freunden von der Regelung erfasst werden), 33 - inwieweit Tourismus nicht ohnehin dadurch reduziert wird, dass sonstige Regelungen wie u.a. Sperrstunden, Alkoholverbote, MNB-Pflichten im öffentlichen Raum und erhebliche Einschränkungen bei kulturellen Angeboten die Attraktivität Hamburgs als Reiseziel maßgeblich beeinträchtigen, 34 - welchen Beitrag Touristen aus Risikogebieten nach allgemeinen touristischen Verhaltensmustern aufgrund gegebenenfalls besonderer gefahrerhöhender Verhaltensweisen (etwa durch erhöhte ÖPNV-Nutzung, Aufsuchen von Orten mit engen räumlichen Verhältnissen, erhöhte Neigung zur Missachtung von Abstandsregelungen etc.) zum Infektionsgeschehen wie auch zu den Umsätzen von Beherbergungsbetrieb leisten, sowie, ob die fraglichen Touristen nach spezifischer Persönlichkeitsstruktur, zumal sie unter den derzeitigen Bedingungen überhaupt noch zu touristischen Zwecken in das derzeitige Risikogebiet Hamburg reisen, eher risikoaffin sind, 35 - welcher Anteil potentieller Touristen aus Risikogebieten einerseits und aus derzeitigen Nicht-Risikogebieten andererseits sich durch das Nachweiserfordernis von einer gewünschten Reise nach Hamburg abhalten lässt, 36 - welche Umgehungsstrategien (wie z.B. Übernachtung in Niedersachsen und Auftreten als Tagestouristen in Hamburg) gewählt werden 37 - sowie, im Abgleich mit den vorgenannten Erkenntnissen, welche noch nicht genutzten, weniger belastenden Handlungs- und Regelungsmöglichkeiten außerhalb der Sphäre der Beherbergungsbetriebe mit höherer Präventionswirkung der Antragsgegnerin zur Verfügung stünden. 38 Vor allem aber stellt die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen den Erkenntniswert der bundesweit als Indikator für eine gefährliche Ausweitung der Pandemie wie auch der Identifizierung von Risikogebieten verwendeten 7-Tages-Inzidenz als solche wie auch ihre Konkretisierung mit dem Zahlenwert 50 in Frage. Hierauf, wie auch auf die übrigen möglichen Wirkungszusammenhänge bezogen könnte indes wiederum maßgeblich auf die bislang in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Ansicht abzustellen sein, dass dem Verordnungsgeber bei der Beurteilung komplexer Gefahrenlagen, wie sie bei der aktuellen Corona-Pandemie gegeben sind, ein weiter Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Einschätzung der geeigneten, erforderlichen und gebotenen Maßnahmen zukommt (vgl. o.), mit der Folge, dass gerade auch pauschalierende Betrachtungsweisen wie bei dem Inzidenz-Wert gerechtfertigt und im gerichtlichen Verfahren nicht weiter zu hinterfragen wären. Einer solchen, auf ein allgemeines Defizit an verlässlichen Daten zu der Pandemie (hier: insbesondere zu Herden und Verbreitungswegen der Infektion) beruhenden Freistellung der Exekutive von überprüfbarer Begründung wie auch der Berechtigung der Antragsgegnerin, Maßnahmen gegen Fallgruppen abstrakten Ansteckungsverdachtes zu richten und den Betroffenen die Verdachtsklärung zu überantworten, könnte wiederum entgegenstehen, dass zu den staatlichen Schutzpflichten gerade auch die Klärung für die Bekämpfung gefährlicher Krankheiten wichtiger Sachfragen gehört. Ob die Antragsgegnerin insoweit ihre Möglichkeiten - wie insbesondere repräsentative flächendeckende, stichprobenartige Erhebungen zur Verbreitung akuter Infektionen wie auch zum tatsächlich erreichten Stand der Krankheitsverbreitung (d.h. einschließlich unerkannt überstandener Erkrankungen) - genutzt hat, wäre im Hauptsacheverfahren näher zu untersuchen. 39 bb. Es sprechen gewichtige Gründe dagegen, dass die Antragstellerin durch die Touristenregelung in ihrem allgemeinen Gleichheitsrecht aus Art. 19 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt ist. 40 Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschl. v. 18.7.2012, 1 BvL 16/11, juris Rn. 30). 41 Dies zugrunde gelegt, dürfte sich eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung nicht feststellen lassen, soweit Touristen, die sich vor ihrer Ankunft in Hamburg in einem sog. Risikogebiet aufgehalten haben, anders als solche, die sich nicht in einem Risikogebiet aufgehalten haben, nur bei Vorlage eines ärztlichen Attestes im Sinne des § 16 Abs. 4 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO in einem Beherbergungsbetrieb übernachten dürfen, da es sich um Sachverhalte handelt, die im Hinblick auf die angenommene Gefahr einer Infektion unterschiedlich zu würdigen sein dürften (zur Zulässigkeit der Verwendung der Schwelle einer 7-Tage-Inzidenz als Indikator für eine gefährliche Ausweitung der Pandemie vgl. o.). Die daneben gerügte Ungleichbehandlung von Dienstreisenden gegenüber Personen, die zu touristischen Zwecken nach Hamburg reisen, dürfte dadurch gerechtfertigt sein, dass die Antragsgegnerin, die sich insoweit im Rahmen des ihr zustehenden Entscheidungsspielraums bewegen dürfte, geschäftlichen Reisen in der Abwägung mit den Zielen der HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO einen höheren Stellenwert einräumt als Reisen zur reinen Freizeitgestaltung. Im Hinblick auf die Ungleichbehandlung von Beherbergungsbetrieben gegenüber der Übernachtungsmöglichkeit in privaten Haushalten ist zu berücksichtigen, dass mehrere erhebliche Unterschiede in der Sache bestehen: Beherbergungsbetriebe ziehen eine größere Zahl von Gästen an, bieten schon deshalb günstigere Bedingungen für etwaige behördliche Kontrollen wie auch, u.a. mangels persönlicher Beziehung zu den Gästen, bessere Voraussetzungen für eine eigene Kontroll-Leistung. 42 Im Übrigen hängt die Rechtfertigung der vorstehenden Ungleichbehandlungen maßgeblich von der Wirksamkeit der Touristenregelung – hinsichtlich derer die zuvor beschriebenen Unsicherheiten bestehen (vgl. o.) – ab. 43 2. Im Rahmen der angesichts des in den vorgenannten Fragen derzeit offenen Ausgangs des Hauptsacheverfahrens durchzuführenden Folgenabwägung setzt sich das öffentliche Interesse am Vollzug der Touristenregelung gegenüber den privaten Interessen der Antragstellerin durch. 44 Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsachverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. 45 Würde der Vollzug der Touristenregelung gegenüber der Antragstellerin ausgesetzt, könnten Personen aus inländischen Risikogebieten zu touristischen Zwecken unkontrolliert nach Hamburg einreisen und sich hier (auch für mehrere Tage) aufhalten. Sofern bei diesen Personen Infektionen mit dem Coronavirus vorlägen, ginge hiermit – dies muss die Kammer aufgrund einer eigenen, nicht quantifizierten Einschätzung der Wirkungszusammenhänge zugrunde legen – das Risiko von dessen unentdeckter und schwer kontrollierbarer Weiterverbreitung einher, womit entsprechende gesundheitliche Gefahren für die Gesamtbevölkerung, vor denen zu schützen der Staat mit Blick auf das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit des Art. 2 Abs. 2 GG verpflichtet ist, verbunden wären. Daneben stellt die Sicherung des bisherigen Erfolges des durchgängig verfolgten Konzeptes, eine Ausbreitung der Krankheit CoVid-19 einzudämmen, bis die Bevölkerung durch Impfungen geschützt werden kann, ein hohes, schützenswertes Gut dar. Der in diesem Zusammenhang bislang erbrachte hohe gesamtgesellschaftliche Aufwand könnte sich im Falle einer Änderung des Schutzkonzeptes, dessen Bestandteil die streitgegenständliche Touristenregelung ist, hin zu deutlich erhöhter Risikobereitschaft insbesondere vor dem Hintergrund hoher und steigender Zahlen von Neuinfektionen in erheblichen Teilen als vergebens erweisen. 46 Gegenüber diesen Gefahren für Leib und Leben der Bevölkerung sowie den bisherigen Erfolgen der Eindämmung des Coronavirus müssen die – bei Aufrechterhaltung der Touristenregelung durch die damit verbundene Einschränkung des Betriebs allerdings nach Einschätzung der Kammer schwerwiegend beeinträchtigte – Berufsfreiheit und die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin derzeit zurücktreten. Dies gilt nicht zuletzt deshalb, weil die finanziellen Einbußen, die die Antragstellerin aufgrund ihrer Umsatzrückgänge durch Fortdauer der Fixkosten zu erleiden hat, sich nicht einzig als Folge der Touristenregelung, sondern als Konsequenz des Zusammenwirkens verschiedener Maßnahmen und Umstände, wie der ggf. ohnehin aufgrund sonstiger Regelungen der HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO und der auch hier steigenden Infektionszahlen (nach den Veröffentlichungen des RKI liegt die 7-Tage-Inzidenz für Hamburg derzeit bei 52,8, nach den Angaben der Antragsgegnerin sogar bei 64,6, https://www.hamburg.de/corona-zahlen/) ohnehin gesunkenen Attraktivität Hamburgs als Reiseziel, darstellen. Ferner ist in die Folgenabwägung einzustellen, dass die finanziellen Nachteile der Antragstellerin in Teilen durch gewährte bzw. in Aussicht gestellte staatliche Unterstützung, Versicherungsschutz sowie die Möglichkeit der vorübergehenden anderweitigen Nutzung ihrer Beherbergungsstätten – die Antragstellerin trägt insoweit vor, dass sie eines ihrer Hostels derzeit zur Unterbringung von erwerbs- und obdachlosen Prostituierten an die Antragsgegnerin vermiete – aufgefangen werden (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 29.4.2020, 13 B 512/20.NE, juris Rn. 84). Dabei verkennt das Gericht nicht, dass diese Maßnahmen die wirtschaftlichen Nachteile für die Beherbergungsbetriebe bei Weitem nicht vollständig zu kompensieren vermögen. Abgeschwächt wird die Eingriffsintensität der Maßnahme zudem dadurch, dass die Beherbergung anderer Personengruppen als Touristen weiterhin möglich und auch die Beherbergung von Touristen – anders als noch im Frühjahr – nicht gänzlich ausgeschlossen ist. Die insoweit erforderliche Einholung einer Bestätigung sowie deren (eingeschränkte) Überprüfung dürften mit Blick auf die Ausführungen zur hinreichenden Bestimmtheit des § 16 Abs. 1 Nr. 5 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO unter I.1.b.aa.(3) nicht mit einem unzumutbaren Arbeitsaufwand für die Antragstellerin verbunden sein. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin in ihrer Auslegungshilfe zur HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO (dort S. 43) – wohl in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch – von einem eher engen Begriff des Tourismus ausgeht. So sollen auch Übernachtungen aus privatem Anlass nicht ausnahmslos zu touristischen Zwecken erfolgen. II. 47 Der hilfsweise gestellte Antrag, die sonst gebotenen Regelungen zu treffen, damit die Antragstellerin sich vorläufig nicht an die sich aus der Touristenregelung für sie ergebenden Pflichten halten muss, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dieser dürfte bereits nicht hinreichend bestimmt sein. Ungeachtet dessen versteht die Kammer den Antrag als Anregung, eine Anordnung unter Maßgaben zu erlassen, die mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen aus Sicht des Gerichtes jedoch nicht geboten erscheint. III. 48 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 4. Der Streitwert wird auf 15.000,00 € festgesetzt. Tatbestand Der Kläger begehrt Unterlassen im Hinblick auf irreführende Handlungen der Beklagten im geschäftlichen Verkehr. Auf Grund ihrer Mitgliederstruktur hat der Bundesverband der Verbraucherzentralen die umfassende Verbandsklagebefugnis für das gesamte Bundesgebiet. Die Beklagte musste im März 2020 ihre Studios aufgrund behördlicher Anordnung vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Corona-Virus schließen. Eine Nutzung der vertraglich vereinbarten Fitnessangebote in den Studios der Beklagten war den Mitgliedern seither nicht mehr möglich. In ihrem facebookpost vom 18.03.2020 teilte die Beklagte ihren Mitgliedern mit, dass sie den Mitgliedsbeitrag für April abbuchen, diesen Betrag jedoch für jenen Monat gutschreiben werde, sobald das Studio wieder öffnet. Außerdem teilte die Beklagte mit, dass sich der Vertrag um die trainingsfreie Zeit verlängert. Mit Schreiben vom 28.04.2020 wurde die Beklagte unter Darstellung der Sach- und Rechtslage aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte reagierte insoweit nicht. Der Kläger ist der Ansicht, in dem die Beklagte ankündige, die Vertragslaufzeit der bestehenden Verträge um jene Monate zu verlängern, in denen die Studios geschlossen sind, bringe sie gegenüber ihren Mitgliedern zum Ausdruck, sie sei zu dieser einseitigen Vertragsänderung befugt. Tatsächlich sei dies nicht der Fall. Die Verlängerung der Vertragslaufzeit stelle eine Vertragsänderung dar, die grundsätzlich der Zustimmung der Mitglieder bedürfe. Hierauf solle es nach Aussage der Beklagten jedoch nicht ankommen, sodass die Werbung irreführend sei. Der Kläger beantragt, 1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, die einen Mitgliedsvertrag über die Nutzung von Fitnessangeboten in Fitnessstudios mit einer vertraglich vereinbarten Laufzeit abgeschlossen haben, für den Fall, dass die Studios aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen werden, mitzuteilen, dass sich die Laufzeit des Vertrages um die Schließzeit verlängert. … Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklage ist der Ansicht, dass sie mit ihren Ausführungen auf Facebook keine irreführende Handlung begangen habe. Denn sie habe die Vertragslaufzeit faktisch nicht zulasten ihrer Kunden verlängert. Vertraglich vereinbart sei eine gewisse Laufzeit, etwa ein Zeitraum von sechs oder zwölf Monaten, in denen der Kunde berechtigt sei, das volle Angebot der Beklagten zu nutzen. Hierbei ist im Vertrag ein durchgehender Zeitraum datiert. Es sei jedoch allein aufgrund der vertraglichen Vereinbarung einer Laufzeit nicht auf einen einzelnen Zeitpunkt oder einen gesonderten Monat, sondern auf die Gesamtlaufzeit als vertragliche Leistungspflicht abzustellen. Sie ändere den Vertrag nicht ohne Zustimmung der Vertragspartner, sondern komme lediglich ihrer Leistungspflicht nach, das Angebot über die vereinbarte Vertragslaufzeit bereitzustellen. Eine pandemiebedingte Verschiebung des Leistungszeitraums sei nicht gleichzusetzen mit einer Verlängerung. Eine Beweisaufnahme erfolgte nicht. Mit Zustimmung der Parteien wurde das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO durchgeführt. Gründe A. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen und gerichtsbekannt aktiv legitimiert i.S.d. § 8 Abs. III Nr. 2 UWG. Die Beklagte führt ein Gewerbe. Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch und einen Aufwandserstattungsanspruch nach § 12 Abs. I S. 2 UWG geltend. Somit ist die sachliche und funktionelle Zuständigkeit der Handelskammer des Landgerichts Würzburg nach § 13 Abs. I UWG i.V.m. § 95 Abs. I Nr. 5 GVG begründet. Die Beklagte unterhält ihren Geschäftssitz im Gerichtsbezirk des Landgerichts Würzburg, womit nach § 14 Abs. I S. 1 UWG die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Würzburg gegeben ist. B. Die Klage ist unbegründet. Die beanstandete Äußerung der Beklagten stellt keine unwahre Angabe i.S.d. § 5 I 2 Fall 1 UWG dar. Es handelt sich darüber hinaus auch nicht um eine sonstige zur Täuschung geeignete Angabe i.S.d. § 5 I 2 Fall 2 UWG. Entscheidend ist, dass die Frage, ob die Rechtsansicht der Beklagten, sie könne die Vertragslaufzeit verlängern oder verschieben richtig ist, grundsätzlich nicht in einem Wettbewerbsprozess geklärt wird, sondern solche Rechtsfragen müssen in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn.31). Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Beantwortung dieser Rechtsfrage alles andere als klar. Im Einzelnen: 1. Nach § 5 I 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gem. § 5 I 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über - nachfolgend aufgezählte - Umstände enthält (Fall 2). Nach § 5 I 2 Fall 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird, enthält. Die Person, Eigenschaften oder Rechte und der Umfang von Verpflichtungen des Unternehmers fallen nach § 5 I 2 Fall 2 Nr. 3 UWG unter die zur Täuschung geeigneten Angaben, die Rechte des Verbrauchers nach § 5 I 2 Fall 2 Nr. 7 UWG. 2. Die Mitteilung der Beklagten in ihrem facebookpost vom 18.03.2020 ist eine geschäftliche Handlung i.S.v. § 5 I UWG. Dem Begriff der geschäftlichen Handlung unterfällt gem. § 2 I Nr. 1 UWG auch das Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Durchführung eines Vertrags über Waren objektiv zusammenhängt. Das Merkmal des objektiven Zusammenhangs ist funktional zu verstehen und setzt voraus, dass die Handlung bei objektiver Betrachtung auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer gerichtet ist. Eine geschäftliche Handlung kann auch in einem Verhalten liegen, das sich auf die geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses auswirkt (vgl. BGH GRUR 2013, 945 Rn. 17 f.; GRUR 2019, 754 Rn. 13). Danach liegt im Streitfall eine geschäftliche Handlung vor. 3. Die angegriffene Äußerung der Beklagten stellt eine Angabe i.S.d. § 5 I 2 UWG dar. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 6 I der RL 2005/29/EG, nach dem der Begriff „Angabe“ mit dem Begriff „Information“ gleichzusetzen ist. Somit kann jede Geschäftshandlung mit Informationsgehalt eine Angabe i.S.d. § 5 I 2 UWG sein (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 28). 4. Jedoch stellt die beanstandete Äußerung der Beklagten keine unwahre Angabe i.S.d. § 5 I 1 Fall 1 UWG dar. a. Wahr oder unwahr können nur Tatsachenbehauptungen sein, über die Beweis erhoben werden kann. Rechtsansichten sind im Grundsatz jedoch Meinungsäußerungen, die einer solchen Überprüfung nicht zugänglich sind (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 27). Dies folgt schon daraus, dass in die Subsumtion eines Sachverhalts unter die einschlägigen Rechtsnormen regelmäßig auch Elemente wertender Betrachtung einfließen. Jedoch können Äußerungen zur Rechtslage auch Tatsachenbehauptungen enthalten. Dies betrifft zum einen den Sachverhalt, der im Rahmen einer Äußerung zur Rechtslage mitgeteilt wird. Dies ist hier aber nicht der Fall. b. Zum anderen kann - zumindest in eindeutigen Fällen - auch die Behauptung, eine Rechtsfrage sei in einer bestimmten Weise durch Rechtsnormen geregelt oder von der Rechtsprechung entschieden, eine durch Beweiserhebung überprüfbare Tatsachenbehauptung darstellen (vgl. (BGH GRUR 2020, 886 Rn. 38, 39; Koch WRP 2019, 1259 [1261]). Nach diesem Maßstab kann die angegriffene Passage im facebookpost der Beklagten vom 18.03.2020 nicht als Tatsachenbehauptung gewertet werden. Die Äußerungen der Beklagten, den April-Beitrag abzubuchen, aber die trainingsfreie Zeit gutzuschreiben und die Folgerung, dass der Vertrag sich sodann um die trainingsfreie Zeit verlängert, stellen sich jedoch nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als Rechtsansichten dar. Auf eine höchstrichterlich geklärte Rechtslage hat sich die Beklagte hierbei nicht berufen. Andererseits handelt es sich, entgegen der Einschätzung des Klägers auch nicht um eine Äußerung entgegen einer eindeutig geklärten Rechtslage oder Gesetzeslage. Vielmehr ist die Einschätzung der Rechtslage in Folge der durch die sog. Corona-Pandemie gestörten privatrechtlichen Vertragsverhältnisse vielfach ungeklärt und umstritten. c. Nach Einschätzung des Gerichts ist im Falle der behördlich verfügten Schließung des Fitness-Studios nicht ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Kunden der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge haben, soweit das Studio nicht nutzbar war. Vielmehr ist die rechtliche Einschätzung entgegen der Ansicht des Klägers alles andere als eindeutig. aa. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen sog. typengemischten Vertrag mit einem Schwerpunkt im Mietrecht, da die Dienst - und Werkleistungen nur von einer untergeordneten Bedeutung sind. Vorliegend gingen beide Parteien bei Vertragsabschluss davon aus, dass das Fitnessstudio ganzjährig benutzbar ist. bb. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann nach § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18.6.2015 - 1 ZR 14/14 - juris). Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage führen grundsätzlich nicht zur Auflösung des Vertrages, sondern zur Anpassung seines Inhaltes an die veränderten Verhältnisse. Das maßgebliche Kriterium für die Anpassung ist die Zumutbarkeit. Erforderlich ist eine umfassende Interessenabwägung und anzustreben ist ein optimaler Interessenausgleich bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung (vgl. BGH, NJW 2012, 373). cc. Die Corona-Krise hat massive Auswirkungen auf die Durchführung vieler Verträge (tatsächliches Element) und konnte in ihrer Tragweite zumindest bis zum Jahresbeginn 2020 nicht vorhergesehen werden (hypothetisches Element). Darüber hinaus kommt es auf die Eigenheiten der individuellen Vertragsbeziehung an, mit denen sich hier anders als im Normalfall keine konkrete Risikozuweisung begründen lässt (normatives Element, § 313 I BGB). Das Festhalten am unveränderten Vertrag ist nach der Rechtsprechung zwar zumutbar, soweit es nicht zu einem mit Recht und Gesetz schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt. Gleichwohl konzediert auch die Rechtsprechung, dass es Entwicklungen gibt, die so vertragsfern und derart außergewöhnlich sind, dass keine der Parteien das entsprechende Risiko tragen soll. dd. So wurde eine Störung der Geschäftsgrundlage bei behördlicher Untersagung der Vertragsdurchführung bejaht, wenn die anlassgebenden Sicherheitsrisiken beide Parteien gleichermaßen betrafen und billigerweise nicht eine Partei allein mit den Folgen zu belasten war. Auch die drohende Existenzvernichtung durch äußere, nicht der eigenen Risikosphäre zuzurechnende Umstände ist eine anerkannte Fallgruppe, und im Kontext der „großen Geschäftsgrundlage“ wurde entschieden, dass beispielsweise das Risiko von Kriegsschäden keiner der Parteien zuzurechnen sei und diese als „Gefahrgemeinschaft“ auch den Schaden zu teilen hätten. ee. Die Covid-19-Pandemie fällt in die Kategorie der sog. Störung der „großen Geschäftsgrundlage“. Unter dem Wegfall der großen Geschäftsgrundlage versteht man jene Fälle, die über das Vertragsverhältnis der beiden Vertragsparteien hinausweisen. Der Durchführung des Vertrags stehen Ereignisse wie Krieg, Inflation oder Naturkatastrophen entgegen. Diese Risiken, die aus der gemeinsamen Sozialexistenz beider Parteien stammen - das Sars-CoV-2-Virus trifft die Gesellschaft als Ganze und erfordert daher auch ein solidarisches Handeln der Gesellschaft -, können nicht einer Partei einseitig zugewiesen werden. Vielmehr gilt es, eine gerechte Lastenverteilung zu finden (Wolf/Eckert/Denz/Gerking/Holze/Künnen/Kurth: Die zivilrechtlichen Auswirkungen des Covid-19-Gesetzes - ein erster Überblick, JA 2020, 401). Die Corona-Pandemie wirkt auf die Vertragspraxis wie ein exogener Schock. Die bisherige Maxime „Verträge sind einzuhalten“ bedarf daher einer Auflockerung (Weller/Lieberknecht/Habrich: Virulente Leistungsstörungen - Auswirkungen der Corona-Krise auf die Vertragsdurchführung, NJW 2020, 1017). Die Anpassung des Vertrages war vorliegend den Kunden der Beklagten zumutbar, weil die Anpassung zu einem Vertragsinhalt führt, der einer Überprüfung am Maßstab eines hypothetischen Parteiwillens standhält und den die Vertragspartei in Kenntnis der geänderten Umstände vereinbart hätten. ff. Soweit der Kläger meint, die Beklagte hätte sich auf Kosten der Mitglieder durch eine Vertragsverlängerung einen wirtschaftlichen Ausgleich ihrer Verluste besorgt und sich an den Mitgliedern schadlos gehalten, kann das Gericht diese Argumentation nicht nachvollziehen. Vielmehr war es tatsächlich so, dass die Beklagte die Verträge gerade nicht kostenpflichtig verlängerte, sondern die durch die behördlichen Schließungen verursachte „trainingsfreie Zeit“ wurde den Mitgliedern gutgeschrieben, also falls die Schließung einen Monat dauern würde, dann wäre den Mitgliedern ein Monat beitragsfreies Training gutgeschrieben worden und die Gesamtlaufzeit um einen Monat verlängert worden. Die Beklagte hat also ihren Kunden bzw. Mitgliedern kein Geld abgebucht, ohne nicht auch eine entsprechende Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren. Das ist alles andere als eine Schadloshaltung zu Lasten der Kunden. gg. Die Beklagte hätte auch keine kostenlose Vertragsverlängerung anbieten müssen, weil das Festhalten am Vertrag für Kunden so lange zumutbar ist, so lange es nicht zu einem mit Recht und Gesetz schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt (BGH, Urteil vom 18.10.2001 - I ZR 193/99 -, juris). Im Ausgangspunkt trägt nämlich jede Vertragspartei das Risiko ihrer geschuldeten Leistung. Dass die Beitragszahlungen im streitgegenständlichen Zeitraum für die Kunden der Beklagten unzumutbare oder gar existenzvernichtende Folgen hatten, ist nicht ersichtlich. Sie hatten lediglich in diesem Zeitraum keine Möglichkeit zu trainieren. Mehrausgaben sind ihnen nicht entstanden. Auf Seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass diese auch während der Betriebsuntersagung die Kosten für den Erhalt des Fitnessstudios, etwa in Form von Lohnzahlungen sowie Wartungs- und Pflegekosten, zu tragen hatte. Sie hat sich dadurch, dass das Studio nicht genutzt wurde, finanziell zwar einiges erspart, aber gemessen an den Fixkosten ist dies gerichtsbekannt eher untergeordnet. Es hätte daher aus diesen Gründen auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, den sich aus der Verwirklichung des beide Parteien betreffenden Risikos der höheren Gewalt ergebenden Verlust allein den Kunden der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte hätte sich, hätten die Vertragsparteien die Pandemie und deren Folgen bei Vertragsschluss vorausgesehen, auch nicht billigerweise darauf einlassen müssen, Beiträge zurückzuerstatten (so für den Betrieb eines Golfplatzes vgl. AG Nürtingen Urt. v. 17.7.2020 - 44 C 2310/20, BeckRS 2020, 21390 Rn. 25, 26). hh. Damit ist die von der Beklagten getroffene Regelung nach den Grundsätzen der Vertragsanpassung in Folge der Störung der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt und damit auch nicht irreführend und auch nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr hat die Beklagte zu Gunsten ihrer Kunden gehandelt. Würde man dem Kläger folgen, der als Bundesverband der Verbraucherzentralen zu Gunsten der Verbraucher agieren sollte, dann hätte die Beklagte offenbar die kostenlose Vertragsverlängerung ihren Kunden nicht anbieten dürfen, mit der Konsequenz, dass die Kunden für den Zeitraum der Schließung des Fitnessstudios keinen Ausgleich erhalten hätten. Soweit der Kläger meint, die Beklagte hätte diese Beiträge den Kunden zurückerstatten müssen bzw. die Kunden für Zeit der Schließung nicht zahlen müssen, ist diese Rechtsansicht wie dargelegt sehr zweifelhaft. Ein beiderseitiger Wegfall der Leistungspflichten nach §§ 275 II oder III, 326 I BGB stellt nämlich oftmals wegen des Alles-oder-Nichts-Charakters der Unmöglichkeit keine interessengerechte Lösung dar. In diesen Fällen bleibt § 313 I BGB anwendbar und kann die „Rettung“ des Vertrags durch Anpassungen ermöglichen, wie sie die Parteien in Antizipation der Corona-Krise vorgenommen hätten (Palandt/Grüneberg, § 275 Rn. 29). Es bestand somit keinesfalls unzweifelhaft das Recht oder eine Befugnis der Kunden der Beklagten, für die Monate der Schließung die Beiträge nicht zu entrichten. Vielmehr ist die Rechtslage gerade nicht eindeutig. Dies sollte dem Kläger bekannt sein. Das Angebot der Beklagte an ihre Kunden, die Vertragslaufzeit zu verlängern, war somit im Hinblick auf die massive Störung der Geschäftsgrundlage in Folge der Betriebsschließung weder irreführend, noch wettbewerbswidrig. 5. Zu den sonstigen zur Täuschung geeigneten Angaben i.S.v. § 5 I 2 Fall 2 UWG zählen nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen. a. Danach kann der zweite Fall des § 5 I 2 UWG grundsätzlich auch Angaben erfassen, die - wie Meinungsäußerungen - zwar nicht wahr oder unwahr sein können, gleichwohl aber zur Täuschung des Durchschnittsverbrauchers geeignet sind (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 25-29). Aussagen über die Rechtslage werden allerdings nur in bestimmten Fällen von § 5 I UWG erfasst. Dabei ist entscheidend, wie der Verbraucher die Äußerung des Unternehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung, auffasst (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 30). Ist für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung. Dass eine solche Äußerung nicht dem Irreführungstatbestand unterfällt, folgt ferner aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Ob diese Rechtsansicht richtig ist, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 31). b. Dagegen erfasst § 5 I UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung versteht (vgl. BGH GRUR 2019, 754 Rn. 32; BGH GRUR 2020, 886 Rn. 42). Daran fehlt es aber hier. c. Den Kunden wurde nicht suggeriert, die Beklagte könne dies ohne Weiteres einseitig tun. Im Gesamtzusammenhang der Mitteilung der Beklagten an ihre Kunden war dies als ein Angebot bzw. eine Rechtsansicht der Beklagten zu verstehen. Wer das Angebot nicht annehmen will, war genau in der Situation, die der Kläger in diesem Verfahren als allein richtig ansieht. Der Kunde konnte sein Geld zurückfordern und/oder kündigen. Wie dargelegt ist es aber rechtlich umstritten, ob diese Ansprüche oder Rechte tatsächlich bestehen. In dieser Situation war also das Angebot der Klägerin im Ergebnis kundenfreundlich, weil es die Risiken für beide Vertragsteile sachgerecht verteilte. Daher war die Klage insgesamt abzuweisen. C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 S.1 ZPO. Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Im Hinblick auf den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich (BGH GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung). Der Umfang dieses Interesses hängt insbesondere von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung („Angriffsfaktor“) ab, welche anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen ist und von den weiteren Umständen abhängt. Vorliegend sind 15.000 € angemessen.
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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 1Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO). 2Entscheidungsgründe: 3Die zulässige Klage ist unbegründet. 4I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 250,00 € aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere folgt ein solcher Anspruch nicht aus Art. 7 Abs. 1 lit. a) iVm Art. 5 Abs. 1 lit. c) VO (EG) Nr. 261/2004 (im Weiteren: FluggastrechteVO) aus abgetretenem Recht des Fluggastes E. U. 51. Der Fluggast hatte eine bestätigte Buchung für eine Flugreise am 02.05.2019 mit dem durch die Beklagte durchgeführten Flug XX111 von Amsterdam nach München, geplant von 08.50 Uhr bis 10.10 Uhr, sowie mit dem Flug XX222 von München nach Leipzig, geplant von 11.20 Uhr bis 12.15 Uhr. Tatsächlich wurde der Flug XX111 verspätet durchgeführt und erreichte München erst um 11.23 Uhr. Aufgrund dieser Verspätung verpasste der Zedent seinen Anschlussflug nach Leipzig. Mit einer Ersatzbeförderung erreichte der Fluggast sein Ziel mit 3 Stunden und 48 Minuten Verspätung. 62. Ein hieraus sich etwaig ergebender Anspruch aus Art. 7 Abs. 1 lit. a) FluggastrechteVO in analoger Anwendung wegen einer Ankunftsverspätung des Fluggastes von mehr als drei Stunden ist allerdings nach Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO ausgeschlossen. 7Nach Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO ist die Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen ausgeschlossen, wenn das Luftfahrtunternehmen nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden sind. 8Im Streitfall ist es der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten gelungen, das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstandes in dem nach § 286 ZPO gebotenen Maße zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts zu beweisen. 9a) Das Gericht geht auf Grundlage der schriftlichen Zeugenaussage des Herrn N. davon aus, dass es auf dem Flug XX333 von München nach Amsterdam, dem Vorflug der Beklagten im Umlauf mit demselben Fluggerät wie bei dem streitgegenständlichen Flug XX111, zu einer Verspätung von einer Stunde gekommen ist. Der Flug XX333 sollte ursprünglich von 4:40 Uhr bis 6:10 Uhr durchgeführt werden. Dem Flug wurde von der Flugsicherung ein Slot für 5:07 Uhr zugewiesen. Es kam vor dem Abflug jedoch zu Unregelmäßigkeiten aufgrund einer fehlerhaften bundespolizeilichen Abfertigung des Gepäcks auf dem Flug XX333, die dazu führte, dass 38 bereits geladene Gepäckstücke kurz vor dem geplanten Abflug ausgeladen werden mussten. Das Ausladen konnte noch so rechtzeitig abgeschlossen werden, dass die Flugsicherung es erlaubte, dass das Fluggerät entsprechend des Slots für 5:07 Uhr „off-block“ geht. Auf dem „Taxi Way“ zur Landebahn wurde der Slot von der Flugsicherung jedoch um 5:17 Uhr suspendiert, weil das sog. „Slot-Tolerance-Window“ überschritten war. Die Beklagte beantragte sodann einen neuen Slot, der ihr schlussendlich für 5:59 Uhr zugewiesen worden ist. Zu dieser Zeit startete der Flug XX333 dann auch tatsächlich und erreichte seine Parkposition in Amsterdam um 7:10 Uhr. Aufgrund der verspäteten Ankunft in Amsterdam konnte der hier streitgegenständliche Folgeflug XX111 nicht rechtzeitig abfliegen. 10Die Zeugenaussage des Herrn N. ist positiv ergiebig und glaubhaft. Der Zeuge N. ist ein mittelbarer Zeuge, der keine unmittelbare Wahrnehmung der Beweisthemen hat, sich aber auf Grundlage von Aufzeichnungen eine eigene Wahrnehmung angeeignet hat. Vor diesem Hintergrund ist die Zeugenaussage zu würdigen. Die Aussage ist ausführlich, stringent und mit Auszügen aus der Datenbank der Beklagten unterlegt. Dies verleiht der Aussage eine Zuverlässigkeit, die auch bei Beachtung der Mittelbarkeit der Wahrnehmung für die Glaubhaftigkeit der Angaben sprechen. 11Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es folglich gerade kein Anzeichen gegen die Glaubhaftigkeit des Zeugen, dass seine Erklärungen mit internen Dokumenten der Beklagten unterlegt sind und teilweise wörtlich mit der Klageerwiderung übereinstimmen. Der Zeuge arbeitet für die Beklagte als Referent in der Verkehrszentrale der Beklagten in xxx und hat in dieser Funktion Zugriff auf die Datenbank der Beklagten. Er verfügt auch über die ausreichenden Kenntnisse diese zum Teil mit Abkürzungen versehenen Daten zu verstehen. Für die Bewertung der Glaubhaftigkeit ist demnach auch auf die Zuverlässigkeit der Datengrundlage abzustellen. Hinweise dafür, dass die Aufzeichnungen der Beklagten nicht zutreffend sind, sind jedoch weder von der Klägerin vorgetragen noch sonst ersichtlich. 12Im Übrigen ist der Versuch des Beweises eines außergewöhnlichen Umstands im Sinne von Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO über von den Airlines vorgehaltene Aufzeichnungen auch dem Massenverkehr des Flugverkehrs geschuldet. Die Bestimmungen der FluggastrechteVO sind jedoch gerade vor diesem Hintergrund eines massenhaften Flugverkehrs erlassen worden. Deshalb darf der Nachweis einer Entlastung nach der FluggastrechteVO nicht generell deshalb ausgeschlossen werden, weil der Rückgriff der Beweisführung auf interne Dokumente als unzulässig betrachtet wird. Schließlich beruht dieser Rückgriff auf dem enormen Aufkommen von Flugverkehr. Einer derartigen Verschärfung der Beweisanforderungen stünde nämlich der sich aus Art. 4 Abs. 3 Uabs. 2 EUV ergebende Grundsatz der praktischen Wirksamkeit von Unionsrecht („effet utile“) entgegen. Danach darf die nationale Auslegung einer Vorschrift die praktische Wirksamkeit von Unionsrecht nicht behindern (vgl. EuGH, NJW 1978, 1741 (1741); Potacs, EuR 2009, 465 (466ff.)). Dies ist vorliegend nach § 286 ZPO zu berücksichtigen. Danach muss ein Zeuge auf interne Dokumente zur Auffrischung seiner Erinnerung bzw. zur Verschaffung von Informationen zurückgreifen dürfen. 13b) Die fehlerhafte hoheitliche Abfertigung von Gepäckstücken durch die Bundespolizei und die daraus folgende Notwendigkeit des Ausladens von Gepäckstücken ist ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne des Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO. 14Ein außergewöhnlicher Umstand ist nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ein Vorkommnis, das seiner Natur oder Ursache nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betroffenen Luftunternehmens ist und von ihm nicht zu beherrschen ist (vgl. etwa EuGH, NJW 2018, 1592, Rn. 32). Art. 5 Abs. 3 FluggastrechteVO ist als Ausnahmevorschrift zu Art. 7 Abs. 1 FluggastrechteVO grundsätzlich eng auszulegen (EuGH, NJW 2015, 3427, Rn. 35). 15Auch bei enger Auslegung geht das Gericht im vorliegenden Fall von einem für die Beklagte nicht üblichen und überdies nicht beherrschbaren Vorkommnis aus. Zunächst ist das Ereignis nicht Teil der normalen Tätigkeit der Beklagten. So kann zwar die Einflussnahme hoheitlicher Behörden auf die Abwicklung von Gepäck in Flughäfen aufgrund nationaler Interessen an kontrollierter Ein- und Ausfuhr von Waren und Personen zu den üblichen Abläufen an einem Flughafen gezählt werden. Dies allein macht das hier gegenständliche Ereignis eines Fehlers der Bundespolizei und der deshalb notwendigen Ausladung von Gepäck kurz vor dem Abflug nicht zum Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit der Beklagten. Denn hier kam es offenbar zu einem gravierenden Fehler. Zwar können Fehler bei jedem am Flugbetrieb Beteiligten vorkommen und sind in gewissem Maße zu erwarten. Jedoch sind Fehler mit einer derartigen Tragweite, die das Ausladen von bereits verladenem Gepäck zur Folge hat, bei wertender Betrachtung als so ungewöhnlich anzusehen, dass er nicht mehr zu den typischen Vorkommnissen vor einem Abflug gehört. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Fehler hier einer Behörde unterlaufen ist, die für eine besondere Zuverlässigkeit stehen sollte. 16Der Vorgang war für die Beklagte auch nicht beherrschbar. Aufgrund des polizeilichen Fehlers war es der Beklagten unmöglich, Einfluss auf die Vorkommnisse zu nehmen. Zunächst konnte sie auf den Fehler als solchen keinen Einfluss nehmen, weil sie offensichtlich keine Einsicht in die Arbeit der Bundespolizei hat, geschweige denn die Arbeit beaufsichtigen könnte oder müsste. Auch konnte sie auf die Pflicht zum Ausladen keinen Einfluss nehmen. So ergibt sich zwar nicht eindeutig aus der Zeugenaussage, ob die Bundespolizei die Ausladung hoheitlich angeordnet hat. Das Gericht geht nach den Umständen aber davon aus, dass das Ausladen der 38 betroffenen Gepäckstücke keine freiwillige Handlung der Beklagten war. 17c) Der Beklagten standen auch keine zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung der Verspätung von XX333 sowie XX111 bzw. der Folgen dieser Verspätung zu. Dabei ist zu beachten, dass sich ein Luftfahrtunternehmen auf einen außergewöhnlichen Umstand eines vorangegangenen Fluges berufen kann, wenn es den Flug selbst durchgeführt hat und ein unmittelbar ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Umstandes und der Verspätung des späteren Fluges besteht (vgl. EuGH, NJW-RR 2020, 871 Rn. 55). 18Die Flüge XX333 und XXX111 wurden zur Überzeugung des Gerichts auf Grundlage der Zeugenaussage des Herrn N. mit demselben Flugzeug im Rahmen eines geplanten Umlaufs durchgeführt. Die durch den oben beschriebenen außergewöhnlichen Umstand entstandene Verspätung von einer Stunde für den Flug XX333 war folglich kausal für die Verspätung des Anschlussflugs XX111, der logischerweise erst durchgeführt werden konnte, als das eingesetzte Fluggerät Amsterdam erreichte. Angesichts der relativ geringen Verspätung des Flugs XX333 von einer Stunde war es der Beklagten auch nicht zuzumuten, die Flugplanung insgesamt anders zu gestalten. Der Einsatz eines anderen Flugzeugs zur pünktlichen Durchführung von XX111 – unabhängig davon, ob ein solches tatsächlich zur Verfügung stand oder anderweitig hätte verfügbar gemacht werden können und dieses dann einen entsprechenden Slot der Flugsicherung erhalten hätte – hätte hier der Beklagten übermäßige Opfer abverlangt. Angesichts des Umstandes, dass der Zedent eine Flugreise mit Umstieg gebucht hatte, genügte die Verspätung von XX333 sowie XX111 von jeweils nur ca. einer Stunde auch nicht, um die Beklagte zu einer Umbuchung auf eine andere Flugroute schon von Amsterdam aus zu veranlassen. Die dafür notwendigen organisatorischen Anstrengungen bedürfen ihrerseits ebenfalls eine gewisse Dauer. Außerdem ist eine Umbuchung bei einer Flugreise mit Umstieg von den verfügbaren Verbindungen abhängig. Schon abstrakt ist kaum zu erwarten, dass ein bei erstmaliger Kenntnis der Beklagten von der Verspätung von XX333 (d.h. um 5:17 Uhr) in Gang gesetzter Prozess zur Organisation einer Umbuchung des Zedenten auf eine andere Route nach Leipzig zu einer geringeren Ankunftsverspätung geführt hätte. Demnach war entgegen der Ansicht der Klägerin auch kein weiterer Vortrag der Beklagten zu Vermeidungsmaßnahmen notwendig. 193. Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus einem anderen Rechtsgrund. Etwaigen vertraglichen Ansprüchen des Zedenten gegen die Beklagte aus dem Beförderungsvertrag steht entgegen, dass die Beklagte nach dem Vorstehenden kein Verschulden an der Verspätung trifft. Sonstige Anspruchsgrundlagen sind weder vorgetragen, noch ersichtlich. 20II. Mangels eines Anspruches für die Hauptforderung, besteht auch kein Anspruch auf die geltend gemachten Verzugszinsen. 21III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. 22IV. Der Streitwert wird auf 250,00 EUR festgesetzt. 23Rechtsbehelfsbelehrung: 24A) Da mit dieser Entscheidung für keine Partei die zur Eröffnung der Berufung führende Beschwer von über 600,00 EUR erreicht ist, hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die Zulassung der Berufung zu prüfen, § 511 Abs. 4 ZPO. Die Berufung ist danach nicht zuzulassen gewesen, weil die Rechtssache ihre Entscheidung allein aus den Umständen des vorliegenden Falles gefunden hat und somit weder grundsätzliche Bedeutung besitzt oder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern, § 511 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 ZPO. 25Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht zulässig, weil keine der Parteien durch dieses Urteil hinsichtlich eines Werts von über 600,00 EUR beschwert ist und das Gericht die Berufung auch nicht zugelassen hat, § 511 Abs. 2 Nr. 1 , 2 ZPO. 26B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Köln statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Köln, Luxemburger Str. 101, 50939 Köln, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden. 27Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Tenor Die aufschiebende Wirkung des gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 26.08.2020 eingelegten Widerspruchs der Antragstellerin wird hinsichtlich der Nutzungsuntersagung (Ziff. 1) wiederhergestellt und hinsichtlich der Androhung eines Zwangsgeldes (betreffend Ziff. 1) angeordnet. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt. Der Streitwert wird auf 12.000 € festgesetzt. Gründe 1 Das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragstellerin hat Erfolg. 2 Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung legt die Kammer bei verständiger Würdigung des anhängig gemachten Rechtsschutzgesuches als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des von der Antragstellerin am 28.09.2020 gegen die von der Antragsgegnerin mit Ordnungsverfügung vom 26.08.2020 für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung des von der Antragstellerin betriebenen Automobilhandels (Ziff. 1 der Verfügung) eingelegten Widerspruchs sowie als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung jenes Widerspruchs gegen die in der Verfügung zugleich für die Nutzungsuntersagung ausgesprochene Androhung eines Zwangsgeldes aus. Ausgehend vom Rechtsschutzziel der Antragstellerin, vorerst nicht die Nutzungsuntersagung befolgen und vollstreckungsrechtliche Folgen befürchten zu müssen, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dahin zu verstehen, dass er nicht auch die in der Verfügung enthaltene Zwangsgeldandrohung betreffend die innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung zu erfüllende Beseitigungsaufforderung in Ziff. 2 umfassen soll. Das so verstandene, hinsichtlich der sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagung nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO und in Bezug auf die Androhung einer Zwangsgeldfestsetzung für die Nutzungsuntersagung wegen der kraft Gesetzes entfallenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs (§§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, 248 Abs. 1 Satz 2 LVwG) nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO zu beurteilende vorläufige Rechtsschutzgesuch ist zulässig. 3 Der Antrag ist darüber hinaus auch begründet. 4 Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse der Antragstellerin einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Hat die Behörde - wie vorliegend hinsichtlich der Nutzungsuntersagung - die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet, kommt es im Besonderen darauf an, ob sie zu Recht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung höher gewichtet hat als das private Interesse, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens den Verwaltungsakt nicht befolgen zu müssen. 5 Ausgehend von diesem Maßstab geht die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin aus. Das Interesse der Antragstellerin, vorläufig von der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung verschont zu bleiben, ist höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an der Vollziehung der streitbefangenen Nutzungsuntersagung. 6 Zwar erweist sich die angefochtene Nutzungsuntersagung der Antragsgegnerin nach allen gegenwärtig erkennbaren Umständen dem Grunde nach als rechtmäßig. Die Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung beruht auf § 59 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 LBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung einer baulichen Anlage untersagen kann, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Für den Erlass einer Nutzungsuntersagung genügt tatbestandlich bereits die formelle Illegalität, d.h. die ohne die erforderliche Baugenehmigung aufgenommene Nutzung baulicher Anlagen, es sei denn, das Vorhaben ist ausnahmsweise offensichtlich genehmigungsfähig bzw. bei verfahrensfreien Vorhaben offensichtlich zulässig. Die gewerbliche Nutzung des Automobilhandels durch die Antragstellerin ist formell baurechtswidrig, da jedenfalls die für die konkrete Nutzung erforderliche Befreiung fehlt. 7 Die ausgeübte Nutzung auf dem Grundstück ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, weil es den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 218 der Stadt Norderstedt widerspricht. Nach dessen textlichen Festsetzungen in Ziff. 1.3. sind innerhalb des als Mischgebiet ausgewiesenen Baugebiets, in dem das streitbefangene Grundstück belegen ist, Einzelhandelsbetriebe gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 nicht zulässig (§ 1 Abs. 5 BauNVO). 8 Gegen diesen im Bebauungsplan vorgenommenen Einzelhandelsausschluss bestehen angesichts der ergangenen Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts im Rahmen des diese Satzung betreffenden Normenkontrollverfahrens keine Bedenken. Im Hinblick auf die Regelungen zur Art der baulichen Nutzung wird Folgendes ausgeführt: 9 „Die Regelungen zur Art der baulichen Nutzung sind […] nicht zu beanstanden. […] Angesichts der für die gesamte Planung ganz wesentlichen Erwägungen, keinen zusätzlichen Einzelhandel im Gebiet zuzulassen, den im Gebiet vorhandenen Einzelhandel am Standort des vorhandenen SB-Warenhauses zu konzentrieren und den Langenharmer Weg zu entlasten, widerspräche es der planerischen Konzeption, Einzelhandelsnutzungen am Langenharmer Weg planerisch festzuschreiben“ (Schlesw.-Holst. OVG, Urteil v. 25.11.2010 - 1 KN 8/10 - Rn. 48-49, juris). 10 Gegen die von der Antragsgegnerin vorgenommene Einordnung des Automobilhandels als Einzelhandelsbetrieb sind ebenfalls keine rechtlichen Einwände zu erheben. Einzelhandelsbetriebe sind Gewerbebetriebe, die Waren an Letztverbraucher verkaufen (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB Kommentar, Werkstand: 138. EL, Stand: Mai 2020, § 11 BauNVO Rn. 53). In Anbetracht der Internetpräsenz ist nicht zweifelhaft, dass es sich bei dem von der Antragstellerin geführten Autohandel um einen Einzelhandelsbetrieb handelt, da der Betrieb erkennbar auf den unmittelbaren Verkauf an Endverbraucher abzielt und hierfür auch gewöhnlich Laufkundschaft - die mit einem Einzelhandelsbetrieb typischerweise verbunden ist - angeworben werden soll. Soweit die Antragstellerin behauptet, sie verkaufe Kraftfahrzeuge auch an Unternehmer und Wiederverkäufer, ist dies ohne Belang, da auch Unternehmer nach der Begriffsbestimmung Letztverbraucher sein können. Der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit des Autohandels mitsamt der gegenwärtigen Stellplatznutzung steht nach summarischer Prüfung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens auch der nach § 24 LWaldG einzuhaltende Waldabstand sowie die teilweise Überschreitung der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen entgegen. 11 Die Antragsgegnerin hat überdies auch ermessensfehlerfreie Erwägungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung als solche angestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Behörde in der Regel ermessensgerecht handelt, wenn sie eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehende, nicht offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung untersagt. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Soweit die Antragstellerin sich auf die nördlich des Langenharmer Weges befindliche Einzelhandelsnutzung des SB-Warenhauses F. oder den Gewerbebetrieb M. beruft, vermag dies einen solchen Verstoß bereits mangels Vergleichbarkeit der in verschiedenen Baugebieten belegenen Gewerbebetriebe nicht zu begründen. 12 Allerdings stellt sich die Nutzungsuntersagung in ihrer konkreten Ausgestaltung aufgrund des Fehlens einer angemessenen Fristsetzung als unverhältnismäßig dar. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin zur „unverzüglichen“ Einstellung der gewerblichen Nutzung angehalten. Bei einer solchen Aufforderung muss nach den maßgeblichen Umständen des Einzelfalls berücksichtigt werden, mit welchen Folgen die Einstellung eines Gewerbebetriebes verbunden ist. Bei Vorliegen von sachgerechten Gründen erscheint es daher erforderlich, dass die Behörde im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens die Nutzungsuntersagung mit einer angemessenen Fristbestimmung ausspricht. Vor dem Hintergrund, dass mit einem laufenden Geschäftsbetrieb eine Vielzahl von täglichen Geschäftsabläufen einhergehen, erscheint es unerlässlich, einem Gewerbetreibenden die zur Erfüllung der Einstellung des Betriebes notwendigen Schritte in ausreichender Weise zu ermöglichen. Bei den vorliegenden Gegebenheiten sind die laufenden Geschäftsbeziehungen, die gegebenenfalls zu beenden sind, die Erfüllung von vertraglichen Verpflichtungen, die Suche nach neuen Räumlichkeiten und die Neuorganisation bzw. Kündigung von Beschäftigungsverhältnissen in die erforderliche Interessenabwägung einzubeziehen. 13 Die in Ziff. 2 enthaltene Aufforderung zur Beseitigung der vorhandenen Kraftfahrzeuge innerhalb von zwei Monaten nach Bestandskraft der Verfügung ist hingegen eine von der Nutzungsuntersagung unabhängige Handlungspflicht, die nicht auf die Abwicklung des Betriebes gerichtet ist und nicht zu einer ausreichenden Berücksichtigung der mit der Einstellung des Betriebes verbundenen Belange führt. Auch wenn die Aufforderung zur Einstellung eines Betriebes nicht eine bestimmte Handlungspflicht umfasst, bedeutet sie für den Betriebsinhaber faktisch die Abwicklung des täglichen Geschäftsbetriebes. Insofern bestehen bereits erhebliche Zweifel, ob eine Verpflichtung zur unverzüglichen Nutzungsuntersagung überhaupt dem Bestimmtheitserfordernis iSd § 108 Abs. 1 LVwG genügt. Hinreichende inhaltliche Bestimmtheit liegt dann vor, wenn der Empfänger den Regelungsgehalt aus dem Tenor, dem Inhalt der Begründung und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen so vollständig, klar und unzweideutig erkennen kann, dass er in der Lage ist, sein Verhalten danach zu richten (vgl. BVerwG, Beschluss v. 09.10.2012 - 7 VR 10.12 - Rn. 10, juris). Eine Verpflichtung zum unverzüglichen Handeln ist grundsätzlich nicht in diesem Sinne hinreichend bestimmt. Das gilt auch dann, wenn man nach der gesetzlichen Definition in § 121 Abs. 1 BGB "unverzüglich" als "ohne schuldhaftes Zögern" ansieht und nicht mit „sofort“ gleichsetzt, da das Ende der eingeräumten Frist vom Verhalten des Handlungspflichtigen abhängt. Grundsätzlich ist aber bei einer Unterlassenspflicht - anders als bei einer Pflicht zum Handeln - eine Frist nicht zu bestimmen (vgl. etwa OVG Sachsen-Anhalt Beschluss v. 24.11.2014 - 2 L 39/13 -, Rn. 8, juris). Inwiefern die Aufforderung zur Einstellung des Gewerbebetriebes eine schlichte Unterlassung darstellt oder aber bereits eine gewisse - für die Antragstellerin nicht klar erkennbare - Handlungspflicht miteinschließt und daher nicht mehr hinreichend bestimmt ist, kann hier aber letztlich dahinstehen, da die Verhältnismäßigkeit hinsichtlich der unverzüglichen Einstellung des Autohandels jedenfalls nicht gewahrt ist und sich die Nutzungsuntersagung aus diesem Grund als rechtswidrig erweist. 14 Es sind auch keine Gesichtspunkte von der Antragsgegnerin vorgetragen oder sonst ersichtlich, die eine unverzügliche Einstellung ohne Einräumung einer angemessenen Frist dringend erfordern würde. Insoweit hält die Kammer eine Frist von ungefähr drei Monaten für die Einstellung des Betriebes für angemessen, um das für eine Nutzungsuntersagung erforderliche Vorgehen ausreichend zu berücksichtigen. 15 Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen überwiegt auch das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs gegen die Androhung eines Zwangsgeldes betreffend die in Ziff. 1 ausgesprochene Nutzungsuntersagung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung. 16 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 17 Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG. Dabei hat die Kammer einen geschätzten Jahresnutzwert von 24.000 € zugrunde gelegt. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird jener Gesamtwert eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens in ständiger Spruchpraxis mit der Hälfte des Betrages veranschlagt, sodass sich der mit 12.000 € festgesetzte Streitwert ergibt.
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Tenor Der Klägerin wird für das zweitinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt U.      in G.         beigeordnet. Der Berufungszulassungsantrag wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der Senat entscheidet über die Berufungszulassung und die Prozesskostenhilfebewilligung durch den Vorsitzenden als Berichterstatter, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 87a Abs. 2 und 3, 125 Abs. 1 VwGO). 3Der Prozesskostenhilfeantrag für das Berufungszulassungsverfahren ist begründet. Der Berufungszulassungsantrag hatte im Zeitpunkt der Bewilligungsreife hinreichende Erfolgsaussicht wegen der unten bezeichneten, zu diesem Zeitpunkt ungeklärten Grundsatzfrage, ob nationaldienstpflichtigen eritreischen Staatsangehörigen drohende Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Entziehung oder Desertion mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit an eine ihnen zugeschriebene politische Überzeugung anknüpfen. Die Klägerin konnte die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens im Zeitpunkt der Bewilligungsreife nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht aufbringen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 4Der Berufungszulassungsantrag ist unbegründet. Nach § 78 Abs. 3, Abs. 4 Satz 4 AsylG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn einer der in Abs. 3 Nrn. 1 bis 3 aufgezählten Zulassungsgründe dargelegt ist und vorliegt. Die Klägerin stützt ihren Antrag bei sachgerechter Auslegung nach § 88, § 125 Abs. 1 VwGO ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Ihre mehrfache wörtliche Bezugnahme auf § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG „i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO“ rechtfertigt nicht die Annahme, sie habe neben der Grundsatzrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG auch eine Gehörsrüge nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO erheben wollen. Denn der Antragsbegründung lässt sich weder ausdrücklich noch sinngemäß entnehmen, worin ein Gehörsverstoß des Verwaltungsgerichts liegen soll. Insbesondere führt ihre Rüge unter VI. der Antragsbegründung, das Verwaltungsgericht habe die flüchtlingsschutzrechtliche Bedeutung von Aufbausteuer und Reuebekenntnis „verkannt“, weder auf einen Gehörsverstoß nach § 138 Nr. 3 VwGO noch auf einen sonstigen Verfahrensfehler im Sinn des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG. Namentlich benennt die Klägerin keine konkreten Tatsachen, welche das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in seine Würdigung einbezogen haben soll. Mit der Rüge macht die Klägerin vielmehr sinngemäß lediglich geltend, das Verwaltungsgericht habe die Bedeutung von Aufbausteuer und Reuebekenntnis für die materiell-rechtliche Frage falsch gewürdigt, ob Sanktionen wegen Wehrdienstentziehung und Desertion in Eritrea generell an eine vermutete oder vorhandene politische Überzeugung anknüpfen (§ 3a Abs. 3 AsylG). Dasselbe gilt für den pauschalen Vorwurf der Klägerin unter VIII. ihrer Antragsbegründung, das Verwaltungsgericht hätte zu dem von ihr gewünschten Ergebnis kommen müssen, wenn es „die derzeitige Situation in Eritrea hinsichtlich der dortigen politischen Verhältnisse und d[ie] in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisse[n,] entsprechend gewürdigt“ hätte. 5Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung kommt der vorliegenden Rechtssache nicht zu. Als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet die Klägerin die Fragen, 671. „ob in Eritrea die Landflucht und der Auslandsaufenthalt als Wehrdienstentziehung und Regimegegnerschaft angesehen und durch die eritreische Regierung und ihre Verfolgungsorgane als Ausdruck eines politischen oppositionellen Handelns gewertet und entsprechend politisch verfolgt werden“, und 82. „ob die Flucht aus dem aktiven Nationaldienst sowie die Flucht vor dem Nationaldienst nach einer Einberufung, durch die eritreische Regierung und ihre Verfolgungsorgane als Ausdruck eines politischen oppositionellen Handelns gewertet und entsprechend politisch verfolgt werden.“ 9Keine dieser beiden Fragen rechtfertigt im vorliegenden Fall eine Berufungszulassung. Sie sind nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des beschließenden Senats inzwischen in verneinendem Sinn geklärt sind. Nationaldienstpflichtigen eritreischen Staatsangehörigen drohen danach Verfolgungsmaßnahmen wegen einer Entziehung oder Desertion nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Anknüpfung an eine ihnen zugeschriebene politische Überzeugung. 10OVG NRW, Beschluss vom 21. September 2020 ‑ 19 A 1857/19.A ‑, juris, Rn. 36 ff. 11In Bezug auf diese Grundsatzfragen ist die Berufung auch nicht wegen nachträglicher Abweichung von der zitierten Senatsrechtsprechung nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG zuzulassen. Wegen nachträglicher Abweichung ist die Berufung nach dieser Vorschrift unabhängig davon zuzulassen, ob der Rechtsmittelführer diesen Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt hat, wenn der zunächst vorliegende Zulassungsgrund grundsätzlicher Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nachträglich dadurch entfällt, dass ein übergeordnetes Gericht die als grundsätzlich klärungsbedürftig dargelegte Grundsatzfrage in einem anderen Verfahren klärt, und die angefochtene Entscheidung von dieser höchstrichterlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung objektiv abweicht. 12OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2020 ‑ 19 A 4332/19.A ‑, juris, Rn. 2 f. m. w. N. 13Hier liegt keine solche Abweichung vor. Denn auch das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung durch Bezugnahme auf sein Urteil vom 23. März 2017 ‑ 6 K 7338/16.A ‑, juris, die Tatsachenfeststellung zugrunde gelegt, dass Sanktionierungen von Wehrdienstentziehung und illegaler Ausreise in Eritrea nicht generell an eine vermutete oder vorhandene politische Überzeugung anknüpfen (dort Rn. 32 ff., 65 ff., 138 ff.). 14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG. 15Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Tenor Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 wird bis zu einer Entscheidung über den anhängigen Normenkontrollantrag in der Hauptsache (Az. 3 KN 29/20) vorläufig außer Vollzug gesetzt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt. Gründe 1 Der Normenkontrolleilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.). 2 1. Der Antrag, 3 anzuordnen, dass Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäne-Verordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 bis zu einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin vom 15. Oktober 2020 außer Vollzug gesetzt wird, 4 ist zulässig, insbesondere statthaft im Sinne von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 67 Landesjustizgesetz (LJG) vom 17. April 2018 (GVOBl. 2018, 231, ber. 441). 5 Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 hat § 17 Corona-Bekämpfungsverordnung vom 1. Oktober 2020 geändert und den nachfolgenden Absatz 2 angefügt: 6 „Das für Gesundheit zuständige Ministerium des Landes Schleswig-Holstein kann einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, in welchem oder in welcher innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen die Rate der Neuinfektionen mit dem Coronavirus laut der Veröffentlichungen des Robert Koch-Instituts höher als 50 von 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist, als inländische Hochinzidenzgebiete ausweisen. Die Entscheidungen werden auf der Internetseite https://schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/VIII/_startseite/Artikel_2020/_lnformationen_Urlauber/teaser_informationen_urlauber.html veröffentlicht. Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in Gebieten, die am Tag der Ankunft als Gebiete nach Satz 1 ausgewiesen sind, aufgehalten haben, dürfen nicht zu touristischen Zwecken in Betrieben nach Absatz 1 beherbergt werden. Abweichend von Satz 3 dürfen Personen beherbergt werden, wenn sie bei Ankunft dem Betrieb gegenüber schriftlich bestätigen, dass sie über ein negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus auf Papier oder in einem elektronischen Dokument in deutscher, englischer oder französischer Sprache verfügen und das Testergebnis nicht mehr als 48 Stunden vor Ankunft festgestellt worden ist. Der zu Grunde liegende Test muss die jeweils aktuellen und veröffentlichten Anforderungen des Robert Koch-Instituts oder der Verordnung zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebieten vom 6. August 2020 (BAnz AT 07.08.2020 V1) erfüllen“. 7 Der Senat folgt nicht der vom Antragsgegner vertretenen Auffassung, wonach die Regelungsgegenstände der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäneverordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 nicht voneinander abtrennbar sind. Insoweit ist dem Antragsgegner zwar beizupflichten, dass die Regelung zur Ausweisung inländischer Risikogebiete in der Quarantäne-Verordnung gestrichen wird (vgl. Begründung zu Artikel 1) und anstelle der bisherigen Ausweisungsmöglichkeit für inländische Risikogebiete in der Quarantäne-Verordnung im Rahmen der Corona-Bekämpfungsverordnung die Möglichkeit geschaffen wird, situationsabhängig bestimmte Beherbergungen von Personen aus inländischen Hochinzidenzgebieten durch Ausweisung durch das Land Schleswig-Holstein zu unterbinden (vgl. Begründung zu Artikel 2). Beide Regelungen sind aber nicht derart aufeinander bezogen, dass sie in einem untrennbaren Zusammenhang miteinander stehen; das heißt im Falle der (vorläufigen) Außervollzugsetzung von Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b bleibt die Artikel 1 zugrundeliegende Änderung der Corona-Quarantäneverordnung selbstständig bestehen. 8 Gegen die Zulässigkeit des Antrages der Antragstellerinnen zu 1) und zu 2) ergeben sich im Übrigen keine Bedenken. Insbesondere sind sie antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Sie können als juristische Personen geltend machen, durch die angegriffene Norm zumindest in ihren Grundrechten aus Art. 12 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt zu werden. Sie haben dargelegt, dass sie seit Geltung des sogenannten Beherbergungsverbots erhebliche sechsstellige Umsatzeinbußen aufgrund einer Vielzahl von Stornierungen hatten. Außerdem drohen Kündigungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch ist nach ihrem Vortrag nicht ausgeschlossen, dass die Antragstellerinnen in ihrem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt sind. 9 2. Der Antrag ist begründet. 10 Denn die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen vor. 11 Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, juris Rn. 12; OVG Schleswig-Holstein, Beschl. des Senats v. 09.04.2020 - 3 MR 4/20 -, juris Rn. 3). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn die in der Hauptsache angegriffene Norm in quantitativer und qualitativer Hinsicht erhebliche Grundrechtseingriffe enthält oder begründet, sodass sich das Normenkontrollverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweisen dürfte. 12 Ergibt demnach die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. 13 Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens im Zeitpunkt der Entscheidung über den Eilantrag nicht (hinreichend) abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, das Hauptsacheverfahren aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, das Normenkontrollverfahren aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, juris Rn. 12; vgl. auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 30.03.2020 – 20 NE 20.632 –, juris Rn. 31ff). 14 Nach diesen Maßstäben erweist sich die angegriffene Regelung des Artikels 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäne-Verordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtswidrig, weil sie gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und sich daher als unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. 15 2.1. Die streitbefangene Landesverordnung findet in § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. März 2020 (BGBl. I S. 587) eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage. 16 Gemäß § 32 Satz 1 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist; sie kann insbesondere Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten. Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon ausschließen. 17 Die vorgenannten Normen stellen eine taugliche, insbesondere den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügende Ermächtigungsgrundlage (Art. 20 Abs. 3 GG) dar. 18 2.2. In formeller Hinsicht ergeben sich ebenfalls keine durchgreifenden Bedenken gegen die streitgegenständliche Landesverordnung. Sie ist insbesondere wirksam nach § 60 Abs. 3 Satz 1 LVwG (ersatz-)verkündet worden. Danach kann bei Gefahr im Verzug die Verkündung durch Bekanntmachung in Tageszeitungen, im Hörfunk, im Fernsehen, durch Lautsprecher oder in anderer, ortsüblicher Art ersetzt werden (Ersatzverkündung). 19 Die vom Antragsgegner vorgenommene Einschätzung, dass das bisher zur Eindämmung der Pandemie geltende Regelungskonzept (Einreisequarantäne, vgl. § 1 Abs. 5 Corona-QuarVO a. F.) durch das Beherbergungsverbot ersetzt wird und hierfür zu Recht das Mittel der Ersatzverkündung nach § 60 Abs. 3 Satz 1 LVwG gewählt worden ist, ist insoweit nicht zu beanstanden. Die Antragstellerinnen tragen keine substantiierten Einwände dafür vor, dass es dem Antragsgegner bereits im Sommer möglich gewesen wäre, zu einer anderen Einschätzung zu gelangen und im Wege der regulären Verordnungsverkündung (vgl. § 60 Abs. 1 LVwG) tätig zu werden. Vielmehr haben erst die Anfang Herbst 2020 merklich gestiegenen Infektionszahlen den Verordnungsgeber im Rahmen der ihm zustehenden Einschätzungsprärogative dazu veranlasst, sein Infektionsschutzkonzept zu ändern. Insofern ist dem Erfordernis des Vorliegens einer Gefahr im Verzuge Rechnung getragen worden, denn dieses Tatbestandsmerkmal ist gegeben, wenn ein zur Abwehr der Gefahren erforderliches rechtszeitiges Inkrafttreten der Verordnung durch die regelmäßige Verkündungsform der Absätze 1 und 2 des § 60 LVwG nicht möglich ist und ohne die sofortige Verkündung der Verordnung der drohende Schaden tatsächlich entstehen würde (vgl. Friedersen/Stadelmann, LVwG/SH/2.2020 § 60 LVwG, Er. 3.). 20 Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber die streitgegenständliche Landesverordnung auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. Nach § 60 Abs. 3 LVwG ist es zulässig, neben den dort aufgeführten Bekanntmachungsformen auch andere, ortsübliche Bekanntmachungsformen zu nutzen (vgl. Friedersen/Stadelmann, a. a. O), wozu im Zeitalter der digitalen Medien auch das Internet gehört. 21 Es liegt weiterhin kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) vor. Die vom Antragsgegner in Art. 2 Nummer 1 Buchstabe b aufgeführte Internetadresse ist dem Antragsgegner – wie sich bereits aus der Überschrift ergibt – zurechenbar. Daher bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass der Normgeber die Landesverordnung auf der von ihm zu verantwortenden Seite mit dem Willen, sie amtlich bekannt zu machen, ins Internet eingestellt hat und damit den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.10.2019 – 4 CN 6.18 -, beck-online Rn. 16) genügt hat. Die Seite wird auch täglich aktualisiert, also auf dem neuesten Stand gehalten. 22 2.3. Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäne-Verordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 erweist sich jedoch als offensichtlich materiell rechtswidrig. 23 In dem darin enthaltenen Verbot, Personen die sich innerhalb der letzten 14 Tage in sogenannten inländischen Hochinzidenzgebieten aufgehalten haben, zu touristischen Zwecken in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben zu beherbergen, sofern die Person nicht bei Ankunft dem Beherbergungsbetrieb gegenüber schriftlich bestätigt, dass sie über ein negatives Testergebnis in Bezug auf eine Infektion mit dem Coronavirus verfügt und das Testergebnis nicht mehr als 48 Stunden vor Ankunft festgestellt worden ist, liegt bei gleichzeitiger unbeschränkter Einreise von Personen, die zu nicht-touristischen Zwecken nach Schleswig-Holstein kommen, eine Ungleichbehandlung vor, die verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden kann. Zu dieser Gruppe der nicht aus touristischen Gründen einreisenden Personen gehören nach der Begründung zu Artikel 2 insbesondere auch privat veranlasste Reisen, insbesondere Besuche der Familie, eines Lebenspartners oder Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie Aufenthalte zur Wahrnehmung eines Sorge- und Umgangsrechts oder zum Beistand oder zur Pflege schutzbedürftiger Personen. 24 Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Anforderungen, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (BVerfG, Beschl. v. 07.03.2017 – 1 BvR 1314/12 –, BVerfGE 145, 20-105, Rn. 171 mwN). 25 Nach Maßgabe dieser verfassungsgerichtlichen Vorgaben erweist sich das in Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäne-Verordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 angeordnete Beherbergungsverbot für Reisen aus touristischen Zwecken als nicht gerechtfertigte Benachteiligung gegenüber den Reisen, die zu nicht-touristischen Zwecken unternommen werden und demzufolge ohne jegliche Einschränkung nach Schleswig-Holstein möglich sind. 26 Dabei handelt es sich bei Reisen aus touristischen Gründen und solchen, die zu nicht-touristischen Zwecken, vornehmlich zu privaten Gründen, unternommen werden, um vergleichbare Sachverhalte. Beide Reiseunternehmungen dienen vornehmlich dem Aufenthalt zur Entspannung, Erholung und Kontaktaufnahme im familiären bzw. persönlichen Umfeld am Zielort. 27 Die unterschiedliche Behandlung durch Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der streitigen Landesverordnung ist nicht sachlich gerechtfertigt. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den jüngsten maßgebenden Feststellungen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Diesem folgt der Senat – ebenso wie das Bundesverfassungsgericht (vgl. Ablehnung einstweilige Anordnung v. 10.04.2020 - 1 BvQ 28/20 - und - 1 BvQ 31/20 -, juris jeweils Rn. 13; vgl. ferner Ablehnung einstweilige Anordnung v. 31.05.2020 - 1 BvQ 63/20 -, juris Rn. 8) – aufgrund der dem Institut als Bundesoberbehörde nach § 4 IfSG obliegenden Sach- und Fachkunde. Angesichts des Rekordwerts an Neuinfektionen am 22. Oktober 2020 (mehr als 11.000) äußerte sich der Präsident des RKI, Prof. Dr. Wieler, dass die Ausbreitung des Virus im Vergleich zur ersten Welle der Pandemie in privaten Haushalten deutlich zunehme. Ursache hierfür sei, dass sich Menschen vor allem bei privaten Begegnungen ansteckten und das Virus mit nach Hause brächten. Ansteckungen u. a. in Hotels seien dagegen seltener (https://www.tagesschau.de/inland/rki-konferenz-corona-101.html). 28 Erfolgen Reisen aus inländischen Risikogebieten etwa zu in Schleswig-Holstein lebenden Familienangehörigen mit der Gefahr einer daraus resultierenden deutlichen Erhöhung der Infektionszahlen, ist es nicht nachvollziehbar und daher sachlich nicht gerechtfertigt, dass Reisen aus touristischen Gründen mit Beherbergung zu unterbleiben haben bzw. an die vorherige negative Testung auf das SARS-CoV-2-Virus mit entsprechender Unterrichtung der jeweiligen Beherbergungsstätte geknüpft werden. Denn von derartigen Reisen - im Gegensatz zu vom Beherbergungsverbot ausgenommenen Reisen – werden nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts keine deutlich erhöhten Infektionszahlen verursacht. Schließlich verfügen Hotels und Beherbergungsstätten über entsprechende Hygienekonzepte, sodass der Aufenthalt dort als solcher für die Verbreitung des Virus nicht (erheblich) ursächlich ist. Deshalb kann auch nicht eingewendet werden, dass sich Touristen von dort ausgehend quasi überall im Land aufhalten und damit zu einer Weiterverbreitung des Virus beitragen könnten. 29 Erweist sich Artikel 2 Nummer 1 Buchstabe b der Landesverordnung zur Änderung der Corona-Quarantäne-Verordnung und der Corona-Bekämpfungsverordnung vom 8. Oktober 2020 als offensichtlich rechtswidrig, muss auch eine Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen streiten, da an der Anwendung einer offensichtlich rechtswidrigen Norm einer Rechtsverordnung kein schützenswertes öffentliches Interesse bestehen kann. Demgegenüber können sich die Antragstellerinnen auf – ihre wirtschaftliche Betätigung sichernden - Grundrechte am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb (Art. 14 Abs. 1 GG) und ihrer Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) berufen; eine Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Verordnungsregelung würde zu weiteren deutlichen Einbußen ihrer wirtschaftlichen Existenz führen. Dies haben sie unter Angabe der tatsächlich eingetretenen Verluste glaubhaft gemacht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher auch geboten, um unzumutbare Nachteile für die Antragstellerinnen abzuwenden. 30 3. Die vorläufige Außervollzugsetzung wirkt nicht nur zugunsten der Antragstellerinnen in diesem Verfahren; sie ist allgemeinverbindlich (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 15.10.2020 - 13 MN 371/20 -, juris Rn. 71 m.w.N.). 31 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG. 32 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17.07.2015 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.01.2019 verpflichtet, dem Kläger die beantragte Baugenehmigung für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle zu erteilen.Die Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten durch den Kläger im Vorverfahren wird für notwendig erklärt. Tatbestand  1 Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle.2 Er führt einen landwirtschaftlichen Gemüseanbaubetrieb, der schon seit dem Jahr 1960 besteht, im Vollerwerb seit dem Jahr 1985. Im Jahr 1986 wurde durch Errichtung einer Lagerhalle mit der Aussiedlung der Hofstelle aus dem Ortskern O.s auf die Grundstücke dieses Ortsteils der Beklagten mit den Flst.-Nrn. 1759 - 1763 begonnen und diese Hofstelle sukzessive erweitert. Zum südlich verlaufenden A.-Bach hin befindet sich nach Osten versetzt die Hofstelle eines weiteren landwirtschaftlichen Betriebes, des B.-Hofes. Im Westen, Norden und Osten ist die Hofstelle von Ackerflächen umgeben; nach Süden hin über dem A.-Bach befinden sich Streuobstwiesen.3 Die Umgebung beider genannter Hofstellen befindet sich im Geltungsbereich der Verordnung des Landratsamts Esslingen über das Landschaftsschutzgebiet „Filder“ vom 08.11.1994 in seiner Fassung vom 10.12.1998. Wesentlicher Schutzzweck des durch diese Verordnung unter Schutz gestellten Gebiets ist nach § 3 LSchV die Erhaltung landschaftsprägender Wiesen und Obstbaumwiesen an der Schönbuch- und Filderrandstufe sowie der Bereiche am Ortsrand mit den erhalten gebliebenen ökologisch wertvollen Strukturen wie Obstbaumwiesen und Bachläufen mit ihrer ökologischen Bedeutung für die Biotopvernetzung. Östlich von O. - d.h. im Bereich um das Vorhabengrundstück - sind auch ausgedehnte Ackerbauflächen mit ihrer Funktion als Naherholungsfläche und zur Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum Filder in das Landschaftsschutzgebiet einbezogen. Die Verordnung normiert Verbote, einen Erlaubnisvorbehalt und einen Befreiungstatbestand.4 Nach Auslegung des Verordnungsentwurfs im Juni 1994 sprach der Kläger am 13.07.1994 beim Landratsamt vor und machte geltend, man habe ihm eine Verlegung seiner Hofstelle zugesagt. Daher müssten seine Grundstücke mit den Flst.-Nrn. 1759 - 1762 aus dem Geltungsbereich der künftigen Verordnung ausgenommen werden. Das Landratsamt nahm daraufhin allerdings die nur beiden Grundstücke Flst.-Nrn. 1762 und 1761 aus dem Geltungsbereich heraus.5 Von anderen Vertretern der Landwirtschaft kam es häufig zu Kritik daran, dass überhaupt Ackerflächen, nicht nur Streuobstwiesen, in den Geltungsbereich der Verordnung einbezogen werden sollten. Auf eine dahingehende Einwendung eines anderen Landwirts, Herrn F. A., schrieb das Landratsamt diesen am 17.10.2014an und führte aus: „Ein Haupterwerbslandwirt wird in der Regel aufgrund seiner Privilegierung durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht mehr Einschränkungen in seiner Betriebsführung hinnehmen müssen, als dies bisher aufgrund des Außenbereichsbaurechts der Fall ist.“6 Im Jahr 2002 beantragte der Kläger bei der Baurechtsbehörde der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für eine zusätzliche landwirtschaftliche Halle südlich seiner Hofstelle; der Antrag wurde wegen des Standorts im dortigen Überschwemmungsgebiet abgelehnt. Ebenso abgelehnt wurde der Bauantrag des Klägers aus dem Jahr 2010 für eine Überbauung des Grundstücks Flst.-Nr. 1757 mit einer landwirtschaftlichen Halle, da sich dort ökologische Ausgleichsflächen für die Errichtung seiner Hofstelle befänden.7 Im Jahr 2013 beantragte der Kläger die Erteilung von drei Bauvorscheiden zur Errichtung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle an unterschiedlichen Standorten südlich, nördlich und östlich seiner Hofstelle. Die Beklagte erteilte ihm am 21.06.2013 einen positiven Bauvorbescheid über die Errichtung einer Mehrzweckhalle mit einer Grundfläche von 65 m x 25 m auf den nördlich der Hofstelle belegenen Grundstücken Flst.-Nrn. 1939-1941. In diesem Verfahren hatte das Sachgebiet Naturschutz des Landratsamts mit Stellungnahme vom 07.06.2013 ausgeführt: „Die Lage direkt am Rande des Fildertisches ist als exponiert einzustufen. Jedoch können die bestehenden landschaftlichen Bedenken an diesem Standort unter gewissen Voraussetzungen zurückgestellt werden. (...) eine landwirtschaftliche Halle, die ausschließlich von der Südseite angedient wird und keine Umfahrt hat, ist denkbar. Das Gebäude wäre an der Nord-, Ost- und Westseite intensiv einzugrünen (...) hätten aus landschaftlicher Sicht den Vorteil, dass durch die Halle und die Begrünung die heute weithin sichtbaren Giebelseiten der bestehenden Halle und des Wohnhauses abgeschirmt würden. Zudem würde durch das nahe Heranrücken an die bestehende Hofstelle weiterhin der Eindruck einer geschlossenen Hofstelle bestehen bleiben“.8 Im April 2014 beantragte der Kläger die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau einer „landw. Maschinen- und Gemüselagerhalle“ auf den östlich seiner Hofstelle liegenden Ackergrundstücken mit den Flst.-Nrn. 2002-2004 (im Folgenden: Vorhabengrundstück). Die Halle soll eine Grundfläche von 66 m x 30 m bei einer Firsthöhe von 9,5 m aufweisen.9 Die Beklagte beteiligte u.a. die untere Naturschutzbehörde des Landratsamts. Diese führte mit Schreiben vom 12.06.2014 aus, das Vorhabengrundstück liege am Rande des sogenannten Fildertisches und sei leicht nach Osten geneigt. Deswegen sei die Lage als sehr exponiert zu bezeichnen. Der Abstand der Halle zum nächstgelegenen Gebäude der bisherigen Hofstelle würde rund 45 m betragen. Mit ihrer Größe und ihrer Firsthöhe werde sie von weither - z.T. über mehrere Kilometer hinweg - sichtbar sein und sich grob verunstaltend auf das Landschaftsbild auswirken. Durch das weite Auseinanderziehen der Gesamtheit der Hofstellengebäude würde diese eine „Sichtbreite“ von rund 120 m erhalten. Die damit geschaffenen Eingriffe könnten nicht kompensiert werden.10 Mit Schriftsatz vom 23.02.2015 legte der Kläger das Gutachten eines Landschaftsarchitekturbüros vom 12.01.2015 vor, wonach zwar unbestreitbar sei, dass seine geplante Halle eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes bewirken könne. Diese Beeinträchtigungen seien aber geringer als bei Realisierung der Errichtung der Halle nördlich der Hofstelle, wofür er aber einen Bauvorbescheid besitze.11 Die Naturschutzbehörde des Landratsamts erwiderte im Juni 2015, das Gutachten der Klägerseite vom 12.01.2015 sei schon methodisch nicht korrekt. Die aus landschaftlicher Sicht bedeutsamste Blickrichtung aus Nordost, etwa von der rund 3 km entfernt gelegenen Autobahnausfahrt Neuhausen, bearbeite das Gutachten schon nicht. Von dort aus werde die geplante Halle aber besonders negativ in Erscheinung treten.12 Mit Bescheid vom 17.07.2015 lehnte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab. Zur Begründung führte sie aus, das Vorhaben des Klägers bedürfe einer landschaftsschutzrechtlichen Erlaubnis, deren Erteilung die zuständige Behörde, das Landratsamt, nicht zustimme.13 Am 13.08.2015 erhob der Kläger Widerspruch. Zu dessen Begründung machte er geltend, er bedürfe schon keiner Erlaubnis nach der Landschaftsschutzverordnung, da diese unwirksam sei. Im Gegensatz zum südöstlich belegenen B.-Hof durchschneide der Geltungsbereich der Verordnung sogar manche der heutigen Betriebsgebäude seiner Hofstelle. Die 1994 vorgenommene Abgrenzung des Geltungsbereichs verstoße somit gegen sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Selbst wenn man das anders sehen wolle, habe er Anspruch auf Erteilung einer landschaftsschutzrechtlichen Erlaubnis oder Befreiung. Sein Vorhaben führe zwar zu einem Eingriff in das Landschaftsbild, aber nur zu einem geringen durch eine maßvolle Weiterentwicklung seines privilegierten Betriebes. Das Landratsamt habe zudem übersehen, dass auch öffentliche Interessen für die Genehmigung seiner Halle streiten würden, nämlich u.a. das künftige Entfallen der Störung des Landschaftsbildes durch im Freien abgestellte Maschinen sowie die Stärkung einer regionalen Produktion von Grundnahrungsmitteln im Ballungsraum Stuttgart.14 Das Widerspruchsverfahren ruhte eine Zeit lang, da der Kläger zwischenzeitlich einen Bauantrag für die Erweiterung einer bereits vorhandenen Mehrzweckhalle um ein Kühllager mit 480 m2 Grundfläche auf den Hofstellen-Grundstücken Flst.-Nrn. 1769 und 1760 verfolgte. Diese Baugenehmigung wurde ihm am 08.06.2017 auch erteilt und die Halle daraufhin erweitert.15 Mit Schreiben vom 07.02.2018 bat der Kläger dennoch um Fortführung des Widerspruchsverfahrens. Dazu fand am 26.04.2018 ein Ortstermin statt. Im Protokoll hierüber vermerkte die Widerspruchsbearbeiterin des Regierungspräsidiums Stuttgart, „die Bevorzugung des [Hallen]Standorts nördlich des Hofes gegenüber dem östlich gelegenen Standort auf den Flst.-Nrn. 2002 bis 2004 ist für den Laien schwer nachvollziehbar“. Daher erbat sie von der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts eine Stellungnahme zur Frage, ob für das klägerische Vorhaben nicht doch eine landschaftsschutzrechtliche Befreiung erteilt werden könne. Mit Schreiben vom 13.06.2018 verneinte das Landratsamt dies. Ein öffentliches Interesse am Vorhaben bestehe nicht. Die Verneinung der Befreiung führe auch nicht zu einer unzumutbaren Belastung. Landschaftsverträgliche Erweiterungsmöglichkeiten bestünden nur unmittelbar östlich und westlich der bisherigen Hofstelle, nicht aber weiter östlich an der geomorphologisch bedeutsamen Abbruchkante der Filderebene.16 Mit Bescheid vom 14.01.2019 wies das Regierungspräsidium den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, es könne offenbleiben, ob das im Außenbereich geplante Vorhaben des Klägers privilegiert sei. Denn es verstoße gegen ein Verbot der wirksamen Landschaftsschutzverordnung „Filder“, ohne dass dem Kläger eine Erlaubnis oder eine Befreiung erteilt werden könne.17 Am 14.02.2019 hat der Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Er sei Vollerwerbslandwirt und sein Vorhaben diene seinem Betrieb, da auch ein anderer vernünftiger Landwirt unter Berücksichtigung größtmöglicher Schonung des Außenbereichs ein vergleichbares Vorhaben errichten würde. Bleibe seine Hofstelle so begrenzt wie bislang, müsse er weiterhin „Feldmiete“ für einige Gemüsearten betreiben. Öffentliche Belange stünden seinem privilegierten Vorhaben nicht entgegen, auch nicht Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Ein Verstoß gegen Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung sei nicht zu besorgen, weil diese - wie im Widerspruchsverfahren aufgezeigt - unwirksam sei. Selbst wenn dem nicht gefolgt werde, habe er Anspruch auf eine landschaftsschutzrechtliche Erlaubnis oder jedenfalls Befreiung. Dies ergebe sich nicht zuletzt auch aus Gründen der Gleichbehandlung gegenüber den Landwirten Ab. und Al. in O. sowie F. in P., denen Erweiterungen ihrer Betriebsgebäude im Landschaftsschutzgebiet genehmigt worden seien.18 Der Kläger beantragt,19 die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 17.07.2015 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 14.01.2019 zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle zu erteilen,20 sowie21 die Kosten des Verfahrens dem Beigeladenen aufzuerlegen und die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.22 Die Beklagte beantragt,23 die Klage abzuweisen.24 Zur Erwiderung macht sie geltend, sie habe keine Anhaltspunkte für die Unwirksamkeit der Landschaftsschutzverordnung „Filder“. Jedenfalls deren Verbot der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes stünde dem Vorhaben des Klägers entgegen und die sachkundige untere Naturschutzbehörde lege dar, dass weder eine Erlaubnis noch eine Befreiung erteilt werden könne.25 Der Beigeladene beantragt,26 die Klage abzuweisen.27 Er führt u.a. aus, die vom Kläger genannten Berufungsfälle überzeugten nicht, da die dortigen Gebäudeerweiterungen allesamt an landschaftlich weniger exponierten Standorten genehmigt worden seien.28 Die Beteiligten haben nach Terminierung einer Verhandlung vor der Kammer (aus Pandemiegründen) der Entscheidung durch den Berichterstatter zugestimmt.29 Dieser hat vor Ort mündlich verhandelt und einen Augenschein eingenommen. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.30 Im Anschluss an die Verhandlung haben die Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.31 Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie jenen der Akten des Landratsamts (auch zu den Bauvorbescheidverfahren des Klägers sowie die Verfahrensakten zum Landschaftsschutzgebiet) und des Regierungspräsidiums Bezug genommen. Entscheidungsgründe  32 Die Klage, über die der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und dringt in der Sache durch. Der Kläger bedarf für die Errichtung der von ihm zur Genehmigung gestellten landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle einer Baugenehmigung. Er hat auch Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, diese zu erteilen, da seinem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschrift entgegenstehen (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).A.33 Die Beklagte hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung schriftlich bestätigt, dass gegen das klägerische Vorhaben keine bauordnungsrechtlichen Bedenken bestehen, die sich nicht durch die Anfügung von Nebenbestimmungen zur beantragten Baugenehmigung ausräumen ließen.B.34 Entgegen der Ansicht von Beklagter und Beigeladenem bestehen auch keine planungsrechtlichen Hindernisse. Zwischen den Beteiligten unstreitig und bei Einnahme des Augenscheins offensichtlich soll die geplante landwirtschaftliche Mehrzweckhalle des Klägers außerhalb des Bebauungszusammenhangs und somit im Außenbereich (§ 35 BauGB) O.s errichtet werden. Dort ist das Vorhaben des Klägers, dessen Erschließung gesichert ist, privilegiert (dazu I.) und ihm stehen keine öffentlich-rechtlichen Belange entgegen (dazu II.).I.35 Das Vorhaben des Klägers ist privilegiert (§ 35 Abs. 1 BauGB).36 Das ist unter anderem bei einem Vorhaben der Fall, das einem landwirtschaftlichen Betrieb (dazu 1.) dient (dazu 2.) und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche in Anspruch nimmt (dazu 3.).37 1. Der Kläger führt einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.38 Von einem „Betrieb“ im Sinne der genannten Vorschrift kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine gewisse Beständigkeit und Dauer der landwirtschaftlichen Erzeugung gewährleistet ist. Damit soll verhindert werden, dass der Außenbereich für eine Nutzung in Anspruch genommen wird, die nur kurzfristig privilegiert ist und danach anderen, nicht privilegierten Zwecken zugeführt wird, etwa weil der Betrieb sich als nicht lebensfähig erweist (BVerwG, Urt. v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 - BauR 2013, 207 m.w.N.). Der Kläger führt aber seit vielen Jahren ausweislich seines Betriebsspiegels einen Vollerwerbsbetrieb mit 99 ha Ackerland. Seine Söhne sind in den Betrieb integriert und stehen als Hofnachfolger bereit. Die Voraussetzungen für die Annahme eines privilegierten Betriebes liegen somit offensichtlich vor.39 2. Die von ihm geplante Mehrzweckhalle „dient“ diesem Betrieb.40 Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ soll sichergestellt werden, dass das Vorhaben zu dem konkreten landwirtschaftlichen Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Es setzt zunächst voraus, dass das Vorhaben eine bestimmte Hilfsfunktion innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es, um diese Hilfsfunktion zu bejahen, mehr als bloße Förderlichkeit, aber weniger als Unentbehrlichkeit. Innerhalb dieses Rahmens muss darauf abgestellt werden, ob ein vernünftiger Landwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Größe, Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 03.11.1972 - IV C 9.70 - BVerwGE 41, 138).41 a) Daher ist zum einen zu fragen, ob ein „vernünftiger Landwirt“ das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Größe, Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (so BVerwG, Urt. v. 03.11.1972, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.07.2013 - 3 S 241/12 - juris). Das Merkmal des Dienens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist also auch dann zu verneinen, wenn ein Vorhaben zwar nach seinem Verwendungszweck grundsätzlich gerechtfertigt, doch nach seiner Größe nicht mehr durch diesen Verwendungszweck geprägt ist (Bay. VGH, Beschl. v. 04.07.2017 - 1 ZB 14.1681 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2010 - 8 S 2517/09 - juris).42 Nach Angaben des Landwirtschaftsamts des Landratsamts (vgl. GAS 186 und 305) besteht trotz der schon vorhandenen und im Jahr 2017 nochmals erweiterten Gebäude auf der bisherigen Hofstelle des Klägers Bedarf für eine Mehrzweckhalle in der vom Kläger geplanten Größe mit einer Grundfläche von rund 1.980 m2.43 b) Ungeachtet der Verwendung der Formel von der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs bejaht das Bundesverwaltungsgericht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des „Dienens“ auch dann, wenn das Vorhaben im Bebauungszusammenhang errichtet werden könnte (Urt. v. 16.05.1991 - 4 C 2.89 - BauR 1991, 576). Das erscheint konsequent, da die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anderenfalls leerlaufen könnte. Rechtsprechung und Literatur schließen aus dieser Entscheidung aber weitergehend, selbst vorhandene Alternativstandorte im Außenbereich könnten das „Dienen“ nicht in Frage stellen (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 11.07.2016 - 15 ZB 14.400 - NuR 2016, 720; Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2294). Das überzeugt die Kammer nicht (Urt. der Kammer v. 29.09.2017 - 2 K 9283/16 - unveröffentlicht; kritisch auch Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 27). Gibt es Alternativstandorte im Außenbereich, die die öffentlichen Belange weniger stark beeinträchtigen und zu einem noch zumutbaren Mehraufwand des Bauherren führen, dient das Vorhaben am beantragten Standort seinem Betrieb nicht (so auch VG Münster, Urt. v. 05.11.2014 - 10 K 421/14 - juris).44 Nach eingehenden Ermittlungen und Darlegungen der Beteiligten hat sich aber gezeigt, dass dem Kläger derzeit (und auf absehbare Zeit) ein solcher Alternativstandort in der Nähe seiner Hofstelle nicht zur Verfügung steht.45 aa) Der Eigentümer des unmittelbar östlich zur Hofstelle gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. 1258 war selbst nach Durchführung einer Mediation durch den evangelischen Bauernverband vor etwa fünf Jahren nur bereit, sein Grundstück gegen Ackerfläche des Klägers im Verhältnis 1:3 zu tauschen. Nach einer Telefonnotiz der Beklagten vom 15.05.2020 hat er selbst diese Konditionen inzwischen in Frage gestellt. Zudem ist das Grundstück für sich alleine genommen nicht breit genug für eine vergleichbare Halle.46 bb) Derselbe Eigentümer ist auch Eigentümer des unmittelbar westlich der Hofstelle des Klägers gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. 1764, für das Identisches gilt. Es ist ebenso deutlich zu schmal für die Errichtung einer vergleichbaren Halle. Daher bedürfte es des zusätzlichen Erwerbs der beiden weiter westlich angrenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. 1765 und 1766/1. Deren Eigentümer hat im Mai 2020 schriftlich ausgeführt, er wolle diese weder verkaufen noch tauschen.47 cc) Die Eigentümerin des über einem Feldweg nördlich der Hofstelle belegenen Grundstücks Flst.-Nr. 1941 ist zwar nach ihren Angaben gegenüber dem Kläger und der Beklagten grundsätzlich zu einem Verkauf bereit, fordert aber mehr als das Fünffache des Bodenrichtwerts. Zudem ist auch ihr Grundstück für die Errichtung einer vergleichbaren Halle zu schmal. Es bedürfte des zusätzlichen Erwerbs der beiden weiter nördlich belegenen Grundstücke Flst.-Nrn. 1940 und 1939, die der Beklagten gehören. Sie ist zu deren Verkauf nicht bereit, weil sie diese langfristig an einen Landwirt, der ökologisch wirtschaftet, verpachtet hat.48 3. Die geplante Halle wird mit ihrer Fläche von 1.980 m2 nur einen völlig untergeordneten Teil der Betriebsfläche von 99 ha einnehmen.III.49 Dem somit privilegierten Vorhaben des Klägers steht kein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.50 Wie der Gesetzgeber durch die Unterscheidung der Absätze 1 und 2 des § 35 BauGB verdeutlicht hat, reicht es für die Versagung der Genehmigung eines privilegierten Vorhabens wie jenes des Klägers nicht aus, dass es einen der in Absatz 3 genannten oder vergleichbare öffentlichen Belange lediglich beeinträchtigt. Ein derartiger Belang muss dem Vorhaben vielmehr „entgegenstehen“. Das ist nur dann der Fall, wenn eine die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierende nachvollziehende Abwägung der Umstände des Einzelfalles ergibt, dass der öffentliche Belang auch die Privilegierung „überwiegt“, obgleich deren gesteigertem Durchsetzungsvermögen gebührend Rechnung getragen wird (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22.09.2016 - 4 C 2.16 - BVerwGE 156, 148 juris Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 8). Das kann beim Vorhaben des Klägers nicht angenommen werden.51 1. Insbesondere stehen ihm nach diesen Maßgaben „Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege“, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB, nicht entgegen.52 Das Vorhaben des Klägers muss sich allerdings an der Verordnung des Landratsamts Esslingen über das Landschaftsschutzgebiet „Filder“ vom 08.11.1994 in seiner Fassung vom 10.12.1998 (im Folgenden: LSchV) messen lassen (dazu a) und der Kläger kann sich nicht auf einen darin enthaltenen Ausschlussgrund berufen (dazu b). Sein Vorhaben verstößt gegen mehrere in der Verordnung normierten Verbote (dazu c). Diese würden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigenständige, von der Beklagten als Baurechtsbehörde nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO und § 29 Abs. 2 BauGB zu prüfendende unmittelbare öffentlich-rechtliche Hindernisse für das Vorhaben darstellen, sind aber auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zu prüfen (vgl. die insoweit nicht ganz stringent erscheinende Rechtsprechung Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BauR 2013, 1828 einerseits und Urt. v. 13.12.2001 - 4 C 3.01 - BauR 2002, 761 andererseits). Dem Kläger kann zwar keine Erlaubnis, seine Anlage gleichwohl zu errichten, erteilt werden (dazu d). Er hat aber einen Anspruch auf Gewährung einer Befreiung von den Verboten (dazu e), was der Beigeladene noch nachzuholen hat und in diesem Zusammenhang Auflagen vorsehen kann.53 a) Der Kläger muss sein Vorhaben an den Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung „Filder“ messen lassen.54 Wesentlicher Schutzzweck des durch diese Verordnung unter Schutz gestellten Gebiets ist nach § 3 LSchV die Erhaltung landschaftsprägender Wiesen und Obstbaumwiesen an der Schönbuch- und Filderrandstufe sowie der Bereiche am Ortsrand mit den erhalten gebliebenen ökologisch wertvollen Strukturen wie Obstbaumwiesen und Bachläufen mit ihrer ökologischen Bedeutung für die Biotopvernetzung. Östlich von O. - d.h. im Bereich des Vorhabengrundstücks - sind auch ausgedehnte Ackerbauflächen mit ihrer Funktion als Naherholungsfläche und zur Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum Filder in das Landschaftsschutzgebiet einbezogen worden. Durch die Unterschutzstellung soll im Übrigen der kulturhistorisch und historisch bedeutsame Übergang von der Bebauung über den Streuobstwiesenbereich zur Ackerfläche erhalten werden. Das Landschaftsschutzgebiet wird geprägt von unterschiedlichsten Biotopen und einer hohen Strukturvielfalt, aufgrund derer auch zahlreiche z. T. vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten anzutreffen sind. Die Erhaltung dieser Bereiche als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, als Erholungsraum für den Menschen und als Bereiche mit klimatischer Ausgleichsfunktion ist von allgemeinem Interesse und soll durch die Unterschutzstellung gesichert werden. Ein weiteres wesentliches Ziel der Unterschutzstellung ist die Verhinderung des Fortschreitens der Bebauung mit Kleinbauten und Einfriedigungen und damit die Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum.55 Nach § 4 LSchV sind im Schutzgebiet alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck nach § 3 LSchV zuwiderlaufen, insbesondere wenn dadurch eine geschützte Flächennutzung auf Dauer geändert (Nr. 3), das Landschaftsbild nachteilig verändert oder die natürliche Eigenart der Landschaft auf andere Weise beeinträchtigt wird (Nr. 4). § 5 Abs. 1 LSchV bestimmt, dass Maßnahmen, die geeignet sind, eine der in § 4 LSchV genannten Wirkungen hervorzurufen, der vorherigen schriftlichen Erlaubnis des Landratsamts bedürfen, insbesondere die Errichtung baulicher Anlagen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 LSchV). Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die beabsichtigte Maßnahme Wirkungen der in § 4 LSchV genannten Art nicht zur Folge hat oder solche Wirkungen durch Auflagen und Bedingungen abgewendet werden können (§ 5 Abs. 3 Satz 1 LSchV). Sie wird durch eine nach anderen Vorschriften notwendige Gestattung ersetzt, wenn diese mit Zustimmung der Naturschutzbehörde ergangen ist (§ 5 Abs. 4 LSchV). Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nicht vor, so kann die untere Naturschutzbehörde eine Befreiung erteilen (§ 7 LSchV).56 aa) Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es keine Anhaltspunkte für die anfängliche oder nachträgliche Unwirksamkeit der Verordnung, soweit sie sein Vorhabengrundstück in ihren Schutzbereich einbezieht.57 (1) Form- und Verfahrensfehler macht der Kläger nicht geltend; solche drängen sich auch, sollten sie heute überhaupt noch gerügt werden können, dem Gericht nicht auf.58 (2) Auch materielle Mängel, etwa einen Eingriff in Grundrechte des Klägers durch die Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in den Schutzbereich der Verordnung, lassen sich nicht erkennen.59 Zu beachten ist dabei, dass dem Verordnungsgeber ein weites Gestaltungsermessen zukommt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.12.1997 - 5 S 3310/96 - NuR 1998, 327). Ein Ermessensfehlgebrauch des Landratsamts durch die damalige Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in den Schutzbereich der Verordnung lässt sich nicht erkennen. Zwar trifft es zu, dass im Süden der Hofstelle des Klägers erheblich größere Flächen vom Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung ausgenommen worden sind. Dies sind aber nicht etwa Flächen einzelner Hofstellen und deren Umgebung, sondern zusätzlich einbezogene Flächen eines Verkehrsübungsplatzes, eines Kleintierzüchtervereins und einer Baumschule. Die um die Hofstelle des Klägers nicht einbezogene Fläche fällt in etwa so groß aus, wie jene des südöstlich angrenzenden Aussiedlerhofs B.-Hof. Schon insoweit fehlt es an einer Ungleichbehandlung. Zudem verlaufen die übrigen zeichnerischen Herausnahmen von Hofstellen und sonstigen bei Inkrafttreten der Verordnung schon vorhandenen baulichen Anlagen aus deren Schutzbereich entlang von Bachläufen und Feldwegen, also gut erkennbarer Landschaftszäsuren. Dies hätte es aus Gründen der Gleichbehandlung allenfalls geboten, die Grundstücke bis zum östlich der Hofstelle des Klägers verlaufenden Feldweg Flst.-Nr. 1757/1 aus dem Geltungsbereich der Verordnung herauszunehmen, nicht aber die noch weiter östlich belegene Fläche des Vorhabengrundstücks. Eine Ungleichbehandlung durch Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in den Schutzbereich der Verordnung liegt also auch insoweit nicht vor. Dem entspricht, das der Kläger im damaligen Unterschutzstellungsverfahren zwar Einwendungen gegen die zunächst noch enger gefasste Abgrenzung des Gebiets um seine Hofstelle vorbrachte. Ein Unterlassen der Einbeziehung des Vorhabengrundstücks hatte damals jedoch noch nicht einmal er gefordert, zumal es ihm seinerzeit noch gar nicht gehörte.60 (3) Das Schutzgebiet im Bereich der Hofstelle des Klägers ist durch die Prägung der Filderebene insgesamt auch durch Flughafen, Messe, Bundesautobahn und Bundesstraße nicht funktionslos und damit nachträglich unwirksam geworden.61 Ein Verlust der Schutzwürdigkeit eines Schutzgebiets tritt erst dann ein, wenn eine von den Behörden geduldete illegale bzw. durch Genehmigungen geförderte landschaftsfremde Nutzung und Bebauung den konkreten Landschaftsteil prägt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62; HessVGH, Urt. v. 30.11.1983 - III OE 47/82 - NuR 1985, 283). Wegen eingetretener Funktionslosigkeit nachträglich ganz oder in Teilbereichen unwirksam wird eine Landschaftsschutzverordnung auch nur dann, wenn und soweit in dem Landschaftsteil sämtliche Zwecke der Unterschutzstellung auf unabsehbare Zeit offenkundig nicht mehr erreicht werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2000 - 3 S 687/00 - BWGZ 2001, 71). Das ist im Bereich um die Hofstelle des Klägers gerade nicht der Fall, da dort im Geltungsbereich der Verordnung - abgesehen von bisherigen Abrundungen der Hofstelle des Klägers - gerade keine baulichen Anlagen errichtet sind, was auch der Augenschein bestätigt hat.62 b) Der Kläger kann sich für sein Vorhaben nicht auf einen Ausschlussgrund der Verordnung für die Errichtung landwirtschaftlicher Gebäude berufen.63 Die Verbote in §§ 4 und 5 LSchV finden zwar nach § 6 Nr. 1 LSchV keine Anwendung auf die Nutzung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke „mit Ausnahme der Handlungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 7, 15, 16, 17, 18 und 19“. Dieser Wortlaut könnte es so erscheinen lassen, als ob die Verordnung die Errichtung von Gebäuden (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 LSchV), die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, von vornherein erlaubnisfrei stellte. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn das naturschutzrechtliche Privileg für die ordnungsgemäße Landwirtschaft (vgl. § 14 Abs. 2 BNatSchG) gilt nicht für solche Veränderungen der Landschaft bzw. der unter Schutz stehenden Flächen, die eine landwirtschaftliche Nutzung erst ermöglichen oder diese effektiver gestalten sollen. Es soll nur die „tägliche Wirtschaftsweise“ des Landwirts von naturschutzrechtlichen Anordnungen freistellen, wie etwa das Pflügen. Dazu gehören weder der Wechsel einer landwirtschaftlichen Nutzungsart, noch die Umwandlung von Natur- in Kulturlandschaft. Auch die Errichtung einer baulichen Anlage durch einen Landwirt stellt keine landwirtschaftliche Bodennutzung in diesem Sinne dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.04.1988 - 4 B 55.88 - BauR 1988, 587; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.08.1997 - 5 S 3509/95 - juris), auch nicht im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung mit dem - im Landkreis Esslingen in einer bestimmten Periode leider stets missglückten - genannten Text (vgl. dazu insbesondere VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62; Urt. der Kammer v. 25.11.2015 - 2 K 3055/13 - unveröffentlicht).64 c) Das Vorhaben des Klägers läuft mehreren Schutzzwecken der Landschaftsschutzverordnung zuwider.65 Auch wenn sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium die konkret betroffenen Verbote in ihren Bescheiden - unverständlicherweise - nicht bezeichnet haben, lässt sich feststellen:66 aa) Das Vorhaben des Klägers verstößt gegen § 4 Nr. 3 LSchV.67 Nach dieser Bestimmung sind Handlungen verboten, welche die geschützte Flächennutzung auf Dauer ändern. Geschützte Flächennutzung ist östlich O.s nach der Verordnung „ausgedehnte Ackerbauflächen mit ihrer Funktion als Naherholungsfläche und zur Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum“.68 Die Flächen um die Hofstelle des Klägers sollen also gerade nicht für den Ackerbau erhalten werden, denn sonst wäre fraglich, ob nicht die Umwandlung einer Ackerbaufläche in eine Halle, die der Lagerung von Ackerfrüchte dient, doch noch dem Schutzzweck entspräche. Die Landschaftsschutzverordnung dient vielmehr ihrem Zweck nach nicht nur dem optischen (vgl. dazu nachfolgend bb), sondern auch dem funktionalen Landschaftsschutz, d.h. dem „Freihalten“ der vorgefundenen „freien“ Landschaft von Nutzungen, selbst wenn sie optisch nicht ins Gewicht fallen (so auch in einem vergleichbaren Fall VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.02.1997 - 5 S 3223/95 - VBlBW 1997, 269). Diesem Zweck kommt im eng besiedelten Ballungsraum der Region Stuttgart besondere Bedeutung zu. Ihn verfolgend will die Verordnung sogar verhindern, dass es in ihrem Geltungsbereich zur Beeinträchtigung der freien Landschaft durch „Kleinbauten und Einfriedigungen“ (§ 3 Satz 3 LSchV), welche die „natürlichen Eigenart der Landschaft“ verändern. Es kann kein Zweifel bestehen, dass die vom Kläger geplante Halle mit über 60 m Seitenlänge und fast 10 m Höhe – also um ein Vielfaches größer als die genannten Kleinbauten – eine massive Beeinträchtigung in diesem Sinne bewirkt (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 -NuR 2018, 62 juris Rn. 53).69 bb) Zudem und insbesondere verstößt das Vorhaben des Klägers gegen § 4 Nr. 1 Alt. 1 LSchV.70 Nach dieser Bestimmung sind Handlungen verboten, die das Landschaftsbild nachteilig verändern. Das naturschutzrechtliche Schutzgut des Landschaftsbildes wird dabei maßgeblich durch die mit dem Auge wahrnehmbaren Zusammenhänge von einzelnen Landschaftselementen bestimmt. Es wird insbesondere durch Veränderungen der Landschaftsoberfläche berührt. Eine Beeinträchtigung liegt in einer solchen Veränderung dann, wenn diese von einem für die Schönheiten der natürlich gewachsenen Landschaft aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter als nachteilig empfunden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1990 - 4 C 44.87 - BVerwGE 85, 348). § 4 Nr. 1 Alt. 1 LSchV fordert somit - anders als § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 letzte Alternative BauGB - keine Verunstaltung des Landschaftsbildes; dessen Beeinträchtigung reicht aus (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62 juris Rn. 52). Zutreffend weist das Landratsamt darauf hin, dass dies beim Vorhaben des Klägers der Fall sein wird.71 Der Berichterstatter vermag zunächst der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urt. v. 04.07.2007 - 8 A 10260/07 - juris) nicht zu folgen, wonach ein landwirtschaftlicher Aussiedlerhof in einer von Landwirtschaft geprägten Umgebung vom Betrachter (stets) als zur Landschaft gehörig und damit nicht als störendes Element empfunden werde. Diese Wertung dürfte zu pauschal sein und sich insbesondere nicht auf Standorte in exponierten Lagen übertragen lassen. Dem dahinterstehenden Gedanken kann allerdings im Rahmen der Erteilung einer Befreiung Rechnung getragen werden (vgl. dazu nachfolgend e). Ebenso wenig lässt sich vertreten, dass das Landschaftsbild durch die vorhandene Hofstelle des Klägers bereits erheblich beeinträchtigt wird (was zweifellos zutrifft) und demgegenüber die hinzukommende Beeinträchtigung durch eine weitere Halle zu vernachlässigen sei. Vergleichbar den im Bauplanungsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 17.06.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81) ist auch naturschutzrechtlich bei der Erweiterung eines Vorhabens nicht auf die Wirkung der Erweiterung als solcher, sondern auf die Wirkung des gesamten erweiterten Vorhabens abzustellen (so auch Urt. d. Kammer v. 16.03.2016 - 2 K 1666/15 - juris). Dessen landschaftsbildstörende Wirkung wird beträchtlich ausfallen, was sich beim Augenschein gezeigt hat, da die Hofstelle auf dem höchsten Punkt der Umgebung angesiedelt worden ist.72 [Blick von Norden auf die bisherige Hofstelle; die geplante Halle würde am linken Bildrand über dem Feldweg hinzutreten]73 d) Die Erteilung einer landschaftsschutzrechtlichen Erlaubnis an den Kläger kommt nicht in Betracht.74 Eine Erlaubnis ist dem Kläger dann zu erteilen, wenn die von ihm beabsichtigte Maßnahme Wirkungen der in § 4 LSchV genannten Art nicht zur Folge hat - was wie unter c) dargelegt ausscheidet - oder solche Wirkungen durch Auflagen und Bedingungen (vollständig) abgewendet werden können (§ 5 Abs. 3 Satz 1 LSchV). Das lässt sich hier nicht erkennen.75 aa) Soweit der Kläger ausführt, eine zusätzliche Beeinträchtigung des Freiraumschutzes könne dadurch abgewendet werden, dass er seine bislang im Freien abgestellten landwirtschaftlichen Maschinen künftig in der neuen Halle abstellen werde, übersieht er, dass diese derzeit größtenteils auf ökologischen Ausgleichsflächen abgestellt werden, also auf Flächen, auf denen sie rechtlich ohnehin nicht stehen dürften. Deren - ohnehin geschuldete - Freiräumung kann sicher nicht als (vollständige) Kompensation für die Errichtung einer großen Halle angesehen werden.76 bb) Soweit der Kläger eine weitreichende Bepflanzung mit Obstbäumen um die künftige Halle anbietet, um die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes abzuwenden, erscheint eine vollständige Kompensation hierdurch in seinem Fall nicht möglich. In einer Ackerbaufläche wirken Obstbäume ebenfalls eher landschaftsfremd.77 e) Aus den besonderen Umständen des Einzelfalles hat der Kläger aber Anspruch gegen die Beigeladene auf Erteilung einer Befreiung von beiden Verboten.78 § 7 LSchV verweist für die Erteilung einer Befreiung auf den damals geltenden § 63 LNatSchG, der nicht weitergilt. Nach der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes auf Grund konkurrierender Gesetzgebungskompetenz spricht daher alles dafür, dass sich die Befreiungsmaßstäbe seither nach § 67 Abs. 1 BNatschG heutiger Fassung richten (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.07.2010 - 8 S 77/09 - juris Rn. 34; Urt. d. Kammer v. 16.03.2016 - 2 K 1666/15 - juris; Engel/Ketterer, VBlBW 2010, 293, 299; Sauthoff in: Schlacke, GK-BNatschG, § 67 Rn. 9). Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung kann von den Geboten und Verboten in einer Rechtsverordnung nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag eine Befreiung gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) oder die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist (Nr. 2).79 aa) Ein überwiegendes öffentliches Interesse (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG) an der landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle des Klägers besteht allerdings nicht.80 Die Erteilung einer Befreiung setzt eine Abwägungsentscheidung im Einzelfall voraus, bei der zu prüfen ist, ob die Gründe des Allgemeinwohls so gewichtig sind, dass sie sich gegenüber den Belangen des Landschaftsschutzes durchsetzen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 08.11.2017 - 8 A 2454/14 - juris). Die Verbesserung der regionalen Versorgung mit Grundnahrungsmitteln, wozu Gemüse zählt, stellt - insbesondere in Zeiten der Pandemie - ein besonderes öffentliches Interesse dar. Es begründet jedoch keinen generellen Vorrang vor dem Landschaftsschutz. Insbesondere ist es nicht geeignet, Landschaftsschutzgebietsverordnungen und die mit ihnen verfolgten Ziele im Wege der Befreiung stets zu Gunsten von versorgungspolitischen Zwecken zu relativieren. Zudem fehlt es an den Möglichkeiten einer rechtlichen Absicherung dafür, dass der Kläger sein Gemüse dauerhaft und gerade während einer Pandemie tatsächlich nur in der Region Stuttgart absetzt, und nicht etwa im Großraum Frankfurt oder München.81 bb) Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatschG.82 Dieser Befreiungsgrund knüpft an unzumutbare Belastungen für die jeweiligen Grundeigentümer an (Art. 14 Abs. 1 GG; vgl. dazu Bay. VGH, Beschl. v. 28.12.2015 - 1 ZB 14.2623 - juris). Er bedarf also einer Abwägung der Grundrechte des Grundeigentümers mit dem von Normgeber gewünschten Schutzniveau. Weiter bedarf er des Vorliegens einer atypischen Fallkonstellation (so OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.10.2019 - 4 LA 71/19 - juris; OVG NRW, Beschl. v. 30.10.2017 - 8 A 1205/14 - juris; Sauthoff, in Schlacke, GK-BNatschG, § 67 Rn. 13).83 Eine solche ist hier aus den besonderen Umständen des Einzelfalles zu bejahen. Dem Kläger war zugesagt worden, er dürfe (und solle wegen des wachsenden Ruhebedürfnisses der Wohnbevölkerung im Ortskerns O.s) seine gesamte Hofstelle in den Außenbereich verlegen, bevor Überlegungen zur Schaffung des Landschaftsschutzgebiets aufkamen. Der ausgewählte Aussiedlungsstandort lag ausgerechnet an einer der exponiertesten Stellen des späteren Landschaftsschutzgebietes. Mit anderen Worten: Wäre die Aussiedlung des klägerischen Betriebes erst nach Geltung der Landschaftsschutzverordnung geplant worden, wäre niemals ihr heutiger Standort ausgewählt worden. Bereits mit der ersten Aussiedlungsmaßnahme sind somit das Landschaftsbild um die heutige Hofstelle des Klägers und der Freiraumschutz dort empfindlich beeinträchtigt worden.84 Dies rechtfertigt zwar Erweiterungen der ausgesiedelten Hofstelle nur dann, wenn sie betrieblich notwendig sind, in angemessenem Umfang erfolgen und keine schonenderen Alternativen zur Verfügung stehen. Diese Bedingungen sind hier aber alle erfüllt:85 (1) Dem Kläger droht zwar bei Versagung der Befreiung keine Existenzgefährdung. Er war auch in den vergangenen Jahren in der Lage, seinen Betrieb ohne die Halle weiterzuführen. Allerdings ist er seit Jahren gezwungen, nicht unerhebliche Mengen seines produzierten Gemüses in „Feldmiete“ zu lagern, d.h. in abgedeckten Stapeln auf den jeweiligen Feldern mit allen dazugehörigen Risiken (Frostschäden, Diebstahl, Fraßverlust; vgl. dazu etwa https://www.naturland.de/images/Erzeuger/Fachthemen/Naturland/Nachrichten/2019/Lagerung_in_Feldmieten.pdf).86 (2) Die von ihm nun geplante Erweiterung entspricht der vom Landwirtschaftsamt des Beigeladenen ermittelten Flächenbedarf (vgl. dazu oben B.I.2a).87 (3) Landschaftsverträglichere Alternativstandorte sind nicht verfügbar (vgl. dazu oben B.I.2b).88 Vor diesem Hintergrund dem Kläger dennoch eine Befreiung zu versagen würde überdies der schriftlichen Klarstellung des Normgebers, des Landratsamts, im Unterschutzstellungsverfahren widersprechen, „ein Haupterwerbslandwirt wird in der Regel aufgrund seiner Privilegierung durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht mehr Einschränkungen in seiner Betriebsführung hinnehmen müssen, als dies bisher aufgrund des Außenbereichsbaurechts der Fall ist.“ Einen noch weitergehenden Schutz wollte also auch der Normgeber nicht.89 2. Auf das Entgegenstehen sonstiger öffentlicher Belange berufen sich Beklagte und Beigeladener schon nicht; es lässt sich auch nicht erkennen. Insbesondere hat der Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB - die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft - keinen höheren Stellenwert als der zuvor geprüfte Belang.C.90 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 u. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Hinzuziehung des Klägervertreters durch den Kläger im Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Umfang und Schwierigkeit der Sache sind nicht so einfach gelagert, dass der Kläger als nicht rechtskundiger Beteiligter bei vernünftiger Betrachtung hätte annehmen müssen, er könne Rechte gegenüber der Beklagten selbst ausreichend wahrnehmen (vgl. zum Maßstab BVerwG, Beschl. v. 21.08.2018 - 2 A 6/15 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.07.2016 - 4 S 1163/14 - juris Rn. 57). Dass sein Bevollmächtigter bereits im Vorverfahren tätig war, ist hinreichend belegt.91 Gründe, die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nrn. 3 u. 4 VwGO), sind nicht erkennbar. Gründe  32 Die Klage, über die der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 und 3, § 101 Abs. 2 VwGO), ist zulässig und dringt in der Sache durch. Der Kläger bedarf für die Errichtung der von ihm zur Genehmigung gestellten landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle einer Baugenehmigung. Er hat auch Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, diese zu erteilen, da seinem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschrift entgegenstehen (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).A.33 Die Beklagte hat nach Durchführung der mündlichen Verhandlung schriftlich bestätigt, dass gegen das klägerische Vorhaben keine bauordnungsrechtlichen Bedenken bestehen, die sich nicht durch die Anfügung von Nebenbestimmungen zur beantragten Baugenehmigung ausräumen ließen.B.34 Entgegen der Ansicht von Beklagter und Beigeladenem bestehen auch keine planungsrechtlichen Hindernisse. Zwischen den Beteiligten unstreitig und bei Einnahme des Augenscheins offensichtlich soll die geplante landwirtschaftliche Mehrzweckhalle des Klägers außerhalb des Bebauungszusammenhangs und somit im Außenbereich (§ 35 BauGB) O.s errichtet werden. Dort ist das Vorhaben des Klägers, dessen Erschließung gesichert ist, privilegiert (dazu I.) und ihm stehen keine öffentlich-rechtlichen Belange entgegen (dazu II.).I.35 Das Vorhaben des Klägers ist privilegiert (§ 35 Abs. 1 BauGB).36 Das ist unter anderem bei einem Vorhaben der Fall, das einem landwirtschaftlichen Betrieb (dazu 1.) dient (dazu 2.) und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche in Anspruch nimmt (dazu 3.).37 1. Der Kläger führt einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.38 Von einem „Betrieb“ im Sinne der genannten Vorschrift kann nur dann ausgegangen werden, wenn eine gewisse Beständigkeit und Dauer der landwirtschaftlichen Erzeugung gewährleistet ist. Damit soll verhindert werden, dass der Außenbereich für eine Nutzung in Anspruch genommen wird, die nur kurzfristig privilegiert ist und danach anderen, nicht privilegierten Zwecken zugeführt wird, etwa weil der Betrieb sich als nicht lebensfähig erweist (BVerwG, Urt. v. 11.10.2012 - 4 C 9.11 - BauR 2013, 207 m.w.N.). Der Kläger führt aber seit vielen Jahren ausweislich seines Betriebsspiegels einen Vollerwerbsbetrieb mit 99 ha Ackerland. Seine Söhne sind in den Betrieb integriert und stehen als Hofnachfolger bereit. Die Voraussetzungen für die Annahme eines privilegierten Betriebes liegen somit offensichtlich vor.39 2. Die von ihm geplante Mehrzweckhalle „dient“ diesem Betrieb.40 Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ soll sichergestellt werden, dass das Vorhaben zu dem konkreten landwirtschaftlichen Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Es setzt zunächst voraus, dass das Vorhaben eine bestimmte Hilfsfunktion innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es, um diese Hilfsfunktion zu bejahen, mehr als bloße Förderlichkeit, aber weniger als Unentbehrlichkeit. Innerhalb dieses Rahmens muss darauf abgestellt werden, ob ein vernünftiger Landwirt auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Größe, Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 03.11.1972 - IV C 9.70 - BVerwGE 41, 138).41 a) Daher ist zum einen zu fragen, ob ein „vernünftiger Landwirt“ das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Größe, Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (so BVerwG, Urt. v. 03.11.1972, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.07.2013 - 3 S 241/12 - juris). Das Merkmal des Dienens nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist also auch dann zu verneinen, wenn ein Vorhaben zwar nach seinem Verwendungszweck grundsätzlich gerechtfertigt, doch nach seiner Größe nicht mehr durch diesen Verwendungszweck geprägt ist (Bay. VGH, Beschl. v. 04.07.2017 - 1 ZB 14.1681 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.12.2010 - 8 S 2517/09 - juris).42 Nach Angaben des Landwirtschaftsamts des Landratsamts (vgl. GAS 186 und 305) besteht trotz der schon vorhandenen und im Jahr 2017 nochmals erweiterten Gebäude auf der bisherigen Hofstelle des Klägers Bedarf für eine Mehrzweckhalle in der vom Kläger geplanten Größe mit einer Grundfläche von rund 1.980 m2.43 b) Ungeachtet der Verwendung der Formel von der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs bejaht das Bundesverwaltungsgericht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des „Dienens“ auch dann, wenn das Vorhaben im Bebauungszusammenhang errichtet werden könnte (Urt. v. 16.05.1991 - 4 C 2.89 - BauR 1991, 576). Das erscheint konsequent, da die Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anderenfalls leerlaufen könnte. Rechtsprechung und Literatur schließen aus dieser Entscheidung aber weitergehend, selbst vorhandene Alternativstandorte im Außenbereich könnten das „Dienen“ nicht in Frage stellen (vgl. Bay. VGH, Beschl. v. 11.07.2016 - 15 ZB 14.400 - NuR 2016, 720; Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2294). Das überzeugt die Kammer nicht (Urt. der Kammer v. 29.09.2017 - 2 K 9283/16 - unveröffentlicht; kritisch auch Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 27). Gibt es Alternativstandorte im Außenbereich, die die öffentlichen Belange weniger stark beeinträchtigen und zu einem noch zumutbaren Mehraufwand des Bauherren führen, dient das Vorhaben am beantragten Standort seinem Betrieb nicht (so auch VG Münster, Urt. v. 05.11.2014 - 10 K 421/14 - juris).44 Nach eingehenden Ermittlungen und Darlegungen der Beteiligten hat sich aber gezeigt, dass dem Kläger derzeit (und auf absehbare Zeit) ein solcher Alternativstandort in der Nähe seiner Hofstelle nicht zur Verfügung steht.45 aa) Der Eigentümer des unmittelbar östlich zur Hofstelle gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. 1258 war selbst nach Durchführung einer Mediation durch den evangelischen Bauernverband vor etwa fünf Jahren nur bereit, sein Grundstück gegen Ackerfläche des Klägers im Verhältnis 1:3 zu tauschen. Nach einer Telefonnotiz der Beklagten vom 15.05.2020 hat er selbst diese Konditionen inzwischen in Frage gestellt. Zudem ist das Grundstück für sich alleine genommen nicht breit genug für eine vergleichbare Halle.46 bb) Derselbe Eigentümer ist auch Eigentümer des unmittelbar westlich der Hofstelle des Klägers gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. 1764, für das Identisches gilt. Es ist ebenso deutlich zu schmal für die Errichtung einer vergleichbaren Halle. Daher bedürfte es des zusätzlichen Erwerbs der beiden weiter westlich angrenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. 1765 und 1766/1. Deren Eigentümer hat im Mai 2020 schriftlich ausgeführt, er wolle diese weder verkaufen noch tauschen.47 cc) Die Eigentümerin des über einem Feldweg nördlich der Hofstelle belegenen Grundstücks Flst.-Nr. 1941 ist zwar nach ihren Angaben gegenüber dem Kläger und der Beklagten grundsätzlich zu einem Verkauf bereit, fordert aber mehr als das Fünffache des Bodenrichtwerts. Zudem ist auch ihr Grundstück für die Errichtung einer vergleichbaren Halle zu schmal. Es bedürfte des zusätzlichen Erwerbs der beiden weiter nördlich belegenen Grundstücke Flst.-Nrn. 1940 und 1939, die der Beklagten gehören. Sie ist zu deren Verkauf nicht bereit, weil sie diese langfristig an einen Landwirt, der ökologisch wirtschaftet, verpachtet hat.48 3. Die geplante Halle wird mit ihrer Fläche von 1.980 m2 nur einen völlig untergeordneten Teil der Betriebsfläche von 99 ha einnehmen.III.49 Dem somit privilegierten Vorhaben des Klägers steht kein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegen.50 Wie der Gesetzgeber durch die Unterscheidung der Absätze 1 und 2 des § 35 BauGB verdeutlicht hat, reicht es für die Versagung der Genehmigung eines privilegierten Vorhabens wie jenes des Klägers nicht aus, dass es einen der in Absatz 3 genannten oder vergleichbare öffentlichen Belange lediglich beeinträchtigt. Ein derartiger Belang muss dem Vorhaben vielmehr „entgegenstehen“. Das ist nur dann der Fall, wenn eine die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierende nachvollziehende Abwägung der Umstände des Einzelfalles ergibt, dass der öffentliche Belang auch die Privilegierung „überwiegt“, obgleich deren gesteigertem Durchsetzungsvermögen gebührend Rechnung getragen wird (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 22.09.2016 - 4 C 2.16 - BVerwGE 156, 148 juris Rn. 38; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62; Rieger, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 35 Rn. 8). Das kann beim Vorhaben des Klägers nicht angenommen werden.51 1. Insbesondere stehen ihm nach diesen Maßgaben „Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege“, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 1 BauGB, nicht entgegen.52 Das Vorhaben des Klägers muss sich allerdings an der Verordnung des Landratsamts Esslingen über das Landschaftsschutzgebiet „Filder“ vom 08.11.1994 in seiner Fassung vom 10.12.1998 (im Folgenden: LSchV) messen lassen (dazu a) und der Kläger kann sich nicht auf einen darin enthaltenen Ausschlussgrund berufen (dazu b). Sein Vorhaben verstößt gegen mehrere in der Verordnung normierten Verbote (dazu c). Diese würden nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eigenständige, von der Beklagten als Baurechtsbehörde nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO und § 29 Abs. 2 BauGB zu prüfendende unmittelbare öffentlich-rechtliche Hindernisse für das Vorhaben darstellen, sind aber auch im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zu prüfen (vgl. die insoweit nicht ganz stringent erscheinende Rechtsprechung Urt. v. 27.06.2013 - 4 C 1.12 - BauR 2013, 1828 einerseits und Urt. v. 13.12.2001 - 4 C 3.01 - BauR 2002, 761 andererseits). Dem Kläger kann zwar keine Erlaubnis, seine Anlage gleichwohl zu errichten, erteilt werden (dazu d). Er hat aber einen Anspruch auf Gewährung einer Befreiung von den Verboten (dazu e), was der Beigeladene noch nachzuholen hat und in diesem Zusammenhang Auflagen vorsehen kann.53 a) Der Kläger muss sein Vorhaben an den Bestimmungen der Landschaftsschutzverordnung „Filder“ messen lassen.54 Wesentlicher Schutzzweck des durch diese Verordnung unter Schutz gestellten Gebiets ist nach § 3 LSchV die Erhaltung landschaftsprägender Wiesen und Obstbaumwiesen an der Schönbuch- und Filderrandstufe sowie der Bereiche am Ortsrand mit den erhalten gebliebenen ökologisch wertvollen Strukturen wie Obstbaumwiesen und Bachläufen mit ihrer ökologischen Bedeutung für die Biotopvernetzung. Östlich von O. - d.h. im Bereich des Vorhabengrundstücks - sind auch ausgedehnte Ackerbauflächen mit ihrer Funktion als Naherholungsfläche und zur Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum Filder in das Landschaftsschutzgebiet einbezogen worden. Durch die Unterschutzstellung soll im Übrigen der kulturhistorisch und historisch bedeutsame Übergang von der Bebauung über den Streuobstwiesenbereich zur Ackerfläche erhalten werden. Das Landschaftsschutzgebiet wird geprägt von unterschiedlichsten Biotopen und einer hohen Strukturvielfalt, aufgrund derer auch zahlreiche z. T. vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten anzutreffen sind. Die Erhaltung dieser Bereiche als Lebensraum für Pflanzen und Tiere, als Erholungsraum für den Menschen und als Bereiche mit klimatischer Ausgleichsfunktion ist von allgemeinem Interesse und soll durch die Unterschutzstellung gesichert werden. Ein weiteres wesentliches Ziel der Unterschutzstellung ist die Verhinderung des Fortschreitens der Bebauung mit Kleinbauten und Einfriedigungen und damit die Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum.55 Nach § 4 LSchV sind im Schutzgebiet alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck nach § 3 LSchV zuwiderlaufen, insbesondere wenn dadurch eine geschützte Flächennutzung auf Dauer geändert (Nr. 3), das Landschaftsbild nachteilig verändert oder die natürliche Eigenart der Landschaft auf andere Weise beeinträchtigt wird (Nr. 4). § 5 Abs. 1 LSchV bestimmt, dass Maßnahmen, die geeignet sind, eine der in § 4 LSchV genannten Wirkungen hervorzurufen, der vorherigen schriftlichen Erlaubnis des Landratsamts bedürfen, insbesondere die Errichtung baulicher Anlagen (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 LSchV). Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die beabsichtigte Maßnahme Wirkungen der in § 4 LSchV genannten Art nicht zur Folge hat oder solche Wirkungen durch Auflagen und Bedingungen abgewendet werden können (§ 5 Abs. 3 Satz 1 LSchV). Sie wird durch eine nach anderen Vorschriften notwendige Gestattung ersetzt, wenn diese mit Zustimmung der Naturschutzbehörde ergangen ist (§ 5 Abs. 4 LSchV). Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis nicht vor, so kann die untere Naturschutzbehörde eine Befreiung erteilen (§ 7 LSchV).56 aa) Entgegen der Auffassung des Klägers gibt es keine Anhaltspunkte für die anfängliche oder nachträgliche Unwirksamkeit der Verordnung, soweit sie sein Vorhabengrundstück in ihren Schutzbereich einbezieht.57 (1) Form- und Verfahrensfehler macht der Kläger nicht geltend; solche drängen sich auch, sollten sie heute überhaupt noch gerügt werden können, dem Gericht nicht auf.58 (2) Auch materielle Mängel, etwa einen Eingriff in Grundrechte des Klägers durch die Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in den Schutzbereich der Verordnung, lassen sich nicht erkennen.59 Zu beachten ist dabei, dass dem Verordnungsgeber ein weites Gestaltungsermessen zukommt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 08.12.1997 - 5 S 3310/96 - NuR 1998, 327). Ein Ermessensfehlgebrauch des Landratsamts durch die damalige Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in den Schutzbereich der Verordnung lässt sich nicht erkennen. Zwar trifft es zu, dass im Süden der Hofstelle des Klägers erheblich größere Flächen vom Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung ausgenommen worden sind. Dies sind aber nicht etwa Flächen einzelner Hofstellen und deren Umgebung, sondern zusätzlich einbezogene Flächen eines Verkehrsübungsplatzes, eines Kleintierzüchtervereins und einer Baumschule. Die um die Hofstelle des Klägers nicht einbezogene Fläche fällt in etwa so groß aus, wie jene des südöstlich angrenzenden Aussiedlerhofs B.-Hof. Schon insoweit fehlt es an einer Ungleichbehandlung. Zudem verlaufen die übrigen zeichnerischen Herausnahmen von Hofstellen und sonstigen bei Inkrafttreten der Verordnung schon vorhandenen baulichen Anlagen aus deren Schutzbereich entlang von Bachläufen und Feldwegen, also gut erkennbarer Landschaftszäsuren. Dies hätte es aus Gründen der Gleichbehandlung allenfalls geboten, die Grundstücke bis zum östlich der Hofstelle des Klägers verlaufenden Feldweg Flst.-Nr. 1757/1 aus dem Geltungsbereich der Verordnung herauszunehmen, nicht aber die noch weiter östlich belegene Fläche des Vorhabengrundstücks. Eine Ungleichbehandlung durch Einbeziehung des Vorhabengrundstücks in den Schutzbereich der Verordnung liegt also auch insoweit nicht vor. Dem entspricht, das der Kläger im damaligen Unterschutzstellungsverfahren zwar Einwendungen gegen die zunächst noch enger gefasste Abgrenzung des Gebiets um seine Hofstelle vorbrachte. Ein Unterlassen der Einbeziehung des Vorhabengrundstücks hatte damals jedoch noch nicht einmal er gefordert, zumal es ihm seinerzeit noch gar nicht gehörte.60 (3) Das Schutzgebiet im Bereich der Hofstelle des Klägers ist durch die Prägung der Filderebene insgesamt auch durch Flughafen, Messe, Bundesautobahn und Bundesstraße nicht funktionslos und damit nachträglich unwirksam geworden.61 Ein Verlust der Schutzwürdigkeit eines Schutzgebiets tritt erst dann ein, wenn eine von den Behörden geduldete illegale bzw. durch Genehmigungen geförderte landschaftsfremde Nutzung und Bebauung den konkreten Landschaftsteil prägt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62; HessVGH, Urt. v. 30.11.1983 - III OE 47/82 - NuR 1985, 283). Wegen eingetretener Funktionslosigkeit nachträglich ganz oder in Teilbereichen unwirksam wird eine Landschaftsschutzverordnung auch nur dann, wenn und soweit in dem Landschaftsteil sämtliche Zwecke der Unterschutzstellung auf unabsehbare Zeit offenkundig nicht mehr erreicht werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 18.05.2000 - 3 S 687/00 - BWGZ 2001, 71). Das ist im Bereich um die Hofstelle des Klägers gerade nicht der Fall, da dort im Geltungsbereich der Verordnung - abgesehen von bisherigen Abrundungen der Hofstelle des Klägers - gerade keine baulichen Anlagen errichtet sind, was auch der Augenschein bestätigt hat.62 b) Der Kläger kann sich für sein Vorhaben nicht auf einen Ausschlussgrund der Verordnung für die Errichtung landwirtschaftlicher Gebäude berufen.63 Die Verbote in §§ 4 und 5 LSchV finden zwar nach § 6 Nr. 1 LSchV keine Anwendung auf die Nutzung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke „mit Ausnahme der Handlungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 7, 15, 16, 17, 18 und 19“. Dieser Wortlaut könnte es so erscheinen lassen, als ob die Verordnung die Errichtung von Gebäuden (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 LSchV), die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, von vornherein erlaubnisfrei stellte. Das ist jedoch nicht der Fall. Denn das naturschutzrechtliche Privileg für die ordnungsgemäße Landwirtschaft (vgl. § 14 Abs. 2 BNatSchG) gilt nicht für solche Veränderungen der Landschaft bzw. der unter Schutz stehenden Flächen, die eine landwirtschaftliche Nutzung erst ermöglichen oder diese effektiver gestalten sollen. Es soll nur die „tägliche Wirtschaftsweise“ des Landwirts von naturschutzrechtlichen Anordnungen freistellen, wie etwa das Pflügen. Dazu gehören weder der Wechsel einer landwirtschaftlichen Nutzungsart, noch die Umwandlung von Natur- in Kulturlandschaft. Auch die Errichtung einer baulichen Anlage durch einen Landwirt stellt keine landwirtschaftliche Bodennutzung in diesem Sinne dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.04.1988 - 4 B 55.88 - BauR 1988, 587; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.08.1997 - 5 S 3509/95 - juris), auch nicht im Geltungsbereich einer Landschaftsschutzverordnung mit dem - im Landkreis Esslingen in einer bestimmten Periode leider stets missglückten - genannten Text (vgl. dazu insbesondere VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62; Urt. der Kammer v. 25.11.2015 - 2 K 3055/13 - unveröffentlicht).64 c) Das Vorhaben des Klägers läuft mehreren Schutzzwecken der Landschaftsschutzverordnung zuwider.65 Auch wenn sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium die konkret betroffenen Verbote in ihren Bescheiden - unverständlicherweise - nicht bezeichnet haben, lässt sich feststellen:66 aa) Das Vorhaben des Klägers verstößt gegen § 4 Nr. 3 LSchV.67 Nach dieser Bestimmung sind Handlungen verboten, welche die geschützte Flächennutzung auf Dauer ändern. Geschützte Flächennutzung ist östlich O.s nach der Verordnung „ausgedehnte Ackerbauflächen mit ihrer Funktion als Naherholungsfläche und zur Erhaltung notwendiger Freiräume im Verdichtungsraum“.68 Die Flächen um die Hofstelle des Klägers sollen also gerade nicht für den Ackerbau erhalten werden, denn sonst wäre fraglich, ob nicht die Umwandlung einer Ackerbaufläche in eine Halle, die der Lagerung von Ackerfrüchte dient, doch noch dem Schutzzweck entspräche. Die Landschaftsschutzverordnung dient vielmehr ihrem Zweck nach nicht nur dem optischen (vgl. dazu nachfolgend bb), sondern auch dem funktionalen Landschaftsschutz, d.h. dem „Freihalten“ der vorgefundenen „freien“ Landschaft von Nutzungen, selbst wenn sie optisch nicht ins Gewicht fallen (so auch in einem vergleichbaren Fall VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.02.1997 - 5 S 3223/95 - VBlBW 1997, 269). Diesem Zweck kommt im eng besiedelten Ballungsraum der Region Stuttgart besondere Bedeutung zu. Ihn verfolgend will die Verordnung sogar verhindern, dass es in ihrem Geltungsbereich zur Beeinträchtigung der freien Landschaft durch „Kleinbauten und Einfriedigungen“ (§ 3 Satz 3 LSchV), welche die „natürlichen Eigenart der Landschaft“ verändern. Es kann kein Zweifel bestehen, dass die vom Kläger geplante Halle mit über 60 m Seitenlänge und fast 10 m Höhe – also um ein Vielfaches größer als die genannten Kleinbauten – eine massive Beeinträchtigung in diesem Sinne bewirkt (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 -NuR 2018, 62 juris Rn. 53).69 bb) Zudem und insbesondere verstößt das Vorhaben des Klägers gegen § 4 Nr. 1 Alt. 1 LSchV.70 Nach dieser Bestimmung sind Handlungen verboten, die das Landschaftsbild nachteilig verändern. Das naturschutzrechtliche Schutzgut des Landschaftsbildes wird dabei maßgeblich durch die mit dem Auge wahrnehmbaren Zusammenhänge von einzelnen Landschaftselementen bestimmt. Es wird insbesondere durch Veränderungen der Landschaftsoberfläche berührt. Eine Beeinträchtigung liegt in einer solchen Veränderung dann, wenn diese von einem für die Schönheiten der natürlich gewachsenen Landschaft aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter als nachteilig empfunden wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.1990 - 4 C 44.87 - BVerwGE 85, 348). § 4 Nr. 1 Alt. 1 LSchV fordert somit - anders als § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 letzte Alternative BauGB - keine Verunstaltung des Landschaftsbildes; dessen Beeinträchtigung reicht aus (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 30.08.2017 - 8 S 17/16 - NuR 2018, 62 juris Rn. 52). Zutreffend weist das Landratsamt darauf hin, dass dies beim Vorhaben des Klägers der Fall sein wird.71 Der Berichterstatter vermag zunächst der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urt. v. 04.07.2007 - 8 A 10260/07 - juris) nicht zu folgen, wonach ein landwirtschaftlicher Aussiedlerhof in einer von Landwirtschaft geprägten Umgebung vom Betrachter (stets) als zur Landschaft gehörig und damit nicht als störendes Element empfunden werde. Diese Wertung dürfte zu pauschal sein und sich insbesondere nicht auf Standorte in exponierten Lagen übertragen lassen. Dem dahinterstehenden Gedanken kann allerdings im Rahmen der Erteilung einer Befreiung Rechnung getragen werden (vgl. dazu nachfolgend e). Ebenso wenig lässt sich vertreten, dass das Landschaftsbild durch die vorhandene Hofstelle des Klägers bereits erheblich beeinträchtigt wird (was zweifellos zutrifft) und demgegenüber die hinzukommende Beeinträchtigung durch eine weitere Halle zu vernachlässigen sei. Vergleichbar den im Bauplanungsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 17.06.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81) ist auch naturschutzrechtlich bei der Erweiterung eines Vorhabens nicht auf die Wirkung der Erweiterung als solcher, sondern auf die Wirkung des gesamten erweiterten Vorhabens abzustellen (so auch Urt. d. Kammer v. 16.03.2016 - 2 K 1666/15 - juris). Dessen landschaftsbildstörende Wirkung wird beträchtlich ausfallen, was sich beim Augenschein gezeigt hat, da die Hofstelle auf dem höchsten Punkt der Umgebung angesiedelt worden ist.72 [Blick von Norden auf die bisherige Hofstelle; die geplante Halle würde am linken Bildrand über dem Feldweg hinzutreten]73 d) Die Erteilung einer landschaftsschutzrechtlichen Erlaubnis an den Kläger kommt nicht in Betracht.74 Eine Erlaubnis ist dem Kläger dann zu erteilen, wenn die von ihm beabsichtigte Maßnahme Wirkungen der in § 4 LSchV genannten Art nicht zur Folge hat - was wie unter c) dargelegt ausscheidet - oder solche Wirkungen durch Auflagen und Bedingungen (vollständig) abgewendet werden können (§ 5 Abs. 3 Satz 1 LSchV). Das lässt sich hier nicht erkennen.75 aa) Soweit der Kläger ausführt, eine zusätzliche Beeinträchtigung des Freiraumschutzes könne dadurch abgewendet werden, dass er seine bislang im Freien abgestellten landwirtschaftlichen Maschinen künftig in der neuen Halle abstellen werde, übersieht er, dass diese derzeit größtenteils auf ökologischen Ausgleichsflächen abgestellt werden, also auf Flächen, auf denen sie rechtlich ohnehin nicht stehen dürften. Deren - ohnehin geschuldete - Freiräumung kann sicher nicht als (vollständige) Kompensation für die Errichtung einer großen Halle angesehen werden.76 bb) Soweit der Kläger eine weitreichende Bepflanzung mit Obstbäumen um die künftige Halle anbietet, um die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes abzuwenden, erscheint eine vollständige Kompensation hierdurch in seinem Fall nicht möglich. In einer Ackerbaufläche wirken Obstbäume ebenfalls eher landschaftsfremd.77 e) Aus den besonderen Umständen des Einzelfalles hat der Kläger aber Anspruch gegen die Beigeladene auf Erteilung einer Befreiung von beiden Verboten.78 § 7 LSchV verweist für die Erteilung einer Befreiung auf den damals geltenden § 63 LNatSchG, der nicht weitergilt. Nach der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes auf Grund konkurrierender Gesetzgebungskompetenz spricht daher alles dafür, dass sich die Befreiungsmaßstäbe seither nach § 67 Abs. 1 BNatschG heutiger Fassung richten (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.07.2010 - 8 S 77/09 - juris Rn. 34; Urt. d. Kammer v. 16.03.2016 - 2 K 1666/15 - juris; Engel/Ketterer, VBlBW 2010, 293, 299; Sauthoff in: Schlacke, GK-BNatschG, § 67 Rn. 9). Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Bestimmung kann von den Geboten und Verboten in einer Rechtsverordnung nach dem Naturschutzrecht der Länder auf Antrag eine Befreiung gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist (Nr. 1) oder die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist (Nr. 2).79 aa) Ein überwiegendes öffentliches Interesse (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG) an der landwirtschaftlichen Mehrzweckhalle des Klägers besteht allerdings nicht.80 Die Erteilung einer Befreiung setzt eine Abwägungsentscheidung im Einzelfall voraus, bei der zu prüfen ist, ob die Gründe des Allgemeinwohls so gewichtig sind, dass sie sich gegenüber den Belangen des Landschaftsschutzes durchsetzen (vgl. OVG NRW, Beschl. v. 08.11.2017 - 8 A 2454/14 - juris). Die Verbesserung der regionalen Versorgung mit Grundnahrungsmitteln, wozu Gemüse zählt, stellt - insbesondere in Zeiten der Pandemie - ein besonderes öffentliches Interesse dar. Es begründet jedoch keinen generellen Vorrang vor dem Landschaftsschutz. Insbesondere ist es nicht geeignet, Landschaftsschutzgebietsverordnungen und die mit ihnen verfolgten Ziele im Wege der Befreiung stets zu Gunsten von versorgungspolitischen Zwecken zu relativieren. Zudem fehlt es an den Möglichkeiten einer rechtlichen Absicherung dafür, dass der Kläger sein Gemüse dauerhaft und gerade während einer Pandemie tatsächlich nur in der Region Stuttgart absetzt, und nicht etwa im Großraum Frankfurt oder München.81 bb) Der Kläger hat jedoch Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatschG.82 Dieser Befreiungsgrund knüpft an unzumutbare Belastungen für die jeweiligen Grundeigentümer an (Art. 14 Abs. 1 GG; vgl. dazu Bay. VGH, Beschl. v. 28.12.2015 - 1 ZB 14.2623 - juris). Er bedarf also einer Abwägung der Grundrechte des Grundeigentümers mit dem von Normgeber gewünschten Schutzniveau. Weiter bedarf er des Vorliegens einer atypischen Fallkonstellation (so OVG Niedersachsen, Beschl. v. 23.10.2019 - 4 LA 71/19 - juris; OVG NRW, Beschl. v. 30.10.2017 - 8 A 1205/14 - juris; Sauthoff, in Schlacke, GK-BNatschG, § 67 Rn. 13).83 Eine solche ist hier aus den besonderen Umständen des Einzelfalles zu bejahen. Dem Kläger war zugesagt worden, er dürfe (und solle wegen des wachsenden Ruhebedürfnisses der Wohnbevölkerung im Ortskerns O.s) seine gesamte Hofstelle in den Außenbereich verlegen, bevor Überlegungen zur Schaffung des Landschaftsschutzgebiets aufkamen. Der ausgewählte Aussiedlungsstandort lag ausgerechnet an einer der exponiertesten Stellen des späteren Landschaftsschutzgebietes. Mit anderen Worten: Wäre die Aussiedlung des klägerischen Betriebes erst nach Geltung der Landschaftsschutzverordnung geplant worden, wäre niemals ihr heutiger Standort ausgewählt worden. Bereits mit der ersten Aussiedlungsmaßnahme sind somit das Landschaftsbild um die heutige Hofstelle des Klägers und der Freiraumschutz dort empfindlich beeinträchtigt worden.84 Dies rechtfertigt zwar Erweiterungen der ausgesiedelten Hofstelle nur dann, wenn sie betrieblich notwendig sind, in angemessenem Umfang erfolgen und keine schonenderen Alternativen zur Verfügung stehen. Diese Bedingungen sind hier aber alle erfüllt:85 (1) Dem Kläger droht zwar bei Versagung der Befreiung keine Existenzgefährdung. Er war auch in den vergangenen Jahren in der Lage, seinen Betrieb ohne die Halle weiterzuführen. Allerdings ist er seit Jahren gezwungen, nicht unerhebliche Mengen seines produzierten Gemüses in „Feldmiete“ zu lagern, d.h. in abgedeckten Stapeln auf den jeweiligen Feldern mit allen dazugehörigen Risiken (Frostschäden, Diebstahl, Fraßverlust; vgl. dazu etwa https://www.naturland.de/images/Erzeuger/Fachthemen/Naturland/Nachrichten/2019/Lagerung_in_Feldmieten.pdf).86 (2) Die von ihm nun geplante Erweiterung entspricht der vom Landwirtschaftsamt des Beigeladenen ermittelten Flächenbedarf (vgl. dazu oben B.I.2a).87 (3) Landschaftsverträglichere Alternativstandorte sind nicht verfügbar (vgl. dazu oben B.I.2b).88 Vor diesem Hintergrund dem Kläger dennoch eine Befreiung zu versagen würde überdies der schriftlichen Klarstellung des Normgebers, des Landratsamts, im Unterschutzstellungsverfahren widersprechen, „ein Haupterwerbslandwirt wird in der Regel aufgrund seiner Privilegierung durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht mehr Einschränkungen in seiner Betriebsführung hinnehmen müssen, als dies bisher aufgrund des Außenbereichsbaurechts der Fall ist.“ Einen noch weitergehenden Schutz wollte also auch der Normgeber nicht.89 2. Auf das Entgegenstehen sonstiger öffentlicher Belange berufen sich Beklagte und Beigeladener schon nicht; es lässt sich auch nicht erkennen. Insbesondere hat der Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Alt. 4 BauGB - die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft - keinen höheren Stellenwert als der zuvor geprüfte Belang.C.90 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 u. 3, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Hinzuziehung des Klägervertreters durch den Kläger im Vorverfahren war notwendig (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Umfang und Schwierigkeit der Sache sind nicht so einfach gelagert, dass der Kläger als nicht rechtskundiger Beteiligter bei vernünftiger Betrachtung hätte annehmen müssen, er könne Rechte gegenüber der Beklagten selbst ausreichend wahrnehmen (vgl. zum Maßstab BVerwG, Beschl. v. 21.08.2018 - 2 A 6/15 - juris; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.07.2016 - 4 S 1163/14 - juris Rn. 57). Dass sein Bevollmächtigter bereits im Vorverfahren tätig war, ist hinreichend belegt.91 Gründe, die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nrn. 3 u. 4 VwGO), sind nicht erkennbar.
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Tenor Der Bescheid vom 18.07.2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Wertes des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG und des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG auf den 01.12.2013 in Gestalt des Bescheids vom 24.08.2016 und der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2017 wird dahingehend geändert, dass die seitens der Klägerin geleisteten Anzahlungen in Höhe von 3.243.361 Euro im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und in Höhe von 626.673 Euro im Zusammenhang mit dem laufenden Geschäftsverkehr der Klägerin nicht als Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG berücksichtigt werden. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet. 1Tatbestand 2Die Beteiligten streiten darüber, ob geleistete Anzahlungen zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Erbschaftsteuergesetz (- ErbStG -) in der am 01.12.2013 geltenden Fassung (- ErbStG a. F. -) gehören. 3Mit notariellem Vertrag vom 21.11.2013 übertrug der Beigeladene Herr V. F. einen Teilgeschäftsanteil über nominal 295.000 Euro (entspricht rd. 49,17 v. H. des Nennkapitals) an der Klägerin mit Wirkung zum 01.12.2013 schenkweise an seinen Sohn, den Beigeladenen Herrn N. F.. Die Gesellschafterversammlung der Klägerin beschloss am gleichen Tag die Sitzverlegung von C-Stadt nach I-Stadt; eine neue Geschäftsanschrift der Klägerin wurde am 09.05.2014 ins Handelsregister eingetragen. Zum Vermögen der Klägerin gehörten unter anderem Beteiligungen an verschiedenen Tochtergesellschaften. 4Am 28.04.2014 wurde beim Finanzamt N-Stadt eine Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für nicht notierte Anteile an Kapitalgesellschaften eingereicht. Darin wurde aufgrund eines im Ertragswertverfahren erstellten Gutachtens der gemeine Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft samt Tochtergesellschaften mit 18.165.563 Euro sowie des erworbenen Anteils an der Kapitalgesellschaft mit 8.931.401 Euro erklärt. In der Anlage Substanzwert zur Feststellungserklärung wurden unter der Überschrift „Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände“ geleistete Anzahlungen in Höhe von 185.000 Euro angegeben. Nach der als Anlage zur Erklärung beigefügten eigenen Berechnung zum „Verwaltungsvermögenstest nach § 13b Abs. 2 ErbStG“ ergab sich ein Verwaltungsvermögen (nach Berücksichtigung des Freibetrags in Höhe von 20 v. H. des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens) in Höhe von 826.138 Euro, was einer Verwaltungsvermögensquote von rund 4,5 v. H. entsprach. 5Mit Bescheiden vom 03.06.2015 stellte der Beklagte gegenüber der Klägerin und den Beigeladenen unter anderem den Wert des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Bewertungsgesetz (- BewG -) und die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG a. F. erklärungsgemäß gesondert fest. Die Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. 6Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung D-Stadt führte bei der Klägerin aufgrund der Prüfungsanordnung vom 27.08.2015 und der Prüfungserweiterung vom 21.12.2015 eine Außenprüfung unter anderem über die Feststellung des gemeinen Werts des Anteils an der Kapitalgesellschaft und der Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens auf den 01.12.2013 durch. Dabei wurde zum einen der gemeine Wert des Anteils an der Kapitalgesellschaft in Höhe von 11.079.925 Euro ermittelt. Zum anderen vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, dass bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögens bisher zu Unrecht der Ansatz von geleisteten Anzahlungen in Höhe von insgesamt 3.870.035 Euro unterblieben sei. Der Betrag setze sich zusammen aus Anzahlungen in Höhe von 3.243.361 Euro im Zusammenhang mit dem Verwaltungsneubau sowie in Höhe von 626.673 Euro im Zusammenhang mit dem laufenden Geschäftsbetrieb. Schließlich wurde ein gegenüber der Erklärung um 106.606 Euro höheres Geschäftsguthaben ermittelt, sodass sich die Finanzmittel vor Abzug von Schulden auf 27.142.715 Euro und das maßgebliche Verwaltungsvermögen auf 3.928.191 Euro erhöhten. Es wird Bezug genommen auf den Betriebsprüfungsbericht vom 01.06.2016, insbesondere auf Tz. 2.4 und Anlage 9 zum Bericht. 7In Umsetzung des Betriebsprüfungsberichts wurden die Bescheide des Klägers und der Beigeladenen am 18.07.2016 entsprechend geändert. Die Quote des Verwaltungsvermögens wurde nunmehr mit 17,43 v. H. mitgeteilt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben. 8Mit ihrem Einspruch vom 20.07.2016 wandte sich die Klägerin zum einen gegen die Berücksichtigung der Anzahlungen als Verwaltungsvermögen und zum anderen gegen eine unzutreffend berücksichtigte Wertfeststellung bei einer Tochtergesellschaft. 9Hinsichtlich der Wertfeststellung bei einer Tochtergesellschaft half der Beklagte dem Einspruch mit geänderten Bescheiden vom 24.08.2016 ab. Aufgrund des auf 10.982.059 Euro korrigierten Werts des Anteils an der Kapitalgesellschaft erhöhte sich die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens, die nunmehr auf 3.968.007 Euro festgestellt wurde. Die Quote des Verwaltungsvermögens wurde mit 17,76 v. H. mitgeteilt. Wegen der Berücksichtigung von Anzahlungen als Verwaltungsvermögen wurde der Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2017 als unbegründet zurückgewiesen. 10Mit ihrer am 30.08.2017 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiter gegen die Einstufung der geleisteten Anzahlung als Verwaltungsvermögen. 11Der hier maßgebliche unbestimmte Rechtsbegriff des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a. F. „andere Forderungen" sei dahingehend auszulegen, dass nur auf Geld gerichtete Forderungen umfasst seien. Hierfür sprächen sowohl die übrigen in Satz 1 genannten Begriffe der „Zahlungsmittel, „Geschäftsguthaben“ und „Geldforderungen“, als auch die Bereichsausnahmen für Kreditinstitute und interne Finanzierungsgesellschaften der Sätze 2 und 3. Auch nach der Gesetzesbegründung ergänze die Regelung den Katalog des nicht begünstigten Verwaltungsvermögens um nicht betriebsnotwendige Geldforderungen und andere Finanzmittel. Die Klägerin weist zudem darauf hin, dass auch die Finanzverwaltung in den maßgeblichen gleich lautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013 den Anwendungsbereich dahingehend einschränke, dass die anderen Forderungen „auf Geld gerichtet" sein müssten. 12Geleistete Anzahlungen stellten hingegen keine auf Geld gerichteten Forderungen und damit kein schädliches Verwaltungsvermögen dar. Der die Anzahlung Leistende habe vielmehr einen Anspruch auf Lieferung oder Leistung. Diesen Anspruch habe er unter dem Posten „geleistete Anzahlungen" zur wertmäßigen Abbildung des Sachleistungsanspruchs zu bilanzieren. Anzahlungen seien Vorleistungen eines Vertragsteils auf schwebende Geschäfte, bei denen die von dem anderen Vertragsteil zu erbringende Lieferung und Leistung noch ausstehe. Im Werkvertragsrecht würden die Anzahlungen bis zu einer Abnahme des Werks vorläufige Zahlungen auf der Grundlage vorläufiger Berechnungen darstellen und nicht etwa eine (Teil-)Abnahme bewirken. 13Sofern der Beklagte darauf hinweise, dass ein auf Geld gerichteter Rückforderungsanspruch entstehen könne, sofern die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erfüllt würde, verweist die Klägerin auf die im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht gebotene stichtagsbezogene Betrachtung. Im hier maßgeblichen Stichtag habe kein Rückforderungsanspruch der Klägerin bestanden, sodass die Erwägungen des Beklagten insofern unerheblich seien. 14Ferner liege auch eine vom Beklagten angenommene doppelte Begünstigung durch eine doppelte Minderung der Zahlungsmittel nicht vor. Die mit der Anzahlung verbundene Minderung der Zahlungsmittel führe automatisch im Sinne eines Aktivtauschs zu einer Erhöhung der Anzahlungen. Dies sei jedoch nur folgerichtig und stelle keine doppelte Begünstigung dar, wenn – wie von der Klägerin vertreten – Anzahlungen nicht zum Verwaltungsvermögen zählten. 15Die Klägerin beantragt, 16den Bescheid vom 18.07.2016 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Wertes des Anteils an einer Kapitalgesellschaft nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG und des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG auf den 01.12.2013 in Gestalt des Bescheides vom 24.08.2016 und der Einspruchsentscheidung vom 17.08.2017 dahingehend zu ändern, dass die seitens der Klägerin geleisteten Anzahlungen in Höhe von 3.243.361 Euro im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und in Höhe von 626.673 Euro im Zusammenhang mit dem laufenden Geschäftsverkehr der Klägerin nicht als Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG berücksichtigt werden. 17Der Beklagte beantragt, 18die Klage abzuweisen, 19hilfsweise für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen. 20Zur Begründung verweist der Beklagte auf die für ihn bindenden gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013, wonach sonstige auf Geld gerichtete Forderungen aller Art, zu denen insbesondere geleistete Anzahlungen gehören würden, zu den Finanzmitteln des Verwaltungsvermögens zählen würden. 21Der Senat hat in der Sache am 22.10.2020 mündlich verhandelt. Zu den Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift hingewiesen. 22Entscheidungsgründe 23Die Klage ist begründet. 24Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Bescheides vom 24.08.2016 und der Einspruchsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (- FGO -). 251. Der – nach § 152 Nr. 2 BewG zuständige – Beklagte hat die geleisteten Anzahlungen in Höhe von 3.243.361 Euro im Zusammenhang mit der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes und in Höhe von 626.673 Euro im Zusammenhang mit der laufenden Geschäftstätigkeit der Klägerin zu Unrecht bei der Ermittlung des Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a. F. als andere Forderungen im Sinne dieser Vorschrift und damit als Verwaltungsvermögen berücksichtigt. 26a. Auf die vorliegende Übertragung am 01.12.2013 ist § 13b ErbStG a. F. nach Maßgabe des § 37 Abs. 8 ErbStG anzuwenden, weil die Steuer nach dem 06.06.2013 entstanden ist. 27b. Zum Verwaltungsvermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a. F. gehört der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20 v. H. des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt. Nach den Sätzen 2 und 3 gelten hier nicht einschlägige Ausnahmen für Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Gesellschaften, deren Hauptzweck in der Finanzierung einer gewerblichen Tätigkeit von verbundenen Unternehmen besteht. 28Der Begriff der anderen Forderungen im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a. F. ist nicht näher definiert und daher auslegungsbedürftig. 29Dabei sind aus systematischen Gründen zunächst solche Forderungen vom Anwendungsbereich der Nr. 4a auszuschließen, die bereits von Nr. 4 erfasst sind. Dies betrifft die in Nr. 4 genannten Wertpapiere und damit vergleichbare Forderungen, über die keine Urkunden ausgegeben wurden, die aber nach § 2 Abs. 1 Wertpapierhandelsgesetz zu den Wertpapieren zählen, wie etwa stückelose Staatsanleihen oder Inhaberschuldverschreibungen von Kreditinstituten (BFH, Vorlagebeschluss vom 27.09.2012, II R 9/11, BFHE 238, 241). 30Zusätzlich ist der Begriff der anderen Forderungen im Sinne der Nr. 4a auf solche Forderungen einzuschränken, die auf Geld gerichtet sind (gl. A. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.10.2017, 2 K 2201/15, EFG 2018, 136, rechtskräftig, wohl im Ausgangspunkt auch gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013, BStBl. I 2013, 1272, Tz 2.1). Diese Auffassung wird von der überwiegenden Auffassung in der Literatur geteilt (Stalleiken, in: von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 13b Rn. 184; Esskandari, in: Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, 150. Erg.-Lfg. August 2020, § 13b ErbStG, Rn. 176; Kirnberger, in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, 109. Erg-Lfg. Juni 2018, § 13b ErbStG Rn. 84 („alle Rechte …, die auf die Übereignung von Zahlungsmitteln oder vergleichbarer Wirtschaftsgüter gerichtet sind“); Wachter, in: Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 6. Aufl. 2017, § 13b Rn. 551; Erkis/Mannek/van Lishaut, FR 2013, 245; Weber/Schwind ZEV 2013, 369; Eisele, NWB 2013, 2292; Milatz/Herbst, GmbHR 2014, 18; Pfeifer/Hinkers, DStZ 2013, 729; a. A. Geck, in: Kapp/Ebeling, ErbStG, 85. Erg.-Lfg. August 2020, § 13b Rn. 145; Hannes/Holtz, in: Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl. 2018, § 13b Rn. 72; differenzierend Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, 50. Erg.-Lfg. April 2016, § 13b Rn. 318, der danach unterscheidet, ob die Anzahlung im Zusammenhang mit Betriebs- oder Verwaltungsvermögen steht). 31Für diese einschränkende Auslegung spricht bereits der Vergleich mit den übrigen in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a. F. genannten Vermögensposten (Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben und Geldforderungen). Diesen ist gemein, dass sie ebenfalls auf Geld gerichtete Forderungen darstellen, dem Inhaber also einen Anspruch auf Zahlung von Geld vermitteln. Dies lässt den Schluss zu, dass mit dem Begriff der „anderen Forderungen“ nicht sämtliche sonstige Forderungen, sondern nur solche mit Bezug zu einem Zahlungsmittel, mithin auf Geld gerichtete Forderungen, gemeint sein sollen. 32Das Ergebnis findet seine Stütze zudem in der Gesetzeshistorie und dem Zweck des Gesetzes. Die Nr. 4a wurde mit Art. 30 des Gesetzes vom 26.06.2013 (BGBl. I 2013, 1809) in den Katalog des schädlichen Verwaltungsvermögens des § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG a. F. aufgenommen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/13033, Seite 112) ergänzt die Nr. 4a den Katalog des für sich genommen nicht begünstigten Verwaltungsvermögens ausdrücklich um „Geldforderungen und andere Finanzmittel, soweit diese nicht betriebsnotwendig sind“. Bei den anderen Forderungen soll es sich daher nach Auffassung des Gesetzgebers ebenfalls um Geldforderungen und andere Finanzmittel, mithin um auf Geld gerichtete Forderungen, handeln. Ferner verweist die Gesetzesbegründung darauf, dass durch die Einführung der Nr. 4a insbesondere Gestaltungen zur sog. Cash-Gesellschaft verhindert werden. Darunter ist ein steuerliches Gestaltungsmodell zu verstehen, bei dem eine Kapitalgesellschaft oder gewerblich geprägte Personengesellschaft mit (steuerlich nicht begünstigtem) privatem Geldvermögen ausgestattet wurde, welches dadurch als (gewillkürtes) Betriebsvermögen zu begünstigungsfähigem Vermögen wurde. Aus dem Zweck der Regelung, diese Verschiebung von Finanzmitteln auf die betriebliche Ebene der Kapitalgesellschaft zu verhindern, folgt im Umkehrschluss, dass mit den anderen Forderungen im Sinne der Nr. 4a auch nur solche auf Geld gerichtete Forderungen gemeint sind. 33c. Nach diesen Maßgaben unterfallen die geleisteten Anzahlungen – anders als der Beklagte auf der Grundlage der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.10.2013 (BStBl. I 2013, 1272, Tz 2.1) annimmt – nicht den „anderen Forderungen“ im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG a. F. Die Klägerin war nicht berechtigt, die geleisteten Anzahlungen zurückzufordern, sodass sie keine auf Geld gerichtete Forderung innehatte. Die geleisteten Anzahlungen verkörpern vielmehr Sachleistungsansprüche und stellen damit entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung keine auf Geld gerichteten Forderungen dar. 34Bei geleisteten Anzahlungen handelt es sich um Vorleistungen im Rahmen eines schwebenden Geschäfts auf eine von dem anderen Vertragspartner zu erbringende Lieferung oder Leistung (BFH, Urteile vom 03.07.1980, IV R 138/76, BFHE 131, 57; vom 14.03.1986, III R 179/82, BFHE 146, 541). Die Anzahlungen werden als Vorauszahlungen auf eine erst später fällige Verbindlichkeit gezahlt und dienen im Werkvertragsrecht beispielsweise dazu, den grundsätzlich vorleistungs- und damit vorfinanzierungspflichtigen Werkunternehmer wirtschaftlich zu entlasten (Busche, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 632a Rn. 2). Sie sind nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht sogleich den Herstellungskosten des bestellten Vermögensgegenstands zuzurechnen, sondern zunächst als Forderung zu aktivieren, die den Anspruch auf die zu erbringende Lieferung oder Leistung wiedergibt; nur sofern die erwartete Lieferung oder Leistung nicht erbracht wird, ist der Anspruch auf Rückzahlung gerichtet (vgl. § 266 Abs. 2 HGB; BFH, Beschluss vom 04.07.1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466; Urteil vom 16.05.1973, I R 186/71, BFHE 110, 325). Solange kein Rückforderungsanspruch besteht, bildet der Bilanzposten „geleistete Anzahlungen“ den Sachleistungsanspruch des Auftraggebers in der Bilanz wertmäßig ab. Die Bilanzierung zum Nennwert dient der erfolgsneutralen Erfassung des schwebenden Geschäfts (Weber-Grellet, in: Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 5 Rn. 270 zu „Anzahlungen“). Aktiviert wird dabei grundsätzlich der Sach- oder Dienstleistungsanspruch aus dem zugrunde liegenden schwebenden Geschäft (Schubert/F. Huber, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 247 HGB, Rn. 545; Mannek, ErbStB 2013, 343). 35Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht damit begründen, dass die geleistete Anzahlung gewissermaßen geldähnlich als Guthaben beim anderen Vertragspartner zur Verrechnung mit dessen später fällig werdenden Vergütungsanspruch zur Verfügung steht, da der die Anzahlung Leistende keine Möglichkeit hat, dieses Guthaben anderweitig einzusetzen, und dem Guthaben mithin die prägende Umlauffähigkeit fehlt. 36Dass der andere Vertragspartner die geleisteten Anzahlungen unter Umständen – für die im Streitfall nichts ersichtlich ist – nicht dauerhaft behalten darf, sondern (gegebenenfalls teilweise) zurück zu gewähren hat, wenn er seine vertraglichen Pflichten nicht erfüllt oder eine Überzahlung vorliegt, sodass nach Ansicht des FG Hessen (Urteil vom 26.02.2019, 4 K 2033/17, juris; ähnlich FG Hamburg, Urteil vom 11.04.2011, 6 K 245/09, EFG 2011, 1957: „(schwebendes) Kreditgeschäft“ im Rückforderungsfall) im Fall der Nichterfüllung ein darlehensähnlicher Rückforderungsanspruch zu aktivieren sei, kann vorliegend aufgrund des für das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht maßgeblichen Stichtagsprinzips nicht berücksichtigt werden. Am maßgeblichen Stichtag 01.12.2013 bestand allein der durch die geleisteten Anzahlungen bilanziell abgebildete Sachleistungsanspruch. Ein Rückforderungsanspruch bestand nicht. Dass ein solcher nach dem maßgeblichen Stichtag hätte entstehen können, ist wegen der gebotenen stichtagsbezogenen Betrachtung jedenfalls unbeachtlich. 372. Die Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 38Den Beigeladenen, die in dieser Eigenschaft keinen Antrag gestellt haben, waren nach § 135 Abs. 3 FGO keine Kosten aufzuerlegen; ihre außergerichtlichen Kosten sind nach § 139 Abs. 4 FGO nicht erstattungsfähig. 393. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Dem steht nicht entgegen, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG a. F. auslaufendes Recht betrifft, da sich die Frage der Auslegung des Begriffs „andere Forderungen“ auch für den nunmehr geltenden § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG stellt.
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Tenor Der Antragsgegner wird verpflichtet, der M Bank … nach Zugang dieses Beschlusses unverzüglich mitzuteilen, dass er Verfügungen des Antragstellers über das auf dem Konto des Antragstellers mit der IBAN DE xxx bestehende Guthaben in Höhe eines Betrags von 2.731,90 € – als noch auf dem Konto befindlicher Corona-Überbrückungshilfe NRW – freigibt, d.h. er diesen Betrag von der Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die der M Bank … am 18.09.2020 zugestellt wurde, einmalig freistellt. Für den Fall, dass die M Bank … aufgrund der ihr am 18.09.2020 zugestellten Pfändungs- und Einziehungsverfügung zwischenzeitlich an den Antragsgegner einen (Teil-) Betrag aus dem am 17.09.2020 gutgeschriebenen Betrag („Corona-Überbrückungshilfe“) ausgezahlt hat, wird der Antragsgegner verpflichtet, diesen Betrag an den Antragsteller auszukehren. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beschwerde wird zugelassen. Gründe: 1I. 2Der verheiratete Antragsteller ist Diplom-Kaufmann und als Einzelunternehmer in der Wirtschaftsberatung tätig und bestreitet aus dieser Tätigkeit seien Lebensunterhalt. Er unterhält u.a. bei der X-bank O eG ein Girokonto, das als Pfändungsschutzkonto geführt wird und am 14.10.2020 kein Guthaben aufwies, ein Sparkonto, das am 14.10.2020 ein Guthaben von 6,63 € aufwies, sowie Geschäftsanteile in Höhe von 750,00 €. Ein weiteres Konto unterhält der Antragsteller bei der M Bank … (Kontonummer IBAN DE xxx), das ausweislich der vom Antragsteller vorgelegten Kontoauszüge am 01.09.2020 ein Guthaben in Höhe von 176,82 € aufwies. In der Zeit vom 02.09.2020 bis zum 14.09.2020 gingen auf dem Konto Zahlungen in Höhe von 90,00 € und 150,00 € ein und wurden vom Konto Beträge in Höhe von insgesamt 409,37 € abgebucht. 3Wegen rückständiger Steuerbeträge in Höhe von 19.250,71 € (insbesondere Einkommensteuer 2017 und Umsatzsteuer 4. Quartal 2019) erließ der Antragsgegner unter dem 15.09.2020 betreffend das Konto bei der M Bank … eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die der Antragsteller angefochten hat. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung wurde der M Bank … mit Zustellungsurkunde am 18.09.2020 zugestellt. 4Am 17.09.2020 wurde dem Konto des Antragstellers bei der M Bank ... ein Betrag in Höhe von 3.784,10 € gutgeschrieben. Hierbei handelt es sich um eine sog. Corona-Überbrückungshilfe, die dem Antragsteller mit Bescheid der Bezirksregierung N vom 16.09.2020 bewilligt worden war. Ausweislich des Bewilligungsbescheides der Bezirksregierung N vom 16.09.2020 wurde diese Billigkeitsleistung aufgrund der Richtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) zur Gewährung von Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen („Überbrückungshilfe-NRW 2020“) i.V.m. § 53 Landeshaushaltsordnung (LHO) bewilligt. Der Antragsteller erhielt diese Überbrückungshilfe in Höhe von insgesamt 3.784,10 € für die Monate Juni bis August 2020, davon ein Betrag in Höhe von 1.784,10 € als Bundesmittel und ein Betrag in Höhe von 2.000,00 € als Landesmittel. Eine Abtretung oder Verpfändung der Billigkeitsleistung ist laut Bescheid nicht zulässig. Im Bescheid wird u.a. weiter wie folgt ausgeführt: 5„Die Überbrückungshilfe ist zweckgebunden und dient ausschließlich dazu, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Angehörigen der Freien Berufe, die durch Corona bedingte vollständige oder teilweise Schließungen oder Auflagen erhebliche Umsatzausfälle erleiden, für die Monate Juni bis August 2020 eine weitergehende Liquiditätshilfe in Form der auf den jeweiligen Vergleichsmonat bezogenen anteiligen Erstattung von betrieblichen Fixkosten zu gewähren und so zu ihrer Existenzsicherung beizutragen. Die Regelungen der Richtlinien des Landes zur Gewährung von Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen („Überbrückungshilfe-NRW 2020“) werden für verbindlich erklärt und sind Bestandteil des Bescheides.“ 6Wegen der weiteren Einzelheiten zu den Regelungen der Bezirksregierung N wird auf den Bewilligungsbescheid vom 16.09.2020 Bezug genommen. 7Nach Eingang der Überbrückungshilfe auf dem Konto des Antragstellers bei der M Bank ... wurden bis zum 27.09.2020 weitere Beträge in Höhe von insgesamt 1.059,65 € abgebucht. Die letzte Abbuchung in Höhe von 6,00 € erfolgte am 27.09.2020 durch die M Bank … selbst. Es wurden keine weiteren Beträge auf das Konto eingezahlt. Das Guthaben zum 28.09.2020 betrug 2.731,90 €. 8Mit Schreiben vom 23.09.2020 teilte die M Bank ... dem Antragsteller mit, dass aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Antragsgegners es der Bank untersagt sei, Zahlungen an ihre Kunden zu veranlassen. 9Über den außergerichtlichen Antrag des Antragstellers vom 23.09.2020, die Kontenpfändung betreffend das Konto bei der M Bank … einstweilen einzustellen, um die Auszahlung der Corona-Überbrückungshilfe zu ermöglichen, hat der Antragsgegner nicht entschieden. 10Unter Berufung auf den Beschluss des Finanzgerichts (FG) Münster vom 13.05.2020 (Aktenzeichen 1 V 1286/20 AO) macht der Antragsteller im vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung geltend, dass die Corona-Überbrückungshilfe als zweckgebundener Zuschuss nicht gepfändet werden könne. Die Rechtsprechung zur Corona-Soforthilfe sei auf die Corona-Überbrückungshilfe übertragbar. Auf dem gepfändeten Konto befinde sich der bisher nicht verausgabte Teil der Überbrückungshilfe in Höhe von rund 2.700,00 €. Dieses Geld stehe durch die Pfändung nunmehr nicht mehr zur Deckung der entsprechenden betrieblichen Kosten sowie zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung. Die Vollstreckung sei vorliegend unbillig. Die Hilfe diene der Erfüllung von solchen Ansprüchen, die seit dem 01.06.2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden seien. Der Antragsgegner vollstrecke jedoch wegen älterer Steuerschulden, die nicht vom Zweck der Überbrückungshilfe gedeckt seien. Vorliegend seien in der Zeit ab Juni 2020 aufgrund der Pandemie Gläubigeransprüche entstanden. Den Zuschussantrag habe er – der Antragsteller – gestellt, weil die pandemiebedingten Umsatzrückgänge die Existenz seines Solounternehmens bedrohten. Im Rahmen der Antragstellung seien durch den beauftragten Anwalt die Umsatzrückgänge sowie der Mittelbedarf dargelegt worden. Mittel zur Deckung der neuen Gläubigeransprüche stünden ihm aktuell nicht zur Verfügung, so dass er dringend auf den Zuschuss angewiesen sei. Die Bank habe auch angekündigt, das Guthaben binnen vier Wochen an den Antragsgegner auszuzahlen. 11Zur Glaubhaftmachung seines Vortrags legt der Antragsteller eine Übersicht vor, aus der sich die offenen Ansprüche ergeben. Danach sei der Antragsteller mit der Zahlung von Miete für das betrieblich genutzte Objekt, Nebenkosten, betrieblichen Fahrzeug- und Telefonkosten sowie weiteren betrieblichen Rechnungsbeträgen in Höhe von insgesamt 4.960,65 € im Rückstand. Darüber hinaus bestünden private Mietschulden. Weiter legt der Antragsteller Mahnungen des Vermieters K vom 05.10.2020 bezüglich der Miete für das privat und beruflich genutzte Wohnobjekt für die Monate Juni bis Oktober 2020, der Stadtwerke E vom 13.08.2020 bezüglich der Abschläge für das Wohnobjekt für die Monate Juni bis August 2020 und vom 18.09.2020 bezüglich der Abschläge für September 2020 und der C Bank … (C Financial Services) vom 15.09.2020 sowie eine Beitragsrechnung der R Versicherung vom 25.09.2020 das Fahrzeug mit dem Kennzeichen A betreffend vor. Weiter reicht der Antragsteller eine Verfügung des Landrats des Kreises F vom 13.10.2020 ein, wonach dem Antragsteller mit sofortiger Wirkung untersagt werde, das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen A weiterhin im öffentlichen Verkehrsraum zu nutzen. Das Fahrzeug sei wegen fehlenden Versicherungsschutzes von Amts wegen stillgelegt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. 12Der Antragsteller beantragt sinngemäß, 13den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den bei der M Bank ... gutgeschriebenen – als noch auf dem Konto befindliche Corona-Überbrückungshilfe NRW – Betrag in Höhe von 2.731,90 € freizugeben. 14Der Antragsgegner beantragt, 15den Antrag abzulehnen. 16Er ist der Auffassung, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht habe. Der Antragsteller habe insbesondere weder die zweckgebundene Verwendung der Corona-Überbrückungshilfe für die Zahlung von Fix-Kosten für den beruflichen Bedarf noch durch einen geeigneten Sachvortrag dezidiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er durch die Nichtauszahlung der Corona-Überbrückungshilfe in seiner Existenz gefährdet sei. 17Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. 18II. 19Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet. 20Nach § 114 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung). Nach § 114 Abs. 3 FGO i. V. m. § 920 der Zivilprozessordnung (ZPO) obliegt es dem Antragsteller, den Anspruch, aus dem er sein Begehren herleitet (sog. Anordnungsanspruch) und einen Grund für die zu treffende Regelung (sog. Anordnungsgrund) schlüssig darzulegen und deren tatsächliche Voraussetzungen im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft zu machen (vgl. Bundesfinanzhof – BFH –, Beschluss vom 22.12.2006 VII B 121/06, BFHE 216, 38, BStBl II 2009, 839, m. w. N.). 211. Im Streitfall ergibt sich der Anordnungsanspruch aus § 258 der Abgabenordnung (AO). 22Wird im Vollstreckungsverfahren nach der AO als vorläufiger Rechtsschutz die Verpflichtung der Behörde zur Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung oder Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme durch ein Finanzgericht verlangt, so kommt als Rechtsgrundlage die nach § 258 AO in das Ermessen der Behörde gestellte Befugnis zur Gewährung einer vorläufigen Vollstreckungsaussetzung in Betracht (vgl. u.a. BFH, Beschluss vom 10.08.1991 VII S 40/91, BFH/NV 1992, 317). Der Senat folgt insoweit der für den Antragsteller günstigen Auffassung, wonach das Gericht befugt ist, eine einstweilige Anordnung in Ausübung eigenen Ermessens (Interimsermessen) zu treffen (vgl. u.a. Loose, in: Tipke/Kruse AO/FGO § 114 FGO Rz. 44 ff.). 23Nach § 258 AO kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung, soweit sie im Einzelfall unbillig ist, einstweilen einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, der der Senat folgt, ist die Vollstreckung dann unbillig im Sinne des § 258 AO, wenn die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme dem Schuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde und dieser Nachteil durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte (vgl. u.a. BFH, Beschluss vom 21.04.2009 I B 178/08, BFH/NV 2009, 1596). 24Übertragen auf den Streitfall bedeutet dies, dass die (auch nur teilweise) Einziehung der Corona-Überbrückungshilfe durch den Antragsgegner zu einem unangemessenen Nachteil für den Antragsteller führen würde. Solange der Antragsgegner aufgrund der von ihm erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung die Vollstreckung betreibt und die Vollstreckung nicht bezogen auf die Corona-Überbrückungshilfe einschränkt, zahlt die M Bank ... – wie von ihr angekündigt – als Drittschuldner dem Antragsteller nicht den ihm gewährten Billigkeitszuschuss in Form der Corona-Überbrückungshilfe aus. 25Die Corona-Überbrückungshilfe ist an den Antragsteller auszuzahlen, weil sie wegen ihrer Zweckbindung unpfändbar ist. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen der Rechtsprechung an, die bisher zur Corona-Soforthilfe im einstweiligen Rechtsschutz ergangen ist (vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 09.07.2020 VII S 23/20 (AdV), juris, DStR 2020, 1734, vorgehend FG Münster, Beschluss vom 08.06.2020 11 V 1541/20 AO, EFG 2020, 1045; FG Münster, Beschluss vom 13.05.2020 1 V 1286/20 AO, EFG 2020, 897; FG Münster, Beschluss vom 29.05.2020 11 V 1496/20 AO, EFG 2020, 1042; FG Münster, Beschluss vom 23.07.2020 8 V 1952/20 AO, EFG 2020, 1381; FG Köln, Beschluss vom 18.06.2020 9 V 1302/20 AO, juris). 26Im Beschluss vom 09.07.2020 (Aktenzeichen VII S 23/20 AdV) zur Corona-Soforthilfe bejaht der BFH einen Anordnungsanspruch aus § 258 AO, weil es sich bei der Corona-Soforthilfe um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung handele und demzufolge der entsprechende Betrag auf dem Konto des Berechtigten nicht pfändbar sei. Die Unpfändbarkeit der Corona-Soforthilfe leitet der BFH aus deren Zweckbindung ab. Auch soweit der Unternehmer für seinen fiktiven Unternehmerlohn 2.000,00 € ansetzen dürfe, rechtfertige dies nicht die Annahme, dass es sich bei der Corona-Soforthilfe um einen pfändbaren Lohnersatz handele, so dass die Pfändung und Einziehung der Corona-Soforthilfe zugunsten des Finanzamtes als Altgläubiger keinen rechtlichen Bedenken begegneten (vgl. hierzu die Ausführungen des BFH in DStR 2020, 1734). 27Die zur Corona-Soforthilfe in einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangene Rechtsprechung ist nach Auffassung des erkennenden Senats auf die Corona-Überbrückungshilfe NRW übertragbar, so dass jedenfalls bei summarischer Prüfung auch der Anspruch auf die Corona-Überbrückungshilfe NRW als i. S. des § 851 Abs. 1 ZPO aufgrund der Zweckbindung nicht übertragbar und damit unpfändbar anzusehen ist, und dieser Rechtsgedanke auch auf die bereits ausgezahlten Mittel zu übertragen ist. 28Denn auch die Überbrückungshilfe im Streitfall ist nach den Bestimmungen des dem Gericht vorliegenden Bewilligungsbescheides zweckgebunden. Danach dient die Corona-Überbrückungshilfe ausschließlich dazu, kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Angehörigen der Freien Berufe, die durch Corona bedingte vollständige oder teilweise Schließungen oder Auflagen erhebliche Umsatzausfälle erleiden, für die Monate Juni bis August 2020 eine weitergehende Liquiditätshilfe in Form der auf den jeweiligen Vergleichsmonat bezogenen anteiligen Erstattung von betrieblichen Fixkosten zu gewähren und so zu ihrer Existenzsicherung beizutragen. Eine Abtretung oder Verpfändung der Billigkeitsleistung wird im Bescheid als nicht zulässig festgestellt. 29Auf Grund der vom Antragsteller im Rahmen der Antragstellung gemachten Angaben ist im Streitfall die Überbrückungshilfe vorläufig auf eine anteilige Erstattung der betrieblichen Fixkosten für Juni bis August 2020 zuzüglich eines Betrages in Höhe von 2.000,00 € in Höhe von insgesamt 3.784,10 € festgesetzt worden. Sollte die Corona-Überbrückungshilfe durch den Antragsgegner nicht – wie beantragt – in Höhe des bisher „nicht verausgabten“ Teils freigegeben werden, könnte ihr Zweck nicht erfüllt werden. 302. Im Streitfall liegt auch ein Anordnungsgrund vor. 31Ein Anordnungsgrund ist gegeben, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Betroffenen durch die Ablehnung der beantragten Maßnahme unmittelbar bedroht ist. Die für den Erlass einer Anordnung geltend gemachten Gründe müssen jedenfalls ähnlich gewichtig und bedeutsam sein, wie die im Gesetz ausdrücklich genannten. Sie müssen so schwerwiegend sein, dass sie eine einstweilige Anordnung unabweisbar machen. Dies gilt insbesondere, wenn – wie hier – nicht nur eine vorläufige Maßnahme begehrt wird, sondern die Vorwegnahme der Hauptsache. Grundsätzlich darf eine Regelungsanordnung nur eine einstweilige Regelung enthalten und das Ergebnis des Hauptprozesses nicht vorwegnehmen oder diesem endgültig vorgreifen. Etwas anderes gilt im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes dann, wenn sonst schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (BFH, Beschluss vom 27.01.2016 VII B 119/15, BFH/NV 2016, 1586 m.w.N.). 32Ein Anordnungsgrund in diesem Sinne ist vorliegend gegeben. 33Der Antragsteller hat durch Vorlage einer Aufstellung über seine bisher nicht beglichenen Betriebsausgaben in den Monaten Juni bis August 2020 (u.a. Miete, Fahrzeugkosten und Telefonkosten), von Mahnungen und weiterer Schreiben von Gläubigern individuell-konkret dargelegt (vgl. zur individuell-konkreten Darlegung des Anordnungsgrundes: Oellerich, jurisPR-SteuerR 36/2020 Anm. 1 zu FG Münster, Beschluss vom 16.06.2020 4 V 1584/20 AO), dass er mit der Corona-Überbrückungshilfe solche Aufwendungen bezahlen will, die mit seiner beruflichen Tätigkeit in der Zeit ab Juni 2020 im Zusammenhang stehen, und dass seine wirtschaftliche Existenz bei Nichtauszahlung des beantragten Betrages unmittelbar bedroht ist. Der Antragsteller hat die bisher nicht beglichenen betrieblichen Betriebsausgaben auf insgesamt 4.960,65 € beziffert. Den offenen Betrag aus dem Darlehen bei der C Financial Services Bank das Fahrzeug mit dem Kennzeichen A betreffend hat der Antragsteller auf 1.791,03 € beziffert. Das Darlehen besteht bereits seit August 2017 und ist daher als Altschuld zu beurteilen. Der Betrag ist bereits mehrfach angemahnt worden. Dieser Umstand führt jedoch nicht zu einer Verneinung des Anordnungsgrundes. Selbst wenn man die Darlehensforderung der C Bank als Forderung eines Altgläubigers, die nicht von der Corona-Überbrückungshilfe gedeckt sein sollte, unberücksichtigt lässt, verbleiben nach der Aufstellung des Antragstellers noch weitere nicht gezahlte Betriebsausgaben in Höhe von 3.169,62 €. Der Antragsteller verfolgt damit im Ergebnis nicht die Absicht, mit der bisher nicht abgebuchten Corona-Überbrückungshilfe in Höhe rund 2.700,00 € Schulden zu begleichen, die vor dem 01.06.2020 entstanden sind. 34Darüber hinaus hat der Antragsteller weiter substantiiert vorgetragen, dass seine Aufträge weggebrochen seien und er die laufenden Kosten wie Büromiete, Fahrzeugmiete, Fahrzeugversicherung und Telefonkosten nicht mehr bedienen könne, und auch geltend gemacht, dass die wirtschaftliche Existenz seines Geschäftsbetriebs gefährdet sei. Aus den vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass die ausstehende Miete für mehrere Monate bereits angemahnt und gestundet worden ist. Das betriebliche Fahrzeug des Antragstellers ist mangels Bezahlung der Versicherung und wegen des damit einhergehenden Wegfalls des Versicherungsschutzes stillgelegt worden. Die Aufwendungen für das beruflich genutzte Handy sind nach den Angaben des Antragstellers von einem Angehörigen, der zugleich Vermieter des Wohnhauses und Büros des Antragstellers ist, ausgelegt worden. 35Der erkennende Senat hält die Darlegung des Antragstellers der Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz unter Berücksichtigung der vorgelegten Mahnungen und Schreiben von Gläubigern auch im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache für hinreichend substantiiert. Der Vortrag des Antragstellers ist in sich schlüssig und glaubhaft. Dass er für seine berufliche Tätigkeit angemietete Räumlichkeiten, ein Fahrzeug und Kommunikationsmittel verwendet, die laufende Kosten verursachen, ist naheliegend. Wenn der Antragsteller diese Aufwendungen längerfristig nicht bezahlt, stellt dies jeweils eine Vertragsverletzung dar, die zu weiteren rechtlichen Folgen, wie z.B. weiteren Pfändungen, Schadensersatzansprüchen oder Kündigungen führen können. Diese wiederum könnten dazu führen, dass der Antragsteller seine berufliche Tätigkeit vollständig einstellen muss. In diesem Fall würde der Antragsteller seine wirtschaftliche Existenz endgültig verlieren. Im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes hält der erkennende Senat es im vorliegenden Streitfall nicht für gerechtfertigt, das Ergebnis des Hauptprozesses – hier: Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung, soweit diese den Betrag aus dem Bewilligungsbescheid (Corona-Überbrückungshilfe) umfasst – abzuwarten. 36Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller langfristig auf die Einnahmen aus seiner beruflichen Tätigkeit verzichten und mit anderen Einnahmen oder privaten Hilfestellungen rechnen kann, sind nicht ersichtlich und werden vom Antragsgegner, bei dem der Antragsteller mit seiner Ehefrau steuerlich geführt wird, auch nicht behauptet. 373. Die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Corona-Überbrückungshilfe durch den Antragsteller im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 258 AO ist nicht entscheidungserheblich (vgl. zur Soforthilfe: FG Münster, Beschluss vom 08.06.2020 11 V 1541/20 AO, EFG 2020, 1045). Die Frage, ob der Antragsteller einen Anspruch auf die Corona-Überbrückungshilfe hat und, falls nicht, diese an das Land NRW zurückzuzahlen ist, kann zuvorderst von der diesen Zuschuss bewilligenden Bezirksregierung geprüft werden. Bezüglich der Finanzverwaltung – und somit auch hinsichtlich des Antragsgegners – wird im Bewilligungsbescheid vom 16.09.2020 ausgeführt, dass das zuständige Finanzamt über die Gewährung der Überbrückungshilfe informiert werde. 384. Die Corona-Überbrückungshilfe ist nicht in ihrer ursprünglich bewilligten Höhe von 3.784,10 € freizugeben. Denn der Antragsteller hat bereits teilweise über den bewilligten Betrag verfügt. Die Corona-Überbrückungshilfe ist am 17.09.2020 auf dem Konto des Antragstellers bei der M Bank ... gutgeschrieben worden. Erst Ende September 2020 hat die Bank das Konto gesperrt. Unter Berücksichtigung des Guthabens zu Beginn des Monats September, der übrigen Einzahlungen und der bis Ende September 2020 getätigten Abbuchungen verbleibt ein Guthaben aus der Bewilligung in Höhe von 2.731,90 €, das an den Antragsteller auszuzahlen ist. 395. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 406. Die Beschwerde wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
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Tenor Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 13. Juli 2017 und der Bescheid der Stadt Hildesheim vom 15. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 19. Dezember 2016 aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern 191,25 € zu zahlen. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger für das Verfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand 1 Im Streit ist die Übernahme von Fahrt- und Übernachtungskosten für die Wahrnehmung eines Anhörungstermins im Asylverfahren in Höhe von 191,25 €. 2 Die 1987 und 1982 geborenen Kläger sind ukrainische Staatsangehörige, verheiratet und die Eltern eines 2013 geborenen Sohnes. Mitte Juli 2014 reiste die Familie mit einem Besuchsvisum nach Deutschland ein und hielt sich zunächst bei der Mutter des Klägers in der im Kreisgebiet des Beklagten gelegenen Stadt Hildesheim auf. Im Oktober 2014 suchten sie um Asyl nach und wurden dem Landkreis G. zugewiesen; die Antragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfolgte wegen übermäßiger Arbeitsbelastung des Amtes Anfang Juni 2015. Hintergrund der Asylanträge war die Einberufung des im Alter von 18 Jahren aus medizinischen Gründen zunächst als wehruntauglich eingestuften Klägers zum Wehrdienst in seinem Heimatland Anfang Juli 2014. Auf seine (anfängliche) Weigerung, den Wehrdienst anzutreten, sei er in einem Militärkommissariat über Nacht inhaftiert und bedroht worden und habe schließlich aus der Not heraus der Einberufung zugestimmt. Im Juli 2015 wurden die Kläger, die während des Asylverfahrens über Aufenthaltsgestattungen verfügten, nach Hildesheim umverteilt (Bescheid der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen - Standort Braunschweig - vom 20.7.2015). Ihre Asylanträge wurden vom BAMF abgelehnt (Bescheide vom 22.5.2017). 3 Ende Juni 2016 legten die Kläger beim Sozialamt der Stadt Hildesheim die Ladung des BAMF zur Anhörung vom 24.6.2016 für den 5.7.2016, 8.00 Uhr, in Ingolstadt vor und erkundigten sich wegen der Übernahme von Fahrt- und Hotelkosten. Nachdem sie - im Ergebnis erfolglos - die Verlegung der Anhörung zu der Außenstelle des BAMF in Braunschweig beantragt hatten (Schreiben vom 30.6.2016), begaben sie sich mit ihrem Sohn und der Mutter des Klägers - in deren Pkw - am Vortag der Anhörung nach Ingolstadt und übernachteten dort in einem Hotel. Die Kosten für die Fahrt und das Familienzimmer wurden (zunächst) von der Mutter des Klägers getragen. Den bei der Stadt Hildesheim am 8.7.2016 eingegangenen (schriftlichen) Antrag auf Kostenübernahme lehnte der Beklagte u.a. mit der Begründung ab, die geltend gemachten Benzin- und Hotelkosten in Höhe von (geschätzt) 107,25 € bzw. 84,00 € (Gesamtkosten: 191,25 €) seien aus den den Klägern gewährten Regelsätzen zu bestreiten. § 6 AsylbLG finde bei einer Leistungsberechtigung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG keine Anwendung (Bescheid der Stadt Hildesheim vom 15.7.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 19.12.2016). Tatsächlich bezogen die Kläger vom Beklagten lebensunterhaltssichernde Leistungen nach dem AsylbLG, seit November 2015 bewilligt durch die insoweit herangezogene Stadt Hildesheim nach § 2 AsylbLG, für Juli 2016 unter Anrechnung des Erwerbseinkommens der Klägerin von ca. 570,00 € (netto) bzw. in anrechenbarer Höhe von 395,58 € (Bescheid der Stadt Hildesheim vom 1.8.2016). 4 Die gegen die Ablehnung der Kostenübernahme am 6.1.2017 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim nach persönlicher Anhörung der Klägerin und Vernehmung der Mutter des Klägers, der Zeugin H., durch Urteil vom 13.7.2017 abgewiesen und u.a. zur Begründung ausgeführt, die Kosten für die Wahrnehmung des Anhörungstermins seien zwar dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt gewesen und nicht vom Regelbedarf zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts (27b Abs. 2 SGB XII) umfasst. Hilfen in sonstigen Lebenslagen nach § 73 SGB XII (analog) kämen gleichwohl nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber für Leistungsberechtigte nach § 2 Abs. 1 AsylbLG - wie die Kläger - einen Anspruch nach § 6 AsylbLG, der eine Hilfegewährung zur Erfüllung verwaltungsrechtlicher Mitwirkungspflichten ermögliche, ausdrücklich ausgeschlossen habe und insoweit keine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliege. 5 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom SG zugelassene Berufung der Kläger vom 24.7.2017. Sie machen einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 73 Satz 1 SGB XII geltend. Entgegen den Ausführungen des SG könne aus dem Regelungszusammenhang des § 6 AsylbLG und des § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 73 SGB XII nicht (zwingend) geschlossen werden, dass der Gesetzgeber einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Wahrnehmung eines Anhörungstermins im Asylverfahren überhaupt regeln bzw. gar ausschließen wollte. Dies belege auch der Hinweis in der Ladung zu dem Termin, dass das BAMF etwaige Fahrtkosten nicht übernehme und deswegen bei der zuständigen Sozialbehörde vorgesprochen werden könne. Die Fahrt- und Hotelkosten seien dem Grunde und der Höhe nach angemessen. Die Kläger seien irrig davon ausgegangen, auch ihr Sohn müsse bei der Anhörung anwesend sein; die Mutter des Klägers habe die Eltern zur Betreuung ihres Sohnes begleitet. 6 Die Kläger beantragen schriftsätzlich, 7 1. das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 13.7.2017 und den Bescheid der Stadt Hildesheim vom 15.7.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 19.12.2016 aufzuheben und 8 2. den Beklagten zu verurteilen, ihnen 191,25 € zu zahlen. 9 Der Beklagte beantragt schriftsätzlich, 10 die Berufung zurückzuweisen. 11 Er hält die Entscheidung des SG im Ergebnis für zutreffend, macht aber weiterhin geltend, dass die Kosten teilweise nicht erforderlich gewesen seien, weil es den Klägern - ohne Begleitung von Kind und Mutter (des Klägers) - zumutbar gewesen sei, die Fahrt nach I. ohne Hotelübernachtung durchzuführen. Entgegen der Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung seien die Kosten für die Wahrnehmung des Termins im Regelbedarf enthalten. Eine abweichende Festlegung des Regelsatzes zugunsten der Kläger nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 27a Abs. 4 Satz 1 SGB XII komme aber wegen des im Juli 2016 nur einmaligen Bedarfs nicht in Frage, ebenso eine Hilfegewährung nach § 73 SGB XII, weil die geltend gemachten Kosten gerade mit den den Klägern gewährten Leistungen abgegolten seien. Im Übrigen wäre bei einer Anwendbarkeit des § 73 SGB XII das in der Rechtsfolge eingeräumte Ermessen, die Geldleistungen als Darlehen oder als Beihilfe zu erbringen (Satz 2), nicht auf Null reduziert. Auch eine analoge Anwendung des § 6 AsylbLG komme nicht in Betracht. 12 Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 18. und 28.9.2020). 13 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Leistungs- und Ausländerakten verwiesen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Entscheidungsgründe 14 Der Senat entscheidet über die Berufung mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 SGG). 15 Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige, wegen der Zulassung durch das SG auch statthafte (§§ 143, 144 Abs. 3 SGG) Berufung ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Kläger haben gegen den Beklagten gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 73 SGB XII einen Anspruch auf Übernahme der für die Wahrnehmung des Anhörungstermins im Asylverfahren geltend gemachten Kosten. 16 Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und (unechten) Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) ist der Bescheid der Stadt Hildesheim vom 15.7.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 19.12.2016 (§ 95 SGG), durch den der Antrag der Kläger auf Übernahme der Kosten für die Wahrnehmung des Anhörungstermins im Asylverfahren am 5.7.2016 in Ingolstadt abgelehnt worden ist. Für die Beurteilung der Leistungsklage ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Kosten im Juli 2016 maßgeblich. Nach allgemeinen Grundsätzen des Prozessrechts ist für die Beurteilung des Anspruchs auf ein Verwaltungshandeln zwar grundsätzlich auf die letzte mündliche Verhandlung der Tatsacheninstanz abzustellen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rn. 40b, 34). Dies gilt allerdings nicht für Ansprüche auf Geldleistungen zum Zwecke des Kostenersatzes, bei denen regelmäßig - wie auch hier - die Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschaffung der Leistung maßgeblich ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 7.10.2010 - B 3 KR 5/10 R - juris Rn. 10). 17 Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der beklagte Landkreis wegen der Umverteilung der Kläger nach Hildesheim Mitte 2015 (Bescheid der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen - Außenstelle Braunschweig - vom 20.7.2015) für die Durchführung des AsylbLG nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Aufnahme von ausländischen Flüchtlingen und zur Durchführung des AsylbLG (Nds. AufnG) vom 11.3.2004 (Nds. GVBl. S. 100; geändert zum 1.1.2007 durch Gesetz vom 13.12.2007, Nds. GVBl. S. 710) und § 10a Abs. 1 Satz 1, § 10 Satz 1 AsylbLG sachlich und örtlich zuständig. Er hat die Stadt Hildesheim gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nds. AufnG durch öffentlich-rechtlichen Vertrag herangezogen, die die Aufgaben nach dem AsylbLG im Namen des Beklagten durchführt; über Widersprüche entscheidet der Beklagte (§ 1 Abs. 1 und 2, § 2 Abs. 1 Satz 1 der Heranziehungsvereinbarung vom 16.2.2016). 18 Der Bescheid ist materiell rechtswidrig und daher aufzuheben. Die Kläger haben einen Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der geltend gemachten Kosten zur Wahrnehmung des Termins zur persönlichen Anhörung in voller Höhe gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 73 SGB XII. 19 Die Kläger sind im Juli 2016 als Inhaber von Aufenthaltsgestattungen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem AsylbLG gewesen. 20 Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Kosten kommt nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylbLG, nach dem sonstige Leistungen insbesondere gewährt werden können, wenn sie im Einzelfall zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind, nicht in Betracht, weil sich der Anspruch der Kläger auf lebensunterhaltssichernde Leistungen zu dem Zeitpunkt, in dem die Reisekosten angefallen sind, also Anfang Juli 2016, nach § 2 Abs. 1 AsylbLG (hier in der ab 6.8.2016 geltenden Fassung vom 31.7.2016, BGBl. I 1939, im Weiteren a.F.) bemessen hat. Danach war abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm und der Bedeutung des Leistungsrechts nach §§ 3, 3a, 4 und 6 AsylbLG als eigenständiges Sicherungssystem zur Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 18.7.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - juris) können Leistungsberechtigte nach § 2 AsylbLG aus § 6 AsylbLG keine Rechte herleiten. So liegt der Fall hier. Die Wartefrist von 15 Monaten hatten die bereits im Juli 2014 nach Deutschland eingereisten Kläger erfüllt. Zudem haben sie die Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. 21 Nach der Rechtsprechung des BSG (grundlegend: Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - juris Rn. 32 ff.) setzt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten i.S. des § 2 Abs. 1 AsylbLG in objektiver Hinsicht ein unredliches, von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten voraus, das in subjektiver Hinsicht vorsätzlich im Bewusstsein der objektiv möglichen Aufenthaltsbeeinflussung getragen ist. Eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer liegt schon dann vor, wenn bei generell-abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann. Angesichts des Sanktionscharakters des § 2 AsylbLG genügt aber nicht schon jedes irgendwie zu missbilligende Verhalten. Art, Ausmaß und Folgen der Pflichtverletzung wiegen für den Ausländer so schwer, dass auch der Pflichtverletzung im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein erhebliches Gewicht zukommen muss. Daher führt nur ein Verhalten, das unter jeweiliger Berücksichtigung des Einzelfalls, der besonderen Situation eines Ausländers in der Bundesrepublik Deutschland und der besonderen Eigenheiten des AsylbLG unentschuldbar ist (Sozialwidrigkeit), zum Ausschluss von Analog-Leistungen (BSG, Urteil vom 17.6.2008 - B 8/9b AY 1/07 R - juris Rn. 33). Die objektive Beweislast für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten trägt der Leistungsträger (Oppermann/Filges in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 2 AsylbLG Rn. 140). 22 Die Kläger haben im Juli 2016 noch die Asylverfahren betrieben und aus diesem Grund über Aufenthaltsgestattungen verfügt. Anhaltspunkte für ein vorwerfbar verspätetes Asylgesuch, das hier zum Ende der Geltungsdauer der Visa im Oktober 2014 erfolgt ist, oder fehlerhafte Identitätsangaben liegen nicht vor. Es stellt sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich i.S. des § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. dar, dass die Kläger mit einem Besuchsvisum nach Deutschland eingereist sind und womöglich von vorneherein nicht die Absicht hatten, sich nur vorübergehend zu Besuchszwecken in Deutschland aufzuhalten. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Einreise nach Deutschland selbst keine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer darstellt, sondern erst den Aufenthalt begründet (Beschluss vom 12.9.2019 - L 8 AY 12/19 B ER - juris Rn. 22). 23 Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. i.V.m. § 73 SGB XII können Leistungen auch in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Leistungen nach dieser Vorschrift, die zu den "Hilfen in anderen Lebenslagen" nach dem Neunten Kapitel des SGB XII gehören, erfordern eine besondere, atypische Situation. Eine sonstige Lebenslage i.S. des § 73 Satz 1 SGB XII zeichnet sich dadurch aus, dass sie von keinem anderen Leistungsbereich des SGB XII erfasst ist und damit einen Sonderbedarf (atypische Bedarfslage) darstellt (BSG, Urteile vom 29.5.2019 - B 8 SO 8/17 - juris Rn. 14 m.w.N. und - B 8 SO 14/17 R - juris Rn. 11; BSG, Urteil vom vom 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R - juris Rn. 13 m.w.N.; BSG, Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - juris Rn. 24). Nach diesen Maßgaben stellen die wegen der Wahrnehmung des Anhörungstermins am 5.7.2016 in Ingolstadt entstandenen Fahrt- und Übernachtungskosten einen atypischen Bedarf i.S. des § 73 SGB XII dar. 24 Nach § 27a Abs. 1 SGB XII (hier in der vom 1.1. bis 31.12.2016 geltenden Fassung vom 21.12.2015, BGBl. I 2557) umfasst der für die Gewährleistung des Existenzminimums notwendige Lebensunterhalt insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile, persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens sowie Unterkunft und Heizung (Satz 1). Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehört in vertretbarem Umfang eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft; dies gilt in besonderem Maß für Kinder und Jugendliche (Satz 2). Für Schülerinnen und Schüler umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch die erforderlichen Hilfen für den Schulbesuch (Satz 3). Gemäß § 27a Abs. 2 Satz 1 SGB XII ergibt dieser gesamte notwendige Lebensunterhalt mit Ausnahme der Bedarfe nach dem Zweiten bis Vierten Abschnitt (Mehrbedarfe, einmalige Bedarfe etc.) den monatlichen Regelbedarf. Nach Absatz 3 der Vorschrift sind zur Deckung der Regelbedarfe, die sich nach den Regelbedarfsstufen der Anlage zu § 28 SGB XII ergeben, monatliche Regelsätze als Bedarf anzuerkennen (Satz 1). Der Regelsatz stellt einen monatlichen Pauschalbetrag zur Bestreitung des Regelbedarfs dar, über dessen Verwendung die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich entscheiden; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen (Satz 2). 25 Die Grundsätze für die Ermittlung der Regelbedarfe sind in § 28 Abs. 2 bis 4 SGB XII (hier in der vom 1.1.2011 bis 31.12.2016 geltenden Fassung vom 24.3.2011, BGBl. I 453) geregelt. Danach sind bei der Ermittlung der bundesdurchschnittlichen Regelbedarfsstufen nach § 27a Abs. 2 SGB XII Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 1). Grundlage hierfür sind die durch die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) nachgewiesenen tatsächlichen Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen (Abs. 2 Satz 2), soweit sie in den Sonderauswertungen nach § 28 Abs. 3 SGB XII für Referenzhaushalte ausgewiesen und als regelbedarfsrelevant anzusehen sind (vgl. § 28 Abs. 4 SGB XII). Die konkrete Ermittlung der Regelbedarfe erfolgt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (hier in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung vom 24.3.2011, BGBl. I 453, im Folgenden RBEG 2011; vgl. auch BT-Drs. 17/3404, S. 121 Zu § 28). 26 Danach sind die geltend gemachten Kosten bei der Ermittlung der Regelbedarfe nach dem RBEG zwar im Grundsatz berücksichtigt worden. In Abteilung 7 der EVS 2008 sind die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben der Referenzhaushalte für „fremde Verkehrsdienstleistungen (ohne im Luftverkehr/ohne auf Reisen)“ u.a. Personenbeförderung im Öffentlichen Personennahverkehr und Schienenverkehr (Eisenbahn, S-Bahn, U-Bahn, Straßenbahn) in ungekürzter Höhe als regelbedarfsrelevante Verbrauchsausgaben für Erwachsene anerkannt worden (vgl. BSG, Urteil vom 29.5.2019 - B 8 SO 14/17 R - juris Rn. 14 m.w.N.). Die Verbrauchsausgaben für einen (eigenen) Pkw sind ausdrücklich nicht als existenzsichernd angesehen worden (BT-Drs. 17/3404, S. 59). Insoweit sind diese Kosten bei der Bemessung des Regelsatzes in der Weise berücksichtigt worden, dass sie nicht zu einer Erhöhung der Leistungen führen. Ebenso verhält es sich mit den geltend gemachten Übernachtungskosten. Bei den in Abteilung 11 der EVS 2008 berücksichtigten Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen ist nur ein Teil (28,5 %) der durchschnittlichen Ausgaben als regelbedarfsrelevant eingestuft worden und zwar für Speisen und Getränke in Restaurants, Cafés und an Imbissständen sowie in Kantinen und Mensen. Die Position „Übernachtungen“ ist dagegen nicht als regelbedarfsrelevant bewertet worden, weil diese Ausgaben dem nicht der Existenzsicherung dienenden Bereich Urlaub zuzuordnen seien; bei Besuchen von Verwandten sei von privaten und kostenlosen Übernachtungsmöglichkeiten auszugehen (BT-Drs. 17/3404, S. 62 f.; vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 28.11.2018 - B 14 AS 48/17 R - juris Rn. 14). 27 Zugleich wird aber aus der Begründung, warum der Bedarf an Übernachtungsmöglichkeiten bei der Gewährung existenzsichernder Leistungen nicht erhöhend berücksichtigt worden ist, deutlich, dass die Bedarfslage der Kläger unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Anhörung im Asylverfahren (dazu gleich) qualitativ und der Höhe nach eine andere ist, als diejenige, die bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen vorliegt (zu der im Einzelfall besonderen Bedarfslage etwa bei der Wahrnehmung des Umgangsrechts, die sich ebenfalls auf Übernachtungs- und Fahrtkosten beziehen kann, grundlegend BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - juris Rn. 21 ff.; BSG, Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 30/13 R - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 4/14 R - juris Rn. 15 ff. oder zum Besuch eines nahen Angehörigen BSG, Urteil vom 28.11.2018 - B 14 AS 48/17 R - juris Rn. 13 ff.; zum Ganzen vgl. auch Böttiger in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 73 Rn. 78 ff. m.w.N.). 28 Die formale Anhörung des Ausländers nach § 25 AsylG ist ein Kernstück des Asylverfahrens und beruht auf unionsrechtlichen Verfahrensgarantien (vgl. etwa Art. 13 Abs. 3 und 14 Abs. 1 und 2 der Richtlinie über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, RL 2005/85/EG; zur besonderen Bedeutung der persönlichen Anhörung durch die Asylbehörde ausführlich BVerwG, Urteil vom 11.7.2018 - 1 C 18/17 - juris Rn. 37; zur Anhörung im gerichtlichen Verfahren vgl. auch EuGH, Urteil vom 25.7.2018 - C-585/16, Alheto - Rn. 114 ff.). Ein unentschuldigtes Nichterscheinen zur Anhörung kann dazu führen, dass ein späteres Vorbringen des Ausländers unberücksichtigt bleibt (§ 25 Abs. 3 Satz 1 AsylG), sowie zu einer Entscheidung des BAMF über den Asylantrag nach Aktenlage, wobei auch die Nichtmitwirkung des Ausländers zu berücksichtigen ist (§ 25 Abs. 4 Satz 5 AsylG). Es kann sogar wegen Nichtbetreibens (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG) zu einer Verfahrenseinstellung nach § 32 AsylG führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.4.2019 - 1 C 46.18 - juris und die Anmerkung zu dieser Entscheidung von Berlit, jurisPR-BVerwG 16/2019 Anm. 6). 29 Die Bedarfslage, die auf erforderliche Kosten für eine persönliche Anhörung im Asylverfahren zurückzuführen ist, ist grundsätzlich eine besondere, die bei typischen Empfängern von Grundsicherungsleistungen nicht in gleicher Weise auftritt. Nach ihrer Bedeutung ist sie vergleichbar mit der im Hinblick auf das Gebot effektiven und gleichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) grund- und völkerrechtlich (Art. 6 EMRK) relevanten Gewährung von Reiseentschädigungen für mittellose Parteien zur Anreise zu Gerichtsterminen (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 12.2.2008 - 19 C 08.1 - juris Rn. 8 m.w.N.), die auf dem sog. Armenrecht und auf einer bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift der Landesjustizverwaltungen beruht (vgl. hierzu und zum Ganzen Tiedemann, jurisPR-ArbR 47/2019 Anm. 6 m.w.N.). Nach der Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 20.1.2014, BAnz AT 29.1.2014 B1; in Niedersachsen und für Verfahren vor dem LSG Niedersachsen-Bremen in Kraft getreten am 1.7.2006 durch AV d. MJ v. 26.5.2006 - 5110 - 204. 26 - Nds. Rpfl. 2006, 177, zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 28.1.2014, Nds. Rpfl. 2014, 88) ist eine nach pflichtgemäßem Ermessen zu gewährende Entschädigung so zu bemessen, dass sie die notwendigen Kosten der Hin- und Rückreise deckt (Nr. 1.1.2 VwV Reiseentschädigung). Danach gehören zu den Reisekosten entsprechend den Vorschriften des JVEG neben den Fahrtkosten gegebenenfalls auch Übernachtungskosten (entsprechend § 6 Abs. 2 JVEG), ferner gegebenenfalls Reisekosten für eine notwendige Begleitperson sowie Kosten für eine notwendige Vertretung (entsprechend § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). 30 Da der Bedarf, der auf die zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen erforderlichen Reisekosten zurückzuführen ist, im Grundsatz als ein atypischer, nicht von den Leistungen der Grundsicherung (SGB II/SGB XII) umfasster Bedarf anerkannt ist, kann die Rechtsprechung des BSG, nach der die Kosten für die Beschaffung eines Passes auch für ausländische Bezieher von Leistungen der Grundsicherung (SGB II/SGB XII) vom Regelbedarf grundsätzlich umfasst seien (BSG, Urteil vom 12.9.2018 - B 4 AS 33/17 R - juris Rn. 15 ff.; BSG, Urteil vom 29.5.2019 - B 8 SO 8/17 R - juris Rn. 13 ff.; BSG, Urteil vom 29.5.2019 - B 8 SO 14/17 R - juris Rn. 10 ff.), nicht auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden. Vielmehr muss wegen der vergleichbaren Interessenslage in entsprechender Weise für mittellose Personen, die einen Termin zur persönlichen Anhörung im Asylverfahren wahrnehmen möchten, im Einzelfall sichergestellt sein, dass ihnen - soweit eine Kostenübernahme durch Dritte oder andere staatliche Stellen nicht erfolgt (dazu gleich) - die hierzu erforderlichen Reisekosten gemäß § 73 SGB XII aus Sozialhilfemitteln erstattet werden können. 31 Ob etwas anderes gilt, wenn in diesem Zusammenhang wegen der Wohnortnähe zu einer Außenstelle des BAMF verhältnismäßig geringe Reisekosten anfallen und es dem Betroffenen im Einzelfall zuzumuten ist, diese Kosten aus eigenen Mitteln, sprich aus dem Regelsatz (für Verkehrsdienstleistungen nach Abteilung 7 der EVS, s.o.), zu bestreiten (vgl. Nr. 1 VwV Reiseentschädigung), kann offen bleiben. Ein solcher Fall liegt hier wegen der Höhe der Kosten von fast 200,00 € (dazu später) auch unter Berücksichtigung der Erwerbstätigkeit der Klägerin nicht vor. Sie ist einer geringfügigen Beschäftigung mit einem Verdienst im Juli 2016 von 714,00 € (brutto) bzw. 570,31 € (netto) nachgegangen. Nach Berücksichtigung des Einkommens bei den Leistungen nach dem AsylbLG ist nur ein Betrag von 169,53 € anrechnungsfrei geblieben, weil der Freibetrag nach § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XII fehlerhaft nicht auf Grundlage des Bruttoeinkommens (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 201/10 R - juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 25.4.2018 - B 8 SO 24/16 R - juris Rn. 19), sondern nach dem Nettolohn berechnet worden ist (vgl. Bescheid der Stadt Hildesheim vom 1.8.2016). Eine auch nur teilweise Anrechnung dieses freigelassenen Betrages auf den geltend gemachten Bedarf kommt wegen dessen nur geringen Höhe und der sozialpolitischen Funktion des Freibetrags nach § 82 Abs. 3 SGB XII, einen Anreiz zu schaffen, Arbeit aufzunehmen, die Arbeitsleistung zu steigern und den Arbeitswillen zu erhalten (BSG, Urteil vom 23.3.2010 - B 8 SO 17/09 - juris Rn. 35 m.w.N.; zu den weitergehenden Zwecken im SGB II vgl. BSG, Urteil vom 25.4.2018 - B 8 SO 24/16 R - juris Rn. 24 m.w.N.) nicht in Betracht. Die Kläger haben sich auch erfolglos um die Verlegung des Termins zur Außenstelle des BAMF in Braunschweig bemüht. 32 Schließlich verfängt nicht das Argument des SG, der Gesetzgeber habe durch den nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 4 AsylbLG möglichen Anspruch auf sonstige Leistungen, die zur Erfüllung einer verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht erforderlich sind, im Umkehrschluss zum Ausdruck gebracht, dass ein entsprechender Anspruch für Leistungsberechtigte nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ausgeschlossen sei. Dieser Schluss ist wegen der unterschiedlich ausgestalteten Leistungen nach §§ 3, 4 und 6 AsylbLG einerseits und nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. SGB XII andererseits in der Sache weder geboten noch gerechtfertigt. Die Anerkennung eines existentiellen Bedarfs im Bereich der Grundleistungen kann im Grundsatz auch für dessen rechtliche Relevanz im Rahmen der sog. Analog-Leistungen sprechen. Ohnehin ist bei der Annahme, dem Gesetz könne in Einzelfragen eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers zur Abgrenzung der Leistungssysteme entnommen werden, wegen der unterbliebenen Erhebung von bedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben von Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG (vgl. BT-Drs. 18/2592, S. 20; krit. dazu Frerichs in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 3 Rn. 52 m.w.N.) und der nur rudimentären Ausgestaltung des AsylbLG besondere Zurückhaltung geboten. 33 Da das BAMF als für das Asylverfahren zuständige Stelle die für die Wahrnehmung des Anhörungstermins erforderlichen Kosten nicht übernommen hat, greift insoweit nicht der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 SGB XII, der nach h.M. ohnehin keinen eigenständigen Ausschlusstatbestand darstellt (vgl. dazu Coseriu in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 2 Rn. 8 ff., 11 m.w.N.; kritisch Luthe in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Juni 2020, K § 2 Rn. 12 ff.). In diesem Zusammenhang steht dem Anspruch der Kläger auch nicht der Umstand entgegen, dass die Kosten zunächst von der Mutter des Klägers beglichen worden sind. Der Nachrang der Sozialhilfe greift nicht, wenn ein Bedarf mit Hilfe eines im Vertrauen auf die spätere Bewilligung von Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt worden ist, weil der Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vgl. zu dieser Voraussetzung insbesondere für die Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen etwa BSG, Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 14/13 R - juris Rn. 12). So liegt der Fall hier. Nach den Umständen des Einzelfalles ist die Mutter des Klägers hinsichtlich der als angemessen anzusehenden Kosten (dazu auch gleich) wegen der ausstehenden Entscheidung des Beklagten über die Kostenübernahme nur in Vorleistung getreten. Hierfür spricht grundlegend, dass die Anhörung eine höchstpersönliche Angelegenheit der Kläger (gewesen) ist, aber auch deren vorherige Vorsprache bei der Stadt Hildesheim Ende Juni 2016 und der Hinweis auf eine mögliche Kostenübernahme durch eine Sozialbehörde in der Terminmitteilung des BAMF. Insoweit ist die Annahme, die Mutter des Klägers habe die Kosten (endgültig) selbst tragen wollen, nicht gerechtfertigt. 34 Die geltend gemachten Kosten sind sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach erforderlich und verhältnismäßig. Dies gilt zunächst für die Fahrtkosten in Höhe von 107,25 €. Sie beruhen auf einer überschlägigen Berechnung der mit der Hin- und Rückfahrt einhergegangenen Benzinkosten, bei der für eine Fahrtstrecke von insgesamt etwa 1.100 km ein Verbrauch von 7,5 l Benzin auf 100 km (Gesamtverbrauch: 82,5 l) und ein Literpreis für Benzin von 1,30 € zu Grunde gelegt worden sind. Ohne Berücksichtigung von weiteren Betriebskosten des PKW fällt der Betrag sehr viel niedriger aus als ein Fahrtkostenersatz nach Nr. 1.1.2 VwV Reiseentschädigung i.V.m. den Regelungen des JVEG. Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 JVEG werden bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs mindestens 0,25 € für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Danach wäre hier ein Kostenersatz für die Hin- und Rückfahrt von Hildesheim nach Ingolstadt (ca. 1.100 km) in einer Höhe von bis zu 275,00 € jedenfalls verhältnismäßig. Auch im Vergleich zu den Kosten des öffentlichen Personenverkehrs (Deutsche Bahn) fällt der von den Klägern geltend gemacht Betrag niedrig aus. An der Wirksamkeit der Vereinbarung, dass die Kläger diesen (konkreten) Betrag der Mutter des Klägers zur Abgeltung der Fahrtkosten zahlen sollten, bestehen keine Zweifel (vgl. zur Berücksichtigung von Bedarfen aufgrund von Vereinbarungen unter Verwandten, wenn ein entsprechender rechtlicher Bindungswille besteht, vgl. BSG, Beschluss vom 25.8.2011 - B 8 SO 1/11 B - juris Rn. 7; zum SGB II: BSG, Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 31/07 R - juris Rn. 18 und 20 und BSG, Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 37/08 R - juris Rn. 27). 35 Entsprechendes gilt für die entstandenen Übernachtungskosten. Die Übernachtung in Ingolstadt vor dem Anhörungstermin am 5.7.2016 ist notwendig gewesen, weil es den Klägern entgegen der Auffassung des Beklagten nicht zuzumuten gewesen ist, die nach einer Internetrecherche gut fünf Stunden dauernde Fahrt von Hildesheim zu dem um 8.00 Uhr morgens in Ingolstadt angesetzten Termin in der Nacht anzutreten. Die besondere Bedeutung der persönlichen Anhörung erfordert es, gut vorbereitet, ausgeruht und vor allem pünktlich zu dem Termin zu erscheinen. Die Kläger hatten Unwägbarkeiten aufgrund eines nächtlichen Fahrtantritts nicht in Kauf zu nehmen. Es ist auch gerechtfertigt gewesen, dass sie ein womöglich im Vergleich zu einem Doppelzimmer etwas teureres Familienzimmer gebucht haben. Die Kläger sind mit der Mutter des Klägers und ihrem 2013 geborenen Sohn nach Ingolstadt gefahren in der irrigen Annahme, sie müssten bei der Anhörung in Begleitung ihres Sohnes erscheinen, und haben aus diesem Grund gemeinsam (zu viert) in einem Hotel ein Familienzimmer zu einem Preis von 84,00 € bezogen. Der Frage, ob dieser Irrtum vermeidbar gewesen ist und bei einer Anreise nur der Kläger ggf. geringere Kosten angefallen wären, muss nicht weiter nachgegangen werden. Die Entscheidung der Kläger, dass ihr dreijähriger Sohn und die Mutter des Klägers sie nach Ingolstadt begleiten, ist bereits aufgrund des Alters des Kindes zu respektieren. Etwaige Mehrkosten sind wegen der insoweit notwendigen Begleitung durch die Mutter des Klägers zur (kostenfreien) Kindesbetreuung zu übernehmen (Rechtsgedanke aus § 7 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Ohnehin liegen die geltend gemachten Kosten - auch für zwei Personen - in einem verhältnismäßigen Rahmen. 36 Der Anspruch auf Kostenübernahme bezieht sich in der Rechtsfolge auf eine Geldleistung, die hier als Beihilfe zu gewähren ist. Das durch § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. § 73 Satz 2 SGB XII grundsätzlich eingeräumte Ermessen, Geldleistungen als Beihilfe oder als Darlehen zu erbringen, ist entgegen der Auffassung des Beklagten auf Null reduziert. Insoweit gelten wegen der vergleichbaren Interessenlage in entsprechender Weise die Modalitäten betreffend Reiseentschädigungen zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen, die ebenfalls als Beihilfe gewährt werden. 37 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und betrifft die Kosten des gesamten Verfahrens, einschließlich der notwendigen Aufwendungen im Vorverfahren (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 193 Rn. 5a m.w.N.). 38 Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE200015771&psml=bsndprod.psml&max=true
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Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2020 - 17 K 1226/20 - wird zurückgewiesen.Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2020 - 17 K 1226/20 - geändert, soweit das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen Ziffern 4 und 5 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. November 2019 angeordnet hat. Insoweit wird der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 9. Juli 2020 - 17 K 3521/20 - abgelehnt.Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Gründe  1 Mit ihrer Beschwerde begehrt die Antragstellerin weiterhin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nunmehr ihrer Klage gegen die Versagung eines Aufenthaltstitels und die damit verbundene Abschiebungsandrohung. Die Antragsgegnerin, die ebenfalls Beschwerde eingelegt hat, wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin angeordnet hat.I.2 Die am ... März 1983 geborene Antragstellerin ist serbische Staatsangehörige. Sie reiste erstmals am 31. März 2003 als Studienbewerberin mit einem Visum zur Geschäfts- und Besuchsreise ins Bundesgebiet ein. Am 16. Juni 2003 erteilte ihr die Stadt ... ... ... eine Aufenthaltsbewilligung zum Studium an der dortigen Universität, Fachrichtung Deutsch als Fremdsprache, für welche die Antragstellerin ab dem 25. April 2003 immatrikuliert war. Im Sommersemester 2004 studierte die Antragstellerin bereits im 2. Fachsemester Volkswirtschaftslehre. Daraufhin wurde die Aufenthaltsbewilligung am 30. März 2004 nunmehr zum Zwecke des Studiums dieser Fachrichtung verlängert. Am 30. März 2006 wurde der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund Ausbildung (§ 16 Abs. 1 AufenthG a.F.) erteilt, die in der Folge regelmäßig - zuletzt bis 30. September 2013 - verlängert wurde bzw. zwischenzeitlich gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG fortgalt. Einen Studienabschluss an der Universität ...-... erlangte die Antragstellerin nicht.3 Im Sommersemester 2013 war die Antragstellerin an der Hochschule ... im Fach Betriebswirtschaftslehre eingeschrieben. Nachdem sie nach ... verzogen war, erteilte ihr die dortige Ausländerbehörde am 1. Oktober 2013 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG a.F. zum Studium an der Hochschule für ... ... ... ... (... ...) im Studiengang Volkswirtschaftslehre, für den die Antragstellerin ab 1. September 2013 immatrikuliert war. Die Aufenthaltserlaubnis wurde in der Folge regelmäßig verlängert, zuletzt bis zum 31. August 2016. Am 30. August 2016 beantragte die Antragstellerin ihre Verlängerung.4 Nachdem ihr Mietvertrag im Studentenwohnheim ausgelaufen war und sie zunächst keine alternative Wohnmöglichkeit gefunden hatte, zog die Antragstellerin Anfang Oktober 2016 zu ihrer Schwester nach Wien und später zu ihren Eltern nach Serbien. Im Februar 2017 kehrte sie nach ... zurück.5 Bereits mit Bescheid vom 6. Oktober 2016 war sie von der ... ... exmatrikuliert worden, wogegen sie mit Schreiben vom 7. Dezember 2017 Widerspruch und am 21. November 2019 Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht Stuttgart - 10 K 7566/19 - erhob mit dem Antrag, die beklagte Hochschule zu verpflichten, den Exmatrikulationsbescheid aufzuheben. Über die Klage ist noch nicht entschieden.6 Nachdem die Antragstellerin zwischenzeitlich ins Gemeindegebiet der Antragsgegnerin verzogen war, stellte ihr diese zunächst am 13. April 2017 eine Fiktionsbescheinigung auf Grundlage des § 81 Abs. 4 AufenthG aus, die in der Folge laufend verlängert wurde, zuletzt bis 30. April 2020. Auf ein Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2017 zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bat die Antragstellerin um Aufschub um sechs Monate. Sie wolle den Rektor der Hochschule davon überzeugen, sie wieder zu immatrikulieren. Für den erfolgreichen Studienabschluss fehle es lediglich an der bereits fertiggestellten Bachelorarbeit sowie an einem Modul. Des Weiteren bestehe die Aussicht auf eine Anstellung, so dass, ggf. nach Durchlaufen des Visumverfahrens, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 4 AufenthG a.F. i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV in Betracht komme.7 Mit Arbeitsvertrag vom 25. September 2018 wurde die Antragstellerin mit Wirkung ab 16. Oktober 2018 bei einer Zweigniederlassung der ... ...-... GmbH mit einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden als „Service Representative“ angestellt.8 Auf ein weiteres Anhörungsschreiben der Antragsgegnerin bat die Antragstellerin am 11. Juni 2019 unter Hinweis auf die Verwaltungsvorschriften zu § 16 AufenthG a.F. darum, ihr eine über die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten hinausgehende Beschäftigung zu erlauben. Dies sei zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts und ihrer Rechtsverfolgungskosten notwendig.9 Am 13. September 2019 machte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin geltend, dass die Antragstellerin voraussichtlich die Voraussetzungen einer Beschäftigungsduldung nach der Rechtslage ab 1. Januar 2020 erfülle und eine solche bzw. ein entsprechender Aufenthaltstitel angestrebt werde.10 Nachdem das Beschäftigungsverhältnis bei der ... ... GmbH zum 31. Oktober 2019 geendet hatte, schloss die Antragstellerin am 11. November 2019 einen Arbeitsvertrag mit der ... GmbH. Dort sollte sie ab 1. Dezember 2019 bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden als „Executive Manager“ tätig werden, trat die Stelle in der Folge jedoch nicht an.11 Mit Verfügung vom 25. November 2019 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab (Ziff. 1), forderte die Antragstellerin auf, das Bundesgebiet bis zum 6. Januar 2020 zu verlassen (Ziff. 2), und drohte ihr die Abschiebung nach Serbien oder in einen anderen Staat an, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Übernahme verpflichtet sei (Ziff. 3). Für den Fall einer Abschiebung ordnete die Antragsgegnerin ein Einreise- und Aufenthaltsverbot an (Ziff. 4), befristete es auf zwei Jahre nach erfolgter Abschiebung (Ziff. 5) und setzte eine Gebühr in Höhe von 93,- EUR fest (Ziff. 6). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus: Der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sei abzulehnen, da die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 AufenthG a.F. nicht erfüllt seien. Die Antragstellerin sei an keiner Ausbildungseinrichtung zum Studium zugelassen. Selbst wenn sie an der ... ... wieder immatrikuliert würde, mangele es an einem ordnungsgemäßen Studium. Sie habe 13 Jahre lang Volkswirtschaft studiert, ohne einen Abschluss zu erlangen. Die Regelstudienzeit, die an der Universität ... sechs und an der ... sieben Semester betrage, habe sie um weit mehr als drei Semester überschritten. Zudem sei der Lebensunterhalt nicht gesichert (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Hiervon könne auch nicht abgesehen werden; ein atypischer Lebenssachverhalt sei nicht gegeben. Werde das Studium ohne Abschluss beendet, dürfe eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck nur unter den - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen des § 16b Abs. 2 AufenthG a.F. oder des § 17 AufenthG a.F. erteilt werden. Soweit die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AufenthG a.F. i.V.m. § 26 Abs. 4 BeschV beantragt worden sei, mangele es an der Durchführung des Visumverfahrens. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf zwei Jahre sei angemessen. Die Antragstellerin sei im Alter von 20 Jahren eingereist, befinde sich seit nunmehr 16 Jahren in Deutschland, habe mehr als die Hälfte ihres Lebens in Serbien verbracht, wo sie ihre Sozialisation und ihre schulische sowie kulturelle Bildung erfahren habe. Zu familiären Bindungen im Bundesgebiet sei nichts vorgetragen. Das Studium sei bei erheblicher Überschreitung der Regelstudienzeit nicht abgeschlossen. Für die Erteilung einer Ermessensduldung mit Blick auf eine Beschäftigungsduldung ab 1. Januar 2020 sei das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Ungeachtet dessen erfülle die Antragstellerin die Voraussetzungen hierfür nicht.12 Hiergegen erhob die Antragstellerin spätestens am 17. Dezember 2019 Widerspruch. Zur Begründung nahm sie Bezug auf die ab 1. Januar 2020 geltende Regelung des § 60d AufenthG, deren Voraussetzungen sie erfülle. Darüber hinaus stehe ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG zu.13 Auf Anweisung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 27. Januar 2020 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin am 20. Februar 2020 erstmals eine Duldung aus sonstigen Gründen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Auf einen Antrag der Antragstellerin vom 20. Januar 2020 hatte ihr das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 5. Februar 2020 mitgeteilt, dass ihr die von ihr begehrte Beschäftigungsduldung nicht erteilt werden könne, da sie schon nicht - wie nach § 60d Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erforderlich - seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Duldung sei.14 Am 2. März 2020 stellte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Stuttgart unter Bezugnahme auf § 123 VwGO einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz - 17 K 1226/20 - gegen die Antragsgegnerin. Mit Beschluss vom selben Tag, der Antragsgegnerin per Fax um 12.43 Uhr und dem Regierungspräsidium Karlsruhe um 13.05 Uhr übermittelt, ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. November 2019 vorübergehend bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO an. Die Antragstellerin wurde dennoch per Flugzeug von Karlsruhe/Baden-Baden nach Belgrad abgeschoben. Planmäßige Abflugzeit war 12.25 Uhr, planmäßige Landung um 14.05 Uhr.15 Mit Schriftsatz vom 23. März 2020 erklärte die Antragstellerin, ihr Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beziehe sich auf § 80 Abs. 5 VwGO und werde im Hinblick auf § 123 VwGO erweitert. Hauptsächlich richte sich ihr Begehren dagegen, dass ihr Antrag auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden sei. Hilfsweise begehre sie die Erteilung einer Beschäftigungsduldung.16 Mit Beschluss vom 30. März 2020 - 17 K 1226/20 -, der Antragstellerin zugestellt am 2. April 2020 und der Antragsgegnerin am 6. April 2020, ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 25. November 2019 insoweit an, als er gegen das befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot in Ziffern 4 und 5 des Bescheids gerichtet ist. Im Übrigen lehnte es die Anträge ab. Soweit die Antragstellerin die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen Ziffern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheids begehre, habe ihr Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO keinen Erfolg. Sie habe auf der Grundlage des § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG n.F. voraussichtlich keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Der Aufenthaltszweck, nämlich die Durchführung eines Studiums der Volkswirtschaftslehre an der ... ..., dürfte - selbst dann, wenn ihre Klage gegen ihre Exmatrikulation Erfolg habe - angesichts der Studiendauer von etwa 13 Jahren nicht mehr in einem angemessenen Zeitraum zu erreichen sein. Eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 18a, 18b AufenthG n.F. komme voraussichtlich nicht in Betracht, da die Antragstellerin keine Fachkraft im Sinne des § 18 Abs. 3 AufenthG n.F. sei. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c AufenthG n.F. i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV scheide mangels Durchführung des Visumverfahrens ebenfalls aus. Schließlich habe die Antragstellerin voraussichtlich auch keinen Anspruch nach § 19d Abs. 1 AufenthG, da sie - ungeachtet der Frage, ob es sich um eine qualifizierte Beschäftigung gehandelt habe - jedenfalls zu keinem Zeitpunkt drei Jahre lang ununterbrochen eine Beschäftigung ausgeübt habe. Hingegen erweise sich die Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots voraussichtlich als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe bei Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerin von Oktober 2018 bis Oktober 2019 in Vollzeit erwerbstätig gewesen sei und damit eine wesentliche wirtschaftliche Integrationsleistung erbracht habe. Zudem werde im Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen sein, dass sie auch ab Dezember 2019 wieder erwerbstätig gewesen sei. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibe der Erfolg wiederum versagt. Soweit die Antragstellerin der Abschiebung entgegentrete und die Untersagung aufenthaltsbeendender Maßnahmen begehre, sei die Antragsgegnerin nicht passivlegitimiert, da für aufenthaltsbeendende Maßnahmen das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig sei. Sollte der Antrag dahin zu verstehen sein, dass die Antragstellerin begehre, die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Regierungspräsidium Karlsruhe mitzuteilen, dass die Abschiebung nicht durchgeführt werden dürfe, bleibe er erfolglos. Wie gezeigt, habe die Antragstellerin keinen Anspruch auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Soweit sie sich auf das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung berufe, sei für die Prüfung der materiellen Umstände das Regierungspräsidium Karlsruhe und nicht die Antragsgegnerin zuständig. Im Übrigen habe die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht, da sie sich - entgegen § 60d Abs. 1 Nr. 2 AufenthG - bislang nicht geduldet im Bundesgebiet aufgehalten habe.17 Am 16. April 2020 hat die Antragstellerin gegen den Beschluss vom 30. März 2020 Beschwerde eingelegt, soweit sie durch ihn beschwert ist. Am selben Tag hat auch die Antragsgegnerin Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, soweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen Ziffern 4 und 5 des Bescheids vom 25. November 2019 angeordnet worden ist.18 Die Antragstellerin trägt vor, das Verwaltungsgericht habe rechtswidrig eine analoge Anwendung von §§ 60d, 60a AufenthG verneint. Sie erfülle die darin genannten Voraussetzungen. Insbesondere dürfe sie nicht schlechter gestellt werden als solche Ausländer, die bereits seit längerer Zeit geduldet seien und gar keinen Aufenthaltstitel besäßen. Bis zum Erlöschen der Fiktionswirkung sei ihr Aufenthalt durchgängig legal gewesen. Im Übrigen sei sie wirtschaftlich und persönlich in Deutschland verwurzelt im Sinne des Art. 8 EMRK. Sie habe früh die deutsche Sprache gelernt und ein sehr gutes Abitur abgelegt. Seit 2003 sei ihr Lebensmittelpunkt in Deutschland. Hier lebten ihr Lebensgefährte und ihre Freunde. Allein an der Universität ... habe sie 41 Prüfungen bestanden. Von Dezember 2010 bis April 2011 habe sie erfolgreich ein Praktikum im Investmentcenter der ... ... absolviert. Im Sommersemester 2013 habe sie an der Hochschule ... zwei Prüfungsleistungen erbracht. Zum Wintersemester 2013/14 sei sie an der ... ... im 4. Fachsemester im Fach Volkswirtschaftslehre zugelassen worden. Im Sommersemester 2014 sei sie direkt ins 6. Semester gewechselt, da ihr ein Praktikum als 5. (Praxis-)Semester anerkannt worden sei. In den von ihr gewählten Fachbereichsvertiefungen habe sie gute Noten für Referate bekommen, aber die schriftliche Prüfung im selben Semester nicht geschafft. Im Sommersemester 2015 habe sie einen freiwilligen Kurs zur eigenen Weiterbildung absolviert und ein Volontariat im International Office der ... ... gemacht. Sie hätte ihr Studium bis Ende 2015 abschließen sollen, aber zur Sicherung ihres Lebensunterhalts im größeren Umfang neben dem Studium arbeiten müssen. Außerdem habe sie unter Erkältungen und Schwächeanfällen gelitten. Im Sommersemester 2016 habe sie ihre Bachelorarbeit geschrieben, die sie nach ihrer Rückkehr nach ... im Februar 2017 habe abgeben wollen. Erst im Zuge dessen habe sie von ihrer Exmatrikulation erfahren. Im Januar und Februar 2020 habe sie mehrere Kurse der IHK ... und ein Online-Seminar der AOK besucht. Sie sei zur Prüfung zur Wirtschaftsfachwirtin bei der IHK ... zugelassen. Seit 2003 sei sie entweder in Teil- oder Vollzeit beschäftigt gewesen, etwa als Babysitterin, Haushaltshilfe, Bedienung, studentische Aushilfe oder auch im Bereich Vertriebsvertretung und Kundenbetreuung für diverse Firmen auf vielen internationalen Fachmessen. Bei der ... GmbH habe sie als Kundenberaterin im Bereich der Telematik in den ... Lkw fungiert. Das Arbeitsverhältnis sei gekündigt worden, nachdem sie keine Arbeitserlaubnis erhalten habe. Die Stelle bei der ... GmbH habe sie nicht angetreten, da sie nach dem ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin nicht gewusst habe, ob sie dort arbeiten dürfe. Hinsichtlich des vorgelegten Arbeitsvertrags sei ihr Hauptbegehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG gerichtet, hilfsweise auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung.19 Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2020, zugestellt am 10. Juni 2020, wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch der Antragstellerin vom 16. Dezember 2019 zurück. Es sei nicht damit zu rechnen, dass sie ihr Studium ordnungsgemäß abschließen werde. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 18, 18a, 18b AufenthG n.F. seien nicht erfüllt. Auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 AufenthG n.F. i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV komme nicht in Betracht, da hierfür das Visumverfahren durchzuführen sei. Schließlich scheide auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Abs. 1 AufenthG n.F. aus. Die Antragstellerin erfülle nicht die Qualifikationsanforderungen nach § 19d Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und halte sich im Übrigen nicht mehr geduldet im Bundesgebiet auf. Ihr könne auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK erteilt werden. Nach ihrer bereits erfolgten Abschiebung sei ihre Ausreise weder aus rechtlichen noch aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Sie habe sich trotz ihres langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht im erforderlichen Maße integrieren können. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Anordnung eines auf zwei Jahre befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht zu beanstanden. Zwar habe die Antragsgegnerin in ihre Entscheidung die Beschäftigungszeiten der Antragstellerin nicht einbezogen. Dies sei im Ergebnis jedoch unschädlich. Die Antragstellerin sei zuletzt im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Abs. 1 AufenthG n.F. gewesen. Nach § 16b Abs. 3 AufenthG n.F. berechtige eine solche Aufenthaltserlaubnis lediglich zu einer Beschäftigung, die insgesamt 120 Tage oder 240 halbe Tage im Jahr nicht überschreiten dürfe. Mit der Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung habe die Antragstellerin gegen geltendes Recht verstoßen, worin eine positive Integrationsleistung nicht gesehen werden könne. Ihr längerer Aufenthalt im Bundesgebiet, ihre guten Deutschkenntnisse und ihr Interesse für mehrere Qualifizierungsmaßnahmen der AOK bzw. der IHK habe dahingehend Berücksichtigung gefunden, dass die Sperrfrist auf nur zwei Jahre festgesetzt worden sei.20 Am 9. Juli 2020 erhob die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage - 17 K 3521/20 - gegen die Verfügung der Antragstellerin vom 25. November 2019 und den Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2020, ohne bislang einen konkreten Klageantrag anzukündigen.21 Im vorliegenden Beschwerdeverfahren beantragt sie sinngemäß,22 den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2020 - 17 K 1226/20 - zu ändern und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 9. Juli 2020 - 17 K 3521/20 - gegen Ziffern 1 bis 3 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8. Juni 2020 anzuordnen.23 Die Antragsgegnerin beantragt,24 die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.25 Darüber hinaus beantragt die Antragsgegnerin sinngemäß,26 den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. März 2020 - 17 K 1226/20 - zu ändern und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 9. Juli 2020 - 17 K 3521/20 - hinsichtlich Ziffern 4 und 5 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8. Juni 2020 abzulehnen.27 Die Antragstellerin beantragt,28 die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.29 Die Antragsgegnerin macht geltend, die Entscheidung über die Erteilung einer Duldung obliege dem Regierungspräsidium Karlsruhe. Ungeachtet dessen erfülle die Antragstellerin die Voraussetzung des § 60d Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht, da sie erst ab dem 7. Januar 2020 vollziehbar ausreisepflichtig gewesen und faktisch geduldet worden sei. Auf die Achtung ihres Privatlebens nach Art. 8 EMRK könne sie sich nicht mit Erfolg berufen. Sie habe mehr als die Hälfte ihres Lebens in Serbien verbracht, insbesondere die sehr prägende Zeit der Kindheit, der Jugend und des jungen Erwachsenenalters. Ihre offenbar sehr guten Deutschkenntnisse allein reichten für die Annahme einer gelungenen Integration nicht aus. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet sei mehrmals durch längere Auslandsaufenthalte unterbrochen gewesen. Diese Aufenthaltszeiten seien von denen im Bundesgebiet abzuziehen. Zudem sei sie während ihres Aufenthalts in Deutschland mehrfach umgezogen, was den Aufbau tiefgreifender sozialer Beziehungen erschwere. Nach Auslaufen ihres Mietvertrags im Oktober 2016 habe sie offenbar - trotz ihres schon 13-jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet - nicht vorübergehend bei Freunden oder Bekannten unterkommen können, sondern habe ihr Studium unterbrechen und zu ihrer Schwester nach Wien ziehen müssen. Dies spreche gegen eine tiefgreifende und persönliche Integration. In ihrem Heimatland habe die Antragstellerin noch familiäre Bindungen. Von einer wirtschaftlichen Integration sei ebenso wenig auszugehen. Soweit die Antragstellerin in Vollzeit gearbeitet habe, sei ihr dies nach § 16 Abs. 3 AufenthG a.F. nicht gestattet gewesen. Sie habe sich bewusst rechtswidrig verhalten, auch indem sie mehrfach schriftlich bestätigt habe, ihren Lebensunterhalt ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit (ausgenommen der gestatteten Tage) aufzubringen. Daher sei auch im Rahmen der Ermessensausübung hinsichtlich des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots die Vollzeitbeschäftigung nicht zu berücksichtigen gewesen. Soweit die Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV begehre, könne sie in Serbien ein Visumverfahren betreiben.30 Hierauf erwidert die Antragstellerin, dass ihre Vollzeitbeschäftigung, selbst wenn sie nicht rechtmäßig gewesen sein sollte, zumindest als Integrationsleistung faktischer Art angerechnet werden müsse. Soweit die Antragsgegnerin vortrage, die Entscheidung wäre bei Beachtung der Vollzeittätigkeit nicht anders ausgefallen, sei ein Nachschieben von Gründen nicht erlaubt.II.31 1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass der Antragstellerin vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren wäre.32 a) Ausweislich ihres Antrags begehrt die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde die Abänderung des angegriffenen Beschlusses, soweit es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ihrer - zwischenzeitlich erhobenen und daher nunmehr zugrunde zu legenden - Klage vom 9. Juli 2020 - 17 K 3521/20 - gegen Ziffern 1 bis 3 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 25. November 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8. Juni 2020 anzuordnen. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt jedoch nicht die Abänderung des Beschlusses, soweit die Antragstellerin durch diesen beschwert ist. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO insoweit zulässig, aber unbegründet ist.33 aa) Der Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist statthaft und auch sonst zulässig.34 (1) Die vorläufige Sicherung des Aufenthaltsrechts während des anhängigen Verwaltungs- und auch Gerichtsverfahrens um die Erteilung eines Aufenthaltstitels hat dann in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu erfolgen, wenn der Antrag auf Erteilung dieses Titels zum Entstehen einer Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG geführt hat und diese durch die Verbescheidung des Antrags wieder erloschen ist (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 07.07.2020 - 11 S 2426/19 -, juris Rn. 13, und vom 20.09.2018 - 11 S 1973/18 -, juris Rn. 13). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragstellerin war im Besitz einer bis 31. August 2016 gültigen Aufenthaltserlaubnis und hat vor deren Ablauf, am 30. August 2016, deren Verlängerung beantragt. Dies hat die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst, die mit der Entscheidung der Antragsgegnerin in der angegriffenen Verfügung vom 25. November 2019 erloschen ist.35 Die Fiktionswirkung war zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht dadurch erloschen, dass die Antragstellerin Anfang Oktober 2016 ausgereist und erst Anfang Februar 2017 wieder eingereist ist. Dies hat nicht zu einem Erlöschen analog § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG geführt. Danach erlischt der Aufenthaltstitel - und damit erst recht die Fiktionswirkung (vgl. Hmb. OVG, Beschluss vom 18.01.1995 - Bs V 262/94 -, juris Rn. 3; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: April 2020, § 51 Rn. 28) - grundsätzlich dann, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist. Ein Auslandsaufenthalt führt nicht zum Erlöschen des Aufenthaltstitels, wenn er nach seinem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt ist und keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland, insbesondere keine Aufgabe des Lebensmittelpunkts im Bundesgebiet, mit sich bringt. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers - insbesondere auf seine Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland - nicht allein ankommen kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.11.2015 - 11 S 714/15 -, juris Rn. 43; Nds. OVG, Beschluss vom 20.01.2020 - 13 ME 348/19 -, juris Rn. 10; Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 51 AufenthG Rn. 12). Nach diesen Maßstäben war der viermonatige Auslandsaufenthalt der Antragstellerin ab Oktober 2016 nur vorübergehender Natur. Gegen eine Aufgabe ihres Lebensmittelpunktes in Deutschland spricht nicht zuletzt, dass sie vor ihrer Ausreise ihr gesamtes Hab und Gut in einer Lagerräumlichkeit des Studentenwerks eingelagert hat und nur zur Überbrückung akuter Wohnungsnot ausgereist ist (vgl. Mietvertrag vom 28. September 2016, Anlage 17 zum Beschwerdeschriftsatz vom 4. Mai 2020).36 Widerspruch und Klage gegen die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung bzw. Neuerteilung eines Aufenthaltstitels kamen nach § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung zu. Die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung bewirkte zwar nicht, dass die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wieder auflebte. Es bliebe in diesem Fall vielmehr bei der durch den Ablauf der Geltungsdauer (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) und das Erlöschen der Fortgeltungsfiktion (§ 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG) begründeten Ausreisepflicht des Ausländers (§ 50 Abs. 1 AufenthG). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung führte aber dazu, dass die Ausreisepflicht gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht vollziehbar (gewesen) wäre (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 07.07.2020 - 11 S 2426/19 -, juris Rn. 14, vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 -, juris Rn. 15, und vom 20.09.2018 - 11 S 1973/18 -, juris Rn. 13; Bay. VGH Beschluss vom 28.10.2014 - 10 C 14.2002 -, juris Rn. 14).37 Hinsichtlich der (als einheitlichen Verwaltungsakt zu verstehenden) Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise und der Abschiebungsandrohung (Ziffern 2 und 3 der angegriffenen Verfügung) ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ebenfalls statthaft (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 LVwVG).38 (2) Die Antragstellerin verfügt auch über das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Dem steht nicht entgegen, dass sie während des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes am 2. März 2020 nach Serbien abgeschoben worden ist. Dies gilt zumindest solange, wie über die Ablehnung der begehrten Aufenthaltserlaubnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung nicht unanfechtbar entschieden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.09.2005 - 1 VR 5.05 -, juris Rn. 2; Bay. VGH, Beschluss vom 30.07.2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 -, juris Rn. 20). Denn die Antragstellerin kann auf diesem Wege grundsätzlich auch die Rückgängigmachung des Vollzugs der Abschiebung durch Aufhebung der Vollziehung der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung erreichen, ohne dass ihr in diesem Fall die Sperrwirkung (§ 11 Abs. 1 AufenthG) der (dann rechtswidrigen) Abschiebung entgegengehalten werden kann (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 05.06.2018 - 11 S 867/18 -, juris Rn. 2, und vom 24.06.2008 - 11 S 1136/07 -, juris Rn. 10; Bay. VGH, Beschluss vom 30.07.2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 -, juris Rn. 20). Es wäre mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht zu vereinbaren, wenn das vorläufige Bleiberecht der Antragstellerin, das mit dem streitgegenständlichen Rechtsschutzverfahren (vorläufig) gesichert werden soll, allein deshalb erloschen sein sollte, weil die Abschiebung tatsächlich durchgeführt wurde, bevor effektiver Rechtsschutz gewährt werden konnte (Bay. VGH, Beschluss vom 30.07.2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 -, juris Rn. 20; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, Stand: Januar 2019, § 81 Rn. 145). Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier - viel dafür spricht, dass die Abschiebung rechtswidrig war. Vorliegend hätte die Abschiebung der Antragstellerin voraussichtlich nicht fortgesetzt werden dürfen, nachdem das Verwaltungsgericht mit „Hängebeschluss“ vom 2. März 2020 vorübergehend die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den streitgegenständlichen Bescheid der Antragsgegnerin angeordnet hatte. Der Beschluss ist der Antragsgegnerin um 12.43 Uhr und dem Regierungspräsidium Karlsruhe als der für die Durchführung der Abschiebung zuständigen Behörde um 13.05 Uhr per Fax übermittelt worden. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die Abschiebung der Antragstellerin noch nicht beendet gewesen sein. Von der Beendigung einer Luftabschiebung kann vor der Landung des Flugzeugs am Zielflughafen nicht ausgegangen werden (OVG NRW, Beschluss vom 15.08.2018 - 17 B 1029/18 -, juris Rn. 17). Vorliegend sollte das Flugzeug nach Aktenlage planmäßig erst um 14.05 Uhr und damit eine Stunde nach Bekanntgabe des der (weiteren) Abschiebung entgegenstehenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts landen. Ob für eine erneute Einreise der Antragstellerin eventuell ein Visum erforderlich ist, führt für sich allein nicht zum Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. zum Ganzen bereits VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 05.06.2018 - 11 S 867/18 -, juris Rn. 2; vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 15.08.2018 - 17 B 1029/18 -, juris Rn. 35). Im Übrigen sieht § 11 Abs. 8 Satz 1 AufenthG vor, dass dem Ausländer vor Ablauf einer etwaigen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 AufenthG eine Betretenserlaubnis nach § 11 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erteilt werden kann (vgl. zu diesem Aspekt OVG NRW, Beschluss vom 15.08.2018 - 17 B 1029/18 -, juris Rn. 34).39 Auch die Abschiebungsandrohung aus dem Bescheid vom 25. November 2019 hat sich nicht infolge der vollzogenen Abschiebung erledigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.08.2017 - 1 A 3.17 -, juris Rn. 12, zur Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG; Dollinger, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 59 AufenthG Rn. 74).40 bb) Der Antrag hat indes in der Sache keinen Erfolg. Der Senat teilt im Ergebnis die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Ablehnung der Verlängerung bzw. Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin und die Abschiebungsandrohung bei der gebotenen, aber ausreichenden summarischen Prüfung rechtmäßig sind und die auf Verlängerung bzw. Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis und gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage daher voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Damit überwiegt das öffentliche Interesse, die Antragstellerin bereits während des Klageverfahrens vom Bundesgebiet fernzuhalten, ihr privates Interesse, sich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens hier aufhalten zu können.41 (1) Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis aller Voraussicht nach nicht zu. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist insoweit derjenige des vorliegenden Beschlusses (vgl. in diesem Zusammenhang Bay. VGH, Beschluss vom 30.07.2018 - 10 CE 18.769, 10 CS 18.773 -, juris Rn. 22). Denn für die in der Hauptsache erhobene, in erster Instanz anhängige Verpflichtungsklage ist maßgeblicher Zeitpunkt derjenige der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 18.12.2019 - 1 C 34.18 -, juris Rn. 19, und vom 17.12.2015 - 1 C 31.14 -, juris Rn. 9 m.w.N.).42 (a) Hinsichtlich der begehrten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach - nunmehr - § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG in der Fassung des zum 1. März 2020 in Kraft getretenen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1307) kann offenbleiben, ob sie den Aufenthaltszweck des Studienabschlusses eines Bachelor of Science an der ... ... noch in einem angemessenen Zeitraum erreichen kann. Auch bedarf es keiner Entscheidung, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Antragstellerin den Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzen wird als zu Studienzwecken, und damit der Ausschlussgrund des § 19f Abs. 4 Nr. 6 AufenthG verwirklicht ist. Denn es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AufenthG erfüllt sind.43 (aa) Es ist nicht erkennbar, dass der Lebensunterhalt der Antragstellerin gesichert ist, § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 5 AufenthG gilt der Lebensunterhalt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16b AufenthG als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs verfügt, der nach § 13 und § 13a Abs. 1 BAföG bestimmt wird. Das Bundesministerium des Innern gibt die Mindestbeträge nach § 2 Abs. 3 Satz 5 AufenthG für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt. Für das Jahr 2020 ergibt sich ein Betrag von 853,- EUR. Bei Nachweis einer Unterkunft, deren Miet- und Nebenkosten geringer sind als 325,- EUR (Betrag nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 BAföG), mindert sich der nachzuweisende Betrag entsprechend (vgl. BAnz AT 17.07.2019 B3).44 Aus den bei den Akten befindlichen Nachweisen ergibt sich nicht, dass die Antragstellerin über monatliche Mittel in Höhe von 853,- EUR verfügt. Dass wegen besonders niedriger Miet- und Nebenkosten ein geringerer Betrag anzusetzen wäre, ist nicht nachgewiesen. Ausweislich des vorgelegten Mietvertrags betrug die Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten für das von der Antragstellerin zuletzt bewohnte WG-Zimmer in ... 525,- EUR (vgl. Bl. 131 d. Ausländerakte). Den in der Ausländerakte befindlichen Kontoauszügen, die zuletzt den Zeitraum vom 20. März bis 11. Dezember 2019 abdecken, ist nicht ansatzweise zu entnehmen, dass die Antragstellerin über ein Vermögen verfügt, durch welches monatliche Mittel in dem hier erforderlichen Umfang gewährleistet wären. Als die Antragstellerin noch über ein Erwerbseinkommen verfügte, bewegte sich der Kontostand stets etwa zwischen 1.000,- und knapp 2.000,- EUR. Es kann dahinstehen, ob das Erwerbseinkommen aus der Vollzeittätigkeit bei der ...- ... GmbH mit Blick auf § 16 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. überhaupt berücksichtigungsfähig wäre. Denn dieses Einkommen ist mit Beendigung der Tätigkeit zum 31. Oktober 2019 weggefallen mit der Folge, dass sich der Kontostand fortan nur noch auf Beträge zwischen 250,- und 700,- EUR belief. Dass die Antragstellerin nach Beendigung ihrer Tätigkeit bei der ... GmbH noch über ein (regelmäßiges) Einkommen in Höhe von 853,- EUR verfügt hätte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Soweit ihre Eltern zuletzt am 20. September 2016 erklärt hatten, ihre Tochter während ihres Studiums und Aufenthalts in Deutschland finanziell zu unterstützen (vgl. Bl. 98 d. Ausländerakte), ist nicht erkennbar, dass sie dieser Verpflichtung nachgekommen wären, zumal die Antragstellerin nach eigenen Angaben zur Sicherung ihres Lebensunterhalts im größeren Umfang neben dem Studium arbeiten musste. Dass hier ein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen vom Regelerfordernis des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG („in der Regel“) abzusehen sein könnte, ist nicht ersichtlich.45 (bb) Zudem spricht viel dafür, dass ein - hier sowohl spezial- als auch generalpräventives - Ausweisungsinteresse besteht, vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Für das Vorliegen eines Ausweisungsinteresses kommt es nicht darauf an, ob der Ausländer tatsächlich ausgewiesen werden könnte. Vielmehr reicht es aus, dass ein Ausweisungsinteresse gleichsam abstrakt - d.h. nach seinen tatbestandlichen Voraussetzungen - vorliegt, wie es insbesondere im Katalog des § 54 AufenthG normiert ist (BVerwG, Urteil vom 12.07.2018 - 1 C 16.17 -, juris Rn. 15). Gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG besteht ein (schwerwiegendes) Ausweisungsinteresse, wenn der Ausländer einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen hat. Die Vorschrift ist dahin zu verstehen, dass ein Rechtsverstoß nur dann unbeachtlich ist, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, andererseits aber immer dann beachtlich ist, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig, aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.11.2004 - 1 C 23.03 -, juris Rn. 21 zu § 46 Nr. 2 AuslG; OVG Sachs.-Anh., Beschluss vom 12.11.2018 - 2 M 96/18 -, juris Rn. 15). Ob und ggf. wie der Verstoß geahndet wurde, ist für den Tatbestand unerheblich; auch auf ein Verschulden kommt es grundsätzlich nicht an (Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 54 AufenthG Rn. 92, 96). Die Voraussetzungen des § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG dürften hier erfüllt sein. Die Antragstellerin ist jedenfalls in der Zeit vom 16. Oktober 2018 bis 31. Oktober 2019 in Vollzeit bei der ... GmbH tätig gewesen. Damit hat sie in rechtswidriger Weise gegen § 16 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. und die gleichlautende Nebenbestimmung in der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis vom 5. Juli 2016 verstoßen. Danach berechtigte die Aufenthaltserlaubnis lediglich zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 120 Tage oder 240 halbe Tage im Jahr nicht überschreiten darf, sowie zur Ausübung studentischer Nebentätigkeiten. Der Antragstellerin war auch bekannt, dass sie nur in diesem Umfang, der in etwa einer Halbtagstätigkeit entspricht (vgl. Samel, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 16b AufenthG Rn. 28), tätig sein durfte. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass sie selbst am 11. Juni 2019 bei der Antragsgegnerin beantragt hat, ihr eine über die gesetzlichen Möglichkeiten hinausgehende Beschäftigung zu erlauben. Im Übrigen war das Zusatzblatt zu ihrem Aufenthaltstitel mit einer entsprechenden Nebenbestimmung versehen. Der Verstoß hiergegen, der eine Ordnungswidrigkeit darstellen dürfte (vgl. § 404 Abs. 2 Nr. 4 SGB III a.F.), kann im vorliegenden Falle auch kaum als geringfügig angesehen werden. Die Vollzeittätigkeit zog sich über den nicht unbeträchtlichen Zeitraum von über einem Jahr hin. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag im Beschwerdeverfahren auch zuvor schon in Vollzeit tätig gewesen ist, was ggf. im Hauptsacheverfahren weiter aufzuklären sein wird.46 Auch in Bezug auf das Ausweisungsinteresse ist ein atypischer Fall nicht ersichtlich. Eine Atypik ergibt sich voraussichtlich insbesondere nicht aus dem Umstand, dass die Antragstellerin am 11. Juni 2019 einen - soweit ersichtlich von der Antragsgegnerin nie beschiedenen - Antrag auf Erlaubnis der Vollzeittätigkeit gestellt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin einen Anspruch auf Erteilung einer solchen Beschäftigungserlaubnis gehabt hätte. Dies wäre - wenn überhaupt - allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn dadurch die Erreichung des auf das Studium beschränkten Aufenthaltszwecks nicht erschwert oder verzögert worden wäre (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.06.2009 - 18 B 979/08 -, juris Rn. 13; vgl. auch Nrn. 16.3.7 und 16.3.8 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz vom 26.10.2009). Davon, dass diese Voraussetzungen im Falle der Antragstellerin erfüllt gewesen wären, kann keine Rede sein. Nach ihrem eigenen Vortrag ist das (zumindest vorläufige) Scheitern ihres Studiums maßgeblich darauf zurückzuführen, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts in größerem Umfang habe erwerbstätig sein müssen.47 (b) Hinsichtlich des Begehrens der Antragstellerin, ihr (erstmals) eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit zu erteilen, genügt ihre Beschwerdebegründung schon nicht den formellen Darlegungsanforderungen nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Denn sie setzt sich in keiner Weise mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinander und lässt vollständig offen, inwiefern der Argumentation des Verwaltungsgerichts nicht zu folgen sein sollte. Ihr Beschwerdevorbringen erschöpft sich in dem Vortrag, sie begehre eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 AufenthG.48 (c) Soweit sie in ihrer Beschwerdebegründung erstmals einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK geltend macht, kann dahinstehen, ob ein solcher Anspruch dadurch zum Verfahrensgegenstand geworden ist, dass das Regierungspräsidium Stuttgart hierzu in seinem Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2020 Ausführungen gemacht hat. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufenthG erfüllt.49 Gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin aber nicht. Zum einen fehlt es derzeit bereits an einer vollziehbaren Ausreisepflicht der Antragstellerin. Zum anderen wäre - das Bestehen einer solchen Ausreisepflicht unterstellt - die Ausreise der Antragstellerin weder tatsächlich noch rechtlich unmöglich.50 Zu denken wäre im vorliegenden Zusammenhang allenfalls an eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise. Ein solche kann sich auch aus dem Schutz des Privatlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK ergeben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kommt eine den Schutz des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK auslösende Verbindung mit dem Aufnahmestaat als Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention dann in Betracht, wenn der Ausländer ein Privatleben, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiert ist, faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat führen kann, er mithin ein „faktischer Inländer“ ist (vgl. EGMR, Urteile vom 15.01.2007 und 16.06.2005 - 60654/00 -, vom 31.01.2006 , und vom 09.10.2003 - 48321/99 -, jeweils zitiert nach hudoc.echr.coe.int). Ob der Ausländer ein Privatleben faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat führen kann, hängt zum einen von seiner Integration in Deutschland („Verwurzelung“) und zum anderen von der Möglichkeit zur (Re-)Integration in seinem Heimatland („Entwurzelung“) ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine zumindest mehrjährige Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Innehabung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes, in einem festen Wohnsitz, ausreichenden Mitteln, um den Lebensunterhalt einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten zu können, und fehlender Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Eine nach Art. 8 EMRK schutzwürdige Verwurzelung im Bundesgebiet kann dabei aber grundsätzlich nur während Zeiten entstehen, in denen der Ausländer sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 26.10.2010 - 1 C 18.09 -, juris Rn. 14, und vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 -, juris Rn. 20; VGH Bad-Württ., Urteil vom 23.12.2010 - 11 S 2359/10 -, juris Rn. 27; Nds. OVG, Beschluss vom 17.08.2020 - 8 ME 60/20 -, juris Rn. 65 m.w.N.; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24.07.2019 - 2 B 222/19 -, juris Rn. 15; BayVGH, Beschluss vom 04.03.2019 - 10 ZB 18.2195 -, juris Rn. 10).51 Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei der Antragstellerin voraussichtlich nicht um eine sog. „faktische Inländerin“. Nach Aktenlage kann schon keine hinreichende Integration der Antragstellerin in die hiesigen Verhältnisse festgestellt werden. Dabei verkennt der Senat nicht, dass sie sich etwa 16 Jahre lang legal im Bundesgebiet aufgehalten hat, offenbar gut Deutsch spricht, bis zu ihrer Abschiebung über einen festen Wohnsitz verfügte und - soweit ersichtlich - nie straffällig geworden ist. Weiter berücksichtigt der Senat, dass während ihres Aufenthalts in Deutschland nach ihrem Vortrag auch persönliche Bindungen entstanden sind, wenngleich ihr diesbezügliches Vorbringen - insbesondere zu dem erstmals im Beschwerdeverfahren erwähnten Lebensgefährten - unsubstantiiert ist. Zu familiären Bindungen im Bundesgebiet hingegen ist nichts vorgetragen. Allerdings ist es der inzwischen 37-jährigen Antragstellerin (jedenfalls vorerst) nicht gelungen, ihr 13 Jahre währendes Studium erfolgreich abzuschließen und damit eine wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche berufliche Integration zu schaffen. Soweit sie zuletzt bei der ... GmbH über ein Jahr lang als Vollzeitkraft gearbeitet und auf diese Weise ihren Lebensunterhalt gesichert hat, kann dies aufgrund des voraussichtlich erheblichen Verstoßes gegen § 16 Abs. 3 Satz 1 AufenthG a.F. nicht als gelungene und nachhaltige wirtschaftliche Integration gewertet werden. Wie gezeigt, war sie nach Wegfall der Erwerbstätigkeit nicht mehr in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu sichern.52 Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass sie derart aus ihrem Heimatland „entwurzelt“ ist, dass sie sich dort nicht mehr integrieren kann. Die Antragstellerin hat die ersten 20 Jahre und damit mehr als die Hälfte ihres Lebens in Serbien verbracht. Diese Zeitspanne umfasste die den weiteren Lebensweg maßgeblich prägende Kindheit und Jugend. Sie ist folglich mit den in ihrem Heimatland herrschenden Verhältnissen vertraut und spricht auch die dortige Sprache. Da ihre Eltern noch in Serbien leben, verfügt sie in Serbien zudem über enge familiäre Bindungen.53 Nach alledem kann offenbleiben, ob die Antragstellerin in Bezug auf eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AufenthG erfüllt bzw. ob hiervon, sollte dies nicht der Fall sein, nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege abgesehen werden könnte.54 (2) Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur voraussichtlichen Rechtmäßigkeit der Fristsetzung zur freiwilligen Ausreise (Ziffer 2) und zur Abschiebungsandrohung (Ziffer 3) in der streitgegenständlichen Verfügung der Antragsgegnerin zieht die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde nicht in Zweifel. Da ihre Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung bzw. Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, ist auch sonst nicht ersichtlich, dass ihr hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 der streitgegenständlichen Verfügung einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren wäre.55 b) Soweit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren an ihrem Begehren auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung nach § 60d AufenthG festhält, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, inwieweit ihr diesbezüglicher Vortrag hinsichtlich des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie gegen die Abschiebungsandrohung entscheidungserheblich sein könnte. Da die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren ihren Antrag ausdrücklich auf § 80 Abs. 5 Satz VwGO beschränkt und - anders als noch vor dem Verwaltungsgericht - gerade keinen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt hat, legt der Senat ihr Vorbringen zu einem etwaigen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsduldung nicht im Sinne eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus. Ein solcher Antrag wäre im Übrigen auch nicht sachdienlich. Es erscheint bereits äußerst fraglich, ob nach der zwischenzeitlich erfolgten Abschiebung der Antragstellerin nach Serbien überhaupt noch Raum für die begehrte Erteilung einer Beschäftigungsduldung bleibt und die Antragstellerin über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis verfügt. Denn die Antragstellerin befindet sich infolge ihrer Abschiebung nicht mehr vollziehbar ausreisepflichtig im Bundesgebiet (vgl. § 60d Abs. 1 AufenthG). Im Übrigen mangelt es jedenfalls an der Passivlegitimation der Antragsgegnerin. Für die Erteilung einer Beschäftigungsduldung nach § 60d Abs. 1 AufenthG ist nicht die Antragsgegnerin, sondern das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO ist dieses in Bezug auf vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer landesweit zuständig für die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 und 2b AufenthG. Dass die Regelung lediglich auf Duldungen nach § 60a Abs. 2 und 2b AufenthG Bezug nimmt, es sich bei der begehrten Beschäftigungsduldung indes um eine solche nach § 60d AufenthG handelt, steht der landesweiten Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Karlsruhe nicht entgegen. Denn ausweislich des ausdrücklichen Wortlauts des § 60d Abs. 1 AufenthG handelt es sich bei der Beschäftigungsduldung nicht um eine eigene „Duldungsart“, sondern um eine Duldung „nach § 60a Abs. 2 Satz 3“ AufenthG, für deren Erteilung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 8 Abs. 3 Nr. 1 AAZuVO das Regierungspräsidium Karlsruhe zuständig ist.56 2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hingegen hat Erfolg. Aus den fristgerecht in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Sätze 1, 3 und 6 VwGO) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs - bzw. nunmehr der Klage - der Antragstellerin gegen die Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffern 4 und 5 der streitgegenständlichen Verfügung angeordnet hat. Der diesbezügliche Antrag der Antragstellerin ist zwar zulässig (a), hat aber in der Sache keinen Erfolg (b).57 a) Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist insoweit statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Klage der Antragstellerin gegen das auf Grundlage des § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG ergangene behördliche Einreise- und Aufenthaltsverbot entfaltet gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG keine aufschiebende Wirkung (vgl. ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 21.01.2020 - 11 S 3477/19 - juris Rn. 74, und vom 13.11.2019 - 11 S 2996/19 -, juris Rn. 41).58 b) Der Antrag ist jedoch unbegründet. Die Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig, weshalb die hiergegen gerichtete Klage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Damit überwiegt das Vollzugsinteresse der Allgemeinheit das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.59 Das mit Ziffern 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids in Anwendung von § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG für den Fall einer Abschiebung angeordnete zweijährige Verbot, in das Bundesgebiet einzureisen, dürfte rechtmäßig sein. Dies gilt insbesondere für die Bemessung seiner Dauer. Es ist nicht ersichtlich, dass das Verbot in seiner konkreten Ausgestaltung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts dürfte es auch nicht an nach § 114 VwGO relevanten Ermessensfehlern leiden. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, die Antragsgegnerin hätte die Vollzeittätigkeit der Antragstellerin in der Zeit zwischen Oktober 2018 und Oktober 2019 als wirtschaftliche Integrationsleistung würdigen müssen. Zudem werde im Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen sein, dass sie auch ab Dezember 2019 wieder erwerbstätig gewesen sei. Der Senat indes vermag hierin einen relevanten Ermessensfehler nicht zu erkennen. Die Berücksichtigung einer Erwerbstätigkeit der Antragstellerin ab Dezember 2019 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil sie die Stelle bei der ... GmbH nicht angetreten hat. Aber auch ihre Vollzeittätigkeit bei der ... GmbH kann nicht als wirtschaftliche Integrationsleistung gewertet werden, die bei der Bemessung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu berücksichtigen wäre. Dem steht entgegen, dass der Antragstellerin diese Tätigkeit, wie oben bereits ausgeführt, nicht erlaubt und auch nicht erlaubnisfähig gewesen ist. Mangels Schutzwürdigkeit kann sie auch nicht - wie die Antragstellerin geltend macht - als Integrationsleistung „faktischer Art“ gewertet werden. Im Übrigen wäre ein etwaiger Ermessensfehler inzwischen jedenfalls deshalb unbeachtlich, weil das Regierungspräsidium Stuttgart in seinem Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2020 eine etwaige wirtschaftliche Integrationsleistung der Antragstellerin durch Ausübung der in Rede stehenden Vollzeittätigkeit bei der Bemessung der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots in seine Erwägungen mit eingestellt hat. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich hierbei nicht um ein unzulässiges Nachschieben von Gründen, sondern um die zulässige Überprüfung der Zweckmäßigkeit des Ausgangsbescheids im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nach § 68 VwGO.III.60 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO. Eine Änderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da das Verwaltungsgericht der Antragstellerin trotz ihres teilweisen Obsiegens nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt hatte.61 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 sowie § 63 Abs. 2 GKG. Eine Reduzierung des Streitwerts auf die Hälfte im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes findet nicht statt, weil der Antragstellerin aufgrund der in der Vergangenheit erteilten Aufenthaltstitel bereits die Perspektive für einen längerfristigen Aufenthalt eröffnet worden war (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 19.07.2019 - 11 S 1812/19 -, juris Rn. 5 f., und vom 05.02.2019 - 11 S 1646/18 -, juris Rn. 25). Soweit sich die Beschwerden sowohl der Antragstellerin als auch der Antragsgegnerin auf weitere Regelungen im streitgegenständlichen Bescheid beziehen (Ausreiseaufforderung, Abschiebungsandrohung, Einreise- und Aufenthaltsverbot), führt dies nicht zu einer Erhöhung des Streitwerts des Beschwerdeverfahrens. Wie bereits oben dargelegt geht der Senat nicht davon aus, dass der erstinstanzlich noch verfolgte Antrag nach § 123 VwGO zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht worden ist.IV.62 Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten ist abzulehnen, weil der Beschwerde die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht fehlt. Diese ist zwar bereits dann gegeben, wenn der Ausgang des Verfahrens, für dessen Durchführung Prozesskostenhilfe begeht wird, zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife offen ist. Dies ist nach dem oben Gesagten aber nicht der Fall. Vielmehr stand die fehlende Erfolgsaussicht von Anfang an offen zutage.63 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Tenor 1. Die beklagte Partei wird verurteilt, an die klägerische Partei EUR 1.750,00 brutto aus Lohnmonat Mai 2020 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2020 zu bezahlen.2. Die Beklagte wird verurteilt, der klägerischen Partei ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt.3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.4. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 28 %, die Klägerseite 72 %.5. Der Streitwert wird auf EUR 18.900,00 festgesetzt.6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Tatbestand   1 Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen sowie ordentlichen Änderungskündigung. Ferner begehrt die Klägerin von der Beklagten die Erteilung eines Zwischenzeugnisses und macht Lohnansprüche geltend. 2 Die Klägerin ist seit dem ...2011 bei der Beklagten, die mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt und eine Leiharbeitsfirma betreibt, als Personaldisponentin gegen ein vereinbartes monatliches Gehalt von zuletzt EUR 3.500,00 brutto beschäftigt (vgl. auch Arbeitsvertrag Anlage K1, Abl. 9 ff.) Neben der Klägerin sind noch weitere drei Personaldisponenten bei der Beklagten beschäftigt. Die Klägerin war sowohl für den kaufmännischen und medizinischen Bereich als auch für den Bereich Soziales und Pflege zuständig. Zuletzt war die Klägerin jedoch nahezu ausschließlich im Bereich Soziales und Pflege tätig und war insbesondere mit der Einsatzplanung für sowie mit der Abstimmung mit Kindergärten und Kindertagesstätten betraut. Mitte März 2020 kam es, wie allgemein bekannt, zu einer vorübergehenden Schließung der Kindergärten und Kindertagesstätten. Die Klägerin ist seit dem 06.04.2020 bis jedenfalls 05.08.2020 durchgehend arbeitsunfähig gewesen. Am 09.04.2020 telefonierte die Geschäftsführerin der Beklagten mit der Klägerin und bat sie um Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit. Dies lehnte die Klägerin ab, nach Ausführungen im Kammertermin insbesondere vor dem Hintergrund ihrer Arbeitsunfähigkeit und dem Umstand, dass sie es nicht nachvollziehen könne, dass sie in der jetzigen Situation in Kurzarbeit gehen müsse. Die Beklagte hat am 02.04.2020 bei der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Stuttgart - einen Arbeitsausfall in ihrem Betrieb angezeigt und diesen mit der Schließung von Schulen und Kindergärten bedingt durch die Corona Krise sowie der Abmeldung ihrer Zeitarbeitskräfte begründet. Die Bundesagentur für Arbeit hat daraufhin mit Schreiben vom 14.04.2020 mitgeteilt, dass „aufgrund der vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt und die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld erfüllt sind“. Kurzarbeitergeld wurde ab 01.04.2020 für die Zeit des Vorliegens aller Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis 31.12.2020 bewilligt (vgl. im Einzelnen Anzeige der Beklagten, B3, Abl. 60 und Bewilligung der Arbeitsagentur, Anlage B4, Abl. 71). 3 Unter dem Datum vom 22.04.2020 sprach die Beklagte eine fristlose sowie hilfsweise ordentliche Änderungskündigung zum 31.07.2020 aus, die nachfolgenden Inhalt hat (vgl. auch Anlage B1, Abl. 69 f.): 4 „Änderungskündigung 5 Sehr geehrte Frau B.,hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund. Zugleich bieten wir Ihnen an, das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt des Zugangs dieses Kündigungsschreibens wie folgt fortzusetzen: 6 1. Die S. S. GmbH (nachfolgend „AG“ genannt) ist berechtigt, für die Zeit vom 18.05.2020 bis voraussichtlich dem 31.12.2020 Kurzarbeit anzuordnen, sofern ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt ist, und sämtliche weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch von Frau C. B. (nachfolgend „AN“ genannt) auf Kurzarbeitergeld vorliegen (§§ 95 ff. SGB III). 7 2. Den Beginn und das Ende der Kurzarbeit sowie die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit während des Zeitraums der Kurzarbeit wird AG unter Wahrung einer Ankündigungsfrist von drei Wochen in Textform AN mitteilen. 8 Die Verteilung der im Zeitraum der Kurzarbeit verbleibenden Arbeitszeit auf die einzelnen Kalendertage sowie die Lage der täglichen Arbeitszeit richten sich nach den betrieblichen Erfordernissen und den Weisungen von AG. 9 3. Für den Zeitraum der Kurzarbeit reduziert sich die Vergütung von AN entsprechend der Reduzierung der Arbeitszeit. 10 4. Im Übrigen verbleibt es bei den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen. 11 Bitte teilen Sie uns unverzüglich mit, ob Sie mit der Fortsetzung Ihres Arbeitsverhältnisses zu den vorstehend unter Ziff. 1 bis 4 genannten, geänderten Bedingungen ab dem Zeitpunkt des Zugangs dieses Kündigungsschreibens einverstanden sind, diese ablehnen oder sie unter Vorbehalt annehmen. 12 Nur für den Fall der Rechtsunwirksamkeit der vorstehend erklärten außerordentlichen und fristlosen Kündigung kündigen wird das von Ihnen begründete Arbeitsverhältnis hiermit hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum 31.07.2020 und bieten Ihnen an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.08.2020 wie folgt fortzusetzen: 13 5. AG ist berechtigt, für die Zeit vom 01.08.2020 bis voraussichtlich dem 31.12.2020 Kurzarbeit anzuordnen, sofern ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, der auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht und der zuständigen Agentur für Arbeit angezeigt ist, und sämtliche weiteren Voraussetzungen für einen Anspruch von AN auf Kurzarbeitergeld vorliegen (§§ 95 ff. SGB III). 14 6. Den Beginn und das Ende der Kurzarbeit sowie die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit während des Zeitraums der Kurzarbeit wird AG unter Wahrung einer Ankündigungsfrist von drei Wochen in Textform AN mitteilen. 15 Die Verteilung der im Zeitraum der Kurzarbeit verbleibenden Arbeitszeit auf die einzelnen Kalendertage sowie die Lage der täglichen Arbeitszeit richten sich nach den betrieblichen Erfordernissen und den Weisungen von AG. 16 7. Für den Zeitraum der Kurzarbeit reduziert sich die Vergütung von AN entsprechend der Reduzierung der Arbeitszeit. 17 8. Im Übrigen verbleibt es bei den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen.(...)“ 18 Unter dem Datum vom 24.04.2020 schrieb der Prozessbevollmächtigte der Klägerseite an die Beklagte folgendes zurück: 19 „(...)Gegenstand unserer Beauftragung ist Ihre unter dem 22.04.2020 gegenüber unserer Mandantschaft erteilte o.g. Änderungskündigung. 20 Namens und in Vollmacht unserer Mandantschaft nehmen wir diese hiermit unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung deren Sozialwidrigkeit an. Wir möchten allerdings deutlich zum Ausdruck bringen, dass wir die Änderungskündigung nicht für sozial gerechtfertigt halten. Aus diesem Grunde haben wir Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben. Diese dürfte Ihnen alsbald zugehen.(...)“ 21 Die Beklagte rechnete für den Monat April 2020 den vollen Lohn ab und bezahlte diesen aus, wobei wiederum in der Lohnabrechnung Mai 2020 für die Zeit ab Zugang der fristlosen Änderungskündigung bis Ende April 2020 ein entsprechender Abzug vermerkt ist (vgl. auch vorgelegte Lohnabrechnung für April und Mai 2020, Anlage B6, Abl. 74 einerseits und Anlage B7, Abl. 72 andererseits). Für Mai 2020 wurde kein Gehalt ausbezahlt. 22 Im Rahme des Gütetermins vom 14.07.2020 (Abl. 28) erklärte der Klägervertreter zu Protokoll, dass sich die Kündigungsschutzklage sowohl gegen die außerordentliche als auch die ordentliche Änderungskündigung richte, die Vorbehaltsannahme allerdings sich nur auf die ordentliche Kündigung beziehe. Der Klägervertreter hat zuletzt vorgetragen (im Rahmen des Kammertermins), dass er sowohl die fristlose als auch die ordentliche Änderungskündigung unter Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung angenommen habe. 23 Die Klägerin ist der Rechtsauffassung, dass sowohl die fristlose als auch die ordentliche Änderungskündigung rechtsunwirksam sei. Es werde bestritten, dass sich die Beklagte in einer wirtschaftlichen schwierigen Situation befunden habe. Ferner sei nur die Klägerin in Kurzarbeit geschickt worden. Es sei zudem Ende März 2020 im Team besprochen worden, dass die Monate April und Mai noch abgewartet werden sollten wegen Kurzarbeit, da die Auftragslage noch gut gewesen sei. 24 Die Klägerin beantragt nach Klagerücknahme im Übrigen zuletzt mit dem Hinweis, dass sich der Klageantrag Ziffer 1 sowohl gegen die fristlose als auch die ordentliche Änderungskündigung richte: 25 1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 22.04.2020, der klägerischen Partei am 23.04.2020 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist. 26 2. Die beklagte Partei wird verurteilt, der klägerischen Partei ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt. 27 3. Die beklagte Partei wird verurteilt an die klägerische Partei EUR3.500 brutto aus Lohnmonat Mai 2020 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2020 zu bezahlen. 28 4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, an die Klägerin für den Lohnmonat April 2020 einen Betrag von EUR 1.750,00 brutto zu bezahlen. 29 Die Beklagte beantragt: 30 Klageabweisung. 31 Die Beklagte trägt vor, dass sie von einer Verfristung der Klage nach §§ 4,7 KSchG ausgehe, da die fristlose Änderungskündigung nicht angegriffen worden sei. Im Übrigen sei die Änderungskündigung auch rechtswirksam. Zur Einführung der notwendigen Kurzarbeit habe nur das Mittel Änderungskündigung zur Verfügung gestanden, da die Klägerin einer individuellen arbeitsvertraglichen Lösung ja auch nicht zugestimmt habe. Ein entsprechender Rückgang des Arbeitskräftebedarfs habe sowohl für den Betrieb (was durch die Bewilligung von Kurzarbeit durch die Bundesagentur bestätigt werde) als auch in der Person der Klägerin im Hinblick auf die Kindergartenschließungen bestanden. Bei den anderen Mitarbeitern, die alle sich vertraglich zur Einführung von Kurzarbeit bereit erklärt hätten, sei im Übrigen tatsächlich Kurzarbeit ab Mai/Juni 2020 eingeführt worden. Mit den Ankündigungsfristen sowie der zeitlichen Begrenzung der Einführung von Kurzarbeit sei auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt. Ein Zahlungsanspruch bestehe zu Gunsten der Klägerin nicht, da das Arbeitsverhältnis durch die fristlose Änderungskündigung mit Zugang sein Ende gefunden habe. Im Übrigen schulde die Beklagte allenfalls für Mai 2020 bis 15.05.2020 im Hinblick auf die Begrenzung durch den 6-Wochenzeitraum des § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz einen Betrag von 1.750,00 Euro. 32 Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 24.04.2020, der Beklagten am 05.05.2020 zugestellt, Klage erhoben. 33 Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verhandlungsprotokolle verwiesen, vgl. nur § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 313 Abs. 2 S. 2 ZPO. Entscheidungsgründe   34 Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg. Soweit die Klägerin einen Betrag von 1.750,00 Euro brutto nebst Zinsen verlangt sowie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses ist die Klage begründet (vgl. nur I. 3 und 4 der Gründe). Im Übrigen war sie sowohl bezüglich der Änderungsschutzklage nach § 4 S. 2 KSchG als auch bezüglich des weitergehenden Zahlungsanspruches abzuweisen (näher unter I.1 bzw. 1. 2 der Gründe). Im Einzelnen: I. 35 1. Die als fristlose Änderungskündigung ausgesprochene Kündigung zur Einführung von Kurzarbeit in der hiesigen Form ist rechtswirksam, da ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB besteht. 36 a) Die Kündigung gilt nicht nach § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG, §§ 4,7 KSchG als rechtswirksam, da die Klägerin die maßgebliche 3-wöchige Klageerhebungsfrist durch den Antrag nach § 4 S. 2 KSchG gewahrt hat. 37 Die Klageschrift war dabei so auszulegen, dass der Klageantrag Ziffer 1 sich auch auf die außerordentliche Kündigung vom 22.04.2020 bezieht. Dafür spricht bereits der Wortlaut des Antrages, wonach die Änderungen in der Änderungskündigung vom 22.04.2020 für rechtsunwirksam gelten gemacht werden; dies erfasst auch die fristlose Änderungskündigung. Hat der Arbeitgeber in erster Linie außerordentlich und nur hilfsweise ordentlich gekündigt, handelt es sich nur um eine Kündigungserklärung, hierauf weist die Beklagte zu Recht hin (vgl. etwa LAG Düsseldorf, Urt. v. 27.04.2011, 7 Sa 1418/10, Rn. 32). Auch die Klagebegründung spricht dafür, die außerordentliche Kündigung wird dabei ausdrücklich erwähnt, wobei im nächsten Absatz der Klägervertreter ausführt, dass diese Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen worden sei. Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht davon ausgehen würde, in der Klageschrift sei ursprünglich nur die ordentliche Änderungskündigung angegriffen worden, würde sich am Ergebnis nichts ändern: Ein Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG wahrt die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG für eine nachfolgende (oder ergänzend gleichzeitig ausgesprochene) Beendigungskündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem "Änderungstermin" der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger die Unwirksamkeit der Folgekündigung noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG geltend macht (vgl. BAG vom 24.05.2018 – 2 AZR 67/18; vgl. im Übrigen auch BAG vom 18.1.2014 – 2 AZR 163/14; zu einem möglichen Wechsel eines Antrages nach § 4 Abs. 1 KSchG auf § 4 S. 2 KSchG auch BAG vom 21.05.2019 – 2 AZR 26/19). 38 b) Die außerordentliche Änderungskündigung zur Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit in der Zeit vom 18.05.2020 bis 31.12.2020 ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. 39 aa) Eine betriebsbedingte ordentliche Änderungskündigung ist grundsätzlich sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot bedingen. Zudem muss der Arbeitgeber sich darauf beschränken, dem Arbeitnehmer nur solche Änderungen anzubieten, die dieser billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Dieser Prüfungsmaßstab gilt unabhängig davon, ob die Änderungen gemäß § 2 KSchG unter Vorbehalt angenommen worden sind oder nicht (BAG vom 02.03.2017 – 2 AZR 546/17). Für die außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung ist darüber hinaus entscheidend, ob die zugrundeliegende Organisationsentscheidung die vorgeschlagene Änderung erzwingt oder ob sie im Wesentlichen auch ohne oder mit weniger einschneidenden Änderungen im Arbeitsvertrag des Gekündigten durchsetzbar bleibt (vgl. nur BAG vom 18.05.2006 – 2 AZR 207/05 Rz. 26). 40 Die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit, speziell in der Form einer außerordentlichen Änderungskündigung, werden nicht einheitlich gesehen und sind – soweit ersichtlich – noch nicht (höchstrichterlich) geklärt (das Bundesarbeitsgericht verweist lediglich darauf, dass bei Ausscheiden einer arbeitsvertraglichen, betrieblichen oder tarifvertraglichen Regelung nur der Weg über die Änderungskündigung verbliebe, ohne die Voraussetzungen hierfür jedoch näher darzulegen, vgl. etwa BAG vom 27.01.1994 – 6 AZR 541/93). Es stellt sich insbesondere die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Änderungskündigung bei Entgeltreduzierung Anwendung findet (vgl. aus jünger Zeit etwa Bauer/Günther, NZA 2020, S. 419 ff.; vgl. auch Schmidt-Rolfs, AuA 2020, S. 353 ff; einschränkend eher Weller/König, BB 2020, 953). 41 bb) Die erkennende Kammer hält im vorliegenden Fall die ausgesprochene (fristlose) Änderungskündigung für rechtswirksam. Bauer/Günther a.a.O verweisen überzeugend auf die Unterschiede zur reinen Entgeltreduzierung hin, insbesondere, dass gerade nicht in das Äquivalenzinteresse eingegriffen wird und die Kurzarbeit nur auf Dauer angelegt ist. Vor allem ist aber die gesetzgeberische Wertung der §§ 95 ff. SGB III zu berücksichtigen, so dass anzunehmen ist, dass zugleich in einem erheblichen Arbeitsausfall i.S.v. § 96 SGB III ein dringendes betriebliches Erfordernis liegt, welches eine Änderungskündigung rechtfertigt. Hier ist schon im Interesse der Rechtsklarheit ein Gleichlauf zu fordern (so auch im Ergebnis Schmidt-Rolfs, AuA 2020, a.a.O.). Dass auch eine Verknüpfung zwischen den arbeitsrechtlichen und den sozialrechtlichen Regeln durchaus besteht und dies nach Ansicht der Kammer zu einer entsprechenden Auslegung des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ in hiesiger speziellen Konstellation führt, zeigt gerade etwa die Begrifflichkeit eines vorliegenden Entgeltausfalles. Ein durch erheblichen Arbeitsausfall eintretender Entgeltausfall liegt nur dann vor, wenn die Kurzarbeit wirksam eingeführt wurde (vgl. § 95 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III, vgl. auch Bertz, NJW Spezial 2020, S. 242). Wenn nun ein Betriebsrat nicht besteht und eine individualvertragliche Regelung aufgrund Ablehnung der Arbeitnehmerseite ausscheidet, bleibt nur noch die Möglichkeit zur Änderungskündigung, die nach Ansicht der erkennenden Kammer, um den Zugang zum vorgesehenen und auch beschäftigungspolitischen gewünschten Kurzarbeitergeld nicht „zu verbauen“, an keine erhöhten Anforderungen, insbesondere etwa in Form einer drohenden Insolvenz (so für den Bereich der außerordentlichen Änderungskündigung wohl Weller/König, a.a.O.), zu messen sein darf, soweit – dazu noch gleich weiter – der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Richtig ist nun zwar, dass die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen, was insbesondere die Betrachtung des Arbeitsausfalles mit Entgeltausfall angeht, nicht den einzelnen Arbeitnehmer betrachten (dies löst sich von der grundsätzlichen arbeitsrechtlichen Betrachtung, ob speziell bezogen auf den einzelnen Arbeitnehmer ein Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit besteht), sondern einen Betriebsbezug herstellen. So regelt derzeit abweichend von § 96 Absatz 1 S. 1 Nr. 4 SGB III nach § 109 Absatz 5 S. 1 Nr. SGB iVm § 1 Nr. 1 der Verordnung vom 25.3.2020, dass im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) der Anteil der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoeinkommens betroffen sein muss, mindestens 10 % beträgt. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit der vorliegenden Änderungskündigung zunächst lediglich überhaupt die Grundlage geschaffen werden soll, im Übrigen im Einzelnen Kurzarbeit einführen zu können. Voraussetzung der Anordnung der Kurzarbeit soll nach der Formulierung der Änderungskündigung gerade auch sein, dass die persönlichen Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld gerade in der Person der Klägerin vorliegen, was wiederum den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt. Damit ist auch nicht entscheidend, ob überhaupt im Hinblick auf die Erkrankung der Klägerin die persönlichen Voraussetzungen zur Zahlung von Kurzarbeitergeld vorlagen bzw. nicht Krankengeld zu zahlen wäre (vgl. hierzu § 98 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 SGB III). Es kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass die Änderungskündigung von vornherein überflüssig gewesen ist im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Jedenfalls war zum Zeitpunkt der Kündigung nicht ersichtlich, dass die Klägerin längere Zeit arbeitsunfähig ausfällt und damit von vornherein eine Umsetzung der Kurzarbeit bei der Klägerin ausgeschlossen gewesen wäre, jedenfalls trägt die Klägerin dazu nicht konkret vor. Im Übrigen geht die Kammer auch bezogen auf die Klägerin von einem konkreten relevanten Arbeitsausfall aus und damit von einem dringenden betrieblichen Erfordernis auch im Sinne einer individuellen Betrachtung. Die Klägerin war zeitlich überwiegend zuletzt im Bereich der Betreuung der externen Mitarbeiter im Kindergartenbereich eingesetzt, was sie auch nicht bestreitet. Durch die coronabedingte Schließung der Kindergärten (und die Abmeldung bzw. Nichtbeschäftigungsmöglichkeit der Leiharbeitnehmer in diesem Bereich) ist es hier zu einer erheblichen Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs gekommen, die die Klägerin nicht einfach pauschal bestreiten kann. Die Änderungskündigung wahrt im Übrigen auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es besteht eine Vorlauffrist von über drei Wochen (möglicher Beginn 18.05.2020) und die Einführungsmöglichkeit wurde zeitlich begrenzt (bis zum 31.12.2020), wobei die Kammer – mit der Beklagtenseite – die Formulierung „voraussichtlich“ als Höchstgrenze ansieht, d.h. hiermit keine Kurzarbeit über den 31.12.2020 hinaus eingeführt werden sollte. Dies wird auch bestätigt mit einer vergleichenden Betrachtung zum Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit, der auch bis zum 31.12.2020 befristet ist. Die Beklagte hat auch zuvor als milderes Mittel (erfolglos) versucht, ohne Bestandsgefährdung die Möglichkeit der Kurzarbeit vertraglich durch Vereinbarung mit der Klägerin zu implementieren. 42 Die erkennende Kammer geht in hiesiger Konstellation davon aus, dass hier auch die Voraussetzungen einer fristlosen Änderungskündigung gegeben sind. Dafür spricht – mit Bauer/Günther a.a.O. – zunächst die Überlegung, dass ein Verweis auf – wie hier – längere Kündigungsfristen und damit die ordentliche Kündigung bei der Einführung von Kurzarbeit aufgrund drohendem Zeitablauf für den Arbeitgeber zu einer nicht möglichen sinnvollen Nutzung der Regelungsinstrumentarien der Kurzarbeit führt. Konkret wäre hier die Kündigungsfrist der 31.07.2020 gewesen, wobei die Beklagte im Rahmen des Kammertermins ausgeführt hat, dass die Kurzarbeitsphase bereits aktuell wieder vorbei ist. Dies gilt zudem gerade in der Corona-bedingten Situation, bei der die Schließung der Einrichtungen wie hier ohne längere Ankündigung (und damit ohne Planbarkeit) vollzogen wurde und dies sich unvorhersehbar kurzfristig auf den Arbeitsbedarf ausgewirkt hat. Würde man dies anders sehen, wäre im Ergebnis bei Verweigerung einzelner Arbeitnehmer die Einführungsmöglichkeit von Kurzarbeit gerade bei längeren Kündigungsfristen (sinnvoll) ausgeschlossen, obwohl die Kurzarbeit primär den Zweck ja hat, einen Arbeitsplätzeabbau zu verhindern. Auch ein Vergleich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur fristlosen Änderungskündigung bei vereinbartem Ausschluss einer ordentlichen Kündigung (hierzu etwa BAG vom 02.03.2006 – 2 AZR 64/05) bestätigt dieses Ergebnis nach Ansicht der erkennenden Kammer. In diesem Bereich sind zu Recht erhöhte Anforderungen, insbesondere was vorherig zumutbare Maßnahmen erfordert, anzunehmen, da der Arbeitgeber hier – autonom – eine vertragliche Verpflichtung selbst eingegangen ist und damit auch ein erhöhtes Risiko, was in hiesiger Konstellation gerade nicht der Fall ist. 43 Andere mildere Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Es musste hier nicht entschieden werden, ob etwa ein Abbau von Urlaub bzw. etwaigem Überstundenguthaben (hierzu wurde von beiden Seiten nichts vorgetragen) konkret in der Position der Klägerin vor Kurzarbeit hätte erfolgen müssen. Dies berücksichtigt die Änderungskündigung gerade, in der es nur um die Möglichkeit einer generellen Einführung von Kurzarbeit geht mit der späteren Möglichkeit einer konkreten Umsetzungsentscheidung (soweit die persönlichen Voraussetzungen vorliegen, wobei auch hier noch eine weitere Ankündigungsfrist von 3 Wochen zu wahren ist, was wiederum die Verhältnismäßigkeit der Änderungskündigung unterstreicht). Die konkrete Umsetzungsentscheidung bezüglich etwaiger Dauer und Umfang der Kurzarbeit dürfte zudem einer jedenfalls gerichtlichen kontrollierbaren Entscheidung des Arbeitgebers auf Billigkeit (§ 315 BGB) unterworfen sein, was ferner noch weiter für die Verhältnismäßigkeit spricht. 44 Es wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine fehlerhafte Sozialauswahl (die möglicherweise auch im Bereich des § 626 BGB zu berücksichtigen wäre) nicht gerügt hat, in der Klage wurde kein Auskunftsrecht nach § 1 Abs. 3 KSchG geltend gemacht. In dem Vortrag, bei anderen Arbeitnehmern sei keine Kurzarbeit eingeführt worden, wird dabei nicht, auch nicht als konkludente Rüge der Sozialauswahl gesehen. Im Übrigen wurde bei der Klägerin tatsächlich konkret gerade nicht Kurzarbeit durchgeführt, dies schon deswegen nicht, da die Beklagte von einer Vertragsbeendigung zum 22.04.2020 offensichtlich ausging bzw. die Klägerin längere Zeit erkrankte. Dass im Übrigen alle anderen Personaldisponenten die Möglichkeit zu Einführung von Kurzarbeit vertraglich vereinbarten und damit nicht gezielt die Klägerin lediglich ausgewählt wurde, wurde unstreitig im Rahmen des Kammertermins durch die Beklagte vorgetragen. 45 Nach alledem war der Klageantrag Ziffer 1 abzuweisen, auf die hilfsweise ordentliche Kündigung kam es nicht mehr an. Der Antrag Ziffer 1 ist bezogen auf die ordentliche Änderungskündigung dabei als bedingt gestellt für den Fall der Stattgabe der Klage zu verstehen. 46 2. Die Feststellungsklage bezüglich des Lohnes April 2020 ist bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO ist nicht ersichtlich und nicht dargelegt, auf den Vorrang der Leistungsklage sei verwiesen. Im Übrigen hat die Beklagte auch unwidersprochen vorgetragen, dass der komplette Lohn für April 2020 bezahlt worden sei, d.h. es ist ohnehin Erfüllung nach § 362 BGB eingetreten. 47 3. Der Klägerin steht der geltend gemachte Lohnanspruch für Mai 2020 aus § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz in Verbindung mit den Regeln des Arbeitsvertrages in Höhe von 1.750,00 Euro brutto zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. 48 a) Die Klägerin war seit dem 06.04.2020 arbeitsunfähig erkrankt, so dass ihr für 6 Wochen, d.h. bis zum 17.05.2020 (ein Sonntag) ein Entgeltfortzahlungsanspruch zusteht. 49 b) Die Klägerin war und ist auch über den Zeitpunkt des 22.04.2020 hinaus noch Arbeitnehmerin der Beklagten, das Arbeitsverhältnis hat nicht mit dem Zugang der fristlosen Änderungskündigung geendet, auch wenn die Änderungsschutzklage nach § 4 S. 2 KSchG abgewiesen wurde. 50 (1) Wird das Änderungsangebot unter Vorbehalt nach § 2 KSchG angenommen und wird die Änderungsschutzklage (rechtskräftig) abgewiesen, wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt (vgl. nur Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrechtskommentar, § 2 KSchG Rz. 124, 9. Auflage). 51 (2) Die Klägerseite hat die fristlose Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Schreibens der Klägerseite vom 24.04.2020. Im Schreiben ist von der Vorbehaltsannahme bezogen auf „die Änderungskündigung vom 22.04.2020“ die Rede, eine Differenzierung nach außerordentlicher bzw. ordentlicher Kündigung findet sich hierin nicht. Auch in der Klage wird auf die die Vorbehaltsannahme bezogen auf eine Kündigung vom 22.04.2020 verwiesen. Die anderweitige Aussage des Prozessvertreters im Rahmen des Gütetermins, ohne nähere Begründung, ist nicht geeignet, ein anderweitiges objektives Auslegungsergebnis zu ändern, zumal die Aussage erst zeitlich deutlich später und nicht im Zusammenhang mit der Vorbehaltserklärung erfolgte und im Rahmen des Kammertermins auch berichtigt wurde. 52 (3) Der Zahlungsanspruch besteht, da am 16. und 17.5.2020 keine Arbeitspflicht bestand (Samstag und Sonntag, 5-Tage-Woche), nur bis zum 15.05.2020 und damit in Höhe eines hälftigen Bruttomonatsgehaltes, d.h. 1.750,00 Euro. Der Zinsanspruch besteht aus Verzugsgesichtspunkten, wobei die Leistung nach dem Kalender bestimmt ist (vgl. nur §§ 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 288 Abs. 1 BGB. 53 4. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zwischenzeugnisanspruch zu. 54 a) In der Rechtsprechung wird in Analogie zu § 630 BGB bzw. § 109 GewO ein Zwischenzeugnisanspruch als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag, und zwar aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hergeleitet, wenn ein besonderer Grund besteht, der ein gesondertes Interesse des Klägers an der Erteilung eines Zwischenzeugnisses begründet. Dies ist etwa bei einem Vorgesetztenwechsel, Ausspruch einer Änderungskündigung bzw. geplanten konkreten beruflichen Veränderungen etc. der Fall (vgl. nur BAG vom 17.04.2019 – 7 AZR 292/17). 55 b) Die Beklagte hat eine Änderungskündigung ausgesprochen, zudem ist die Klägerin jedenfalls längere Zeit arbeitsunfähig gewesen. Ein berechtigtes Interesse für ein Zwischenzeugnis ist anzunehmen, die Beklagte hat dies im Übrigen auch nicht bestritten, sondern zu diesem Punkt gar kein Vortrag geleistet. II. 56 Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 91, § 92 Abs. 1 ZPO, die Kosten waren im Hinblick auf den unterschiedlichen Obsiegens- und Unterliegensanteil anteilmäßig zu quoteln. III. 57 Der Urteilsstreitwert (§ 61 Abs. 1 S. 1 ArbGG) war auf 18.900,00 Euro festzusetzen. Die Änderungsschutzklage wurde mit einem Quartalsverdienst gemäß § 3 ZPO bewertet, die Zahlungsanträge entsprechend dem Nennbetrag der (Haupt-)Forderung, wobei bezüglich der Feststellungsklage ein Abschlag von 20 % gemacht wurde. Der Zwischenzeugnisantrag wurde mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet. IV. 58 Gründe für eine gesonderte Zulassung der Berufung bestanden nicht, vgl. § 64 Abs. 3 ArbGG, § 64 Abs. 3a ArbGG. Gründe   34 Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg. Soweit die Klägerin einen Betrag von 1.750,00 Euro brutto nebst Zinsen verlangt sowie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses ist die Klage begründet (vgl. nur I. 3 und 4 der Gründe). Im Übrigen war sie sowohl bezüglich der Änderungsschutzklage nach § 4 S. 2 KSchG als auch bezüglich des weitergehenden Zahlungsanspruches abzuweisen (näher unter I.1 bzw. 1. 2 der Gründe). Im Einzelnen: I. 35 1. Die als fristlose Änderungskündigung ausgesprochene Kündigung zur Einführung von Kurzarbeit in der hiesigen Form ist rechtswirksam, da ein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB besteht. 36 a) Die Kündigung gilt nicht nach § 13 Abs. 1 S. 2 KSchG, §§ 4,7 KSchG als rechtswirksam, da die Klägerin die maßgebliche 3-wöchige Klageerhebungsfrist durch den Antrag nach § 4 S. 2 KSchG gewahrt hat. 37 Die Klageschrift war dabei so auszulegen, dass der Klageantrag Ziffer 1 sich auch auf die außerordentliche Kündigung vom 22.04.2020 bezieht. Dafür spricht bereits der Wortlaut des Antrages, wonach die Änderungen in der Änderungskündigung vom 22.04.2020 für rechtsunwirksam gelten gemacht werden; dies erfasst auch die fristlose Änderungskündigung. Hat der Arbeitgeber in erster Linie außerordentlich und nur hilfsweise ordentlich gekündigt, handelt es sich nur um eine Kündigungserklärung, hierauf weist die Beklagte zu Recht hin (vgl. etwa LAG Düsseldorf, Urt. v. 27.04.2011, 7 Sa 1418/10, Rn. 32). Auch die Klagebegründung spricht dafür, die außerordentliche Kündigung wird dabei ausdrücklich erwähnt, wobei im nächsten Absatz der Klägervertreter ausführt, dass diese Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen worden sei. Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Ansicht davon ausgehen würde, in der Klageschrift sei ursprünglich nur die ordentliche Änderungskündigung angegriffen worden, würde sich am Ergebnis nichts ändern: Ein Änderungsschutzantrag nach § 4 Satz 2 KSchG wahrt die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG für eine nachfolgende (oder ergänzend gleichzeitig ausgesprochene) Beendigungskündigung, die vor dem oder zeitgleich mit dem "Änderungstermin" der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger die Unwirksamkeit der Folgekündigung noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG geltend macht (vgl. BAG vom 24.05.2018 – 2 AZR 67/18; vgl. im Übrigen auch BAG vom 18.1.2014 – 2 AZR 163/14; zu einem möglichen Wechsel eines Antrages nach § 4 Abs. 1 KSchG auf § 4 S. 2 KSchG auch BAG vom 21.05.2019 – 2 AZR 26/19). 38 b) Die außerordentliche Änderungskündigung zur Möglichkeit der Einführung von Kurzarbeit in der Zeit vom 18.05.2020 bis 31.12.2020 ist gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. 39 aa) Eine betriebsbedingte ordentliche Änderungskündigung ist grundsätzlich sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse das Änderungsangebot bedingen. Zudem muss der Arbeitgeber sich darauf beschränken, dem Arbeitnehmer nur solche Änderungen anzubieten, die dieser billigerweise hinnehmen muss. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags an die verbliebenen Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des Arbeitsverhältnisses entfernen, als dies zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Dieser Prüfungsmaßstab gilt unabhängig davon, ob die Änderungen gemäß § 2 KSchG unter Vorbehalt angenommen worden sind oder nicht (BAG vom 02.03.2017 – 2 AZR 546/17). Für die außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung ist darüber hinaus entscheidend, ob die zugrundeliegende Organisationsentscheidung die vorgeschlagene Änderung erzwingt oder ob sie im Wesentlichen auch ohne oder mit weniger einschneidenden Änderungen im Arbeitsvertrag des Gekündigten durchsetzbar bleibt (vgl. nur BAG vom 18.05.2006 – 2 AZR 207/05 Rz. 26). 40 Die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit, speziell in der Form einer außerordentlichen Änderungskündigung, werden nicht einheitlich gesehen und sind – soweit ersichtlich – noch nicht (höchstrichterlich) geklärt (das Bundesarbeitsgericht verweist lediglich darauf, dass bei Ausscheiden einer arbeitsvertraglichen, betrieblichen oder tarifvertraglichen Regelung nur der Weg über die Änderungskündigung verbliebe, ohne die Voraussetzungen hierfür jedoch näher darzulegen, vgl. etwa BAG vom 27.01.1994 – 6 AZR 541/93). Es stellt sich insbesondere die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Änderungskündigung bei Entgeltreduzierung Anwendung findet (vgl. aus jünger Zeit etwa Bauer/Günther, NZA 2020, S. 419 ff.; vgl. auch Schmidt-Rolfs, AuA 2020, S. 353 ff; einschränkend eher Weller/König, BB 2020, 953). 41 bb) Die erkennende Kammer hält im vorliegenden Fall die ausgesprochene (fristlose) Änderungskündigung für rechtswirksam. Bauer/Günther a.a.O verweisen überzeugend auf die Unterschiede zur reinen Entgeltreduzierung hin, insbesondere, dass gerade nicht in das Äquivalenzinteresse eingegriffen wird und die Kurzarbeit nur auf Dauer angelegt ist. Vor allem ist aber die gesetzgeberische Wertung der §§ 95 ff. SGB III zu berücksichtigen, so dass anzunehmen ist, dass zugleich in einem erheblichen Arbeitsausfall i.S.v. § 96 SGB III ein dringendes betriebliches Erfordernis liegt, welches eine Änderungskündigung rechtfertigt. Hier ist schon im Interesse der Rechtsklarheit ein Gleichlauf zu fordern (so auch im Ergebnis Schmidt-Rolfs, AuA 2020, a.a.O.). Dass auch eine Verknüpfung zwischen den arbeitsrechtlichen und den sozialrechtlichen Regeln durchaus besteht und dies nach Ansicht der Kammer zu einer entsprechenden Auslegung des „dringenden betrieblichen Erfordernisses“ in hiesiger speziellen Konstellation führt, zeigt gerade etwa die Begrifflichkeit eines vorliegenden Entgeltausfalles. Ein durch erheblichen Arbeitsausfall eintretender Entgeltausfall liegt nur dann vor, wenn die Kurzarbeit wirksam eingeführt wurde (vgl. § 95 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB III, vgl. auch Bertz, NJW Spezial 2020, S. 242). Wenn nun ein Betriebsrat nicht besteht und eine individualvertragliche Regelung aufgrund Ablehnung der Arbeitnehmerseite ausscheidet, bleibt nur noch die Möglichkeit zur Änderungskündigung, die nach Ansicht der erkennenden Kammer, um den Zugang zum vorgesehenen und auch beschäftigungspolitischen gewünschten Kurzarbeitergeld nicht „zu verbauen“, an keine erhöhten Anforderungen, insbesondere etwa in Form einer drohenden Insolvenz (so für den Bereich der außerordentlichen Änderungskündigung wohl Weller/König, a.a.O.), zu messen sein darf, soweit – dazu noch gleich weiter – der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt ist. Richtig ist nun zwar, dass die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen, was insbesondere die Betrachtung des Arbeitsausfalles mit Entgeltausfall angeht, nicht den einzelnen Arbeitnehmer betrachten (dies löst sich von der grundsätzlichen arbeitsrechtlichen Betrachtung, ob speziell bezogen auf den einzelnen Arbeitnehmer ein Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit besteht), sondern einen Betriebsbezug herstellen. So regelt derzeit abweichend von § 96 Absatz 1 S. 1 Nr. 4 SGB III nach § 109 Absatz 5 S. 1 Nr. SGB iVm § 1 Nr. 1 der Verordnung vom 25.3.2020, dass im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) der Anteil der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoeinkommens betroffen sein muss, mindestens 10 % beträgt. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit der vorliegenden Änderungskündigung zunächst lediglich überhaupt die Grundlage geschaffen werden soll, im Übrigen im Einzelnen Kurzarbeit einführen zu können. Voraussetzung der Anordnung der Kurzarbeit soll nach der Formulierung der Änderungskündigung gerade auch sein, dass die persönlichen Voraussetzungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld gerade in der Person der Klägerin vorliegen, was wiederum den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahrt. Damit ist auch nicht entscheidend, ob überhaupt im Hinblick auf die Erkrankung der Klägerin die persönlichen Voraussetzungen zur Zahlung von Kurzarbeitergeld vorlagen bzw. nicht Krankengeld zu zahlen wäre (vgl. hierzu § 98 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 SGB III). Es kann jedenfalls nicht angenommen werden, dass die Änderungskündigung von vornherein überflüssig gewesen ist im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin. Jedenfalls war zum Zeitpunkt der Kündigung nicht ersichtlich, dass die Klägerin längere Zeit arbeitsunfähig ausfällt und damit von vornherein eine Umsetzung der Kurzarbeit bei der Klägerin ausgeschlossen gewesen wäre, jedenfalls trägt die Klägerin dazu nicht konkret vor. Im Übrigen geht die Kammer auch bezogen auf die Klägerin von einem konkreten relevanten Arbeitsausfall aus und damit von einem dringenden betrieblichen Erfordernis auch im Sinne einer individuellen Betrachtung. Die Klägerin war zeitlich überwiegend zuletzt im Bereich der Betreuung der externen Mitarbeiter im Kindergartenbereich eingesetzt, was sie auch nicht bestreitet. Durch die coronabedingte Schließung der Kindergärten (und die Abmeldung bzw. Nichtbeschäftigungsmöglichkeit der Leiharbeitnehmer in diesem Bereich) ist es hier zu einer erheblichen Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs gekommen, die die Klägerin nicht einfach pauschal bestreiten kann. Die Änderungskündigung wahrt im Übrigen auch das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Es besteht eine Vorlauffrist von über drei Wochen (möglicher Beginn 18.05.2020) und die Einführungsmöglichkeit wurde zeitlich begrenzt (bis zum 31.12.2020), wobei die Kammer – mit der Beklagtenseite – die Formulierung „voraussichtlich“ als Höchstgrenze ansieht, d.h. hiermit keine Kurzarbeit über den 31.12.2020 hinaus eingeführt werden sollte. Dies wird auch bestätigt mit einer vergleichenden Betrachtung zum Bewilligungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit, der auch bis zum 31.12.2020 befristet ist. Die Beklagte hat auch zuvor als milderes Mittel (erfolglos) versucht, ohne Bestandsgefährdung die Möglichkeit der Kurzarbeit vertraglich durch Vereinbarung mit der Klägerin zu implementieren. 42 Die erkennende Kammer geht in hiesiger Konstellation davon aus, dass hier auch die Voraussetzungen einer fristlosen Änderungskündigung gegeben sind. Dafür spricht – mit Bauer/Günther a.a.O. – zunächst die Überlegung, dass ein Verweis auf – wie hier – längere Kündigungsfristen und damit die ordentliche Kündigung bei der Einführung von Kurzarbeit aufgrund drohendem Zeitablauf für den Arbeitgeber zu einer nicht möglichen sinnvollen Nutzung der Regelungsinstrumentarien der Kurzarbeit führt. Konkret wäre hier die Kündigungsfrist der 31.07.2020 gewesen, wobei die Beklagte im Rahmen des Kammertermins ausgeführt hat, dass die Kurzarbeitsphase bereits aktuell wieder vorbei ist. Dies gilt zudem gerade in der Corona-bedingten Situation, bei der die Schließung der Einrichtungen wie hier ohne längere Ankündigung (und damit ohne Planbarkeit) vollzogen wurde und dies sich unvorhersehbar kurzfristig auf den Arbeitsbedarf ausgewirkt hat. Würde man dies anders sehen, wäre im Ergebnis bei Verweigerung einzelner Arbeitnehmer die Einführungsmöglichkeit von Kurzarbeit gerade bei längeren Kündigungsfristen (sinnvoll) ausgeschlossen, obwohl die Kurzarbeit primär den Zweck ja hat, einen Arbeitsplätzeabbau zu verhindern. Auch ein Vergleich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur fristlosen Änderungskündigung bei vereinbartem Ausschluss einer ordentlichen Kündigung (hierzu etwa BAG vom 02.03.2006 – 2 AZR 64/05) bestätigt dieses Ergebnis nach Ansicht der erkennenden Kammer. In diesem Bereich sind zu Recht erhöhte Anforderungen, insbesondere was vorherig zumutbare Maßnahmen erfordert, anzunehmen, da der Arbeitgeber hier – autonom – eine vertragliche Verpflichtung selbst eingegangen ist und damit auch ein erhöhtes Risiko, was in hiesiger Konstellation gerade nicht der Fall ist. 43 Andere mildere Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Es musste hier nicht entschieden werden, ob etwa ein Abbau von Urlaub bzw. etwaigem Überstundenguthaben (hierzu wurde von beiden Seiten nichts vorgetragen) konkret in der Position der Klägerin vor Kurzarbeit hätte erfolgen müssen. Dies berücksichtigt die Änderungskündigung gerade, in der es nur um die Möglichkeit einer generellen Einführung von Kurzarbeit geht mit der späteren Möglichkeit einer konkreten Umsetzungsentscheidung (soweit die persönlichen Voraussetzungen vorliegen, wobei auch hier noch eine weitere Ankündigungsfrist von 3 Wochen zu wahren ist, was wiederum die Verhältnismäßigkeit der Änderungskündigung unterstreicht). Die konkrete Umsetzungsentscheidung bezüglich etwaiger Dauer und Umfang der Kurzarbeit dürfte zudem einer jedenfalls gerichtlichen kontrollierbaren Entscheidung des Arbeitgebers auf Billigkeit (§ 315 BGB) unterworfen sein, was ferner noch weiter für die Verhältnismäßigkeit spricht. 44 Es wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine fehlerhafte Sozialauswahl (die möglicherweise auch im Bereich des § 626 BGB zu berücksichtigen wäre) nicht gerügt hat, in der Klage wurde kein Auskunftsrecht nach § 1 Abs. 3 KSchG geltend gemacht. In dem Vortrag, bei anderen Arbeitnehmern sei keine Kurzarbeit eingeführt worden, wird dabei nicht, auch nicht als konkludente Rüge der Sozialauswahl gesehen. Im Übrigen wurde bei der Klägerin tatsächlich konkret gerade nicht Kurzarbeit durchgeführt, dies schon deswegen nicht, da die Beklagte von einer Vertragsbeendigung zum 22.04.2020 offensichtlich ausging bzw. die Klägerin längere Zeit erkrankte. Dass im Übrigen alle anderen Personaldisponenten die Möglichkeit zu Einführung von Kurzarbeit vertraglich vereinbarten und damit nicht gezielt die Klägerin lediglich ausgewählt wurde, wurde unstreitig im Rahmen des Kammertermins durch die Beklagte vorgetragen. 45 Nach alledem war der Klageantrag Ziffer 1 abzuweisen, auf die hilfsweise ordentliche Kündigung kam es nicht mehr an. Der Antrag Ziffer 1 ist bezogen auf die ordentliche Änderungskündigung dabei als bedingt gestellt für den Fall der Stattgabe der Klage zu verstehen. 46 2. Die Feststellungsklage bezüglich des Lohnes April 2020 ist bereits unzulässig. Ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO ist nicht ersichtlich und nicht dargelegt, auf den Vorrang der Leistungsklage sei verwiesen. Im Übrigen hat die Beklagte auch unwidersprochen vorgetragen, dass der komplette Lohn für April 2020 bezahlt worden sei, d.h. es ist ohnehin Erfüllung nach § 362 BGB eingetreten. 47 3. Der Klägerin steht der geltend gemachte Lohnanspruch für Mai 2020 aus § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz in Verbindung mit den Regeln des Arbeitsvertrages in Höhe von 1.750,00 Euro brutto zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. 48 a) Die Klägerin war seit dem 06.04.2020 arbeitsunfähig erkrankt, so dass ihr für 6 Wochen, d.h. bis zum 17.05.2020 (ein Sonntag) ein Entgeltfortzahlungsanspruch zusteht. 49 b) Die Klägerin war und ist auch über den Zeitpunkt des 22.04.2020 hinaus noch Arbeitnehmerin der Beklagten, das Arbeitsverhältnis hat nicht mit dem Zugang der fristlosen Änderungskündigung geendet, auch wenn die Änderungsschutzklage nach § 4 S. 2 KSchG abgewiesen wurde. 50 (1) Wird das Änderungsangebot unter Vorbehalt nach § 2 KSchG angenommen und wird die Änderungsschutzklage (rechtskräftig) abgewiesen, wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt (vgl. nur Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrechtskommentar, § 2 KSchG Rz. 124, 9. Auflage). 51 (2) Die Klägerseite hat die fristlose Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Schreibens der Klägerseite vom 24.04.2020. Im Schreiben ist von der Vorbehaltsannahme bezogen auf „die Änderungskündigung vom 22.04.2020“ die Rede, eine Differenzierung nach außerordentlicher bzw. ordentlicher Kündigung findet sich hierin nicht. Auch in der Klage wird auf die die Vorbehaltsannahme bezogen auf eine Kündigung vom 22.04.2020 verwiesen. Die anderweitige Aussage des Prozessvertreters im Rahmen des Gütetermins, ohne nähere Begründung, ist nicht geeignet, ein anderweitiges objektives Auslegungsergebnis zu ändern, zumal die Aussage erst zeitlich deutlich später und nicht im Zusammenhang mit der Vorbehaltserklärung erfolgte und im Rahmen des Kammertermins auch berichtigt wurde. 52 (3) Der Zahlungsanspruch besteht, da am 16. und 17.5.2020 keine Arbeitspflicht bestand (Samstag und Sonntag, 5-Tage-Woche), nur bis zum 15.05.2020 und damit in Höhe eines hälftigen Bruttomonatsgehaltes, d.h. 1.750,00 Euro. Der Zinsanspruch besteht aus Verzugsgesichtspunkten, wobei die Leistung nach dem Kalender bestimmt ist (vgl. nur §§ 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 288 Abs. 1 BGB. 53 4. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zwischenzeugnisanspruch zu. 54 a) In der Rechtsprechung wird in Analogie zu § 630 BGB bzw. § 109 GewO ein Zwischenzeugnisanspruch als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag, und zwar aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hergeleitet, wenn ein besonderer Grund besteht, der ein gesondertes Interesse des Klägers an der Erteilung eines Zwischenzeugnisses begründet. Dies ist etwa bei einem Vorgesetztenwechsel, Ausspruch einer Änderungskündigung bzw. geplanten konkreten beruflichen Veränderungen etc. der Fall (vgl. nur BAG vom 17.04.2019 – 7 AZR 292/17). 55 b) Die Beklagte hat eine Änderungskündigung ausgesprochen, zudem ist die Klägerin jedenfalls längere Zeit arbeitsunfähig gewesen. Ein berechtigtes Interesse für ein Zwischenzeugnis ist anzunehmen, die Beklagte hat dies im Übrigen auch nicht bestritten, sondern zu diesem Punkt gar kein Vortrag geleistet. II. 56 Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 91, § 92 Abs. 1 ZPO, die Kosten waren im Hinblick auf den unterschiedlichen Obsiegens- und Unterliegensanteil anteilmäßig zu quoteln. III. 57 Der Urteilsstreitwert (§ 61 Abs. 1 S. 1 ArbGG) war auf 18.900,00 Euro festzusetzen. Die Änderungsschutzklage wurde mit einem Quartalsverdienst gemäß § 3 ZPO bewertet, die Zahlungsanträge entsprechend dem Nennbetrag der (Haupt-)Forderung, wobei bezüglich der Feststellungsklage ein Abschlag von 20 % gemacht wurde. Der Zwischenzeugnisantrag wurde mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet. IV. 58 Gründe für eine gesonderte Zulassung der Berufung bestanden nicht, vgl. § 64 Abs. 3 ArbGG, § 64 Abs. 3a ArbGG.
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Tenor Der Antrag des Angeklagten, das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurückzuversetzen, die vor dem Senatsbeschluss vom 13.08.2020 bestand, wird auf Kosten des Angeklagten (Nr. 3920 KVGKG) verworfen. 1Gründe 2Die als Antrag nach § 356a StPO auszulegende Anhörungsrüge, welche eine Revisionsentscheidung nach § 346 Abs. 2 StPO betrifft, ist unzulässig. 3§ 356a StPO findet auf Entscheidungen des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO Anwendung. Das Revisionsgericht prüft nämlich die Zulässigkeit der Revision in umfassender Weise, so als hätte es nach § 349 Abs. 1 StPO über die Zulässigkeit der Revision zu entscheiden. Die Verwerfung des Antrags führt nicht anders als ein in der Sache entscheidender Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO zur Rechtskraft des angefochtenen Urteils. Die Anwendung des § 356a StPO – einschließlich der darin vorgesehenen Befristung – auf Beschlussentscheidungen nach § 346 Abs. 2 StPO entspricht zudem dem Anliegen des Gesetzgebers, dass die Rechtskraft von Revisionsentscheidungen durch Anträge des Angeklagten oder des Nebenklägers nicht unbefristet durchbrochen werden können soll (OLG Jena NJW 2008, 534; vgl. auch: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 356a Rdn. 2). 4Dementsprechend hätte der Angeklagte den Zeitpunkt, zu dem er von der behaupteten Gehörsverletzung Kenntnis erlangt hat, nach § 356a S. 3 StPO glaubhaft machen müssen. Das hat er nicht getan, so dass der Senat nicht prüfen kann, ob die Wochenfrist nach § 356a S. 2 StPO vom Angeklagten eingehalten wurde. Der o.g. Senatsbeschluss wurde am 24.08.2020 in den Postlauf gegeben. Die Gehörsrüge stammt vom 05.09.2020 und ist erst am 09.09.2020 eingegangen. 5Darüber hinaus wäre die Anhörungsrüge aber auch als unbegründet zurückzuweisen gewesen.
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf die Wertstufe bis 4.000,00 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Der am 4. Mai 2020 sinngemäß gestellte Antrag, 3die aufschiebende Wirkung der Klage vom selben Tag – 2 K 2262/20 – gegen die Entlassungsverfügung des Antragsgegners vom 0.0.2020 wiederherzustellen, 4hat keinen Erfolg. 5Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet. 6A. Der vorgenannte Antrag ist zulässig. Er ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 2 VwGO statthaft. Der erhobenen Klage (2 K 2262/20) kommt hinsichtlich der Entlassungsverfügung vom 0.0.2020 wegen der mit ihr verbundenen behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO abweichend von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung zu. 7B. Der Antrag ist indes unbegründet. 8I. In formeller Hinsicht genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung dem in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normierten Begründungserfordernis. Der Antragsgegner war sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst und hat dies hinreichend zum Ausdruck gebracht. Insoweit hat er bezogen auf den streitgegenständlichen Einzelfall ausgeführt, weshalb er unter Berücksichtigung des persönlichen Interesses des Antragstellers, den Vorbereitungsdienst fortzusetzen einerseits und dem Interesse der Öffentlichkeit und des internen Dienst- und Ausbildungsbetriebs an der sofortigen Vollziehbarkeit einer Entlassung in der Konstellation eines charakterlich ungeeigneten Beamten andererseits, ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung sieht. 92. Auch in materieller Hinsicht hält die Entlassungsverfügung einer rechtlichen Prüfung stand. 10Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt wiederherstellen bzw. anordnen, wenn bei einer Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Dies kommt dann in Betracht, wenn die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtswidrig ist oder aus anderen Gründen das Interesse des Antragstellers an der beantragten Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an der sofortigen Durchsetzbarkeit des Verwaltungsaktes überwiegt. 11Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Vorliegend überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. 12Die angefochtene Entlassungsverfügung vom 0.0.2020 erweist sich bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig. Die in der Hauptsache erhobene Klage gegen die Entlassungsverfügung wird voraussichtlich erfolglos bleiben. 13Die auf § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG gestützte Entlassung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist rechtlich nicht zu beanstanden. 14Die Entlassung ist zunächst formell rechtmäßig. Der Kläger wurde gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört. Die Gleichstellungsbeauftragte wurde ordnungsgemäß beteiligt (§§ 17 Abs. 1 Nr. 1, 18 Abs. 2 LGG NRW). Der nach §§ 66, 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 LPVG NRW zu beteiligende Personalrat hat der Maßnahme zugestimmt. 15Die materiellen Voraussetzungen für die Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung am 0.0.2020 ebenfalls vor. 16Nach § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG kann ein Beamter auf Widerruf jederzeit entlassen werden, sofern hierfür ein sachlicher Grund gegeben ist. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn der Beamte auf Widerruf einen Vorbereitungsdienst für eine Beamtenlaufbahn ableistet. § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG, wonach dem Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst Gelegenheit gegeben werden soll, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen, bedeutet lediglich eine Einschränkung des weiten Entlassungsermessens dahingehend, dass die Entlassung nur aus Gründen statthaft ist, die mit dem Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf im Einklang stehen. Für die Ausfüllung des Merkmals des sachlichen Grundes sind die in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 BeamtStG genannten (für die Entlassung eines Beamten auf Probe geltenden) Entlassungsgründe von maßgeblicher Bedeutung. Denn der Entlassungsschutz des Beamten auf Widerruf ist selbst unter Berücksichtigung der Regelung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG kein stärkerer als der eines Probebeamten. 17Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 K 6771/16 –, juris Rn. 21 ff. m. w. N. 18Die wertende Entscheidung des Antragsgegners, der Antragsteller sei für den Polizeiberuf (charakterlich) ungeeignet, hält einer rechtlichen Überprüfung stand. Berechtigte Zweifel an der mangelnden persönlichen Eignung können unabhängig von den Leistungen, die der Beamte in fachlicher Hinsicht gezeigt hat, als sachlicher Grund die Entlassung rechtfertigen. Zum Begriff der Eignung in diesem Sinne gehört allgemein, dass erwartet werden kann, der Beamte werde alle dienstlichen und außerdienstlichen Pflichten aus dem Beamtenverhältnis erfüllen, sowie insbesondere die charakterliche Eignung, wozu dienstlich relevante Eigenschaften wie Selbständigkeit, Organisationsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Zuverlässigkeit wie auch die Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit gehören; erfasst ist die vom Beamten zu fordernde Dienstauffassung und Loyalität. Von dem Polizeivollzugsbeamten ist in diesem Sinne eine gewisse soziale Kompetenz zu erwarten. Es wird von ihm verlangt, zugleich einerseits deeskalierend und andererseits die polizeilichen Ziele verfolgend auf andere Menschen einzuwirken. 19Die Eignungseinschätzung kann im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur darauf überprüft werden, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. 20Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 2 K 6771/16 –, juris Rn. 27 ff. m. w. N. 21Dies zugrunde gelegt ist der Antragsgegner rechtsfehlerfrei von berechtigten Zweifeln an der charakterlichen Eignung des Antragstellers ausgegangen. Anhaltspunkte dafür, die angefochtene Entlassungsverfügung litte an einem der aufgezählten Defizite, sind weder ersichtlich noch seitens des Antragstellers substantiiert dargetan. 22Der Antragsgegner hat die Entlassungsverfügung im Wesentlichen mit zwei verkehrsrechtlich relevanten Vorfällen außerhalb des Dienstes begründet. 23Vgl. hierzu bereits die Feststellungen der Kammer im Beschluss vom 5. Juni 2019 – 2 L 1189/19 –. 24In diesem Zusammenhang ist er (jeweils) von zutreffenden Sachverhalten ausgegangen. 25Auch zur Überzeugung der Kammer steht – unter anderem nach Auswertung der beigezogenen Strafakte der Staatsanwaltschaft F.     (Az. 00 Js 000/19) – fest, dass der Antragsteller in seinem von ihm am 00.00.0000 geführten Personenkraftwagen (amtliches Kennzeichen X-XX XXXX) gegen 0.00 Uhr ein im Stadtzentrum von F.     geparktes Kraftfahrzeug (amtliches Kennzeichen X-XX XXXX) angefahren hat, ohne sodann die infolge dieses Unfallereignisses erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Dies stellt jedenfalls eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 6b, § 49 Abs. 1 Nr. 29 StVO dar. Danach hat ein Unfallbeteiligter nach einem Verkehrsunfall unverzüglich zu halten (Nummer 1 der genannten Vorschrift) und eine nach den Umständen angemessene Zeit zu warten und am Unfallort den eigenen Namen und die eigene Anschrift zu hinterlassen, wenn niemand bereit war, die Feststellung zu treffen (Nummer 6b). Der Antragsteller hat sich indes nach dem Unfall vom Unfallort entfernt. Dies ergibt sich aus den Zeugenaussagen zum äußeren Geschehen, denen der Antragsteller nicht entgegengetreten ist, sondern diese stattdessen im Wesentlichen bestätigt hat. Bestritten hat er seinerzeit lediglich die Wertung des Zeugen, zum damaligen Zeitpunkt unter Alkoholeinfluss gestanden zu haben. Ausweislich der übereinstimmenden Zeugenaussagen hat der Antragsteller vor Verlassen des Unfallortes jedoch keine Schritte unternommen, um sich in eigener Person davon zu überzeugen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein Sachschaden an dem geparkten Fahrzeug entstanden ist. So ist der Antragsteller zunächst davongefahren, später erneut erschienen, um seine Tür zu öffnen und kurz nach hinten zu schauen. Die Einlassung des Antragstellers, er sei nach einem Streit mit seiner Freundin sehr aufgewühlt gewesen, lässt sich als Hinweis verstehen, der Antragsteller besitze in Stresssituationen nicht die erforderliche Reife und Abgeklärtheit, um situationsgerecht zu reagieren. Der Umstand, dass das entsprechende Strafverfahren schließlich nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt und damit nicht als Straftat geahndet worden ist, führt nicht dazu, dass dieses Verhalten als Anknüpfungspunkt für Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers ausschiede. 26Diesbezüglich greift auch nicht der Einwand des Antragstellers durch, er habe sich als besonders gewissenhaft und gesetzestreu erwiesen, in dem er seine Eigenschaft als Fahrer des Fahrzeugs und sein Fehlverhalten zugegeben habe und sich darüber hinaus nach dem Vorfall umgehend beim Ausbildungsleiter gemeldet habe. Denn die von ihm aufgezeigten Verhaltensweisen entsprechen einer Haltung, die unterschiedslos von Jedermann erwartet werden kann. Sie sind daher weder geeignet, das vorangestellte Fehlverhalten zu egalisieren, noch, den Antragsteller als in besonderer Weise verantwortungsvollen Menschen darzustellen. Soweit sich der Antragsteller für charakterlich geeignet hält, setzt er im Übrigen lediglich seine eigene Beurteilung der abweichenden Beurteilung durch den Dienstherrn entgegen, ohne dessen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum hinreichend zu beachten. 27              Vgl. auch VGH Hessen, Beschluss vom 30. Juli 2020 – 1 B 1895/19 –, juris Rn. 67. 28Des Weiteren ist der Antragsteller am 0.0.0000 gegen 0.00 Uhr zum zweiten Mal im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges in Erscheinung getreten. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. So ergibt sich aus dem beigezogenen Verwaltungsvorgang der Bußgeldstelle F.      (Az. 0-000 000-0, vorheriges Az.: Staatsanwaltschaft F.     00 Js 000/19), dass der Antragsteller zum vorgenannten Zeitpunkt der Besatzung eines Funkstreifenwagens aufgefallen ist, die zunächst beobachtet hat, wie der vom Antragsteller gelenkte Personenkraftwagen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit an ihnen vorbeigefahren ist. Bei der nachfolgenden Verfolgungsfahrt ist – ausweislich der Strafanzeige von PK G.      vom selben Tage – innerhalb einer geschlossenen Ortschaft eine Geschwindigkeit von mehr als 100 km/h festgestellt worden, wobei der Antragsteller an einer – zudem baulich bedingt schlecht einsehbaren – Einmündung das rote Wechsellicht einer Lichtzeichenanlage missachtet hat. Erst durch die Inanspruchnahme von Sonder- und Wegerechten konnte der Antragsteller nach einer Strecke von ca. 600 Metern zum Anhalten veranlasst werden. Darüber hinaus habe der Antragsteller zur Rechtfertigung angegeben, bei seiner Freundin eingeschlafen zu sein, nun aber schnell nach Hause fahren zu müssen, weil er früh eine Klausur im Fach Verkehrsrecht schreiben müsse (vgl. Bl. 3 der Verfahrensakte der Bußgeldstelle F.     , Az. 0‑000 000‑0). Dieser angegebene Rechtfertigungsgrund hat sich nach Ermittlungen des Antragsgegners indes als unzutreffend erwiesen, weil die behauptete Klausur erst für Ende April angesetzt gewesen sei. Mit diesem Verhalten hat der Antragsteller sich nachhaltig über die ihm nach § 34 Satz 3 BeamtStG obliegende Wohlverhaltenspflicht hinweggesetzt. Sein Verhalten stellt trotz seines außerdienstlichen Bezuges ein Dienstvergehen dar, weil es nach den Umständen des Einzelfalles in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen, vgl. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Der Antragsteller hat seine Bereitschaft offenbart, sich aus eigennützigen Interessen über den Schutz von Leib, Leben, Gesundheit und Sachwerten Dritter hinwegzusetzen, obwohl sein angehender Beruf als Polizeivollzugsbeamter es geradezu vorsieht, zum Schutz der aufgezählten Güter und Interessen Dritter tätig zu werden. Dabei kommt der Einhaltung von Verkehrsregeln eine elementare Bedeutung zu. Auch insoweit ist es unerheblich, dass das Ermittlungsverfahren im Hinblick auf eine Straftat gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist und auch ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen eingetretener Verfolgungsverjährung nicht zu einer Ahndung des entsprechenden Verhaltens des Antragsstellers geführt hat. Daneben hat der Antragsteller – ungeachtet der Frage der Berücksichtigungsfähigkeit seines angegebenen Rechtfertigungsgrundes – die Bereitschaft gezeigt, im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle, die Unwahrheit über die Gründe für sein Verhalten anzugeben. Die Einschätzung des Antragsgegners, dies sei für einen Kommissaranwärter nicht hinnehmbar, ist unter Berücksichtigung des ihm zustehenden und gerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. 29Die hiergegen vorgebrachten Einwände des Antragstellers verfangen nicht. Soweit der Antragsteller einen anderweitigen Geschehensablauf behauptet, sind seine Äußerungen mit Blick auf den im beigezogenen Verwaltungsvorgang enthaltenen Strafanzeigebericht der diensthabenden Beamten unglaubhaft. Denn die nunmehrige Einlassung des Antragstellers steht im Widerspruch sowohl zu seiner Einlassung im Rahmen der Strafanzeige (vgl. Bl. 2, 3 des Verwaltungsvorgangs der Bußgeldstelle F.     ), in welcher der Antragsteller ausdrücklich eine deutliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften einräumt („Ich bin, glaube ich, etwa 80 km/h gefahren. […]“), als auch zu der Schilderung der Beschreibung seines Fahrverhaltens im Rahmen des Strafanzeigeberichts (vgl. Bl. 2 des Verwaltungsvorgangs der Bußgeldstelle F.     : „[…] Beim Nachfahren betrug die gefahrene Geschwindigkeit mehr als 100 km/h, wobei sich der Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug weiterhin vergrößerte. […]“). Es sind darüber hinaus nicht einmal im Ansatz Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die seinerzeit eingesetzten Polizeibeamten PK G.      und PHK H.           ihrem Strafanzeigebericht einen gänzlich unrichtigen Sachverhalt zugrundegelegt hätten, geschweige denn, welches Motiv die beiden Beamten dafür gehabt hätten. Gleichermaßen verhält es sich, soweit der Antragsteller nunmehr behauptet, er habe im Rahmen des Vorfalls am 5. April 2019 gegenüber den beiden Polizeibeamten von einer Probeklausur gesprochen. Das Gericht bewertet diese nachträgliche Einlassung, für deren Richtigkeit der beigezogene Verwaltungsvorgang keinen Anhalt bietet, als Schutzbehauptung. Die Behauptung des Antragstellers, die vermeintliche Geschwindigkeitsüberschreitung lasse sich nicht belastbar feststellen und es sei seinerzeit nicht alles richtig protokolliert worden, erachtet die Kammer vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen als unsubstantiiert. 30Daneben vermag der Antragsteller auch mit der Behauptung, es sei durch sein Fahrverhalten keine gefährliche Situation entstanden, ebenfalls nicht durchzudringen. Stattdessen bewertet das Gericht eine solche Einlassung vielmehr als Anzeichen für eine nach wie vor fehlende Einsichtsfähigkeit eines eigenen Fehlverhaltens. 31In der von dem Antragsgegner vorgenommenen Bewertung, das vom Antragsteller gezeigte Verhalten in Gestalt der Verkehrsverstöße und der wahrheitswidrigen Aussage gegenüber Polizeikollegen stelle dessen charakterliche Eignung durchgreifend in Frage, vermag das Gericht keine Überspannung des Beurteilungsmaßstabs des § 23 Abs. 4 BeamtStG zu erkennen. 32Vgl. zur charakterlichen Ungeeignetheit im Zusammenhang mit straßenverkehrsrechtlichen Verstößen: OVG LSA, Beschluss vom 7. Mai 2020 – A M 51/20 –, juris Rn. 8; OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Oktober 2019 – 6 B 828/19 und 6 B 908/19 – juris Rn. 3. 33Auch ist nichts dafür belastbar ersichtlich, der Antragsgegner habe bei seiner Entscheidung allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verkannt. Zwar scheidet ein einmaliges außerdienstliches Fehlverhalten, das sich als persönlichkeitsfremd darstellt, als Grundlage für eine darauf gestützte Entlassungsverfügung regelmäßig aus. 34Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26. August 2005 – 6 B 1389/05 –, juris. 35Von einer solchen Situation ist der Antragsgegner hier indes nicht ausgegangen. Dies ist unter Berücksichtigung der in der Entlassungsverfügung unter anderem aufgezeigten zweimaligen straßenverkehrsrechtlichen Auffälligkeiten des Antragstellers, die hinreichende Zweifel an seiner charakterlichen Eignung hinsichtlich der Ergreifung des Polizeiberufs begründen, und dem Umstand, dass diese wiederholten Verfehlungen in gerade einmal wenigen Monaten seit Dienstbeginn stattfanden, nicht zu beanstanden. Belastbare Erwägungen, die hier geeignet wären, die vorstehende Bewertung in Zweifel zu ziehen, zeigt der Antragsteller nicht auf. 36Schließlich zeigt der Antragsteller auch mit den von ihm angeführten Umständen (unter anderem seiner vermeintlichen Entschlossenheit, die Ausbildung zum Polizeivollzugsbeamten durchzuführen, der Fortsetzung des Lernens auch nach Ausschluss aus dem Unterricht, des Wahrnehmens ehrenamtlicher Tätigkeiten und der genehmigten Nebentätigkeit für den Notrufdienst/medizinischen Transportdienst, des körperlichen Fithaltens während der Suspendierung und der parallelen Neuorientierung für die Reiterstaffel) keine Umstände auf, die dazu führten, es könne von einer Unverhältnismäßigkeit der Entlassungsverfügung ausgegangen werden. Mit seiner Entscheidung, ihn als für den Beruf des Polizeivollzugsbeamten charakterlich ungeeignet einzustufen, hat der Antragsgegner dem Antragsteller nicht generell abgesprochen, über persönlich-soziale oder fachliche Kompetenzen zu verfügen. Er ist jedoch mit Blick auf die besonderen Anforderungen an die charakterliche Eignung für den Polizeiberuf im Rahmen des ihm zustehenden Entscheidungsermessens zu dem Ergebnis gelangt, eine solche charakterliche Eignung sei beim Antragsteller nicht gegeben. Daran ist nichts zu erinnern. 37Der Antragsteller kann auch nicht mit dem Einwand durchdringen, er sei zum Zeitpunkt seines Fehlverhaltens noch Heranwachsender im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes gewesen. Denn die Entlassung aus dem Polizeivollzugsdienst stellt keine schuldausgleichende Maßnahme im Sinne einer strafrechtlichen Ahndung dar. Sie fußt stattdessen in tatsächlicher Hinsicht auf einem Vorwurf, der auf einem Fehlverhalten des Antragstellers beruht, aus welchem der Antragsgegner die Schlussfolgerung der fehlenden charakterlichen Eignung für den Polizeivollzugsdienst gezogen hat. Es ist unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums des Antragsgegners nicht zu beanstanden, dass er das Alter des Antragstellers zum Zeitpunkt der Vorfälle nicht als geeignet gesehen hat, um über die ihm vorgehaltenen (mehrfachen) Vorwürfe derart hinwegzusehen, dass der Antragsteller im (Widerrufs-)Beamtenverhältnis belassen wird. 38In Anknüpfung daran kommt es mit Blick auf den für die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung auf ein etwaiges Nachreifen des Antragstellers seit den benannten Vorfällen nicht an. Dieses wäre indes auch nicht geeignet, die gemachten Vorwürfe zu egalisieren. 39Auch unter Berücksichtigung des Interesses des Antragstellers an der Fortsetzung seines Ausbildungsverhältnisses und der Regelung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG hält die Entlassungsverfügung einer rechtlichen Überprüfung stand. Denn angesichts der vorstehend beschriebenen erheblichen Zweifel an der charakterlichen und damit der persönlichen Eignung des Antragstellers bestehen auch ernsthafte Zweifel, er könne das Ziel des Vorbereitungsdienstes, nämlich den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Beamtenlaufbahn, erreichen, 40Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Juni 2015 – 6 B 326/15 –, juris Rn. 23. 41Angesichts der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung und des mit ihr unter anderem verfolgten Zwecks, das Ansehen und die Integrität der Polizei dadurch zu bewahren, einen charakterlich ungeeigneten angehenden Polizeivollzugsbeamten aus dem Dienst zu entfernen, überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der angefochtenen Verfügung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Entlassungsverfügung. 42C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 43D. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 6 Satz 1 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 44Rechtsmittelbelehrung: 45(1)       Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. 46Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 47Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht. 48Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe. 49Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 50Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 51(2)       Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 52Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 53Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 54Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 55Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 56War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 57
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Tatbestand 1 Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung eines beamtenrechtlichen Sterbegeldes als Einkommen im Rahmen der Berechnung der Ausbildungsförderung streitig. 2 Der 1997 geborene Kläger nahm zum Wintersemester 2017/2018 an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst Hildesheim/Holzminden/Göttingen (HAWK) ein Bachelorstudium der Forstwirtschaft auf und beantragte hierfür am 9. August 2017 bei der Beklagten die Gewährung von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Die Beklagte bewilligte dem Kläger, zuletzt mit dem Änderungsbescheid vom 23. Mai 2019, für den Bewilligungszeitraum September 2017 bis August 2018 Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 414,00 Euro. Dabei rechnete sie eigenes Einkommen des Klägers in Höhe von monatlich 108,00 Euro sowie Einkommen der Mutter des Klägers in Höhe von monatlich 212,56 Euro auf den Bedarf an. Bei der Einkommensanrechnung für die Mutter wurden insgesamt 34.488,00 Euro als Einkommen berücksichtigt, welches sie für das Jahr 2015 glaubhaft machte. Da ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 noch nicht vorlag, wurden die Leistungen dem Kläger unter dem Vorbehalt der Rückforderung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 BAföG bewilligt. 3 Nach Vorlage eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2015 wurde das Einkommen der Mutter des Klägers auf der Grundlage der Festsetzungen des Steuerbescheides neu berechnet. Aufgrund der bislang nicht berücksichtigten Einnahmen aus Land- und Forstwirtschaft (3.718,00 Euro) sowie einer Sterbegeldzahlung in Höhe von 8.379,62 Euro nach § 22 Niedersächsisches Beamtenversorgungsgesetz (NBeamtVG) ergab sich ein Einkommensbetrag für das Jahr 2015 von nunmehr 46.586,00 Euro. 4 Mit Bescheid vom 29. Oktober 2019 entschied die Beklagte gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 BAföG abschließend über die Ausbildungsförderung des Klägers für den Zeitraum September 2017 bis August 2018, wobei sich nunmehr ein Förderungsbetrag in Höhe von monatlich 136,00 Euro errechnete. Als Einkommen der Mutter des Klägers wurden 491,06 Euro auf den Bedarf angerechnet. Damit ergab sich für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum ein Überzahlungsbetrag in Höhe von 3.336,00 Euro. 5 Mit Schreiben vom 6. November 2019 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 29. Oktober 2019. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Steuerbescheid aus dem Jahr 2015 unter anderem das Sterbegeld enthalte, welches seiner Mutter für den Tod seines Vaters gezahlt worden sei. Die Berücksichtigung des Sterbegeldes sei nicht korrekt, da es sich gemäß § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG um eine Einnahme handele, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegenstehe. Mit Bescheid vom 22. November 2019 wurde der Überprüfungsantrag des Klägers abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X für eine Rücknahme des Bescheides lägen nicht vor. Die Hinzurechnung des Sterbegeldes zum Einkommen nach § 21 Abs. 1 BAföG sei bereits aufgrund der seitens des Finanzamtes erfolgten Zuordnung zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit rechtmäßig erfolgt. Die Außerachtlassung der zugeflossenen Beträge unter Anwendung des § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG komme dabei nicht in Betracht. Dies erfordere die Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gegenüber dem Personenkreis, dem außerhalb des Anwendungsbereiches des Versorgungsrechtes der Beamten eine solche Leistung nicht zur Verfügung stehe, um die Beerdigungskosten eines Angehörigen zu tragen. Ferner sehe das Einkommensteuerrecht im Rahmen des § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) für jeden Steuerpflichtigen vor, die Beisetzungskosten als außergewöhnliche Belastungen geltend zu machen und diese gegebenenfalls von einer Versteuerung freizustellen. Hieran knüpfe das BAföG mit § 25 Abs. 6 BAföG an. 6 Dagegen hat der Kläger am 19. Dezember 2019 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass das Sterbegeld bereits deshalb nicht als Einkommen im Sinne von § 21 Abs. 1 BAföG anzurechnen sei, weil es im Ergebnis steuerfrei sei. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg habe in seinem Urteil vom 16. Januar 2019 überzeugend entschieden, dass ein nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich zu versteuerndes beamtenrechtliches Sterbegeld nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei sei, weil es sich um Bezüge aus öffentlichen Mitteln handele, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt würden. Unabhängig davon unterfalle das gezahlte Sterbegeld aber dem Anwendungsbereich von § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG, da es eine Einnahme sei, die für einen anderen Zweck als für die Deckung des Bedarfs im Sinne des BAföG bestimmt sei. Das gezahlte Sterbegeld solle eine finanzielle Hilfestellung zur Abdeckung des infolge des Todesfalles entstehenden Mehraufwandes wie zum Beispiel Bestattungskosten bieten. Es solle hingegen nicht zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs des Auszubildenden dienen. Der Zweck des Sterbegeldes würde vollständig konterkariert, wenn es zunächst an das hinterbliebene Elternteil ausgezahlt, anschließend aber mittelbar sofort wieder durch eine Anrechnung bei der Ausbildungsförderung der gemeinsamen Kinder genommen werde. Ferner stehe die Tatsache, dass das beamtenrechtliche Sterbegeld nicht aufwandsbezogen sei, von vornherein nicht im Zusammenhang mit der Frage, ob es zweckgebunden geleistet werde. Eine Leistung könne für einen bestimmten Zweck gezahlt werden, ohne dabei an einen konkreten Aufwendungsnachweis geknüpft zu sein. Auch liege ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht vor, weil dann bereits die Zahlung von Sterbegeld im Rahmen von beamtenrechtlichen Versorgungsbezügen an sich einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz darstellen würde. 7 Der Kläger beantragt, 8 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. November 2019 zur Aufhebung ihres Bescheides vom 29. Oktober 2019 zu verpflichten, soweit er den Bewilligungszeitraum September 2017 bis August 2018 betrifft und soweit bei der Berechnung des Leistungsanspruchs (für diesen Bewilligungszeitraum) ein Sterbegeld in Höhe von 8.379,62 Euro berücksichtigt worden ist. 9 Die Beklagte beantragt, 10 die Klage abzuweisen. 11 Die förderungsrechtliche Hinzurechnung des Sterbegeldes zum Einkommen der Mutter des Klägers sei nach § 21 Abs. 1 BAföG rechtmäßig erfolgt. Grundlage für die Feststellung der positiven Einkünfte sei der der Beklagten vorliegende bestandskräftige Einkommensteuerbescheid, an dessen Einkommensfeststellungen die Beklagte bei ihrer Entscheidung zwingend gebunden sei, wovon auch die höchstrichterliche Rechtsprechung ausgehe. Aus diesem Grund seien die Festsetzungen des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2015 übernommen worden, wobei das Sterbegeld vom zuständigen Finanzamt eben gerade nicht steuerfrei belassen worden sei. Es erscheine auch abwegig, das Sterbegeld der Steuerfreiheit des § 3 Nr. 11 EStG zuzuordnen. Das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg könne nicht überzeugen. Zudem sei dagegen Revision eingelegt worden, sodass die Entscheidung nicht rechtskräftig geworden sei. Auch stehe die Vorschrift des § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG der Anrechnung des gezahlten Sterbegeldes nicht entgegen. Das beamtenrechtliche Sterbegeld sei nicht aufwandsbezogen, werde an überlebende Ehepartner oder Abkömmlinge als Vorteil aus der vorangegangenen Dienstleistung geleistet und sei eben gerade nicht zweckgebunden. Soweit damit einer Hilfebedürftigkeit entgegengewirkt werden sollte, bestehe diese ganz wesentlich gerade im Unterhaltsbedarf aufgrund des Todes eines Unterhaltsverpflichteten, sodass die Anrechnung vollständig der Zielrichtung der in § 1 BAföG vorgegebenen Grundprinzipien des BAföG und damit dem Zweck entspreche, Ausbildungsförderung nur insoweit zu leisten, wie der Familie eigene Mittel nicht zur Verfügung ständen. Es liege ferner ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor und es stelle eine Ungleichbehandlung des Sterbegeldes gegenüber anderweitigem Einkommen dar, wenn solche pauschalen Einkünfte wie Sterbegeldanrechnung frei blieben, obgleich diese für den Lebensunterhalt bzw. für Unterhaltsleistungen verwendet werden könnten, zugleich aber die Berücksichtigung von Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Sterbefall (in § 25 Abs. 6 BAföG) von deren konkretem Nachweis und davon abhängig gemacht werde, dass diese Aufwendungen den Nachlass selbst überstiegen. 12 Die Beklagte hat zwei Probeberechnungen des Anspruches des Klägers unter Außerachtlassung des beamtenrechtlichen Sterbegeldes eingereicht (eine Probeberechnung ohne Berücksichtigung von möglichen Auswirkungen auf die Höhe des Einkommensteuerbetrages und eine Probeberechnung mit einer errechneten verringerten Einkommen-steuer). 13 Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. 14 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen. Entscheidungsgründe 15 Die zulässige Klage, über die die Kammer im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. 16 Der Bescheid der Beklagten vom 22. November 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 29. Oktober 2019 insoweit, als sie in dem Bewilligungszeitraum September 2017 bis August 2018 das der Mutter des Klägers ausgezahlte beamtenrechtliche Sterbegeld als Einkommen berücksichtigt hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 17 Anspruchsgrundlage für die Rücknahme des Bescheides vom 29. Oktober 2019, soweit das Sterbegeld als Einkommen der Mutter berücksichtigt wurde, ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. 18 Der zu überprüfende Verwaltungsakt ist rechtswidrig, wenn er im Zeitpunkt seines Erlasses nicht mit den geltenden Rechtsvorschriften vereinbar ist. 19 Diese Voraussetzungen liegen im Hinblick auf den Bescheid vom 29. Oktober 2019 vor. Dieser ist rechtswidrig, soweit das der Mutter des Klägers ausgezahlte Sterbegeld von der Beklagten in dem Bewilligungszeitraum September 2017 bis August 2018 als Einkommen berücksichtigt wurde und für diesen Zeitraum ein höherer Erstattungsbetrag als492,00 Euro nach entsprechender Aufhebung der vorherigen Bewilligungsbescheide gem. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG geltend gemacht wird. Damit ist die geltend gemachte Rückforderung für den Zeitraum September 2017 bis August 2018 in Höhe von 2.844,00 Euro rechtswidrig. 20 Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 BAföG gilt als Einkommen – vorbehaltlich des Satzes 3, der Absätze 2a, 3 und 4 – die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Absatz 1 und 2 EStG. Nicht als Einkommen gelten gemäß § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG Einnahmen, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegensteht; dies gilt insbesondere für Einnahmen, die für einen anderen Zweck als für die Deckung des Bedarfs im Sinne dieses Gesetzes bestimmt sind. Daraus folgt allerdings, dass auch Einnahmen, die für die Deckung des Bedarfs bestimmt sind, nicht als Einkommen gelten, wenn ihre Zweckbestimmung der Anrechnung entgegensteht (Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., 45. Lfg., Juli 2019, § 21, Rn. 29). 21 Ein der Anrechnung auf den Bedarf entgegenstehender Zweck kann sich aus einer Rechtsvorschrift, einer ausdrücklichen Erklärung des Leistungsgebers oder der Art der Leistung ergeben. Die Zweckbestimmung steht einer Anrechnung z.B. bei vermögensbildenden Leistungen, beim Pflegegeld nach den §§ 37, 38 SGB XI, bei den Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII oder bei den Leistungen nach dem WoGG entgegen (vgl. Winkler in: BeckOK Sozialrecht, 58. Ed., Stand 1.9.2020, § 21 BAföG Rn. 52). Ebenso werden nach Nr. 4 die Verletztenrente aus der Unfallversicherung oder das Blindengeld vom Einkommensbegriff ausgenommen (Knoop in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 7. Aufl., 2020, § 21, Rn. 46 m.w. N.). Der Zweck steht nicht entgegen beispielsweise bei Zinsen aus Schmerzensgeld, bei einem Erasmus-Stipendium, beim Darlehen der Student Finance England und bei einem Sanierungsgewinn (vgl. Winkler in BeckOK Sozialrecht, aaO, Rn. 53 m.w.N.). 22 Das Sterbegeld zählt grundsätzlich und auch vorliegend zum Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 EStG. Unabhängig davon, ob es sich bei dem beamtenrechtlichen Sterbegeld um eine steuerfreie Einnahme im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG handelt, wie es das FG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 16. Januar 2019 - 11 K 11160/18 (Revision anhängig: BFH VI R 8/19) -, juris, ausgeführt hat (a. A. FG Düsseldorf, Urteil vom 15. Juni 2020 - 11 K 2024/18 E -, juris), liegt hier ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2015 vor, in dem das Sterbegeld als zu versteuerndes Einkommen berücksichtigt wurde. Das OVG Lüneburg hat in seinem Beschluss vom 26. September 2018 - 4 LA 367/17 -, juris, Rn. 11 zur Bindungswirkung von Einkommensteuerbescheiden ausgeführt, dass die Ämter für Ausbildungsförderung bei der Berechnung des auf den Bedarf des Auszubildenden anzurechnenden Einkommens nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an den Inhalt bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide gebunden seien. Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Rechtsschutz erfordere es nicht, diese Bindungswirkung zu beseitigen. Rechtsschutz gegen Einkommensteuerbescheide sei schon zur Einhaltung der behördlichen und gerichtlichen Kompetenzen im dafür vorgesehenen Verfahren zu verwirklichen, das eine behördliche und notfalls gerichtliche Überprüfung durch die Finanzgerichte als die dazu berufenen Fachgerichte eröffne. Eine zusätzliche Überprüfung durch die Ämter für Ausbildungsförderung und die Verwaltungsgerichte verstieße gegen diese vom Gesetzgeber vorgesehene Kompetenzordnung. 23 Dem folgend kann der Kläger nicht damit gehört werden, dass es sich bei dem beamtenrechtlichen Sterbegeld um eine steuerfreie Einnahme handele und es somit bereits deshalb nicht als Einkommen im Sinne des § 21 Abs. 1 BAföG zu berücksichtigen sei. 24 Jedoch gilt das beamtenrechtliche Sterbegeld gemäß § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG nicht als Einkommen, weil seine Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegensteht (so auch VG Stade, Urteil vom 15.10.2019 - 4 A 1301/17 - V.n.b.). Der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG steht der bestandskräftige Steuerbescheid nicht entgegen, weil sich dessen Bindungswirkung auf die Einkommensermittlung, insbesondere für Einkünfte nach § 2 Abs. 1 und 2 EStG, bezieht. Auch stellt § 21 Abs. 4 BAföG eine Ausnahmeregelung für Einnahmen dar, die an sich unter das Einkommen im Sinne des § 21 Abs. 1 bis 3 BAföG fallen (Hartmann in Rothe/Blanke, BAföG, 5. Aufl., 45. Lfg., Juli 2019, § 21, Rn. 27), womit Einkünfte nach § 2 Abs. 1 und 2 EStG, die ggf. bereits in einem bestandskräftigen Steuerbescheid ausgewiesen wurden, erfasst sein können. 25 Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 NBeamtVG erhalten beim Tod einer Beamtin oder eines Beamten die überlebende Ehefrau oder der überlebende Ehemann und die Abkömmlinge der oder des Verstorbenen Sterbegeld. Das Sterbegeld ist in Höhe des Zweifachen der Dienstbezüge oder der Anwärterbezüge der oder des Verstorbenen ausschließlich der Auslandskinderzuschläge, des Auslandsverwendungszuschlags und der Vergütungen in einer Summe zu zahlen. 26 Das Sterbegeld ist eine Versorgungsleistung, die der Hinterbliebenenversorgung zuzuordnen ist; sie soll dazu dienen, die Kosten der letzten Krankheit und der Bestattung des Verstorbenen zu decken. Gleichzeitig soll den Hinterbliebenen damit die Umstellung auf die veränderten Lebensverhältnisse infolge des Todesfalls erleichtert werden. Die Sterbegeldzahlung ist nicht davon abhängig, dass den berechtigten Personen derartige Kosten tatsächlich oder mindestens in Höhe des Sterbegeldes entstanden sind (vgl. Strötz, in: GKÖD Bd. I, Stand: September 2020, § 18 BeamtVG, Rn. 3). 27 Gemessen hieran soll das Sterbegeld damit einem anderen Zweck als der Deckung des Bedarfs im Sinne des § 11 Abs. 1 BAföG (Lebensunterhalt, Ausbildung) dienen. Selbst wenn das Sterbegeld nicht nur die Kosten der letzten Krankheit und der Bestattung des Verstorbenen decken, sondern auch den Hinterbliebenen eine Umstellung der Lebensführung durch den Wegfall des Einkommens des Verstorbenen erleichtern soll, worin die Deckung des Bedarfs aufgrund der entstandenen Lücke gesehen werden könnte, steht trotzdem die Zweckbestimmung des Sterbegeldes der Anrechnung entgegen. Gerade die damit bezweckte Erleichterung der Anpassung an die neuen Lebens- und Einkommensverhältnisse würde nicht eintreten, wenn man das Sterbegeld als Einkommen berücksichtigen würde. Im Übrigen ließe sich nicht feststellen, in welcher Höhe das Sterbegeld welchem Zweck dienen soll. 28 Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Auszahlung des Sterbegeldes gem. § 22 Abs. 1 NBeamtVG nicht davon abhängt, ob der berechtigten Person tatsächlich die Kosten entstanden sind, für die das Sterbegeld bestimmt ist, sondern das Sterbegeld als Pauschale in Höhe des Zweifachen der Dienstbezüge oder der Anwärterbezüge der oder des Verstorbenen ausgezahlt wird. Eine gesetzliche Zweckbindung und Nachweispflicht besteht somit nicht. Dies ist jedoch nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass auch andere Leistungen, die anerkanntermaßen nicht angerechnet werden, wie das Pflegegeld, das den Zweck hat, pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten, oder das Blindengeld, welches zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen gezahlt wird, an die berechtigten Personen ausgezahlt werden, ohne dass Nachweise dafür erbracht werden müssen, für welche konkreten Aufwendungen diese Leistungen verwendet werden. Über dieses Geld können die Berechtigten frei verfügen. Ferner werden diese Leistungen genauso wie das Sterbegeld unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Berechtigten gezahlt. 29 Entgegen der Auffassung der Beklagen liegt in der Nichtberücksichtigung des beamtenrechtlichen Sterbegeldes als Einkommen gemäß § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Sofern der Gesetzgeber eine Ausnahmevorschrift in § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG für Einnahmen vorgesehen hat, deren Zweckbestimmung einer Anrechnung auf den Bedarf entgegensteht, ist es nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Nichtberücksichtigung der Einnahmen, die unter diese Vorschrift fallen, sodann gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen sollte. Insbesondere ist es nicht geboten, Personen, die unterschiedliche Einnahmen haben, welche unterschiedlich zu bewerten sind, so zu stellen, als hätten sie dieselben Einkünfte. Dasselbe gilt hinsichtlich der von der Beklagten geltend gemachten Ungleichbehandlung des beamtenrechtlichen Sterbegeldes gegenüber anderem Einkommen unter Berücksichtigung der Härtefallregelung des § 25 Abs. 6 BAföG. Der Gesetzgeber hat bewusst zwischen verschiedenen Einkommensarten differenziert, so dass auch eine unterschiedliche Behandlung von unterschiedlichem Einkommen, hier des besonders geregelten beamtenrechtlichen Sterbegeldes gegenüber anderweitigem Einkommen, gerechtfertigt ist. Eine Ungleichbehandlung läge nur vor, wenn man gleiche Einkommensarten unterschiedlich behandeln würde. 30 Da das Sterbegeld nicht als Einkommen gem. § 21 Abs. 4 Nr. 4 BAföG gilt, im Übrigen jedoch zum Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 EStG zählt und der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig ist, sind bei der Berechnung durch die Beklagte die Auswirkungen auf die Höhe des Einkommensteuerbetrages nicht zu berücksichtigen. § 21 BAföG, der den Einkommensbegriff definiert und im Einzelnen regelt, welche Beträge von dem Einkommen abgezogen werden können, sieht einen Abzug fiktiver Steuern nicht vor. Nach § 21 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BAföG kann lediglich die für den Berechnungszeitraum zu leistende Einkommen- und Kirchensteuer abgezogen werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 09. März 2011 - 4 LA 218/10 -, juris, Rn. 5). Tatsächlich ist in dem Steuerbescheid für das Jahr 2015 Einkommensteuer in Höhe von 2.528,00 Euro festgesetzt worden, die hier auch zu berücksichtigen ist. 31 Damit ergibt sich ohne Berücksichtigung des Sterbegeldes ein Förderungsanspruch des Klägers in dem Zeitraum September 2017 bis August 2018 in Höhe von monatlich 373,00 Euro (statt 136,00 Euro). Damit hat die Beklagte gegen den Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum lediglich einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 492,00 Euro [(414,00 Euro – 373,00 Euro) x 12], so dass der Bescheid hinsichtlich einer Rückforderung in Höhe von 2.844,00 Euro (3.336,00 Euro – 492,00 Euro) rechtswidrig ist. 32 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO. 33 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf §§ 167 VwGO i.V.m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE200004320&psml=bsndprod.psml&max=true
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Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 13. April 2017, mit dem dem Kläger erst ab dem 25. Juli 2016 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und seine Prozessbevollmächtigte beigeordnet worden ist, wird als unzulässig verworfen. Gründe I. 1 Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe rückwirkend auf den Zeitpunkt des Prozesskostenhilfeantrages für ein mittlerweile abgeschlossenes Hauptsacheverfahren. 2 Am 4. März 2016 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den Aufhebungsbescheid vom 16.Oktober 2015 Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2016 Klage erhoben und zeitgleich die Bewilligung von ratenfreier Prozesskostenhilfe beantragt. Mit der Klage wurde ein monatlicher Anspruch nach dem SGB II in Höhe von ca. 177 Euro für die Zeit von September bis Oktober 2015 begehrt. 3 Mit Schreiben vom 5. Juli 2016 wies das SG die Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass die Angaben im PKH-Antrag zum Wohngeld nicht dem tatsächlich bewilligten Wohngeld entsprächen. Es wurde ferner um Übersendung der aktuellen Rentenanpassungsmitteilung gebeten, da die Rente sich zum 1. Juli 2016 erhöht haben dürfte. Ferner wurde der Kläger gebeten sich die Mühe zu machen, seine Ausgaben für das Wohnen selbst zu addieren und dem Gericht mitzuteilen. Dies sei nicht Aufgabe des Gerichts. Daher erhalte die Prozessbevollmächtigte die Erklärung des Klägers zur Prozesskostenhilfe vollständig zurück, mit der Bitte, diese entsprechend zu korrigieren bzw. binnen eines Monats zu ergänzen. 4 Am 25. Juli 2016 wurde von der Prozessbevollmächtigten des Klägers ein korrigierter PKH-Antrag übersandt und entsprechende Anlagen beigereicht. 5 In der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2017 bewilligte das SG dem Kläger durch Beschluss Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten ab 25. Juli 2016. Eine Begründung erfolgte nicht. 6 Mit Bescheid vom 16. August 2017 bewilligte der Beklagten dem Kläger einen monatlichen Gesamtbedarf für September bis Oktober 2015 in Höhe von 200,53 Euro. Daraufhin erklärte die Prozessbevollmächtigte des Klägers das Verfahren aufgrund des Bescheides vom 16. August 2017 in der Hauptsache erledigt. 7 Am 21. Januar 2019 erfolgte die Vergütungsfestsetzung. Eine Festsetzung der in Höhe der Mittelgebühr (300 Euro netto) beantragten Verfahrensgebühr sei nicht angemessen. Im vorliegenden Fall sei die Prozessbevollmächtigte des Klägers erst ab dem 25. Juli 2016 beigeordnet worden. Die aufgezählten zu vergütenden Tätigkeiten seien vor dem Zeitpunkt der Bewilligung und Beiordnung vorgenommen worden. Folglich stehe eine Vergütung aus der Staatskasse nur für Tätigkeiten zu, die zeitlich nach dem Wirksamwerden der Beiordnung lägen. Deshalb sei hier die Verfahrensgebühr nur in Höhe von 216,97 Euro netto angefallen (Mittelgebühr abzgl. 1/3 der Differenz zwischen Mittel- und Mindestgebühr). Zudem wurde die zur Festsetzung beantragte Erledigungsgebühr als nicht entstanden abgesetzt. Insgesamt setzte die Kostenbeamtin statt der beantragten 1.094,68 Euro 638,52 Euro fest. 8 Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 22. Februar 2019 Erinnerung erhoben, der die Urkundsbeamtin des SG nicht abgeholfen hat. 9 Die Bezirksrevisorin des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern hat mit Schreiben vom 27. Juli 2020 Stellung genommen und unter anderem ausgeführt, gemäß § 48 Abs. 4 RVG erstrecke sich die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Abs. 1 RVG Betragsrahmengebühren entstünden, auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung des Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt werde. Im vorliegenden Fall sei die Prozessbevollmächtigte mit Beschluss vom 13. April 2017 erst ab 25.Juli 2016 in dem seit 4. März 2016 anhängigen Verfahren beigeordnet worden. Zu Recht habe die Kostenbeamtin daher nur die Tätigkeit seit der Beiordnung bei der Bemessung der Gebühren berücksichtigt. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei daher als unterdurchschnittlich einzuschätzen. 10 Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat daraufhin die Erinnerung ausdrücklich aufrechterhalten und hinsichtlich des PKH-Beschlusses vom 13. April 2017 einen Berichtigungsantrag gestellt. Bei der Benennung des 25. Juli 2016 als Zeitpunkt für die PKH-Bewilligung werde von einem ganz offensichtlichen Versehen ausgegangen. Die PKH-Bewilligung sei zeitgleich mit der Klageerhebung am 4. März 2016 beantragt worden. Bei der Benennung des Datums des 25. Juli 2016, das mit keinerlei Ereignis in Zusammenhang zu bringen sei, könne es sich folglich nur um ein Versehen handeln. 11 Der Vorsitzende der zuständigen Kammer des SG hat daraufhin mit Schreiben vom 31. August 2020 darauf hingewiesen, dass der Nachweis der Bedürftigkeit im Sinne von § 114 ZPO erst mit Schreiben (einschließlich Anlagen) vom 21. Juli 2016 (eingegangen bei Gericht am 25. Juli 2016) geführt worden sei. Ab diesem Zeitpunkt sei der Antrag entscheidungsreif gewesen. Für eine Berichtigung bestehe daher kein Raum. 12 Am 16. September 2020 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers Beschwerde gegen den Beschluss vom 13. April 2017 erhoben und zur Begründung unter anderem vorgebracht, das Gesetz sehe keine Möglichkeit vor, die Bewilligung zeitlich zu variieren, abhängig davon, wann noch angeforderte Unterlagen nachgereicht worden seien. Der Antrag sei mit der Klageerhebung gestellt worden. Die auch bereits zu diesem Zeitpunkt vorliegende Bedürftigkeit sei mit den eingereichten Unterlagen nachgewiesen worden. Es sei gängige Praxis, dass selbst in den Terminen zur mündlichen Verhandlung noch PKH-Unterlagen beigebracht und berücksichtigt würden. Die Beschwerde sei nicht verfristet, da eine inhaltliche Begründung der Entscheidung nunmehr erst mit Schreiben vom 31. August 2020 bekannt gegeben worden sei. Zudem sei auch keine Rechtsmittelbelehrung zum PKH-Beschluss erfolgt. 13 Das SG hat das Erinnerungsverfahren durch Beschluss vom 18. September 2020 gemäß § 114 Abs. 2 SGG ausgesetzt, weil der Ausgang des Erinnerungsverfahren vom Ausgang des vorliegenden Beschwerdeverfahrens abhänge. II. 14 Die Beschwerde ist zwar nicht bereits gemäß § 173 SGG verfristet, da in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 13. April 2017 nur der Tenor der PKH-Entscheidung bekannt gegeben wurde, der allein die Frist nicht in Lauf setzt. Die Beteiligten haben das Recht darauf, die Gründe zu erfahren, bevor sie Rechtsmittel einlegen (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig /Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 173 Rn. 5a). Diese Begründung erfolgte erst im Erinnerungsverfahren mit Schriftsatz des SG vom 31. August 2020. 15 Die Beschwerde ist dennoch unzulässig und zu verwerfen. 16 Gemäß § 172 Abs. 1 SGG ist gegen die Entscheidungen des Sozialgerichts mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statthaft, soweit nicht im SGG anderes bestimmt ist. Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2a SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Dies ist hier der Fall. Der Beschwerdeausschluss erfasst auch Beschlüsse, mit denen PKH erst ab einem späterem Zeitpunkt bewilligt wird, weil das Gericht zuvor die wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint oder nicht prüfen kann (LSG NRW 15.2.2019 – L 13 VG 5/19 B). Ebenso (vgl. Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller /Leitherer/ Schmidt SGG, 12. Aufl., § 172 Rn. 6g; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 10. August 2017 - L 8 AS 250/14). 17 Darüber hinaus dürfte die Beschwerde auch nach § 172 Abs. 3 Nr. 2b SGG ausgeschlossen sein, da in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Von Klägerseite wurden in erster Instanz für die Monate September und Oktober jeweils 177 Euro Leistungen begehrt und von Beklagtenseite mit Bescheid vom 16. August 2017 Leistungen jeweils für die Monate September und Oktober 2015 in Höhe von 200,53 Euro bewilligt. Die Mindestbeschwer in Höhe von mehr als 750 Euro ist damit eindeutig nicht erreicht. 18 Es ist zudem auch nicht zu beanstanden, die Prozesskostenhilfe erst mit Bewilligungsreife einsetzen zu lassen, welche hier am 25. Juli 2016 eingetreten ist. Eine derartige Beschränkung ist jedoch im sozialgerichtlichen Regelfall, in dem Betragsrahmengebühren (wie hier) anfallen, regelmäßig für die Höhe der Vergütung ohne wirtschaftliche Auswirkung und daher zumeist entbehrlich. Für die Höhe der über den gesamten Zeitraum des Verfahrens quasi täglich neu und in gleicher Höhe entstehenden Verfahrensgebühr gilt dies stets. Dieser Hinweis erscheint im Hinblick auf das ausgesetzte Vergütungsfestsetzungsverfahren und die vorliegende Stellungnahme der Bezirksrevisorin angebracht. Die Unerheblichkeit der zeitlichen Beschränkung folgt bereits aus § 48 Abs. 4 Satz 2 RVG, wonach sich die Beiordnung auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit erstreckt, mithin insbesondere auch auf die Anfertigung der für die Prüfung der Erfolgsaussichten unverzichtbaren Klagebegründung. Auch der Zweck der Prozesskostenhilfe, den Rechtssuchenden von Gebührenforderungen seines Prozessbevollmächtigten zu entlasten, erlaubt keine andere, zu unterschiedlichen Höhen der identischen Gebühr führende Auslegung. Es sei insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Kostensenates des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern sowie auf die Gesetzesbegründung zum 2. KostRModG, BT-Drs. 17/11471, S. 270, verwiesen. 19 Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO. 20 Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
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Tenor 1. Die Revision wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). 2. Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss vom 04. Oktober 2019 aufgehoben, soweit Rechtsanwalt M in N der gesondert verfolgten U T als Nebenklagevertreter beigeordnet worden ist. Die Anschlusserklärung der gesondert verfolgten U T und ihr Antrag, ihr Rechtsanwalt M als Nebenklagevertreter beizuordnen, werden zurückgewiesen. 3. Die Kosten ihres Rechtsmittels trägt die Angeklagte (§ 473 Abs. 1 StPO). 4. Die der gesondert verfolgten U T im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden nicht erstattet. 1I. 2Das Amtsgericht – Strafrichter – Medebach hat die Angeklagte am 04. Mai 2017 wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Angeklagte habe als fallzuständige Mitarbeiterin des allgemeinen Sozialdienstes des Ikreises pflichtwidrig eine Gefährdung der Kinder B T und R T nicht erkannt und infolgedessen auch nicht abgewendet. Sie habe ab dem 05. August 2013 die Familie T betreut, bestehend aus einer alleinerziehenden Mutter und deren neun Kindern, von denen zunächst acht, später alle neun bei der Mutter lebten. Obgleich ihr aufgrund einer Mitteilung des Jugendamtes Wkreis vom 26. Juni 2013 Hinweise auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung insbesondere bezüglich des am 00. Januar 2012 geborenen B und der am 00. Mai 2013 geborenen R bekannt gewesen seien, habe sie das Gefährdungsrisiko für beide Kinder aufgrund von Untätigkeit nicht erkannt. Daher sei ihr verborgen geblieben, dass beide Kinder von der Mutter nicht ausreichend ernährt und mit Flüssigkeit versorgt worden seien. R habe die Mutter schließlich am 23. Februar 2014 in einer Notfallpraxis in X vorgestellt. Der ca. neun Monate alte Säugling sei mit nur 4,6 kg Körpergewicht in lebensbedrohlicher Weise unterernährt und dehydriert gewesen. Nur durch sofort eingeleitete intensivmedizinische Behandlung habe das Kind gerettet werden können. Unter dem 24. Februar 2014 habe die Kindesmutter, die gesondert verfolgte U T, dann auch B im Krankenhaus vorgestellt. Das ca. 25 Monate alte Kleinkind sei mit einem Gewicht von nur noch 6,55 kg dem Hungertod nah und ebenfalls lebensbedrohlich dehydriert gewesen. Trotz sofort eingeleiteter intensivmedizinischer Behandlung sei das Kind am späten Abend des 25. Februar 2014 an einem Hirnödem verstorben, das auf den desolaten Versorgungszustand des Kindes zurückzuführen gewesen sei. Bei Beachtung der von einer Jugendamtsmitarbeiterin zu fordernden Sorgfalt habe die Angeklagte die Unterversorgung der Kinder rechtzeitig erkennen und den Tod Bs und das Leiden der R verhindern können. 3Hiergegen haben die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Während die Angeklagte ihren Freispruch erstrebte, da sie nach den fachlichen Standards der Jugendhilfe gehandelt habe, erstrebte die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel die Verurteilung der Angeklagten zu einer höheren Freiheitsstrafe. 4Während des Berufungsverfahrens erklärte die Mutter der geschädigten Kinder, U T, mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten Rechtsanwalt M vom 09.August 2019 ihren Anschluss als Nebenklägerin und beantragte, ihr Rechtsanwalt M als Nebenklägerbeistand beizuordnen. Sie war zwischenzeitlich in einem gesondert geführten Verfahren wegen der Unterversorgung ihrer Kinder B und R rechtskräftig zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen und gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassen verurteilt worden. Mit Beschluss vom 04. Oktober 2019 ordnete die Kammer der U T als Nebenklägerin Rechtsanwalt M als Beistand bei. 5Die Berufung der Staatsanwaltschaft hat das Landgericht Arnsberg mit Urteil vom 07. Januar 2020 verworfen. Auf die Berufung der Angeklagten hat die Strafkammer das Urteil des Amtsgerichts Medebach vom 04. Mai 2017 aufgehoben und die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 50 Tages-sätzen zu je 70,00 € verurteilt. Während die Angeklagte ihre Garantenpflicht gegenüber B fahrlässig verletzt habe und ihr mögliche Maßnahmen zur Verhinderung von dessen Hungertod unterlassen habe, sei die Unterernährung Rs für die Angeklagte nicht zu erkennen gewesen. 6Mit Schriftsatz ihrer Verteidigerin vom 09. Januar 2020, eingegangen beim Landgericht Arnsberg am selben Tage, hat die Angeklagte Revision gegen das Urteil vom 07. Januar 2020 eingelegt und mit weiteren Schriftsätzen beider Verteidiger vom 09. April 2020, eingegangen am 09. April 2020 und 14. April 2020, begründet. Gerügt wird darin die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Mit der Verfahrensrüge macht sie geltend, die Kammer habe entgegen § 261 StPO erhobene Beweise nicht gewürdigt. Zudem habe die Kammer Anträge auf Verlesung eines Kurzgutachtens des Privatsachverständigen Z und dessen Vernehmung als Sachverständiger fehlerhaft zurückgewiesen und so ihre Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO verletzt. Mit weiteren Verteidigerschriftsätzen vom 09. Juni 2020 und 26. Juni 2020 hat sie ergänzende Ausführungen zur Begründung der Sachrüge gemacht. 7Mit Schreiben vom 17. Juni 2020, eingegangen bei dem Landgericht Arnsberg am 20. Juni 2020, hat die Staatsanwaltschaft Arnsberg Beschwerde gegen die Zulassung der gesondert verfolgten U T als Nebenklägerin und die Beiordnung von Rechtsanwalt M als Nebenklagevertreter eingelegt. Sie ist der Ansicht, die gesondert Verfolgte könne nicht Verletzte der Tat der Angeklagten sein, da sie selbst durch die fehlende Versorgung ihrer Kinder den tatbestandlichen Erfolg der Tat der Angeklagten herbeigeführt habe. 8Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm beantragt in ihrer Antragsschrift vom 30. August 2020, die Revision der Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen den Beschluss der Kammer vom 04. Oktober 2020 ist sie beigetreten und beantragt insoweit, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, der gesondert verfolgten U T die Anschlussbefugnis zu versagen und deren Antrag auf Bestellung eines Beistandes nach § 397a StPO abzulehnen. Die erhobene Verfahrensrüge sei bereits unzulässig, da die Revisionsbegründung der Verteidigerin Rechtsanwältin C, mit der die Verfahrensrügen erhoben und begründet worden seien, außerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 S. 2 StPO beim Landgericht Arnsberg eingegangen sei. Im Übrigen weise das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf. 9Von der Möglichkeit, auf die Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft Hamm zu erwidern, haben die Verteidiger keinen Gebrauch gemacht. Rechtsanwalt M hat mit Schriftsatz vom 07. Oktober 2020 auf die Beschwerde erwidert. 10II. 11Die zulässige Revision der Angeklagten war gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen. 121. 13Die  erhobene Verfahrensrüge einer Verletzung des § 261 StPO ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Revisionsbegründung der Verteidigerin Rechtsanwältin C, mit der die Verfahrensrüge erhoben und begründet wird, ist noch rechtzeitig innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 S. 2 StPO bei dem Landgericht Arnsberg eingegangen. Das schriftliche Urteil wurde der Verteidigerin am 10. März 2020 zugestellt. Die damit vermeintlich mit Ablauf des 10. April 2020 endende Monatsfrist des § 345 Abs. 1. S. 2 StPO wurde vorliegend gemäß § 43 Abs. 2 StPO bis zum 14. April 2020, dem Datum des Eingangs der Revisionsbegründungsschrift, verlängert. Denn das Ende der Frist fiel auf die Feiertage rund um das Osterfest 2020. Der 10. April 2020 war der Karfreitag dieses Jahres, weshalb das Ende der Frist sich auf den nächsten Werktag, Dienstag, den 14. April 2020, verlängerte. 14Die Rüge genügt auch gerade noch den Begründungsanforderungen nach § 344 Abs. 2 S. 2 StPO, obgleich die Verteidigerin die Beiakte „ASD“ fast vollständig, insgesamt 116 Seiten, in die Revisionsbegründung einkopierte, und die Begründung der Rüge sich nur auf den Inhalt eines darin enthaltenen Vermerks vom 03.02.2014  bezieht, der sich über nur zwei Seiten erstreckt. Es ist zwar nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, eine umfangreiche Blattsammlung daraufhin zu überprüfen, ob die zum Beleg der tatsächlichen Grundlagen der Rügen erforderlichen Unterlagen in dem ungeordneten Aktenkonvolut enthalten sind (BGH Beschluss vom 24. Juni 2008 – 3 StR 515/07, BeckRS 2008, 13796, beck-online). In der Rügebegründung wird der Vermerk, auf den sich die Rüge bezieht, aber durch Angabe der relevanten Seitenzahlen noch hinreichend konkret bezeichnet. 15Die Rüge ist auch statthaft. § 261 StPO verlangt eine erschöpfende Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise. Auch wenn das Gericht nicht gehalten ist, auf jedes Vorbringen einzugehen und jeden erhobenen Beweis im Urteil zu behandeln, muss es unter Würdigung der dafür und dagegen sprechenden relevanten Beweise und Überlegungen lückenlos darlegen, was für die Bildung seiner Überzeugung maßgebend war. Umstände, welche geeignet sind, die Entscheidung zu beeinflussen, dürfen nicht stillschweigend übergangen werden (BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 − 3 StR 148/17 = NStZ 2018, 158, beck-online). Dass eine verlesene oder im Selbstleseverfahren eingeführte Urkunde oder Erklärung unvollständig oder unrichtig im Urteil gewürdigt worden sei, kann mit der Verfahrensbeschwerde geltend gemacht werden (BGH Beschluss vom 11. März 1993 – 4 StR 31/93 = StV 1993, 459; BGH Urteil vom 16. Oktober 2006 – 1 StR 180/06 = NStZ 2007, 115, 116; BGH Beschluss vom 19. August 2008 – 3 StR 252/08 = NStZ 2009, 404; BGH, Urteil vom 13. Juli 2017 − 3 StR 148/17 = NStZ 2018, 158, beck-online). 16Die Rüge ist jedoch unbegründet. Mit ihr wird geltend gemacht, die Kammer habe bei ihrer Feststellung, für die Angeklagte sei erkennbar gewesen, dass die gesondert verfolgte U T am 30. Januar 2014 nicht bereit gewesen sei, mit dem Jugendamt zu kooperieren, den Inhalt des Vermerks der Angeklagten über das unter diesem Datum geführte Gespräch nicht gewürdigt. Darin sei festgehalten, dass die Angeklagte der gesondert verfolgten T gegen Ende des Gesprächs eine sozialpädagogische Familienhilfe und eine stationäre Maßnahme für den ältesten Sohn D angeboten habe. Die gesondert Verfolgte habe dazu erklärt, sich „darüber noch einmal Gedanken machen“ zu wollen. Zudem habe die Angeklagte als Gesprächsergebnis/Vereinbarung festgehalten „Frau T wird sich bzgl. einer Hilfe bei Unterzeichnerin melden“. Dieser Inhalt des Vermerks steht den Feststellungen der Kammer jedoch nicht entgegen. Er bestätigt vielmehr, dass die Angeklagte eine konkrete Vereinbarung mit der Nebenklägerin nicht erreichte. Die Erklärung „sich Gedanken machen zu wollen“ fügt sich auch nahtlos in das von der Kammer herausgearbeitete Bild einer Vermeidungs- und Verzögerungstaktik der gesondert verfolgten T gegenüber dem Jugendamt ein. 17Soweit ferner gerügt wird, die Kammer habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Angeklagte mit der gesondert Verfolgten die Überforderung des ältesten Sohns D durch nicht altersgemäße Pflichten erörtert habe, steht dies der Annahme der Kammer ebenso nicht entgegen, die Angeklagte habe erkennen müssen, dass die Betreuung des Kleinkindes B durch ein überfordertes Geschwisterkind ein Indiz für eine Gefährdung (auch) Bs gewesen sei. 182. 19In der Ablehnung des Antrags auf Verlesung des von der Verteidigung eingeholten Sachverständigengutachtens des Z sowie auf Vernehmung des Sachverständigen als „sachverständigen Zeugen“ liegt entgegen der Revision kein Verstoß gegen § 244 Abs. 4 S. 1 StPO. Diese Vorschrift benennt einen Grund, aus dem ein Beweisantrag abgelehnt werden darf. Bei dem Antrag auf Verlesung des Sachverständigengutachtens und dem Antrag auf Vernehmung des Z handelte es sich indes nicht um Beweisanträge, denn sie bezeichneten lediglich die vom Sachverständigen erwartete Schlussfolgerung, die Angeklagte habe die für die Arbeit der Jugendhilfe geltenden fachlichen Standards eingehalten, aber nicht die konkreten Tatsachen, an die diese Bewertung anknüpfen sollte. Sofern mit einem Beweisantrag Sachverständigenbeweis begehrt wird, sind rechtliche Folgerungen und Wertungen grundsätzlich keine geeigneten Beweistatsachen (Trüg/Habetha in: MüKoStPO, 1. Aufl. 2016, StPO § 244 Rn. 110 m. w. N.). Die konkreten Anknüpfungstatsachen, auf die sich die Bewertung beziehen soll, sind im Beweisantrag deshalb anzugeben (BGH, Beschluss vom 18. August 1999 – 1 StR 186–99 = NStZ 1999, 632, beck-online; BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 – 3 StR 365/11 = NStZ 2012, 280, beck-online m. w. N.). Diesen Anforderungen wird die Begründung beider Anträge nicht gerecht. Bei den in der Begründung der Anträge näher ausgeführten, in einem schriftlichen Gutachten enthaltenen Ausführungen des Sachverständigen, die er auch mündlich hätte vortragen sollen, handelt es sich um rein rechtliche Bewertungen des in der Akte des allgemeinen Sozialdienstes dokumentierten Sachverhaltes. Die Kammer sollte hieraus keine tatsächlichen Schlüsse ziehen, sondern sich die Ansicht des Sachverständigen zur Reichweite der sich für Jugendamtsmitarbeiter aus § 8a SGB VIII ergebenden Handlungspflichten zu eigen machen und sie auf die Reichweite der Garantenpflichten im Sinne des § 13 StGB übertragen. 203. 21Die darüber hinaus erhobene Rüge der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 StPO ist bereits unzulässig, da sie den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nicht genügt. Gerügt wird, die Kammer habe den von der Verteidigung beantragten Sachverständigenbeweis durch Z zu Unrecht abgelehnt. Die beantragte Beweiserhebung habe darauf abgezielt, die Kammer über praktisches Vorgehen, Beurteilungskriterien und Erfahrungssätze bei der Gefährdungseinschätzung zu unterrichten. In diesem Vorbringen liegt – auch unter Berücksichtigung des weiteren Vortrags zu den durch die Kammer abgelehnten Anträgen – keine Behauptung einer hinreichend konkreten Beweistatsache. Die Rüge der Verletzung richterlicher Aufklärungspflicht darf sich nicht auf die Mitteilung der Tatsachen beschränken, die nach Meinung des Beschwerdeführers nicht genügend erforscht sind, sondern muss bestimmte Beweisbehauptungen und die konkrete Angabe des erwarteten Beweisergebnisses enthalten (BGH, Urteil vom 11. April 2001 – 3 StR 503/00 = BGH NStZ 2001, 425; BGH, Beschluss vom 01. Juli 2010 – 1 StR 259/10 = NStZ-RR 2010, 316; BGH, Urteil vom 03. August 2017 – 4 StR 202/17 = NStZ-RR 2017, 317; Gericke in: KK-StPO, 8. Aufl. 2019, StPO § 344  Rn. 51 m. w. N.). Die Rechtsausführungen des Z, über welche die Kammer informiert werden sollte, stellten eine konkrete Beweistatsache nicht dar (s. o. Unter II. 2.). Ihnen sind entgegen der Revisionsbegründung auch keine konkreten Erfahrungssätze zu entnehmen. Die Ausführungen des Sachverständigen erschöpfen sich vielmehr in rechtlichen Erörterungen zu der Frage, ob die der Angeklagten bekannten Umstände gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes im Sinne des § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VIII darstellten und in welchem Umfang sich aus ihnen Handlungspflichten der Angeklagten ergaben. Diese rechtliche Wertung war jedoch der Kammer vorbehalten. 224. 23Die aufgrund der Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen die Angeklagte beschwerenden Rechtsfehler ergeben. 24a) 25Die Kammer hat insbesondere das Bestehen einer Garantenpflicht der Angeklagten sowie einen fahrlässigen Verstoß gegen diese rechtsfehlerfrei angenommen. Dass aus den Schutzpflichten eines staatlichen Gewährträgers wie dem Allgemeinen Sozialdienst des Ikreises, bei dem die Angeklagte beschäftigt war, eine strafrechtliche Garantenpflicht für dessen Mitarbeiter erwächst, ist bereits vor Inkrafttreten des § 8a SGB VIII in der obergerichtlichen Rechtsprechung unbestritten gewesen (OLG Oldenburg, Urteil vom 02. September 1996 – 1 Ss 249/96 = FamRZ 1997, 1032-1033, juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 28. Mai 1998 – 1 Ws 78/98 = NJW 1998, 3131-3134, beck-online; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2000 – 2 Ss 130/98 = NStZ-RR 2001, 199-201, beck-online). Es kann dahinstehen, ob diese Garantenpflicht sich seit Inkrafttreten dieser Norm nunmehr unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (so z. B. Heghmanns, SRa 2018, 114, 117, beck-online; Wiesner in: Wiesner, 5. Aufl. 2015, SGB VIII § 8a  Rn. 88, beck-online; Jox in: BeckOGK, 1.10.2020, SGB VIII § 8a  Rn. 140) oder (daneben) aus tatsächlicher Schutzübernahme (so z. B. Peter Bringewat in: LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, SGB VIII § 8a  Rn. 130, beck-online). 26Umstritten ist in der Literatur allein, ab welchem Zeitpunkt bzw. ab welchem Stand der Sachverhaltsaufklärung die strafrechtliche Garantenpflicht zum Tragen kommt. 27Nach der die Garantenpflicht am weitesten einschränkenden Auffassung muss der Prozess der Gefährdungseinschätzung ein Stadium erreicht haben, in dem konkrete Handlungsschritte zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung geboten sind, bevor eine strafrechtliche Garantenpflicht eintritt (Wiesner in: Wiesner, 5. Aufl. 2015, SGB VIII § 8a  Rn. 89). Nach der Gegenauffassung ist im Interesse des Kinderschutzes im Normalfall bereits zum Zeitpunkt des Erstkontaktes mit der Familie eine strafrechtliche Garantenstellung des fallführenden Mitarbeiters des Jugendamtes anzunehmen (Jox in: BeckOGK, 1.10.2020, SGB VIII § 8a  Rn. 140.3; ebenso Peter Bringewat in: PK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, SGB VIII § 8a  Rn. 127 sofern der Erstkontakt „aufgrund zureichender Anhaltspunkte im Vollzug der Interventionsverpflichtung des staatlichen Wächteramtes“ stattfindet). Nach vermittelnder Ansicht, der sich auch die Strafkammer angeschlossen hat, lösen der Erstkontakt zur Familie oder sich aus den sozialrechtlichen Vorschriften ergebende Aufklärungspflichten noch keine strafrechtliche Garantenpflicht aus (Heghmanns SRa 2018, 114, 116, beck-online). Der jeweilige Jugendamtsmitarbeiter soll nach dieser Ansicht jedoch dann zum Garanten für das Kind werden, wenn objektiv eine (erkennbare) dringende Gefahr für das Kind entsteht, die infolge des Unterlassens von Aufklärungsmaßnahmen unerkannt blieb (Heghmanns SRa 2018, 114, 117, beck-online unter Hinweis auf das Urteil des AG Medebach vom 04. Mai 2017 als möglichem Beispielfall). Die Garantenstellung entsteht nach dieser Ansicht also mit Verzögerung, aber sie entsteht – es sei denn, die tödliche Gefahr tritt so abrupt auf, dass gar keine Hilfe mehr möglich wäre (Heghmanns a.a.O.). 28Der erstgenannten Auffassung, nach der eine Garantenpflicht erst entsteht, wenn die Gefährdungseinschätzung ein Stadium erreicht hat, in dem konkrete Handlungsschritte zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung geboten sind, vermag der Senat nicht zu folgen. Bereits vor Inkrafttreten des § 8a SGB VIII hatte das OLG Düsseldorf eine strafrechtliche Garantenpflicht für eine Jugendamtsmitarbeiterin bejaht, die trotz konkreter Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung nicht den persönlichen Kontakt zur Familie gesucht hatte (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. April 2000 – 2 Ss 130/98 = NstZ-RR 2001, 199, 200). Dass eine Garantenpflicht – jedenfalls unter den von Heghmanns herausgearbeiteten weiteren Voraussetzungen – auch aus pflichtwidrig unterlassener Sachverhaltsaufklärung erwachsen kann, ergibt sich insbesondere aus den anerkannten Regeln zu den Fällen der sogenannten „omissio libera in causa“. Danach entfällt eine Strafbarkeit wegen Unterlassens nicht, wenn der Handlungspflichtige zwar zum Zeitpunkt, in dem sein Handeln erforderlich wäre, tatsächlich nicht handeln kann, sein pflichtwidriges Verhalten jedoch praktisch vorverlagert ist (BGH, Beschluss vom 28. Mai 2002 - 5 StR 16/02 = NJW 2002, 2480, beck-online). So ist anerkannt, dass eine zur Leistungsunfähigkeit führende Arbeitsüberlastung eines Beamten die Vorwerfbarkeit des Unterlassens gebotener Diensthandlungen unberührt lässt, wenn der Beamte seine Überlastung selbst verschuldet und seinen Dienstvorgesetzten nicht rechtzeitig über die Unmöglichkeit sachgemäßer Erledigung unterrichtet hat (OLG Koblenz, Urteil vom 02. Februar 2005 - 1 Ss 301/04 = NStZ-RR 2006, 77, beck-online). Einen ausreisepflichtigen Ausländer kann es nicht vom strafrechtlichen Vorwurf der Unterlassung der Ausreise entlasten, falls er mangels Papieren und/oder ungeklärter Identität und/oder Staatsangehörigkeit nicht in sein Heimatland zurückkehren kann, wenn er sich in diese Lage dadurch begeben hat, dass er ohne gültigen Pass eingereist ist oder aber ihn nach der Einreise vernichtet hat und/oder er so seine Identität bewusst verschleiert hat. Denn damit wäre er selbst dafür verantwortlich, dass er der Pflicht zur Ausreise nicht nachkommen kann, und hätte sich in diese Lage in dem Bewusstsein dessen begeben. Unter diesen Umständen könnte er sich auf die Handlungsunfähigkeit nach den Grundsätzen der „omissia liberia in causa” nicht berufen (OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 18. August 2000 – 1 Ws 106/00 = NStZ-RR 2001, 57, beck-online). Nichts anderes kann gelten, wenn wie hier die Unmöglichkeit des gebotenen Handelns auf pflichtwidrig herbeigeführter Unkenntnis der Gefährdungslage beruht. 29Der Annahme einer vorverlagerten Pflichtverletzung eines Jugendamtsmitarbeiters kann auch nicht entgegengehalten werden, dass eine Handlungspflicht eines Jugendamtsmitarbeiters erst bei tatsächlicher Kenntnisnahme von der konkret eingetretenen akuten Kindeswohlgefährdung entstünde. Denn das würde dem Handlungspflichtigen ermöglichen, durch pflichtwidriges Verhalten seine eigene Garantenstellung zu beseitigen und gerade denjenigen begünstigen, der seine Pflichten im Vorfeld in besonders erheblicher Weise verletzt. Würde man dieser Argumentation folgen, wäre gerade derjenige Jugendamtsmitarbeiter, der alle an ihn herangetragenen Warnzeichen einer Kindeswohlgefährdung in einer von ihm betreuten Familie ignoriert und keinem Hinweis nachgeht, am umfassendsten vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt. Dies würde der gesetzlichen Konzeption auch des § 8a SGB VIII zuwiderlaufen, der den Prozess der Gefährdungseinschätzung als elementaren Baustein im System des Kinderschutzes verankert hat (Jox in: BeckOGK, 1.10.2020, SGB VIII § 8a  Rn. 140.3; Peter Bringewat in: LPK-SGB VIII, 7. Aufl. 2018, SGB VIII § 8a  Rn. 135). 30Eine pflichtwidrig herbeigeführte Unkenntnis seitens der Angeklagten von der akuten Gefährdung des Wohls des B lag nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils vor. Die Angeklagte hat nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Landgerichts eine Gefährdungseinschätzung bezüglich des verstorbenen B über einen Zeitraum von mehreren Monaten nicht vorgenommen, obwohl dies aufgrund der ihr bekannten Umstände geboten und ihr auch möglich und zumutbar gewesen wäre. Gewichtige Anhaltspunkte einer Kindeswohlgefährdung waren ihr bekannt. Denn die Angeklagte wusste aufgrund der Mitteilung des Wkreises vom 24. Juni 2013, dass B bereits im Frühsommer 2013 Verhaltensauffälligkeiten in Form von Kopfschlagen zeigte. Ferner wusste sie, dass bezüglich der ca. ein Jahr jüngeren R anlässlich einer U-Untersuchung bereits einmal ein auffällig niedriges Gewicht festgestellt wurde, wenn sich der Gewichtsverlauf des Kindes unter Aufsicht durch eine – allein für R tätig gewordene –  Familienhebamme später auch vorübergehend wieder normalisierte. Weiter war ihr bekannt, dass die Mutter ihre acht Kinder erstmals allein ohne ihren Partner betreute, und dass sich die Wohnsituation der Familie nach dem vorangegangenen Umzug im April 2012 aufgrund der Überforderung der gesondert verfolgten T und ihres Partners mit der Versorgung der Großfamilie schon einmal binnen weniger Monate dramatisch verschlechtert hatte. Schließlich war ihr nicht verborgen geblieben, dass die beiden jüngsten Kinder sich – anders als die älteren Geschwister – ganztägig ausschließlich in der Obhut der überforderten Mutter befanden. Aufgrund dieser Umstände hätte die Angeklagte sich zeitnah nach Übernahme des Falles einen persönlichen Eindruck von dem Kind B verschaffen oder im Falle der Weigerung der gesondert verfolgten T das Familiengericht anrufen müssen. Sie konnte insoweit auch nicht auf eine Fremdeinschätzung vertrauen, denn weder die zuvor fallbearbeitende „Clearing-Stelle“, noch die zwischenzeitlich tätige Familienhebamme hatten sich in irgendeiner Weise mit B auseinandergesetzt. Die Kammer hat auch rechtsfehlerfrei herausgearbeitet, dass der körperliche Zustand Bs ab August 2013 bis zu seinem Tod bereits so reduziert war, dass seine Unterversorgung und die daraus folgenden Verhaltensauffälligkeiten bei nicht nur ganz oberflächlicher Betrachtung des Kindes ins Auge sprangen. 31Aufgrund ihrer Untätigkeit blieb der Angeklagten der sich nach den Feststellungen des Urteils über mindestens drei Monate andauernde Zustand des Verhungerns des Kindes pflichtwidrig verborgen, so dass sie das bei Kenntnis der Sachlage objektiv Erforderliche nicht veranlassen konnte. 32b) 33Auch die Ausführungen der Kammer zur Kausalität des Verhaltens der Angeklagten für den Tod des Kindes B halten rechtlicher Überprüfung stand. Das Landgericht hat fehlerfrei aufgezeigt, dass die Handlungsmöglichkeiten und Eingriffsbefugnisse der Angeklagten es ihr ermöglicht hätten, erforderlichenfalls auch ohne oder gegen den Willen der gesondert verfolgten T eine ausreichende Ernährung des Kindes sicherzustellen. Entgegen der Ansicht der Revision musste die Kammer nicht für jeden theoretisch denkbaren  komplikationsbehafteten Verlauf des Geschehens die konkreten Handlungsmöglichkeiten der Angeklagten herausarbeiten und erörtern. Für den Kausalzusammenhang zwischen Verhalten und Erfolg ist allein maßgeblich, ob sich das jeweilige Verhalten im konkreten Verlauf zum Erfolg hin niedergeschlagen hat; hypothetische Kausalverläufe müssen bei der Beurteilung außer Betracht bleiben (BGH, Urteil vom 13. November 2003 - 5 StR 327/03 = NJW 2004, 237, beck-online m. w. N.). Denn was geschehen wäre, (wenn …) beeinflusst die Wirklichkeit dessen, was geschehen ist, nicht (Freund in: MüKoStGB, 4. Aufl. 2020, StGB vor § 13  Rn. 336, beck-online). 34c) 35Entgegen der Revision ist die Kammer auch keinem Rückschaufehler unterlegen. Das angefochtene Urteil unterscheidet hinreichend deutlich zwischen den Umständen, die der Angeklagten tatsächlich bekannt waren und den Tatsachen, die ihr bei Erfüllung ihrer Pflicht zur Gefährdungseinschätzung in der Person des Kindes B bekannt geworden wären. 36III. 37Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen die Zulassung des Anschlusses der gesondert verfolgten U T als Nebenklägerin und die Beiordnung des Rechtsanwaltes M als Nebenklagebeistand ist zulässig und begründet. 38Die Beschwerde ist statthaft. Den Zulassungsbeschluss können sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte mit der Beschwerde nach § 304 StPO angreifen (Walther in: KK-StPO, 8. Aufl. 2019, StPO § 396  Rn. 11 m. w. N.). Auch gegen den stattgebenden Beschluss, einen Rechtsanwalt gemäß § 397a Abs. 1 StPO als Beistand zu bestellen, kann die Staatsanwaltschaft nach allgemeinen Grundsätzen Beschwerde gemäß § 304 einlegen (Valerius in: MüKoStPO, 1. Aufl. 2019, StPO § 397a  Rn. 51). 39Die Staatsanwaltschaft hat ihr Beschwerderecht vorliegend auch nicht verwirkt. Die Beschwerde ist das statthafte Rechtsmittel gegen den Zulassungsbeschluss jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (Walter in: KK-StPO, 8. Aufl. 2019, StPO § 396  Rn. 11). Eine Fristbindung besteht nicht (Weiner in: BeckOK StPO, 37. Ed. 1.7.2020, StPO § 396  Rn. 19). Insoweit war die Staatsanwaltschaft nicht gehindert, ihre Auffassung zur Anschlussbefugnis der gesondert Verfolgten auch nach Abschluss der Hauptverhandlung zu korrigieren. Ein Vertrauen der gesondert Verfolgten auf die Zulassung ihrer Nebenklage und den Beiordnungsbeschluss war vorliegend im Übrigen schon deshalb nicht gerechtfertigt, da die Verteidigung der Zulassung der Nebenklage bereits vor dem angefochtenen Kammerbeschluss entgegengetreten war. Auch die Angeklagte wäre vorliegend jederzeit beschwerdebefugt gewesen. Die Einwände der Verteidigung gegen die Zulassung der Nebenklage entsprachen auch schon im Wesentlichen den nunmehr von der Staatsanwaltschaft angeführten Erwägungen. 40Die Beschwerde ist auch in der Sache begründet. Die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten des vorliegenden Falles rechtfertigen es, die Angeklagte und die gesondert verfolgte U T vorliegend wie Beteiligte an derselben Tat zu behandeln. Maßgeblich für Beschränkungen des Nebenklagerechts ist die materielle Rechtslage. Es steht der Nebenklage nicht entgegen, dass der Nebenkläger wegen einer anderen Tat in demselben Verfahren mitangeklagt ist (BGH Beschluss vom 05. Juli 2005 – 3 StR 199/05, BeckRS 2005, 9340, beck-online). Einigkeit besteht aber auch darüber, dass jemand nicht als Nebenkläger zugelassen werden kann, wenn das Verfahren eine Tat zum Gegenstand hat, wegen der gegen ihn selbst als Mittäter oder Teilnehmer (§§ 25 bis 27 StGB) die öffentliche Klage erhoben und noch nicht erledigt ist (BGH, Beschluss vom 15. November 1977 – 1 StR 287/77 = NJW 1978, 330, beck-online; Valerius in: MüKoStPO, 1. Aufl. 2019, StPO § 395  Rn. 36 m. w. N.). Es kommt mithin nicht auf die Identität der geführten Verfahren, sondern die Einheitlichkeit des historischen Lebenssachverhalts an. Ist dieser identisch, ist die Zulassung der Nebenklage eines Beschuldigten der verfolgten Tat ausgeschlossen (OLG Köln Beschluss vom 15. Oktober 2009 – 2 Ws 509-510/09 = BeckRS 2010, 503, beck-online). Nicht zuzulassen sind im Rahmen der Angehörigennebenklage – wie hier – dementsprechend auch Angehörige eines Getöteten, die der Beteiligung an der Tat verdächtig sind (Dölling/Duttge/König/Rössner, Gesamtes Strafrecht, 4. Aufl. 2017, StPO § 395 Rn. 19, beck-online). 41Vorliegend war das Verfahren gegen die gesondert verfolgte U T zwar bereits rechtskräftig abgeschlossen, jedoch weist der vorliegende Fall nicht nur die Besonderheit auf, dass die gesondert Verfolgte denselben tatbestandlichen Erfolg – den Tod des Kindes B – zu verhindern hatte wie die Angeklagte. Vielmehr bedingte eine der Taten, wegen derer die gesondert verfolgte U T verurteilt worden war, nämlich die Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen zum Nachteil des B, vorliegend sogar die Strafbarkeit der Angeklagten. Vorrangig war es nämlich die gesondert verfolgte Kindesmutter, die das Kleinkind hätte ernähren und so dessen Unterernährung und Hungertod hätte abwenden müssen. Nur weil sie dieser Pflicht nicht nachkam, wurde die Angeklagte dem Jungen gegenüber erst garantenpflichtig. Während die Pflichtverletzung der gesondert verfolgten T die Garantenpflicht der Angeklagten erst begründete, bestand ihre eigene Garantenpflicht dagegen unabhängig vom Verhalten der Angeklagten. Dies rechtfertigt aus Sicht des Senats, die Angeklagte in Bezug auf die Zulässigkeit der Nebenklage einer Teilnehmerin an der (Haupt-)Tat der gesondert Verfolgten gleichzustellen. 42Die Zurückweisung der Nebenklage der U T widerspricht auch nicht dem gesetzgeberischen Ziel der Angehörigennebenklage. Mit der Vorschrift des § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO soll den nahen Angehörigen des durch eine rechtswidrige Tat Getöteten (wie Ehegatten, Kindern und Geschwistern) ein Recht zur Nebenklage zugesprochen werden, um einen Anspruch auf Genugtuung und Entschädigung durch Beteiligung am Strafverfahren durchzusetzen (BVerfG (2. Kammer des Zweiten Senats), Beschluss vom 02. Februar 1993 – 2 BvR 1491/91 = NJW 1993, 3316, beck-online m w.N.). Die Nebenklage schafft hierfür eine umfassende Beteiligungsbefugnis. Dem Nebenkläger wird Gelegenheit gegeben, im Verfahren seine persönlichen Interessen auf Genugtuung zu verfolgen (BGH, Beschluss vom 18. September 2012 − 3 BGs 262/12 = NJW 2012, 3524, beck-online m. w. N), insbesondere durch aktive Beteiligung das Verfahrensergebnis zu beeinflussen und sich gegen die Leugnung oder Verharmlosung der Verletzung des Tatopfers zu wehren (BGH a. a. O.). Eine solche Schutzbedürftigkeit kommt der gesondert verfolgten T jedoch nicht zu, da sie die Verletzungen des Tatopfers sogar unmittelbarer zu vertreten hat, als die Angeklagte. 43Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass das gegen sie geführte Verfahren bereits abgeschlossen ist. Denn Einigkeit besteht darüber, dass nur das bestehende Angehörigenverhältnis zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sind dementsprechend geschiedene Ehegatten nicht nebenklageberechtigt (BGH, Beschluss vom 18. September 2012 − 3 BGs 262/12 = NJW 2012, 3524 Rn. 11, beck-online m. w. N.). Entsprechendes muss im vorliegenden Fall gelten, wenn die Verursachung des Todes des Opfers durch eine Straftat des Angehörigen bereits rechtskräftig festgestellt wurde. Denn wenn schon die Schutzwürdigkeit der Interessen des geschiedenen Ehegatten entfällt, müssen die Interessen desjenigen Angehörigen, der das Opfer selbst rechtswidrig und schuldhaft durch eine Straftat getötet hat, erst recht als nicht schutzwürdig erachtet werden. 44Da die Anschlusserklärung sich als unwirksam darstellt, kann auch die Beiordnung des Rechtsanwalts M als Nebenklagebeistand keinen Bestand haben. 45IV. 46Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Beschluss Der Streitwert wird auf 62.947,00 € festgesetzt. Tatbestand Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Beträgen, die der Kläger im Rahmen von OnlineGlückspielen über den Zahlungsdienst der Beklagten eingesetzt haben will. Die Beklagte ist als Kreditinstitut in Luxemburg nach Art. 2 des luxemburgischen Gesetzes vom 05.04.1993 zur Regelung der Finanzbranche lizenziert und registriert. Sie wird EUweit als Bank geführt. Der Kläger eröffnete bei der Beklagten am 20.07.2008 ein -Konto für Verbraucher, das unter der E-Mail-Adresse geführt wurde. Zwischen der Beklagten und Betreibern von Online-Glücksspielseiten, u.a., bestehen Kooperationsvereinbarungen („“), die es dem Glücks spielanbieter erlauben, Zahlungen über die Beklagte zu senden und zu empfangen. Über sein - Konto führte der Kläger im Zeitraum vom Januar 2016 bis Januar 2017 Zahlungen in Höhe von 132.810,00 € an die Betreiberin der Internetseite aus (Anlagen L1 und L2). Ein Betrag in Höhe von 32.363,00 € wurde an den Kläger als Gewinn im genannten Zeitraum ausgezahlt (Anlage L1). Der Kläger veranlasste in der Folgezeit Rückbuchungen in Höhe von insgesamt 37.500,00 €. Hinsichtlich der Differenz in Höhe von 62.947,00 € (132.810,00 € abzüglich (32.363,00 € plus 37.500,00 €)) forderte er die Beklagte mit Schreiben vom 09.01.2018 unter Fristsetzung bis zum 24.01.2018 erfolglos auf (Anlage L3). Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, es habe es sich bei seinen Zahlungen an die Betreiberin der Internetseite um Spieleinsätze für verbotenes Online-Glücksspiel gehandelt. Der Kläger sei irrig von der Legalität ausgegangen. Jedoch sei der Beklagten bewusst bzw. für diese erkennbar gewesen, dass es sich um verbotenes Glücksspiel gehandelt habe. Der Kläger meint, dass sich aus § 4 Abs. 4 GlüStV ergebe, dass das Veranstalten und Vermitteln von öffentlichem Glücksspiel im Internet verboten sei. Aus § 4 Abs. 1 GlüStV ergebe sich, dass die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubten Glücksspiel verboten sei. Die Beklagte treffe eine Pflicht, die im bargeldlosen Zahlungsverkehr auszuführenden Transaktionen dahingehend zu prüfen, ob diese im Zusammenhang mit illegalem OnlineGlücksspiel stehen. Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass ihm ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe zustehe aus dem Zahlungsdienstleistungsvertrag bzw. aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 2 BGB. Sein Schaden ergebe sich aus den angewiesenen Zahlungen für das verbotene Glücksspiel abzüglich erhaltener Gewinnauszahlungen und der erfolgten Rückbuchungen. Die Klageschrift vom 24.12.2019 (Bl. 1-11 d.A.) wurde an die Beklagte am 18.02.2020 zugestellt (Ordner „Rechtshilfe mit Luxemburg, Zustellung an die Beklagte“). Der Kläger beantragt, Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 62.947,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 19.02.2020 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte meint, eine Pflichtverletzung durch die Beklagte könne faktisch gar nicht vorliegen. Es fehle außerdem an der Kausalität und am Schaden. Sie ist der Ansicht, dass Online-Glückspiel in Deutschland nicht per se verboten sei. Im Übrigen dürfe sie davon ausgehen, dass sich ihre Vertragspartner rechtstreu verhielten. Selbst wenn die Glücksspielanbieter in Deutschland keine Erlaubnis gehabt haben sollten, dürfte dies mangels Offenkundigkeit nicht der Beklagten angelastet werden. Der Schaden sei nicht schlüssig, weil der Kläger nicht dargelegt habe, welche Gewinne und Verluste er mit den Spieleinsätzen gemacht habe. Eine Nichtigkeit des Zahlungsdienstrahmenvertrages oder der Autorisierungen sei nicht gegeben. Eine Mitwirkung an Zahlungen könne erst untersagt werden nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote durch die Glücksspielaufsicht. Zudem stehe einem Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung jedenfalls der Einwand es § 817 S. 2 BGB entgegen. Das Gericht hat keinen Beweis erhoben. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Gründe Die zulässige Klage ist unbegründet. A. Die Klage ist zulässig. B. In der Sache hat die Klage keinen Erfolg. I. Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf Zahlung von 62.947,00 €. 1. Vertragliche Ansprüche sind nicht ersichtlich. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung seiner Spieleinsätze aus § 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Zwischen den Parteien ist ein Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß § 675f Abs. 2 Satz 1 BGB durch eine erfolgreiche Registrierung zustande gekommen. Die Beklagte hat die ihr aus dem Zahlungsdiensterahmenvertrag obliegenden Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB nicht verletzt. Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Eine Verletzung solcher Rücksichtspflichten folgt hier weder aus dem Abschluss der Kooperationsvereinbarungen mit den entsprechenden Online-Casinos (a.) noch aus der Ausführung der konkreten Zahlungsaufträge des Klägers (b.). Auch ist es nicht Aufgabe der Beklagten, den Kläger vor der Teilnahme an ggf. verbotenem Glücksspiel zu bewahren (c.). a. Allein der Umstand, dass die Beklagte mit dem Betreiber der Internetseite eine Ver tragsbeziehung einging, verletzt keine vertragliche Rücksichtspflicht im Verhältnis zum Kläger. Dies folgt schon aus dem Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse. b. Auch in der Ausführung der Zahlungsaufträge des Klägers liegt keine Pflichtverletzung der Beklagten. Der Kläger hat die Zahlungen durch Eingabe seiner -Kundendaten auf der Internetseite der Glücksspielanbieterin selbst veranlasst und autorisiert, so dass die Beklagte aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Zahlungsdiensterahmenvertrages verpflichtet war, die jeweiligen Transaktionen gemäß §§ 675f Abs. 2 S. 1, 675 o Abs. 2 BGB entsprechend den Anweisungen des Klägers auszuführen. Die Beklagte konnte die Ausführungen der Zahlungen auch nicht gemäß § 675o Abs. 2 BGB verweigern. § 675o Abs. 2 BGB gibt zwar der Beklagten ein Recht, die Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags abzulehnen (BeckOK/BGB/Schmalenbach, 51. Ed. 1.8.2019, BGB § 675o Rn. 11). Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Beklagte von diesem Recht unter Verletzung von § 241 Abs. 2 BGB keinen Gebrauch gemacht hat. Denn grundsätzlich ist der Zahlungsdienstleister aus dem Rahmenvertrag zur Ausführung von Zahlungsaufträgen verpflichtet, § 675f Abs. 2 S. 1 BGB. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung nur dann, wenn offensichtlich ist, dass das Vertragsunternehmen den Zahlungsdienstleister rechtsmissbräuchlich in Anspruch nimmt. Dies liegt aber nur vor, wenn das Vertragsunternehmen seine formale Rechtsposition ersichtlich treuwidrig ausnutzt, also wenn offensichtlich ist, dass ihm eine Forderung aus dem Valutaverhältnis gegen den Nutzer nicht zusteht. Dies ist unter den hier gegeben Umständen nicht der Fall. Dagegen spricht nämlich bereits der Umstand, dass die Zahlung aufgrund einer Anweisung des Klägers erfolgte. Darüber hinaus war die Beklagte nicht dazu verpflichtet, den Zahlungsvorgang des Klägers zu überprüfen oder zu überwachen. Irgendwie geartete Schutzpflichten gegenüber Kunden bestehen demnach erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz Verdacht schöpfen muss (BGH, XI ZR 56/07). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr war eine Überprüfung für die Beklagte zum Zeitpunkt der Ausführung der Zahlungsaufträge, auf den es alleine ankommt, unmöglich zu prüfen, ob die jeweiligen vom Kläger in der Folgezeit wahrgenommenen Spiele tatsächlich unerlaubtes Glücksspiel darstellen. An welchem konkreten Spiel, wann und wo der Kläger teilnimmt, bestimmt alleine der Kläger selbst. Für die Prüfung des Vorliegens eines unerlaubten Glückspiels im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV fehlt der Beklagten jeglicher Einblick. Auch wurden der Beklagten diesbezügliche unerlaubte Glücksspielangebote nicht vorher gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlüStV von der Glücksspielaufsicht bekanntgemacht und Zahlungen und Auszahlungen nicht untersagt. c. Es ist letztlich nicht Aufgabe der Beklagten, den Kläger vor möglicherweise illegalen Zahlungsvorgängen zu schützen und ihn davon abzuhalten. Vielmehr darf grundsätzlich jeder Vertragspartner - mithin auch die Beklagte - darauf vertrauen, dass der andere Teil sich rechtstreu verhält. Eine Schutzpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB richtet sich immer nach dem Inhalt und der Art des Schuldverhältnisses. Soweit es um die Aufklärung des anderen Vertragsteils geht, sind auch der Erfahrungs- und Wissensabstand zwischen den Parteien zu berücksichtigen. Wie bereits ausgeführt war vorliegend eindeutig ein Wissensvorsprung des Klägers insoweit gegeben, als alleine er bestimmt, an welchem konkreten Spiel, wann und wo er teilnimmt, der Beklagten dagegen zum Zeitpunkt ihrer Ausführung der einzelnen Zahlungsaufträge jeglicher Einblick für die Prüfung des Vorliegens eines unerlaubten Glückspiels im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV fehlte. Eine dementsprechende Prüfungs- oder Warnpflicht ist nicht gegeben. Vielmehr trägt die Verantwortlichkeit für sein strafbares Verhalten der Kläger selbst. 2. Es besteht auch kein Anspruch aus Bereicherungsrecht gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB. Gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist derjenige, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ihm zur Herausgabe verpflichtet. Der Kläger hat nicht dargelegt und bewiesen, dass die Beklagte etwas ohne Rechtsgrund erlangt hat. Das Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger ist geregelt durch den Zahlungsdiensterahmenvertrag. Dieser Vertrag nicht nichtig gemäß § 134 BGB, da dieser als solcher gegen kein gesetzliches Verbot verstößt. Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Ein solches Verbotsgesetz liegt nicht vor. Zwar ist gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten. Die Voraussetzungen der Mitwirkung an Zahlungen am unerlaubtem Glücksspiel liegen jedoch vorliegend nicht vor. Die Beklagte hat Zahlungen getätigt. Es ist allerdings nicht Aufgabe der Beklagten, die Legalität etwaiger Zahlungen zu überprüfen (vgl. für Kreditkartenunternehmen: BGH XI ZR 96/11). Nach § 9 Abs. 1 S. 1, S. 3 Nr. 4 GlüStV ist dies vielmehr Aufgabe der Glückspielaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Sie hat gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 GlüStV die Aufgabe, die Erfüllung der nach dem Staatsvertrag bestehenden oder auf Grund dieses Staatsvertrages begründeten öffentlichrechtlichen Verpflichtungen zu überwachen sowie darauf hinzuwirken, dass unerlaubtes Glücksspiel und die Werbung hierfür unterbleiben. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 GlüStV kann die zuständige Behörde des jeweiligen Landes die erforderlichen Anordnungen im Einzelfall erlassen. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 GlüStV kann sie insbesondere den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten, nach vorheriger Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote die Mitwirkung an Zahlungen für unerlaubtes Glücksspiel und an Auszahlungen aus unerlaubtem Glücksspiel untersagen. Eine derartige vorherige Bekanntgabe der Glücksspielaufsicht an die Beklagte hat der Kläger nicht dargelegt. Auch die Autorisierungen sind aus den vorstehenden Erwägungen nicht nichtig gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 GlüStV. Die Nichtigkeit ergibt sich insbesondere nicht aus § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV. Zwar stellt die Erweiterung in § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV klar, dass auch die Mitwirkung an Zahlungen in Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten ist. Durch diese Regelung soll jedoch nicht in den zwischen dem Spieler, hier dem Kläger, und der Beklagten bestehenden Zahlungsverkehr eingegriffen werden. Vielmehr ist nach den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 2 im Zusammenhang mit den Überwachungsbefugnissen der Glücksspielaufsicht in § 9 zu sehen und erweitert die Möglichkeiten der Inanspruchnahme Dritter als verantwortliche Störer, soweit sie zuvor auf die unerlaubte Mitwirkung an verbotenem Glücksspiel hingewiesen wurden (Erläuterungen zum GlüStV, Stand: 7. Dezember 2011, S. 17). Die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 dient - so die Motive - der Klarstellung und Konkretisierung von § 4 Abs. 1 Satz 2. Danach können die am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute einschließlich E-Geld-Institute (Nr. 4) im Wege einer dynamischen Rechtsverweisung als verantwortliche Störer herangezogen werden, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt wurde. Dies setzt voraus, dass der Veranstalter oder Vermittler des unerlaubten Glücksspielangebotes zuvor vergeblich - insbesondere wegen eines Auslandsbezuges - in Anspruch genommen wurde (Erläuterungen zum GlüStV, Stand: 7. Dezember 2011, S. 32; OLG München Verfügung v. 6.2.2019 - 19 U 793/18). Dass die Beklagte vor Begleichung der entstandenen Forderungen einen derartigen Hinweis durch die Glücksspielaufsicht erhalten hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ungeachtet dessen, stünde einem etwaigen Rückforderungsanspruch des Klägers nach seinem eigenen Vortrag die Regelung des § 817 BGB entgegen, wonach bei beiderseitigem Gesetzesverstoß die Rückforderung ausgeschlossen ist: Unterstellt, der Zahlungsdiensterahmenvertrag wäre wegen Verstoßes gegen § 4 GlüStV nichtig, würde den Kläger dieser Verstoß gleichermaßen treffen. Denn den Vortrag des Klägers unterstellt, wäre seine Teilnahme an öffentlichem Glücksspiel gemäß § 285 StGB unter Strafe gestellt. 3. Weitere Ansprüche, insbesondere solche aus Deliktsrecht gemäß § 823 Abs. 1 oder Abs. 2 i.V.m den Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages scheitern aus den vorstehenden Erwägungen ebenfalls. Der Beklagten ist keine schuldhafte Rechtsgutsverletzung zum Nachteil des Klägers vorzuwerfen. II. Die Nebenforderung teilt das Schicksal des Hauptanspruchs. III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 2 ZPO. § 708 Nr. 11, 2. Alt. ZPO ist hier nicht anwendbar, da die isolierte Kostenvollstreckung € 1.500 überschreitet.
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Tenor Auf den Antrag des Klägers wird die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2020 - A 16 K 4471/17 - zugelassen, soweit die Klage auf Aufhebung der Ziffern 4 und 5 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. März 2017 abgewiesen worden ist.Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten. Gründe  1 Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ist begründet.2 1. Der Kläger hat den gesetzlichen Anforderungen genügend den Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) dargelegt, soweit das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil nicht seinem Begehren entsprochen hat, die Ziffern 4 und 5 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. März 2017 aufzuheben. Dies betrifft die gegen ihn gerichtete Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Ziffer 4) und die als Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu interpretierende Ziffer 5 des Bescheids (vgl. zu letzterem BVerwG, Urteil vom 21.08.2018 - 1 C 21.17 -, juris Rn. 25). Der Senat legt den - seinem Wortlaut nach umfassend gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten - Antrag des Klägers einschränkend dahin aus, dass die Zulassung der Berufung lediglich im tenorierten Umfang begehrt wird. Aus der Begründung des Zulassungsantrags wird unmissverständlich deutlich, dass der Kläger das Urteil des Verwaltungsgerichts nur in diesem Umfang zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens machen will.3 Dies zugrunde gelegt, legt der Senat den erstinstanzlich gestellten Klageantrag dahin aus, dass hiervon die isolierte Aufhebung der Regelungen in den Ziffern 4 und 5 des Bescheids vom 22. März 2017 mit umfasst gewesen ist. Der Kläger hat die Aufhebung des Bescheids insoweit beantragt, als dieser der - hier nicht erfolgten - Verpflichtung der Beklagten entgegensteht, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz, höchst hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Bei sachgerechter Würdigung des der Klage zugrundeliegenden Lebenssachverhalts ist dieser Antrag nicht im Sinne einer inneren Verknüpfung dahin zu verstehen, dass die Aufhebung der Regelungen in den Ziffern 4 und 5 lediglich für den Fall der Zuerkennung internationalen Schutzes oder der Feststellung eines Abschiebungsverbots begehrt wird. In dieser Weise hatte der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 5. Dezember 2019 das Klagebegehren ausdrücklich präzisiert. Im Übrigen hat auch das Verwaltungsgericht die isolierte Aufhebung der Ziffern 4 und 5 zum Gegenstand seiner Entscheidung gemacht, indem es die darin enthaltenen Regelungen nach Ablehnung der Zuerkennung internationalen Schutzes bzw. der Feststellung von Abschiebungsverboten einer eigenständigen Rechtmäßigkeitsprüfung unterzogen hat.4 a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25.09.2020 - 2 BvR 854/20 -, juris Rn. 26, vom 10.02.2020 - 2 BvR 336/19 -, juris Rn. 9, und vom 13.02.2019 - 2 BvR 633/16 -, juris Rn. 23). Außerdem müssen die Prozessbeteiligten Gelegenheit erhalten, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können (BVerwG, Beschluss vom 14.06.2019 - 7 B 25.18 -, juris Rn. 14). Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.02.2020 - 2 BvR 336/19 -, juris Rn. 9). Hingegen gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.10.2019 - 1 BvR 552/18 -, juris Rn. 8, und Urteil vom 08.07.1997 - 1 BvR 1621/94 -, juris Rn. 43).5 Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.09.2020 - 2 BvR 854/20 -, juris Rn. 26, sowie Urteil vom 08.07.1997 - 1 BvR 1621/94 -, juris Rn. 44). Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (stRspr, vgl. BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 25.09.2020 - 2 BvR 854/20 -, juris Rn. 26, vom 13.02.2019 - 2 BvR 633/16 -, juris Rn. 23, und vom 05.10.1976 - 2 BvR 558/75 -, juris Rn. 13). Deshalb müssen, wenn ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden soll, im Einzelfall besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (BVerfG, u.a. Beschlüsse vom 25.09.2020 - 2 BvR 854/20 -, juris Rn. 26, vom 13.02.2019 - 2 BvR 633/16 -, juris Rn. 23, vom 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 -, juris Rn. 39, und vom 01.02.1978 - 1 BvR 426/77 -, juris Rn. 16; BVerwG, Beschluss vom 25.07.2013 - 5 C 26.12 -, juris Rn. 5) oder ein Prozessbeteiligter nicht hinreichend Gelegenheit erhalten hat, sich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu äußern, die entscheidungserheblich sein können. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschluss vom 25.09.2020 - 2 BvR 854/20 -, juris Rn. 26).6 b) Nach diesen Maßstäben liegen hier die gerügten Gehörsverletzungen vor. Der Kläger hatte im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2019 vorgetragen, seit dem 4. April 2019 mit der britischen Staatsangehörigen ... …-... verheiratet zu sein. Seine Ehefrau, mit der er zusammenlebe, sei im Besitz einer Aufenthaltskarte-EU. Aus diesem Grunde seien Ziffern 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids aufzuheben. Ausweislich des Tatbestands der angegriffenen Entscheidung - ein Protokoll über die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung findet sich in der Gerichtsakte nicht - hat der Kläger gegenüber dem Gericht angegeben, mit seiner Frau „zusammen zu sein“ (S. 4 d. UA). In den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils hat das Verwaltungsgericht den Umstand, dass der Kläger mit einer britischen Staatsangehörigen verheiratet ist und mit dieser zusammenlebt, zwar zur Kenntnis genommen, dies aber lediglich im Rahmen der Prüfung gewürdigt, ob in seinem Falle ein nationales Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG festzustellen ist (S. 15 f. d. UA). Soweit sich das Verwaltungsgericht mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Ziffern 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids auseinandergesetzt hat, hat es diesen - durch den Kläger ausdrücklich auf die genannten Ziffern bezogenen - Umstand hingegen offensichtlich nicht in Erwägung gezogen, obwohl er auch insoweit entscheidungserheblich ist. Die Abschiebungsandrohung (Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids) dürfte unter Berücksichtigung dieses vom Verwaltungsgericht übergangenen Sachverhalts rechtswidrig sein, da der Kläger unabhängig von seinem Asylbegehren bereits deshalb nicht ausreisepflichtig sein dürfte, weil er mit einer in Deutschland daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürgerin in ehelicher Lebensgemeinschaft lebt und daher selbst aufenthaltsberechtigt sein dürfte (nachfolgend (aa)). Besteht eine solche Aufenthaltsberechtigung, darf auch kein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot ergehen (nachfolgend (bb)).7 (aa) Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht hätte bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung berücksichtigen müssen, dass er vom Aufenthaltsstatus seiner britischen Ehefrau ein eigenes Recht auf Einreise und Aufenthalt nach § 3 Abs. 1 FreizügG/EU ableiten könne. Aus der im Klageverfahren zur Akte gereichten Aufenthaltskarte seiner Ehefrau (Bl. 59 f. d. VG-Akte) ergibt sich, dass diese über ein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a FreizügG/EU verfügt. Dieses Recht gilt gemäß § 1 des Gesetzes für den Übergangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union jedenfalls bis 31. Dezember 2020 fort.8 Dies zugrunde gelegt spricht viel dafür, dass der Kläger über ein akzessorisches Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU verfügt, das dem Erlass der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung entgegensteht. Denn die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG darf dann nicht ergehen, wenn der Ausländer kraft Gesetzes aufenthaltsberechtigt ist und daher mit der Ausreisepflicht (§ 50 Abs. 1 AufenthG) eine materielle Voraussetzung der Abschiebung gemäß § 58 Absatz 1 AufenthG fehlt. Besteht eine gesetzliche Aufenthaltsberechtigung, ist ein Aufenthaltstitel nicht „erforderlich“ i. S. d. § 50 Abs. 1 AufenthG, um den Aufenthalt zu legalisieren (vgl. auch Bergmann, in: ders./Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 34 AsylG Rn. 8).9 Zwar dürfte dem Kläger noch kein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU zustehen. Denn es ist nicht ersichtlich, dass sich der Kläger, der erst seit 4. April 2019 verheiratet ist, seit fünf Jahren als Familienangehöriger einer Unionsbürgerin ständig rechtmäßig mit dieser im Bundesgebiet aufgehalten hat. Jedoch dürfte ihm gleichwohl ein vom Status seiner Ehefrau abgeleitetes Aufenthaltsrecht zustehen. Hat ein Unionsbürger, zu dem der Nachzug erfolgt, bereits - wie hier - ein Daueraufenthaltsrecht erlangt, erfüllt aber der Familienangehörige die zeitlichen Voraussetzungen des § 4a Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU noch nicht, ordnet keine Regelung des Freizügigkeitsgesetzes/EU den Erwerb eines Aufenthaltsrechts des Familienangehörigen ausdrücklich an. Haben aber Familienangehörige von Freizügigkeitsberechtigten ein Aufenthaltsrecht (§ 2 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 3 FreizügG/EU), muss dies erst recht für Familienangehörige von daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürgern gelten. Andernfalls wäre die Rechtsposition des Daueraufenthaltsberechtigten unter Umständen wesentlich entwertet. Setzt schließlich § 4a Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU voraus, dass sich Familienangehörige von daueraufenthaltsberechtigten Unionsbürgern fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben können, bevor sie selbst daueraufenthaltsberechtigt werden, liegt nahe, dass das Gesetz eine solche Aufenthaltsberechtigung auch ermöglicht. Ist die akzessorische Aufenthaltsberechtigung des Klägers somit nicht zweifelhaft, müssen Art und Umfang dieses Rechts im vorliegenden Zulassungsverfahren nicht näher bestimmt werden (vgl. hierzu Dienelt, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 4a FreizügG/EU Rn. 77; Tewocht, in: Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand: 01.07.2020, § 4a FreizügG/EU Rn. 3 f.; vgl. auch Ziffer 4a.0.2 AVV-FreizügG/EU).10 (bb) Die Gehörsverletzung wirkt sich auch auf die Anordnung des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids aus, welches keinen Bestand haben könnte, sollten die Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung in Ziffer 4 nicht vorliegen.11 2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 78 Abs. 5 Satz 1 AsylG).12 Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung im Berufungsverfahren vorbehalten.13 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO.
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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2020 - 9 K 863/20 - wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt. Gründe  1 Die Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart bleibt ohne Erfolg.I.2 Der im Juni 1990 geborene Antragsteller ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Er begehrt nach erfolgter Abschiebung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes seine Rückholung ins Bundesgebiet.3 Der Antragsteller reiste im Juni 2005 zu Zwecken der Familienzusammenführung ins Bundesgebiet ein. In den ersten Jahren seines Aufenthalts wurden ihm Aufenthaltserlaubnisse nach § 32 AufenthG erteilt und verlängert. Im Mai 2016 erhielt er ein vom Familiennachzug losgelöstes, bis Mai 2018 befristetes Aufenthaltsrecht nach § 34 Abs. 2 AufenthG.4 Im Juni 2018 beantragte der Antragsteller bei der Stadt ... die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis. Diesen Antrag lehnte die Stadt nach vorheriger Anhörung des Antragstellers mit Bescheid vom 17. Juli 2018 ab. Außerdem forderte sie den Antragsteller auf, das Bundesgebiet binnen drei Monaten nach Bekanntgabe der Verfügung zu verlassen, drohte ihm für den Fall der Nichtbeachtung die Abschiebung nach Vietnam an und befristete die mit einer Abschiebung einhergehenden Sperrwirkungen auf eine Dauer von einem Jahr ab Verlassen des Bundesgebiets. Zur Begründung stellte die Behörde maßgebend darauf ab, dass der Antragsteller nicht über genügend Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge. Außerdem sei sein Lebensunterhalt nicht gesichert. Hinzu komme, dass er sich nicht in der zu erwartenden Weise in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert habe.5 Gegen den Bescheid der Stadt ... legte der Antragsteller Widerspruch und später auch Klage ein (Verfahren 9 K 6426/19 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart); über beide Rechtsbehelfe ist noch nicht entschieden worden.6 Am 20. September 2019 wurde der Antragsteller auf Veranlassung des Regierungspräsidiums Karlsruhe nach Vietnam abgeschoben. Der für ihn am Tag der Abschiebung beim Verwaltungsgericht Stuttgart eingereichte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz blieb ohne Erfolg (9 K 6427/19). Die gegen den ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts nach erfolgter Abschiebung eingereichte Beschwerde (11 S 2674/19) nahm der Antragsteller am 11. Februar 2020 auf richterlichen Hinweis hin zurück.7 Noch am selben Tag ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Stuttgart einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung einreichen, gerichtet auf die Anordnung seiner Rückholung ins Bundesgebiet. Zur Begründung des Antrags führte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aus, dass sein Mandant rechtswidrig abgeschoben worden sei. Der Antrag des Antragstellers auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis habe nach § 81 AufenthG Fiktionswirkungen entfaltet. Über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19a und nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG sei von der zuständigen Ausländerbehörde nicht entschieden worden. Dem Antragsteller stehe zudem ein Rechtsanspruch auf Verlängerung oder Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 35 AufenthG zu; zumindest aber habe er einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Der Antragsteller habe seit seinem 15. Lebensjahr im Bundesgebiet gelebt und sei hier auch zur Schule gegangen. Sämtliche Bezugspersonen des Antragstellers - seine Mutter, seine Schwester und weitere Verwandte - lebten im Bundesgebiet; mit Vietnam verbinde ihn nur die schmerzliche Erinnerung an seinen dort durch einen Unfall ums Leben gekommenen Vater. Aufgrund eingeschränkter kognitiver Fähigkeiten sei es dem Antragsteller zwar nicht gelungen, einen Schulabschluss zu erlangen. Er habe sich in Deutschland aber nie strafbar gemacht und auch keine Sozialleistungen bezogen. Im Zeitpunkt der Abschiebung des Antragstellers sei auch nicht zu befürchten gewesen, dass dieser künftig auf Sozialleistungen angewiesen sein wird. Denn der Antragsteller sei bis zu seiner Abschiebung einer Erwerbstätigkeit als Nageldesigner aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit einem monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von 955,76 EUR nachgegangen. Zudem habe er bei einer Tante mietfrei wohnen können. Sein bisheriger Arbeitgeber, der Betreiber eines Nagelpflegestudios, sei bereit, den Antragsteller im Falle einer Rückkehr nach Deutschland weiter zu beschäftigen. Im Falle einer Rückkehr könne der Antragsteller zudem mit einer für ihn kostenfreien Unterkunft rechnen. Denn seine Mutter sei bereit, ihn in ihre Wohnung aufzunehmen und dort mietfrei wohnen zu lassen. Damit komme sie ihrer gesetzlichen Pflicht nach, ihrem Sohn Unterhalt zu leisten. Der weitere Verbleib des Antragstellers in Vietnam sei für diesen dagegen unzumutbar. Er sei dort obdachlos und an Leib und Leben akut gefährdet.8 Das Verwaltungsgericht Stuttgart lehnte den Eilrechtsschutzantrag des Antragstellers mit Beschluss vom 26. Mai 2020 (9 K 863/20) ab. In den Gründen seiner Entscheidung führte das Verwaltungsgericht aus, dass der Antragsteller einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend mache. Sein Eilrechtsschutzbegehren ziele auf die Vorwegnahme der mit seiner Klage im Verfahren 9 K 6426/19 betriebenen Hauptsache. Der Eilrechtsschutzantrag sei zwar zulässig, jedoch nicht begründet. Die einstweilige Anordnung der Rückholung eines Ausländers im Verfahren nach § 123 VwGO setze eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs des Ausländers im Hauptsacheverfahren voraus. Hiervon sei nur auszugehen, wenn die Abschiebung des Ausländers offensichtlich rechtswidrig gewesen sei und ihn noch andauernd mit hoher Wahrscheinlichkeit in seinem Bleiberecht verletze. Zudem müsse das Abwarten auf eine Entscheidung in der Hauptsache für den Ausländer schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge haben. Diese strengen Voraussetzungen seien im Falle des Antragstellers nicht erfüllt. Denn seine Abschiebung sei nach der für die Prüfung des Folgenbeseitigungsanspruchs maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Durchführung nicht offensichtlich rechtswidrig erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Voraussetzungen der Abschiebung nach § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorgelegen. Der Antragsteller habe auch nicht glaubhaft gemacht, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG vorgelegen habe. Ebenso wenig habe er glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf Duldung aus § 60a Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG zugestanden habe, um seinen Verbleib im Bundesgebiet während des Verfahrens betreffend die Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels zu sichern. Denn ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels habe dem Antragsteller im Zeitpunkt seiner Abschiebung nicht zugestanden. Ein solcher Anspruch lasse sich weder § 35 noch § 25 Abs. 4 Satz 2 noch § 19a AufenthG (jeweils in der am Tag der Abschiebung des Antragstellers geltenden Fassung) entnehmen.9 Der vorgenannte Beschluss des Verwaltungsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 10. Juni 2020 zugestellt worden. Noch am selben Tag hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers für diesen beim Verwaltungsgericht Beschwerde eingelegt. Diese hat er am 17. Juni 2020 begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts halte einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Dem Antragsteller stehe mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu, zumindest aber ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Hieraus folge ein Anspruch auf Erteilung einer sogenannten Verfahrensduldung. Der Antragsteller sei als Minderjähriger ins Bundesgebiet eingereist und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen. Er habe sich nie strafbar gemacht. Sein Lebensunterhalt sei im Bundesgebiet aufgrund eigener Erwerbstätigkeit sowie verwandtschaftlicher Unterstützungsleistungen nachhaltig gesichert. Selbst wenn man hieran zweifeln sollte, ergebe sich ein Anspruch des Antragstellers auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels auch daraus, dass er sich im Bundesgebiet nachhaltig integriert habe. Trotz seines geringen Bildungsniveaus sei er ein Paradebeispiel für gelungene Integration. Er sei nie straffällig geworden, habe keine Sozialleistungen in Anspruch genommen sowie ordnungsgemäß seine Steuern und Sozialabgaben gezahlt. Außerdem verfüge er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache. Eine Kommunikation in deutscher Sprache sei mit ihm ohne nennenswerte Probleme möglich. Aufgrund seiner schüchternen und zurückhaltenden Art sei dies allerdings nicht leicht zu erkennen. Außerdem hänge erfolgreiche Integration nicht allein von der Beherrschung der deutschen Sprache ab. Im Übrigen ergebe sich die Rechtswidrigkeit der erfolgten Abschiebung des Antragstellers auch daraus, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz missachtet worden sei. Den zuständigen Ausländerbehörden habe es oblegen, vor der Abschiebung des Antragstellers zunächst mildere Mittel einzusetzen, um ihn dazu anzuhalten, sich intensiver um seine Integration zu bemühen.II.10 1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 146 Abs. 1 VwGO) und unter Beachtung der Vorgaben des § 146 Abs. 4 Satz 1 bis 3, § 147 VwGO eingelegt und begründet worden. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotene Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist zwar nur sehr kursorisch erfolgt. Sie genügt aber - noch - den Anforderungen des Gesetzes.11 2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, ergibt sich nicht, dass dem Antragsteller abweichend vom Beschluss des Verwaltungsgerichts vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner durch einstweilige Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) seine Rückholung ins Bundesgebiet aufzugeben, zu Recht abgelehnt. Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsteller den geltend gemachten Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO).12 Dabei ist nicht zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht Stuttgart für den im vorliegenden Verfahren gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten Eilrechtsschutzantrag des Antragstellers örtlich zuständig war. Denn hierauf ist der Antragsteller in der Begründung seiner Beschwerde nicht eingegangen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).13 Gleiches gilt für die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass einer Anwendung von § 123 VwGO hier § 123 Abs. 5 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO nicht entgegenstehe und dass als Anordnungsanspruch allenfalls ein Folgenbeseitigungsanspruch in Betracht komme. Auch die Einschätzungen des Verwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen eines solchen Anspruchs, zur Einordnung des Anliegens des Antragstellers als Vorwegnahme der Hauptsache im Eilrechtsschutzverfahren und zu den Anforderungen an die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit den Wirkungen einer Vorwegnahme der Hauptsache sind vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Denn auch insofern ist der Antragsteller in der Begründung seiner Beschwerde den Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht entgegengetreten. Der Senat legt daher seiner Prüfung den vom Verwaltungsgericht gewählten Ansatz zugrunde, dass die begehrte einstweilige Anordnung nur ergehen könnte, wenn eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs des Antragstellers im Hauptsacheverfahren bestünde, was wiederum voraussetzte, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Vietnam offensichtlich rechtswidrig erfolgt ist. Weiter legt der Senat seiner Prüfung die mit der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Annahmen des Verwaltungsgerichts zugrunde, dass im vorliegenden Fall auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der erfolgten Abschiebung (hier also am 20. September 2019) abzustellen ist, dass zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 AufenthG für eine Abschiebung des Antragstellers vorlagen und dass der Abschiebung weder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch ein Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19a oder § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG entgegenstanden. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die auf diese Punkte bezogenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts wohl auch keinen Anlass gegeben hätten, die angegriffene Entscheidung zu ändern.14 Der Senat teilt mit den vorstehenden Maßgaben die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass sich eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Abschiebung des Antragstellers nicht feststellen lässt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Darlegungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren. Es ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass der erfolgten Abschiebung ein Anspruch des Antragstellers auf eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG entgegenstand. Zur weiteren Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen in den Gründen des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bezug (§ 122 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Mit Blick auf die Darlegungen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:15 a) Soweit der Antragsteller geltend macht, ihm habe zur Zeit seiner Abschiebung ein Anspruch auf Duldung jedenfalls bis zum bestandskräftigen Abschluss des die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis betreffenden Verwaltungsverfahrens zugestanden, führt dies nicht zum Erfolg seiner Beschwerde. Es ist zwar anerkannt, dass aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes ein Anspruch auf eine solche verfahrenssichernde Duldung (Verfahrensduldung) bestehen kann (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 03.06.2020 - 11 S 427/20 -, juris Rn. 22 ff.). Dies setzt jedoch voraus, dass die Aussetzung der Abschiebung geboten ist, weil keine Zweifel am Anspruch auf Titelerteilung bestehen beziehungsweise - wenn der Ausländerbehörde in Bezug auf die Titelerteilung Ermessen eröffnet ist - keine tragfähigen Ermessensgesichtspunkte ersichtlich sind, die eine Ablehnung rechtfertigen könnten (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 14.01.2020 - 11 S 2956/19 -, juris Rn. 24, und vom 20.09.2018 - 11 S 1973/18 -, juris Rn. 21). Im vorliegend gegebenen Fall einer begehrten Vorwegnahme der Hauptsache ist zudem erforderlich, dass die Voraussetzungen einer solchen Verfahrensduldung zur Zeit der erfolgten Abschiebung offensichtlich vorlagen. Im Falle des Antragstellers ist dies aber nicht anzunehmen.16 aa) So geht die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren geäußerte Annahme fehl, dass ihm am Tag seiner Abschiebung ein Anspruch nach § 26 Abs. 4 Satz 4 in Verbindung mit § 35 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AufenthG auf Verlängerung der ihm zuletzt bis zum 1. Mai 2018 erteilten Aufenthaltserlaubnis zugestanden habe. Denn aus dem Zusammenspiel von § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG mit Satz 1 dieser Vorschrift geht klar hervor, dass die Bestimmung nur auf Ausländer Anwendung finden kann, die eine ihnen aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen erteilte Aufenthaltserlaubnis besitzen (Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes). Eine solche Aufenthaltserlaubnis ist dem Antragsteller jedoch bislang nicht erteilt worden. Vielmehr hat man ihm die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet zunächst zu Zwecken des Kindernachzugs (§ 32 AufenthG) und zuletzt - befristet - auf der Grundlage eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 34 Abs. 2 AufenthG ermöglicht.17 bb) Soweit sich der Antragsteller im Beschwerdeverfahren zumindest dem Sinne nach darauf beruft, dass ihm am Tag seiner Abschiebung ein Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG zugestanden habe, ist das Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Anspruchs keineswegs ohne Zweifel. Dies betrifft sämtliche der in § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AufenthG genannten Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs.18 (1) So ist bereits zweifelhaft, ob der Antragsteller zum maßgebenden Zeitpunkt seit fünf Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes war (vgl. zu diesem Erfordernis § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AufenthG). Hieran fehlt es, wenn der betreffende Ausländer zwar während einer Dauer von mindestens fünf Jahren im Besitz der erforderlichen befristeten Aufenthaltserlaubnis war, den Antrag auf Erteilung der Niederlassungserlaubnis aber erst nach Ablauf der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis gestellt hat (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Januar 2016, § 35 AufenthG Rn. 14; Tewocht, in: Kluth/Heusch, BeckOK Ausländerrecht, § 35 AufenthG Rn. 8 ff. und 14). So dürfte es im vorliegenden Fall liegen. Denn die Geltungsdauer der dem Antragsteller zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis endete im Mai 2018. Die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beantragte der Antragsteller aber erst im Juni 2018. Zu der Frage, ob - das Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 AufenthG unterstellt -, diese Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Antragstellers nach § 85 AufenthG außer Betracht zu bleiben hatte, fehlt es bislang an tragfähigen Feststellungen.19 (2) Es bestehen zudem erhebliche Zweifel, ob der Antragsteller am Tag seiner Abschiebung über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG verfügte.20 Der unbestimmte Rechtsbegriff der ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG entspricht nicht nur im Wortlaut, sondern auch inhaltlich demjenigen in § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 43 Abs. 3 AufenthG und § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Integrationskursverordnung. Ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache im vorgenannten Sinne sind erst dann anzunehmen, wenn der betreffende Ausländer die deutsche Sprache auf dem Niveau der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen beherrscht (§ 2 Abs. 11 AufenthG; zu den Anforderungen der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen vgl. die Hinweise des Goethe-Instituts unter http://www.goethe.de/z/50/commeuro/303.htm). Danach verfügt über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, wer zur selbständigen Sprachverwendung auf dem Niveau einer Mittelstufe in der Lage ist. Dies setzt voraus, dass der Ausländer die Hauptpunkte versteht, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit etc. geht. Weiter ist erforderlich, dass der Ausländer die meisten Situationen in deutscher Sprache bewältigen kann, denen man auf Reisen im Bundesgebiet begegnet. Außerdem soll er über die Befähigung verfügen, sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete zu äußern. Schließlich soll er in der Lage sein, über Erfahrungen und Ereignisse zu berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele zu beschreiben und zu Plänen und Absichten kurze Begründungen oder Erklärungen zu geben. Der Ausländer kann den ihm obliegenden (§ 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) Nachweis, dass er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt, durch den erfolgreichen Abschluss eines Integrationskurses erbringen (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Der Nachweis ist aber auch auf andere Weise - etwa über einen entsprechenden Schulabschluss - möglich (BVerwG, Urteil vom 28.04.2015 - 1 C 21.14 -, juris Rn. 14; BT-Drs. 15/420, S. 72; Nr. 9.2.1.7 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz ).21 Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller nicht einmal behauptet, am Tag seiner Abschiebung die deutsche Sprache auf dem Niveau der Stufe B 1 beherrscht zu haben. Den Nachweis des erfolgreichen Abschlusses eines Integrationskurses hat er nicht erbracht. Er hat auch kein Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss seiner Ausbildung an einer deutschen Schule vorgelegt. Dem Hinweis der im Zeitpunkt der Abschiebung für ihn zuständigen unteren Ausländerbehörde, er habe sich bei Vorsprachen zur Klärung seiner Angelegenheiten stets eines Sprachmittlers bedient oder habe von einem persönlichen Erscheinen ganz abgesehen, ist der Antragsteller nicht substantiiert entgegengetreten. Dabei kann offenbleiben, ob dessen Zurückhaltung auf mangelnde Sprachkompetenz oder - wie sein Prozessbevollmächtigter vorträgt - auf Schüchternheit und beschränkte kognitive Fähigkeiten zurückzuführen ist. Denn in beiden Fällen hat der Antragsteller im Austausch mit der Ausländerbehörde keinen Nachweis erbracht, die deutsche Sprache auf dem Niveau der Stufe B 1 zu beherrschen. Wenn der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers vorträgt, es bereite ihm keine nennenswerten Probleme, sich mit seinem Mandanten auf Deutsch zu verständigen, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Denn allein mit diesem Vorbringen ist kein Nachweis erbracht, dass der Antragsteller am Tag seiner Abschiebung in der Lage war, in deutscher Sprache auf dem Niveau der Stufe B 1 zu kommunizieren. Der Umstand, dass der Antragsteller im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht (9 K 863/20) ein am 21. Mai 2020 - also knapp acht Monate nach seiner Abschiebung - ausgestelltes Busuu-Zertifikat über den erfolgreichen Abschluss eines Online-Deutschkurses der Stufe A 2 vorgelegt hat, deutet klar in eine andere Richtung. Denn dieses Zertifikat belegt allenfalls Kenntnisse auf dem gehobenen Anfängerniveau im Bereich der elementaren Sprachverwendung (vgl. auch hierzu die oben angesprochenen Erläuterungen des Goethe-Instituts). In der Gesamtbetrachtung ist es daher keineswegs zweifelsfrei, dass der Antragsteller die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG für einen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis am Tag seiner Abschiebung erfüllt hat. Im Gegenteil deuten die Umstände eher darauf hin, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt waren.22 (3) Weiter bestehen erhebliche Zweifel, dass der Lebensunterhalt des Antragstellers zur Zeit seiner Abschiebung gesichert war. Da sich der Antragsteller zum hier maßgebenden Zeitpunkt nicht in einer Ausbildung im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG befand, konnte er die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht beanspruchen, wenn sein Lebensunterhalt nicht gesichert war (vgl. auch hierzu § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG). Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers nur dann gesichert, wenn dieser ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Auf die tatsächliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist eine Sicherung des Lebensunterhalts bereits dann zu verneinen, wenn der betreffende Ausländer nach den gesetzlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der konkreten persönlichen Einkommens- und Vermögenssituation derartige Leistungen auch nur zur teilweisen Sicherung seines Lebensunterhalts beanspruchen kann. Dabei entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, bei der Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis hinsichtlich der Sicherung des Lebensunterhalts einen strengen Maßstab anzulegen (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urteile vom 18.04.2013 - 10 C 10.12 -, juris Rn. 13, und vom 26.08.2008 - 1 C 32.07 -, juris Rn. 23). Die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs richtet sich bei erwerbsfähigen Ausländern nach den entsprechenden Bestimmungen des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Dies gilt grundsätzlich auch für die Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens (BVerwG, Urteile vom 18.04.2013 - 10 C 10.12 -, juris Rn. 13, und vom 26.08.2008 - 1 C 32.07 -, juris Rn. 19). Die Fähigkeit, seinen Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu bestreiten, darf nicht nur vorübergehend sein. Die zur Verfügung stehenden Mittel müssen eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen (Dienelt, in: Bergmann/ders., Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 2 AufenthG Rn. 42). Es bedarf daher einer positiven Prognose, dass der Lebensunterhalt des Ausländers in Zukunft auf Dauer ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gesichert ist. Dies erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs mit den nachhaltig zur Verfügung stehenden Mitteln (BVerwG, Urteil vom 18.04.2013 - 10 C 10.12 -, juris Rn. 13). Es ist die Frage zu beantworten, ob der betroffene Ausländer aller Voraussicht nach bei nicht wesentlich veränderten und unter Außerachtlassung von unvorhergesehenen Umständen den Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln, Zuwendungen Dritter sowie vom Gesetzgeber ausdrücklich als unschädlich eingeordneten öffentlichen Mitteln auch in der Zukunft wird bestreiten können (Funke-Kaiser, in GK-AufenthG, Stand April 2020, § 2 Rn. 72). Bei dieser Prognose ist auf den konkreten Einzelfall abzustellen (Funke-Kaiser, in GK-AufenthG, Stand April 2020, § 2 Rn. 126). Es ist an die bisherige Aufenthalts-, Ausbildungs- und Erwerbsbiografie des betreffenden Ausländers anzuknüpfen und unter Berücksichtigung seiner aktuellen Lebens-, Wohn- und Beschäftigungssituation abzuschätzen, ob der Ausländer in wirtschaftlich so stabilen Verhältnissen lebt, dass er voraussichtlich weder kurz- noch mittelfristig zum Kreis der nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs Leistungsberechtigten zählen wird.23 Blickt man auf die Situation am Tag der Abschiebung des Antragstellers, bestehen erhebliche Zweifel, ob dem Antragsteller zu dieser Zeit die positive Prognose gestellt werden konnte, in der Lage zu sein, seinen Lebensunterhalt nachhaltig zu sichern. Dies gilt selbst dann, wenn man die Angaben des Antragstellers zugrunde legt, dass er zuletzt als alleinstehende Person aus nichtselbständiger Arbeit und einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von 955,76 EUR erzielt und zudem mietfrei bei einer Tante gewohnt habe.24 Insofern ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller weder über einen Schulabschluss noch über eine Berufsausbildung verfügt. Während seines 14-jährigen Aufenthalts im Bundesgebiet hat er mehrfach den Wohnort und seine Adressen gewechselt. Erwerbstätigkeiten ist er offenbar nur zeitweilig nachgegangen; diese hat er zudem mehrfach gewechselt. Dem Antritt seiner letzten Arbeitsstelle in ... war unmittelbar ein mehrmonatiger Aufenthalt des Antragstellers in ... vorausgegangen. Der Erwerbstätigkeit in ... war der Antragsteller im Zeitpunkt seiner Abschiebung nur über eine Phase von weniger als vier Monaten nachgegangen. Das Arbeitsverhältnis war zwar unbefristet; auch eine Probezeit war nicht vorgesehen. Im Zeitpunkt seiner Abschiebung hatte der Antragsteller aber noch nicht einmal einen Status erreicht, der ihm - die Anwendbarkeit des Gesetzes auf das hier interessierende Arbeitsverhältnis unterstellt - den uneingeschränkten Schutz des Kündigungsschutzgesetzes eröffnet (zu der insofern maßgeblichen Mindestdauer von sechs Monaten vgl. § 1 Abs. 1 KSchG).25 Unterkunft hatte er nach seiner Rückkehr nach ... zwar auf der Basis mietfreien Wohnens bei einer Tante gefunden. Auf welche Dauer die geschilderte Wohnsituation des Antragstellers angelegt war, ist von diesem aber nicht erläutert worden. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren findet die Wohnung der Tante zwar noch kurz Erwähnung. Als mögliche Unterkunft im Falle einer Rückkehr des Antragstellers wird sie dagegen nicht mehr ausdrücklich angegeben. Der Antragsteller hat auch keine Bestätigung seiner Tante vorgelegt, aus der sich ergibt, dass diese bereit wäre, ihn wieder bei sich aufzunehmen. Stattdessen bietet nun die Mutter des Antragstellers an, ihn bei sich mietfrei wohnen zu lassen.26 Aus dem Inhalt der vom Senat beigezogenen Akten lässt sich ein Verhaltensmuster des Antragstellers ablesen, das durch Unstetigkeit, mangelndes Engagement in der Kommunikation mit den Ausländerbehörden, fehlendem Willen, sich in den hiesigen Verhältnissen einen eigenen Stand zu erarbeiten, sowie dadurch geprägt ist, dass der Antragsteller immer wieder auf unentgeltliche Unterstützung aus dem Kreis seiner Verwandten zurückgreift. Zugleich lässt sich weder aus dem Vortrag des Antragstellers noch aus dem Inhalt der beigezogenen Akten entnehmen, dass die Verwandten des Antragstellers zum hier maßgebenden Zeitpunkt bereit beziehungsweise in der Lage gewesen wären, den Lebensunterhalt des Antragstellers nachhaltig und in verbindlicher Weise zu sichern. Die vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren vorgelegten Erklärungen seiner Mutter (kostenlose Bereitstellung von Wohnraum), seiner Patentante (Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG) und seines früheren Arbeitgebers (Bereitschaft zur Weiterbeschäftigung zu besseren Konditionen) stehen dieser Einschätzung nicht entgegen. Denn die Erklärungen stammen allesamt aus dem Jahr 2020. Ihnen kommt daher für die auf den 20. September 2019 zu beziehende Prognose nur wenig Aussagekraft zu. Insbesondere fällt auf, dass der Antragsteller vergleichbare Erklärungen nicht bereits im Rahmen seiner Anhörung im Titelverlängerungsverfahren oder zumindest umgehend nach der behördlichen Ablehnung der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beigebracht hat. Bis zu seiner Abschiebung hätte hierzu während einer Dauer von mehr als einem Jahr Gelegenheit bestanden. Das Ausbleiben vergleichbarer Erklärungen in der Zeit vor der Abschiebung des Antragstellers kann daran liegen, dass sich dieser in Vernachlässigung seiner Mitwirkungsobliegenheiten (§ 82 Abs. 1 AufenthG) zu wenig darum gekümmert hat, der zuständigen Ausländerbehörde die nachhaltige Sicherung seines Lebensunterhalts zu belegen. Denkbar ist aber auch, dass zum hier maßgeblichen Zeitpunkt noch keine oder geringere Bereitschaft seiner Verwandten bestand, ihn langfristig verbindlich zu unterstützen. Umstände, die geeignet wären, die aufgezeigten Zweifel an der nachhaltigen Sicherung seines Lebensunterhalts auszuräumen, und die zugleich den Schluss rechtfertigten, dass ihm bereits am 20. September 2019 eine positive Prognose zu stellen gewesen wäre, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Insbesondere fehlt es an jeglichem Vortrag, aufgrund welcher Umstände oder Entwicklungen sich die Lebensumstände des Antragstellers im Sommer 2019 derartig stabilisiert haben könnten, dass ohne relevanten Zweifel eine zumindest mittelfristige Sicherung seines Lebensunterhalts zu prognostizieren gewesen wäre.27 Danach waren am Tag der Abschiebung des Antragstellers durchaus relevante Zweifel an der hinreichenden Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers veranlasst.28 (4) Nach Lage der Dinge ist auch nicht davon auszugehen, dass im Falle des Antragstellers Anlass bestand, von den Erfordernissen ausreichender Kenntnisse der deutschen Sprache (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AufenthG) und der Sicherung des Lebensunterhalts (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AufenthG) abzusehen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn diese Erfordernisse vom Antragsteller wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllt werden könnten (§ 35 Abs. 4 AufenthG). Der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat im Beschwerdeverfahren zwar darauf hingewiesen, dass sich sein Mandant auf einem niedrigen Bildungsniveau befinde. Es handle sich bei ihm um eine einfach strukturierte Persönlichkeit mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten. Dagegen hat der Antragsteller bislang nichts vorgetragen, was auf das Bestehen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung schließen ließe. Ebenso wenig hat er dem Gericht hierzu etwaige ärztliche Gutachten oder Atteste vorgelegt. Der Umstand, dass der Antragsteller nach Einschätzung seines Prozessbevollmächtigten über nur unterdurchschnittliche Intelligenz verfügt, rechtfertigt es für sich allein aber noch nicht, von der Anwendung des § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 3 AufenthG abzusehen.29 cc) Soweit sich der Antragsteller im vorliegenden Verfahren auf mögliche Ansprüche auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis beruft, führt dies ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Als Anspruchsgrundlagen kamen zum hier maßgebenden Zeitpunkt insofern allenfalls § 35 Abs. 3 Satz 2 und § 34 Abs. 3 AufenthG in Betracht. Es bestehen aber erhebliche Zweifel, ob insofern überhaupt die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung zugunsten des Antragstellers vorliegen. Auf andere denkbare Anspruchsgrundlagen ist im vorliegenden Zusammenhang nicht einzugehen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).30 (1) Mit Blick auf § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG weist der Senat darauf hin, dass eine Anwendung dieser Norm nur auf Ausländer in Betracht kommt, bei denen zwar einer der Versagungsgründe des § 35 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorliegt, die aber im Übrigen sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 35 Abs. 1 AufenthG erfüllen. Denn § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG hat die Funktion, bei Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 35 Abs. 3 Satz 1 AufenthG einen ansonsten gegebenen Anspruch nach § 35 Abs. 1 AufenthG auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis zu einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis herabzustufen. Mangelt es dagegen bereits an einer Voraussetzung nach § 35 Abs. 1 AufenthG für die Entstehung eines Anspruchs auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, ist für eine Ermessensentscheidung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kein Raum. Bei Volljährigen sind dies die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 AufenthG. In solchen Fällen kommt allenfalls eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach der allgemeinen Regelung des § 34 Abs. 3 AufenthG in Betracht (BVerwG, Urteil vom 15.08.2019 - 1 C 23.18 -, juris Rn. 18). Bei einem volljährigen Ausländer ist danach als Voraussetzung für eine positive Ermessensentscheidung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG stets erforderlich, dass er seit mindestens fünf Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 6 (Aufenthalt aus familiären Gründen) oder - in den Fällen des § 26 Abs. 4 Satz 4 AufenthG - einer solchen nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen) ist, über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und sein Lebensunterhalt gesichert ist (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AufenthG).31 Wie oben bereits dargelegt, ist es sehr zweifelhaft, ob der Antragsteller diese Voraussetzungen zur Zeit seiner Abschiebung erfüllt hat. Fehlt es aber hieran, wäre zur Zeit der Abschiebung des Antragstellers für eine zu seinen Gunsten ergehende Ermessensentscheidung nach § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kein Raum gewesen. Daher kann im vorliegenden Zusammenhang offenbleiben, ob die von der unteren Ausländerbehörde in ihrem Bescheid vom 17. Juli 2018 zu § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG angestellten Ermessenserwägungen den Anforderungen des § 40 LVwVfG genügen.32 Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich die Argumentation des Antragstellers zu § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegen seiner Annahme auch nicht auf den Beschluss des Senats vom 5. Februar 2019 (11 S 1646/18, juris Rn. 17) stützen lässt. In der angesprochenen Entscheidung hat sich der Senat unter anderem zu der Frage geäußert, unter welchen Voraussetzungen in den Fällen der Eröffnung des Ermessens nach § 35 Abs. 3 Satz 2 AufenthG die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis wegen fehlender Sicherung des Lebensunterhalts abgelehnt werden darf. Dies betrifft - wie gezeigt - nur solche Fälle, in denen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 35 Abs. 1 AufenthG erfüllt sind, zugleich aber auch Versagungsgründe nach § 35 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorliegen. Im vorliegenden Fall bestehen aber bereits relevante Zweifel, ob am Tage der Abschiebung des Antragstellers in seiner Person die Erteilungsvoraussetzungen nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 erfüllt waren.33 (2) Auf § 34 Abs. 3 AufenthG kann sich der Antragsteller im Rahmen des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens ebenfalls nicht stützen. Auch in Bezug auf diese Anspruchsgrundlage ist nicht offenkundig, dass der Ausländerbehörde am 20. September 2019 Ermessen für eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers eröffnet war. Es ist zweifelhaft, ob die allgemeine Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erfüllt war; insofern nimmt der Senat auf die obigen Ausführungen zum Thema der Sicherung des Lebensunterhalts des Antragstellers Bezug. Die Annahme, dass von dieser Voraussetzung aufgrund einer Atypik des Falles abgesehen werden könnte, liegt auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers keineswegs nahe. Eine Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 AufenthG hat der Gesetzgeber in Verfahren betreffend die Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 34 Abs. 3 AufenthG nicht zugelassen.34 b) Schließlich führt auch der Hinweis des Antragstellers auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht zum Erfolg der Beschwerde. Als Grundsatz mit Verfassungsrang und Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips ist das Verhältnismäßigkeitsprinzip zwar in allen Bereichen der Eingriffsverwaltung und damit auch bei der Durchführung von Abschiebungen von Amts wegen zu beachten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich aus diesem Prinzip jedoch keine Verpflichtung der Ausländerbehörden ableiten, aufenthaltsbeendende Maßnahmen frühestens dann zu ergreifen, wenn vielfältige behördliche Bemühungen fruchtlos geblieben sind, den betreffenden Ausländer zu intensiveren Integrationsbemühungen anzuhalten. Liegen die Voraussetzungen der Abschiebung nach § 58 AufenthG vor und bestehen weder Abschiebungsverbote noch Duldungsansprüche des Ausländers, so ist seine Abschiebung regelmäßig auch mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu vereinbaren.35 Im Falle des Antragstellers gilt dies umso mehr, als er einer behördlichen Aufforderung nicht nachgekommen ist, einen Integrationskurs zu absolvieren. Hinzu kommt, dass der Antragsteller spätestens seit seiner Anhörung zur bevorstehenden Ablehnung seines Titelverlängerungsantrags über die Gründe informiert war, die seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet entgegenstehen. Da es sich hierbei ausschließlich um Gründe in seiner Sphäre handelt (mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache, unzureichende Sicherung des Lebensunterhalts), war es auch seine Sache, für eine ihm günstige Änderung der maßgeblichen Sachlage Sorge zu tragen. Dagegen sind die Ausländerbehörden nicht verpflichtet, einen Ausländer nach Ablauf der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis dahingehend durch hoheitliche Lenkungsmaßnahmen zu beeinflussen, dass er sich intensiver als bislang um die Erfüllung der Voraussetzungen für die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis bemüht. Eine solche Verpflichtung ist auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht zu entnehmen.III.36 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.37 Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 und § 63 Abs. 2 GKG. Die für aufenthaltsrechtliche Streitigkeiten zuständigen Senate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei Streitigkeiten um die Erteilung einer Duldung im Hauptsacheverfahren grundsätzlich der volle Auffangwert je Person zu veranschlagen ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 23.06.2020 - 11 S 766/20 -, juris Rn. 12, und vom 26.03.2019 - 12 S 502/19 -, juris Rn. 19). Weiter entspricht es der ständigen Rechtsprechung der für aufenthaltsrechtliche Streitigkeiten zuständigen Senate des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, Streitigkeiten um die Erteilung und Ausgestaltung von Duldungen im Eilrechtsschutzverfahren grundsätzlich mit dem halben Auffangwert je Person zu bemessen (so bereits grundlegend VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.11.2010 - 11 S 2475/10 -, juris Rn. 4; aus neuerer Zeit VGH Bad.-Wütt., Beschlüsse vom 23.06.2020 - 11 S 766/20 -, juris Rn. 12, vom 14.01.2020 - 11 S 2956/19 -, juris Rn. 27, vom 09.05.2019 - 12 S 615/19 -, vom 02.04.2019 - 12 S 483/19 -, vom 28.03.2019 - 11 S 623/19 -, juris Rn. 26, vom 28.11.2018 - 12 S 2585/18 -, und vom 16.05.2018 - 12 S 1073/18 -). Es erscheint sachgerecht, diese Rechtsprechung auf diejenigen Fälle zu übertragen, in denen der Rechtsschutz Suchende nicht die vorübergehende Aussetzung seiner Abschiebung begehrt, sondern seine Rückholung nach einer bereits durchgeführten Abschiebung. Danach ist im vorliegenden Fall der Streitwert des Eilrechtsschutzbegehrens mit dem halben Auffangwert zu bemessen.38 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Tenor 1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 26.11.2019, Az. 11 O 3/18, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Nebenintervenientin trägt ihre Kosten selbst. 3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. 4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Tatbestand (abgekürzt gem. § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO) Gründe I. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist insgesamt abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Beträge, da die streitgegenständliche, einem Brand zum Opfer gefallene Pergola nicht dem Versicherungsschutz unterfällt. Der Senat teilt die Auffassung des Erstgerichts, die Pergola sei als Raum in einem Nebengebäude im Sinne des zwischen den Parteien bestehenden Hausratsversicherungsvertrages (§ 10 Ziff. 2 Hausratsversicherung VHB 92-Euro/AGIB 94) anzusehen, nicht. 1. Es gilt: Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH sind Versicherungsbedingungen so auszulegen, „wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss“. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Dieser Versicherungsnehmer wird in erster Linie vom Wortlaut einer Klausel ausgehen und den Begriff nach dem allgemeinen Sprachgebrauch verstehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Sinn und Zweck bzw. (systematische) Sinnzusammenhang der Klausel(n) sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Brömmelmeyer in Rüffer/Halbach/Schimikowsky, VVG, 4. Aufl., Einleitung Rn. 66). 2. Nach diesen Maßgaben kann die Pergola der Klägerin nicht als Raum in einem Nebengebäude im Sinne der Versicherungsbedingungen beurteilt werden. aa) Es ist bereits fraglich, ob eine Pergola im allgemeinen Sprachgebrauch als Gebäude verstanden wird. bb) Ein verständiger Versicherungsnehmer muss davon ausgehen, dass der Gebäudebegriff innerhalb einer Versicherung nach denselben Kriterien zu beurteilen ist und nicht, dass im Rahmen der Versicherung gegen Brandschutz ein anderer Gebäudebegriff zugrunde gelegt wird, als wenn im Rahmen derselben Versicherung Schutz aufgrund eines Einbruchdiebstahls begehrt wird. Das Wort „Gebäude“ findet sich auch in § 5 VHB 92-Euro, in welchem u.a. der Einbruchsdiebstahl geregelt ist. Unter einem Raum eines Gebäudes im Sinne dieser Vorschrift ist jeder abgegrenzte und verschließbare Teil eines Gebäudes zu verstehen, der in verschlossenem Zustand Unbefugte abhält oder sie zwingt, eines der Mittel des erschwerten Diebstahls anzuwenden, um Zutritt zu erlangen. Dieser Definition folgend hat das OLG Köln ein Carport nicht unter den Schutz der Hausratsversicherung fallen lassen, da es nicht nach allen Seiten geschlossen ist und betreten werden kann, ohne besondere Hindernisse zu überwinden (OLG Köln, Urteil vom 13.01.2005 - 9 U 200/04, zu § 5 VHB 84). Es ist überdies auch allgemein anerkannt, dass im Rahmen der Einbruchsdiebstahlsversicherung nach § 92 VHB ein Gebäude zu verstehen ist als ein auf der Erdoberfläche errichtetes Bauwerk, das unbeweglich allseitig umschlossen ist und den Eintritt von Menschen gestattet und Unbefugte abhalten soll (Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl. VHB A § 3 Rn. 7). Die Pergola der Klägerin erfüllt diese Kriterien ebenfalls nicht. Insbesondere war sie nicht allseitig umschlossen und nicht geeignet, Unbefugte abzuhalten. Es erschließt sich für einen verständigen Versicherungsnehmer auch, dass in einen nicht umschlossenen Raum nicht eingebrochen werden kann. cc) Der Senat sieht es nicht als angebracht an, im vorliegenden Fall auf den Gebäudebegriff aus der Gebäudefeuerversicherung zurückzugreifen. Der streitgegenständliche Versicherungsvertrag umfasst neben einer Versicherung gegen Brandschäden u.a. auch eine solche gegen Einbruchsdiebstahl (§ 3 Nr. 2 VHB 92-Euro = Bl. 20 d.A.). Der Versicherungsort wird für beide Versicherungen einheitlich in § 10 VBH 92-Euro geregelt. Die Gebäudefeuerversicherung stellt zwar auch eine Versicherung gegen Feuerschäden dar, dient jedoch einem anderen Zweck. Die Vorschriften über die Gebäudefeuerversicherung (§§ 142-149 VVG) sollen danach den berechtigten Sicherungsinteressen der Realgläubiger Rechnung tragen und im Interesse der (insbes. Verbraucher-)Kreditnehmer die Bereitschaft zur Vergabe von Realkrediten fördern (Klimke in Prölss/Martin, VVG, vor § 142-149 Rn. 1). Einen solchen Zweck verfolgt die vorliegende Hausratsversicherung ersichtlich nicht. Bei der Hausratsversicherung geht es sowohl im Bereich des Brand- als auch des Einbruchsschutzes darum, im Schadensfall den Inhalt eines Gebäudes ersetzt zu erhalten (§ 1 Nr. 1 VHB 92-Euro: „Versichert ist der Hausrat“). Insoweit ergeben sich Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Versicherungen und Unterschiede zur Gebäudefeuerversicherung. dd) Es begegnet ebenso Bedenken, wie das Erstgericht insoweit auf den in den Vorbemerkungen zu § 88 VVG (Prölss/Martin, 29. Aufl. § 88 Rn. 9) definierten Gebäudebegriff abzustellen. In § 88 VVG ist geregelt, wie sich der Versicherungswert berechnet, wenn sich die Versicherung auf eine Sache oder einen Inbegriff von Sachen bezieht. Die zitierte Fundstelle beschäftigt sich damit, nach welchen Maßgaben der Wert unbeweglicher Sachen errechnet wird, wenn dieser Gegenstand einer Versicherung sind. Hier geht es jedoch nicht darum, den Wert eines versicherten Gebäudes zu berechnen. Daher erscheint es nicht sachgerecht, diese Definition heranzuziehen. ee) Die Auffassung des Regulierers … es handele sich bei der Pergola um ein Gartenhaus, ist insoweit irrelevant. Er hat nur den zerstörten Zustand sehen und damit den Bau nicht vollumfänglich beurteilen können, wie aus den vorgelegten Lichtbildern, welche den Zustand nach dem Brand zeigen. Im Rahmen der Auslegung von Versicherungsbedingungen findet zudem eine Zurechnung nach § 278 BGB nicht statt. 3. Unter diesen Umständen kann die Frage, ob der Anspruch der Klägerin verjährt ist, dahinstehen. II. 1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. 2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711, 713 ZPO. 3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Über klärungsfähige und -bedürftige Rechtsfragen hat der Senat nicht zu befinden. Der Streitfall ist geprägt durch die ihm eigenen Besonderheiten im Tatsachenbereich.
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Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes erstinstanzliches Klageverfahren durch den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 14.8.2020 wird verworfen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 1Gründe: 2Die Beschwerde ist unzulässig. 3Der Antragsteller hat die Beschwerde erst am 16.9.2020 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelegt. Diese beträgt nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO zwei Wochen nach Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses am 18.8.2020 und war mit Ablauf des 1.9.2020 verstrichen. Der Antragsteller war mit der ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses auf diese Frist hingewiesen worden. 4Ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankommt, ist die Beschwerde überdies auch nicht formgerecht eingelegt worden. Schriftlich einzureichende Anträge sind mittels elektronischem Dokument nur nach Maßgabe des § 55a VwGO zulässig. Nach § 55a Abs. 3 VwGO muss das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Der Postfach- und Versanddienst eines De-Mail-Kontos ist gemäß § 55a Abs. 4 Nr. 1 VwGO nur dann ein sicherer Übermittlungsweg, wenn der Absender bei Versand der Nachricht sicher im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 des De-Mail-Gesetzes angemeldet ist und er sich die sichere Anmeldung gemäß § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes bestätigen lässt. 5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.9.2020 – 4 AR 18/20 –, juris, Rn. 2 ff., m. w. N. 6Eine derartige Absenderbestätigung liegt hier nicht vor. 7Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 8Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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Tenor 1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pirmasens vom 28. September 2020 teilweise geändert und insgesamt neu gefasst: Der Antragstellerin wird für den ersten Rechtszug Verfahrenskostenhilfe bewilligt, begrenzt auf einen Verfahrenswert von 6.782,00 € und unter Anrechnung der im Verfahren 1 F 27/18 (Amtsgericht Pirmasens) abgerechneten Gebühren. Im Umfang der Verfahrenskostenhilfebewilligung wird der Antragstellerin Rechtsanwalt ... als Verfahrensbevollmächtigter zu den Bedingungen eines im Bezirk des Amtsgerichts ... niedergelassenen Rechtsanwaltes beigeordnet. Die Verfahrenskostenhilfebewilligung erfolgt ohne Anordnung von Zahlungen. 2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. 3. Die in Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs.2 FamGKG bestimmte Festgebühr wird um die Hälfte reduziert; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. 4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen. Gründe I. 1 Die Beteiligten sind seit dem 1. Juli 2016 miteinander verheiratet und leben seit dem 11. Dezember 2017 voneinander getrennt. Zu Beginn des Jahres 2018 hatte die Antragstellerin vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Pirmasens (Az. 1 F 27/18) zunächst einen isolierten Auskunftsantrag geltend gemacht, den sie nach Erteilung der Auskunft am 11. April 2018 für erledigt erklärte. 2 Im hiesigen Verfahren begehrt die Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Zahlung rückständigen Trennungsunterhaltes für den Zeitraum von April 2018 bis Dezember 2019 in von insgesamt 10.275,00 €, den sie mit Schriftsatz vom 6. Juli 2020 - beim Erstgericht eingegangen am 8. Juli 2020 - anhängig gemacht hat. 3 Das Familiengericht hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 28. September 2020, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, Verfahrenskostenhilfe bewilligt, soweit nicht Verfahrenskostenhilfe bereits im Verfahren 1 F 27/18 bewilligt und abgerechnet wurde. Weiterhin hat es die Verfahrenskostenhilfe auf einen Zahlungsantrag in Höhe von 708,00 € begrenzt. 4 Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, die beabsichtige Rechtsverfolgung sei mutwillig, da der Leistungsantrag im Wege der Antragserweiterung im Auskunftsverfahren 1 F 27/18 hätte geltend gemacht werden können. Aus diesem Grund könne Verfahrenskostenhilfe nur insoweit bewilligt werden, als im Verfahren 1 F 27/18 Mehrkosten durch Antragserweiterung entstanden wären. Da nach den Angaben des Antragstellers seinerzeit nur ein Rückstand für Januar bis März 2018 in Höhe von (3 x 236,00 € =) 708,00 € bestanden habe, könne nur hierfür Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden. 5 Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die für ihre Anträge die uneingeschränkte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe begehrt. II. 6 Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei und erzielt in der Sache einen Teilerfolg. 7 1. Das Familiengericht hat den Verfahrenskostenhilfeantrag zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung als mutwillig im Sinne der § 113 Abs.1 Satz 2 FamFG, 114 Abs.2 ZPO angesehen. 8 Mutwillig ist die Rechtsverfolgung, wenn eine Partei, die keine Verfahrenskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Mutwillig handelt deshalb, wer von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen denjenigen beschreitet, von dem er von vornherein annehmen muss, dass er für ihn der kostspieligere ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das gleiche Rechtsschutzziel durch künstliche, mithin ohne hinreichenden Sachgrund erfolgte Aufspaltung in mehreren Hauptsacheverfahren geltend gemacht wird (Münchener Kommentar, 6. Auflage, § 114 Rn. 71; Oberlandesgericht Nürnberg, Beschluss vom 6. Dezember 2010, 12 W 2270/10). 9 So liegt der Fall hier: 10 Die Antragstellerin hat ihren (vorbereitenden) Auskunftsanspruch einerseits und den Zahlungsanspruch andererseits in getrennten Verfahren geltend gemacht und damit ohne erkennbaren Grund die Kosten durch Führung zweier Verfahren erhöht. Ein verständiger Anspruchssteller, der die Verfahrenskosten aus eigenen Mitteln tragen muss, hätte in dieser Situation entweder von vornherein einen Stufenantrag gestellt oder aber den Zahlungsantrag im Wege der Antragserweiterung im bereits anhängigen Auskunftsverfahren geltend gemacht (so in einem ähnlich gelagerten Fall Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 28. November 2016 - 4 WF 183/16 = FamRZ 2017, 636, Reichling in: BeckOK, 38. Edition, § 114 Rn. 44). 11 Die Gründe, mit denen die Antragstellerin ihre Vorgehensweise zu verteidigen versucht, vermögen allesamt nicht zu überzeugen. Es mag zwar zutreffen, dass etwaige Unsicherheiten über Grund und Höhe des Unterhaltsanspruches dem Anspruchssteller im Einzelfall Anlass geben können, zunächst (nur) einen isolierten Auskunftsantrag geltend zu machen. Nach Erteilung der Auskunft ist es dem Unterhaltsgläubiger dann aber möglich und zumutbar, die Ansprüche im Wege der Antragserweiterung im laufenden Verfahren geltend zu machen anstatt ein neues, mit zusätzlichen Kosten verbundenes Verfahren anzustrengen. Konkrete Gründe, warum der Anspruch auch nach vollständiger Auskunftserteilung nicht (oder nicht gleich) bezifferbar gewesen sein soll, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht mit der Erwägung begründen, durch Antragserweiterung hätte er den Kostenerstattungsanspruch im Auskunftsverfahren verloren, weil sich „jetzt die Kostenerstattung nach dem Ergebnis der Hauptsache richtet“. Hierbei übersieht die Antragstellerin, dass das Kostenrisiko im Falle eines (Teil-)Unterliegens unabhängig davon besteht, ob der bezifferte Antrag im bereits anhängigen oder in einem neuen Verfahren geltend gemacht wird. Im Übrigen sieht ein verständiger, kostenbewusster Unterhaltsgläubiger auch dann von der Aufspaltung seines Rechtsschutzziels in zwei Hauptsacheverfahren ab, wenn er sich in Bezug auf die hierdurch verursachten Mehrkosten ganz oder teilweise im Kostenfestsetzungsverfahren beim Unterhaltsschuldner schadlos halten kann. 12 Über die vorgenannten Erwägungen hinaus ist die Anspruchsstellung auch deshalb mutwillig, weil die Antragstellerin ohne erkennbaren Grund nach übereinstimmender Erledigungserklärung im April 2018 mehr als zwei Jahre mit der Stellung eines bezifferten Antrages zugewartet hat. Mit dieser Vorgehensweise hat sie dafür gesorgt, dass sämtliche Unterhaltsansprüche gemäß § 51 Abs.2 FamGKG in die Berechnung des Verfahrenswertes einfließen, wodurch der Verfahrenswert (und damit die Verfahrenskosten) merklich erhöht werden. Ein verständiger, kostenbewusster Unterhaltsgläubiger, der die Verfahrenskosten selbst zu tragen hat, hätte seine Ansprüche zeitnah nach Erhalt der Auskunft beziffert - dies mit der Folge, dass der Verfahrenswert für die laufenden Unterhaltsansprüche gem. § 51 Abs.1 FamGKG auf die Summe der Ansprüche für die ersten zwölf Monate nach Antragseinreichung begrenzt wird. 13 2. Aufgrund der Mutwilligkeit der Antragstellung ist, wie das Familiengericht im Ansatz zutreffend ausgeführt hat, die Verfahrenskostenhilfe nicht insgesamt zu versagen. Vielmehr ist Folge des Mutwillens allein, dass die Mehrkosten, die durch die kostenerhöhende Vorgehensweise entstehen, von der Verfahrenskostenhilfebewilligung ausgenommen werden (ähnlich Oberlandesgericht Hamm aaO). Aus diesem Grund muss sich die Antragstellerin die im Verfahren 1 F 27/18 abgerechneten Gebühren anrechnen lassen. Darüber hinaus kann Verfahrenskostenhilfe nur für einen Verfahrenswert von 6.782,00 € verlangt werden. Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin das Auskunftsverfahren unter dem 11. April 2018 für erledigt erklärt hatte, wäre es ihr unter Zubilligung einer Prüfungs- und Überlegungsfrist bis Ende Mai 2018 möglich und zumutbar gewesen, einen bezifferten Antrag zu stellen. Für die Wertberechnung wäre hiernach gemäß § 51 Abs.2 FamGKG auf den Unterhaltszeitraum von Januar bis Mai 2018 sowie gemäß § 51 Abs.1 FamGKG auf den Zeitraum von Juni 2018 bis Mai 2019 abzustellen. Hiernach hätte der Verfahrenswert insgesamt nur 6.782,00 € (anstatt - 5- nunmehr 10.275,00 €) betragen. Soweit das Erstgericht dagegen die Verfahrenskostenhilfe auf den Zeitraum von Januar bis März 2018 begrenzt hat, hat es einen zu strengen Maßstab angelegt, denn die Antragstellerin hatte durchaus Interesse an der Titulierung des laufenden Unterhaltes (näher hierzu Reichling, aaO Rn. 44). III. 14 Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 113 Abs.1 Satz 2 FamFG, 127 Abs.4 ZPO i.V.m. Nr. 1912 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs.2 FamGKG. 15 Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 113 Abs.1 Satz 2 FamFG, 127 Abs.2 Satz 2, 574 Abs.1 Satz 1 Nr.1 und 2, Abs.2 Nr.1, Abs.3 Satz 1 ZPO. Die Frage, ob in der vorliegenden Konstellation Mutwilligkeit im Sinne des § 114 Abs.2 ZPO anzunehmen ist und welche Konsequenzen sich hieraus ergeben, hat grundsätzliche Bedeutung und erfordert zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Es handelt sich um eine Frage, die das Verfahren über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe betrifft (zu diesem Erfordernis anstatt vieler BGH, Beschluss vom 21. November 2002, V ZB 40/02 = NJW 2003, 1126).
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Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage 2 K 5683/20 gegen das mit Bescheid des Landesamtes für A.        vom 11. September 2020 ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Der am 23. September 2020 bei Gericht gestellte Antrag, 3die aufschiebende Wirkung der Klage 2 K 5683/20 gegen das mit Bescheid des Landesamtes für A.          vom 11. September 2020 ausgesprochene Verbot der Führung der Dienstgeschäfte wiederherzustellen, 4hat Erfolg. Er ist zulässig und begründet. 5Die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ergangene Anordnung der sofortigen Vollziehung des durch Bescheid vom 11. September 2020 von dem Landesamt für A.          (im Folgenden M.    ) ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte ist bereits formell rechtsfehlerhaft. Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht ist auch Ausdruck des aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Gebots effektiven Rechtsschutzes gegen Akte der öffentlichen Gewalt. Die Pflicht zur Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO soll der Behörde den auch von Verfassungs wegen bestehenden Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte „Warnfunktion" beruht letztlich auf dem besonderen Stellenwert, den die Verfassung der aufschiebenden Wirkung beimisst. Art. 19 Abs. 4 GG ist deshalb verletzt, wenn die Anordnung überhaupt keine Begründung enthält. Der verfassungsrechtlichen Bedeutung der Begründungspflicht ist aber auch hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an die Begründung Rechnung zu tragen. Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall (Hervorhebung durch die Kammer) ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat. 6Vgl. hierzu grundlegend: BVerwG, Beschluss vom 18. September 2001 – 1 DB 26/01 –, juris, Rn. 6. 7Zwar verlangt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht, dass die für das besondere Vollzugsinteresse angeführten Gründe auch materiell überzeugen, also auch inhaltlich die getroffene Maßnahme rechtfertigen. Sie müssen aber – wie bereits festgestellt – erkennbaren Bezug zu dem konkreten Einzelfall haben. 8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. Oktober 2020 – 6 B 1070/20 –, juris, Rn. 29. 9Dem wird die hier gegebene Begründung nicht gerecht. Sie lässt nicht erkennen, dass vorliegend der konkrete Einzelfall in den Blick genommen worden ist. Der pauschale Verweis auf die Schwere der gegenüber der Antragstellerin erhobenen Vorwürfe unter gleichzeitiger Außerachtlassung der den hiesigen Streitfall prägenden Umstände lässt den erforderlichen Einzelfallbezug vermissen. So wird bereits das der Antragstellerin konkret vorgeworfene Fehlverhalten in dem gesamten Bescheid mit keinem Wort näher umrissen. Auch finden weitere, den hiesigen Streitfall prägende Umstände keine erkennbare Berücksichtigung. Hierzu gehört etwa, dass die Bilddatei bereits am 11. Oktober 2013 versandt wurde und – ausweislich der Stellungnahme der Kriminalinspektion Staatsschutz vom 11. September 2020 – nicht nachgewiesen werden konnte, dass die Antragstellerin hiervon überhaupt Kenntnis erlangt hat. Hinzu kommt, dass offensichtlich nicht in den Blick genommen worden ist, dass es sich bei dem in Rede stehenden Bild wohl um eine – wie noch näher auszuführen sein wird – Parodie Adolf Hitlers handelt. Vor dem Hintergrund, dass all diese den Streitfall kennzeichnenden Besonderheiten keinen Niederschlag in der Begründung der Vollziehungsanordnung – oder auch in den sonstigen Gründen des Bescheides – gefunden haben, geht die Kammer im Ergebnis davon aus, dass eine Einzelfallbetrachtung nicht stattgefunden hat. Hierfür spricht nicht zuletzt auch der Umstand, dass nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen gegen zahlreiche nordrhein-westfälische Polizeibeamte, die Mitglieder der WhatsApp-Gruppe „B.     “ waren, wohl gleichlautende Bescheide („formularmäßig“) ergangen sind. Dies wird den oben dargestellten Anforderungen nicht gerecht. 10Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen kann das Gericht der Hauptsache nach § 80 Abs. 5 Satz 1, Alternative 2 VwGO auf Antrag des Adressaten eines belastenden Verwaltungsaktes die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich gegebene aufschiebende Wirkung einer Klage gegen diesen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das Interesse der Antragstellerseite, der angefochtenen Verfügung bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht nachkommen zu müssen, das von der Behörde geltend gemachte öffentliche Interesse überwiegt. Für diese Interessenabwägung ist maßgeblich auf die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren abzustellen. Denn an der sofortigen Vollziehung offensichtlich rechtswidriger Entscheidungen besteht kein öffentliches Interesse. 11Nach dieser Maßgabe fällt die Interessenabwägung zu Lasten des Antragsgegners aus. Er wird im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach unterliegen, da sich die streitgegenständliche Verbotsverfügung wohl als materiell rechtswidrig erweisen wird. 12Rechtsgrundlage für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist § 39 Satz 1 BeamtStG. Nach dieser Vorschrift kann Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Bei dem Begriff der zwingenden dienstlichen Gründe handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Diese liegen vor, wenn bei einer weiteren Ausübung des Dienstes durch den Beamten auf seinem bisherigen Dienstposten der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Die zu befürchtenden Nachteile müssen so gewichtig sein, dass dem Dienstherrn die Führung der Dienstgeschäfte durch den Beamten bis zur abschließenden Klärung und Entscheidung nicht zugemutet werden kann. 13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 2020 – 6 B 238/20 –, juris, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen. 14Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gemäß § 39 Satz 1 BeamtStG dient der dienstrechtlichen Gefahrenabwehr; die Maßnahme trägt nur vorläufigen Charakter. Mit ihr sollen durch eine sofortige oder wenigstens eine sehr rasche Entscheidung des Dienstherrn gravierende Nachteile durch die aktuelle Dienstausübung des Beamten für den Dienstherrn vermieden werden. Maßgebend ist die Prognose, dass die Aufgabenerfüllung der Verwaltung durch die vorerst weitere Amtsführung des Beamten objektiv gefährdet ist. Demnach ist nicht erforderlich, dass bereits Klarheit über den Grund für die Beeinträchtigung der dienstlichen Belange oder die weitere Verwendung und Behandlung des Beamten besteht; vielmehr eröffnet das Amtsführungsverbot dem Dienstherrn die Möglichkeit, ohne Gefährdung der dienstlichen Interessen Ermittlungen anzustellen und eine solidere Grundlage für weitere dauerhafte Entscheidungen zu gewinnen. Entsprechend dem Zweck des Verbots genügt insoweit der auf hinreichenden Anhaltspunkten beruhende Verdacht einer Gefahrenlage. Die endgültige Aufklärung ist den in § 39 Satz 2 BeamtStG aufgeführten weiteren Verfahren vorbehalten. Daraus folgt, dass für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte weder eine erschöpfende Aufklärung bzw. ein „Beweis" noch erforderlich ist, dass Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs bereits eingetreten sind oder das Verhalten des Beamten sich letztlich als strafrechtlich relevant erweist. 15Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. Juni 2013 – 6 A 2586/12 –, juris, Rn. 13. 16Nach dieser Maßgabe liegen im Streitfall zwingende dienstliche Gründe für ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass durch eine weitere Ausübung des Dienstes durch die Antragstellerin der Dienstbetrieb erheblich beeinträchtigt würde oder andere gewichtige dienstliche Nachteile ernsthaft zu besorgen wären. Zunächst ist festzustellen, dass der Antragstellerin ausweislich einer weiteren Verfügung vom 11. September 2020, mit der gegen sie ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist, vorgeworfen wird, dass sie verdächtig sei, „in der WhatsApp-Chat-Gruppe “Chat B.     “ zumindest ein Bild mit rechtsradikalem Gedankengut von strafrechtlicher Relevanz erhalten zu haben“. Weiter wird dort ausgeführt, dass nicht erkennbar sei, dass sie sich gegen den Erhalt gewehrt habe oder dem Inhalt entgegengetreten sei. In der Antragserwiderung vom 15. Oktober 2020 hat das M.    schließlich konkretisiert, dass in der angegebenen WhatsApp-Gruppe am 11. Oktober 2013 eine Bilddatei versandt wurde, die „Adolf Hitler bzw. eine angelehnt an seine Person entsprechend hergerichtete Person [zeigt], der bzw. die vor dem Bild eines deutschen Schäferhundes steht“. 17Diese Begründung ist nicht tragfähig, ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte gegen die Antragstellerin auszusprechen. Zum einen ist nicht festgestellt worden, dass die Antragstellerin dieses – ihr einzig vorgehaltene Bild – überhaupt zur Kenntnis genommen hat. So heißt es in dem Vermerk der Kriminalinspektion Staatsschutz vom 11. September 2020: „Inwiefern die Bilder tatsächlich empfangen wurden bzw. von den Empfängern angeschaut wurden, ist nicht bekannt.“. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner weder die konkreten Inhalte der Chat-Gruppe „B.     “, noch die Häufigkeit und die Frequenz des Nachrichtenaustauschs, geschweige denn etwaige Reaktionen der Antragstellerin hierauf offengelegt hat, kann nach Auffassung der Kammer allein aus der Gruppenmitgliedschaft nicht ohne Weiteres auf die Kenntnisnahme dieser einzelnen Bilddatei geschlossen werden. Angesichts dessen ist der Vorwurf des Antragsgegners, die Antragstellerin sei dem Inhalt nicht entgegengetreten, nach gegenwärtigem Erkenntnisstand der Kammer nicht haltbar. 18Zum anderen beruht die Annahme, dass es sich bei dem in Rede stehenden Bild um ein solches mit rechtsradikalem Gedankengut oder sonst von strafrechtlicher Relevanz handelt, auf keiner tragfähigen Grundlage. Es hätte sich nach Auffassung der Kammer aufgedrängt, den Kontext, in dem die abgebildete Person steht, näher in den Blick zu nehmen. Dies ist indes offensichtlich genau so wenig geschehen, wie eine Berücksichtigung des – der Kammer nicht zur Verfügung gestellten – zugehörigen Chatverlaufs. Die Kammer hat nach einer verhältnismäßig kurzen Recherche im Internet die fragliche Bilddatei auffinden können. Es handelt sich – wie das Bild bereits vermuten lassen könnte – um einen Ausschnitt aus einer unter www.youtube.com/watch?v=wwaef5PRtkU abrufbaren Parodie über Adolf Hitler („Weihnachten mit Hitler“). Im Verlaufe dieser 1:46-minütigen Parodie trägt die abgebildete Person, die ersichtlich Adolf Hitler verspottet, eine Weihnachtsmütze und ein Rentiergeweih. Die Adolf Hitler imitierende Person, die in dem angeführten Beitrag textlich veränderte Weihnachtslieder singt, wird hierbei erkennbar überzeichnet und der Lächerlichkeit preisgegeben. Dies mag ohne Weiteres als äußerst geschmacklos empfunden werden, trägt aber als solches nicht die vom Antragsgegner gezogene Schlussfolgerung, es bestehe der Verdacht, die Antragstellerin habe ein „schwerwiegendes Dienstvergehen“ begangen und gegen die „politische Treuepflicht“ verstoßen. Nicht ersichtlich ist ferner, dass das Ansehen des Berufsbeamtentums allein durch den Erhalt dieses aus einer Parodie stammenden Bildmitschnitts beeinträchtigt werden könnte. Schließlich erscheint es der Kammer als äußerst fernliegend, dass die Antragstellerin durch die (nicht nachgewiesene) Kenntnisnahme des dieser Parodie entnommenen Bildes „den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlassen“ haben könnte (vgl. Seite 5 des angegriffenen Bescheides). Vor diesem Hintergrund ist auch die Annahme eines Verdachts der Begehung von Straftaten gemäß § 86a (Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und § 130 StGB (Volksverhetzung) nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. 19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 20Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG. Der danach anzunehmende Streitwert von 5.000,00 Euro ist in Anlehnung an Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit für das hier zu entscheidende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu halbieren. 21Rechtsmittelbelehrung: 22(1)       Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. 23Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) eingelegt werden. 24Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht. 25Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe. 26Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen. 27Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 28(2)       Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. 29Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. 30Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. 31Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt. 32Die Beschwerdeschrift soll möglichst zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften. 33War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
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Tenor Die Parteien werden auf Folgendes hingewiesen: 1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das von dem Landgericht Aachen am 24.03.2020 verkündete Urteil – 10 O 523/19 – im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen. 2. Es ist beabsichtigt, den Gegenstandswert für das Berufungsverfahren (im Gleichlauf mit der Festsetzung für den ersten Rechtszug) auf 22.490 € festzusetzen. Für die Parteien besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 19.11.2020. 1G r ü n d e: 2Dieser Anhörungsbeschluss beruht auf § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO. 3I. 41. Der Senat ist einstimmig der Überzeugung, dass das Landgericht die auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage zur Leistung von Ersatz für Schäden, die aus der Manipulation des am 11.05.2017 bestellten, mit einem Dieselmotor der Reihe EA 189 ausgestatteten Gebrauchtwagen resultieren, zu Recht als unzulässig und den Antrag auf Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten zu Recht als unbegründet abgewiesen hat. Die von dem Kläger mit der Berufungsbegründung gegen die Richtigkeit dieser Bewertung erhobenen Rügen rechtfertigen eine abweichende Sicht nicht. 5a) Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung als unzulässig abgewiesen, soweit der Kläger mit dem – im zweiten Rechtszug aufrecht erhaltenen – Klageantrag zu 1. die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für Schäden anstrebt, die aus der Manipulation des näher bezeichneten Fahrzeugs durch sie resultieren. Insoweit ist die Klage unzulässig. Dabei kann dahinstehen, ob die Feststellungsklage überhaupt hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist, insbesondere, ob das festzustellende, zum Ersatz verpflichtende Ereignis hinreichend genau bezeichnet ist, das heißt eine antragsgemäße Verurteilung überhaupt einen vollstreckungsfähigen Inhalt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 10.01.1983 – VIII ZR 231/81 – juris Rn. 39; OLG München, Beschluss vom 12.06.2018 – 8 U 3169/17 – juris Rn. 3 ff.). Jedenfalls fehlt dem Kläger das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Eine auf Feststellung eines Anspruchs dem Grunde nach beschränkte Klage ist grundsätzlich unzulässig, wenn eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist; denn eine Leistungsklage stellt sich als die bessere Rechtsschutzmöglichkeit dar, weil auf diese der Streitstoff in einem Prozess geklärt werden kann (BGH, Versäumnisurteil vom 21.02.2017 – XI ZR 467/15 – juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 04.06.1996 – VI ZR 123/95 – juris Rn. 10). 6aa) Dem Kläger war die Erhebung einer Leistungsklage, und zwar zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (BGH, Urteil vom 04.06.1996, a. a. O., Rn. 12) im Frühherbst 2019, möglich. Sein Schaden belief sich infolge des Inverkehrbringens eines mit einer unzulässigen Abgaseinrichtung ausgestatteten Motors durch die Beklagte auf den gezahlten Kaufpreis. Dementsprechend haben die vom sog. Dieselskandal betroffenen Käufer die Beklagte in aller Regel auf Zahlung des Kaufpreises, ggfls. 7abzüglich einer Entschädigung für durch die Benutzung des Fahrzeugs gezogene Vorteile, Zug um Zug gegen Übereignung des Pkw in Anspruch genommen, wie (auch) die – spätere – höchstrichterliche Rechtsprechung den Schaden zuerkannt hat (BGH, Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19 – juris Rn. 46 ff.). 8bb) Eine Leistungsklage war dem Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung auch zumutbar. Zwar kann eine Leistungsklage unzumutbar sein, wenn der Schaden noch in der Entstehung begriffen oder nicht hinreichend bezifferbar ist, weil voraussichtlich eine Begutachtung erforderlich wird. Ein Kläger soll in solchen Fällen nicht gehalten sein, vor Klageerhebung möglicherweise umfangreiche Privatgutachten einzuholen, um seinen Anspruch beziffern zu können (BGH, Versäumnisurteil vom 21.02.2017, a. a. O., Rn. 19). Ein solcher Fall liegt hier zweifellos nicht vor. 9(1) Dem Kläger ist die Ermittlung der sein Vermögen anlässlich des Kaufs des Fahrzeugs schmälernden Kosten ohne weiteres möglich. Diese erschöpfen sich in der Regel in der Zahlung des Kaufpreises und unter Umständen zuzüglich der Finanzierungskosten, sofern der Kaufpreis ganz oder teilweise finanziert wird. Der von dem Kläger in diesem Zusammenhang bemühte Gedanke, den Wert der bei der Schadensermittlung vom Kaufpreis abzusetzenden, durch Benutzung des Fahrzeugs gezogenen Vorteile und damit den Schaden könne er nicht beziffern, verfängt nicht, weil er die Höhe der Nutzungsentschädigung gemäß § 287 ZPO (unter Auswertung der entsprechenden Vorschläge in Rechtsprechung und Literatur) schätzen und diese notfalls durch einen Sachverständigen feststellen lassen kann (OLG München, Beschluss vom 12.06.2018, a. a. O., Rn. 14). 10(2) Soweit der Kläger geltend macht, es liege deswegen keine abgeschlossene Schadensentwicklung vor, weil er sich auch für eine Wertminderung entscheiden könne, deren Höhe aber der Entwicklung des Markts unterliege, gilt das Voranstehende entsprechend. Zudem verkennt er, dass ihm aufgrund der von ihm geltend gemachten deliktischen Ansprüche ein Anspruch auf Ersatz eines Minderwerts nicht zusteht. Die einschlägigen Vorschriften des Deliktsrechts sind lediglich auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet (BGH, Urteil vom 14.05.2012 – II ZR 130/10 – NJW 2012, 3510, 3511 Rn. 14). Ersatz des Minderwerts könnte der Kläger also nur verlangen, wenn er dargetan hätte,  dass er ohne die für den Abschluss des Vertrages ursächliche Täuschungshandlung einen anderen, günstigeren Vertrag mit dem Verkäufer oder einem Dritten abgeschlossen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2011 – VI ZR 325/09 – juris Rn. 10). An einem dahingehenden Vortrag fehlt es. 11(3) Es kann auch aus sonstigen Gründen nicht angenommen werden, die Schadensentwicklung sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen gewesen. Entgegen der Beanstandung des Klägers hat das Landgericht nachvollziehbar – und insoweit nicht angegriffen – begründet, warum Steuernachforderungen wegen eines erhöhten NOx-Ausstoßes nicht drohten oder sogar noch drohen. Soweit der Kläger weitere Schäden infolge der Installation des Software-Updates befürchtet und auch dessen Mangelhaftigkeit behauptet, ist schon nicht erkennbar, dass sich der deliktsrechtlich zu ersetzende Schaden durch dieses Ereignis überhaupt erweitert haben könnte. Die diesbezüglichen Ausführungen des Klägers sind auch im Berufungsrechtszug bezogen auf die festzustellende Tatsache, dass weitere Schäden drohen könnten, spekulativ. Sie lassen mangels Darlegung konkreter Anhaltspunkte nicht den Schluss darauf zu, dass eine Leistungsklage das Feststellungsziel nicht vollständig erfasst hätte. 12cc) Dem Kläger ist einzuräumen, dass die Zulässigkeit der Feststellungsklage ausnahmsweise mit Rücksicht auf die drohende Verjährung nicht von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts abhängen muss (BGH, Urteil vom 20.03.2008 – IX ZR 104/05 – Rn. 8). Dort ging es allerdings um die Klärung, ob mit der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks verbundene steuerliche Nachteile durch eine Ersatzpflicht des dortigen Beklagten kompensiert werden können. So liegt der Fall hier nicht. Das vorliegende verfolgte Feststellungsziel geht in der möglichen und zumutbaren Leistungsklage vollständig auf. Die Argumentation des Klägers vermag auch deswegen nicht zu überzeugen, weil er sich im Jahr 2018 in gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB mit verjährungshemmender Wirkung an dem Musterfeststellungsklageverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig beteiligte und deswegen die Erhebung der Klage nicht erforderlich war, um die Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB herbeizuführen, solange er seine Beteiligung an dem Musterfeststellungsklageverfahren aufrecht erhalten hatte. 13dd)  Schließlich ist die Feststellungsklage auch nicht deswegen ausnahmsweise zulässig, weil erwartet werden könne, die Beklagte werde auch aufgrund eines Feststellungsurteils leisten, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe. Dieser Rechtsstandpunkt des Klägers ist zwar vom rechtlichen Ansatz her richtig (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.1983 – III ZR 74/82 – juris Rn. 15 für öffentliche Körperschaften und Anstalten; Zöller/Greger, ZPO, 33. Auflage, § 256 m. w. N. für Feststellungsklagen gegen Arbeitgeber, Bank und Versicherungsgesellschaften). Voraussetzung für die Annahme dieser Ausnahme ist indessen ferner, dass ein dem Feststellungsantrag rechtskräftig stattgebendes Erkenntnis zu einer endgültigen Erledigung führt (BGH, Versäumnisurteil vom 21.02.2017, a. a. O., Rn. 22, m. w. BGH-Rspr-Nw.).  Die Behauptung, die Beklagte würde auf ein Feststellungserkenntnis nach Maßgabe der angekündigten Feststellungsanträge leisten, erscheint in Anbetracht des dann ohne Erkenntnis zu den konkreten Rechtsfolgen bleibenden Titels nicht überzeugend, sodass es bei dem prozessrechtlichen Vorrang der Leistungsklage zu verbleiben hat. Wie der Senat aufgrund einer Vielzahl von Berufungsverfahren weiß, besteht zwischen einem Käufer und der Beklagten in den meisten Fällen Streit gerade über die im Falle einer bloßen Feststellung zum Anspruchsgrund offen bleibende Frage der Höhe des Schadensersatzanspruchs. Das gilt für den Fall, dass ein Käufer von der Beklagten Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übereignung des gekauften Fahrzeuges verlangt. In den aller meisten Verfahren besteht Streit darüber, ob bei der Schadensberechnung von dem gezahlten Kaufpreis überhaupt ein Abzug in Höhe des Wertes der von dem Käufer durch die Benutzung des Fahrzeugs gezogenen Vorteile zu machen ist, oder wenn doch, ob für die Festlegung der Nutzungsentschädigung auf den Wertverlust des Fahrzeugs vom Tag des Kaufs an bis zur Übergabe an die Beklagte abzustellen ist oder diese linear anhand einer an die tatsächliche Kilometerleistung und die zu erwartende Gesamtfahrleistung anknüpfenden Berechnungsformel zu berechnen ist, und bei Anwendung der zuletzt angeführten Berechnungsformel, mit wie vielen Kilometern die erwartbare Gesamtfahrleistung des Fahrzeugs einzustellen ist. Das gilt ferner für den Fall, dass ein Käufer Schadensersatz in Höhe des Betrages der Wertminderung verlangen sollte. Die Höhe des Schadens unterliegt der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO. Gleichlaufende Schätzungen sind erfahrungsgemäß nicht häufig. 14b) Die Berufung des Klägers bleibt auch ohne Erfolg, soweit er beanstandet, dass das Landgericht den auf Freistellung von vorgerichtlich in Höhe von 1.195,95 € entstandenen Anwaltskosten gerichteten Klageantrag zu 2. abgewiesen hat. Das Landgericht hat den Vortrag des Klägers in der Klageschrift entgegen dessen Auffassung zu Recht als unsubstanziiert im Sinne von § 138 Abs. 1 ZPO erachtet. Der Vortrag des Klägers, „die Ansprüche seien außergerichtlich durch die Prozessbevollmächtigten geltend gemacht“ worden, lässt nicht erkennen, welcher von angeblich mehreren Ansprüchen zu welchem Zeitpunkt und mit welchem Inhalt gegenüber der Beklagten verfolgt worden ist. Das von den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Berufungsbegründung zum Beweise vorgelegte Schreiben (Anlage KB 8) bestätigt die Bewertung des Landgerichts, datiert dieses Schreiben doch auf den 16.11.2015 und stammt damit aus einer Zeit, als der den Rechtsstreit auslösende Kaufvertrag vom 11.05.2017 noch nicht geschlossen worden war. 152. Ergänzend wird der Kläger darauf hingewiesen, dass seine auf Feststellung gerichtete Klage, soweit sie denn zulässig wäre, auch unbegründet sein dürfte, weil ihm ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz wegen des Inverkehrbringens des mit einer unzulässigen Abgasabschaltvorrichtung ausgestatteten Fahrzeugs aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen dürfte. Zur Begründung kann sich der Senat auf eine Zusammenfassung der Erwägungen des Bundesgerichtshofs in einem vergleichbaren Fall, in dem der Käufer das mit einem Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattete Gebrauchtfahrzeug im August 2016 erwarb, beschränken (BGH, Urteil vom 30.07.2020 – VI ZR 5/20 – juris): 16a) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV oder Art. 5 VO 715/2007/EG besteht nicht, weil der Schutz des Interesses des Käufers, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, weder vom Zweck des § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV noch vom Zweck des Art. 5 VO 715/2007/EG erfasst wird (BGH, a. a. O., Rn. 10 ff.). 17b) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, § 31 BGB scheitert – jedenfalls – an der anspruchsbegründenden Voraussetzung der Herbeiführung eines Vermögensschadens, weil die Vermögenseinbuße des Käufers (Differenz zwischen Kaufpreis und Wert des Pkw) nicht stoffgleich ist mit den denkbaren Vermögensvorteilen, die ein verfassungsmäßiger Vertreter der Beklagten für sich oder einen Dritten erstrebt haben könnte (BGH, a. a. O., Rn. 17 ff.). 18c) Schließlich steht dem Kläger gegen die Beklagte auch kein Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB zu, weil dem Abschluss des Kaufvertrags nach der unwidersprochen gebliebenen und deswegen der Entscheidung als unstreitig zugrunde zu legenden Darstellung der Beklagten seit September 2015 Geschehnisse vorausgingen, die objektiv geeignet waren, das Vertrauen potenzieller Käufer von Gebrauchtwagen mit VW-Dieselmotoren in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören und diesbezügliche Arglosigkeit zu beseitigen, so dass das Verhalten der Beklagten von da an bei der gebotenen Gesamtschau nicht mehr als sittenwidrig angesehen werden kann. Zu diesen Geschehnissen gehören vergleichbar dem Sachverhalt in der angeführten BGH-Entscheidung unter anderem eine Ad-hoc-Mitteilung vom 22.09.2015 und eine gleichlautende Pressemitteilung, in der sie "Unregelmäßigkeiten" in Bezug auf die verwendete Software bei Dieselmotoren vom Typ EA189 einräumte, die Zur-Verfügung-Stellung eines Links auf ihrer Website zu einer Suchmaschine, mit deren Hilfe durch Eingabe der Fahrzeugidentifizierungsnummer (FIN) festgestellt werden konnte, ob ein konkretes Fahrzeug mit der beanstandeten Motorsteuerungssoftware ausgestattet war, und die Information ihrer Servicepartner und Vertragshändler über die Verwendung der Umschaltlogik, schließlich die umfangreiche und wiederholte Berichterstattung über die Verwendung der Abschalteinrichtung ab September 2015 in Presse, Funk und Fernsehen und die Diskussion dieser Thematik in der breiten Öffentlichkeit (vgl. BGH, a. a. O., Rn. 34 ff.). 19II. 20Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senates aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO), nachdem die zu beurteilenden Rechtsfragen – wie voranstehend ausgeführt – eine höchstrichterliche Klärung erfahren haben. 21III. 22Abschließend wird dem Kläger die Zurücknahme seiner Berufung anheimgestellt zum Zweck der Ersparnis der Hälfte der im zweiten Rechtszug (nach KV 1212) angefallenen vier Gerichtsgebühren (KV 1213) und zwecks Vermeidung von weiter entstehenden außergerichtlichen Termingebühren (VV 3202).
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Tenor I. Es wird festgestellt, dass der Antragsteller einstweilen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Visiers auf dem Schulgelände der von ihm besuchten Mittelschule befreit ist und der Schulbesuch ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eines Visiers gestattet ist. Diese Regelung wird unwirksam, wenn der Antragsteller nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses an seinen Bevollmächtigten ein gerichtliches Hauptverfahren eingeleitet hat oder sich ein anhängig gemachtes Hauptsacheverfahren (durch Zurücknahme oder auf andere Weise) in der Hauptsache ohne Sachentscheidung erledigt oder sich schon vor Klageerhebung das streitgegenständliche Anliegen des Antragstellers (etwa durch endgültige außergerichtliche Einigung der Beteiligten) in sonstiger Weise erledigt. II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Der 11 Jahre alte Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Feststellung, dass er aus gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Visiers auf dem Schulgelände der von ihnen besuchten Mittelschule befreit ist und ihm der Besuch der Schule ohne Mund-Nasen-Bedeckung bzw. das Tragen eines Visiers gestattet wird. Der Antragsteller besucht die 5. Jahrgangsstufe der Mittelschule. Vorgerichtlich scheiterte eine Einigung der Beteiligten über eine Befreiung des Antragstellers von der Maskenpflicht. Am 21. Oktober 2020 ließ der Antragsteller - vertreten durch seine Mutter - beantragen, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Feststellung, dass dem Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen das Betreten des Schulgeländes und das Verkehren auf dem Schulgelände auch ohne Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eines Face-Shields/Visiers gestattet ist. Zur Antragsbegründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller leide als Grunderkrankung an ADHS, verbunden mit Panikattacken. Darüber hinaus träten weitere Symptome auf. Der zunächst aufgesuchte Kinderarzt und der behandelnde Psychologe hätten erklärt, aus grundsätzlichen Erwägungen und unabhängig vom Einzelfall keine Befreiungsatteste ausstellen zu wollen. Die Mutter des Antragstellers habe daraufhin den Allgemeinmediziner in ihrem früheren Wohnort aufgesucht. Dieser habe am 6. Oktober 2020 und am 19. Oktober 2020 Atteste ausgestellt, wonach der Antragsteller regelmäßig an wiederkehrenden Panikattacken leide und ausdrücklich bescheinigt, dass eine persönliche Untersuchung des Antragstellers stattgefunden habe. Zur zeitlichen Abfolge der Ereignisse, der gesundheitlichen Symptomatik beim Antragsteller infolge des Maskentragens habe die Mutter des Antragstellers eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Dem Antragsteller sei es schlechthin unzumutbar, im Hinblick auf die Gewährung effektiven Rechtsschutzes abzuwarten, bis eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen sei. Die gesetzliche Pflicht zum Schulbesuch bestehe abseits der Ferienzeiten täglich. Der Antragsteller habe durch das Attest des behandelnden Arztes und die eidesstattliche Erklärung seiner Mutter glaubhaft gemacht, dass bei ihm infolge des Tragens der Mund-Nasen-Bedeckung Panikattacken, verbunden mit Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Erbrechen aufträten. Gegen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bestünden auch sonst Bedenken, weil bei Kindern höhere gesundheitliche Risiken bestünden als bei Erwachsenen. Der Schulleiter der Mittelschule beantragte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2020, der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Zur Begründung der Antragserwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Das Attest sei von einem nicht ortsansässigen Arzt, der durch Aktivitäten auf der Video-Plattform You Tube bekannt sei, wo er sich regelmäßig kritisch zu den derzeitigen gültigen Infektionsschutzmaßnahmen äußere, ausgestellt worden. Das Gesundheitsamt habe empfohlen das Attest nicht anzuerkennen. Die angeführten Symptome „Ausschlag im Bereich der von der Maske ab-deckenden Gesichtshaut, Kopfschmerzen, Übelkeit, nächtliche Unruhen und Ängste“ seien der Schule zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden. Der Antragsteller habe die Gründe für die Befreiung von der Maskenpflicht nicht glaubhaft gemacht. Das vorgelegte Attest habe begründete Zweifel nicht auflösen können. Es sei augenscheinlich nur formblattmäßig und ohne persönliche Untersuchung von einem nicht ortsansässigen Arzt ausgestellt. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Bruders im Verfahren W 8 K 20.1563) und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. II. Der Antrag ist zulässig und - wie tenoriert - begründet. Bei verständiger Würdigung des gestellten Antrags und des Vorbringens des Antragstellers (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO) ist der Antrag im Sofortverfahren bei sach- und interessengerechter Interpretation dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung begehrt, von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Visiers auf dem Schulgelände der von ihm besuchten Grundschule befreit ist und der Schulbesuch ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eines Visiers gestattet ist. Der so verstandene Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig und begründet, da der Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung setzt nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen kann. Eine Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sich als überwiegend wahrscheinlich darstellt. Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag dann begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass die Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung, dass der Antragsteller von der Verpflichtung, eine Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände zu tragen, befreit ist, jedenfalls zu einer teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Denn selbst bei einem Obsiegen in der Hauptsache könnte dem Antragsteller nicht mehr zugesprochen bekommen, als was er ausgehend von dem gestellten Antrag sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens begehrt. Eine Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon im vollen Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für den Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 13 f.). Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes liegt auf der Hand, weil es angesichts der gesetzlichen Schulpflicht und der gesundheitlichen Probleme des Antragstellers bei Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unzumutbar ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten und ihm dann entweder dazu zu zwingen, unter Hinnahme gravierender gesundheitlicher Nachteile am Schulbesuch teilzunehmen oder über Wochen und Monate hinweg der Schule fernzubleiben. Des Weiteren ist im vorliegenden Einzelfall auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände seiner Mittelschule aus gesundheitlichen Gründen befreit ist. Grundlage für die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) ist die 7. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (7. BayIfSMV). Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 7. BayIfSMV besteht auf dem Schulgelände Maskenpflicht. Von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) befreit sind unter anderem Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 7. BayIfSMV). Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel an der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der in § 18 Abs. 2 Satz 1 7. BayIfSMV angeordneten Maskenpflicht auf dem Schulgelände an sich (vgl. schon ausführlich VG Würzburg, B.v. 16.9.2020 - W 8 E 20.1301 - juris sowie noch OVG SH, B.v. 15.10.2020 - 3 MR 43/20 - juris; OVG NRW, B.v. 24.9.2020 - 13 B 1368/20 - juris, jeweils m.w.N.; siehe zur Verfassungsmäßigkeit der Maskenpflicht auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 28.9.2020 - 1 BvR 1948/20 - juris). Der Antragsteller ist aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht auf dem Schulgelände befreit. Die Voraussetzungen für eine derartige Befreiung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 1 7. BayIfSMV sind bei summarischer Prüfung gegeben. Der Antragsteller hat gesundheitliche Gründe zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, die ihm das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung unzumutbar machen. Eine Behauptung ist dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 294 Rn. 2; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 51). Zur Glaubhaftmachung kann auch eine eidesstaatliche Versicherung ausreichen, wobei aus den vorgelegten Unterlagen auch negative Schlüsse gezogen werden können (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 32). § 18 Abs. 1 Satz 2 7. BayIfSMV verweist des Weiteren für Schulen und für die Mittagsbetreuung ausdrücklich auf ein Schutz- und Hygienekonzept auf der Grundlage eines von dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus und für Gesundheit und Pflege zur Verfügung gestellten Hygieneplans (Rahmenhygieneplan). Der bayerische Rahmenhygieneplan zur Umsetzung des Schutz- und Hygienekonzepts für Schulen nach der jeweiligen geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Rahmenhygieneplan Schulen) vom 2. Oktober 2020 führt unter Nr. 6.1 Buchst. b) bis d) zur Mund-Nasen-Bedeckung unter anderem aus: Ein ärztliches Attest habe die höchste Aussagekraft. In der Regel sei die Vorlage eines ärztlichen Attests erforderlich. Es sei insbesondere hinreichend substantiiert darzulegen, aus welchen konkreten gesundheitlichen Gründen, in der konkreten relevanten Tragesituation keine Maske getragen werden könne. Dazu müsse das Attest zumindest erkennen lassen, welche Beeinträchtigung bei der Schülerin oder dem Schüler festgestellt worden sei und inwiefern sich deswegen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nachteilig auswirke. Es müsse konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten, um der Schulleitung eine Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen zu ermöglichen. Ein Attest, das augenscheinlich nur formblattmäßig und ohne persönliche Untersuchung und von einem nicht ortsansässigen Arzt ausgestellt worden sei und bei dem die konkreten Umstände den Verdacht nahelegten, dass es sich um eine aus sachfremden Gründen ausgestellte Bescheinigung handele, könne nicht zur Glaubhaftmachung ausreichen, d.h. in einem solchen Fall blieben begründete Zweifel am Vorliegen des Befreiungsgrundes bestehen. Des Weiteren hat der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz - unter Bezugnahme auf einschlägige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung - zur Befreiung von der Maskenpflicht an bayerischen öffentlichen Schulen in seiner Aktuellen Kurz-Information 33 vom 5. Oktober 2020 ausgeführt: Wer eine Befreiung von der Maskenpflicht in Anspruch nehmen wolle, müsse den Befreiungsgrund glaubhaft machen. Die Glaubhaftmachung sei mehr als die Behauptung, verlange jedoch keinen Vollbeweis. Darzulegen seien die Umstände, die das Eingreifen eines Befreiungsgrundes als wahrscheinlich erscheinen ließen. Übliches Instrument sei bei gesundheitlichen Gründen ein ärztliches Attest, wobei andere Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausgeschlossen seien. Ein Attest, das allein das Ergebnis bescheinige, genüge nicht. Nicht erforderlich sei hingegen aber ein medizinisches Gutachten. Im Regelfall reiche es aus, wenn das ärztliche Attest einen Eindruck von der Beeinträchtigung vermittele, welche die gesundheitlichen Gründe ausmache, und darlege, zu welchen Nachteilen diese Beeinträchtigung für Schüler in der konkreten relevanten Tragesituation führe. Erfülle ein Attest diese Anforderungen, sei es nur ausnahmsweise zur Glaubhaftmachung ungeeignet. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich aus dem Attest selbst oder aus den Begleitumständen ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit ergäben; etwa, wenn das Attest erkennbar ohne persönliche Untersuchung erstellt worden sei (dafür könne ein insbesondere entfernt gelegener Praxisort sprechen), wenn identische Atteste zu mehreren Schülerinnen und Schülern vorlägen, wenn Anhaltspunkte dafür sprächen, dass das Attest von sachfremden Gründen getragen sei oder wenn andere Anzeichen auf ein „Gefälligkeitsattest“ hindeuteten. Auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bedarf es bei medizinischen Gründen im Zusammenhang mit einer Befreiung von der Maskenpflicht regelmäßig des Nachweises durch Vorlage eines aktuellen ärztlichen Attestes, das gewissen Mindestanforderungen genügen muss. Aus dem Attest muss sich regelmäßig nachvollziehbar ergeben, welche konkret zu benennenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgrund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule alsbald zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Soweit relevante Vorerkrankungen vorliegen, sind diese konkret zu bezeichnen. Darüber hinaus muss im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt ist (vgl. OVG NRW, B.v. 24.9.2020 - 13 B 1368/20 - juris; VG Würzburg, B.v. 16.9.2020 - W 8 E 20.1301 - juris, jeweils m.w.N.). Das Gericht merkt ausdrücklich an, dass offenkundig kein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht vorliegt, weil der Arzt gegenüber Dritten nur Daten angeben muss, wenn der Patient dies wünscht oder damit einverstanden ist. Er ist dann von der Schweigepflicht entbunden. Bei Vorliegen einer Einwilligung des Patienten macht der Arzt sich auch nicht strafbar. Gegenüber seinen Patienten, die - wie vorliegend - selbst ein Attest von ihm begehren, besteht die Schweigepflicht ohnehin nicht (vgl. nur Weidemann in BeckOK StGB, von Heintschel-Heinegg, 47. Edition, Stand 1.8.2020, § 203 Rn. 38 ff.) Ausgehend von diesen Vorgaben ist ein Befreiungsgrund im vorliegenden Einzelfall aus einer Zusammenschau der ärztlichen Atteste mit der eidesstattlichen Erklärung der Mutter des Antragstellers glaubhaft gemacht. Wie oben ausgeführt, kann eine eidesstattliche Erklärung zur Glaubhaftmachung herangezogen werden. Sie kann dazu führen, dass ein ärztliches Attest, das für sich noch nicht völlig ausreichen würde, durch diese zusätzlichen Angaben zur Glaubhaftmachung genügt. Infolgedessen ist der Antragsteller gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 7. BayIfSMV von der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aus gesundheitlichen Gründen wegen Unzumutbarkeit befreit. Denn die ärztlichen Atteste vom 6. und 19. Oktober 2020 führen ausdrücklich an, dass der Antragsteller an regelmäßigen wiederkehrenden Panikattacken unter der Atemschutzmaske leide. Das Attest vom 19. Oktober 2020 begründet sich darüber hinaus ausdrücklich mit einem Praxisbesuch des Kindes am 6. und am 19. Oktober 2020. In der eidesstattlichen Versicherung der Mutter des Antragstellers vom 19. Oktober 2020 ist nachvollziehbar detailliert ausgeführt: Der Antragsteller leide an der Grunderkrankung ADHS und habe häufiger Panikattacken, weswegen er auch regelmäßig in psychologischer Behandlung sei. Der Antragsteller besuche eine Ganztagesklasse und trage besonders lange die Maske auf dem 30-minütigen Schulweg, in den Fluren und im Pausenhof. In der ersten und zweiten Woche nach den Sommerferien sei die Maskenpflicht auch im Präsenzunterricht angeordnet gewesen. Der Antragsteller habe bereits nach wenigen Tagen einen juckenden Ausschlag im durch die Maske abgedeckten Bereich der Gesichtshaut bekommen. Außerdem habe er am 15. September 2020 nach der Schule Kopfweh bekommen und in der Nacht Panikattacken. Er habe sehr unruhig geschlafen. Dies habe sich am 21. September 2020 wiederholt. Der Antragsteller habe wiederum Kopfweh gehabt und sich erbrochen. Am 22. September 2020 sei er unüblich müde gewesen. Von 29. September bis 1. Oktober 2020 sei der Antragsteller jeweils müde und mit Kopfschmerzen nach Hause gekommen. Er habe sich erbrochen. Der behandelnde Psychologe habe am 2. Oktober 2020 eine Untersuchung durchgeführt und die Symptome bestätigt, sich aber geweigert ein Attest auszustellen. In der Nacht vom 2. Oktober 2020 auf den 3. Oktober 2020 habe der Antragsteller wieder eine unruhige Nacht mit Panikattacken gehabt und weiter Angst gehabt zu ersticken. Am 5. Oktober 2020 habe der Antragsteller wieder Kopfweh bekommen und aus der Schule abgeholt werden müssen. Am 6. Oktober 2020 habe sie den Arzt aufgesucht, der erstmals ein Attest zur Maskenbefreiung ausgestellt habe. Dieses Attest habe der Schulleiter nicht akzeptiert. Am 14. Oktober 2020 sei der Antragsteller wieder gezwungen worden, die Maske zu tragen. Seither sei er krank. Der Arzt, der das Attest ausgestellt habe, sei in dem Ort ansässig, in dem sie früher gewohnt hätten. Die Panikattacken seien infolge der Maskenpflicht stärker als frühere. Die eidesstattliche Erklärung ist in sich stimmig und deckt sich mit den ärztlichen Attesten. Danach liegt eine Grunderkrankung vor. Entgegen der Antragserwiderung erscheint der Vorwurf eines nicht ortsansässigen Arztes nicht gerechtfertigt, weil die Mutter in ihrer eidesstaatlichen Erklärung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass das der Arzt ihres früheren Wohnortes sei, der zudem mit ca. 28 Autokilometer auch nicht übermäßig weit vom jetzigen Wohnort des Antragstellers entfernt praktiziert, wenn auch das Gericht nicht verkennt, dass sich der Arzt wohl auch schon öffentlich kritisch zu einzelnen Infektionsschutzmaßnahmen im Internet geäußert hat. Im Attest vom 19. Oktober 2020 ist zudem ausdrücklich ärztlicherseits bestätigt, dass der Antragsteller vom Arzt persönlich untersucht worden sei. Der Einwand, dass das Attest formblattmäßig sei, lässt sich zwar - gerade im Hinblick auf das Attest im Parallelverfahren des Bruders im Verfahren W 8 E 20.1564 - nicht völlig von der Hand weisen. Aber das Attest enthält im Einklang mit der eidesstattlichen Erklärung der Mutter die individuelle Feststellung der Panikattacken des konkreten Antragstellers und konkret erfolgter Arztbesuche des Antragstellers. Insgesamt betrachtet ist zur Überzeugung des Gerichts die im vorliegenden Verfahren im Rahmen der Glaubhaftmachung hinreichende überwiegende Wahrscheinlichkeit im gegebenen Einzelfall zu bejahen. Letzte Restzweifel können zudem im Hauptsacheverfahren, das wie tenoriert innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses an den Prozessbevollmächtigten einzuleiten ist (sofern keine sonstige Erledigung eintritt, etwa durch eine außergerichtliche Verständigung und endgültige Einigung der Beteiligten), geklärt werden. Im Hauptsacheverfahren kann die Mutter persönlich gehört und auch der betreffende Arzt als Zeuge einvernommen werden. Des Weiteren weist das Gericht darauf hin, dass dieser Beschluss bei neuen Erkenntnissen und bei veränderten Umständen analog § 80 Abs. 7 VwGO abgeändert werden könnte. Ergänzend wird angemerkt, dass, wie unter Nr. 6.1 Buchst. f) des Rahmenhygieneplans Schulen aufgeführt, erforderlichenfalls eine erneute ärztliche Bescheinigung zur Glaubhaftmachung für die Befreiung vom Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung verlangt werden kann. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet seine Grundlage in § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Da der Antragsteller wie dargestellt eine zumindest teilweise Vorwegnahme der Hauptsache begehrt, war gemäß Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs keine Halbierung des Streitwerts vorzunehmen und der volle Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR festzusetzen.
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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Gründe I. Der 8 Jahre alte Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Feststellung, dass er aus gesundheitlichen Gründen von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände der von ihm besuchten Grundschule und bei der Mittagsbetreuung befreit ist und ihm der Besuch der Grundschule ohne Mund-Nasen-Bedeckung bzw. das Tragen eines Visiers gestattet wird. Der Antragsteller besucht die 3. Jahrgangsstufe der Grundschule und dort auch für drei Stunden die Mittagsbetreuung. Der Schulleiter lehnte eine Befreiung von der Maskenpflicht ab. Am 21. Oktober 2020 ließ der Antragsteller - vertreten durch seine Mutter - beantragen, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Feststellung, dass dem Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen das Betreten des Schulgeländes und das Verkehren auf dem Schulgelände auch ohne Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eines Face-Shields/Visiers gestattet ist. Zur Begründung ist unter Vorlage von ärztlichen Attesten vom 12. und 19. Oktober 2020 sowie einer eidesstattlichen Erklärung der Mutter des Antragstellers vom 19. Oktober 2020 im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller leide an keinerlei Grunderkrankung. Als er nach der Mittagsbetreuung nach Hause gekommen sei, habe er an Kopfschmerzen gelitten und sich geweigert, zur Mittagsbetreuung zu gehen. Am 12. Oktober 2020 habe die Mutter des Antragstellers den Allgemeinarzt an ihrem früheren Wohnort aufgesucht. Der Arzt habe attestiert, dass der Antragsteller unter regelmäßig wiederkehrenden Panikattacken leide und damit vom Tragen der Maskenpflicht befreit sei. Der Antragsteller habe durch ein Attest vom 19. Oktober 2020 sowie durch die eidesstattliche Erklärung seiner Mutter vom 19. Oktober 2020 glaubhaft gemacht, dass bei ihm infolge des Tragens der Mund-Nasen-Bedeckung Panikattacken, verbunden mit Kopfschmerzen, aufträten. Es handele sich nicht um ein Reihen- oder Gefälligkeitsattest. Es sei kritisch zu sehen, dass für die Glaubhaftmachung überhaupt ein ärztliches Attest gefordert werde. Im Übrigen bestünden gegen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung allgemein Bedenken, weil diese Risiken in sich berge. Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2020 beantragte der Antragsgegner, vertreten durch den Schulleiter der Grundschule: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Aufgrund des vorgelegten Attests vom 12. Oktober 2020 habe der Antragsteller ohne Maske am Unterricht teilnehmen dürfen. Auf den Begegnungsflächen habe er auch in den Folgetagen eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen. Ein weiteres Attest oder eine eidesstattliche Erklärung sei nicht vorgelegt worden. Am 19. Oktober 2020 habe der Schulleiter dem Vater erklärt, dass er das vorgelegte Attest nicht anerkennen könne. Eine Befreiung von der Maskenpflicht werde nicht genehmigt. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung seien Zweifel aufgetreten, dass es dem Antragsteller nicht zugemutet werden könne, eine Maske zu tragen. Das vorgelegte Attest habe die begründeten Zweifel nicht auflösen können. Es sei augenscheinlich nur formblattmäßig und ohne persönliche Untersuchung von einem nicht ortsansässigen Arzt ausgestellt worden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Bruders im Verfahren W 8 K 20.1563) und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. II. Der Antrag hat keinen Erfolg. Bei verständiger Würdigung des gestellten Antrags und des Vorbringens des Antragstellers (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO) ist der Antrag im Sofortverfahren bei sach- und interessengerechter Interpretation dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes die Feststellung begehrt, von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder eines Visiers auf dem Schulgelände der von ihm besuchten Grundschule befreit ist und der Schulbesuch ohne das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bzw. eines Visiers gestattet ist. Der so verstandene Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, aber nicht begründet, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung setzt nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO voraus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen kann. Eine Glaubhaftmachung liegt vor, wenn das Vorliegen von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sich als überwiegend wahrscheinlich darstellt. Im Hinblick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistete Garantie effektiven Rechtsschutzes ist der Antrag dann begründet, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Diese Voraussetzungen sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass die Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung, dass der Antragsteller von der Verpflichtung, eine Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände zu tragen, befreit ist, jedenfalls zu einer teilweisen Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Denn selbst bei einem Obsiegen in der Hauptsache könnte dem Antragsteller nicht mehr zugesprochen bekommen, als was er ausgehend von dem gestellten Antrag sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens begehrt. Eine Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon im vollen Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für den Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 13 f.). Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Antrag ist zwar zulässig, aber nicht begründet, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Die Erfolgsaussichten einer - derzeit noch nicht erhobenen - Klage in der Hauptsache sind bei summarischer Prüfung nicht gegeben. Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auf dem Schulgelände seiner Grundschule aus gesundheitlichen Gründen befreit ist. Grundlage für die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) ist die 7. Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (7. BayIfSMV). Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 7. BayIfSMV besteht auf dem Schulgelände Maskenpflicht. Von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (Maskenpflicht) befreit sind unter anderem Personen, die glaubhaft machen können, dass ihnen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung aufgrund einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 7. BayIfSMV). Das Gericht hat keine durchgreifenden Zweifel an der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der in § 18 Abs. 2 Satz 1 7. BayIfSMV angeordneten Maskenpflicht auf dem Schulgelände an sich (vgl. schon ausführlich VG Würzburg, B.v. 16.9.2020 - W 8 E 20.1301 - juris sowie noch OVG SH, B.v. 15.10.2020 - 3 MR 43/20 - juris; OVG NRW, B.v. 24.9.2020 - 13 B 1368/20 - juris, jeweils m.w.N.; siehe zur Verfassungsmäßigkeit der Maskenpflicht auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 28.9.2020 - 1 BvR 1948/20 - juris). Der Antragsteller ist nicht aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht auf dem Schulgelände befreit. Die Voraussetzungen für eine derartige Befreiung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 18 Abs. 2 Satz 1 7. BayIfSMV sind bei summarischer Prüfung nicht gegeben. Der Antragsteller hat jedenfalls keine gesundheitlichen Gründe zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, die ihm das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht möglich oder unzumutbar machen würden. Eine Behauptung ist dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 41. Aufl. 2020, § 294 Rn. 2; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 51). Zur Glaubhaftmachung kann auch eine eidesstaatliche Versicherung ausreichen, wobei aus den vorgelegten Unterlagen auch negative Schlüsse gezogen werden können (vgl. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 32). § 18 Abs. 1 Satz 2 7. BayIfSMV verweist des Weiteren für Schulen und für die Mittagsbetreuung ausdrücklich auf ein Schutz- und Hygienekonzept auf der Grundlage eines von dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus und für Gesundheit und Pflege zur Verfügung gestellten Hygieneplans (Rahmenhygieneplan). Der bayerische Rahmenhygieneplan zur Umsetzung des Schutz- und Hygienekonzepts für Schulen nach der jeweiligen geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Rahmenhygieneplan Schulen) vom 2. Oktober 2020 führt unter Nr. 6.1 Buchst. b) bis d) zur Mund-Nasen-Bedeckung unter anderem aus: Ein ärztliches Attest habe die höchste Aussagekraft. In der Regel sei die Vorlage eines ärztlichen Attests erforderlich. Es sei insbesondere hinreichend substantiiert darzulegen, aus welchen konkreten gesundheitlichen Gründen, in der konkreten relevanten Tragesituation keine Maske getragen werden könne. Dazu müsse das Attest zumindest erkennen lassen, welche Beeinträchtigung bei der Schülerin oder dem Schüler festgestellt worden sei und inwiefern sich deswegen das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nachteilig auswirke. Es müsse konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten, um der Schulleitung eine Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen zu ermöglichen. Ein Attest, das augenscheinlich nur formblattmäßig und ohne persönliche Untersuchung und von einem nicht ortsansässigen Arzt ausgestellt worden sei und bei dem die konkreten Umstände den Verdacht nahelegten, dass es sich um eine aus sachfremden Gründen ausgestellte Bescheinigung handele, könne nicht zur Glaubhaftmachung ausreichen, d.h. in einem solchen Fall blieben begründete Zweifel am Vorliegen des Befreiungsgrundes bestehen. Des Weiteren hat der bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz - unter Bezugnahme auf einschlägige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung - zur Befreiung von der Maskenpflicht an bayerischen öffentlichen Schulen in seiner Aktuellen Kurz-Information 33 vom 5. Oktober 2020 ausgeführt: Wer eine Befreiung von der Maskenpflicht in Anspruch nehmen wolle, müsse den Befreiungsgrund glaubhaft machen. Die Glaubhaftmachung sei mehr als die Behauptung, verlange jedoch keinen Vollbeweis. Darzulegen seien die Umstände, die das Eingreifen eines Befreiungsgrundes als wahrscheinlich erscheinen ließen. Übliches Instrument sei bei gesundheitlichen Gründen ein ärztliches Attest, wobei andere Mittel der Glaubhaftmachung nicht ausgeschlossen seien. Ein Attest, das allein das Ergebnis bescheinige, genüge nicht. Nicht erforderlich sei hingegen aber ein medizinisches Gutachten. Im Regelfall reiche es aus, wenn das ärztliche Attest einen Eindruck von der Beeinträchtigung vermittele, welche die gesundheitlichen Gründe ausmache, und darlege, zu welchen Nachteilen diese Beeinträchtigung für Schüler in der konkreten relevanten Tragesituation führe. Erfülle ein Attest diese Anforderungen, sei es nur ausnahmsweise zur Glaubhaftmachung ungeeignet. Dies gelte insbesondere dann, wenn sich aus dem Attest selbst oder aus den Begleitumständen ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit ergäben; etwa, wenn das Attest erkennbar ohne persönliche Untersuchung erstellt worden sei (dafür könne ein insbesondere entfernt gelegener Praxisort sprechen), wenn identische Atteste zu mehreren Schülerinnen und Schülern vorlägen, wenn Anhaltspunkte dafür sprächen, dass das Attest von sachfremden Gründen getragen sei oder wenn andere Anzeichen auf ein „Gefälligkeitsattest“ hindeuteten. Auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bedarf es bei medizinischen Gründen im Zusammenhang mit einer Befreiung von der Maskenpflicht regelmäßig des Nachweises durch Vorlage eines aktuellen ärztlichen Attestes, das gewissen Mindestanforderungen genügen muss. Aus dem Attest muss sich regelmäßig nachvollziehbar ergeben, welche konkret zu benennende gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund der Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule alsbald zu erwarten sind und woraus diese im Einzelnen resultieren. Soweit relevante Vorerkrankungen vorliegen, sind diese konkret zu bezeichnen. Darüber hinaus muss im Regelfall erkennbar werden, auf welcher Grundlage der attestierende Arzt zu seiner Einschätzung gelangt ist (vgl. OVG NRW, B.v. 24.9.2020 - 13 B 1368/20 - juris; VG Würzburg, B.v. 16.9.2020 - W 8 E 20.1301 - juris, jeweils m.w.N.). Das Gericht merkt ausdrücklich an, dass kein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht besteht, weil der Arzt nur Daten angeben muss, wenn der Patient dies wünscht oder damit einverstanden ist. Gegenüber seinen Patienten, die ein Attest von ihm begehren, besteht die Schweigepflicht ohnehin nicht. Ausgehend von diesen Vorgaben fehlt es vorliegend an einem geeigneten ärztlichen Attest zur Glaubhaftmachung. In den ärztlichen Attesten vom 12. Oktober 2020 sowie vom 19. Oktober 2020 ist ausgeführt, der Antragsteller leide an regelmäßig wiederkehrenden Panikattacken unter der Atemschutzmaske. Im Attest vom 19. Oktober 2020 ist noch weiter angemerkt, das Attest begründe sich aufgrund eines Praxisbesuchs des Antragstellers am 6. Oktober 2020 und 19. Oktober 2020. Die Atteste für sich allein betrachtet begründen schon gewisse Zweifel, ob die oben zitierten Vorgaben eines aussagekräftigen Attestes erfüllt sind. Gravierende und durchgreifende Zweifel erwachsen jedoch aus einem Vergleich der Atteste mit dem dazu im krassen Widerspruch stehenden Vorbringen der Mutter des Antragstellers in ihrer eidesstaatlichen Erklärung vom 19. Oktober 2020. Dort hat die Mutter ausdrücklich ausgeführt, dass der Antragsteller bis 12. Oktober 2020 täglich an einem dreistündigen freiwilligen Angebot der Mittagsbetreuung in der Schule teilgenommen habe. Er habe regelmäßig, als er aus der Mittagsbetreuung nach Hause gekommen sei, Kopfschmerzen gehabt und habe dann nicht mehr in die Mittagsbetreuung gewollt. Sie habe den Antragsteller am 12. Oktober 2020 beim Arzt vorgestellt, der den Antragsteller auch persönlich untersucht habe. Es fällt schon auf, dass sich das Attest generell auf die Maskentragungspflicht, einschließlich eines auch nur kurzzeitigen Tragens der Maske, bezieht und nicht bloß auf die durchgängige mehrstündige Maskentragungspflicht bei der Mittagsbetreuung, welche von der Mutter allein thematisiert worden ist. Widersprüchlich ist die Aussage in dem Attest, dass der Praxisbesuch zweimal und zwar am 6. Oktober 2020 und am 19. Oktober 2020 stattgefunden habe, während die Mutter des Antragstellers nur von einem Praxisbesuch am 12. Oktober 2020 spricht. Ein weiterer frappierender Dissens ergibt sich daraus, dass die Mutter lediglich von Kopfschmerzen des Antragstellers spricht und mit keinem Wort erwähnt, dass der Antragsteller (anders als sein Bruder) auch an psychischen Problemen, insbesondere an Panikattacken leide, während in den ärztlichen Attesten hingegen von Kopfschmerzen überhaupt keine Rede ist, sondern nur von regelmäßig wiederkehrenden Panikattacken unter der Atemschutzmaske. Wie schon erwähnt, kann das Gericht aus den vorgelegten Unterlagen negative Schlüsse ziehen. Aus dem Attest und aus den Begleitumständen des Attestes gerade in Zusammenschau mit der eidesstattlichen Erklärung der Mutter ergeben sich unauflösbare Widersprüche, die das ärztliche Attest wertlos machen. Das Attest ist nicht geeignet, einen Befreiungstatbestand für das Tragen der Maske während der Mittagsbetreuung und erst recht nicht für das kurzzeitige Tragen der Maske auf dem übrigen Schulgelände glaubhaft zu machen. Vielmehr drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass womöglich das Attest betreffend den Bruder des Antragstellers im Parallelverfahren W 8 E 20.1563 einfach auf den Antragsteller umgemünzt wurde, ohne dass es auf einer ernsthaften eigenen medizinischen Befunderhebung basiert und ohne dass wirklich medizinische Gründe für eine völlige oder zeitweise Befreiung des Antragstellers von der Maskenpflicht bestehen. Vor diesem Hintergrund sieht das Gericht auch keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Antragsteller wird im Vergleich zu anderen Schülern, die die Masken ebenfalls tragen müssen, nicht gleichheitswidrig vom Unterricht bzw. dem Schulbesuch ausgeschlossen, sondern gerade gleichbehandelt (vgl. im Einzelnen VG Würzburg, B.v. 16.9.2020 - W 8 E 20.1301 - juris m.w.N.). Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet seine Grundlage in § 52 Abs. 2 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Da der Antragsteller wie dargestellt eine zumindest teilweise Vorwegnahme der Hauptsache begehrt, war gemäß Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs keine Halbierung des Streitwerts vorzunehmen und der volle Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR festzusetzen.
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Tenor Die Anträge werden abgelehnt.Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt. Gründe   I. 1 Die Antragsteller wenden sich im vorliegenden Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO - sachdienlich ausgelegt - gegen § 6a Nr. 1 der Verordnung des Kultusministeriums über den Schulbetrieb unter Pandemiebedingungen (Corona-Verordnung Schule - CoronaVO Schule) vom 31.08.2020 in der Fassung von Art. 1 Nr. 2 der Ersten Verordnung des Kultusministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Schule vom 15.10.2020 und Art. 1 Nr. 2 der Zweiten Verordnung des Kultusministeriums zur Änderung der Corona-Verordnung Schule vom 21.10.2020, die am 22.10.2020 in Kraft trat. Die Antragsteller beanstanden im Wesentlichen die in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule normierte sog. Maskenpflicht im Schulunterricht. 2 Der Antragsteller zu 1 besucht die 7. Klasse eines ... Gymnasiums, die Antragstellerin die Abschlussklasse eines ... Gymnasiums. Beide Schulen sind im Landkreis ... gelegen, in dem die Antragsteller auch wohnen. 3 Die Corona-Verordnung Schule sah in ihrer Fassung vom 31.08.2020 (a.F.) mit näher geregelten Maßgaben und Ausnahmen vor, dass sich die Pflicht zum Tragen einer nicht-medizinischen Alltagsmaske oder einer vergleichbaren Mund-Nasen-Bedeckung (im Folgenden: Maskenpflicht) nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1, 2, 6 und 7 der Verordnung der Landesregierung über infektionsschützende Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 (Corona-Verordnung – CoronaVO) richtet (vgl. § 1 Abs. 3 CoronaVO Schule a.F.). Daraus ergab sich, dass unter anderem in den auf der Grundschule aufbauenden Schulen innerhalb der Unterrichtsräume sowie in den zugehörigen Sportanlagen und Sportstätten keine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung bestand (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 2 Nr. 7 CoronaVO in der Fassung der Änderungsverordnungen vom 09.10. und vom 18.10.2020). 4 Mit der Ersten Verordnung zur Änderung der Corona-Verordnung Schule vom 15.10.2020 wurde mit Wirkung vom 16.10.2020 der von den Antragstellern angefochtene § 6a Nr. 1 eingefügt. Diese Vorschrift regelt unter der amtlichen Überschrift „Abweichende Bestimmungen für die Pandemiestufe 3“ in der seit dem 22.10.2020 geltenden Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 21.10.2020 Folgendes: 5 „Sofern und solange die Anzahl der Neuinfektionen mit dem SARS CoV-2 Virus nach Feststellung des Landesgesundheitsamts (https://www.gesundheitsamt-bw.de) im landesweiten Durchschnitt in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner die Zahl von 35 überschreitet, gelten abweichend von § 1 Absatz 3, § 2 Absatz 4, § 2 Absatz 6 sowie § 5 die folgenden Bestimmungen: 6 1. Die Pflicht zum Tragen einer nicht-medizinischen Alltagsmaske oder einer vergleichbaren Mund-Nasen-Bedeckung in den auf der Grundschule aufbauenden Schulen, den beruflichen Schulen sowie den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ab Beginn der Hauptstufe, jeweils in öffentlicher und freier Trägerschaft, gilt auch in den Unterrichtsräumen. Sie gilt jedoch nicht im fachpraktischen Sportunterricht; im Unterricht in Gesang und mit Blasinstrumenten sowie bei entsprechenden außerunterrichtlichen Angeboten gilt sie nicht, sofern die Vorgaben des § 2 Absatz 3 eingehalten werden. Sie gilt ferner nicht in Zwischen- und Abschlussprüfungen, sofern das Abstandsgebot von 1,5 Metern zwischen den Personen eingehalten wird.“ 7 Von der sog. Maskenpflicht ausgenommen ist nach § 1 Abs. 3 Satz 2 CoronaVO Schule 8 „die Nahrungsaufnahme (Essen und Trinken); in den Pausenzeiten darf außerhalb der Gebäude die Mund-Nasen-Bedeckung abgenommen werden, solange der Mindestabstand zwischen den Personen von 1,5 Metern eingehalten wird.“ 9 Am 17.10.2020 rief die Landesregierung mit Wirkung vom 19.10.2020 die Pandemiestufe 3 aus. Beiden Antragstellern wurde zeitgleich mitgeteilt, sie seien ab dem 19.10.2020 verpflichtet, auch in den Unterrichtsräumen ihrer Schulen eine nicht-medizinische Alltagsmaske oder eine vergleichbare Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. 10 Ebenfalls am 17.10.2020 haben die Antragsteller bei dem Verwaltungsgerichtshof beantragt, § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule vorläufig außer Vollzug zu setzen. Sie machen geltend, die Vorschrift sei verfassungswidrig. Die Vorschrift verletze sie insbesondere in ihren (gemeint: Grund-)Rechten, weil sie darin in unverhältnismäßiger Weise eingreife. 11 Bislang habe nicht eindeutig nachgewiesen werden können, dass eine nicht medizinische Mund-Nasen-Bedeckung überhaupt geeignet sei, die Ausbreitung von COVID-19 wirksam zu bekämpfen. Der Antragsgegner habe jedenfalls nicht dargelegt, dass im Zusammenhang mit dem Schulbetrieb ein besonders hohes Infektionsrisiko bestehe. Es sei bekannt, dass von Schülern in Bezug auf die Corona-Pandemie kaum Gefahren ausgingen. Sie erkrankten höchst selten und der Krankheitsverlauf sei bei ihnen meist symptomlos oder leicht. In ihren (der Antragsteller) Klassen seien auch noch keine Infektionen aufgetreten und gebe es auch keine sog. Risikopatienten. Es gebe insgesamt kaum Schulen und Klassen, die durch Coronainfektionen betroffen seien. Das Lüften in Unterrichtsräumen werde durch das ständige Maskentragen ebenfalls unwirksam, weil es den Schülern nicht mehr möglich sei, gesunde, sauerstoffreiche Luft zu atmen. Sie müssten ständig sauerstoffarme und kohlendioxidhaltige Luft einatmen. 12 Den Infektionsgefahren könne außerdem durch andere Maßnahmen effektiver begegnet werden, insbesondere durch genaue Anweisungen zum Verhalten beim Husten und Niesen sowie den Ausschluss vom Schülern mit Krankheitssymptomen vom Unterricht. Derzeit sei trotz steigender Fallzahlen kein Ausbruchsgeschehen an Schulen ersichtlich. Die „Treiber“ seien vielmehr in anderen Bereichen zu suchen, denen mit Maßnahmen wie Sperrstunden und Alkoholausschankverboten begegnet werden könne. Für Schulen seien die bis zum Erlass der angefochtenen Regelung ergriffenen Maßnahmen, insbesondere die bestehenden Hygienevorgaben und die Abfrage von Gesundheitserklärungen von aus dem Urlaub zurückkehrenden Schülern, ausreichend. 13 Die angefochtene Regelung sei auch unverhältnismäßig i.e.S., weil Eingriffszweck und -intensität in keinem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Die Umsetzung der Maskenpflicht in den Unterrichtsräumen führe dazu, dass er (der Antragsteller zu 1) von 07.30 Uhr bis 12.25 Uhr ständig eine Maske tragen müsse, da (ausgehend von der durch die Erste Änderungsverordnung zur Corona-Verordnung Schule geschaffenen Rechtslage) sowohl auf dem Schulgelände als auch auf den Freiflächen eine strikte Maskenpflicht herrsche, den Schülern das Verlassen des Gebäudes während der Unterrichtszeiten und ihm als Schüler der 7. Klasse generell untersagt sei und die Masken im Wesentlichen lediglich in den Toilettenkabinen und (nach dem Erlass der Zweiten Verordnung zur Änderung der Corona-Verordnung Schule) in den Pausen außerhalb des Schulgebäudes abgenommen werden dürften. Für sie (die Antragstellerin zu 2) gelte, dass sie täglich von 08.15 Uhr bis 13.15 Uhr und freitags aufgrund von Nachmittagsunterricht bis 15.35 Uhr eine Maske tragen müsse. Hinzuzurechnen seien die Zeiten, die sie in öffentlichen Verkehrsmitteln für den Schulweg verbringen müssten. 14 Die Regelung in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie auf den landesweiten Durchschnitt der Neuinfektionen mit dem SARS CoV-2 Virus abstelle und dabei die Besonderheiten vor Ort und in den Landkreisen und Gemeinden nicht berücksichtige. Es sei unbestritten, dass es in Baden-Württemberg Landkreise und Gemeinde gebe, in denen die sog. 7-Tages-Inzidenz den Wert von 35 übersteige. Das treffe aber für den Landkreis ... mit einem Wert von 13,3 bzw. 16,1 am 15.10. bzw. 16.10.2020 nicht zu. Der Blick auf die beiden Schulstandorte zu den genannten Stichtagen und nochmals am 20.10.2020 verdeutliche dies, da dort zuletzt nur 6 bzw. 9 Personen an COVID-19 erkrankt seien und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sich das Infektionsgeschehen dort in naher Zukunft negativ ändern werde. Dementsprechend habe auch das Gesundheitsamt des Landkreises keine Notwendigkeit gesehen, trotz der leicht ansteigenden Zahlen etwas zu unternehmen und seien weder im Bereich Sport und Freizeit noch bei Restaurantbesuchen Verschärfungen vorgenommen worden. Es könne nicht sein, dass Gemeinden mit einer niedrigen Infektionsrate, die offensichtlich darauf zurückzuführen sei, dass sich die Bürger dort an die bestehenden Vorschriften hielten, nun dadurch „bestraft“ würden, dass sie Maßnahmen ergreifen müssten, die nur in den sog. Hotspots dafür sorgen sollten, das Infektionsgeschehen wieder in den Griff zu bekommen. Der Antragsgegner behandle hier (gemeint: unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG) ungleiche Sachverhalte ohne tragfähigen Grund gleich. 15 Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. 16 Er macht geltend, Anlass für die Ausrufung der Pandemiestufe 3 („Kritische Phase“) sei der Anstieg der 7-Tages-Inzidenz im landesweiten Durchschnitt auf 47,5 gewesen. Insgesamt hätten sich (zum Stand 20.10.2020) innerhalb der letzten sieben Tage mehr als 5.275 Personen im Land neu mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert. Der Reproduktionsfaktor R (4-Tages-R-Wert) liege nun bei rund 1,3. Alleine in den letzten fünf Tagen seien 33 Menschen im Land an SARS-CoV-2 gestorben. Das Anknüpfen der Pandemiestufe 3 an eine landesweite 7-Tages-Inzidenz von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner begründe sich damit, dass die Gesundheitsämter bis zu diesem Schwellenwert grundsätzlich in der Lage seien, die Kontakte jeder einzelnen Person nachzuverfolgen, dies aber nach Überschreiten nicht mehr möglich sei. Die Maßnahmen des Verordnungsgebers basierten auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Für eine Verpflichtung zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in Schulen sprächen die sog. Heidelberger Studie zur Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter Kindern und Jugendlichen in Kindertageseinrichtungen und Schulen aus dem Mai 2020 (abrufbar unter https://www.eurosurveillance.org/content/10.2807/1560-7917.ES.2020.25.36.2001587#html_fulltext), ferner die Stellungnahme der Ad-hoc-Kommission SARS-CoV-2 der Gesellschaft für Virologie „SARS-CoV-2-Präventionsmassnahmen bei Schulbeginn nach den Sommerferien“ vom 06.08.2020 (vgl. https://www.g-f-v.org/node/1326) sowie das Robert-Koch-Institut (RKI) in seiner Empfehlung „Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie“ vom 12.10.2020 aus (abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Praevention-Schulen.pdf?__blob=publicationFile). 17 Die angefochtene Vorschrift verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in § 28 Abs. 1 IfSG. In das Grundrecht der Antragsteller auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG greife § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule nicht ein. Der durch die Vorschrift bewirkte Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Antragsteller (Art. 2 Abs. 1 GG) und, falls ein solcher überhaupt vorliege, in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sei jeweils gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. Die Landesregierung verfolge mit der angefochtenen Bestimmung ein legitimes Ziel, namentlich den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Bevölkerung. Bei ihrer Einschätzung, dass die sog. Maskenpflicht im Unterricht ein geeignetes Mittel zu Erreichung dieses Zieles sei, stütze sie sich auf die genannten wissenschaftlichen Empfehlungen. Es seien auch keine gleich geeigneten, milderen Mittel ersichtlich; die anderslautenden Behauptungen der Antragsteller überzeugten nicht. Der Verordnungsgeber sei insbesondere nicht dazu gezwungen gewesen, die Anwendung von § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule auf solche Landkreise zu beschränken, die den Schwellenwert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen überschritten hätten. Eine solche Differenzierung wäre mit einem erheblichen Aufwand und einer Rechtsunsicherheit bei den Normadressaten verbunden, weil die 7-Tages-Inzidenz auf der Ebene der Landkreise starken Schwankungen unterliege. Eine Differenzierung nach Landkreisen lasse sich in der Praxis auch kaum durchsetzen, weil Schüler ebenso wie Lehrer auf dem Weg zur Schule Landkreisgrenzen überwänden. Regionale Unterscheidungen seien Gegenstand der Pandemiestufe 2 gewesen, die durch lokale Ausweitungen des Infektionsgeschehens geprägt gewesen sei. Die Stufe 3 sei jedoch durch einen starken, gegebenenfalls exponentiellen Anstieg der Fallzahlen mit diffusen, häufig nicht mehr nachvollziehbaren Infektionsketten gekennzeichnet. Angesichts der landesweit sehr stark ansteigenden Zahlen sei es nur eine Frage der Zeit, bis sich das Infektionsgeschehen auch in Landkreisen auswirke, die bislang nur unterdurchschnittlich betroffen seien. 18 Der in die Freiheitsrechte der Antragsteller bewirkte Eingriff sei auch verhältnismäßig i.e.S. (angemessen). Die flächendeckend ansteigenden Infektionszahlen hätten zur Folge, dass das Infektionsgeschehen in die Schulen „eingeschleppt“ werde. Gerade, weil Infektionen bei Kindern und Jugendlichen häufig asymptomatisch verliefen, sehe der Verordnungsgeber bei Schulen ein gesteigertes Infektionsrisiko. Dem müsse mit Maßnahmen begegnet werden. Der Verordnungsgeber habe sich dabei auf die ihm wissenschaftlich empfohlenen Maßnahmen beschränkt. Der mit § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule verbundene Eingriff sei in qualitativer Hinsicht nicht als gravierend zu bewerten. Dort, wo dem Betroffenen das Tragen einer Maske aus besonderen Gründen nicht zugemutet werden könne, sehe das Verordnungsrecht in § 3 Abs. 2 CoronaVO Ausnahmen vor. Hinzu komme, dass die Behörden im Einzelfall gemäß § 20 Abs. 2 CoronaVO aus wichtigem Grund Abweichungen zulassen könnten. Die Maskenpflicht gelte ferner bei Schulveranstaltungen (§ 4 CoronaVO Schule i.V.m. § 2 Abs. 2, § 9 und 10 CoronaVO Schule) und außerschulischen Veranstaltungen (§ 10 CoronaVO Schule) nicht. An der Angemessenheit ändere sich auch nichts durch den Umstand, dass die Antragsteller die Masken mehrere Stunden pro Tag tragen müssten. Das gelte umso mehr, als die Maskenpflicht für die Dauer der Nahrungsaufnahme in den Pausen, beim Sportunterricht sowie bei besonderen Formen des Musikunterrichts nicht bestehe. Die „Tragezeit“ werden ferner durch die mit der Zweiten Änderungsverordnung vom 21.10.2020 eingeführten Neuregelungen weiter verringert, die bewirkten, dass die Masken bei Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie in den Pausen außerhalb der Schulgebäude bei Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5m abgenommen werden könnten. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen die Maskenpflicht nicht ohne weiteres zum Schulausschluss führten, sondern die Schule zunächst angemessen pädagogisch zu reagieren habe. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass der Verordnungsgeber bei seinen Maßnahmen auch andere Belange sozialer, psychologischer und wirtschaftlicher Art zu gewichten habe. Insoweit sei seine grundsätzliche Entscheidung anzuerkennen, dass landesweite Schulschließungen soweit wie möglich verhindert werden sollten, um das Recht der Schüler auf Bildung zu gewährleisten. Deshalb sei ihm die Befugnis einzuräumen, zunächst auf weniger invasive Maßnahmen zurückzugreifen, die aus virologischer Sicht einen wesentlichen Beitrag dazu leisten könnten, Schulschließungen zu vermeiden. 19 Die angefochtene Regelung beinhalte auch keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlungen. Insbesondere sei die Differenzierung zwischen Grund- und anderen Schulen wissenschaftlich fundiert. 20 Selbst wenn man die Erfolgsaussichten eines Normenkontrollantrags in der Hauptsache als offen ansehen wolle, falle die im Rahmen von § 47 Abs. 6 VwGO anzustellende Interessenabwägung zugunsten der mit § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule verfolgten Ziele aus. 21 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. 22 Der Senat entscheidet über die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO in der Besetzung mit drei Richtern (§ 9 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO). Die Besetzungsregelung in § 4 AGVwGO ist auf Entscheidungen nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht anwendbar (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 15.12.2008 - GRS 1/08 - ESVGH 59, 154). 23 1. Die Anträge sind zulässig. 24 Ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig, wenn ein in der Hauptsache gestellter oder noch zu stellender Normenkontrollantrag nach § 47 Abs. 1 VwGO voraussichtlich zulässig ist (vgl. zu dieser Voraussetzung Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 47 Rn. 387) und die gesonderten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO erfüllt sind. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. 25 a) Die Statthaftigkeit der Anträge in der Hauptsache folgt aus § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, § 4 AGVwGO. Danach entscheidet der Verwaltungsgerichtshof auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen - wie hier - eines Landesministeriums. 26 b) Die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt. 27 c) Die Antragsteller sind antragsbefugt. Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend machen kann, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (ausf. dazu Senat, Urt. v. 29.04.2014 - 1 S 1458/12 - VBlBW 2014, 462 m.w.N.). Nach diesem Maßstab besteht die Antragsbefugnis. Es ist möglich, dass die Antragsteller jedenfalls jeweils in ihrem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt sind. 28 d) Für den Antrag in der Hauptsache und den nach § 47 Abs. 6 VwGO liegt auch ein Rechtsschutzinteresse vor. Denn mit einem Erfolg dieser Anträge könnten die Antragsteller ihre Rechtsstellung jeweils verbessern. 29 2. Die Anträge nach § 47 Abs. 6 VwGO sind aber nicht begründet. 30 Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ist danach der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Ergibt diese Prüfung, dass ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache voraussichtlich begründet wäre, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der streitgegenständlichen Satzung oder Rechtsvorschrift zu suspendieren ist. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug der Rechtsvorschrift vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die einträten, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist (BVerwG, Beschl. v. 25.02.2015 - 4 VR 5.14 -, ZfBR 2015, 381; Beschl. v. 16.09.2015 - 4 VR 2/15 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.08.2016 - 5 S 437/16 -, juris m.w.N.; Beschl. v. 13.03.2017 - 6 S 309/17 - juris). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen, als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18.05.1998 - 4 VR 2/98 - NVwZ 1998, 1065). 31 An diesen Maßstäben gemessen sind die Anträge der Antragsteller nicht begründet. Ein in einem Hauptsacheverfahren gegen § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule gerichteter Normenkontrollantrag hätte voraussichtlich keinen Erfolg (a)). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (b)). 32 a) Ein gegen § 6 Nr. 1 CoronaVO gerichtete Normenkontrollantrag würde aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben. Die Vorschrift steht voraussichtlich mit höherrangigem Recht in Einklang (ebenso für die heute im Kern in § 3 Abs. 1 Nr. 1 CoronaVO enthaltenen Bestimmungen zur Maskenpflicht im öffentlichen Personenverkehr Senat, Beschl. v. vom 25.06.2020 - 1 S 1739/20 - (juris), vom 13.05.2020 - 1 S 1314/20 - und vom 18.05.2020 - 1 S 1417/20 -; für verordnungsrechtliche Bestimmungen zur Maskenpflicht im Schulunterricht im Ergebnis auch für das jeweilige dortige Landesrecht BayVGH, Beschl. v. 08.09.2020 - 20 NE 20.199 - und v. 07.09.2020 - 20 NE 20.1981 -; OVG Schl.-Holst., Beschl. v. 28.08.2020 - 3 MR 37/20 -; OVG NRW, Beschl. v. 27.08.2020 - 13 B 1220/20.NE - und v. 20.08.2020 - 13 B 1197/20.NE -; jeweils juris). 33 aa) Für die Regelung in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule besteht voraussichtlich eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG und § 16 Abs. 2 CoronaVO. Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig der Fall - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit durch eine Verordnung der Landesregierung getroffen werden. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung gemäß § 32 Satz 2 IfSG durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen. Eine solche Delegation hat die Landesregierung in § 16 Abs. 1 CoronaVO zugunsten des Kultusministeriums geschaffen. Durchgreifende Bedenken gegen die Bestimmtheit dieser Normen bestehen nicht. 34 bb) Das Kultusministerium hat sich bei dem Erlass der Regelungen zur Maskenpflicht im Unterricht in dem ihm durch die Corona-Verordnung der Landesregierung vorgegebenen Rahmen gehalten. 35 Dem steht nicht entgegen, dass die Landesregierung in § 3 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 2 Nr. 7 CoronaVO bestimmt hat, dass u.a. in den auf der Grundschule aufbauenden Schulen (gerade) keine Verpflichtung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung besteht. 36 Die Landesregierung hat das Kultusministerium in § 16 Abs. 1 CoronaVO gemäß § 32 Satz 2 IfSG dazu ermächtigt, durch Rechtsverordnung für den Betrieb (u.a.) von Schulen in seiner Ressortzuständigkeit zum Schutz vor einer Infektion mit dem Coronavirus „Bedingungen und Anforderungen, insbesondere Hygienevorgaben“, festzulegen. Diese Ermächtigung umfasst ungeachtet des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts der Norm („Bedingungen und Anforderungen“) nicht etwa nur die Befugnis des Kultusministeriums zum Erlass von die Corona-Verordnung der Landesregierung ausfüllenden und ergänzenden Bestimmungen. Die Landesregierung hat das Kultusministerium in § 16 Abs. 1 CoronaVO vielmehr auch dazu ermächtigt, Bestimmungen zu erlassen, die von den Regelungen aus Teil 1 der Corona-Verordnung der Landesregierung - und damit auch von den Vorschriften zur Maskenpflicht in § 3 CoronaVO - inhaltlich abweichen. Das folgt aus dem § 16 CoronaVO vorangestellten § 15 CoronaVO („Grundsatz“). Diese Norm bestimmt, dass die aufgrund u.a. von § 16 CoronaVO erlassenen Rechtsverordnungen den Regelungen aus Teil 1 der Corona-Verordnung der Landesregierung vorgehen, „sofern dort abweichende Regelungen“ getroffen werden (vgl. dementsprechend die Begründung der Corona-Verordnung der Landesregierung zu § 15 [„zusätzlich (...) davon abweichende Regelungen“] und zu § 16 [„über die allgemeinen Regelungen in Teil 1 hinausgehende bereichsspezielle Vorgaben“]). 37 cc) Die Ermächtigungsgrundlage in § 32 Satz 1 und 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG dürfte für das in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule geregelte grundsätzliche Gebot zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen in bestimmten öffentlichen Bereichen auch dem Vorbehalt des Gesetzes in seiner Ausprägung als Parlamentsvorbehalt genügen (im Ergebnis ebenso zum dortigen Landesrecht BayVGH, Beschl. v. 08.09.2020, a.a.O.; s. zu den Anforderungen vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.03.1989 - 1 BvR 1033/82 u.a. - BVerfGE 80, 1, 20; Beschl. v. 21.04.2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19; ausf. ebenfalls Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - m.w.N.). Denn der Gesetzgeber selbst hat in § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 IfSG ausdrücklich vorgesehen, dass die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen von Halbsatz 1 Personen insbesondere dazu verpflichten kann, von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten (vgl. zu einem verordnungsrechtlichen Verbot von Ansammlungen und allen Zusammenkünften von Menschen, die eine Verbreitung von Krankheitserregern begünstigen, ausf. Senat, Beschl. v. 09.04.2020, a.a.O.). 38 dd) Der Heranziehung der genannten Rechtsgrundlagen steht auch nicht entgegen, dass der Antragsgegner in § 6 Nr. 1 CoronaVO Schule Maßnahmen getroffen hat, die auch Personen treffen, die voraussichtlich nicht als Verhaltens- oder Zustandsstörer im polizeirechtlichen Sinne einzuordnen wären. Unbehilflich ist deshalb für die Frage der Rechtsgrundlage der Vortrag der Antragsteller, sie würde mit der angefochtenen Regelung dafür „bestraft“, dass sich andere Personen in anderen Landesteilen nicht „an die Regeln“ hielten und Infektionsgefahren schüfen. 39 Wenn - wie im Fall des Coronavirus unstreitig der Fall - eine übertragbare Krankheit festgestellt ist, können nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit durch eine Verordnung der Landesregierung getroffen werden. Mit solchen repressiven Bekämpfungsmaßnahmen gehen zulässigerweise auch stets präventive Wirkungen einher. Solche präventiven Folgen sind gerade bezweckt. Daher ist die Landesregierung insbesondere nicht auf Maßnahmen nach § 16 oder § 17 IfSG beschränkt. Dabei ermächtigt § 28 Abs.1 IfSG nach seinem Wortlaut, seinem Sinn und Zweck und dem Willen des Gesetzgebers zu Maßnahmen auch gegenüber Nichtstörern (vgl. ausf. zum Ganzen Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 - juris; Beschl. v. 23.04.2020 - 1 S 1003/20 -; je m.w.N.). 40 ee) Das in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule geregelte grundsätzliche Gebot zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen im Schulunterricht für den Fall, dass die dort näher geregelte sog. 7-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner die Zahl von 35 überschreitet, steht voraussichtlich auch mit Verfassungsrecht in Einklang. 41 In welchen Freiheitsrechten sich die Antragsteller konkret beeinträchtigt sehen, haben sie mit ihrem auf Normzitate verzichtenden Vortrag zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht im Einzelnen dargelegt. Verfassungswidrige Eingriffe in die jeweils in Betracht kommenden Grundrechte auf allgemeine Handlungsfreiheit (1), auf körperliche Unversehrtheit (2) und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (3) liegen aller Voraussicht nach nicht vor. Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (4) besteht voraussichtlich nicht. 42 (1) Ein verfassungswidriger Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Antragsteller (Art. 2 Abs. 1 Abs. 1 GG) liegt aller Voraussicht nach nicht vor. 43 Der Schutzbereich dieses Grundrechts umfasst das Recht, das eigene äußere Erscheinungsbild nach eigenem Gutdünken selbstverantwortlich zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.01.1991 - 2 BvR 550/90 - NJW 1991, 1477; BVerwG, Urt. v. 02.03.2006 - 2 C 3.05 - BVerwGE 125, 85 m.w.N.). In diesen Schutzbereich greift das in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule geregelte grundsätzliche Gebot, im Schulunterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, ein. Dieser Eingriff ist aber aller Voraussicht nach verfassungsrechtlich gerechtfertigt, 44 (a) § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule dient einem legitimen Zweck. Der Verordnungsgeber verfolgt damit das Ziel, das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potentiell sehr großen Zahl von Menschen zu schützen und damit den sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden staatlichen Schutzauftrag zu erfüllen, indem Neuinfektionen mit dem Coronavirus möglichst verhindert werden und die Verbreitung des Virus zumindest verlangsamt wird (vgl. Senat, Beschl. v. 23.04.2020, a.a.O., und v. 09.04.2020, a.a.O.). 45 (b) Zur Erreichung dieses Zieles ist das vom Verordnungsgeber in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule gewählte Mittel, in den dort näher bezeichneten Bereichen des Schulunterrichts das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vorzuschreiben, voraussichtlich geeignet. 46 Ein Gesetz ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, wobei dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Eignung ein Beurteilungsspielraum zusteht (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984 - 1 BvR 1494/78 - BVerfGE 67, 157, 173 ff.; Beschl. v. 09.03.1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - BVerfGE 90, 145, 172 f.; je m.w.N.). 47 Diese Anforderung dürfte die in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule angeordnete sog. Maskenpflicht erfüllen. Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus ist von der WHO als Pandemie eingestuft worden. Die Erfahrungen in anderen Staaten zeigen, dass die exponentiell verlaufende Verbreitung des besonders leicht von Mensch zu Mensch, insbesondere durch Tröpfcheninfektion übertragbaren Virus nur durch eine strikte Minimierung der persönlichen Kontakte zwischen den Menschen eingedämmt werden kann. Das Gebot in § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule bezweckt, wie gezeigt, die Verbreitung des Coronavirus durch die Verhinderung von Neuinfektionen zu verlangsamen. Die Pflicht, im Schulunterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, kann voraussichtlich dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. 48 Ohne Erfolg halten die Antragsteller dem ihren nicht weiter belegten oder erläuterten Vortrag entgegen, bislang habe „nicht eindeutig nachgewiesen“ werden können, dass das Tragen einer nicht medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung (MNB, auch sog. Alltagsmaske) überhaupt dazu geeignet sei, die Ausbreitung von COVID-19 zu bekämpfen. Der Verordnungsgeber hat den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Schaffung von § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule voraussichtlich nicht verlassen, wenn er davon ausgeht, dass das darin gelegte Gebot dazu beiträgt, Neuinfektionen zu verhindern. Das gemäß § 4 IfSG u.a. zur frühzeitigen Erkennung und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen und dahingehender Analysen und Forschungen berufene Robert-Koch-Institut ist in Kenntnis der Unterschiede zwischen MNB einerseits und medizinischen Mund-Nasen-Schutz-Produkten (MNS) andererseits, ferner unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Effektivität der Masken in der Fachwelt derzeit im Einzelnen vor dem Hintergrund der noch beschränkten empirischen Erkenntnisse teils unterschiedlich bewertet wird, sowie nach einer Würdigung der derzeit vorhandenen Studien im Mai 2020 zu folgender zusammenfassender Einschätzung gelangt: 49 ‚Wie Beobachtungen aus Ausbruchsuntersuchungen und Modellierungsstudien zeigen, beruht die rasche Ausbreitung von SARS-CoV-2 auf einem hohen Anteil von Erkrankungen, die initial mit nur leichten Symptomen beginnen, ohne die Erkrankten in ihrer täglichen Aktivität einzuschränken. Bereits 1 - 3 Tage vor Auftreten der Symptome kann es zu einer Ausscheidung von hohen Virusmengen kommen. Eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB könnte auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen. Dies betrifft die Übertragung im öffentlichen Raum, an denen mehrere Menschen zusammentreffen und sich dort länger aufhalten (z. B. Arbeitsplatz) oder der physische Abstand von mindestens 1,5 m nicht immer eingehalten werden kann (z. B. Einkaufssituation, öffentliche Verkehrsmittel). Tätigkeiten, die mit vielen oder engeren Kontakten einhergehen, sind hier von besonderer Bedeutung. Da bei vielen Ansteckungen die Infektionsquelle unbekannt ist, kann eine unbemerkte Ausscheidung des Virus in diesen Fällen weder durch eine Verhaltensänderung (wie eine Selbstquarantäne) noch durch eine frühzeitige Testung erkannt werden, da der Beginn der Infektiosität unbekannt ist. Aus diesem Grund kann das Tragen von MNB im öffentlichen Raum vor allem dann im Sinne einer Reduktion der Übertragungen wirksam werden, wenn sich möglichst viele Personen daran beteiligen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es Personen gibt, die aufgrund von Vorerkrankungen den höheren Atemwiderstand beim Tragen von Masken nicht tolerieren können. 50 Um möglichst rasch eine nachhaltige Reduktion der Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung und sinkende Neuerkrankungszahlen zu erreichen, ist es notwendig, mehrere Komponenten einzusetzen, die sich gegenseitig ergänzen (s. 2. Strategie-Update). Dabei sind immer die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen und deren unerwünschte Auswirkungen sorgsam gegeneinander abzuwägen. In dem System verschiedener Maßnahmen ist ein situationsbedingtes generelles Tragen von MNB (oder von MNS, wenn die Produktionskapazität dies erlaubt) in der Bevölkerung ein weiterer Baustein, um Übertragungen zu reduzieren.‘ (RKI, Epidemiologisches Bulletin 19/2020 vom 14.04.2020, S. 4 f.; i.W. ebenso dass., „Ist das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Öffentlichkeit zum Schutz vor SARS-CoV-2 sinnvoll?“, FAQ unter https://www.rki.de, zuletzt abgerufen am 13.05.2020). 51 An dieser Einschätzung hält das RKI weiterhin fest. Es führt auf seiner Homepage zum Stand 20.10.2020 aus (Beitrag „Was ist beim Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Öffentlichkeit zu beachten?“, abrufbar unter https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Mund_Nasen _Schutz.html): 52 „Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt das generelle Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen weiteren Baustein, um den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren und somit Risikogruppen zu schützen. Diese Empfehlung beruht auf Untersuchungen, die belegen, dass ein relevanter Anteil von Übertragungen von SARS-CoV-2 unbemerkt erfolgt, d.h. zu einem Zeitpunkt vor dem Auftreten der ersten Krankheitszeichen. 53 Eine teilweise Reduktion der unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB könnte auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen. Dies betrifft die Übertragung im öffentlichen Raum, wo mehrere Menschen zusammentreffen und sich länger aufhalten (z.B. Arbeitsplatz) oder der physische Abstand von mindestens 1,5 m nicht immer eingehalten werden kann (z.B. Einkaufssituation, öffentliche Verkehrsmittel). Dies gilt auch bei Menschenansammlungen im Freien, wenn der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten wird. Das Tragen von MNB im öffentlichen Raum kann vor allem dann im Sinne einer Reduktion der Übertragungen wirksam werden, wenn möglichst viele Personen eine MNB tragen. 54 Das Tragen einer MNB trägt dazu bei, andere Personen vor feinen Tröpfchen und Partikeln die man z.B. beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstößt, zu schützen (Fremdschutz). Wichtig ist hierbei, dass Mund und Nase bedeckt sind. Für diesen Fremdschutz durch MNB gibt es inzwischen erste wissenschaftliche Hinweise. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Fremdschutzwirkung der MNB durch Ausatemventile reduziert wird. MNB mit Ausatemventil sind daher für die hier angestrebte Bestimmung grundsätzlich weniger geeignet. Der Eigenschutz durch MNB ist bisher wissenschaftlich nicht belegt.(...) 55 Der Einsatz von MNB kann andere zentrale Schutzmaßnahmen, wie die (Selbst-)Isolation von Infizierten, die Einhaltung der physischen Distanz von mindestens 1,5 m und von Hustenregeln und Händehygiene, sowie die Notwendigkeit des Lüftens nicht ersetzen, sondern ergänzt diese. Das situationsbedingte generelle Tragen von MNB (oder von MNS, wenn die Produktionskapazität dies erlaubt) in der Bevölkerung ist ein weiterer Baustein, um Übertragungen zu reduzieren (AHA-Regeln).“ 56 Für den Bereich von Schulen und dort insbesondere den Schulunterricht liegen gegenwärtig keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die es rechtfertigen würden, einer sog. Maskenpflicht dort die generelle Eignung zur Eindämmung des Infektionsgeschehens abzusprechen (vgl. insoweit bereits Senat, Beschl. v. 18.09.2020 - 1 S 2831/10 - juris). Das RKI führt in seiner Empfehlung „Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie“ vom 12.10.2020 (a.a.O.) aus, dass als Prävention- und Risikominderungsmaßnahme in Schulen insbesondere „Verhaltensmaßnahmen wie die AHA-Regeln (...): Abstand halten (auch im Unterricht), Hygieneregeln befolgen (Husten-/Nies- und Händehygiene) und das Tragen von Alltagsmasken, wenn der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann“ in Betracht kommt. Das entspricht der Einschätzung der Stellungnahme der Ad-hoc-Kommission SARS-CoV-2 der Gesellschaft für Virologie „SARS-CoV-2-Präventionsmassnahmen bei Schulbeginn nach den Sommerferien“ vom 06.08.2020 (a.a.O., m.w.N.), die zusammenfassend erklärt hat: „Die Evidenz zur Schutzwirkung bei konsequentem und korrektem Einsatz von Alltagsmasken hat in der Zwischenzeit zugenommen. Im Hinblick auf die reale Gefahr der Übertragung zwischen Schülern, die zum Zeitpunkt der Infektiosität (noch) keine Krankheitssymptome haben, sprechen wir uns aus alleiniger virologischer Sicht daher für das konsequente Tragen von Alltagsmasken in allen Schuljahrgängen auch während des Unterrichts aus.“ Zu im Wesentlichen der gleichen Einschätzung sind bereits im Mai 2020 die Verfasser der sog. „Heidelberg-Studie“ zum Infektionsgeschehen bei Kindern gelangt (a.a.O., m.w.N.: „As a countermeasure, strict ventilation of classrooms, not only between lessons but also within, should be implemented [...]. Additionally, face masks should be used in schools, both, inside and outside of classrooms. Based on our current study findings, we anticipate that transmission rates in schools and childcare facilities would remain low under such interventions [...].“) 57 Vor dem Hintergrund dieser den aktuellen Erkenntnis- und Forschungsstand berücksichtigenden und nachvollziehbar begründeten, im Wesentlichen übereinstimmenden Einschätzungen kann der Verordnungsgeber die Anordnung einer sog. Maskenpflicht im Schulunterricht derzeit ohne Rechtsfehler als geeignetes Mittel zur Unterbindung von Infektionsketten ansehen. 58 (c) Zur Erreichung des genannten Zieles ist das vom Verordnungsgeber gewählte Mittel eines grundsätzlichen Gebots zum Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen im Schulunterricht voraussichtlich auch erforderlich. 59 Ein Gesetz ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können, wobei dem Gesetzgeber auch insoweit ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.1984, a.a.O., und v. 09.03.1994, a.a.O., jeweils m.w.N.). Solche gleich wirksamen, aber weniger einschränkenden Mittel haben die Antragsteller nicht aufgezeigt und sind voraussichtlich auch sonst nicht erkennbar. 60 Die von den Antragstellern als Alternativen aufgezeigten Mittel, es für den Schulbereich bei den zuvor geltenden Regelungen insbesondere zur Einhaltung von Hygienevorgaben zu belassen, sind ersichtlich nicht im gleichen Umfang dazu geeignet, das Infektionsgeschehen einzudämmen, wie die Beibehaltung dieser Regelungen in Verbindung mit einer grundsätzlichen Maskenpflicht im Unterricht. 61 Das Gleiche gilt für ihre Erwägung, es sei ausreichend die Maskenpflicht im Unterricht nicht in allen Landesteilen, sondern nur in einzelnen besonders stark betroffenen Stadt- und Landkreisen anzuordnen, und/oder (gemeint wohl: noch gezielter) gegen potentielle Infektionsherde wie private Feiern vorzugehen. Solche Maßnahmen mögen ebenfalls geeignet sein, zur Erreichung des vom Verordnungsgeber verfolgten Ziels beizutragen. Der Verordnungsgeber überschreitet seinen Beurteilungsspielraum aber nicht, wenn er von der Annahme ausgeht, dass solche - und die weiteren derzeit in den Corona-Verordnungen angeordneten - Maßnahmen allein nicht ebenso wirksam sind wie die zusätzliche Anordnung einer Pflicht, Mund-Nasen-Bedeckungen im Schulunterricht zu tragen, in dem Menschen typischer- und vielfach notwendigerweise gehäuft und auf vergleichsweise engem, trotz Lüftens immer wieder geschlossenem Raum aufeinandertreffen und in dem sie deshalb besonderen Infektionsgefahren begründen sowie solchen Gefahren ausgesetzt sein können. 62 (d) Das von dem Verordnungsgeber zur Erreichung des genannten Zieles gewählte Mittel einer sog. Maskenpflicht im Schulunterricht stellt sich im Zeitpunkt der vorliegenden Senatsentscheidung auch als verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen) dar. 63 Der Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit der Antragsteller ist von gewissem Gewicht. Sie können am Schulunterricht jedenfalls grundsätzlich nicht teilnehmen, ohne zuvor eine Mund-Nasen-Bedeckung aufzusetzen und damit ihr Gesicht zu verdecken. Dadurch wird ihr Recht, das eigene äußere Erscheinungsbild nach eigenem Gutdünken selbstverantwortlich zu bestimmen, mit einigem Gewicht beeinträchtigt. Mit dieser Beeinträchtigung gehen Einschränkungen unter anderem in der Kommunikation und sozialen Interaktion aufgrund der Verdeckung des Gesichts und der Mimik sowie Erschwernisse bei der ungehinderten Atmung und damit unter Umständen dem Wohlbefinden während des Unterrichts einher. 64 Dem stehen jedoch die ebenfalls gravierenden Folgen für Leib und Leben einer Vielzahl vom Coronavirus Betroffener und die damit verbundene Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems Deutschlands gegenüber. Nach den seit Mitte März 2020 andauernden Beschränkungsmaßnahmen und einer zunächst merklichen Abnahme der Infektionsgeschwindigkeit (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.) besteht derzeit wieder die Gefahr, dass ohne weitere Maßnahmen die inzwischen wieder deutlich erhöhte Infektionsgeschwindigkeit sehr schnell weiter zunimmt, zurzeit noch in Grenzen bestehende Steuerungsmittel wie behördliche Kontaktnachverfolgungen wegfallen und es in der Folge zu einer Überlastung des Gesundheitswesens kommt (vgl. oben und zur Lage im April 2020 bereits Senat, Beschl. v. 09.04.2020 - 1 S 925/20 -, v. 28.04.2020 - 1 S 1068/20 -, und v. 30.04.2020 - 1 S 1101/20 -, je m.w.N.). Das RKI hat am 22.10.2020 für Baden-Württemberg einen Anstieg von 1.438 und für die Bundesrepublik von 11.287 gemeldeten Neuinfektionsfällen im Vergleich zum Vortag verzeichnet (vgl. „COVID-: Fallzahlen in Deutschland“, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html). Die Anzahl der Landkreise mit einer erhöhten 7-Tage-Inzidenz von insgesamt mehr als 25 Fällen pro 100.000 Einwohner steigt gegenwärtig weiter an und ist mittlerweile auf 285 Stadt- und Landkreise gestiegen. Seit Anfang September nimmt zudem der Anteil älterer - besonders gefährdeter und deshalb auch für die Auslastung des Gesundheitssystems besonders relevanter - Personen unter den COVID-19-Fällen wieder zu. Das RKI geht vor diesem Hintergrund derzeit zusammenfassend und nachvollziehbar davon aus, dass aktuell ein beschleunigter Anstieg der Übertragungen in der Bevölkerung in Deutschland zu beobachten ist, und appelliert daher „dringend (dafür), dass sich die gesamte Bevölkerung für den Infektionsschutz engagiert“ (vgl. RKI, Lagebericht vom 21.10.2020, zuletzt abgerufen am 22.10.2010 über https://www.rki.de). Bei diesem Sachstand weist das mit § 6a Satz 1 CoronaVO verfolgte Ziel derzeit ein solches Gewicht und eine solche Dringlichkeit auf, dass sich die Bestimmung mit der sog. Maskenpflicht im Schulunterricht auch unter Berücksichtigung des von ihr bewirkten Eingriffs in das jeweilige Grundrecht der Antragsteller aus Art. 2 Abs. 1 GG gegenwärtig voraussichtlich als verhältnismäßig im engeren Sinne erweist. 65 Das gilt umso mehr, als die nachteiligen Folgen für die Betroffenen dadurch etwas abgemildert werden, dass die Vorschrift nicht uneingeschränkt gilt, sondern räumliche und gegenständlichen Ausnahmen enthält sowie unter einem Zumutbarkeitsvorbehalt steht (vgl. § 6a Nr. 1 Satz 2 bis 4 und § 1 Abs. 3 Satz 2 CoronaVO Schule, ferner § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 20 CoronaVO). Hinzu kommt, dass die Maßnahme nur einen räumlich und zeitlich wenn auch nicht unerheblichen, so doch beschränkten Teilbereich des öffentlichen Lebens betrifft. Außerdem können Eltern, die nicht wollen, dass ihr Kind am Präsenzunterricht teilnimmt, dies der Schule gegenwärtig - auch nach erklärter Auffassung des Kultusministeriums (vgl. https://km-bw.de/,Lde/Startseite/Ablage+Einzelseiten+gemischte+Themen/FAQ+Corona) - weiterhin formlos anzeigen und auf diese Weise dem mit der Maskenpflicht bewirkten Grundrechtseingriff - wenn auch unter Inkaufnahme anderer Nachteile - grundsätzlich ausweichen. Für Schülerinnen und Schüler, die nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, findet Fernunterricht nach § 2 Abs. 8 CoronaVO Schule statt (s. dazu bereits Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.). 66 Zur Angemessenheit von § 6a Satz 1 CoronaVO Schule trägt weiter bei, dass die Anordnung der sog. Maskenpflicht im Unterricht in § 6a Satz 1 CoronaVO Schule einen Mechanismus enthält, der gewährleistet, dass die Pflicht bei einem Unterschreiten des dortigen Grenzwerts betreffend die sog. 7-Tages-Inzidenz ipso iure außer Kraft tritt. Die Vorschrift unterliegt außerdem als dauerhaft eingreifende Maßnahme der Verpflichtung der Landesregierung zur fortlaufenden Überprüfung, insbesondere wie wirksam die Maßnahme im Hinblick auf eine Verlangsamung der Verbreitung des Coronavirus ist und wie sie sich für die Betroffenen auswirkt. Dass sie dieser Verpflichtung im Schulbereich bislang nicht nachgekommen ist, ist vor dem Hintergrund ihres Rahmenkonzepts zur stufenweisen Wiederaufnahme des Schulbetriebs und für ein „Schuljahr unter Pandemiebedingungen“ sowie angesichts des Umstandes, dass sie auf im Sommer gesunkene Infektionszahlen erwiesenermaßen mit milderen Maßnahmen („Lockerungen“) zur Gewährleistung eines wieder uneingeschränkteren Schulbetriebs reagiert hat, nicht ersichtlich (vgl. näher dazu zum Stand September 2020 Senat, Beschl. v. 18.09.2020, a.a.O.). 67 (2) Ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht der Antragsteller auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) liegt aller Voraussicht ebenfalls nicht vor. 68 Anhaltspunkte für eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergeben sich insbesondere nicht aus ihrem Vortrag, es sei ihnen nicht mehr möglich, gesunde, sauerstoffreiche Luft zu atmen, und sie müssten ständig sauerstoffarme und kohlendioxidhaltige Luft einatmen, wenn sie über mehrere Schulstunden hinweg eine Mund-Nasen-Bedeckung im Unterricht tragen müssten. Es ist weder mit ihrem diesbezüglichen, nicht weiter substantiierten Vortrag dargelegt noch sonst erkennbar, dass die Verwendung der genannten Bedeckung, die im Rahmen der oben zitierten Ausnahmebestimmungen über einen Schultag verteilt auch immer wieder abgesetzt werden kann, bei sachgemäßem Gebrauch ernsthafte Gesundheitsrisiken für gesunde Normadressaten begründen könnte. Hygienische Bedenken, die sich aus der Nutzung der eigenen Mund-Nasen-Bedeckung ergeben können, dürfte jeder Träger selbst hinreichend beeinflussen können (vgl. insoweit NdsOVG, Beschl. v. 05.05.2020, a.a.O.). Soweit es Normadressaten im Einzelfall, etwa aufgrund krankheitsbedingter Vorbelastungen der Atemwege, aus medizinischen Gründen unzumutbar ist, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, sind sie bereits tatbestandlich aus dem Anwendungsbereich des § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule ausgenommen (vgl. erneut § 1 Abs. 3 Satz 1 CoronaVO Schule i.V.m. § 3 Abs. 2 Nr. 2 CoronaVO). 69 (3) Ein verfassungswidriger Eingriff in das grundrechtlich geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsteller (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) liegt aller Voraussicht nach nicht vor. 70 Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insbesondere das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen über die Darstellung des persönlichen Lebens- und Charakterbildes (BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020 - 2 BvR 1333/17 - NJW 2020, 1049). Der Einzelne soll selbst darüber befinden dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will und was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmachen soll (BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020, a.a.O., und v. 03.11.1999 - 2 BvR 2039/99 - NJW 2000, 1399). In diesen Schutzbereich greift der Antragsgegner mit § 6a Nr. 1 CoronaVO ein. Denn den Antragstellern wird damit vorgegeben, im Schulunterricht ihr Gesicht teilweise hinter einer Maske zu verbergen. Damit wird ihre als Ausdruck ihrer persönlichen Identität zu respektierende Entscheidung, ihr Gesicht in der Öffentlichkeit nicht zu verhüllen, beeinträchtigt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.01.2020, a.a.O., zum Tragen eines Kopftuchs). Dieser Eingriff ist aber aus den oben zum Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit genannten (1), insoweit entsprechend geltenden Gründen verfassungsrechtlich gerechtfertigt, insbesondere verhältnismäßig. 71 (4) Gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule aller Voraussicht nach ebenfalls nicht. Insbesondere verletzt diese Vorschrift den allgemeinen Gleichheitssatz nicht dadurch, dass sie Landkreise, in denen die Anzahl der Neuinfektionen in den jeweils vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner die Zahl von 35 überschritten hat, mit solchen gleichbehandelt, in denen diese Grenze (noch) nicht überschritten wurde, indem sie auf den landesweiten Durchschnitt abstellt und bei einer Überschreitung für alle Stadt- und Landkreise eine grundsätzliche Maskenpflicht im Unterricht in den von ihr erfassten Schulen anordnet. 72 Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, „wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt“ (vgl. stRspr; vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 05.10.1993 - 1 BvL 34/81 - BVerfGE 89, 132 <141>). Weiterhin ist der allgemeine Gleichheitssatz auch dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall das Willkürverbot oder das Gebot verhältnismäßiger Gleichbehandlung durch den Gesetzgeber verletzt ist, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur bezogen auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (BVerfG, Beschl. v. 18.07.2005 - 2 BvF 2/02 - BVerfGE 113, 167 m.w.N.). Die Regelungen der Landesregierung haben sich dabei an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG auszurichten, wenn sie Gleich- oder Ungleichbehandlungen vornehmen (vgl. Senat, Beschl. v. 30.04.2020, a.a.O.; Beschl. v. 20.05.2020 - 1 S 1442/20 -). 73 Von diesen Maßstäben ausgehend, begründet § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule voraussichtlich keine verfassungswidrige Gleichbehandlung. Es bedarf keiner Entscheidung, ob es bei dem derzeitigen Stand und vor allem der aktuellen Geschwindigkeit des Infektionsgeschehens gegenwärtig noch vertretbar wäre, Landkreise, deren 7-Tages-Inzidenz unter dem Schwellenwert von 35 Fällen liegt, und solche, bei denen dies nicht mehr der Fall ist, als „wesentlich“ ungleich einzuordnen, obwohl die Anzahl der Landkreise mit einer erhöhten 7-Tages-Inzidenz, zurzeit, wie gezeigt, schnell ansteigt (vgl. erneut RKI, Lagebericht vom 21.10.2020) und sich Infektionsgeschehen auf dem Gebiet einzelner Kommunalkörperschaften in kürzester Zeit ausbreiten können (vgl. exemplarisch zur Entwicklung im bayerischen Landkreis Berchtesgadener Land https://www.lra-bgl.de/). Jedenfalls ist die Gleichbehandlung der von den Antragstellern vergleichend gegenübergestellten Stadt- und Landkreise verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Diese Gleichbehandlung beruht auf vernünftigen und sachlich einleuchtenden Gründen. Die von den Antragstellern befürwortete, an Stadt- oder Landkreisgrenzen orientierte Betrachtung würde dem tatsächlichen Infektionsgeschehen, das sich nicht nach solchen Grenzen richtet, ersichtlich nicht gerecht. Die dem aktuellen Anstieg der Infektionszahlen zugrundeliegende Entwicklung hat gezeigt, dass sich Infektionen inzwischen vielfach diffus ausbreiten und Stadt- und Kreisgrenzen in teils kürzester Zeit überschreiten. Eine auf solche Grenzen blickende Betrachtung würde zudem nicht ausreichend in den Blick nehmen, dass Schüler und Lehrer solche Grenzen in vielen Fällen täglich überschreiten. Vor diesem Hintergrund hat der Antragsgegner den im Rahmen von Art. 3 Abs. 1 GG bestehenden Rahmen für typisierende Betrachtungsweisen bei der Schaffung von § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule nicht überschritten. 74 b) Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in Bezug auf § 6a Nr. 1 CoronaVO Schule auch nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO geboten. 75 Dies folgt bereits daraus, dass ein Normenkontrollantrag, wie gezeigt, voraussichtlich unbegründet ist. In einem solchen Fall ist - wie oben dargelegt - der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Unbeschadet dessen ist eine erhebliche, die von dem Antragsgegner vorgebrachten Interessen des Schutzes von Leib und Leben überwiegende Beeinträchtigung der Belange der Antragsteller nicht ersichtlich. Die bestehenden Einschränkungen sind ihnen im Rahmen der gebotenen Abwägung gegenwärtig zumutbar. 76 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2, § 39 Abs. 1 GKG. Für eine Halbierung des Auffangstreitwerts bestand im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen der weitgehenden Vorwegnahme der Hauptsache kein Anlass. 77 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Tenor 1. Die aufschiebende Wirkung der am 19. Oktober 2020 erhobenen Klage gleichen Rubrums mit dem Aktenzeichen 7 K 2554/20 gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 14. Oktober 2020 wird angeordnet, soweit dort unter Ziffer IV für öffentliche Vergnügungsstätten eine Sperrstunde für 24.00 Uhr angeordnet wurde. 2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt. 1Der Antrag ist zulässig und begründet. Insbesondere ist durch die Erklärung der Antragsgegnerin vom 20. Oktober 2020, wonach aus Ziffer IV der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung keine Vollstreckungsmaßnahmen hergeleitet werden, nicht das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Der Erklärung lässt sich nicht entnehmen, ob sie für die Dauer des gesamten Klageverfahrens abgegeben wurde oder nur für das Eilverfahren. Auch angesichts dessen, dass ein Verstoß gegen die Regelungen der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung bußgeldbewehrt ist, ist von einem fortbestehenden Rechtsschutzbedürfnis auszugehen. 2Im Rahmen der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung. Die Anordnung einer Sperrstunde auf 24.00 Uhr für öffentliche Vergnügungsstätten stellt sich als voraussichtlich rechtswidrig dar. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Anordnung einer Sperrstunde für sämtliche öffentliche Vergnügungseinrichtungen erforderlich ist, um eine Eindämmung der Pandemie durch Reduzierung der Neuinfektionen zu erreichen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass öffentliche Vergnügungsstätten generell unter den bislang geltenden Schutz- und Hygienemaßnahmen einen derart wesentlichen Anteil am Infektionsgeschehen gehabt haben, dass die Anordnung einer Sperrstunde erforderlich wäre. Die Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (Coronaschutzverordnung - CoronaSchVO) sieht vorbeugende Maßnahmen, wie die Erarbeitung und Implementierung von Schutz- und Hygienekonzepten vor. So sind Spielhallen, die unter den Begriff der öffentliche Vergnügungsstätte fallen, durch § 10 Abs. 7 CoronaSchaVO verpflichtet, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um die Sicherheit der Benutzer zu gewährleisten. Dass derartige Konzepte, nicht ausreichend sein sollen, um die Bevölkerung vor Neuinfektionen zu schützen, wurde von der Antragsgegnerin weder dargelegt, noch ist dies sonst ersichtlich. Vielmehr stellte das Robert-Koch-Institut in seinem Epidemiologischen Bulletin Nr. 38/2020 vom 17. September 2020, für Gaststätten fest, dass diese als Infektionsumfeld eine untergeordnete Rolle spielen. Warum dies für öffentliche Vergnügungsstätten, wie Spielhallen, in denen ein geselliges Zusammensein von untergeordneter Bedeutung ist und der Einzelne sich in aller Regel auf das Spiel bzw. die Bedienung von Spielautomaten fokussiert, anders sein sollte, ist nicht hinreichend dargelegt und erschließt sich auch sonst nicht. Vielmehr ist es in einer Vielzahl öffentlicher Vergnügungsstätten möglich, Mindestabstände und sonstige Hygienemaßnahmen einzuhalten. Eine pauschale Anordnung einer Sperrstunde erscheint mithin nicht erforderlich bzw. angemessen. 3Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.
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Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück - 3. Kammer - vom 16. Oktober 2020 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt. Gründe 1 I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 16. Oktober 2020 bleibt ohne Erfolg. 2 1. Mit diesem Beschluss hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 1. Alt. VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage 3 A 170/20 der Antragstellerin gegen das im Bescheid des Antragsgegners vom 12. Oktober 2020 enthaltene, bis einschließlich 22. Oktober 2020 geltende Gebot einer Absonderung in häuslicher Quarantäne anzuordnen, welchem gemäß §§ 28 Abs. 3, 16 Abs. 8 IfSG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kraft Gesetzes sofortige Vollziehbarkeit zukommt. 3 Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das öffentliche Vollzugsinteresse überwiege das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. In der Hauptsache bestünden keine Erfolgsaussichten. Aller Voraussicht nach sei die Verfügung rechtmäßig, denn sie könne auf § 30 Abs. 1 Satz 2, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG gestützt werden, deren formelle und materielle Voraussetzungen bei summarischer Prüfung vorlägen. Es spreche mehr dafür, dass die Antragstellerin als Lehrerin, die (am 7. und 8. Oktober 2020) in einem Klassenraum ihrer Schule eine 6. Klasse unterrichtet habe, zu der auch ein positiv auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 getesteter Schüler gehört habe, in Anwendung der Erkenntnisse und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) wegen der relativ beengten Raumsituation oder der schwer überschaubaren Kontaktsituation in Klassenräumen als „Kontaktperson der Kategorie I“ (Person mit einem höheren Infektionsrisiko) und damit als Ansteckungsverdächtige im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG anzusehen sei, so dass der Tatbestand der Rechtsgrundlage erfüllt werde. Die von der Antragstellerin beschriebenen konkreten Umstände der Unterrichtssituation (regelmäßiges Lüften des Klassenraums, Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei der Bewegung im Raum, Einhaltung eines Abstands von 1,5 m zu den Schülern, kein „face-to-face“-Kontakt mit dem infizierten Schüler) änderten an dieser Bewertung nichts, weil es angesichts der geschilderten Situation des engeren Kontakts zu einer nachweislich infizierten Person nicht auf eine individuelle Risikoermittlung ankomme. Auch das von der Antragstellerin vorgelegte erste negative Testergebnis (vom 11. Oktober 2020) führe mit Blick auf die bis zu 14 Tage umfassende Inkubationszeit der durch das Virus ausgelösten COVID-19-Erkrankung, die noch bis einschließlich 22. Oktober 2020 andauere, zu keinem anderen Ergebnis. Ermessensfehler, insbesondere eine Unverhältnismäßigkeit des mit der Quarantäneanordnung verbundenen Eingriffs in Rechtspositionen der Antragstellerin, lägen nicht vor. Selbst wenn die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage offen wären, führte eine Folgenabwägung gerade vor dem Hintergrund der aktuell deutlich gestiegenen Infektionszahlen zu einem Überwiegen des Gesundheitsschutzes für dritte Personen gegenüber dem Interesse der Antragstellerin an einer Verschonung von der vorübergehenden Quarantäne. 4 2. Die hiergegen von der Antragstellerin dargelegten (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) Beschwerdegründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren zu beschränken hat, greifen nicht durch und gebieten daher eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne des Begehrens der Antragstellerin nicht. 5 a) Die von §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG tatbestandlich (mindestens) verlangte Einstufung der Antragstellerin als Ansteckungsverdächtige im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG (vgl. zum Begriff Senatsbeschl. v. 11.5.2020 - 13 MN 143/20 -, juris Rn. 24 f.) - Kontaktperson der Kategorie I - durch das Verwaltungsgericht dem Grunde nach ist entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht zu beanstanden. 6 Die Antragstellerin bekämpft diese Einstufung im Wesentlichen mit dem Argument, nicht jede Person, die mit Kitagruppen und Schulklassen in Kontakt stehe, könne unabhängig von einer individuellen Risikoermittlung dieser Kategorie zugeordnet und damit als ansteckungsverdächtig im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG angesehen werden. Eine „schwer überschaubare Kontaktsituation“ im Sinne der RKI-Richtlinien habe hier nicht vorgelegen. Im Unterschied zu (in der Regel ungesteuerten und unüberblickbaren) langandauernden Kontakten zwischen Schülern derselben Schulklasse untereinander befänden sich Lehrer nur eine begrenzte Zeit lang mit den Schülern in einem Raum und könnten in der Regel auch ihre Kontakte - namentlich zu infizierten Schülern - überklicken und steuern. So sei es auch im vorliegenden Fall geschehen, wie die Schilderung in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2020 belege. Aus den dort mitgeteilten, für glaubhaft erachteten Tatsachenbehauptungen zum Unterrichtsgeschehen am 7. und 8. Oktober 2020 habe das Verwaltungsgericht unzutreffende rechtliche Schlussfolgerungen gezogen. Weil sie nach alledem nicht der Kategorie I zuzuordnen sei, müsse ihre individuelle Risikosituation ermittelt werden. Danach ergebe sich angesichts der Einhaltung sämtlicher Hygienevorgaben allenfalls ein geringes Ansteckungsrisiko und damit gerade kein Ansteckungsverdacht. 7 Diese Argumentation führt nicht zum Erfolg. Sie übersieht bereits, dass das Verwaltungsgericht bei Lichte besehen zur Annahme eines höheren Infektionsrisikos auch ohne eine individuelle Risikoermittlung in erster Linie nicht wegen einer „schwer zu überblickenden Kontaktsituation“ mit dem später als infiziert identifizierten Schüler, sondern schon aufgrund der längeren Dauer eines Verweilens der Antragstellerin gemeinsam mit diesem Schüler (mindestens zwei Unterrichtsstunden à 45 Minuten und damit mehr als 30 Minuten lang) im geschlossenen, typischerweise kleinen Klassenzimmer (das heißt in einer „relativ beengten Raumsituation“) gelangt ist. Hiermit setzt sich die Beschwerdebegründung nicht zureichend auseinander. Zu Recht betont der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren, dass diese Fallgruppe alternativ zu der von der Beschwerde verneinten anderen Fallgruppe einer „Unüberschaubarkeit der Kontaktsituation“ im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus über eine hohe Konzentration infektiöser Aerosole in der Räumlichkeit auch unter den Bedingungen der Einhaltung von Abständen und Lüftungsvorgaben sowie des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung zu einem höheren Infektionsrisiko führen kann. Der gemeinsame Aufenthalt mit einer Schulklasse im Klassenraum wird denn auch vom RKI, das nach § 4 IfSG zur wissenschaftlichen Beratung der Bundes- und Landesbehörden berufen ist, als Beispiel für die Bejahung eines Ansteckungsverdachts im Sinne einer Qualifizierung als Kontaktperson der Kategorie I genannt, für die eine häusliche Absonderung für 14 Tage (Quarantäne) empfohlen wird (vgl. RKI, Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei Infektionen durch SARS-CoV-2, Stand: 19.10.2020, Punkt 2.1.B., im Internet abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html). Eine von der Antragstellerin hier verneinte „face-to-face“-Begegnung mit dem infizierten Schüler (von mindestens 15 Minuten Dauer) im Nahfeld (enger Kontakt im Sinne des RKI, a.a.O., Punkt 2.1.A) ist dabei nicht (mehr) erforderlich (vgl. VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 16.9.2020 - 20 L 1257/20 -, juris Rn. 38). Ist bei dem beschriebenen „setting“ im geschlossenen Klassenraum - dessen Vorliegen gerade auch durch die Angaben der Antragstellerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 15. Oktober 2020 zum konkreten Unterrichtsgeschehen am 7. und 8. Oktober 2020 erhärtet wird - eine Mindestdauer von mehr als 30 Minuten einmal erreicht worden, dürfte es entgegen der Ansicht der Beschwerde für die Bejahung eines Ansteckungsverdachts bei der Antragstellerin auch ohne Bedeutung sein, ob Schüler derselben Klasse in zeitlich noch höherem Umfang Kontakt zu dem infizierten Schüler hatten als die Antragstellerin in ihrer Funktion als Lehrerin. Dass es sich vorliegend bei dem Klassenzimmer, in dem die Antragstellerin am 7. und 8. Oktober 2020 auch den infizierten Schüler unterrichtet hat, vom Regelfall abweichend um einen sehr großen Raum gehandelt habe, in dem von einer „relativ beengten Raumsituation“ (RKI, a.a.O.) und damit von einer potentiell hohen infektiösen Aerosolkonzentration nicht mehr gesprochen werden könnte, legt die Antragstellerin nicht dar und ist auch für den Senat nicht offensichtlich. 8 b) Der von der Beschwerde (hilfsweise) gegen ein Fortbestehen der Eigenschaft als Kontaktperson der Kategorie I und damit letztlich gegen die Rechtmäßigkeit der Fortdauer der Absonderung in häuslicher Quarantäne ins Feld geführte Umstand, dass die Antragstellerin während der Quarantänezeit bezogen auf das Corona-Virus nunmehr zwei negative Testergebnisse im Abstand von fünf Tagen (v. 11. und 16.10.2020) aufgewiesen und vorgelegt hat, bleibt ohne Auswirkung. 9 Mit der schlichten Behauptung, nach den hier gewählten Testintervallen, die der Antragsgegner durch seinen Bescheid vom 12. Oktober 2020 im Rahmen der darin auch angeordneten Beobachtung nach § 29 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 IfSG selbst vorgegeben habe, sei angesichts zweier Negativtests „ein Ausbruch der Erkrankung [gemeint: COVID-19] nicht mehr zu erwarten“, setzt sich die Beschwerdebegründung nicht hinreichend mit der - bei summarischer Prüfung nachvollziehbaren - Prämisse des Verwaltungsgerichts auseinander, diese Erkrankung weise eine Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen auf, während derer potentielle Infektiosität bestehe, so dass ungeachtet früherer Negativtests auch noch am letzten Tag dieses Zeitraums ein Auftreten von Krankheitszeichen, ein (erstmaliger) positiver Nachweis des Corona-Virus und eine Ansteckung anderer Personen möglich seien. Diese Prämisse des Verwaltungsgerichts und ihre Konsequenzen für die Dauer einer Quarantäne von vollen 14 Tagen werden auch vom RKI vertreten (vgl. Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei Infektionen durch SARS-CoV-2, a.a.O., Punkte 1.1, 2.1; Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19), Stand: 16.10.2020, Punkt 5. (95. Perzentil der Inkubationszeit liegt bei 10 bis 14 Tagen) und Punkt 10., im Internet abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html) und sind in der bisher veröffentlichten verwaltungsgerichtlichen Judikatur nahezu einhellig geteilt worden (vgl. VG Düsseldorf, Beschl. v. 30.9.2020 - 7 L 1939/20 -, juris Rn. 24; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 16.9.2020, a.a.O., Rn. 52 f.; VG Regensburg, Beschl. v. 3.9.2020 - RN 14 S 20.1917 -, juris Rn. 44; a.A. zu den Konsequenzen wohl VG Schleswig, Beschl. v. 27.8.2020 - 1 B 111/20 -, juris Rn. 41 bis 43: 10 bis 12 Tage Absonderung seien ausreichend). Angesichts des letzten Kontakts der Antragstellerin mit dem infizierten Schüler am 8. Oktober 2020 hat dieser Zeitraum hier am 9. Oktober 2020 um 0.00 Uhr begonnen; er wird erst am 22. Oktober 2020, 24.00 Uhr enden. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht daher entschieden, eine negative Testung während der Inkubationszeit könne das Gesundheitsmonitoring nicht aufheben und die Quarantänezeit nicht ersetzen oder verkürzen (so auch RKI, Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei Infektionen durch SARS-CoV-2, a.a.O., Punkt 2.1.B.), so dass es eine sog. „Freitestung“ in diesem Zusammenhang nicht gibt. Denn ein negatives Testergebnis trägt nicht mit hinreichender Sicherheit die Annahme, die in Quarantäne genommene Person sei nicht mehr ansteckungsverdächtig (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 23.9.2020 - 6 L 1001/20 -, juris Rn. 20). 10 Dadurch, dass der Antragsgegner die beiden Tests in seinem Bescheid vom 12. Oktober 2020 verpflichtend vorgeschrieben hat, setzt er sich entgegen der Beschwerde nicht in Widerspruch zur Aufrechterhaltung der Quarantäne. Plausibel erscheint dem Senat die Argumentation des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren, die Testanordnung nach § 29 Abs. 2 Satz 1 IfSG verfolge ein anderes Ziel, nämlich bei einem positiven Testergebnis (insbesondere asymptomatisch) Infizierter während deren Quarantäne die Entscheidung über die Kontaktnachverfolgung und Beobachtungs- und Absonderungsmaßnahmen für dritte (Kontakt-)Personen zu ermöglichen und vorzubereiten, während negativen Testergebnissen vor dem Ende der Inkubationszeit für eine Verkürzung der Quarantänezeit des von ihr Betroffenen keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. 11 c) Des Weiteren dringt die Antragstellerin mit ihrem Einwand nicht durch, die Quarantäneanordnung vom 12. Oktober 2020 leide gemessen an der Rechtsfolgenseite der §§ 30 Abs. 1 Satz 2, 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG entgegen der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung an einem Ermessensfehler im Sinne der §§ 40 VwVfG, 1 Abs. 1 NVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO. 12 Die zunächst geltend gemachte Ermessensunterschreitung (ein Ermessensnichtgebrauch oder -ausfall) liegt ersichtlich nicht vor, weil der Antragsgegner das Bestehen seines Ermessensspielraums nach § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG („kann angeordnet werden“) erkannt und das Ermessen ausweislich Seiten 3 f. seines Bescheides auch ausgeübt hat. Ein des Weiteren gerügter Ermessensfehlgebrauch oder eine (konkrete) Ermessensüberschreitung in Gestalt einer Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme sind nicht ausreichend dargelegt. Die Rüge, wesentliche Ermessenserwägungen seien in die Entscheidung über die (gemeint: weitere Aufrechterhaltung der) Quarantäne nicht eingeflossen, weil in demselben Bescheid zwar zwei Testungen auf eine Infektion mit dem Corona-Virus angeordnet worden seien, deren Ergebnisse jedoch keine Auswirkungen auf die Dauer der Quarantäne haben sollten, verfängt aus den oben unter I. 2. b) genannten Gründen nicht. Die Quarantäne muss danach gerade nicht automatisch dann enden, wenn beide Tests ein negatives Ergebnis haben, wie es der Antragstellerin aber offenbar vorschwebt. Erst recht musste der Bescheid nicht schon bei seinem Erlass nach Art eines in eine auflösende Bedingung gekleideten Algorithmus‘ ein automatisches Ende der Quarantäne für den Fall regeln, dass Voraussetzungen für ihre Anordnung zukünftig wegfallen oder sie unverhältnismäßig wird. Vielmehr wäre die Absonderungsanordnung als Dauerverwaltungsakt in einem solchen - hier nicht einschlägigen Fall - schlicht ex nunc aufzuheben bzw. zu suspendieren. 13 d) Schließlich führt die Rüge der Antragstellerin, die bei offenen Erfolgsaussichten gebotene Folgenabwägung (im Rahmen der sog. „Doppelhypothese“) gehe zugunsten ihres Interesses an einer einstweiligen Verschonung von der Quarantäne aus, nicht zum Erfolg. Abgesehen davon, dass die Erfolgsaussichten der Klage 3 A 170/20 nach den bisher gemachten Ausführungen nicht offen sind, teilt der Senat die als Begründung für das postulierte Abwägungsergebnis gegebene Einschätzung der Antragstellerin, sie trage nach dem zweiten negativen Test vom 16. Oktober 2020 derzeit „gesichert nicht zur Ausbreitung des Virus bei“, aus den unter I. 2. b) genannten Gründen nicht. 14 II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. 15 III. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG und Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NordÖR 2014, 11). 16 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).   Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );" onmouseout="UnTip()"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie genau dieses Dokument verlinken möchten:http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE200004020&psml=bsndprod.psml&max=true
{ "jurisdiction": "Germany", "type": "caselaw", "language": "de" }
Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt. Gründe 1 Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. 2 Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn der Antragsteller darlegt, dass ihm ein Anspruch auf ein bestimmtes Handeln zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss, weil ihm ansonsten unzumutbare Nachteile entstehen (Anordnungsgrund). Der Antragsteller hat Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). 3 Es besteht gegenwärtig zumindest kein Anordnungsgrund, also kein Bedürfnis für eine gerichtliche Eilentscheidung. Jedenfalls seit dem Zeitpunkt, seit dem der Antragsteller nur noch ein Mitglied, nämlich den Vorsitzenden, hat, ist nicht mehr ersichtlich, dass ein Bedürfnis für eine Regelung der Nutzung von Hallenzeiten bis zum Erlass des – nach unwidersprochenen Vortrag der Antragsgegnerin – in der Bearbeitung befindlichen aktualisierten Wochenbelegungsplans besteht. Das Bedürfnis für eine Halle für Trainingszeiten bei nur einem Mitglied bis zum Erlass eines neuen Hallenwochenbelegungsplans ist insofern nicht hinreichend substantiiert dargelegt bzw. glaubhaft gemacht. Es ist schon nicht substantiiert vorgetragen, warum ein Eilbedürfnis für eine Hallennutzung bis zum Erlass eines neuen Wochennutzungsplans beim aktuell vorgetragenen Mitgliederbestand erforderlich ist. Dass der Antragsteller zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund der Austritte in seiner Existenz bedroht ist und eine solche Bedrohung durch eine Bewilligung von Hallenzeiten in dem Zeitraum bis zum Erlass eines neuen Wochenbelegungsplans abgewendet werden könnte, hat der Antragsteller auch nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, vor allem aber nicht glaubhaft gemacht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass ein Verein, der weniger als drei Mitglieder hat, entweder auf Antrag des Vorstandes oder nach Ablauf von drei Monaten von Amts wegen nach Anhörung des Vorstandes durch das Amtsgericht aus dem Vereinsregister zu löschen ist (vgl. § 78 Abs. 1 BGB). Es ist aus dem Vortrag des Antragstellers schon nicht hinreichend zu entnehmen, dass bei einem unterstellten Erfolg des vorliegenden Antrages vor Ablauf der Frist des § 78 Abs. 1 BGB und der Verwirklichung der Gefahr einer Löschung aus dem Vereinsregister – sowie letztlich auch vor Erlass eines neuen Wochenbelegungsplans – wieder hinreichend Vereinsmitglieder eintreten würden. Zwar trägt er vor, dass ihm mitgeteilt worden sei, dass die ausgetretenen Mitglieder bei Vergabe einer Hallenzeit wieder eintreten würden. In welchem Zeitrahmen dies erfolgen sollte – also insbesondere, ob dies überhaupt vor dem Erlass eines neuen Wochenbelegungsplans geschehen würde –, ist aber nicht ersichtlich. In jedem Fall hat er den angekündigten Wiedereintritt auch nicht innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist hinreichend glaubhaft gemacht. Zwar hat der Vorstand des Antragstellers an Eides statt versichert, dass die Ausführungen in den den Antrag begründenden Schriftsätzen zur Situation der Mitgliedschaft des Antragstellers zutreffend wiedergegeben worden seien. Dies stellt aber keine hinreichende Glaubhaftmachung für die wiedergegebenen Aussagen der ausgetretenen Mitglieder dar. Zum einen bezieht sich die eidesstaatliche Versicherung vom Wortlaut schon gar nicht auf die Angaben der ausgetretenen Mitglieder. Doch selbst, wenn es so wäre, wäre die eidesstattliche Versicherung nicht zur Glaubhaftmachung dieser Äußerungen geeignet, da der Vorsitzende des Antragstellers allenfalls den Inhalt von Äußerungen von Dritten, aber nicht die tatsächlichen inneren Ansichten der Erklärenden an Eides statt versichern kann. Eine eidesstattliche Versicherung über Umstände, die nicht selbst wahrgenommen wurden – wie etwa innere Beweggründe – ist zur Glaubhaftmachung ungeeignet (vgl. Bacher, in: Vorwerk/Wolff, BeckOK ZPO, Stand 1.9.2020, § 294 Rn. 12 m.w.N.). 4 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 5 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Die Kammer hat den vollen Auffangstreitwert (5.000,00 €) eines möglichen Hauptsacheverfahrens angesetzt. Eine Halbierung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kommt nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts mangels gesetzlichem Anhalt nicht in Betracht (Beschluss vom 13. Januar 2020 – 4 O 2/20 –).
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Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 427.169,86 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.04.2020 zu bezahlen. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. 5. Der Streitwert wird auf 427.169,86 € festgesetzt. Tatbestand Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung vor dem Hintergrund der Corona-Krise. Die Klägerin betreibt die Gaststätte ... Zwischen den Prozessparteien besteht gemäß Versicherungsschein Nr. ... für das Restaurant mit Biergarten, Veranstaltungsräumen und Picknickkorb-Catering eine Betriebsschließungsversicherung. Vereinbart ist bis zur Dauer von 30 Schließtagen für die Monate Oktober bis März eine Tagesentschädigung in Höhe von 4.000 EUR, für die Saisonmonate April bis September eine Tagesentschädigung in Höhe von 20.000 EUR. Weiterhin ist ein Warenschaden bis 10.000 EUR versichert. Ergänzend wird auf den Versicherungsschein vom 31.01.2013 (Anlage K 1) Bezug genommen. Einen Ruhetag gibt es im klägerischen Betrieb nicht. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Betriebsschließung ... - Stand 01.01.2012 (...) der Beklagten zugrunde (Anlage K 8). In § 1 ist folgendes geregelt: § 1 Gegenstand der Versicherung, versicherte Gefahren 1. Versicherungsumfang Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) a) den versicherten Betrieb […] schließt; […]. 2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: a) Krankheiten - Botulismus - Cholera - Diphtherie - akute Virushepatitis - enteropathisches hämolytischurämisches Syndrom (HUS) - virusbedingtes hämorrhagisches Fieber - Masern - Meningokokken-Meningitis oder -Sepsis - Milzbrand - Poliomyelitis (als Verdacht gilt jede akute schlaffe Lähmung, außer wenn traumatisch bedingt) - Pest - Tollwut - Tuberkulose - Typhus abdominalis/Paratyphus - mikrobiell bedingte Lebensmittelvergiftung - akute infektiöse Gastroenteritis - der Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung - die Verletzung eines Menschen durch ein tollwutkrankes, -verdächtiges oder -ansteckungsverdächtiges Tier sowie die Berührung eines solchen Tieres oder Tierkörpers, b) Krankheitserreger - Adenoviren (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis im Konjunktivalabstrich); - Bacillus anthracis - Borrelia recurrentis - Brucella sp. - Campylobacter sp., darmpathogen - Chlamydia psittaci, - Clostridium botulinum oder Toxinnachweis - Corynebacterium diphtheriae, Toxin bildend - Coxiella brunetii - Cyrptosporidium parvum - Ebolavirus - Escherichia coli (enterohämorrhagische Stämme - EHEC) und sonstige darmpathogene Stämme - Francisella tularensis - FSME-Virus - Gelbfiebervirus - Giardia lamblia - Haemophilus influenzae (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor oder Blut) - Hantaviren - Hepatitis-A-, -B-, -C-, -D-, -E-Virus (Meldepflicht für Hepatitis-C-Virus nur, soweit nicht bekannt ist, dass eine chronische Infektion vorliegt) - Influenzaviren (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis) - Lassavirus - Legionella sp. - Leptospira interrogans - Listeria monocytogenes (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Blut, Liquor oder anderen normalerweise sterilen Substraten sowie aus Abstrichen von Neugeborenen) - Marburgvirus - Masernvirus - Mycobacterium leprae - Mycobacterium tuberculosis/africanum, Mycobacterium bovis (Meldepflicht für den direkten Erregernachweis sowie nachfolgend für das Ergebnis der Resistenzbestimmung; vorab auch für den Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum) - Neisseria meningitidis (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Liquor, Blut, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder andere normalerweise sterilen Substrate) - Norwalkähnliches Virus (Meldepflicht nur für den direkten Nachweis aus Stuhl) - Poliovirus - Rabiesvirus - Rickettsia prowazekii - Rotavirus - Salmonella Paratyphi (Meldepflicht für alle direkten Nachweise) - Salmonella Typhi (Meldepflicht für alle direkten Nachweise) - Salmonella, sonstige - Shigella sp. - Trichinella spiralis - Vibrion cholerae O 1 und O 139 - Yersini enterocolitica, darmpathogen - Yersinia pestis - andere Erreger hämorrhagischer Fieber - Treponema pallidum - HIV - Echinococcus sp. - Plasmodium sp. - Rubellavirus (Meldepflichten nur bei konnatalen Infektionen) - Toxoplasma gondii (Meldepflichten nur bei konnatalen Infektionen)“. Unter § 3 ist schließlich geregelt: „§ 3 Ausschlüsse … 4. Krankheiten und Krankheitserreger Der Versicherer haftet nicht bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf. […].“ Am 31.01.2020 verkündete das Bundesministerium für Gesundheit die Verordnung über die Ausdehnung der Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 S. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) auf Infektionen mit dem Coronavirus vom 30.01.2020 (BAnz AT 31.01.2020 V1). Die Verordnung trat am 01.02.2020 in Kraft. Am 11.03.2020 veröffentlichte die Beklagte auf ihrer Internetseite folgenden Text: „[…] Welche Krankheiten und Krankheitserreger sind meldepflichtig? Die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger sind in §§ 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes genannt. Am 01.02.2020 wurde der Coronavirus als meldepflichtige Krankheit im IfSG aufgenommen. Da wir u.a. Krankheiten nach §§ 6 und 7 des IfSG versichert haben, gilt eine Betriebsschließung durch eine Behörde aufgrund des Coronavirus im Rahmen unserer Bedingungen als mitversichert.“ Am 20.03.2020 erließ das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege eine Allgemeinverfügung zum Vollzug des IfSG, nach der Gastronomiebetriebe jeder Art mit Ausnahme der Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen untersagt wurden (Aktenzeichen Z6a, 68000-2020/122-98). Die Allgemeinverfügung trat am 21.03.2020 in Kraft. Am 24.03.2020 erließ das bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege eine Verordnung mit unter anderem dem gleichen Inhalt (2126-1-4-G, BayMBl. 2020 Nr. 130). Die Verordnung wurde rückwirkend zum 21.03.2020 in Kraft gesetzt. Das Verbot des Betriebs von Gastronomiebetrieben jeder Art mit Ausnahme der Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen wurde durch die Verordnungen vom 27.03.2020, 16.04.2020, 01.05.2020 und 05.05.2020 fortlaufend verlängert. Außengastronomie konnte ab dem 18.05.2020 wieder geöffnet werden, die Innengastronomie ab dem 25.05.2020. Mit Schreiben vom 20.03.2020 meldete die Klägerin einen ersten Schaden bei der Beklagten für den Zeitraum vom 21.03.2020 bis 03.04.2020 in Höhe von 104.000,00 € an (Anlage K 4). Mit einer weiteren Schadensmeldung vom 21.03.2020 machte die Beklagte Ersatz für verderbliche Ware in Höhe von 3.169,86 € netto geltend (Anlage K 5). Mit Schreiben vom 30.03.2020 meldete die Klägerin aufgrund der Verlängerung der behördlichen Anordnungen einen weiteren Schaden für den Zeitraum vom 04.04.2020 bis 19.04.2020 in Höhe von 320.000,00 € an (Anlage K 6). Mit Schreiben vom 03.04.2020 lehnte die Beklagte die Regulierung des Schadens ab (Anlage K 7). Die Klägerin forderte mit anwaltlichem Schreiben vom 15.04.2020 unter Fristsetzung bis 24.04.2020 die Beklagte nochmals zur Leistung auf, welcher diese nicht nachkam. Am 17.06.2020 veröffentlichte die Beklagte ein Merkblatt „...", welches sie unter anderem auch an ihre Versicherungsnehmer versandte. Darin heißt es: „Die ... erkennt Covid-19 als versicherten Erreger an und beruft sich nicht auf eine „abschließende Aufzählung“. Voraussetzung für einen Versicherungsfall in der BSV ist die Tatsache, dass ein versicherter Erreger im Betrieb aufgetreten ist, hiervon eine Gefahr ausging und deshalb auf behördliche Anordnung geschlossen wurde. Es muss also eine „intrinsische Betroffenheit“ vorliegen. Für solche Fälle prüfen wir jeden Schaden im Einzelfall und erkennen auch Versicherungsleistungen an. Für andere Fälle, bei denen die beschriebenen Umstände nicht vorliegen, können wir keinen Versicherungsschutz gewähren.“ Die Klägerin behauptet, in der Zeit vom 21.03.2020 bis zum 17.05.2020 sei der Betrieb vollständig geschlossen gewesen. Das von ihr angebotene Picknickkorb-Catering mache nur 1,96 Promille der Gesamtumsätze aus und sei vom zuständigen Gesundheitsamt während der Schließung ohnehin untersagt worden. Einen Außerhausverkauf habe es im Betrieb noch nie gegeben. Die vereinbarte Tagesentschädigung beruhe auf den Umsatzzahlen der Klägerin. Dem Versicherungsmakler hätten die Kennzahlen des Unternehmens bei Versicherungsabschluss vorgelegen. Die Taxe werde jedes Jahr anhand der betriebswirtschaftlichen Auswertung durch die Beklagte überprüft. Die Umsatzzahlen hätten sich seit dem Abschluss der Versicherung erhöht oder seien in einigen Jahren nahezu gleich geblieben. Aus staatlichen Mitteln habe sie die vom Freistaat Bayern angebotene Corona-Soforthilfe in Höhe von 15.000,00 €, aus Bundesmitteln weitere 15.000,00 € erhalten. Es sei ein Warenschaden in Höhe von 3.169,86 € netto entstanden. Bei den in Anlage K 5 aufgelisteten Produkten handele es sich ausschließlich um Ware, die entweder angebrochen war und sofort entsorgt werden musste, oder deren Haltbarkeitszeit während der Betriebsschließung abgelaufen war. Die Klägerin ist der Ansicht, dass das Coronavirus vom Versicherungsschutz umfasst sei. Die Beklagte habe gegenüber ihren Maklern bekanntgegeben, dass es mitversichert sei. Dies habe die Beklagte am 11.03.2020 auch auf ihrer Internetseite, insbesondere auch gegenüber ihren Versicherungsnehmern, so verlautbart. Zusätzlich habe die Beklagte in ihrem Schreiben vom 03.04.2020 selbst anerkannt und bestätigt, dass das Coronavirus als Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen zu verstehen sei (Anlage K 7). Dies ergebe sich auch aus dem auf der Internetseite der Beklagten abrufbaren Merkblatt vom 17.06.2020 (Anlage K 10). Auch handele es sich bei § 1 Ziffer 2 der Versicherungsbedingungen nicht um eine abschließende Aufzählung. Unter § 3 Ziffer 4 sei ein Ausschluss nur bei Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf vorgesehen. Die Versicherungsbedingungen würden keine behördliche Einzelanordnung erfordern. Die Auffassung der Beklagten, dass ein Versicherungsfall nur dann vorliegen würde, wenn eine „intrinsische Betroffenheit“ vorliege, sei unzutreffend und werde auch nicht vom Wortlaut der Versicherungsbedingungen gestützt. Weiterhin handle es sich vorliegend um eine Summenversicherung, nicht um eine Schadensversicherung. § 76 VVG sei daher bereits nicht anwendbar. Eine Anrechnung der staatlichen Soforthilfen komme auf Basis der Versicherungsbedingungen nicht in Betracht. Auch stünden der Klägerin keine sonstigen öffentlichrechtlichen Entschädigungsansprüche zu. Die Klägerin beantragt, 1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Betrag in Höhe von 427.169,86 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 25.04. 2020 zu zahlen. 2.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Kosten in Höhe von 4.479,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 25.04.2020 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagte behauptet, die tatsächlichen Schäden der Klägerin lägen deutlich unter der vereinbarten Taxe in Höhe von 4.000,00 € beziehungsweise 20.000,00 €. Die Jahresabschlüsse der Klägerin für den Zeitraum 2007-2017 würden einen stark steigenden Schuldenstand zeigen (Anlage … 2). Ausweislich des von der Klägerin zuletzt veröffentlichten Jahresabschlusses zum 31.12.2018 habe es keinen Gewinn gegeben. Bei der Klägerin handele es sich um einen Verlustbetrieb (Bl. 130 d.A.). Ein Tagessatz von auch nur 4.000,00 € für den März 2020 oder gar 20.000,00 € für den April 2020 sei fernliegend. Der tatsächliche Schaden der Klägerin betrage im März 1.500,00 € und im April 2.500,00 € pro Tag. Die Beklagte ist der Ansicht, dass das Coronavirus nicht Gegenstand der Versicherung sei. Die tabellarische Auflistung der versicherten Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Ziffer 2 erfasse das Virus nicht und sei abschließend. Weiterhin liege keine wirksame Allgemeinverfügung beziehungsweise Rechtsverordnung vor. Diese seien nichtig. Zudem sei keine konkrete Verfügung bezüglich der Klägerin ergangen. Abstraktgeneralpräventive Gesundheitsmaßnahmen seien nicht Gegenstand einer Betriebsschließungsversicherung. Auch liege keine Betriebsschließung, sondern allenfalls eine Betriebseinschränkung vor. Sämtliche Arbeiten ohne Außenkontakt seien erlaubt gewesen, wie zum Beispiel Bürotätigkeiten, vorbereitende Werbemaßnahmen, Lagerarbeiten oder Renovierungsarbeiten. Ferner sei auch die betriebliche Tätigkeit in Form sowohl eines Liefer- als auch eines Abholangebots zulässig gewesen. Dass unter einer Betriebsschließung nur eine Anordnung einer vollständigen Schließung zu verstehen sei, liege auf der Hand. Die vereinbarte Taxe sei nicht maßgeblich, da diese erheblich von dem tatsächlichen Schaden abweiche. Es komme nicht auf das Vorjahr an, sondern es sei auf den Zeitraum unmittelbar vor der behördlichen Anordnung abzustellen. Im Zeitraum 01.03.2020 bis 19.03.2020 habe der Umsatz nicht mehr als 20% des Umsatzes des Vergleichszeitraums vom 01.03.2019 bis 19.03.2019 betragen (Bl. 36 d.A.). Auf eine etwaige Kenntnis der Umsatzzahlen der Klägerin des Versicherungsmaklers bei Vertragsabschluss komme es nicht an, da dieser im Lager des Versicherungsnehmers stehe (Bl. 129 d.A.). Auch stehe der Klägerin kein Anspruch auf Entschädigung zu, da diese Schadensersatz aufgrund des öffentlichrechtlichen Entschädigungsrechts beanspruchen könne. Die Klägerin müsse sich Leistungen Dritter, wie zum Beispiel die „Soforthilfe Corona“ und das Kurzarbeitergeld, anrechnen lassen. Die Parteien habe sich mit Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Die Klagepartei hat mit Schriftsatz vom 21.08.2020 einen gesonderten Hinweisbeschluss, hilfsweise die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, beantragt. Auch die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30.09.2020 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2020 Bezug genommen. Gründe Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. I. Das Verfahren ist entscheidungsreif. Entgegen dem Antrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 21.08.2020 (Bl. 63 d.A.) und dem Antrag der Beklagten mit Schriftsatz vom 30.09.2020 (Bl. 124 d.A.) war weder ein gesonderter Hinweisbeschluss zu erlassen noch die mündliche Verhandlung gemäß § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiederzueröffnen. Das Gericht hat die Parteien im Termin der mündlichen Verhandlung auf die entsprechende vorläufige Rechtsauffassung zur streitgegenständlichen Klausel hingewiesen. Selbst wenn man diesbezüglich den Protokollvermerk im Hinblick auf § 139 Abs. 4 ZPO als zu knapp ansehen würde, ergibt sich der weitere Inhalt der Erörterung im Termin ohne weiteres aus den sich anschließenden Schriftsätzen der Prozessparteien jeweils vom 21.08.2020 (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2011, Az.: IX ZR 35/10, Rn. 7 - zitiert nach juris). Unzutreffend rügt die Klägerin, dass das Verhandlungsprotokoll vom 31.07.2020 unvollständig sei (Bl. 58/61 d.A.). Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Parteien umfassend erörtert und die wesentlichen Gesichtspunkte in das Protokoll aufgenommen. Soweit der Antrag der Klägerin erkennbar darauf abzielt, die Rechtsansicht des Gerichts zu der streitgegenständlichen Klausel der Beklagten zu erfahren, ist zu beachten, dass das Gericht grundsätzlich nicht zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung verpflichtet ist. Auch wenn die Rechtslage umstritten oder problematisch ist, müssen daher die Verfahrensbeteiligten grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und ihren Vortrag darauf einstellen (BVerfG, Beschluss vom 04.07.2016, Az.: 2 BvR 1552/14, Rn. 7 - zitiert nach juris). Soweit die Beklagte darüber hinaus rügt, dass die Klägerin keine Unterlagen in Form von Jahresabschlüssen vorlegt (Bl. 129 ff. d.A.), stellt dies keinen Grund für die Wiedereröffnung der Verhandlung dar, zumal es darauf nicht entscheidungserheblich ankommt. II. Die Klage ist in der Hauptsache begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch in Höhe von 427.169,86 € gemäß §§ 1 Ziffer 1 lit. a), 2 Ziffer 3 lit. a) zu. 1. Gemäß § 1 Ziffer 1 lit. a) leistet der Versicherer Entschädigung, wenn die zustän dige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten den versicherten Betrieb schließt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat ab dem 21.03.2020 den klägerischen Betrieb aufgrund des Coronavirus geschlossen. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung entsprechend den Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse auszulegen, der diese aufmerksam liest und vollständig unter Abwägung der Interessen der beteiligten Kreise sowie unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges würdigt. Dabei kommt es auf den betreffenden Versicherungszweig an. Spricht der Versicherungsvertrag üblicherweise einen bestimmten Personenkreis an, so kommt es auf die Verständnismöglichkeiten und Interessen der Mitglieder dieses Personenkreises an. Maßgeblich für die Auslegung ist in erster Linie der Klauselwortlaut. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind dabei grundsätzlich „aus sich heraus“, also ohne Heranziehung anderer Texte, auszulegen. Die vom Versicherer verfolgten Zwecke sind maßgeblich, sofern sie in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen Ausdruck gefunden haben, sodass sie dem aufmerksamen und verständigen Durchschnittsversicherungsnehmer erkennbar sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2020, Az: IV ZR 125/18; BGH, Urteil vom 06.03.2019, Az.: IV ZR 72/18). Betriebsschließungsversicherungen werden von gewerblich tätigen Versicherungsnehmern abgeschlossen, insbesondere von Betrieben, die mit der Lebensmittelherstellung oder -verarbeitung zu tun haben (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 IfSG). Bei solchen Unternehmen besteht die Gefahr, dass eine Behörde den Betrieb aufgrund von Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) schließt. Dabei handelt es sich regelmäßig um Betriebe, die einen kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetrieb erfordern, weshalb man von den Inhabern oder Geschäftsführern jeweils entsprechende kaufmännische Kenntnisse und Sorgfalt bei dem Durchlesen eines Vertragsformulars erwarten kann. Im Regelfall besitzen die Inhaber oder Geschäftsführer dieser Betriebe jedoch keine vertieften Kenntnisse medizinischer oder rechtlicher Art im Zusammenhang mit dem Inhalt des IfSG. Gemessen an diesen Voraussetzungen ergibt sich für die Auslegung der von der Beklagten verwendeten Bedingungen folgendes: a) Eine Anordnung der Schließung des klägerischen Betriebs seitens der zuständigen Behörde lag vor. aa) Die Zuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege für die Maßnahme ergibt sich aus §§ 28 Abs. 1, 32 S. 1 IfSG in Verbindung mit § 65 S. 2 Nr. 2 BayZustV und Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 GDVG. bb) Der Text der Versicherungsbedingungen verwendet im Übrigen keine verwaltungsrechtlichen Rechtsbegriffe. Die Betriebsschließung beruhte zunächst auf der Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 20.03.2020, später auf der Verordnung vom 24.03.2020, welche im Folgenden aufrechterhalten wurde. Nach dem Text der Versicherungsbedingungen kommt es nicht darauf an, in welcher Rechtsform die Anordnung der Schließung vorgenommen wird. Denn in der Allgemeinverfügung und den später erlassenen Verordnungen wird die Schließung rein tatsächlich „angeordnet“. cc) Nach dem Wortlaut der Bedingungen spielt auch die Rechtmäßigkeit der Schließungsanordnung für den Versicherungsschutz keine Rolle. Unabhängig davon, ob § 82 VVG auf die Betriebsschließungsversicherung anwendbar ist, wäre auch im Rahmen der Schadensminderungsobliegenheit ein verwaltungsgerichtliches Vorgehen der Klägerin gegen die Anordnung weder erfolgversprechend noch zumutbar gewesen. Der Versicherungsnehmer muss sich - wie jeder andere - grundsätzlich an Gesetze und Verordnungen halten. Diese sind selbst im Falle von Mängeln oder bei Rechtswidrigkeit nicht automatisch unwirksam und damit grundsätzlich zu befolgen. Es ist dem Versicherungsnehmer im Regelfall auch nicht zumutbar, vor der Geltendmachung von Versicherungsleistungen zur Schadensminderung vor den Verwaltungsgerichten gegen eine behördliche Anordnung vorzugehen. Allenfalls im Fall offensichtlicher, zur Nichtigkeit führender Fehler kann eine Pflicht des Versicherungsnehmers bestehen, sich zur Schadensminderung nicht an die Vorschrift zu halten und gegen sie gerichtlich vorzugehen. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Es fehlt bereits an einer offensichtlich unwirksamen Verordnung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30.03.2020, Az.: 20 NE 20.632). b) Die zuständige Behörde handelte gemäß § 1 Ziffer 1 aufgrund des Infekti onsschutzgesetzes. aa) Es handelte sich um eine Maßnahme zur Bekämpfung der Corona - Pandemie. Die Maßnahme wurde in der Allgemeinverfügung und den nachfolgenden Verordnungen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege auf Vorschriften des IfSG gestützt, nämlich auf § 28 beziehungsweise § 32 IfSG i.V.m. der Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 30.01.2020, mit der die Meldepflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 1 S. 1 IfSG auf das neuartige Coronavirus ausgedehnt wurde (BAnz AT 31.01.2020 V1). bb) Nach dem Wortlaut der Bedingungen ist nicht erforderlich, dass der Betrieb selbst betroffen sein muss. Die Maßnahme muss nach dem maßgeblichen Wortlaut der Versicherungsbedingungen lediglich aufgrund des IfSG erlassen worden sein. (1) Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 1 Ziffer 1 lit. a) Hs. 2 . Der Wortlaut lässt für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer insbesondere nicht den zwingenden Schluss auf eine notwendige betriebsinterne Gefahr im Hinblick auf § 1 Ziffer 1 lit. a) Hs. 1 zu. Die Gleichstellung im Rah men des Versicherungsumfangs erfordert nach dem Wortlaut nicht, dass auch identische Voraussetzungen vorliegen müssten. Soweit die Beklagte argumentiert, es handle sich bei § 1 Ziffer 1 lit. a) Hs. 2 um eine De ckungserweiterung in Form der Gleichstellung, womit es sich „erstrecht“ um eine betriebsinterne Gefahr handeln müsse, greift dies bereits methodisch nicht durch, da gerade kein Rückschluss auf § 1 Ziffer 1 lit. a) Hs. 1 gezogen wird. (2) Auch daraus, dass die übrigen Bestimmungen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten Bezug auf den versicherten Betrieb nehmen (Tätigkeitsverbote für sämtliche Betriebsangehörige, Desinfektion der Betriebsräume Verwertung oder Vernichtung von Vorräten und Waren, Beschäftigungsverbote für Mitarbeiter oder Einleitung von Ermittlungsverfahren nach dem IfSG, vgl. § 1 Ziffer 1 lit. b) bis lit. E)), lassen sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer keine Anhaltspunkte dafür finden, dass sich das Deckungsversprechen des Versicherers nur darauf beziehen soll. Denn diese Versicherungsgegenstände werden neben der Betriebsschließung als eigener Versicherungsgegenstand genannt. (3) Die Beklagte kann auch nicht mit dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer vermeintlich erkennbaren Sinnzusammenhang argumentieren. Einerseits sind Versicherungsbedingungen „aus sich heraus“ auszulegen. Der Versicherungsantrag mit den zugehörigen Unterlagen, Rechtsverordnungen und etwaige Stimmen aus der Literatur, auf welche die Beklagte abstellt, spielen insoweit keine Rolle. Andererseits folgt aus den weiteren Regelungen der Versicherungsbedingungen wie § 4 (Versicherungsort) und § 8 (Obliegenheiten des Versicherungsnehmer vor dem Versicherungsfall) keine für den Versicherungsnehmer erkennbare Einschränkung des Versicherungsumfangs, wie er sich aus dem Wortlaut des § 1 Ziffer 1 lit. a) Hs. 1 ergibt. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer, der die Klausel verständig würdigend und aufmerksam durchsieht, wird § 4 nur entnehmen können, dass Versicherungsschutz nur innerhalb des Versicherungsortes, also hier die im Versicherungsvertrag bezeichneten Betriebsstätten des versicherten Betriebs, besteht. Mithin wird der Versicherungsnehmer der Klausel zwar entnehmen, dass der Versicherer den Versicherungsschutz auf den konkret definierten Versicherungsort beschränkt, er also nur leistet, wenn der versicherte Betrieb aufgrund des IfSG geschlossen wird. Eine Einschränkung lediglich auf einen Versicherungsfall bei der Verwirklichung von intrinsischen Gefahren ist indes nicht erkennbar. Entsprechendes gilt für die in den §§ 8, 12 geregelten Obliegenhei ten. Die Einhaltung zum Beispiel von Sicherheitsvorschriften oder die Einholung von Weisungen lässt für den Versicherungsnehmer nicht erkennen, dass der Versicherungsumfang lediglich betriebsinterne Gefahren umfasst. Auch setzt unter anderem die Schadensminderungsobliegenheit, wie auch die weitere Argumentation der Beklagten zeigt, eine betriebsinterne Gefahr nicht zwingend voraus. Selbst wenn der Versicherungsnehmer die von der Beklagten dargestellten Überlegungen anstellt, wird er diesbezüglich auch die eigenen Versicherungsgegenstände (§ 1 Ziffer 1 lit. b) bis e)) als Bezugspunkt in Betracht ziehen müssen. Ein erkennbarer Sinnzusammenhang mit § 1 Ziffer 1 lit. a) und einer etwaigen Einschränkung des Versicherungsumfangs besteht nicht. Zweifel bei der Auslegung gehen im Übrigen zu Lasten des Versicherers (§ 305c Abs. 2 BGB). c) Die Beklagte beruft sich darauf, dass der Betrieb der Klägerin durch die Anordnung nicht geschlossen worden sei, weil ein Außerhausverkauf und sämtliche Arbeiten ohne Außenkontakt (z.B. Bürotätigkeiten, Renovierungsarbeiten, usw.) weiterhin möglich waren. Es habe damit lediglich eine Betriebseinschränkung vorgelegen. aa) Den Wortlaut der maßgeblichen Versicherungsbedingungen muss der durchschnittliche Versicherungsnehmer grundsätzlich so verstehen, dass die vollständige Schließung der Einrichtung angeordnet worden sein muss, damit ein Anspruch auf Versicherungsleistungen entsteht. Die vereinbarte Tagespauschale wird am Schaden für den gesamten Betrieb berechnet und setzt dies folglich voraus. War der Betrieb nicht vollständig geschlossen, scheiden Ansprüche aus der Betriebsschließungsversicherung grundsätzlich aus (vgl. LG München I, Urteil vom 17.09.2020, Az.: 12 O 7208/20). bb) Der Nichtbetrieb einer Gaststätte kann gemäß § 12 Ziffer 1 lit. b) in Verbindung mit §§ 28 Abs. 2, 82 Abs. 1 VVG eine Obliegenheitsverletzung aus dem Versicherungsvertrag darstellen, soweit ein Gastronomiebetrieb auch auf einen Außerhausverkauf ausgelegt ist und dieser nicht lediglich ein vollkommen untergeordnetes Mitnahmegeschäft darstellt. Im konkreten Einzelfall war der Außerhausverkauf keine unternehmerische Alternative. Der Geschäftsführer der Klägerin erläuterte im Rahmen der informatorischen Anhörung überzeugend und glaubhaft, dass das angebotene Picknickkorb-Catering in seinem Betrieb eine absolut untergeordnete Rolle spiele. Der Umsatz aus diesem Geschäft betrage 1,96 Promille des Gesamtumsatzes und sei mehr als „Marketing-Tool“ zu sehen. Einen sonstigen Außerhausverkauf habe es im Betrieb nie gegeben. Der Betrieb sei ausschließlich auf die Bewirtung von Gästen vor Ort ausgelegt und biete Speisen zum Mitnehmen nicht an. Unter den dargelegten Grundsätzen kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass sonstige Arbeiten ohne Außenkontakt weiterhin möglich gewesen seien. Dies ist bereits nicht Gegenstand der streitgegenständlichen Versicherung. Die Betriebsschließungsversicherung soll dem Versicherungsnehmer Umsatzeinbußen ersetzen, welche dieser aufgrund einer Schließung aufgrund des IfSG erleidet. Auf Basis der maßgeblichen Versicherungsbedingungen handelt es sich erkennbar um Schließungen, welche dazu führen, dass der Betrieb nicht mehr von Kunden besucht werden kann. Eine Betriebsschließung im Sinne der Versicherungsbedingungen erfordert demgegenüber keine hermetische Abriegelung im Sinne eines Betretungsverbots. Der Versicherer kann den Versicherungsnehmer danach nicht auf Tätigkeiten außerhalb des Betriebs wie zum Beispiel Renovierungsarbeiten verweisen, wenn die maßgebliche umsatzerzielende Tätigkeit nicht mehr möglich ist. 2. Eine Einschränkung des Versicherungsumfangs aufgrund der in § 1 Ziffer 2 ge nannten Krankheiten und Krankheitserreger besteht nicht. a) § 1 Ziffer 2 verstößt gegen das sich aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ergebende Transparenzgebot und ist damit gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. aa) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender allgemeiner Versicherungsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGH, NJW-RR 2008, 1123, 1125; BGH, NJW 2001, 2014, 2016). Dem Versicherungsnehmer soll bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen geführt werden, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden (vgl. BGH, NJW 2018, 1544). Wird der Versicherungsschutz durch eine Klausel eingeschränkt, so muss dem Versicherungsnehmer damit klar und deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang Versicherungsschutz trotz der Klausel besteht (BGH, r + s 2013, 601 Rn. 9). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (BGH, NJW 2019, 2172). Mithin sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so zu gestalten, dass dem Versicherungsnehmer die leistungsbeschränkende Wirkung einer Klausel nicht erst nach intensiver Beschäftigung oder aufgrund ergänzender Auskünfte deutlich wird. bb) Gemessen an diesen Maßstäben entspricht die Klausel nicht den Erfordernissen des Transparenzgebots. (1) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird sich zunächst am Wortlaut orientieren und zunächst in § 1 Ziffer 1 den dort beschriebenen Versicherungsumfang zur Kenntnis nehmen, der bestimmt, dass der Versicherer Entschädigung leistet, „[…] wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger (siehe Nr. 2) […] den versicherten Betrieb schließt; […]“. Aufgrund des Klammerzusatzes wird der Versicherungsnehmer erkennen, dass die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Ziffer 2 geregelt sind und sich diese Klausel erschließen. Der einleitende Satz der Klausel lautet: „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im IfSG in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: […]“. Anschließend folgt eine Aufzählung von 18 Krankheiten und 49 Krankheitserregern, überwiegend mit lateinischen Namen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird dem Wortlaut der Bestimmung entnehmen, dass die Aufzählung die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger nach dem IfSG wiedergibt. Einen Hinweis darauf, dass im IfSG etwas enthalten sein könnte, was in dieser Liste nicht wiedergegeben ist, befindet sich weder an dieser, noch an anderer Stelle in den Bedingungen der Beklagten. Allein die Überschrift oder den Wortlaut „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden […]“ muss der Versicherungsnehmer nicht als Einschränkung des Versicherungsumfangs verstehen. Aufgrund der (werbenden) Länge der sich anschließenden Liste und der damit suggerierten Vollständigkeit ist es für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht naheliegend, dass die Klausel einen einschränkenden Versicherungsumfang formuliert und insoweit negative Abweichungen gegenüber dem maßgeblich in Bezug genommenen IfSG bestehen. Eine klare und deutliche Formulierung wie zum Beispiel „nur die folgenden“, „ausschließlich die folgenden“ oder „diese Auflistung ist abschließend“ enthält die Klausel nicht. Vielmehr kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer aufgrund des Wortlauts und der Verweisung in § 1 Ziffer 1 erwarten, dass eine bloße Wiedergabe der gesetzlich erfassten Krankheiten und Krankheitserreger erfolgt. „Namentlich genannt“ wird der Versicherungsnehmer, welcher nicht über Spezialkenntnisse zum IfSG (§ 9 IfSG sowie §§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 7 Abs. 2 IfSG) verfügt, dahingehend verstehen, dass es sich hierbei um die vom IfSG benannte Krankheiten und Krankheitserreger handelt. Letztlich wird der Versicherungsnehmer auf der folgenden zweiten Seite der unter § 3 die Ausschlüsse zur Kenntnis nehmen und dabei in § 3 Ziffer 4 hinsichtlich der Krankheiten und Krankheitserreger nur den Ausschluss hinsichtlich Prionenerkrankungen feststellen. Weitergehende Einschränkungen des Versicherungsschutzes muss der Versicherungsnehmer dem Wortlaut nicht entnehmen. Lediglich ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass im konkreten Fall die Beklagte im Rahmen ihrer Veröffentlichungen vom 11.03.2020 sowie vom 17.06.2020 (Bl. 105 f. d.A.) eine Auslegung ihrer eigenen Versicherungsbedingungen dergestalt vornimmt, dass das Coronarvirus mitversichert ist und dies auch ihren Versicherungsnehmern mitteilt. Damit gibt sie zu verstehen, dass sie selbst nicht der Auffassung ist, dass § 1 Ziffer 2 eine abschließende Liste darstellen soll. (2) Der systematische Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Klausel stützen den Versicherungsnehmer bei diesem Verständnis. Er wird aufgrund der Stellung sowie der jeweiligen Überschriften der Klauseln erkennen, dass § 1 den grundsätzlichen Versicherungsumfang positiv festlegt, während § 3 die Ausschlüsse formuliert. Prionenerkrankungen sind in der Auflistung in § 1 Ziffer 2 jedoch gar nicht enthalten. Falls der Versicherungsumfang in § 1 Ziffer 2 abschließend definiert worden wäre, würde sich der Ausschluss in § 3 Nr. 4 nicht erschließen. (3) Auf der Grundlage des Wortlauts, des systematischen Zusammenhangs sowie des erkennbaren Zwecks der Klausel § 1 Ziffer 2 weist diese den durchschnittlichen Versicherungsnehmer, auch im Hinblick auf den maßgeblichen Personenkreis der unternehmerischen Gastronomen, nicht mit der gebotenen und möglichen Klarheit darauf hin, dass der Umfang des Versicherungsschutzes gegenüber den in Bezug genommenen §§ 6 und 7 IfSG beschränkt sein soll. (a) Allein der Wortlaut „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten“ stellt insoweit gerade keine explizite und eindeutige Verengung der erfassten Krankheiten und Krankheitserreger dar. Die katalogartige Aufzählung suggeriert, insbesondere in ihrer optisch erschlagenden Darstellung, eine Vollständigkeit und eine Deckungsgleichheit mit dem IfSG, obwohl die Aufzählung in § 1 Ziffer 2 deut lich enger gefasst ist, als der Gesetzestext. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer müsste, wenn er aufgrund der steten Bezugnahme auf §§ 6 und 7 IfSG überhaupt auf die Idee kommt, zur Überprüfung einer negativen Abweichung vom Gesetz, die Regelungen des IfSG in der jeweils geltenden Fassung zur Hand nehmen und diese mit dem Katalog der Klausel im Einzelnen vergleichen. Erst dann wäre erkennbar, dass der Versicherungsumfang gegenüber der gesetzlichen Regelung negativ abweicht und die Auflistung unvollständig ist, sodass dem Versicherungsnehmer, selbst bei innerbetrieblich aufgetretenen Infektionsquellen, Deckungslücken drohen. Auch im Rahmen von lediglich leistungsbeschränkenden Klauseln muss es dem Versicherungsnehmer jedoch möglich sein, Lücken des Versicherungsschutzes klar und deutlich zu erkennen, ohne dass es insoweit einer intensiven Beschäftigung mit den jeweiligen Klauseln bedarf und Lücken erst über ergänzende Auskünfte in Form eines synoptischen Gesetzesvergleichs deutlich werden. Die Aufgabe, diese Konsequenz erst durch Zusammenschau mit der jeweils gültigen Fassung des IfSG zu erkennen, würde den durchschnittlichen Versicherungsnehmer überfordern. (b) Völlig unerwähnt bleibt zudem, dass im IfSG Auffangtatbestände wie §§ 6 Abs. 1 Nr. 5 und 7 Abs. 2 IfSG enthalten sind, welche es den Behörden ermöglichen, auch bei neu auftretenden oder aufgetretenen bedrohlichen Krankheiten und Erreger, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie schon in die gesetzlichen Listen ausdrücklich benannter Krankheiten oder Erreger aufgenommen sind, den Betrieb zu schließen. Die wirtschaftlichen Belastungen und Nachteile, welche die streitgegenständliche Klausel für den Versicherungsnehmer insoweit mit sich bringt, sind für ihn nicht einmal im Ansatz erkennbar. Insgesamt führt die Klausel dem verständigen Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss gerade nicht deutlich vor Augen, was ihn hinsichtlich des Versicherungsumfangs erwartet. Der Klauselinhalt ist aus sich heraus, ohne zusätzliche Konsultation des Gesetzeswortlauts, nicht klar und verständlich, da nicht erkennbar ist, dass trotz der sinnstiftenden Bezugnahme auf die §§ 6 und 7 IfSG eine leistungsbeschränkende Klausel vorliegen soll, welche zu einer Divergenz zwischen der vertraglichen sowie der gesetzlichen Regelung führt, und dass letztlich für den Versicherungsnehmer wesentliche Versicherungslücken drohen. b) Damit ist die Klausel in § 1 Ziffer 2 unwirksam. Der Versicherungsumfang bestimmt sich mithin nach § 1 Ziffer 1 lit. a), dessen Voraussetzungen wie ausgeführt erfüllt sind. 3. Auch der von der Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 16.09.2020 eingewandte Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt nicht in Betracht. Im Rahmen des § 313 BGB ist zu beachten, dass Erwartungen und um Umstände, die in den Risikobereich einer der Parteien fallen, bei der Prüfung, ob die Geschäftsgrundlage entfallen ist, unbeachtet bleiben müssen. Insoweit fällt die Ausgestaltung des Versicherungsumfangs sowie der möglichen Ausschlüsse, wie § 3 Ziffer 4 in Bezug auf Prionenerkrankungen zeigt, in den Risikobereich des Versicherers. Ihm obliegt es, die versicherten Krankheiten und Krankheitserreger klar zu benennen sowie Risiken, wie etwa im Rahmen der Betreibsschließungsversicherung gerade auch Pandemien, versicherungsmathematisch zu kalkulieren. Das Risiko, beim Auftreten neuer Krankheiten oder Krankheitserreger haften zu müssen, sofern der Versicherungsumfang nicht klar geregelt ist, fällt in den Verantwortungsbereich des Versicherers. 4. Die Höhe des Schadens bestimmt sich nach der in § 2 Ziffer 3 lit. a) zwischen den Parteien vereinbarten Taxe. Die Beklagte kann sich insoweit nicht auf eine erhebliche Abweichung im Sinn des § 76 Abs. 1 S. 2 VVG berufen. Der geltend gemachte Warenschaden ist gemäß §§ 5 lit. a), 6 lit a), 7 Ziffer 1 zu ersetzen. a) Nach den glaubhaften Aussagen des Geschäftsführers der Klägerin im Rahmen seiner informatorischen Anhörung war der Betrieb vom 21.03.2020 an für 30 Tage wegen der Allgemeinverfügung und der nachfolgenden Verordnungen geschlossen. Das pauschale Bestreiten der Beklagten zu diesem Punkt war bereits unsubstantiiert. Dass Gaststätten der Betrieb durch die Allgemeinverfügung und durch die nachfolgenden Verordnungen verboten war sowie dass bayerische Gaststätten während des „Lockdown“ geschlossen waren, ist allgemein bekannt. Die Beklagte hätte konkrete Umstände vortragen müssen, warum sie davon ausgeht, dass dies für die Klägerin nicht galt. Die konkrete Höhe der Entschädigung bestimmt sich nach der zwischen den Parteien vereinbarten Tagesentschädigung. Diese beläuft sich auf 4.000,00 € für die Monate Oktober bis März, vorliegend mithin 11 Tage vom 21.03.2020 bis 31.03.2020, sowie auf 20.000,00 € für die Monate April bis September, vorliegend mithin 19 Tage vom 01.04.2020 bis zum 19.04.2020. Insgesamt beläuft sich die Entschädigung damit auf 424.000,00 €. b) Die so errechnete Entschädigung ist auch nicht nach Maßgabe des § 76 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VVG zu kürzen, weil die vereinbarte Tagesentschädigung (Taxe) den wirklichen Versicherungswert zu diesem Zeitpunkt erheblich übersteigen würde. aa) Das Gericht folgt zwar insoweit der Auffassung der Beklagten, dass es sich bei der Betriebsschließungsversicherung um eine Schadensversicherung und nicht um eine betragsmäßig von der Ursache unabhängige Summenversicherung handelt. Zweck einer Betriebsschließungsversicherung ist es, sich für den Schaden durch Umsatzausfall zu versichern. Die vereinbarte Summe für die Tagesentschädigung wurde vorliegend nach dem Willen der Parteien pauschal vereinbart. Mithin soll der Schaden durch einen pauschalierten Betrag abgesichert werden, um Streit über die Höhe der Versicherungsleistung zu vermeiden (BGH, Urteil vom 04.04.2001, Az.: IV ZR 138/00; Halbach in MüKo VVG, 2. Aufl. 2016, § 76 Rn. 3; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 76 VVG Rn. 2 m.w.N.). Dafür spricht auch die Klausel zur Anrechnung öffentlichrechtlicher Entschädigungsleistungen gemäß § 21 lit. a), die in diesem Zusammenhang zulässig ist. bb) Demnach könnte die Beklagte grundsätzlich gemäß § 76 VVG die vereinbarte Tagesentschädigung mindern, wenn sie den wirklichen Versicherungswert erheblich übersteigt. Dabei gibt es jedoch keine fixe Grenze. Entscheidend sind vielmehr Art und Zweck der Versicherung und der Grund der Vereinbarung der Taxe. Des Weiteren ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Zweck des § 76 VVG zu berücksichtigen, der die Feststellung der Höhe des vom Versicherer zu leistenden Schadensersatzes erleichtern soll. Dieser Zweck würde gefährdet, wenn das Interesse der Parteien an der Verlässlichkeit der Vereinbarung einer Taxe außer Betracht bliebe. Diesem Zweck ist abwägend gegenüberzustellen, dass nach § 76 S. 2 Hs. 2 VVG die Taxe erst dann nicht mehr gelten soll, wenn eine erhebliche Bereicherung des Versicherungsnehmers eintreten würde (BGH a.a.O.; Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, § 76 Rn. 12 m.w.N.). cc) Gemessen daran kommt eine Abweichung von der Taxe hier nicht in Betracht. (1) Vorliegend wurden die vereinbarten Summen für die Tagesentschädigung zur Überzeugung des Gerichts nach dem Willen der Parteien anhand der Umsatzzahlen des klägerischen Betriebs festgelegt, nicht auf Basis des Gewinns. Die Klägerin hat klargestellt, dass die Grundlage der vereinbarten Tagesentschädigung der im klägerischen Betrieb erzielte Umsatz war. Dass der Gewinn maßgebliche Grundlage der vereinbarten Tagesentschädigung gewesen sein soll, ist im Rahmen der vorliegenden Betriebsschließungsversicherung, welche gerade einen Umsatzausfall versichern soll, nicht naheliegend. Dies zeigt sich auch anhand des Antragsformulars der Beklagten (Anlage K 12, dort S. 2), welches bei Betrieben mit saisonalen Umsatzspitzen einen möglichen Zuschlag auf die vereinbarte Tagesentschädigung vorsieht. Ein solcher Zuschlag aufgrund von Umsatzspitzen ist nur nachvollziehbar, wenn auch die Tagesentschädigung anhand derselben Grundlage festgelegt wurde. Soweit die Beklagte im Rahmen des § 76 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 VVG auf den von der Klägerin nicht erzielten Gewinn abstellt (vgl. Bl. 36 d.A.), ist sie im Übrigen auch dafür darlegungs- und beweisbelastet, dass die Tagesentschädigung auf Grundlage des Gewinns festgelegt wurde, um eine erhebliche Abweichung zu begründen. Daher ist unerheblich, ob es sich nach dem Vortrag der Beklagten bei dem klägerischen Betrieb, in Anbetracht des Jahresfehlbetrags zum 31.12.2017 bzw. 31.12.2018 sowie des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags zum 31.12.2018, um einen Verlustbetrieb handelt. Maßgeblich ist der Umsatz. (2) Aus dem Sinn und Zweck der vereinbarten Taxe folgt zudem, dass die Umsatzzahlen in der Zeit unmittelbar vor der Anordnung der Schließung als Maßstab für eine erhebliche Abweichung von der Taxe nicht berücksichtigt werden können. Die vereinbarte Pauschale orientiert sich allein an den Tagen der Betriebsschließung. Den Parteien war bei Vertragsabschluss jedoch bewusst, dass der Schaden durch das zugrunde liegende Ereignis ausgelöst wird, nämlich das Auftreten einer Krankheit oder eines Krankheitserregers im Sinne des Infektionsschutzgesetzes. Damit sind im Regelfall bereits vor der behördlichen Anordnung der Schließung Einschränkungen im Gewerbebetrieb verbunden. Außerdem leistet die Versicherung vereinbarungsgemäß Schadensersatz nur für eine Höchstdauer von 30 Tagen, egal wie lange die Einschränkungen tatsächlich dauern, sodass der Gesamtschaden tatsächlich auch sehr viel höher sein kann, als die für 30 Tage vereinbarte Taxe (zu ähnlichen Erwägungen vgl. BGH a.a.O.). Folglich kann auch die Zeit kurz vor der Schließung nicht als Vergleichsmaßstab der erheblichen Abweichung des Schadens von der vereinbarten Taxe dienen. Würde man dahingehend der Argumentation der Beklagten folgen, wonach auf den Zeitraum unmittelbar vor der Betriebsschließung abzustellen wäre, wäre eine Taxe in den typischen Fällen einer Betriebsschließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes wertlos. Im Regelfall wird - auch bei innerbetrieblich aufgetretenen Infektionsquellen - der Betrieb des Versicherungsnehmers bereits vor einer vollständigen Schließung durch die zuständige Behörde Umsatzeinbußen erleiden, sei es durch das Ausbleiben von Kunden aufgrund von Gerüchten oder einer notwendigen Betriebseinschränkung aufgrund der aufgetretenen Infektionsquelle. Die Argumentation der Beklagten konsequent zu Ende gedacht, wäre auch in diesem Fall auf den dann - hypothetisch - zu erzielenden Umsatz unmittelbar vor der Betriebsschließung abzustellen, und sei es am letzten Tag davor. Der Sinn und Zweck der Vereinbarung einer Taxe träte hier letztlich vollständig zurück. (3) Zu den insoweit wesentlichen Umsatzzahlen der Klägerin im Sinne einer Gewinn- und Verlustrechnung trägt die Beklagte im Übrigen nicht vor. Insbesondere geht sie nicht auf die substantiiert vorgetragenen Umsatzzahlen der Klägerin (Bl. 73 d.A.) ein. Einfaches Bestreiten der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten genügt insoweit nicht. c) Hinsichtlich des geltend gemachten Warenschadens ist nach § 6 lit. a) Versicherungswert der Betrag, der aufzuwenden ist, um Sachen gleicher Art und Güte wiederzubeschaffen oder sie neu herzustellen; maßgebend ist der niedrigere Betrag. Gemäß § 7 Ziffer 1 ist für die Berechnung des Ersatzwertes der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles maßgebend. Vorliegend konnte die Klägerin aufgrund der glaubhaften und überzeugenden Angaben des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2020 sowie anhand der Anlage K 5 beweisen, dass ihr ein Warenschaden in Höhe von 3.169,86 € netto (vgl. § 7 Ziffer 1 S. 3) entstanden ist. 5. Die Entschädigungspflicht der Beklagten entfällt auch nicht gemäß § 21 lit. a) we gen Schadensersatzansprüchen auf Grund öffentlichrechtlichen Entschädigungsrechts. Auch Kurzarbeitergeld sowie die Liquiditätshilfen von Bund und Freistaat Bayern muss sich die Klägerin nicht anspruchsmindernd anrechnen lassen. a) Vorliegend ist der Einwand hinsichtlich eines möglichen Schadensersatzanspruchs auf Grund öffentlichrechtlichen Entschädigungsrecht bereits deshalb nicht durchgreifend, weil die Beklagte das Bestehen solcher Ansprüche größtenteils lediglich allgemein und damit unsubstantiiert behauptet, ohne zu den tatsächlichen Voraussetzungen vorzutragen (vgl. Bl. 37 ff., 132 d.A.). Sie ist hierfür jedoch darlegungsund beweispflichtig. Die Klägerin ist lediglich nach § 138 Abs. 2 ZPO gehalten, zu entsprechend konkretem und substantiiertem Vortrag der Beklagtenseite Stellung zu nehmen. Die Beklagte ist auch in der Lage, sich zu in Betracht kommenden Ansprüchen substantiiert zu äußern. Öffentlichrechtliche Entschädigungsansprüche ergeben sich aus Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien. Es handelt sich um Rechtsvorschriften, die nicht durch ein Sachverständigengutachten (so wie von der Beklagten zum Beweis angeboten) erst ermittelt werden müssen. Die Beklagte wäre in der Lage gewesen, konkret vorzutragen. Ergänzend sei angemerkt, dass das Landgericht Hannover nach Prüfung der entsprechenden Anspruchsgrundlagen hinsichtlich der in § 21 lit. a) ausdrück lich genannten öffentlichrechtlichen Entschädigungsansprüche schon zu dem Ergebnis kam, dass solche Ansprüche nicht bestehen (LG Hannover, Urteil vom 09.07.2020, Az.: 8 O 2/20). Ebenso entschied jüngst das Landgericht Berlin (LG Berlin, Urteil vom 13.10.2020, Az.: 2 O 247/20). b) Auch Kurzarbeitergeld sowie die Liquiditätshilfen von Bund und Freistaat Bayern sind nicht anspruchsmindernd anzurechnen. aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gibt es im Versicherungsrecht kein allgemeines Bereicherungsverbot (BGH, Urteil vom 18.02.2004, Az.: IV ZR 94/03, Rn. 21 - zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 04.04.2001, Az.: IV ZR 138/00, Rn. 13; BGH, Urteil vom 08.11.1995, Az.: IV ZR 365/94, Rn. 17 f.). Zum Schutz des Versicherers bedarf es keines allgemeinen Bereicherungsverbots, da dieser in der Lage ist, seine Interessen durch sachgerechte Risikoprüfung und Vereinbarung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen zu wahren (Armbrüster in Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl. 2018, vor § 74 Rn. 25 m.w.N.). bb) Nach § 95 Nr. 1 SGB III haben Arbeitnehmer und nicht der Arbeitgeber unter bestimmten persönlichen und betrieblichen Voraussetzungen einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Das Kurzarbeitergeld schützt mithin die Arbeitnehmer, nicht die Unternehmer. Auch wenn die Beklagte zu Recht anführt, dass der Arbeitgeber - sofern man ihm das Betriebsrisiko gemäß § 615 S. 3 BGB für eine flächendeckende Betriebsschließungen zuweisen möchte - von einer Entgeltfortzahlung (teilweise) befreit wird (Bl. 131 d.A.), übersieht sie, dass das Kurzarbeitergeld bereits begrifflich nicht zu den Entschädigungsansprüchen zählt, auf die § 21 lit. a) Bezug nimmt. Es handelt sich nicht um einen Schadensersatzanspruch der Klägerin. cc) Für die Liquiditätshilfen des Bundes sowie des Freistaates Bayern gilt entsprechendes. Nach der maßgeblichen Richtlinie für die Unterstützung der von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe („Soforthilfe Corona“) in der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie vom 17. März 2020, Az.: 52-3560/33/1 (BayMBl. 2020 Nr. 156) erfolgt die Finanzhilfe gerade ohne Rechtsanspruch im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Satz 2 der Einführung). Auch auf die Corona-Hilfsmaßnahmen des Bundes besteht kein Rechtsanspruch. Weiterhin handelt es sich ersichtlich nicht um „Schadensersatz auf Grund öffentlichrechtlichen Entschädigungsrechts“. Es geht bei diesen Maßnahmen um eine Hilfe zur Überwindung kurzfristiger Liquiditätsengpässe, mithin um eine Konjunkturhilfe, welche nicht als Schadenskompensation unter die einschlägige Bestimmung der vorliegenden Versicherungsbedingungen fällt. Damit kommt es bereits aus Rechtsgründen nicht auf den Bezug beziehungsweise die tatsächliche Höhe des Kurzarbeitergeldes oder etwaiger Corona-Hilfen der Klägerin an. II. Keinen Anspruch hat die Klägerin gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Insoweit war die Klage abzuweisen. Ein Verzug der Beklagten lag zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht vor. Zum Zeitpunkt des 03.04.2020 war die gesamte geforderte Versicherungsleistung gem. § 20 Ziffer 1 noch nicht fällig, zumal das Schreiben der Beklagten vom 03.04.2020 von der Klägerin nicht als das letzte Wort aufzufassen war, mithin keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung im Sinn des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB darstellt. Damit wirkte erst das anwaltliche Schreiben vom 15.04.2020 verzugsbegründend. Die Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung kann die Klägerin indes nicht vom Schuldner ersetzt verlangen (BGH, NJW 1985, 320, 324). III. Der geltend gemachte Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, diejenige der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 und S. 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. §§ 3, 4 Abs. 1 Hs. 2 ZPO.
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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1G r ü n d e 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen. 3Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Für die Darlegung dieser Voraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht. 4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 3 f. m. w. N. 5Eine Grundsatzrüge, die sich auf tatsächliche Verhältnisse stützt, erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf. 6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 5. 7Gemessen hieran rechtfertigen die von dem Kläger für grundsätzlich bedeutsam erachteten Fragen, 8ob Geflüchtete tatsächlich eine sogenannte innerstaatliche Fluchtalternative im Süden Malis besitzen, 9und 10ob, falls eine solche sogenannte inländische Fluchtalternative im Süden Malis angenommen würde, diese auch ausnahmslos allen theoretisch Geflüchteten zustünde oder ob der Personenkreis, der diese genießen könnte, eingeschränkt ist, 11die Zulassung der Berufung nicht. Der Kläger hat es nämlich bereits versäumt, diese Fragen durch die Vorlage geeigneter Erkenntnisquellen zu substantiieren. Es ist nicht Aufgabe des Senats, (neue) Erkenntnisse einzuholen, um die für den Kläger günstigen Gesichtspunkte zusammenzutragen. 12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. Mai 2020– 1 A 1854/19.A –, juris, Rn. 6 f. m. w. N. 13Im Ergebnis macht der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen, das Verwaltungsgericht gehe fälschlicherweise (weil der Süden Malis nicht vollständig unter staatlicher Kontrolle stehe und er aufgrund eines bei ihm bestehenden erheblichen intellektuellen Defizits nicht fähig sei, dort Schutz zu finden) davon aus, dass für ihn im Süden Malis eine inländische Fluchtalternative bestehe, allein (ernstliche) Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Hierbei handelt es sich aber von vornherein nicht um einen Zulassungsgrund im Sinne des § 78 Abs. 3 AsylG. 14Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). 15Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 1.773,38 Euro festgesetzt. 1G r ü n d e 2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dabei bedeutet „darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen. 4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2013– 1 A 106/12 –, juris, Rn. 2, m. w. N.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 186, 194 m. w. N. 5Der jeweilige Zulassungsgrund ist hinreichend deutlich zu bezeichnen. Die Anforderungen an die Darlegungslast dürfen aber vor dem Hintergrund der Gewährleistungen des Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden. Der Zulassungsgrund muss daher nicht ausdrücklich benannt sein, insbesondere bedarf es nicht der genauen Normbezeichnung. Es genügt, dass sich die Antragsbegründung der Sache nach einem oder mehreren bestimmten Zulassungsgründen zuordnen lässt. Der Senat ist insoweit ggf. verpflichtet, die Antragsbegründung sinn- und sachgerecht auszulegen. 6Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 187. 7Hiervon ausgehend rechtfertigt das – fristgerechte – Zulassungsvorbringen des Klägers in der Antragsbegründungsschrift vom 21. September 2018 die begehrte Zulassung der Berufung nicht aus den – bei sachgerechter Auslegung – sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO. 81. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. 9Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und konkret aufzeigen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen sie ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will. Diesen Darlegungsanforderungen wird (beispielsweise) nicht genügt, wenn und soweit sich das Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen. 10Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2018 – 1 A 249/16 –, juris, Rn. 2 ff. 11Nach Maßgabe dieser Grundsätze zeigt das Zulassungsvorbringen keine durchgreifenden ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf. 12Der Kläger wendet sich mit seinem Zulassungsvorbringen allein gegen die – unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des OVG Hamburg erfolgte – Annahme des Verwaltungsgerichts, (auch) die Regelung des § 53 Abs. 6 SVG, nach der von der Ruhensanordnung die „Beschäftigung bei öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften oder ihren Verbänden“ ausgenommen sei, sei mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Zwar seien auch die anerkannten Religionsgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts, die auch Aus- oder Fortbildungseinrichtungen betreiben würden. Diesen Religionsgesellschaften komme jedoch aufgrund von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 WRV eine besondere Stellung zu. Sie seien nicht Teil der Staatsverwaltung, sondern ungeachtet ihrer Anerkennung als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht dem Staat inkorporiert, also auch nicht im weitesten Sinn „staatsmittelbare“ Organisationen oder Verwaltungseinrichtungen. Im Hinblick auf diese Trennung von Kirche und Staat sei es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die Kirchen und andere öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften aus dem Anwendungsbereich der Ruhensvorschriften ausschließe. 13Der Kläger trägt hiergegen vor, er werde durch die – den Fall des Zusammentreffens von Versorgungsbezügen und Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen regelnden – Anrechnungsvorschriften des § 53 Abs. 1, 6 und 9 SVG in verfassungswidriger Weise gegenüber den bei einer anerkannten Religionsgemeinschaften angestellten Soldaten benachteiligt. Die vom Verwaltungsgericht insoweit herangezogene Rechtsprechung sei mittlerweile überholt. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland gehöre einer der beiden großen deutschen Kirchengemeinschaften oder einer anderen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft an. Dies habe zur Folge, dass sich die beiden großen christlichen Religionsgesellschaften mittlerweile nur noch zu einem geringen Teil aus der Kirchensteuer und, so sei es zumindest der Presse zu entnehmen, zu einem weit überwiegenden Teil aus allgemeinem Steueraufkommen finanzierten. Dies sei vielleicht auf das stets gute Zusammenspiel in der Geschichte – bis hin zur Identität („Fürstbischof“) – zwischen diesen Kirchen und den Staatsgewalten zurück zu führen. Bis heute hätten die zuständigen staatlichen Organe ein Mitwirkungsrecht bei der Bestimmung der Bischöfe, bis heute sei es auch den Pfarrern und Pfarrerinnen untersagt, regierungskritische Ausführungen zu tätigen. All dies erlaube nicht mehr die Wertung, diese Kirchen seien vom Staat getrennt; zumindest bei den beiden großen (christlichen) Kirchen handele es sich damit um echte Staatskirchen. 14Dieses Zulassungsvorbringen dringt nicht durch. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob der Kläger mit der Behauptung, es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn Soldaten, die bei einer anerkannten Religionsgesellschaft beschäftigt seien, von der Ruhensregelung ausgeschlossen seien, überhaupt erreichen könnte, dass er von der Anrechnung ausgeschlossen wird, oder ob einer solchen Folge der Grundsatz „keine Gleichbehandlung im Unrecht“ entgegen stünde. Seine Annahme trifft nicht zu, in der von ihm beschriebenen Situation – Finanzierung überwiegend durch allgemeine Steuergelder, Mitwirkungsrechte bei der Bischofsernennung, enge Einflussnahme auf die Meinungsbildung – könne von einer die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Trennung von Staat und Kirche jedenfalls in Bezug auf die beiden großen christlichen Kirchen nicht mehr ausgegangen werden. 15Art. 137 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung, der über Art. 140 GG auch Bestandteil des Grundgesetzes geworden ist, bestimmt ausdrücklich, dass keine Staatskirche besteht. Dies gebietet eine prinzipielle Trennung von Staat und Kirche in organisatorischer und inhaltlicher Hinsicht, was gesonderte Kirchenaufsichtsrechte des Staates und kirchliche Leitungsbefugnisse des Staates ausschließt. Gemeinsame Angelegenheiten von Staat und Religionsgemeinschaften in dem Sinne, dass staatliche und religionsgemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmungen untrennbar miteinander vermischt werden, darf es nicht geben, vielmehr ist auch bei gemeinsamen Angelegenheiten zu unterscheiden, was Sache des Staates und was Sache der Religionsgemeinschaften ist. 16Vgl. nur Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018, Art. 137 WRV Rn. 2, m.w.N. 17Es spricht auch in Ansehung des klägerischen Vortrags nichts für die Annahme, es fehle in Bezug auf die großen christlichen Religionsgemeinschaften in Deutschland tatsächlich oder rechtlich an der verfassungsrechtlich gebotenen prinzipiellen Trennung von Kirche und Staat in inhaltlicher oder organisatorischer Hinsicht. Der Kläger hat seine Behauptung, den Pfarrern und Pfarrerinnen der großen christlichen Kirchen sei „bis heute“ untersagt, regierungskritische Äußerungen zu tätigen – und damit die inzidente Unterstellung einer inhaltlichen Abhängigkeit – nicht belegt. Er hat insoweit weder Beispielsfälle benannt, noch angegeben, woraus sich wessen Ermächtigung ergeben sollte, bestimmte Meinungsäußerungen von Pfarrern oder Pfarrerinnen zu untersagen. Die Richtigkeit dieser Behauptung drängt sich dem Senat auch sonst nicht auf. 18Die verfassungsrechtlich ebenfalls gebotene prinzipielle organisatorische Trennung von Staat und Kirche wird auch nicht dadurch berührt, dass – wie der Kläger vorträgt – staatliche Organe „Mitwirkungsrechte“ bei der Ernennung von Bischöfen haben. Insoweit allein bedenkliche Mitwirkungsrechte staatlicher Organe im Sinne von Ernennungsrechten gibt es nicht. 19Die Bischöfe der evangelischen-lutherischen Kirchen in Deutschland werden in der Regel von Synoden gewählt, reformierte (auch unierte) Kirchen sind in Deutschland presbyterial verfasst und kennen daher schon kein Bischofsamt. 20Die Bischöfe der römisch-katholischen Kirche werden vom Heiligen Stuhl ernannt, in Deutschland nach den Maßgaben der fortgeltenden Konkordate, nämlich dem Reichskonkordat von 1933, dem Badenkonkordat von 1932, dem Preußenkonkordat von 1929 und dem Bayernkonkordat von 1924. Danach werden der Erzbischof von Freiburg, die Bischöfe von Mainz und Rottenburg sowie die Bischöfe der „preußischen“ Diözesen, u.a. Aachen, Fulda, Köln, Münster, Osnabrück und Paderborn, aus einer vom Heiligen Stuhl vorgelegten Liste von drei Kandidaten von den jeweiligen Dom-, Metropolitan oder Kathedralkapiteln gewählt, Art. III des Badenkonkordats, Art. 6 des Preußenkonkordats und Art. 14 des Reichskonkordats, und danach vom Papst ernannt. In Bayern hat der Heilige Stuhl die volle Freiheit der Ernennung der Erzbischöfe und Bischöfe, vgl. Art. 14 § 1 des Bayernkonkordats. Die Beteiligung staatlicher Stellen beschränkt sich jeweils auf die Prüfung und ggf. ein Vetorecht, ob bzw. dass gegen den ausgewählten Kandidaten Bedenken (allgemein) politischer Art bestehen, vgl. Art. 14 des Reichskonkordats, Art. III des Badenkonkordats, Art. 6 Abs. 1 des Preußenkonkordats, Art. 14 § 1 des Bayernkonkordats. Die staatlichen Stellen können danach im Einzelfall zwar verhindern, dass ein Kandidat zum Bischof ernannt wird, sie können aber nicht durchsetzen, dass der Heilige Stuhl einen bestimmten Kandidaten ernennt. 21Dass der Staat (auch) die großen christlichen Religionsgemeinschaften und ihre Verbände angesichts sinkender Mitgliederzahlen zunehmend aus allgemeinen Steuermitteln (mit)finanziert, qualifiziert diese nicht schon als Staatskirche. 22Das Grundgesetz kennt nämlich keine strikte Trennung von Staat und Religionsgemeinschaften. Es schließt weder eine Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaften, noch eine „religionsneutrale“, den Gleichheitssätzen Rechnung tragende Förderung der Religionsgemeinschaften aus. Zum einen hat der Staat einen Kulturauftrag, zum anderen reicht es nicht aus, die religiösen Freiheiten nur zu respektieren. Vielmehr muss der Staat ggf. auch zweckfrei die Verwirklichung durch Schaffung der notwendigen Ausgangsbedingungen ermöglichen. 23Vgl. Ehlers, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018, Art. 137 WRV Rn. 2, m.w.N. 242. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten zuzulassen. 25Schwierigkeiten solcher Art liegen vor, wenn der Ausgang des Rechtsstreits aufgrund des Zulassungsvorbringens bei summarischer Prüfung als offen erscheint. Dies ist der Fall, wenn das Zulassungsvorbringen – etwa wegen der Komplexität der betroffenen Tatsachen- bzw. Rechtsfragen – Anlass zu solchen Zweifeln gibt, welche sich nicht schon ohne Weiteres im Zulassungsverfahren, sondern erst in einem Berufungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden lassen. 26Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Februar 2018– 1 A 2072/15 –, juris, Rn. 40, und vom 13. Februar 2018 – 1 A 2517/16 –, juris, Rn. 28 m. w. N. 27Das Vorbringen des Klägers lässt – wie oben dargelegt - derartige besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten nicht erkennen. 28Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 und 3 GKG. 29Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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Tenor Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. November 2017 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. 1T a t b e s t a n d 2Die am 00.00.0000 in I. geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit und sunnitischer Religionszugehörigkeit. Sie reiste am 9. September 2017 zusammen mit ihrem Ehemann, einem syrischen Staatsangehörigen, und ihrer am 4. April 2016 geborenen gemeinsamen Tochter in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dort stellte sie - ebenso wie ihr Ehemann und ihre Tochter - am 15. September 2017 einen Asylantrag. Das Verfahren des Ehemannes und der Tochter wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) getrennt unter dem Az. XXXXXXX-222 geführt. 3Im Rahmen des persönlichen Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats und der persönlichen Anhörung zur Zulässigkeit des gestellten Asylantrags am 15. September 2017 beim Bundesamt gab die Klägerin an, dass sie die Türkei im Jahr 1995 verlassen und danach 21 Jahre im Irak gelebt habe. Von dort sei sie über die Türkei, Bulgarien und weitere ihr unbekannte Länder nach Deutschland gekommen. In Bulgarien habe sie sich für circa ein Jahr in Sofia aufgehalten. Sie habe dort weder internationalen Schutz beantragt noch zuerkannt bekommen. Ihr seien in Bulgarien jedoch Fingerabdrücke abgenommen worden. 4In einer weiteren Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 21. September 2017 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass dem Bundesamt Erkenntnisse für die Unzulässigkeit des Asylantrags vorlägen. Die Klägerin gab an, am 27. August 2016 in Bulgarien eingereist zu sein und sich dort ungefähr vier Monate aufgehalten zu haben. In Bulgarien sei sie einen Monat im Gefängnis gewesen. Weitere drei Monate habe sie sich in einem geschlossenen Camp aufgehalten. Sie sei dort gezwungen worden, Fingerabdrücke abzugeben. Einen Asylantrag habe sie nicht gestellt. In Bulgarien gebe es keine Menschenrechte. Sie habe Angst gehabt, zu sagen, dass sie Kurdin aus der Türkei sei, vielmehr habe sie sich als syrische Staatsangehörige ausgegeben. Ihre Beinprothese sei kaputtgegangen, hierum habe sich aber niemand gekümmert. Sie habe sich deswegen an mehrere Hilfsorganisationen gewandt, die aber auch nichts für sie getan hätten. Wegen des Beins sei sie zuletzt im Jahr 2009 operiert worden. Sie nehme keine Medikamente, außer manchmal Schmerzmittel. 5In ihrer persönlichen Anhörung beim Bundesamt am selben Tag gab die Klägerin an, dass sie die Türkei verlassen habe, weil ihr Heimatdorf im Jahr 1993 und 1994 zerstört worden sei. Im Irak habe sie sich der PKK angeschlossen und diese nicht kämpfend unterstützt. Sie habe dort durch einen Luftwaffenangriff ihr Bein verloren. Seit dem Jahr 2012 habe sie keinen Kontakt mit der PKK mehr gehabt, vielmehr sei sie nach ihrer Heirat Hausfrau gewesen. Eine Schule habe sie nicht besucht. 6Nach einem Eurodac-Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Bulgariens stellte das Bundesamt am 2. Oktober 2017 ein Wiederaufnahmegesuch nach Art. 18 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 für die Klägerin. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2017 teilten die bulgarischen Behörden mit, dass dem Wiederaufnahmegesuch nach Art. 18 Abs. 1 lit b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht stattgegeben werde, weil der Klägerin mit Entscheidung vom 17. Februar 2017 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei. Zuständige bulgarische Behörde sei die Grenzpolizei. 7Mit Bescheid vom 9. November 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Ziffer 2.). Es forderte die Klägerin unter Androhung der Abschiebung nach Bulgarien auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens (Ziffer 3.) Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG a.F. wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4.). 8Mit Bescheid vom 28. Mai 2018 erging eine gleichlautende Entscheidung des Bundesamts für den Ehemann und die Tochter der Klägerin. 9Die Klägerin hat am 16. November 2017 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ausführt, dass sie eine Unterschenkelprothese trage. Dies sei mit erheblichen Problemen verbunden. Sie sei daher auf medizinische Behandlung angewiesen, die sie in Bulgarien nicht in ausreichendem Maße erhalten werde. Als vulnerable Person drohe ihr in Bulgarien die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung. 10Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, 11den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge der Beklagten vom 9. November 2017 aufzuheben, 12hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass in ihrer Person ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Bulgariens vorliegt. 13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, 14die Klage abzuweisen. 15Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags bezieht sie sich auf den Inhalt des angefochtenen Bescheids. 16Auf die Klage des Ehemannes und der Tochter der Klägerin gegen den Bundesamtsbescheid hob das Verwaltungsgericht Köln die gegenüber der Tochter der Klägerin ergangene Unzulässigkeitsentscheidung mit Urteil vom 26. September 2019 auf. Zudem verpflichtete es die Beklagte festzustellen, dass für den Ehemann der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes hinsichtlich Bulgariens vorliegt (dortiges Aktenzeichen: 20 K 4097/18.A), welches das Bundesamt mit Bescheid vom 13. März 2020 feststellte. Der Tochter der Klägerin wurde mit Bescheid des Bundesamts vom 29. Mai 2020 der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. 17Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 5. August 2020, die Beklagte mit ihrer allgemeinen Prozesserklärung vom 27. Juni 2017 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. 18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Bundesamts der Beklagten Bezug genommen. 19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e 20Die Kammer kann im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, vgl. § 102 Abs. 2 VwGO. 21A. Die Kammer versteht den ausdrücklich gestellten Antrag, 22die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. November 2017 - 7216014-1-163 - zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, 23bei verständiger Auslegung des Klagebegehrens (§§ 88 VwGO), die mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG auch bei - wie hier - anwaltlich vertretenen Klägern geboten ist, wenn das Rechtsschutzziel klar zu erkennen ist, 24vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2007 - 2 BvR 254/07 -, juris, Rn. 17, 25dahin, dass beantragt wird, 26den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 9. November 2017 aufzuheben, 27hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass in der Person der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Bulgariens vorliegt. 28Die Klägerin hat ihre Klage nicht auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschränkt. Vielmehr hat sie schriftsätzlich umfänglich die Aufhebung des Bescheids und nicht lediglich dessen Ziffer 2. beantragt. In der Klagebegründung findet sich zudem die Angabe, dass die Klägerin die Aufhebung des Bescheids der Beklagten und deren Verpflichtung begehrt, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen. Dies ist so zu verstehen, dass die Klägerin auch Ziffer 1. des Bescheids vom 9. November 2017 angegriffen hat. Hierfür spricht auch, dass von einem unterlegenen Asylbewerber regelmäßig sämtliche Feststellungen des ablehnenden Asylbescheids zum Gegenstand des Prozesses vor dem Verwaltungsgericht gemacht werden. 29Vgl. dazu bei inhaltlicher Prüfung und Ablehnung des Asylantrags bereits Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 15. April 1997 - 9 C 19.96 -, juris, Rn. 12; Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Mai 2018 - 9 A 1434/18.A -, juris, Rn. 16. 30Die so verstandene Klage hat bereits mit dem Hauptantrag Erfolg. 31B. Die Klage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1. ist als Anfechtungsklage statthaft. Denn im Fall eines Bescheids, mit dem das Bundesamt einen Asylantrag - wie hier - nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt hat, ist allein die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO die statthafte Klageart. Eine gerichtliche Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung hat zur Folge, dass das Bundesamt das Verfahren fortführen und eine Sachentscheidung treffen muss. 32Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. November 2017 - 1 C 39.16 -, juris, Rn. 16. 33C. Die Klage ist auch begründet. 34Der Bescheid des Bundesamts vom 9. November 2017 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 35I. Rechtsgrundlage für die angefochtene Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1. des Bundesamtsbescheids ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. 36Der Beklagten war es vorliegend verwehrt eine Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zu treffen. 371. Zwar sind die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift nach nationalem Recht gegeben. So ergibt sich aus dem im Verwaltungsvorgang des Bundesamts enthaltenen Schreiben der bulgarischen Dublin-Einheit vom 11. Oktober 2017, dass der Klägerin in Bulgarien mit Entscheidung vom 17. Februar 2017 subsidiärer Schutz zuerkannt wurde. Diese Angabe hat die Klägerin im Nachgang auch nicht mehr bestritten. 382. Eine Unzulässigkeitsentscheidung ist hier jedoch aus unionsrechtlichen Gründen ausgeschlossen. 39a) Liegen die geschriebenen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor, kann eine Unzulässigkeitsentscheidung nach der Rechtsprechung des EuGH aus Gründen vorrangigen Unionsrechts gleichwohl ausnahmsweise ausgeschlossen sein. Das ist der Fall, wenn die Lebensverhältnisse, die den Antragsteller bzw. Kläger als anerkannten Schutzberechtigten in dem anderen Mitgliedstaat erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren. Unter diesen Voraussetzungen ist es den Mitgliedstaaten untersagt, von der durch Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen. 40Vgl. ausdrücklich EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a, Hamed u.a. - Rn. 35; s.a. Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 101. 41Damit ist geklärt, dass Verstöße gegen Art. 4 GRC im Mitgliedstaat der anderweitigen Schutzgewährung nicht nur bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung zu berücksichtigen sind, sondern bereits zur Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung führen. 42Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. April 2020 - 1 C 4.19 -, juris, Rn. 36, vom 4. Mai 2020 - 1 C 5.19 -, juris, Rn. 36, vom 20. Mai 2020 - 1 C 34.19 -, juris, Rn. 15 und vom 17. Juni 2020 - 1 C 35.19 -, juris, Rn. 23. 43Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU verbietet einem Mitgliedstaat hingegen nicht, die durch diese Bestimmung eingeräumte Befugnis zur Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig auszuüben, wenn der Antragsteller in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, keiner ernsthaften Gefahr ausgesetzt wäre, aufgrund der Lebensumstände, die ihn dort als international Schutzberechtigten erwarten würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC zu erfahren. Der bloße Umstand, dass die Lebensverhältnisse in diesem Mitgliedstaat nicht den Bestimmungen des Kapitel VII der Anerkennungsrichtlinie gerecht werden, führt angesichts der fundamentalen Bedeutung des Grundsatzes des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu einer Einschränkung der Ausübung der in Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU vorgesehenen Befugnis, solange die Schwelle der Erheblichkeit des Art. 4 GRC nicht erreicht ist. Gleiches gilt, wenn der Schutzberechtigte in dem Mitgliedstaat, der ihm internationalen Schutz gewährt hat, keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen erhält, ohne jedoch anders als die Angehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt zu werden und der ernsthaften Gefahr einer gegen Art. 4 GRC verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu sein. 44Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. April 2020 - 1 C 4.19 -, juris, Rn. 38, vom 4. Mai 2020 - 1 C 5.19 -, juris, Rn. 36, vom 20. Mai 2020 - 1 C 34.19 -, juris, Rn. 16  und vom 17. Juni 2020 - 1 C 35.19 -, juris, Rn. 24 jeweils unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 83 ff. und Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a., Hamed u.a. - Rn. 34. 45Systemische Mängel des Asylverfahrens selbst mögen zwar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat rechtfertigen, schränken aber die Befugnis der übrigen Mitgliedstaaten nicht ein, einen neuen Antrag als unzulässig abzulehnen. 46Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2020 - 1 C 34.19 -, juris, Rn. 16 unter Bezugnahme auf EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 95 - 100). 47Anders verhält es sich nur dann, wenn das Gemeinsame Europäische Asylsystem in der Praxis in dem Mitgliedstaat, der internationalen Schutz gewährt hat, auf größere Funktionsstörungen stößt und dadurch eine Person tatsächlich der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt wäre. In diesen Fällen darf sich ein anderer Mitgliedstaat nicht auf Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU berufen, um einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen. Begründet hat der Gerichtshof diese Einschränkung der in Art. 33 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2013/32/EU enthaltenen Ermächtigung zur Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig mit dem allgemeinen und absoluten Charakter des Verbots in Art. 4 GRC, das eng mit der Achtung der Würde des Menschen verbunden ist und ausnahmslos jede Form unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verbietet, ohne dass es darauf ankommt, ob eine solche Behandlung zum Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss droht. 48Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 86 ff. 49Der EuGH hat im Urteil "Ibrahim" - in Anlehnung an das Urteil "Jawo" vom gleichen Tag - den Maßstab für eine Verletzung von Art. 4 GRC durch die Lebensbedingungen im Staat der Schutzgewährung näher konkretisiert. Danach fallen systemische oder allgemeine oder bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen nur dann unter Art. 4 GRC, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt und die dann erreicht wäre, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Diese Schwelle ist selbst bei durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern diese nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren die betreffende Person sich in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann, 50vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 89 - 91 und - C-163/17, Jawo - Rn. 91 - 93 und Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a., Hamed u.a. - Rn. 39, 51wobei in der Abwägung die besondere Situation des jeweils Betroffenen zu berücksichtigen ist. 52Vgl. BVerwG, Urteile vom 11. April 2020 - 1 C 4.19 -, juris, Rn. 40 und vom 4. Mai 2020 - 1 C 5.19 -, juris, Rn. 40. 53Bei der Gefahrenprognose stellt der EuGH auf das Bestehen einer ernsthaften Gefahr ("serious risk") ab. 54Vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 86 sowie - C-163/17, Jawo - Rn. 83, Beschluss vom 13. November 2019 - C-540/17 u.a., Hamed u.a. - Rn. 36. 55Dies entspricht dem Maßstab der tatsächlichen Gefahr ("real risk") in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 3 EMRK bzw. der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im nationalen Recht. 56vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2020 - 1 C 35.19 -, juris, Rn. 27 unter Bezugnahme auf EGMR, Urteil vom 28. Februar 2008 - Nr. 37201/06, Saadi - NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff. bzw. BVerwG, Urteil vom 17. November 2011 - 10 C 13.10 - Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 58 Rn. 20 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 2 Buchst. e und Art. 15 Buchst. b RL 2004/83/EG. 57Aus der Rechtsprechung des EuGH 58Vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 - C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. - Rn. 93, 59geht in Übereinstimmung mit der „Tarakhel“-Rechtsprechung des EGMR, 60vgl. EGMR (Große Kammer), Urteil vom 4. November 2014 - 29217/12 (Tarakhel /Schweiz) -, NVwZ 2015, 127, 61zudem hervor, dass bei der Gefahrenprognose grundsätzlich unterschieden werden muss zwischen einerseits der Gruppe der gesunden und arbeitsfähigen anerkannt Schutzberechtigten sowie andererseits Antragstellern mit besonderer Verletzbarkeit, also vulnerablen Personen, bei denen die Wahrscheinlichkeit, dass sie unabhängig vom eigenen Willen und von persönlichen Entscheidungen in eine Situation extremer materieller Not geraten, wesentlich größer ist. Denn der Bedarf, den vulnerable Personen haben, um den Eintritt eines Verstoßes gegen Art. 4 GRC zu vermeiden, ist gegenüber gesunden und arbeitsfähigen anerkannt Schutzberechtigten regelmäßig ein anderer bzw. höherer. 62Vgl.              Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juli 2019 - A 4 S 749/19 -, juris, Rn. 41; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 67; OVG Sachsen, Urteil vom 13. November 2019 - 4 A 947/17.A -, juris, Rn. 28; Verwaltungsgericht (VG) Saarland, Urteil vom 20. September 2019 - 3 K 1222/18 -, juris, Rn. 21; ähnlich VG Gelsenkirchen, Urteil vom 22. November 2019 - 17a K 2746/18.A -, juris, 27 f. 63Bei vulnerablen Personen kann vor einer Rückführung ggf. auch eine hinreichend belastbare Versorgungszusicherung der Zielstaatsbehörden einzuholen sein. 64Vgl.              BVerfG, Beschluss vom 31. Juli 2018 - 2 BvR 714/18 -, juris, Rn. 19 m.w.N. 65Für die Beurteilung der Frage, ob ein Antragsteller der Gruppe der vulnerablen Personen zuzuordnen ist, kann Art. 20 Abs. 3 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, als Orientierungshilfe herangezogen werden. Danach sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die spezielle Situation von schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, Opfern des Menschenhandels, Personen mit psychischen Störungen und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, zu berücksichtigen. Dabei kommt es aber stets auch auf die Umstände des Einzelfalls an. 66Ist der Antragsteller Mitglied einer Kernfamilie (Eltern und minderjährige Kinder), ist für die anzustellende Gefahrenprognose bei möglichst realitätsnaher Beurteilung der - wenn auch notwendig hypothetischen - Rückkehrsituation bei tatsächlich gelebter Lebensgemeinschaft der Kernfamilie im Regelfall davon auszugehen, dass diese entweder insgesamt nicht oder nur gemeinsam im Familienverband zurückkehrt. Der Gefahrenprognose ist danach eine typisierende Regelvermutung gemeinsamer Rückkehr im Familienverband zugrunde zu legen. Dies gilt auch dann, wenn einzelnen Mitgliedern der Kernfamilie bereits ein Schutzstatus zuerkannt oder für sie nationaler Abschiebungsschutz festgestellt worden ist. 67Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 - 1 C 45.18 -, juris, Rn. 15. 68Diese zu einem nationalen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK in Bezug auf das Herkunftsland des Ausländers ergangene Rechtsprechung ist auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Das BVerwG hat die der Gefahrenprognose zugrunde zu legende Regelvermutung gemeinsamer Rückkehr damit begründet, dass der grund- und konventionsrechtliche Schutz des bestehenden Kernfamilienverbandes bereits auf die Rückkehrkonstellation einwirke und auch bei bestehender Bleibeberechtigung einzelner Mitglieder eine getrennte Betrachtung einzelner Familienmitglieder für den Rückkehrfall in der Regel nicht zulasse. Bereits das Bundesamt habe das im Regelfall aus Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK folgende Trennungsverbot bei der von ihm zu treffenden Prognoseentscheidung über die den einzelnen Familienmitgliedern im Herkunftsland drohenden Gefahren zu berücksichtigen. Diese Betrachtungsweise mindere zugleich Friktionen, die sich daraus ergeben könnten, dass über die Schutzanträge der einzelnen Mitglieder der Kernfamilie nicht gleichzeitig, sondern zeitversetzt entschieden werde. Diese Erwägungen greifen in gleicher Weise bei der Prüfung, ob eine Unzulässigkeitsentscheidung wegen der ernstlichen Gefahr einer gegen Art. 4 GRC verstoßenden Behandlung des Antragstellers aufgrund der Lebensverhältnisse im schutzgewährenden Mitgliedstaat ausscheidet. Auch hier ist in Bezug auf den schutzgewährenden Mitgliedstaat eine Gefahrenprognose vorzunehmen, bei der die Schutzwirkungen der Art. 6 GG, Art. 8 EMRK und Art 7 GRC zu beachten sind und nicht durch Zufälligkeiten des Verfahrensablaufs - wie der vorliegende Fall zeigt - unterlaufen werden dürfen. Dies gilt - von Missbrauchsfällen abgesehen - unabhängig davon, ob die familiäre Lebensgemeinschaft der Kernfamilie bereits im Rückkehrstaat bestanden hat oder nicht. 69Vgl.              ebenso Bay VGH, Beschluss vom 3. Februar 2020 - 13a ZB 19.33975 -, juris, Rn. 4. 70b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe durfte der Asylantrag nicht gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt werden. Denn der Klägerin droht bei einer Rückkehr nach Bulgarien die ernsthafte Gefahr einer gegen Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK verstoßenden erniedrigenden Behandlung. Die Kammer ist davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass die Klägerin unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden aktuellen Erkenntnismittel zu den Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter in Bulgarien (aa) sowie unter Berücksichtigung ihrer individuellen Lage und persönlichen Umstände bei einer hier zu vermutenden Rückkehr im Familienverband (bb) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in eine Situation extremer materieller Not geraten und ihre elementarsten Bedürfnisse für einen längeren Zeitraum nicht befriedigen können wird. 71aa) Die Kammer geht auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden aktuellen Erkenntnismittel zu den Lebensbedingungen zurückgeführter anerkannt Schutzberechtigter in Bulgarien von Folgendem aus: 72Unter Berücksichtigung der Erkenntnisse zu der Situation anerkannt Schutzberechtigter in Bulgarien im Allgemeinen (1.), zu deren Unterbringungs- und Wohnsituation (2.), zu deren Zugang zu Sozialleistungen (3.), zu deren Zugang zum bulgarischen Arbeitsmarkt (4.) und zu medizinischer Versorgung (5.) sowie zu der in Bulgarien durch Nichtregierungsorganisationen geleisteten Arbeit (6.) ist zusammenfassend festzustellen, dass die Schaffung von adäquaten, menschenwürdigen Lebensbedingungen in Bulgarien in einem sehr hohen Maß von der Eigenverantwortlichkeit und Eigeninitiative des anerkannt Schutzberechtigten abhängig ist. Entscheidend ist dabei, ob es dem anerkannt Schutzberechtigten nach einer kurzen Anlaufzeit gelingen wird, trotz des ihm fremden Lebensumfelds Arbeit zu finden und aus den daraus erzielten Einkünften seinen Lebensunterhalt auf zumindest niedrigem Niveau und damit auch seine elementarsten Grundbedürfnisse („Bett, Brot, Seife“) zu sichern. Im Einzelnen: 73(1.) Nach der aktuellen Erkenntnislage ist davon auszugehen, dass nach Bulgarien zurückkehrende anerkannte Schutzberechtigte am Flughafen von der Grenzpolizei empfangen werden. Nichtregierungsorganisationen, wie etwa das bulgarische rote Kreuz empfangen die Rückkehrer zusätzlich, wenn sie von anderen Organisationen oder den Behörden des Landes, das den Schutzberechtigten zurücksendet, oder von bulgarischen Behörden auf einen speziellen Fall aufmerksam gemacht werden, wie etwa physisch oder psychisch kranke oder behinderte Menschen. 74Vgl. Auswärtiges Amt (AA), Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 5. 75In Bulgarien existieren jedoch keine besonderen staatlichen Hilfsprogramme für Rückkehrer. Es gibt auch keine speziellen Programme für zurückgekehrte Schutzberechtigte von Nichtregierungsorganisationen. 76Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 5. 77Nach der Erkenntnislage werden anerkannte Schutzberechtigte, die Bulgarien zwischenzeitlich verlassen haben, dort auch nach Rückkehr weiterhin als solche behandelt werden. Ein einmal zuerkannter Status geht in Bulgarien nicht automatisch durch Ablauf des jeweiligen Aufenthaltstitels unter. Die Person muss lediglich persönlich in Bulgarien einen Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels stellen. 78Vgl. Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 12; Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (auf Englisch United Nations High Commissioner for Refugees, UNHCR), Where there is a will, there is a way - Private Sector Engagement in the Employment of Beneficiaries of International Protection, 26. April 2017, Seite 6; OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A -, juris, Rn. 30; von der Möglichkeit einen Aufenthaltstitel neu zu beantragen spricht OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 74. 79Grundsätzlich haben Personen, die von Bulgarien als Flüchtlinge anerkannt wurden, dort die gleichen Rechte wie bulgarische Staatsbürger; Personen mit subsidiärem Schutzstatuts haben dieselben Rechte wie Daueraufenthaltsberechtigte, Art. 32 Abs. 1 und 2 des bulgarischen Asyl- und Flüchtlingsgesetzes. 80Vgl. asylum information database (aida): Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 76 ff; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 19; BFA Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 19; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 30. Juni 2017, Seite 17; Deutsche Botschaft Sofia, Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylbewerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, Stand: Mai 2019, Seite 2; Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 12. 81Die Unterschiede zwischen Personen mit Flüchtlings- und solchen mit subsidiärem Schutzstatus bestehen dabei im Wesentlichen in den Rechtsfolgen für die Wartezeit bzgl. einer etwaigen Einbürgerung und der Möglichkeit des visafreien Reisens innerhalb der EU. 82Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 11; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 73. 83Zudem werden Identitätsdokumente mit unterschiedlicher Gültigkeitsdauer ausgestellt: Anerkannte Personen mit Flüchtlingsstatus erhalten fünf Jahre gültige Dokumente, subsidiär Schutzberechtigte solche mit einer dreijährigen Gültigkeit. Praktisch besteht für beide Gruppen von anerkannten Schutzberechtigten das administrative Problem, dass die Ausstellung der Identitätsdokumente an eine Registrierung in einer nationalen Datenbank (ЕСГРAОН) geknüpft ist. Diese knüpft an einen festen Wohnsitz nebst Meldeadresse in Bulgarien an. 84Vgl. aida, Country Report: Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 77; Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH), Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 21; UNHCR, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Oktober 2018, Seite 2. 85(2.) Die Unterbringung von anerkannten Schutzberechtigten gestaltete sich in der Vergangenheit in Bulgarien als schwierig. 86So waren und sind bei der Wohnraumbeschaffung keine besonderen staatlichen Leistungen vorgesehen. In Bulgarien existieren zudem nur wenige Sozialwohnungen, auf die sich anerkannte Schutzbedürftige ebenso wie bulgarische Staatsangehörige bewerben dürfen. 87Vgl. AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 16. Januar 2019, Seite 2; AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2; Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 9. 88Nach Artikel 32 Abs. 3 des Asyl- und Flüchtlingsgesetzes haben anerkannte Schutzberechtigte zwar de lege lata sechs Monate lang Anspruch auf staatliche finanzielle Unterstützung für eine Unterkunft. 89Vgl. dazu nur AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 16. Januar 2019, Seite 2. 90In Ermangelung einer praktischen Umsetzung dieses Rechtsanspruchs hat sich jedoch eine Praxis etabliert, nach der die Aufnahmezentren für Asylbewerber auch anerkannten Schutzberechtigten für sechs Monate Unterkunft bieten, wenn entsprechende Kapazitäten bestehen. 91Vgl. aida, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 76; aida, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, Seite 76; aida, Housing out of reach? - The reception of refugees and asylum seekers in Europe, Seite 30; AA, Auskunft an Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2; AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 2; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 20; einschränkend nur hinsichtlich vulnerabler Flüchtlinge UNHCR, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Oktober 2018, Seite 2; auf die Platzkapazitäten insofern verweisend Auskunft der Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 8: „Although the practice (…) still exists, it cannot be regarded as a secure one. It depends inter alia on the availability of space in the centres“. 92Nach ihrer Rückkehr nach Bulgarien müssen sich anerkannte Schutzberechtigte grundsätzlich selbstständig um eine Unterkunft bemühen. 93Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 1 und AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2. 94Dabei haben anerkannte Schutzberechtigte bei nicht sofortigem Erhalt einer Unterkunft die Möglichkeit, einen Antrag auf Aufnahme in einer Aufnahmeeinrichtung zu stellen. 95Vgl. AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 16. Januar 2019, Seite 2; einschränkend dagegen AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2 sowie AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 1. 96Tatsächlich bestehen mittlerweile Überkapazitäten in den bulgarischen Aufnahmezentren. Die zuständige State Agency for Refugees (im Folgenden: SAR) verwaltet Aufnahme- und Gemeinschaftseinrichtungen für Asylsuchende mit einer Gesamtkapazität von 5160 Plätzen. Von diesen waren Ende Januar 2020 449 belegt, was einer Belegungsquote von 8,7 Prozent entspricht. 97Vgl. Bundesamt, Entscheiderbrief 03/2020, Seite 10; zur schwankenden Angabe zur Kapazität der fünf Aufnahmenzentren zwischen 4760 und 5940 Plätzen zwischen Dezember 2018 und März 2019 BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 16. 98An dieser Praxis hat sich auch durch die SARS-CoV2-Pandemie nichts geändert. Vielmehr hat die Europäischen Kommission bereits am 11. Mai 2020 darüber informiert, dass die für das Asylverfahren zuständige SAR in ihren Aufnahmezentren Unterkünfte für Begünstigte des internationalen Schutzes angeboten hat, die nicht mehr berechtigt seien, dort zu leben, aber aufgrund der COVID-19-Krise von Obdachlosigkeit bedroht sind. Die SAR stelle dort auch Essen zur Verfügung. 99Vgl. Europäische Kommission, „Impact of government measures related to COVID-19 on third-country nationals“, abrufbar unter https://ec.europa.eu/migrant-integration/news/impact-of-government-measures-related-to-covid-19-on-third-country-nationals-in-bulgaria, zuletzt abgerufen am 15. September 2020; anders noch zur Versorgung mit Lebensmitteln SFH, Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 21. 100Die Lebensbedingungen in den staatlichen Aufnahmezentren werden unterschiedlich beurteilt. So teilte das Auswärtige Amt dem Verwaltungsgericht Gießen mit Auskunft vom 27. Dezember 2017 mit, dass sich die Situation in den Aufnahmezentren verbessert habe und heute als insgesamt akzeptabel zu bewerten sei. Bei Besuchen von Mitarbeitern der Botschaft in Sofia im März und April 2017 hätten umfassende Renovierungsarbeiten an und Neubauten von Flüchtlingsunterkünften besichtigt werden können. 101Vgl. AA, Auskunft an das VG Gießen vom 27. Dezember 2017, Seite 4. 102Dagegen werden die Bedingungen im Bericht von aida trotz der von der SAR regelmäßig durchgeführten Teilrenovierungen nach wie vor als ärmlich beschrieben, vor allem in Bezug auf die Verfügbarkeit sanitärer Anlagen. Nach Angaben von aida sollen sich Bewohner aller Zentren - mit Ausnahme des Zentrums in Vrazhdebna - über die sanitären Bedingungen beschwert haben, insbesondere im Hinblick auf das Vorhandensein von Bettwanzen. 103Vgl. aida: Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 55. 104Dies wird auch in einem Bericht der FRA (European Union Agency for Fundamental Rights) aus 2019 bestätigt. In diesem wird angeführt, dass sich Bewohner der Aufnahmezentren in Sofia während der Wintermonate über Heizungsausfälle beschwert hätten. Berichtet wird daneben von kleinen Feuern sowie dem Austritt von Wasser und Abwasser aus gebrochenen Wasserrohren. 105Vgl. FRA (European Union Agency for Fundamental Rights), Migration: Key Fundamental Rights Concerns, Quarterly Bulletin 1 aus 2019, Seite 3, abrufbar unter https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2019-migration-bulletin-1_en.pdf, zuletzt abgerufen am 15. Oktober 2020. 106Nach der Erkenntnislage ist zwar davon auszugehen, dass die Zugehörigkeit zu einer besonders vulnerablen Personengruppe von den bulgarischen Behörden von Rechts wegen hinsichtlich der Unterbringung berücksichtigt werden müsste, die Entscheidung über die Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse vulnerabler Personen jedoch im Ermessen steht und nicht anhand schriftlich festgelegter Kriterien oder Richtlinien getroffen wird. Insbesondere existieren in den Unterbringungszentren keine getrennten Einrichtungen für Familien, alleinstehende Frauen, unbegleitete Minderjährige oder traumatisierte Asylbewerber. 107Vgl. aida: Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 59 für im Asylverfahren befindliche Personen. 108Anders stellen sich die Lebensbedingungen nach der Erkenntnislage lediglich für die Aufnahmeeinrichtung in Harmali dar. Diese Aufnahmeeinrichtung verfügt über eine Kapazität von 2.710 Plätzen auf einer Fläche von 17 Hektar. Sie geriet im November des Jahres 2016 in die Schlagzeilen, weil einige Bewohner gegen die dortigen Lebensbedingungen protestierten und es hiernach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei kam. Nach einer daraufhin eingeleiteten Umstrukturierung der Einrichtung sind dort (Stand: Mai 2019) fest 80 Personen angestellt, zu denen auch ein Arzt und eine Krankenschwester zählen. Die Bewohner in der Einrichtung werden getrennt nach ihrer Nationalität und ihrer Sprache in verschiedenen Gebäudekomplexen untergebracht. Es gibt einen Wohnkomplex für Arabisch sprechende Personen, ein Gebäude für afghanische Staatsangehörige, in dem Familien mit Kindern eigene Wohnräume erhalten, sowie ein Wohngebäude für vulnerable Personen. In Letzterem werden Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige jeweils getrennt voneinander untergebracht. Zusätzlich zu den drei Wohnblöcken stehen in Harmanli noch Wohncontainer mit einer eigenen Toilette und einem Waschbecken zur Verfügung, die im Fall eines hohen Zustroms belegt werden können. Bis zu 1.000 Personen können in diesen Containern zusätzlich untergebracht werden. Die Wohngebäude und die Wohncontainer verfügen über eine Zentralheizung. Der Sanitärbereich beinhaltet verschließbare Toiletten und mehrere Waschbecken auf unterschiedlicher Höhe, einschließlich solcher zur rituellen Fußwaschung für Muslime. Weiterhin steht den Bewohnern neben einem kleinen Einkaufsladen mit Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs eine Wäscherei kostenlos zur Verfügung. 109Vgl. Deutsche Botschaft Sofia, Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylbewerbern und anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien, Stand: Mai 2019, Seite 5 ff. 110Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Praxis einer fortgesetzten Unterkunftsgewährung in den Aufnahmezentren trotz der oben genannten Erkenntnisquellen nicht auf anerkannte Schutzberechtigte angewandt wird, die die Unterkunft zwischenzeitlich verlassen haben, wozu auch aus dem Ausland zurückkehrende anerkannte Schutzberechtigte zählen, 111vgl. so wohl: OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A -, juris, Rn. 91 und 97; AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 8; Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 8; UNHCR, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Oktober 2018, Seite 3, a.A. OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris, Rn. 62, 112sind anerkannte Schutzberechtigte nach ihrer Rückkehr nach Bulgarien nicht von Obdachlosigkeit bedroht. 113Sie können nach der Rückkehr zwölf landesweit verteilte „Zentren für temporäre Unterkunft“ in Anspruch nehmen. In diesen stehen insgesamt 607 Plätze zur Verfügung; hier ist eine Unterbringung pro Kalenderjahr für jeweils drei Monate möglich; diese kann im Notfall um weitere drei Monate verlängert werden. 114Vgl. Bundesamt, Länderinformationen: Bulgarien, Stand: Mai 2017, Seite 4; hierauf ebenfalls abstellend OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17 -, juris, Rn. 57; VG Lüneburg, Beschluss vom 12. Dezember 2019 - 8 B 180/19 -, juris, Rn. 25. 115Hinzu kommen noch zwei kommunale „Krisenzentren“ zur Unterbringung von Obdachlosen in Sofia, die in den Wintermonaten (1. Dezember bis 31. März) geöffnet sind; hier stehen 170 Plätze zur Verfügung. 116Vgl. Bundesamt: Länderinformationen: Bulgarien, Stand: Mai 2017, Seite 4. 117Das Auswärtige Amt geht zur Unterbringungssituation in Obdachlosenunterkünften davon aus, dass diese bescheiden, aber in den ihm bekannten Fällen nicht menschenunwürdig sei, 118vgl. AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 16. Januar 2019, Seite 2; AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2, 119wohingegen der UNHCR einschränkend ausführt, dass die dortigen Bedingungen nicht für Kinder geeignet seien. 120Vgl. UNHCR, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Oktober 2018, Seite 3. 121Schwierigkeiten bei der anschließenden privaten Unterkunftssuche soll nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen zum einen bereiten, dass viele Vermieter zögern sollen, Wohnungen an Migranten zu vermieten. 122Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 2; zu diesen Vorbehalten gegenüber anerkannten Schutzberechtigten muslimischen Glaubens bereits AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 9. 123Zum anderen erschwert die Anmietung einer Wohnung der Umstand, dass für den Abschluss eines Mietvertrags das Führen gültiger Ausweispapiere erforderlich ist. Diese können jedoch nicht ausgestellt werden, wenn kein Wohnsitz besteht bzw. keine Meldeadresse angegeben werden kann. 124Vgl. SFH, Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 21; von einem „Teufelskreis“ sprechend: VG Lüneburg, Beschluss vom 12. Dezember 2019 - 8 B 180/19 -, juris, Rn. 26. 125Für neu anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte, die in einem der fünf Aufnahmezentren für Asylbewerber (Ovcha Kupel bzw. Voenna Rampa in Sofia und Banya, Pastrogor sowie Harmanli) leben, soll dabei nach Angaben von aida und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe das Problem bestehen, dass die SAR es diesen Personen nicht mehr erlaubt, die Adresse des Zentrums als Residenzadresse anzugeben. 126Vgl. aida, Country Report: Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 77; aida, Housing out of reach? - The reception of refugees and asylum seekers in Europe, Bericht vom 30. April 2019, Seite 28; SFH, Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 21. 127Demzufolge setzt der Erhalt der Identitätsdokumente das Bestehen eines festen Wohnsitzes in Bulgarien als Meldeadresse, dies aber wiederum den Erhalt von Identitätsdokumenten voraus. Um diesen Kreis zu durchbrechen, werden in der Praxis zum Teil Scheinmietverträge verwendet. 128vgl. aida, Country Report: Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 77; aida, Housing out of reach? - The reception of refugees and asylum seekers in Europe, Bericht vom 30. April 2019, Seite 28, 129Nach den Angaben des Bundesamts können die Unterbringungszentren dagegen als Meldeadressen für Rückkehrer dienen. 130Vgl. Bundesamt, Länderinformationen: Bulgarien, Stand: Mai 2017, Seite 3. 131Für muslimische Schutzberechtigte kann zusätzlich die muslimische Gemeinde ein Anlaufpunkt sein, welche sich in der Vergangenheit immer wieder an der Flüchtlingshilfe beteiligte und z.B. leerstehenden Wohnraum an anerkannte Schutzberechtigte überließ. 132Vgl. Deutsche Botschaft Sofia, Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylbewerbern und anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien, Stand: Mai 2019, Seite 4; zur großen syrischen Gemeinde noch Caritas Bulgaria, The Bulgarian Migration Paradox, Mai 2019, Seite 20. 133Bei der Suche nach einer Unterkunft können die Rückkehrer zudem auf Hilfe von Nichtregierungsorganisationen zurückgreifen. So helfen Nichtregierungsorganisationen außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte bei der Wohnungssuche. 134Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 8. 135Dies führt - zusammen mit der niedrigen Zahl von in Bulgarien verweilenden Flüchtlingen - nach Angaben des Auswärtigen Amtes dazu, dass es dort kaum obdachlose Flüchtlinge gibt. 136Vgl. AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 16. Januar 2019, Seite 2; AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2; ebenso BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 21; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 21. 137Gründe an diesen Angaben des Auswärtigen Amts zu zweifeln, hat die Kammer nicht. Auch aus den sonstigen Erkenntnismitteln lässt sich nicht konkret entnehmen, dass eine große Anzahl anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien Obdachlosigkeit, Hunger oder Entbehrung leidet. 138Vgl. dazu Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 8 f.; OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15 -, juris, Rn. 56 unter Verweis auf OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 133; auch im Bericht von aida, Housing out of reach? - The reception of refugees and asylum seekers in Europe, Bericht vom 30. April 2019, Seite 33 f. werden für Bulgarien keine entsprechenden Fälle benannt; lediglich von einem durchaus bestehenden Risiko der Obdachlosigkeit sprechend UNHCR, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Oktober 2018, Seite 2. 139Nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen sollen am ehesten Frauen und Familien mit kleinen Kindern von Obdachlosigkeit bedroht sein, auch wenn gleichermaßen berichtet wird, dass sie durch die bulgarischen Behörden zuweilen besonderen Schutz (z. B. hinsichtlich der Unterbringung) bekommen sollen, 140vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 10; vgl. dazu auch VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 19. September 2019 - 16 A 6012/18 -, juris, Rn. 118 141und eine weitere Quelle angibt, dass für Familien bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien die gleichen Bedingungen wie für Alleinstehende gelten sollen. Eine zusätzliche Unterstützung vonseiten der Nichtregierungsorganisationen könne ggf. nur erfolgen, wenn diese bereits vor Rückkehr in die Wege geleitet worden sei. Besondere Vorkehrungen und Aufnahmezentren bestünden lediglich für Minderjährige. 142Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 5. 143(3.) Zur Abwendung von Obdachlosigkeit nach Ablauf des Sechsmonatszeitraums und zur Sicherung des Lebensunterhalts im Übrigen können anerkannte Schutzberechtigte in Bulgarien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit auf das Existenzminimum sichernde Sozialhilfeleistungen des bulgarischen Staates zurückgreifen. Zwar gewährt dieser anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten die gleichen sozialen Unterstützungsleistungen, wie sie auch bulgarische Staatsangehörige in Anspruch nehmen können. 144Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 19; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 20. 145Für den Zugang zu staatlicher sozialer Unterstützung ist - ebenso wie beim Ausstellen von Identitätsdokumenten - eine Wohnsitzregistrierung und eine Meldeadresse erforderlich. 146Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 19; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 20. 147Es gibt verschiedene Möglichkeiten staatlicher sozialer Unterstützung. Schutzberechtigte können sich zum einen an ihrem Wohnort an das zuständige Social Assistance Directorate der Social Assistance Agency wenden. Dort existieren verschiedene Formen der Unterstützung (monatliche, einmalige oder zielgerichtete Sozialzulagen). Außerdem besteht die Möglichkeit, kommunale Sozialleistungen für Anwohner zu beantragen. Die Sozialhilfe beläuft sich pro Person auf umgerechnet circa 33 Euro im Monat. 148Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 3; AA, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Juli 2018, Seite 2; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 19 f.; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 19. 149Faktisch besteht aber - sowohl für anerkannte Schutzbedürftige wie auch für bulgarische Staatsangehörige - kaum die Möglichkeit zum Bezug von Sozialhilfe, weil die Voraussetzungen für deren Gewährung derart hoch sind, dass in der Praxis nur eine Minderheit der bezugsberechtigten bulgarischen Staatsangehörigen und kaum anerkannte Schutzberechtigten sie beziehen. Im Jahr 2017 soll lediglich in 20 Fällen Sozialhilfe gezahlt worden sein. 150Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 3; AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 6; zum gleichen Ergebnis gelangend Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 7; speziell zu Wohngeld AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 2. 151Die Lebenshaltungskosten werden im Übrigen in Bulgarien im Landesdurchschnitt mit 305 € Euro (für Sofia mit 397 €) beziffert. 152Vgl. AA, Auskunft an das VG Potsdam vom 16. Januar 2019, Seite 3 im Fall eines männlichen Erwachsenen. 153Hierbei ist hinsichtlich der Preise für Lebensmittel zu berücksichtigen, dass diese niedriger sind als in anderen EU-Ländern, z. B. kostet 154-          Brot etwa 1,50 bulgarische Lew (im Folgenden: BGN) - umgerechnet 1,02 € - pro Kilo, 155-          Weißkäse zwischen 8,00 und 11,00 BGN - umgerechnet zwischen 4,09 und 5,62 € - pro Kilo, 156-          Hartkäse zwischen 12,00 und 18,00 BGN - umgerechnet zwischen 6,13 und 9,19 € - pro Kilo, 157-          Milch zwischen 1,80 und 2,50 BGN - umgerechnet zwischen 92 Cent und 1,53 € - pro Liter 158-          und Joghurt etwa 2,50 BGN - umgerechnet 1,53 € - pro Liter. 159Strom wird in Bulgarien nach einem zeitvariablen Tarif abgerechnet: 0,20 BGN - umgerechnet 10 Cent - pro kWh bei Tag und 0,12 BGN - umgerechnet 6 Cent - bei Nacht. 160Vgl. Europäische Kommission, Eures, Lebens- und Arbeitsbedingungen in Bulgarien, Lebenshaltungskosten, abrufbar unter https://ec.europa.eu/eures/main.jsp?catId=8691&acro=living&lang=de&parentId=7803&countryId=BG&living=, zuletzt abgerufen am 16. Oktober 2020. 161Der gesetzliche Mindestlohn in Bulgarien wurde im Jahr 2020 auf 610 BGN (umgerechnet 311,53 €) angehoben. 162vgl. Europäische Kommission, Eures, Lebens- und Arbeitsbedingungen in Bulgarien, Löhne und Gehälter, abrufbar unter https://ec.europa.eu/eures/main.jsp?catId=8361&acro=living&lang=de&parentId=7770&countryId=BG&living= sowie Becca Blanke, Artikel vom 15. August 2020 auf The Borgen Project, Poverty in Bulgaria, abrufbar unter https://borgenproject.org/tag/minimum-wage-in-bulgaria/, beide zuletzt abgerufen am 16. Oktober 2020. 163(4.) Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Schutzberechtigte automatisch und bedingungslos gegeben, insbesondere wird kein Arbeitsmarkttest durchgeführt und der Zugang zum Arbeitsmarkt ist auch nicht auf bestimmte Sektoren beschränkt. 164Vgl. aida: Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 83; aida: Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, Seite 76; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 21; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 21. 165Anerkannte Schutzberechtigte sind damit rechtlich den Inländern gleichgestellt. 166Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 6. 167Zwar soll nach Angaben von aida der Zugang zu Beschäftigung die Identifizierung auf der Grundlage eines gültigen Identitätsdokuments voraussetzen. 168Vgl. aida, Country Report: Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 76; aida, Country Report: Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, Seite 70. 169Jedoch soll es nach Angaben des Auswärtigen Amtes für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keine entscheidende Rolle spielen, ob die anerkannten Schutzberechtigten über eine feste Meldeanschrift verfügen. 170Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 3. 171Problem beim Zugang zur Erwerbstätigkeit ist häufig die Sprachbarriere. Es wird neben Sprachbarrieren zwischen den anerkannten Schutzberechtigten und den Mitarbeitern der Agenturen für Arbeit auch von Sprachschwierigkeiten im Verhältnis mit potentiellen Arbeitgebern, von der fehlenden Anerkennung von Qualifikationen der Betroffenen und Vorbehalten gegenüber Schutzberechtigten berichtet, die Hürden bei der Arbeitssuche darstellen. 172Vgl. Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 6; AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 6; UNHCR, Where there is a will, there is a way - Private Sector Engagement in the Employment of Beneficiaries of International Protection, 26. April 2017, Seite 11; Caritas Bulgaria, The Bulgarian Migration Paradox, Mai 2019, Seite 32. 173Es gibt von Seiten des bulgarischen Staats zudem nur vereinzelte Fördermaßnahmen für anerkannte Schutzberechtigte. So fand im Februar 2017 eine Berufsmesse für Flüchtlinge statt. Bei dieser wurden 60 vorselektierte Kandidaten in ihren Bemühungen eine Arbeit zu finden unterstützt. 174Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 30. Juni 2017, Seite 18. 175Die Hilfe durch die staatliche Agentur für Arbeit kann daher nicht als effektiv eingestuft werden. 176Vgl. so auch VG Schleswig-Holstein, Gerichtbescheid vom 7. Mai 2019 - 10 A 628/18 -, juris, Rn. 34. 177Unabhängig davon besteht aber durchaus Bedarf und Interesse an der Beschäftigung anerkannter Schutzbedürftiger in Bulgarien. So heißt es in einer Auskunft der Botschaft Sofia vom 1. März 2018, dass auf dem Land häufig Mitarbeiter für einfache Tätigkeiten in der Landwirtschaft und Gastronomie, auch ohne besondere Ausbildung und bulgarische Sprachkenntnisse, gesucht würden, auf der anderen Seite aber kaum Bereitschaft der Betroffenen bestehe, sich in der Provinz niederzulassen. In Folge des Rückgangs der Bevölkerung in der bulgarischen Provinz erkundigten sich Unternehmen bei der Flüchtlingsagentur, wie sie auf Grund der mittlerweile geschaffenen Integrationsverordnung Flüchtlinge vor Ort aufnehmen könnten. 178Vgl. Botschaft Sofia, Auskunft an das AA vom 1. März 2018, Seite 2; ebenso auch AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 4. 179Es wird des Weiteren davon berichtet, dass sich Unternehmer in der jüngsten Vergangenheit zunehmend danach erkundigt hätten, wie sie Flüchtlinge beschäftigen könnten, wobei auch Unterkunftsmöglichkeiten, insbesondere auf dem Land, angeboten würden. Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist es sicherlich möglich, dass das mit einigen dieser Tätigkeiten erzielte Einkommen auskömmlich ist, um den Lebensbedarf und eine Unterkunft zu finanzieren. 180Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, Seite 4. 181Darüber hinaus haben in Bulgarien eine Reihe von privaten Unternehmen Niederlassungen gegründet, die sich unter anderem über die SAR und einige Nichtregierungsorganisationen gezielt um Asylsuchende und anerkannte Schutzberechtigte als Beschäftigte bemühen und für diese zum Teil besondere Hilfen - etwa Unterkünfte, Lebensmittelgutscheine, Transportmöglichkeiten bei Nachtschichten usw. - anbieten (z.B. Pirin Tex Ltd., Convoy, TELUS International, Aladin Foods). 182Vgl. dazu UNHCR, Where there is a will, there is a way - Private Sector Engagement in the Employment of Beneficiaries of International Protection, 26. April 2017, Seiten 12, 16, 18 und 21. 183Des Weiteren berichtet die Caritas von einem Trend dahingehend, dass Nichtregierungsorganisationen und sonstige Institutionen Asylbewerber und anerkannte Schutzberechtigte als Übersetzer, Sozialarbeiter und Mediatoren anstellen. 184Vgl. Caritas Bulgaria, The Bulgarian Migration Paradox, Mai 2019, Seite 7. 185Auch durch die SARS-CoV-2-Pandemie haben sich die Verhältnisse auf dem bulgarischen Arbeitsmarkt nicht grundlegend geändert bzw. so wesentlich verschlechtert, dass anerkannte Schutzberechtigte dort keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen können. 186Zwar kam es zu Beginn der Pandemie - wie auch sonst weltweit - im Zuge von Einschränkungen für die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben in Bulgarien zu Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt. So stieg im Zuge der Pandemie die Arbeitslosenrate von 4,2 auf 7,0 Prozent. Viele bulgarische Arbeitnehmer im Ausland kehrten in die Heimat zurück. Den größten Verlust von Arbeitsplätzen gab es wegen Einschränkungen und Schließungen im Dienstleistungssektor. 187Vgl. Germany Trade Invest, Artikel vom 30. Juli 2020 zu Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten, abrufbar unter https://www.gtai.de/gtai-de/trade/wirtschaftsumfeld/bericht-wirtschaftsumfeld/bulgarien/arbeitsmarkt-243982, zuletzt abgerufen am 15. September 2020. 188Jedoch hat die bulgarische Regierung mit einem Krisenpaket reagiert, um die Folgen der Pandemie für die heimische Wirtschaft abzufedern. Bulgariens Regierungschef Bojko Borissow kündigte am 27. Juli 2020 ein Maßnahmenpaket im Wert von umgerechnet 593,1 Millionen Euro an, um die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie in Bulgarien einzudämmen. Es soll mit Haushaltsmitteln finanziert werden. Davon sind 374,5 Millionen Euro soziale Transferleistungen. Die restlichen 218,6 Millionen Euro sind zur Unterstützung der Wirtschaft vorgesehen. Recht erfolgreich läuft bisher die Maßnahme 60/40; sie soll bis Ende 2020 weitergeführt werden. Dabei übernimmt der Staat 60 Prozent der Ausgaben für Löhne und Sozialversicherungsbeiträge. Arbeitgeber tragen somit die restlichen 40 Prozent der  Lohn- und Lohnnebenkosten. Alle Arbeitgeber, die einen Einkommensrückgang von 20 Prozent nachweisen können, sind förderberechtigt. Die Regierung finanziert diese Maßnahme mit dem Budget des Programms „Entwicklung der Humanressourcen 2014 bis 2020“. Ab 1. Oktober 2020 erhöht der Staat zudem den Mindestbetrag des Arbeitslosengeldes von 9 auf 12 BGN. Großunternehmen können seit Juni 2020 Zuschüsse von umgerechnet 15.339 bis 51.129 Euro von der Regierung erhalten, um Liquiditätsengpässe zu überwinden. Anspruch darauf haben Firmen, deren Umsatz im vergangenen Jahr zwischen 1,5 Millionen und 25,6 Millionen Euro betrug und die Einbußen von 20 Prozent nachweisen können. Speziell für die Tourismusbranche kann der Staat 28 Millionen Euro von der Europäischen Union (EU) abrufen. Dabei handelt es sich um Gelder, die von der EU-Kommission genehmigt wurden, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie einzudämmen. Reiseveranstalter können pro Gast, der eine Reise nach Bulgarien bucht, einen Zuschuss von 35 Euro erhalten. Diese Subventionen gewährt die EU bis zum 31. Dezember 2020. Reiseunternehmen dürfen dabei nicht mehr als insgesamt 800.000 Euro an Zuschüssen beantragen. 189Vgl. Germany Trade Invest, Artikel mit Stand 5. August 2020, Covid-19: Maßnahmen der Regierung, abrufbar unter https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bulgarien/covid-19-massnahmen-der-regierung-239240, zuletzt abgerufen am 15. September 2020. 190Auch die Europäische Kommission prognostiziert in ihrer Sommervorhersage zur Entwicklung der Wirtschaft in Bulgarien, dass mit dem Aufheben von Lockdown-Maßnahmen zu erwarten sei, dass sich der private Konsum in der zweiten Hälfte des Jahres wieder erhole und in moderatem Maße im Jahr 2021 wieder ansteige. Ein Anstieg von Investitionen wird erst für 2021 wieder erwartet. Dagegen prognostiziert die Kommission, dass die Exporte graduell während der zweiten Hälfte des Jahres 2020 wieder ansteigen. 191Vgl. Europäische Kommission, Summer 2020 (Interim) Forecast, Bulgaria, abrufbar unter https://ec.europa.eu/economy_finance/forecasts/2020/summer/ecfin_forecast_summer_2020_bg_en.pdf, zuletzt abgerufen am 15. September 2020. 192Zudem wird für die Jahre 2020 und 2021 ein - im Vergleich zu den Jahren 2018 und 2019 geringerer - Anstieg der Konsumentenpreise um lediglich 1,0 bzw. 1,1 Prozent vorhergesagt. 193Vgl. Europäische Kommission, Summer 2020 (Interim) Forecast, Statistical Annex, Table 4, abrufbar unter https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/economy-finance/summer_2020_economic_forecast_-_statistical_annex.pdf, zuletzt abgerufen am 15. September 2020. 194(5.) Auch bezüglich der Gesundheitsversorgung werden anerkannte Schutzberechtigte bulgarischen Staatsangehörigen gleichgestellt. 195Vgl. SFH, Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 22. 196Dies bedeutet praktisch, dass Schutzberechtigte ab Statuszuerkennung die Krankenversicherungsbeträge selbst bezahlen müssen, welche während des Asylverfahrens noch von der SAR getragen werden. Der Mindestsatz beträgt umgerechnet 22,90 €. 197Vgl. aida, Country Report: Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 84; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 22. 198Für besonders Schutzbedürftige sollen manche Nichtregierungsorganisationen einen Teil der Krankenversicherungskosten übernehmen. Zudem soll der Staat die Krankenversicherung für Kinder übernehmen, unabhängig davon, ob sie unbegleitet oder zusammen mit ihren Eltern in Bulgarien sind. 199Vgl. UNHCR, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Oktober 2018, Seite 3. 200Die Gesundheitsversorgung soll sich in der Praxis als schwierig darstellen, 201vgl. SFH, Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 16, 202was aber ebenso für bulgarische Staatsangehörige gilt. 203Vgl. so auch die Einschränkung bei SFH, Auskunft zu Bulgarien - Aktuelle Situation für Asylsuchende und Personen mit Schutzstatus vom 30. August 2019, Seite 16. 204Diese Versorgung wird in Bulgarien regelmäßig durch „Out of Pocket“-Zahlungen aufgebessert, welche die anerkannten Schutzberechtigten selbst leisten müssen. Rezeptfreie Medikamente lassen sich auf eigene Rechnung über das Internet erwerben. Rezeptpflichtige Medikamente können bei ganzer oder teilweiser Kostenübernahme von der Krankenkasse bezahlt werden. 205Vgl. dazu BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 21; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 22; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 30. Juni 2017, Seite 18 f.; s. noch VG Karlsruhe, Urteil vom 25. Juni 2019 - A 13 K 6939/18 -, juris, Rn 49 und VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 7. Mai 2019 - 10 A 628/18 -, juris, Rn. 44 m.w.N. 206Zu den verfügbaren Medikamenten gehören auch bestimmte Psychopharmaka. 207Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 30. Juni 2017, Seite 19; s. auch noch World Health Organization (WHO): Mental Health ATLAS 2017 Member State Profile Bulgaria, abrufbar unter https://www.who.int/mental_health/evidence/atlas/profiles-2017/BGR.pdf?ua=1, zuletzt abgerufen am 16. Oktober 2020. 208Eine kostenlose - unabhängig vom Versicherungsstatus bestehende - medizinische Notfallversorgung ist aber in jedem Fall gegeben. 209Vgl. AA, Auskunft an das VG Trier vom 26. April 2018, 4; AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 9 f. 210Zu dieser auf Art. 7 der Verordnung Nr. 25 vom 4. November 1999 über die medizinische Notfallversorgung basierenden Versorgung sind weder dem Auswärtigen Amt noch der regelmäßig berichtenden bulgarischen Rechtsanwältin Dr. Valeria Ilareva Fälle bekannt geworden, in denen sie anerkannten Schutzberechtigten verweigert und es deshalb zu ernsthaften Schäden für Leib und Leben der anerkannten Schutzberechtigten gekommen wäre. 211Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 10; Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 11. 212Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die dringend psychologische oder psychiatrische Unterstützung benötigen, werden zudem an die Organisationen „ASET“, „NADYA“ oder an das Zentrum für psychische Gesundheit „Prof. N. Shipkovenski“ verwiesen. Vom Hausarzt können sie zu einem Psychiater in einem diagnostisch-konsultativen Zentrum überwiesen werden. 213Vgl. BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 30. Juni 2017, Seite 18. 214(6.) In Bulgarien sind zudem verschiedene Nichtregierungsorganisationen, wie z.B. das Bulgarische Rote Kreuz, das Bulgarian Helsinki Committee, die Caritas und das Council of Refugee Women in Bulgaria aktiv. Hinsichtlich der Hilfsangebote der Nichtregierungsorganisationen ist von Bedeutung, dass diesen im Allgemeinen und dem bulgarischen roten Kreuz im Besonderen in Bulgarien schon von Gesetzes eine zumindest kooperative Rolle hinsichtlich der Durchführung der Aufgaben des Asyl- und Flüchtlingsrechts und explizit auch bei der Integration der anerkannt Schutzberechtigten zugeschrieben wird. Das Bulgarische Rote Kreuz ist einerseits im Bereich der Asylantragstellung eingebunden, etwa bei der Unterbringung sowie der Bereitstellung von Hilfen zur Anpassung an die bulgarischen Verhältnisse und der (Mit-) Organisation von Sprachkursen. Die Art. 53 Nr. 4, 56 Abs. 1 des bulgarischen Asylgesetzes sehen daneben ausdrücklich vor, dass die Organisation auch bei der Integration der anerkannten Schutzberechtigten mitwirkt und sowohl soziale, medizinische und psychologische Begleitung als auch Hilfe bei der Suche nach einer Beschäftigung anbietet. 215Vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. August 2018 - 3 L 50/17 -, juris, Rn. 20; ebenso OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17 -, juris, Rn. 82; der Gesetzestext ist in englischer Übersetzung abrufbar unter https://www.refworld.org/pdfid/47f1faca2.pdf, zuletzt abgerufen am 21. Oktober 2020. 216Das Bulgarische Rote Kreuz verfügt über Zweigstellen in mehreren bulgarischen Städten und bietet Asylbewerbern sowie anerkannten Schutzberechtigten Geld- und Sachleistungen an. Zudem führt es in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union Integrationsmaßnahmen durch. Diese umfassen Bulgarisch-Sprachkurse, Anmeldungen zur Berufsausbildung und Kostenübernahme dieser Ausbildung, Sozialberatung, Empfehlungen für den Zugang zu einer Arbeitsstelle, Unterkunft, medizinische Versorgung und Bildung, die Weitergabe von Informationen sowie rechtliche, soziale und psychologische Beratungen. Zusätzlich stellt das Bulgarische Rote Kreuz Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel, sozio-kulturelle Organisationskurse, Übersetzungen von Dokumenten und Zeugnissen sowie Übersetzertätigkeiten bei Behördengängen zur Verfügung. Schutzberechtigte werden zudem während ihrer Teilnahme am Sprachkurs oder einer Berufsausbildung krankenversichert. Um an diesen Integrationsprogrammen teilzunehmen, müssen die Schutzberechtigten sich bewerben. Die Vergabe der Plätze erfolgt grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip, jedoch werden vor kurzem anerkannte Schutzberechtigte und solche, die noch keinen Sprachkurs besucht haben, bevorzugt. Das Bulgarische Rote Kreuz bietet auch Sachleistungen oder einmalige finanzielle Hilfe in Notsituationen (bei drohender Obdachlosigkeit, Krankheit oder ähnlichem). 217Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 4; AA, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Juli 2018, Seite 3; AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 2; zum „Flüchtlings-Migrantendienst“ des bulgarischen roten Kreuzes auch noch Bundesamt, Länderinformation: Bulgarien, Stand: Mai 2017, Seite 5; zu Bulgarisch-Sprachkursen Deutsche Botschaft Sofia, Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylbewerbern und anerkannten Schutzberechtigten in Bulgarien, Stand: Mai 2020, Seite 4. 218Weitere Unterstützung bieten das Bulgarian Helsinki Committee, das rechtliche Hilfestellungen offeriert, und die Caritas. Letzere betreibt in Sofia ein Integrationszentrum, das psychologische Hilfe, Bildungsservices, soziale Beratung, humanitäre Hilfe und Unterstützung bzgl. Wohnungen und Arbeit anbietet. 219Vgl. AA, Auskunft an das Niedersächsische OVG vom 18. Juli 2017, Seite 5; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 24. Juli 2020, Seite 22; BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Gesamtaktualisierung am 28. August 2019, Seite 23; Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 5; Bundesamt, Länderinformation: Bulgarien, Stand: Mai 2017, Seite 5. 220Das Council of Refugee Women in Bulgaria verfügt in Sofia über eine zentrale Sammel- und Ausgabestelle für gespendete Lebensmittel, Kleidung, Alltagsgegenstände etc., die Asylbewerbern wie auch anerkannten Schutzberechtigten zu Gute kommen. Seit dem 21. August 2020 verteilt die Organisation unter der Adresse 51 Iskar Street in Sofia die ihr überlassenen Spenden. 221Vgl. Artikel der Organisation vom 21. August 2020, abrufbar unter http://www.crw-bg.org/en/blogs/our-new-storehouse-humanitarian-aid, zuletzt abgerufen am 16. Oktober 2020 sowie zuvor allgemein bereits OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris, Rn. 66 f. unter Bezugnahme auf Council of Refugee Women in Bulgaria, http:/crw-bg.org/eu/private-donors/. 222Der Umfang der Aktivitäten der Nichtregierungsorganisationen hängt von deren konkreter Finanzierung ab, 223vgl. Auskunft der Frau Dr. Valeria Ilareva an das Niedersächsische OVG vom 7. April 2017, Seite 3, 224wobei keine Erkenntnisse darüber vorliegen, dass Hilfeleistungen der Nichtregierungsorganisationen mangels Finanzierung eingeschränkt oder eingestellt wurden. 225Vgl. ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - OVG 3 B 8.17 -, juris, Rn. 49. 226(7.) Nach Auswertung dieser Erkenntnismittel ist es zur Überzeugung der Kammer (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) in Bezug auf die Personengruppe der uneingeschränkt arbeitsfähigen anerkannt Schutzberechtigten, die nach einem (ggf. auch längeren) Aufenthalt im Bundesgebiet nach Bulgarien zurückkehren und die nicht zum Kreis der vulnerablen Personen gehören, nicht beachtlich wahrscheinlich, dass es ihnen nicht gelingen wird, in Bulgarien Arbeit zu finden und mit dem daraus erzielten Erwerbseinkommen ihre Ernährung, Unterkunft, angemessene hygienische Bedingungen und eine medizinische Versorgung jedenfalls auf einem Mindeststandard zu gewährleisten. 227Vgl. aus jüngerer Zeit ebenso: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. März 2020 - 7 A 10903/18 -, juris, Rn. 49 ff; OVG Hamburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - 1 Bf 132/17.A -, juris, Rn. 37 ff; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2019 - OVG 3 B 8.17 -, juris, Rn. 31 ff; OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris, Rn. 33 ff; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 68 ff; für eine Flüchtlingsfamilie VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - A 4 S 2476/19 -, juris; für Dublin-Rückkehrer noch OVG Sachsen, Urteil vom 13. November 2019 - 4 A 947/17.A -, juris, Rn. 36 ff sowie VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Mai 2019 - A 4 S 1329/19 -, juris. 228Insbesondere lässt sich ein von dem Willen und von den persönlichen Einstellungen des Betroffenen unabhängiger „Automatismus der Verelendung“ für die Personengruppe der uneingeschränkt arbeitsfähigen, nicht vulnerablen anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien nicht feststellen. 229Vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. März 2020 - 7 A 10903/18 -, juris, Rn. 85; OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 - 11 A 228/15.A -, juris, Rn. 51; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 - 4 LB 12/17 -, juris, Rn. 133; OVG Sachsen, Urteile vom 13. November 2019 - 4 A 947/17.A -, juris, Rn. 52 und vom 15. Juni 2020 - 5 A 382/18 -, juris, Rn. 36. 230Bei Gesamtbetrachtung aller Umstände stellt sich die Situation anerkannt Schutzbedürftiger in Bulgarien insgesamt immer noch als durchaus schwierig dar. Zwar werden diese nach Rückkehr nach Bulgarien dort weiterhin als Schutzberechtigte behandelt, insbesondere geht ein einmal zuerkannter Status nicht automatisch nach Ablauf einer gewissen Zeitspanne unter. Den Lebensunterhalt sichernde staatliche Sozialleistungen existieren in Bulgarien jedoch nicht. Nach Rückkehr nach Bulgarien steht den Rückkehrern allerdings der bulgarische Arbeitsmarkt offen, auf dem grundsätzlich auch Chancen zur Beschäftigung bestehen. Selbst eine mit dem bulgarischen Mindestlohn entlohnte Tätigkeit deckt zumindest knapp die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für eine Person. Jedoch gestaltet sich die Unterbringung für anerkannte Schutzberechtige nach wie vor als schwierig. Sie haben zwar de lege lata einen Anspruch auf finanzielle Unterstützung. Dieser wird praktisch jedoch nicht umgesetzt. Für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten besteht allerdings die Möglichkeit, in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR Unterkunft zu finden. Bei - zur Zeit nicht gegebener - Auslastung dieser Einrichtungen können die anerkannt Schutzberechtigten dort sowie in zwölf landesweit verteilten Zentren für temporäre Unterkunft und zumindest in den Wintermonaten in zwei kommunalen Krisenzentren vorübergehend eine Unterkunft finden. Die Lebensbedingungen in den Unterkünften sind zwar ärmlich, jedoch zumindest für alleinstehende, nicht vulnerable Personen im Regelfall nicht menschenunwürdig. Eine getrennte Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Personen findet faktisch nicht statt. Auch auf eine kindgerechte Unterbringung wird ganz überwiegend nicht geachtet. Eine Ausnahme bildet insoweit allein die Unterbringungseinrichtung in Harmanli. Es bestehen im Übrigen hohe administrative Hürden bei der Wohnungssuche, die an die Notwendigkeit zur Registrierung in einem Melderegister anknüpfen, welche jedoch bereits das Vorhandensein eines Wohnsitzes voraussetzt. Gegen eine Unmöglichkeit der Eintragung in das nationale Melderegister und die damit verbundene Erlangung von Identitätsdokumenten zum Abschluss von Wohnraummietverträgen spricht aber, dass die bulgarischen Behörden von 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2019 insgesamt 8.710 Ausweisdokumente für Flüchtlinge und 6.427 Ausweisdokumente für subsidiär Schutzberechtigte ausgestellt haben. 231Vgl.              zu diesen Zahlen aida, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2019, Seite 76. 232Dies lässt darauf schließen, dass praktisch Zugang zu den Identitätsdokumenten existiert. Bei den beschriebenen administrativen Hürden der Registrierung können sich zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte zudem durch Nichtregierungsorganisationen unterstützen lassen. Sollte anerkannt Schutzberechtigten die Ausstellung eines Ausweisdokuments dennoch verweigert werden, so können sie zudem um gerichtlichen Rechtsschutz, ggf. auch Eilrechtsschutz nachsuchen. In Fällen von Rechtsverletzungen leistet das vom UNHCR finanzierte Bulgarian Helsinki Committee auch rechtliche Hilfe. Auch sonst leisten Nichtregierungsorganisationen in Bulgarien anerkannten Schutzberechtigten nach der Erkenntnislage vielfältige Hilfe. Insbesondere bei der Suche nach Wohnraum besteht Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen. So gewährt z.B. das Bulgarische Rote Kreuz eine einmalige finanzielle Hilfe bei Notsituationen bei drohender Obdachlosigkeit oder Krankheit und bietet auch Unterstützung bei Verhandlungen mit dem Vermieter sowie durch Zahlung der ersten Miete. Ferner ist in Bulgarien zumindest eine kostenlose medizinische Notversorgung gewährleistet. 233Anders stellt sich die Situation hingegen für die Gruppe der nicht uneingeschränkt arbeitsfähigen, ggf. vulnerablen Personen dar. Bei diesen wird unter Berücksichtigung der Erkenntnislage und ihres regelmäßig besonderen Bedarfs in aller Regel nicht davon auszugehen sein, dass sie die für die Schaffung adäquater, menschenwürdiger Lebensverhältnisse in Bulgarien erforderliche besondere Eigeninitiative und Eigenverantwortlichkeit aufbringen und ihren Lebensunterhalt zumindest auf niedrigem Niveau und damit ihre elementarsten Bedürfnisse durch Arbeit sicherstellen können werden. Maßgeblich ist dabei eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. 234bb) Im Hinblick auf die Person der Klägerin ist es zur Überzeugung der Kammer (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) auch bei einer zu vermutenden Rückkehr im Familienverband unter Berücksichtigung ihrer individuellen Lage und ihrer persönlichen Umstände beachtlich wahrscheinlich, dass sie in Bulgarien in absehbarer Zeit in eine existenzielle Notlage geraten wird. 235Im Rahmen der Gefahrenprognose ist mit Blick darauf, dass die Klägerin derzeit und auch schon vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet sowohl in Bulgarien als auch im Irak in familiärer Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann und ihrer minderjährigen Tochter lebt und gelebt hat, aufgrund der vorgenannten Regelvermutung davon auszugehen, dass sie gemeinsam mit ihrer Familie nach Bulgarien zurückkehren wird. 236Auch in dieser Rückkehrkonstellation ist unter Berücksichtigung der individuellen Lage und der persönlichen Umstände der Klägerin - und ihrer Familie - jedoch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie alsbald unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in eine Situation extremer materieller Not geraten und ihre elementarsten Bedürfnisse für einen längeren Zeitraum nicht befriedigen können wird. 237Zwar ist davon auszugehen, dass die Klägerin nach der dargestellten Erkenntnislage unmittelbar nach einer Rückkehr nach Bulgarien zusammen mit ihrem Ehemann und ihrer minderjährigen Tochter zumindest für sechs Monate in einer der Aufnahmerichtungen der SAR oder der anderen Unterbringungseinrichtungen Unterkunft finden und in dieser Übergangszeit auch Hilfe von Nichtregierungsorganisationen etwa bei der Wohnungs- und Arbeitssuche sowie der Versorgung mit Lebensmitteln in Anspruch nehmen können wird. Bei nicht sofortigem Erhalt einer Unterkunft muss sie sich auch auf die Möglichkeit verweisen lassen, einen Antrag auf Aufnahme in einer der Einrichtungen zu stellen und notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Auch wenn eine Unterbringung in den genannten Einrichtungen einem minderjährigen Kind im Kleinkindalter - wie der erst vier Jahre alten Tochter der Klägerin -, das auf ein Mindestmaß an Hygiene und regelmäßiger Versorgung mit (auch warmen) Nahrungsmitteln angewiesen ist, angesichts der dort herrschenden ärmlichen, insbesondere in sanitärer Hinsicht unzureichenden und nicht kindgerechten Verhältnissen nicht zumutbar sein dürfte, ist dies im vorliegenden Verfahren außer Betracht zu lassen, da es hier allein um eine Rechtsverletzung der Klägerin geht. Der Klägerin selbst ist als erwachsener Frau eine Unterbringung in den genannten Einrichtungen auch unter Berücksichtigung ihrer körperlichen Behinderung in Form einer Unterschenkelamputation aber noch zumutbar. 238Jedoch ist zur Überzeugung der Kammer (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht beachtlich wahrscheinlich, dass es der Klägerin und ihrem Ehemann im Anschluss an die Übergangszeit der nur vorübergehenden Unterbringung in einer der vorgenannten Einrichtungen gelingen wird, den Lebensunterhalt der dreiköpfigen Familie zumindest auf einem Niveau sicher zu stellen, das eine existenzielle Notlage ausschließen wird. Da nach den dargelegten Erkenntnissen bedarfssichernde Sozialleistungen des bulgarischen Staates nicht existieren bzw. erreichbar sind, wird die Familie den Lebensunterhalt ausschließlich durch eigene Erwerbstätigkeit sicherstellen müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bedarf der Familie mit Blick auf die Notwendigkeit einer kindgerechten Unterbringung der erst 4-jährigen Tochter und mit Blick auf die Behinderung der Klägerin infolge ihrer Unterschenkelamputation - etwa in Form von Reparaturen oder Erneuerungen der Prothese sowie Einnahme von Schmerzmitteln - deutlich erhöht ist. Es ist aber nicht beachtlich wahrscheinlich, dass die Klägerin und ihr Ehemann eine Arbeit finden können werden, aus deren Einkünften dieser ‑ erhöhte - Bedarf der Familie im Sinne eines absoluten Existenzminimums gedeckt werden kann. Die Klägerin selbst wird schon aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen infolge ihrer Behinderung bei realistischer Betrachtung nicht auf dem Arbeitsmarkt bestehen können, zumindest nicht in den Bereichen, die anerkannt Schutzberechtigten in erster Linie offenstehen (Landwirtschaft, Gastronomie und Tourismus). Darüber hinaus wird ihr die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auch mit Blick auf die erforderliche Betreuung der noch im Kleinkindalter befindlichen Tochter nur begrenzt möglich bzw. zumutbar sein. 239Es ist auch nicht anzunehmen, dass es dem Ehemann der Klägerin allein gelingen wird, für die dreiköpfige Familie ein auch nur deren Mindestbedarf sicherndes Erwerbseinkommen zu erzielen. Die Tätigkeiten, welche anerkannt Schutzberechtigten ohne besondere Qualifikationen und/oder bulgarische Sprachkenntnisse in Bulgarien zur Verfügung stehen, entstammen ganz überwiegend dem Niedriglohnsektor. Entsprechende Sprachkenntnisse oder sonstige Qualifikationen des Ehemannes der Klägerin sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Geht man daher von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Gastronomie oder Landwirtschaft und von einer Entlohnung dieser Tätigkeit mit dem bulgarischen Mindestlohn aus, können hiermit allenfalls die Grundbedürfnisse eines der Familienmitglieder gesichert werden. Selbst die Aufnahme einer weiteren Teilzeitbeschäftigung durch diesen würde nicht beachtlich wahrscheinlich ausreichen, um den - erhöhten - Mindestbedarf der gesamten Familie zu sichern. Insbesondere erscheint es nicht hinreichend gesichert, dass der erhöhte medizinische Versorgungsbedarf der Klägerin aufgrund ihrer Behinderung über die lediglich bei Gefahren für Leib oder Leben eingreifende kostenlose Notversorgung abgedeckt sein wird. Dafür, dass der Ehemann der Klägerin die im bulgarischen Gesundheitswesen regelmäßig erforderlichen Zuzahlungen finanzieren können wird, ist ebenfalls nichts ersichtlich. 240Angesichts der dargestellten Schwierigkeiten für die Familie der Klägerin, ihre elementaren Grundbedürfnisse durch eigene Erwerbstätigkeit auf Dauer zu sichern, kann eine Überstellung nach Bulgarien ohne belastbare individuelle Versorgungszusicherung des bulgarischen Staates nicht erfolgen. Eine solche Zusicherung liegt hier nicht vor. Nach der Erkenntnislage wird eine solche von den bulgarischen Behörden auch generell nicht abgegeben. 241Vgl. AA, Auskunft an das Bundesamt vom 25. März 2019, Seite 1 zu einer zeitlich nicht begrenzten - kindgerechten - Unterbringung. 242II. Ist danach die Ziffer 1. des angefochtenen Bescheids aufzuheben, so muss Gleiches auch für die Ziffern 2. bis 4. des streitgegenständlichen Bescheids gelten. 2431. Die unter Ziffer 2. des Bescheids getroffene Feststellung des Fehlens von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist bei Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung jedenfalls verfrüht ergangen. Denn das Bundesamt ist nunmehr zunächst verpflichtet, den Antrag des Klägers materiell zu prüfen. Eine Entscheidung über Abschiebungsverbote kann sachgemäß erst nach Abschluss des Asylverfahrens erfolgen und insoweit auch nur in Bezug auf den (Heimat-)Staat, in den abgeschoben werden soll. 244Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2016 - 1 C 4.16 -, juris, Rn. 21. 2452. Die unter Ziffer 3. des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Androhung der Abschiebung nach Bulgarien ist ebenfalls aufzuheben. Gemäß § 35 AsylG droht das Bundesamt dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war, wenn ein Fall des  § 29 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 4 AsylG vorliegt. Ein Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG liegt - wie ausgeführt - nicht vor, § 29 Abs. 1 Nr. 4 AsylG ist nicht einschlägig. 2463. Die in Ziffer 4. des Bescheids enthaltene Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG a.F. ist nach alledem gegenstandslos geworden und ebenfalls aufzuheben. 247D. Eine Entscheidung über den Hilfsantrag war vorliegend nicht (mehr) geboten, weil die Klägerin bereits mit ihrem Hauptantrag obsiegt. 248E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
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Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.05.2019 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.443,64 Euro festgesetzt. 1Gründe: 2Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 13.5.2019 ist nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage (anhängig beim SG unter dem Aktenzeichen S 49 BA 304/18) gegen den Bescheid vom 16.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.12.2018 zu Recht abgelehnt. 3Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG eine schon vorgenommene Vollziehung aufheben. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten haben gem. § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Säumniszuschläge (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 - L 8 R 506/14 B ER - juris Rn. 49 m.w.N.). 4Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.). 51. Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 12.2.2020 - L 8 BA 157/19 B ER - juris Rn. 5 m.w.N.). 6Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nach der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung derzeit nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der von der Antragsgegnerin nach § 28f Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) erlassene Summenbescheid vom 16.12.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.12.2018, mit dem sie von der Antragstellerin Beiträge und Umlagen für den Prüfzeitraum vom 1.1.2012 bis 31.12.2015 in Höhe von 37.774,55 Euro einschließlich Säumniszuschlägen von 112,50 Euro nachfordert, im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. 7Rechtsgrundlage des aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen Bescheides vom 16.12.2016 und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung einschließlich der Säumniszuschläge ist § 28p Abs. 1 S. 1 und S. 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im Rahmen der Prüfung werden gegenüber den Arbeitgebern Verwaltungsakte (sog. Prüfbescheide) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide erlassen. 8Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen. Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (sog. Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dieser Verzicht auf die grundsätzlich erforderliche Personenbezogenheit der Feststellungen ist charakteristisch für den Summenbescheid. Kann jedoch ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelte einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden können, ist der Erlass eines Summenbescheides rechtswidrig (§ 28f Abs. 2 S. 2 SGB IV). Ist die Feststellung hingegen nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Verwaltungsaufwand möglich, hat der prüfende Rentenversicherungsträger die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen (§ 28f Abs. 2 S. 3 SGB IV). 9Die Voraussetzungen eines Summenbescheides können im gerichtlichen Verfahren zur Wahrung der sozialen Belange der Beschäftigten voll überprüft werden, auch wenn der Arbeitgeber dessen Erlass nicht rügt (vgl. BSG Urt. v. 7.2.2002 - B 12 KR 12/01 R - juris Rn. 28; Senatsbeschl. vom 18.8.2017 - L 8 R 143/16 B ER - juris Rn. 7 m.w.N.). Für eine Beanstandung durch das Gericht ist jedoch erforderlich, dass der Erlass eines Summenbescheides für die Beklagte bei einer Gesamtwürdigung im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens als unverhältnismäßig erscheinen musste und deshalb eine personenbezogene Feststellung der Beiträge geboten war (vgl. z.B. BSG Beschl. v. 4.4.2018 - B 12 R 38/17 B - juris Rn. 38; BSG Urt. v. 7.2.2002 - B 12 KR 12/01 R - juris Rn. 28). 10a) Der Bescheid vom 16.12.2016 ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin insbesondere vor seinem Erlass mit Schreiben vom 11.11.2016 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört. 11b) Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht bestehen unter Berücksichtigung der o.g. Maßstäbe keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. 12Soweit die Antragsgegnerin einen Betrag von 214,86 Euro und Säumniszuschläge von 96,00 Euro bezogen auf die Person des Herrn L T erhoben hat, sind Bedenken hiergegen weder ersichtlich noch von der Antragstellerin vorgetragen worden. 13Auch der im Übrigen erlassene Summenbescheid begegnet nach summarischer Prüfung keinen ernstlichen Zweifeln. 14aa) Die derzeitigen Erkenntnisgrundlagen tragen zunächst die Auffassung der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin ihre Aufzeichnungspflicht nach § 28f Abs. 1 S. 1 SGB IV nicht ordnungsgemäß erfüllt hat. So sind in Fällen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. bei bezahltem Urlaub zu berücksichtigende Sonntags- und Nachtzuschläge nicht personenbezogen berechnet bzw. niedergelegt worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Bescheid vom 16.12.2016, gegen dessen Richtigkeit relevante Einwendungen nicht vorgebracht worden sind, Bezug genommen (§§ 153 Abs. 1, 136 Abs. 3 SGG). Auf ein Verschulden des Arbeitgebers kommt es nicht an (vgl. BSG Urt. v. 7.2.2002 - B 12 KR 12/01 R - juris Rn. 22). 15bb) Wegen der nicht hinreichenden Aufzeichnungen konnte vorliegend die Beitragshöhe für die bei der Antragstellerin beschäftigten Versicherten im Hinblick auf die Zuschläge im Entgeltfortzahlungsfall nicht im Sinne von § 28f Abs. 2 S. 1 SGB IV festgestellt werden. 16cc) Auch die Annahme der Antragsgegnerin, personenbezogene Feststellungen seien nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand möglich, ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst, weil vollständige arbeitnehmerbezogene Urlaubs- bzw. Krankenstandslisten während des Betriebsprüfungs- und Widerspruchsverfahrens nicht vorlagen. Es hätte darüber hinaus für jeden noch so kurzen Entgeltfortzahlungszeitraum ermittelt werden müssen, welche Ansprüche jeder Arbeitnehmer der Antragstellerin auf Sonntags- und Nachtarbeitszuschläge vor den jeweiligen Entgeltfortzahlungszeiträumen erworben hatte, um die Ansprüche auf die entsprechenden Zuschläge und Beiträge dann für jeden einzelnen Entgeltfortzahlungszeitraum gem. §§ 1, 11 Bundesurlaubsgesetz bzw. §§ 2, 4 Entgeltfortzahlungsgesetz i.V.m. § 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung und unter Berücksichtigung von § 3b Einkommenssteuergesetz (EStG) bestimmen zu können. Dies war besonders vor dem Hintergrund der Vielzahl betroffener Arbeitnehmer unverhältnismäßig aufwändig. So beschäftigte die Antragstellerin z.B. im Jahr 2012 76 Berufskraftfahrer. Dem zu leistenden großen Aufwand steht auf der anderen Seite gegenüber, dass eine personenbezogene Beitragsbemessung für den einzelnen Beschäftigten versicherungsrechtlich nur geringe Bedeutung gehabt hätte. So ergibt sich auf Basis der Hochrechnung der Antragsgegnerin exemplarisch im Jahr 2012 bei 76 Versicherten ein durchschnittliches zusätzliches Jahresentgelt von ca. 325 Euro bzw. Monatsentgelt von ca. 27 Euro, das noch zu verbeitragen gewesen wäre, also ein Zusatzentgelt von weniger als 7% der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze (2012: 400 Euro, ab 2013: 450 Euro). Dementsprechend sind die Nachteile der versicherten Beschäftigten im Leistungsrecht gering, wenn das Arbeitsentgelt nicht personenbezogen erfasst wird. Es liegt hier auch kein Sachverhalt vor, bei dem es wie in Fällen von Schwarzarbeit oder bei der Nichtentrichtung von Beiträgen in größerem Umfang um die Versicherungs- und Beitragspflicht von Beschäftigten überhaupt oder sonst um wesentliche versicherungsrechtliche Belange für jeden von ihnen geht (vgl. BSG Urt. v. 7.2.2002 - B 12 KR 12/01 R - juris Rn. 25). 17dd) Der Höhe nach ist die Beitragsforderung ebenfalls nicht zu beanstanden. Es bestehen keine überwiegenden Bedenken gegen die von der Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 28f Abs. 2 S. 3 u. 4 SGB IV durchgeführte Schätzung. Die Schätzung soll der Wirklichkeit möglichst nahe kommen. Auch wenn der Rentenversicherungsträger bei der Wahl der Schätzmethoden frei ist, muss er von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen und eigene, sozialversicherungsrechtliche Maßstäbe anlegen (vgl. Senatsbeschl. v. 12.3.2020 - L 8 BA 15/19 B ER - juris Rn. 8 m.w.N.). 18Die von der Antragsgegnerin der Schätzung zugrunde gelegten Erwägungen sind hinreichend nachvollziehbar. Sie ergeben sich aus ihren Ausführungen im Bescheid vom 16.12.2016 und den in Tabellenform dargestellten Berechnungen in ihren Verwaltungsakten (Bl. 1 und 8 des Ordners 1), sind sachlich verständlich und begegnen in der Höhe der auf diesen Grundlagen errechneten Beiträgen keinen Bedenken. Dies gilt um so mehr als die Antragsgegnerin einzelne Teilelemente zugunsten der Antragsgegnerin niedrig angesetzt hat. So hat sie zB in ihren Berechnungen für die Jahre 2012, 2013 und 2015 Urlaubszeiträume von lediglich 15 Tagen je Arbeitnehmer statt des Mindesturlaubs nach § 3 Bundesurlaubsgesetz von 20 bzw. 24 Tagen zugrunde gelegt. Schon bei 20 Urlaubstagen hätten sich allein im Jahr 2012 knapp 3.500 Euro höhere fortzuzahlende Zuschläge ergeben. Von der Antragstellerin, der alle herangezogenen Werte bereits im Anhörungsverfahren erläutert wurden, sind schließlich gegen die Richtigkeit der Schätzung der Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt konkret belegte diesbezügliche Einwendungen vorgebracht worden. 19ee) Soweit sich die Antragstellerin zur Begründung der von ihr angenommenen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides allein darauf beruft, es habe sich gegenüber ihren Versicherten aufgrund einer geringeren tatsächlichen gegenüber der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitszeit ein Rückzahlungsanspruch entwickelt, ist dies hier im Verfahren ohne Relevanz. Entgegen ihrer Auffassung kann die Antragstellerin im Betriebsprüfungsverfahren nicht mit einem aus eventuellen Zuvielzahlungen an die Arbeitnehmer resultierenden Beitragserstattungsanspruch aufrechnen. Vielmehr kann sie etwaige (Erstattungs- bzw.) Erfüllungseinwendungen ausschließlich gegenüber der Einzugsstelle geltend machen und dort zur Prüfung (insbesondere auch des § 26 Abs. 2 SGB IV) stellen. Grund hierfür ist, dass das Verfahren zur Erhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen im Falle einer Betriebsprüfung durch die Träger der Rentenversicherung zweigeteilt ist. Während seit 1.1.1999 (zwar) die Prüfung der ordnungsgemäßen Erledigung der melde- und beitragsrechtlichen Pflichten der Arbeitgeber in der Zuständigkeit der Rentenversicherungsträger liegt, ist u.a. die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags sowie der Beitragseinzug gem. § 28h Abs. 1 S. 2 und S. 3 SGB IV weiterhin den Einzugsstellen übertragen (vgl. BSG Urt. v. 28.5.2015 - B 12 R 16/13 R - juris Rn. 22 f., u. Urt. v. 15.9.2016 - B 12 R 2/15 R - juris Rn. 24). 20Die Beitragsforderung ist auch nicht verjährt. Für die Nachforderung hinsichtlich der Jahre 2012 bis 2015 ist die Erteilung des Bescheides am 16.12.2016 innerhalb der vierjährigen Verjährungsfrist gem. § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV erfolgt und hemmt damit die Verjährung bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit (§ 52 Abs. 1 SGB X). 212. Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für die Antragstellerin durch die sofortige Vollziehung des Beitragsbescheides liegt nicht vor. 22Allein die mit der Zahlung auf eine Beitragsforderung für sie verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zu einer solchen Härte, da sie lediglich Ausfluss der Erfüllung gesetzlich auferlegter Pflichten sind (st. Rspr. des Senats, z. B. Beschl. v. 7.3.2019 - L 8 BA 75/18 B ER - juris Rn. 17). 23Eine beachtliche Härte in diesem Sinne ist regelmäßig nur dann denkbar, wenn es dem Beitragsschuldner gelingt darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung aktuell die Insolvenz und/oder die Zerschlagung seines Geschäftsbetriebes zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber zumindest nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 22.4.2020 - L 8 BA 266/19 B ER - juris Rn. 27). Dabei ist vom Beitragsschuldner auch darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er bei Fortsetzung seines Geschäftsbetriebs und Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen in der Lage ist, derart rentabel zu wirtschaften, dass die noch offene Beitragsforderung in überschaubarer Zeit beglichen werden kann (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 15.6.2020 - L 8 BA 139/19 B ER). 24Mit dieser Entscheidung ist der Beschluss des Senats vom 30.8.2019 gegenstandslos. 25Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. 26Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52, 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes, die Beitragsangelegenheiten betreffen, regelmäßig nur ein Viertel des Wertes der Hauptsache einschließlich etwaiger Säumniszuschläge als Streitwert anzusetzen ist (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 21.2.2012 - L 8 R 1047/11 ER - juris Rn. 38 m.w.N.). 27Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.8.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 31. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 29.11.1990 ‒ 2 BvR 1095/90 ‒ und vom 1.2.1978 ‒ 1 BvR 426/77 ‒ sowie den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.11.1977 ‒ 1 C 33.71 ‒, vom 30.10.1990 ‒ 9 C 72.89 ‒ und vom 16.4.1985 – 9 C 109.84 – wegen Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) zuzulassen. 4Der Zulassungsgrund der Divergenz liegt nur vor, wenn die Vorinstanz mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz einem in der übergeordneten Rechtsprechung in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat. Die Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze ist zur ordnungsgemäßen Erhebung der Divergenzrüge unverzichtbar. 5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2015 ‒ 4 A 361/15.A ‒, juris, Rn. 2 f., m. w. N. 6Dass diese Voraussetzungen erfüllt wären, ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht. Dies hat der Senat bereits mit Beschlüssen vom 9.11.2018 ‒ 4 A 4037/18.A ‒, juris, Rn. 5 ff., vom 16.8.2019 ‒ 4 A 3427/18.A ‒, juris, Rn. 5 ff., und vom 21.7.2020 ‒ 4 A 1907/20.A ‒, juris, Rn. 5 ff., ausgeführt, die im Wesentlichen vergleichbares Vorbringen der Bevollmächtigten des Klägers in anderen Verfahren betreffen. 7Dem in der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Asylrecht aus Art. 16 GG a. F. aufgestellten Rechtssatz, wonach sich das Tatsachengericht zur Frage, ob dem Asylsuchenden politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, im Wege der nach § 86 VwGO gebotenen Sachverhaltserforschung die für seine Entscheidung erforderliche Überzeugungsgewissheit zu verschaffen hat, wofür wegen des sachtypischen Beweisnotstands insbesondere bezogen auf asylbegründende Vorgänge außerhalb des Gastlandes in der Regel Glaubhaftmachung genügt, 8vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1977 ‒ 1 C 33.71 ‒, BVerwGE 55, 82 = juris, Rn. 12 ff., 15, m. w. N., 9hat das Verwaltungsgericht nicht widersprochen. Allenfalls im Zusammenhang mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG sowie des subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG legt das Verwaltungsgericht seiner Beurteilung den Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde. Da das Verwaltungsgericht unabhängig von der Überzeugungskraft des Vortrags des Klägers schon den geltend gemachten Anspruch auf Asylgewährung wegen der Einreise auf dem Landweg abgelehnt, bezogen auf die Flüchtlingseigenschaft eine Verfolgung aufgrund eines flüchtlingsrechtlich relevanten Merkmals verneint und subsidiären Schutz jedenfalls auch wegen bestehenden internen Schutzes im Sinne von § 4 Abs. 3 AsylG abgelehnt hat, kam es nach seiner Rechtsauffassung auf die Frage, ob die Glaubhaftmachung eines schlüssig geschilderten Verfolgungsschicksals für die Gewährung von Asyl oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft genügt, nicht mehr entscheidungserheblich an. Einen über die schlüssige Darlegung hinausgehenden Verfolgungsnachweis hat das Verwaltungsgericht nicht gefordert. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht nicht einmal sinngemäß in Widerspruch zu der Annahme getreten, hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes genüge nach Durchführung der nach § 86 VwGO gebotenen Sachverhaltserforschung in der Regel Glaubhaftmachung. Während die schlüssige Darlegung eines Verfolgungsschicksals erforderlich ist, um Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung zu bieten, entfällt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Aufklärungspflicht nicht schon, wenn es an der Glaubhaftmachung des schlüssig geschilderten Verfolgungsschicksals fehlt. 10Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.10.2001 ‒ 1 B 24.01 ‒, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 317 = juris, Rn. 5 f., und vom 6.6.2003 ‒ 1 B 265.02 ‒, juris, Rn. 7. 11Das Verwaltungsgericht hat auch keinem Rechtssatz aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts widersprochen, wonach ein Vorbringen bei Glaubwürdigkeitszweifeln unbeachtlich sein kann sowie dann, wenn es etwa in wesentlichen Punkten unzutreffend oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich ist. 12Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990 ‒ 2 BvR 1095/90 ‒, InfAuslR 1991, 94 = juris, Rn. 14; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990 ‒ 9 C 72.89 ‒, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135 = juris, Rn. 15. 13Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Verwaltungsgericht höchstrichterlich aufgestellte Rechtssätze zutreffend angewandt oder sich hierzu gar nicht erklärt hat. Denn das bloße Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen aus der übergeordneten Rechtsprechung begründet keine Divergenz. 14St. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14.8.2018 ‒ 9 B 18.17 ‒, juris, Rn. 12, m. w. N. 152. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 16vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.2.1978 ‒ 1 BvR 426/77 ‒, BVerfGE 47, 182 = juris, Rn. 16, 17das rechtliche Gehör des Klägers verletzt, indem es sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in die Erwägungen einbezogen haben könnte. Dies hat es vielmehr ausführlich getan (Urteilsabdruck, Seite 2 bis Seite 4, dritter Absatz, sowie Seite 5, zweiter Absatz, bis Seite 7, zweiter Absatz). Abgesehen davon führt die Kritik des Klägers an der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts ohnehin nicht auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO). Sie ist dem sachlichen Recht zuzurechnen und rechtfertigt von vornherein keine Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels. 18Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2016 ‒ 4 A 2203/15.A ‒, juris, Rn. 14 f., m. w. N. 19Schließlich zeigt der Einwand, das Verwaltungsgericht habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auf. Abgesehen davon, dass nach dem Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts kein Anlass zu weiteren Ermittlungen bestand, begründet ein Aufklärungsmangel grundsätzlich ‒ so auch hier ‒ weder einen Gehörsverstoß, noch gehört er zu den sonstigen Verfahrensmängeln im Sinne der §§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, 138 VwGO. 20Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2016 – 4 A 2203/15.A –, juris, Rn. 24 f., m. w. N. 21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG. 22Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
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Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2020 - 9 L 90/20.F - und der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. März 2020 - 1 B 327/20 - verstoßen insoweit gegen Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, als das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt am Main, nicht einstweilen untersagt haben, die Ziffern 1 und 2 der Untersuchungsanordnung vom 2. Dezember 2019 zu vollziehen. Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs wird insoweit aufgehoben und die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu einem Drittel zu erstatten. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 (in Worten: zehntausend) Euro und für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 (in Worten: fünftausend) Euro festgesetzt. Gründe I. 1 1. Der ... geborene Beschwerdeführer steht als Polizeiobermeister der Bundespolizei im Dienst der Bundesrepublik Deutschland. Er leidet seit 2008 an einer Alkoholabhängigkeit; es kommt regelmäßig zu Rückfällen. Im Zeitraum Juli 2013 bis Januar 2019 war er an 400 Arbeitstagen krankgeschrieben. Er hat sich bereits mehreren Entgiftungs- und Entwöhnungsmaßnahmen unterzogen. Seit 2008 wird er auf Anordnung seiner Dienststelle, der Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt am Main (Bundespolizeidirektion), regelmäßig beim Arbeitsmedizinischen Dienst vorstellig; auf Grundlage dieser Vorstellungen wurde mehrfach seine (temporäre) Ungeeignetheit zum Führen eines Dienstkraftfahrzeugs und zum Tragen einer Waffe festgestellt. 2 Seit Anfang 2015 wird der Beschwerdeführer von seiner Dienststelle nicht mehr als Kontroll- und Streifenbeamter im Schicht- und Wechseldienst eingesetzt. Er war zunächst für einen Übergangszeitraum als Regiepersonal bei der Raumschießanlage tätig. Seit März 2017 ist er dem Sachbereich ... der Bundespolizeidirektion als Bürosachbearbeiter zugewiesen. Beide Tätigkeiten wurden vom Arbeitsmedizinischen Dienst als "leidensgerecht" eingestuft. 3 Im Oktober 2017 und erneut im September 2018 beantragte der Beschwerdeführer die Verlängerung seiner (befristeten) Verwendung als Bürosachbearbeiter; die Anträge wurden von dem Leiter des Sachbereichs ... unter Verweis auf die beanstandungslosen Leistungen und das beanstandungslose dienstliche Auftreten des Beschwerdeführers vollumfänglich befürwortet. Der Beschwerdeführer wurde entsprechend antragsgemäß weiter als Bürosachbearbeiter eingesetzt. 4 In einem Personalgespräch am 29. Januar 2019 und in einem Schreiben von demselben Tag äußerte der Beschwerdeführer den Wunsch, seine Polizeivollzugsdienstfähigkeit überprüfen zu lassen. Er gehe aufgrund seiner Suchterkrankung davon aus, dass diese nicht mehr bestehe. Er sei jedoch motiviert und bestrebt, einen Laufbahnwechsel in den mittleren Verwaltungsdienst durchzuführen. Hiervon verspreche er sich eine geregelte Dienstverrichtung ohne Druck und Angst, alsbald wieder im Schichtdienst als Polizeivollzugsbeamter arbeiten zu müssen. 5 Am 30. Januar 2019 schlossen der Beschwerdeführer und die Bundespolizeidirektion eine "Vereinbarung nach Feststellung suchtbedingter Auffälligkeiten", in welcher sich der Beschwerdeführer unter anderem verpflichtete, Selbsthilfe- beziehungsweise dienstliche Austauschgruppen zu besuchen, den Kontakt zur Sucht- und Sozialberatung und zur Suchtambulanz zu halten, eine Psychotherapie durchzuführen und regelmäßig Termine zur Blut- und Harnkontrolle wahrzunehmen. 6 2. Mit Schreiben vom 1. Februar 2019 bat die Bundespolizeidirektion den Sozialmedizinischen Dienst um Überprüfung der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer versehe seinen Dienst grundsätzlich als Kontroll- und Streifenbeamter im Vorfeldbereich, welcher die Tätigkeiten Grenzkontrolle im Grenzkontrollschalter, Streifentätigkeit und Postieren im Rahmen der Aufgabe Luftsicherheit auf dem Vorfeld, sachbearbeitende Tätigkeit (Befragungen, Vernehmungen, strafprozessuale Maßnahmen) und Dokumentensichtung umfasse. Bei ihm bestehe seit 2008 eine Suchterkrankung (Alkoholmissbrauch). Er habe aufgrund wiederholter Rückfälle bereits mehrere Entgiftungs- und Entwöhnungsmaßnahmen durchlaufen. Der letzte Rückfall habe sich im vierten Quartal 2018 ereignet. Nach einer Entgiftung habe er den Dienst am 28. Januar 2019 wiederaufgenommen. Aufgrund der bestehenden Erkrankung werde er seit März 2017 im Sachbereich ... eingesetzt. Er sei dort ein geschätzter Mitarbeiter, erziele gute Arbeitsergebnisse und verrichte die Arbeit gerne. Auch in den Jahren zuvor sei der Beschwerdeführer immer wieder aus dem operativen Dienst und dem Schichtbetrieb herausgenommen und beispielsweise in der Raumschießanlage als Regiepersonal verwendet worden, um sich gesundheitlich stabilisieren zu können. Die letzte Prognose des Arbeitsmedizinischen Dienstes zu seinem Gesundheitszustand vom 2. März 2018 sei sehr positiv gewesen und hätte dem Beschwerdeführer eine uneingeschränkte Einsatz- und Verwendungsfähigkeit als Kontroll- und Streifenbeamter bescheinigt. Gleichwohl sei die Verwendung als Bearbeiter im Sachbereich ... zunächst aufrechterhalten worden. Aufgrund des neuerlichen wiederholten Rückfalls in die Suchterkrankung trotz dienstlicher Fremdverwendung als Bearbeiter im Tagesdienst und auf ausdrücklichen Antrag des Beschwerdeführers beantrage die Inspektionsleitung die Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit des Beschwerdeführers. Bei der Untersuchung sollten folgende Fragestellungen geklärt werden: 1) Ist der Beamte gesundheitlich uneingeschränkt geeignet für den Polizeivollzugsdienst? 2) Wird gegebenenfalls die volle Dienstfähigkeit prognostisch innerhalb der nächsten zwei Jahre wiedererlangt werden? Auf welche Erkenntnisse wird die Prognose gestützt? 3) Welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen (z.B. Bildschirmtauglichkeit, Termindruck, Schichtdienst, Waffentrageerlaubnis, Stehen/Sitzen, Publikumsverkehr, Führen von Kfz im Einsatz, Einsatz, Einsatztraining, sonstige körperliche oder psychische Einschränkungen)? 4) Ist der Beamte gesundheitlich geeignet für eine Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst einschließlich erforderlicher Qualifizierungsmaßnahmen (Umschulung)? Besteht zumindest eine begrenzte Dienstfähigkeit (mind. 50 %)? 5) Wenn nein: Unter welchen Auflagen bleibt der Beamte dienstfähig? 6) Wird gegebenenfalls die volle Dienstfähigkeit für den allgemeinen Verwaltungsdienst prognostisch innerhalb der nächsten sechs Monate wiedererlangt werden? 7) Ist die Wiederherstellung zu einem späteren Zeitpunkt wahrscheinlich (Reaktivierungswahrscheinlichkeit)? Wird eine Nachuntersuchung empfohlen? 8) Sind zum Erhalt, zur Verbesserung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit gesundheitliche und berufliche Rehabilitationsmaßnahmen erfolgversprechend (auch nach einer Zurruhesetzung im Hinblick auf eine mögliche Reaktivierung)? 9) Besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem anerkannten Dienstunfall und der festgestellten Dienstunfähigkeit? 7 3. Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 ordnete die Bundespolizeidirektion die Überprüfung der Polizeivollzugsdienstfähigkeit und allgemeinen Dienstfähigkeit gegenüber dem Beschwerdeführer an. Neben dem Verweis auf die unter 2. genannten zu begutachtenden Fragestellungen wies sie darauf hin, dass das sozialmedizinische Gutachten anhand von Auswertungen von fachärztlichen Befunden und Gutachten, welche von den behandelnden Ärzten des Beschwerdeführers erstellt worden seien, und Befragung und Untersuchungen durch den Amtsarzt erstellt werde. Bei der Untersuchung erfolge eine komplette körperliche Untersuchung bezogen auf die Dienstfähigkeit beziehungsweise Polizeivollzugsdienstfähigkeit. Insbesondere würden Sehfähigkeit, Hörfähigkeit, körperliche Leistungsfähigkeit (Herz-Kreislauf-System, Lunge), Bewegungsapparat, Blut und Urin untersucht. Die Befragung durch den Arzt solle neben der gesundheitlichen auch die persönliche und soziale Situation sowohl im dienstlichen als auch im privaten Umfeld beleuchten. Es solle ein umfassendes Bild zu der weiteren Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers entstehen. 8 4. Die amtsärztliche Untersuchung fand am 25. April 2019 statt. Der Amtsarzt kam in seinem Gutachten vom 28. Mai 2019 zu dem Ergebnis, dass der Beschwerdeführer für den Polizeivollzugsdienst nicht uneingeschränkt gesundheitlich geeignet sei und dass sich dies auch innerhalb der kommenden zwei Jahre nicht ändern werde. Die Störungen seien dem Kapitel V: "Psychische und Verhaltensstörungen" (ICD-10) zugeordnet. Aufgrund der bisherigen Rückfälle in die Suchterkrankung sei zum aktuellen Zeitpunkt eine durchgehende Abstinenz von fünf Jahren, bei der man davon ausgehen könne, dass das Suchtgedächtnis einigermaßen gelöscht sei und ein Rückfall deutlich unwahrscheinlicher werde, nicht zu erwarten. Daher komme es zu den Tätigkeitseinschränkungen "Führen von dienstlichen Kraftfahrzeugen", "Führen von Waffen", "Nachtdienst". Bei dem Beschwerdeführer sei es in der Vergangenheit zu Rückfällen aufgrund privater Konflikte gekommen. Erschwerend käme gegebenenfalls eine Schichttätigkeit hinzu, die zu einer fehlenden Konstanz im privaten Leben führe. Somit sollte bei einer weiteren dienstlichen Verwendung allenfalls eine Innendienst-/ Verwaltungsdiensttätigkeit anvisiert werden. Unter dieser Prämisse sei der Beschwerdeführer gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Es fänden sich zum aktuellen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte für einen neuen Rückfall innerhalb der nächsten sechs Monate. Sollte ein Rückfall erfolgen, werde um erneute Vorstellung des Beschwerdeführers zur sozialmedizinischen Untersuchung gebeten. 9 Das Gutachten besteht aus einem Teil I ("Vertrauliche Arztsache") und einem Teil II ("Vertrauliche Personalsache"); im Verwaltungsvorgang der Bundespolizeidirektion befindet sich lediglich Teil II. 10 5. Am 14. Oktober 2019 erlitt der Beschwerdeführer einen erneuten Rückfall; in dessen Folge war er vom 14. Oktober 2019 bis zum 13. Dezember 2019 krankgeschrieben. Am 2. Dezember 2019 erließ die Bundespolizeidirektion die hier streitgegenständliche (weitere) Untersuchungsanordnung; sie entspricht hinsichtlich der zu begutachtenden Fragestellungen und in Art und Umfang weitgehend der Untersuchungsanordnung vom 11. Februar 2019. In der Anordnung vom 2. Dezember 2019 heißt es wörtlich: Am 25. April 2019 wurden Sie dem SMD zur Überprüfung Ihrer Dienstfähigkeit vorgestellt. Im Gutachten […] wurde festgestellt, dass Sie nicht mehr uneingeschränkt gesundheitlich geeignet für den Polizeivollzugsdienst [sind]. Es bestand zu diesem Zeitpunkt jedoch eine positive Prognose für eine Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst und für eine Umschulung zum Laufbahnwechsel. Sie wurden daraufhin weiter als Bearbeiter im SB 21 verwendet. Es bestand auch eine Aussicht auf dauerhafte Verwendung im SB 21. Am 15. Oktober 2019 teilten Sie Ihrem Vorgesetzten mit, dass Sie erneut rückfällig geworden seien. Seit 14. Oktober 2019 befinden Sie sich im Krankenstand. Vor diesem Hintergrund wurde ein Termin zur Durchführung einer sozialmedizinischen Untersuchung zur Prüfung Ihrer weiteren Verwendungsfähigkeit vereinbart. Im Rahmen der Untersuchung sollen folgende Fragestellungen geklärt werden: 1. Sind Sie gesundheitlich uneingeschränkt geeignet für den Polizeivollzugsdienst? 2. Wird innerhalb der nächsten zwei Jahre die volle Verwendungsfähigkeit für den Polizeivollzugsdienst wiedererlangt und auf welche Erkenntnisse wird die Prognose gestützt? 3. Sind Sie gesundheitlich geeignet für eine Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst einschließlich erforderlicher Umschulungsmaßnahmen? 4. - 6. … 11 6. Am 13. Januar 2020 beantragte der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, seinem Dienstherrn den Vollzug der Untersuchungsanordnung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen. In der Untersuchungsanordnung sei nicht dargelegt, weshalb infolge des erneuten Rückfalls von einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands auszugehen sei. Außerdem sei die angeordnete "komplette körperliche Untersuchung" nicht verhältnismäßig; die Feststellung der Sehfähigkeit, der Hörfähigkeit und weiterer körperlicher Leistungsfähigkeiten wie der des Herz-Kreislauf-Systems sowie der Lunge und des Bewegungsapparats stünden in keinem denkbaren Zusammenhang mit seiner Suchterkrankung und deren Auswirkungen auf seine Dienstfähigkeit im Innen- beziehungsweise Verwaltungsdienst. Die genannten Untersuchungen seien allenfalls geeignet, seine Polizeivollzugsdienstfähigkeit zu überprüfen; diese sei aber bereits im Gutachten aus Mai 2019 für die nächsten zwei Jahre ausgeschlossen worden. 12 7. Mit Beschluss vom 22. Januar 2020 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Es fehle an einem Anordnungsanspruch, da die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung nach summarischer Prüfung rechtmäßig sei. Sie genüge den Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage des § 44 Abs. 6, § 46, § 48 Abs. 1 BBG. 13 Es lägen tatsächliche Feststellungen vor, die hinreichende Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers begründeten. Dies folge bereits daraus, dass er an einer Suchterkrankung leide, einen weiteren Rückfall erlitten habe und zum Zeitpunkt der Anordnung bereits seit sieben Wochen dienstunfähig erkrankt gewesen sei. Ein Rückfall, auch und gerade in Anbetracht der langen Fehlzeit und der Vorgeschichte, lasse den Schluss zu, dass erneut Alkohol in körperlich schädigender Menge getrunken worden sei und eine damit einhergehende (weitere) Veränderung der Persönlichkeit eingetreten sein könne. Der Dienstherr komme mit der Anordnung einer ärztlichen Untersuchung nach Rückfall seiner Fürsorgepflicht nach, einen aktuellen Gesundheitsstatus zu erhalten, der unter Umständen eine neue Beurteilung der (Polizei-) Dienstfähigkeit mit sich bringen könne oder aber auch die bisherige bestätige. Eine vom Dienstherrn angewiesene Untersuchung könne eine Vorbereitungshandlung für eine Versetzung in den Ruhestand sein, müsse es aber nicht. Voraussetzung für die Weisung sei lediglich, dass beim Dienstvorgesetzten Zweifel über die Dienstunfähigkeit bestünden. 14 Auch hinsichtlich Art und Umfang der Untersuchung genüge die Untersuchungsanordnung den Anforderungen der Rechtsprechung. Aus ihr gehe hervor, welche Untersuchungen durchgeführt werden sollten. Es müsse möglich sein, Anhaltspunkte über den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu gewinnen. Dies gelte auch im Lichte der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem einzelnen Beamten, dass dieser nur entsprechend seiner körperlichen Fähigkeit und seiner psychischen Verfasstheit im Dienst eingesetzt werde. Zudem bestehe ein öffentliches Interesse an einer funktionierenden Verwaltung. Allein aus diesen Gründen seien an die Bestimmtheit der Untersuchungsanordnung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Der Beschwerdeführer könne anhand der in der Anordnung aufgelisteten Untersuchungshandlungen ersehen, mit welchen Maßnahmen er zu rechnen habe. Dies alles sei mit einer sehr geringen Eingriffsintensität verbunden und der Beschwerdeführer habe es in der Hand, die Erkundung der persönlichen und sozialen Situation sowohl im dienstlichen als auch im privaten Umfeld zu begrenzen. 15 8. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde: 16 Das Verwaltungsgericht verkenne, dass sich die gerichtliche Prüfung auf die Überprüfung der in der Untersuchungsanordnung dargelegten Anordnungsgründe beschränken müsse; es habe im angegriffenen Beschluss eine eigene Begründung für Zweifel an seiner Dienstfähigkeit entwickelt. Weiter verkenne es, dass in Form der (hier nicht erfolgten) Befragung des Beschwerdeführers ein milderes Mittel für die Feststellung, ob erneut Alkohol in körperlich schädigender Menge getrunken worden sei, bestanden habe. Für die Annahme, dass die Untersuchung des Beschwerdeführers erforderlich sei, um eine durch den Alkoholkonsum eingetretene Persönlichkeitsveränderung zu überprüfen, liefere das Verwaltungsgericht keine plausible, auf fachmedizinische Erwägungen gestützte Begründung. Im Übrigen existiere bereits eine amtsärztliche Feststellung, die davon ausgehe, dass die Suchterkrankung des Beschwerdeführers zwar dessen Polizeivollzugsdienstfähigkeit, nicht aber dessen Verwaltungsdienstfähigkeit ausschließe; die Feststellung der allgemeinen Verwaltungsdienstfähigkeit sei explizit in der Annahme erfolgt, dass es zumindest innerhalb der nächsten fünf Jahre zu Rückfällen kommen könne. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass weder der Dienstherr noch das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Untersuchungsanordnung damit begründeten, dass davon ausgegangen werde, dass es zu einer Regelmäßigkeit von Rückfällen kommen werde beziehungsweise diese von solchem zeitlichen Ausmaß sein könnten, dass der Beschwerdeführer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit regelmäßig für einen solchen Zeitraum ausfallen werde, der die Annahme seiner Dienstunfähigkeit (trotz überwiegender Anwesenheit im Dienst) rechtfertigen könne. Auch die im Gutachten vom 28. Mai 2019 formulierte Bitte um erneute Vorstellung des Beschwerdeführers im Falle eines Rückfalls sei mangels jeglicher Begründung nicht geeignet, den Erlass der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung zu rechtfertigen. 17 Das Verwaltungsgericht verkenne schließlich, dass Art und Umfang der Untersuchung nicht hinreichend eingegrenzt seien beziehungsweise einzelne angeordnete Untersuchungen nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügten. Der Dienstherr hätte zunächst nicht allein festlegen müssen, welche Fähigkeiten durch den Amtsarzt untersucht werden sollten, sondern auch, durch welche Maßnahmen beziehungsweise welche Art der Untersuchung dies erfolgen solle. Darüber hinaus sei zumindest die Anordnung der Untersuchung der körperlichen Fähigkeiten des Beschwerdeführers nicht vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gedeckt. 18 9. Die Bundespolizeidirektion trat dem Beschwerdevorbringen entgegen. Die Zielrichtung der amtsärztlichen Untersuchung sei nicht die Feststellung des wiederholten Alkoholmissbrauchs, sondern der allgemeinen Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers gewesen, die aufgrund des wiederholten Alkoholmissbrauchs angezweifelt werde. Eine Befragung des Beschwerdeführers wäre als milderes Mittel nicht geeignet gewesen. Neben den psychischen Krankheitsfolgen seien auch anderweitige körperliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen; mithin sei auch eine wiederholte Untersuchung nach Bekanntwerden eines weiteren Alkoholmissbrauchs erforderlich. Soweit der Beschwerdeführer ausführe, dass im Rahmen der Untersuchungsanordnung bereits hätte dargelegt werden müssen, aufgrund welcher konkreten fachmedizinischen Erkenntnisse davon ausgegangen werde, dass ein Rückfall in den Alkoholkonsum weitergehende als die bereits festgestellten Zweifel an der Dienstfähigkeit begründe, verkenne er, dass der Bundespolizeidirektion keine fachmedizinischen Erkenntnisse über den Beschwerdeführer vorlägen, weil dies medizinische Daten seien, die der ärztlichen Schweigepflicht unterlägen. Die Bundespolizeidirektion sei aufgrund fehlender medizinischer Expertise nicht dazu in der Lage, zu entscheiden, welche Untersuchungen erforderlich seien, um die Dienstfähigkeit feststellen zu können. 19 10. Der Beschwerdeführer erwiderte, die Bundespolizeidirektion verkenne, dass der Amtsarzt befugt sei, ihr die für die Feststellung der Dienstfähigkeit erforderlichen medizinischen Erkenntnisse zur Verfügung zu stellen. Sie sei auch verpflichtet, sich durch einen medizinischen Sachverständigen die für die Bestimmung von Art und Umfang der amtsärztlichen Untersuchung erforderliche Sachkunde zu verschaffen. 20 11. Mit Beschluss vom 10. März 2020, bekanntgegeben am 11. März 2020, wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde zurück. Es könne offenbleiben, ob § 44a VwGO der Zulässigkeit des Antrags entgegenstehe. Der Antrag sei jedenfalls unbegründet, da der Beschwerdeführer keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Die Untersuchungsanordnung genüge den für ihre Rechtmäßigkeit geltenden formellen wie materiellen Anforderungen. Die Bundespolizeidirektion habe die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stütze, in der Untersuchungsaufforderung angegeben. Außerdem enthalte die Untersuchungsanordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung. Sie sei verhältnismäßig. Sie sei geeignet, die Frage des aktuellen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und etwaiger Auswirkungen des letzten Rückfalls auf seine Dienstfähigkeit (insbesondere im allgemeinen Verwaltungsdienst) zu klären. Ziel sei die Überprüfung, ob Einschränkungen für den allgemeinen Verwaltungsdienst bestünden und wie eine mögliche Weiterverwendung des Beschwerdeführers auszugestalten sei. Das Gutachten vom 28. Mai 2019 könne nicht alle Fragen der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers klären. Dies gelte umso mehr, als sich die vom Gutachter aufgestellte Prognose hinsichtlich des Ausbleibens eines weiteren Rückfalls innerhalb der nächsten sechs Monate nicht bewahrheitet habe. Die Anordnung sei auch erforderlich. Eine bloße Befragung wäre zwar ein milderes, aber nicht gleich geeignetes Mittel gewesen, um den Beschwerdeführer wegen seiner Suchterkrankung auf deren psychische und physische Auswirkungen zu untersuchen. Hierzu gehöre auch die Feststellung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Maßnahme sei angemessen, da sie lediglich mit einer kurzfristigen Einschränkung geringer Eingriffsintensität verbunden sei. Ferner entspreche sie der medizinischen Empfehlung des Gutachters. Zur weiteren Begründung werde gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bezug genommen, die auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens weiterhin Geltung beanspruchten. II. 21 Der Beschwerdeführer hat am 11. April 2020 gegen die Untersuchungsanordnung vom 2. Dezember 2019, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Januar 2020 und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. März 2020 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Er rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 und aus Art. 33 Abs. 2 GG, jeweils auch in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. 22 1. a) Zur Begründung macht er geltend, dass jede Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten wegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts grundsätzlich der Befugnis des Einzelnen obliege. Deshalb müsse nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung, durch die medizinische Daten des Betroffenen erhoben würden, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen, und zwar sowohl im Hinblick darauf, ob sie wegen hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Dienstunfähigkeit überhaupt zulässig sei, als auch im Hinblick auf Art und Umfang der Untersuchung. Die Gründe für die Untersuchung und die Art und Weise ihrer Durchführung stünden in einem Wechselverhältnis. Die angeordnete Art und der angeordnete Umfang der Untersuchung müssten geeignet sein, die berechtigten Zweifel an der Dienstfähigkeit aufzuklären, und zugleich das mildeste Mittel hierfür sein. Das Bundesverwaltungsgericht habe strenge Anforderungen an die Untersuchungsanordnung entwickelt, die auch dem Anspruch des Beamten auf effektiven Rechtsschutz Rechnung tragen sollten. Die Verwaltungsgerichte hätten verkannt, dass die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung diesen Anforderungen in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht werde: 23 Es bestehe bereits kein hinreichender Grund für die Untersuchungsanordnung; jedenfalls sei ein solcher in der Anordnung nicht dokumentiert worden. Die Verwaltungsgerichte hätten die aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes bestehende Darlegungs- und Begründungspflicht des Dienstherrn und die mit ihr einhergehende Beschränkung der gerichtlichen Nachprüfung auf die in der Untersuchungsanordnung dokumentierten Erwägungen ignoriert und eigene Erwägungen dazu angestellt, inwiefern der Rückfall Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers habe begründen können. Aber auch in der Sache bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Dienstunfähigkeit. Das Gutachten vom 28. Mai 2019 habe in Kenntnis der Rückfallneigung die Innendienstfähigkeit des Beschwerdeführers bejaht, sodass es vertiefter, fachmedizinisch fundierter Darlegungen bedurft hätte, warum gleichwohl Zweifel an der Dienstfähigkeit bestünden. 24 Auch der angeordnete Umfang der Untersuchung gehe über das für die Feststellung der Dienstfähigkeit erforderliche Maß hinaus. Selbst wenn man mit den Verwaltungsgerichten davon ausgehen wollte, dass infolge des wiederholten Alkoholmissbrauchs eine Veränderung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers zu besorgen sei, hätte dies allenfalls eine psychologische Untersuchung gerechtfertigt, nicht aber die angeordnete komplette körperliche Untersuchung. Hinsichtlich des Umfangs der körperlichen Untersuchung komme hinzu, dass nicht alle nur irgend denkbaren körperlichen Fähigkeiten für die Dienstfähigkeit eines Beamten, der im Verwaltungsdienst verwendet werde, relevant seien. Dort könne etwa auch ein Beamter, dessen Bewegungsfähigkeit (insbesondere Lauffähigkeit) eingeschränkt sei, problemlos eingesetzt werden. Auch die Leistungsfähigkeit von Lunge und Herz-Kreislauf-System spiele - jenseits vollständiger Einschränkungen - für die Verwendung im Innendienst keine Rolle. Die Fähigkeit zum Einsatz außerhalb des Verwaltungsdienstes habe hier nicht mehr untersucht werden müssen und dürfen, weil diese bereits durch das Gutachten vom 28. Mai 2019 ausgeschlossen worden sei. Es seien mithin Untersuchungen angeordnet worden, deren Ergebnisse keine Relevanz für die Feststellung der Dienstfähigkeit zukommen könne. Dies sei vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht mehr gedeckt. Auch die Frage, ob die Polizeivollzugsdiensttauglichkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre wiedererlangt werde, rechtfertige die umfassenden Untersuchungen nicht; denn das Gutachten aus Mai 2019 habe ausgeführt, dass eine Heilung der Suchterkrankung voraussichtlich einen Zeitraum von fünf Jahren erfordern werde. 25 Die Bestimmung von Art und Umfang der Untersuchung werde zudem vorliegend dem Amtsarzt überlassen. Die Anordnung benenne lediglich bestimmte zu untersuchende Fähigkeiten, nicht aber die zu untersuchenden Organe und die anzuwendenden Untersuchungsmethoden. Hier seien durchaus unterschiedlich intensive Eingriffe denkbar, sodass die Bundespolizeidirektion nicht sichergestellt habe, dass das mildeste Mittel zum Einsatz komme. Dies widerspreche den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG an eine rechtsschutzfreundliche Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens (Verweis auf BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, Rn. 17). Dadurch, dass Art und Umfang der Untersuchung erst durch den Amtsarzt im Rahmen der Untersuchung festgelegt würden, sei dem Beschwerdeführer auch die Möglichkeit genommen, die Rechtmäßigkeit von Art und Umfang der Untersuchung gerichtlich effektiv überprüfen zu lassen. Ihm verbleibe lediglich die Möglichkeit, den Untersuchungstermin abzubrechen oder einzelne Untersuchungsmaßnahmen zu verweigern. Das sei ihm jedoch nicht zumutbar. Das Bundesverwaltungsgericht gehe davon aus, dass sich der Beamte vor der Untersuchung entscheiden müsse, ob er der entsprechenden Anordnung des Dienstherrn Folge leiste; breche er die Untersuchung ab oder verweigere er einzelne Untersuchungsmaßnahmen, könne er sich im Nachhinein nicht mehr auf die Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung berufen. Außerdem sei es unzumutbar, wenn der Beschwerdeführer im Untersuchungstermin ohne Bedenkzeit und ohne rechtlichen Beistand darüber entscheiden müsse, ob die jeweilige Untersuchungshandlung unverhältnismäßig sei oder nicht. Indem die Verwaltungsgerichte die nicht hinreichend bestimmte Untersuchungsanordnung gleichwohl gebilligt hätten, hätten sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz verletzt. Dies gelte umso mehr, als in dem Fall, dass der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung fehlerhaft einschätze, eine in der Sache unbegründete Zurruhesetzung und damit eine schwerwiegende Beeinträchtigung seiner durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Rechtsstellung drohe. 26 Schließlich hätten die Verwaltungsgerichte es nicht bei einer summarischen Prüfung belassen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verstoße eine gerichtliche Entscheidung in Fällen, in denen das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernehme und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten drohe, gegen Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit dem materiell betroffenen Grundrecht, wenn im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens eine lediglich summarische und nicht abschließende Überprüfung des Sach- und Streitstandes erfolge. 27 b) Die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung lägen vor; die Verfassungsbeschwerde sei sowohl zur Durchsetzung seiner Grundrechte als auch wegen grundsätzlicher Bedeutung zur Entscheidung anzunehmen. 28 2. Mit Beschluss vom 13. Mai 2020 hat die 1. Kammer des Zweiten Senats dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Wesentlichen stattgegeben. 29 3. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und das Hessische Ministerium der Justiz hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. III. 30 1. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG durch die Nichtbeanstandung der Ziffern 1 und 2 der Untersuchungsanordnung der Bundespolizeidirektion vom 2. Dezember 2019 seitens des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs rügt, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen insoweit vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt und die Verfassungsbeschwerde ist insoweit sowohl zulässig als auch offensichtlich begründet. 31 a) aa) Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses Recht schützt die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. BVerfGE 65, 1; 80, 367). Hierzu zählt auch der Schutz vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter des Einzelnen (vgl. BVerfGE 32, 373 <378 ff.>; 44, 353 <372 f.>; 65, 1 <41 f.>; 78, 77 <84>; 84, 192 <194 f.>; 89, 69 <82>). Der Schutz ist umso intensiver, je näher die Daten der Intimsphäre des Betroffenen stehen, die als unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung gegenüber aller staatlichen Gewalt Achtung und Schutz beansprucht (vgl. BVerfGE 32, 373 <378 f.>; 65, 1 <45 f.>; 89, 69 <82 f.>; 130, 151 <184>). 32 bb) Die angegriffene Untersuchungsanordnung vom 2. Dezember 2019, mit welcher der Beschwerdeführer verpflichtet wird, sich einer kompletten körperlichen Untersuchung nebst Befragung zur gesundheitlichen, persönlichen und sozialen Situation im dienstlichen und im privaten Umfeld zu unterziehen, greift in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein; der Eingriff besteht dabei sowohl in der vorgesehenen Datenerhebung als auch in der vorgesehenen Datenspeicherung und -verwendung (vgl. zu Letzterem BVerfGE 100, 313 <366 f.>; 115, 320 <343 f.>; 120, 378 <400 f.>; 125, 260 <310>). Die Untersuchungsanordnung verliert ihren Eingriffscharakter auch nicht dadurch, dass es dem Beschwerdeführer freisteht, sich der Untersuchung nicht zu unterziehen. Denn für den Fall seiner Weigerung muss er mit einer negativen Entscheidung des Dienstherrn mit Blick auf seine Dienstfähigkeit und letztlich mit seiner Zurruhesetzung rechnen (vgl. zum Eingriffscharakter einer straßenverkehrsrechtlichen Untersuchungsanordnung [MPU]: BVerfGE 89, 69 <84>). 33 cc) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist jedoch nicht absolut geschützt. Vielmehr müssen staatliche Maßnahmen hingenommen werden, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit auf gesetzlicher Grundlage unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots getroffen werden, soweit sie nicht den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 32, 373 <379>; 65, 1 <44>; 89, 69 <84>). 34 Dies gilt für den Beamten in besonderem Maße. Mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis übernimmt er im Rahmen des hierdurch entstehenden öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses unter anderem die - für Bundesbeamte in § 44 Abs. 6 BBG normierte - Verpflichtung, sich bei bestehenden Zweifeln an seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen. Gegen die Regelung des § 44 Abs. 6 BBG ist grundsätzlich nichts zu erinnern. Der Dienstherr und die Allgemeinheit haben ein berechtigtes Interesse daran, dass hoheitliche Aufgaben nur von Beamten wahrgenommen werden, die zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten physisch und psychisch dauerhaft in der Lage sind (vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Juni 1974 - VI A 458/73 -, ZBR 1974, S. 362 <363>; zur physischen und psychischen Dienstfähigkeit: Wichmann, in: Wichmann/Langer, Öffentliches Dienstrecht, 8. Aufl. 2017, S. 599). Darüber hinaus trifft den Dienstherrn eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beamten. Bestehen Zweifel an der Dienstfähigkeit eines Beamten, kommt der Dienstherr mit der gegenüber dem Beamten ausgesprochenen Weisung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, dieser Fürsorgepflicht nach. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gehört - wie die Treuepflicht des Beamten, die zur Fürsorgepflicht in einem Korrelationsverhältnis steht - zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. BVerfGE 8, 332 <356 f.>; 43, 154 <165 f.>; 46, 97 <117>; 83, 89 <100>; 106, 225 <232>); sie verpflichtet den Dienstherrn, bei seinen Entscheidungen die wohlverstandenen Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 43, 154 <165>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 24. Februar 2017 - 2 BvR 2524/16 -, Rn. 50; s. einfach-rechtlich § 78 BBG). 35 Auch der Beamte muss allerdings nur solche Einschränkungen seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts hinnehmen, die den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren (vgl. nur BVerfGE 89, 69 <84>). Bezogen auf die Regelung in § 44 Abs. 6 BBG bedeutet dies, dass der betroffene (Bundes-) Beamte der Weisung seines Dienstherrn, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, nur dann Folge leisten muss, wenn ein hinreichender Anlass für die Untersuchungsanordnung besteht und wenn diese in ihrem Umfang nicht über das Maß hinausgeht, welches für die Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten erforderlich ist. Sowohl Anlass als auch Art und Umfang der durchzuführenden Untersuchung sind - insbesondere, um dem Beamten effektiven Rechtsschutz noch vor dem Untersuchungstermin zu ermöglichen - in der Untersuchungsanordnung zu benennen. 36 Trotz dieser strengen Bindung des Dienstherrn an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dürfen die Anforderungen, die an die Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung gestellt werden, nicht so hoch sein, dass der Dienstherr sie praktisch nicht mehr erfüllen kann. Die dem Dienstherrn (einfach-rechtlich) eingeräumte Befugnis, seine Beamten bei Zweifeln an ihrer Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, dient der - von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten - Gewährleistung der staatlichen Aufgabenerfüllung und damit der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen (vgl. BVerfGE 148, 296 <367 f. Rn. 157> m.w.N.). 37 b) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, hätten das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof der Bundespolizeidirektion die Vollziehung der Ziffern 1 und 2 der Untersuchungsanordnung vom 2. Dezember 2019 einstweilen untersagen müssen. Die Ziffern 1 und 2 der Untersuchungsanordnung sehen die Verwendung der zu erhebenden Gesundheitsdaten des Beschwerdeführers zu dem Zweck der erneuten Überprüfung seiner Polizeivollzugsdienstfähigkeit und damit zu einem vorliegend nicht gerechtfertigten Zweck vor: 38 Die Ziffern 1 und 2 der Untersuchungsanordnung betreffen nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich die Polizeivollzugsdienstfähigkeit des Beschwerdeführers; Ziffer 1 der Anordnung betrifft die Frage der im Zeitpunkt der Untersuchung bestehenden Polizeivollzugsdienstfähigkeit des Beschwerdeführers, Ziffer 2 zielt auf eine amtsärztliche Prognose zur Wiedererlangung der vollen (Polizeivollzugs-) Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre ab. 39 Die Polizeivollzugsdienstfähigkeit des Beschwerdeführers durfte hier jedoch nicht erneut untersucht werden. Denn sie war bereits mit amtsärztlichem Gutachten vom 28. Mai 2019 für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren verneint worden. Ein hinreichender Anlass für ihre erneute Überprüfung bestand im Dezember 2019 nicht. Ein solcher hinreichender Anlass hätte allenfalls dann bestanden, wenn Anhaltspunkte für eine Verbesserung und nicht - wie hier - für eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers vorgelegen oder wenn sonstige Umstände den Schluss zugelassen hätten, dass das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 28. Mai 2019 keinen Bestand mehr haben kann. Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. 40 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Beschluss vom 10. März 2020 auch nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung seitens der Bundespolizeidirektion nur insoweit vorläufig vollzogen werden darf, als sie eine Datenerhebung und -verwendung zum Zwecke der Überprüfung der Verwaltungsdienstfähigkeit (und nicht auch zum Zwecke der Überprüfung der Polizeivollzugsdienstfähigkeit des Beschwerdeführers) anordnet. Zwar führt er aus, Ziel der Untersuchung sei es, festzustellen, ob Einschränkungen "für den allgemeinen Verwaltungsdienst" bestünden. Er nimmt jedoch keine ausdrückliche einschränkende Auslegung der Untersuchungsanordnung vor. 41 2. Soweit der Beschwerdeführer eine weitergehende Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie darüber hinaus eine Verletzung seines Rechts auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern (Art. 33 Abs. 2 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) rügt, nimmt die Kammer die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da insoweit die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen; der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme insoweit zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. 42 a) Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. 43 Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung ist nur gegeben, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder die durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist. Über die Beantwortung der verfassungsrechtlichen Frage müssen also ernsthafte Zweifel bestehen. Anhaltspunkt für eine grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne kann sein, dass die Frage in der Fachliteratur kontrovers diskutiert oder in der Rechtsprechung der Fachgerichte unterschiedlich beantwortet wird. An ihrer Klärung muss zudem ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse bestehen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn sie für eine nicht unerhebliche Anzahl von Streitigkeiten bedeutsam ist oder ein Problem von einigem Gewicht betrifft, das in künftigen Fällen erneut Bedeutung erlangen kann. Bei der Prüfung der Annahme muss bereits absehbar sein, dass sich das Bundesverfassungsgericht bei seiner Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde mit der Grundsatzfrage befassen muss. Kommt es auf sie nicht entscheidungserheblich an, ist eine Annahme nach § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG nicht geboten (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 9. November 2017 - 1 BvR 2440/16, 1 BvR 2441/16 -, Rn. 15). 44 Danach kommt der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die für den hiesigen Fall relevanten verfassungsrechtlichen Maßstäbe zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht (i.V.m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz), zum Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern und zum Gebot effektiven Rechtschutzes sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt. 45 b) Eine weitergehende Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie sich gegen die vorläufige Vollziehbarkeit der Ziffern 3 bis 6 der Untersuchungsanordnung vom 2. Dezember 2019 richtet, unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer insoweit nicht in seinen Grundrechten. 46 aa) Die Annahme des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Untersuchungsanordnung mit dem Verweis auf den erneuten Rückfall des Beschwerdeführers in den Alkoholmissbrauch nebst mehrwöchiger Krankschreibung einen hinreichenden Anlass für die Untersuchung benennt, begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken; sie stellt insbesondere keine grundsätzliche Verkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers dar. Der Umstand, dass das Gutachten vom 28. Mai 2019 das Risiko eines erneuten Rückfalls für gegeben hielt, bedeutet nicht, dass es nach Verwirklichung dieses Risikos einer Aktualisierung der Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht bedurfte. Vielmehr ist die Annahme, dass sich als Folge auch nur eines einzigen (weiteren) gravierenden Rückfalls eine erhebliche Verschlechterung auch des gesundheitlichen Allgemeinzustands des Betroffenen ergeben könnte, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. 47 bb) Auch die weitere Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Umfang der angeordneten amtsärztlichen Untersuchung zum Zweck der Feststellung der Verwaltungsdienstfähigkeit des Beschwerdeführers verhältnismäßig ist, hält sich innerhalb des fachgerichtlichen Wertungsspielraums. 48 Wie dargestellt, haben der Dienstherr und die Allgemeinheit ein berechtigtes Interesse daran, dass hoheitliche Aufgaben nur von Beamten wahrgenommen werden, die zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten physisch und psychisch dauerhaft in der Lage sind; außerdem entspricht es der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, sicherzustellen, dass der einzelne Beamte nicht mit Aufgaben betraut wird, denen er aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen dauerhaft nicht gerecht werden kann. 49 Die Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, dass die Untersuchungsanordnung - insbesondere, soweit sie eine vollständige körperliche Untersuchung des Beschwerdeführers vorsieht - zur Überprüfung der Verwaltungsdienstfähigkeit des Beschwerdeführers (noch) geeignet, erforderlich und angemessen ist, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Auslegung der Untersuchungsanordnung eine grobe Verkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers darstellt. 50 Soweit der Beschwerdeführer einwendet, nicht alle nur irgend denkbaren körperlichen Fähigkeiten seien für die Dienstfähigkeit eines Beamten, der im Verwaltungsdienst verwendet werde, relevant, ist ihm zwar zuzugeben, dass die Bewegungsfähigkeit, die Leistungsfähigkeit der Lunge und des Herz-Kreislauf-Systems und das Hör- und Sehvermögen im Verwaltungsdienst eine geringere Bedeutung haben als im Polizeivollzugsdienst. Dies bedeutet jedoch nicht, dass diese Fähigkeiten im Verwaltungsdienst keine Rolle spielen. Letztlich handelt es sich bei den in der Anordnung vom 2. Dezember 2019 im Einzelnen angeordneten körperlichen Untersuchungen um solche, die noch zum Standarduntersuchungsprogramm eines Allgemeinmediziners gehören; dies zeigt sich bereits daran, dass sie in vielen Bundesländern Teil der regulären Einstellungsuntersuchung ins Beamten- oder Richterverhältnis sind. Der Dienstherr hat die mit einer Untersuchungsanordnung getroffenen Festlegungen des Umfangs der Untersuchung grundsätzlich umso genauer zu begründen, je weniger offenkundig die Durchführung der einzelnen Untersuchungen ist. Bei schwerem Alkoholismus kann es zu vielfältigen körperlichen Funktionsbeeinträchtigungen kommen; die "Standarduntersuchungen", die die Bundespolizeidirektion mit der Untersuchungsanordnung vom 2. Dezember 2019 festgelegt hat, unterlagen daher keinen erhöhten Begründungsanforderungen. 51 cc) Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen. IV. 52 Der Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. März 2020 wird in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufgehoben und die Sache an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). 53 Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG, die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>). 54 Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin auch die im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe I. 1 Streitig ist, ob der Krankengeldanspruch der Klägerin im Zeitraum vom 08. bis 21. September 2016 geruht hat, insbesondere die Rechtsfrage, ob sich die Beklagte auf eine verspätete Meldung der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit (AU) berufen kann. 2 Die Klägerin war bei der Beklagten aufgrund eines versicherungspflichtigen, zum 17. August 2016 gekündigten Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert. Ausweislich der am 03. August 2016 durch die Allgemeinmedizinerin L. ausgestellten Erstbescheinigung wurde durch sie eine AU bis voraussichtlich 25. August 2016 festgestellt. Bis zum 17. August 2016 erfolgte die Entgeltfortzahlung durch ihren Arbeitgeber. 3 Ohne vorherige Einholung einer Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12. August 2016 mit, dass sie die AU der Klägerin nur bis zum 17. August 2016 anerkenne. Nach den ihr vorliegenden Unterlagen sei die Klägerin aufgrund eines Arbeitsplatzkonfliktes erkrankt. Da ihr Beschäftigungsverhältnis am 17. August 2016 ende, sei mit diesem Zeitpunkt der Grund für die AU entfallen. 4 Hiergegen erhob die Klägerin mit dem am 05. September 2016 per Fax eingegangenen Schreiben ihres späteren Prozessbevollmächtigten Widerspruch. Ihre AU bestehe auch über den 17. August 2016 hinaus fort. Sie sei nicht wegen eines Arbeitsplatzkonfliktes, sondern wegen einer Erkrankung arbeitsunfähig geschrieben worden. 5 Bereits am 17. August 2016 ging beim SMD der Beklagten ein Bericht der Ärztin der Klägerin vom 15. August 2016 ein, wonach der Zeitpunkt des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar sei. 6 Im Ergebnis einer sog. Fallkonferenz entschied die Beklagte am 25. August 2016, die Klägerin zu einer körperlichen Untersuchung durch den SMD in Rostock am 01. September 2016 einzuladen. Dieser Termin wurde nachfolgend jedoch wieder abgesagt. Stattdessen wurde die Klägerin mit Schreiben vom 13. September 2016 bzw. telefonisch am 15. September 2016 zu einer Begutachtung am 22. September 2016 eingeladen, welche auch stattfand. Der MDK stellte fest, dass die Klägerin arbeitsunfähig sei und die AU bis auf Weiteres fortbestehe, da zunächst eine nervenärztliche bzw. psychotherapeutische Mitbehandlung erforderlich sei, welche erst im Dezember beginnen könne. 7 Daraufhin half die Beklagte dem Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 28. September 2016 vollständig ab und anerkannte eine AU der Klägerin über den 17. August 2016 hinaus. Krankengeld werde entsprechend den gesetzlichen Vorschriften gewährt. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2016 bewilligte sie ein kalendertägliches Krankengeld in Höhe von 43,94 Euro (brutto) bzw. 38,65 Euro (netto). Zuletzt zahlte die Beklagte unter Berücksichtigung der am 17. August 2016 ausgestellten und am 18. August 2016 eingegangenen Folgebescheinigung für den Zeitraum zum 07. September 2016 bis zu diesem Tage Krankengeld. 8 Bereits am 22. September 2016 war bei der Beklagten eine Folgebescheinigung der Frau L. vom 07. September 2016 für den Zeitraum bis einschließlich 07. Oktober 2016 eingegangen. Mit Bescheid vom 08. Dezember 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass der Anspruch auf Krankengeld in der Zeit vom 08. September bis zum 21. September 2016 ruhe, weil ihr die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) erst am 22. September 2016 und damit nicht innerhalb einer Woche nach der ärztlichen Feststellung am 07. September 2016 zugegangen sei. 9 Die Bundesagentur für Arbeit zahlte der Klägerin für den Zeitraum ab dem 29. August 2016 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 32,44 Euro und machte mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X für den Zeitraum bis zur Leistungseinstellung (20. Oktober 2016) geltend. Die Beklagte verwies die Bundesagentur für Arbeit hinsichtlich des hier streitigen Zeitraums auf Erstattungsansprüche unmittelbar gegen die Klägerin. 10 Gegen den Bescheid der Beklagten vom 08. Dezember 2016 erhob die Klägerin am 22. Dezember 2016 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2017 als unbegründet zurückwies Der Anspruch auf Krankengeld ruhe gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V für den Zeitraum vom 8. September bis 21. September 2016. Die Folgen der Nichtmeldung und die Übermittlungsgefahr habe die Klägerin zu tragen. 11 Mit ihrer am 29. August 2017 beim Sozialgericht (SG) Stralsund erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung von Krankengeld vom 08. bis zum 21. September 2016 beansprucht. Zur Begründung hat sie sich auf mehrere mit der Beklagten geführte Telefongespräche bezogen. Ihr sei z. B. am 17. August 2016 mitgeteilt worden, dass die vorliegende AUB nicht anerkannt werde, da die Krankheit mit der Kündigung aus dem Arbeitsverhältnis zum 18. August 2016 „aufgehoben“ sei. Auch die AUB vom 17. August 2016 für den Zeitraum bis zum 07. September 2016 habe die Beklagte nicht anerkannt. Sie habe deshalb davon ausgehen müssen, dass die Beklagte trotz ärztlicher Feststellung von AU kein Krankengeld zahlen und auch weitere AU-Belege zurückweisen werde. Die Beklagte bestehe formalistisch auf die Einhaltung einer Frist, auch wenn tatsächlich keine Leistungen geflossen und sogar abgelehnt worden seien. Wenn sich später die Information der Sachbearbeiterin als falsch herausstelle, könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, eine entsprechende Bescheinigung sei verspätet vorgelegt worden. 12 Die Klägerin hat beantragt, 13 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2017 zu verurteilen, ihr auch für den Zeitraum vom 8. bis 21. September 2016 Krankengeld zu gewähren. 14 Die Beklagte hat beantragt, 15 die Klage abzuweisen. 16 Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass eine Prüfung des Krankengeldanspruchs nur nach Vorlage der AUB möglich sei. Ein allgemeiner Hinweis, dass ggf. kein Anspruch auf Krankengeld bestehe, könne nicht dahin gehend gedeutet werden, dass eine AUB nicht benötigt werde und die Klägerin von ihrer Obliegenheit zur rechtzeitigen Meldung entlastet werde. Die Klägerin habe die am 17. August 2016 ausgestellte AUB rechtzeitig eingereicht, obwohl ihr laut eigenem Vortrag gar nicht aufgegeben worden sei, weiterhin AUBs vorzulegen. Nach dem 17. August 2016 sei bis zum 17. November 2016 kein (zweiseitiger) telefonischer Kontakt mehr erfolgt. Die Klägerin sei in dem Telefonat am 17. August 2016 keinesfalls von der Obliegenheit zur Meldung von AU entbunden worden. Daran habe auch das parallel anhängige Widerspruchsverfahren nichts geändert. Die Klägerin habe mit ihrem Widerspruch und der am 18. August 2016 eingegangenen AUB lediglich deutlich gemacht, dass die AU bis zum 17. August 2016 andauere. Ein Hinweis auf ein Fortbestehen der AU über den 07. September 2016 hinaus sei durch die Klägerin auch nicht erfolgt, nachdem der Untersuchungstermin bekannt gegeben worden sei. Bis zum Untersuchungstermin durch den SMD am 22. September 2016 habe sie daher davon ausgehen müssen, dass im Rahmen des anhängigen Widerspruchsverfahrens ausschließlich die Frage geklärt werde, ob die Klägerin vom 17. August 2016 bis zum 07. September 2016, dem Ende der abschnittsweise nachgewiesen AU, tatsächlich als arbeitsunfähig einzustufen gewesen sei. Durch die verspätete Meldung sei die Beklagte an der Formulierung entsprechender Fragestellungen an den SMD bzw. an der Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Arbeitsfähigkeit gehindert worden. Schließlich liege auch kein Ausnahmefall vor, da die Klägerin weder geschäfts- oder handlungsunfähig gewesen sei, noch es Anhaltspunkte für der Beklagten zuzurechnende Fehler gegeben habe. 17 Das SG hat der Klage mit Urteil vom 24. Mai 2019 stattgegeben. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 08. bis zum 21. September 2016, da die Beklagte mit Bescheid vom 28. September 2016 der Klägerin Krankengeld bewilligt habe und der Anspruch auf Krankengeld im Streitzeitraum nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geruht habe. Im Zeitpunkt des Beginns der zwischen den Beteiligten nicht streitigen Arbeitsunfähigkeit ab dem 03. August 2016 sei die Klägerin aufgrund eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld bei der Beklagten versichert gewesen. Der Krankengeldanspruch habe wegen der Lohnfortzahlung für die Zeit vom 3. August bis zum 17. August 2016 gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V geruht. Soweit die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 12. August 2016 die Zahlung von Krankengeld ab dem 18. August 2016 abgelehnt habe, sei diese Leistungsablehnung mit Bescheid vom 28. September 2016 unter Anerkennung der AU auch über den 17. August 2016 hinaus zu Recht korrigiert worden. Bis zum Zeitpunkt der Abhilfe seien der Beklagten folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zugegangen: 18 - Erstbescheinigung vom 03. August 2016 mit einer AU bis voraussichtlich 25. August 2016 (Eingang am 09. August 2016) 19 - Folgebescheinigung vom 17. August 2016 mit einer AU bis voraussichtlich bis 07. September 2016 (Eingang am 18. August 2016) 20 - Folgebescheinigung vom 7. September 2016 mit einer AU bis voraussichtlich 07. Oktober 2016 (Eingang am 22. September 2016) 21 Die Abhilfeentscheidung sei daher aus Sicht eines „objektivierten Empfängers“ im Sinne einer zeitlich befristeten Bewilligung von Krankengeld bis zum 07. Oktober 2016 auszulegen, da der Beklagten die am 22. September 2016 eingegangene AUB bereits vorgelegen habe. Die Klägerin habe davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte ihr Krankengeld für die Dauer der zu diesem Zeitpunkt ärztlich festgestellten und der Beklagten gemeldeten AU bewilligt habe. Der Abhilfebescheid sei nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 SGB X wirksam und bindend. Er begründe einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Krankengeld für den hier streitigen Zeitraum. Etwas anderes folge nicht aus dem angegriffenen Bescheid vom 08. Dezember 2016, mit dem ein Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 08. bis 21. September 2016 wegen Ruhens verneint werde. Hierdurch sei der Abhilfebescheid weder aufgehoben noch zurückgenommen worden. Im Übrigen lägen die besonderen Voraussetzungen der §§ 44, 45 oder 48 SGB X auch nicht vor. 22 Auf § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V könne sich die Beklagte hier ausnahmsweise nicht berufen. Die Beklagte habe trotz der AUB der behandelnden Ärztin bis voraussichtlich 25. August bereits mit Bescheid vom 12. August 2016 mitgeteilt, dass sie von einem Entfallen der AU mit Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 17. August 2016 ausgehe. Die Ruhensregelung finde nach der Rechtsprechung des BSG keine Anwendung, wenn sich ein Versicherter fristgerecht mit Rechtsbehelfen gegen die Entscheidung seiner Krankenkasse wende, die Krankengeldzahlung - abweichend von einer ihr vorliegenden AUB - noch innerhalb des Zeitraums zu beenden, für den ein Arzt ihm AU bescheinigt habe (Hinweis auf BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 – B 1 KR 20/11 R, Rn. 16). Zwar habe der Versicherte auch in Zeiträumen, in denen über das Bestehen von AU gestritten werde, alle Obliegenheiten zu beachten, um seinen Krankengeldanspruch zu erhalten; insbesondere müsse er bei befristeten AU-Feststellungen vor Fristablauf erneut seine AU ärztlich bescheinigen lassen und dafür Sorge tragen, dass die Krankenkasse hiervon Kenntnis erlange. Insoweit handele es sich jedoch keinesfalls um einen die Entscheidung des BSG tragenden Rechtssatz. Denn in dem vom BSG damals entschiedenen Fall habe eine sogenannte unbefristete AU-Feststellung des Arztes vorgelegen. 23 Die Beklagte habe sich bereits am 23. August 2016, spätestens jedoch am 25. August 2016, und damit bereits vor Eingang des Widerspruchsschreibens des Prozessbevollmächtigten zu einer körperlichen Untersuchung und Begutachtung durch den SMD entschlossen. Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung erscheine deshalb angesichts von Sinn und Zweck der in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geregelten Obliegenheit als bloße „Förmelei“. Die dort vorgesehene AU-Meldung bezwecke, der Krankenkasse die Nachprüfung der Anspruchsvoraussetzungen zu ermöglichen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 25. Oktober 2018 – B 3 KR 23/17 R, Rn. 18). Diesem Gesetzeszweck sei jedenfalls spätestens zum Zeitpunkt des Widerspruchs gegen den Ablehnungsbescheid vom 12. August 2016 bzw. der Information der Klägerin über die Einladung zur Untersuchung durch den SMD mit Schreiben an ihren Prozessbevollmächtigten vom 13. September 2016 hinreichend Genüge getan. Dem SMD sei zudem kein nur auf die Überprüfung des Fortbestehens der AU bis zum 7. September 2016 beschränkter Prüfauftrag erteilt worden. Der SMD habe in seinem Gutachten ganz offensichtlich auch keine auf diesen Zeitraum beschränkte Prüfung vorgenommen. 24 Gegen dieses Urteil richtet sich die die vom SG zugelassene Berufung der Beklagten vom 24. Juni 2019, mit der sie ihr Anliegen weiterverfolgt. 25 Zur Begründung trägt sie vor, dass der Krankengeldanspruch für die Zeit vom 08. September 2016 bis 21. September 2016 aufgrund der nicht rechtzeitigen Meldung der AU gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V geruht habe. Zwar habe die Klägerin mit Schreiben vom 05. September 2019 erklärt, dass weiterhin AU vorliege, dies ersetze jedoch keine rechtzeitige Meldung des Fortbestehens der AU. Konkretere Angaben über eine Erkrankung über den 07. September 2016 hinaus habe sie nicht gemacht. Auch sei bis zum 22. September 2016 keinerlei anderweitige Anzeige einer festgestellten weiteren AU über den 07. September 2016 hinaus erfolgt, sodass die Meldung der AU für den streitigen Zeitraum nicht innerhalb der geltenden Frist nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V erfolgt sei. Mit dem Abhilfebescheid vom 28. September 2016 sei lediglich eine AU über den 17. August 2016 hinaus anerkannt worden. Eine Regelung hinsichtlich einer Krankengeldzahlung sei hierin nicht getroffen, sondern lediglich „entsprechend der gesetzlichen Vorgaben“ angekündigt worden. Dass bereits vor dem Eingang des Widerspruchs eine Begutachtung durch den Sozialmedizinischen Dienst eingeleitet worden sei, ändere nichts daran, dass die Klägerin eine AU über den 07. September 2016 hinaus nicht gemeldet habe, was den vorliegendem Fall von demjenigen unterscheide, den das BSG in der vom SG zitierten Entscheidung des BSG vom 10. Mai 2012 beurteilt habe. Der vor Ablauf der bescheinigten AU eingelegte Widerspruch hinsichtlich der Beendigung der Krankengeldzahlung zum 17. August 2016 entbinde die Klägerin keinesfalls von ihrer Obliegenheit hinsichtlich der Meldung einer weiteren AU. Die Beklagte habe erst Kenntnis über die ärztliche Feststellung von weiterer AU am 07. September 2016 erhalten, als die AUB am 22. September 2016 bei ihr eingegangen sei. 26 Die Beklagte beantragt, 27 das Urteil des Sozialgerichts Stralsund aufzuheben und die Klage abzuweisen. 28 Die Klägerin beantragt, 29 die Berufung zurückzuweisen. 30 Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. II. 31 Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die zulässige Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. 32 Das erstinstanzliche Urteil ist im Ergebnis zutreffend. Zwar dürfte entgegen der Auffassung des SG nicht bereits von einer bindenden Krankengeldbewilligung im Abhilfebescheid vom 28. September 2016 auszugehen sein, da hierin (zumindest ausdrücklich) lediglich das Vorliegen von AU, nicht jedoch ein Anspruch auf Krankengeld für einen bestimmten Zeitraum anerkannt worden ist. Auf die im Übrigen zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in der angegriffenen Entscheidung kann jedoch zur Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung verwiesen werden. Insoweit sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, vgl. § 153 Abs. 2 SGG. 33 Ergänzend sei lediglich Folgendes ausgeführt: Aufgrund der konkreten Umstände des der Entscheidung zugrunde liegenden Einzelfalls und gemessen am vom SG zutreffend erkannten Sinn und Zweck des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGG konnte die Klägerin nach dem auch im Sozialrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darauf vertrauen, dass die Beklagte das Vorliegen von AU und deren Dauer durch eigene Ermittlungen feststellen und über resultierende Ansprüche auf Krankengeld entscheiden werde. Aus Sicht der Klägerin konnte damit zwar nicht das Erfordernis der weiteren ärztlichen Feststellung von AU entfallen. Die Ausstellung weiterer AUBen auf dem amtlichen Vordruck und erst Recht deren Zugang bei der Beklagten binnen einer bestimmten Frist konnte vor dem Hintergrund des bereits laufenden Rechtsstreits und der Weigerung der Beklagten, Krankengeld zu zahlen, von der Klägerin hingegen nicht erwartet werden. Nachdem sich die Klägerin zudem (durch ihren späteren Prozessbevollmächtigten) in ihrem Widerspruch vom 05. September 2016 zeitnah zum zuletzt bescheinigten Ende der AU auf deren Fortbestehen (allerdings ohne eine konkrete Dauer anzugeben) berufen hatte, erscheint es in der Tat als bloße Förmelei, wenn sich die Beklagte trotz zwischenzeitlicher Bestätigung der AU durch ihren SMD auf eine fehlende Meldung seitens der Klägerin beruft. 34 Das gilt erst Recht – auch insoweit ist dem SG zuzustimmen – vor dem Hintergrund des seinerzeit bereits anhängigen Vorverfahrens über die Dauer der AU und der Tatsache, dass die Klägerin den Zeitpunkt der Begutachtung durch den SMD selbst nicht beeinflusst hat, sondern dass allein organisatorische, ausschließlich in der Sphäre der Beklagten liegende Gründe dafür verantwortlich waren, dass das die ursprünglich für den 01. September 2016 geplante Untersuchung tatsächlich erst am 22. September 2020 stattfand. Da nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 26. März 2020 – B 3 KR 9/19 R, juris Rn 23) im Falle derartiger, außerhalb der Sphäre des Versicherten liegender Gründe selbst eine nicht rechtzeitige ärztliche Folge-AU-Feststellung für den Krankengeldanspruch unschädlich ist, muss dies erst recht dann gelten, wenn es aus ähnlichen Gründen lediglich an einer rechtzeitigen Übermittlung dieser Feststellung an die Krankenkasse fehlt. 35 Von einer fehlenden Meldung im Sinne von § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ist indes vorliegend gar nicht auszugehen. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, nicht etwa, solange die ärztliche AUB auf dem hierfür im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung vorgesehenen Vordruck (Muster 1 der Vordruckvereinbarung) der Krankenkasse nicht zugeht. Die Vorschrift verlangt lediglich eine nicht formgebundene Mitteilung und lässt auch eine solche Mitteilung durch eine andere Person ausreichen, vgl. Brinkhoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 49, Rn. 61 m. w. N. Vorliegend hat die behandelnde (Vertrags-)Ärztin der Klägerin gegenüber dem SMD der Beklagten, der anders als der (ehemalige) MDK (nunmehr: Medizinischer Dienst) organisatorisch unmittelbar der Beklagten angehört (vgl. § 283 Satz 3 SGB V a. F., nunmehr § 283a SGB V), bereits unter dem 15. August 2016 auf Muster 52 der Vordruckvereinbarung („Bericht für die Krankenkasse bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit“) mitgeteilt, dass bei der Klägerin ein Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar ist. Diese Erklärung, deren Kenntnisnahme durch ihren SMD sich die Beklagte zurechnen lassen muss, beinhaltete mithin eine zeitlich weit über das (zwei Tage später bescheinigte) Ende der AU am 07. September 2016 hinausreichende Bescheinigung, vergleichbar mit derjenigen, die das BSG in dem bereits vom SG zitierten Urteil vom 10. Mai 2012 zu beurteilen hatte. Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen, der Meldeobliegenheit Genüge tuenden Erklärung kann sich die Beklagte nicht auf ein Ruhen des Krankengeldanspruchs berufen, da insbesondere mit der befristeten AUB vom 17. August 2016 nicht etwa der Widerruf der vorangegangenen Bescheinigung (Feststellung von AU „bis auf Weiteres“) verbunden war. 36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. 37 Gründe für eine Revisionszulassung gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt. IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird für das vorliegende Verfahren und das Klageverfahren W 8 K 20.1461 abgelehnt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt im Wege des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes eine Förderung aus dem Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler - Künstlerhilfsprogramm) ohne hierfür einen elektronischen Antrag zu stellen. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben als freier Wirtschaftsjournalist und Buchautor tätig. Mit Schreiben vom 14. Mai 2020 wandte er sich an die Regierung von ... und beantragte eine Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR. Mit Schreiben vom 28. Mai 2020 teilte die Regierung von ... mit, dass der Antrag nicht weiterbearbeitet werden könne, da die Beantragung der begehrten Förderung aus dem Künstlerhilfsprogramm ausschließlich online möglich sei. Mit Schreiben vom 25. Mai 2020 wandte sich der Antragsteller an das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und beantragte wiederum eine Corona-Soforthilfe in Höhe von insgesamt 3.000,00 EUR und bat um eine schriftliche Verbescheidung des Antrags, da bei ihm derzeit kein Internetzugang und keine E-Mailadresse mehr bestehe. Mit Schreiben vom 5. Juni 2020 teilte das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit, dass der Antrag bei der zuständigen Bezirksregierung gestellt werden müsse und eine Antragstellung nur online möglich sei. Hinsichtlich seines Anliegens einer händischen Eingabe durch einen Sachbearbeiter müsse sich der Antragsteller an die Regierung von ... wenden. Am 23. Juni 2020 legte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg einen Eilantrag und eine Klage, gerichtet auf eine nichtelektronische Antragstellung für die Förderung aus dem Künstlerhilfsprogramm, ein. Mit Beschluss vom 13. Juli 2020 (W 8 E 20.815) wurde der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Über die Klage wurde noch nicht entschieden. Mit Beschluss vom 5. August 2020 (6 CE 20.1677) lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Beschwerdeverfahrens ab. Mit Schreiben vom 11. September 2020 - bei Gericht eingegangen am 18. September 2020 - erhob der Antragsteller neben einem Antrag auf Prozesskostenhilfe und einer Klage im Verfahren W 8 K 20.1461 einen „Eilantrag wegen Auszahlung von 3.000,00 EUR Coronahilfe für Kulturschaffende im Freistaat ...“ und beantragte, Den Freistaat ..., basierend auf den Corona-Soforthilfemaßnahmen für Kulturschaffende in ..., hier im Rahmen einer Sofort-Nothilfe als Freier Wirtschaftsjournalist und Buchautor, zur Vermeidung einer Räumung einhergehend mit drohender Obdachlosigkeit, auf Zahlung/Überweisung von 3 x 1.000,00 Euro, also 3.000,00 Euro zur Abwendung/Abwehr einer Räumungshandlung auf das Konto der räumungsklagenden Vermieterin, …, vertreten durch …, ohne jedweden weiteren (elektronischen) Antrag, zu verurteilen. Zur Begründung führte der Antragsteller aus: Er könne aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht darauf verwiesen werden, den Online-Antrag für die Gewährung der Künstlerhilfe über den Internetanschluss von Freunden oder Bekannten zu stellen. Auch würden die Daten bei einer Online-Antragstellung für immer im Internet stehen und Missbrauchsmöglichkeiten zugänglich. Er verfüge über keinerlei pfändbares Vermögen. Die Räumung seiner Wohnung stehe bevor. Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2020 - per Fax bei Gericht eingegangen am 20. Oktober 2020 - beantragte die Regierung von ... für den Antragsgegner: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für den Erlass einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO lägen nicht vor. Es fehle nach wie vor an einem Anordnungsanspruch, da der Antragsteller schriftlich keinen formwirksamen Antrag auf Bewilligung der Künstlerhilfe stellen könne. Der Antragsteller habe demnach auch keinen Anspruch auf Auszahlung der schriftlich am 14. Mai 2020 beantragten Förderung. Er habe überdies auch keinen Anspruch auf die Einräumung der Möglichkeit einer schriftlichen Antragstellung. Es werde auf die Ausführungen in den weiteren Verfahren W 8 K 20.814 und W 8 S 20.815 sowie die darin ergangenen gerichtlichen Entscheidungen verwiesen. Der Antragsteller habe keine neuen Tatsachen vorgebracht, die zu einer abweichenden Sichtweise beim Antragsgegner führen würden. Soweit der Antragsteller befürchte, seine Freunde, Bekannten und/oder Verwandten könnten von seiner problematischen finanziellen Situation erfahren, sei dem entgegenzuhalten, dass für ihn anderweitige zumutbare Möglichkeiten existierten, sich Zugang zum Internet zu verschaffen (z.B. „WLAN-Hotspots“). Abschließend werde nochmals darauf hingewiesen, dass die Förderrichtlinien eine elektronische Antragstellung ausdrücklich vorsähen. Bei der Künstlerhilfe handle es sich um eine freiwillige Leistung des Antragsgegners. Daher sei der Antragsteller - vorbehaltlich entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen - auch grundsätzlich berechtigt, die Rahmenbedingungen der Förderung vorzugeben. Wenn der Antragsteller Bedenken habe, sensible Daten in einem Online-Verfahren preiszugeben, könne dies nicht dazu führen, dass er im Gegensatz zu allen anderen Antragstellern eine Sonderbehandlung erhalte. Er könne frei entscheiden, ob er die Künstlerhilfe beantrage und sei nicht zu einer Antragstellung verpflichtet. Der Antragsteller würde gegenüber den anderen Antragstellerinnen und Antragstellern besser gestellt, welche sich zuvor teilweise nie oder nur wenig mit elektronischen Medien beschäftigt hätten, denen aber dennoch gelungen sei - teils nach fernmündlicher Beratung durch den Antragsgegner - einen wirksamen Antrag auf Bewilligung der Künstlerhilfe zu stellen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten (einschließlich der Verfahren W 8 K 20.814, W 8 E 20.815, W 8 K 20.1461) und insbesondere die darin gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. II. Bei verständiger Würdigung (§ 122 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 88 VwGO) des Vorbringens des Antragstellers ist sein Antrag dahingehend auszulegen, dass er die Bewilligung und Auszahlung einer Corona-Soforthilfe aus dem Hilfsprogramm für freischaffende Künstlerinnen und Künstler des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst (Corona-Soforthilfe für freischaffende Künstler - Künstlerhilfsprogramm) begehrt, ohne hierfür einen (elektronischen) Antrag beim Antragsgegner zu stellen. Streitgegenstand ist der Erlass eines den Antragsteller begünstigenden Verwaltungsaktes (Art. 35 BayVwVfG) in Form der Bewilligung einer Corona-Soforthilfe. Insofern kommt allein der Antragsteller als Adressat in Betracht. Einen darüber hinaus gehenden Leistungsantrag - hier auf Zahlung an die Vermieterin des Antragstellers - fehlt es jedenfalls derzeit an einem Rechtsschutzbedürfnis, da es nicht ersichtlich ist, dass der Antragsgegner im Falle einer Verpflichtung zur Bewilligung der Künstlerhilfe sich weigern würde, den begehrten Betrag auszuzahlen (vgl. Pietzcker/Marsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 38. EL Januar 2020, § 42 Rn. 95; BayVGH, U.v. 16.9.1994 - 4 B 94.1496 - juris Rn. 15). Dem Begehren des Antragstellers ist mit der obigen Auslegung hinreichend Rechnung getragen, da davon auszugehen ist, dass der Antragsgegner im Falle des Obsiegens des Antragstellers seine Verpflichtung aus dem begehrten Verwaltungsakt auch erfüllen und die Künstlerhilfe auszahlen wird. Der so verstandene Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist zulässig, aber unbegründet, da der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Der Antrag ist zulässig, insbesondere fehlt ihm nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, obwohl das Künstlerhilfsprogramm des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst am 30. September 2020 ausgelaufen ist (vgl. Nr. 6 Satz 1 Künstlerhilfsprogramm). Denn dem Antragsteller geht es im hiesigen Verfahren, ebenso wie in den parallel noch anhängigen Klageverfahren (W 8 K 20.814; W 8 K 20.1461), insbesondere darum, die Künstlerhilfe ohne die hierfür notwendige elektronische Antragstellung zu erhalten. Einen formlosen Antrag hat er jedenfalls bei der Regierung von ... ebenso wie die gerichtlichen Anträge und Klagen noch innerhalb der für das Künstlerhilfsprogramm geltenden Frist gestellt bzw. erhoben. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahren zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund einer im Verfahren des Eilrechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, also ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird (vgl. § 920 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO). Vorliegend besteht zudem die Besonderheit, dass die Verpflichtung des Antragsgegners auf Gewährung einer Künstlerhilfe im Wege der einstweiligen Anordnung zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde. Denn selbst bei einem Obsiegen in der Hauptsache könnte der Antragsteller nicht mehr zugesprochen bekommen als im vorliegenden Eilverfahren beantragt. Eine Vorwegnahme der Hauptsache widerspricht grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon im vollen Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für den Erfolg im Hauptsacheverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 123 Rn. 13 f.). Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss demnach offensichtlich erfolgreich erscheinen (vgl. auch VG Köln, B.v. 7.4.2020 - 16 L 679/20 - juris). Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor. Der Antragsteller hat weder einen Anspruch auf eine nichtelektronische Antragstellung noch auf die Gewährung einer Corona-Soforthilfe für Künstler ohne Stellung eines formwirksamen elektronischen Antrags und damit keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Seine hierauf gerichtete Klage (W 8 K 20.1461) hat bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg. Hinsichtlich der elektronischen Antragstellung hat das Gericht bereits ausführlich im bereits entschiedenen Verfahren des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutz (VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 - W 8 E 20.815 - rechtskräftig) Stellung genommen und insbesondere ausgeführt, dass die entsprechenden Förderrichtlinien, die eine elektronische Antragstellung vorsehen, aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden sind, da ihre Ausgestaltung willkürfrei ist. Die entsprechende Praxis des Antragsgegners, eine Antragstellung nur in elektronischer Form zuzulassen, ist dementsprechend weder ermessensfehlerhaft noch sonst gleichheitswidrig. Die Rechtsauffassung des Gerichts wurde mit Beschluss vom 5. August 2020 (6 CE 20.1667) durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestätigt, der einen Antrag des Antragstellers auf Prozesskostenhilfe zur Einlegung einer Beschwerde gegen den Beschluss im Verfahren W 8 E 20.815 abgelehnt und insbesondere ausgeführt hat, dass er den im Beschluss dargelegten Gründen in vollem Umfang folgt. Auf die entsprechenden Ausführungen im Beschluss vom 13. Juli 2020 sowie des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2020 (6 CE 20.1667) wird ausdrücklich nochmals Bezug genommen. Das weitere Vorbringen des Antragstellers, insbesondere auch im Hinblick auf den Datenschutz, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Zum einen ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die vom Antragsgegner im Rahmen der elektronischen Antragstellung erhobenen Daten nicht datenschutzgerecht behandelt oder gespeichert werden. Zum anderen begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn derartige Daten vom Antragsgegner im Verfahren zur Bewilligung einer freiwilligen staatlichen Förderung ggf. auch elektronisch erhoben werden, da dies zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Bewilligung der Förderung vorliegen, notwendig ist. Dem Antragsteller steht es letztlich frei, einen Antrag auf die Bewilligung der Künstlerhilfe zu stellen. Der Antragsteller begehrt weiter ausweislich seines gestellten Antrags im vorliegenden Verfahren nunmehr die Auszahlung eine Künstlerhilfe in Höhe von 3.000,00 EUR. Bei der Bewilligung der Künstlerhilfe handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 BayVwVfG. In der Hauptsache steht dem Antragsteller zur Verfolgung seines Begehrens die Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO als statthafter Rechtsbehelf zur Verfügung. Vor der Erhebung einer Verpflichtungsklage muss jedoch grundsätzlich erfolglos ein Verwaltungsverfahren durchlaufen, also erfolglos ein Antrag auf Erlass des eingeklagten Verwaltungsaktes gestellt worden sein. Dies ist Ausfluss des grundgesetzlich in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Grundsatzes der Gewaltenteilung und kommt einfachgesetzlich in den §§ 42, 68 Abs. 2 und 75 Satz 1 VwGO zum Ausdruck (vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 42 Rn. 37; Schmidt-Kötters in BeckOK, VwGO, 54. Edition, Stand: 1.10.2019, § 42 Rn. 56; Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 42 Rn. 6; jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Diese Grundsätze gelten entsprechend für den Antrag auf Erlass eines begehrten Verwaltungsaktes im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. An dieser Voraussetzung fehlt es hier. Denn der Antragsteller hat jedenfalls keinen formwirksamen Online-Antrag auf Gewährung der Künstlerhilfe beim Antragsgegner, insbesondere bei der zuständigen Bewilligungsbehörde, der Regierung von ..., gestellt. Auch im Übrigen ist die Verwaltungspraxis des Antragsgegners, nur formwirksame Anträge, die gemäß Nr. 6 Satz 4 des Künstlerhilfsprogramms elektronisch gestellt wurden, zu verbescheiden und zu genehmigen, nach obigen Ausführungen nicht zu beanstanden. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass auch die Förderung aus dem Künstlerhilfsprogramm eine freiwillige Maßnahme des Freistaats ... darstellt, die im billigen Ermessen und im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel (Art. 23, 44 BayHO) auf Grundlage der einschlägigen Förderrichtlinien gewährt wird. Ein Rechtsanspruch besteht danach nur ausnahmsweise, insbesondere aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien. Die Förderrichtlinien begründen als ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetze und Rechtsverordnungen unmittelbar Rechte und Pflichten, sondern entfalten erst durch ihre Anwendung Außenwirkung (st. Rspr. der Kammer, zuletzt U.v. 12.10.2020 - W 8 K 20.114; U.v. 14.9.2020 - W 8 K 20.532; B.v. 18.6.2020 - W 8 E 20.736 sowie Ue.v. 25.5.2020 - W 8 K 19.1546 und W 8 K 20.330; U.v. 13.1.2020 - W 8 K 19.364 - alle juris jeweils m.w.N. zur Rspr.). Das Gericht ist somit grundsätzlich an den Zuwendungszweck gebunden, wie ihn der Zuwendungsgeber versteht. Für die gerichtliche Prüfung einer Förderung bzw. des Förderverfahrens ist deshalb entscheidend, wie die Behörde des zuständigen Rechtsträgers die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden ist (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 - 22 B 19.840 - juris Rn. 26; U.v. 28.10.1999 - 19 B 96.3964 - juris Rn. 59; VG München, U.v. 19.11.2009 - M 15 K 07.5555 - juris Rn. 30). Ausgehend hiervon begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass eine Bewilligung der Künstlerhilfe an eine vorherige (elektronische) Antragstellung geknüpft ist. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Antragsgegner in anderen gleich gelagerten Fällen eine Bewilligung der Förderung ausspricht, ohne dass hierfür vorher ein elektronischer Antrag bei der zuständigen Bewilligungsbehörde gestellt wurde. Vielmehr entspricht es der ständigen Verwaltungspraxis nur elektronisch gestellte Anträge zu verbescheiden bzw. die Künstlerhilfe nur nach vorheriger elektronischer Antragstellung zu bewilligen und auszuzahlen, wie der Antragsgegner in seinem Erwiderungsschriftsatz vom 15. Oktober 2020 ausgeführt hat. Dies ist weder ermessensfehlerhaft noch sonst gleichheitswidrig, zumal der Antragsteller letztlich genauso behandelt wird wie alle anderen Personen, die einen Antrag auf Bewilligung der Künstlerhilfe gestellt haben. Auch die vorgebrachte angespannte finanzielle Situation des Antragstellers führt nicht zur Annahme eines atypischen Falles, der eine Abweichung von dieser Verwaltungspraxis zwingend erscheinen ließe. Auch wenn Nr. 2.2 des Künstlerhilfsprogramms auf die allgemeinen Lebensunterhaltskosten abstellt, so ist der Antragsteller diesbezüglich zunächst auf entsprechende Sozialleistungen zu verweisen, auf die bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch besteht. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war nach obigen Ausführungen sowohl für das hiesige Verfahren als auch für das Klageverfahren W 8 K 20.1461 abzulehnen, da die Rechtsverfolgung wie dargestellt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Der Antrag betrifft eine Künstlerhilfe in Höhe von 3.000,00 EUR (Nr. 3 Künstlerhilfsprogramm) und damit eine bezifferte Geldleistung. Eine Halbierung des Streitwerts für das vorliegende Eilverfahren kommt nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs nicht in Betracht, da der Antragsteller wie ausgeführt die Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.
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Tenor I. Unter Abänderung des Beschlusses vom 30. März 2020 (W 8 S 20.50115) wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheides des Bundesamtes für ... vom 5. März 2020 angeordnet. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. 1. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben iranischer Staatsangehöriger, der sich gegen eine Dublin-Entscheidung des Bundesamtes für ... mit Abschiebungsanordnung nach Italien wendet und vorliegend die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage W 8 K 20.50114 unter Abänderung des Beschlusses im Sofortverfahren vom 30. März 2020 (W 8 S 20.50115) begehrt. Mit Bescheid vom 5. März 2020 lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf fünfzehn Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4). 2. Am 18. März 2020 ließ der Antragsteller im Verfahren W 8 K 20.50114 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben. Zur Begründung ließ der Antragsteller auf die Anhörung beim Bundesamt für ... verweisen und darüber hinaus im Wesentlichen ausführen: Die Abschiebung nach Italien könne nur angeordnet werden, wenn feststehe, dass die Abschiebung auch erfolgen könne. Dies sei aber im Fall Italiens wegen des Corona-Virus nicht möglich. Das Bundesministerium habe deswegen auch einen Abschiebungsstopp nach Italien angeordnet. Ungeachtet dessen bestehe seitens Italiens wegen der Corona-Problematik auch nicht die Bereitschaft, aus Deutschland einen abgeschobenen Flüchtling zu empfangen. Mit Schriftsatz vom 6. April 2020 ließ der Antragsteller weiter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stellen und zur Begründung ausführen: Er habe nicht ohne Verschulden erkennen können, dass die Zustellung am 10. März 2020 erfolgt und die Klagefrist demnach schon am 17. März 2020 abgelaufen sei. In dem ihm überreichten Umschlag sei nämlich als Tag der Zustellung der 20. März 2020 vermerkt. Ihm sei nicht möglich gewesen, die Klagefrist korrekt zu berechnen. Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2020 ließ der Antragsteller noch mitteilen, dass seine Frau und Tochter ein Abschiebungsverbot nach Italien erhalten hätten. Zwar lebe der Antragsteller von seiner Frau getrennt. Er besitze aber noch das gemeinsame Sorgerecht zu seiner Tochter und nehme sein Umgangsrecht wahr. Im vorhergehenden Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (W 8 S 20.50222) ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 9. September 2020 zur Begründung im Wesentlichen vorbringen: Die Antragsgegnerin habe mit Schreiben vom 24. August 2020 den Widerruf auf Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO erklärt. Es bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sowohl für die Ehefrau als auch für seine Tochter seien Abschiebungsverbote nach Italien festgestellt. Der Antragsteller sei mit seiner Ehefrau verheiratet. Außerdem hätten sie ein gemeinsames Kind, für das der Antragsteller ein Sorgerecht habe. Das gemeinsame Kind leide unter Autismus. Der Antragsteller nehme sein Umgangs- und Sorgerecht wahr und besuche regelmäßig seine Tochter. Die Trennung von seiner Tochter sei weder dem Antragsteller noch seiner Tochter zuzumuten. Die Identität sei geklärt. Das Sorgerecht ergebe sich daraus, dass die Familie aus dem Iran gekommen sei und es sich bei der Tochter um ein eheliches Kind handele. Der Antragsteller habe nach islamischem Recht im Iran auch das Sorgerecht, welches in der Bundesrepublik Deutschland zu respektieren sei. Im vorliegenden Verfahren ließ der Antragsteller am 6. Oktober 2020 beantragen, Unter Aufhebung des Beschlusses vom 30. März 2020 (W 8 S 20.50115) wird die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheides vom 5. März 2020 angeordnet. Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Die Überstellungsfrist sei bereits abgelaufen. Die Antragsgegnerin sei für die Durchführung des Asylverfahrens der zuständige Mitgliedsstaat. Die mit Schreiben vom 21. April 2020 erklärte Aussetzung der Abschiebungsanordnung habe nicht zur Unterbrechung des Fristlaufs geführt. Auf die diesbezügliche Rechtsprechung werde verwiesen. Die ablehnende Entscheidung im Sofortverfahren sei dem Antragsteller am 2. April 2020 zugestellt worden. Spätestens an diesem Tag habe die sechsmonatige Dublin-Überstellungsfrist wieder neu zu laufen begonnen. Die sechs Monate seien am 2. Oktober 2020 abgelaufen. Darüber hinaus füge der Antragsteller auch eine schriftliche Erklärung seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau bei, woraus sich ergebe, dass der Antragsteller seine Frau in Bamberg körperlich nicht verletzt habe und die gemeinsame Tochter den gemeinsamen Umgang mit ihrem Vater benötige. 3. Die Antragsgegnerin teilte mit Schriftsatz vom 2. April 2020 (siehe auch Schriftsatz vom 24.4.2020) mit, dass das Bundesamt gegenüber der Antragstellerseite die Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO ausgesetzt habe. Im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Krise seien derzeit Dublin-Überstellungen nicht zu vertreten. Die zeitweise Aussetzung des Überstellungsverfahrens impliziere nicht, dass der zuständige Dublin-Staat nicht mehr zur Übernahme bereit und verpflichtet wäre. Vielmehr sei der Vollzug vorübergehend nicht möglich. Mit Schriftsatz vom 3. August 2020 brachte die Antragsgegnerin weiter vor: Es lägen keine Nachweise zum Sorgerecht vor. Im Hinblick auf die familiäre Bindung sei dem Antragsteller zuzumuten, im Falle einer etwaigen Überstellung im Rahmen des Familiennachzugs wieder einzureisen. Mit Schriftsatz vom 24. August 2020 teilte die Antragsgegnerin mit, dass das Bundesamt gegenüber dem Antragsteller seinen Widerruf der Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO i.V.m. Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO erklärt habe. Im Hinblick auf die Entwicklung der Corona-Krise seien Dublin-Überstellungen nach Italien wieder zu vertreten. Der Grund für die Aussetzungserklärung sei weggefallen. Am 13. Januar 2020 beantragte die Antragsgegnerin im vorliegenden Verfahren, den Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO abzulehnen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Die Überstellungsfrist sei noch nicht abgelaufen. Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung habe die Überstellungsfrist unterbrochen. Die Überstellungsfrist von sechs Monaten werde durch den Widerruf der Aussetzungsentscheidung neu in Lauf gesetzt. In der Rechtsprechung des EuGH sei geklärt, dass die Mitgliedsstaaten über eine zusammenhängende Frist von sechs Monaten verfügen müssten, die sie im vollen Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung sollen nutzen dürfen. 4. Mit Beschluss vom 30. März 2020 (W 8 S 20.50115) lehnte das Gericht im Sofortverfahren den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab. Gegen einen vom Gericht mit Datum vom 11. Mai 2020 erlassenen Gerichtsbescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 27. Mai 2020 im Verfahren W 8 K 20.50114 mündliche Verhandlung beantragen. Mit Beschluss vom 16. September 2020 lehnte das Gericht im Verfahren W 8 S 20.50222 den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akten des Klageverfahrens W 8 K 20.50114 und der Sofortverfahren W 8 S 20.50115 und W 8 S 20.50222) und die beigezogenen Behördenakten (einschließlich der Akten der Ehefrau des Antragstellers) sowie die ebenfalls beigezogenen jeweiligen Ausländerakten Bezug genommen. II. Der Antrag auf Abänderung des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses vom 30. März 2020 (W 8 S 20.50115), der sich auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides bezieht, ist zulässig und begründet. Das Gericht kann gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände beantragen (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO). Der Antrag ist begründet. Vorab wird jedoch noch angemerkt, dass nach Überzeugung des Gerichts weiterhin keine Abschiebungshindernisse im Hinblick auf die Ehefrau und das gemeinsame Kind bestehen. Die kurze Aussage der vom Antragsteller getrennt lebenden Ehefrau, dass sie der Antragsteller in Bamberg nicht körperlich verletzt habe, erklärt nicht die von der Ehefrau mit Lichtbildern unterlegten schweren Verletzungen im Brustbereich, die der Antragsteller seiner Ehefrau auch andernorts zugebracht haben könnte und auch nicht die Drohungen und das gewalttätige Verhalten des Antragstellers, die zur auch vom Gewaltschutzkoordinator der ANKER-Einrichtung Oberfranken befürworteten Trennung geführt haben. Weiter ist nicht ausgesagt, dass die Bedrohungen geendet hätten. Auch der dürre Satz, die „Tochter braucht ihren Vater zu sehen“, genügt bei weitem nicht zur Substanziierung, dass und inwieweit der Antragsteller insbesondere sein Umgangsrecht ausübt bzw. ausüben will und dass dieser Umgang für die Erhaltung des Kindeswohls notwendig ist. Auf die betreffenden Ausführungen im Beschluss vom 16. September 2020 (VG Würzburg, B.v. 16.9.2020 - W 8 S 20.50222 - juris) wird Bezug genommen. Unabhängig davon ist der Antrag gleichwohl begründet, weil die Überstellungsfrist mittlerweile abgelaufen ist. Die Antragsgegnerin ist durch Ablauf der Überstellungsfrist aus Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig geworden. Zwar hat die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers zunächst zutreffend gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG als unzulässig abgelehnt, da Italien gemäß Art. 12 Abs. 2 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 und 7 Dublin III-VO für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags des Antragstellers zuständig war. Auf die Ausführungen des Gerichts im Gerichtsbescheid vom 11. Mai 2020 (VG Würzburg, G.v.11.5.2020 - W 8 K 20.50114 - juris) wird Bezug genommen (§ 84 Abs. 4 VwGO). Die Zuständigkeit ist jedoch aufgrund des Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist aus Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen. Maßgeblich für den Fristbeginn ist vorliegend die Ablehnung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung mit Beschluss vom 30. März 2020, der dem Antragsteller nach eigenem Bekunden am 2. April 2020 zuging, als das fristauslösende Ereignis. Die Überstellungsfrist endete damit sechs Monate später mit Ablauf des 2. Oktober 2020 (vgl. Art. 42 Buchst. b Dublin III-VO). Gründe für die Verlängerung der Überstellungsfrist auf ein Jahr bzw. 18 Monate wegen Inhaftierung oder Flüchtigsein des Antragstellers (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO) liegen nicht vor. Die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 2. April 2020 (vgl. auch Schriftsatz vom 24.4.2020) verfügte Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung führt nicht zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist mit der Folge, dass diese mit dem Widerruf der Aussetzung durch Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. August 2020 neu zu laufen beginnen und ein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin erst mit Ablauf des 19. Februar 2021 erfolgen würde. Diese Rechtsfolge vermag die Aussetzung der Abschiebungsanordnung und deren Widerruf nicht zu bewirken (so auch OVG SH, B.v. 9.7.2020 - 1 LA 120/20 - juris sowie schon VG Würzburg, U.v. 11.8.2020 - W 8 K 19.50795 - juris m.w.N.; siehe ansonsten zuletzt etwa VG Dresden, B.v. 13.10.2020 - 6 L 712/20.A - Milo; Saarl VG, B.v. 1.10.2020 - 5 L 814/20 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 1.10.2020 - A 9 K 343/20 - juris; B.v. 15.9.2020 - A 9 K 4825/19 - juris; VG Ansbach, U.v. 23.9.2020 - AN 14 K 18.50955 - juris; VG Bremen, U.v. 18.9.2020 - 2 K 1112/19 - juris; SH VG, U.v. 14.9.2020 - 5 A 57/20 - juris; VG Greifswald, U.v. 28.8.2020 - 3 A 1865/19 HGW - juris; VG Berlin, B.v. 20.8.2020 - 32 L 173/20 A - juris, jeweils m.w.N.; Neumann, Offene Fragen rund um die Aussetzung der sofortigen Vollziehung in Dublin-Verfahren durch das BAMF, ZAR 2020, 314; Lehnert/Werdermann, Aussetzungen der Dublin-Überstellungen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge während der Corona-Krise, NVwZ 2020, 1308; Hupke, Coronabedingte Aussetzungen von Dublin-Überstellungen, Asylmagazin 8/2020, 257; Pettersson, Abschiebungen und Corona - Auswirkungen der Pandemie auf die Asylrechtsprechung, ZAR 2020, 230; alle m.w.N.; a. A. etwa VG Bremen, B.v. 29.9.2020 - 6 V 1878/20 - juris; VG Münster, B.v. 2.9.2020 - 10 L 704/20.A - juris; VG Karlsruhe, U.v. 26.8.2020 - A 1 K 1026/20 - juris sowie BAMF, Referat 32 A, Aussetzungsentscheidungen des Bundesamtes - ein Überblick, Entscheiderbrief 09/2020, 4; jeweils m.w.N.). Zwar haben nach § 80 Abs. 4 VwGO die Behörden grundsätzlich die Befugnis, die Vollziehung auszusetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Regelungen des Asylgesetzes schließen dabei eine behördliche Aussetzung nach § 80 Abs. 4 VwGO nicht aus. Jedoch setzt das vorrangige Unionsrecht diesbezüglich gewisse Grenzen (vgl. BVerwG, U.v. 8.1.2019 - 1 C 16.18 - BVerwGE 164, 165 - juris Rn. 23 ff). Unionsrechtlich setzt Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO die Möglichkeit einer behördlichen Aussetzung der Vollziehung gerade voraus und steht der Anwendung von § 80 Abs. 4 VwGO nicht entgegen. Gleichwohl setzt das Unionsrecht insbesondere in den Art. 27 und 28 Dublin III-VO dem nach nationalem Recht eröffneten weiten Ermessensspielraum Grenzen. Denn die behördliche Aussetzungsentscheidung begünstigt den jeweiligen Antragsteller nicht ausschließlich, indem aufenthaltsbeendende Maßnahmen aufgrund der Abschiebungsanordnung zunächst nicht vollzogen werden können. Vielmehr erfolgt auch eine jedenfalls mittelbare Belastung, weil eine Unterbrechung der Überstellungsfrist einen möglicherweise erstrebten Zuständigkeitsübergang nicht erfolgen lässt und zudem die inhaltliche Prüfung des Asylantrags weiter verzögert wird. Weitere Grenzen folgen aus dem von Art. 27 Abs. 3 und 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 1 UA. 1 Dublin III-VO angestrebten Ziel eines angemessenen Ausgleichs zwischen einerseits der Gewährung effektiven Rechtsschutzes und der Ermöglichung einer raschen Bestimmung des für die inhaltliche Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats (vgl. Erwägungsgrund 5 zur Dublin III-VO) und andererseits dem Ziel Sekundärmigration zu verhindern (BVerwG, U.v. 27.4.2016 - 1 C 24.15 - Buchholz 451.902 Europ. Ausländeru. Asylrecht Nr. 82). Eine behördliche Aussetzungsentscheidung darf hiernach auch unionsrechtlich jedenfalls dann ergehen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen (so bereits BVerwG, U.v. 9.8.2016 - 1 C 6.16 - BVerwGE 156, 9 - juris Rn. 18), denn dann haben die Belange eines Antragstellers auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes offenkundig Vorrang vor dem Beschleunigungsgedanken. Die Wirksamkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes erlaubt eine behördliche Aussetzung aus sachlich vertretbaren Erwägungen, die nicht rechtlich zwingend sein müssen, auch unterhalb dieser Schwelle, wenn diese den Beschleunigungsgedanken und die Interessen des zuständigen Mitgliedstaats nicht willkürlich verkennen und auch sonst nicht missbräuchlich sind (vgl. zu alledem BVerwG, U.v. 8.1.2019 - 1 C 16.18 - BVerwGE 164, 165). Vorstehende Voraussetzungen erfüllt die pauschale gegenüber allen Personen, die sich im „Dublin-Verfahren“ befinden und hiergegen einen Rechtsbehelf eingelegt haben (vgl. Schreiben der Direktorin des Bundesamtes für ... an die Präsidentinnen und Präsidenten der Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe vom 18. März 2020: „vorübergehend“), erklärte Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung ohne konkreten Endpunkt aufgrund der Entwicklungen in der „Corona-Krise“, gleichwohl nicht. Bereits der Wortlaut von Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO eröffnet lediglich die Möglichkeit, die Durchführung der Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfs oder einer Überprüfung auszusetzen. Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung dient in diesen Fällen damit letztlich der Sicherstellung effektiven Rechtsschutzes, indem eine umfassende Klärung von Tatsachen- oder Rechtsfragen nicht allein durch den Zuständigkeitswechsel aufgrund von Zeitablauf unmöglich gemacht wird (vgl. VG Greifswald, U.v. 28.8.2020 - 3 A 1865/19 HGW - juris Rn. 25; VG München, U.v. 7.7.2020 - M 2 K 19.51274 - juris Rn. 15). Eine derartige Konstellation betraf im Übrigen auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 8.1.2019 - 1 C 16.18 - BVerwGE 164, 165), als dort die Vollziehung der Abschiebungsanordnung bis zu einer Entscheidung über eine Verfassungsbeschwerde bzw. den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht betreffend eine ablehnende Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgesetzt wurde. Für eine derartige Auslegung des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO spricht zudem seine systematische Stellung innerhalb der Dublin III-VO im dortigen Abschnitt IV - Verfahrensgarantien unter der Überschrift „Rechtsmittel“ (vgl. OVG SH, B.v. 9.7.2020 - 1 LA 120/20 - juris Rn. 10; VG Greifswald, U.v. 28.8.2020 - 3 A 1865/19 HGW - juris Rn. 26). Zu berücksichtigen bei der Auslegung sind ferner die Grundsätze und Systematik des „Dublin-Systems“ an sich (EuGH, U.v. 7.6.2016 - C-63/15 - NVwZ 2016, 1157 - juris Rn. 35 m.w.N.). Dieses ist unter anderem geprägt durch den Beschleunigungsgrundsatz (vgl. Erwägungsgrund 5 zur Dublin III-VO), welcher in einem Spannungsverhältnis mit dem Prinzip der Gewährung effektiven Rechtsschutzes steht. Insoweit sind nicht alleine die mitgliedsstaatlichen Interessen an der Überstellung, sondern auch die Interessen der Asylantragsteller zu berücksichtigen, schon um eine von der Dublin III-VO nicht gewollte „refugee in orbit“-Situation zu vermeiden, in der ein Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes inhaltlich für längere Zeit ungeprüft bleibt. Die Fristenregelungen der Dublin III-VO entfalten Individualschutz im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit des Dublin-Systems sowie den Schutz der Antragsteller, deren Asylbegehren möglichst rasch durch den zuständigen Mitgliedsstaat geprüft werden soll (EuGH, U.v. 7.6.2016 - C-63/15 - NVwZ 2016, 1157 - juris Rn. 52; VGH BW, U.v. 29.7.2019 - A 4 S 749/19 - juris Rn. 124). Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sind nicht jedwede sachlich vertretbaren, willkürfreien und nicht rechtsmissbräuchlichen Erwägungen - wie etwa die Vollzugsschwierigkeiten aufgrund der COVID-19-Pandemie oder auch der Gesundheitsschutz der zu überstellenden Personen - dazu geeignet, eine Aussetzung nach Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO zu stützen (vgl. VG Karlsruhe, U.v. 1.10.2020 - A 9 K 343/20 - juris Rn. 31; B.v. 15.9.2020 - A 9 K 4825/19 - juris Rn. 22 m.w.N. auch zur Gegenmeinung), da zum einen auch das Bundesverwaltungsgericht eine solche auch nur vor dem Hintergrund der Gewährung effektiven Rechtsschutzes ausdrücklich als zulässig erachtet hat und sich zum anderen wie dargestellt aus Wortlaut und Systematik des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO nicht ergibt, dass eine Aussetzung der Abschiebungsanordnung mit der Folge der Unterbrechung der Überstellungsfrist in unionsrechtskonformer Weise auch dann erfolgen kann, wenn diese alleine aufgrund einer vorübergehenden und von den Adressaten der Überstellungsentscheidung nicht zu vertretenden tatsächlichen Unmöglichkeit der Überstellung ausgesprochen wird (vgl. insbesondere auch OVG SH, B.v. 9.7.2020 - 1 LA 120/20 - juris Rn. 15 ff.; VG Karlsruhe, U.v. 1.10.2020 - A 9 K 343/20 - juris Rn. 22; VG Bremen, U.v. 18.9.2020 - 2 K 1112/19 - juris Rn. 47). Diese Auffassung wird wiederum gestützt durch den Leitfaden der Europäischen Kommission „COVID-19: Hinweise zur Umsetzung der einschlägigen Bestimmungen im Bereich der Asyl- und Rückführungsverfahren und zur Neuansiedlung“ vom 17. April 2020 (2020/C-126/02). Dort heißt es unter Punkt 1.2 Dublin-Überstellungen ausdrücklich, dass keine Bestimmung der Dublin III-VO es erlaubt, in einer Situation wie sie sich aus der Corona-Pandemie ergibt, von der grundsätzlichen Regelung des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO abzuweichen, wonach, wenn die Überstellung nicht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist erfolgt, ein Zuständigkeitsübergang auf den ersuchenden Mitgliedsstaat erfolgt. Ein weiteres Indiz ist, dass die Antragsgegnerin die Aussetzung der Vollziehung nicht bis zur Rechtskraft einer etwaigen Hauptsacheentscheidung, sondern auf Widerruf und damit womöglich länger als bis zur Ermöglichung eines wirksamen Hauptsacherechtsschutzes erklärt hat. Sie dient damit nicht dem effektiven Rechtsschutz des Antragstellers, sondern anderen Gründen (vgl. VG Karlsruhe, U.v. 1.10.2020 - A 9 K 343/20 - juris Rn. 35; B.v. 15.9.2020 - A 9 K 4825/19 - juris Rn. 26; SH VG, U.v. 14.9.2020 - 5 A 57/20 - juris Rn. 21). Dementsprechend ist vorliegend keine derartige Konstellation gegeben, die zu einer Unterbrechung der Überstellungsfrist führen würde, da die Aussetzung durch die Antragsgegnerin letztlich mit Vollzugsschwierigkeiten aufgrund von Einreisebeschränkungen sowie allgemeinen Erwägungen hinsichtlich des europaweiten Infektionsgeschehens im Zuge der COVID-19-Pandemie begründet wurde. Erfolgt die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsanordnung - wie hier - allein aufgrund einer etwaigen tatsächlichen Unmöglichkeit der Überstellung, hält sich diese nicht im oben näher ausgeführten (unions-)rechtlichen Rahmen und vermag die Überstellungsfrist aus Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO nicht zu unterbrechen (vgl. insbesondere OVG SH, B.v. 9.7.2020 - 1 LA 120/20 - juris Rn. 8). Diese Auslegung des Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO fügt sich im Übrigen auch in die bislang in Zusammenhang mit einer tatsächlichen Unmöglichkeit der Überstellung innerhalb der Frist des Art. 29 Abs. 1 UA. 1 Dublin III-VO ergangene obergerichtliche Rechtsprechung ein (etwa OVG NRW, B.v. 8.12.2017 - 11 A 1966/15.A - juris Rn. 8 f.; VGH BW, U.v. 13.10.2016 - A 11 S 1596/16 - juris Rn. 49; NdsOVG, B.v. 20.12.2016 - 8 LB 184/15 - juris Rn. 60 ff.), wonach es im Falle einer im maßgeblichen Beurteilungszeitraums hinreichend sicher feststehenden tatsächliche Unmöglichkeit einer fristgerechten Überstellung, der angesprochene Beschleunigungsgedanke der Dublin III-VO gebietet, bereits zu diesem Zeitpunkt von einer Unmöglichkeit der Überstellung und damit dem künftigen Zuständigkeitsübergang (vgl. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO) auszugehen. Auch wenn diese Rechtsprechung nicht zu Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO ergangen ist, sondern zu einer Ermessensreduzierung im Rahmen des Selbsteintritts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO, lässt sich ihr jedenfalls entnehmen, dass alleine die tatsächliche Unmöglichkeit der Überstellung nicht geeignet ist, den Grundsatz der Beschleunigung, wie er in der Dublin III-VO enthalten ist, einzuschränken (so auch OVG SH, B.v. 9.7.2020 - 1 LA 120/20 - juris Rn. 18). Hinzu kommt, dass Art. 29 Abs. 1 UA. 1 Dublin III-VO die Frage nach der tatsächlichen Möglichkeit der Überstellung von der Frage der aufschiebenden Wirkung einer rechtlichen Prüfung der Überstellungsentscheidung trennt und sich aus dem Wortlaut ergibt, dass unabhängig von der praktischen Möglichkeit der Überstellung die Überstellungsfrist spätestens sechs Monate nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über eine rechtliche Prüfung, die aufschiebende Wirkung hat, endet (vgl. VG Bremen, U.v. 18.9.2020 - 2 K 1112/19 - juris Rn. 47). Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden hat, dass der überstellende Mitgliedstaat über eine Frist von sechs Monaten verfügen sollte, um die Überstellung zu bewerkstelligen (EuGH, U.v. 29.1.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639 - juris Rn. 43), steht dies dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Diese Vorabentscheidung, die noch zur Auslegung der sogenannten Dublin II-VO (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist) ergangen ist, enthält keine Aussage darüber, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen die Überstellung aus tatsächlichen Gründen vorübergehend unmöglich ist. Sie betrifft eine Fallkonstellation, in der die Frage nach der Unterbrechung der Überstellungsfrist in Zusammenhang mit einem gerichtlich anhängigen Hauptsache-Rechtsbehelf aufkam. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat insoweit entschieden, dass, wenn die Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats vorsehen, dass ein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat, die Überstellungsfrist zur Wahrung ihrer praktischen Wirksamkeit nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann (EuGH, U.v. 29.1.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639 - juris Rn. 44 ff.). Da insoweit auch diese Entscheidung in Zusammenhang mit einem mitgliedstaatlichen Rechtsbehelfsverfahren stand, kann sie nicht auf solche Fälle übertragen werden, in denen der Anlass für eine Unterbrechung der Überstellungsfrist allein ein tatsächlicher ist, der nicht der Gewährung effektiven Rechtsschutzes dient. Die Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2020 und die darin zitierte Rechtsprechung führt zu keiner anderen Beurteilung. Wenn darin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. August 2016 (1 C 6/16 - BVerwGE 156, 9 - juris Rn. 18) Bezug genommen wird, stellt dies keine mit dem hiesigen Fall vergleichbare Konstellation dar. Denn in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war wiederum die Aussetzung der Abschiebungsanordnung bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache nach Zulassung der Berufung Gegenstand. Dass ein solcher Fall von Art. 27 Abs. 4 Dublin III-VO umfasst ist, ergibt sich bereits - wie vom Bundesverwaltungsgericht dargestellt - aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst. Das Urteil des EuGH vom 13. September 2017 (C-60/16 - Khir Amayry - NVwZ 2018, 46) hat ebenfalls die Aussetzung einer Überstellungsentscheidung bis zum Abschluss eines Rechtsbehelfsverfahrens zum Gegenstand. Der Grundsatz, dass eine zusammenhängende Überstellungsfrist von sechs Monaten zur Verfügung stehen soll, gilt wie ausgeführt nicht absolut (vgl. im Übrigen auch schon VG Würzburg, U.v. 11.8.2020 - W 8 K 19.50795 - juris). Nach alledem ist die Zuständigkeit Italiens entfallen, so dass die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen war. Im Weiteren wird die Antragsgegnerin vielmehr verpflichtet sein, ein Asylverfahren in nationaler Zuständigkeit durchzuführen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
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Tenor Der Normenkontrollantrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 31 „Kampen Süd“ der Antragsgegnerin vom 22. März 2010 (im Folgenden Bebauungsplan Nr. 31). 2 Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks unter der Adresse … in … (Flurstück …, Flur …) im Gebiet der Antragsgegnerin. Das Grundstück ist mit einem Wohngebäude bebaut. 3 Am 22. März 2010 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Beschluss über den Bebauungsplan Nr. 31. Die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin fertigte den Bebauungsplan Nr. 31 am 14. Juni 2010 aus. Das Amt Landschaft Sylt machte die Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 31 in der Zeitung „Sylter Rundschau“ am 23. Juni 2010 bekannt. Dort hieß es auszugsweise: „Die Gemeindevertretung der Gemeinde Kampen (Sylt) hat in der Sitzung am 22. März 2010 den Bebauungsplan Nummer 31 […] als Satzung beschlossen. Dies wird hiermit bekanntgemacht. […]“ Nach Feststellung eines Schreibfehlers unter Nr. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen fertigte die Bürgermeisterin der Antragsgegnerin den korrigierten Bebauungsplan Nr. 31 am 25. Juli 2011 erneut aus. Am 10. August 2011 veröffentlichte das Amt Landschaft Sylt in der Tageszeitung „Sylter Rundschau“ einen Text, der lautete: „Die Gemeindevertretung der Gemeinde Kampen (Sylt) hat in der Sitzung am 22. März 2010 den Bebauungsplan Nr. 31 […] als Satzung beschlossen. Der Plan wurde am 23. Juni 2010 bekannt gemacht. Aufgrund eines jetzt festgestellten Schreibfehlers unter Nr. 1.1.2 im Text Teil B des Bebauungsplanes, wird der berichtigte Plan erneut ausgefertigt und bekannt gemacht. Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft. […]“ 4 Der Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 31 umfasst das Grundstück der Antragstellerin. Unter Nr. 4 der textlichen Festsetzungen enthält der Bebauungsplan Nr. 31 Festsetzungen zur Überschreitung der überbaubaren Grundstücksfläche. Darin hieß es ursprünglich: „Die festgesetzten Baugrenzen können je Baugrundstück an einer Seite bis zu einer Tiefe von 5 m ausnahmsweise überschritten werden, sofern auf demselben Baugrundstück keine zweite Hauptanlage entsteht. Von der Ausnahme ist abzusehen, wenn hierdurch lediglich eine bauliche Anlage unterhalb der Geländeoberfläche begünstigt werden soll.“ 5 Am 23. Juni 2011 stellte die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht (1 KN 7/11) und beantragte, den Bebauungsplan Nr. 31 für unwirksam zu erklären. Mit rechtskräftigem Urteil vom 16. Februar 2012 erklärte das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht die textliche Festsetzung unter Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplans Nr. 31 für unwirksam und lehnte den Normenkontrollantrag im Übrigen ab. 6 Am 21. August 2019 veröffentlichte das Amt Landschaft Sylt unter der Überschrift „Bekanntmachung des Amtes Landschaft Sylt für die Gemeinde Kampen (Sylt) Beschluss der Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 „Kampen Süd““ den folgenden Text: „Die Gemeindevertretung der Gemeinde Kampen (Sylt) hat in der Sitzung am 22. März 2010 den Bebauungsplan Nr. 31 der Gemeinde Kampen (Sylt) als Satzung beschlossen. Der Plan wurde am 23. Juni 2010 bekannt gemacht. Aufgrund eines Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 wurde die textliche Festsetzung Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplanes Nr. 31 für unwirksam erklärt und in der Satzung gestrichen. Dies wird bekannt gemacht. 7 Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft. Alle Interessierten können den Bebauungsplan und die Begründung von diesem Tag an in der Inselverwaltung der Gemeinde Sylt und des Amtes Landschaft Sylt […] einsehen und über den Inhalt Auskunft erhalten. […] 8 Beachtliche Verletzungen der in § 214 Abs. 2 BauGB bezeichneten Vorschriften werden unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit dieser Bekanntmachung schriftlich gegenüber dem Amt/der Gemeinde geltend gemacht worden sind. Dasselbe gilt für die nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlichen Mängel des Abwägungsvorgangs. […]“ 9 Am 21. Oktober 2019 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. 10 Zur Begründung trägt sie vor: Der Antrag sei zulässig. Die Anzeige in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 erfülle die Voraussetzungen einer Bekanntmachung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO selbst knüpfe für den Ablauf der für den Normenkontrollantrag maßgeblichen Antragsfrist an den Zeitpunkt der Bekanntmachung der Rechtsvorschrift an. Das Bundesverwaltungsgericht sehe hierin den Zeitpunkt, zu dem der Bebauungsplan mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden sei. Im Hinblick auf die Titulierung der Bekanntmachung vom 21. August 2019 werde der Eindruck suggeriert, dass mit dieser die vollständige Neuaufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 durchgeführt werde. Der Zeitpunkt, zu dem der Bebauungsplan Nr. 31 nach dem Willen des Plangebers als Satzung entstehen solle, sei im Hinblick auf diesen Eindruck der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Bekanntmachung vom 21. August 2019. 11 Die Auslegung der Bekanntmachung vom 21. August 2019, die vom objektiven Empfängerhorizont zu erfolgen habe, ergebe nicht, dass es sich insoweit lediglich um die Veröffentlichung der Entscheidungsformel gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO handele. Der Wortlaut dieser Vorschrift sehe vor, dass die Entscheidung zu veröffentlichen sei. Ausgehend davon hätte die Überschrift der Anzeige dann mit „Veröffentlichung“ überschrieben sein müssen. Der Passus „Dies wird bekannt gegeben“ beziehe sich schon rein räumlich betrachtet auf den gesamten ersten Absatz der Bekanntmachung. Ferner werde in der Anzeige auf den gesamten Inhalt des Bebauungsplans Bezug genommen. Dies werde aus der Belehrung nach § 215 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem Abdruck des § 214 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BauGB deutlich. Insoweit habe die Antragsgegnerin eine Bekanntmachung des vollständigen Inhalts der Satzung zum Ausdruck gebracht. Ansonsten hätte sie an dieser Stelle rein informatorisch erläutert, dass verschiedene nach § 214 BauGB beachtliche Mängel des Bebauungsplans unbeachtlich geworden seien, soweit der Plan bereits zu einem früheren Zeitpunkt bekannt gemacht worden sei. 12 Mit der Bekanntmachung vom 21. August 2019 sei eine zusätzliche Beschwer verbunden. Der Bekanntmachung liege eine erneute Betätigung des Willens der Antragsgegnerin zugrunde, in dem sie sich auf den vormaligen Abwägungsvorgang berufe und diesen – auch und gerade in Ansehung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts – positiv bestätigt habe. Indem die Antragsgegnerin in der Bekanntmachung ausgeführt habe, dass die Verletzung von nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtlichen Mängeln des Abwägungsvorgangs unbeachtlich werde, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung vom 21. August 2019 geltend gemacht würden, habe sie den Abwägungsvorgang dokumentiert. 13 Selbst wenn der Senat der Ansicht sei, dass es sich lediglich um eine Veröffentlichung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO handele, dürfe ihr hieraus kein Nachteil erwachsen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sehe vor, dass der Bürger als Empfänger einer nach dem objektiven Erklärungsinhalt missverständlichen Willensäußerung der Verwaltung durch solche Unklarheit nicht benachteiligt werden dürfen. Dies gebiete Art. 19 Abs. 4 GG. Der Angreifbarkeit des Bebauungsplans läge in dieser Situation eine Rechtsunklarheit zugrunde, die durch das behördliche Handeln erzeugt worden sei und dem Bürger nicht zum Nachteil gereichen dürfe. Insofern sei sie mit der Situation eines Scheinverwaltungsakts vergleichbar. 14 Es handele sich bei der Anzeige vom 21. August 2019 um eine irreführende Titulierung, durch die der Plangeber gegen die gesetzlichen Anforderungen an die Plankennzeichnung verstoßen habe. Liege ein Verstoß gegen eine verfahrensrechtliche Bestimmung mit objektivem Bedeutungsgehalt vor, so könne die Verletzung des Verfahrensverstoßes geltend gemacht werden, wenn die Norm in die Freiheitssphäre des Bürgers eingreife. 15 Der Einwand der materiellen Rechtskraft stehe der Zulässigkeit des Antrags ebenfalls nicht entgegen. Durch die bewusste Entscheidung darüber, einen neuen Abwägungsvorgang durchzuführen, liege dem am 21. August 2019 bekanntgemachten Bebauungsplan ein veränderter tatsächlicher und rechtlicher Vorgang zugrunde. Damit sei der Streitgegenstand nicht identisch mit dem Streitgegenstand des Verfahrens 1 KN 7/11. Ferner könne auch die materielle Rechtskraft einer Entscheidung nur so weit reichen, wie über den Streitgegenstand entschieden worden sei. In seiner Entscheidung vom 16. Februar 2012 habe das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht sich beinahe ausschließlich mit der Frage der Rechtmäßigkeit der Festsetzung Nr. 4 und nur in zwei Randnummern mit dem übrigen Teil des Plans befasst. Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Rechtskraft der Entscheidung in dem Verfahren 1 KN 7/11 über die Beurteilung der Frage der Rechtmäßigkeit der Festsetzung Nr. 4 sowie der Frage der Größe von Baufenstern hinaus erstrecke. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diene das Normenkontrollverfahren nicht einer umfassenden Prüfung der Rechtslage unter jedem denkbaren Gesichtspunkt. 16 Im Übrigen sei der Normenkontrollantrag auch begründet. Nicht nur Nr. 4 Satz 2, sondern auch Nr. 4 Satz 1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 sei unwirksam. 17 Die Antragstellerin beantragt, 18 den Bebauungsplan Nr. 31 der Antragsgegnerin, bekannt gemacht am 21. August 2019, für unwirksam zu erklären. 19 Die Antragsgegnerin beantragt, 20 den Antrag abzulehnen. 21 Zur Begründung trägt sie vor: Der Antrag sei unzulässig. Der streitgegenständliche Bebauungsplan sei bereits am 10. August 2011 bekannt gemacht worden und die Jahresfrist damit abgelaufen. Durch die Bekanntmachung in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 sei die Frist auch nicht erneut in Gang gesetzt worden. Es handele sich insoweit nicht um eine Bekanntmachung der Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Vielmehr sei hierin lediglich die pflichtgemäße Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Urteils des Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO zu sehen. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der Anzeige vom 21. August 2019 in der „Sylter Rundschau“, für die die allgemeinen Grundsätze der §§ 133, 157 BGB in entsprechender Anwendung heranzuziehen seien. Nach der Darstellung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts heiße es: „Dies wird bekannt gegeben“. Hieraus ergebe sich eindeutig der Wille der Antragsgegnerin, ihrer Pflicht zur Bekanntmachung der Entscheidungsformel aus § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO nachzukommen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Formulierung „Beschluss der Neuaufstellung des Bebauungsplans“ in der Überschrift der Anzeige, da mit dieser lediglich die schon vor der ursprünglichen Planaufstellung verwendete Formulierung wiedergegeben werde. Auf die Überschrift der Verlautbarung komme es auch nicht entscheidend an, maßgeblich sei vielmehr deren Inhalt. Soweit die Antragstellerin auf den Hinweis zu §§ 214 Abs. 2, 215 Abs. 1 BauGB abstelle, könne daraus nichts anderes hergeleitet werden. Der Hinweis sei ersichtlich allein deshalb in die Verlautbarung aufgenommen worden, da die Amtsverwaltung in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen sei, die Satzung ohne die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 erneut in Kraft setzen zu müssen. 22 Wenn man unterstelle, dass die Verlautbarung vom 21. August 2019 nicht hinreichend deutlich als Veröffentlichung im Sinne von § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO zu erkennen sei, erwachse der Antragstellerin hieraus kein Nachteil. Auch bei ausdrücklicher Bezeichnung der Verlautbarung als Veröffentlichung im Sinne der genannten Norm hätte die Antragstellerin keinen Normenkontrollantrag stellen können. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG erfordere nicht die Möglichkeit zur verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle. Der Verlautbarung liege ferner keine neue Willensbetätigung ihrerseits zugrunde. Sie habe keinen neuen Satzungsbeschluss gefasst und damit auch keine neue Abwägung vorgenommen. Durch die Gemeindevertretung sei keinerlei Befassung erfolgt, sondern die Verlautbarung sei alleine durch die Amtsverwaltung veranlasst worden. 23 Selbst bei unterstellter erneuter Bekanntmachung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO würde die Jahresfrist vorliegend nicht erneut in Gang gesetzt werden. Auch nach der von der Antragstellerin angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beginne die Antragsfrist im Falle einer mehrfachen Bekanntmachung nicht mit jeder Bekanntmachung von neuem. Die Frist werde durch eine Änderung der Satzung nur in Gang gesetzt, wenn die geänderte Satzung neue Rechtsvorschriften oder eine zusätzliche Beschwer enthalte. Zwar könnten auch klarstellende Änderungen einer Vorschrift, die eine Rechtslage eindeutiger zum Ausdruck brächten und damit konkretisierten, die Antragsfrist neu beginnen lassen. Voraussetzung sei dann unter anderem, dass die Klarstellungen eine neue Beschwer enthielten. Mit der Streichung von Nr. 4 Satz 2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 aufgrund des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 sei jedoch keine neue Rechtsvorschrift oder weitere Beschwer entstanden. Die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 sei von Anfang an unwirksam gewesen. Das Normenkontrollurteil habe insoweit lediglich eine feststellende Wirkung. 24 Soweit es in der Bekanntmachung heiße, „Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft“, sei darin zwar der Wille zu erkennen, die übrigen Teile des Bebauungsplans rückwirkend zum Zeitpunkt seiner ursprünglichen Inkraftsetzung in Kraft treten zu lassen, weil man erkennbar davon ausgegangen sei, dass es hierzu einer entsprechenden rückwirkenden Inkraftsetzung bedürfte. Dies sei jedoch nicht der Fall, da auch nach der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 isoliert aufhebbar gewesen sei und die übrigen Regelungen des Bebauungsplans weiterhin wirksam seien. Für die Geltung des Bebauungsplans habe es insoweit keiner rückwirkenden Inkraftsetzung bedurft. 25 Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in der dieses sich mit den Auswirkungen einer erneuten Bekanntmachung nach Abschluss eines ergänzenden Verfahrens zur Behebung eines Ausfertigungsmangels beschäftigt habe. Eine solche Konstellation liege hier nicht vor. Eine entsprechende Anwendung der Grund-sätze für sogenannte Scheinverwaltungsakte scheide ebenfalls aus. Eine Anfechtungsmöglichkeit für diese Verwaltungsakte werde nur deshalb eingeräumt, weil der Adressat eines solchen Scheinverwaltungsaktes diesen bei objektiver Würdigung aller Umstände nur als echten, anfechtbaren Verwaltungsakt habe verstehen können. Die daraus entstandene Rechtsunklarheit sei der Grund für die Anfechtbarkeit. Eine solche Rechtsunklarheit sei hier jedoch nicht gegeben. Die Bekanntmachung gebe keinerlei Anhaltspunkte für die Neuaufstellung des Bebauungsplans und begründe damit auch keinen Rechtsschein. 26 Daneben stehe schon das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts zum Aktenzeichen 1 KN 7/11 vom 16. Februar 2012 aufgrund seiner materiellen Rechtskraft einer (erneuten) Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren entgegen, da es sich vorliegend um denselben Streitgegenstand wie in dem bereits 2012 rechtskräftig entschiedenen Verfahren zum Aktenzeichen 1 KN 7/11 handele. Das Begehren im vorliegenden Verfahren entspreche dem Begehren im Verfahren 1 KN 7/11 und ziele auf die Erklärung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 31 ab. Auch der Klagegrund sei identisch, da sich der Bebauungsplan Nr. 31 seit seiner ursprünglichen und einzigen Bekanntmachung am 10. August 2011 inhaltlich nicht verändert habe. Über den durch Klagegrund und Klagebegehren geprägten Streitgegenstand habe der erkennende Senat auch bereits entschieden, indem er in dem Verfahren 1 KN 7/11 den Normenkontrollantrag im Übrigen abgelehnt habe. Auch die Zurückweisung eines Normenkontrollantrags entfalte gemäß § 121 VwGO Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten. 27 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin Bezug genommen. Entscheidungsgründe 28 Der Normenkontrollantrag ist unzulässig. 29 I. Der gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthafte Antrag ist nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. 30 Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift einen Normenkontrollantrag stellen. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO stellt demnach für den Beginn der Antragsfrist maßgeblich auf die Bekanntmachung der zur Prüfung gestellten Rechtsvorschrift – hier des Bebauungsplans Nr. 31 „Kampen-Süd“ vom 22. März 2010 (im Folgenden Bebauungsplan Nr. 31) – ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 CN 1.14 –, Rn. 12, juris). Darunter ist, wie auch die Antragstellerin zutreffend ausführt, der Zeitpunkt zu verstehen, zu dem die Norm mit formellem Geltungsanspruch veröffentlicht worden ist, d. h. zu dem diese nach dem Willen des Normgebers als Satzung entstehen soll (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris; Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 CN 6.18 –, Rn. 13, juris). Ob die Bekanntmachung ordnungsgemäß ist, ist insoweit ohne Belang (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris). 31 1. Dies zugrunde gelegt, ist der Bebauungsplan Nr. 31 erstmals am 23. Juni 2010 im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO bekanntgemacht worden. Innerhalb der durch diese Bekanntmachung ausgelösten Jahresfrist hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag bei dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht zu dem Aktenzeichen 1 KN 7/11 gestellt. Die insoweit ausgelöste Antragsfrist im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist mittlerweile offensichtlich abgelaufen. 32 Ob es sich bei der auf die Korrektur eines Schreibfehlers unter Nr. 1.1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 folgenden Mitteilung in der „Sylter Rundschau“ vom 10. August 2011 um eine die Antragsfrist erneut auslösende Bekanntmachung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO handelt, kann hier dahinstehen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre auch die insoweit ausgelöste Jahresfrist zwischenzeitlich offensichtlich abgelaufen. 33 2. Die Mitteilung in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 hat die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht erneut in Gang gesetzt. 34 a) Dies ergibt sich nicht schon daraus, dass es sich bei der Mitteilung vom 21. August 2019 – wenn überhaupt – nicht um eine erstmalige, sondern um eine erneute oder wiederholte Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 handeln könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass im Falle der Bekanntmachung einer Satzung, die inhaltsgleich zu einer bereits zuvor bekanntgemachten Satzung ist, die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO neu zu laufen beginnt. Der Plangeber kann den mit einer fristauslösenden Bekanntmachung erhobenen formellen Geltungsanspruch einer Satzung nach der Behebung eines vermeintlichen oder tatsächlichen Fehlers durch die Bekanntmachung einer inhaltlich unveränderten Satzung erneuern und so das Ziel verfolgen, eine tatsächlich oder vermeintlich unwirksame Satzung durch eine wirksame zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris). Ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. 35 b) An einer solchen Bekanntmachung der – im Rahmen der Normenkontrolle zur Prüfung stehenden – Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO fehlt es im vorliegenden Fall. In der Mitteilung in der „Sylter Rundschau“ vom 21. August 2019 ist keine erneute oder wiederholte Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 zu erkennen. Eine nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten an einer entsprechenden Anwendung der §§ 133, 157 BGB zu orientierende objektive Auslegung der genannten Mitteilung ergibt, dass die Antragsgegnerin nicht den Bebauungsplan Nr. 31 mit formellen Geltungsanspruch (erneut) bekanntgemacht, sondern lediglich die Veröffentlichung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO bewirkt hat. § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO regelt, dass, wenn das Oberverwaltungsgericht eine Rechtsvorschrift für unwirksam erklärt hat, die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen ist, wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. 36 Im ersten Abschnitt der Mitteilung vom 21. August 2019 heißt es: „Aufgrund eines Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 wurde die textliche Festsetzung Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplanes Nr. 31 für unwirksam erklärt und in der Satzung gestrichen. Dies wird bekannt gemacht.“ Insoweit lässt sich der Mitteilung entnehmen, dass diese der „Bekanntmachung“ der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts dient. Anders als die Antragstellerin meint, bezieht sich der Satz „Dies wird bekannt gemacht.“ nicht auf den vorstehenden gesamten ersten Absatz, in dem auch Bezug auf die Beschlussfassung über den Bebauungsplan Nr. 31 genommen wird, sondern lediglich auf den unmittelbar vorstehenden Satz, der die Entscheidungsformel des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts wiedergibt. Dies ergibt sich schon daraus, dass in dem ersten Absatz der Mitteilung vom 21. August 2019 nicht lediglich die Beschlussfassung der Gemeindevertretung vom 22. März 2010 über den Bebauungsplan Nr. 31 in Bezug genommen, sondern dort im Anschluss an diese Bezugnahme auch ausgeführt wird, dass der Plan am 23. Juli 2010 bekanntgemacht worden sei. Dass mit der Mitteilung vom 21. August 2019 bekanntgemacht werden sollte, dass der Bebauungsplan Nr. 31 bereits in der Vergangenheit bekannt gemacht worden ist, erscheint fernliegend. Insoweit stellt sich die Bezugnahme auf die ursprüngliche Beschlussfassung der Gemeindevertretung vom 22. März 2010 ebenso wie die Angabe zur ersten Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 lediglich als Information über Teile des Verfahrens zur Inkraftsetzung des Bebauungsplans Nr. 31, d.h. als Darstellung des insoweit maßgeblichen Sachverhalts dar. 37 Hinzu kommt, dass es der Praxis des Amtes Landschaft Sylt entspricht, in den verschiedenen Mitteilungen zum Bebauungsplan Nr. 31 hervorzuheben, was genau bekanntgemacht werden soll. Bereits in der Bekanntmachung vom 23. Juni 2010 wurde ausgeführt, dass die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 22. März 2010 den Bebauungsplan Nr. 31 als Satzung beschlossen habe und dies bekanntgemacht werde. Ebenso wurde in der Bekanntmachung vom 10. August 2011 erläutert, dass der Bebauungsplan Nr. 31 aufgrund eines Schreibfehlers erneut ausgefertigt worden sei und bekannt gemacht werde. Insoweit hätte es der Praxis des Amtes Landschaft Sylt entsprochen, in die Mitteilung vom 21. August 2019 den Hinweis aufzunehmen, dass der Bebauungsplan aufgrund der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts erneut bekannt gemacht wird, hätte es tatsächlich die (erneute) Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 31 bewirken wollen. 38 Zuzugeben ist der Antragstellerin, dass die Überschrift der Mitteilung vom 21. August 2019 in der „Sylter Rundschau“ zunächst vermuten lässt, dass die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 bekanntgemacht werden soll, da es dort heißt „Bekanntmachung des Amtes Landschaft Sylt für die Gemeinde Kampen (Sylt) Beschlussfassung der Neuaufstellung des Bebauungsplanes Nr. 31 „Kampen Süd““. Dies lässt jedoch den Erklärungsinhalt des ersten Abschnitts der Mitteilung im Ergebnis unberührt. Dem unter der Überschrift folgenden Text lässt sich hinreichend konkret entnehmen, dass die Entscheidungsformel des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 „bekannt gemacht“ wird. Daher kann sich die Antragstellerin zur Bestimmung des Erklärungsinhaltes auch nicht ausschließlich oder vorrangig auf die Überschrift berufen. Es entspricht der allgemeinen Sorgfaltspflicht im Rechtsverkehr, sich nicht auf die Lektüre der Überschrift juristisch relevanter Texte zu beschränken, sondern vielmehr deren Inhalt sorgfältig zu studieren. Hinzu kommt, dass es sich bei der Überschrift der Mitteilung vom 21. August 2019 um eine Art Titel handelt, den die Antragsgegnerin bereits zuvor an verschiedenen Stellen genutzt hat, um den Bebauungsplan Nr. 31 zu bezeichnen. Bereits die Mitteilung vom 10. August 2011 in der „Sylter Rundschau“, die auf die nach Behebung eines Schreibfehlers erneute Ausfertigung folgte, trug diese Überschrift. 39 Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass die Antragsgegnerin bzw. das Amt Landschaft Sylt, sofern die Veröffentlichung der Entscheidungsformel im Sinne des § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO beabsichtigt gewesen sei, das Wort „Veröffentlichung“ anstatt des Wortes „Bekanntmachung“ hätte nutzen müssen, findet diese Ansicht ihren Anknüpfungspunkt im Wortlaut des § 47 VwGO. So stellt § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hinsichtlich des Beginns der einjährigen Antragsfrist auf die Bekanntmachung der Rechtsvorschrift ab, § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO spricht hingegen von der Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Oberverwaltungsgerichts. Auch spricht einiges dafür, dass unabhängig vom Wortlaut des § 47 VwGO im Regelfall Rechtsvorschriften, nicht jedoch gerichtliche Entscheidungsformeln bekanntgemacht werden. Dass die Mitteilung vom 21. August 2019 dennoch den Ausdruck verwendet, dass „bekannt gemacht“ werde, dass die Festsetzung Nr. 4 Satz 2 des Bebauungsplans Nr. 31 aufgrund des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 für unwirksam erklärt wurde, mag insoweit unglücklich bzw. jedenfalls nicht am Wortlaut des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO orientiert sein. Die Bekanntmachung der zur gerichtlichen Prüfung gestellten Rechtsvorschrift, d. h. des Bebauungsplans Nr. 31 im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ergibt sich daraus jedoch objektiv betrachtet nicht. Gegenstand der nach der Wortwahl des Amtes mit der Mitteilung vom 21. August 2019 veranlassten „Bekanntmachung“ bleibt die Entscheidungsformel des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts. 40 Der für die Frage des Gegenstands der Bekanntmachung bzw. Veröffentlichung wesentliche Erklärungsinhalt wird durch die auf den ersten Abschnitt folgenden Abschnitte der Mitteilung vom 21. August 2019 nicht berührt. Der Satz „Dies wird bekannt gemacht.“ schafft erkennbar eine Zäsur im Text der Mitteilung, die verdeutlicht, dass der Inhalt der „Bekanntmachung“ jedenfalls nicht den nachfolgenden Ausführungen entnommen werden kann. Hinzu kommt, dass die folgenden Abschnitte lediglich Bezug auf die „Bekanntmachung“ nehmen („mit bewirkter Bekanntmachung“, „dieser Bekanntmachung“). Sie enthalten damit selbst jedoch keine Aussage dazu, was bekanntgemacht oder veröffentlicht werden soll. Insoweit ist es auch unerheblich, dass in der Mitteilung vom 21. August 2019 der Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 BauGB unter Bezugnahme auf verschiedene Planerhaltungsvorschriften des § 214 BauGB enthalten ist. So heißt es im dritten Abschnitt der Mitteilung, dass beachtliche Verletzungen der in § 214 Abs. 2 BauGB bezeichneten Vorschriften unbeachtlich würden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit „dieser Bekanntmachung“ schriftlich gegenüber dem Amt/der Gemeinde geltend gemacht würden. Damit suggeriert das Amt Landschaft Sylt in der Mitteilung (fälschlicherweise), dass Fehler des Bebauungsplans aktuell gegenüber der Antragsgegnerin gerügt werden können und Fehler des insoweit ausschließlich in Bezug genommenen § 214 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2 BauGB unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres seit „dieser Bekanntmachung“, d. h. der Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts gegenüber der Antragsgegnerin gerügt werden. Dies macht jedoch nicht den Bebauungsplan Nr. 31 zum Gegenstand einer „Bekanntmachung“ im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. 41 c) An dem insoweit gefundenen Ergebnis ändert auch der Umstand, dass ein Teil der Veröffentlichung vom 21. August 2019 darauf hindeutet, dass das Amt Landschaft Sylt dieser eine Geltungswirkung für den Bebauungsplan Nr. 31 beimisst, nichts. In der Veröffentlichung heißt es: „Der Bebauungsplan tritt mit bewirkter Bekanntmachung rückwirkend zum 24. Juni 2010 in Kraft.“ Damit suggeriert das Amt Landschaft Sylt zwar, dass die in der Mitteilung vom 21. August 2019 enthaltene Veröffentlichung im Sinne von § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO Auswirkungen auf die Geltung des Bebauungsplans Nr. 31 hat bzw. eine rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans bewirkt. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat eingeräumt, dass dem eine entsprechende (fehlerhafte) Rechtsauffassung des Amtes Landschaft Sylt zugrunde lag. Auch diese zum Ausdruck gekommene (fehlerhafte) Verknüpfung von Veröffentlichung nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO und Geltung des Bebauungsplans führt jedoch nicht dazu, dass in der Mitteilung vom 21. August 2019 eine die Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auslösende Bekanntmachung der zur gerichtlichen Prüfung stehenden Rechtsvorschrift gesehen werden kann. Die vermeintliche Inkraftsetzung eines Bebauungsplans durch Veröffentlichung der Entscheidungsformel des Oberverwaltungsgerichts entspricht nicht der nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO maßgeblichen Bekanntmachung der Rechtsvorschrift, d. h. hier der Ersatzverkündung des Bebauungsplans durch Bekanntmachung der Beschlussfassung über den Plan, vgl. § 10 Abs. 3 BauGB. 42 d) Vor diesem Hintergrund stellt sich die von den Beteiligten sinngemäß aufgeworfene Frage, ob eine wiederholte Bekanntmachung einer Satzung den erneuten Lauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur dann auslöst, wenn sie eine (zusätzliche) Beschwer enthält bzw. ob bereits bloße Klarstellungen oder Präzisierungen für den erneuten Fristlauf ausreichend sind, hier ebenso wenig wie die Frage, ob hier mit der Mitteilung vom 21. August 2019 eine Klarstellung, Präzisierung, inhaltliche Änderung oder Beschwer verbunden ist. Es fehlt bereits an einer (wiederholten) Bekanntmachung der zur Prüfung stehenden Rechtsvorschrift, d. h. des Bebauungsplans Nr. 31. 43 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass, soweit das Bundesverwaltungsgericht in der von den Beteiligten zitierten Rechtsprechung ausgeführt hat, dass Voraussetzung für den erneuten Beginn der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter anderem sei, dass die bekanntgemachte Rechtsnorm eine neue Beschwer enthalte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. März 2018 – 6 BN 3.17 –, Rn. 13, juris; Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 CN 1.14 –, Rn. 12, juris; sinngemäß Urteil vom 30. September 2009 – 8 CN 1.08 –, Rn. 24, juris), den Entscheidungen Sachverhalte zugrunde lagen, in denen Änderungssatzungen bekanntgemacht wurden. In diesen Fällen stellte sich die Frage, ob die Bekanntmachung der Änderungssatzung den Lauf der Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch hinsichtlich der nicht geänderten Teile der Ursprungssatzung erneut auslöst (BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2015 – 10 CN 1.14 –, Rn. 12, juris) bzw. ob der Fristlauf auch dann hinsichtlich der von der Änderungssatzung betroffenen Teile erneut beginnt, wenn die Änderungssatzung keinen materiell veränderten Inhalt hat, sondern bloße Klarstellungen enthält (BVerwG, Beschluss vom 14. März 2018 – 6 BN 3.17 –, Rn. 13, juris; Urteil vom 30. September 2009 – 8 CN 1.08 –, Rn. 24, juris). Für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die Bekanntmachung einer Änderungssatzung den Lauf der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Normenkontrolle einer bereits bekanntgemachten Satzung in Gestalt der Änderungssatzung beginnen lässt, kommt es demnach auf die Reichweite der im Ergebnis beschwerenden Wirkung der Änderungssatzung an. Die Notwendigkeit einer (neuen zusätzlichen) Beschwer für den Beginn des Fristlaufes des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Fälle, in denen eine inhaltsgleiche Satzung – aufgrund vermeintlicher oder tatsächlicher Unwirksamkeit – erneut mit formellem Geltungsanspruch bekanntgemacht wird, ergibt sich daraus jedoch nicht unmittelbar. Vielmehr deutet die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Fallgruppen einer wiederholten Bekanntmachung mit Geltungsfunktion (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, juris) darauf hin, dass es Fälle geben kann, in denen die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erneut ausgelöst wird, ohne dass mit der wiederholten Bekanntmachung eine neue Rechtsvorschrift, eine Beschwer oder eine Klarstellung verbunden ist. Danach kann eine fristauslösende Bekanntmachung einer Satzung auch dann vorliegen, wenn der Satzungsgeber lediglich einen vermeintlichen Fehler einer inhaltlich unveränderten Satzung durch die erneute Bekanntmachung heilen will und damit das Ziel verfolgt, eine nur vermeintlich unwirksame Satzung durch eine wirksame zu ersetzen (BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris). 44 3. Die übrigen, von der Antragstellerin angeführten Gründe führen hier ebenfalls nicht zu einem erneuten Lauf bzw. einer Ausnahme von der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. 45 a) Verfassungsrecht, insbesondere die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet es nicht, hier eine Ausnahme von der Notwendigkeit der Antragstellung binnen der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuzulassen. Bereits die Normenkontrolle gegen Bebauungspläne als solche ist nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht zwingend geboten. Bebauungspläne greifen nicht unmittelbar in bestehende Rechtspositionen ein. Vielmehr bedarf es hierzu regelmäßig eines Umsetzungs- oder Vollzugsakts (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1971 – 2 BvR 443/70 –, Rn. 10 f., juris). Aufgrund der gegen diese Umsetzungs- oder Vollzugsakte gegebenen primären Rechtsschutzmöglichkeiten hat das Bundesverfassungsgericht zu Normenkontrollverfahren nach § 47 der VwGO vom 21. Januar 1960 (BGBl. I, S. 17) – nach dem es den Bundesländern freigestellt war, Normenkontrollverfahren vorzusehen – entschieden, dass diese lediglich als ein zusätzlicher Rechtsbehelf anzusehen seien, der zwar im erweiterten Sinne Rechtswegqualität besitze, in Bezug auf die Anfechtung von Bebauungsplänen durch Art. 19 Abs. 4 GG jedoch nicht geboten sei (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 1971 – 2 BvR 443/70 –, Rn. 12, juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 22. Juli 2013 – 7 BN 1.13 –, Rn. 13, juris m. w. N.). Eine Notwendigkeit, die Normenkontrolle im vorliegenden Verfahren über die gesetzlich geregelte Antragsfrist hinaus zuzulassen, kann aus Art. 19 Abs. 4 GG damit nicht hergeleitet werden. 46 Soweit in der Rechtsprechung erwogen wird, in Anlehnung an die vom Bundesverfassungsgericht zu § 93 Abs. 3 BVerfGG angenommene Möglichkeit, von der Antragsfrist im Verfassungsbeschwerdeverfahren abzusehen, wenn die angegriffene Norm die mögliche Beeinträchtigung der Rechte des Betroffenen in keiner Weise erkennen lässt und Umsetzungsmaßnahmen nicht vor Gericht angegriffen werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Oktober 1987 – 2 BvR 624/83 –, Rn. 117, juris), eine Ausnahme von der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zuzulassen (vgl. Bay. VGH, Urteil vom 17. November 2009 – 1 N 08.2796 –, Rn. 35, juris; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2019 – 2 D 36/18.NE –, Rn. 52, juris), kann hier offenbleiben, ob der Senat eine entsprechende Ausnahme grundsätzlich als möglich erachtet. Denn annähernd vergleichbare besondere Umstände wie jene, die das Bundesverfassungsgericht dazu bewogen haben, die Jahresfrist des § 93 Abs. 3 BVerfGG ausnahmsweise als rechtlich nicht erheblich anzusehen, liegen hier nicht vor. Insbesondere bestand und besteht für die Antragstellerin die Möglichkeit, Maßnahmen zur Umsetzung oder Vollziehung des Bebauungsplans Nr. 31 (z. B. auf Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplans Dritten erteilte oder der Antragstellerin gegenüber versagte Baugenehmigungen) gerichtlich überprüfen zu lassen, was – sofern entscheidungserheblich – auch zu einer inzidenten Prüfung des Bebauungsplans führen kann. Es ist gerichtsbekannt, dass die Antragstellerin diese Möglichkeit in der Vergangenheit auch in Anspruch genommen hat, indem sie zuletzt gerichtlich gegen die Versagung der Baugenehmigung für die Erweiterung des in ihrem Eigentum stehenden Wohnhauses unter der Adresse …, … um ein Schwimmbad im Untergeschoss gerichtlich vorging. In diesem Verfahren wurde die Vereinbarkeit des Bauvorhabens der Antragstellerin mit dem Bebauungsplan Nr. 31 nach Rechtskraft des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – geprüft (Schl.-Holst. VG, Urteil vom 30. März 2017 – 8 A 135/12 –, Urteilsabdruck S. 7, nicht veröffentlicht; im Anschluss Schl.-Holst. OVG, Beschluss vom 10. September 2019 – 1 LA 34/17 –, Beschlussabdruck S. 5, nicht veröffentlicht). 47 b) Auch die Argumentation, der vorliegende Fall gleiche Fallkonstellationen, in denen „Scheinverwaltungsakte“ gerichtlich überprüft und aufgehoben würden, verfängt nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Antragstellerin insoweit auf Situationen abhebt, in denen Maßnahmen den Anschein erwecken, Verwaltungsaktqualität zu haben, bei objektiver Betrachtung die Voraussetzungen des § 35 VwVfG bzw. §106 LVwG jedoch nicht erfüllen und – unabhängig von der Frage, ob sie insoweit als „Scheinverwaltungsakt“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 2011 – 9 C 2.11 –, Rn. 9, juris) oder als formeller Verwaltungsakt (vgl. hierzu Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 15 f.) zu qualifizieren sind –, gerichtlich wie materielle Verwaltungsakte aufgehoben werden (vgl. Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 7. Juli 1999 – 2 L 264/98 –, Rn. 21, juris; BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 – 7 C 17.09 –, Rn. 32, juris). Der Grund, diese Maßnahmen als aufhebbare Verwaltungsakte im Sinne des § 42 Abs. 1, § 113 Abs.1 VwGO zu behandeln, liegt darin, dass durch sie der Rechtsschein gesetzt wird, der Adressat werde von einer konkret-individuellen und wirksamen Regelung betroffen. Der von den entsprechenden Maßnahmen ausgehende Rechtsschein verhilft insoweit den gegen sie ergriffenen Rechtsbehelfen wie der Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 VwGO zur Statthaftigkeit. 48 Dieser Gedanke ließe sich – wenn überhaupt – nur auf die (schwer vorstellbaren) Situationen übertragen, in denen durch eine veröffentlichte Mitteilung der Rechtsschein gesetzt wird, dass eine gemeindliche Maßnahme in Form einer im Rang unter Landesrecht stehenden Rechtsvorschrift inkraftgesetzt wird und verschiedene Personen dadurch in ihren Rechten betroffen werden, diese Maßnahme bei objektiver Betrachtung jedoch tatsächlich nicht als Rechtsvorschrift qualifiziert werden kann. Es könnte ein Beteiligter dann die Frage stellen, ob eine gemeindliche Maßnahme, die nur den Anschein erweckt, beispielsweise eine Satzung zu sein, aufgrund des durch sie gesetzten Rechtsscheins mit der Normenkontrolle angegriffen werden kann, d. h. ob eine Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 VwGO gegen eine „Nicht-Satzung“ ausnahmsweise statthaft sein kann. 49 Eine Positionierung des Senats zu dieser Fragestellung bedarf es hier nicht, wobei angemerkt sei, dass jedenfalls Art. 19 Abs. 4 GG die Angreifbarkeit solcher „Schein-Satzungen“, die der Umsetzung durch Vollzugakte bedürfen, vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich macht. Es fehlt hier schon an einer vergleichbaren Fallkonstellation. Die Antragstellerin richtet ihren Normenkontrollantrag vorliegend nicht gegen eine Maßnahme der Antragsgegnerin, die nicht die Qualität eines Bebauungsplans besitzt, sodass sich hier die Frage nach der Statthaftigkeit des Normenkontrollantrags stellen könnte. Ihre Argumentation zielt an dieser Stelle nicht darauf ab, Rechtsschutz gegen eine vermeintliche Rechtsvorschrift zu erhalten, sondern nach Ablauf der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gegen eine tatsächliche Rechtsvorschrift – den Bebauungsplan Nr. 31 – im Rahmen des Normenkontrollverfahrens vorgehen zu können. 50 c) Soweit die Antragstellerin anführt, dass die Antragsgegnerin mit der Veröffentlichung vom 21. August 2019, da die Titulierung irreführend sei, gegen die gesetzlichen Anforderungen der „Plankennzeichnung“ verstoßen habe, kann sie hieraus nicht den (erneuten) Beginn der Antragsfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO herleiten. In der von der Antragstellerin insoweit in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 06. Juli 1984 – 4 C 22.80 –, juris) – die bei juris unter dem Schlagwort „Plankennzeichnung“ veröffentlicht ist –, hat das Bundesverwaltungsgericht sich mit der Frage der ordnungsgemäßen Bekanntmachung eines Bauleitplans nach § 12 BBauG und der in diesem Rahmen relevanten Kennzeichnung des Plangebiets befasst. Diese Frage stellt sich auch heute noch im Rahmen der Prüfung einer § 10 Abs. 3 BauGB entsprechenden Ersatzverkündung des Bebauungsplans bzw. des mit der Bekanntmachung der Beschlussfassung über den Bebauungsplan im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 bis 5 BauGB verfolgten Hinweiszwecks (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. August 2000 – 4 CN 2.99 –, Rn. 14, juris; dazu auch Schl.-Holst. OVG, Urteil vom 27. August 2020, – 1 LB 17/17 –, Rn. 77, juris). Ob die Bekanntmachung einer Satzung ordnungsgemäß ist, ist jedoch eine Frage der Begründetheit der Normenkontrolle. Sie ist für den Beginn des Laufs der Frist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ohne Belang (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2015 – 4 CN 10.14 –, Rn. 7, juris). 51 d) Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Mitteilung vom 21. August 2019 sie dazu veranlasst habe, hier einen für sie nicht erkennbar verfristeten Normenkontrollantrag zu stellen, und dass der Antrag deshalb nicht wegen Ablaufs der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unzulässig sei. Die Mitteilung vom 21. August 2019 enthält schon keinerlei Angaben zu bei Gericht einzulegenden statthaften Rechtsbehelfen. Es ist auch nicht Aufgabe einer Bekanntmachung oder Veröffentlichung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO, Aufschluss über statthafte Rechtsbehelfe zu geben (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07. März 2019 – 2 D 36/18.NE –, Rn. 44, juris). 52 II. Der Zulässigkeit des vorliegenden Normenkontrollantrags steht darüber hinaus die mit der Rechtskraft der auf Antrag der Antragstellerin ergangenen Normenkontrollentscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – im Sinne des § 121 Nr. 1 VwGO eingetretene Bindungswirkung entgegen. In dem dieser rechtskräftigen Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht auf den Antrag der Antragstellerin, den Bebauungsplan Nr. 31 für unwirksam zu erklären, die textliche Festsetzung unter Nr. 4 Satz 2 des am 22. März 2010 beschlossenen Bebauungsplans für unwirksam erklärt und den Normenkontrollantrag im Übrigen abgelehnt. 53 a) Lehnt das Normenkontrollgericht einen Normenkontrollantrag ab, weil es die Norm für gültig hält, dann entfaltet diese Entscheidung gemäß § 121 Nr. 1 VwGO Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten, und die ablehnende Normenkontrollentscheidung bindet die Beteiligten bei unveränderter Sach- und Rechtslage in allen anderen von ihnen betriebenen Verfahren, insbesondere in einem neuen Normenkontrollverfahren. Das gilt nicht nur, soweit in dem neuen Normenkontrollverfahren dieselben Nichtigkeitsgründe wie im ersten Verfahren geltend gemacht werden, sondern auch im Hinblick auf die Gründe, die im späteren Verfahren erstmals vorgetragen werden und in der ersten Normenkontrollentscheidung nicht behandelt wurden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 1990 – 4 NB 20.90 –, Rn. 3, juris). 54 Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin in dem Verfahren 1 KN 7/11 durch ihren Antrag, den Bebauungsplan Nr. 31 für unwirksam zu erklären, diesen vollständig zum Gegenstand des mit Urteil vom 16. Februar 2012 beendeten Verfahrens gemacht. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat diesen Antrag auch bereits dem Tenor der Entscheidung nach umfassend beschieden, in dem es Nr. 4 S. 2 der textlichen Festsetzungen für unwirksam erklärt und den Normenkontrollantrag im Übrigen abgelehnt hat. Auch die Entscheidungsgründe machen deutlich, dass das Gericht sich mit sämtlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 31 befasst hat. So heißt es in Rn. 27 der Entscheidung vom 16. Februar 2012: „Die übrigen Regelungen des Bebauungsplans sind wirksam.“ 55 Die insoweit maßgeblichen Ausführungen mag das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht knapp gehalten haben. Dies hat jedoch keine Auswirkung auf die Reichweite der Bindungswirkung der Entscheidung vom 16. Februar 2012. Wenn dem Eintritt der Bindungswirkung des § 121 Nr. 1 VwGO entsprechend der oben genannten Rechtsprechung nicht entgegensteht, dass im ersten Verfahren nicht vorgetragene Nichtigkeitsgründe nicht behandelt wurden, kann es für den Eintritt dieser auch nicht von Belang sein, in welchem Umfang sich das Normenkontrollgericht bei der Abfassung des Urteils mit dem gültigen Teil der Norm befasst hat, sofern sich aus diesem ergibt, dass es die Norm insgesamt einer Prüfung unterzogen hat. Der Einwand der Antragstellerin, dem Eintritt der sie und die Antragsgegnerin bindenden Wirkung der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – stehe entgegen, dass das Gericht sich im Urteil überwiegend mit der textlichen Festsetzung zu Nr. 4 befasst und den übrigen Teil des Bebauungsplans nur in den Randnummern 26 und 27 behandelt habe, verfängt daher nicht. 56 Soweit die Antragstellerin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – 4 BN 21.01 –, Rn. 11 ff., juris) darzulegen versucht, dass der Ablehnung eines Normenkontrollantrages keine umfassende rechtliche Prüfung der Norm zugrunde liegen müsse und die Bindungswirkung der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – schon aus diesem Grunde beschränkt sei, verfängt ihr Vortrag nicht. Die zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt einen solchen Schluss nicht zu. In dieser Entscheidung hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob ein besonderes Interesse des Antragstellers im Normenkontrollverfahren daran bestehen kann, dass das Normenkontrollgericht den angegriffenen Bebauungsplan inhaltlich gerade aus denjenigen Gründen für rechtsfehlerhaft ansieht, die der Antragsteller im Normenkontrollverfahren geltend gemacht hat. In diesem Zusammenhang hat es ausgeführt, dass das Normenkontrollgericht bei der Prüfung der Gültigkeit einer angegriffenen Satzung nicht auf die vom Antragsteller geltend gemachten Mängel beschränkt sei. Seien objektiv mehrere Rechtsfehler vorhanden, so sei das Normenkontrollgericht insbesondere nicht verpflichtet, jeden dieser Rechtsfehler zu ermitteln und darauf seine Entscheidung zu stützen, da das Normenkontrollverfahren nicht einer umfassenden Prüfung der Rechtslage unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt diene (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – 4 BN 21.01 –, Rn. 12, juris). Diese von der Antragstellerin in Bezug genommene Aussage, dass das Normenkontrollverfahren nicht einer umfassenden Prüfung der Rechtslage diene, ist insoweit dahingehend zu verstehen, dass keine Verpflichtung des Normenkontrollgerichts besteht, jeden zur Unwirksamkeit einer Norm führenden Fehler herauszuarbeiten. Damit ist – wie die Antragstellerin jedoch suggeriert – keine Aussage getroffen, dass der Ablehnung eines Normenkontrollantrags eine unvollständige rechtliche Prüfung zugrunde gelegt werden darf. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht in der von der Antragstellerin in Bezug genommenen Entscheidung im folgenden Absatz weiter klargestellt, dass eine prozessuale Pflicht zu einer umfangreichen Prüfung insoweit bestehe, als das Normenkontrollgericht seine Kontrolle erst beenden dürfe, wenn es keine Möglichkeit gefunden habe, dem Antragsbegehren stattzugeben. Auch in diesem Falle stelle das Gericht nicht die „Gültigkeit” der angegriffenen Norm fest, sondern weise den Normenkontrollantrag lediglich mit der Wirkung formeller Rechtskraft für die Beteiligten als unbegründet ab (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2001 – 4 BN 21.01 –, Rn. 14, juris). 57 In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung hat das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – die gesamte Satzung einer Prüfung unterzogen, da der Mangel der textlichen Festsetzung zu Nr. 4 Satz 2 nur zu einer teilweisen Unwirksamkeit der Satzung geführt hat. 58 b) Es hat sich auch keine Veränderung der der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. Februar 2012 – 1 KN 7/11 – zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage ergeben. Anhaltspunkte für eine erneute Beschlussfassung der Gemeindevertretung über den Bebauungsplan Nr. 31 existieren nicht. Insbesondere lässt die Mitteilung vom 21. August 2019 in der „Sylter Rundschau“ den Schluss auf eine erneute Befassung der Gemeindevertretung nicht zu. In der Mitteilung wird vielmehr ausdrücklich auf die ursprüngliche Beschlussfassung der Gemeindevertretung in der Sitzung vom 22. März 2010 Bezug genommen. Weitere Daten zu einer ggf. erneuten Beschlussfassung sind nicht enthalten. Auch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Gemeindevertretung die durch den Bebauungsplan betroffenen rechtlichen Interessen erneut abgewogen hat. Der Bezugnahme auf die Planerhaltungsvorschriften lässt sich eine erneute Befassung der Gemeindevertretung der Antragsgegnerin mit dem Bebauungsplan Nr. 31 ebenfalls nicht entnehmen. Es erschließt sich auch nicht, inwieweit eine erneute Abwägung der Gemeindevertretung ohne anschließende Beschlussfassung vor dem Hintergrund des § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu einer an dieser Stelle (relevanten) Änderung der Sach- oder Rechtslage führen sollte, da danach hinsichtlich der Prüfung der Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgeblich ist. 59 Der Umstand, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 31 aufgrund eines Schreibfehlers nach Inkraftsetzung durch Bekanntmachung vom 23. Juni 2010 erneut ausgefertigt und am 10. August 2011 erneut bekanntgemacht hat, hat ebenfalls zu keiner an dieser Stelle relevanten Änderung der Sach- oder Rechtslage geführt. Die erneute Ausfertigung und Bekanntmachung lagen zeitlich vor der Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts am 16. Februar 2012. Insoweit handelt es sich um einen Umstand aus der Zeit bis zum Erlass der ersten Normenkontrollentscheidung, dem für eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage nichts entnommen werden kann. 60 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. 61 Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO. 62 Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. 63 BESCHLUSS 64 Der Streitwert wird auf 15.000,00 EURO festgesetzt. 65 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin vom 20.02.2020 wird das Endurteil des LG Traunstein vom 04.02.2020 (Az. 7 O2877/18) in Nr. 1 und 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, a) an die Klägerin 426,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.08.2018 zu zahlen b) an die V. B. 8.076,56 € für Schadensnummer KRK…22; Versicherungsnehmerin B. B., auf deren Konto bei der B. LB IBAN: … 54 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.08.2018 zu zahlen c) außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 603,90 € an die A. Rechtsschutz-Service GmbH auf das Konto der DZ-Bank B. … 70 unter Schadensnummer …30 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin 25% und die Beklagten samtverbindlich 75%. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 35% und die Beklagten samtverbindlich 65%. III. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. IV. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 544 II Nr. 1 ZPO). B. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. I. Das Landgericht hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz bejaht, dabei jedoch die Haftungsverteilung rechtsfehlerhaft mit 70 zu 30 zu Lasten der Klägerin vorgenommen. Sachgerecht und zutreffend ist stattdessen eine Haftungsverteilung von 75 zu 25 zu Lasten des Linksabbiegers und damit zu Lasten der Beklagtenseite. Denn der Beklagten zu 2) kann ein Verstoß gegen § 9 I 4 StVO, im Gegensatz dazu dem klägerischen Fahrer kein Verkehrsverstoß nachgewiesen werden. Weiter konnte die Klägerin nicht den Nachweis erbringen, dass der Unfall für den klägerischen Fahrer unvermeidbar war, so dass in Fällen wie diesen, wenn Kolonnen in einem Zug überholt werden sollen, eine leicht erhöhte Betriebsgefahr bei dem die Kolonne überholenden klägerischen Fahrzeug verbleibt. Hierzu im Einzelnen: 1. Dem Erstgericht ist kein Fehler bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen. Der Senat ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, weil keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden. Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche, vgl. BGH VersR 2005, 945. Senat, Urt. v. 9.10.2009 - 10 U 2965/09 [juris] und v. 21.6.2013 - 10 U 1206/13). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254 [258]; NJW 2006, 152 [153]; Senat, a. a. O.); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH, a. a. O.; Senat, a. a. O.). Ein solcher konkreter Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung ist von der Berufung nicht aufgezeigt worden. Das Erstgericht hat alle angebotenen Zeugen vernommen und die Beklagte zu 2) angehört. Über den Hergang des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls hat das Landgericht ein schriftliches unfallanalytisches Sachverständigengutachten erholt und den Sachverständigen ergänzend angehört. Einwendungen gegen dieses Gutachten wurden seitens der Klägerin in der Berufungsbegründung nicht erhoben. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung mehrfach für ihre Behauptungen beantragte, hierzu ein Gutachten zu erholen, obwohl bereits ein Gutachten erholt wurde, auf das sich die Klägerin teilweise auch beruft, sind diese Beweisanträge zurückzuweisen, da die Beweisaufnahme bereits erfolgte und die Klägerin nicht erläutert, inwieweit die erstinstanzliche Beweisaufnahme fehlerhaft sein soll. 2. Die vom Landgericht gefundene Haftungsverteilung begegnet jedoch aus den folgenden Erwägungen rechtlichen Bedenken. a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 2) unter Verstoß gegen ihre sich aus § 9 I 4 StVO ergebende zweite Rückschaupflicht nach links abgebogen ist, obwohl sie das überholende Klägerfahrzeug hätte erkennen können (vgl. Anhörung Sachverständiger Dr. S., Protokoll vom 16.01.2020, S. 3 = Bl. 88 d.A.). Insoweit trifft die Beklagte zu 2) ein Verschulden am Unfall. Im Übrigen ist das Landgericht auf Grund der durch die sorgfältig durchgeführte Beweisaufnahme gefundenen Beweisergebnisse aber auch rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 2) ihre Verpflichtungen aus § 9 I 1 StVO erfüllt hat. Sie hat ihr Fahrzeug auf eine Geschwindigkeit von 10-20 km/h verlangsamt, hat sich zur Mitte eingeordnet und nach links geblinkt (vgl. hierzu S. 6 des Ersturteils). Soweit die Klägerin meint, § 9 I 1 StVO erfordere vor dem Abbiegen ein Abbremsen zum Stillstand und „eine klare Positionierung auf den Mittelstreifen“ (vgl. S. 3 der Berufungsbegründung), ist dies mit dem Wortlaut der Norm und der hierzu ergangenen Rechtsprechung nicht in Deckung zu bringen. b) Das Landgericht ist aber zu Unrecht davon ausgegangen, dass der klägerische Fahrer (Ehemann der Klägerin) in unklarer Verkehrslage und damit unter Verstoß gegen § 5 III Nr. 1 StVO überholt hat. Rechtsfehlerhaft wurde insoweit seitens des Landgerichts übersehen, dass die Beklagtenseite den Nachweis dafür führen muss, dass ein entsprechender Verstoß auf Klägerseite gegeben ist, dass hierfür bloße Vermutungen nicht ausreichen, sowie dass die Beklagtenseite den entsprechenden Nachweis trotz der sorgfältig durchgeführten Beweisaufnahme durch das Landgericht nicht führen konnte. (1) Eine unklare Verkehrslage (§ 5 III Nr. 1 StVO) liegt vor, wenn der Überholende nach den gegebenen Umständen mit einem ungefährlichen Überholvorgang nicht rechnen darf (Bay NZV 1990, 318; OLG Düsseldorf NZV 1994, 446; 96, 119; NZV 1997, 491; KG VM 90, 91; OLG Köln VRS 89, 432; KG DAR 2001, 467; OLG Karlsruhe NZV 1999, 166; AG Bad Segeberg, Urteil vom 28.04.2011, 17 C 388/09; OLG Düsseldorf, Urteil vom 10.03.2008, 1 U 175/07; KG NZV 2010, 506), wenn also die Verkehrslage unübersichtlich bzw. ihre Entwicklung nach objektiven Umständen (OLG Düsseldorf a.a.O.) nicht zu beurteilen ist (OLG Zweibrücken VM 79, 52; OLG Koblenz VRS 44, 192). Es kommt hierbei nicht auf das Gefühl des Überholwilligen an (LG Saarbrücken VRR 2009, 387). Der Grund für die unklare Lage ist unerheblich (Bay NZV 1990, 318). Bei einer Verlangsamung der Geschwindigkeit des Vorausfahrenden kommt es auf die konkrete Verkehrssituation und die Örtlichkeit an. Wenn diese geeignet sind, Zweifel über die beabsichtigte Fahrweise des Vorausfahrenden aufkommen zu lassen, kommt eine unklare Verkehrslage in Betracht (OLG Schleswig NZV 1994, 30 zum Ganzen vgl. Senat, Urteil vom 09. November 2012 - 10 U 1860/12). Grundsätzlich ist aber darauf hinzuweisen, dass das Überholen einer Kolonne als solches noch keinen Fall des Überholens bei unklarer Verkehrslage darstellt, sondern dass dafür besondere Umstände hinzukommen müssen (vgl. Senat NJW-RR 2017, 1059). Dabei begründet allein das Zufahren auf eine Kreuzung, an der ein Abbiegen nach links erlaubt ist, noch keine unklare Verkehrslage im Sinne des (§ 5 III Nr. 1 StVO. (2) Derartige besondere Umstände konnten die insoweit beweispflichtigen Beklagten jedoch nicht nachweisen. Zum einen bestehen keine Anhaltspunkte und keine Feststellungen des Landgerichts dafür, dass der klägerische Fahrer bereits bei Einleitung des Überholmanövers erkennen hätte müssen, dass die Beklagte zu 2) möglicherweise abbiegt. Das Erstgericht geht selbst nur davon aus, dass der klägerische Fahrer dies erst während des Überholens hätte erkennen können (“Der Fahrer des klägerischen Fahrzeugs hat … sehr bald nach dem Beginn des Überholens die Abbiegeabsicht … erkennen können und müssen…“, vgl. S. 6 des Ersturteils). Zum anderen bestehen auch keine Anhaltspunkte und keine Feststellungen des Landgerichts dafür, dass der klägerische Fahrer das Überholmanöver hätte abbrechen müssen. Zutreffend verweist das Landgericht in diesem Zusammenhang auf das Urteil des OLG München vom 09.04.2010, Az. 10 U 4406/09, in dem es insbesondere folgendermaßen heißt: „Die Auffassung der Beklagten, den Beklagten zu 1) treffe kein Verschulden am Unfall, ist abzulehnen. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass dieser unter Verstoß gegen § 5 III Nr. 1 StVO in unklarer Verkehrslage überholt hat. (…) Jedenfalls musste er ab dem Zeitpunkt des Erkennens, dass die zu überholenden Fahrzeuge langsamer werden und zwei Fahrzeuge nach links blinken (…) seinerseits abbremsen und wieder einscheren (vgl. OLG Hamm, NZV 2007, 77 [Rd. 18]; OLG Karlsruhe, NZV 1999, 166; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.09.2001, Az. 1 U 73/00).“ Maßgeblich ist somit die Frage, ob der Beklagtenseite vorliegend der Nachweise gelungen ist, ob der klägerische Fahrer ab dem Zeitpunkt, an dem er das Blinken der Beklagten zu 2) nach links und das Abbremsen und Langsamerwerden der von ihm zu überholenden Fahrzeuge erkennen konnte und musste, noch hätte abbremsen und wieder einscheren können. Diese Feststellungen liegen vorliegend jedoch, was seitens des Landgerichts rechtsfehlerhaft übersehen wurde, trotz der sorgfältig durchgeführten Beweisaufnahme nicht vor und können, wie der Sachverständige Dr. S., dessen überragende Sachkunde dem Senat aus einer Vielzahl von Berufungsverfahren bekannt ist, überzeugend dargelegt hat (vgl. Protokoll vom 16.01.2020, S. 3 Bl. 88 d.A.), auch nicht getroffen werden. Soweit die Beklagtenseite zutreffend darauf verweist, dass die Zeugin Z. in ihrer erstinstanzlichen Vernehmung bekundet hat, dass der klägerische Fahrer nach dem Unfall gesagt habe, dass er bereits auf der Höhe des ersten Fahrzeuges, das er überholt habe, den Blinker des Beklagtenfahrzeuges gesehen habe, ändert hieran nichts. Zwar legte das Landgericht diese Angaben der Zeugin Z. rechtsfehlerfrei seiner Entscheidung zugrunde und erläuterte auf Seite 6 des Ersturteils unten, weshalb es davon überzeugt ist, dass der klägerische Fahrer das Blinken des Beklagtenfahrzeugs „noch auf Höhe des Lieferwagens“ erkannt haben müsse. Allerdings begründet auch dies nicht den dahingehenden Nachweis, dass der klägerische Fahrer zu diesem Zeitpunkt noch hätte abbremsen und wieder einscheren können. Denn die Beklagtenseite übersieht hierbei, dass man für die Berechnung, ob der klägerische Fahrer zu diesem Zeitpunkt den Unfall durch ein Abbremsen und Wiedereinscheren noch hätte vermeiden können, wissen müsste, in welchem Abstand sich der klägerische Fahrer zu diesem Zeitpunkt zum späteren Kollisionsort befunden hat. Dies kann jedoch nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. S. gerade nicht festgestellt werden, da unbekannt blieb, in welchen Abständen die Kolonnenfahrzeuge zueinander fuhren und wo sich die Beklagte zu 2) genau befand, als sie zu blinken begann (vgl. Dr. S. a.a.O.). Das gleiche gilt hierbei auch hinsichtlich des Gesichtspunktes, zu welchem Zeitpunkt der klägerische Fahrer das Abbremsen und Langsamerwerden der von ihm zu überholenden Fahrzeuge erkennen konnte und musste. Zwar führt die Beklagtenseite diesbezüglich rechtlich zutreffend aus, dass die Rechtsprechung u. a. dann eine unklare Verkehrslage annimmt, wenn die Verlangsamung der Geschwindigkeit des Vorausfahrenden in Verbindung mit der Verkehrssituation und der Örtlichkeit geeignet ist, Zweifel über die beabsichtigte Fahrweise des Vorausfahrenden aufkommen zu lassen. Allerdings übersieht die Beklagtenseite insofern, dass ihr der entsprechende Nachweis zu Lasten des klägerischen Fahrers obliegt sowie, dass auch eine Gesamtschau verschiedener Mutmaßungen einen entsprechenden Nachweis nicht ersetzt. Vielmehr liegen auch keine belastbaren Feststellungen dazu vor, wo sich die einzelnen Fahrzeuge zu dem Zeitpunkt befunden haben, als der klägerische Fahrer das Abbremsen und Langsamerwerden der von ihm zu überholenden Fahrzeuge erkennen konnte und musste. Maßgeblich ist deshalb ausschließlich die Feststellung des Sachverständigen S., dass erst in einer Entfernung von 60 m zum Kollisionsort festgestellt werden kann, dass der klägerische Fahrer das Abbremsen hätte erkennen können. Zu diesem Zeitpunkt war der Unfall für den klägerischen Fahrer aber nicht mehr vermeidbar (Dr. S. a.a.O.). c) Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts konnten die Beklagten dem klägerischen Fahrer auch keinen Geschwindigkeitsverstoß nachweisen. (1) Soweit das Landgericht eine Geschwindigkeit von 110 km/h zu Lasten des klägerischen Fahrers unterstellt, weil dieser seine Geschwindigkeit mit „ca. 110 km/h“ schätzte und der Sachverständige dessen Kollisionsgeschwindigkeit auf 100 bis 120 km/ eingrenzte (vgl. Ersturteil S. 6), verstieß es rechtsfehlerhaft gegen die zu beachtende Beweislastregel, wonach die Beklagtenseite den Nachweis des Geschwindigkeitsverstoßes des klägerischen Fahrers führen muss und demzufolge Unklarheiten zu Lasten der Beklagtenseite gehen. Denn ein Nachweis für eine höhere Geschwindigkeit des klägerischen Fahrzeuges als die erlaubten 100 km/h kann weder durch die Geschwindigkeitsschätzung des klägerischen Fahrers noch durch die Ausführungen des Sachverständigen S. erbracht werden. Zum einen sind derartige Geschwindigkeitsschätzungen von Unfallbeteiligten nach den Erfahrungen des Senats in aller Regel ungenau (“ca.“) und deshalb gerade nicht einer Entscheidung zu Grunde zu legen. Zum anderen konnte der Sachverständige S. lediglich eine Kollisionsgeschwindigkeit von 100 bis 120 km/h errechnen. Ein Nachweis für eine höhere Geschwindigkeit als die erlaubten 100 km/h kann dadurch vorliegend nicht erbracht werden, auch wenn grundsätzlich zwischen der Annäherungsgeschwindigkeit und der Kollisionsgeschwindigkeit zu differenzieren ist. Jedoch ist vorliegend zu beachten, dass Feststellungen dazu, dass der klägerische Fahrer vor der Kollision gebremst hat, gerade nicht vorliegen. Die bloße Mutmaßung, dass der klägerische Fahrer vor der Kollision gebremst haben müsse, ist insoweit nicht ausreichend, um ein wie auch immer starkes vorheriges Bremsen des klägerischen Fahrers anzunehmen. Auch verkennt die Beklagtenseite, dass sie den Nachweis führen muss, dass der klägerische Fahrer die Kolonne vor der streitgegenständlichen Kollision mit überhöhter Geschwindigkeit überholt hat, und dass es für die Führung dieses Nachweises nicht ausreichend ist, einen Mittelwert der seitens des Sachverständigen S. geschätzten Geschwindigkeiten zu bilden. Denn angesichts der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen S. ist es vorliegend gerade nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass der klägerische Fahrer nur mit 100 km/h und folglich gerade nicht mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren ist. (2) Eine erneute Einvernahme des Zeugen B. sowie die ergänzende Anhörung des Sachverständigen S. durch den Senat bedurfte es nicht, da das Landgericht unter Zugrundelegung der Angaben des Zeugen B. und den Ausführungen des Sachverständigen S. lediglich die anzuwendende Beweislastregelung verkannt hat. Dem Senat ist es nicht verwehrt, auf der Grundlage der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen ergänzende, das angefochtene Urteil weiter rechtfertigende oder berichtigende Erwägungen anzustellen (OLG Stuttgart VRS 122 [2012] 340; OLG Düsseldorf v. 10.4.2012 - 2 U 3/10 [juris]; OLG Köln v. 20.4.2012 - 5 U 139/11 [juris]; KG RdE 2013, 95; OLG Koblenz VersR 2013, 708; OLG Hamm VersR 2013, 604). II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 Fall 2 ZPO. III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
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Tenor Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt. Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt, aufgrund der SARS-CoV-2-Epidemie nicht zum Präsenzunterricht herangezogen zu werden. II. 2 Der Antrag der Antragstellerin, 3 dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, sie vom Präsenzunterricht zu befreien, bis über ihren diesbezüglichen Antrag rechtskräftig entscheiden worden ist, 4 hat keinen Erfolg. 5 Nach der Bestimmung des § 123 Abs. 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Dazu hat der Antragsteller Tatsachen glaubhaft zu machen, aus denen sich ergibt, dass ihm ein Anspruch, ein Recht oder ein sonstiges schützenswertes Interesse zusteht (sog. Anordnungsanspruch) und ferner, dass dieser Anordnungsanspruch in Folge einer Gefährdung durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss, somit eine Eilbedürftigkeit besteht (sog. Anordnungsgrund, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). 6 Die Antragstellerin hat daran gemessen den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. 7 Ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin, d. h. ein Recht bzw. ein Anspruch auf Verweigerung der Erteilung des Präsenzunterrichts bzw. auf Befreiung von dessen Erteilung setzt voraus, dass ihr bei den ergriffenen Maßnahmen die Durchführung dieses Unterrichts bei Abwägung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn mit ihrer beamtenrechtlichen Einsatzpflicht unzumutbar ist. 8 Dies ist indes nicht der Fall. 9 Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn wird verfassungsrechtlich durch Art. 33 Abs. 5 GG garantiert. Sie hat einfachgesetzliche Konkretisierungen in § 45 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) gefunden. Danach hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien zu sorgen und die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung zu schützen. Von der Fürsorgepflicht ist auch die Pflicht des Dienstherrn umfasst, für die Ausübung des Amtes angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen (BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2013 – 5 C 12/12 –, BVerwGE 145, 315-325, Rn. 24, m.w.N.). Der Beamte hat kraft der Fürsorgepflicht des Dienstherrn Anspruch auf Schutz nicht nur vor sicheren, sondern schon vor ernstlich möglichen Beeinträchtigungen seiner Gesundheit durch Einwirkungen am Arbeitsplatz (BVerwG, Urteil vom 13. September 1984 – 2 C 33/82 –, Rn. 18, juris). 10 Entsprechend dem auf Beamte nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 ArbSchG unmittelbar anwendbaren Arbeitsschutzgesetz, das durch die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung noch näher konkretisiert wird, ist der Dienstherr verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird, vgl. § 4 Nr. 1 ArbSchG. Nach § 4 Nr. 6 ArbSchG sind dabei auch spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen zu berücksichtigen. 11 Aus der Fürsorgepflicht i.V.m. den arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen folgt im Einzelnen auch ein ggf. gerichtlich durchsetzbarer Anspruch des Beamten auf Einhaltung der gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften. Die Auswahl zwischen mehreren möglichen Mitteln zur Abhilfe liegt allerdings im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn (BVerwG, Urteil vom 13. September 1984 – 2 C 33/82 –, Rn. 19, juris). 12 Der danach der Antragstellerin zustehende Anspruch auf Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften gewährt ihr hier jedoch nicht das Recht, ihren Dienst zu verweigern. 13 Die Dienstpflicht besteht bei der Antragstellerin als verbeamteter Lehrerin grundsätzlich in der Erteilung von Präsenzunterricht. Ob bei der Verletzung von Arbeitsschutzvorschriften im Rahmen eines zivilrechtlichen Arbeitsverhältnisses ein Verweigerungsrecht entsprechend § 273 BGB besteht, richtet sich nach den Umständen im jeweiligen Einzelfall. Das Interesse des Arbeitgebers, die Arbeitsleistung zu erhalten, ist abzuwägen mit dem Interesse des Arbeitnehmers an der Einhaltung der beanspruchten arbeitsrechtlichen Schutzpflichten. Entsprechendes gilt im öffentlichen Dienstrecht, wo die von der Antragstellerin beanspruchte durch arbeitsschutzrechtliche Regelungen konkretisierte Fürsorgepflicht des Dienstherrn in einem vergleichbaren Verhältnis zu ihrer beamtenrechtlichen Einsatzpflicht (§ 34 Satz 1 BeamtStG) steht. Ein Recht zur Verweigerung der Arbeits- oder Dienstleistung besteht nur, wenn diese bei Nichteinhaltung der Schutzvorschriften unzumutbar ist (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14. Mai 2020 – 1 B 1308/20 –, Rn. 10, juris, m.w.N.). Maßgeblich für die Beurteilung des Einzelfalles sind dabei auch die vom Dienstherrn für den jeweiligen Dienstort aufgestellten Schutzkonzepte. Bieten diese neben dem Schutz der Allgemeinheit ausreichende Maßnahmen zum Individualschutz, um die Wahrscheinlichkeit einer Infektion der einzelnen Beamten unter Berücksichtigung ihrer Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe möglichst zu vermeiden, ist ein darüberhinausgehendes Dienstverweigerungsrecht ausgeschlossen. 14 Diesen - strengen - Maßstab für die Annahme eines Dienstverweigerungsrechts seitens eines Beamten zugrunde gelegt, ist ein Anspruch der Antragstellerin auf Verweigerung des Präsenzunterrichts nicht glaubhaft gemacht. Die nach dem Vorstehenden gebotene Bewertung der Zumutbarkeit zur Heranziehung zum Dienst geht zulasten der Antragstellerin aus. Im Ergebnis führt ihre besondere Schutzbedürftigkeit aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe nicht dazu, dass ihr die Erfüllung dieser Pflicht als Kern ihrer beamtenrechtlichen Einsatzpflicht gegenwärtig nicht zugemutet werden kann. Die Antragstellerin ist vielmehr gegenwärtig nach § 34 Satz 1 BeamtStG verpflichtet, ihre Kernaufgabe der Unterrichtserteilung zu erfüllen. Denn die vom Antragsgegner und der Schule getroffenen Maßnahmen werden den sich aus der Fürsorgepflicht und den arbeitsrechtlichen Schutzpflichten ergebenden Anforderungen gerecht. 15 Zwar gehört die Antragstellerin aufgrund ihrer durch Vorlage eines Attests ihrer behandelnden Ärztin vom 21. August 2020 in hinreichendem Maße glaubhaft gemachten Erkrankungen zur Gruppe der besonders schutzbedürftigen Beschäftigten, § 4 Nr. 6 ArbSchG. Denn aufgrund ihrer Vorerkrankung an einer Autoimmunthyreoiditis Typ Basedow und einer Zöliakie sowie im Zusammenhang mit ihrer Schilddrüsenerkrankung auftretenden Entgleisungen ihrer Blutdruckwerte zählt sie zu den Personengruppen, bei denen im Fall einer Infektion mit SARS-CoV-2 allgemein häufiger schwere Krankheitsverläufe beobachtet werden (vgl. RKI - SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) Stand: 16. Oktober 2020). Zudem wurde bei ihr - insbesondere aufgrund der Zöliakie - ein GdB von 30 anerkannt. 16 Die vom Antragsgegner und der Schulleitung ergriffenen konkreten und im gerichtlichen Verfahren umfassend dargelegten Maßnahmen sind jedoch gegenwärtig ausreichend, um das Risiko einer Erkrankung der Antragstellerin an SARS-CoV-2 auch in Anbetracht der bei ihr erhöhten Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. 17 Zu dieser Einschätzung ist die Betriebsärztin Frau xxx, eine Fachärztin für Arbeitsmedizin, zunächst mit ihrer Mitteilung vom 20. Juli 2020 gelangt. Dieser Einschätzung lag bereits ein ärztliches Attest mit den Erkrankungen der Antragstellerin und das bisherige schulische Hygienekonzept zugrunde. Im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens hat der Antragsgegner dann die nochmalige Einbindung der Betriebsärztin veranlasst. Mit Stellungnahme vom 21. September 2020, die ein nunmehr ausführlicheres, auf den Charakter der Vorerkrankungen als Autoimmunerkrankungen verweisendes ärztliches Attest, das schulische Hygienekonzept und das regionale Infektionsgeschehen berücksichtigt, hat die Betriebsärztin diese Einschätzung erneut bestätigt. 18 Die Kammer hat keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die arbeitsmedizinische Beurteilung unzutreffend ist. Die Antragstellerin hat nicht plausibel dargelegt, in welcher Weise die ergriffenen Maßnahmen auch in Anbetracht ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit unzureichend sein sollen und welche zusätzlichen Maßnahmen aus welchen Gründen unabdingbar geboten seien. 19 Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren hat eine „Empfehlung zur Lufthygiene in Unterrichtsräumen in Schulen und vergleichbaren Bildungseinrichtungen während der SARS-CoV-2-Pandemie" herausgegeben. In der Handreichung des Beklagten zum Infektionsschutz („Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen im Rahmen des Schulbetriebs unter dem Aspekt des Schutzes vor Ansteckung durch das SARS-CoV-2 (24. August 2020)") werden in Ziffer 5. die Grundregeln zur Lufthygiene angeführt, und den Schulen wurde ein Merkblatt „Richtig lüften in der Schule" zur Verfügung gestellt. Die Empfehlung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren des Landes Schleswig-Holstein zur Lufthygiene in Unterrichtsräumen in Schulen und vergleichbaren Bildungseinrichtungen während der SARS-CoV-2-Pandemie vom 12. Oktober 2020 enthält ausführliche Anweisungen zum Lüften während des Schulbetriebs. Zudem ist mit der Landesverordnung über besondere Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 an Schulen (Schulen-Coronaverordnung) vom 6. Oktober 2020 in § 2 die Mund-Nasen-Bedeckungspflicht auf dem Gelände von Schulen regelt. 20 Die Schule der Antragstellerin hat auf dieser Grundlage ein umfangreiches Hygienekonzept entwickelt, das unter anderem auch den Umgang mit möglicherweise erkrankten Personen, die Rahmenhygiene im Bereich der Kohortenbildung sowie das Verhalten während der Unterrichtspausen und das Belüften regelt. Dieses Konzept hat die Schulleitung der Schule der Antragstellerin ausweislich der Stellungnahme vom 7. September 2020 in bestimmten, die Antragstellerin betreffenden Punkten überzeugend nachgebessert. In der Stellungnahme hat die Schulleitung ausgeführt: Der Antragstellerin sei ein Unterrichtsraum zur Verfügung gestellt worden, der mit neuen Fenstern ausgestattet sei, sodass das Stoßlüftung jederzeit möglich sei. Zudem sei auch die von der Antragstellerin mit der Antragsbegründung gerügte Problematik eines von ihr regelmäßig genutzten Raumes, der sowohl als Kopier- als auch als Lehrkräfteküche dient, gelöst, indem ein weiterer Kopierer angeschafft worden sei. Dieser befinde sich nunmehr in einem gut belüftbaren anderen Raum. Soweit die Schüler während einer Regenpause im Raum ihre Pause verbringen müssten, so bestehe auch hier die Möglichkeit, ausreichend zu lüften, da die Lerngruppen nach ca. 10 Minuten den Raum verließen, um zu dem nächsten Raum zu gelangen. Die Antragstellerin sei von den anteiligen Pausenaufsichten vorerst befreit. Man habe außerdem die kleinstmögliche Kohortengröße - den Jahrgang - gewählt. Zudem werde durch binnendifferenzierten Unterricht statt äußerer Differenzierung die Vermischung von Lerngruppen reduziert. 21 Diese Maßnahmen gewährleisten zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Reduzierung des Infektionsrisikos auf ein für die Antragstellerin zumutbares Maß. Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass bei ihr aufgrund ihrer Vorerkrankung eine Stimmbandschädigung vorliege, aufgrund derer das Tragen einer Maske während des Unterrichts zum Versagen ihrer Stimme führe, so ist ihr entgegenzuhalten, dass ausweislich der Stellungnahme der Betriebsärztin das Tragen einer FFP-2 Maske zum Eigenschutz während des Unterrichts nicht erforderlich ist und sie ihrer Verpflichtung zum Schutz anderer mit dem Tragen eines sog. „Face-Shield“ ausreichend nachkommen kann. Auf das zum Schutz vor einer Infektion durch Aerosole erforderliche ausreichende Lüften des Unterrichtsraumes wird die Antragstellerin selbst zu achten haben. Zudem hat der Antragsgegner angekündigt, dass CO2-Ampeln angeschafft werden sollen, die eine bessere Überwachung und Abstimmung der Intervalle, in denen gelüftet wird, ermöglichen werden. 22 Ebenso verweist der Antragsgegner zu Recht darauf, dass die Antragstellerin ihr eigenes Verhalten unter Beachtung der aufgestellten Abstands- und Hygieneregeln dahingehend ausrichten kann, einen Kontakt zu anderen Lehrkräften auf das erforderliche Mindestmaß zu begrenzen. Zutreffend führt er aus, dass die Regelungen zur Händehygiene im Zusammenhang mit der Vermeidung einer Schmierinfektion stehen und verweist darauf, dass die Antragstellerin zum Schutz vor diesem Infektionsweg vor allem selbst Sorge tragen könne, indem sie die Regeln zur Handhygiene einhalte und vor allem die Berührung des Gesichts (insbesondere Mund, Augen oder Nase) vermeide. In allen Räumlichkeiten der Schule findet nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners zudem einmal täglich eine professionelle Oberflächenreinigung statt. Die Einhaltung der Handhygieneregeln durch die Schüler hat die Antragstellerin als Lehrkraft dagegen selbst einzufordern. 23 Da die Antragstellerin in der 6.-8. Klasse unterrichten soll, ist auch nicht ersichtlich, warum - wie sie vorträgt - die Abstandregelungen gegenüber den Schülern nicht einhaltbar sein sollten. Soweit sie sich darauf beruft, dass sie zahlreiche Inklusionsschüler unterrichte und in diesem Zusammenhang die Einhaltung eines Mindestabstandes nicht möglich sei, erschließt sich auch dies nicht. Denn es handelt sich nach ihrem eigenen Vortrag um Schüler mit den Förderschwerpunkten „Lernen“ bzw. „soziale und emotionale Entwicklung“. Auch diese Kinder und Jugendlichen können zum Einhalten der Regeln angehalten werden. Zudem können ihr hierbei auch die teilweise vorhandenen Schulbegleiter der Inklusionsschüler unterstützend zur Seite stehen. 24 Damit sind unter Fürsorge- und Arbeitsschutzgesichtspunkten gegenwärtig hinreichende Vorkehrungen getroffen, die unter Berücksichtigung des momentanen Infektionsgeschehens (7-Tage-Inzidenz für den Kreis Pinneberg momentan 27,5; vgl. https://www.ndr.de/nachrichten/info/Corona-Risikogebiete-Karte-Landkreise-Hotspots,corona2992.html, Stand 21. Oktober 2020) geeignet sind, das Risiko einer Ansteckung an der Schule allgemein und im Hinblick auf die Risikogruppenzugehörigkeit der Antragstellerin auf ein vertretbares und zumutbares Maß zu begrenzen. Aus dem Anspruch auf Fürsorge und aus den arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften ergibt sich kein Anspruch der Antragstellerin darauf, an der Schule eine NulIrisiko-Situation anzutreffen. Ein allumfassender Gesundheitsschutz kann während einer pandemischen Lage nicht sichergestellt werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Schulen Gemeinschaftseinrichtungen im Sinne des Infektionsschutzgesetzes sind, vgl. § 33 Nr. 3 IfSG. Mithin besteht in einer Gemeinschaftseinrichtung bereits eine allgemeine Infektionsgefährdung in Bezug auf sämtliche Infektionserkrankungen, denen sich eine Lehrkraft aufgrund ihrer Dienstleistungspflicht auszusetzen hat. 25 Die Kammer hat auch keinen Anlass daran zu zweifeln, dass sowohl der Antragsgegner als auch die Schule der Antragstellerin entsprechend auf das jeweilige aktuelle Infektionsgeschehen reagieren werden. Der öffentliche Gesundheitsdienst hat gemäß § 34 Abs. 9 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Die hierfür vorgesehenen Abläufe sind im „Corona-Reaktions-Plan Schule SH" ausgeführt. Die Betriebsärztin ist als hygienebeauftragte Ärztin ständig erreichbar und kann daher auch eine kurzfristige, im Stundenbereich liegende Reaktion auf eine mögliche positive Testung von Schülern oder Lehrkräften mit ggf. veranlasster Schließung von Klassenverbänden oder Kohorten gewährleisten. Ergänzend bestehen die bundesweit abgestimmten Vorgehensweisen im Falle eines Clustergeschehens von über 50 Infektionen auf 100.000 Bewohner einer Region. 26 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. 27 Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
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Tenor Das Verfahren wird eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 25. Juni 2019 ist wirkungslos. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Instanzen tragen die Klägerin zu 80% und die Beklagte zu 20%. 1G r ü n d e 2Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und die Wirkungslosigkeit des angefochtenen Urteils auszusprechen (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO). 3Die Entscheidung über die Kosten des nach § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO gerichtskostenfreien Verfahrens beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach ist über die Kosten des in der Hauptsache erledigten Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. 4Hier entspricht es der Billigkeit, die Kostenlast in der tenorierten Weise aufzuteilen. 5Soweit das Verwaltungsgericht teilweise den Feststellungantrag der Klägerin (Klageantrag zu 2.) abgelehnt hat, ist es sachgerecht, die Kosten der Klägerin aufzuerlegen, da sie ihrerseits kein Rechtsmittel eingelegt hat. Soweit das Verwaltungsgericht dem Feststellungsbegehren zum Teil entsprochen hat, erscheint es billig, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da diese sich innerhalb der Frist zu Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung mit diesem Streitgegenstand nicht auseinandergesetzt und insoweit auch keinen Zulassungsgrund dargelegt hat. Die Zulassungsbegründung der Beklagten verhält sich lediglich dazu, dass das Verwaltungsgericht dem Klageantrag zu 1. stattgegeben und die Tagespflegeerlaubnis insoweit aufgehoben hat, als der Klägerin auferlegt wurde, in der Großtagespflege zusammen mit den anderen Tagespflegepersonen auch bei Anwendung des Vertragssplittings insgesamt maximal neun Betreuungsverträge abzuschließen. 6Bezüglich des Klageantrags zu 1. entspricht es der Billigkeit, die Verfahrenskosten der Klägerin aufzuerlegen, weil ihre Klage insoweit bei der hier allein gebotenen summarischen Prüfung voraussichtlich unbegründet war. Es spricht Überwiegendes dafür, dass mit der streitgegenständlichen Begrenzung der Gesamtzahl der in einer Großtagespflege zu betreuenden Kinder auf neun lediglich eine gesetzliche Vorgabe wiedergegeben bzw. umgesetzt wurde und dass für die von der Klägerin begehrte hilfsweise Feststellung der Zulässigkeit des Abschlusses von mehr Betreuungsverträgen dementsprechend kein Raum war. Wie aktuell § 22 Abs. 3 Satz 1 KiBiz in der seit dem 1. August 2020 geltenden Fassung (n. F.) sah auch § 4 Abs. 2 Satz 1 KiBiz in der bis zum 31. Juli 2020 geltenden Fassung des Gesetzes vom 17. Juni 2014 (GV. NRW. S. 336) vor, dass in einer Großtagespflege "höchstens neun Kinder gleichzeitig und insgesamt durch höchstens drei Tagespflegepersonen betreut werden" können. Zwar lassen der Wortlaut, der systematische Regelungskontext und auch Sinn und Zweck der Vorschrift eine Auslegung sowohl dahingehend zu, dass damit lediglich die Anzahl der gleichzeitig in der Großtagespflege zur Betreuung anwesenden Kinder gemeint ist, als auch dahingehend, dass die Anzahl der für den gleichen Zeitraum mit Tagespflegepersonen aus der Großtagespflege einzugehenden Betreuungsverhältnisse begrenzt werden soll. Der in der Gesetzgebungshistorie und den Gesetzgebungsmaterialien zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers spricht jedoch eindeutig für eine Beschränkung der Gesamtzahl der Betreuungsverträge in der Großtagespflege. Wie sich bereits aus den Formulierungen in den Vorgängerregelungen ergibt, war die Begrenzung der Kinderzahl in einer Großtagespflege vor dem Gesetz vom 17. Juni 2014 stets auf die Gesamtzahl der zu betreuenden Kinder, also der Betreuungsverhältnisse bezogen. So lautete § 4 Abs. 1 Satz 4 KiBiz in der ursprünglichen Fassung vom 30. Oktober 2007 (GV. NRW. S. 462) dahingehend, dass bei einem Zusammenschluss mehrerer Tagesmütter oder -väter höchstens neun Kinder insgesamt durch mehrere Tagesmütter oder -väter betreut werden können. § 4 Abs. 2 Satz 1 KiBiz in der Fassung des 1. KiBiz-Änderungsgesetzes vom 25. Juli 2011 (GV. NRW. S. 385) sah sodann vor, dass in einer Großtagespflege "höchstens neun Kinder insgesamt durch höchstens drei Tagespflegepersonen" betreut werden können. Das Wort "insgesamt" bezog sich dementsprechend auf die Gesamtzahl der zu betreuenden Kinder unabhängig von den Anwesenheitszeiten, also auf die Gesamtzahl der Betreuungsverhältnisse. Dies hat der Gesetzgeber bereits in der Begründung des 1. KiBiz-Änderungsgesetzes vom 25. Juli 2011 (GV. NRW. S. 385) deutlich zum Ausdruck gebracht. 7Vgl. LT-Drucks. 15/1929, S. 37: "Unverändert dürfen in einem solchen Verbund nicht mehr als neun Betreuungsverhältnisse eingegangen werden […]." 8Auch die Einfügung der Worte "gleichzeitig und" vor dem Wort "insgesamt" in § 4 Abs. 2 Satz 1 KiBiz a. F. durch Gesetz vom 17. Juni 2014 (GV. NRW. S. 336) bezog sich nach der ausdrücklich Vorstellung des Gesetzgebers auf die "mögliche Anzahl von Betreuungsverträgen", 9vgl. LT-Drucks. 16/5293, S. 76, 10und somit nicht auf die gleichzeitige Anwesenheit von Kindern in der Pflegestelle. 11Der Verweis der Klägerin auf die "Rechtsprechung des Senats zu Beschränkungen der Berufsfreiheit" führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn anders als in der von ihr angeführten Entscheidung, 12vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 2013- 12 A 56/13 -, juris, 13geht es vorliegend nicht darum, dass der Klägerin vorgegeben wird, höchstens eine geringere als die grundsätzlich in § 43 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII vorgesehene Zahl von fünf gleichzeitig anwesenden, ihr zugeordneten Kindern zu betreuen. Auch hat die Beklagte der Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen aller Voraussicht nach keine geringere als die (landes-)gesetzlich hinreichend klar und eindeutig geregelte maximale Gesamtzahl an Betreuungsverhältnissen aller Tagespflegepersonen in einer Großtagespflege vorgegeben. 14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs.1 VwGO).
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Tenor Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 02.03.2020 (145 IK 223/19) in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 29.05.2020 dahingehend abgeändert, dass der Antrag der weiteren Beteiligten zu 1., der Schuldnerin die beantragte Restschuldbefreiung zu versagen, zurückgewiesen wird. Die durch den Versagungsantrag verursachten Kosten einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der weiteren Beteiligten zu 1. auferlegt. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Der Beschwerdewert wird auf „bis 5.000 Euro“ festgesetzt. 1G r ü n d e : 2I. 3Das Rechtsmittel der Schuldnerin ist als sofortige Beschwerde gemäß §§ 4, 290 Abs. 3 InsO,  567 ff. ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Es hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der weiteren Beteiligten zu 1. liegen die Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht vor. 4Gemäß § 92 Abs. 1 Nr. 2 InsO besteht ein Versagungsgrund, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige oder unvollständige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, um einen Kredit zu erhalten, Leistungen aus öffentlichen Mitteln zu beziehen oder Leistungen öffentlichen Kassen zu vermeiden. 51. 6Zu Unrecht meinen das Amtsgericht und die weitere Beteiligte zu 1., die Schuldnerin habe diesen Tatbestand erfüllt, indem sie mit ihren in der Tat weitgehend unrichtigen Angaben in ihrer eidesstattlichen Versicherung die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 16.11.2018 (49 C 513/18) gegen die weitere Beteiligte zu 1. erwirkte, was zu einer weitgehend ungerechtfertigten Auszahlung führte. Die Schuldnerin unterhielt bei der weiteren Beteiligten zu 1. ein Konto, das von dieser gekündigt wurde. Abhebungen konnte die Schuldnerin nicht mehr vornehmen. Sie reklamierte mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 15.11.2018, auf das Konto seien öffentliche Gelder und Arbeitseinkommen geflossen, die unpfändbar seien und zur sofortigen Auszahlung freigegeben werden müssten, um wirtschaftliche Not von ihr und ihren unterhaltsberechtigten Kindern abzuwenden. Das Amtsgericht Düsseldorf ordnete daraufhin durch die oben erwähnte einstweilige Verfügung an, dass die weitere Beteiligte zu 1. an die Schuldnerin 2.733,99 Euro auszuzahlen hätte, was sodann auch geschah. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Angaben der Schuldnerin weitgehend falsch waren, weil die Gelder gerade nicht auf das besagte Konto geflossen waren, hob das Amtsgericht Düsseldorf die Leistungsverfügung vom 16.11.2018 durch Urteil vom 23.11.2019 bis auf einen Betrag von 388,00 Euro auf. 72. 8Das vorgenannte Verhalten der Schuldnerin erfüllt nicht den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 1 InsO, da ihre unwahren Angaben nicht zur Erlangung eines Kredits im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO dienten. Dabei kann auch außer Betracht bleiben, ob nicht schon wegen des Umstandes, dass die Auszahlung auf staatlichem Zwang und damit nicht auf dem freien Willen der weiteren Beteiligten zu 1. beruhte, der Kreditbegriff von vorneherein ausgeschlossen ist. 9a) 10Allerdings ist der Ausgangspunkt des Amtsgerichts zutreffend, dass der Begriff des Kredits weit auszulegen ist (vgl. statt vieler: Braun, Insolvenzordnung, 8. A., Fn. 46 zu § 290 Rn. 15). Wesentlich ist aber, dass durch das Geschäft dem Schuldner Geld oder geldwerte Mittel i.w.S. zeitweise zur Verfügung gestellt werden (vgl. Uhlenbruck, InsO, 15 A., § 290 Rn. 50). Will der Schuldner den Geschäftspartner zu einer Leistung veranlassen, die seiner rechtsgeschäftlichen Art nach dauerhaft bei jenem verbleiben soll, ist die Auslegungsgrenze des Kreditbegriffs überschritten. Allein aus dem Umstand, dass der Schuldner aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zur Rückzahlung verpflichtet ist, selbst wenn dies auf einer Straftat beruht, ist ein Versagungsgrund nicht zu folgern (vgl. LG Düsseldorf, Beschluss vom 06.01.2009, 25 T 810/08, NZI 2009, 193). 11Aus diesen Grundsätzen folgt, dass insbesondere auch der Zahlungsaufschub bzw. eine Stundung von dem Kreditbegriff umfasst ist (vgl. Braun, a.a.O.; AG Göttingen NZI 2010, 153). Die Abrechnung eines gekündigten Lebensversicherungsvertrages fällt indes nicht mehr unter den Begriff des Kredits (vgl. LG Düsseldorf, a.a.O.). 12b) 13Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zur Verneinung des Kreditbegriffs. Die Schuldnerin begehrte (mittelbar durch das Amtsgericht Düsseldorf) von der weiteren Beteiligten zu 1. keinen Kredit, sondern die Freigabe angeblich nicht aufrechen- bzw. verrechenbarer Zahlungseingänge. Damit wünschte sie eine Auszahlung, die ihrem Wesen nach als solche nicht zeitweise, sondern dauerhaft bei ihr verbleiben sollte. 14Der Umstand, dass ein Großteil der verlangten und auch ausgezahlten Beträge gerade nicht von dritter Seite auf das Konto eingezahlt worden war, mithin die weitere Beteiligte zu 1. faktisch dazu bewegt wurde, der Schuldnerin 2.733,99 Euro zur Verfügung zu stellen, erfüllt den Kreditbegriff i.S.d. § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht. Es handelt sich nicht um die Erwirkung von Geldmitteln, die ihrem rechtsgeschäftlichen Wesen nach nur vorübergehend bei ihr verbleiben sollten. Dass die weitere Beteiligte zu 1. den Auszahlungsbetrag auf dem betreffenden Konto ins Soll stellte und faktisch diesen Vorgang wie einen Kredit behandelt, führt nicht zur Erfüllung des Kreditbegriffs (auch nicht im weitesten Sinne, zumal es im Übrigen verschiedenste Sollstellungen gibt, die mit einer Kreditgewährung nicht das Geringste zu tun haben). Das ausdrückliche Bestreben der Schuldnerin ist hier nicht darauf gerichtet, einen Kredit zu erlangen, sondern zu erreichen, dass die weitere Beteiligte zu 1. die vermeintlichen Kontogutschriften nicht zur teilweisen Sollsaldorückführung verwendet oder mit anderen Verbindlichkeiten verrechnet. Dass die Zielrichtung hier durch falsche Angaben teilweise nur vorgeschoben war und das Verhalten faktisch in eine ungenehmigte Kontoüberziehung mündete, ist strafrechtlich relevant, jedoch kein auf eine Kreditvergabe gerichtetes Verhalten. Mithin sind die Ausführungen der Beteiligten zu 1., die wie folgt lauten: 15„Wenn die Schuldnerin die Gläubigerin [Anmerkung der Kammer: die weitere Beteiligte zu 1.] unmittelbar, also ohne Einschaltung des Gerichts, aufgrund der von ihr bewusst erteilten falschen Angaben eine weitere Kontoüberziehung eingeräumt hätte, würde es sich hierbei zweifellos um eine „Kreditvergabe“ handeln. Folglich kann nichts anderes gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, das Gericht lediglich als „verlängerter Arm“ der Gläubigerin die „Kreditentscheidung“ trifft.“ 16gerade nicht zutreffend. Vielmehr tritt deutlich zu Tage, dass die weitere Beteiligte zu 1., wenn sie denn durch die Schuldnerin unmittelbar mit den unwahren Angaben angegangen worden wäre, nicht eine „Kreditwürdigkeit“ der Schuldnerin geprüft hätte, sondern untersucht hätte, ob denn ein Anspruch auf Freigabe der Einkünfte und öffentlichen Gelder tatsächlich besteht oder nicht. Die Prüfung eines Antrags auf Bewilligung eines Kredits (respektive Zahlungsaufschubs oder einer Stundung) ist vom Wesen her etwas gänzlich anderes als die Prüfung eines Anspruchs. 17c) 18Weiter folgt aus den oben genannten Grundsätzen, dass es entgegen der Auffassung der weiteren Beteiligten zu 1. unerheblich ist, dass das Verhalten der Schuldnerin wohl strafbar ist. Dementsprechend ist nicht weiter auf das Urteil des Amtsgerichts Mettmann vom 30.09.2020 (29 C 79/19) einzugehen, wodurch festgestellt wurde, dass eine zur Tabelle festgestellte Teilforderung der weiteren Beteiligten zu 1. wegen des oben beschriebenen Verhaltens der Schuldnerin aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammt. 19III. 20Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 4 InsO, 91, 97 ZPO. 21Die Rechtsbeschwerde ist entgegen der Auffassung der weiteren Beteiligten zu 1. nicht zuzulassen, denn Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stehen nicht zur Entscheidung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, § 574 ZPO.
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Tenor Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Gemeinde Schwarzach vom 29. November 2017 wird für unwirksam erklärt.Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit des am 8.3.2018 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin vom 29.11.2017, durch den unter anderem ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m² zugelassen wird.2 Die Antragstellerin ist eine Gemeinde mit rund 1.850 Einwohnern. Sie grenzt nach Südwesten an das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin, die ca. 2.900 Einwohner zählt und ihrerseits im Süden an den Hauptort der Gemeinde Aglasterhausen angrenzt. Gemeinsam bilden die drei Gemeinden den Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald, dem die vorbereitende Bauleitplanung für das Verbandsgebiet obliegt. Von den Verbandsgemeinden ist im für den baden-württembergischen und den rheinland-pfälzischen Teil des Verbandsgebietes verbindlichen Einheitlichen Regionalplan Rhein Neckar vom 27.09.2013 (ERP) nur die rund 4.800 Einwohner zählende Gemeinde Aglasterhausen als zentraler Ort (Kleinzentrum) eingestuft.3 Das Einzelhandelsangebot auf der Gemarkung der Antragstellerin besteht im Wesentlichen aus einem ehrenamtlich betriebenen und finanziell von der Gemeinde gestützten ... Markt mit einer Verkaufsfläche von ca. 240 m² in zentraler Ortskernlage. Auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin ist der Einzelhandel weitgehend auf eine vom genannten ... Markt ca. 3 km entfernte Standortagglomeration im Bereich des Plangebiets konzentriert. In diesem ist ein Lebensmittelmarkt (nunmehr ... Markt, zuvor ... Supermarkt) mit einer Verkaufsfläche von im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses ca. 765 m² untergebracht. Die Gemeinde Aglasterhausen verfügt über einen aufgelockerten Facheinzelhandelsbesatz und Lebensmitteleinzelhandel (..., ..., ... und ...) mit Verkaufsflächen zwischen 840 m² und 1170 m² im Wesentlichen in zwei Gewerbegebieten.4 Das Plangebiet umfasst die insgesamt 5.439 m² großen Grundstücke Flst.-Nrn. ... und ..., ... und ..., auf der Gemarkung des Ortsteils Unterschwarzach der Antragsgegnerin. Der im Jahre 2006 in Kraft getretene Bebauungsplan „Ortsmitte“ der Antragsgegnerin sah bislang für diesen Bereich ein Mischgebiet vor; im Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbands ist er ebenso wie seine Umgebung als gemischte Baufläche dargestellt.5 Das von Wohn- sowie Gewerbebebauung umgebene Plangebiet liegt rund 60 m westlich der Hauptstraße und ist weitgehend durch einen ausgedehnten, im Jahre 1999 baurechtlich genehmigten und errichteten Gebäudekomplex (Nahversorgungszentrum) sowie durch Stellplätze und Zufahrten überbaut. Die Gebäude und Einrichtungen wurden zunächst durch den Lebensmittelmarkt sowie einen Getränkemarkt mit einer Verkaufsfläche von ca. 300 m², einen Drogeriemarkt mit einer Verkaufsfläche von rund 180 m² und weitere Dienstleistungsbereiche (Bank, Friseur und Bürgerbüro mit Postfiliale) genutzt. Nach Schließung des Drogerie- und des Getränkemarkts ist von den Einzelhandelsnutzungen nur der Lebensmittelmarkt verblieben.6 Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin weist das Plangebiet als sonstiges Sondergebiet - Nahversorgungszentrum - (§ 11 BauNVO) aus und setzt als Maß der baulichen Nutzung eine Grund- und Geschoßflächenzahl von 0,8 bei maximal einem zulässigen Vollgeschoss fest. Die durch Baugrenzen zeichnerisch festgesetzte überbaubare Fläche deckt sich in großen Teilen mit dem von der bestehenden Bebauung in Anspruch genommenen Grundstücksbereich. Gleiches gilt für die Umgrenzung der Stellplatzflächen. Nach Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen dient das Sondergebiet vorwiegend der Unterbringung von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben für die örtliche Nah- und Grundversorgung. Ausdrücklich als zulässig festgesetzt wird durch die genannte Regelung u. a. ein Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von maximal 1.200 m² bei einem Verkaufsflächenanteil für Drogeriewaren und/oder Nicht-Lebensmittel von mindestens 20 % sowie ein selbstständiger Backshop mit einer auf die angeführte Verkaufsfläche des Lebensmittelmarktes anzurechnenden Verkaufsfläche von maximal 40 m².7 Dem Bebauungsplan liegt folgendes Verfahren zu Grunde:8 Angesichts drohender weiterer Betriebsaufgaben, u. a. des seinerzeitigen ... ...-Supermarkts leitete die Antragsgegnerin bereits im Dezember 2014 ein Bebauungsplanverfahren ein, das darauf gerichtet war, auf den Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... großflächigen Einzelhandel mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.250 m² zuzulassen. Aufgrund von Einwendungen der Antragstellerin, der Gemeinde Aglasterhausen sowie des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis und des Regierungspräsidiums Karlsruhe gegen die Verkaufsflächengröße verfolgte die Antragsgegnerin die Planungen zunächst nicht weiter.9 Da Vermittlungsgespräche mit den Nachbargemeinden aus Sicht der Antragsgegnerin nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung geführt hatten, beschloss ihr Gemeinderat am 19.7.2017 erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB mit dem Ziel der Zulassung eines großflächigen Lebensmittelmarktes. Diesem Beschluss lagen die vom Gemeindeverwaltungsverband bzw. der Antragsgegnerin selbst eingeholten Auswirkungsanalysen der Gesellschaft für ... (G...) vom Februar 2015, des Büros für ... ... vom 4.11.2015 (Büro ...), das von der Antragstellerin eingeholte Marktverträglichkeitsgutachten der Unternehmensberatung ... ... (Büro U...) vom Dezember 2015 und die von der Antragsgegnerin erhobene Stellungnahme des Büros ... (Büro D...) vom 8.5.2017 zu Grunde. Während die G... sowie das Büro E... eine raumordnerische Zulässigkeit selbst der eine Verkaufsfläche von 1.250 m² betreffenden ursprünglichen Erweiterungsplanung bestätigt hatten und das Büro D... ... hierzu eine Beschränkung der Verkaufsfläche auf „z. B. 1.200 m²“ und eine Mindestverkaufsfläche für Drogeriewaren bzw. andere Nicht-Lebensmittel von „z. B. 20 %“ vorgeschlagen hatte, war das Büro U... zu dem Ergebnis gekommen, ein Markt mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m² verstoße gegen Raumordnungsrecht, insbesondere das Kongruenzgebot und das Beeinträchtigungsverbot.10 Nach ortsüblicher Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 27.7.2017 wurden der Planentwurf und dessen Begründung in der Zeit vom 7.8. bis zum 22.9.2017 im Rathaus der Antragsgegnerin öffentlich ausgelegt. Daraufhin wandten die ... eG und ein in der Nähe des Plangebiets ansässiger Metzgereibetrieb mit Schreiben vom 13.9.2017 bzw. vom 20.9.2017 gegen die Planung ein, sie befürchteten Umsatzeinbußen bis hin zur Existenzgefährdung.11 Im Rahmen der zeitgleich erfolgten Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange machten das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Raumordnungsbehörde unter dem 18.9.2017 und der Raumordnungsverband Region Rhein-Neckar mit Schreiben vom 25.9.2017 geltend, sie gingen davon aus, dass das Erweiterungsvorhaben zumindest bezogen auf den ... Markt in Neunkirchen gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot verstoße. Auch die Gemeinde Aglasterhausen und die Antragstellerin erhoben mit Schreiben vom 6.9.2017 bzw. vom 21.9.2017 Einwendungen gegen die Planung, die sie u. a. auf von ihnen angenommene Verstöße gegen raumordnungsrechtliche Ziele und einen Verstoß gegen das interkommunale Abstimmungsgebot stützten.12 Die Antragsgegnerin holte daraufhin die weitere Stellungnahme des Büros D... vom 21.11.2017 ein. Darin ist ausgeführt, die Bebauungsplanänderung halte die landes- und regionalplanerischen Kernregelungen ein.13 In der öffentlichen Sitzung vom 29.11.2017 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Bebauungsplan als Satzung. Noch am selben Tage wurde der Bebauungsplan vom Bürgermeister der Antragsgegnerin ausgefertigt. Er trat mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 8.3.2018 in Kraft. In der öffentlichen Bekanntmachung wurde auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB hingewiesen.14 Die von der Kommunalaufsicht des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis wegen eines Verstoßes gegen das raumordnungsrechtliche Beeinträchtigungsverbot in Bezug auf den Gemeinderatsbeschluss vom 29.11.2017 erlassene Beanstandungsverfügung vom 26.7.2018 wurde auf den von der Antragsgegnerin erhobenen Widerspruch vom Regierungspräsidium Karlsruhe aufgehoben. Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 23.1.2019 - 12 K 8508/18 - den Sofortvollzug der Verfügung ausgesetzt, da es keine hinreichend belastbaren Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot festzustellen vermochte.15 Am 27.2.2019 hat die Antragstellerin den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Mit am 28.2.2019 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben vom 27.2.2019 hat sie Einwendungen gegen die Gültigkeit der Planung erhoben.16 In der Folgezeit hat das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis am 17.6.2019 eine Baugenehmigung zum Umbau und zur Erweiterung des im Plangebiet gelegenen Verbrauchermarkts auf eine Verkaufsfläche von knapp 1.200 m² erteilt. Hiergegen hat die Antragstellerin am 11.7.2020 Widerspruch erhoben, über den bislang nicht entschieden ist. Ihren gegen den Sofortvollzug der Baugenehmigung gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 6.3.2020 - 12 K 5237/19 - abgelehnt, da die Baugenehmigung bei summarischer Prüfung das interkommunale Abstimmungsgebot aus § 2 Abs. 2 BauGB nicht zu ihren Lasten verletze.17 Mit Schriftsätzen vom 6.5.2019 und vom 14.2.2020 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag begründet. Sie macht geltend, ihre Antragsbefugnis ergebe sich aus dem interkommunalen Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB, bei dem es sich um eine besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots handle. Dieses sei zu ihren Gunsten drittschützend, da unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art des zugelassenen Einzelhandels mit einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m² unter anderem auf die verbrauchernahe Versorgung auf ihrem Gemeindegebiet zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen seien. Denn die Planung führe zu einem erheblichen Kaufkraftabfluss aus ihrem Gemeindegebiet. Die damit einhergehende wesentliche Umsatzreduzierung gefährde die Existenz ihres ... Marktes als einziger Einrichtung der Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde. Das folge auch aus der Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO und dem Umstand, dass die zugelassene Verkaufsfläche deutlich oberhalb der nach dieser Vorschrift maßgeblichen Geschossflächengrenze von 1200 m² liege. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Büro E... in der Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015 zu dem Ergebnis komme, bereits geringe Umsatzrückgänge beeinflussten die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts negativ. Gleichwohl sei die Antragsgegnerin nach der Begründung des Bebauungsplans davon ausgegangen, dass trotz nicht auszuschließender Umsatzeinbußen keine Gefährdung der ökonomischen Tragfähigkeit des ... Markts in Neunkirchen bestehe. Dies werde dem für ein „Wegwägen“ ihres Belangs im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB bestehenden erhöhten Rechtfertigungsbedarf nicht gerecht.18 Ihre Antragsbefugnis folge aber auch aus § 2 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. BauGB. Denn es sei nicht ausgeschlossen, dass sich Kaufkraftabflüsse nachteilig auf ihre Bemühungen um die Entwicklung und Stärkung ihres Ortszentrums als zentralem Versorgungsbereich auswirken könnten. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin weise sie mit ihrem Ortszentrum einen zentralen Versorgungsbereich auf. Dieses Merkmal müsse im Rahmen des interkommunalen Abstimmungsgebots keinen Bezug zum Raumordnungsrecht aufweisen. Erfasst würden insoweit auch Grund- oder Nahversorgungsbereiche, die darauf angelegt seien, einen fußläufigen Einzugsbereich zu versorgen, wobei Struktur und Größe der betroffenen Gemeinde zu berücksichtigen seien. Diese Versorgungsfunktion erfülle der auf ihrem Gemeindegebiet befindliche ... Markt. Angesichts der nicht auszuschließenden Umsatzeinbußen und des nach Einschätzung des Büros E... negativen Einflusses bereits geringer Umsatzrückgänge auf die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts, seien nicht nur unerhebliche nachteilige Auswirkungen auf ihren zentralen Versorgungsbereich anzunehmen. Dies genüge für ein Eingreifen der Abstimmungspflicht nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Einer nachhaltigen Störung der Funktionsfähigkeit bedürfe es hierfür nicht.19 Unabhängig davon ergebe sich ihre Antragsbefugnis auch aus Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 BauGB, der grundsätzlich auf nachbargemeindliche Rücksichtnahme gerichtet sei und ihren durch die Planungen gefährdeten ... Markt schütze. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Gemeindeverwaltungsverband bereits derzeit eine Überversorgung im Bereich der Lebensmittel- und Drogerieartikelversorgung bestehe. Jede Erweiterung von Verkaufsflächen in diesen Segmenten habe damit negative Auswirkungen auf die bestehende Nahversorgung. Zudem werde die bereits derzeit durch Kaufkraftabflüsse von ihrem Gemeindegebiet in dasjenige der Antragsgegnerin bestehende Konfliktlage durch die Planung verschärft.20 Im Rahmen des § 2 Abs. 2 BauGB zu berücksichtigen sei auch, dass die Antragsgegnerin den ... Markt bei der Bewertung der Grundversorgung und des Einzugsgebiets des geplanten großflächigen Marktes gleichsam für unerheblich und für nicht überlebensfähig erklärt habe.21 Darüber hinaus seien ihre Belange aus § 1 Abs. 6 Nr. 4, Nr. 8a und Nr. 11 BauGB auch im Rahmen der Abwägung § 1 Abs. 7 fehlerhaft nicht berücksichtigt worden.22 In der Sache habe der Bebauungsplan aus mehreren Gründen nicht im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB aufgestellt werden dürfen. Zum einen könne im beschleunigten Verfahren zwar ein Bebauungsplan, der von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweiche, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt worden sei. Indes dürfe die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets, hier des Gebiets des für die Flächennutzungsplanung zuständigen Gemeindeverwaltungsverbandes, nicht beeinträchtigt werden. Da die Planung erhebliche Auswirkungen auch auf ihrem Gemeindegebiet zeitige und sie zudem von den Vorgaben des Raumordnungsrechts abweiche, liege eine solche Beeinträchtigung hier vor. Zum anderen sei das Verfahren nach § 13a BauGB auch deshalb nicht zulässig, weil eine Verpflichtung zur allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG i. V. mit den Nrn. 18.6.2, 18.8 der Anlage 1 hierzu bestehe. Eine solche sei auch nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Wahl der rechtswidrigen Verfahrensart führe dazu, dass die Voraussetzungen des Regelverfahrens nach den §§ 2 ff. BauGB nicht hinreichend beachtet worden seien. Dies beziehe sich insbesondere auf die Unterlassung einer Umweltprüfung bzw. der Erstellung eines Umweltberichts. Hierbei handle es sich um nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB beachtliche Fehler.23 Der Bebauungsplan leide auch an beachtlichen materiellen Mängeln.24 Zunächst sei er nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Die verbrauchernahe Versorgung bzw. die Grund- und Nahversorgung der Bevölkerung der Antragsgegnerin sei durch den bestehenden Markt und die Lebensmittelhandwerker sichergestellt. Soweit betriebswirtschaftliche Entscheidungen dazu geführt hätten, dass der bestehende Markt von einem Betreiber nicht weiter betrieben worden sei, so sei darauf beispielsweise mit einer Reduzierung der Miete, einer Modernisierung der Räumlichkeiten, einer Verbesserung der Angebotsstruktur und der Marktpräsentation sowie der Ansprache anderer Betreiber zu reagieren. Eine planerische Lösung sei nicht das geeignete Mittel. Ferner sei der geplante Markt für die verbrauchernahe Versorgung der Gemeinde der Antragsgegnerin völlig überdimensioniert. Da der Markt in seiner derzeitigen Größe von einem neuen Betreiber (...) übernommen worden sei, sei anzunehmen, dass die Planung nicht den Zweck habe, eine verbrauchernahe Versorgung zu gewährleisten, sondern im Interesse des Immobilieneigentümers erfolgt sei. Dementsprechend treffe auch die Annahme nicht zu, der Betrieb eines großflächigen Marktes sei alternativlos. Dies verdeutliche das Beispiel ihres ... Marktes.25 Der Bebauungsplan verstoße ferner gegen Ziele der Raumordnung und damit das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB.26 Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Konzentrationsgebot nach Plansatz 1.7.2.2 ERP lägen für die Antragsgegnerin, der keine zentralörtliche Funktion zukomme, nicht vor. Insbesondere sei die Vergrößerung des Marktes angesichts der bestehenden guten Versorgungssituation in der Gemeinde sowie des nahegelegenen ... Marktes in Aglasterhausen nicht geboten. Die Annahme, der bestehende Markt auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin könne bei unverändertem Zustand nicht überleben, sei, wie angeführt, unzutreffend. Soweit die Antragsgegnerin darauf abhebe, dieser Markt decke auch die Grund- und Nahversorgung von anderen Gemeinden bzw. deren Ortsteilen ab, greife dies nicht durch. Denn die Versorgungsaufgabe sei ausschließlich auf ihr Gemeindegebiet beschränkt. Die Annahme der Antragsgegnerin, die Grundversorgung erstrecke sich nicht wesentlich auf andere Gemeinden, sei durch verschiedene Einzelhandelsgutachten widerlegt. Nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... werde der vorgesehene Markt über 45 % der Umsätze durch Kunden außerhalb des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin erwirtschaften. Demgemäß sei auch der von der Antragsgegnerin für ihre Planung in Ansatz gebrachte Einzugsbereich zu groß. In diesem Zusammenhang sei im Übrigen auf die im Gebiet des Gemeindeverwaltungsverbandes bereits derzeit bestehende Überversorgung im Lebensmittel- und Drogerieartikelbereich hinzuweisen.27 Angesichts des genannten Anteils der außerhalb des Gemeindegebiets der Antragsgegnerin wohnhaften Kunden am Umsatz des geplanten Marktes sei ferner das Kongruenzgebot nach Plansatz 3.3.7.1 Satz 1 des Landesentwicklungsplan 2002 (LEP) und Plansatz 1.7.2.3 ERP verletzt. Denn nach dem Einzelhandelserlass Baden-Württemberg liege bereits bei einem Umsatzanteil von 30 % ein Indiz dafür vor, dass der zentralörtliche Verflechtungsbereich wesentlich überschritten sei. Darüber hinaus sei von einer abnehmenden Bevölkerung der Antragsgegnerin auszugehen. Denn infolge der vorgesehenen Inklusion Behinderter werde sich die Zahl der Heimbewohner der im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin ansässigen ... verringern.28 Der Bebauungsplan verstoße auch gegen das raumplanerische Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 3.3.7.1 LEP und Plansatz 1.7.2.4 ERP. Von einer wesentlichen Beeinträchtigung sei auszugehen, wenn aufgrund des zu erwartenden Kaufkraftabflusses Geschäftsaufgaben drohten. Orientierungswert hierfür sei unter Berücksichtigung der Nummer 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg ein Umsatzverlust bei nahversorgungsrelevanten Sortimenten von ca. 10 %. Diese Schwelle sei nach dem Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... mit einem Umsatzverlust von 17 % bei dem ... ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet überschritten. Der Vorwurf, das Gutachten weise deshalb fachliche Schwächen auf, weil es mit ungewöhnlich kleinen Zahlen operiere, treffe nicht zu. Im Übrigen sei auch bei Umsatzverlusten unterhalb von 10 % von einer Beeinträchtigung des ... Marktes auszugehen, da dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... besonderer Rücksicht und Sensibilität bedürfe. Auszuschließen sei eine Beeinträchtigung auch nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten und ihrer eigenen Einschätzung nicht. Dass die Umsatzverluste des ... Marktes nach den genannten Gutachten aufgrund des geringen Umsatzes dieses Marktes nicht prognostizierbar seien, gehe zu Lasten der Antragsgegnerin. Von einem Verstoß der Planung gegen das Beeinträchtigungsverbot gingen mit Blick auf den ... Markt auch das Regierungspräsidium als höhere Raumordnungsbehörde und der Regionalverband aus. Darüber hinaus würden in den von der Antragsgegnerin herangezogenen Gutachten die Umsatzeinbußen für die auf deren Gemeindegebiet ansässigen Lebensmittelhandwerker nicht ausreichend berücksichtigt.29 Die Planung verletze ferner das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Angesichts der nicht auszuschließenden erheblichen Beeinträchtigung des ... Marktes, der fehlerhaften Berücksichtigung desselben und der rücksichtslosen Verschärfung einer bestehenden Konfliktlage infolge des bereits derzeit erheblichen Kaufkraftabflusses sei darüber hinaus das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB verletzt. Daher liege auch ein Abwägungsmangel i. S. des § 1 Abs. 7 BauGB bzw. ein Ermittlungs- und Bewertungsfehler i. S. des § 2 Abs. 3 BauGB vor.30 Die Antragstellerin beantragt,31 den Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Gemeinde Schwarzach vom 29. November 2017 für unwirksam zu erklären.32 Die Antragsgegnerin beantragt,33 den Antrag abzuweisen.34 Sie trägt vor, der Normenkontrollantrag sei bereits unzulässig, da es der Antragstellerin an der erforderlichen Antragsbefugnis fehle.35 Zu Unrecht mache die Antragstellerin eine Missachtung des interkommunalen Abstimmungsgebots i. S. des § 2 Abs. 2 BauGB geltend. Zwar könnten sich Nachbargemeinden nach dieser Vorschrift auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Indes komme der Antragstellerin keine zentralörtliche Funktion zu und verfüge sie auch nicht über einen zentralörtlichen Versorgungsbereich. Der ... Markt könne eine solche Funktion nicht erfüllen, da er lediglich eine ergänzende Lebensmittelversorgung sicherstelle, nicht aber beispielsweise die Grundversorgung mit Drogerieartikeln und anderen Artikeln des täglichen Bedarfs. Im Übrigen sei im Rahmen der Bauleitplanung auch den Ermittlungspflichten in Bezug auf die regionalplanerisch bedeutsamen Belange der Antragstellerin Genüge getan worden. Entsprechende Auswirkungen hätten, da nicht weiter ermittelbar, auf der Grundlage der eingeholten Gutachten mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können. Vorsorglich sei die Verkaufsfläche von 1.250 m² auf 1.199 m² beschränkt worden. Die Verletzung eines Ziels der Raumordnung könne die Antragstellerin mithin nicht schlüssig vortragen. Das Gutachten des Büros U... vermöge die Annahme relevanter Kaufkrafteinbußen des ... Markts methodisch nicht zu tragen. Dies ergebe sich aus den Gutachten der Büros ... und D... und sei zudem sowohl vom Verwaltungsgericht als auch vom Regierungspräsidium bestätigt worden. Die Belange der Antragstellerin seien demnach gewahrt. Der von der Antragstellerin vorgetragene qualifizierte Abstimmungsbedarf in Bezug auf raumordnungsrechtliche Gesichtspunkte sei bereits im Rahmen der Zielanpassung erfüllt worden. Andere im Rahmen der Abwägung schützenswerte Belange habe die Antragstellerin nicht vorgetragen. Ihre Planungshoheit werde nicht beeinträchtigt. Das Interesse an einer Vermeidung von Konkurrenzsituationen für bestehende Läden werde durch § 2 Abs. 2 BauGB nicht geschützt.36 Der Normenkontrollantrag sei aber auch nicht begründet.37 In formeller Hinsicht sei der Anwendungsbereich des § 13a BauGB eröffnet, so dass eine Entwicklung des Bebauungsplans aus dem Flächennutzungsplan nach § 13a Abs. 2 Nr. 2 BauGB nicht erforderlich gewesen sei. Zum einen betrage die zulässige überbaubare Grundstücksfläche im Plangebiet nur 4.351 m². Zum anderen handle es sich nicht um ein Vorhaben, dass der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 4 BauGB bzw. einer Vorprüfungspflicht unterliege. Das gelte sowohl für die Rechtslage vor als auch nach dem 16.5.2017. Denn nach § 3b Abs. 3 Satz 4 UVPG a. F. und den Nrn. 18.8 und 18.6 der Anlage hierzu komme es bei der Planung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes im Innenbereich nur auf den Umfang der jeweiligen Änderung oder Erweiterung an. Gleiches gelte unter Zugrundelegung des nunmehr geltenden § 9 Abs. 2 Satz 2 UVPG i. V. mit den Nrn. 18.8 und 18.6 der Anlage 1 hierzu. Angesichts der Erweiterung der Verkaufsfläche um lediglich 400 m² werde damit die Schwelle der Vorprüfungspflicht, die bei 1.200 m² Geschossfläche liege, nicht erreicht. Soweit in der Begründung des Bebauungsplans auf die gesamte Verkaufsfläche des vorgesehenen Marktes abgestellt werde, beruhe dies auf unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen in verschiedenen Rechtsbereichen.38 In materieller Hinsicht sei die Planung erforderlich gewesen. So habe sie hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass der Bauleitplanung nehmen und sich dabei an den Wünschen der Grundstückseigentümer orientieren dürfen, da sie auch städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt habe. Soweit die Antragstellerin vortrage, die verbrauchernahe Versorgung werde durch den derzeitigen Markt sichergestellt und sie darüber hinaus Wege zum Erhalt des bestehenden Marktes aufzeige, überspanne sie die Anforderungen an die Erforderlichkeit nach § 1 Abs. 3 BauGB. Die Standortgemeinde habe den Bebauungsplan für erforderlich halten dürfen, um sowohl die Leerstandsprobleme zu lösen als auch die Nahversorgung für die Zukunft zu sichern.39 Der Bebauungsplan sei an die Ziele der Raumordnung angepasst.40 So sei das Konzentrationsgebot nach Plansatz 1.7.2.2 ERP eingehalten. Den entsprechenden Ergebnissen in den von ihr eingeholten Gutachten habe sich die höhere Raumordnungsbehörde in ihrer Stellungnahme vom 18.9.2017 angeschlossen. Dies gelte insbesondere mit Blick auf das Vorliegen einer Ausnahme im Sinne des genannten Plansatzes und des gleichlautenden Plansatzes nach Nr. 3.3.7 LEP. Die Einwände der Antragstellerin, der großflächige Markt sei zur Sicherung der Nahversorgung nicht geboten und lasse negative Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung erwarten, seien widerlegt bzw. unzutreffend. Zwar sei die Nahversorgung derzeit durch den bestehenden Markt gesichert. Indes sei dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... wegen seiner Größe und Ausstattung nicht überlebensfähig. Auch sei ihre Annahme, bei Wegfall des bestehenden Marktes bestehe in weitem Umkreis keine Nahversorgungsmöglichkeit mehr, zutreffend. Denn sie beziehe sich allein auf ihre nicht mobile Bevölkerung. Diese auf eine Versorgung in einer Entfernung von mehr als 1,5 km zu verweisen, entspreche nicht dem Regionalplan. Ferner sei eine Betriebsaufgabe nicht infolge der Übernahme des Marktes durch ... auszuschließen. Denn der derzeitige Betrieb sei vorläufig und stehe unter dem Vorbehalt der Erteilung der Genehmigung für einen großflächigen Markt. ... habe kein Interesse an den nicht wirtschaftlichen kleineren Räumlichkeiten. Eine Verletzung des Konzentrationsgebots liege auch nicht mit Blick auf die gutachterliche Annahme vor, der geplante Markt sichere nicht nur die Grundversorgung in der Standortgemeinde, sondern auch die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin und in Ortsteilen der umliegenden Gemeinden. Der Absatz von Einzelhandelsgroßprojekten in nicht-zentralen Gemeinden dürfe sich im Bereich der Grundversorgung nur nicht wesentlich auf andere Gemeinden erstrecken. Die genannten Orte bzw. Ortsteile ohne eigene zentralörtliche Funktion seien aufgrund der raumstrukturellen Gegebenheiten von den Gutachten in das Versorgungsgebiet einzubeziehen gewesen. Denn sie seien verkehrlich direkt mit ihrem Gemeindegebiet verbunden, verfügten selbst nicht über ein eigenes entsprechendes Angebot und könnten eigene großflächige Einzelhandelsbetriebe nicht planen, da ihnen ohne das Einzugsgebiet der Gemeinde Schwarzach die erforderliche Kaufkraft fehle.41 Angesichts dessen sei das Kongruenzgebot nach Plansatz 1.7.3 ERP bzw. Plansatz 3.3.7.1 LEP ebenfalls eingehalten.42 Ein Verstoß gegen das Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 1.7.2.4 ERP bzw. Plansatz 3.3.7.1 LEP liege gleichfalls nicht vor. Im Gegensatz zu § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO, wonach großflächiger Einzelhandel schon dann nur in festgesetzten Sondergebieten zulässig sei, wenn er sich wahrscheinlich auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung auswirke, bedürfe es des Vorliegens konkreter Anhaltspunkte für eine bevorstehende Beeinträchtigung der betroffenen Versorgungsbereiche. Dies habe sie im Rahmen der Planung geprüft und verneint. Demgegenüber habe die höhere Raumordnungsbehörde in der Stellungnahme vom 18.9.2017 eine Verletzung des Beeinträchtigungsverbots unter Hinweis auf mögliche, lediglich nicht auszuschließende Beeinträchtigungen bejaht und damit einen unzutreffenden Beurteilungsmaßstab gewählt. Im Übrigen gehe die höhere Raumordnungsbehörde selbst davon aus, dass die Nahversorgung der Antragstellerin durch das Vorhaben noch verbessert werde und habe sie von der ihr zustehenden Eingriffsbefugnis nach § 20 Abs. 1 LPlG keinen Gebrauch gemacht.43 Mängel bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials sowie Mängel der Abwägung selbst lägen nicht vor.44 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die dem Senat vorliegenden Verfahrensakten der Antragsgegnerin betreffend den Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ verwiesen. Dem Senat liegen darüber hinaus der Bebauungsplan „Ortsmitte“ und die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis betreffend das Beanstandungsverfahren und das Baugenehmigungsverfahren aus dem Jahre 2019 sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus den oben genannten Eilverfahren 12 K 8508/18 sowie 12 K 5237/19 vor. Auf diese wird ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe  45 Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung scheidet aus, obschon dem Senat der genaue Inhalt des Einwendungsschreibens der Antragstellerin vom 27.2.2019 und der Zeitpunkt des Zugangs desselben bei der Antragsgegnerin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 bekannt geworden ist. Zum einen ist die Wiedereröffnung bereits deshalb ausgeschlossen, weil die instanzabschließende Entscheidung durch förmliche Übergabe des unterschriebenen Entscheidungstenors an die Geschäftsstelle des Senats (vor Bekanntwerden von Inhalt und Zugangszeitpunkt des genannten Schreibens) wirksam geworden ist (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 RdNr. 14 zu § 104). Zum anderen kommt es für die gerichtliche Entscheidung auch nicht auf das Schreiben vom 27.2.2019 an.46 Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).47 1. Der statthafte (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Bebauungsplans (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ermangelt es der Antragstellerin nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis (a) oder am Rechtsschutzinteresse für die begehrte gerichtliche Entscheidung (b).48 a) Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer - möglichen - Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 - NVwZ 2004, 1120 f.). Hieran fehlt es nur dann, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung seines Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.1994 - 1 C 24.92 -, BVerwGE 95, 133 m. w. N.).49 aa) Neben der - hier nicht in Rede stehenden - Möglichkeit einer Verletzung des im Plangebiet gelegenen Grundeigentums lässt sich die Antragsbefugnis insbesondere aus einer möglichen Verletzung des aus § 1 Abs. 7 BauGB folgenden Rechts auf gerechte Abwägung ableiten. Dieses Recht hat hinsichtlich der für die Abwägung erheblichen privaten Belange drittschützenden Charakter. Liegt ein solcher Belang vor, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9/14 - BVerwGE 153, 174 ff.). Daher genügt es für die Annahme der Antragsbefugnis, wenn der jeweilige Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung dieses Belangs in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. BVerwG, vgl. Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 ff.). Abwägungserheblich sind allerdings nur solche Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.11.2016 - 4 BN 16.16 - NVwZ 2017, 563 f. sowie Urt. v. 30.4.2004 a. a. O.).50 Für Nachbargemeinden gilt im Ergebnis nichts anderes. Allerdings kann sich deren Antragsbefugnis nicht nur aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, sondern auch aus einem nicht auszuschließenden Verstoß gegen das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ergeben.51 Das Gebot der interkommunalen Abstimmung i. S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB stellt strukturell eine besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar, auf das sich die Nachbargemeinde gesondert berufen kann. Es dient der Wahrung der aus der Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) fließenden städtebaulichen Interessen der Gemeinden und verleiht deren Interesse, vor Nachteilen bewahrt zu werden, ein besonderes Gewicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB kommt zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer benachbarten Gemeinde unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können. Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 149 ff. und v. 27.9.2007 - 3 S 2875/06 - VBlBW 2008, 218 ff., jew. m. w. N.).52 Darüber hinaus reichert § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB das interkommunale Abstimmungsgebot um Belange mit raumordnungsrechtlichen Bezügen an. Damit gibt die Vorschrift den Nachbargemeinden die Möglichkeit, auch die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie die Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche als Abwehrrechte im Rahmen der zwischengemeindlichen Abstimmung geltend zu machen (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).53 Neben dem „qualifizierten“ Abwägungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB sind die Belange der Nachbargemeinde aber auch auf der Ebene der „einfachen“ Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten. Die Gemeinde kann daher auch geltend machen, in schutzwürdigen, sie zumindest mehr als nur geringfügig betreffenden und für die planende Gemeinde erkennbaren „privaten“ städtebaulich relevanten Belangen betroffen zu werden. Denn die Gemeinden verdienen insofern keinen geringeren Schutz als private Betroffene (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).54 bb) Unter Zugrundelegung dessen hat die Antragstellerin eine mögliche Verletzung eigener Rechte durch die angegriffene Planung hinreichend konkret vorgetragen.55 Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie sich zur Begründung ihrer Antragsbefugnis mit Erfolg auf einen ihr nach § 2 Abs. 2 S. 2 2. Alt. BauGB zugewiesenen raumordnungsrechtlichen Belang berufen kann. Hierfür wäre erforderlich, dass der nach ihrer Einschätzung durch die Planung negativ betroffene ... ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet bzw. das diesen umgebende Gebiet als zentraler Versorgungsbereich im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden könnte. Das Vorliegen eines solchen zentralen Versorgungsbereichs hat zwar das Büro E... im für den Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald erstellten Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016 bejaht (vgl. Nr. 8.4.3, S. 82 ff.), allerdings hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dies im Beschluss vom 6.3.2020 - 12 K 5237/19 - mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen.56 Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich nämlich bereits aus der von ihr auch geltend gemachten Möglichkeit einer Verletzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Denn nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die angegriffene Planung zu ihren Gunsten dem interkommunalen Abstimmungsgebot unterfällt (aaa). Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass das in Rede stehende städtebauliche Interesse der Antragstellerin im Rahmen der interkommunalen Abstimmung fehlerhaft berücksichtigt wurde (bbb).57 aaa) Mit ihren Vorbringen, der geplante großflächige Markt gefährde die Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde, macht die Antragstellerin einen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zwischen den beteiligten Gemeinden abstimmungsbedürftigen Sachverhalt geltend (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.10.1993 - 3 S 335/92 - VBlBW 1994, 353 ff.), nämlich die erhebliche Beeinträchtigung ihres nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und e BauGB abwägungserheblichen städtebaulichen Interesses an der verbrauchernahen Grundversorgung ihrer Bevölkerung.58 Auch hat die Antragstellerin die nicht auszuschließende Möglichkeit einer solchen erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung ihrer Bevölkerung infolge der angegriffenen Planung schlüssig dargetan.59 Hierzu trägt sie vor, der ... Markt als einzige Einrichtung der Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde werde durch den aufgrund des Bebauungsplans zugelassenen großflächigen Lebensmittelmarkt gefährdet. Der Orientierungswert für eine drohende Geschäftsaufgabe wegen Kaufkraftabflüssen liege nach Nummer 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg für nahversorgungsrelevante Sortimente bei Umsatzverlusten von ca. 10 %. Er sei nach dem Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... mit einem Umsatzverlust von 17 % bei dem ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet überschritten. Im Übrigen sei auch bei Umsatzverlusten unterhalb von 10 % von einer entsprechenden Beeinträchtigung des ... Marktes auszugehen, da dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... besonderer Rücksicht und Sensibilität bedürfe, um das vorhandene Grundversorgungsangebot zu halten, und bereits geringe Umsatzrückgänge die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts negativ beeinflussten. Danach seien bereits geringe bzw. marginale Kaufkraftabflüsse schädlich. Dass sich die Umsatzumverteilungswerte nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten aufgrund des geringen Gesamtumsatzes des ... Marktes von rund EUR 600.000 im Jahr nicht ausweisen ließen, lasse nicht den Schluss zu, sie seien nicht zu berücksichtigen. Vielmehr gehe die sich hieraus ergebende Unsicherheit zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese habe die Unschädlichkeit der Planung für ihre Grund- und Nahversorgung nachzuweisen.60 Die sich hieraus ergebende Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist auch nicht auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten von vornherein auszuschließen.61 Das gilt unabhängig von der Frage der Überzeugungskraft der gutachterlichen Einschätzungen im Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, das die Wirtschaftlichkeit des ... Markts im Falle der Errichtung eines seinerzeit noch geplanten großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m² in Schwarzach in Frage gestellt hat (vgl. S. 24). Daher kommt es hier nicht darauf an, ob die gegen diese Einschätzung und die ihr zu Grunde liegenden Berechnungen sowohl vom Büro E... in der vom Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 4 ff.) als auch vom Büro D... in den auf Veranlassung der Antragsgegnerin erstatteten Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 21.11.2017 (S. 4 f.) erhobenen fachlichen und methodischen Bedenken durchgreifen. Gleichfalls nicht entscheidungserheblich ist im Rahmen der Zulässigkeit, ob die Vermutungsregelungen des § 11 Abs. 3 S. 3 und 4 BauNVO eingreifen.62 Hier erhebliche negative Auswirkungen der Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² in Schwarzach auf die Grundversorgung in Neunkirchen erscheinen nämlich auch unter Zugrundelegung der Einschätzungen der G..., des Büros E... und des Büros D... nicht offensichtlich und nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen. Die genannten Sachverständigenbüros haben nämlich weder die Höhe der dem ... Markt infolge der geplanten Marktvergrößerung drohenden Umsatzverluste noch die insoweit zu beachtende individuelle Verträglichkeitsschwelle prognostiziert. Die Einschätzungen der G..., Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, da kein vergleichbarer Anbieter vorhanden sei (vgl. die Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, S. 29), und des Büros E..., auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss (vgl. die Stellungnahme vom 3.3.2016, S. 2), lassen jedenfalls nicht offensichtlich den Schluss zu, eine Beeinträchtigung des ... ... Marktes sei von vornherein auszuschließen. Denn angesichts des bereits bestehenden ökonomischen Drucks auf den ... Markt (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und dessen nur bedingter Stabilität (vgl. die Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) erscheint es zumindest möglich, dass auch geringe Umsatzeinbußen zu einer nachhaltigen Destabilisierung dieses Marktes führen können.63 Ob das Einzelhandelsgroßprojekt tatsächlich zu einer Gefährdung der Grund- und Nahversorgung infolge einer Geschäftsschließung führen würde, ist im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages nicht zu prüfen (vgl. BayVGH, Urt. v. 7.6.2000 - 26 N 99.2961 - BayVBl 2001, 175 ff.).64 bbb) Besteht nach alledem ein interkommunaler Abstimmungsbedarf i. S. des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, so ist auch nicht auszuschließen, dass die Interessen der Antragstellerin im Rahmen dieser Abstimmung deshalb nicht fehlerfrei berücksichtigt wurden, weil die Antragsgegnerin eine durch die geplante Markterweiterung drohende wesentliche Beeinträchtigung des ... Marktes verneint hat (vgl. hierzu Seite 26 f. der Abwägungstabelle).65 b) Ferner ermangelt es der Antragstellerin nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse.66 Das Rechtsschutzbedürfnis als Zulässigkeitsvoraussetzung soll verhindern, dass das Gericht in eine sachliche Prüfung der Gültigkeit der Norm eintritt, obwohl sich die Rechtsstellung des Antragstellers auch dann nicht verbessert, wenn die Norm antragsgemäß für unwirksam erklärt wird. Ist der Antragsteller antragsbefugt, ist nach diesem Maßstab regelmäßig auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Zwar fehlt das Rechtschutzbedürfnis in aller Regel, wenn ein Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41). Allerdings hat die Antragstellerin die bereits erteilte und nach Angabe der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch umgesetzte Baugenehmigung für die durch den Bebauungsplan zugelassene Erweiterung des Lebensmittelmarkts durch Widerspruch angegriffen. Daher ist die Baugenehmigung noch nicht in Bestandskraft erwachsen und vermag die Aufhebung des Bebauungsplans die Rechtsstellung der Antragstellerin zu verbessern.67 2. Der Normenkontrollantrag hat auch in der Sache Erfolg. Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin ist wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des § 1 Abs. 4 BauGB, Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen, insgesamt unwirksam.68 Der angegriffene Bebauungsplan verletzt das Konzentrationsgebot nach Plansatz 3.3.7 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP. Denn die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme von diesem Gebot käme nur dann in Betracht, wenn die Planung das Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP einhielte (a). Hiervon lässt sich aber nicht ausgehen (b). Der Bebauungsplan verstößt danach gegen Ziele der Raumordnung (c), was zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt (d).69 a) Der von der Antragsgegnerin auf ihrem Gemeindegebiet geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb ist mit Blick auf das Konzentrationsgebot aus Plansatz 3.3.7 Satz 1 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 Abs. 1 (Z) ERP grundsätzlich unzulässig, weil ihr keine zentralörtliche Funktion zukommt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Als Voraussetzung für die Zulassung einer Ausnahme vom Konzentrationsgebot sieht Plansatz 3.3.7 Satz 2 (Z) LEP vor, dass der großflächige Einzelhandel nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder die Gemeinden in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP konkretisiert diese Voraussetzungen dahingehend, dass der großflächige Einzelhandel ausschließlich zur Sicherung der Nahversorgung geboten sein muss und keine negativen Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung zu erwarten sind (Satz 1). Für den baden-württembergischen Teil des Verbandsgebiets gilt die Ausnahmeregelung für andere Standortgemeinden auch dann, wenn diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Satz 2). Ferner ordnet Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 S. 3 (Z) ERP die entsprechende Geltung der Plansätze 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP an.70 Danach setzt die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme für den von der Antragsgegnerin geplanten großflächigen Einzelhandel unter anderem voraus, dass die übrigen Zielvorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels gemäß den Plansätzen 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP eingehalten werden (vgl. hierzu auch die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP). Damit ist das Konzentrationsgebot in Fällen der vorliegenden Art nur dann eingehalten, wenn das Vorhaben in Einklang mit dem Kongruenzgebot, dem Beeinträchtigungsverbot und dem Integrationsgebot steht. Das ist mit Blick auf das Beeinträchtigungsverbot nach dem mit den Plansätzen 3.3.7.1 Satz 2 (Z) und 3.3.7.2 Satz 1 (Z) LEP übereinstimmenden Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP nur dann der Fall, wenn das Einzelhandelsgroßprojekt die städtebauliche Entwicklung, Ordnung und Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde, anderer Zentraler Orte sowie die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich nicht wesentlich beeinträchtigt.71 b) Von der Einhaltung des raumordnungsrechtlichen Beeinträchtigungsverbots lässt sich aber hier insbesondere in Bezug auf die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht ausgehen.72 aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Grund- und Nahversorgung mit Lebensmitteln auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin, insbesondere in ihrem Hauptort, im Wesentlichen durch den im Ortskern angesiedelten ... Markt gewährleistet wird. Darüber hinaus bietet der Markt nach den überzeugenden Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auch Drogerieartikel und - wie in der Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015 (S. 28) bestätigt - Getränke an. Ob der ... ... Markt damit auch in diesen Bereichen eine Grundversorgung gewährleistet, kann offenbleiben. Denn die Bedeutung des ... Marktes für die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist jedenfalls nicht so gering, dass er als raumordnungsrechtlich unbeachtlich angesehen werden könnte. Dies behauptet auch die Antragsgegnerin nicht. Dass der ... Markt ehrenamtlich betrieben und von der Gemeinde durch Übernahme der Miet- und Stromkosten finanziell gestützt wird, ändert an seiner durch das Beeinträchtigungsverbot geschützten Versorgungsfunktion nichts.73 bb) Die Beurteilung, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb die Grund- und Nahversorgung in seinem Einzugsbereich wesentlich beeinträchtigt, ist insbesondere unter Berücksichtigung der Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu den im Einzugsbereich vorhandenen Verkaufsflächen derselben Branche, der voraussichtlichen Umsatzumverteilung, der Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem betroffenen Versorgungsbereich, einer etwaigen „Vorschädigung“ des betroffenen Versorgungsbereichs oder einer Gefährdung eines vorhandenen „Magnetbetriebs“, dem maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Nahversorgung zukommt, zu treffen. Auch die Kundenattraktivität des geplanten Vorhabens durch standortbedingte Synergieeffekte kann eine Rolle spielen. Geboten sein kann der Rückgriff auf ein Marktgutachten als taugliche Methode zur Ermittlung der Kaufkraftabflüsse anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten. Als Anhalts- oder Orientierungswert für eine wesentliche Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung kann auf die Kriterien der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten, Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben vom 21.2.2001 (Einzelhandelserlass) zurückgegriffen werden. Diese geht in ihrer Nr. 3.2.2.3 anhaltsweise davon aus, dass bei zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimenten ab einem Umsatzverlust von ca. 10 % Geschäftsaufgaben drohen. Feste Prozentsätze lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (vgl. zur Frage schädlicher Auswirkungen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes auf zentrale Versorgungsbereiche nach § 34 Abs. 3 BauGB VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017 - 5 S 1003/16 - juris).74 Die Entscheidung, anhand welcher Methode eine voraussichtliche Beeinträchtigung prognostisch ermittelt wird, obliegt grundsätzlich dem Tatsachengericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erforderliche Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, die umso größer werden, je komplexer die zu beurteilende Situation ist. Angesichts zahlreicher Wechselwirkungen lassen sich objektive Aussagen über voraussichtliche Umsatzumverteilungen nur schwer treffen, was auch daran liegt, dass eine Vielzahl nicht bodenrechtlich relevanter Umstände die Höhe des Umsatzes beeinflusst. Angesichts dieser Situation ist der Senat darauf beschränkt, die Plausibilität der vorgelegten Gutachten nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017, a. a. O.).75 cc) Unter Zugrundelegung dessen lässt sich die Annahme, der durch den Bebauungsplan zugelassene großflächige Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb werde die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht wesentlich beeinträchtigen, nicht rechtfertigen. Auch insoweit kommt es auf die Überzeugungskraft des von der Antragstellerin eingeholten Marktverträglichkeitsgutachtens des Büros U... vom Dezember 2015 nicht an. Denn es ist auch unabhängig von dieser gutachterlichen Einschätzung des Gefährdungspotenzials der geplanten Markterweiterung nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizierbar, dass die Umsetzung der Planung keine Geschäftsaufgabe des ... Markts als dem wesentlichen Träger der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin zur Folge haben wird.76 Zwar kommen die G... in ihrer Auswirkungsanalyse vom Februar 2015 (S. 28 f.) und auch das Büro E... in der Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015 (S. 65) zu dem Ergebnis, Umsatzumverteilungen zu Lasten der Gemeinde Neunkirchen seien selbst bei einer Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach auf (seinerzeit noch geplante) 1.250 m² nicht nachweisbar. Dieser Beurteilung hat sich das Büro D... in den Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 31.11.2017 (S. 5 f.) in Bezug auf die nunmehr geplante Erweiterung des Marktes auf 1.200 m² angeschlossen.77 Allerdings beruht diese Einschätzung nicht auf der Annahme, Umsatzumverteilungen zu Lasten des ... Marktes seien schon dem Grunde nach nicht zu besorgen. Vielmehr hat das Büro D... die mangelnde Nachweisbarkeit damit begründet, die Ausweisung von Umsatzumverteilungswerten unter EUR 150.000 liege am Rande des seriös Prognostizierbaren (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 28.4.2017 und der Stellungnahme S. 5 vom 31.11.2017). Dieser Einschätzung entspricht es, dass das Büro E... der vom Büro U... prognostizierten Kaufkraftumverteilung i. H. von EUR 100.000 zu Lasten des ... ... Marktes in Neunkirchen entgegengehalten hat, es gebe nach ihrer Kenntnis kein einschlägiges Institut im Bundesgebiet, das sich in der Lage sehe, Kaufkraftströme in einer solchen Detailliertheit und Exaktheit auszuweisen (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 3.3.2016). Angesichts eines Bruttoumsatzes des ... ... Marktes von ca. EUR 600.000 im Jahr (vgl. das Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, S. 16, sowie die Stellungnahme des Büros E... vom 3.3.2016, S. 6 unten) liegen damit Umsatzverluste dieses Marktes i. H. von rund 16,7 % bzw. sogar rund 25 % unterhalb der Nachweisgrenze. Angesichts dessen lassen sich die mit Blick auf die geringe Entfernung von rund 3 km zwischen den Standorten der Markterweiterung und des ... ... Marktes ohne Weiteres zu erwartenden Umsatzumverteilungen zu Lasten des letztgenannten Marktes nicht seriös quantifizieren und auch Beeinträchtigungen des ... Marktes nicht ausschließen (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 9 f., und vom 21.11.2017, S. 8 f.).78 Unter Zugrundelegung der vergleichsweise geringen Umsätze von EUR 600.000 im Jahr und von den Sachverständigen beschriebenen herabgesetzten Widerstandskraft des ... Marktes gegen Wettbewerbsbelastungen ist zudem davon auszugehen, dass sich nicht hinreichend verlässlich prognostizieren lässt, ab welchem Kaufkraftverlust der Markt in einem Maße destabilisiert würde, dass die Gefahr einer Geschäftsaufgabe bestünde. Denn er ist nach der schlüssigen und zwischen den Beteiligten auch unstreitigen Einschätzung des Büros E... bereits unabhängig von der Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin nur bedingt stabil und besonders gegenüber Wettbewerbseinflüssen empfänglich, so dass ihm gegenüber auch eine besondere Sensibilität erforderlich ist, damit das noch vorhandene Grundversorgungsangebot erhalten werden kann (vgl. wiederum die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94). Zudem steht er vor dem Hintergrund des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband - wiederum unabhängig von der Markterweiterung - ökonomisch unter Druck (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5).79 Fehlt es mithin sowohl an ermittelbaren Umsatzverlusten des ... Marktes als auch an einer prognostizierbaren Verträglichkeitsschwelle, so ergibt sich auf der Grundlage der oben angeführten Kriterien keine verlässliche Prognose der Beeinträchtigung des ... Marktes durch die Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin.80 Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass auch nach absoluten Zahlen eher geringe Umsatzverluste eine Betriebsaufgabe des gegen zunehmenden Marktdruck besonders sensiblen ... Marktes zur Folge haben können. Danach schließt die Einschätzung der G... in der Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, eine entsprechende Gefährdung nicht ohne Weiteres aus. Zudem vermag auch die hierzu abgegebene Begründung, es fehle an einer Vergleichbarkeit der Anbieter, da der genossenschaftlich orientierte ... Markt ein gänzlich anderes Konzept verfolge und von den Entwicklungen in Schwarzach weitgehend abgekoppelt sei (S. 29), nicht zu überzeugen. Denn sie wird durch den Einwand des Büros D..., die Entwicklung der Discounter zu Lasten aller anderer Betriebstypen beweise das Gegenteil, schlüssig in Frage gestellt (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 6 f., und vom 21.11.2017, S. 5). Gleiches gilt im Ergebnis für die Einschätzung des Büros E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 2) auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung des ... in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss. Zum einen werden mit diesen Ausführungen lediglich Teilbereiche der angeführten und vom Büro D... als Argument für prognostisch nur marginale Umsatzumverteilungen schlüssig in Frage gestellten unterschiedlichen Konzeption der in Rede stehenden Märkte verdeutlicht. Zum anderen fehlt es an einer Quantifizierung der nach den eigenen Erhebungen des Büros E... im ... Markt auch getätigten sogenannten Ergänzungskäufe (vgl. hierzu die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11 und 28, und das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) sowie des Einflusses des geplanten Marktes auf diese. Angesichts dessen geht das Büro D... plausibel davon aus, die Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach sei mit Blick auf Neunkirchen nicht unkritisch (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 9, und vom 21.11.2017, S. 8).81 Angesichts der prognostisch in einer Größenordnung von rund EUR 2.000.000 anzusiedelnden Umsatzumverteilungen zu Gunsten des erweiterten Marktes (vgl. die Auswirkungsanalyse der G... vom Februar 2015, S. 21) hält der Senat nennenswerte Kaufkraftverluste nicht nur zu Lasten der Einzelhandelsbetriebe in Aglasterhausen, sondern auch zu Lasten des nur 3 km entfernt gelegenen ... Marktes für ohne Weiteres möglich. Denn die mit der Erweiterung bezweckte Steigerung der Attraktivität des Marktes auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin birgt - je nach Sichtweise - das Risiko bzw. die Chance einer Neuorientierung von Kunden in sich. Hiervon sind auch für sich allein nicht mobile Einwohner der Antragstellerin, denen sich aber beispielsweise eine Mitfahrgelegenheit bietet, oder Ergänzungskäufer, die für den Ergänzungskauf ohnehin ein Fahrzeug benutzen, nicht ausgenommen.82 Der erfolgte Beschränkung der Markterweiterung um 50 m² auf 1200 m² und den in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans vorgeschriebenen Verkaufsflächenanteil für Drogeriewaren und/oder Nicht-Lebensmittel von mindestens 20 % kommt nach Einschätzung des Senats im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ob und gegebenenfalls wie sich diese Vorgaben auf das Kaufverhalten gegenüber dem ... Markt in Neunkirchen prognostisch auswirken werden, zumal Drogeriewaren bzw. sonstige Nicht-Lebensmittel zum üblichen Sortiment im Lebensmitteleinzelhandel zählen und daher unabhängig von der Markterweiterung verkaufsflächenwirksam waren.83 Für die Prognose unerheblich ist der Umstand, dass der ... Markt im Jahre 2012 unter dem ökonomischen Druck des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband gegründet wurde (vgl. hierzu die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und im Plangebiet seinerzeit neben dem ... Supermarkt wohl zumindest noch ein Getränkemarkt betrieben wurde. Wie das Büro E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 3) überzeugend dargelegt hat, sind nämlich Umsätze von bereits geschlossenen und nicht mehr am Markt aktiven Betrieben durch eine erfolgte Neuorientierung der Kaufkraftströme bereits anderen Betrieben zuzurechnen und daher im Rahmen einer Auswirkungsanalyse nicht gesondert zu berücksichtigen.84 Dass sich die Umsätze des ... Marktes nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung während der vergangenen Monate erhöht haben, obschon die Erweiterung des ... Marktes bereits im März 2020 erfolgt ist, gibt für die hier zu treffende Prognose nichts her, da das Kaufverhalten von Kunden während der Zeit der Corona-Pandemie keine Rückschlüsse auf deren übliches und auch auf deren zukünftiges Konsumverhalten zulässt.85 dd) Die nach alledem verbleibende Prognoseunsicherheit geht - wie auch vom Plangeber vorgesehen (vgl. hierzu Plansatz 1.7.2.1 (Z) ERP sowie die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP) - zu Lasten der Antragsgegnerin, die für ihre Planung das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Plansatzes 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP einschließlich der Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots beansprucht (vgl. hierzu auch VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019 - 3 S 2811/17 - juris, m.w.N.). Diese Einschätzung entspricht im Ergebnis auch der grundsätzlichen Wertung des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO, wonach Auswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich in der Regel anzunehmen sind, wenn deren Geschossfläche 1.200 m2 überschreitet, wovon hier bei einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m2 ohne Weiteres auszugehen ist. Sie steht schließlich auch mit der Beurteilung der höheren Raumordnungsbehörde in der Stellungnahme vom 18.9.2017 und der in der Stellungnahme vom 25.9.2017 geäußerten Auffassung des Regionalverbandes Rhein-Neckar in Einklang (vgl. zur Indizwirkung dieser Stellungnahmen VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.).86 c) Widerspricht der angegriffene Bebauungsplan nach alledem dem Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Beeinträchtigungsverbot, so liegt - mangels zugelassener Zielabweichung gemäß § 24 LPlG - ein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung i. S. des § 1 Abs. 4 BauGB vor.87 Das Konzentrationsgebot stellt ebenso wie das Kongruenzgebot ein legitimes verbindliches Ziel der Raumordnung i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - VBlBW 2010, 357 ff. sowie nachfolgend BVerwG, Urt. v. 10.1.2011 - 4 C 9.10 - BVerwGE 141, 144 ff.). Gleiches gilt für das Beeinträchtigungsverbot jedenfalls insoweit, als es Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion der zentralen Orte durch großflächige Einzelhandelsvorhaben untersagt (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.). Darüber hinaus ist das Beeinträchtigungsverbot in kompetenzrechtlicher Hinsicht, also mit Blick auf die Unterscheidung zwischen Raumordnungsrecht und Städtebaurecht, jedenfalls dann als bindende raumplanerische Vorgabe zulässig, wenn es an das System der Zentralen Orte anknüpft und über die Fälle des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus die überörtlichen und raumbedeutsamen Auswirkungen der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben umfasst (vgl. Schmitz: Verfassungsrechtliche Anforderungen an die raumplanerische Ansiedlungssteuerung des großflächigen Einzelhandels, ZfBR 2015, 124 ff.; ebenso Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., RdNr. 59 zu § 1). Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn sich das regionalplanerische Beeinträchtigungsverbot ohne Bezug zu dem System der Zentralen Orte auf die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Vorhabens erstreckt. Indes ist die Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots hier im Rahmen der von der Antragsgegnerin beanspruchten Ausnahme vom Konzentrationsgebot von Bedeutung. Angesichts dieser Verknüpfung mit dem Konzentrationsgebot als wesentlichem Grundpfeiler des „Zentrale-Orte-Systems“ geht auch die Bedeutung des Vorhabens über den zwischenörtlichen Bereich der interkommunalen Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus.88 d) Der sich hieraus ergebende Mangel betrifft unmittelbar zwar nur die Planung des großflächigen Lebensmittelmarktes. Jedoch führt er zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn eine isolierte Aufrechterhaltung der übrigen Planbestandteile käme nur dann in Betracht, wenn es sich hierbei um einen abtrennbaren Teil der Gesamtregelung handelte, also die Restregelung auch ohne den Lebensmittelmarkt sinnvoll bestehen bleiben könnte - Grundsatz der Teilbarkeit - und aufgrund objektiver Anhaltspunkte mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Normgeber die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil erlassen hätte - Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2014 - 3 CN 1.13 - BVerwGE 150, 129 ff.). Letzteres ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Zulassung eines vergrößerten Lebensmittelmarktes sowohl Anlass als auch zentrales Ziel der Planung war.89 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.90 4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.91 Beschluss92 Der Streitwert wird gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit Nr. 9.8.3 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf EUR 60.000,- festgesetzt.93 Dieser Beschluss ist unanfechtbar. Gründe  45 Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung scheidet aus, obschon dem Senat der genaue Inhalt des Einwendungsschreibens der Antragstellerin vom 27.2.2019 und der Zeitpunkt des Zugangs desselben bei der Antragsgegnerin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2020 bekannt geworden ist. Zum einen ist die Wiedereröffnung bereits deshalb ausgeschlossen, weil die instanzabschließende Entscheidung durch förmliche Übergabe des unterschriebenen Entscheidungstenors an die Geschäftsstelle des Senats (vor Bekanntwerden von Inhalt und Zugangszeitpunkt des genannten Schreibens) wirksam geworden ist (vgl. Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 RdNr. 14 zu § 104). Zum anderen kommt es für die gerichtliche Entscheidung auch nicht auf das Schreiben vom 27.2.2019 an.46 Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig (1.) und begründet (2.).47 1. Der statthafte (§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und innerhalb der Jahresfrist nach Bekanntmachung des Bebauungsplans (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) gestellte Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ermangelt es der Antragstellerin nicht an der erforderlichen Antragsbefugnis (a) oder am Rechtsschutzinteresse für die begehrte gerichtliche Entscheidung (b).48 a) Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. An die Geltendmachung einer - möglichen - Rechtsverletzung sind keine höheren Anforderungen zu stellen als an die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Ausreichend ist, wenn der jeweilige Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.4.2004 - 4 CN 1.03 - NVwZ 2004, 1120 f.). Hieran fehlt es nur dann, wenn Rechte des Antragstellers unter Zugrundelegung seines Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.1994 - 1 C 24.92 -, BVerwGE 95, 133 m. w. N.).49 aa) Neben der - hier nicht in Rede stehenden - Möglichkeit einer Verletzung des im Plangebiet gelegenen Grundeigentums lässt sich die Antragsbefugnis insbesondere aus einer möglichen Verletzung des aus § 1 Abs. 7 BauGB folgenden Rechts auf gerechte Abwägung ableiten. Dieses Recht hat hinsichtlich der für die Abwägung erheblichen privaten Belange drittschützenden Charakter. Liegt ein solcher Belang vor, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9/14 - BVerwGE 153, 174 ff.). Daher genügt es für die Annahme der Antragsbefugnis, wenn der jeweilige Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine fehlerhafte Behandlung dieses Belangs in der Abwägung als möglich erscheinen lassen (st. Rspr., vgl. BVerwG, vgl. Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41 ff.). Abwägungserheblich sind allerdings nur solche Belange, die in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben und schutzwürdig sind. An letzterem fehlt es bei geringwertigen oder mit einem Makel behafteten Interessen sowie bei solchen, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, oder solchen, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.11.2016 - 4 BN 16.16 - NVwZ 2017, 563 f. sowie Urt. v. 30.4.2004 a. a. O.).50 Für Nachbargemeinden gilt im Ergebnis nichts anderes. Allerdings kann sich deren Antragsbefugnis nicht nur aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, sondern auch aus einem nicht auszuschließenden Verstoß gegen das Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB ergeben.51 Das Gebot der interkommunalen Abstimmung i. S. des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB stellt strukturell eine besondere Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB dar, auf das sich die Nachbargemeinde gesondert berufen kann. Es dient der Wahrung der aus der Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 GG) fließenden städtebaulichen Interessen der Gemeinden und verleiht deren Interesse, vor Nachteilen bewahrt zu werden, ein besonderes Gewicht. § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB kommt zum Tragen, wenn vom Bauleitplan einer benachbarten Gemeinde unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf städtebaulich relevante gemeindliche Belange ausgehen können. Kommen derart gewichtige Folgen in Betracht, löst dies im Bebauungsplanverfahren auf der Abwägungsebene einen qualifizierten materiellen Abstimmungsbedarf mit den gegenläufigen Belangen der Nachbargemeinde dergestalt aus, dass für ein - mögliches - „Wegwägen“ dieser Belange ein erhöhter Rechtfertigungsbedarf besteht, die für die Planung sprechenden Gründe also besonderes Gewicht haben müssen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 - 3 S 324/08 - NuR 2011, 149 ff. und v. 27.9.2007 - 3 S 2875/06 - VBlBW 2008, 218 ff., jew. m. w. N.).52 Darüber hinaus reichert § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB das interkommunale Abstimmungsgebot um Belange mit raumordnungsrechtlichen Bezügen an. Damit gibt die Vorschrift den Nachbargemeinden die Möglichkeit, auch die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie die Auswirkungen von Bauleitplänen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche als Abwehrrechte im Rahmen der zwischengemeindlichen Abstimmung geltend zu machen (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).53 Neben dem „qualifizierten“ Abwägungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB sind die Belange der Nachbargemeinde aber auch auf der Ebene der „einfachen“ Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten. Die Gemeinde kann daher auch geltend machen, in schutzwürdigen, sie zumindest mehr als nur geringfügig betreffenden und für die planende Gemeinde erkennbaren „privaten“ städtebaulich relevanten Belangen betroffen zu werden. Denn die Gemeinden verdienen insofern keinen geringeren Schutz als private Betroffene (vgl. auch hierzu VGH Bad.-Württ., Urte. v. 21.9.2010 und v. 27.9.2007, jew. a. a. O., m. w. N.).54 bb) Unter Zugrundelegung dessen hat die Antragstellerin eine mögliche Verletzung eigener Rechte durch die angegriffene Planung hinreichend konkret vorgetragen.55 Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie sich zur Begründung ihrer Antragsbefugnis mit Erfolg auf einen ihr nach § 2 Abs. 2 S. 2 2. Alt. BauGB zugewiesenen raumordnungsrechtlichen Belang berufen kann. Hierfür wäre erforderlich, dass der nach ihrer Einschätzung durch die Planung negativ betroffene ... ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet bzw. das diesen umgebende Gebiet als zentraler Versorgungsbereich im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden könnte. Das Vorliegen eines solchen zentralen Versorgungsbereichs hat zwar das Büro E... im für den Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald erstellten Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016 bejaht (vgl. Nr. 8.4.3, S. 82 ff.), allerdings hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe dies im Beschluss vom 6.3.2020 - 12 K 5237/19 - mit beachtlichen Gründen in Zweifel gezogen.56 Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergibt sich nämlich bereits aus der von ihr auch geltend gemachten Möglichkeit einer Verletzung des § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Denn nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die angegriffene Planung zu ihren Gunsten dem interkommunalen Abstimmungsgebot unterfällt (aaa). Ebenfalls ist nicht auszuschließen, dass das in Rede stehende städtebauliche Interesse der Antragstellerin im Rahmen der interkommunalen Abstimmung fehlerhaft berücksichtigt wurde (bbb).57 aaa) Mit ihren Vorbringen, der geplante großflächige Markt gefährde die Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde, macht die Antragstellerin einen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zwischen den beteiligten Gemeinden abstimmungsbedürftigen Sachverhalt geltend (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.10.1993 - 3 S 335/92 - VBlBW 1994, 353 ff.), nämlich die erhebliche Beeinträchtigung ihres nach § 1 Abs. 6 Nr. 8 Buchst. a und e BauGB abwägungserheblichen städtebaulichen Interesses an der verbrauchernahen Grundversorgung ihrer Bevölkerung.58 Auch hat die Antragstellerin die nicht auszuschließende Möglichkeit einer solchen erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung ihrer Bevölkerung infolge der angegriffenen Planung schlüssig dargetan.59 Hierzu trägt sie vor, der ... Markt als einzige Einrichtung der Grund- und Nahversorgung in ihrer Gemeinde werde durch den aufgrund des Bebauungsplans zugelassenen großflächigen Lebensmittelmarkt gefährdet. Der Orientierungswert für eine drohende Geschäftsaufgabe wegen Kaufkraftabflüssen liege nach Nummer 3.2.2.3 des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg für nahversorgungsrelevante Sortimente bei Umsatzverlusten von ca. 10 %. Er sei nach dem Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... mit einem Umsatzverlust von 17 % bei dem ... Markt auf ihrem Gemeindegebiet überschritten. Im Übrigen sei auch bei Umsatzverlusten unterhalb von 10 % von einer entsprechenden Beeinträchtigung des ... Marktes auszugehen, da dieser nach der Auswirkungsanalyse des Büros E... besonderer Rücksicht und Sensibilität bedürfe, um das vorhandene Grundversorgungsangebot zu halten, und bereits geringe Umsatzrückgänge die ökonomische Tragfähigkeit des ... Markts negativ beeinflussten. Danach seien bereits geringe bzw. marginale Kaufkraftabflüsse schädlich. Dass sich die Umsatzumverteilungswerte nach den von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten aufgrund des geringen Gesamtumsatzes des ... Marktes von rund EUR 600.000 im Jahr nicht ausweisen ließen, lasse nicht den Schluss zu, sie seien nicht zu berücksichtigen. Vielmehr gehe die sich hieraus ergebende Unsicherheit zu Lasten der Antragsgegnerin. Denn diese habe die Unschädlichkeit der Planung für ihre Grund- und Nahversorgung nachzuweisen.60 Die sich hieraus ergebende Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist auch nicht auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten von vornherein auszuschließen.61 Das gilt unabhängig von der Frage der Überzeugungskraft der gutachterlichen Einschätzungen im Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, das die Wirtschaftlichkeit des ... Markts im Falle der Errichtung eines seinerzeit noch geplanten großflächigen Einzelhandelsbetriebes mit einer Verkaufsfläche von 1.250 m² in Schwarzach in Frage gestellt hat (vgl. S. 24). Daher kommt es hier nicht darauf an, ob die gegen diese Einschätzung und die ihr zu Grunde liegenden Berechnungen sowohl vom Büro E... in der vom Gemeindeverwaltungsverband Kleiner Odenwald eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 4 ff.) als auch vom Büro D... in den auf Veranlassung der Antragsgegnerin erstatteten Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 21.11.2017 (S. 4 f.) erhobenen fachlichen und methodischen Bedenken durchgreifen. Gleichfalls nicht entscheidungserheblich ist im Rahmen der Zulässigkeit, ob die Vermutungsregelungen des § 11 Abs. 3 S. 3 und 4 BauNVO eingreifen.62 Hier erhebliche negative Auswirkungen der Errichtung eines Lebensmittelmarktes mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² in Schwarzach auf die Grundversorgung in Neunkirchen erscheinen nämlich auch unter Zugrundelegung der Einschätzungen der G..., des Büros E... und des Büros D... nicht offensichtlich und nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen. Die genannten Sachverständigenbüros haben nämlich weder die Höhe der dem ... Markt infolge der geplanten Marktvergrößerung drohenden Umsatzverluste noch die insoweit zu beachtende individuelle Verträglichkeitsschwelle prognostiziert. Die Einschätzungen der G..., Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, da kein vergleichbarer Anbieter vorhanden sei (vgl. die Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, S. 29), und des Büros E..., auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss (vgl. die Stellungnahme vom 3.3.2016, S. 2), lassen jedenfalls nicht offensichtlich den Schluss zu, eine Beeinträchtigung des ... ... Marktes sei von vornherein auszuschließen. Denn angesichts des bereits bestehenden ökonomischen Drucks auf den ... Markt (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und dessen nur bedingter Stabilität (vgl. die Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) erscheint es zumindest möglich, dass auch geringe Umsatzeinbußen zu einer nachhaltigen Destabilisierung dieses Marktes führen können.63 Ob das Einzelhandelsgroßprojekt tatsächlich zu einer Gefährdung der Grund- und Nahversorgung infolge einer Geschäftsschließung führen würde, ist im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrages nicht zu prüfen (vgl. BayVGH, Urt. v. 7.6.2000 - 26 N 99.2961 - BayVBl 2001, 175 ff.).64 bbb) Besteht nach alledem ein interkommunaler Abstimmungsbedarf i. S. des § 2 Abs. 2 S. 1 BauGB, so ist auch nicht auszuschließen, dass die Interessen der Antragstellerin im Rahmen dieser Abstimmung deshalb nicht fehlerfrei berücksichtigt wurden, weil die Antragsgegnerin eine durch die geplante Markterweiterung drohende wesentliche Beeinträchtigung des ... Marktes verneint hat (vgl. hierzu Seite 26 f. der Abwägungstabelle).65 b) Ferner ermangelt es der Antragstellerin nicht am erforderlichen Rechtsschutzinteresse.66 Das Rechtsschutzbedürfnis als Zulässigkeitsvoraussetzung soll verhindern, dass das Gericht in eine sachliche Prüfung der Gültigkeit der Norm eintritt, obwohl sich die Rechtsstellung des Antragstellers auch dann nicht verbessert, wenn die Norm antragsgemäß für unwirksam erklärt wird. Ist der Antragsteller antragsbefugt, ist nach diesem Maßstab regelmäßig auch das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Zwar fehlt das Rechtschutzbedürfnis in aller Regel, wenn ein Bebauungsplan durch genehmigte oder genehmigungsfreie Maßnahmen vollständig verwirklicht ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.2011 - 4 CN 1.10 - BVerwGE 140, 41). Allerdings hat die Antragstellerin die bereits erteilte und nach Angabe der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung auch umgesetzte Baugenehmigung für die durch den Bebauungsplan zugelassene Erweiterung des Lebensmittelmarkts durch Widerspruch angegriffen. Daher ist die Baugenehmigung noch nicht in Bestandskraft erwachsen und vermag die Aufhebung des Bebauungsplans die Rechtsstellung der Antragstellerin zu verbessern.67 2. Der Normenkontrollantrag hat auch in der Sache Erfolg. Der Bebauungsplan „Ortsmitte - 3. Änderung“ der Antragsgegnerin ist wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des § 1 Abs. 4 BauGB, Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen, insgesamt unwirksam.68 Der angegriffene Bebauungsplan verletzt das Konzentrationsgebot nach Plansatz 3.3.7 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP. Denn die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme von diesem Gebot käme nur dann in Betracht, wenn die Planung das Beeinträchtigungsverbot nach Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP einhielte (a). Hiervon lässt sich aber nicht ausgehen (b). Der Bebauungsplan verstößt danach gegen Ziele der Raumordnung (c), was zu seiner Gesamtunwirksamkeit führt (d).69 a) Der von der Antragsgegnerin auf ihrem Gemeindegebiet geplante großflächige Einzelhandelsbetrieb ist mit Blick auf das Konzentrationsgebot aus Plansatz 3.3.7 Satz 1 (Z) LEP und Plansatz 1.7.2.2 Abs. 1 (Z) ERP grundsätzlich unzulässig, weil ihr keine zentralörtliche Funktion zukommt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Als Voraussetzung für die Zulassung einer Ausnahme vom Konzentrationsgebot sieht Plansatz 3.3.7 Satz 2 (Z) LEP vor, dass der großflächige Einzelhandel nach den raumstrukturellen Gegebenheiten zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist oder die Gemeinden in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind. Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP konkretisiert diese Voraussetzungen dahingehend, dass der großflächige Einzelhandel ausschließlich zur Sicherung der Nahversorgung geboten sein muss und keine negativen Auswirkungen auf Ziele der Raumordnung zu erwarten sind (Satz 1). Für den baden-württembergischen Teil des Verbandsgebiets gilt die Ausnahmeregelung für andere Standortgemeinden auch dann, wenn diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren zusammengewachsen sind (Satz 2). Ferner ordnet Plansatz 1.7.2.2 Abs. 2 S. 3 (Z) ERP die entsprechende Geltung der Plansätze 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP an.70 Danach setzt die hier erforderliche Zulassung einer Ausnahme für den von der Antragsgegnerin geplanten großflächigen Einzelhandel unter anderem voraus, dass die übrigen Zielvorgaben zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels gemäß den Plansätzen 1.7.2.3 bis 1.7.2.5 (Z) ERP eingehalten werden (vgl. hierzu auch die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP). Damit ist das Konzentrationsgebot in Fällen der vorliegenden Art nur dann eingehalten, wenn das Vorhaben in Einklang mit dem Kongruenzgebot, dem Beeinträchtigungsverbot und dem Integrationsgebot steht. Das ist mit Blick auf das Beeinträchtigungsverbot nach dem mit den Plansätzen 3.3.7.1 Satz 2 (Z) und 3.3.7.2 Satz 1 (Z) LEP übereinstimmenden Plansatz 1.7.2.4 (Z) ERP nur dann der Fall, wenn das Einzelhandelsgroßprojekt die städtebauliche Entwicklung, Ordnung und Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortgemeinde, anderer Zentraler Orte sowie die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich nicht wesentlich beeinträchtigt.71 b) Von der Einhaltung des raumordnungsrechtlichen Beeinträchtigungsverbots lässt sich aber hier insbesondere in Bezug auf die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht ausgehen.72 aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Grund- und Nahversorgung mit Lebensmitteln auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin, insbesondere in ihrem Hauptort, im Wesentlichen durch den im Ortskern angesiedelten ... Markt gewährleistet wird. Darüber hinaus bietet der Markt nach den überzeugenden Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung auch Drogerieartikel und - wie in der Auswirkungsanalyse des Büros E... vom 4.11.2015 (S. 28) bestätigt - Getränke an. Ob der ... ... Markt damit auch in diesen Bereichen eine Grundversorgung gewährleistet, kann offenbleiben. Denn die Bedeutung des ... Marktes für die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin ist jedenfalls nicht so gering, dass er als raumordnungsrechtlich unbeachtlich angesehen werden könnte. Dies behauptet auch die Antragsgegnerin nicht. Dass der ... Markt ehrenamtlich betrieben und von der Gemeinde durch Übernahme der Miet- und Stromkosten finanziell gestützt wird, ändert an seiner durch das Beeinträchtigungsverbot geschützten Versorgungsfunktion nichts.73 bb) Die Beurteilung, ob ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb die Grund- und Nahversorgung in seinem Einzugsbereich wesentlich beeinträchtigt, ist insbesondere unter Berücksichtigung der Verkaufsfläche des Vorhabens im Vergleich zu den im Einzugsbereich vorhandenen Verkaufsflächen derselben Branche, der voraussichtlichen Umsatzumverteilung, der Entfernung zwischen dem Vorhaben und dem betroffenen Versorgungsbereich, einer etwaigen „Vorschädigung“ des betroffenen Versorgungsbereichs oder einer Gefährdung eines vorhandenen „Magnetbetriebs“, dem maßgebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Nahversorgung zukommt, zu treffen. Auch die Kundenattraktivität des geplanten Vorhabens durch standortbedingte Synergieeffekte kann eine Rolle spielen. Geboten sein kann der Rückgriff auf ein Marktgutachten als taugliche Methode zur Ermittlung der Kaufkraftabflüsse anhand von branchenspezifischen Erfahrungswerten. Als Anhalts- oder Orientierungswert für eine wesentliche Beeinträchtigung der Grund- und Nahversorgung kann auf die Kriterien der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten, Raumordnung, Bauleitplanung und Genehmigung von Vorhaben vom 21.2.2001 (Einzelhandelserlass) zurückgegriffen werden. Diese geht in ihrer Nr. 3.2.2.3 anhaltsweise davon aus, dass bei zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimenten ab einem Umsatzverlust von ca. 10 % Geschäftsaufgaben drohen. Feste Prozentsätze lassen sich aber insoweit nicht angeben. Der Prüfungsmaßstab fordert eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (vgl. zur Frage schädlicher Auswirkungen eines großflächigen Einzelhandelsbetriebes auf zentrale Versorgungsbereiche nach § 34 Abs. 3 BauGB VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017 - 5 S 1003/16 - juris).74 Die Entscheidung, anhand welcher Methode eine voraussichtliche Beeinträchtigung prognostisch ermittelt wird, obliegt grundsätzlich dem Tatsachengericht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erforderliche Prognose mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, die umso größer werden, je komplexer die zu beurteilende Situation ist. Angesichts zahlreicher Wechselwirkungen lassen sich objektive Aussagen über voraussichtliche Umsatzumverteilungen nur schwer treffen, was auch daran liegt, dass eine Vielzahl nicht bodenrechtlich relevanter Umstände die Höhe des Umsatzes beeinflusst. Angesichts dieser Situation ist der Senat darauf beschränkt, die Plausibilität der vorgelegten Gutachten nur darauf zu prüfen, ob diese mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Das Gericht überprüft insoweit die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des der Prognose zugrundeliegenden Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. wiederum VGH Bad.-Württ., Urt. v. 7.11.2017, a. a. O.).75 cc) Unter Zugrundelegung dessen lässt sich die Annahme, der durch den Bebauungsplan zugelassene großflächige Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb werde die Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin nicht wesentlich beeinträchtigen, nicht rechtfertigen. Auch insoweit kommt es auf die Überzeugungskraft des von der Antragstellerin eingeholten Marktverträglichkeitsgutachtens des Büros U... vom Dezember 2015 nicht an. Denn es ist auch unabhängig von dieser gutachterlichen Einschätzung des Gefährdungspotenzials der geplanten Markterweiterung nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizierbar, dass die Umsetzung der Planung keine Geschäftsaufgabe des ... Markts als dem wesentlichen Träger der Grund- und Nahversorgung auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin zur Folge haben wird.76 Zwar kommen die G... in ihrer Auswirkungsanalyse vom Februar 2015 (S. 28 f.) und auch das Büro E... in der Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015 (S. 65) zu dem Ergebnis, Umsatzumverteilungen zu Lasten der Gemeinde Neunkirchen seien selbst bei einer Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach auf (seinerzeit noch geplante) 1.250 m² nicht nachweisbar. Dieser Beurteilung hat sich das Büro D... in den Stellungnahmen vom 28.4.2017 (S. 6 f.) und vom 31.11.2017 (S. 5 f.) in Bezug auf die nunmehr geplante Erweiterung des Marktes auf 1.200 m² angeschlossen.77 Allerdings beruht diese Einschätzung nicht auf der Annahme, Umsatzumverteilungen zu Lasten des ... Marktes seien schon dem Grunde nach nicht zu besorgen. Vielmehr hat das Büro D... die mangelnde Nachweisbarkeit damit begründet, die Ausweisung von Umsatzumverteilungswerten unter EUR 150.000 liege am Rande des seriös Prognostizierbaren (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 28.4.2017 und der Stellungnahme S. 5 vom 31.11.2017). Dieser Einschätzung entspricht es, dass das Büro E... der vom Büro U... prognostizierten Kaufkraftumverteilung i. H. von EUR 100.000 zu Lasten des ... ... Marktes in Neunkirchen entgegengehalten hat, es gebe nach ihrer Kenntnis kein einschlägiges Institut im Bundesgebiet, das sich in der Lage sehe, Kaufkraftströme in einer solchen Detailliertheit und Exaktheit auszuweisen (vgl. S. 6 der Stellungnahme vom 3.3.2016). Angesichts eines Bruttoumsatzes des ... ... Marktes von ca. EUR 600.000 im Jahr (vgl. das Marktverträglichkeitsgutachten des Büros U... vom Dezember 2015, S. 16, sowie die Stellungnahme des Büros E... vom 3.3.2016, S. 6 unten) liegen damit Umsatzverluste dieses Marktes i. H. von rund 16,7 % bzw. sogar rund 25 % unterhalb der Nachweisgrenze. Angesichts dessen lassen sich die mit Blick auf die geringe Entfernung von rund 3 km zwischen den Standorten der Markterweiterung und des ... ... Marktes ohne Weiteres zu erwartenden Umsatzumverteilungen zu Lasten des letztgenannten Marktes nicht seriös quantifizieren und auch Beeinträchtigungen des ... Marktes nicht ausschließen (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 9 f., und vom 21.11.2017, S. 8 f.).78 Unter Zugrundelegung der vergleichsweise geringen Umsätze von EUR 600.000 im Jahr und von den Sachverständigen beschriebenen herabgesetzten Widerstandskraft des ... Marktes gegen Wettbewerbsbelastungen ist zudem davon auszugehen, dass sich nicht hinreichend verlässlich prognostizieren lässt, ab welchem Kaufkraftverlust der Markt in einem Maße destabilisiert würde, dass die Gefahr einer Geschäftsaufgabe bestünde. Denn er ist nach der schlüssigen und zwischen den Beteiligten auch unstreitigen Einschätzung des Büros E... bereits unabhängig von der Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin nur bedingt stabil und besonders gegenüber Wettbewerbseinflüssen empfänglich, so dass ihm gegenüber auch eine besondere Sensibilität erforderlich ist, damit das noch vorhandene Grundversorgungsangebot erhalten werden kann (vgl. wiederum die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11, sowie das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94). Zudem steht er vor dem Hintergrund des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband - wiederum unabhängig von der Markterweiterung - ökonomisch unter Druck (vgl. die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5).79 Fehlt es mithin sowohl an ermittelbaren Umsatzverlusten des ... Marktes als auch an einer prognostizierbaren Verträglichkeitsschwelle, so ergibt sich auf der Grundlage der oben angeführten Kriterien keine verlässliche Prognose der Beeinträchtigung des ... Marktes durch die Markterweiterung auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin.80 Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass auch nach absoluten Zahlen eher geringe Umsatzverluste eine Betriebsaufgabe des gegen zunehmenden Marktdruck besonders sensiblen ... Marktes zur Folge haben können. Danach schließt die Einschätzung der G... in der Auswirkungsanalyse vom Februar 2015, Umsatzumverteilungen zu Lasten von Neunkirchen lägen auf einem marginalen Niveau, eine entsprechende Gefährdung nicht ohne Weiteres aus. Zudem vermag auch die hierzu abgegebene Begründung, es fehle an einer Vergleichbarkeit der Anbieter, da der genossenschaftlich orientierte ... Markt ein gänzlich anderes Konzept verfolge und von den Entwicklungen in Schwarzach weitgehend abgekoppelt sei (S. 29), nicht zu überzeugen. Denn sie wird durch den Einwand des Büros D..., die Entwicklung der Discounter zu Lasten aller anderer Betriebstypen beweise das Gegenteil, schlüssig in Frage gestellt (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 6 f., und vom 21.11.2017, S. 5). Gleiches gilt im Ergebnis für die Einschätzung des Büros E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 2) auf die nicht mobile Kaufkraft in Neunkirchen, von welcher der ... Markt im Wesentlichen lebe, habe eine mögliche Verkürzung der Einkaufswege durch die Erweiterung des ... in Schwarzach kaum einen nennenswerten Einfluss. Zum einen werden mit diesen Ausführungen lediglich Teilbereiche der angeführten und vom Büro D... als Argument für prognostisch nur marginale Umsatzumverteilungen schlüssig in Frage gestellten unterschiedlichen Konzeption der in Rede stehenden Märkte verdeutlicht. Zum anderen fehlt es an einer Quantifizierung der nach den eigenen Erhebungen des Büros E... im ... Markt auch getätigten sogenannten Ergänzungskäufe (vgl. hierzu die Auswirkungsanalyse vom 4.11.2015, S. 11 und 28, und das Einzelhandelskonzept vom 23.3.2016, S. 94) sowie des Einflusses des geplanten Marktes auf diese. Angesichts dessen geht das Büro D... plausibel davon aus, die Erweiterung des Lebensmittelmarktes in Schwarzach sei mit Blick auf Neunkirchen nicht unkritisch (vgl. die Stellungnahmen vom 28.4.2017, S. 9, und vom 21.11.2017, S. 8).81 Angesichts der prognostisch in einer Größenordnung von rund EUR 2.000.000 anzusiedelnden Umsatzumverteilungen zu Gunsten des erweiterten Marktes (vgl. die Auswirkungsanalyse der G... vom Februar 2015, S. 21) hält der Senat nennenswerte Kaufkraftverluste nicht nur zu Lasten der Einzelhandelsbetriebe in Aglasterhausen, sondern auch zu Lasten des nur 3 km entfernt gelegenen ... Marktes für ohne Weiteres möglich. Denn die mit der Erweiterung bezweckte Steigerung der Attraktivität des Marktes auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin birgt - je nach Sichtweise - das Risiko bzw. die Chance einer Neuorientierung von Kunden in sich. Hiervon sind auch für sich allein nicht mobile Einwohner der Antragstellerin, denen sich aber beispielsweise eine Mitfahrgelegenheit bietet, oder Ergänzungskäufer, die für den Ergänzungskauf ohnehin ein Fahrzeug benutzen, nicht ausgenommen.82 Der erfolgte Beschränkung der Markterweiterung um 50 m² auf 1200 m² und den in Nr. 1.1 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans vorgeschriebenen Verkaufsflächenanteil für Drogeriewaren und/oder Nicht-Lebensmittel von mindestens 20 % kommt nach Einschätzung des Senats im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, ob und gegebenenfalls wie sich diese Vorgaben auf das Kaufverhalten gegenüber dem ... Markt in Neunkirchen prognostisch auswirken werden, zumal Drogeriewaren bzw. sonstige Nicht-Lebensmittel zum üblichen Sortiment im Lebensmitteleinzelhandel zählen und daher unabhängig von der Markterweiterung verkaufsflächenwirksam waren.83 Für die Prognose unerheblich ist der Umstand, dass der ... Markt im Jahre 2012 unter dem ökonomischen Druck des Gesamtangebotes im Gemeindeverwaltungsverband gegründet wurde (vgl. hierzu die Stellungnahmen des Büros D... vom 28.4.2017, S. 6, und vom 21.11.2017, S. 5) und im Plangebiet seinerzeit neben dem ... Supermarkt wohl zumindest noch ein Getränkemarkt betrieben wurde. Wie das Büro E... in der Stellungnahme vom 3.3.2016 (S. 3) überzeugend dargelegt hat, sind nämlich Umsätze von bereits geschlossenen und nicht mehr am Markt aktiven Betrieben durch eine erfolgte Neuorientierung der Kaufkraftströme bereits anderen Betrieben zuzurechnen und daher im Rahmen einer Auswirkungsanalyse nicht gesondert zu berücksichtigen.84 Dass sich die Umsätze des ... Marktes nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung während der vergangenen Monate erhöht haben, obschon die Erweiterung des ... Marktes bereits im März 2020 erfolgt ist, gibt für die hier zu treffende Prognose nichts her, da das Kaufverhalten von Kunden während der Zeit der Corona-Pandemie keine Rückschlüsse auf deren übliches und auch auf deren zukünftiges Konsumverhalten zulässt.85 dd) Die nach alledem verbleibende Prognoseunsicherheit geht - wie auch vom Plangeber vorgesehen (vgl. hierzu Plansatz 1.7.2.1 (Z) ERP sowie die Begründung zu Plansatz 1.7.2.2 (Z) ERP) - zu Lasten der Antragsgegnerin, die für ihre Planung das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Plansatzes 1.7.2.2 Abs. 2 (Z) ERP einschließlich der Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots beansprucht (vgl. hierzu auch VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019 - 3 S 2811/17 - juris, m.w.N.). Diese Einschätzung entspricht im Ergebnis auch der grundsätzlichen Wertung des § 11 Abs. 3 S. 3 BauNVO, wonach Auswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich in der Regel anzunehmen sind, wenn deren Geschossfläche 1.200 m2 überschreitet, wovon hier bei einer Verkaufsfläche von bis zu 1.200 m2 ohne Weiteres auszugehen ist. Sie steht schließlich auch mit der Beurteilung der höheren Raumordnungsbehörde in der Stellungnahme vom 18.9.2017 und der in der Stellungnahme vom 25.9.2017 geäußerten Auffassung des Regionalverbandes Rhein-Neckar in Einklang (vgl. zur Indizwirkung dieser Stellungnahmen VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.).86 c) Widerspricht der angegriffene Bebauungsplan nach alledem dem Konzentrationsgebot in Verbindung mit dem Beeinträchtigungsverbot, so liegt - mangels zugelassener Zielabweichung gemäß § 24 LPlG - ein Verstoß gegen Ziele der Raumordnung i. S. des § 1 Abs. 4 BauGB vor.87 Das Konzentrationsgebot stellt ebenso wie das Kongruenzgebot ein legitimes verbindliches Ziel der Raumordnung i. S. von § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG dar (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.12.2009 - 3 S 2110/08 - VBlBW 2010, 357 ff. sowie nachfolgend BVerwG, Urt. v. 10.1.2011 - 4 C 9.10 - BVerwGE 141, 144 ff.). Gleiches gilt für das Beeinträchtigungsverbot jedenfalls insoweit, als es Beeinträchtigungen der Versorgungsfunktion der zentralen Orte durch großflächige Einzelhandelsvorhaben untersagt (vgl. VGH Bad.-Württ, Urt. v. 23.5.2019, a. a. O.). Darüber hinaus ist das Beeinträchtigungsverbot in kompetenzrechtlicher Hinsicht, also mit Blick auf die Unterscheidung zwischen Raumordnungsrecht und Städtebaurecht, jedenfalls dann als bindende raumplanerische Vorgabe zulässig, wenn es an das System der Zentralen Orte anknüpft und über die Fälle des interkommunalen Abstimmungsgebots gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus die überörtlichen und raumbedeutsamen Auswirkungen der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelsvorhaben umfasst (vgl. Schmitz: Verfassungsrechtliche Anforderungen an die raumplanerische Ansiedlungssteuerung des großflächigen Einzelhandels, ZfBR 2015, 124 ff.; ebenso Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., RdNr. 59 zu § 1). Das ist zwar nicht bereits dann der Fall, wenn sich das regionalplanerische Beeinträchtigungsverbot ohne Bezug zu dem System der Zentralen Orte auf die Nahversorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich des Vorhabens erstreckt. Indes ist die Einhaltung des Beeinträchtigungsverbots hier im Rahmen der von der Antragsgegnerin beanspruchten Ausnahme vom Konzentrationsgebot von Bedeutung. Angesichts dieser Verknüpfung mit dem Konzentrationsgebot als wesentlichem Grundpfeiler des „Zentrale-Orte-Systems“ geht auch die Bedeutung des Vorhabens über den zwischenörtlichen Bereich der interkommunalen Abstimmung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB hinaus.88 d) Der sich hieraus ergebende Mangel betrifft unmittelbar zwar nur die Planung des großflächigen Lebensmittelmarktes. Jedoch führt er zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Denn eine isolierte Aufrechterhaltung der übrigen Planbestandteile käme nur dann in Betracht, wenn es sich hierbei um einen abtrennbaren Teil der Gesamtregelung handelte, also die Restregelung auch ohne den Lebensmittelmarkt sinnvoll bestehen bleiben könnte - Grundsatz der Teilbarkeit - und aufgrund objektiver Anhaltspunkte mit Sicherheit anzunehmen wäre, dass der Normgeber die Restbestimmung ohne den nichtigen Teil erlassen hätte - Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.6.2014 - 3 CN 1.13 - BVerwGE 150, 129 ff.). Letzteres ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Zulassung eines vergrößerten Lebensmittelmarktes sowohl Anlass als auch zentrales Ziel der Planung war.89 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.90 4. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.91 Beschluss92 Der Streitwert wird gem. den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit Nr. 9.8.3 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf EUR 60.000,- festgesetzt.93 Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Tenor 1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 03.12.2019 – 13 Ca 310/18 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten über die Zahlung von Überstunden und Urlaubsabgeltung sowie Schadensersatz aus Arbeitnehmerhaftung. 2 Die im November 1979 geborene Klägerin nahm am 01.03.2018 bei der Beklagten eine Beschäftigung als Kraftfahrerin mit einer monatlichen Vergütung von € 1.700,- brutto auf. Nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages ist mit dem Gehalt eine etwaige über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu 10 Stunden pro Monat abgegolten; darüber hinaus aus dringenden betrieblichen Erfordernissen geleistete Mehrarbeit ist durch den Arbeitgeber zu vergüten oder durch Freizeitgewährung abzugelten. 3 Vom 07.05. bis zum 30.05.2018 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. 4 Das Arbeitsverhältnis endete durch fristlose Eigenkündigung der Klägerin am 31.10.2018. Zu diesem Zeitpunkt stand ihr ein Resturlaubsanspruch Höhe von 15 Tagen zu. 5 Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die Beklagte – nach Abzug von jeweils 10 Stunden pro Monat – zumindest noch 113 Überstunden aus den Monaten April bis Juni 2018 zu vergüten habe. Multipliziert mit dem Mindestlohn von € 8,84 ergebe sich ein Betrag von € 998,92 brutto. Im Einzelnen habe sie in den Monaten April bis Juni 2018 unter Einrechnung der Be- und Entladezeiten wie folgt gearbeitet: 6 April 2018 Tag      Arbeitsbeginn und -ende Gesamtzeit AbzugPausen Arbeitsstunden Reguläre Arbeitszeit Überstunden 03.04.2018 06:00 - 19:40 13,40  0,75    12,65  8,00    4,65    04.04.2018 07:00 - 17:30 10,30  0,75    9,55    8,00    1,55    05.04.2018 06:00 - 17:00 11,00  0,75    10,25  8,00    2,25    06.04.2018 05:00 - 21:40 16,40  0,75    15,65  8,00    7,65                                                                   09.04.2018 05:00 - 18:30 13,30  0,75    12,55  8,00    4,55    10.04.2018 05:00 - 22:00 17,00  0,75    16,25  8,00    8,25    11.04.2018 05:30 - 18:30 13,00  0,75    12,25  8,00    4,25    12.04.2018 Frei                                                 13.04.2018 06:15 - 21:30 15,15  0,75    14,40  8,00    6,40                                                                   16.04.2018 06:15 - 20:15 14,00  0,75    13,25  8,00    5,25    17.04.2018 06:15 - 17:30 11,15  0,75    10,40  8,00    2,40    18.04.2018 06:00 - 18:45 12,45  0,75    11,70  8,00    3,70    19.04.2018 05:30 - 16:30 11,00  0,75    10,25  8,00    2,25    20.04.2018 06:30 - 16:30 10,00  0,75    9,25    8,00    1,25                                                                   23.04.2018 06:00 - 18:30 12,30  0,75    11,55  8,00    3,55    24.04.2018 05:00 - 19:30 14,30  0,75    13,55  8,00    5,55    25.04.2018 05:30 - 19:45 14,15  0,75    13,40  8,00    5,40    26.04.2018 07:00 - 19:30 12,30  0,75    11,55  8,00    3,55    27.04.2018 06:00 - 23:30 17,30  0,75    16,55  8,00    8,55                                                                   Mai 2018 Tag      Arbeitsbeginn und -ende Gesamtzeit AbzugPausen Arbeitsstunden Reguläre Arbeitszeit Überstunden                                                                02.05.2018 06:30 - 21:00 14,50  0,75    13,75  8,00    5,75    03.05.2018 07:00 - 20:00 13,00  0,75    12,25  8,00    4,25    04.05.2018 07:15 - 19:30 12,15  0,75    11,40  8,00    3,40                                                                   07.05. - 30.05 Arbeitsunfähigkeit                                                                Juni 2018 Tag      Arbeitsbeginn und -ende Gesamtzeit AbzugPausen Arbeitsstunden Reguläre Arbeitszeit Überstunden                                                                04.06.2018 06:00 - 18:00 12,00  0,75    11,25  8,00    3,25    05.06.2018 07:00 - 22:35 15,35  0,75    14,60  8,00    6,60    06.06.2018 07:45 - 20:45 13,05  0,75    12,30  8,00    4,30    07.06.2018 07:00 - 19:00 12,00  0,75    11,25  8,00    3,25    08.06.2018 16:30 - 20:00 trotz Krankheit des Kindes gearbeitet 3,50                                                                   11.06.2018 05:30 - 21:30 16,00  0,75    15,25  8,00    7,25    12.06.2018 08:00 - 19:50 11,50  0,75    10,75  8,00    2,75    13.06.2018 07:00 - 19:00 12,00  0,75    11,25  8,00    3,25    14.06.2018 07:30 - 18:00 10,50  0,75    9,75    8,00    1,75    15.06.2018 Kind krank                                                                                                             18.06.2018 05:30 - 16:15 11,05  0,75    10,30  8,00    2,30    19.06.2018 06:45 - 19:00 12,55  0,75    11,80  8,00    3,80    20.06.2018 06:00 - 18:30 12,50  0,75    11,75  8,00    3,75    21.06.2018 07:00 - 14:20                   7,2      8,00    –        22.06.2018 06:45 - 18:00 11,55  0,75    10,80  8,00    2,80                                                                   25.06.2018 04:15 - 21:10 16,95  0,75    16,20  8,00    8,20    26.06.2018 08:00 - 18:00 10,00  0,75    9,25    8,00    1,25    27.06.2018 06:30 - 18:40 11,90  0,75    11,15  8,00    3,15    28.06.2018 06:15 - 17:40 11,10  0,75    10,35  8,00    2,35    29.06.2018 03:15 - 18:00 14,85  0,75    14,10  8,00    6,10    30.06.2018 06:00 - 17:20 11,30  0,75    10,55  8,00    2,55    7 Die Klägerin sei nach Anweisung der Beklagten gefahren. Die beklagtenseitig vorgelegte Liste zu den Fahrer-Aktivitätsdaten der Klägerin in den Monaten April und Mai 2018 könne nicht stimmen. Am 12.04.2018 habe die Klägerin einen Tag frei gehabt. Dennoch ergebe sich aus der Liste eine Fahrstrecke von 61 km, eine Lenkzeit von 1:03 Stunden und eine weitere Arbeitszeit von 0:13 Stunden. Vom 07.05. bis 26.05.2018 sei die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt gewesen. In der Liste seien hingegen am 22., 23., 24. und 25.05.2018 Lenkzeiten von 0:54 Stunden, 5:32 Stunden, 7:16 Stunden und 1:35 Stunden aufgeführt. 8 Des Weiteren habe die Klägerin einen Anspruch auf Abgeltung des Resturlaubs von 15 Tagen in Höhe von € 1.176,92 brutto. Dieser Anspruch sei nicht durch Aufrechnung erloschen. Der Beklagten stehe kein Schadensersatzanspruch wegen der behaupteten Bemalung der Türinnenseiten des Fahrerhauses zu. Sie habe den Schaden nicht verursacht. Ihrer Kenntnis nach sei der Lkw während ihrer Erkrankung von mindestens 4 anderen Personen genutzt worden. Als sie den Lkw zuletzt abgestellt habe, seien die Verschmutzungen nicht vorhanden gewesen. Zudem habe die Beklagte überhaupt erst mehr als zwei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Schadensersatz gefordert. Darüber hinaus sei der Kostenvoranschlag überhöht. 9 Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt, 10 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zur Abgeltung von 133 Überstunden sowie des Resturlaubs von 15 Tagen insgesamt € 2.175,84 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 11 hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, die Fahrerkarten, betreffend die Klägerin, für den Zeitraum April 2018 bis Juni 2018 sowie die entsprechenden Spesenabrechnungen vorzulegen. 12 Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bestreitet, dass die Klägerin Überstunden geleistet habe. Sicherlich sei die Klägerin nach Anweisung der Beklagten gefahren, was aber nichts daran ändere, dass sie in ihrem Vortrag zwischen Fahr-, Lenk- und Ruhezeiten differenzieren müsse. Im Monat April 2018 habe die Klägerin 171,65 Stunden gearbeitet, was zuzüglich des Urlaubstages eine Gesamtarbeitszeit von 180,23 Stunden ergebe. Vom 02. bis einschließlich 04.05.2018 habe die Klägerin 2,64 Überstunden, 1,22 Überstunden und 3,26 Überstunden geleistet. Diese seien mit der arbeitsvertraglichen 10-Stunden-Regelung abgegolten. 13 Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung sei durch Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch erloschen. Die Klägerin habe das Fahrerhaus ihres Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen OVP-TM 555 verunstaltet, indem sie die Seitenverkleidungen der Türen in den Farben Schwarz, Rot, Gold besprüht habe. Auf das beigefügte Foto werde verwiesen. Es handele sich um eine vorsätzliche Sachbeschädigung. Nach dem Angebot der Werkstatt vom 08.01.2019 koste die Erneuerung der Türverkleidungen insgesamt € 1.456,05 netto. Die fehlerhafte Angabe des Kilometerstandes in dem Angebot gehe darauf zurück, dass die Werkstatt diesen nicht aktualisiert habe. 14 Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Klägerin könne sowohl eine Überstundenvergütung als auch eine Urlaubsabgeltung beanspruchen. Sie habe ihrer Darlegungslast im Überstundenprozess genügt, indem sie vorgetragen habe, an welchen Tagen sie von wann bis wann gearbeitet habe. Dieses Vorbringen gelte als zugestanden, da die Beklagte sich hiermit nicht auseinandergesetzt, sondern die Angaben der Klägerin lediglich pauschal bestritten habe. Als Arbeitgeberin wisse die Beklagte, welche Tätigkeiten sie der Klägerin an welchen Tagen übertragen und welche Touren sie ihr zugewiesen habe. Die Beklagte könne im Übrigen auf die von ihr nach § 21a Abs. 7 ArbZG zu erstellenden Aufzeichnungen zurückgreifen. Nach dieser Vorschrift sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeit von Fahrern oder Beifahrern aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens 2 Jahre aufzubewahren. 15 Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beklagte mit ihrer fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast genügt habe. Es sei notwendig, die Arbeitszeiten differenziert nach Lenk-, Arbeits- und Ruhezeiten anzugeben. Die Beklagte habe die Fahrerkarte der Klägerin im Monat Juni 2018 nicht mehr auslesen können, da die Klägerin diese nicht mehr zur Verfügung gestellt habe. Darüber hinaus könne die Klägerin eine Beschädigung der Innentüren im Fahrerhaus nicht leichthin abstreiten. Ein anderer Lkw-Fahrer der Beklagten komme hierfür nicht in Betracht, wozu die Vernehmung von 6 Zeugen angeboten werde. 16 Die Beklagte beantragt, 17 das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 03.12.2019 – 13 Ca 310/19 – abzuändern und die Klage abzuweisen. 18 Die Klägerin beantragt, 19 die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. 20 Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Klägerin habe hinsichtlich der Überstundenforderung ihrer Darlegungslast genügt. Die Beklagte habe demgegenüber die von der Klägerin aufgezeigten Zweifel an der Richtigkeit der arbeitsgeberseitigen Stundenzusammenstellung nach wie vor nicht ausgeräumt. Die Klägerin habe den Lkw ordnungsgemäß zurückgegeben. Es sei nicht ersichtlich, für welchen konkreten Sachvortrag die Beklagte Zeugenbeweis angeboten habe. Jedenfalls habe der als Zeuge benannte Herr W. den Lkw der Klägerin nie von innen gesehen. Ein weiterer benannter Zeuge, Herr B., sei der Klägerin gänzlich unbekannt. 21 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen. Entscheidungsgründe 22 Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. 23 1. Überstundenvergütung 24 Die Klägerin hat aus § 611a Abs. 2 in Verbindung mit Ziffer 3 ihres Arbeitsvertrages einen Anspruch auf Vergütung der geleisteten Überstunden im Zeitraum April, Mai und Juni 2018 in Höhe von € 998,92 brutto. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. 25 Der Arbeitgeber ist nach § 611a Abs. 2 BGB zur Zahlung der vereinbarten Vergütung für die vereinbarte Arbeitsleistung verpflichtet. Nach Ziffer 3 des Arbeitsvertrages ist die aus dringenden betrieblichen Erfordernissen geleistete Mehrarbeit durch den Arbeitgeber zu vergüten oder durch Freizeitgewährung abzugelten, sofern diese über 10 Stunden pro Monat hinausgeht. 26 Die Vergütung von Überstunden setzt zum einen voraus, dass der Arbeitnehmer diese tatsächlich geleistet hat, und zum anderen, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet worden oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Für beide Voraussetzungen – einschließlich der Anzahl geleisteter Überstunden – trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast (BAG, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 5 AZR 362/16 – Rn. 21, juris = NZA-RR 2017, 233; BAG, Urteil vom 25. März 2015 – 5 AZR 602/13 – Rn. 18 = NZA 2015, 1002; BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 14 und 15, juris = NZA 2013, 1100). 27 a) Hinsichtlich der Ableistung von Überstunden genügt der Arbeitnehmer zunächst seiner Vortragslast, wenn er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber substantiiert erwidern und im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und an welchen Tagen der Arbeitnehmer von wann bis wann diesen Weisungen – nicht – nachgekommen ist. Lässt sich der Arbeitgeber nicht substantiiert ein, gilt der Sachvortrag des Arbeitnehmers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BAG, Urteil vom 26. Juni 2019 – 5 AZR 452/18 – Rn. 39, juris = NZA 2019, 1361). 28 Ein Kraftfahrer, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, kann seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung der Aufzeichnungen nach § 21a Abs. 7 Satz 1 ArbZG substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen im geringeren zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss (BAG, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 5 AZR 362/16 – Rn. 23, juris = NZA-RR 2017, 233; BAG, Urteil vom 16. Mai 2012 – 5 AZR 347/11 – Rn. 28 = NJW 2012, 2680). 29 Die Klägerin hat in den Monaten April bis Juni 2018 nach Abzug von jeweils 10 Überstunden pro Monat zumindest noch insgesamt 113 Überstunden geleistet. Dieses Vorbringen gilt als zugestanden. Die Klägerin hat taggenau angegeben, zu welcher Uhrzeit sie ihre Tätigkeit als Lkw-Fahrerin aufgenommen und zu welcher Uhrzeit sie diese beendet hat. Pausen sind bei ihrer Berechnung berücksichtigt. Urlaubs- und Krankheitstage sind ausgewiesen. Diese Angaben genügten, um es der Beklagten zu ermöglichen, sich hiermit auseinanderzusetzen und zu den einzelnen Tagen Stellung zu nehmen. Die Beklagte weiß, an welchen Tagen die Klägerin zu welchen Touren eingeteilt war. Sie verfügt über die entsprechenden Transportbegleitpapiere und kennt die jeweiligen Ladeorte. Die von der Beklagten vorgelegte Liste weist lediglich tägliche Lenk-, Arbeits- und Bereitschaftszeiten aus. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit ergibt sich daraus nicht. Darüber hinaus ist diese Liste – zumindest teilweise – unrichtig. Sie enthält Lenk- und Arbeitszeiten, die nicht von der Klägerin stammen können, da diese entweder frei hatte oder krankheitsbedingt verhindert war. Die Beklagte hat sich zu diesen Widersprüchen nicht mehr geäußert bzw. diese ausgeräumt. Sie hat weder die Angaben der Klägerin zur Freistellung am 12.04.2018 und zur Krankheit im Zeitraum 07.05. - 30.05.2018 bestritten noch hat sie erläutert, wie die Zeitangaben in ihrer Übersicht zustande kommen. Eine Fahrerkarte darf keinem Dritten zur Nutzung überlassen werden (§ 5 Abs. 4 Satz 1 Fahrpersonalverordnung). Der Unternehmer hat zudem die im Massenspeicher des Fahrtenschreibers gespeicherten Daten in regelmäßigen Abständen, nämlich spätestens nach 90 Tagen, zu kopieren und zu speichern (§ 4 Abs. 3 Sätze 5 und 6 Fahrpersonalgesetz, § 2 Abs. 5 Satz 1 Fahrpersonalverordnung). Aus diesen Daten lassen sich die Fahrzeugbewegungen ohne weiteres nachvollziehen. Darüber hinaus sind die Daten der Fahrerkarten spätestens 28 Kalendertage nach Aufzeichnung eines Ereignisses vom Unternehmer zu kopieren und zu speichern; der Fahrer hat seine Karte dem Unternehmen zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen (§ 2 Abs. 5 Sätze 2 und 3 Fahrpersonalverordnung). Auch dort finden sich konkrete Daten zu den Fahrzeiten und Fahrtunterbrechungen. Diese Daten fehlen in der beklagtenseitig vorgelegten Aufstellung. 30 b) Behauptet der Arbeitnehmer eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden, muss er vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat (BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 16, juris = NZA 2013, 1100). Konkludent ordnet der Arbeitgeber Überstunden an, wenn er dem Arbeitnehmer Arbeit in einem Umfang zuweist, der unter Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers nur durch die Leistung von Überstunden zu bewältigen ist. Dazu muss der Arbeitnehmer darlegen, dass eine bestimmte angewiesene Arbeit innerhalb der Normalarbeitszeit nicht zu leisten oder ihm zur Erledigung der aufgetragenen Arbeiten ein bestimmter Zeitrahmen vorgegeben war, der nur durch die Leistung von Überstunden eingehalten werden konnte. Dabei begründet allein die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb oder an einem Arbeitsort außerhalb des Betriebs keine Vermutung dafür, Überstunden seien zur Erbringung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen (BAG, Urteil vom 10. April 2013 – 5 AZR 122/12 – Rn. 17, juris = NZA 2013, 1100). 31 Die Beklagte hat die von der Klägerin geleisteten Überstunden zumindest konkludent angeordnet. Die Klägerin fuhr die Touren auf Anweisung der Beklagten, was zwischen den Parteien nicht im Streit ist. Die Beklagte hat in Kenntnis der jeweiligen Wegstrecken, der zu transportierenden Güter, der Lade- und Entladeorte, der für die Ladungssicherung notwendigen Zeiten sowie der sonst anfallenden Arbeits- und Bereitschaftszeiten keine Einwände gegen den von der Klägerin dargelegten Zeitaufwand erhoben. Die Beklagte hat der Klägerin Touren zugewiesen, die in der regulären Arbeitszeit von 8 Stunden nicht zu bewältigen waren. Diese Touren waren nach Einschätzung der Beklagten aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne der Ziffer 3 des Arbeitsvertrages notwendig. Die Klägerin ist keine Touren gefahren, die nicht von der Beklagten beauftragt waren. Die Beklagte hat auch nicht eingewandt, dass die Klägerin Umwege gefahren sei, Pausen überzogen habe oder privaten Angelegenheiten während der angegebenen Arbeitszeiten nachgegangen sei. 32 2. Urlaubsabgeltung 33 Der Klägerin steht nach § 7 Abs. 4 BUrlG eine Urlaubsabgeltung in Höhe von € 1.176,92 brutto zu. Abzugelten ist ein Resturlaub von 15 Tagen. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. 34 Der Anspruch ist nicht nach §§ 389, 387 BGB durch Aufrechnung erloschen. Der Beklagten steht gegen die Klägerin kein Schadensersatzanspruch wegen einer evtl. Beschädigung der Türinnenseiten im Fahrerhaus zu. Die Beklagte hat keinen Schaden dargelegt, der auf eine Pflichtverletzung der Klägerin schließen lassen könnte. 35 Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen (§ 280 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung seiner Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 619a BGB). Zu vertreten hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit, sofern nicht eine strengere oder mildere Haftung gilt (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). 36 Die Darlegungs- und Beweislast sowohl für die Pflichtverletzung als auch für Vorsatz oder Fahrlässigkeit trägt der Arbeitgeber (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. April 2020 – 19 Sa 46/19 – Rn. 79, juris = NZA-RR 2020, 445; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. März 2020 – 2 Sa 292/19 – Rn. 55, juris). Allerdings dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, wenn das schädigende Ereignis näher am Arbeitnehmer als am Arbeitgeber lag. Der Arbeitnehmer hat sich im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast substantiiert zu äußern, sofern der Arbeitgeber Indizien vorträgt, die auf ein haftungsbegründendes Verschulden des Arbeitnehmers hinweisen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. November 2016 – 7 Sa 96/16 – Rn. 35, juris). 37 Nach § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis seinem Inhalt nach jeden Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Aus dem Arbeitsverhältnis ergibt sich die Nebenpflicht des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber nicht zu schädigen (BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 418/09 – Rn. 12, juris = NJW 2011, 1096), insbesondere die überlassenen Arbeitsmittel pfleglich zu behandeln und nicht zu beschädigen. 38 Die Beklagte hat keine Indizien vorgetragen, die auf eine vorsätzliche Sachbeschädigung der Türinnenseiten im Fahrerhaus schließen lassen. Die beiden vorgelegten Schwarz-Weiß-Fotos lassen keine Sachbeschädigung erkennen. Zu sehen sind dort nur mehrere hellere Flecken auf dem unteren Teil einer Türverkleidung. Ob es sich dabei um eine farbliche Bemalung handelt, welche Farbe dabei verwandt wurde und ob sich diese nicht mit herkömmlichen Reinigungsmitteln entfernen lässt, ist nicht erkennbar. Ebenso wenig ist feststellbar, dass diese Tür zu dem von der Klägerin gefahrenen Lkw gehört. Die Beklagte hat darüber hinaus nicht dargelegt, wann die Klägerin den Lkw an wen zurückgegeben hat, wer wann den Schaden festgestellt hat und an welchem Tag die beiden Fotos von wem aufgenommen wurden. 39 Des Weiteren ist nicht erkennbar, wer wann den Lkw gefahren hat. Die Beklagte hat zwar in der Berufungsbegründung andere Fahrer bzw. Mitarbeiter sowie die Geschäftsführerin als Zeugen benannt, jedoch kein konkretes Beweisthema angegeben. Gemäß § 373 ZPO muss die beweispflichtige Partei diejenigen Tatsachen bezeichnen, zu denen der Zeuge vernommen werden soll. Entsprechen die unter Beweis gestellten Tatsachenbehauptungen nicht diesen Anforderungen, hat die Beweiserhebung zu unterbleiben, da ein unvollständiger Sachvortrag nicht durch das Angebot eines unzulässigen Ausforschungsbeweises ersetzt werden kann (BAG, Urteil vom 25. März 2015 – 5 AZR 368/13 – Rn. 23, juris = ZTR 2015, 538; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 01. Februar 2018 – 5 Sa 357/17 – Rn. 29, juris). 40 Nach den vorstehenden Ausführungen scheidet auch ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 303 StGB aus. 41 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das auf die mündliche Verhandlung vom 26.8.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Köln wird abgelehnt. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. 31. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung von den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 29.11.1990 ‒ 2 BvR 1095/90 ‒ und vom 1.2.1978 ‒ 1 BvR 426/77 ‒ sowie den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.11.1977 ‒ 1 C 33.71 ‒, vom 30.10.1990 ‒ 9 C 72.89 ‒ und vom 16.4.1985 – 9 C 109.84 – wegen Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) zuzulassen. 4Der Zulassungsgrund der Divergenz liegt nur vor, wenn die Vorinstanz mit einem ihre Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder verallgemeinerungsfähigen Tatsachensatz einem in der übergeordneten Rechtsprechung in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz widersprochen hat. Die Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze ist zur ordnungsgemäßen Erhebung der Divergenzrüge unverzichtbar. 5Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2015 ‒ 4 A 361/15.A ‒, juris, Rn. 2 f., m. w. N. 6Dass diese Voraussetzungen erfüllt wären, ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht. Dies hat der Senat bereits mit Beschlüssen vom 9.11.2018 ‒ 4 A 4037/18.A ‒, juris, Rn. 5 ff., vom 16.8.2019 ‒ 4 A 3427/18.A ‒, juris, Rn. 5 ff., und vom 21.7.2020 ‒ 4 A 1907/20.A ‒, juris, Rn. 5 ff., ausgeführt, die im Wesentlichen vergleichbares Vorbringen der Bevollmächtigten des Klägers in anderen Verfahren betreffen. 7Dem in der angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Asylrecht aus Art. 16 GG a. F. aufgestellten Rechtssatz, wonach sich das Tatsachengericht zur Frage, ob dem Asylsuchenden politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, im Wege der nach § 86 VwGO gebotenen Sachverhaltserforschung die für seine Entscheidung erforderliche Überzeugungsgewissheit zu verschaffen hat, wofür wegen des sachtypischen Beweisnotstands insbesondere bezogen auf asylbegründende Vorgänge außerhalb des Gastlandes in der Regel Glaubhaftmachung genügt, 8vgl. BVerwG, Urteil vom 29.11.1977 ‒ 1 C 33.71 ‒, BVerwGE 55, 82 = juris, Rn. 12 ff., 15, m. w. N.; unter Bezugnahme darauf auch: BVerwG, Urteil vom 16.4.1985 – 9 C 109.84 –, BVerwGE 71, 180 = juris, Rn. 16, 9hat das Verwaltungsgericht nicht widersprochen. 10Da das Verwaltungsgericht unabhängig von einer Verfolgung des Klägers das Bestehen internen Schutzes angenommen und den geltend gemachten Anspruch auf Asylgewährung wegen der Einreise auf dem Landweg abgelehnt hat, kam es nach seiner Rechtsauffassung auf die Frage, ob die Glaubhaftmachung eines schlüssig geschilderten Verfolgungsschicksals für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft genügt, letztlich nicht mehr entscheidungserheblich an. Einen über die schlüssige Darlegung hinausgehenden Verfolgungsnachweis hat das Verwaltungsgericht nicht gefordert. Insbesondere ist das Verwaltungsgericht nicht einmal sinngemäß in Widerspruch zu der Annahme getreten, hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes genüge nach Durchführung der nach § 86 VwGO gebotenen Sachverhaltserforschung in der Regel Glaubhaftmachung. Während die schlüssige Darlegung eines Verfolgungsschicksals erforderlich ist, um Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung zu bieten, entfällt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Aufklärungspflicht nicht schon, wenn es an der Glaubhaftmachung des schlüssig geschilderten Verfolgungsschicksals fehlt. 11Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.10.2001 ‒ 1 B 24.01 ‒, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 317 = juris, Rn. 5 f., und vom 6.6.2003 ‒ 1 B 265.02 ‒, juris, Rn. 7. 12Das Verwaltungsgericht hat auch keinem Rechtssatz aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und Bundesverwaltungsgerichts widersprochen, wonach ein Vorbringen bei Glaubwürdigkeitszweifeln unbeachtlich sein kann sowie dann, wenn es etwa in wesentlichen Punkten unzutreffend oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich ist. 13Vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990 ‒ 2 BvR 1095/90 ‒, InfAuslR 1991, 94 = juris, Rn. 14; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990 ‒ 9 C 72.89 ‒, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 135 = juris, Rn. 15. 14Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob das Verwaltungsgericht höchstrichterlich aufgestellte Rechtssätze zutreffend angewandt oder sich hierzu gar nicht erklärt hat. Denn das bloße Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen aus der übergeordneten Rechtsprechung begründet keine Divergenz. 15St. Rspr., vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 14.8.2018 ‒ 9 B 18.17 ‒, juris, Rn. 12, m. w. N. 162. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 17vgl. BVerfG, Beschluss vom 1.2.1978 ‒ 1 BvR 426/77 ‒, BVerfGE 47, 182 = juris, Rn. 16, 18das rechtliche Gehör des Klägers verletzt, indem es sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und in die Erwägungen einbezogen haben könnte. Dies hat es vielmehr ausführlich getan (Urteilsabdruck, Seite 2 bis Seite 3, erster Absatz, sowie Seite 10, zweiter und dritter Absatz). Abgesehen davon führt die Kritik des Klägers an der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts ohnehin nicht auf eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO). Sie ist dem sachlichen Recht zuzurechnen und rechtfertigt von vornherein keine Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels. 19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2016 ‒ 4 A 2203/15.A ‒, juris, Rn. 14 f., m. w. N. 20Schließlich zeigt der Einwand, das Verwaltungsgericht habe seine Amtsermittlungspflicht verletzt, keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auf. Abgesehen davon, dass nach dem Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts kein Anlass zu weiteren Ermittlungen bestand, begründet ein Aufklärungsmangel grundsätzlich ‒ so auch hier ‒ weder einen Gehörsverstoß, noch gehört er zu den sonstigen Verfahrensmängeln im Sinne der §§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, 138 VwGO. 21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 19.12.2016 – 4 A 2203/15.A –, juris, Rn. 24 f., m. w. N. 22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG. 23Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.
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Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2017 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Der Beschluss ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe I. 1 Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte über den in Deutschland gestellten Asylantrag der Klägerin befinden und ihr Schutz gewähren muss. 2 Die Klägerin hatte vor ihrer Einreise bereits in Bulgarien einen Asylantrag gestellt; dort war ihr internationaler Schutz gewährt worden. In Deutschland stellte sie am 11. Juli 2014 erneut einen Asylantrag. 3 Diesen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2017 als unzulässig ab, verneinte das Vorliegen von Abschiebungsverboten, forderte die Klägerin zur Ausreise auf und drohte ihr die Abschiebung nach Bulgarien an. 4 Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und Eilrechtsschutz beantragt. 5 Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Abschiebung nach Bulgarien sei wegen systemischer Mängel nicht zulässig. Es gebe dort keinen Zugang zu einem effektiven und fairen Asylverfahren. Sie leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Ihrem Ehemann sei in Deutschland der Flüchtlingsstatus zuerkannt worden. 6 Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21. August 2017 abgelehnt. 7 Die Klage ist mit Urteil vom 23. November 2017 abgewiesen worden. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: 8 Der Asylantrag der Klägerin habe als unzulässig abgelehnt werden dürfen, da sie in Bulgarien als Flüchtling anerkannt sei. Abschiebungsverbote lägen in ihrem Fall nicht vor. In Bulgarien seien keine systemischen Mängel bei der Betreuung von anerkannten Flüchtlingen erkennbar. Nach der Auskunftslage sei nicht anzunehmen, dass Flüchtlingen in Bulgarien kein Obdach zur Verfügung stehe oder sie die notwendige Versorgung nicht erhalten könnten. Es gebe keinen Grund, warum die Klägerin sich den Bedingungen in Bulgarien nicht stellen könnte. Die Ehe mit einem in Deutschland anerkannten Flüchtling wirke sich nicht auf die Unzulässigkeitsentscheidung aus, da die Ehe erst in Deutschland geschlossen worden sei. 9 Auf ihren Antrag hin ist die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen worden. 10 Zur Begründung der Berufung wiederholt die Klägerin ihr Vorbringen aus der ersten Instanz. Sie verweist erneut darauf, dass sie mit einem in Deutschland anerkannten Flüchtling verheiratet sei. Sie hätten Nachwuchs bekommen. 11 Die Klägerin beantragt sinngemäß, 12 unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2017 den Bescheid der Beklagten vom 12. April 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und das Asylverfahren der Klägerin durchzuführen, 13 unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Trier vom 23. November 2017 die Beklagte unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 12. April 2017 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zuzusprechen, 14 hilfsweise festzustellen, dass der Klägerin subsidiärer Schutz gem. § 3 AsylG zugesprochen wird, bzw. dass ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 2, 3, 7 S. 2 AufenthG vorliegt, 15 hilfsweise festzustellen, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, 7 S. 1 AufenthG vorliegt. 16 Die Beklagte hat sich nicht geäußert. 17 Der Senat hat auf die Möglichkeit hingewiesen, nach § 130a Satz 1 VwGO durch Beschluss zu entscheiden. Die Klägerin hat sich damit nicht einverstanden erklärt. 18 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsund die Verwaltungsakte sowie auf die in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel verwiesen; sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der Beratung. II. 19 Der Senat entscheidet gemäß § 130a Satz 1 Alt. 2 VwGO durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet erachtet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind dazu angehört worden (§ 130a Satz 2 i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ihr Einverständnis ist nicht erforderlich. 20 Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann weder die Aufhebung des angegriffenen Bescheids noch die hilfsweise beantragte Feststellung von Abschiebungsverboten verlangen. Der Bescheid der Beklagten vom 12. April 2017 ist auch zum gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Dies gilt insbesondere für die Unzulässigkeitsentscheidung (1.) und die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 AufenthG (2.). Für die mit der Berufung hilfsweise beantragte Feststellung sonstiger Abschiebungsverbote ist kein Raum (3.). 21 1. Die im Bescheid vom 12. April 2017 getroffene Unzulässigkeitsentscheidung ist rechtmäßig. 22 a) Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Asylantrags der Klägerin als unzulässig ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. 23 Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem jeweiligen Antragsteller bereits internationalen Schutz im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Dies ist hier der Fall. Bulgarien, ein Mitgliedstaat der Europäischen Union, hatte der Klägerin subsidiären Schutz zuerkannt und es sind keine Anhaltspunkte dafür dargetan oder ersichtlich, dass der Schutzstatus nicht mehr besteht oder erloschen ist. 24 Mit § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG hat der nationale Gesetzgeber Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes umgesetzt. 25 Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt sich kein Hindernis für die Anwendung der beiden Vorschriften im konkreten Fall. Einem Mitgliedstaat ist es nur dann verboten, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem Betroffenen zuvor in einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn dort erwarten, ihn der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC, dem Art. 3 EMRK entspricht, aussetzen würden (vgl. EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17, Hamed –, juris, Rn. 43). Im Rahmen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems gilt zunächst die Vermutung, dass die Behandlung der Betroffenen im Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem Mitgliedstaat stößt, so dass ein ernsthaftes Risiko besteht, dass Personen bei einer Überstellung dorthin in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist (vgl. EuGH, Urteil vom 19. März 2019 – C-163/17, Jawo –, Rn. 82 f.). Das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht ist daher, falls es über Angaben verfügt, die die betreffende Person zum Nachweis des Vorliegens eines derartigen Risikos vorgelegt hat, verpflichtet, auf ausreichender Grundlage unter Beachtung der Bedeutung der Grundrechte zu würdigen, ob systemische, allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom19. März 2019 – C-163/17, Jawo –, Rn. 90; sowie Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17, Hamed –, Rn. 38; beide juris). 26 Eine auf Grund der Lebensumstände drohende konventionswidrige Behandlung ist nur anzunehmen, wenn eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht wird, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt. Sie wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre. Die Schwelle wird selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Person gekennzeichneten Situationen dann nicht erreicht, wenn sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, auf Grund derer sich die Person in einer Lage befindet, die einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkommt (vgl. EuGH, Urteile vom 19. März 2019 – C-297/17 u.a., Ibrahim –, Rn. 89 - 91; und – C-163/17, Jawo –, Rn. 91 – 93; beide juris). 27 Im Rahmen der hierbei zu treffenden Prognoseentscheidung ist eine tatsächliche Gefahr des Eintritts der maßgeblichen Umstände erforderlich, es darf nicht nur eine auf bloßen Spekulationen gegründete Gefahr bestehen. Die Gefahr einer Art. 3 EMRK – bzw. Artikel 4 GRC – zuwiderlaufenden Behandlung muss auf Grund aller Umstände des Falles hinreichend sicher und nicht nur hypothetisch sein. Es gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit; die für die Gefahr sprechenden Umstände müssen ein größeres Gewicht haben als diejenigen, die dagegensprechen (vgl. Beschluss des Senats vom 17. März 2020 – 7 A 10903/18.OVG –, juris, Rn. 34, m.w.N.). 28 b) Der Klägerin droht in Bulgarien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konventionswidrige Behandlung. 29 Die auf dem Grundsatz gegenseitigen Vertrauens beruhende Vermutung, dass ihre Behandlung in Bulgarien im Einklang mit Art. 3 EMRK steht, ist nicht widerlegt. 30 aa) Dies gilt schon deshalb, weil die Klägerin keine stichhaltigen Angaben im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Nachweis einer ihr drohenden extremen Notsituation gemacht hat. 31 Aus ihren Ausführungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine ihr aktuell in Bulgarien drohende Notsituation. Zudem hat die Beklagte insoweit im angegriffenen Bescheid zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin von ihrem Ehemann unterstützt werden könne. Der von ihr in Bezug genommene Bericht des UNHCR stammt aus dem Jahr 2014 und gibt keine Auskunft über die aktuelle Lage. Die von der Klägerin zitierten Gerichtsentscheidungen ergingen vor den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 19. März 2019 (– C-297/17 u.a., Ibrahim – und – C-163/17, Jawo –), in denen die Maßstäbe für die Feststellung einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Notsituation präzisiert wurden. Die von der Klägerin genannten Entscheidungen konnten diese Maßstäbe nicht berücksichtigen und sind deshalb für die Beurteilung im vorliegenden Fall nicht entscheidend. Zudem stammen sie aus den Jahren 2013 sowie 2014 und beruhen somit auf nicht mehr ausreichend aktuellen Erkenntnisquellen. 32 bb) Nach Auswertung der vorliegenden Informationsmittel ist nicht festzustellen, dass eine zurückgeführte Person mit Schutzstatus in Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit infolge Gleichgültigkeit der dortigen Behörden in eine Situation extremer materieller Not geraten könnte, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, und die ihre Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt. 33 Anerkannte Schutzberechtigte sind – soweit hier von Bedeutung – rechtlich und tatsächlich bulgarischen Staatsbürgern gleichgestellt. Sie haben die reale Möglichkeit, sich durch Arbeit ein Existenzminimum zu sichern, sie sind nicht von Obdachlosigkeit bedroht und ihnen wird eine ausreichende medizinische Versorgung gewährt. Der Senat hat diese Feststellungen in seinem Beschluss vom 17. März 2020 (– 7 A 10903/18.OVG –, juris, Rn. 50 ff.) wie folgt begründet. 34 (1) In Bulgarien als Flüchtlinge anerkannte Schutzberechtigte sind mit Ausnahme einiger Rechtspositionen, die die bulgarische Staatsbürgerschaft voraussetzen <…>), bulgarischen Staatsbürgern rechtlich gleichgestellt. <…> 35 In Bulgarien anerkannte Schutzberechtigte erhalten Aufenthaltstitel, bei deren Auslaufen der Schutzstatus nicht erlischt. Die Betroffenen können in diesem Fall einen neuen Aufenthaltstitel beantragen (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Stand: 31. Dezember 2017, S. 5). <…> 36 Die Berichtslage zeigt übereinstimmend, dass in den letzten Jahren (etwa seit 2017) immer weniger Schutzsuchende in Bulgarien eintreffen. Während im Jahr 2015 noch insgesamt 5.597 Personen als Schutzberechtigte anerkannt wurden, waren es in den Folgejahren deutlich weniger (2016 = 1.351; 2017 = 1.704; 2018 = 730) bis zuletzt nur noch 481 Personen im Jahr 2019 (vgl. Dr. Ilareva, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 7. April 2017, S. 8 f.; AIDA, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2017, S. 19 und Stand: 31. Dezember 2018, S. 19; vgl. zu alledem auch die auf der Internetseite der bulgarischen staatlichen Flüchtlingsagentur „State Agency for Refugees“ – SAR – abrufbaren Statistiken, verfügbar unter: http://www.aref.government.bg/en/node/179). 37 Von einem weit überwiegenden Teil von Schutzberechtigten und -suchenden wird Bulgarien nach wie vor nur als „Transitland“ angesehen. Die wenigsten von ihnen wollen dortbleiben und sich eine Existenz aufbauen (vgl. Dr. Ilareva, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 7. April 2017, S. 2; UNHCR: „Where there is a will, there is a way; private sector engagement in the employment of beneficiaries of international protection“, Stand: 26. April 2017, S. 7; Caritas Bulgaria, The Bulgarian Migration Paradox – migration and development in Bulgaria, Stand Mai 2019, S. 7). Die Tendenz zum Verlassen des Landes ist steigend (vgl. AIDA, Country Report Bulgaria, Stand 31. Dezember 2018, S. 19, dort ist für 2018 ein Anteil von 79 % der Schutzsuchenden angegeben, die Bulgarien schon während des Anerkennungsverfahrens wieder verlassen). 38 Für einzelne staatliche Leistungen – beispielsweise den Zugang zu sozialer Unterstützung, den Erhalt von Identitätsdokumenten sowie den Abschluss einer Krankenversicherung – aber auch für die Anmietung privaten Wohnraums ist die Registrierung im nationalen Melderegister erforderlich. Dies stellt häufig eine administrative Hürde dar. Denn für diese Registrierung wiederum bedarf es der Angabe einer festen Wohnanschrift. <…> Nach Informationen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge können aber jedenfalls die temporären Unterkünfte als Meldeadressen genutzt werden (vgl. BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2017, S. 3; so auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 – 4 LB 14/17 –, juris, Rn. 96). <…> 39 Anspruch auf Sozialhilfe haben anerkannt Schutzberechtigte unter denselben Bedingungen wie bulgarische Staatsangehörige (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Juli 2018, S. 2; AIDA, Contry Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, S. 77). <…> 40 Für anerkannte Schutzberechtigte wie auch für bulgarische Staatsangehörige ist der Zugang zur staatlichen Sozialhilfe aufgrund der allgemeinen Zulassungskriterien schwierig (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Thüringen vom 18. Juli 2018, S. 2; BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 9). Auch hier ist u. a. die Eintragung in das Melderegister Voraussetzung (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Stand: 13. Dezember 2017, S. 19; Dr. Ilareva, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 7. April 2017, S. 4; und zu den Problemen bei der Eintragung in das Melderegister die vorherigen Ausführungen). In der Praxis stellt dies ein großes Hindernis dar. Darüber hinaus sind auch die weiteren formellen Bedingungen bei der Einreichung von Sozialhilfeanträgen schwer zu überwinden, wobei Nichtregierungsorganisationen hierbei Unterstützung leisten (vgl. AIDA, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, S. 77). <…> 41 (2) Anerkannt Schutzberechtigte können ihren Lebensunterhalt in Bulgarien aber perspektivisch selbst erwirtschaften. 42 Sie haben wie Inländer ungehinderten und automatischen Zugang zum Arbeitsmarkt (vgl. BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 10; Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Trier vom 26. April 2018, S. 2). Ein fester Wohnsitz ist für eine Arbeitsaufnahme nicht erforderlich (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Trier vom 26. April 2018, S. 3). Lediglich für die Registrierung bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend ist ein Ausweisdokument von Nöten (vgl. Dr. Ilareva, Bericht über die rechtliche, wirtschaftliche und soziale Lage anerkannter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien vom 27. August 2015, S. 3), wobei die Möglichkeiten einer staatlichen Arbeitsvermittlung und späteren Arbeitsaufnahme aufgrund der Sprachbarriere, der praktischen Nichtanerkennung von Berufsqualifikationen und einer fehlenden staatlichen Unterstützung für die Berufsausbildung beschränkt sein sollen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 18. Juli 2017, S. 6; BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 10; AIDA, Country Report Bulgaria, Stand: 31. Dezember 2018, S. 76). Im Juni 2016 waren in bulgarischen Arbeitsämtern 61 anerkannte Schutzsuchende arbeitslos gemeldet; elf von ihnen fanden Arbeitsstellen und zehn Personen nahmen an Schulungsmaßnahmen teil (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Bulgarien, Stand: 13. Dezember 2017, S. 20). 43 Der lokale Arbeitsmarkt bietet aber auch geringqualifizierten Arbeitern Möglichkeiten zur Beschäftigungsaufnahme, beispielsweise in der Landwirtschaft und Gastronomie. Diese Tätigkeiten setzen in der Regel keine hohen Sprachkenntnisse und keine besonderen Qualifizierungen voraus. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist besonders in den ländlichen Gebieten hoch. <…> Die nach der Erkenntnisquellenlage vorherrschenden Zugangsprobleme zum Arbeitsmarkt sind damit überwindbar (vgl. hierzu auch: VGH BW, Beschluss vom 27. Mai 2019 – A 4 S 1329/19 –, juris, Rn. 22 ff. und vom 22. Oktober 2019 – A 4 S 2476/19 –, juris, Rn. 16; SächsOVG, Urteil vom 13. November 2019 – 4 A 947/17.A –, juris, Rn. 48; OVG NRW, Beschluss vom 16. Dezember 2019 – 11 A 228/15.A –, juris, Rn. 70 ff., HambOVG, Urteil vom 18. Dezember 2019 – 1 Bf 132/17.A –, juris, Rn. 92-98). 44 Hinzu kommt, dass sich die wirtschaftliche Lage Bulgariens zunehmend verbessert. Die Arbeitslosenquote in der Altersgruppe der 15- bis 74-jährigen lag im Dezember 2018 bei lediglich 5,2 % <…> (vgl. EURES, Das europäische Portal zur beruflichen Mobilität, Arbeitsmarktinformationen Bulgarien). Im Verhältnis zur Kaufkraft sind die Lebenshaltungskosten in Bulgarien EU-weit derzeit am niedrigsten. <…> 45 Der Arbeitsmarkt entwickelt sich dynamisch und auch die Beschäftigungschancen für anerkannt Schutzberechtigte sind wegen der großen Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt, die als einer der Haupttrends in allen bulgarischen Wirtschaftszentren beobachtet wurde, gewaltig. Rund zwei Drittel der Arbeitgeber sind nach eigenen Angaben bereit, Flüchtlinge in ihre Betriebe aufzunehmen, auf die sie aufgrund der anhaltend hohen Abwanderung der bulgarischen Arbeitnehmer im Rahmen der EU-Freizügigkeit zunehmend angewiesen sind (vgl. Analyse des österreichischen Consulting-Unternehmens CATRO aus dem Jahre 2018 zur möglichen Integration von Schutzberechtigten in den bulgarischen Arbeitsmarkt, S. 55 ff.). 46 In Übereinstimmung mit dieser Erkenntnislage teilten Nichtregierungsorganisationen, die nationale Flüchtlingsagentur SAR und der Direktor der größten Flüchtlingsunterkunft in Harmanli mit, dass sich Unternehmer immer wieder und zunehmend ausdrücklich bezüglich der Möglichkeiten erkundigen, Flüchtlinge zu beschäftigen. Generell existiert – zumindest nach Auskunft des Direktors der Unterkunft in Harmanli – sogar ein Überangebot an freien Stellen, die in der Einrichtung beworben würden (vgl. BAMF, Aktuelle Entwicklungen zur Rechtslage und Situation von Asylbewerbern und anerkannt Schutzberechtigten in Bulgarien, Stand: Mai 2019, S. 6). Diese Unternehmen bieten dabei nicht nur Arbeitsstellen an, sondern auch eine Unterkunft sowie Hilfe bei der Registrierung der Kinder in der Schule und in Sprachkursen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 18. Juli 2017, S. 6 f.; BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 10). 47 Die staatliche Arbeitsagentur sendet regelmäßig Arbeitsangebote an die Flüchtlingsagentur SAR, die ihrerseits – wenn möglich – Kontakte zwischen arbeitssuchenden Schutzberechtigten und dem jeweiligen Arbeitgeber herstellt (vgl. BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 10 f.; UNHCR: „Where there is a will, there is a way; private sector engagement in the employment of beneficiaries of international protection“, Stand: 26. April 2017, S. 19). Darüber hinaus organisiert die SAR Informationsveranstaltungen mit Firmen, die Asylbewerber und anerkannte Schutzberechtigte rekrutieren möchten. <…> Im Jahr 2015 sollen insgesamt 192 Arbeitsverträge von Schutzberechtigten registriert worden sein und im Folgejahr 162. <…> 48 (3) Anerkannt Schutzberechtigten droht – insbesondere auch in der Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr – nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Obdachlosigkeit. 49 Zwar wird in zahlreichen Berichten und Auskünften hervorgehoben, dass die Wohnungssuche in Bulgarien für anerkannt Schutzberechtigte schwierig sei. <…> 50 In der Praxis droht aber jedenfalls der Mehrheit der anerkannten Schutzberechtigten nicht die Obdachlosigkeit. 51 Die Unterstützung von Nichtregierungsorganisationen und staatlichen Stellen in Verbindung mit der geringen Anzahl von in Bulgarien befindlichen Schutzberechtigten sorgt nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes im Ergebnis dafür, dass es kaum obdachlose Flüchtlinge gibt (Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Potsdam vom 16. Januar 2019, S. 2). Dies deckt sich mit der Aussage weiterer Berichte. Lokale Nichtregierungsorganisationen und die zu den in Bulgarien vorherrschenden Lebensbedingungen mehrfach um Auskunft gebetene Sachverständige Dr. Ilareva haben keine Erkenntnisse, dass anerkannte Schutzberechtigte im Allgemeinen obdachlos oder davon besonders gefährdet seien (vgl. Dr. Ilareva, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 7. April 2017, S. 8; Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 18. Juli 2017, S. 9). <…> 52 Bei freien Kapazitäten gewähren die – primären – Aufnahmezentren für Asylbewerber anerkannt Schutzberechtigten für bis zu sechs Monate Unterkunft. <…> Zwar besteht auf die Aufnahme in einem dieser – primären – Zentren für anerkannt Schutzberechtigte, die aus dem Ausland zurückkehren, kein Rechtsanspruch. Doch die Erkenntnismittel berichten übereinstimmend, dass diese Aufnahmezentren mittlerweile deutliche Überkapazitäten besitzen und eine Unterbringung auch in diesen Unterkünften bei einer Rückkehr durchaus möglich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Auskünfte an das Verwaltungsgericht Trier vom 26. April 2018, S. 3 und an das BAMF vom 25. März 2019, S. 2; VGH BW, Beschluss vom 27. Mai 2019 – A 4 S 1329/19 –, juris, Rn. 20). 53 Darüber hinaus gibt es landesweit 12 „Zentren für temporäre Unterbringung“ mit einer Gesamtkapazität von 607 Plätzen <…>. Die Unterbringung dort ist für maximal drei Monate innerhalb eines Jahres möglich. Daneben gibt es in Sofia zwei kommunale „Krisenzentren“ für die Unterbringung von Bedürftigen während der Wintermonate mit einer Gesamtkapazität von 170 Plätzen. Die Unterbringungssituation in staatlichen Obdachlosenunterkünften ist zwar bescheiden, jedoch nicht menschenunwürdig (zu alledem: BAMF, Länderinformation Bulgarien, Stand: Mai 2018, S. 9; Auswärtiges Amt, Auskünfte an das Verwaltungsgericht Trier vom 26. April 2018, S. 2 und an das Verwaltungsgericht Potsdam vom 16. Januar 2019, S. 2). <…> 54 (4) In Bulgarien anerkannt Schutzberechtigte haben einen effektiven Zugang zu einer den Anforderungen des Art. 4 GRC genügenden medizinischen Versorgung. 55 Eine solche dürfte regelmäßig bereits durch die ohne weiteres zur Verfügung stehende Notfallversorgung gewährleistet sein. Die medizinische Notfallversorgung ist wie auch für bulgarische Staatsangehörige, von denen etwa eine Million nicht krankenversichert sind (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen, S. 20), unabhängig vom Versicherungsstatus kostenlos (vgl. Auswärtiges Amt, Auskünfte an das OVG Niedersachsen vom 18. Juli 2017, S. 9 sowie an das Verwaltungsgericht Trier vom 26. April 2018, S. 4). Sie umfasst die Maßnahmen zur Heilung von akut lebensbedrohlichen Funktionsstörungen oder zur Aufrechterhaltung lebenswichtiger Körperfunktionen. Weder dem Auswärtigen Amt noch den Nichtregierungsorganisationen noch der Sachverständigen Dr. Ilareva sind Fälle bekannt geworden, in denen kranken Schutzberechtigten diese Versorgung verweigert worden ist und es deshalb zu ernsthaften Schäden für Leib und Leben gekommen ist (vgl. Dr. Ilareva, Auskunft an das OVG Niedersachsen: Expertise zur Lage anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien, Stand: 7. April 2017, S. 11; Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 7. April 2017, S. 10). 56 Anerkannt Schutzberechtigte müssen sich darüber hinaus – wie bulgarische Staatsangehörige – ab dem ersten Tag ihrer Anerkennung auf eigene Kosten krankenversichern (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Bulgarien, Stand: 13. Dezember 2017, S. 20; Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG Niedersachsen vom 18. Juli 2017, S. 9). <…> Damit haben sie Anspruch auf eine Grundversorgung durch Hausärzte, Spezialisten und in Krankenhäusern. <…> 57 (5) Zuletzt ist zu berücksichtigen, dass gerade auch anerkannt Schutzberechtigte Zugang zu den Hilfeleistungen kommunaler und karitativer Einrichtungen sowie der Nichtregierungsorganisationen haben, die ein funktionierendes Auffangnetz gegen Hunger und Entbehrung bilden. <…> 58 cc) Nach alledem ist ein von dem eigenen Willen unabhängiger „Automatismus der Verelendung“ (vgl. hierzu: OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25. Juli 2019 – 4 LB 14/17 –, juris, Rn. 133) für nach Bulgarien zurückkehrende anerkannt Schutzberechtigte nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten. 59 Es kann im Übrigen nicht davon ausgegangen werden, nach Bulgarien zurückgeführte Schutzberechtigte stünden behördlicher Gleichgültigkeit gegenüber. Vielmehr wurde am 19. Juli 2017 eine neue Integrationsverordnung erlassen, nach welcher Integrationsvereinbarungen zwischen Flüchtlingen und Kommunen für ein Jahr geschlossen werden können. Diese umfassen die Erstellung eines individuellen Integrationsplans mit konkreten Integrationsmaßnahmen, wie beispielsweise Zugang zu Bildung, Beschäftigung, Ausbildung, Unterkunft, Gesundheitsversorgung sowie soziale Fürsorge und soziale Dienstleistungen (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Potsdam vom 16. Januar 2019, S. 1). <…>Zwar gibt es keine Verpflichtung der Gemeinden zur Teilnahme an dem Programm (vgl. Auskunft der Botschaft Sofia an das Auswärtige Amt vom 1. März 2018, S. 2). <…> Das mangelnde Interesse an den Integrationsvereinbarungen ist jedoch nicht lediglich den Gemeinden, sondern auch den anerkannt Schutzberechtigten zuzuschreiben, da viele von ihnen nach ihrer Anerkennung Bulgarien sofort verlassen, ohne sich zu bemühen, ernsthaft in Bulgarien – auch im ländlichen Bereich – Fuß zu fassen (vgl. Auskunft der Botschaft Sofia an das Auswärtige Amt vom 1. März 2018, S. 2; UNHCR, Representation in Bulgaria, Age, Gender and Diversity Participatory Assessment Report, 2017, S. 10). 60 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 19. März 2019 – C-297/17 u.a., Ibrahim u.a. –, juris, Rn. 95) liegt eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung aber nur vor, wenn dem Schutzberechtigten „unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen“ eine Situation extremer materieller Not droht (vgl. auch EuGH, Beschluss vom 13. November 2019 – C-540/17, Hamed u.a. – juris, Rn. 39). Dies ist nicht der Fall, wenn betroffene Personen es durch eigene Entscheidungen und Handlungen selbst in der Hand haben, eine Lage extremer materieller Not abzuwenden. Hiervon ausgehend kann von in Bulgarien anerkannten Schutzberechtigten grundsätzlich erwartet werden, dass sie eigene Anstrengungen unternehmen, um eine Unterkunft zu finden, sich eigenständig eine Existenzgrundlage aufzubauen und die ihnen formal zustehenden Rechte <…> faktisch bei den örtlichen Behörden durchzusetzen. 61 cc) An seiner Einschätzung, dass zurückgeführte Schutzberechtigte in Bulgarien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in eine gegen Art. 3 EMRK – bzw. Art. 4 GRC – verstoßende Notsituation geraten, hält der Senat fest. 62 Ihm sind keine nach dem 17. März 2020 veröffentlichten Erkenntnismittel bekannt, die eine andere Bewertung rechtfertigen. Auch die Corona-Pandemie führt nicht zu der Annahme, es sei überwiegend wahrscheinlich, dass Schutzberechtigte in Bulgarien in eine konventionswidrige Situation geraten könnten. Dabei ist hinsichtlich der Auswirkungen der Pandemie zu unterscheiden. 63 Soweit sie bulgarische oder deutsche Behörden veranlasst, die Rückführung anerkannt Schutzberechtigter abzulehnen bzw. aufzuschieben, könnten zwar die Voraussetzungen für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG erfüllt sein. Die Frage, ob diese Vorschrift tatsächlich greift, ist jedoch für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Sie gehört nicht zum Prüfprogramm der Beklagten nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG für Entscheidungen über unzulässige Asylanträge, das lediglich Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG umfasst. 64 Soweit die Auswirkungen der Pandemie die tatsächlichen Verhältnisse in Bulgarien betreffen, gibt es keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür, dass sich die Chancen anerkannter Flüchtlinge darauf, ihren Lebensunterhalt selbständig zu bestreiten, gravierend und nachhaltig verschlechtert hätten. Gleiches gilt in Bezug auf den Zugang zu einer Unterkunft sowie auf ausreichende Grund- und medizinische Mindestversorgung. Maßgeblich ist dabei, dass es keine Indizien für eine aus Sicht der Flüchtlinge nachhaltige Verschlechterung der Arbeitsmarktsituation und der Einstellung der bulgarischen Stellen zu ihnen gibt. 65 Nach allgemein zugänglichen Quellen ist Bulgarien nicht landesweit von Corona betroffen und ein faktischer oder verordneter Stillstand des öffentlichen bzw. wirtschaftlichen Lebens ist nicht festzustellen. Die Krankheit tritt in Bulgarien regional unterschiedlich stark auf. Derzeit gibt es Infektionsherde in den Verwaltungsbezirken Blagoevgrad und in Targowischte (siewurden von Deutschland als Risikogebiete eingestuft). In den übrigen Landesteilen bewegen sich die Infektionszahlen auf niedrigerem Niveau. Seit dem 1. September 2020 ist EU-Staatsangehörigen die Einreise ohne Vorlage eines COVID-19-Tests gestattet. Es besteht Maskenpflicht bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, in Apotheken und anderen geschlossenen öffentlichen Räumen (vgl. Auswärtiges Amt, Bulgarien: Reise und Sicherheitshinweise, Stand: 20. Oktober 2020; auswaertiges-amt.de; Robert Koch Institut, Informationen zur Ausweisung internationaler Risikogebiete durch das Auswärtige Amt, BMG und BMI, Stand: 15. Oktober 2020, rki.de). 66 Die Arbeitsmarktsituation in Bulgarien hat sich durch die Corona-Pandemie seit dem Beschluss des Senats vom 17. März 2020 nicht so verschlechtert, dass Schutzberechtigte nicht mehr in zumutbarer Zeit Arbeit finden könnten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zwar gab es in Bulgarien wie in anderen europäischen Staaten zu Beginn der Corona-Pandemie große Einschränkungen für die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben. Diese Situation hat sich jedoch wieder geändert. Die meisten EU-Staaten – wie Deutschland – lassen die Einreise bulgarischer Staatsbürger zu. Damit können sie im EU-Ausland arbeiten und sind nicht mehr auf Arbeitsplätze in Bulgarien angewiesen, wo sie mit den Schutzberechtigten konkurrieren würden. Zudem lässt Bulgarien Touristen aus bestimmten Ländern zu. Arbeitsplätze im Bereich Tourismus stehen den Schutzberechtigten somit wieder zur Verfügung. Zudem deuten Prognosen darauf hin, dass die Wirtschaft Bulgariens 2021 den Stand erreichen wird, den sie vor der Pandemie hatte. Seit Mitte Mai ist zudem die Zahl der vermittelten Arbeitnehmer größer als die der neuen Arbeitslosen (vgl. SächsOVG, Urteil vom 15. Juni 2020 – 5 A 382/18 –, juris, Rn. 45, m.w.N.). 67 Eine Gleichgültigkeit bulgarischen Stellen gegenüber schutzberechtigten Personen, die auf Grund der Corona-Pandemie den Arbeitsplatz verloren haben und deshalb öffentlicher Hilfe bedürfen, ist nicht festzustellen. So bietet die staatliche Agentur für Flüchtlinge (SAR) weiterhin in ihren Aufnahmezentren Unterkünfte für Schutzberechtigte an, selbst wenn sie keinen Rechtsanspruch mehr darauf haben, aber auf Grund der Corona-Krise von Obdachlosigkeit bedroht sind. Zudem bietet die SAR Essen an (vgl. SächsOVG, Urteil vom 15. Juni 2020 – 5 A 382/18 –, juris, Rn. 44). 68 Nach diesen Erwägungen ist es – trotz Corona-Pandemie – unwahrscheinlich, dass die Klägerin in Bulgarien in eine Situation geraten könnte, die einer unmenschlichen oder erniedrigende Behandlung gleichkommt und somit gegen Art. 3 EMRK verstößt. Dabei ist zu unterstellen, dass sie mit Ehemann und Kind nach Bulgarien zurückkehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2019 – 1 C 45/18 –, juris, LS 2). Sie ist dann zum einen darauf zu verweisen, sich selbst Arbeit zu suchen. Da Gleiches von ihrem Ehemann erwartet werden kann, bestehen gute Chancen, dass beide den notwendigen Unterhalt der Familie bestreiten können. Nach den obigen Ausführungen ist zudem nicht zu befürchten, dass sie auch nur vorübergehend ohne Obdach und ohne Zugang zu den zum Lebensunterhalt notwendigen Dingen bzw. zu medizinischer Versorgung bleiben. 69 dd) Der Hinweis der Klägerin auf ihre familiäre Situation rechtfertigt nicht ihre Anerkennung als asylberechtigt im Wege des Familienasyls. 70 Die Ableitung eines solchen Anspruchs von ihrem Ehemann, der in Deutschland als schutzberechtigt anerkannt ist, scheitert daran, dass die Ehe erst in Deutschland geschlossen wurde. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1 AsylG ist für diese Art des Familienasyls erforderlich, dass die Ehe bereits in dem Staat bestand, in dem der Betroffene politisch verfolgt wurde. 71 Von ihrem in Deutschland geborenen Kind kann die Klägerin ebenfalls keinen Asylanspruch ableiten. Denn die Familie bestand nicht bereits im Verfolgerstaat (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylG). Zudem hat sie nicht vorgetragen, dass ihr Kind bereits als asylberechtigt oder als Flüchtling anerkannt ist (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylG). 72 2. Die weiteren Entscheidungen im angegriffenen Bescheid sind ebenfalls rechtmäßig. 73 Dies gilt zunächst für die Verneinung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG. Die Voraussetzungen für ein solches Verbot in Verbindung mit Art. 3 EMRK sind nicht gegeben. Dazu wird auf die Ausführungen in Abschnitt 1.b) verwiesen. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kommt ebenso wenig in Betracht. Andere als die bereits betrachteten Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit der Klägerin sind nicht ersichtlich. 74 Rechtmäßigkeitsbedenken in Bezug auf die in Ziffer 3 des Bescheids ausgesprochene Abschiebungsandrohung samt der Zielstaatsbestimmung sowie die in Ziffer 4 des Bescheids auf 30 Monate ab dem Tage der Abschiebung festgesetzte Befristungsentscheidung zu dem Einreise- und Aufenthaltsverbot bestehen nicht. 75 3. Mit ihren weiteren Begehren kann die Klägerin nicht durchdringen. 76 Der Senat prüft den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht (§ 128 VwGO). Ausweislich des Tatbestands des angegriffenen Urteils hat das Verwaltungsgericht (lediglich) geprüft, ob die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids zu verpflichten war, ein Asylverfahren durchzuführen, und ob Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorlagen. Dies entspricht dem Prüfungsumfang der Beklagten nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG. 77 Über die darüberhinausgehenden Anträge der Klägerin, etwa auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 und 3 AufenthG war somit nicht zu entscheiden. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG enthält kein eigenes Abschiebungsverbot. 78 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. 79 Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Beschlusses wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO. 80 Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
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Tenor Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg – Altona vom 11. September 2020 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über den VKH - Antrag an das Amtsgericht Hamburg – Altona zurückverwiesen. Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer Gewaltschutzanordnung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren. 2 Die Beteiligten waren miteinander verheiratet. Die Antragstellerin behauptet, dass der Antragsgegner am 26. Mai 2020 gegen ihren Willen in den Flur ihrer Wohnung eingedrungen sei. Sie habe ihn zurückdrängen können. Er habe anschließend einen Fuß zwischen die Tür gestellt und sei erst gegangen, nachdem er ihr ein Formular zur Einkommensteuererklärung überreicht habe. Am späten Abend hätten sie und ein Nachbar gesehen, dass er alle vier Reifen ihres Autos zerstochen habe. Ihre Schilderungen hat die Antragstellerin durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht. 3 Am 28. Mai 2020 hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung gestellt. Diesen hat das Amtsgericht dem Antragsgegner zur Stellungnahme übersandt, der den Ablauf abweichend geschildert hat. Er hat seinerseits eine eidesstattliche Versicherung eingereicht. Darauf hat das Amtsgericht einen Termin zur Erörterung für den 17. Juni 2020 anberaumt. Auf Antrag der Antragsgegnervertreterin hat es den Termin auf den 27. Juli 2020 verlegt und gleichzeitig den Beteiligten einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Die Umladung erreichte den Antragstellervertreter nicht rechtzeitig, so dass er vergeblich am Gerichtsort erschien. Ein Vergleich kam im weiteren Verlauf nicht zustande, da der Antragsgegner zweimal Änderungsvorschläge unterbreitete. Die Antragstellerin stimmte jeweils zu. 4 Am 18. Juni 2020 hat die Antragstellerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt und eine Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingereicht. Unter dem 23. Juni 2020 bat der Antragstellervertreter seinerseits um Verlegung des (verlegten) Termins und wies im Rahmen seines Antrags auf zahlreiche bereits bestehende Termine und den 3-wöchigen Urlaub der Antragstellerin hin. Unter dem 21. Juli 2020 und dem 22. Juli 2020 erneuerte der Antragstellervertreter sein noch nicht beschiedenes Terminsverlegungsgesuch und wies darin wiederum auf zahlreiche bereits bestehende Termine hin. Am 22. Juli 2020 verlegte das Gericht den anberaumten Termin auf einen Tag, der in den zuvor mitgeteilten Jahresurlaub des Antragstellervertreters fiel. Darauf bat dieser erneut telefonisch und schriftsätzlich um Terminsverlegung, dem das Gericht nachkam. 5 Am 4. August 2020 bat nun die Antragsgegnervertreterin ihrerseits um eine Verlegung des Termins und wies dabei auch auf den anstehenden 6-wöchigen Urlaub des Antragsgegners hin. Darauf hob das Amtsgericht am 11. September 2020 den für den 23. September 2020 anberaumten Termin auf und wies den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurück. Die Rechtsverfolgung der Antragstellerin habe keine Aussicht auf Erfolg. Es bestehe kein Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden. Der Antragstellervertreter habe zweimal eine Verlegung des anberaumten Termins beantragt und damit zu erkennen gegeben, dass kein Bedürfnis für ein sofortiges gerichtliches Tätigwerden bestehe. Gegen die Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde. II. 6 Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (dazu unter 1.) und begründet (dazu unter 2.). 7 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob eine sofortige Beschwerde gegen eine ablehnende Verfahrenskostenhilfeentscheidung zulässig ist, wenn in dem zugrundeliegenden Anordnungsverfahren gemäß § 57 S. 2 FamFG eine Entscheidung auf der Grundlage einer mündlichen Verhandlung aussteht (vgl. zum Streitstand: Dürbeck in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Auflage 2020, Rn. 13a). Der Senat schließt sich der Auffassung an, dass im Fall einer Katalogsache des § 57 S. 2 FamFG auch ohne vorherige Durchführung einer mündlichen Erörterung die sofortige Beschwerde statthaft ist. Denn die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 ZPO liegen, wie das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. überzeugend ausführt (OLG Frankfurt, 8 WF 196/18, B. v. 14.2.2019, NZFam 2019, 695, juris Rn. 18), im Hinblick auf die von § 57 S. 2 FamFG erfassten Verfahren nicht vor. Entscheidend ist, ob die Sachentscheidung auf Betreiben des Beschwerdeführers in die nächste Instanz gelangen kann und nicht, ob dafür noch in der Ausgangsinstanz weitere prozessuale Zwischenschritte zu absolvieren sind. Dementsprechend ist es auch nicht entscheidend, ob ein Antragsgegner zunächst einen Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung gemäß § 924 ZPO (vgl. OLG München, 5 W 1394/08, B. v. 14.5.2008, BeckRS 2008, 42082) erheben muss oder eine Partei erst einen Einspruch gemäß § 338 ZPO gegen ein Versäumnisurteil (vgl. OLG Köln, B. 27.4.2001, 10 UF 60/01, NJW-RR 2002, 1231) einlegen muss. 8 2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. 9 Gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. 10 Aussicht auf Erfolg gemäß § 114 ZPO bedeutet, dass Erfolg noch möglich sein muss. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der der gerichtlichen Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag. § 114 ZPO beschränkt die Prozesskostenhilfe auf die „beabsichtigte“ Rechtsverfolgung. Zweck der Prozesskostenhilfe ist, der Partei die Prozessführung zu ermöglichen, nicht aber, ihr nachträglich die Kosten für einen bereits geführten Prozess oder ihrem Rechtsanwalt das Honorar zu beschaffen (vgl. Zöller/Schultzky, 33. Auflage 2020, § 114 Rn. 17).Aussicht auf Erfolg bedeutet zunächst, dass Erfolg noch möglich sein muss. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der der gerichtlichen Entscheidung über den Verfahrenskostenhilfeantrag. Entfällt die Erfolgsaussicht während des Verfahrens ist daher grundsätzlich Verfahrenskostenhilfe zu versagen (vgl. Zöller/Schultzky, 33. Auflage 2020, § 114 Rn. 21). Eine Ausnahme ist geboten, wenn das Gericht die Bewilligungsentscheidung pflichtwidrig verzögert hat, also trotz Entscheidungsreife nicht unverzüglich entschieden hat. Wenn sich hier die Erfolgsprognose zwischen Entscheidungsreife und Entscheidung verschlechtert hat, ist dies zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B. v. 22.8.2018, 2 BvR 2647/17, NVwZ-RR 2018, 873, juris Rn. 15; Zöller/Schultzky, 33. Auflage 2020, § 127 Rn. 18). Zur Entscheidung reif ist das Verfahrenskostenhilfebegehren, wenn die Partei es schlüssig begründet, die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt und wenn der Gegner Gelegenheit gehabt hat, sich innerhalb angemessener Frist zum Verfahrenskostenhilfegesuch zu äußern (vgl. BGH, B. v. 7.3.2012, XII ZB 391/10, FamRZ 2012, 964, juris Rn. 19f). 11 Die Antragstellerin hat ihren Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe am 18. Juni 2020 einschließlich einer Erklärung zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingereicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsgegner bereits in der Sache Stellung genommen. Damit war der Antrag entscheidungsreif. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Rechtsverfolgung der Antragstellerin in Form eines Antrags auf Erlass einer Gewaltschutzanordnung im Wege der einstweiligen Anordnung ausreichende Aussicht auf Erfolg. Gemäß § 49 Abs. 1 FamFG kann das Gericht durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist (dazu unter a)) und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht (dazu unter b)). 12 a) Nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften war gemäß § 49 Abs. 1 FamFG der Erlass einer einstweiligen Anordnung gerechtfertigt. Dafür genügt es im Verfahrenskostenbewilligungsverfahren, dass die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Im Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren findet dabei eine Beweisaufnahme nicht statt. Verfahrenskostenhilfe ist vielmehr in der Regel bereits dann zu bewilligen, wenn der Erfolg der Rechtsverfolgung oder -verteidigung vom Ausgang einer Beweisaufnahme abhängt; dabei genügt es, dass die Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt (vgl. Zöller/Schultzky, 33. Auflage 2020, § 114 Rn. 33). 13 Gemäß § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG hat der Antragsteller den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu begründen und die Voraussetzungen für die Anordnung glaubhaft zu machen. Gemäß § 31 Abs. 1 FamFG kann sich der Antragsteller für eine Glaubhaftmachung aller Beweismittel einschließlich einer Versicherung an Eides statt bedienen. Gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 FamFG steht die Anordnung eines Termins zur mündlichen Erörterung der Sache mit den Beteiligten im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Dieses hat somit grundsätzlich Gestaltungsfreiheit und kann im Einzelfall zwischen schriftlichem und mündlichem Verfahren wählen oder beide Verfahrensarten miteinander kombinieren. Erscheint aber nach den konkreten Umständen eine mündliche Erörterung sachdienlich, findet eine Ermessensreduzierung statt. Dann darf nach dem Willen des Gesetzgebers nur aus wichtigem Grund von der Durchführung eines Termins abgesehen werden (Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Auflage 2020, § 32 Rn. 3). 14 Die Antragstellerin hat behauptet, dass der Antragsgegner gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 a) GewSchG vorsätzlich und widerrechtlich in ihre Wohnung eingedrungen sei. Diese Behauptung hat sie durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung gemäß § 31 Abs. 1 FamFG glaubhaft gemacht. Zur Glaubhaftmachung bedarf es nicht der vollen gerichtlichen Überzeugung, sondern es genügt ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung, der bereits vorliegt, wenn bei freier Würdigung des gesamten Verfahrensstoffs eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die glaubhaft zu machende Tatsache zutrifft. Praktisch bedeutet dies, dass nach der vorzunehmenden Würdigung aller Umstände für das Vorliegen der Tatsache mehr spricht als dagegen. Darüber, ob die Glaubhaftmachung ausreichend ist, entscheidet das Gericht nach freier Überzeugung. Dabei sind neben dem tatsächlichen Vorbringen und dessen Glaubhaftmachung durch die übrigen Beteiligten auch weitere präsente Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. OLG Brandenburg, B. v. 5.8.2020, 15 UF 126/20, juris Rn. 6). 15 Der Vortrag der Antragstellerin und ihre Glaubhaftmachung führt vorliegend dazu, dass das Ermessen des Gerichts insoweit reduziert war, dass ein Termin zur Erörterung durchzuführen war, bei dem der Erfolg von der Beweisaufnahme, insbesondere der persönlichen Anhörung der Beteiligten abhing. Der Antrag auf Erlass einer – nicht notwendigerweise der beantragten – Gewaltschutzanordnung bot damit ausreichende Aussicht auf Erfolg. 16 b) Es lag ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges gerichtliches Tätigwerden vor. 17 Erforderlich ist grundsätzlich ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Einschreiten, das ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet. Ob ein dringendes Bedürfnis anzunehmen ist, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. Zöller/Feskorn, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 49 FamFG Rn. 8). Gemäß § 214 Abs. 1 S. 2 FamFG liegt ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden in der Regel vor, wenn eine Tat nach § 1 des Gewaltschutzgesetzes begangen wurde. Dies hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht. 18 Es ist jedoch anerkannt, dass die zugunsten des Antragstellers bestehende Vermutung der Dringlichkeit durch dessen eigenes Verhalten widerlegt werden kann und insbesondere dann entfällt, wenn der nicht durch eine gerichtliche Regelung geschützte Antragsteller mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet oder das Verfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt. Er gibt dann durch sein Verhalten selbst zu erkennen, dass es „ihm nicht eilig ist“. Die Grundsätze sind im Wettbewerbsrecht entwickelt worden, enthalten aber einen verallgemeinerungsfähigen Ausschlussgedanken hinsichtlich des Verfügungsgrundes, der in anderen Rechtsgebieten ebenfalls Gültigkeit besitzt (vgl. MükoZPO/Drescher, 6. Auflage 2020, § 935 Rn. 18). Dies gilt jedenfalls für den Erlass einer Gewaltschutzanordnung, die bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 GewSchG zeitlich befristet werden soll. Eine Dringlichkeit kann auch noch während des Verfahrens entfallen. Dabei können auch Fristverlängerungs- oder Terminverlegungsanträge die Dringlichkeitsvermutung widerlegen (vgl. OLG Stuttgart, B. v. 12.10.2017, 2 U 162/16, WRP 2018, 369 Rn. 43). Umstritten ist dabei, ob das Gericht den Antragsteller darauf hinzuweisen hat, dass die Verlegung des Termins zum Wegfall der Dringlichkeit führen kann (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, Rn. 3.16). 19 Die Streitfrage ist vorliegend nicht zu entscheiden, da der Antragstellervertreter im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Verfahrenskostenhilfeantrags am 18. Juni 2020 das Verfahren jedenfalls noch nicht zögerlich betrieben hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte lediglich die Antragsgegnervertreterin erfolgreich um eine Terminsverlegung nachgesucht. Er selbst hatte noch keinen Verlegungsantrag gestellt. Aber auch mit dem ersten Verlegungsantrag musste der Antragstellervertreter noch nicht damit rechnen, dass sich die Anberaumung eines Termins in dringlichkeitsschädlicher Weise verzögert. Deswegen ist die Entscheidung aufzuheben, damit das Amtsgericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin erneut über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entscheiden kann.
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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5. August 2020 - A 18 K 4406/17 - wird abgelehnt.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens. Gründe  1 Der Antrag ist zulässig, insbesondere rechtzeitig gestellt und begründet worden (vgl. § 78 Abs. 4 Sätze 1 und 4 AsylG); er hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Denn die vom Kläger dargelegten Gründe (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) rechtfertigen die Zulassung der Berufung aus dem von ihm geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers in der Form der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO) nicht.2 1. Der Kläger bringt vor, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwesende Dolmetscher habe seine informatorische Anhörung aus der Sprache Urdu übersetzt; dabei habe sich der Dolmetscher ausweislich der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung zu Beginn auf seinen allgemein geleisteten Eid für die Sprachen Urdu und Paschto berufen. Auch habe sein Prozessbevollmächtigter den Dolmetscher ausdrücklich gefragt, ob er für die Sprache Urdu allgemein beeidigt sei, was dieser bejaht habe. Jedoch ergebe sich aus dem Dolmetscherausweis vom 26.06.1998 und der Dolmetscherliste des Landes Hessen, dass der anwesende Dolmetscher lediglich für die Sprache Paschto, nicht hingegen für die Sprache Urdu allgemein beeidigt sei. Der Dolmetscher habe beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eine verfälschte Dolmetscherbescheinigung vorgelegt. Die Sprachmittlung im Termin leide im Hinblick auf die fehlende Vereidigung des Dolmetschers unter einem erheblichen Mangel. Dieser habe in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt werden können, weil er zu diesem Zeitpunkt weder ihm noch seinem Prozessbevollmächtigten bekannt gewesen sei. Ein Rechtssuchender müsse darauf vertrauen können, dass die Angaben des Gerichts und des hinzugezogenen Sprachmittlers wahr seien. Ein Sprachmittler, der bewusst über die Tatsache seiner Vereidigung täusche, erschüttere den Anspruch auf ein faires Verfahren. Zu einem Dolmetscher, der falsche Angaben mache, bestehe kein Vertrauen darauf, dass er inhaltlich richtig übersetze.3 2. Einen Verstoß gegen seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs hat der Kläger damit nicht dargelegt (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).4 a) Der grundrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) und der Grundsatz des fairen Verfahrens verlangen von den Gerichten, das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Sie verpflichten die Gerichte indessen nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen. Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es müssen nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Eine Verletzung der Pflicht, den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, kann nur dann festgestellt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (vgl. BVerfG, Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats vom 02.07.2018 - 1 BvR 682/12 - NVwZ 2018, 1561; BVerwG, Beschl. v. 05.06.2009 - 5 B 80.08 - juris Rn. 8; jew. m.w.N.).5 Eine Versagung des rechtlichen Gehörs kann auch in der Verletzung von Verfahrensvorschriften liegen, die der Wahrung des rechtlichen Gehörs dienen. Aber nicht jede Missachtung einer der Gewährung des rechtlichen Gehörs dienenden Regelung oder einer unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 GG fließenden Pflicht des Gerichts führt zu einem Gehörsverstoß, der die Kausalitätsvermutung des § 138 Nr. 3 VwGO auslöst (vgl. Eichberger/Buchheister, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 38. EL Januar 2020, § 138 Rn. 75 m.w.N.).6 Ist die Hinzuziehung eines Dolmetschers – wie hier – notwendig im Sinn von § 55 VwGO i.V.m. § 185 Abs. 1 Satz 1 GVG, stellt es grundsätzlich einen Verfahrensfehler dar, wenn ein Dolmetscher hinzugezogen wird, der weder gemäß § 189 Abs. 2 GVG für Übertragungen der betreffenden Art nach den landesrechtlichen Vorschriften allgemein beeidigt ist und sich auf diesen Eid beruft, noch gemäß § 189 Abs. 1 Satz 1 GVG den Dolmetschereid leistet bzw. die Bekräftigung nach Satz 2 abgibt. Denn eine treue und gewissenhafte Übersetzung durch den Dolmetscher ist für die Anhörung der Betroffenen, die der deutschen Sprache nicht im Sinn von § 185 Abs. 1 Satz 1 GVG mächtig sind, unverzichtbar (vgl. BayVGH, Beschl. v. 04.12.2017 - 5 ZB 17.31569 - juris Rn. 7).7 Die verfahrensfehlerhafte Nichtbeeidigung eines Dolmetschers führt jedoch nicht ohne weiteres zu einer Verletzung des rechtlichen Gehörs als Berufungszulassungsgrund. Denn eine treue und gewissenhafte Übersetzung kann auch dann sichergestellt sein, wenn der Eid durch den Dolmetscher nicht oder nicht ordnungsgemäß geleistet wurde. Eine im Rahmen der Berufungszulassung beachtliche Gehörsverletzung kommt erst dann in Betracht, wenn die Sprachmittelung durch den zugezogenen Dolmetscher aufgrund von Übertragungsfehlern an erheblichen Mängel gelitten und deshalb zu einer unrichtigen, unvollständigen oder sinnentstellenden Wiedergabe der vom Asylsuchenden in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben geführt hat. Mit der Rüge rechtlichen Gehörs ist deshalb darzulegen, was bei richtiger und vollständiger Übertragung vorgetragen worden wäre und inwieweit dies zu einer für den Kläger günstigen Entscheidung geführt hätte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 22.07.1997 - A 12 S 3092/96 - juris Rn. 5; BayVGH, Beschl. v. 04.12.2017 - 5 ZB 17.31569 - juris Rn. 10; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 13.02.2004 - 7 LA 194/03 - juris Rn. 4).8 b) Vorliegend macht der Kläger geltend, der vom Verwaltungsgericht geladene Dolmetscher habe sich zu Beginn der mündlichen Verhandlung auf einen allgemein geleisteten Eid für Urdu und Paschtu berufen, obwohl er jedenfalls für die Sprache Urdu nicht allgemein beeidigt worden sei. Dementsprechend sei eine Vereidigung in der mündlichen Verhandlung durch das Verwaltungsgericht unterblieben.9 Der Kläger trägt jedoch in der Zulassungsbegründung keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Dolmetscher in der mündlichen Verhandlung am 05.08.2020 vor dem Verwaltungsgericht nicht treu und gewissenhaft übertragen hat; solche lassen sich auch der Niederschrift nicht entnehmen. Vielmehr ist daraus abzuleiten, dass eine umfangreiche informatorische Anhörung des aus Pakistan stammenden Klägers erfolgt ist und dieser unter Einsatz des Dolmetschers nicht nur auf zahlreiche Fragen des Gerichts, sondern auch auf mehrere Nachfragen seines Prozessbevollmächtigten geantwortet hat, ohne dass Verständigungsprobleme erkennbar geworden sind. Der Senat verkennt nicht, dass es für den Kläger und dessen Prozessbevollmächtigten angesichts der einem Asylerfahren immanenten Verständigungsprobleme kein Leichtes ist, Übertragungsfehler eines Dolmetschers zu erkennen und in einem nachfolgenden Zulassungsverfahren geltend zu machen. Nichtsdestotrotz entbinden diese Schwierigkeiten den Kläger nicht davon, zumindest Anhaltpunkte für Übertragungsfehler aufzuzeigen. Vorliegend wäre es dem Kläger insbesondere möglich gewesen, eventuelle Diskrepanzen zwischen seinem tatsächlichen Vortrag in der mündlichen Verhandlung und dem mit Hilfe des Dolmetschers übersetzten Inhalt anhand der am 14.08.2020 zugestellten, detaillierten Sitzungsniederschrift des Verwaltungsgerichts festzustellen und sodann im vorliegenden Verfahren geltend zu machen.10 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. mit § 83b AsylG.11 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
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Tenor Auf die Beschwerde des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 3. Kammer – vom 19. Juni 2020 geändert und unter Einbeziehung des nicht angefochtenen Teils wie folgt gefasst: Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes werden abgelehnt. Soweit diese Entscheidung die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und die einstweilige Anordnung im Beschluss des Verwaltungsgerichts aufhebt, ist sie ab dem 19. Dezember 2020 vollziehbar. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 140.000 Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Mit Bescheiden vom 17. April 2018 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin für die Jahre 2019 bis 2028 die Genehmigung für den eigenwirtschaftlichen Linienverkehr im Teilnetz West des Kreisgebietes und lehnte den Genehmigungsantrag der Beigeladenen ab. Nach einem im Wesentlichen erfolglosen Widerspruch erhob die Beigeladene Klage, über die noch nicht entschieden ist. Sie ist die einzige verbliebene Konkurrentin, nachdem der an eine dritte Bewerberin gerichtete Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden ist. 2 Für das Jahr 2019 erteilte der Antragsgegner der Antragstellerin wiederholt einstweilige Erlaubnisse. Nachdem die Beigeladene hiergegen zunächst erfolglos um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht hatte, unterließ sie es in der Folgezeit, ihrerseits eine einstweilige Erlaubnis zu beantragen. 3 Am 28. November 2019 verlangte die Antragstellerin eine zusätzliche Finanzierung, da die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung durch die im Genehmigungswettbewerb nicht ersichtlichen Leistungsausweitungen stark eingeschränkt sei. Anderenfalls werde sie keinen weiteren Antrag auf Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis stellen. Daraufhin verpflichtete sich der Antragsgegner mit dem „Verkehrsvertrag Interimsvergabe Teilnetz West“ vom 30. Dezember 2019 zur Zahlung eines Zuschusses von 2,871 Millionen Euro für die erste Jahreshälfte 2020. 4 Für die zweite Jahreshälfte 2020 beantragten sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene eine einstweilige Erlaubnis. Mit Bescheiden vom 20. Februar 2020 entschied sich der Antragsgegner unter Anordnung der sofortigen Vollziehung für die Beigeladene und lehnte den Antrag der Antragstellerin ab. Den Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2020 zurück. Über die daraufhin erhobene Klage ist noch nicht entschieden. 5 Mit Beschluss vom 19. Juni 2020 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenden erteilte einstweilige Erlaubnis wiederhergestellt und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin die einstweilige Erlaubnis für die Dauer vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 zu erteilen. Den weitergehenden Antrag, die einstweilige Anordnung auf die Zeit bis zum 31. Dezember 2021 zu erstrecken, hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. 6 In der Begründung heißt es, das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung überwiege das öffentliche Interesse sowie das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Ausnutzung der einstweiligen Erlaubnis, da sich diese mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig erweise. Grundsätzlich spreche das öffentliche Verkehrsinteresse eher dafür, demjenigen Unternehmer, dem wegen seines besseren Verkehrsangebots die endgültige Genehmigung erteilt worden sei, auch eine einstweilige Erlaubnis zu erteilen. Die Antragstellerin habe sich zwar beklagt, dass die fehlende Planungssicherheit aufgrund jeweils 6-monatiger einstweiliger Erlaubnisse als wirtschaftlich unzuträglich empfunden werde. Wesentlicher Gesichtspunkt sei dabei der Einwand, dass die von ihr erbrachten Leistungen über den ursprünglich ausgeschriebenen Umfang hinausgingen. Dies sei aber zu keinem Zeitpunkt mit der Erklärung verbunden gewesen, sie, die Antragstellerin, sehe sich nicht mehr in der Lage, die Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich zu erbringen. Zweifel an einer derartigen Leistungsfähigkeit dürften schon deshalb nicht bestehen, weil die Antragstellerin für das erste Halbjahr aufgrund der Vereinbarungen des Verkehrsvertrages mit weit über dem Bedarf desselben Zeitraums liegenden finanziellen Mitteln ausgestattet worden sei. Da der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Erfolg habe, müsse der Antragsgegner im öffentlichen Verkehrsinteresse auch dazu verpflichtet werden, der Antragstellerin eine einstweilige Erlaubnis zu erteilen. 7 Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen. 8 Die Antragstellerin hat unter dem 19. Juni 2020 ein Testat zur Überkompensationskontrolle eingereicht. Dieses ermittelt bei einem eingerechneten Zuschuss des Antragsgegners von 2,4 Millionen Euro für das Jahr 2019 eine Unterkompensation von 511.806,15 Euro. 9 Mit Bescheiden vom 15. Juli 2020 hat der Antragsgegner die zugunsten der Antragstellerin erteilte Genehmigung unter Anordnung der sofortigen Vollziehung zurückgenommen, hilfsweise widerrufen, und der Beigeladenen die entsprechende Genehmigung erteilt. Mit Beschluss vom 11. August 2020 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Rücknahme- bzw. Widerrufsbescheid wiederhergestellt. 10 Der Antragsgegner begründet seine Beschwerde wie folgt: Die bekanntgemachte Verkehrsleistung sei eindeutig beschrieben gewesen. Die Antragstellerin habe es unterlassen, den genauen Bedarf zu ermitteln. Das reine Behaupten der Eigenwirtschaftlichkeit sei für deren Bejahung nicht ausreichend. Die Verkehre der Antragstellerin seien zu keinem Zeitpunkt eigenwirtschaftlich gewesen. Dies belege der Prüfungsvermerk vom 19. Juni 2020, aufgrund dessen der Antragsgegner die zugunsten der Antragstellerin erteilte Genehmigung zurückgenommen habe. Ein weiterer Beleg sei der Umstand, dass die Antragstellerin für das erste Halbjahr 2020 aufgrund der Vereinbarungen des Verkehrsvertrages einen Zuschuss erhalten habe. Die Schlussfolgerung, dieser Betrag gewährleiste die Eigenwirtschaftlichkeit im zweiten Halbjahr, sei nicht zulässig, da zum einen die Verkehre nicht durch einen „Vorschuss“ eigenwirtschaftlich gestellt werden könnten und zum anderen auch die Interimsvergabe der strengen Überkompensationskontrolle unterliege, sodass diese finanziellen Mittel allein aus beihilferechtlichen Gründen zurückgefordert werden müssten. 11 Die Beigeladene begründet ihre Beschwerde wie folgt: Die Antragstellerin habe im Genehmigungsverfahren keinen prüffähigen Antrag eingereicht, da sie nicht zwischen Solo- und Gelenkbussen unterschieden habe. Sie habe den Status quo nicht ausreichend ermittelt. Die als Mehrleistungen ausgewiesenen Fahrplanänderungen nach der Verkehrsaufnahme hätten allein dazu gedient, diesen Status nachträglich zu erreichen. Durch Intervention der Antragstellerin habe zum 1. Januar 2020 ein Regimewechsel zum gemeinwirtschaftlichen Verkehr stattgefunden. Die Antragstellerin habe für die ersten sechs Monate 2,871 Millionen Euro beansprucht, was den für eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen zur Verfügung stehenden Rahmen um 1,846 Millionen Euro übersteige. Die Eigenwirtschaftlichkeit habe von Anfang an gefehlt, denn die Antragstellerin habe in der Mittelberechnung schon für das Jahr 2019 einen Mehrbedarf veranschlagt. Zudem habe sich die Sach- und Rechtslage geändert. Mit der E-Mail vom 28. November 2019 habe die Antragstellerin verdeutlicht, dass sie unter alleiniger Inanspruchnahme aus der Allgemeinen Vorschrift nicht auskömmlich sei. Der Antragsgegner habe die Rechtswidrigkeit der Genehmigung zugunsten der Antragstellerin erkannt, indem er sie zurückgenommen habe. Diese Genehmigung entfalte daher keine Vorwirkung. Aus der nunmehr zugunsten der Beigeladenen erteilten Genehmigung ergebe sich, dass sie diejenige sei, der eine einstweilige Erlaubnis erteilt werden müsse. 12 Nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist haben der Antragsgegner und die Beigeladene weitere Schriftsätze eingereicht, auf die Bezug genommen wird. 13 Die Antragstellerin trägt vor: Eine Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht eingetreten. In der Kalkulation der Kosten- und Einnahmenentwicklung bis zum Jahr 2028 werde zwar deutlich, dass der Abstand zwischen den entstehenden Kosten und der Entwicklung der Einnahmen mit zunehmender Dauer geringer werde. Dennoch bestehe die Prognose, dass die Einnahmen die entstehenden Kosten deckten. Die höhere Kostenbelastung im ersten Betriebsjahr sei u.a. darauf zurückzuführen, dass wegen der Erteilung einstweiliger Erlaubnisse keine Neufahrzeuge, sondern nur wartungsintensive Übergangsfahrzeuge hätten eingesetzt werden können. Die nur kurzfristigen Subunternehmerverträge seien bis zu 30 % teurer als ursprünglich kalkuliert. Die Fluktuation der Mitarbeiter sei bei kurzlebigen Verträgen ebenfalls hoch und erfordere einen höheren Verwaltungsaufwand einschließlich Schulungskosten. Die Antragstellerin habe berechnet, dass sie das Verkehrsangebot für das zweite Halbjahr 2020 einschließlich der Mehrleistungen eigenwirtschaftlich durchführen könne. Die Rücknahme der ihr erteilten Genehmigung sei rechtswidrig, da sie das beste Verkehrsangebot gemacht habe und in der Lage sei, dieses dauerhaft und eigenwirtschaftlich durchzuführen. Die Genehmigung werde nicht dadurch rechtswidrig, dass – wie kurze Zeit nach Betriebsaufnahme erkennbar geworden – die Kapazität in den Morgenspitzen durch Verstärkerfahrzeuge zu erhöhen sei. Aus dem Genehmigungsantrag sei ersichtlich gewesen, dass Solofahrzeuge eingesetzt würden und Verstärkerfahrzeuge in den Morgenspitzen nicht vorgesehen seien. Vor diesem Hintergrund sei es auch legitim gewesen, die Durchführung dieser Mehrleistungen von der Zahlung eines Kostenausgleichs abhängig zu machen. Die Mehrleistungen seien bei der Beurteilung der Frage der Auskömmlichkeit und der Eigenwirtschaftlichkeit nicht relevant, da sie vom Genehmigungsbescheid nicht erfasst würden. Die Beigeladene habe der Antragstellerin die notwendigen Informationen für die vormals durchgeführten Verkehre nicht zur Verfügung gestellt. Die Antragstellerin sei der Aufforderung in der Verwaltungsmitteilung zum Genehmigungswettbewerb nachgekommen und habe die Schülerzahlen sorgfältig geprüft. Dass der Antragsgegner im Anschluss an die Betriebsaufnahme eine zusätzliche Leistung für erforderlich erachtet habe, bedeute nicht, dass das von der Antragstellerin beantragte und genehmigte Verkehrsangebot nicht der ausreichenden Verkehrsbedienung entsprochen habe. Ein Genehmigungsinhaber sei nur verpflichtet, dass ihm genehmigungsrechtlich aufgegebene Verkehrsangebot durchzuführen und aufrechtzuerhalten. Es sei widersprüchlich, die der Antragstellerin erteilte Genehmigung mit der Begründung aufzuheben, sie sei nicht in der Lage, das erforderliche Verkehrsangebot einschließlich der streitigen Mehrleistungen eigenwirtschaftlich durchzuführen, andererseits jedoch der Beigeladenen eine Genehmigung zu erteilen, obwohl deren Antrag die Mehrleistungen nicht enthalte und auch im Übrigen hinter dem von der Antragstellerin angebotenen Leistungsumfang zurückbleibe. II. 14 Die Beschwerden sind begründet. Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind zulässig, haben aber in der Sache keinen Erfolg. 15 1. Die Anträge sind zulässig. Die Antragsschrift vom 5. Mai 2020 und die Antragserweiterung vom 8. Mai 2020 sind zwar nicht wirksam eingegangen, da sie entgegen § 55a Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV nicht in durchsuchbarer Form übermittelt worden sind. Dieser Mangel ist jedoch gemäß § 55a Abs. 6 Satz 2 VwGO dadurch geheilt worden, dass die Antragstellerin die Schriftsätze nach dem entsprechenden gerichtlichen Hinweis unverzüglich – mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2020 – formgerecht nachgereicht und die Übereinstimmung mit den zuerst eingereichten Dokumenten durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat. 16 2. Die Anträge sind unbegründet. 17 a) Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die der Beigeladenden erteilte einstweilige Erlaubnis ist nicht gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederzustellen. Das öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Nutzung der Erlaubnis überwiegen das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Die Erlaubnis ist offensichtlich rechtmäßig. 18 Bei einer Drittanfechtung im Personenbeförderungsrecht ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der getroffenen Auswahl der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgeblich (BVerwG, Urteil vom 06. April 2000 – 3 C 6.99 –, juris Rn. 28 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2013 – 3 C 31/12 –, juris Rn. 15). Dies gilt nicht nur für die endgültige Genehmigung, sondern auch für die einstweilige Erlaubnis gemäß § 20 PBefG. Denn eine rechtmäßig erteilte einstweilige Erlaubnis kann nicht deshalb wieder entzogen werden, weil während des anschließenden Rechtsstreits ein anderer Bewerber die Erlaubnisvoraussetzungen erfüllt (vgl. zur Genehmigung: BVerwG, Urteil vom 06. April 2000, a.a.O. Rn. 31). Allerdings kann die Drittanfechtung keinen Erfolg haben, wenn die einstweilige Erlaubnis zwar ursprünglich rechtswidrig war, dieser Fehler jedoch durch eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage behoben worden ist. Daher sind auch nach der Behördenentscheidung eingetretene Umstände zu berücksichtigen, soweit sie sich zugunsten des Erlaubnisinhabers auswirken (vgl. zum Baurecht: BVerwG, Beschluss vom 8. November 2010 – 4 B 43.10 –, juris Rn. 9; zum Immissionsschutzrecht: OVG Münster, Beschluss vom 19. Oktober 2017 – 8 B 1113/17 –, juris Rn. 7). 19 Konkurrieren mehrere Bewerber um eine einstweilige Erlaubnis gemäß § 20 PBefG, ist es in der Regel sachgerecht, denjenigen Unternehmer zu bevorzugen, dem die endgültige, wenngleich noch nicht bestandskräftige Linienverkehrsgenehmigung erteilt worden ist. Etwas Anderes kann gelten, wenn eine zwischenzeitlich eingetretene Änderung der Sach- und Rechtslage Anlass für eine erneute Prüfung der Behörde gibt oder wenn die Erteilung der Genehmigung offensichtlich auf einer falschen Rechtsanwendung beruht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 1968 – VII C 90.66 –, juris Rn. 25; OVG B-Stadt, Beschluss vom 21. Januar 2019 – 7 LA 91/18 –, juris Rn. 9; OVG Koblenz, Beschluss vom 26. September 2017 – 7 B 11392/17 –, juris Rn. 16 f.; VGH Mannheim, Beschluss vom 24. Juli 2017 – 9 S 1431/17 –, juris Rn. 17; OVG Münster, Beschluss vom 12. September 2008 – 13 B 929/08 –, juris Rn. 16; OVG Magdeburg, Beschluss vom 23. Oktober 2007 – 1 M 148/07 –, juris Rn. 6; VGH Mannheim, Beschluss vom 2. Januar 2007 – 3 S 2675/06 –, juris Rn. 8). Die Genehmigungsbehörde ist nicht daran gehindert, mit der Erteilung einer einstweiligen Erlaubnis einen Unternehmerwechsel herbeizuführen, wenn sie dem damit verbundenen Verwaltungsaufwand im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums nur eine geringe Bedeutung beimisst (OVG B-Stadt, a.a.O., VGH Mannheim, Beschlüsse vom 24. Juli 2017 und vom 2. Januar 2007, a.a.O.). 20 Aufgrund der Bescheide vom 15. Juli 2020 ergibt sich folgende Situation: Die Beigeladene besitzt die Genehmigung für den Linienverkehr im Teilnetz West. Im Gegenzug hat der Antragsgegner die ursprünglich zugunsten der Antragstellerin erteilte Genehmigung zurückgenommen bzw. widerrufen. Auch wenn diese Entscheidungen nicht bestandskräftig und nicht vollziehbar sind, sind sie zugunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen. Sie tragen aus heutiger Sicht die Erteilung der einstweiligen Erlaubnis zugunsten der Beigeladenen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Bescheide erst nach Erlass der angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ergangen sind. Die Beschwerde kann auch auf nachträglich eingetretene Gründe gestützt werden, wenn diese – wie hier – innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist dargelegt werden (Rudisile, in: Schoch u.a., VwGO, Stand 2020, § 146 Rn. 13c m.w.N.). 21 Die Bescheide vom 15. Juli 2020 beruhen nicht auf einer offensichtlich fehlerhaften Rechtsanwendung. Ausgangspunkt ist die auf § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG gestützte Rücknahme der zugunsten der Antragstellerin erteilten Genehmigung bzw. deren Widerruf gemäß § 117 Abs. 2 Nr. 3 LVwG. Die Anwendung der letztgenannten Vorschrift ist nicht durch § 25 PBefG ausgeschlossen (vgl. VG Halle, Urteil vom 25. Oktober 2010 – 7 A 1/10 –, juris Rn. 297 m.w.N.). Es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass die Voraussetzungen für die Rücknahme bzw. den Widerruf insoweit vorliegen, als entweder bereits bei der Erteilung der Genehmigung ein Versagungsgrund nach § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG vorlag oder dieser Versagungsgrund später entstanden ist. Öffentliche Verkehrsinteressen im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG sind u.a. dann beeinträchtigt, wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Bewerber um eine eigenwirtschaftliche Linienverkehrsgenehmigung die betreffende Linie wegen fehlender Kostendeckung nicht dauerhaft – also nicht während der gesamten Laufzeit der Genehmigung – in dem der Genehmigung zugrundeliegenden Umfang betreiben kann, obwohl ein entsprechendes Verkehrsbedürfnis besteht (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2013 – 3 C 26.12 –, juris Rn. 22 ff.). 22 Ein Indiz für die fehlende Dauerhaftigkeit des Verkehrsangebots der Antragstellerin ist der zur Überkompensationskontrolle ausgestellte Prüfungsvermerk vom 19. Juni 2020, der nach den Vorgaben des Anhangs der Verordnung (EG) 1370/2007 für das Jahr 2019 eine Unterkompensation von 511.806,15 Euro ausweist. In dieser Summe ist ein kalkulierter, als angemessen angesehener Gewinn von 294.003,24 Euro enthalten. Wird dieser Betrag abgezogen, so verbleibt ein Verlust von 217.802,91 Euro. Daraus ist zu ersehen, dass die Antragstellerin nicht nur keinen Gewinn erwirtschaftet hat, sondern auch nicht in der Lage war, ihren Aufwand zu decken. 23 Hinzukommt, dass die Rechnung fehlerhaft sein dürfte, soweit sie einen Zuschuss gemäß der Satzung (Allgemeinen Vorschrift) des Antragsgegners über die Festsetzung von Höchsttarifen im straßengebundenen Öffentlichen Personennahverkehr auf Basis von Liniengenehmigungen im Sinne der §§ 42, 43 Nr. 2 PBefG für das Jahr 2019 in Höhe von 2,4 Millionen Euro unterstellt. Laut Nr. 3 der Verwaltungsmitteilung zum Genehmigungswettbewerb beträgt der Zuschuss lediglich 2,05 Millionen Euro. Die Antragstellerin addiert zum Ausgleich einer sog. „Mehrleistung“ im Jahr 2019 (vgl. Brückenrechnung von der Überkompensationskontrolle 2019 zu den kalkulierten Jahresergebnissen 2020 – 2028, Anlage Ast 9 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 21. August 2020) einen Teilbetrag von 350.000 Euro aus der im Jahr 2020 zufließenden Summe (vgl. die Aufgliederung im Schriftsatz der Antragstellerin vom 11. Juni 2020, S. 14). Dies ist jedoch nicht zulässig. Der Ausgleichsanspruch aus dem Interimsvertrag bezieht sich ausschließlich auf die Fahrplankilometer im Jahr 2020 (Nr. 7.1. des Vertrages, vgl. auch Nr. 2.2.2 und Nr. 1.3.1 Abs. 4 des Vertrages). Er kann daher nicht für einen Ausgleich der Aufwendungen im Jahr 2019 verwendet werden, sondern ist in voller Höhe bei der Überkompensationsrechnung für die erste Jahreshälfte 2020 zu berücksichtigen (vgl. Nr. 7.9 des Interimsvertrages). 24 Der im Prüfungsvermerk ermittelten Unterkompensation von 511.806,15 Euro im Jahr 2019 dürften mithin 350.000 Euro hinzuzurechnen sein. Daraus ergibt sich eine Unterkompensation von 861.806,15 Euro. 25 Ein weiteres Indiz ist der Interimsvertrag. Für die erste Jahreshälfte 2020 hat sich die Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 2,871 Millionen Euro versprechen lassen. Dies übersteigt den halbjährlichen Zuschuss aus der Allgemeinen Vorschrift um 1,846 Millionen Euro. Ein Vergleich mit der durchschnittlichen halbjährlichen Unterkompensation im Vorjahr (430.903,08 Euro) lässt darauf schließen, dass die Antragstellerin eine erhebliche Verschlechterung der Ertragssituation befürchtete. Mit der Einschätzung, die Antragstellerin sei – möglicherweise nach anfänglichen Schwierigkeiten im Jahr 2019 – nunmehr zu einer auskömmlichen Leistungserbringung in der Lage gewesen, ist das kaum zu vereinbaren. 26 Die Antragstellerin beruft sich auf Sondereffekte (Kosten für Mehrleistungen, Zusatzkosten durch fehlende Zukunftssicherheit bei Erteilung einstweiliger Erlaubnisse). Ob diese Argumente zutreffen, lässt sich ohne nähere Prüfung nicht feststellen. Sie sind deshalb auch nicht dazu geeignet, einen Fall offensichtlich unrichtiger Rechtsanwendung zu belegen. Gleiches gilt für die vorgelegten Planungen und Prognosen zu zukünftigen (Halb-)Jahresergebnissen. 27 Es erscheint im Übrigen zweifelhaft, ob die Deklarierung sogenannter „Mehrleistungen“ die Eigenwirtschaftlichkeit belegen kann, denn diese ist dadurch gekennzeichnet, dass außer dem Zuschuss auf Grund der Allgemeinen Vorschrift keine weiteren Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln gezahlt werden (§ 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG). Da die Allgemeine Vorschrift gemäß Art. 2 Buchst. l der Verordnung (EG) 1370/2007 diskriminierungsfrei sein muss, darf sie nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Genehmigungsanträge nicht mehr mit dem Ziel geändert werden, einem einzelnen Unternehmen zur Eigenwirtschaftlichkeit zu verhelfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 10 C 3.19 –, juris Rn. 18). Daher können Kostennachteile durch nachträglich als solche bezeichnete „Mehrleistungen“ auch auf diesem Weg nicht ausgeglichen werden. Die Prognose der erforderlichen, über den fahrplanmäßigen Verkehr hinausgehenden Verstärkerfahrten für den Schülerverkehr lag nach alledem in der Risikosphäre der Antragstellerin. Das Argument, diese Fahrten seien in den Zusicherungen nicht enthalten gewesen und nicht zum Gegenstand des Bewilligungsbescheides gemacht worden, erscheint auf den ersten Blick wenig überzeugend. Der Bescheid vom 6. August 2018, mit dem der Antragstellerin die einstweilige Erlaubnis für die ersten Jahreshälfte 2019 erteilt worden ist, enthält in der Nebenbestimmung 1 die Festlegung auf die Mindeststandards gemäß Anlage A der Verwaltungsmitteilung. In dieser Anlage wird erläutert, dass vor dem Hintergrund der heutigen „tatsächlich vorhandenen“ Nachfrage Verstärkerfahrten durchgeführt würden, die nicht im Fahrplan ersichtlich seien. Es werde darum gebeten, die in den Anlagen D und E dargestellten Schülerzahlen sorgfältig zu prüfen und der eigenen Kapazitätsplanung zu Grunde zu legen (Nr. 2.1 Absatz 4 der Anlage). Die Antragstellerin hat in ihrem Angebot nicht ausdrücklich erklärt, den Mindeststandard unterschreiten zu wollen. Was die Fahrten im Schülerverkehr angeht, enthalten die Zusicherungen im Schreiben vom 3. August 2018 zwar einen Vorbehalt in Bezug auf sich (gegebenenfalls) ändernde Rahmenbedingungen. Dies betrifft aber nicht den Status quo. 28 Der Hinweis auf die besondere Kostenstruktur bei nur befristet erteilten einstweiligen Erlaubnissen trifft zwar im Ansatz zu. Jedoch ist zu bedenken, dass der Antragsgegner den Leistungsumfang bei der für das erste Halbjahr 2019 erteilten einstweiligen Erlaubnis abgesenkt hat. Im Entwurf vom 10. Juli 2018 (Nebenbestimmung 1) sollte die Antragstellerin noch dazu verpflichtet werden, die im Genehmigungsverfahren gemachten Zusicherungen mit Ausnahme des abweichenden Fahrzeugeinsatzes auch im Rahmen der einstweiligen Erlaubnis einzuhalten. Nach Intervention der Antragstellerin mit Schreiben vom 24. Juli 2018 hat der Antragsgegner die Verpflichtung auf die Mindeststandards reduziert (s.o.). Lediglich die beantragten Fahrplanleistungen waren umzusetzen. Hierzu hatte die Antragstellerin mit dem bereits genannten Schreiben vom 3. August 2018 eine gesonderte, auf die einstweilige Erlaubnis zugeschnittene Zusicherung eingereicht. Angesichts dieser Vergünstigung ist es zumindest erklärungsbedürftig, warum die Antragstellerin das Ziel einer eigenwirtschaftlichen Leistungserbringung trotzdem in hohem Maße verfehlt hat. 29 Auch die Erteilung der Genehmigung an die Beigeladene gemäß § 13 PBefG beruht nicht auf einer offensichtlich falschen Rechtswendung. Ob das Leistungsangebot der Antragstellerin – wie diese behauptet – über das der Beigeladenen hinausgeht bzw. ob sämtliche von der Beigeladenen benannten Fahrplankilometer auf einem fristgemäßen und zulässigerweise beantragten Fahrplanumfang beruhen, ist im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend. Zwar ist gemäß § 13 Abs. 2b Satz 1 PBefG die Auswahl des Unternehmers danach vorzunehmen, wer die beste Verkehrsbedienung anbietet. Dabei sind jedoch von vornherein nur solche Unternehmen zu berücksichtigten, bei denen kein Versagungsgrund gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG vorliegt. Dieser steht jedoch bei der Beigeladenen in Rede (s.o.). 30 Die Antragstellerin stellt die Möglichkeit in den Raum, dass die Ausgleichszahlungen für die Beigeladene günstiger gestaltet werden sollen, da die aktuelle Fassung der Allgemeinen Vorschrift keine Begrenzung auf einen Betrag von 2,05 Millionen Euro vorsehe. Hierzu fehlt es jedoch an substantiiertem Vortrag. Insofern besteht kein Anlass zu einer Auseinandersetzung mit den rechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer nachträglichen Änderung der Ausgleichszahlung ergeben könnten. 31 b) Eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO, mit der der Antragsgegner verpflichtet wird, der Antragstellerin die einstweilige Erlaubnis für den Linienverkehr im Teilnetz West für die Dauer vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 zu erteilen, kann nicht ergehen. Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO nicht mit der für eine Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht. Da bereits die Beigeladene eine einstweilige Erlaubnis besitzt, scheitert der Anspruch an dem Doppelbedienungsverbot gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a, b und c PBefG. Als weiterer Versagungsgrund gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG kommt die fehlende Dauerhaftigkeit des Verkehrsangebots in Betracht (s.o.). 32 In Ausübung des in § 80 Abs. 5 Satz 5 VwGO bzw. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens hat der Senat entschieden, die Änderung der Hauptsacheentscheidung des Verwaltungsgerichts erst ab dem 19. Dezember 2020 für vollziehbar zu erklären, um einen geordneten Betreiberwechsel zu ermöglichen. Die Beigeladene hat auf Nachfrage erklärt, dass sie für die Verkehrsaufnahme im Teilnetz West eine technologisch, logistisch und planungsspezifisch bedingte Vorlaufzeit von etwa acht Wochen benötigt. 33 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene auch in der ersten Instanz einen Sachantrag gestellt und sich damit im Hinblick auf § 154 Abs. 3 VwGO einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es billigem Ermessen, ihre außergerichtlichen Kosten der unterliegenden Antragstellerin aufzuerlegen. 34 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG. 35 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens außer den außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt. Tatbestand  1 Der Kläger begehrt die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für den Betrieb seiner Spielhalle.2 Der im Jahre 1944 geborene Kläger betreibt unter anderem die Spielhalle „P.“ in der H.11, B. B.. Die Spielhalle besteht bereits seit dem Frühjahr 2000, der Kläger betreibt sie spätestens seit Herbst 2007 alleine. Dem Kläger wurde zuletzt am 2. November 2007 eine unbefristete spielrechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt.3 Die Spielhalle wird in gepachteten Räumen betrieben; der dem Landratsamt vorgelegte Pachtvertrag vom 24. März 2010 ist bis 28. Februar 2022 befristet. In einer Entfernung von etwa 385 Meter Luftlinie befindet sich die Spielhalle „TX“ des Beigeladenen in der S. S.60. Der Kläger beschäftigt fünf Mitarbeiter, davon zwei Mitarbeiter in Vollzeit und drei in Teilzeit. Er zahlt für die Miete der Spielgeräte eine entsprechende Mietvorauszahlung, die sich an der Laufzeit und der Restdauer der gemieteten Geräte orientiert.4 Am 21. Februar 2016 stellte der Kläger bei dem Landratsamt B. (Landratsamt) einen Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nach § 41 Landesglücksspielgesetz (LGlüG) für die von ihm betriebene Spielhalle. Zusätzlich beantragte der Kläger die Zulassung einer Ausnahme nach § 42 Abs. 1 LGlüG sowie die Erteilung einer Befreiung gemäß der Härtefallregelung des § 51 Abs. 5 LGlüG bis vorläufig 30. Juni 2021. Dem Antrag beigefügt waren entsprechende Anlagen.5 Das Landratsamt informierte den Kläger mit Schreiben vom 27. Oktober 2016, dass sich auch der Beigeladene um eine Erlaubnis nach § 41 LGlüG sowie eine Härtefallentscheidung nach § 51 Abs. 5 LGlüG bemühe.6 Mit Schreiben vom 21. Februar 2017 ergänzte der Kläger seinen Antrag mit der Maßgabe, dass sowohl die Betriebserlaubnis als auch die Befreiung im Wege der Härtefallentscheidung jeweils auf unbefristete Zeit beantragt werde. Der Kläger führte zu seinen Angaben weiter aus, dass der Pachtvertrag nicht zu kürzen sei. Auch eine Unterverpachtung sei nicht möglich. Die lange Vertragsdauer sei zu Zeiten, als der Glücksspielstaatsvertrag noch nicht abgeschlossen war, bewusst aus betriebswirtschaftlichen Gründen gewählt worden. Die streitgegenständliche Spielhalle sei eine der gewinnbringendsten Spielhallen des Klägers. Durch eine Schließung entgehe dem Kläger ein monatlicher Gewinn von etwa 10.000,00 Euro. Im Falle der Schließung müsse der Kläger aber auch die Pachtbeträge von monatlich 1.850,00 Euro sowie die Mieten für die Spielgeräte für weitere drei Jahre von monatlich 3.000,00 Euro zahlen. Es seien unabwendbare Kosten von 219.000,00 Euro sowie ein entgangener Gesamtgewinn von ca. 600.000,00 Euro zu erwarten. Nach Berechnungen des Steuerberaters sei durch Schließung der streitgegenständlichen Spielhalle sowie einer weiteren des Klägers in H. eine Reduzierung des Gewinns auf 37.000,00 Euro statt eines vorläufigen Gewinns von etwa 383.000,00 Euro zu erwarten.7 Zuvor seien zwei Restaurants in Folge in den Geschäftsräumen der Spielhalle zahlungsunfähig geworden. Zudem stünden im näheren Umfeld der Spielhalle viele Geschäfte leer. Auch sei der Wertverlust der vor dem Stichtag des 28. Oktober 2011 getätigten Basisinvestitionen in Höhe von ca. 50.000,00 Euro sowie verlorengehende Mietvorauszahlungen für Spielgeräte in Höhe von ca. 16.000,00 Euro zu berücksichtigen. Dadurch bestehe die Gefahr, dass der Kläger seine zwei privaten Darlehensverpflichtungen von jeweils monatlich 2.000,00 Euro für übernommene Grundschulden nicht mehr bedienen könne. Auch sei eine Verschlechterung des Ratings des Gewerbebetriebs zu erwarten. Die Altersvorsorge werde zunichtegemacht. Es könne zu einem Sozialfall kommen. Der Kläger müsse aus den Einnahmen auch die private Krankenversicherung sowie die Beiträge für die Kapitalversicherung bestreiten. Zudem sei der Kläger seiner Frau gegenüber unterhaltspflichtig. Ein Wechsel in eine andere gewerbliche Tätigkeit sei angesichts des hohen Alters sowie einer Herzerkrankung nicht zumutbar. Sowohl die Arbeitsplätze der Mitarbeiter als auch der des im Betrieb des Klägers beschäftigten Sohnes seien gefährdet. Dies treffe insbesondere die angestellten Mitarbeiterinnen, die aufgrund ihrer Familie einen zeitlich flexiblen Arbeitsplatz bedürften, hart.8 Mit Schreiben vom 18. Mai 2017 klärte das Landratsamt auf, dass die begehrte Erteilung einer unbefristeten Ausnahme gesetzlich nicht vorgesehen sei und dieser Antrag als hinfällig betrachtet werde. Die Geltendmachung von Gewinn sei im Rahmen der unbilligen Härte nicht zu berücksichtigen, da es sich nicht um Investitionen oder Kosten handele. Auch sei es möglich, die Mietverträge für die Spielgeräte mit einer Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Ende eines jeden Kalendermonats zu kündigen. Unabwendbare Kosten seien daher in Höhe von 123.284,00 Euro bis zum Ablauf des Pachtvertrages berücksichtigungsfähig. Die vorgelegte Rentabilitätsvorschau sei nicht nachvollziehbar. Das Schicksal der weiteren aufgeführten Spielhalle in H. habe keinen Einfluss auf die Einzelfallentscheidung über die streitgegenständliche Spielhalle in B. B.. Die Härtefallprüfung erfolge lediglich für die jeweilige Spielhalle. Auch seien in der Berechnung weitere Kosten für Vergnügungssteuer etc. angeführt, die im Falle einer Schließung komplett wegfallen würden. Die Reduzierung des Gewinns auf 37.000,00 Euro sei daher nicht schlüssig. Auch der Vortrag zu Basisinvestitionen und Mietvorauszahlungen sei anhand der vorgelegten Anlagen nicht nachvollziehbar. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Investitionen bereits abgeschrieben seien.9 Die geltend gemachten Kosten zur Deckung der privaten Lebensführung seien nicht berücksichtigungsfähig. Es handele sich um Wohn- und Geschäftshäuser. Es stelle ein allgemeines Risiko dar, dass man einen privaten Kredit nicht zurückzahlen könne. Das Geschäftshaus könne ebenfalls nicht berücksichtigt werden, da es keine Investition für die streitgegenständliche Spielhalle darstelle. Zudem sei eine Vermietung der Räume denkbar, sodass wieder Einnahmen möglich seien. Eine Gefährdung der Altersvorsorge stelle keine unbillige Härte dar. Ein Vertrauen darauf, dass die Spielhalle einen Gewinn abwerfe, sei angesichts der für das Glücksspielgewerbe typischen Gefahren mit Risiken behaftet. Der Verlust von Arbeitsplätzen stelle keine unbillige Härte, sondern eine typische Folge des vom Gesetzgeber verfolgten Regelungsziels der Verringerung der Spielhallendichte dar. Aufgrund der Dauer des Pachtvertrages sowie dem ausdrücklichen Ausschluss einer anderen gewerblichen Nutzung, die auch wahrscheinlich nicht wirtschaftlich gestaltbar sei, werde beabsichtigt, dem Kläger eine bis 30. Juni 2021 befristete Erlaubnis im Zuge von §§ 41, 51 Abs. 5 LGlüG zu erteilen. Dann sei ein Auslaufen des wesentlichen Glücksspieländerungsstaatsvertrages geplant. Eine unbefristete Erlaubnis sei nach dem Gesetz nicht vorhergesehen. Dem Beigeladenen komme ebenfalls eine Härtefallentscheidung zugute, sodass beabsichtigt sei, diesem Betreiber eine Erlaubnis bis zum 28. Februar 2021 auszustellen. Eine Auswahlentscheidung sei daher nicht notwendig.10 Mit Bescheid vom 14. Juni 2017 erteilte das Landratsamt dem Kläger eine bis zum 30. Juni 2021 befristete Erlaubnis für die Spielhalle „P.“ sowie eine Befreiung von der Einhaltung des § 42 Abs. 1 LGlüG nach Maßgabe von §§ 41 Abs. 1, 51 Abs. 5 LGlüG (Ziffer 1). Der weitergehende Antrag wurde abgelehnt (Ziffer 2). Zur weiteren Begründung verwies das Landratsamt auf die im Anhörungsschreiben vom 18. Mai 2017 getätigten Ausführungen.11 Der Kläger legte am 27. Juni 2017 ausschließlich gegen die Befristung und die Befreiung der Erlaubnis Widerspruch ein. Es sei zu befürchten, dass mit Ablauf der Befristung ein Konkurrent des Klägers eine spielhallenrechtliche Erlaubnis erhalte. Es drohe ein Vermögensverlust.12 Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2017 wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Tübingen zurückgewiesen. Es bestehe kein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Das Ziel des Landesglücksspielgesetzes, das Suchtpotenzial des Glücksspiels zu verringern, sei zu berücksichtigen. Auch bestehe die Möglichkeit eines außerordentlichen Kündigungsrechts im Zuge geänderter spielrechtlicher Vorschriften.13 Der Beigeladene als Betreiber der Spielothek „TX“ hat in einem Parallelverfahren die dem Kläger gewährte glücksspielrechtliche Erlaubnis angefochten (Verfahren 3 K 3553/19) und begehrt in einem weiteren Gerichtsverfahren die Erteilung seiner eigenen glücksspielrechtlichen Erlaubnis (Verfahren 3 K 2934/20).14 Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der Klage vom 30. Juli 2017 weiter. Er ist der Auffassung, ihm stehe ein Anspruch auf eine unbefristete Erlaubnis zu. Durch die Entscheidung des Landratsamtes werde insbesondere in die europäische Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV eingegriffen. Eine Begründung hinsichtlich der Besonderheiten der Dienstleistungsfreiheit habe das Landratsamt nicht geliefert. Das Gericht sei daher gehindert, die Entscheidung des Landratsamtes zu „heilen“. Zudem sei nicht absehbar, welche Regelungen auf den Glücksspielstaatsvertrag folgen werden.15 Der Kläger beantragt,16 die dem Kläger am 14. Juni 2017 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis für die Spielhalle „P.“ in B. B. mit Wirkung ab dem 23. Februar 2012 gem. § 41 Abs. 1 LGlüG (bezogen auf den 01. Juli 2017) auf 15 Jahre bis zum 30. Juni 2032 zu verlängern,17 hilfsweise:18 den Kläger gemäß der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.19 Der Beklagte beantragt,20 die Klage abzuweisen.21 Der Beklagte ist der Auffassung, dass einer unbefristeten Erlaubnis der klare Gesetzeswortlaut entgegenstehe. Ein europarechtlicher Bezug sei nicht gegeben.22 Der Beigeladene stellt keinen Antrag.23 Der Beigeladene ist der Auffassung, dass ein transparentes und chancengleiches Auswahlverfahren und eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung gerichtet auf die Frage, welcher der konkurrierenden Betreiber seine Spielhalle langfristig weiter betreiben dürfe, bisher nicht durchgeführt worden sei. Es bestehe der Verdacht, dass der Pachtvertrag des Klägers nicht vor dem Stichtag des 18. November 2011 geschlossen worden sei, insbesondere der handschriftlichen Ergänzung des Pachtvertrages sei im Verwaltungsverfahren nicht nachgegangen worden. Die bisher unterbliebene Auswahlentscheidung zwischen den konkurrierenden Betreibern verletze den Bewerberverfahrensanspruch des Klägers als den abgelehnten Betreiber. Die diesbezügliche Rechtsprechung des 6. Senat des VGH Baden-Württemberg sei europa- und verfassungswidrig. Die Erteilung einer Härtefallerlaubnis stehe einer Auswahlentscheidung nicht entgegen. Die derzeitige Praxis verstoße offensichtlich gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und die Grundrechte der Betreiber aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 und Art. 3 GG sowie deren Anspruch auf ein faires Verfahren. Die Durchführung eines Auswahlverfahrens könne nicht durch „Härtefallentscheidungen“ ersetzt und umgangen werden. Der Pachtvertrag des Klägers, der einen Schriftformmangel aufweise, könne keinen Härtefall begründen, da im Falle einer behördlichen Schließung seiner Halle ein außerordentliches Kündigungsrecht bestehe.24 Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die beigezogenen Behördenakten der betroffenen Spielhallen sowie die Gerichtsakten (auch der Verfahren 3 K 3553/19 und 3 K 2934/20) verwiesen und ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe  25 Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verlängerung seiner bereits erhaltenen glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis in das Jahr 2032. Der die weitergehende Erteilung ablehnende Bescheid des Landratsamtes B. vom 14. Juni 2017 und der Widerspruchbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 19. Juli 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).26 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine 15 Jahre befristete Erteilung einer spielhallenrechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle „P.“ nach § 41 Landesglücksspielgesetz (LGlüG).27 Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 12. Juni 2018 (GBl. S. 173, 188), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach diesem Gesetz, die die Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Absatz 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Sonstige Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Die Erlaubnis ist auf maximal 15 Jahre zu befristen.28 Der Spielhallenbetrieb des Klägers bedarf im vorliegenden Falle auch trotz der bereits vorhandenen Genehmigung nach § 33i GewO vom 2. November 2007 der Erlaubnis nach §§ 41, 51 Abs. 4 LGlüG. So statuiert § 51 Abs. 4 LGlüG die Maßgabe, dass für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18. November 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30. Juni 2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 erforderlich ist. Der Kläger hat diese Erlaubnis nach § 41 LGlüG in dem nach § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG zeitlich vorgegebenen Rahmen, d.h. bis zum 29. Februar 2016, fristgerecht beantragt.29 Der weitergehenden Erlaubniserteilung steht vorliegend allerdings ein Versagungsgrund entgegen. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG), d.h. ein Abstand von mindestens 500 m von Spielhallen untereinander nicht erreicht wird.30 Hier wird dieser geforderte Abstand nicht eingehalten, denn die noch bestehende Spielhalle „TX“ des Beigeladenen befindet sich in einer Luftlinienentfernung von etwa 385 Metern von der streitgegenständlichen Spielhalle entfernt. Inwieweit die jeweiligen Spielhallen unter Berücksichtigung des vorhandenen Straßenwegesystems tatsächlich voneinander entfernt sind, ist dabei unwesentlich. Der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ ist nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Der Begriff ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 23 f.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. November 2013 – 10 CS 13.1966, juris Rn. 26).31 b. Verfassungsrechtliche Zweifel an dem Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG bestehen nicht (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 25 ff.; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 18 ff.; Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 299 ff.).32 c. Auch europarechtliche Bedenken sind nicht gegeben (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 37; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 86 ff.). Es ist Sache des nationalen Gerichts, alle insoweit maßgeblichen Gegebenheiten eingehend zu würdigen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 30).33 Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, der ausschließlich Spielhallen in Deutschland betreibt. Die Spielgeräte erhält der Kläger von einer Firma aus R.. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Spielhalle auch von europäischen Fernfahrern frequentiert wird. Ein vorgetragener Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV kann nicht festgestellt werden. Bei den Spielhallenerlaubnissen handelt es sich insbesondere nicht um Konzessionen, die einer Ausschreibungspflicht unterliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C-458/03, juris).34 aa. Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte es damit bereits am Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts fehlen. Nichts Anderes ergibt sich aus der von dem Kläger zitierten, überdies nicht zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Anwendbarkeit der „Grundregeln des AEU-Vertrags, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die sich daraus ergebende Transparenzpflicht“, nur für den Fall bejaht, dass „ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse“ besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 28 f.). Dies wird von dem Kläger übersehen, der sinngemäß bereits ein „potentielles Interesse“ als ausreichend erachtet und in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Begrifflichkeit des „sicheren grenzüberschreitenden Interesses“ näher umschreibt (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 27 f.).35 Soweit der Kläger sich u.a. auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache „Belgacom“ (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris) stützt, um den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit zu eröffnen, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einem dürfte die vorliegende spielhallenrechtliche Erlaubnis nicht unter die Vergaberegeln der Richtlinie 2004/18 fallen, da es sich bei der Spielhallenerlaubnis nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2a, sondern um eine Dienstleistungskonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie handelt (vgl. Art. 17 der Richtlinie). Der Kläger führt das Glücksspiel nicht im Auftrag der öffentlichen Hand aus. Spielhallenkonzessionen werden nicht ausgeschrieben, ein Vergabeverfahren im Sinne der Richtlinie findet gerade nicht statt. Insoweit ist auch der ausdrückliche Willen des europäischen Gesetzgebers in der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) zu berücksichtigen, der in der Vorbemerkung 25 unmissverständlich betont, dass Glücksspiele einschließlich Lotterien und Wetten aufgrund der spezifischen Natur dieser Tätigkeiten, die von Seiten der Mitgliedstaaten Politikansätze zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der Verbraucher bedingen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein sollen.Auch stellt der EuGH im Fall „Belgacom“ spezifisch auf die Kabelkonzession im zugrundeliegenden Fall ab. Dort ging es um Vereinbarungen, mit denen Fernsehdienste und die Fernsehabonnements von Kunden sowie für einen begrenzten Zeitraum dazugehörige Rechte von Kabelnetzen übertragen wurden und ein Erbpachtrecht an diesen Netzen eingeräumt wurden. So stellt der EuGH ausdrücklich auf diese Kabelkonzession ab, als er das grenzüberschreitende Interesse bejaht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 2 ff., 28). Der EuGH führt in der Rn. 29 dahingehend ausdrücklich aus, dass ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse sich u. a. aus der wirtschaftlichen Bedeutung der abzuschließenden Vereinbarung, aus dem Ort ihrer Durchführung (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2008 – C-347/06, juris Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder aus technischen Merkmalen ergeben könne (vgl. entsprechend EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C-147/06 und C-148/06, juris Rn. 24).36 Ein vergleichbares wirtschaftliches Interesse kann hier allerdings nicht festgestellt werden. Während in der „Belgacom“-Entscheidung ein Auftrag mit hohem wirtschaftlichen Wert, nämlich einer Kabelfernsehkonzession, wesentlich war, ist hier im Grunde nur die Spielhalle des Klägers und des Beigeladenen maßgeblich. Der wirtschaftliche Wert einer singulären Spielhalle ist nicht mit dem Kabelnetz von Belgien gleichzusetzen, es fehlt insoweit an der Vergleichbarkeit der entsprechenden Sachverhalte.37 Auch ist nicht erkennbar, dass der spezifische Ort der Spielhalle, B. B., eine erhebliche grenzüberschreitende Relevanz hätte. B. B. liegt im Landkreis B. im Regierungsbezirk Tübingen. Im Ort wohnen etwas über 4.000 Personen, der Ort befindet sich nicht unmittelbar an der österreichischen Grenze. Vielmehr besteht bis zur dieser Grenze eine Distanz von etwa 100 Kilometern. Dass sich die von dem Kläger angesprochene Glücksspielfirma aus Österreich für einen Standort in B. B. interessiert, ist weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Der österreichischen Firma und auch Firmen aus anderen EU-Staaten wird insofern auch eine Erlaubnis nicht verwehrt, da glücksspielrechtliche Erlaubnisse nur auf Antrag erteilt werden. Es ist daher Sache der jeweiligen Unternehmen, eine Erlaubnis aktiv selbst zu verfolgen. Inwieweit ein Interesse derartiger Firmen tatsächlich besteht, ist allerdings nicht dargelegt. Eine Pflicht zur Ausschreibung von spielhallenrechtlichen Konzessionen ist jedenfalls nicht ersichtlich.38 Zwar ist es nicht zwingend erforderlich, dass Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich ihr Interesse bekundet haben (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 31), doch muss darauf hingewiesen werden, dass der Kläger keine Ausschreibung o.ä. befolgt hätte. Andernfalls könnten sich ausländische Wirtschaftsteilnehmer auch darauf berufen, dass dem Kläger entgegen der – nach seiner Auffassung anwendbaren – EU-Grundfreiheiten eine Spielhallenerlaubnis erteilt wurde. Weder das beklagte Land noch das Landratsamt schreiben entsprechende Lizenzen für einzelne Spielhallen aber öffentlich aus, wobei schon nicht erkennbar ist, dass es dafür eine rechtliche Verpflichtung gebe. Wirtschaftsteilnehmern aus dem Ausland steht es insofern frei, von sich aus in entsprechenden Ortschaften ihr Interesse anzumelden und dort zu verfolgen.39 Eine grenzüberschreitende Relevanz im Zuge von technischen Merkmalen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C-147/06 und C-148/06, juris Rn. 24) kann nicht erkannt werden. Zum einen handelt es sich vorliegend nicht um öffentliche Bauaufträge und kommt es zum anderen nicht zu einem automatischen Ausschluss bei einem entsprechenden geringen Schwellenwert.40 Auch der vom Kläger angeführte Vergleich zur der EuGH-Entscheidung „Parking Brixen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C-458/03, juris) vermag das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass die EU-Grundfreiheiten vorliegend Anwendung finden. So handelte es sich in diesem Verfahren um ein juristisches Geflecht der Gemeinde Brixen und den Stadtwerken Brixen, die ebenfalls ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt haben. Auch dieser Sachverhalt ist nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen. Der Kläger erbringt zwar eine Dienstleistung, er erbringt sie allerdings nicht unmittelbar für das beklagte Land. Die Entscheidung, ob eine Spielhalle betrieben wird, wird nicht seitens der öffentlichen Hand getroffen, sondern ist ureigener unternehmerischer Entschluss. Niemand wird zu dem Betrieb einer Spielhalle staatlicherseits gezwungen. Lediglich die Genehmigungsentscheidung erfolgt öffentlich. Es besteht kein Auftragsverhältnis im weiteren Sinne, wonach der Kläger die Dienstleistung für die öffentliche Hand erbringt. Die Richtlinie 92/50/EWG bzw. die Nachfolgeregelung des Richtlinie 2004/18/EG berücksichtigt dies bereits mit dem Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG. Es leuchtet daher nicht ein, wie das Landratsamt eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit begangen haben sollte, wenn zum einen kein ersichtlicher Zwang zu einem Vergabeverfahren besteht, und zum anderen jedem Wirtschaftsteilnehmer der Zugang zu den jeweiligen Erlaubnissen ohnehin offensteht, da die Initiative zur Vergabe von spielhallenrechtlichen Erlaubnissen nicht von staatlicher Seite ausgeht, sondern auf konkretem Antrag von den Wirtschaftsteilnehmern selbst gesucht wird.41 bb. Doch selbst wenn man – entsprechend dem Vortrag des Klägers und auch des Beigeladenen – von einer konkreten Anwendbarkeit der europäischen Dienstleistungsfreiheit im vorliegenden Falle ausginge, so ist festzuhalten, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht grenzenlos gewährleistet wird. Denn es ist zu beachten, dass selbst wenn im vorliegenden Falle eine grenzüberschreitende Relevanz zu bejahen wäre, es nach Maßgabe des EuGH ausdrücklich möglich ist, dass eine Rechtfertigung besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 38 ff.). Insofern ist festzuhalten, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bereits u.a. nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 ff. AEUV ausdrücklich möglich ist. Beschränkungen können grundsätzlich zulässig sein, wenn es sich um ausdrücklich vorgesehene abweichende Maßnahmen handelt oder wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, wobei sie in diesem Fall geeignet sein müssen, die Erreichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten und nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – C-249/15, juris Rn. 39; Urteil vom 30. November 1995 – C-55/94, juris Rn. 37; Urteil vom 21. Oktober 1999 – C-67/98, juris Rn. 29; Urteil vom 31. März 1993 – C-19/92, juris Rn. 32).42 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff. – „Digibet und Albers“; Urteil vom 19. Juli 2012 – C-470/11, juris Rn. 39 – „Garkalns“; Urteil vom 24. Januar 2013 – C-186/11 und C-209/1, juris Rn. 23 – „Stanleybet International“; Urteil vom 11. Juni 2015 – C-98/14 –, juris Rn. 93 – "Berlington Hungary u.a.").43 Dies ist hier der Fall. Die Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) sowie des darauf aufbauenden LGlüG verfolgen das erklärte Ziel, Glücksspielsucht zu vermeiden und zu bekämpfen. Bei diesem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht handelt es sich um ein legitimes Ziel, das zugunsten eines besonders gewichtigem Gemeinwohlziels verfolgt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 122 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 38, 42 ff.). Der Europäische Gerichtshof hat insoweit wiederholt entschieden, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, wobei für die Klärung der Frage, welche Ziele mit den nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich verfolgt werden, im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 24). Die Eingriffe in die (Grund-)Rechte – und gegebenenfalls Grundfreiheiten – insbesondere sowohl des Klägers als auch des Beigeladenen sind auch gerechtfertigt. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut und sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sowie verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 132 ff.).44 In dem von dem Bundesverfassungsgericht zu beurteilenden Verfassungsbeschwerdeverfahren waren insoweit Gegenstand die landesgesetzlichen Vorschriften zur Regulierung des Spielhallensektors der Bundesländer Saarland, Berlin und Bayern, die allerdings mit den hier maßgeblichen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes Baden-Württemberg im Wesentlichen vergleichbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu maßgeblich ausgeführt:45 „Das Verbundverbot wird maßgeblich damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein "Las-Vegas-Effekt" eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete. Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden. Zweck des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Damit soll das Abstandsgebot – wie auch das Verbundverbot – zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten "auf andere Gedanken" kommt. Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 134 f.).46 Die gesetzliche Anordnung des Verbundverbots sowie der Abstandsgebote ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung der von den Gesetzgebern verfolgten legitimen Gemeinwohlziele, da sie die Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls fördern. So ist plausibel, dass gerade Mehrfachspielhallen durch die Vervielfachung des leicht verfügbaren Angebots zu einem verstärkten Spielanreiz führen. Gerade im Falle der generellen Zugänglichkeit und hohen Verfügbarkeit von Spielhallen kommt einer Begrenzung sowie örtlichen Beschränkungen von Glücksspielstätten die höchste Wirksamkeit bei der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu (vgl. Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung, International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens, 2009, S. 49 f.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 22). Ein Verbot von Mehrfachspielhallen in Form des Verbundverbots kann dem entgegenwirken, indem es zu einer geringeren Konzentration von Spielgeräten im selben Gebäude(komplex) und im Zusammenwirken mit den Abstandsgeboten zu einer generellen Reduzierung des Geldspielgeräteangebots führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 149 f.).47 Auch das geltende Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist geeignet. Mit diesem Gebot wird eine Reduzierung der für die Ansiedelung von Spielhallen zur Verfügung stehenden Standorte und eine Begrenzung der Spielhallendichte bewirkt, was zu einer Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen beiträgt. Dadurch wird ebenfalls eine Verringerung der Griffnähe und Verfügbarkeit des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen erreicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Ausweichen auf andere Orte oder auf andere Arten des Glücksspiels nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere für auf der Grundlage einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betriebene Spielcafés, die – sofern sie nicht selbst als Spielhallen zu qualifizieren sind – einen anderen Charakter aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15, juris Rn. 47). Ein strukturelles, bereits in der gesetzlichen Regelung angelegtes Vollzugsdefizit ist dabei weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 151).48 Verbundverbot und Abstandsgebote sind erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel ist nicht ersichtlich, zumal den Gesetzgebern auch hier ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zukommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <218>; 115, 276 <309>). Insbesondere stellen rein spieler- oder gerätebezogene Maßnahmen wie die vorgeschlagene Spielerkarte kein gleich wirksames Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Spielsucht dar. Die Länder durften insofern die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht ein vorzugswürdiges Mittel darstellen. Im Gestaltungsspielraum mit Blick auf die Erforderlichkeitsanforderungen liegt auch die Regelung, die für den Mindestabstand nicht auf die Wegstrecke, sondern auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 42 Abs. 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13, juris, Rn. 367). Dasselbe gilt für das Absehen des Landesgesetzgebers von Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten, mit denen eine Reduzierung der Spielhallendichte nicht in gleich wirksamer und effizienter Weise erreicht werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 153).49 Verbundverbot und Abstandsgebote sind auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahren die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen der Spielhallengesetze insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasten die Betroffenen nicht übermäßig (vgl. BVerfGE 83, 1 <19>; 121, 317 <355>; 126, 112 <152 f.>; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 155).50 Durch das Verbundverbot entfallen die Möglichkeit, größere Kapazitäten an Spielmöglichkeiten oder eine größere Vielfalt an Geräten vorzuhalten, und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteile. Ähnliche Belastungswirkungen ergeben sich durch die Abstandsgebote [...]. Die Regelungen haben - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge. Eine kumulative Belastung entsteht insbesondere durch die gleichzeitige Geltung von Gerätehöchstzahlen je Spielhalle [...]. Zusätzlich belastend wirken sich daneben weitere Neuregelungen aus (vgl. wie z.B. das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV, den Sachkundenachweis, die Verlängerung der täglichen Sperrzeit, das Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäude(komplex) gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV, die Pflicht zur Reduzierung der Gerätezahl auf drei im Falle der Abgabe von Speisen und Getränken sowie das Verbot der unentgeltlichen Verabreichung von Speisen und Getränken, das Rauchverbot oder das Verbot von Internet-Terminals und Geldautomaten [mit jeweils Angaben der länderspezifischen Regelungen) (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 156).51 Die Gesamtbelastung lässt es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssen, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch das Abstandsgebot stark beschränkt wird. Die Prognosen der Beschwerdeführerinnen, ein wirtschaftlicher Betrieb von Spielhallen sei durch die Kumulation der verschiedenen belastenden Vorschriften nicht mehr möglich, werden allerdings nicht hinreichend substantiiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 50). Dies gilt auch im Hinblick auf die durch die Verlängerung der Sperrzeit gemäß § 5 Abs. 1 SpielhG Bln erwarteten Verluste, da ohne weitere Angaben zu den korrespondierenden Besucherzahlen die stündlichen Durchschnittsumsätze für die wegfallenden frühen Morgenstunden nicht angesetzt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 157).Der mit Verbundverbot und Abstandsgeboten verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiegt besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handelt (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Besonderes Gewicht bekommt dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgehen (oben A I 2). Für alle anderen relevanten Glücksspielformen hatte bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht ist (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)), durften die Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade die mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Dies gilt zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 158).52 Insgesamt stehen damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <145 f.>; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 348; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 165; HmbOVG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 4 Bs 90/15 -, juris, Rn. 35; VG Bremen, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 V 514/11 -, juris, Rn. 25). Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes überwiegt gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Danach ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 159).[...]53 Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führt - soweit ihr Schutzbereich hier überhaupt eröffnet ist - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 169).54 Das Verbundverbot, die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen und die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson bewirken keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 170 ff.).“55 Es bestehen vorliegend keine Anzeichen, dass auf der Basis des hier maßgeblichen Rechts des Landes Baden-Württemberg von diesen Erwägungen abzuweichen wäre.56 cc. Soweit der Beigeladene im Parallelverfahren 3 K 2934/20 (AS 134 ff.) Stellungnahmen seitens des Beratungs- und Behandlungszentrum für Suchterkrankungen (BBS) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva), der Technischen Universität Dresden (Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten, Risikoanalyse und Risikomanagement) sowie der Universität Hohenheim (Forschungsstelle Glücksspiel; https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/Uni-Hohenheim.pdf) vorgelegt hat, wonach der Abstand bei Spielhallen weder wirksam zum Schutz für die Zielgruppe der sozialen Spielteilnehmer noch zum Schutz vulnerabler Spielteilnehmer beitrage, vermag dem nicht gefolgt zu werden.57 Insoweit widerspricht sich insbesondere die Stellungnahme der Technischen Universität Dresden schon dahingehend, dass grundsätzlich kein wirksamer Schutz bei einem Mindestabstand von Spielhallen zu erwarten sei, aber Gemeinden in begründeten Zonen die Mindestabstände selbst einschränken oder verbieten können sollten. Angesichts des – gegenüber anderen Bundesländern – durchaus hohen Abstands (z.B. § 10 Abs. 2 Niedersächsisches Glücksspielgesetz (NGlüSpG) mit einem geregelten Abstand von 100m) von 500 Metern ist nicht ohne Weiteres substantiiert dargelegt, inwieweit die Maßnahme keine Wirksamkeit entfalten sollen. Insoweit ist hier zu berücksichtigen, dass ausgehend der Daten von Google Maps der hier maßgebliche Laufweg zwischen den beteiligten Spielhallen ca. sieben Minuten beträgt. Auch die Stellungnahme der Universität Hohenheim, wonach die Mindestabstandregel und das Verbot der Mehrfachkonzessionen Maßnahmen mit geringem gesellschaftlichen Nutzen und erheblichen gesellschaftlichen Kosten seien und eine Ansiedlung von einem großen Spielhallenkomplex im Gewerbegebiet der Ansiedlung von einer vergleichbaren Anzahl von Spielhallen in der Innenstadt vorzuziehen sei, wird vor dem Hintergrund einer hohen Konzentration von Spielhallen in einem geringem Umkreis und dessen Auswirkungen nicht näher begründet. Inwieweit Abstandsregelungen eine hinsichtlich des Spielerschutzes wenig wirksame Maßnahme darstellen soll, bleibt auch die Stellungnahme der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart schuldig (vgl. https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/eva.pdf). Auch unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnis hinsichtlich dem wissenschaftlichen Kenntnisstandes (Wechsel vom „Natürlichen Spielbetrieb der Bevölkerung“ zu dem neuerlichen Vulnerabilitätskonzept, siehe Stellungnahme der Technischen Universität Dresden: https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/TU-Dresden.pdf) ist damit die fehlende Wirksamkeit der Abstandsregelung nicht ohne Weiteres belegt.58 dd. Aber selbst wenn unterstellt würde, dass der Kläger oder seine Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 10/12, BVerwGE 147, 47-81, juris Rn. 27 ff. m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 83 ff.).Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier noch kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot vor, da das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz hat. Anhaltspunkte dafür, dass die seitens des Klägers gerügten Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen –insbesondere fiskalischen – Zweck dienten, sind nicht gegeben. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Eine Expansionspolitik des Landes Baden-Württemberg in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, ist trotz der Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken und deren Geschäftsmodell (vgl. https://www.bw-spielbanken.de/bw-spielbanken/) nicht erkennbar.59 Die staatlichen Stellen verfügen in dem besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben, und – sofern die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Anforderungen im Übrigen erfüllt sind – ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 85; EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff., 32).60 Dass die getroffenen Regelungen dieses Ermessen vorliegend überschreiten, kann nicht erkannt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 28). Auch vor dem Hintergrund der seit dem 15. Oktober 2020 geltenden Gemeinsame Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder in Bezug auf Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker auf Grundlage des Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 (AS 139 des Klageverfahrens 3 K 2934/20, abrufbar u.a. unter: https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/2020-09-30_gemeinsame_leitlinien_bv_gluecksspiel.pdf) ist nicht ersichtlich, dass das Kohärenzgebot verletzt wäre.61 Soweit der Kläger und der Beigeladene übereinstimmend vorgetragen haben, ein Spielhallenbesucher könne paradoxerweise, nachdem er die Spielhallenräumlichkeiten verlassen habe, unproblematisch mit seinem Smartphone im Internet ähnliche Online-Angebote weiter wahrnehmen, führt dies (noch) zu keinem Verstoß des Kohärenzgebotes. Wie der Beklagtenvertreter ausgeführt hat, handelt es sich bei terrestrisch veranstaltetem Glücksspiel, wie es sowohl der Kläger als auch der Beigeladene anbieten, um ein spezifisches, örtlich beschränktes Angebot, das von Onlineglücksspiel abzugrenzen ist. Insoweit wird regelmäßig der persönliche Kontakt mit anderen Spielern ermöglicht, ein nicht alkoholischer Getränkeservice angeboten und es besteht ein sofortiges und haptisches Feedback, was im Rahmen des Online-Angebotes ggf. nicht bzw. nicht so ausgeprägt ermöglicht wird. Dass eine erhebliche Überschneidung von örtlich und online stattfindendem Glücksspiel in dem von dem Kläger und Beigeladenen beschriebenen Umfang besteht, ist zur vollen Überzeugung des Gerichts nicht dargelegt. Zwar ist festzuhalten, dass der Anteil an Online-Glücksspiel zunimmt, doch lässt dies noch keine, seitens der Beteiligten gezogenen, Rückschlüsse auf das generelle Spielverhalten zu.62 Im Übrigen ist festzustellen, dass die geltend gemachte neuerliche Liberalisierung des Onlineglücksspieles keinesfalls ohne entsprechende Kontrolle erfolgen würde. Denn den Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder ist ausdrücklich zu entnehmen, dass ein glücksspielrechtlicher Vollzug nur nicht aufgegriffen wird, wenn konkrete allgemeine und besondere Anforderungen erfüllt, z.B. – der Glücksspielsucht vorbeugenden – Maßnahmen, wie z.B. Anmeldekontrollen, Einzahlungslimits, Einführung eines Panikknopfes, Kreditverbote, Beratungs- und Therapieangebot, Einrichtung eines automatisierten Spielsuchtfrüherkennungs-systems und ein Werbeverbot für unerlaubte Glücksspiele einschließlich virtueller Automatenspiele und Online-Poker, eingeführt werden. Vielmehr besteht entgegen dem Vortrag des Beigeladenen eine entsprechende Aufsicht und ein Vollzug der geltenden Regeln, sofern diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Ein dahingehendes Vollzugsdefizit im hier maßgeblichen Land Baden-Württemberg kann daher gegenwärtig nicht angenommen werden.Vor diesem Hintergrund scheint die geltend gemachte Konkurrenz (u.a. durch die Anbieter https://www.tipico.de/de/online-sportwetten/; https://de.betclic.com/; https://www.bet-at-home.com/de; https://www.interwetten.com/de/sportwetten und https://sports.bwin.com/de/sports) im Wesentlichen eine Ergänzung des bereits bestehenden terrestrischen Angebotes darzustellen, was insbesondere dem technischen Fortschritt und den damit verbundenen Entwicklungen zu verdanken sein dürfte.63 Es begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken, dass die Bundesländer übereinstimmend auf geänderte, insbesondere technische, Rahmenbedingungen reagieren. Föderal unterschiedliche oder auch konkurrierende Lösungswege sind zudem im Bundesstaat angelegt, zumal eine diesbezüglich einheitliche Handhabe nicht ohne Weiteres gewährleistet ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch geltende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüStV) gem. § 35 Abs. 2 GlüStV grundsätzlich in seiner zeitlichen Geltung – bzw. eine diesbezügliche Absicht unter dem Vorbehalt einer Fortgeltung bei entsprechender Zustimmung steht – limitiert ist, und es im Ermessen der europäischen Mitgliedstaaten und damit auch den jeweiligen Bundesländern steht, unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt, zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 123). Soweit der Kläger des Weiteren rügt, dass es an einer kohärenten und systematischen Regulierung und Glücksspielpraxis fehlt, kann dem daher nicht gefolgt werden. Zwar bestehen tatsächlich fiskalische Interessen der Länder (vgl. insbesondere die Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken: https://www.bw-spielbanken.de/), doch besteht darin noch keine Inkonsequenz, die zu der Annahme der Verletzung des Kohärenzgebotes führen würde. Insbesondere der Betrieb von Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten unterliegt eigenen umfangreichen Spielerschutzvorschriften. So gelten für die Spielbanken gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV bundesweit die Werbebeschränkungen gemäß § 5 GlüStV, die Pflicht zur Entwicklung eines Sozialkonzepts gemäß § 6 GlüStV, die Aufklärungspflichten des § 7 GlüStV sowie insbesondere das bundesweite Spielersperrsystem mit der Möglichkeit von Selbst- und Fremdsperren gemäß § 8 GlüStV (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 143 ff.).64 Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden nach der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 147). Dass dies hier der Fall ist, ist trotz des Vortrages der Beteiligten, es liege ein Vollzugsdefizit in diversen Bundesländern vor, zumindest gegenwärtig für das hier maßgebliche Bundesland Baden-Württemberg für das Gericht (noch) nicht zu erkennen (vgl. insbesondere die nachträgliche Schließungsverfügung gem. § 15 Abs. 2 GewO zu Lasten des Beigeladenen in dem Verfahren 3 K 2934/20 und allein weitere in der 3. Kammer anhängigen Verwaltungsrechtssachen mit u.a. spielhallenrechtlichen Streitgegenständen: z.B. die Verfahren 3 K 2950/19, 3 K 100/20, 3 K 3008/20, 3 K 2358/20, 3 K 2505/20, 3 K 2533/20, 3 K 2534/20).65 d. Ein Ermessensfehler zulasten des Klägers ist nicht gegeben. Grundsätzlich eröffnet § 41 Abs. 2 LGlüG den Verwaltungsbehörden kein Ermessen. Aufgrund der Formulierung „ist zu versagen“ ist von einer gebundenen Entscheidung auszugehen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass dem Kläger die beantragte Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle nicht erteilt wurde.66 2. Dem Kläger steht auch ein in zeitlicher Hinsicht weitergehender Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Härtefallregelung gem. § 51 Abs. 5 LGlüG bzw. einer derartigen Neubescheidung unter der Rechtsauffassung des Gerichts nicht zu.67 Die Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absatz 1 LGlüG zur Vermeidung unbilliger Härten findet sich in § 51 Abs. 5 LGlüG. Demnach kann zur Vermeidung unbilliger Härten die zuständige Erlaubnisbehörde in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 befristet für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absätze 1 und 2 befreien; dabei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen. Der Mindestabstand zu einer anderen Spielhalle darf dabei 250 m Luftlinie, gemessen von Eingangstür zur Eingangstür, nicht unterschreiten. Dem Antrag sind sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten.68 Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG ermöglicht den Behörden ausdrücklich eine Ermessensentscheidung in Fällen, in denen das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann und gewichtige Gründe für eine Ausnahmeentscheidung sprechen.69 Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu ggf. auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46/12, BVerwGE 147, 81-100, juris Rn. 25 ff.). Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren und die sie im Bescheid oder im Lauf des Prozesses selbst nicht benannt hat, im Ergebnis aufrecht zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2016 – 10 C 8/15, juris Rn. 13; Urteil vom 17. März 1981 – I C 74.76, BVerwGE 62, 36-45, juris Rn. 18).70 Bei dem Begriff der unbilligen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite, der der unbeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Härten, die dem Gesetzeszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können eine Befreiung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen. Ebenso wenig vermögen typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen eine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 22 m.w.N.). Die Härtefallregelung soll verhindern, dass individuell schutzwürdiges Vertrauen unterlaufen wird (vgl. Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung, § 29 GlüStV Rn. 38; Gesetzentwurf zum LGlüG, LT-Drs. 15/2431, S. 112; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 27. Februar 2018 – 13 K 1448/16, juris Rn. 27).71 Nach § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG sind Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Dabei hat der Spielhallenbetreiber sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen (§ 51 Abs. 5 Satz 3 LGlüG). Im Befreiungsantrag müssen die Voraussetzungen, die einen Härtefall begründen können, substantiiert dargelegt werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 25).72 Gemessen an diesen Grundsätzen kann in der ablehnenden Entscheidung des Landratsamtes, die Befristung bis zu von dem Kläger gewünschten Zeitpunkt zu verlängern, kein Ermessensfehler zulasten des Klägers erkannt werden.73 Das Landratsamt hat dabei zugrunde gelegt, dass die streitgegenständliche Spielhalle bereits seit mindestens dem 2. November 2007 über eine unbefristete spielrechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO verfügte. Es hat schwerpunktmäßig die Auffassung vertreten, dass angesichts des bis zum 28. Februar 2022 laufenden Pachtvertrages und daraus resultierender Gesamtpachtzahlungen in Höhe von etwa 123.000,00 Euro ein Härtefall vorliegt. Eine mögliche Anpassung des Betriebes erscheine fragwürdig. Der Härtefall wurde allerdings maßgeblich auf den gegenüber dem Landratsamt B. vorgelegten Pachtvertrag vom 24. März 2010 gestützt.74 Die Kammer teilt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Auffassung des Beigeladenen, dass der vorgelegte Pachtvertrag wohl nicht zu dem benannten Zeitpunkt mit der angegebenen Laufzeit geschlossen worden ist. Das Gericht ist vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem vorgelegten Pachtvertrag um eine Fälschung handeln dürfte. Die Annahme eines unbilligen Härtefalls hätte insoweit auf der Grundlage des Pachtvertrages nicht erfolgen dürfen.75 Das Gericht stützt die Annahme eines „falschen“ Pachtvertrages maßgeblich auf den zum Teil widersprüchlichen und im Ergebnis nicht glaubhaften Äußerungen des Klägers und den Schilderungen des geladenen Zeugen vor dem Hintergrund der Mitteilung des Steuerberaters des Klägers vom 20. Januar 2016 (A26 der Behördenakte). In diesem Schreiben des Steuerberaters bestätigt er, dass der bestehende Pachtvertrag bis zum „28.02.2018“ laufe. Der seitens des Klägers – auch im Original – vorgelegte Vertrag weist dagegen eine handschriftlich eingeführte Dauer bis zum 28. Februar 2022 auf (A7 der Behördenakte). Diesen Widerspruch hat der Kläger in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar ausräumen können.76 Nach der Darstellung des Klägers habe er schlechte Vorerfahrungen mit dem Vorpächter des Gebäudes gemacht und sei insbesondere vor dem Hintergrund angedachter Investitionen darauf bedacht gewesen, eine möglichst lange Pachtdauer mit der damaligen Eigentümerin (in der mündlichen Verhandlung als „Besitzer“ bezeichnet) zu vereinbaren. Ihm habe eine Laufzeit von etwa bis zu 15 Jahren vorgeschwebt. Den Vertrag habe er ausdrücklich mit der Eigentümerin, der Mutter des Zeugen, und nicht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) des Zeugen – bestehend aus ihm und seinen Geschwistern – schließen wollen. Es habe Verhandlungen über die Laufzeit gegeben, wonach man sich auf 12 Jahre, mit einer Option für drei weitere Jahre, geeinigt habe. Länger habe man sich nicht binden wollen, wobei allerdings die Möglichkeit des Kaufs des Gebäudes nach dieser Dauer angesprochen worden sei. Es sei daher am 24. März 2010 zu einem „falschen“ Vertragsschluss gekommen. Vertragspartner sei die GbR des Zeugen gewesen – dies sei dem Kläger nicht aufgefallen, da er kein Geschäftsmann sei und sinngemäß derartige Dinge nicht prüfe – und nicht die tatsächliche Eigentümerin. Er habe auf einen Vertrag mit der Eigentümerin bestanden, der dann als „zweiter“ Vertrag geschlossen worden sei. Diese beiden Verträge habe er auch – der Vollständigkeit halber – aufbewahrt und insbesondere an den Steuerberater verschickt. Dieser habe sich diesbezüglich nicht weiter gemeldet.77 Auch vor dem Hintergrund der vagen und blassen Äußerungen des Zeugen, der in dem Verfahren 3 K 3553/19 unter dem 20. April 2020 eine entsprechende schriftliche Erklärung (AS 189 ff.) abgegeben hat, ist das Gericht nicht von einer Richtigkeit dieser Bekundungen überzeugt. Zum einen erschließt sich der Kammer nicht, dass der Steuerberater, der von dem Kläger zwei – sich sowohl hinsichtlich der Vertragspartner als auch bezüglich der wesentlichen Laufzeit – widersprechende Verträge erhalten haben soll, sich nicht an den Kläger gewendet haben will. Für einen Steuerberater dürften derartige Vertragsdetails – entgegen der Schilderungen des Klägers – insbesondere vor der Frage der maßgeblichen Abschreibungsdauer (vgl. AfA-Tabellen des Bundesfinanzministeriums) eine erhebliche Rolle spielen, zumal der Kläger angegeben hat, der Steuerberater erledige auch seine Steuererklärungen. Zum anderen erklären die Schilderungen des Klägers nicht, wie der – nach seiner Auffassung – „falsche“ Vertrag des Steuerberaters mit einer Gesamtlaufzeit bis Februar 2018 zustande gekommen sein soll. Nach den eigenen Angaben habe Einigkeit mit dem „Besitzer“ bestanden, dass die Vertragslaufzeit mindestens 10 bis 15 Jahren betragen solle. Auch vor dem Hintergrund der später getroffenen Regelung, 12 Jahre mit einer Option von drei Jahren, ist nicht stichhaltig dargelegt, warum der bei dem Steuerberater vorliegende Vertrag, der im Übrigen nicht vorgelegt worden ist, eine Laufzeit von nominell zunächst acht Jahren ausweist. Es erschließt sich dem Gericht auch nicht, warum der Kläger beide Verträge, die er nach eigener Darstellung als „Zeugnis“ dokumentiert haben wollte, dem Steuerberater geschickt haben will. Die diesbezüglichen Ausführungen, er habe die Verträge in einen Umschlag gesteckt und hinterher seiner Angestellten aufgegeben, die Verträge zu kopieren und an den Steuerberater zu schicken, können nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung nicht überzeugen. Auch die Äußerungen des Klägers, er sei kein Geschäftsmann und habe den Fehler hinsichtlich des Vertragspartners erst nach einer späteren Kontrolle bemerkt, vermögen vor dem Hintergrund, dass der Kläger schon seit einer längeren Zeit im Glücksspielgewerbe tätig ist und noch zumindest eine weitere Spielhalle in H. betreibt, den Abschluss und die Verwahrung des „falschen“ Vertrages nicht zu erklären.78 Dieser Eindruck wird insbesondere durch die Schilderungen des Zeugen bestärkt. Nachdem dieser zuvor schriftlich angegeben hatte, er sei extra zum damaligen Wohnort des Klägers nach G. gefahren, um die notwendigen Vertragsunterschriften einzuholen, gab er in der mündlichen Verhandlung an, er sei in seinem Leben noch nie in G. gewesen. Er gab – zwar übereinstimmend mit den Ausführungen des Klägers – an, dass man inhaltlich über längere Laufzeiten angesichts beabsichtigter Investitionen und auch über den Vertragspartner verhandelt habe, konnte sich aber nicht an nähere Einzelheiten erinnern. Nach der Darstellung des Zeugen sei eine Verpachtung der Räume als Spielhalle für mindestens 10 Jahre vorgesehen gewesen. Es habe auch Gespräche gegeben, dass der Kläger nur mit seiner Mutter den Pachtvertrag eingehen wollte. Der Zeuge, der bei einer Bank als Immobiliensachbearbeiter tätig ist, habe nicht gewusst, ob die ursprünglich in Erwägung gezogene, längere Laufzeit von 15 bis 20 Jahren zulässig gewesen sei und habe ursprünglich beabsichtigt – da im Gespräch gewesen sei, die Geschäfte der Mutter zusammen mit seinem Bruder langsam zu übernehmen – den Vertrag über die entsprechende GbR laufen lassen. Er habe den Standardvertrag, da es sich bei dem Familienunternehmen um ein kleineres Unternehmen mit keiner professionellen Dokumentation handele, entsprechend für die Vermietung als Spielcenter mitgebracht und auch die Unterschriften seiner Mutter eingeholt.79 Diese Sachverhaltsdarstellung deckt sich nicht mit den Ausführungen des Klägers, der den „falschen“ Vertragsschluss erst hinterher bemerkt haben will. Nach der Darstellung des Klägers habe es nämlich mindestens zwei geschlossene Verträge gegeben, einen mit der GbR des Zeugen und einen mit der Mutter des Zeugen. Dies hätte insoweit – zumindest nach den beiderseitigen Ausführungen – allerdings wohl bedeutet, dass der Zeuge mehrfach nach R. hätte fahren müssen, um die Unterschrift der Mutter nach dem ersten (fälschlicherweise geschlossen) Vertrag einzuholen, was er so nicht geschildert hat bzw. woran er sich nicht konkret erinnern konnte. Der Zeuge gab zwar an, dass es zuvor eine Version mit der GbR gegeben habe, doch sei er sich mehr oder weniger sicher gewesen, dass die verhandelte Laufzeit über 10 Jahren betragen habe. Wie dann der dem Steuerberater übersandte Vertrag allerdings eine Laufzeit bis Februar 2018 ausweisen soll, ist nicht stichhaltig erklärt. Einen Schreibfehler des Steuerberaters vermag die Kammer angesichts der doch unterschiedlichen Daten nicht anzunehmen, zumal der Kläger ausdrücklich erklärt hat, er habe beide Verträge aufbewahrt und wohl auch dem Steuerberater zur Verfügung gestellt. Entgegen der Ankündigung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Verträge würden dem Gericht zur Verfügung gestellt werden, sind diese weder im Laufe des Verfahrens, nachdem der Beigeladene den Vertrag infrage gestellt habe, noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung übermittelt worden.80 Auf der Basis dieser gerichtlichen Würdigung ist nicht offensichtlich, dass zugunsten des Klägers ein unbilliger Härtefall vorliegt. Ein Anspruch auf eine über der bereits zugesprochenen Laufzeit hinaus ist nach der Maßgabe von § 51 Abs. 5 LGlüG nicht gegeben. Dem Gericht ist es vor dem Hintergrund der konkreten Verpflichtungsklage, die auf die Verpflichtung einer längeren Laufzeit beschränkt ist, verwehrt, den streitgegenständlichen Bescheid mit der bereits zugesprochenen Härtefallregelung aufzuheben. Das Landratsamt wird insofern zu prüfen haben, ob es die Einschätzung des Gerichts bezüglich der genaueren Vertragsumstände teilt (vgl. §§ 48 ff. LVwVfG).81 Aber auch unter der Wahrunterstellung der klägerischen Angaben, der Vertrag sei 2010 mit einer Laufzeit bis Februar 2022 geschlossen worden, kann nicht erkannt werden, dass dem Kläger im Rahmen einer Härtefallregelung ein Anspruch auf eine über dem 30. Juni 2021 hinaus erteilte Spielhallenerlaubnis zustünde.82 Zwar besteht zwischen den Spielhallen des Klägers und der etwa 385m entfernten Spielhalle „TX“ des Beigeladenen ein über dem nach § 51 Abs. 5 Satz 2 LGlüG geforderten Mindestabstand von 250m Luftlinie und erscheint auch eine Anpassung des Betriebes fraglich. Doch vermag allein die unterstellte Laufzeit des Vertrages bis Februar 2022 einen Härtefall nicht zu begründen. Denn vor dem Hintergrund der Schilderungen des Zeugen hinsichtlich des „üblichen“ Vertrages dürfte es sich um einen Vertragsentwurf mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des §§ 305 ff. BGB handeln. Insbesondere vor dem Hintergrund der in § 17.3 geregelten Vereinbarung, dass den Verpächter berechtigt, das Pachtverhältnis mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn dem Pächter die Konzession entzogen wird, dürfte dem Kläger in einem solchen Falle ein eigenes (Sonder-)Kündigungsrecht zukommen (vgl. KG Berlin, Urteil vom 14. Juli 2014 – 8 U 140/13, juris Rn. 44 f.; OLG Dresden, Urteil vom 24. Juni 2020 – 5 U 653/20, juris Rn. 26 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 08. April 2020 – I-30 U 107/19, juris Rn. 51 ff.; a.A.: LG Hamburg, Urteil vom 26. Februar 2015 – 316 O 151/14, juris Rn. 28 ff.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2018 – 3 K 11163/17, juris Rn. 43). Die insoweit geltend gemachte unbillige Härte aufgrund der finanziellen Verpflichtungen aus dem Pachtvertrag vermag insbesondere zu dem nunmehr feststehenden Zeitpunkt nicht mehr bestehen.83 Auch die weiteren Umstände vermögen die Annahme eines Härtefalles nicht zu stützen. Insbesondere sind weder das Alter des Klägers, seine Unterhalts- und Krankenversicherungspflicht, die dargelegten Darlehen, die persönliche Haftung, die Anzahl der Mitarbeiter geeignet, vorliegend einen Härtefall zu begründen. Zum einen beziehen sich mehrere dieser Umstände maßgeblich auf die eigene Person des Spielhallenbetreibers – und nicht, wie ersichtlich im Rahmen von § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG (trotz der insoweit offenen Formulierung durch das „insbesondere“) beabsichtigt, Spielhallenbezogene unbillige Härten und zum anderen handelt es sich teilweise um entsprechende – vom Gesetzgeber bezweckte – Vollzugsfolgen. So kann insbesondere der Verlust von Arbeitsplätzen nicht dazu führen, dass eine unbillige Härte für den Spielhallenbetreiber selbst begründet wird. Bei einer beabsichtigten Reduzierung von Spielhallen zum Zwecke der Bekämpfung von Spielsucht und den weiteren Zielen des Glücksspielrechtes ist es zwangsläufig Folge, dass auch entsprechende Arbeitsplätze nicht mehr zur Verfügung stehen. Die eigenen Verbindlichkeiten des Klägers stehen nur mittelbar im Zusammenhang mit der Erteilung der Spielhallenerlaubnis und stellen persönliche Verpflichtungen dar, die der eigenen Risikosphäre zuzuordnen sind.84 Der Kläger hat auch nicht substantiiert geltend gemacht, dass er auf noch nicht abgeschriebene Investitionen vertraut hat. Entsprechend der vorgelegten Abschreibungstafel (A23 der Behördenakte) hatte die Spielhalle im Jahre 2015 einen Buchwert von ca. 15.000,00 Euro. Dass diese Summe im Zuge des zeitlichen Verlaufs bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht abgeschrieben werden konnte, hat der Kläger weder substantiiert dargelegt, noch ist es anderweitig ersichtlich.85 Auch die mit anwaltlichen Schreiben vom 21. Februar 2017 ausgeführten Ergänzungen (Bl. 17 der Behördenakten) mit der beigefügten Rentabiliätsvorschau vermögen keine andere Einschätzung zu begründen. Zum einen wird insbesondere in der Vorschau der Erlös der weiteren Spielhalle des Klägers in einem hier nicht gegebenen Kontext dargestellt, zum anderen handelt es sich maßgeblich um Erlöse, die insoweit nur vor dem Hintergrund von entsprechenden Investitionen schützenswert sein dürften. Die Automatenmietverträge und im Zusammenhang mit der Spielhalle selbst entstehende Kosten, wie z.B. Steuern etc., können entweder zeitnah gekündigt werden oder entfallen, sofern es zu einer Schließung der Spielhalle kommen sollte, gänzlich.86 Der Kläger kann sich diesbezüglich auch nicht auf einen umfassenden Vertrauensschutz berufen. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 189; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 41). Angesichts der zeitlichen Dimension des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, dem Inkrafttreten des LGlüG und der vorhandenen Übergangsregelung des § 51 LGlüG ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger noch ein entsprechendes Vertrauen genießt.87 Dem Kläger steht damit auch der hilfsweise Antrag auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht zu. Angesichts der hinsichtlich der getroffenen Härtefallregelung bestandskräftigen Entscheidung des Landratsamts zugunsten des Klägers erscheint eine, den Beigeladenen begünstigende, Entscheidung des Gerichts allerdings auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 826 BGB nicht möglich.88 Nach alldem bleibt die Klage insgesamt ohne Erfolg.89 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO. Gründe  25 Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verlängerung seiner bereits erhaltenen glücksspielrechtlichen Erlaubnis bis in das Jahr 2032. Der die weitergehende Erteilung ablehnende Bescheid des Landratsamtes B. vom 14. Juni 2017 und der Widerspruchbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 19. Juli 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).26 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine 15 Jahre befristete Erteilung einer spielhallenrechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle „P.“ nach § 41 Landesglücksspielgesetz (LGlüG).27 Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 12. Juni 2018 (GBl. S. 173, 188), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach diesem Gesetz, die die Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Absatz 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Sonstige Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Die Erlaubnis ist auf maximal 15 Jahre zu befristen.28 Der Spielhallenbetrieb des Klägers bedarf im vorliegenden Falle auch trotz der bereits vorhandenen Genehmigung nach § 33i GewO vom 2. November 2007 der Erlaubnis nach §§ 41, 51 Abs. 4 LGlüG. So statuiert § 51 Abs. 4 LGlüG die Maßgabe, dass für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18. November 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30. Juni 2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 erforderlich ist. Der Kläger hat diese Erlaubnis nach § 41 LGlüG in dem nach § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG zeitlich vorgegebenen Rahmen, d.h. bis zum 29. Februar 2016, fristgerecht beantragt.29 Der weitergehenden Erlaubniserteilung steht vorliegend allerdings ein Versagungsgrund entgegen. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG), d.h. ein Abstand von mindestens 500 m von Spielhallen untereinander nicht erreicht wird.30 Hier wird dieser geforderte Abstand nicht eingehalten, denn die noch bestehende Spielhalle „TX“ des Beigeladenen befindet sich in einer Luftlinienentfernung von etwa 385 Metern von der streitgegenständlichen Spielhalle entfernt. Inwieweit die jeweiligen Spielhallen unter Berücksichtigung des vorhandenen Straßenwegesystems tatsächlich voneinander entfernt sind, ist dabei unwesentlich. Der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ ist nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Der Begriff ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 23 f.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. November 2013 – 10 CS 13.1966, juris Rn. 26).31 b. Verfassungsrechtliche Zweifel an dem Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG bestehen nicht (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 25 ff.; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 18 ff.; Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 299 ff.).32 c. Auch europarechtliche Bedenken sind nicht gegeben (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 37; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 86 ff.). Es ist Sache des nationalen Gerichts, alle insoweit maßgeblichen Gegebenheiten eingehend zu würdigen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 30).33 Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, der ausschließlich Spielhallen in Deutschland betreibt. Die Spielgeräte erhält der Kläger von einer Firma aus R.. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Spielhalle auch von europäischen Fernfahrern frequentiert wird. Ein vorgetragener Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV kann nicht festgestellt werden. Bei den Spielhallenerlaubnissen handelt es sich insbesondere nicht um Konzessionen, die einer Ausschreibungspflicht unterliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C-458/03, juris).34 aa. Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte es damit bereits am Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts fehlen. Nichts Anderes ergibt sich aus der von dem Kläger zitierten, überdies nicht zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Anwendbarkeit der „Grundregeln des AEU-Vertrags, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die sich daraus ergebende Transparenzpflicht“, nur für den Fall bejaht, dass „ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse“ besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 28 f.). Dies wird von dem Kläger übersehen, der sinngemäß bereits ein „potentielles Interesse“ als ausreichend erachtet und in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Begrifflichkeit des „sicheren grenzüberschreitenden Interesses“ näher umschreibt (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 27 f.).35 Soweit der Kläger sich u.a. auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache „Belgacom“ (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris) stützt, um den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit zu eröffnen, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einem dürfte die vorliegende spielhallenrechtliche Erlaubnis nicht unter die Vergaberegeln der Richtlinie 2004/18 fallen, da es sich bei der Spielhallenerlaubnis nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2a, sondern um eine Dienstleistungskonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie handelt (vgl. Art. 17 der Richtlinie). Der Kläger führt das Glücksspiel nicht im Auftrag der öffentlichen Hand aus. Spielhallenkonzessionen werden nicht ausgeschrieben, ein Vergabeverfahren im Sinne der Richtlinie findet gerade nicht statt. Insoweit ist auch der ausdrückliche Willen des europäischen Gesetzgebers in der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) zu berücksichtigen, der in der Vorbemerkung 25 unmissverständlich betont, dass Glücksspiele einschließlich Lotterien und Wetten aufgrund der spezifischen Natur dieser Tätigkeiten, die von Seiten der Mitgliedstaaten Politikansätze zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der Verbraucher bedingen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein sollen.Auch stellt der EuGH im Fall „Belgacom“ spezifisch auf die Kabelkonzession im zugrundeliegenden Fall ab. Dort ging es um Vereinbarungen, mit denen Fernsehdienste und die Fernsehabonnements von Kunden sowie für einen begrenzten Zeitraum dazugehörige Rechte von Kabelnetzen übertragen wurden und ein Erbpachtrecht an diesen Netzen eingeräumt wurden. So stellt der EuGH ausdrücklich auf diese Kabelkonzession ab, als er das grenzüberschreitende Interesse bejaht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 2 ff., 28). Der EuGH führt in der Rn. 29 dahingehend ausdrücklich aus, dass ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse sich u. a. aus der wirtschaftlichen Bedeutung der abzuschließenden Vereinbarung, aus dem Ort ihrer Durchführung (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2008 – C-347/06, juris Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder aus technischen Merkmalen ergeben könne (vgl. entsprechend EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C-147/06 und C-148/06, juris Rn. 24).36 Ein vergleichbares wirtschaftliches Interesse kann hier allerdings nicht festgestellt werden. Während in der „Belgacom“-Entscheidung ein Auftrag mit hohem wirtschaftlichen Wert, nämlich einer Kabelfernsehkonzession, wesentlich war, ist hier im Grunde nur die Spielhalle des Klägers und des Beigeladenen maßgeblich. Der wirtschaftliche Wert einer singulären Spielhalle ist nicht mit dem Kabelnetz von Belgien gleichzusetzen, es fehlt insoweit an der Vergleichbarkeit der entsprechenden Sachverhalte.37 Auch ist nicht erkennbar, dass der spezifische Ort der Spielhalle, B. B., eine erhebliche grenzüberschreitende Relevanz hätte. B. B. liegt im Landkreis B. im Regierungsbezirk Tübingen. Im Ort wohnen etwas über 4.000 Personen, der Ort befindet sich nicht unmittelbar an der österreichischen Grenze. Vielmehr besteht bis zur dieser Grenze eine Distanz von etwa 100 Kilometern. Dass sich die von dem Kläger angesprochene Glücksspielfirma aus Österreich für einen Standort in B. B. interessiert, ist weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Der österreichischen Firma und auch Firmen aus anderen EU-Staaten wird insofern auch eine Erlaubnis nicht verwehrt, da glücksspielrechtliche Erlaubnisse nur auf Antrag erteilt werden. Es ist daher Sache der jeweiligen Unternehmen, eine Erlaubnis aktiv selbst zu verfolgen. Inwieweit ein Interesse derartiger Firmen tatsächlich besteht, ist allerdings nicht dargelegt. Eine Pflicht zur Ausschreibung von spielhallenrechtlichen Konzessionen ist jedenfalls nicht ersichtlich.38 Zwar ist es nicht zwingend erforderlich, dass Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich ihr Interesse bekundet haben (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 31), doch muss darauf hingewiesen werden, dass der Kläger keine Ausschreibung o.ä. befolgt hätte. Andernfalls könnten sich ausländische Wirtschaftsteilnehmer auch darauf berufen, dass dem Kläger entgegen der – nach seiner Auffassung anwendbaren – EU-Grundfreiheiten eine Spielhallenerlaubnis erteilt wurde. Weder das beklagte Land noch das Landratsamt schreiben entsprechende Lizenzen für einzelne Spielhallen aber öffentlich aus, wobei schon nicht erkennbar ist, dass es dafür eine rechtliche Verpflichtung gebe. Wirtschaftsteilnehmern aus dem Ausland steht es insofern frei, von sich aus in entsprechenden Ortschaften ihr Interesse anzumelden und dort zu verfolgen.39 Eine grenzüberschreitende Relevanz im Zuge von technischen Merkmalen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C-147/06 und C-148/06, juris Rn. 24) kann nicht erkannt werden. Zum einen handelt es sich vorliegend nicht um öffentliche Bauaufträge und kommt es zum anderen nicht zu einem automatischen Ausschluss bei einem entsprechenden geringen Schwellenwert.40 Auch der vom Kläger angeführte Vergleich zur der EuGH-Entscheidung „Parking Brixen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C-458/03, juris) vermag das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass die EU-Grundfreiheiten vorliegend Anwendung finden. So handelte es sich in diesem Verfahren um ein juristisches Geflecht der Gemeinde Brixen und den Stadtwerken Brixen, die ebenfalls ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt haben. Auch dieser Sachverhalt ist nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen. Der Kläger erbringt zwar eine Dienstleistung, er erbringt sie allerdings nicht unmittelbar für das beklagte Land. Die Entscheidung, ob eine Spielhalle betrieben wird, wird nicht seitens der öffentlichen Hand getroffen, sondern ist ureigener unternehmerischer Entschluss. Niemand wird zu dem Betrieb einer Spielhalle staatlicherseits gezwungen. Lediglich die Genehmigungsentscheidung erfolgt öffentlich. Es besteht kein Auftragsverhältnis im weiteren Sinne, wonach der Kläger die Dienstleistung für die öffentliche Hand erbringt. Die Richtlinie 92/50/EWG bzw. die Nachfolgeregelung des Richtlinie 2004/18/EG berücksichtigt dies bereits mit dem Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG. Es leuchtet daher nicht ein, wie das Landratsamt eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit begangen haben sollte, wenn zum einen kein ersichtlicher Zwang zu einem Vergabeverfahren besteht, und zum anderen jedem Wirtschaftsteilnehmer der Zugang zu den jeweiligen Erlaubnissen ohnehin offensteht, da die Initiative zur Vergabe von spielhallenrechtlichen Erlaubnissen nicht von staatlicher Seite ausgeht, sondern auf konkretem Antrag von den Wirtschaftsteilnehmern selbst gesucht wird.41 bb. Doch selbst wenn man – entsprechend dem Vortrag des Klägers und auch des Beigeladenen – von einer konkreten Anwendbarkeit der europäischen Dienstleistungsfreiheit im vorliegenden Falle ausginge, so ist festzuhalten, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht grenzenlos gewährleistet wird. Denn es ist zu beachten, dass selbst wenn im vorliegenden Falle eine grenzüberschreitende Relevanz zu bejahen wäre, es nach Maßgabe des EuGH ausdrücklich möglich ist, dass eine Rechtfertigung besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 38 ff.). Insofern ist festzuhalten, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bereits u.a. nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 ff. AEUV ausdrücklich möglich ist. Beschränkungen können grundsätzlich zulässig sein, wenn es sich um ausdrücklich vorgesehene abweichende Maßnahmen handelt oder wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, wobei sie in diesem Fall geeignet sein müssen, die Erreichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten und nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – C-249/15, juris Rn. 39; Urteil vom 30. November 1995 – C-55/94, juris Rn. 37; Urteil vom 21. Oktober 1999 – C-67/98, juris Rn. 29; Urteil vom 31. März 1993 – C-19/92, juris Rn. 32).42 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff. – „Digibet und Albers“; Urteil vom 19. Juli 2012 – C-470/11, juris Rn. 39 – „Garkalns“; Urteil vom 24. Januar 2013 – C-186/11 und C-209/1, juris Rn. 23 – „Stanleybet International“; Urteil vom 11. Juni 2015 – C-98/14 –, juris Rn. 93 – "Berlington Hungary u.a.").43 Dies ist hier der Fall. Die Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) sowie des darauf aufbauenden LGlüG verfolgen das erklärte Ziel, Glücksspielsucht zu vermeiden und zu bekämpfen. Bei diesem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht handelt es sich um ein legitimes Ziel, das zugunsten eines besonders gewichtigem Gemeinwohlziels verfolgt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 122 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 38, 42 ff.). Der Europäische Gerichtshof hat insoweit wiederholt entschieden, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, wobei für die Klärung der Frage, welche Ziele mit den nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich verfolgt werden, im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 24). Die Eingriffe in die (Grund-)Rechte – und gegebenenfalls Grundfreiheiten – insbesondere sowohl des Klägers als auch des Beigeladenen sind auch gerechtfertigt. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut und sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sowie verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 132 ff.).44 In dem von dem Bundesverfassungsgericht zu beurteilenden Verfassungsbeschwerdeverfahren waren insoweit Gegenstand die landesgesetzlichen Vorschriften zur Regulierung des Spielhallensektors der Bundesländer Saarland, Berlin und Bayern, die allerdings mit den hier maßgeblichen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes Baden-Württemberg im Wesentlichen vergleichbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu maßgeblich ausgeführt:45 „Das Verbundverbot wird maßgeblich damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein "Las-Vegas-Effekt" eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete. Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden. Zweck des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Damit soll das Abstandsgebot – wie auch das Verbundverbot – zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten "auf andere Gedanken" kommt. Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 134 f.).46 Die gesetzliche Anordnung des Verbundverbots sowie der Abstandsgebote ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung der von den Gesetzgebern verfolgten legitimen Gemeinwohlziele, da sie die Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls fördern. So ist plausibel, dass gerade Mehrfachspielhallen durch die Vervielfachung des leicht verfügbaren Angebots zu einem verstärkten Spielanreiz führen. Gerade im Falle der generellen Zugänglichkeit und hohen Verfügbarkeit von Spielhallen kommt einer Begrenzung sowie örtlichen Beschränkungen von Glücksspielstätten die höchste Wirksamkeit bei der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu (vgl. Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung, International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens, 2009, S. 49 f.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 22). Ein Verbot von Mehrfachspielhallen in Form des Verbundverbots kann dem entgegenwirken, indem es zu einer geringeren Konzentration von Spielgeräten im selben Gebäude(komplex) und im Zusammenwirken mit den Abstandsgeboten zu einer generellen Reduzierung des Geldspielgeräteangebots führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 149 f.).47 Auch das geltende Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist geeignet. Mit diesem Gebot wird eine Reduzierung der für die Ansiedelung von Spielhallen zur Verfügung stehenden Standorte und eine Begrenzung der Spielhallendichte bewirkt, was zu einer Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen beiträgt. Dadurch wird ebenfalls eine Verringerung der Griffnähe und Verfügbarkeit des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen erreicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Ausweichen auf andere Orte oder auf andere Arten des Glücksspiels nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere für auf der Grundlage einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betriebene Spielcafés, die – sofern sie nicht selbst als Spielhallen zu qualifizieren sind – einen anderen Charakter aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15, juris Rn. 47). Ein strukturelles, bereits in der gesetzlichen Regelung angelegtes Vollzugsdefizit ist dabei weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 151).48 Verbundverbot und Abstandsgebote sind erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel ist nicht ersichtlich, zumal den Gesetzgebern auch hier ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zukommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <218>; 115, 276 <309>). Insbesondere stellen rein spieler- oder gerätebezogene Maßnahmen wie die vorgeschlagene Spielerkarte kein gleich wirksames Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Spielsucht dar. Die Länder durften insofern die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht ein vorzugswürdiges Mittel darstellen. Im Gestaltungsspielraum mit Blick auf die Erforderlichkeitsanforderungen liegt auch die Regelung, die für den Mindestabstand nicht auf die Wegstrecke, sondern auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 42 Abs. 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13, juris, Rn. 367). Dasselbe gilt für das Absehen des Landesgesetzgebers von Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten, mit denen eine Reduzierung der Spielhallendichte nicht in gleich wirksamer und effizienter Weise erreicht werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 153).49 Verbundverbot und Abstandsgebote sind auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahren die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen der Spielhallengesetze insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasten die Betroffenen nicht übermäßig (vgl. BVerfGE 83, 1 <19>; 121, 317 <355>; 126, 112 <152 f.>; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 155).50 Durch das Verbundverbot entfallen die Möglichkeit, größere Kapazitäten an Spielmöglichkeiten oder eine größere Vielfalt an Geräten vorzuhalten, und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteile. Ähnliche Belastungswirkungen ergeben sich durch die Abstandsgebote [...]. Die Regelungen haben - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge. Eine kumulative Belastung entsteht insbesondere durch die gleichzeitige Geltung von Gerätehöchstzahlen je Spielhalle [...]. Zusätzlich belastend wirken sich daneben weitere Neuregelungen aus (vgl. wie z.B. das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV, den Sachkundenachweis, die Verlängerung der täglichen Sperrzeit, das Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäude(komplex) gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV, die Pflicht zur Reduzierung der Gerätezahl auf drei im Falle der Abgabe von Speisen und Getränken sowie das Verbot der unentgeltlichen Verabreichung von Speisen und Getränken, das Rauchverbot oder das Verbot von Internet-Terminals und Geldautomaten [mit jeweils Angaben der länderspezifischen Regelungen) (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 156).51 Die Gesamtbelastung lässt es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssen, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch das Abstandsgebot stark beschränkt wird. Die Prognosen der Beschwerdeführerinnen, ein wirtschaftlicher Betrieb von Spielhallen sei durch die Kumulation der verschiedenen belastenden Vorschriften nicht mehr möglich, werden allerdings nicht hinreichend substantiiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 50). Dies gilt auch im Hinblick auf die durch die Verlängerung der Sperrzeit gemäß § 5 Abs. 1 SpielhG Bln erwarteten Verluste, da ohne weitere Angaben zu den korrespondierenden Besucherzahlen die stündlichen Durchschnittsumsätze für die wegfallenden frühen Morgenstunden nicht angesetzt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 157).Der mit Verbundverbot und Abstandsgeboten verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiegt besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handelt (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Besonderes Gewicht bekommt dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgehen (oben A I 2). Für alle anderen relevanten Glücksspielformen hatte bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht ist (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)), durften die Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade die mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Dies gilt zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 158).52 Insgesamt stehen damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <145 f.>; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 348; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 165; HmbOVG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 4 Bs 90/15 -, juris, Rn. 35; VG Bremen, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 V 514/11 -, juris, Rn. 25). Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes überwiegt gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Danach ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 159).[...]53 Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führt - soweit ihr Schutzbereich hier überhaupt eröffnet ist - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 169).54 Das Verbundverbot, die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen und die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson bewirken keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 170 ff.).“55 Es bestehen vorliegend keine Anzeichen, dass auf der Basis des hier maßgeblichen Rechts des Landes Baden-Württemberg von diesen Erwägungen abzuweichen wäre.56 cc. Soweit der Beigeladene im Parallelverfahren 3 K 2934/20 (AS 134 ff.) Stellungnahmen seitens des Beratungs- und Behandlungszentrum für Suchterkrankungen (BBS) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva), der Technischen Universität Dresden (Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten, Risikoanalyse und Risikomanagement) sowie der Universität Hohenheim (Forschungsstelle Glücksspiel; https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/Uni-Hohenheim.pdf) vorgelegt hat, wonach der Abstand bei Spielhallen weder wirksam zum Schutz für die Zielgruppe der sozialen Spielteilnehmer noch zum Schutz vulnerabler Spielteilnehmer beitrage, vermag dem nicht gefolgt zu werden.57 Insoweit widerspricht sich insbesondere die Stellungnahme der Technischen Universität Dresden schon dahingehend, dass grundsätzlich kein wirksamer Schutz bei einem Mindestabstand von Spielhallen zu erwarten sei, aber Gemeinden in begründeten Zonen die Mindestabstände selbst einschränken oder verbieten können sollten. Angesichts des – gegenüber anderen Bundesländern – durchaus hohen Abstands (z.B. § 10 Abs. 2 Niedersächsisches Glücksspielgesetz (NGlüSpG) mit einem geregelten Abstand von 100m) von 500 Metern ist nicht ohne Weiteres substantiiert dargelegt, inwieweit die Maßnahme keine Wirksamkeit entfalten sollen. Insoweit ist hier zu berücksichtigen, dass ausgehend der Daten von Google Maps der hier maßgebliche Laufweg zwischen den beteiligten Spielhallen ca. sieben Minuten beträgt. Auch die Stellungnahme der Universität Hohenheim, wonach die Mindestabstandregel und das Verbot der Mehrfachkonzessionen Maßnahmen mit geringem gesellschaftlichen Nutzen und erheblichen gesellschaftlichen Kosten seien und eine Ansiedlung von einem großen Spielhallenkomplex im Gewerbegebiet der Ansiedlung von einer vergleichbaren Anzahl von Spielhallen in der Innenstadt vorzuziehen sei, wird vor dem Hintergrund einer hohen Konzentration von Spielhallen in einem geringem Umkreis und dessen Auswirkungen nicht näher begründet. Inwieweit Abstandsregelungen eine hinsichtlich des Spielerschutzes wenig wirksame Maßnahme darstellen soll, bleibt auch die Stellungnahme der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart schuldig (vgl. https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/eva.pdf). Auch unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnis hinsichtlich dem wissenschaftlichen Kenntnisstandes (Wechsel vom „Natürlichen Spielbetrieb der Bevölkerung“ zu dem neuerlichen Vulnerabilitätskonzept, siehe Stellungnahme der Technischen Universität Dresden: https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/TU-Dresden.pdf) ist damit die fehlende Wirksamkeit der Abstandsregelung nicht ohne Weiteres belegt.58 dd. Aber selbst wenn unterstellt würde, dass der Kläger oder seine Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 10/12, BVerwGE 147, 47-81, juris Rn. 27 ff. m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 83 ff.).Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier noch kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot vor, da das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz hat. Anhaltspunkte dafür, dass die seitens des Klägers gerügten Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen –insbesondere fiskalischen – Zweck dienten, sind nicht gegeben. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Eine Expansionspolitik des Landes Baden-Württemberg in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, ist trotz der Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken und deren Geschäftsmodell (vgl. https://www.bw-spielbanken.de/bw-spielbanken/) nicht erkennbar.59 Die staatlichen Stellen verfügen in dem besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben, und – sofern die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Anforderungen im Übrigen erfüllt sind – ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 85; EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff., 32).60 Dass die getroffenen Regelungen dieses Ermessen vorliegend überschreiten, kann nicht erkannt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 28). Auch vor dem Hintergrund der seit dem 15. Oktober 2020 geltenden Gemeinsame Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder in Bezug auf Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker auf Grundlage des Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 (AS 139 des Klageverfahrens 3 K 2934/20, abrufbar u.a. unter: https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/2020-09-30_gemeinsame_leitlinien_bv_gluecksspiel.pdf) ist nicht ersichtlich, dass das Kohärenzgebot verletzt wäre.61 Soweit der Kläger und der Beigeladene übereinstimmend vorgetragen haben, ein Spielhallenbesucher könne paradoxerweise, nachdem er die Spielhallenräumlichkeiten verlassen habe, unproblematisch mit seinem Smartphone im Internet ähnliche Online-Angebote weiter wahrnehmen, führt dies (noch) zu keinem Verstoß des Kohärenzgebotes. Wie der Beklagtenvertreter ausgeführt hat, handelt es sich bei terrestrisch veranstaltetem Glücksspiel, wie es sowohl der Kläger als auch der Beigeladene anbieten, um ein spezifisches, örtlich beschränktes Angebot, das von Onlineglücksspiel abzugrenzen ist. Insoweit wird regelmäßig der persönliche Kontakt mit anderen Spielern ermöglicht, ein nicht alkoholischer Getränkeservice angeboten und es besteht ein sofortiges und haptisches Feedback, was im Rahmen des Online-Angebotes ggf. nicht bzw. nicht so ausgeprägt ermöglicht wird. Dass eine erhebliche Überschneidung von örtlich und online stattfindendem Glücksspiel in dem von dem Kläger und Beigeladenen beschriebenen Umfang besteht, ist zur vollen Überzeugung des Gerichts nicht dargelegt. Zwar ist festzuhalten, dass der Anteil an Online-Glücksspiel zunimmt, doch lässt dies noch keine, seitens der Beteiligten gezogenen, Rückschlüsse auf das generelle Spielverhalten zu.62 Im Übrigen ist festzustellen, dass die geltend gemachte neuerliche Liberalisierung des Onlineglücksspieles keinesfalls ohne entsprechende Kontrolle erfolgen würde. Denn den Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder ist ausdrücklich zu entnehmen, dass ein glücksspielrechtlicher Vollzug nur nicht aufgegriffen wird, wenn konkrete allgemeine und besondere Anforderungen erfüllt, z.B. – der Glücksspielsucht vorbeugenden – Maßnahmen, wie z.B. Anmeldekontrollen, Einzahlungslimits, Einführung eines Panikknopfes, Kreditverbote, Beratungs- und Therapieangebot, Einrichtung eines automatisierten Spielsuchtfrüherkennungs-systems und ein Werbeverbot für unerlaubte Glücksspiele einschließlich virtueller Automatenspiele und Online-Poker, eingeführt werden. Vielmehr besteht entgegen dem Vortrag des Beigeladenen eine entsprechende Aufsicht und ein Vollzug der geltenden Regeln, sofern diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Ein dahingehendes Vollzugsdefizit im hier maßgeblichen Land Baden-Württemberg kann daher gegenwärtig nicht angenommen werden.Vor diesem Hintergrund scheint die geltend gemachte Konkurrenz (u.a. durch die Anbieter https://www.tipico.de/de/online-sportwetten/; https://de.betclic.com/; https://www.bet-at-home.com/de; https://www.interwetten.com/de/sportwetten und https://sports.bwin.com/de/sports) im Wesentlichen eine Ergänzung des bereits bestehenden terrestrischen Angebotes darzustellen, was insbesondere dem technischen Fortschritt und den damit verbundenen Entwicklungen zu verdanken sein dürfte.63 Es begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken, dass die Bundesländer übereinstimmend auf geänderte, insbesondere technische, Rahmenbedingungen reagieren. Föderal unterschiedliche oder auch konkurrierende Lösungswege sind zudem im Bundesstaat angelegt, zumal eine diesbezüglich einheitliche Handhabe nicht ohne Weiteres gewährleistet ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch geltende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüStV) gem. § 35 Abs. 2 GlüStV grundsätzlich in seiner zeitlichen Geltung – bzw. eine diesbezügliche Absicht unter dem Vorbehalt einer Fortgeltung bei entsprechender Zustimmung steht – limitiert ist, und es im Ermessen der europäischen Mitgliedstaaten und damit auch den jeweiligen Bundesländern steht, unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt, zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 123). Soweit der Kläger des Weiteren rügt, dass es an einer kohärenten und systematischen Regulierung und Glücksspielpraxis fehlt, kann dem daher nicht gefolgt werden. Zwar bestehen tatsächlich fiskalische Interessen der Länder (vgl. insbesondere die Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken: https://www.bw-spielbanken.de/), doch besteht darin noch keine Inkonsequenz, die zu der Annahme der Verletzung des Kohärenzgebotes führen würde. Insbesondere der Betrieb von Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten unterliegt eigenen umfangreichen Spielerschutzvorschriften. So gelten für die Spielbanken gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV bundesweit die Werbebeschränkungen gemäß § 5 GlüStV, die Pflicht zur Entwicklung eines Sozialkonzepts gemäß § 6 GlüStV, die Aufklärungspflichten des § 7 GlüStV sowie insbesondere das bundesweite Spielersperrsystem mit der Möglichkeit von Selbst- und Fremdsperren gemäß § 8 GlüStV (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 143 ff.).64 Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden nach der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 147). Dass dies hier der Fall ist, ist trotz des Vortrages der Beteiligten, es liege ein Vollzugsdefizit in diversen Bundesländern vor, zumindest gegenwärtig für das hier maßgebliche Bundesland Baden-Württemberg für das Gericht (noch) nicht zu erkennen (vgl. insbesondere die nachträgliche Schließungsverfügung gem. § 15 Abs. 2 GewO zu Lasten des Beigeladenen in dem Verfahren 3 K 2934/20 und allein weitere in der 3. Kammer anhängigen Verwaltungsrechtssachen mit u.a. spielhallenrechtlichen Streitgegenständen: z.B. die Verfahren 3 K 2950/19, 3 K 100/20, 3 K 3008/20, 3 K 2358/20, 3 K 2505/20, 3 K 2533/20, 3 K 2534/20).65 d. Ein Ermessensfehler zulasten des Klägers ist nicht gegeben. Grundsätzlich eröffnet § 41 Abs. 2 LGlüG den Verwaltungsbehörden kein Ermessen. Aufgrund der Formulierung „ist zu versagen“ ist von einer gebundenen Entscheidung auszugehen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass dem Kläger die beantragte Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle nicht erteilt wurde.66 2. Dem Kläger steht auch ein in zeitlicher Hinsicht weitergehender Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Härtefallregelung gem. § 51 Abs. 5 LGlüG bzw. einer derartigen Neubescheidung unter der Rechtsauffassung des Gerichts nicht zu.67 Die Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absatz 1 LGlüG zur Vermeidung unbilliger Härten findet sich in § 51 Abs. 5 LGlüG. Demnach kann zur Vermeidung unbilliger Härten die zuständige Erlaubnisbehörde in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 befristet für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absätze 1 und 2 befreien; dabei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen. Der Mindestabstand zu einer anderen Spielhalle darf dabei 250 m Luftlinie, gemessen von Eingangstür zur Eingangstür, nicht unterschreiten. Dem Antrag sind sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten.68 Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG ermöglicht den Behörden ausdrücklich eine Ermessensentscheidung in Fällen, in denen das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann und gewichtige Gründe für eine Ausnahmeentscheidung sprechen.69 Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu ggf. auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46/12, BVerwGE 147, 81-100, juris Rn. 25 ff.). Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren und die sie im Bescheid oder im Lauf des Prozesses selbst nicht benannt hat, im Ergebnis aufrecht zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2016 – 10 C 8/15, juris Rn. 13; Urteil vom 17. März 1981 – I C 74.76, BVerwGE 62, 36-45, juris Rn. 18).70 Bei dem Begriff der unbilligen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite, der der unbeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Härten, die dem Gesetzeszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können eine Befreiung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen. Ebenso wenig vermögen typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen eine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 22 m.w.N.). Die Härtefallregelung soll verhindern, dass individuell schutzwürdiges Vertrauen unterlaufen wird (vgl. Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung, § 29 GlüStV Rn. 38; Gesetzentwurf zum LGlüG, LT-Drs. 15/2431, S. 112; VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 27. Februar 2018 – 13 K 1448/16, juris Rn. 27).71 Nach § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG sind Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Dabei hat der Spielhallenbetreiber sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen (§ 51 Abs. 5 Satz 3 LGlüG). Im Befreiungsantrag müssen die Voraussetzungen, die einen Härtefall begründen können, substantiiert dargelegt werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 25).72 Gemessen an diesen Grundsätzen kann in der ablehnenden Entscheidung des Landratsamtes, die Befristung bis zu von dem Kläger gewünschten Zeitpunkt zu verlängern, kein Ermessensfehler zulasten des Klägers erkannt werden.73 Das Landratsamt hat dabei zugrunde gelegt, dass die streitgegenständliche Spielhalle bereits seit mindestens dem 2. November 2007 über eine unbefristete spielrechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO verfügte. Es hat schwerpunktmäßig die Auffassung vertreten, dass angesichts des bis zum 28. Februar 2022 laufenden Pachtvertrages und daraus resultierender Gesamtpachtzahlungen in Höhe von etwa 123.000,00 Euro ein Härtefall vorliegt. Eine mögliche Anpassung des Betriebes erscheine fragwürdig. Der Härtefall wurde allerdings maßgeblich auf den gegenüber dem Landratsamt B. vorgelegten Pachtvertrag vom 24. März 2010 gestützt.74 Die Kammer teilt nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Auffassung des Beigeladenen, dass der vorgelegte Pachtvertrag wohl nicht zu dem benannten Zeitpunkt mit der angegebenen Laufzeit geschlossen worden ist. Das Gericht ist vielmehr zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem vorgelegten Pachtvertrag um eine Fälschung handeln dürfte. Die Annahme eines unbilligen Härtefalls hätte insoweit auf der Grundlage des Pachtvertrages nicht erfolgen dürfen.75 Das Gericht stützt die Annahme eines „falschen“ Pachtvertrages maßgeblich auf den zum Teil widersprüchlichen und im Ergebnis nicht glaubhaften Äußerungen des Klägers und den Schilderungen des geladenen Zeugen vor dem Hintergrund der Mitteilung des Steuerberaters des Klägers vom 20. Januar 2016 (A26 der Behördenakte). In diesem Schreiben des Steuerberaters bestätigt er, dass der bestehende Pachtvertrag bis zum „28.02.2018“ laufe. Der seitens des Klägers – auch im Original – vorgelegte Vertrag weist dagegen eine handschriftlich eingeführte Dauer bis zum 28. Februar 2022 auf (A7 der Behördenakte). Diesen Widerspruch hat der Kläger in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar ausräumen können.76 Nach der Darstellung des Klägers habe er schlechte Vorerfahrungen mit dem Vorpächter des Gebäudes gemacht und sei insbesondere vor dem Hintergrund angedachter Investitionen darauf bedacht gewesen, eine möglichst lange Pachtdauer mit der damaligen Eigentümerin (in der mündlichen Verhandlung als „Besitzer“ bezeichnet) zu vereinbaren. Ihm habe eine Laufzeit von etwa bis zu 15 Jahren vorgeschwebt. Den Vertrag habe er ausdrücklich mit der Eigentümerin, der Mutter des Zeugen, und nicht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) des Zeugen – bestehend aus ihm und seinen Geschwistern – schließen wollen. Es habe Verhandlungen über die Laufzeit gegeben, wonach man sich auf 12 Jahre, mit einer Option für drei weitere Jahre, geeinigt habe. Länger habe man sich nicht binden wollen, wobei allerdings die Möglichkeit des Kaufs des Gebäudes nach dieser Dauer angesprochen worden sei. Es sei daher am 24. März 2010 zu einem „falschen“ Vertragsschluss gekommen. Vertragspartner sei die GbR des Zeugen gewesen – dies sei dem Kläger nicht aufgefallen, da er kein Geschäftsmann sei und sinngemäß derartige Dinge nicht prüfe – und nicht die tatsächliche Eigentümerin. Er habe auf einen Vertrag mit der Eigentümerin bestanden, der dann als „zweiter“ Vertrag geschlossen worden sei. Diese beiden Verträge habe er auch – der Vollständigkeit halber – aufbewahrt und insbesondere an den Steuerberater verschickt. Dieser habe sich diesbezüglich nicht weiter gemeldet.77 Auch vor dem Hintergrund der vagen und blassen Äußerungen des Zeugen, der in dem Verfahren 3 K 3553/19 unter dem 20. April 2020 eine entsprechende schriftliche Erklärung (AS 189 ff.) abgegeben hat, ist das Gericht nicht von einer Richtigkeit dieser Bekundungen überzeugt. Zum einen erschließt sich der Kammer nicht, dass der Steuerberater, der von dem Kläger zwei – sich sowohl hinsichtlich der Vertragspartner als auch bezüglich der wesentlichen Laufzeit – widersprechende Verträge erhalten haben soll, sich nicht an den Kläger gewendet haben will. Für einen Steuerberater dürften derartige Vertragsdetails – entgegen der Schilderungen des Klägers – insbesondere vor der Frage der maßgeblichen Abschreibungsdauer (vgl. AfA-Tabellen des Bundesfinanzministeriums) eine erhebliche Rolle spielen, zumal der Kläger angegeben hat, der Steuerberater erledige auch seine Steuererklärungen. Zum anderen erklären die Schilderungen des Klägers nicht, wie der – nach seiner Auffassung – „falsche“ Vertrag des Steuerberaters mit einer Gesamtlaufzeit bis Februar 2018 zustande gekommen sein soll. Nach den eigenen Angaben habe Einigkeit mit dem „Besitzer“ bestanden, dass die Vertragslaufzeit mindestens 10 bis 15 Jahren betragen solle. Auch vor dem Hintergrund der später getroffenen Regelung, 12 Jahre mit einer Option von drei Jahren, ist nicht stichhaltig dargelegt, warum der bei dem Steuerberater vorliegende Vertrag, der im Übrigen nicht vorgelegt worden ist, eine Laufzeit von nominell zunächst acht Jahren ausweist. Es erschließt sich dem Gericht auch nicht, warum der Kläger beide Verträge, die er nach eigener Darstellung als „Zeugnis“ dokumentiert haben wollte, dem Steuerberater geschickt haben will. Die diesbezüglichen Ausführungen, er habe die Verträge in einen Umschlag gesteckt und hinterher seiner Angestellten aufgegeben, die Verträge zu kopieren und an den Steuerberater zu schicken, können nach dem Eindruck der mündlichen Verhandlung nicht überzeugen. Auch die Äußerungen des Klägers, er sei kein Geschäftsmann und habe den Fehler hinsichtlich des Vertragspartners erst nach einer späteren Kontrolle bemerkt, vermögen vor dem Hintergrund, dass der Kläger schon seit einer längeren Zeit im Glücksspielgewerbe tätig ist und noch zumindest eine weitere Spielhalle in H. betreibt, den Abschluss und die Verwahrung des „falschen“ Vertrages nicht zu erklären.78 Dieser Eindruck wird insbesondere durch die Schilderungen des Zeugen bestärkt. Nachdem dieser zuvor schriftlich angegeben hatte, er sei extra zum damaligen Wohnort des Klägers nach G. gefahren, um die notwendigen Vertragsunterschriften einzuholen, gab er in der mündlichen Verhandlung an, er sei in seinem Leben noch nie in G. gewesen. Er gab – zwar übereinstimmend mit den Ausführungen des Klägers – an, dass man inhaltlich über längere Laufzeiten angesichts beabsichtigter Investitionen und auch über den Vertragspartner verhandelt habe, konnte sich aber nicht an nähere Einzelheiten erinnern. Nach der Darstellung des Zeugen sei eine Verpachtung der Räume als Spielhalle für mindestens 10 Jahre vorgesehen gewesen. Es habe auch Gespräche gegeben, dass der Kläger nur mit seiner Mutter den Pachtvertrag eingehen wollte. Der Zeuge, der bei einer Bank als Immobiliensachbearbeiter tätig ist, habe nicht gewusst, ob die ursprünglich in Erwägung gezogene, längere Laufzeit von 15 bis 20 Jahren zulässig gewesen sei und habe ursprünglich beabsichtigt – da im Gespräch gewesen sei, die Geschäfte der Mutter zusammen mit seinem Bruder langsam zu übernehmen – den Vertrag über die entsprechende GbR laufen lassen. Er habe den Standardvertrag, da es sich bei dem Familienunternehmen um ein kleineres Unternehmen mit keiner professionellen Dokumentation handele, entsprechend für die Vermietung als Spielcenter mitgebracht und auch die Unterschriften seiner Mutter eingeholt.79 Diese Sachverhaltsdarstellung deckt sich nicht mit den Ausführungen des Klägers, der den „falschen“ Vertragsschluss erst hinterher bemerkt haben will. Nach der Darstellung des Klägers habe es nämlich mindestens zwei geschlossene Verträge gegeben, einen mit der GbR des Zeugen und einen mit der Mutter des Zeugen. Dies hätte insoweit – zumindest nach den beiderseitigen Ausführungen – allerdings wohl bedeutet, dass der Zeuge mehrfach nach R. hätte fahren müssen, um die Unterschrift der Mutter nach dem ersten (fälschlicherweise geschlossen) Vertrag einzuholen, was er so nicht geschildert hat bzw. woran er sich nicht konkret erinnern konnte. Der Zeuge gab zwar an, dass es zuvor eine Version mit der GbR gegeben habe, doch sei er sich mehr oder weniger sicher gewesen, dass die verhandelte Laufzeit über 10 Jahren betragen habe. Wie dann der dem Steuerberater übersandte Vertrag allerdings eine Laufzeit bis Februar 2018 ausweisen soll, ist nicht stichhaltig erklärt. Einen Schreibfehler des Steuerberaters vermag die Kammer angesichts der doch unterschiedlichen Daten nicht anzunehmen, zumal der Kläger ausdrücklich erklärt hat, er habe beide Verträge aufbewahrt und wohl auch dem Steuerberater zur Verfügung gestellt. Entgegen der Ankündigung des Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Verträge würden dem Gericht zur Verfügung gestellt werden, sind diese weder im Laufe des Verfahrens, nachdem der Beigeladene den Vertrag infrage gestellt habe, noch nach Schluss der mündlichen Verhandlung übermittelt worden.80 Auf der Basis dieser gerichtlichen Würdigung ist nicht offensichtlich, dass zugunsten des Klägers ein unbilliger Härtefall vorliegt. Ein Anspruch auf eine über der bereits zugesprochenen Laufzeit hinaus ist nach der Maßgabe von § 51 Abs. 5 LGlüG nicht gegeben. Dem Gericht ist es vor dem Hintergrund der konkreten Verpflichtungsklage, die auf die Verpflichtung einer längeren Laufzeit beschränkt ist, verwehrt, den streitgegenständlichen Bescheid mit der bereits zugesprochenen Härtefallregelung aufzuheben. Das Landratsamt wird insofern zu prüfen haben, ob es die Einschätzung des Gerichts bezüglich der genaueren Vertragsumstände teilt (vgl. §§ 48 ff. LVwVfG).81 Aber auch unter der Wahrunterstellung der klägerischen Angaben, der Vertrag sei 2010 mit einer Laufzeit bis Februar 2022 geschlossen worden, kann nicht erkannt werden, dass dem Kläger im Rahmen einer Härtefallregelung ein Anspruch auf eine über dem 30. Juni 2021 hinaus erteilte Spielhallenerlaubnis zustünde.82 Zwar besteht zwischen den Spielhallen des Klägers und der etwa 385m entfernten Spielhalle „TX“ des Beigeladenen ein über dem nach § 51 Abs. 5 Satz 2 LGlüG geforderten Mindestabstand von 250m Luftlinie und erscheint auch eine Anpassung des Betriebes fraglich. Doch vermag allein die unterstellte Laufzeit des Vertrages bis Februar 2022 einen Härtefall nicht zu begründen. Denn vor dem Hintergrund der Schilderungen des Zeugen hinsichtlich des „üblichen“ Vertrages dürfte es sich um einen Vertragsentwurf mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Sinne des §§ 305 ff. BGB handeln. Insbesondere vor dem Hintergrund der in § 17.3 geregelten Vereinbarung, dass den Verpächter berechtigt, das Pachtverhältnis mit sofortiger Wirkung zu kündigen, wenn dem Pächter die Konzession entzogen wird, dürfte dem Kläger in einem solchen Falle ein eigenes (Sonder-)Kündigungsrecht zukommen (vgl. KG Berlin, Urteil vom 14. Juli 2014 – 8 U 140/13, juris Rn. 44 f.; OLG Dresden, Urteil vom 24. Juni 2020 – 5 U 653/20, juris Rn. 26 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 08. April 2020 – I-30 U 107/19, juris Rn. 51 ff.; a.A.: LG Hamburg, Urteil vom 26. Februar 2015 – 316 O 151/14, juris Rn. 28 ff.; VG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2018 – 3 K 11163/17, juris Rn. 43). Die insoweit geltend gemachte unbillige Härte aufgrund der finanziellen Verpflichtungen aus dem Pachtvertrag vermag insbesondere zu dem nunmehr feststehenden Zeitpunkt nicht mehr bestehen.83 Auch die weiteren Umstände vermögen die Annahme eines Härtefalles nicht zu stützen. Insbesondere sind weder das Alter des Klägers, seine Unterhalts- und Krankenversicherungspflicht, die dargelegten Darlehen, die persönliche Haftung, die Anzahl der Mitarbeiter geeignet, vorliegend einen Härtefall zu begründen. Zum einen beziehen sich mehrere dieser Umstände maßgeblich auf die eigene Person des Spielhallenbetreibers – und nicht, wie ersichtlich im Rahmen von § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG (trotz der insoweit offenen Formulierung durch das „insbesondere“) beabsichtigt, Spielhallenbezogene unbillige Härten und zum anderen handelt es sich teilweise um entsprechende – vom Gesetzgeber bezweckte – Vollzugsfolgen. So kann insbesondere der Verlust von Arbeitsplätzen nicht dazu führen, dass eine unbillige Härte für den Spielhallenbetreiber selbst begründet wird. Bei einer beabsichtigten Reduzierung von Spielhallen zum Zwecke der Bekämpfung von Spielsucht und den weiteren Zielen des Glücksspielrechtes ist es zwangsläufig Folge, dass auch entsprechende Arbeitsplätze nicht mehr zur Verfügung stehen. Die eigenen Verbindlichkeiten des Klägers stehen nur mittelbar im Zusammenhang mit der Erteilung der Spielhallenerlaubnis und stellen persönliche Verpflichtungen dar, die der eigenen Risikosphäre zuzuordnen sind.84 Der Kläger hat auch nicht substantiiert geltend gemacht, dass er auf noch nicht abgeschriebene Investitionen vertraut hat. Entsprechend der vorgelegten Abschreibungstafel (A23 der Behördenakte) hatte die Spielhalle im Jahre 2015 einen Buchwert von ca. 15.000,00 Euro. Dass diese Summe im Zuge des zeitlichen Verlaufs bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht abgeschrieben werden konnte, hat der Kläger weder substantiiert dargelegt, noch ist es anderweitig ersichtlich.85 Auch die mit anwaltlichen Schreiben vom 21. Februar 2017 ausgeführten Ergänzungen (Bl. 17 der Behördenakten) mit der beigefügten Rentabiliätsvorschau vermögen keine andere Einschätzung zu begründen. Zum einen wird insbesondere in der Vorschau der Erlös der weiteren Spielhalle des Klägers in einem hier nicht gegebenen Kontext dargestellt, zum anderen handelt es sich maßgeblich um Erlöse, die insoweit nur vor dem Hintergrund von entsprechenden Investitionen schützenswert sein dürften. Die Automatenmietverträge und im Zusammenhang mit der Spielhalle selbst entstehende Kosten, wie z.B. Steuern etc., können entweder zeitnah gekündigt werden oder entfallen, sofern es zu einer Schließung der Spielhalle kommen sollte, gänzlich.86 Der Kläger kann sich diesbezüglich auch nicht auf einen umfassenden Vertrauensschutz berufen. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf die vorhandene Betriebserlaubnis gemäß § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 189; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 41). Angesichts der zeitlichen Dimension des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrags, dem Inkrafttreten des LGlüG und der vorhandenen Übergangsregelung des § 51 LGlüG ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger noch ein entsprechendes Vertrauen genießt.87 Dem Kläger steht damit auch der hilfsweise Antrag auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht zu. Angesichts der hinsichtlich der getroffenen Härtefallregelung bestandskräftigen Entscheidung des Landratsamts zugunsten des Klägers erscheint eine, den Beigeladenen begünstigende, Entscheidung des Gerichts allerdings auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 826 BGB nicht möglich.88 Nach alldem bleibt die Klage insgesamt ohne Erfolg.89 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO.
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Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. November 2018 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 15.000,- Euro festgesetzt. Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin, den Betrieb ihrer beiden Spielhallen für die Dauer des erstinstanzlichen Klageverfahrens zu dulden. 2 Die Antragstellerin betreibt am Standort W. Straße, in Hamburg, zwei Spielhallen („EG/links“ und „EG/rechts“). Der Spielhallenstandort besteht seit dem 16. Juni 1989. 3 Mit Schreiben vom 28. November 2016 beantragte die Antragstellerin für die streitgegenständlichen Spielhallen die Erteilung einer Erlaubnis nach dem Hamburgischen Spielhallengesetz (HmbSpielhG). Mit Schreiben vom 9. März 2017 teilte ihr die Antragsgegnerin mit, die Spielhallen stünden in einem baulichen Verbund und befänden sich zudem in einem Abstand von 196,25 m zu der Bestandsspielhalle am Standort H. Straße, Hamburg. Dieser Standort bestehe seit dem 5. Dezember 1985. Dem Betreiber dieser Spielhalle erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24. August 2017 die Erlaubnis zum Betrieb ab dem 1. Juli 2017. Den Widerspruch der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017 zurück. 4 Mit Bescheiden vom 24. August 2017 lehnte die Antragsgegnerin die beantragten Erlaubnisse zum Weiterbetrieb der streitgegenständlichen Spielhallen der Antragstellerin ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2017 zurück. 5 Über die hiergegen von der Antragstellerin am 15. Januar 2018 erhobene Klage (17 K 350/18) ist noch nicht entschieden worden. 6 Am 20. Dezember 2017 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Fortbetrieb der streitgegenständlichen Spielhallen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Erlaubnisverfahrens zu dulden. 7 Mit Beschluss vom 6. November 2018 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Die Antragstellerin habe das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für eine Versagung der nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG erforderlichen Spielhallenerlaubnis nach § 2 Abs. 5 Nr. 4 Alt. 1 HmbSpielhG dürften vorliegen. Die Spielhallen der Antragstellerin am Standort W. Straße unterschritten den im vorliegenden Gebiet geltenden Mindestabstand von 500 m zur 196,25 m entfernten Bestandsspielhalle H. Straße. Das Abstandsgebot in § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG dürfte verfassungsgemäß sein und nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Nach der für konkurrierende Bestandsspielhallen geltenden und hier zur Anwendung kommenden Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG könne die Antragstellerin nicht den Weiterbetrieb ihrer Spielhalle beanspruchen. Diese Regelung dürfte hinreichend bestimmt und auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sein. Hiervon ausgehend habe die Antragsgegnerin der Bestandsspielhalle H. Straße, an deren Standort seit dem 5. Dezember 1995 eine Spielhalle betrieben werde, zu Recht den Vorrang gegenüber den streitgegenständlichen Spielhallen gegeben, deren Standort erst seit dem 16. Juni 1989 bestehe. Die Anknüpfung an das Alter des Standorts und nicht an das der Spielhallenerlaubnis sei sachgerecht. Die Antragstellerin könne auch nicht deshalb die vorläufige Duldung ihrer beiden Spielhallen in der W. Straße begehren, weil ihr voraussichtlich eine Weiterbetriebserlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG im Wege der Befreiung von der Einhaltung des Abstandsgebots nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG zu erteilen sein werde. Das Vorliegen einer „unbilligen Härte“ habe sie nicht glaubhaft gemacht. Den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen und ihrem Vortrag lasse sich nicht entnehmen, dass ihre finanzielle Gesamtsituation die Schlussfolgerung rechtfertige, ihr drohe bezogen auf den Standort der beiden Spielhallen oder wegen der Gesamtsituation des Unternehmens die Insolvenz. 8 Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt. II. 9 Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. 10 Das gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO den Umfang der Überprüfung durch den Senat beschränkende Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründungsschrift ist auch unter Berücksichtigung derjenigen Ausführungen in ihren der Beschwerdebegründung nachfolgenden Schriftsätzen, die das fristgerechte Beschwerdevorbringen lediglich ergänzen, nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Ergebnis in Frage zu stellen. 11 1. Zunächst legt die Antragstellerin dar, das Aufstellen und der Betrieb von Geldspielgeräten in Spielhallen fielen unter die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit aus Art. 56 AEUV. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union stehe fest, dass schon der Besuch von Spielhallen durch (einzelne) EU-ausländische Urlauber einen grenzüberschreitenden Sachverhalt erzeuge. 12 Hiermit wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts schon deshalb nicht infrage gestellt, weil das Verwaltungsgericht selbst von der Anwendbarkeit des Unionsrechts ausgeht, soweit es festhält, dass das Abstandsgebot in § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstoßen dürfte. Ob die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit bereits deshalb betroffen ist, weil zu den Kunden der streitgegenständlichen Spielhallen auch Unionsbürger gehören oder deshalb, weil in anderen Mitgliedstaaten ansässige Unternehmen die Absicht haben könnten, Spielhallen in Deutschland bzw. Hamburg zu eröffnen, kann dahinstehen. 13 2. Weiter trägt die Antragstellerin vor, sowohl das Abstandsgebot als auch das Verbundverbot begründeten einen Eingriff in die unionsrechtlich geschützten Grundfreiheiten. Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten könnten zwar durch zwingende Gründe des allgemeinen Interesses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein, die Beschränkungen müssten jedoch geeignet sein, das Erreichen des verfolgten Ziels zu gewährleisten und dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Eine nationale Regelung sei unionsrechtlich zudem nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht würde, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (Kohärenzgebot). Das Abstandsgebot und das Verbundverbot genügten den unionsrechtlichen Rechtfertigungsanforderungen nicht. Das Unionsrecht verlange, dass die zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bemühten Gefahren tatsächlich anhand von genauen wissenschaftlichen, objektiv nachprüfbaren, statistischen oder sonstigen belastbaren Angaben belegt seien. Hierzu müsse eine entsprechende Untersuchung vorliegen. Ferner müssten sich aus diesen Angaben die Erforderlichkeit und Eignung des Verbots ableiten lassen. Es sei Aufgabe der zuständigen Behörde, die Rechtfertigungsgründe vorzubringen, die den Nachweis der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs begründeten. Diesen Beweis sei sie bisher schuldig geblieben. Es werde bestritten, dass eine entsprechende Untersuchung bzw. Zusammenstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse vorliege, die belege, dass die Verringerung der „Griffnähe und Verfügbarkeit“ des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen tatsächlich einen signifikanten Einfluss auf die Zahl pathologischer und problematischer Spieler habe. Wissenschaftliche Studien - insoweit zitiert die Antragstellerin verschiedene Quellen - kämen zu einem gegenteiligen Schluss und konstatierten, dass die Anzahl der Geldspielgeräte in einer Spielhalle für sich allein betrachtet von keiner wesentlichen Bedeutung für die Prävalenz eines problematischen oder pathologischen Spielverhaltens der Bevölkerung sei. Obwohl die Zahl der Spielhallenstandorte von 7.860 im Jahr 2006 auf 9.102 in 2016 gestiegen sei, habe sich das Ausmaß an problematischem und pathologischem Spielverhalten im Bereich des Glücksspiels an Geldspielgeräten im Zeitraum von 2007-2013 kaum verändert. Das rein flächendeckende Ausdünnen der Spielhallendichte stärke weder die Resilienz suchtgefährdeter junger Erwachsener noch verhindere es die tatsächliche Zugangsmöglichkeit von suchtgefährdeten Spielkonsumenten in die verbleibenden Spielhallenbetriebe. 14 a) Diese Ausführungen geben keinen Anlass für eine Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses. Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 9. Juli 2018 (4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 47 ff.) erkannt, dass das Abstandsgebot nicht gegen unionsrechtliche Bestimmungen verstößt. Hieran hält er auch angesichts der vorliegenden Beschwerdebegründung fest. Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dürfte aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses - hier der Bekämpfung der Spielsucht - gerechtfertigt sein. Die Auffassung der Antragstellerin, hierfür fehle es an einer tragfähigen Begründung, weil das Unionsrecht verlange, dass die zur Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit bemühten Gefahren tatsächlich anhand von genauen, objektiv nachprüfbaren, statistischen oder sonstigen belastbaren Angaben belegt seien, teilt der Senat nicht. Insbesondere ergibt sich das nicht aus den insoweit von der Antragstellerin angeführten Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union. 15 In dem von der Antragstellerin zur Begründung ihrer Rechtsansicht herangezogenen Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Oktober 2016 (C-148/15, NVwZ 2016, 1793, juris) ging es um die - dort verneinte - Vereinbarkeit einer Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln mit der Freiheit des Warenverkehrs (Art. 34 AEUV). Der Gerichtshof der Europäischen Union erkennt den Mitgliedstaaten einen Wertungsspielraum hinsichtlich des Niveaus, auf dem der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gewährleistet werden soll, und der Frage, wie dieses Niveau erreicht werden soll, zu und führt sodann aus, eine Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit lasse sich nur dann mit Erfolg rechtfertigen, wenn sie geeignet sei, die Verwirklichung des verfolgten legitimen Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehe, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich sei. Den nationalen Behörden obliege es, die dafür erforderlichen Beweise in jedem Einzelfall beizubringen. Ein nationales Gericht müsse somit, wenn es eine nationale Regelung darauf prüfe, ob sie zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 36 AEUV gerechtfertigt sei, mit Hilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder anderer Mittel objektiv prüfen, ob die von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlaubten, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet seien und ob es möglich sei, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr weniger einschränkten (EuGH, Urt. v. 9.10.2016, C-148/15, NVwZ 2016, 1793, juris Rn. 30 ff.). 16 In dem weiteren von der Antragstellerin zitierten Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 14. Juni 2017 (C-685/15, NVwZ 2018, 479, juris) ging es um Fragen des nationalen Verfahrensrechts. In diesem Urteil äußert sich der Gerichtshof der Europäischen Union zur Dienstleistungsfreiheit und führt u.a. aus, das nationale Gericht müsse sich vergewissern, dass die nationale Regelung tatsächlich den von ihr verfolgten Zielen entspreche, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheit zum Spiel zu verringern, die Tätigkeit in diesem Bereich zu begrenzen und die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen; das nationale Gericht müsse eine Gesamtwürdigung der Umstände vornehmen, unter denen eine restriktive Regelung erlassen worden sei und durchgeführt werde, wobei die Entwicklung der Umstände nach dem Erlass der betreffenden Regelung berücksichtigt werden müssten (EuGH, Urt. v. 14.6.2017, C-685/15, NVwZ 2018, 479, juris Rn. 50 ff.). 17 Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union legt im Streitfall eine fehlende Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch das Abstandsgebot nicht nahe. 18 Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Oktober 2016 (C-148/15, NVwZ 2016, 1793, juris) betrifft einen anderen Regelungskontext als den des Glücksspielrechts, für den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union der besondere Charakter im Unterschied zu dem traditionellen Markt anerkannt ist (so auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, juris Rn. 34). So hat der Gerichtshof der Europäischen Union konkret in Bezug auf nationale Regelungen über den Betrieb von Geldspielautomaten in Spielhallen in seinem Urteil vom 22. Juni 2017 (C-49/16, juris Rn. 36 ff.) darauf hingewiesen, dass den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei stehe, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau zu bestimmen, und dass festzustellen sei, dass die erklärten Ziele der im Ausgangsverfahren streitigen Rechtsvorschriften, nämlich der Schutz der Verbraucher vor Spielsucht und die Verhinderung von Kriminalität und Betrug im Zusammenhang mit dem Spielen, zwingende Gründe des Allgemeininteresses seien, die Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten rechtfertigen könnten. Er hat betont, dass eine Reihe von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses Beschränkungen der Grundfreiheiten auf dem Gebiet des Glücksspiels rechtfertigen könnten, wie die Ziele des Verbraucherschutzes, der Betrugsvorbeugung, der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen, wobei die auferlegten Beschränkungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen müssten und eine nationale Regelung nur dann geeignet sei, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn die eingesetzten Mittel kohärent und systematisch seien und das Transparenzgebot beachtet werde. 19 Hier dürfte davon auszugehen sein, dass mit dem Abstandsgebot zwingende Gründe des Allgemeininteresses verfolgt werden, die eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen, insbesondere diese als verhältnismäßig erscheinen lassen. Dies ist bereits durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 131 ff.) geklärt, wonach u.a. das Abstandsgebot des insoweit mit dem Hamburgischen Spielhallengesetz vergleichbaren Spielhallenrechts des Saarlands mit der Vermeidung und Abwehr der vom Glücksspiel in Spielhallen ausgehenden Suchtgefahr und dem Schutz von Kindern und Jugendlichen einem besonders wichtigen Gemeinwohlziel dient, da Spielsucht zu schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen, ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann. Zur Begründung hat das Bundesverfassungsgericht nach umfassender Prüfung und Würdigung einer Vielzahl von Stellungnahmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 52) insbesondere ausgeführt, dass mit dem Abstandsgebot das Ziel der Spielsuchtbekämpfung durch eine Beschränkung des insgesamt verfügbaren Spielhallenangebots verfolgt werde. Zweck u.a. des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen sei die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Diese Einschätzungen der Gesetzgeber seien nicht offensichtlich fehlerhaft. Die Gesetzgeber hätten im Rahmen des ihnen zustehenden und nur in begrenztem Umfang überprüfbaren Einschätzungs- und Prognosespielraums auch davon ausgehen dürfen, dass das Verbundverbot und das Abstandsgebot geeignete und erforderliche Mittel zur Bekämpfung der Spielsucht darstellten. Das Verbundverbot und das Abstandsgebot seien auch angemessen. Das Abstandsgebot sei auch konsequent am Ziel der Spielsucht ausgerichtet (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 131 ff.). Dem ist der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. Juli 2018 gefolgt (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 44). Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Gesetzeszweck, der Bekämpfung der Spielsucht, zwar in erster Linie die Rechtfertigung des in dem Abstandsgebot liegenden Eingriffs in Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG begründet, es hat jedoch darüber hinaus festgestellt, dass die Regelungen auch den Anforderungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die staatliche Bekämpfung der Spielsucht im nicht monopolisierten Bereich gerecht würden (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 124). 20 Angesichts des den Mitgliedstaaten im Glücksspielsektor durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (s.o.) zugebilligten Ermessens- bzw. Wertungsspielraums dürfte es daher keiner weitergehenden statistischen oder ähnlichen Erhebungen durch die Antragsgegnerin bzw. den Gesetzgeber bedürfen (so auch OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 13, bestätigt durch Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris Rn. 10; OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, 1 B 248/18, juris Rn. 34, bestätigt durch Beschl. v. 4.2.2020, 1 B 318/19, juris Rn. 9). 21 b) Die Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung zum erforderlichen Nachweis des Vorliegens der behaupteten Gefahren (Suchtgefahr) und zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen führen zu keiner anderen Betrachtung. Sofern die Antragstellerin aus einer Studie zitiert, wonach „die Anzahl der Geldspielgeräte in einer Spielhalle für sich allein betrachtet von keiner wesentlichen Bedeutung für die Prävalenz eines problematischen oder pathologischen Spielverhaltens in der Bevölkerung“ sei, ist schon nicht deutlich, inwiefern dies für das Abstandsgebot, bei dem es nicht um die Anzahl von Geldspielgeräten in einer Spielhalle geht, erheblich sein soll. Sofern die Antragstellerin auf die im Zeitraum von 2006-2016 gestiegene Zahl der Spielhallenstandorte und das gleichwohl kaum veränderte Ausmaß an problematischem und pathologischem Spielverhalten im Bereich des Glücksspiels an Geldspielgeräten hinweist, greift sie lediglich einen Aspekt, dessen Richtigkeit hier unterstellt werden soll, heraus, ohne damit zu belegen oder auch nur nahezulegen, dass - im Umkehrschluss - das Ausmaß an problematischem und pathologischem Spielverhalten auch bei einer nennenswerten Reduzierung der Zahl der Spielhallenstandorte (Angebotsverknappung) und der an einem Ort zulässigen Spielhallen unverändert bliebe. Unberücksichtigt bei ihrer Einlassung bleibt die Frage, ob die Erhöhung der Zahl der Spielhallenstandorte möglicherweise deshalb nicht zur Ausweitung des Ausmaßes pathologischen und problematischen Spielverhaltens geführt hat, weil bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine Marktsättigung eingetreten ist, sodass zusätzliche Standorte nicht zur Verschärfung der Problematik beitragen konnten. Abgesehen davon wird die Schlussfolgerung der Antragstellerin auch dadurch infrage gestellt, dass sie lediglich an ein prozentuales Verhältnis anknüpft, nicht jedoch an die absolute Zahl von Spielsucht betroffener Menschen. Insofern bleibt die in der Beschwerdebegründung nicht angesprochene Frage unbeantwortet, ob sich die Zahl der spielsüchtigen Menschen bei einer deutlichen Verknappung des Angebotes verringert. 22 Da - wie noch auszuführen sein wird - der Beschluss des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die Anwendung der Regelungen zum Abstandsgebot im konkreten Fall nicht ernstlich zweifelhaft ist, kommt es auf die - vom Bundesverfassungsgericht bejahte (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 124 ff.) - Frage der Unionsrechtsmäßigkeit des Verbundverbots nicht mehr an. 23 3. Sodann trägt die Antragstellerin vor, das Abstandsgebot und das Verbundverbot seien inkohärent. Das Kohärenzgebot verlange stimmige, widerspruchsfreie Maßnahmen in normativer und tatsächlicher Hinsicht. Erforderlich sei eine zwischen Bund und Ländern koordinierte, sektorenübergreifende, systematisch und widerspruchsfrei am Monopolziel der Suchtbekämpfung orientierte Glücksspielpolitik, die vergleichbare Gefährdungen gleichermaßen erfasse, weshalb auch die Auswirkungen einer gegenläufigen Regelung anderer Glücksspielsektoren mit in den Blick zu nehmen seien. Dem würden das Verbundverbot und die Abstandsregelung nicht gerecht. Denn der durch die Regelungen angeblich intendierte Spielerschutz laufe durch den abweichenden regulatorischen Rahmen und den mangelnden Gesetzesvollzug sowohl im Bereich des Automatenspiels als auch in anderen Glücksspielsektoren faktisch leer. 24 Konterkariert werde die Politik der Begrenzung der Spielmöglichkeiten bereits durch die flächendeckende Erteilung von Erlaubnissen für Bestandsspielhallen im Wege sogenannter Härtefallbefreiungen in Bayern und Rheinland-Pfalz. In Rheinland-Pfalz würden in der Praxis flächendeckend Befreiungen vom Verbundverbot und vom Mindestabstand befristet bis zum 30. Juni 2021 erteilt. In Bayern fänden das Verbundverbot und die Abstandsregelung infolge einer extensiven Auslegung der Härtefallregelung flächendeckend keine Anwendung, sofern eine Maximalzahl von 48 Spielautomaten im baulichen Verbund nicht überschritten werde und die bereits bisher geltenden Anforderungen zur räumlichen und optischen Gestaltung beachtet würden. In Niedersachsen gestalte sich die Lage in Bezug auf die Mindestabstandsregelung ähnlich. Aufgrund einer Weisung des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums erteilten die Kommunen in Konkurrenzsituationen Erlaubnisse in allen Fällen, in denen eine Spielhalle zuvor in einem Losentscheid unterlegen gewesen sei. Die Erlaubnisse würden gerade bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Glücksspielgesetzes sehe zudem eine Regelung vor, wonach der Betrieb von bis zu zwei Altspielhallen, die in einem baulichen Verbund oder in Unterschreitung des Mindestabstands betrieben würden, auf Antrag unter Anrechnung bereits erteilter Erlaubnisse bis zum 30. Juni 2021 von den Anforderungen nach § 24 Abs. 2 sowie § 25 GlüStV befreit würden. Die unterschiedliche Rechtsanwendung sei auch nicht unerheblich. Das Unionsrecht erweise sich als blind für die innerstaatliche Kompetenzverteilung und Aufgliederung in Bundesländer. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe es ausdrücklich für möglich gehalten, dass die Kohärenz der Glücksspielpolitik in den Bundesländern durch weniger strenge Regelungen in einem anderen Bundesland beeinträchtigt werden könne. 25 Die inkohärente Regulierung werde bei einer sektorübergreifenden Betrachtung noch deutlicher. So sei insbesondere das weit gefährlichere Automatenspiel in den Spielbanken nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Spielleidenschaft und Bekämpfung pathologischen Spielverhaltens ausgerichtet, obwohl der Gesetzgeber gerade dort eigene fiskalische Interessen verfolge, indem er den Gewinn der staatlichen Spielbanken und ihrer Zweigspielbetriebe abschöpfe. Die Annahme des Bundesverfassungsgerichts, die vom „Kleinen Spiel“ an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sei viel geringer als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen, sei überholt. Nach einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zum Glücksspielverhalten und zur Glücksspielsucht in Deutschland würden dem Automatenspiel in den Spielbanken die mit Abstand höchsten Risiken attestiert. Der Einwand, in den Spielbanken seien umfangreiche Schutzvorschriften vorgesehen, verfange damit nicht mehr, zumal das für Spielbanken gemäß § 8 GlüStV vorgesehene Spielersperrsystem erst nach Entstehen eines problematischen Spielverhaltens greife und keinerlei präventive Wirkung habe. Der Ausschluss von Spielern mit pathologischem Spielverhalten komme unter dem Aspekt der Suchtprävention zu spät, da die Spielersperre in Spielbanken in der Regel über sechs Jahre nach der ersten Erkenntnis, ein glücksspielbedingtes Problem zu haben, erfolge. Die Spielbanken profitierten massiv von der Regulierung der Spielhallen. 26 Die Inkohärenz folge ferner aus der Ungleichbehandlung von Spielhallen mit Gaststätten, in denen Geldspielgeräte nach wie vor ubiquitär verfügbar seien, Abstandsvorgaben existierten nicht. Sie seien für Jugendliche frei zugänglich und würden in Reaktion auf die verschärften regulatorischen Rahmenbedingungen im Bereich der Spielhallen immer öfter allein zum Zwecke des gewerblichen Geldspiels aufgesucht. Dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 die liberale Regelung im Bereich der Geldspielgeräte in Gaststätten als nicht offensichtlich fehlerhaft qualifiziert habe, da - anders als bei Spielbanken - keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar seien, widerspreche dem unionsrechtlichen Prüfungsmaßstab, wonach eine nationale Beschränkung nur dann geeignet sei, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werde, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Der einzige Unterschied, ob ein Spieler an einem Geldspielgeräte in einer Gaststätte oder einer Spielhalle spiele, liege darin, dass sich in einer Spielhalle meist mehr Geldspielgeräte befänden, wohingegen in einer Gaststätte zusätzlich die Möglichkeit bestehe, Alkohol und Speisen zu konsumieren. 27 Sogenannte Casino-Games würden im Internet rund um die Uhr und ohne jedwede Regulierung auf hunderten von Seiten angeboten. Sie seien dem großen Spiel der Spielbanken und den dort befindlichen Slotmaschines nachempfunden und im Internet in Deutschland - mit Ausnahme von Schleswig-Holstein - nicht erlaubnisfähig. Gleichwohl werde das Angebot seit Jahren ausgeweitet. Dass die Antragsgegnerin dagegen vorgehe, sei nicht bekannt. Solange dies nicht der Fall sei, könne von einer kohärenten Glücksspielpolitik keine Rede sein. Die strikte Regelung der Spielhallen laufe hierdurch faktisch leer und führe zur Abwanderung ins Internet. Die mit dem Abstandsgebot und dem Verbundverbot angeblich intendierte Spielsuchtbekämpfung sei zum Scheitern verurteilt. 28 Die mangelnde Kohärenz sei schließlich auch ein Resultat der Politik im Sektor der Sportwetten, der seit den neunziger Jahren von einer stetigen Angebotsausweitung und einem „Wildwuchs“ privater Anbieter und Angebote geprägt sei. Sportwetten seien heute ubiquitär verfügbar. Anders als Spielhallen unterlägen Wettvermittlungsstellen keinerlei Abstandsvorgaben. Spielerschützende Einsatz- und Verlusthöhenbegrenzungen existierten im Bereich der terrestrischen Sportwettvermittlung nicht. 29 Konterkariert werde die glücksspielrechtliche Regelung im Bereich der Spielhallen schließlich auch durch die anreizende und ermunternde Werbung der staatlichen Lotterieunternehmen, die seit Jahren ungehindert und massiv für die von ihnen vertriebenen Glücksspielprodukte würben. Ein besonders krasses Beispiel bilde die Werbung für den „Eurojackpot“, in der nicht nur in ausschließlicher und einseitiger Weise der Nutzen des Glücksspiels betont, sondern suggeriert werde, dass die Teilnahme an staatlichem Glücksspiel die finanzielle Situation verbessern, Problemen entgegenwirken und den eigenen sozialen Erfolg fördern könne. Solange sowohl im Internet als auch in den rund 27.000 gewerblichen Annahmestellen dergestalt anreizend und ermunternd für staatliche Glücksspiele geworben werde, könne keine Rede davon sein, dass das Verbundverbot und der Mindestabstand Ausdruck einer systematischen und kohärenten, auf die Bekämpfung von Suchtgefahren ausgerichteten Regulierung seien. Dies gelte umso mehr, als die Beschränkungen im Bereich der Spielhallen mit dem Ziel erfolgten, die fiskalisch motivierten staatlichen Ausschließlichkeitsrechte im Bereich der Lotterien zu legitimieren. 30 Nichts anderes folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017, da das Unionsrecht in dem Verfahren nicht entscheidungserheblich gewesen sei. Das Bundesverfassungsgericht habe seine Prüfung in verfassungsrechtlicher Hinsicht auf eine reine Willkürkontrolle beschränkt und die Einschätzungen des Gesetzgebers zum Zwecke des Verbundverbots und des Abstandsgebots lediglich als nicht offensichtlich fehlerhaft qualifiziert. Dies genüge den unionsrechtlichen Anforderungen nicht. Auch aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2016 zum Berliner Spielhallengesetz (8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris) folge in unionsrechtsrechtlicher Hinsicht nichts anderes, sie beruhe gleich in mehrfacher Hinsicht auf offenkundig falschen Annahmen. Wenn das Bundesverwaltungsgericht behaupte, der Gerichtshof der Europäischen Union habe das unionsrechtliche Kohärenzgebote für das Glücksspiel in seiner bisherigen Rechtsprechung lediglich im Bereich staatlicher Monopolregelungen für relevant gehalten (juris Rn. 85), sei dies unzutreffend. Die unionsrechtliche Anforderung, dass auf zwingende Erfordernisse des Gemeinwohls gestützte Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs systematisch und kohärent verfolgt werden müssten, gelte nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch außerhalb des Bereichs staatlicher Monopolregulierungen (so EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 und C-77/10, Rn. 63 f.). Die staatsvertraglichen Beschränkungen im Bereich der Spielhallen dienten primär dazu, die staatlichen Ausschließlichkeitsrechte im Bereich der Lotterien und Sportwetten unionsrechtlich zu legitimieren. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass die Länder mit diesen Ausschließlichkeitsrechten illegitime fiskalische Ziele verfolgt hätten und auch weiterhin verfolgten. Daher gelte der Vorwurf der Scheinheiligkeit auch für die Beschränkungen im Bereich der Spielhallen. Die vom Bundesverwaltungsgericht in der genannten Entscheidung vorgenommene Folgenabschätzung negiere das vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellte Erfordernis der Gesamtkohärenz. Solle - wie hier - mittels einer Regelung problematisches und pathologisches Spielverhalten bekämpft werden, werde dieses Ziel schon dadurch konterkariert, dass in anderen Glücksspielsektoren eine andere Glücksspielpolitik betrieben werde, ohne dass es insoweit auf etwaige „Ausweichbewegungen“ ankomme. Im Übrigen hätten sich die Behörden und Gerichte im Lichte der jeweils konkreten Anwendungsmodalitäten aufgrund einer dynamischen Prüfung zu vergewissern, dass eine Beschränkung dringend erforderlich, verhältnismäßig sowie Ausdruck einer systematischen und kohärenten Regulierungs- und Behördenpraxis sei. 31 Dieses Vorbringen lässt den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht zweifelhaft erscheinen: 32 Die beanstandeten Regelungen des Verbundverbots und des Abstandsgebots entsprechen dem Anliegen des Gesetzgebers, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheit zum Spiel zu verringern (vgl. dazu EuGH, Urt. v. 30.6.2016, C-465/15, juris Rn. 33 ff.). Zwar haben die Mitgliedstaaten im nichtharmonisierten Bereich des Glücksspiels ein weites gesetzgeberisches Ermessen, die Ziele ihrer Politik festzulegen, das ihnen am geeignetsten erscheinende Niveau des Schutzes der Verbraucher und der Sozialordnung zu bestimmen und damit die Grundfreiheiten einzuschränken. Innerhalb dieses Schutzsystems müssen die Mitgliedstaaten ihr legitimes Regelungsziel aber kohärent und systematisch verfolgen (vgl. EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 u.a., Rn. 63; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 10.12, juris Rn. 30 ff, jeweils m.w.N.). Das Kohärenzgebot fordert, dass der Mitgliedstaat mit Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs im Glücksspielbereich - auch soweit sie nicht in einem staatlichen Monopol bestehen - zum einen die damit bezweckten Gemeinwohlziele auch tatsächlich verfolgen muss und nicht in Wahrheit andere Ziele - namentlich solche finanzieller Art - anstreben darf sowie zum anderen, dass er sie nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkarieren darf, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt. Es verlangt - zumal in bundesstaatlich gegliederten Mitgliedstaaten wie Deutschland - weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, NVwZ 2010, 1422, juris, Rn. 55, 64 ff., 68; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, NJW 2004, 139, juris, Rn. 66 f.; BVerwG, Urt. v. 20.6.2013, 8 C 10.12, BVerwGE 147, 47, juris Rn. 31 ff., m.w.N.; OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 17 f.). 33 Davon ausgehend dürfte in Bezug auf das Abstandsgebot ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot nicht vorliegen: 34 a) Zunächst steht der Rechtfertigung des Eingriffs in die Grundfreiheiten kein Verstoß gegen das Kohärenzerfordernis entgegen, soweit es die landesrechtlichen Vorschriften zur Befreiung von den Regelungen zum Mindestabstand und zum Verbundverbot bei Vorliegen einer unbilligen Härte in den verschiedenen Bundesländern und deren konkrete Handhabung durch die zuständigen Behörden betrifft. Nach Art. 25 Abs. 1, Abs. 2 GlüStV gilt in allen Bundesländern das Gebot, einen Mindestabstand zwischen Spielhallen einzuhalten bzw. der Ausschluss der Erteilung einer Erlaubnis für eine Spielhalle, die in einem baulichen Verbund mit weiteren Spielhallen steht. Nach Art. 29 Abs. 4 Sätze 4 und 5 GlüStV können hiervon Befreiungen für einen angemessenen Zeitraum zugelassen werden, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist, wobei das Nähere die Ausführungsbestimmungen der Länder regeln. Die unterschiedliche Ausgestaltung des Landesrechts in diesem Zusammenhang dürfte nicht zu beanstanden sein. Die Befreiungsvorschriften ermöglichen ohnehin nur ein vorübergehendes Absehen von der Umsetzung des Abstandsgebots und des Verbundverbots, sodass sich hieraus für einzelne Betreiber von Spielhallen ergebende Vor- oder Nachteile nur vorübergehender Natur sind (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 7.2.2019, 3 B 398/18, juris Rn. 40). Zudem ergibt sich aus den Härtefallregelungen im Kern nur eine Abmilderung der - unionsrechtlich nicht zu beanstandenden (s.o.) - Beschränkung der Grundfreiheiten, sodass eine unterschiedliche Handhabung der Befreiungsmöglichkeit in den Bundesländern für sich genommen die Rechtfertigung der Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht in Frage stellen kann (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, 1 B 284/18, ZfWG 2019, 71, juris Rn. 38). 35 Diese Betrachtungsweise steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union. In seinem von der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung zitierten glücksspielrechtlichen Urteil vom 12. Juni 2014 (C- 156/13, juris Rn. 33 ff.) hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland die Auffassung vertreten dürfe, dass es im Interesse aller Betroffenen Sache der Länder und nicht des Bundes sei, bestimmte Vorschriften zu erlassen und dass die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den Ländern nicht in Frage gestellt werde, da sie unter dem Schutz von Art. 4 Abs. 2 EUV stehe, nach dem die Union verpflichtet sei, die jeweilige nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck komme. Der Gerichtshof der Europäischen Union schließt es zwar nicht aus, dass die Kohärenz glücksspielrechtlicher Regelungen möglicherweise durch die weniger strenge Regelung eines Bundeslandes beeinträchtigt werden kann, vertritt aber ausdrücklich nicht die Auffassung, dass die abweichende zeitlich begrenzte Rechtslage in einem Bundesland die Eignung der in den anderen Bundesländern geltenden Beschränkungen des Glücksspiels zur Erreichung der mit ihnen verfolgten legitimen Ziele des Allgemeinwohls erheblich beeinträchtigt (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 2.4.2020, 4 B 1478/18, juris Rn. 29; OVG Bautzen, Beschl. v. 29.11.2019, 6 B 143/18, juris Rn. 70 f. m.w.N.). Die jeweilige Zuständigkeit der Länder einschließlich der der lokalen Selbstverwaltung verbleibenden Ermessensspielräume ist nach Art. 4 Abs. 2 EUV unionsrechtlich zu achten (vgl. EuGH, Urt. v. 12.6.2014, C-156/13, NVwZ 2014, 100, juris, Rn. 34; vgl. zu den Spielerschutzzwecken: BGH, Urt. v. 27.2.2020, 3 StR 327/19, juris Rn. 41). 36 b) Der Rechtfertigung des Eingriffs in die Grundfreiheiten steht ein Verstoß gegen das Ko-härenzerfordernis auch nicht entgegen, soweit es die Regelung des Automatenspiels in Spielbanken und Gaststätten sowie für Online-Angebote bzw. staatliche Lotterien sowie etwaige Vollzugsdefizite betrifft (so auch OVG Münster, Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris Rn. 10; OVG Saarlouis, Beschl. v. 4.2.2020, 1 B 318/19, juris Rn. 10 ff., 13). 37 Im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 4 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 HmbSpielhG (Beschränkung der Zahl der Geldspielgeräte) hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 7. Februar 2018 (4 Bf 217/17, NVwZ-RR 2019, 28, juris) erkannt, dass die Regelung konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet ist, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Hinsichtlich des Abstandsgebots und des Verbundverbots gilt dies entsprechend. Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 141-147) zum Vergleich mit Spielbanken ausgeführt: 38 „... Das Verbundverbot und die Abstandsgebote sind konsequent am Ziel der Spielsuchtbekämpfung ausgerichtet, auch wenn Spielhallen, Spielbanken und Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind, unterschiedlichen Regelungen unterworfen sind. Bei der Regulierung der Geldspielgeräte in Gaststätten sind keine gesteigerten fiskalischen Interessen auf Seiten der Länder erkennbar. 39 Mit dem in die Regelungen nicht einbezogenen Betrieb der Spielbanken sind allerdings gesteigerte fiskalische Interessen der Länder verbunden, weil ihnen nach Landesgesetz wesentliche Anteile an der Betreibergesellschaft gehören (vgl. § 5 Abs. 3 SpielbG-Saar) und sie Bruttospielertrag und Gewinn der Spielbanken abschöpfen (vgl. § 14 Abs. 1, § 15 SpielbG-Saar; § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2 bis 5 SpBG Bln). Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass das Verbundverbot und die weiteren Beschränkungen in den neuen Spielhallengesetzen indirekt auch fiskalische Interessen der Länder durch Verlagerung auf das Angebot der Spielbanken fördern. Insoweit besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen den - hier regulierten - Spielhallen und den - auch mit fiskalischen Interessen betriebenen - Spielbanken, die in Berlin und im Saarland Dependancen oder Zweigniederlassungen betreiben, in denen ausschließlich und losgelöst von den übrigen Glücksspielangeboten der Spielbanken vergleichbares Glücksspiel an Automaten beziehungsweise Geräten angeboten wird. Diese sind durch die ausdrückliche Ausnahme in § 33h Nr. 1 GewO von der Anwendbarkeit der spielhallenbezogenen Regelungen der Gewerbeordnung ausgenommen. Demgegenüber wird der Entstehung von Mehrfachspielhallen, die wegen des großflächigen Angebots und der größeren Zahl an verfügbaren Spielgeräten in die Nähe der Automatensäle von Spielbanken heranrücken, mit den angegriffenen Regelungen entgegengewirkt. 40 Dennoch liegt hierin keine Inkonsequenz in Bezug auf das von den Gesetzgebern verfolgte Ziel der Bekämpfung der Glücksspielsucht, da der Betrieb der Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten in eigener Weise an den in § 1 GlüStV benannten Zielen, insbesondere der Bekämpfung der Glücksspielsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV) und der Begrenzung und Kanalisierung des Spieltriebs (§ 1 Nr. 2 GlüStV), ausgerichtet sind. Für Spielbanken sind umfangreiche Spielerschutzvorschriften vorgesehen. (...) Dementsprechend sieht § 20 Abs. 1 GlüStV zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV eine Begrenzung der Anzahl der Spielbanken in den Ländern vor. Damit sind auch der Zulassung von Zweigniederlassungen beziehungsweise Dependancen Grenzen gesetzt. (...) So ist das Spiel in Spielbanken aufgrund der begrenzten Zahl der Standorte (...) aus dem Alltag herausgehoben, während das Spiel in Spielhallen schon aufgrund der großen Verfügbarkeit und der wesentlich zahlreicheren Standorte Bestandteil des alltäglichen Lebens ist. Dieser Unterschied wird auch bei einer Reduzierung des Bestands an Spielhallenstandorten aufgrund der Abstandsgebote nach Ablauf der Übergangsfristen grundsätzlich fortbestehen. Nach den vorliegenden Untersuchungen fällt die vom kleinen Spiel an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer aus als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 189; Haß/Lang, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland. Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102; Meyer u.a., Pathologisches Glücksspielen und Epidemiologie: Entstehung, Komorbidität, Remission und Behandlung - Endbericht, S. 68). (...) 41 (...) Im Übrigen widerspricht das Angebot des Automatenspiels in Spielbanken in Berlin und im Saarland - soweit ersichtlich - auch in seiner tatsächlichen Ausgestaltung nicht den Zielen der Bekämpfung der Spielsucht und der Kanalisierung des Spieltriebs und orientiert sich nicht an fiskalischen Interessen der Länder. Die Zahl der Zweigniederlassungen ist in beiden Ländern leicht gesunken, während die Zahl der Spielhallen und gerade der Mehrfachspielhallen in den letzten zehn Jahren sprunghaft angestiegen ist. Auch bei Berücksichtigung der „Ausdünnung“ des Spielhallenmarktes durch Verbundverbot und Abstandsgebot nach Ablauf der Übergangsfristen zum 31. Juli 2016 beziehungsweise zum 30. Juni 2017 dürfte die absolute Zahl der Spielautomaten in Spielbanken erheblich geringer bleiben als die Zahl der Spielgeräte in Spielhallen. 42 Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automaten-spiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird.“ 43 Diesem Verständnis der Reichweite des unions- und verfassungsrechtlich geprägten Kohärenzgebots schließt sich der Senat mit Blick auf die Bestimmungen des Hamburgischen Spielhallengesetzes und das hier streitige Abstandsgebot bzw. Verbundverbot vollumfänglich an. Die Beschwerdebegründung gibt im Ergebnis keinen Anlass zu einer abweichenden Betrachtung. 44 Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass der vom Bundesverfassungsgericht zitierte Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 102), wonach die vom „kleinen Spiel“ an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik sehr viel geringer ausfällt als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen, nicht mehr aktuell ist, trifft das zu. Eine derartige Abstufung ergibt sich aus dem aktuellen Bericht (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland - Ergebnisse des Surveys und Trends 2017, Forschungsbericht vom 15.2.2018) nicht. Darin wird nämlich festgehalten, dass sich, wenn die Nutzung verschiedener Glücksspielformen betrachtet wird, beim „kleinen Spiel“ in der Spielbank und bei Internet-Casino-Spielen die höchsten Risiken finden, was mit Angaben zum Verhältnis zwischen den als mindestens problematisch glücksspielend klassifizierten Befragten und den gesamten Nutzern belegt wird. Als mindestens problematisch glücksspielend klassifizierte Befragte finden sich (bei der kombinierten Betrachtung der Erhebungen 2015 und 2017) signifikant am häufigsten unter Personen, die in den letzten 12 Monaten das „kleine Spiel“ in der Spielbank (21,1 %), Internet-Casino-Spiele (18,4 %), Bingo (12,3 %), Geldspielautomaten (10,5 %), Oddset-Spielangebote (9,8 %) oder Keno (9,6 %) gespielt haben (Seite 15). Diese Feststellung, wonach sich prozentual deutlich mehr mindestens problematische Spieler beim „kleinen Spiel“ in Spielbanken als in Spielhallen finden, ist allerdings nur bedingt aussagekräftig. In dem Forschungsbericht heißt es insoweit ausdrücklich, dass empirisch nicht abschließend geklärt werden könne, ob es sich hierbei um einen kausalen Zusammenhang handele, der von dem analysierten Glücksspiel ausgehe (d.h. dass das Glücksspiel der „Verursacher“ des problematischen oder pathologischen Spielverhaltens ist), oder ob das analysierte Glücksspiel „nur“ zusätzlich für mindestens problematisch Glücksspielende besonders attraktiv sei (Seite 134). In dem Forschungsbericht wird allerdings weiter ausgeführt, dass sich nach den zusammengeführten Daten aus 2015 und 2017 einmal mehr Geldspielautomaten als risikoreich für das Auftreten von Problemspielverhalten erwiesen haben (vgl. dazu auch Meyer, GewArch 2019, 184 ff.). Auch wenn aktuelle Forschungsergebnisse nicht (mehr) belegen, dass die vom „kleinen Spiel“ an Spielautomaten in Spielbanken ausgehende Suchtproblematik geringer als beim Spiel an Geldspielgeräten in Spielhallen ist, bleibt es doch bei den auch vom Bundesverfassungsgericht in der oben zitierten Entscheidung betonten grundsätzlichen Unterschieden zwischen den Spielorten, sodass der Senat nach wie vor davon ausgeht, dass die Regelungen zum Abstandsgebot und zum Verbundverbot bei Spielhallen konsequent auf das Ziel der Suchtbekämpfung ausgerichtet sind. Auch die Hinweise in der Beschwerdebegründung auf den zeitlichen Abstand zwischen der Erkenntnis, dass ein Spieler ein glücksspielbedingtes Problem hat, und der Verfügung einer Spielsperre, und auf den Zuwachs beim Bruttospielertrag des Automatenspiels in Spielbanken sprechen nicht für eine inkohärente Glücksspielpolitik. Die Zugangsbeschränkung nach § 8 GlüStV mag in ihrer Wirkung begrenzt sein, gleichwohl kann ihr auch wegen des mit Blick auf die Möglichkeit der Selbstsperre präventiven Charakters eine spielerschützende und suchtpräventive Wirkung nicht abgesprochen werden (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 134; OVG Bautzen; Beschl. v. 20.12.2019, 6 B 44/19, juris Rn. 11). Sie ist Teil der speziell für Spielbanken geltenden Regelungen, die deren Betrieb von dem der Spielhallen unterscheiden. Sofern, was die Antragstellerin behauptet, die Spielbanken beim Automatenspiel Ertragssteigerungen erzielen, ist nicht ersichtlich, inwieweit sich hieraus eine zur Inkohärenz führende Ungleichbehandlung ergeben soll. Insbesondere widerlegt dies nicht, dass die spielhallenrechtlichen Vorschriften konkret am Ziel der Suchtbekämpfung ausgerichtet sind und tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. 45 Auch im Vergleich mit Gaststätten, in denen Geldspielautomaten aufgestellt und betrieben werden, dürfte keine Inkohärenz vorliegen (so auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 13.12.2018, 1 B 248/18, ZfWG 2019, 71, juris Rn. 42). Derartige Gaststätten sind nicht dem Abstandsgebot oder dem Verbundverbot unterworfen. Das Bundesverfassungsgericht hat vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 GG entschieden, dass die insoweit bestehende Ungleichbehandlung verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei. Der Schwerpunkt der gewerblichen Tätigkeit von Gaststätten liege nicht im Aufstellen und Bereithalten von Spielgeräten, sondern im entgeltlichen Anbieten von Speisen und Getränken. Die Möglichkeiten und Anreize zu ununterbrochenem Spiel in Spielhallen seien daher typischerweise größer als in Gaststätten. Hinzu komme, dass gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV höchstens drei, ab dem 10. November 2019 nur noch zwei Geldspielgeräte je Gaststätte aufgestellt werden dürften (vgl. Art. 5 Nr. 1 Sechste Verordnung zur Reform der Spielverordnung vom 4. November 2014, BGBl I S. 1678, 1682). Das Gefährdungspotential in Gaststätten sei somit aufgrund der geringeren Verfügbarkeit des Glücksspiels deutlich geringer als in Spielhallen, und die Einbettung in den Gaststättenbetrieb ermögliche darüber hinaus eine größere soziale Kontrolle. Der Betrieb von „Spielcafés“ oder „Cafécasinos“ als Gaststätten mit höchstens drei Spielgeräten, die faktisch das Gepräge von kleinen Spielhallen hätten, ändere daran nichts, da solche Spielcafés als Spielhallen gelten würden und damit denselben Regeln unterworfen seien (BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 175). Diesen Überlegungen zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung schließt sich der Senat an und hält sie gleichermaßen für geeignet, ein kohärentes Vorgehen des Gesetzgebers in Bezug auf die Beschränkung der Grundfreiheiten zu belegen (vgl. bereits Urt. v. 7.2.2018, 4 Bf 217/17, juris Rn. 137, 139). Der Hinweis der Antragstellerin auf das unionsrechtliche Gebot kohärenten und systematischen Vorgehens sowie die - nicht belegte - Zunahme an Geldspielgeräten in Gaststätten und die erzielten Umsatzsteigerungen vermögen dies nicht in Zweifel zu ziehen. Die Antragstellerin setzt sich nicht näher mit den Unterschieden der Betriebsmodelle von Gaststätten- und Spielhallenbetreibern auseinander. 46 Eine relevante Inkohärenz lässt sich weiter nicht im Hinblick auf die in der Beschwerdebegründung angeführten illegal betriebenen sog. Casino-Games feststellen. Dass derartige Angebote im Internet in den meisten Bundesländern nicht erlaubt, gleichwohl aber zugänglich sind, trifft zu. Das Verbot, öffentliche Glücksspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln, ergibt sich allerdings bereits aus § 4 Abs. 4 GlüStV. Anders als die Antragstellerin unterstellt, gehen die zuständigen Behörden sehr wohl gegen illegales Glücksspiel im Internet vor; dass gehäufte oder systematische Verstöße nicht konsequent geahndet und unterbunden werden, ist nicht ersichtlich. Ein eine Inkohärenz möglicherweise begründendes Vollzugsdefizit gibt es nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.10.2017, 8 C 18.16, BVerwGE 160, 193, juris Rn. 47; OVG Berlin, Beschl. v. 20.8.2019, OVG 1 N 46.18, juris Rn. 26 ff.; OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 31 ff.; OVG Bautzen, Beschl. v. 20.12.2019, 4 B 44/19, juris Rn. 12). Angesichts der Vielfältigkeit und Unübersichtlichkeit des illegalen Angebots von Glücksspielen im Internet und der praktischen und personellen Möglichkeiten der zuständigen Behörden drängen sich auch dem Senat Bedenken, die Behörden könnten generell untätig sein, nicht auf (vgl. in diesem Sinne auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 4.2.2020, 1 B 318/19, juris Rn. 30). 47 Selbst wenn ein normativ angelegtes Vollzugsdefizit festzustellen wäre, wäre nicht aufgezeigt, dass hierdurch die Regulierung des Rechts der Spielhallen in einer Weise konterkariert würde, die ihre Eignung zur Erreichung der gesetzlichen Ziele, das Angebot von Glücksspielen zu begrenzen, in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen, ausschließen würde. Die Eignung einer Regelung zur Bekämpfung von Spielsucht entfällt nicht ohne Weiteres schon deshalb, weil illegale Formen von Suchtgefahren insbesondere im Internet nicht vollständig ausgeschlossen und unterbunden werden können (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 29.6.2020, 4 B 665/19, juris Rn. 54; Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris, Rn. 16 ff., 20; VGH Kassel, Beschl. v. 16.9.2019, 8 B 1481/19, juris, Rn. 26; EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., juris, Rn. 86 f.). 48 Auch der Hinweis der Antragstellerin auf den Beschluss der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 begründet keine Inkohärenz des Abstandsgebots aus § 2 Abs. 2 Satz 2 HmbSpielhG. Zwar ergibt sich aus der Regelung, dass bei der Prüfung der Zuverlässigkeit von Sportwettenanbietern neben erlaubten Glücksspielen bestimmte Angebote von nach dem bisherigen GlüStV nicht erlaubten Online-Spielen (virtuelle Automatenspiele und Online-Poker) in der Übergangszeit zwischen der Erlaubniserteilung nach dem GlüStV und dem beabsichtigten Inkrafttreten des GlüStV 2021 (voraussichtlich zum 1. Juli 2021) unschädlich sein sollen (Ziff. 4 des Staatsräte-Beschlusses). Diese Grundsätze werden bei dem Vollzug unerlaubten Glücksspiels im Zeitraum bis zum 30. Juni 2021 im Rahmen des Ermessens der zuständigen Behörden, gegen welche Betriebe und Anbieter im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitäten vorgegangen werden soll, berücksichtigt (Ziff. 5 des Staatsräte-Beschlusses). Aus dem Inhalt der Regelung ergibt sich bereits, dass dies nicht „auf eine faktische Duldung von illegalen virtuellen Automatenspielen, Online-Poker und Online-Computerspielen hinausläuft“ (vgl. auch Ziff. 5 Abs. 2-4). Vielmehr werden ab 15. Oktober 2020 bis voraussichtlich 30. Juni 2020 allenfalls diejenigen Anbieter (von Sportwetten) begünstigt bzw. wird gegen diese nicht vorgegangen, die bereits zu diesem Zeitpunkt die hohen persönlichen, technischen und wirtschaftlichen Anforderungen an die Zuverlässigkeit des Betreibers, an das Anbieten von „Online-Games“ und an den Spielerschutz und die Spielsuchtbekämpfung erfüllen, die nach dem GlüStV 2021-Entwurf verpflichtend sind (vgl. dort §§ 4a-4d, 6a-6j GlüStV 2021-E), und nur die dann erlaubten Spiele und Wetten anbieten. Dies ändert nichts an dem grundsätzlichen Verbot von nach dem GlüStV nicht erlaubten (virtuellen) Glücks-, insbesondere Automatenspielen. Auch ist vor dem Hintergrund der verlangten wirtschaftlichen und technischen Anforderungen an die Betreiber und den Betrieb virtueller Glücksspiele nichts dafür ersichtlich, dass - wie die Antragstellerin meint - alle Anbieter, bei denen abzusehen sei, dass diese sich der zukünftigen Regelung ab Juli 2021 „nicht entziehen würden“, bereits jetzt unbehelligt virtuelle Glücksspiele anbieten können. Eine fehlende Kohärenz kann auch nicht damit begründet werden, dass (terrestrische) Automatenspiele in Spielhallen strengen Anforderungen wie dem Abstandsgebot unterworfen werden, während „dieselben Automatenspiele virtuell ubiquitär verfügbar sind“. Wie sich aus den oben dargestellten, nach dem GlüStV 2021-Entwurf vorgesehenen Anforderungen für eine mögliche übergangsweise Duldung bestimmter Angebote ergibt, unterliegen Betriebe und Anbieter in diesem Fall hohen Anforderungen im Hinblick auf den Spielerschutz. Die Zulassung virtueller Glücksspiele muss naturgemäß einem anderen Konzept zum Schutz der Spieler vor Spielsucht genügen als dies für „terrestrische“ spielhallenbezogene Angebote gilt. Da das Kohärenzgebot kein Uniformitätsgebot ist (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 13.12.2018, 3 B 128/18, juris Rn. 51), muss und kann nicht jeder Glücksspielsektor mit den gleichen Maßnahmen reguliert werden. Die Maßnahmen, die für terrestrische Spielhallen zur Verhinderung der Entstehung von Glücksspielsucht ergriffen werden und insbesondere im Verbundverbot und Abstandsgebot Ausdruck finden, dürften aufgrund der Unterschiede in der Form der Wahrnehmung des Glücksspielangebotes voraussichtlich nicht auf den Online-Glücksspielsektor übertragen werden können. Da auch im Online - Glücksspielsektor eine Vielzahl an spielerschützenden Regeln geplant sind, die das Pendant zu spielerschützenden Maßnahmen im terrestrischen Geldspielgerätesektor darstellen sollen, ist gegenwärtig nicht ersichtlich, dass eine mögliche, übergangweise unter bestimmten strengen Anforderungen bereits in den Blick genommene Liberalisierung des Glücksspiels im Internet die mit dem Abstandsgebot und dem Verbundverbot verfolgten Ziele konterkariert. Solches macht die Antragstellerin im Übrigen auch nicht geltend. 49 Auch die Öffnungsklausel für Spielhallen in § 29 Abs. 4 GlüStV 2021-Entwurf lässt nicht den Schluss zu, dass die geltenden Regelungen zum Abstandsgebot das Automatenspiel in Hamburg nicht mehr in kohärenter und systematischer Weise begrenzen. Anhaltspunkte dafür, dass der Landesgesetzgeber in der Freien und Hansestadt Hamburg zukünftig von der Möglichkeit Gebrauch machen wird, befristete Erlaubnisse für in einem baulichen Verbund liegende Spielhallen abweichend von § 25 Abs. 2 GlüStV und § 25 Abs. 2 GlüStV 2021-Entwurf unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen, sind von der Antragsgegnerin verneint worden und auch nicht ersichtlich. 50 Ein Verstoß gegen das Kohärenzerfordernis ergibt sich auch nicht bezogen auf den Sektor der Sportwetten. Von Sportwetten geht eine wesentlich geringere Gefahr aus als vom Automatenspiel in Spielhallen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris, Rn. 22; Ergebnisse des Surveys 2015 und Trends - Forschungsbericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 2016, S. 15, worin Sportwetten im Zusammenhang mit signifikanten Suchtrisiken nicht genannt werden). Aus der Tatsache, dass es bisher nicht gelungen ist, für den Bereich der Sportwetten jenseits der Festlegung materiell-rechtlicher Schutzstandards ein unionsrechtskonformes Erlaubnisverfahren zu eröffnen, in dem Erlaubnisse auch tatsächlich erlangt werden können, lässt sich - auch mit Blick auf die tatsächlich deutlich geringere Spielsuchtrelevanz von Sportwetten - unionsrechtlich keine Rechtfertigung dafür ableiten, ein spielsuchtbegrenzendes unionsrechtskonformes Erlaubniserfordernis für den rechtlich hiervon zu unterscheidenden Bereich der Spielhallen außer Anwendung zu lassen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 16.8.2019, 4 B 659/18, juris Rn. 27). Im Übrigen sieht § 8 Abs. 6 HmbGlüÄndStVAG ein Abstandsgebot für Wettvermittlungsstellen vor, das allerdings noch nicht umgesetzt werden konnte, weil das vom Land Hessen durchzuführende Konzessionsverfahren nach § 9a Abs. 2 Nr. 3 GlüStV noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. 51 Schließlich dürfte sich Inkohärenz auch nicht im Hinblick auf die Werbung für staatliche Lotterieunternehmen feststellen lassen. Die auch von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren dargestellte Werbepraxis des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks stellt dies nicht in Frage. Zwar entspricht dem unionsrechtlich legitimen Ziel der Suchtbekämpfung und des Jugend- und Spielerschutzes nur eine Werbung, die maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum legalen Glücksspielangebot hinzulenken. Sie darf nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden. Unzulässig ist es auch, die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften zu erhöhen, die bedeutende Gewinne verführerisch in Aussicht stellen (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a.-, juris, Rn. 103 f.; OVG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2018, 11 LC 400/17, ZfWG 2018, 465, juris Rn. 55; vgl. auch bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 10.3.2014, 4 Bs 435/13, juris Rn. 52 zur Werbung für Spielbank). Die Werbung für staatliche Lotterien lässt jedoch nicht darauf schließen, dass die hier in Rede stehenden Beschränkungen für Spielhallen lediglich scheinheilig zur Suchtbekämpfung eingeführt worden sind, tatsächlich aber anderen - insbesondere fiskalischen - Zwecken dienen. Auch sonst lässt sich nicht feststellen, dass die genannte Werbung überhaupt Auswirkungen auf den hier in Rede stehenden regulierten Bereich der Spielhallen hat. Insoweit verlangt das Kohärenzgebot nur, dass der Zweck der jeweiligen Regelung nicht durch die mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen durchkreuzt werden darf. Es verlangt weder eine Uniformität der Regelungen noch eine Optimierung der Zielverwirklichung. Dass die mit der Regulierung der Spielhallen (Abstandsgebot und Verbundverbot) bezweckte Regelung durch die Werbepraxis vor allem für staatliche Lotterien konterkariert werden könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2018, 11 LC 400/17, ZfWG 2018, 465, juris Rn. 55; OVG Münster, Beschl. v. 29.6.2020, 4 B 665/19, juris Rn. 43 unter Verweis auf Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, juris Rn. 36 ff.; OVG Bautzen, Beschl. v. 20.12.2019, 6 B 44/19, juris Rn. 10). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Personen mit mindestens problematischem Glücksspielverhalten - trotz seit Jahren offensiver Werbepraxis - relativ selten unter den Lotteriespielenden vertreten sind, während das Spiel an Geldspielautomaten weiterhin zu den Glücksspielformen mit den höchsten Risiken zählt (vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland - Ergebnisse des Surveys und Trends 2017, Forschungsbericht vom 15.2.2018, Seite 15). Insbesondere kann das mit der Regelung bezweckte Ziel, die Zahl der Spielhallen wegen der gerade von diesen ausgehenden besonderen Suchtgefahren zu reduzieren, weiterhin verfolgt werden, auch wenn in diesen anderen Bereichen unionsrechtswidrig geworben werden sollte. Die Eignung zur Zielerreichung im Bereich der Spielhallen wird hierdurch nicht aufgehoben (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2018, 11 LC 400/17, ZfWG 2018, 465, juris Rn. 56; OVG Münster, Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, juris Rn. 42). 52 4. Weiter macht die Antragstellerin geltend, jedenfalls dürfe § 9 Abs. 4 HmbSpielhG keine Anwendung finden, da diese Regelung verfassungswidrig sei und sie in ihrem Bewerberverfahrensanspruch verletze. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Auswahlentscheidung allein anhand des Alters des Spielhallenstandorts existiere nicht. Die Auswahlentscheidung zwischen zwei Spielhallen sei an Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG zu messen (Anspruch auf gleiche Teilhabe an staatlichen Leistungen, auf Nutzung vorhandener Kapazitäten, auf sachgerechte Verteilungskriterien und auf ein faires Zuteilungsverfahren). Bei der Erlaubnis gemäß § 2 Abs. 1 HmbSpielhG handele es sich um eine staatliche Leistung. Technisch werde von einem „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ gesprochen. Es dürfe nicht ein Teil der Betroffenen willkürlich und rechtswidrig von der staatlichen Zulassung ausgeschlossen werden. Für die Rechtfertigung der Ungleichbehandlung gelte ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter Prüfungsmaßstab. Die gesetzlichen Vorgaben schlössen eine Neukonzessionierung von Spielhallen fast vollständig aus. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG werde den Anforderungen nicht gerecht. 53 Dem Kriterium fehle es bereits an einer inneren Rechtfertigung. Das Standortalter weise keinerlei Bezug zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages und des Hamburgischen Spielhallengesetzes auf. Das Anciennitätsprinzip sei zur Bekämpfung der Spielsucht und des Spieler- und Jugendschutzes ungeeignet, weil es diese Ziele in keiner Weise fördern könne. Das Alter des Spielhallenstandortes bzw. die Nummer der Gewerbeanmeldung sage nichts darüber aus, ob und inwieweit der Weiterbetrieb mit den Zielen des Hamburgischen Spielhallengesetzes in Einklang stehe. Es ließen sich daraus auch keine Rückschlüsse auf eine besondere Expertise im Umgang mit Spielsüchtigen oder auf einen besseren Spieler- und Jugendschutz ziehen. Die Ziele erforderten eine Auswahlentscheidung anhand sachgerechter qualitativer Gesichtspunkte im Sinne einer personen- bzw. unternehmensbezogenen Bestenauslese. Auch die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 (Rn. 184 f.) erwähnten komplexen Abwägungsentscheidungen erforderten die Berücksichtigung subjektiver Faktoren und stünden einer rein formalen Auswahl entgegen. Der Einwand des Senats, es stünden ohnehin nur Bewerber zur Auswahl, die hinsichtlich der Eindämmung der für die Suchtgefahr relevanten Kriterien bereits auf einer Stufe stünden, überzeuge nicht, da es auch unterhalb der Stufe der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit massive Unterschiede bei der ordnungsgemäßen Betriebsführung gebe. 54 Auch die Komplexität der verschiedenen Konkurrenzbeziehungen vermöge eine Auswahl allein anhand des Standortalters sachlich nicht zu rechtfertigen. Es gehe um einen schweren Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit, bei dem die Verwaltungspraktikabilität niemals im Vordergrund stehe, sondern sachliche Auswahlkriterien allenfalls flankiere. Dies gelte umso mehr, als mit dem Kriterium der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Einhaltung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität gleichfalls ein formales, aber weniger eingriffsintensives Kriterium zur Verfügung stehe. 55 Ein sachlicher Anknüpfungspunkt für die Zuerkennung eines vom Standortalter abhängenden besonderen Bestands- und Vertrauensschutzes bestehe gleichfalls nicht. Dem glücksspielrechtlichen Regulierungsmodell gehe es nicht um Bestandsschutzwahrung, sondern gerade um seine Relativierung. Wenn es, wie das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. März 2017 (Rn. 189 ff.) erkannt habe, bei Spielhallenbetreibern ohnehin an Anhaltspunkten für die Zubilligung eines schutzwürdigen Vertrauens in den Weiterbetrieb ihres Unternehmens fehle, sei nicht nachvollziehbar zu begründen, wieso dies unter Anciennitätsgesichtspunkten anders sein solle. Etwaigen Vertrauens- und Bestandsschutzinteressen werde zudem durch die 5-jährige Übergangsregelung in Kombination mit der Härtefallregelung hinreichend Rechnung getragen. Nach Ablauf der Übergangsfrist sei jedweder Vertrauens- und Bestandsschutz erloschen. Dem Zufall des Losergebnisses entspreche bei der Auswahl anhand des Alters des Standorts der Zufall der örtlichen Lage der um die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis konkurrierenden Unternehmen. 56 Auch das sich aus der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ergebende Motiv für das Abstellen auf den älteren Standort, nämlich der Schutz familiengeführter einzelkaufmännischer Spielhallenbetriebe, sei keine tragfähige Begründung für die Zuerkennung besonderen Vertrauensschutzes zugunsten solcher Betriebe. Es handele sich um eine bloße Fiktion, da solche Unternehmen keine relevante Gruppe von Normadressaten, sondern lediglich eine absolute Ausnahmeerscheinung darstellten. Der Einwand des Senats in seinem Beschluss vom 9. Juli 2018, es sei lediglich ein Nachteilsausgleich für inhabergeführte Familienbetriebe vorgesehen, verkenne, dass Spielhallenbetriebe heute nicht mehr von Einzelkaufleuten als Inhabern geführt würden. Ein Nachteilsausgleich sei dann nicht zu rechtfertigen. Unabhängig davon liege ein auszugleichender Nachteil nicht vor, da die Unterschiede in der Behandlung von natürlichen und juristischen Personen der zum Betrieb der Spielhalle gewählten Rechtsform geschuldet seien. 57 Es lasse sich auch nicht argumentieren, jüngere Spielhallen seien in höherem Maße als die älteren für das Anwachsen der Gefahren des Automatenspiels verantwortlich. Jeder legal betriebenen Spielhalle wohne unabhängig von ihrem Alter ein identisches abstraktes Gefährdungspotenzial inne. 58 § 9 Abs. 4 HmbSpielhG benachteilige nicht nur die Betreiber von Spielhallen an jüngeren Standorten, sondern führe zu einer faktischen Marktabschottung, da ein erstmaliger Marktzugang für neue oder externe Bewerber infolge der glücksspielrechtlichen Abstandsvorgaben und der bauplanungsrechtlichen Restriktionen nahezu unmöglich sei. Eine derartige Marktabschottung werde der Forderung des Bundesverfassungsgerichts, Erlaubnisanträge neu in den Markt eintretender Bewerber in die Auswahlentscheidung einzubeziehen, nicht gerecht (Beschluss vom 7.3.2017, Rn. 185). 59 Das Anciennitätsprinzip kollidiere als alleiniges Auswahlkriterium darüber hinaus mit dem aus den grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber erwachsenden Anspruch auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität. Das Bundesverfassungsgericht habe diesen Optimierungsanspruch in seinem Beschluss vom 7. März 2017 ausdrücklich hervorgehoben. Dem werde § 9 Abs. 4 HmbSpielhG nicht gerecht. Bei bestimmten räumlichen Gegebenheiten könne eine Altspielhalle nach verschiedenen Seiten mehr an jüngeren Standorten betriebene Spielhallen verdrängen, als dies nach einem von der Abstandsregelung unter anderen sachlich gerechtfertigten Kriterien dominierten Auswahlverfahren der Fall wäre. Dies zeige sich auch und gerade in ihrem Cluster, in dem bei einer Auswahl unter dem Aspekt der bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität aller Voraussicht nach mehr Erlaubnisse hätten erteilt werden können. Der Einwand des Senats, es bedürfe zur Darlegung eines Verstoßes gegen das Optimierungsverbot (gemeint ist wohl Optimierungsgebot) eines auf alle relevanten Konkurrenzlagen in Hamburg bezogenen Nachweises, dass nach einer anderen, dem verfassungsrechtlichen Maßstab möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könne als bei der Anwendung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, verfange nicht. Der Senat verkenne, dass es sich bei der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität um ein eigenständiges Auswahlkriterium handele. Nach der „Berliner Methode“ würden in einem ersten Schritt die persönlichen und sachlichen Erlaubnisvoraussetzungen geprüft und ungeeignete Spielhallen bzw. Betreiber ausgeschieden. Dann werde bei Unterschreitung der Mindestabstände zwischen Bestandsunternehmen eine Auswahl getroffen, die bei mehreren denkbaren Standortkombinationen die Variante mit der maximalen Anzahl von Standorten wähle und somit die Standortkapazität bestmöglich ausschöpfe (vgl. § 7 MindAbstUmsG BE). Da es denknotwendig ausgeschlossen sei, dass eine Auswahl anhand des Kriteriums der bestmöglichen Ausschöpfung der bei Einhaltung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität zu einer geringeren Anzahl von Erlaubnissen führe als das Kriterium „alt vor neu“, erhöhe sich bezogen auf alle relevanten Konkurrenzlagen in Hamburg die Gesamtzahl der Erlaubnisse bereits dann, wenn in einem einzigen Cluster anstelle einer Erlaubnis zwei Erlaubnisse erteilt werden könnten. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Übermaßgebot (gemeint ist wohl Übermaßverbot) sei es geboten, bei der Auswahl zwischen konkurrierenden Spielhallen Verfahren oder Kriterien zur Anwendung zu bringen, die es einer möglichst großen Zahl von Bestandsspielhallen ermögliche, ihren Betrieb fortzuführen. 60 Mit dieser Begründung ihrer Beschwerde dringt die Antragstellerin nicht durch. 61 Der Sache nach wendet sie sich damit gegen die Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, wonach die länger bestehenden Spielhalle - hilfsweise die Spielhalle mit der älteren Gewerbeanmeldung - Vorrang hat, wenn der Mindestabstand nach § 2 Abs. 2 HmbSpielhG zwischen bestehenden Unternehmen nach § 1 Abs. 2 HmbSpielhG nicht eingehalten wird. Bei gleichem Alter der Gewerbeanmeldung entscheidet das Los. Diese Auswahlbestimmung steht der Erteilung einer Weiterbetriebserlaubnis für die Spielhallen der Antragstellerin entgegen. Zu der von der Antragstellerin mit der Beschwerde aufgeworfenen Frage hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 9. Juli 2018 (4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 66 ff.) entschieden, dass die Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 SpielhG hinreichend bestimmt und auch im Übrigen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Hierzu hat der Senat ausgeführt: 62 „Die Regelung dürfte, soweit sie eine Differenzierung nach dem Alter des Standortes bzw. der Gewerbeanmeldung vornimmt, nach Art. 12 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. 63 (1) Berufsregelungen müssen nicht nur den Anforderungen genügen, die sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergeben, sie müssen vielmehr auch sonst in jeder Hinsicht verfassungsgemäß sein und insbesondere den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.7.2010, 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 83; BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49, juris Rn. 64). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, 1 BvR 2035/07, NVwZ 2011, S. 1316, juris Rn. 65 m.w.N.). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich insbesondere aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 21.6.2011, a.a.O.). Denn dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten, zu denen auch die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufsausübung zählt, nachteilig auswirken kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 41, Urt. v. 30.7.2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 150 m.w.N.). 64 Die Ungleichbehandlung muss sachlich gerechtfertigt sein. Erforderlich dafür ist ein hinreichend gewichtiger Grund für die Differenzierung. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich oder ungleich ansehen will. Der Gesetzgeber muss allerdings eine Auswahl sachgerecht treffen. Der Gleichheitssatz ist im Hinblick auf die Auswahl der unter verschiedene Übergangsfristen fallenden Personengruppen oder Sachverhalte verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (vgl. zum Maßstab der Ungleichbehandlung: BVerfG, Beschl. v. 29.9.2010, 1 BvR 1789/10, juris 27 m.w.N; Urt. v. 30.7. 2008, 1 BvR 3262/07 u.a., BVerfGE 121, 317, juris Rn. 151). 65 Wie oben bereits ausgeführt, ist die Schwere des durch die Ungleichbehandlung von Bestandsspielhallen nach Ablauf der Übergangsfrist eintretenden Eingriffs in die Berufsfreiheit nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits in zweifacher Hinsicht durch die fünfjährige Übergangsfrist und die Möglichkeit einer Härtefallbefreiung nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG abgemildert. Auch betrifft die Auswahl nur eine kleine Gruppe von Betreibern (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., Rn. 183). 66 Für die Frage, ob nach dem oben dargestellten Maßstab eine Ungleichbehandlung von Alt- bzw. Bestandsspielhallenbetrieben nach ihrem Alter sachlich gerechtfertigt ist, kommt es nicht (allein) auf die Erwägungen des Gesetzgebers an. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ist nicht ausschlaggebend, ob die maßgeblichen Gründe für die gesetzliche Neuregelung im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich als solche genannt wurden oder gar den Gesetzesmaterialien zu entnehmen sind. Nicht die subjektive Willkür des Gesetzgebers führt zur Feststellung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, sondern die objektive Unangemessenheit der Norm im Verhältnis zu der tatsächlichen Situation, die sie regeln soll (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.1.2012, 1 BvL 21/11, BVerfGE 130, 131, juris Rn. 47 m.w.N.). 67 (2) Nach diesem Maßstab fehlt es nicht an hinreichenden und nachvollziehbaren Gründen für eine Auswahl nach dem Alter des Spielhallenstandortes bzw. der Gewerbeanmeldung. 68 Es spricht nichts dagegen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Auswahlentscheidung u.a. dem Motiv der Fortsetzung des Bestands- und Vertrauensschutzes den Vorzug gab. Bei diesem Kriterium handelt es sich nicht um ein sachwidriges Kriterium. 69 § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ist nach dem Willen des Gesetzgebers als Bestands- bzw. Vertrauensschutzregelung ausgestaltet, die in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht an § 9 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 4 HmbSpielhG anknüpft. Dies ist nicht zu beanstanden. Es fehlt nicht an einer Konnexität zwischen dem GlüStV bzw. dem HmbSpielhG und dem Auswahlkriterium. 70 Nach § 9 Abs. 1 HmbSpielhG gelten Unternehmen nach § 1 Abs. 2, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehen und für die bis zum 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden ist, deren Geltungsdauer nicht vor dem 30. Juni 2017 endet, bis zum 30. Juni 2017 als mit diesem Gesetz vereinbar. Spielhallen, für die nach dem 28. Oktober 2011 eine Erlaubnis erteilt worden ist, gelten bis zum Ablauf des 30. Juni 2013 als mit diesem Gesetz vereinbar. Die für die Erlaubniserteilung zuständige Behörde kann nach Ablauf des in § 9 Abs. 1 Satz 1 oder 2 HmbSpielhG bestimmten Zeitraums eine Befreiung von der Erfüllung einzelner Anforderungen dieses Gesetzes für einen angemessenen Zeitraum zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich ist; hierbei sind der Zeitpunkt der Erlaubnis gemäß § 33i GewO sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 4 HmbSpielhG). 71 Wie diese Regelung, die § 29 Abs. 4 Sätze 2-4 GlüStV ausgestaltet, sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach der Systematik und Zweckrichtung ausweist, hat der Gesetzgeber den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine dem Vertrauen der Betreiber in das Fortbestehen ihrer Rechtsposition im Hinblick auf die Restriktionen des neuen Spielhallenrechts gerecht werdende Regelung Rechnung getragen. Das gleiche Motiv gilt auch, soweit er für den Fall, dass Bestandsunternehmen nach Ablauf der Übergangsfristen ihren Betrieb wegen Verstoßes z.B. gegen die Abstandsregelung des HmbSpielhG nicht fortführen können, bei Vorliegen einer unbilligen Härte die Möglichkeit, eine Erlaubnis unter zeitweiser Befreiung von diesen gesetzlichen Bestimmungen zu erteilen, vorgesehen hat. Insoweit hat der Gesetzgeber die Bestimmung der Auswahlentscheidung, die bei Anwendung der Regelung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG nach Ablauf der Übergangsfrist in Konkurrenzsituationen notwendig wird, systematisch in die Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen des § 9 Abs. 1 HmbSpielhG eingefügt. 72 Damit hat er nicht gegen die Grundsätze des GlüStV verstoßen. Die Vertrauens- und Bestandsschutzregelungen sowohl des GlüStV als auch des HmbSpielhG, an die das Auswahlkriterium anknüpft, sind nicht deshalb sachfremd, weil sie keine Gründe für den Fortbestand einer Spielhalle darstellen, die an § 1 GlüStV und damit an den Belangen der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes orientiert sind. Sie tragen der Tatsache Rechnung, dass die notwendige vollständige Anpassung aller Altbetriebe an die den Gemeinwohlzielen dienenden, deutlich strengeren Regelungen des neuen Spielhallenrechts zu massiven wirtschaftlichen Auswirkungen für diese Betriebe führen kann (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Diese Belange hatte der Gesetzgeber zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Berufsrecht abzuwägen und in einen Ausgleich zu bringen. Er hat deshalb u.a. Übergangsregelungen geschaffen. Dabei ergibt sich bereits aus der Systematik des GlüStV, dass diese dem Spannungsfeld zwischen dem Erreichen der Ziele des § 1 GlüStV, einerseits in erster Linie und schnellstmöglich den Jugend- und Spielerschutz zu fördern und die negativen Folgen des Glücksspiels zu kanalisieren, und andererseits den durch Art. 12 und Art. 14 GG geschützten Interessen der Betreiber von Alt-Spielhallen Rechnung tragen müssen. Zwar wendet die Antragstellerin zu Recht ein, dass sich § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, soweit dieser das Alterskriterium nennt, lediglich auf die Entscheidung im Härtewege bezieht. Dies hindert den Gesetzgeber aber nicht, auch bei der Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsspielhallen den Aspekten des Bestands- und Vertrauensschutzes Rechnung zu tragen, die ebenfalls Regelungsinhalt des GlüStV sind (vgl. zum Gestaltungsspielraum: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 137). Soweit die Antragstellerin einwendet, das Auswahlkriterium des Alters sei in den Zielen des § 1 GlüStV nicht erwähnt, trifft dies zu. Allerdings widerspricht § 9 Abs. 4 HmbSpielhG diesen Zielen auch nicht. Weder dem GlüStV noch dem HmbSpielhG lässt sich entnehmen, dass das Kriterium des Vertrauensschutzes mit dem Ablauf der Übergangsfristen am 30. Juni 2017 „verbraucht“ oder „verwirkt“ ist. Dagegen spricht bereits die (nachgelagerte) Härteregelung des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV, § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG. Eine generelle Regel des Inhalts, dass die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den unveränderten Fortbestand einer Gestattung im Verlauf der Zeit eher ab- als zunimmt, lässt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2018 (7 C 26.16, 7 C 30/17, juris Rn. 41 ff. u.a. zu Übergangsfristen bei Verkehrsverboten für Fahrzeuge) nicht herleiten; zudem geht es hier nicht um die Bemessung von Übergangsfristen. Zudem widerspricht das Kriterium auch nicht deshalb den Grundsätzen des § 1 GlüStV, weil es den vom Gesetzgeber als mittelfristig zu ändernden Umstand der Häufung von Spielhallen konterkarieren würde. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG kommt nur zur Anwendung, weil die den Zielen des § 1 GlüStV Rechnung tragenden strengen materiellen Spielerschutzvorschriften der §§ 25 und 26 GlüStV, § 2 Abs. 2 Sätze 1-3 HmbSpielhG für alle Betriebe gelten und daher an bestimmten Orten abstandsbedingte Konkurrenzlagen entstehen, die aufzulösen sind. Von der Regelung profitiert außerdem lediglich eine geringe Zahl von Bestandsspielhallen. 73 Dem Kriterium des Alters des Spielhallenstandortes steht auch nicht der sich aus der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ergebende Zweck entgegen. Wie oben dargestellt, ist nach der Gesetzesbegründung in erster Linie die Nutzung des Standortes und nicht das Alter der Erlaubnis maßgeblich, weil sonst hierdurch die als Einzelkaufmann geführten Familienbetriebe einen Nachteil hätten (vgl. Bü-Drs. 20/5877, S. 31). Diese Erwägungen weisen nicht aus, dass der Gesetzgeber einer nur „fiktiven“ Gruppe von Unternehmen besonderen Vertrauensschutz zu Lasten anderer Bestandsspielhallenbetreiber zuerkennen wollte: 74 Sollte der Gesetzgeber bei der Wahl des Differenzierungskriteriums von einem nicht zutreffenden Sachverhalt ausgegangen sein, weil er eine aus seiner Sicht schützenswerte und zu begünstigende Gruppe von Bestandsspielhallen in den Blick genommen hat, obwohl diese nicht existiert oder zahlenmäßig zu vernachlässigen ist, könnte dies möglicherweise zur Unzulässigkeit des Kriteriums führen. Dies ist hier indes nicht der Fall. Zwar dürften nach der in der sog. „Haufler-Liste“ (Bü-Drs. 20/3423, 20/9316) erfolgten Aufstellung der im Jahr 2012/2013 im Hamburg existierenden Spielhallenbetriebe nur wenige von Einzelkaufleuten betriebene („Familien-“) Betriebe existieren, da im Wesentlichen juristische Personen als Betreiber verzeichnet sind. Allerdings hat der Gesetzgeber, wie sich aus der Gesetzesbegrün-dung ergibt, den Bestandsschutz an sich als Auswahlkriterium und außerdem nicht eine Privilegierung von inhabergeführten Familienbetrieben angestrebt. Der weiteren Begründung lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Anbindung an das Alter des Standortes (und nicht der Erlaubnis) einen Nachteilsausgleich für in-habergeführte Familienbetriebe vorgesehen hat, weil diese aufgrund der personenbezogenen Erlaubnisse nach § 33i GewO bei jedem Generationswechsel eine neue Erlaubnis einholen mussten, während bei juristischen Personen bei ansonsten unverändertem Betrieb keine neue Erlaubnis benötigt wird. Der Gesetzgeber wollte folglich keine Privilegierung von von Einzelkaufleuten geführten (Familien-) Spielhallenbetrieben erreichen, sondern durch das Kriterium des Alters des Standortes (statt der Erlaubnis) die Schlechterstellung einer möglicherweise nur kleinen Gruppe verhindern. Dieses Anliegen ist nachvollziehbar und hält sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. 75 Die Wahl des Anciennitätskriteriums lässt auch nicht den Schluss zu, damit habe der Gesetzgeber der Sache nach an einen „baurechtlichen Bestandschutz“ angeknüpft, für den keine landesrechtliche Gesetzgebungskompetenz gegeben ist. Es besteht keine formelle Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, weil das Bodenrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG der konkurrierenden Gesetzgebung unterliegt und bundesrechtlich geregelt ist. Das Kriterium wird nicht durch eine zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit bestehende formelle und materielle Baurechtmäßigkeit der Spielhalle und das darauf gegründete Vertrauen bestimmt, sondern durch die erstmalige (legale) Nutzung des Standortes als Spielhalle. Dieses Vertrauen in die gewerberechtliche Nutzbarkeit des Standortes soll unabhängig davon geschützt sein, ob zwischenzeitlich wegen Umbauten neue Baugenehmigungen erteilt wurden. 76 Im Übrigen ist die Frage, inwieweit von einer Regelung Betroffene auf eine bestehende Rechtslage oder bestandskräftige Rechtsposition vertrauen können und ob und welche Übergangsregelungen zur Vermeidung unverhältnismäßiger Eingriffe in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen verfassungsrechtlich geboten sind, nicht allein baurechtlich determiniert, sondern ein durch Art. 20 Abs. 3 GG bestimmter allgemeiner verfassungsrechtlicher Grundsatz (vgl. dazu z.B. BVerwG, Urt. v. 28.6.2012, 2 C 13.11, BVerwGE 143, 230, juris Rn. 16 zum § 48 VwVfG/Rückford. Versorgungsbezüge; Urt. v. 16.11.2000, 2 C 23.99, DVBl. 2001, 735, juris Rn. 27 ff. zur beamtenrechtl. Versorgung; Urt. v. 17.1.1980, 3 C 116.79, BVerwGE 59, 284, juris Rn. 35 ff., Beschl. v. 18.5.1982, 1 B 44.82, juris Rn. 2 zum Ausländerrecht; BAG, Urt. v. 21.12.2017, 8 AZR 102/17, juris Rn. 16 ff. zur Verwirkung; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 3.5.2018, OVG 9 N 47.17 zum Beitragsrecht; VGH München, Beschl. v. 21.3.2018, 4 ZB 17.2082 zum Friedhofsrecht). 77 Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob die von der Antragsgegnerin benannte, zu §§ 34, 35 BBauG und dem Gebot der Rücksichtnahme ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 10.12.1982, 4 C 28.81, Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 89, juris Rn. 14), wonach sich ein Eigentümer gegen eine später heranrückende, ihn störende Bebauung/Nutzung wenden kann, mit der hier zu beurteilenden Sachlage der über Jahre erfolgten Akkumulation von Spielhallen („Las-Vegas-Effekt“) vergleichbar ist. 78 Offen bleiben kann auch, ob sich das Alterskriterium damit begründen lässt, dass ein polizeirechtlicher oder glücksspielrechtlicher Grundsatz besteht, wonach der Betreiber mit dem jüngeren Standort als polizei- oder glücksspielrechtlicher Verhaltens- bzw. Zustandsstörer in stärkerem Maße zur jetzt unerwünschten Ballung von Spielhallen beigetragen hat und deshalb dem älteren weichen muss. 79 Die Anknüpfung an das Alter der Spielhalle und nicht an das Alter der Erlaubnis ist ebenfalls sachgerecht. Denn auch die Übergangsregelung des § 29 Abs. 4 GlüStV und § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG als Vertrauensschutzbestimmungen sind nicht betreiber-, sondern spielhallenbezogen konzipiert. Bereits ihrem Wortlaut nach beziehen sich § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV, § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 5 i.V.m. § 1 Abs. 2 HmbSpielhG auf eine bestehende Spielhalle (oder ein ähnliches Unternehmen). Auch im Übrigen ergibt die systematische und teleologische Auslegung der Vorschriften, dass der Bestandsschutz sich objektiv auf die Spielhalle beziehen soll, nicht aber auf betreiberbezogene Voraussetzungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.4.2017, 8 C 16.16, GewArch 2017, 358, juris Rn. 42 ff.; vgl. zum Alter [der Erlaubnis] als Grundsatz des Vertrauensschutzes: OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 13). Die Tatsache, dass Betreiber, die die Übergangsregelungen in Anspruch nehmen wollten, zugleich über eine vor dem 28. Oktober 2011 erlangte Erlaubnis verfügen mussten, weil es anderenfalls an einem legalen Betrieb fehlen würde, ändert daran nichts. 80 Auch im Übrigen begründet die Tatsache, dass der Gesetzgeber im HmbSpielhG für die Auswahlentscheidung auf das Alter des Standortes und nicht auf das in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV genannte Kriterium des Alters der Erlaubnis abgestellt hat, keine Sachwidrigkeit. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, allein wegen der Regelung in § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV oder sonstiger Wertungen des Glücksspielrechts bezogen auf Spielhallen auf den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis als allein schutzwürdiges Kriterium zurückzugreifen. § 28 GlüStV ermöglicht es den Ländern, weitergehende Regelungen zu treffen. Mit § 9 Abs. 4 HmbSpielhG hat der Gesetzgeber eine eigenständige Auswahlregelung getroffen. Die Bewertung des Alters der Erlaubnis hat er der Entscheidung über eine Befreiung wegen unbilliger Härte nach § 9 Abs. 1 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG (vgl. auch § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorbehalten. 81 Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber - wie dies der Sache nach auch die Stichtagsregelung und die Übergangsregelungen in § 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 HmbSpielhG ausweisen - davon ausgeht, dass der Betreiber einer Spielhalle, die seit langem zulässig betrieben wird, generell ein höheres Vertrauen in den Weiterbestand des Betriebes in Anspruch nehmen kann als der Inhaber einer Spielhalle, die erst kürzere Zeit betrieben wird. Sowohl im Hinblick auf wirtschaftliche als auch auf unternehmerische Entscheidungen ist es nicht zwingend oder allein sachlich geboten, auf den Zeitpunkt der dem Bestandsunternehmen zuletzt erteilten Erlaubnis als Auswahlkriterium abzustellen oder eher den „jüngeren“ Betrieb zu privilegieren, weil die Schutzbedürftigkeit mit dem Alter regelmäßig abnehme. Dies ergibt sich aus Folgendem: 82 Das Datum der letzten Erlaubniserteilung sagt über die generelle wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des Betreibers nichts aus. Bereits die Notwendigkeit der Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle war/ist von vielen unterschiedlichen betreiber- und standortbezogenen Kriterien abhängig. Dies können z.B. der Wechsel des Betreibers, die Änderung der Rechtsform des Betreibers, baurechtlich relevante räumliche Veränderungen der Spielhalle oder Änderungen des Zuschnitts des Angebots innerhalb der Spielhalle sein. Auch besagt das (gegenüber dem Alter des Standortes im Regelfall jüngere) Datum der Erlaubnis des aktuellen Betreibers nicht, dass generell eher schutzwürdige wirtschaftliche Investitionen in die Spielhalle erfolgt sind (die sich möglicherweise noch nicht amortisiert haben). Im Falle eines Unternehmenskaufs oder einer Neuanmietung hat der neue Betreiber typischerweise Investitionen in den Standort bzw. die einzelne Spielhalle getätigt. Gleichermaßen kann jedoch ein Betreiber einer Spielhalle mit einer seit Jahrzehnten geltenden Erlaubnis kurz vor dem Stichtag im Oktober 2011 umfangreiche Investitionen zur Modernisierung seiner Spielhalle oder zur Erhöhung der Attraktivität der Geldspielgeräte vorgenommen haben. Insoweit ist dieses Kriterium in gleicher Weise wie das Alter des Standortes von Zufälligkeiten abhängig und stellt für eine Auswahlentscheidung kein alternativloses, naheliegenderes oder wegen regelhafter Verhaltensweisen typisierbares Merkmal dar. Dass eine Auswahlentscheidung auch an Investitionen und/oder deren Amortisierbarkeit als taugliches Auswahlkriterium anknüpfen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 184), stellt dies nicht in Frage. 83 Das Kriterium des Alters ist wegen seiner Vorhersehbarkeit und objektiven Messbarkeit ein sachgerechtes Kriterium. § 9 Abs. 4 HmbSpielhG ermöglicht der Verwaltung eine rechtssichere, zeitnah umsetzbare Auswahlentscheidung. Der Grundsatz der Rechtssicherheit stellt einen sachlichen Grund für das Auswahlkriterium dar. Zudem ist der Gesetzgeber nicht gehindert, aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität im Rahmen seines Gestaltungsspielraums ein sachgerechtes Auswahlkriterium vorzusehen, das der Verwaltung die Bewältigung von - hier vorliegenden - schwierigen Konkurrenzsituationen möglichst effektiv, zeitnah und anwendungssicher ermöglicht (vgl. zur Bewältigung von Konkurrenzlagen: BVerfG, Beschl. v. 7.3.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., a.a.O., juris Rn. 185). 84 Die Auswahlparameter sind für die Betreiber von Bestandsspielhallen objektiv vorhersehbar und transparent. Ihnen ist es in der Regel für die unternehmerische Einschätzung, ob sie den Standort (nach Ablauf der Übergangsfristen) weiterbetreiben sollen, mit einfachen Mitteln möglich zu klären, ob sie in räumlicher Konkurrenz zu weiteren Spielhallen stehen. Die auf Grund einer parlamentarischen Anfrage des Abgeordneten Haufler erstellte „Haufler-Liste“, eine Aufstellung aller Spielhallenstandorte in Hamburg mit Informationen zu Entfernungen sowie zum Datum der ersten und aktuellen Erlaubniserteilung (Bü-Drs. 20/3423, 20/9316) ermöglicht eine mindestens ungefähre (zeitliche und räumliche) Einordnung des eigenen und - soweit noch existierend - konkurrierender Betriebe. Auch dürften die Bestandsspielhallenbetreiber in der Regel über Unterlagen verfügen oder ihnen dürften (über den Vermieter) Informationsquellen zur Verfügung stehen, um das Alter ihres eigenen Standortes zu ermitteln. Zwar dürfte ihnen nicht in jedem Einzelfall das genaue Alter konkurrierender Spielhallen bekannt sein. Allerdings konnten sich die Betreiber, denen das Auswahlkriterium bereits seit Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2012 bekannt war, an die Antragsgegnerin wenden, um Auskünfte über das baurechtliche und gewerberechtliche Alter ihrer Spielhalle bzw. des Standortes und das Alter benachbarter Betriebe zu erhalten. Dahinstehen kann, ob den mehrheitlich in Interessenverbänden organisieren Betreibern zudem andere Informationsquellen zur Verfügung standen bzw. stehen. Jedenfalls hat die Antragsgegnerin alle eine Weiterbetriebserlaubnis begehrenden Betreiber von Bestandsspielhallen - wie auch die Antragstellerin -, für die eine Konkurrenzsituation im Sinne des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG besteht, im Verwaltungsverfahren über die Abstandsmessungen und die Ermittlungen zum Alter der eigenen und konkurrierender Spielhallen unterrichtet. Diese konnten die Messungen bzw. die Lage der Konkurrenzspielhallen überprüfen, Informationen zum Alter einholen und die eigenen Angaben ergänzen (vgl. § 3 HmbSpielhWeiterbetrErlVO). 85 (...) Es spricht auch nichts dagegen, dass der Gesetzgeber das Auswahlkriterium auch nach verfahrensökonomischen und Praktikabilitätsmerkmalen ausgewählt hat. Die Antragsgegnerin wurde im Dezember 2016 im Hinblick auf die zahlreichen Antrag-stellungen auch mit einer großen Zahl in der Auswahl konkurrierender Bewerber konfrontiert, die u.a. sehr unterschiedliche ökonomische Kennziffern aufwiesen. Gegenüber diesem komplexen Datenbestand ist das Abstellen auf lediglich ein Kriterium bei der Auswahl nicht „unterkomplex“ und daher sachwidrig. Soweit die einzelnen Betreiber unterschiedliche ökonomische Kennziffern bei Erträgen, der Zahl der Standorte, mietvertraglichen Ausgestaltungen, zur Amortisation/Abschreibung des Inventars sowie zur Zahl der Beschäftigten aufweisen, ist es nicht sachgerecht, auf diese Kriterien für die gesetzliche Regelung eines Auswahlkriteriums abzustellen. Dies gilt zunächst deshalb, weil - wie oben ausgeführt - nach dem Willen des Gesetzgebers die individuellen ökonomischen Folgen der Anpassung eines Bestandsbetriebs an die Restriktionen des neuen Spielhallenrechts für den einzelnen Betreiber nach § 9 Abs. 4 Sätze 4 und 5 HmbSpielhG im Rahmen einer im Ermessen der Antragsgegnerin stehenden Einzelfallentscheidung zu bewerten sind und insoweit der Weiterbetrieb wegen einer unbilligen Härte erlaubt werden kann. Die Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation der konkurrierenden Spielhallen (z.B. Amortisation der Investitionen, rechtliche und wirtschaftliche Bindungen auf Grund von Verträgen) bei der Auswahl wäre zudem nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG kein vorrangig in Betracht zu ziehendes Unterscheidungskriterium, weil es geeignet wäre, zu einer strukturellen Benachteiligung lediglich regional tätiger kleinerer, eher wirtschaftlich schwächerer Spielhallenunternehmen zu führen. Wirtschaftlich stärkere Großunternehmen dürften generell zu höheren Investitionen in der Lage sein und könnten ggf. regional oder standortbezogen anfallende Verluste einfacher kompensieren. 86 Eine Differenzierung danach, in welchem qualitativen und quantitativen Umfang Spielhallen bzw. ihre Betreiber die normativen Vorgaben an die Bekämpfung/Vermeidung der Spielsucht oder an den Spielerschutz (überobligatorisch) erfüllen und damit den Anforderungen des § 1 GlüStV ggf. in größerem Maße als Konkurrenten Rechnung tragen, liegt als sachgerechtes Kriterium für eine gesetzliche Auswahlregelung ebenfalls nicht nahe. An der Tauglichkeit multipler Faktoren fehlt es zum einen deshalb, weil eine Differenzierung oder Gewichtung im Sinne einer „Bestenauslese“ die Gruppe der in räumlicher Konkurrenz zueinander stehenden, eine (Weiterbetriebs-) Erlaubnis begehrenden Bestandsspielhallen ohne sachlichen oder rechtlichen (s.u.) Grund schlechter stellen würde als die Gruppe anderer eine Erlaubnis begehrender Bestandsspielhallenbetreiber, die wegen ihrer Lage das Abstandsgebot (zufällig) einhalten, oder als Neuantragsteller. Zum anderen dürften diese Kriterien in vielen Fällen zu lediglich marginalen Abweichungen zwischen den konkurrierenden Betrieben führen und in viel stärkerem Maße als das Alter klärungsbedürftig und streitbefangen sein. Anstrengungen „zur Bekämpfung und Vermeidung der Spielsucht“ oder „... zur Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV“ als Kriterien stellen ausfüllungsbedürftige, unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die anders als das Alterskriterium Raum für im Einzelnen kaum objektiv begründbare Wertungsentscheidungen lassen. Es dürfte zweifelhaft sein, nach welchem Maßstab sich diese über die Bestimmungen des HmbSpielhG hinausgehenden tatsächlichen Bemühungen bemessen könnten und wie der einzelne Spielhallenbetreiber im Verhältnis zu einem potentiellen Konkurrenten seine eigenen (überobligatorischen) personellen und spielhallenbezogenen Bemühungen bewerten und die des Konkurrenten erkennen und bemessen können soll. 87 Außerdem sprechen rechtliche Erwägungen dagegen, die Auswahl unter den das Abstandsgebot unterschreitenden Spielhallen danach zu treffen, ob diese sogenannte „materielle Kriterien“ der §§ 2, 4-6 HmbSpielhG in größerem Umfang oder besser als die Konkurrenten erfüllen, z.B. ob der Spielhallenunternehmer überobligatorischen Aufwand hinsichtlich des Spieler- und Jugendschutzes oder zur Reduzierung der individuellen Gefahr der einzelnen Spielhalle (z.B. Reduzierung der gesetzlich erlaubten Zahl der Geldspielgeräte, elektronische Zugangskontrollen, Erhöhung des Zugangsalters auf 21 Jahre, Teilnahme an einem Zertifizierungsverfahren; bessere Qualifizierung oder Entlohnung der Mitarbeiter) betreibt. Denn ein Spielhallenbetreiber, der in seiner Person die zahlreichen u.a. auf die Verhinderung von Glücksspielsucht ausgerichteten gewerbe- und glückspielrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und der eine Spielhalle betreibt, die den spielhallenrechtlichen und z.B. baurechtlichen Anforderungen nach dem HmbSpielhG genügt, ist berechtigt, eine Erlaubnis nach § 2 HmbSpielhG zu erhalten. Das von der Antragstellerin geforderte Auswahlkriterium der „Eliminierung schwarzer Schafe“ ist allein deshalb nicht sachgerecht, weil alle Betreiber mit der Antragstellung nachweisen müssen, dass sie (mit Ausnahme z.B. des Abstandsgebots) die persönlichen und sachlichen Anforderungen an den Betrieb von Spielhallen erfüllen. Eine überobligatorische Erfüllung von einzelnen Anforderungen kann im Rahmen einer Auswahlentscheidung, in der ohnehin lediglich diejenigen Spielhallenbetreiber einzubeziehen sind, die die auch für Bestandsspielhallen geltenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen und die damit „auf einer Stufe stehen“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, BVerwGE 157, 127, juris Rn. 55; OVG Bautzen, Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 18 unter Verweis auf StGH Baden-Württemberg, Urt. v. 17.6.2014, 1 VB 15/13, juris Rn. 339;), nicht verlangt werden. Denn der Spielhallenbetreiber hat, da diesbezügliche gesetzliche („Bonus“-) Bestimmungen im HmbSpielhG fehlen, u.a. das Recht, die gesetzlich zulässige Zahl an Geldspielgeräten voll auszuschöpfen. Die bevorzugte Auswahl zertifizierter Spielhallen kommt auch mangels staatlich anerkannter Zertifizierungsverfahren nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 55). Daraus folgt, dass es nicht sachwidrig ist, wenn bei der Auswahl diejenigen Spielhallen gleich behandelt werden, die die betreiber- bzw. spielhallenbezogenen gesetzlichen Voraussetzungen an den Betrieb erfüllen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob solche Aspekte in den Fällen, in denen das jeweilige Landesrecht weder eine gesetzliche Regelung für eine Auswahlentscheidung noch für die Anforderungen an eine Fortführung des Betriebes wegen des Vorliegens einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV getroffen hat oder eine (Abwägungs-) Entscheidung (nach § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV) vorsieht, bei der Entscheidung über den Fortbetrieb berücksichtigt werden können oder müssen (vgl. dazu OVG Bautzen, Beschl. v. 3.1.2018, 3 B 315/18, juris Rn. 11 ff.; Beschl. v. 22.12.2017, 3 B 320/17, juris Rn. 13 f.; OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017, 11 ME 330/17, juris Rn. 16 ff.). Gleiches gilt, soweit die dortigen zuständigen Behörden im Rahmen von Verwaltungsvorschriften Auswahlkriterien im Rahmen eines „Punktesystems“ bewerten (vgl. zum „Wägungsschema“: VG Darmstadt, Beschl. v. 17.7.2017, 3 L 3491/17.DA, juris Rn.17). 88 Der Regelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG fehlt es auch nicht an einer hinreichenden Bestimmtheit oder an einer sachlichen Rechtfertigung, weil das Anciennitätskriterium im Wesentlichen wie ein Los vom Zufall bestimmt wird (vgl. zur fehlenden gesetzlichen Grundlage einer Auswahl durch Los: OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.9.2017,11 ME 330/17, NVwZ 2017, 1552, juris Rn. 11 ff., 19). Dieses Kriterium kommt nach dem HmbSpielhG nur zwischen denjenigen Spielhallen bei der Auswahl zur Anwendung, die hinsichtlich der für die Eindämmung der Suchtgefahr relevanten inhaltlichen Kriterien bereits auf einer Stufe stehen und alle weiteren Aus-wahlmerkmale gleichermaßen erfüllen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 16.12.2016, 8 C 6.15, a.a.O., juris Rn. 55). 89 Das Anciennitätskriterium ist auch nicht deshalb mit einer Auslosung vergleichbar, weil die Spielhallenbetreiber nicht chancengleich am Verfahren teilnehmen, sondern aufgrund einer zufälligen Lage in Konkurrenz mit einer älteren Spielhalle stehen und daher von vornherein keine Chance auf eine erfolgreiche Teilnahme am Auswahlverfahren haben. Die Lage eines Spielhallenstandortes ist nicht vergleichbar einem Los rein zufällig oder gar willkürlich. Die Wahl eines Standortes für die Eröffnung eines Gewerbebetriebs dieser Art beruht in der Regel auf einer bewussten Entscheidung des (zukünftigen) Betreibers. Dieser wählt, soweit er - wie bei Spielhallen - auf den direkten Kontakt mit Kunden angewiesen ist und ein Angebot für eine Freizeitgestaltung vorhält, den Standort, will er den Betrieb gewinnorientiert betreiben, in der Regel auch nach der Kundennähe, nach Kundenströmen und nach den insoweit zu erwartenden (mittel- und langfristigen) wirtschaftlichen Aussichten aus. Für die Übernahme eines eingeführten Betriebs oder die Neueröffnung eines Betriebs dürfte daher regelmäßig relevant (gewesen) sein, ob der (baurechtlich zulässige) Standort eingeführt ist, von gewachsenen Spielhallen- oder Entertainmentstrukturen profitieren kann (Nähe zu anderen Sport- oder Vergnügungsangeboten) und/oder ob die städtebauliche Umgebung oder die Lage an bestimmten spezifischen Orten (Innenstadt, Nachbarschaft mit Vergnügungsbetrieben, Cafés, Restaurants, Nähe zu Arbeitsstätten oder Lage in Wohngebieten) Kunden erwarten lässt. Die Entscheidung für den Betrieb einer Spielhalle u.a. an einem eingeführten Standort oder in dessen Nähe dürfte sich daher im Falle eines Unternehmenskaufs oder einer Neuanmietung von Gewerberäumen u.a. auf den Kaufpreis oder die Höhe des Mietzinses auswirken. 90 Das Anciennitätskriterium ist auch nicht deshalb ungeeignet, weil es ähnlich einem Losverfahren mit dem Alter der Spielhalle an einen Sachverhalt anknüpft, der sich für den Betreiber als willkürlich und intransparent darstellt. Insoweit verweist das Verwaltungsgericht zwar zu Recht darauf, dass die Auswahl der Spielhallen nach dem Alter dazu führen kann, dass der „Altersunterschied“ lediglich wenige Monate oder auch nur Tage, bei dem Kriterium der Gewerbeanmeldung unter Umständen nur wenige Stunden betragen kann. Diese Tatsache ist einem „stichtagsgebundenen“ Kriterium vergleichbar und als „Härte“ nicht sachwidrig. Es ist dem Gesetzgeber nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage oder ähnliche Merkmale einzuführen. Er muss allerdings im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Tatsachen hinreichend würdigen und prüfen, ob sich die gewählte Lösung im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung rechtfertigen lässt und nicht willkürlich erscheint (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.3.1996, 7 C 28.95, BVerwGE 101, 39, juris Rn. 15). Dass mit einer Stich(tags)regelung unvermeidlich gewisse Härten einhergehen, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind, begegnet im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG keinen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.1.2000, 1 BvR 1398/99, juris Rn. 25; BVerwG, Beschl. v. 24.4.2013, 8 B 81.12, juris Rn. 5). Diese Wertung lässt sich auf das Alter des Standortes als „begrenzendes“ Merkmal übertragen. Jeder zeitbezogenen Grenze oder Bildung von Gruppen ist ein gewisses Maß an Zufälligkeit immanent, das allein deshalb nicht zur Sachwidrigkeit führt. Gleiches würde im Übrigen auch für die von der Antragstellerin genannten Kriterien wie z.B. das Alter der Erlaubnis oder die Höhe der Investitionen gelten. 91 Das Auswahlkriterium des Alters ist auch nicht deshalb als Differenzierungsmerkmal sachwidrig, weil es dem verfassungsrechtlichen Anspruch der Spielhallenbetreiber auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität widerspricht. Wie oben bereits ausgeführt, hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris Rn. 185) bestimmt, es gebiete die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Position der Spielhallenbetreiber auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienten, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermögliche. Dahinstehen kann, ob das Verständnis der Antragsgegnerin zutrifft, bei diesen Ausführungen handele es sich lediglich um ein obiter dictum. Den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nicht entnehmen, welcher Verteilmechanismus die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität in dem relevanten Gebiet gewährleistet. Dass hier bei der Anwendung des in § 9 Abs. 4 HmbSpielhG genannten Kriteriums die verfassungsrechtlich gebotene Höchstzahl an Weiterbetriebserlaubnissen bei Beachtung der in § 2 Abs. 2 HmbSpielhG bestimmten Mindestabstände unterschritten wird und dass nach einer anderen, den verfassungsrechtlichen Maßstäben möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden sind, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könnte, trägt die Antragstellerin nicht vor. Auch nach Aktenlage ist dafür nichts ersichtlich. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob es - wie die Antragsgegnerin geltend macht - bereits den auf die Reduzierung von Anreizen zum Automatenglücksspiel ausgerichteten Zwecken der §§ 1, 25, 26, 28 und 29 GlüStV widerspricht, bei einer Auswahl zwischen konkurrierenden Spielhallen Verfahren oder Kriterien zur Anwendung zu bringen, die es einer möglichst großen Zahl von Bestandsspielhallen ermöglichen, ihren Betrieb fortzuführen. 92 Durch die praktizierte Erlaubniserteilung für Bestandsspielhallen wird auch nicht der Marktzugang für Neu- oder externe Bewerber ausgeschlossen. Neubewerber, die mit schutzwürdigen Bestandsbetrieben konkurrieren, können sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, so dass sie einen Erlaubnisanspruch - anders als Altbetreiber - nur haben, wenn die von ihnen gewählten Standorte u.a. den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Mindestabstandserfordernissen des § 2 Abs. 2 und 3 HmbSpielhG genügen. Entsprechende Anträge können Neubewerber nach der hinreichend transparenten Gesetzeslage jederzeit stellen (vgl. dazu auch OVG Münster, Beschl. v. 8.6.2017, 4 B 307/17, NVwZ 2017, 431, juris Rn. 64). Erfüllt ein solcher Bewerber, der eine Erlaubnis aktuell begehrt, u.a. die Anforderungen des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG, hat ihm die Antragsgegnerin eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 HmbSpielhG zu erteilen. Dass geeignete neue, baurechtlich zulässige Standorte im Bereich der Antragsgegnerin nicht existieren, ist nicht ersichtlich. Die Tatsache, dass zwischen Dezember 2012 und September 2013 keine neuen Erlaubnisse erteilt wurden, belegt die Behauptung der Antragstellerin nicht. Soweit Betreiber wegen der Änderungen des Spielhallenrechts oder aus wirtschaftlichen Gründen von Neueröffnungen absehen, ist dies eine gesetzlich intendierte Folge bzw. eine individuelle unternehmerische Entscheidung.“ 93 An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch vor dem Hintergrund der Beschwerdebegründung fest. 94 Anders als die Antragstellerin meint, ist die Auswahlregel des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG im Hinblick auf Art. 12 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Es findet kein willkürlicher Ausschluss eines Betroffenen statt. Den von der Antragstellerin bei der Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung eingeforderten stufenlosen, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstab hat der Senat in der auch vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung vom 9. Juli 2018 (4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 81) angewandt. 95 Mit dem Einwand der Antragstellerin, das Kriterium des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG weise keinen Bezug zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags und des Hamburgischen Spielhallengesetzes auf, hat sich der Senat in der in Bezug genommenen Entscheidung bereits befasst und mit eingehender Begründung erkannt, dass es sich um ein sachgerechtes Kriterium handelt, und es nicht an einer Konnexität zwischen den glücksspielrechtlichen Regelungen und dem Auswahlkriterium fehlt (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 90 ff.). Eine Differenzierung im Sinne einer „Bestenauslese“ danach, in welchem Umfang Spielhallenbetreiber über die normativen Vorgaben hinaus die glücksspielrechtlichen Anforderungen des Jugend- und Spielerschutzes erfüllen, ist aus den in der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung dargelegten Gründen nicht allein sachgerecht (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 105, 106; so auch VGH Kassel, Beschl. v. 27.9.2018, 8 C 432/18, ZfWG 2018, 572, juris Rn. 42 ff.). Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Saarland zur Begründung der Sachgerechtigkeit u.a. dieses Kriteriums annimmt, gerade die auch vom Bundesverfassungsgericht im Auswahlverfahren anerkannten Zielvorgaben des neuen Spielhallenrechts legitimierten die neue strengere Regulierung in ihrer Gesamtheit und es wäre demgemäß sogar systemwidrig, ihnen im Rahmen der Auswahlentscheidung jegliche Bedeutung abzusprechen, was in der praktischen Umsetzung nur bedeuten könne, dass sich die Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten als ein zulässiges Auswahlkriterium darstelle (Beschl. v. 20.12.2018, 1 B 231/18, juris Rn. 34), lassen sich die Erwägungen nicht auf die hier zur Anwendung kommende Regelung übertragen. Rechtliche Grundlage der im Saarland zu treffenden Auswahlentscheidung ist die entsprechend angewandte Härtefallregelung des § 12 Abs. 2 SSpielG, der das dortige Oberverwaltungsgericht das Verständnis entnimmt, dass sich die Mitwirkung der einzelnen Spielhallenbetreiber bei der Umsetzung der dort genannten Ziele des § 1 Abs. 1 GlüStV im Sinne einer Bereitschaft zu gesetzeskonformem Verhalten als ein im Rahmen der Auswahlentscheidung zwischen konkurrierenden Bestandsspielhallen berücksichtigungsfähiges Auswahlkriterium darstellt. Der hier zu treffenden Auswahl liegt eine andere gesetzgeberische Entscheidung zu Grunde. Diese schließt es nicht aus, dass Gesetzgeber oder Behörden anderer Bundesländer bei Auswahlentscheidungen auf andere Kriterien, wie z.B. die des § 1 GlüStV, abstellen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, juris Rn. 98, 106 a.E.). 96 Bei der Anwendung des Alterskriteriums steht, anders als die Antragstellerin zur Begründung ihrer Beschwerde ausführt, auch nicht allein die Verwaltungspraktikabilität im Vordergrund, wohl aber ist sie ein Belang, der zulässigerweise berücksichtigt werden kann. Dabei geht es nicht darum, die Entscheidung für die Verwaltung „möglichst einfach“ zu machen, sondern vielmehr darum, eine Entscheidung zu treffen, die sich an klaren, für die betroffenen Spielhallenbetreiber vorhersehbaren und in ihrer Anwendung nachvollziehbaren und - auch für das Verwaltungsgericht - überprüfbaren Vorgaben orientiert. Dass dies beim Alterskriterium wesentlich eher gelingt, als bei - wie auch immer definierten und auf den Einzelfall angewandten - materiellen bzw. qualitativen Kriterien, liegt auf der Hand (vgl. demgegenüber z.B. zu der Bestimmung des Merkmals „nicht gesetzeskonformes Verhalten“: OVG Saarlouis, Beschl. v. 20.12.2018, 1 B 231/18, juris Rn. 35). Insofern ist auch die Praktikabilität ein - wenn auch nicht das entscheidende - zulässiges Kriterium (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 101, 102). 97 Auch der Bestands- und Vertrauensschutz ist eine sachgerechte Rechtfertigung dafür, an das Kriterium des Alters der Spielhalle anzuknüpfen, er findet eine Stütze im Glücksspielstaatsvertrag (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 86 ff.; so auch OVG Münster, Beschl. v. 14.6.2019, 4 B 1488/18, ZfWG 2019, 383, juris Rn. 21 zu § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV). Dafür, dass der Vertrauens- und Bestandsschutz nach Ablauf der Übergangsfristen erloschen ist und deshalb nicht mehr als bei einer Auswahl von Bestandsspielhallen zu berücksichtigendes Kriterium herangezogen werden darf, findet sich keine überzeugende Begründung (OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 90; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020, OVG 1 N 77.19, juris Rn. 5). Anders als die Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung verkürzt ausführt, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 (1 BvR 1630/12, BVerfGE 145, 20, juris Rn. 189) Spielhallenbetreibern auch nicht generell Vertrauensschutz versagt, sondern lediglich festgehalten, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes kein uneingeschränktes Recht auf Amortisation getätigter Investitionen verleiht. Dass Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte bei der Auswahl konkurrierender Betriebe keine Rolle spielen dürfen, lässt sich den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht entnehmen. 98 Dass es sich bei der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 4 HmbSpielhG, wie die Antragstellerin meint, hinsichtlich des Schutzes familiengeführter einzelkaufmännischer Spielhallenbetriebe um eine „bloße Fiktion“ handelt, trifft nicht zu. Von Einzelkaufleuten betriebene Familienbetriebe mögen eine Ausnahme darstellen, ihre Existenz jedoch zu bestreiten, geht fehl. Im Hamburgischen Spielhallengesetz einen Nachteilsausgleich für die kleine Gruppe der von Einzelkaufleuten betriebenen Spielhallen zu regeln, hält der Senat für vom gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum gedeckt und im Ergebnis nicht für sachwidrig (so bereits OVG Hamburg, Beschl. v. 9.7.2018, 4 Bs 12/18, ZfWG 2018, 449, juris Rn. 92). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es der Betreiber selbst in der Hand hat, welche Rechtsform er für den Betrieb seiner Spielhalle wählt. 99 Auch die Ausführungen der Antragstellerin zu den Kriterien für die Auswahlentscheidung im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12, u.a., BVerfGE 145, 20, juris Rn. 185, 186) und die anderer Obergerichte veranlassen den Senat nicht zu einer Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung. Weder hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung einen konkreten Verteilmechanismus vorgegeben, noch lässt sich den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts entnehmen, welcher Verteilmechanismus die „bestmögliche Ausschöpfung“ der „Standortkapazität in dem relevanten Gebiet“ gewährleistet und in welchem Umfang die Ausschöpfung zu erfolgen hat. Schon der Umstand, dass das Bundesverfassungsgericht formuliert, der Gesetzgeber könne die Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen anhand sachgerechter Kriterien den zuständigen Behörden überlassen, der Vorbehalt des Gesetzes erfordere keine gesetzgeberische Festlegung der maßgeblichen Auswahlparameter, und es sei im Hinblick auf verschiedene Auswahlmöglichkeiten eine komplexe Abwägungsentscheidung vorzunehmen (Rn. 185; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 27.2.2020, 3 StR 327/19, juris Rn. 29; zum Alter der Erlaubnis als Auswahlkriterium: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020, OVG 1 N 77.19, juris Rn. 6), legt es nicht nahe, dass nur ein bestimmtes Auswahlkriterium, ein qualitativ oder quantitativ bestimmbares Bündel an Auswahlkriterien oder ein bestimmter (mathematisch oder statistisch fassbarer) Auswahlmechanismus (im Sinne einer Verteil- oder Rechengröße) verfassungskonform sein könnte bzw. dass jeder Auswahlmechanismus, der nicht zwangsläufig zur theoretisch größtmöglichen Zahl von Erlaubnissen führt, verfassungswidrig wäre. Dass ein Abstellen auf nur ein Kriterium, z.B. das des Alters, zur Auflösung von Konkurrenzsituationen im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig wäre, lässt sich den in Bezug genommenen Ausführungen nicht entnehmen. Die jeweiligen Landesgesetzgeber und Behörden verstehen die Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit der Auswahlregelungen und -entscheidungen unterschiedlich und gestalten diese verschieden aus. Dies wird bereits in der Vielzahl von verschiedenen, teilweise eine im Ermessen stehende Entscheidung ermöglichenden Rechtsgrundlagen und (teils gewichteten) Kriterienkombinationen, die die einzelnen Bundesländer ihren Auswahlentscheidungen zu Grunde legen, deutlich (vgl. z.B. OVG Münster, Beschl. v. 10.3.2020, 4 B 362/19, juris Rn. 24 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.7.2020, OVG 1 N 77.19, juris Rn. 6). Gleiches gilt für das Verständnis der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (s.o.) zur Verhältnismäßigkeit der Auswahlentscheidung. 100 Die Verwendung des Begriffs „bestmögliche Ausschöpfung“ durch das Bundesverfassungsgericht lässt dem Wortlaut nach im Übrigen zu, dass bei der Auflösung von Konkurrenzsituationen unterschiedliche sachgerechte Kriterien herangezogen werden können, und dass es nicht allein maßgeblich ist, so viele Spielhallen wie unter Wahrung des Mindestabstandes irgend möglich zu erlauben. Angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu den dem Gesetzgeber eröffneten Spielräumen zur Bewältigung der vielgestaltigen Auswahlkonstellationen und u.a. auch zur notwendigen Auslegung eines Fixpunktes zur Bemessung der Abstände ist davon auszugehen, dass zunächst die dem Gesetz zu entnehmenden oder aus diesem abgeleiteten Auswahlparameter und Konkurrenzverhältnisse zwischen den Spielhallen zu beachten sind. Müssen sich die Behörden des so zu bestimmenden Verteilmechanismus bedienen, kann nur Raum für eine Ausschöpfung der nach dem geltenden Recht verbliebenen Kapazität sein (vgl. OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.7.2020, 1 B 66/20, juris Rn. 26 ff., 34; OVG Münster, Beschl. v. 16.3.2020, 4 B 977/18, juris Rn. 29 ff.). Ein weitergehendes Verständnis der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur bestmöglichen Ausschöpfung verbleibender Standortkapazitäten würde wohl auch den Zielen des neuen Spielhallenrechts zuwiderlaufen. Dessen als verfassungsrechtlich unbedenklich bewertete hohe Ziele der Spielsuchtprävention und des Gesundheitsschutzes (Beschl. v. 7.2.2017, 1 BvR 1314/12 u.a., juris Rn. 158 f.) sind bei der Auslegung des Begriffs der „bestmöglichen Ausschöpfung der Standortkapazität“ zu berücksichtigen. Dass die zuständigen Behörden eine Auswahlentscheidung unter Hintanstellung des Gewichts der jeweiligen durch Art. 12 GG geschützten Belange der konkurrierenden Bewerber so zu treffen haben, dass möglichst viele Spielhallen von den Einschränkungen des jeweiligen neuen Spielhallenrechts nicht betroffen sind, liegt nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts nicht nahe (so auch OVG Saarlouis, Beschl. v. 28.7.2020, 1 B 66/20, juris Rn. 36). 101 Dass hier bei der Anwendung des in § 9 Abs. 4 HmbSpielhG genannten Kriteriums die verfassungsrechtlich gebotene Zahl von Weiterbetriebserlaubnissen bei Beachtung der in § 2 Abs. 2 HmbSpielhG bestimmten Mindestabstände unterschritten wird, und dass nach einer anderen, den verfassungsrechtlichen Maßstäben möglicherweise stärker Rechnung tragenden Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden sind, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könnte (vgl. dazu OVG Hamburg, Beschl. v. vom 9.7.2018, 4 Bs 12/18, a.a.O., juris Rn. 110), trägt die Antragstellerin im Übrigen nicht vor. Die Behauptung, die Auswahl des ältesten Spielhallenstandorts könne sehr wohl dazu führen, dass durch diese zufällige Auswahl räumliche Kapazitäten nicht ausgeschöpft würden, und der Senat verkenne, dass es sich bei der „bestmöglichen Ausschöpfung“ der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität um ein eigenständiges Auswahlkriterium handele, ist dafür nicht ausreichend. Wenn die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung ausführt, es sei denknotwendig ausgeschlossen, dass eine Auswahl anhand des Kriteriums der „bestmöglichen Ausschöpfung“ der bei Einhaltung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität zu einer geringeren Anzahl von Erlaubnissen führe als das Kriterium „alt vor neu“, und dass sich daher bezogen auf alle relevanten Konkurrenzlagen in Hamburg die Gesamtzahl der Erlaubnisse bereits dann erhöhe, wenn in einem einzigen Cluster anstelle von einer Erlaubnis zwei Erlaubnisse erteilt werden könnten, berücksichtigt sie nicht, dass gerade nicht definiert ist, was unter „bestmögliche Ausschöpfung“ zu verstehen ist und dass - wie oben dargelegt - den Ländern nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Spielraum bei der Wahl des Verteilmechanismus bzw. der Auswahlkriterien überlassen ist. Von diesem haben die Länder, wie oben ausgeführt, in unterschiedlicher Weise - meist unter Heranziehung der z.T. gestuft heranzuziehenden Kriterien für eine Härtefallentscheidung - Gebrauch gemacht. 102 Den Überlegungen der Antragstellerin ist nicht zu entnehmen, wie ein verfassungsmäßiger Verteilmechanismus nach ihrer Beurteilung auszusehen hat. Sie verweist zwar auf die Berliner Regelung in § 7 MindAbstUmsG, trägt im Hinblick auf das aus ihrer Sicht anzuwendende Auswahlkriterium aber widersprüchlich vor. Wenn die größtmögliche Ausschöpfung der Kapazität, also das Erreichen der Höchstzahl möglicher Weiterbetriebserlaubnisse, alleiniges Kriterium für Auswahl wäre, wäre z.B. für eine Auswahl anhand von - an den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags bzw. des Hamburgischen Spielhallengesetzes orientierter - qualitativen Kriterien im Sinne der Bevorzugung vorbildlicher Betriebe („Bestenauslese“) oder solcher mit hohen Investitionen oder älteren Erlaubnissen nach § 33i GewO kein Raum. Die Berücksichtigung derartiger Kriterien fordert die Antragstellerin aber ebenso wie die „bestmögliche Ausschöpfung“, wenn sie etwa in ihrer Beschwerdebegründung formuliert, auch die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 7. März 2017 (Rn. 184 f.) erwähnten komplexen Abwägungsentscheidungen erforderten die Berücksichtigung subjektiver Faktoren und stünden einer rein formalen Auswahl entgegen. Soweit die Antragstellerin aber die Auswahl nach einer „Bestenauslese" für sachgerecht hält, legt sie nicht dar, inwiefern dies zu einer besseren Ausschöpfung der Kapazität führen soll als dies beim Anciennitätskriterium der Fall ist. Inwieweit ein größtmögliches Ausschöpfen der Kapazität durch die Verteilung der Erlaubnisse auf die vorhandenen Bestandsspielhallen mehr Raum für neu in den Markt eintretende Bewerber, wie die Antragstellerin an anderer Stelle ihrer Beschwerdebegründung ebenfalls fordert, ermöglichen würde, erschließt sich dem Senat aus ihren Ausführungen nicht. 103 Dass der Antragstellerin insoweit eine Darlegungslast auferlegt wird, entspricht § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO und ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. In den vom Senat entschiedenen parallelen Verfahren 4 Bs 50/18 (juris) und 4 Bs 128/18 (n.v., betr. Anhörungsrügeverfahren und teilweise Korrektur) ging es ebenfalls um die Auflösung einer Konkurrenzsituation gemäß § 9 Abs. 4 HmbSpielhG. Der Senat hatte in seinem Beschluss vom 2. Juli 2018 (4 Bs 50/18, juris) unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. März 2017 (1 BvR 1314/12 u.a., NVwZ 2017, 1111, juris) u.a. ausgeführt, das Auswahlkriterium des Alters sei auch nicht deshalb als Differenzierungsmerkmal sachwidrig, weil es den verfassungsrechtlichen Anspruch der Spielhallenbetreiber auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität widerspreche. Dem Vorbringen der Antragstellerin lasse sich nichts dafür entnehmen, dass bei der Anwendung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG die denkbare Höchstzahl an Spielhallenerlaubnissen bei Anwendung des § 2 Abs. 2 HmbSpielhG innerhalb eines „Spielhallenclusters“ gegenüber einer Bemessung entsprechend der Berliner Methode unterschritten werde, und dass nach dieser (oder einer anderen) Auswahlmethode im Einzelfall oder bezogen auf vergleichbare (auch bezirksübergreifende) Räume, in denen Konkurrenzlagen entstanden seien, voraussichtlich eine höhere Zahl von Bestandsspielhallen den Betrieb weiterführen könne; ihre Behauptung, bei einer Auswahl gemessen am Maßstab des Bundesverfassungsgerichts sei im relevanten Bereich eine weitere Erlaubnis zu erteilen, werde durch nichts belegt (juris Rn. 96). In diesem Verfahren hatte die dortige Antragstellerin Verfassungsbeschwerde erhoben und eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geltend gemacht. Zur Begründung hatte sie im Hinblick auf die behauptete Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG ausgeführt, der Senat hätte der Frage nachzugehen gehabt, ob bei einer Auswahl unter bestmöglicher Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität im relevanten Bereich eine weitere Erlaubnis zu erteilen gewesen wäre, da der Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 VwGO auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gelte. Er hätte sich mit dem vom Bundesverfassungsgericht formulierten Optimierungsgebot auseinandersetzen müssen. Der Senat hätte prüfen müssen, ob die Auswahl der Entscheidungsparameter anhand anderer Kriterien als denen im Berliner Mindestabstandsumsetzungsgesetz den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die bestmögliche Ausschöpfung der Standortkapazität entspreche. Die Vorgehensweise des Senats, den entsprechenden Vortrag der Beschwerdeführerin zu überantworten, sei mit den Anforderungen, die Art. 19 Abs. 4 GG an einen effektiven Eilrechtsschutz stelle, unvereinbar. Im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG hat die dortige Antragstellerin ihre Verfassungsbeschwerde damit begründet, dass § 9 Abs. 4 HmbSpielhG dieses Grundrecht unverhältnismäßig einschränke und dem Auswahlkriterium die innere Rechtfertigung fehle. Das Anciennitätsprinzip kollidiere als alleiniges Auswahlkriterium mit dem aus den grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber erwachsenden Anspruch auf die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität. Diese Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 25. Februar 2020 (1 BvR 2073/18) einstimmig nicht zur Entscheidung angenommen. 104 5. Sodann trägt die Antragstellerin vor, die Auswahlregelung des § 9 Abs. 4 HmbSpielhG sei auch unionsrechtswidrig. Der Senat habe in seinem Beschluss vom 9. Juli 2017 (4 Bs 12/18) eine Auswahl nach dem Alter des Standorts bzw. der Gewerbeanmeldung mit dem Motiv der Fortsetzung des Bestands- und Vertrauensschutzes gerechtfertigt. Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte könnten die durch § 9 Abs. 4 HmbSpielhG bewirkte Ungleichbehandlung und die mit der Auswahlentscheidung einhergehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit nicht rechtfertigen, derartige Erwägungen seien nämlich keine zwingenden Erfordernisse des Gemeinwohls, sondern beträfen wirtschaftliche Interessen des Einzelnen. Die Antragstellerin verweist insoweit auf die Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. September 2007 (C-260/04, juris Rn. 35) und vom 16. Februar 2012 (C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris Rn. 55). Danach folge aus den Grundfreiheiten und dem unionsrechtlichen Gleichheitssatz das Erfordernis der Transparenz und der Publizität. Der Grundsatz der Gleichbehandlung verbiete es, vom Glücksspielanbieter die Einhaltung von Mindestabständen zu den schon länger tätigen Glücksspielanbietern zu verlangen. Wirtschaftliche Gründe wie Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte könnten die Ungleichbehandlung von Glücksspielanbietern bei der Vergabe zahlenmäßig beschränkter Erlaubnisse/Konzessionen nicht rechtfertigen, da es sich nicht um zwingende Gründe des allgemeinen Interesses handele. Hiermit dringt die Antragstellerin nicht durch: 105 Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. September 2007 (C-260/04, Nr. C 269, 4, juris) lässt sich auf den Streitfall nicht übertragen. In dieser Entscheidung ging es um eine italienische Regelung, wonach die 329 bestehenden Konzessionen für die Annahme von Pferdewetten erneuert wurden, ohne Ausschreibungsverfahren durchzuführen, während für die zusätzlich vorgesehenen 671 neu zu vergebenden Konzessionen ein Ausschreibungsverfahren vorgesehen war. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat bemängelt, dass das völlige Fehlen von Ausschreibungen zur Vergabe von Konzessionen gegen Art. 43 und Art. 49 EG verstoße und die Öffnung dieser Konzessionen für den Wettbewerb und die Nachprüfung, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt worden seien, verhindere; eine Rechtfertigung von Ausnahmeregelungen sei aus Gründen des Verbraucherschutzes, der Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien und zur Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen anerkannt; wirtschaftliche Gründe könnten nicht als zwingende Gründe des allgemeinen Wohls anerkannt werden (EuGH, Urt. v. 13.9.2007, C-260/04, juris Rn. 25, 27, 35). Die Entscheidung betrifft also - anders als im Streitfall - schon nicht um die Auswahl zwischen bestehenden Betrieben, sondern die Erneuerung alter Erlaubnisse ohne Ausschreibung aus Gründen des Bestandsschutzes. Im vorliegenden Streitfall geht es wiederum nicht unmittelbar um den Zugang neuer Betriebe zum Markt. Für neue Betriebe ist die hier streitige Auswahl der Bestandsspielhallen nach dem Alterskriterium vielmehr unerheblich (vgl. auch OVG Münster, Beschl. v. 2.4.2020, 4 B 1478/18, juris Rn. 47). Insofern geht es auch nicht um die Gleichbehandlung bestehender Spielhallen und neuer Bewerber. Maßgeblich für die Möglichkeit, als neuer Bewerber einen Spielhallenbetrieb zu eröffnen, ist erkennbar nur das Abstandsgebot, nicht jedoch das für das Auflösen bestehender Konkurrenzsituationen maßgebliche Alterskriterium. 106 Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 16. Februar 2012 (C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris) ist ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Unionsrechtswidrigkeit der Auswahlregelung zu begründen. Es bezieht sich ebenfalls auf die Einhaltung eines Mindestabstandes zu bereits vorhandenen Kommissionären, wodurch die von den bereits etablierten Betreibern erworbenen Geschäftspositionen zum Nachteil der neuen Konzessionäre geschützt würden und wobei die Mindestabstandsregelung ausschließlich für neue Kommissionäre, nicht jedoch für bereits etablierte Kommissionäre gelte (EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris Rn. 58). Eine derartige Ungleichbehandlung ist im Streitfall, in dem der Mindestabstand sowohl für Bestandsspielhallen als auch für neu hinzukommende Spielhallen gilt, nicht festzustellen. Inwieweit sich das Alterskriterium zum Nachteil neuer Bewerber um eine Spielhallenerlaubnis, die eine Spielhalle an einem neuen Standort eröffnen wollen, auswirken kann, erschließt sich aus der Beschwerdebegründung nicht. Weder die Mindestabstandsregelung noch das Alterskriterium dienen im Übrigen dem Schutz der Geschäftspositionen der bestehenden Betreiber (so aber im Fall des EuGH, Urt. v. 16.2.2012, C-72/10 und C-77/10, ZfWG 2012, 105, juris Rn. 65). Die Schlussfolgerung der Antragstellerin, aus der Entscheidung des Gerichtshofs ergebe sich, dass wirtschaftliche Gründe wie Vertrauens- und Bestandsschutzaspekte die Ungleichbehandlung von Glücksspielanbietern nicht zu rechtfertigen vermöchten, geht auf die Unterschiede der jeweiligen Streitgegenstände nicht hinreichend ein. 107 6. Weiter legt die Antragstellerin dar, sie habe aufgrund der Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit der Auswahlregelung das Recht, alle ihre antragsgegenständlichen Spielhallen vorläufig weiter zu betreiben. Es erscheine verfassungsrechtlich naheliegend, Betreiber von Verbundspielhallen mit allen im Verbund stehenden Spielhallen zum Auswahlverfahren zuzulassen, um eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen zu bewirken. Verfassungsrechtliche Grundsätze, aus denen sich ergebe, dass zunächst zwingend je Verbundstandort eine Spielhalle auszuwählen und erst anschließend eine Auswahl zwischen den Standorten zu treffen sei, existierten nicht. Insbesondere liege hierin keine Ungleichbehandlung gegenüber Betreibern von Einfachspielhallen. Denn diese hätten regelmäßig entsprechend höhere Investitionen getätigt, womit es sachlich gerechtfertigt sei, die Auswahlentscheidung nicht standort-, sondern spielhallenbezogen zu treffen. 108 Dieses Vorbringen erschüttert die Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses ebenfalls nicht. Das Verwaltungsgericht ist - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats - davon ausgegangen, dass das in § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HmbSpielhG bestimmte Mindestabstandsgebot, das auch dem Betrieb von mehr als einer Spielhalle, die sich in einem Verbund mit mindestens einer anderen Spielhalle befindet, entgegensteht, ebenso wie das Alterskriterium verfassungs- und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dies hat die Antragstellerin, wie dargelegt, nicht erfolgreich in Zweifel gezogen. Weshalb sich gleichwohl ein Anspruch ergeben soll, trotz des Verbundverbots (§ 2 Abs. 2 Satz 3 HmbSpielhG) alle im Verbund stehenden Spielhallen zum Auswahlverfahren zuzulassen, um eine stärkere Gewichtung von Standorten mit Verbundspielhallen zu bewirken, erschließt sich dem Senat insbesondere vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks, u.a. die Spielsucht zu bekämpfen, nicht. 109 7. Schließlich führt die Antragstellerin aus, die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin wäre - erachte man § 9 Abs. 4 HmbSpielhG für anwendbar - fehlerhaft. Im Falle der konkurrierenden Spielhalle H. Straße könne von einer seit dem 5. Dezember 1985 bestehenden Spielhalle keine Rede sein. Ihr sei im Rahmen des Erlaubnisverfahrens ein vom 10. Oktober 1985 datierender Baugenehmigungsbescheid für diesen Standort nebst einem vom 4. November 1985 datierenden Ergänzungsbescheid übermittelt worden. In dem Ergänzungsbescheid seien insgesamt sechs Hallen mit einer Fläche von 10,73 m², 10,30 m², 13,20 m², 11,40 m², 11,97 m² und 12 m² eingezeichnet. Dass die Spielhalle mit Erteilung der Baugenehmigung unmittelbar in Betrieb genommen worden sei, sei nicht ersichtlich und werde bestritten. Ihr sei seitens der Antragsgegnerin bisher lediglich eine auf den 20. März 1992 datierte Erlaubnis gemäß § 33i GewO zur Kenntnis gebracht worden, die eine Grundfläche im Sinne von § 3 Abs. 2 SpielV von 60 m² beziffere. Ausgehend vom Datum dieser Erlaubnis spreche viel dafür, dass am Standort H. Straße erstmals im Jahre 1992 eine Spielhalle betrieben worden sei. Unabhängig davon entspreche die aktuell am Standort H. Straße befindliche Spielhalle jedenfalls nicht mehr in Größe und Zuschnitt der mit der Baugenehmigung ursprünglich genehmigten Spielhalle, womit es sich jedenfalls in glücksspielrechtlicher Hinsicht nicht mehr um eine Spielhalle im Sinne von § 9 Abs. 4 HmbSpielhG handele, da die dort aktuell genehmigte Spielhalle einen anderen Zuschnitt und eine wesentlich höhere Grundfläche aufweise. 110 Nach Einsicht in die Akte des Standortes H. Straße ergänzt die Antragstellerin, dass nicht ersichtlich sei, dass an dem dortigen Standort seit dem 5. Dezember 1985 legal eine Spielhalle betrieben werde. Der von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Besichtigungsbericht vom 2. Dezember 1985 gebe über das Vorhandensein einer Erlaubnis nach § 33i GewO keinerlei Auskunft. Dass in der Folgezeit eine Erlaubnis erteilt und die Spielhalle durchgehend aufgrund einer Erlaubnis betrieben worden sei, lasse sich dem Vorgang nicht entnehmen und werde bestritten. Der durchgängig legale Betrieb erscheine zweifelhaft, da die Betreiber offenbar mehrfach gewechselt hätten, ohne dass sich entsprechende Erlaubnisse nach § 33i GewO in der Sachakte fänden. Ein legaler Betrieb werde erstmals durch die der XY Unterhaltungsautomaten Betriebsgesellschaft mbH erteilte Erlaubnis vom 20. März 1992 dokumentiert, wohingegen der Standort der Antragstellerin seit 1989 existiere und durchgängig legal betrieben werde. 111 Auch insoweit legt die Antragstellerin nicht erfolgreich dar, dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht angenommen hätte, dass ihr Spielhallenstandort erst seit dem 16. Juni 1989 bestehe, während am konkurrierenden Standort H. Straße bereits seit dem 5. Dezember 1985 eine Spielhalle betrieben werde. 112 Das angenommene Alter des eigenen Spielhallenstandortes stellt die Antragstellerin nicht in Abrede. Nach der Aktenlage unterliegt es keinen ernstlichen Zweifeln, dass am konkurrierenden Standort bereits seit Dezember 1985 eine Spielhalle betrieben wird. Hierfür wurde am 10. Oktober 1985 eine Baugenehmigung erteilt. Der Ergänzungsbescheid vom 4. November 1985 bezieht sich auf eine geänderte Grundrissaufteilung, wonach sechs Räume für die Nutzung zu Spielhallenzwecken vorgesehen sind, die insgesamt über eine Grundfläche von 69,60 m² verfügen. Für den 5. November 1985 wurde der Baubeginn für die Errichtung einer Spielhalle angezeigt. Ausweislich eines Berichts der Antragsgegnerin wurden die Räumlichkeiten am 2. Dezember 1985 im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 33i GewO besichtigt und es wurden die baurechtlich genehmigten Räumlichkeiten - mit gleicher Raumzahl und nur geringen Abweichungen bei den Angaben der Flächen - festgestellt. Anhaltspunkte dafür, dass ein Betriebsbeginn nicht am 2. Dezember 1985 oder zumindest in zeitlicher Nähe zu diesem Datum stattgefunden haben könnte, finden sich nicht. Dass sich aus dem Ergebnis der Besichtigung nicht zwingend auf die Aufnahme des Spielhallenbetriebes schließen lässt, trifft zu. Lebensnah und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte, die gegen die zeitnahe Erteilung einer Gewerbeerlaubnis sprechen, kann aber von einer Betriebsaufnahme jedenfalls in zeitlicher Nähe zum Besichtigungstermin ausgegangen werden (vgl. zum Verhältnis von Baugenehmigung und Erlaubnis nach § 33i GewO: OVG Hamburg, Beschl. v. 6.11.2018, 4 Bs 37/18, juris Rn. 26, 40; vgl. auch Beschl. v. 17.9.2019, 4 Bs 223/18, n.v.). Hierfür spricht auch ein in der Sachakte befindliches Schreiben vom 3. März 1989, in dem ein Architekt für eine Bauherrin im Zusammenhang mit einem Antrag auf Genehmigung einer Spielhalle im 1. Stock des Hauses H. Straße (die nach Angaben der Antragsgegnerin genehmigt wurde, heute aber nicht mehr existiert) ausführt, es handele sich nicht um eine Erweiterung der am 10. Oktober 1985 genehmigten Spielhalle im Erdgeschoss des Hauses. Dies spricht dafür, dass dort jedenfalls im März 1989 eine Spielhalle betrieben wurde. Die Aufnahme des Betriebs der dortigen Spielhalle Ende 1985 bestreitet die Antragstellerin lediglich unsubstantiiert. Sie behauptet sodann lediglich, dass die aktuell am Standort H. Straße befindliche Spielhalle in Größe und Zuschnitt nicht mehr der ursprünglich genehmigten Spielhalle entspreche. Unabhängig von der Frage, inwieweit bauliche Veränderungen für die Annahme des durchgängigen Betriebs einer Spielhalle erheblich sind, trägt die Antragstellerin insoweit nichts substantiiert vor. Nach dem Besichtigungsbericht vom 2. Dezember 1985 betrug die für den Spielerbetrieb vorgesehene Fläche 72,40 m². Ausweislich der Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle H. Straße vom 20. März 1992 betrug die Fläche seinerzeit 72,50 m², die geringe Abweichung legt bauliche Veränderungen in der Zwischenzeit nicht nahe. Dass die Spielhalle zwischenzeitlich baulich erheblich verändert wurde, ist auch sonst nicht ersichtlich und wird von der Antragstellerin nicht substantiiert geltend gemacht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Spielhalle am Standort H. Straße zwischen 1985 und 1992 nicht dauerhaft legal betrieben wurde. Allein der Umstand, dass die Betreiber mehrfach gewechselt haben, besagt insoweit nichts. Die Antragsgegnerin bestreitet auch nur unsubstantiiert („mit Nichtwissen“), dass die Spielhalle durchgängig auf Grundlage einer Erlaubnis nach § 33i GewO betrieben worden ist. Insoweit verweist die Antragsgegnerin zu Recht auf § 5 der Verordnung zu Verfahren über die Erteilung von Erlaubnissen zum Weiterbetrieb von Bestandsunternehmen nach dem Hamburgischen Spielhallengesetz (vom 20.9.2016, SpielhWeiterbetrErlVO), wonach als Unterlagen, die zum Nachweis des Alters eines Spielhallenstandortes dienen können, neben der Betriebserlaubnis für die Spielhalle auch weitere, in der Verordnung nicht abschließend genannte Unterlagen in Betracht kommen. Allein die fehlende Verfügbarkeit einer Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle lässt wegen der von der Antragsgegnerin plausibel vorgetragenen Aktenführungspflichten und Vernichtungsfristen der einzelnen Ämter nicht darauf schließen, dass sie nicht legal oder gar nicht betrieben worden sein könnte. III. 113 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 GKG. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Ziff. 54.1) ist für das Interesse der Antragstellerin ein Wert von 15.000,-- Euro pro Spielhalle im Hauptsacheverfahren anzunehmen. Der sich danach ergebende Wert von 30.000,-- Euro ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.
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Tenor Der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für seine Spielhalle „...“ unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.Der Bescheid des Landratsamtes Biberach vom 24. Juni 2019 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. August 2020 wird aufgehoben.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Gerichtskosten tragen der Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen tragen der Kläger und der Beklagte zu jeweils 1/3. Im Übrigen trägt der Beigeladene seine Kosten selbst. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis. 2 Der Kläger ist Betreiber der Spielhalle „...“ in der S. S.... in B. B.. Eine Erlaubnis nach § 33i GewO zum Betrieb dieser Spielhalle wurde ihm am 15. Januar 1998 erteilt. In weniger als 500 m Entfernung (H....) betreibt der Beigeladene spätestens seit 2007 alleine die Spielhalle „P.“. 3 Mit Vertrag vom 8. Juli 2010 mietete der Kläger die Räumlichkeiten der Spielhalle an. Der Mietvertrag wurde für den Zeitraum vom 1. März 2011 bis 29. Februar 2016 fest abgeschlossen. Der Vermieter räumte dem Kläger ein zweimaliges Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um jeweils fünf Jahre ein. Das Optionsrecht werde automatisch ausgeübt, sollte der Kläger den Vertrag nicht schriftlich zwölf Monate vor Beginn einer Verlängerung kündigen. Darüber hinaus wurde dem Kläger ein ordentliches Kündigungsrecht gewährt, das es ihm jederzeit ermöglicht, den Vertrag mit einer Frist von zwölf Monaten zu beenden. Der monatliche Mietzins wurde auf 2.380,00 Euro brutto festgelegt. 4 Am 14. Juni 2017 wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 24. Februar 2016 von dem Landratsamt Biberach (Landratsamt) eine Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 Landesglücksspielgesetz (LGlüG) unter Anerkennung eines Härtefalls gemäß § 51 Abs. 5 LGlüG für die von ihm betriebene Spielhalle, befristet bis zum 28. Februar 2021, erteilt. Die erteilte Erlaubnis umfasste zusätzlich eine Befreiung von der Einhaltung des Abstandsgebotes gemäß § 42 Abs. 1 LGlüG. Das Landratsamt führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass angesichts des bis nunmehr 28. Februar 2021 laufenden Mietvertrages und einer fehlenden Anpassungsmöglichkeit eine unbillige Härte vorliege. Gegen die Verweigerung der beantragten (unbefristeten) Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG und gegen die Befristung seiner Härtefallerlaubnis erhob der Kläger am 6. Juli 2017 Widerspruch. Dabei bezog er seinen Widerspruch auch auf erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnisse im Umkreis von 500m Luftlinie um die klägerische Spielhalle herum, unter anderem die Spielhalle des Beigeladenen (Verfahren 3 K 3553/19). 5 Ebenfalls am 14. Juni 2017 erteilte das Landratsamt dem Beigeladenen für dessen Spielhalle „P.“ eine Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG unter Anerkennung eines Härtefalls nach § 51 Abs. 5 LGlüG befristet bis zum 30. Juni 2021. Begründet wurde die Erteilung der Härtefallerlaubnis an den Beigeladenen mit dessen laufenden Pachtzahlungen bis zum Ende der Laufzeit seines Pachtvertrages bis zum 28. Februar 2022. Der von dem Beigeladenen gegen die Befristung seiner Erlaubnis erhobene Widerspruch ist Gegenstand eines weiteren Klageverfahrens vor dem Verwaltungsgericht (Verfahren 3 K 6070/17). 6 Das Regierungspräsidium Tübingen (Regierungspräsidium) teilte dem Landratsamt mit Schreiben vom 15. Mai 2019 mit, dass das Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrages im Februar 2015, und damit nach dem Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes, ausgeübt worden sei und zudem ein Kündigungsrecht – mit einer Kündigungsfrist von 12 Monaten – bestehe. Dem Kläger sei zum Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts bereits bekannt gewesen, dass es im Bereich des Spielhallenrechts zu einer Verschärfung der Rechtslage gekommen war, sodass die Verlängerung des Mietvertrages bis zum 28. Februar 2021 auf eigenes Risiko erfolgt sei. Das Landratsamt möge den Sacherhalt vor diesem Hintergrund neuerlich prüfen. 7 Das Landratsamt entschied in der Folge mit Bescheid vom 24. Juni 2019 über den klägerischen Antrag dergestalt, dass unter Abänderung der Entscheidung vom 14. Juni 2017 der Antrag des Klägers auf eine glücksspielrechtliche Erlaubnis insgesamt abgelehnt wurde (Ziffer 1). Der Betrieb der Spielhalle über den 31. Juli 2019 hinaus wurde dem Kläger untersagt, für die Abwicklung des Betriebes gewährte das Landratsamt eine Frist von drei Monaten nach Eintritt der Bestandskraft (Ziffer 2). Zur Begründung bezog sich das Landratsamt auf die vom Regierungspräsidium ausgeführten Argumente, dass dem Kläger ein Kündigungsrecht – auch hinsichtlich der nunmehr in Anspruch genommen Verlängerungsoption – zugestanden habe und ein Härtefall nicht vorliege. 8 Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 25. Juli 2019 Widerspruch erhoben, den das Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2020 zurückwies. Die Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei der neuerlichen Entscheidung des Landratsamts um eine Rücknahme der mit Bescheid vom 14. Juni 2017 erteilten Erlaubnis und Härtefallbefreiung zum Betrieb der Spielhalle „..." gem. § 48 Abs. 1 LVwVfG handele. Zwar erwähne die neue Entscheidung die spezifischen Voraussetzungen des § 48 LVwVfG nicht, insbesondere enthalte sie keine Ausführungen zum Rücknahmeermessen, doch ergebe sich bei Auslegung des Bescheids, dass es sich um eine Rücknahme – und nicht etwa eine Abhilfeentscheidung – handele. Die nunmehr verfügte Betriebsuntersagung beruhe auf § 51 Abs. 3 Satz 2 LGlüG i.V.m. § 15 Abs. 2 GewO. Eine Anhörung sei spätestens im Zuge des Widerspruchsverfahrens erfolgt (vgl. § 45 Abs. 1 und 2 LVwVfG). Die Erteilung der Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG und der Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Denn dem Kläger habe ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis und einer Härtefallbefreiung tatsächlich nicht zugestanden. Die Regeln des LGlüG seien sowohl verfassungs- als auch europarechtskonform. Ein in umfangreichen Dispositionen betätigtes besonderes Vertrauen in den Bestand geltenden Rechts begründe nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich noch keinen Vertrauensschutz. 9 Im Abstand von ca. 385 Metern Luftlinie zur klägerischen Spielhalle befinde sich die Spielhalle des Beigeladenen, „P.", sodass die Spielhalle „...“ gegen § 42 Abs. 1 LGlüG verstoße und eine Erlaubniserteilung nach § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG nicht in Betracht komme. Ein Auswahlverfahren könne erst nach dem Ausschluss von Härtefällen angenommen werden. Ein Härtefall zugunsten des Klägers bestehe allerdings nicht, die Versagung der Erlaubnis für die Spielhalle „..." stelle keine unbillige Härte gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG dar. Der Mietvertrag vom 8. Juli 2010 könne keine unbillige Härte begründen. Die Übergangsfrist sei den Spielhallenbetreibern gewährt worden, um ihre Betriebe an die neue Rechtslage anzupassen und nicht, um zur Erhaltung des bisherigen, ab dem 1. Juli 2017 eventuell rechtswidrigen, Spielhallenbetriebs (weitere) langfristige Dispositionen zu treffen. Soweit dennoch entsprechende finanzielle Verpflichtungen eingegangen worden seien, so erfolgten diese im alleinigen Risiko des Spielhallenbetreibers. Der Kläger habe um die Gefahr einer Schließung seiner Spielhalle vor dem Ende des verlängerten Mietvertrags gewusst und zudem eine Kündigungsmöglichkeit gehabt. Die geltend gemachten noch nicht abgeschriebenen Investitionen (ursprüngliche Angabe von 4.085,00 Euro) führten ebenfalls nicht zur Annahme eines Härtefalls. Die laufenden Verträge über die Miete von Geldspielgeräten könnten eine unbillige Härte ebenfalls nicht begründen, da laut den vorgelegten Unterlagen diese mit einer Frist von sechs bis acht Wochen kündbar seien, sodass daraus bei Schließung der klägerischen Spielhalle schon keine erheblichen finanziellen Belastungen folgen könnten, zumal die Verträge nach dem Stichtag des LGlüG geschlossen worden seien. Der drohende Verlust von Arbeitsplätzen stelle ebenfalls keine unbillige Härte dar, denn es handele sich um eine notwendige, vom Gesetzgeber vorhergesehene und in Kauf genommene Folge des Gesetzesvollzugs, zumal maßgeblich die Angestellten selbst betroffen seien. Die persönliche Haftung stelle keinen zu berücksichtigenden Umstand dar, da auch eine GmbH hafte. Anpassungs- und Kündigungsbemühungen seien nicht nachgewiesen. Aufgrund der dem Beigeladenen erteilten Erlaubnis könne der Kläger auch keine Auswahlentscheidungserteilung erhalten. 10 Die einjährige Rücknahmefrist sei aufgrund der Mitteilung des Regierungspräsidiums an das Landratsamt noch nicht abgelaufen. Erst durch diese Mitteilung habe das Landratsamt Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Entscheidung erhalten. Die pflichtgemäße Ausübung des von § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eingeräumten Ermessens führe zur Rücknahme der alten Entscheidung. Bei der Abwägung des Interesses des Klägers und der Allgemeinheit am Bestand der dem Kläger zum Betrieb der Spielhalle „..." erteilten Erlaubnis und Härtefallbefreiung (Grundsatz der Rechtssicherheit) mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes (Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) überwiege das Interesse der Allgemeinheit an der Rücknahme. Es bestehe ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit an der Aufhebung der rechtswidrig erteilten Erlaubnis nach § 41 Abs. 1 LGlüG und Härtefallbefreiung gem. § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG. Dieses folge bereits aus den Zielsetzungen des LGlüG, insbesondere der Vorbeugung von Spielsucht sowie dem Spieler- und Jugendschutz (§ 1 LGlüG i.V.m. § 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 3 GlüStV). Der Betrieb der Spielhalle sei vor dem Hintergrund damit auch rechtswidrig und gem. § 15 Abs. 2 GewO zu untersagen. 11 Der Kläger verfolgt sein Begehren mit der Klage vom 11. September 2020 weiter. Er ist der Auffassung, dass ein transparentes und chancengleiches Auswahlverfahren und eine ordnungsgemäße Auswahlentscheidung gerichtet auf die Frage, welcher der konkurrierenden Betreiber seine Spielhalle langfristig weiter betreiben dürfe, bisher nicht durchgeführt worden sei. Die Regelungen des LGlüG seien verfassungs- und europarechtswidrig. Der weiteren Glücksspielregulierung sei vor dem Hintergrund der neuerlichen Regelungen zum Onlineglücksspiel keine einheitliche Kohärenz zu entnehmen. Ein Härtefall liege – auch im Zuge der Selbstbildung der Verwaltung – vor, da die Spielhalle sich im Kerngebiet (Innenstadt) von B. B. befinde und in den Räumlichkeiten seit ca. 20 Jahren Spielhallen betrieben werden würden. Das Schließen der Spielhalle führe für den Kläger zu massiven wirtschaftlichen Nachteilen. Die Aufgabe des Spielhallenbetriebs unter Aufnahme eines anderen Betriebs in denselben Räumlichkeiten (z.B. Gaststätte, Diskothek etc.) stelle keine Anpassung an die gesetzlichen Anforderungen i.S.d. § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG dar. Das Betriebsvermögen der Spielhalle bestehe aus spielhallenspezifischen Gegenständen. Im Vertrauen auf den Bestand der Spielhalle habe der Kläger in der Vergangenheit erhebliche Investitionen getätigt, die noch nicht amortisiert seien, so dass die Schließung der Spielhalle dramatische Konsequenzen auf seine wirtschaftliche Situation hätte (vgl. Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens 2014). Die getätigten Investitionen in die Einrichtung seien auch nicht anderweitig verwendbar, da es sich um individuelle Einbauten für „die speziellen Casinos" und nicht um Wirtschaftsgüter handle, welche gewinnbringend bzw. verlustmindernd veräußert werden könnten. Auch bestünden laufende Mietverträge über Geldspielgeräten, um den Besuchern aktuelle Spielgeräte zur Verfügung stellen zu können. 12 Der Kläger betreibe die Spielhalle nicht als GmbH, sodass ihn die Schließung der Spielhalle besonders treffe, da er persönlich für sämtliche Verbindlichkeiten aus deren Betrieb hafte. Das Landratsamt müsse berücksichtigen, welche Folgen die Schließung einer Spielhalle für die Wirtschaftlichkeit des Gesamtbetriebes habe. Vermietet worden seien die Räumlichkeiten ausschließlich zum Zweck der Nutzung als Spielothek. Eine anderweitige Nutzung der Räumlichkeiten sei daher nicht zulässig. Das Mietverhältnis habe am 1. März 2011 begonnen und sei bis zum 29. Februar 2016 befristet worden. Durch die Ausübung des Optionsrechts habe sich das Mietverhältnis um fünf Jahre verlängert und laufe nun bis zum 28. Februar 2021. Da das Optionsrecht zwölf Monate vor dem Ende des Mietvertrages habe ausgeübt werden müssen, habe der Kläger im Februar 2015 aus wirtschaftlichen Gründen davon Gebrauch machen müssen. Er habe aufgrund der unsicheren rechtlichen Situation nicht sicher voraussagen können, wie lange er die Spielhalle noch betreiben könne. Es sei ihm in keinem Fall zumutbar gewesen, die Spielhalle im Jahr 2015 zu schließen oder zu riskieren, dass der Vermieter den Mietvertrag beende, da er möglicherweise die Spielhalle über weitere 16 Jahre noch hätte betreiben können. Aus diesem Grund sei es auch akzeptabel und wirtschaftlich geboten gewesen, die Option auszuüben. Die zu zahlende Bruttomonatsmiete (2.380,00 Euro) führe zu einer Jahresgesamtmiete in Höhe von 28.560,00 Euro. Von Juli 2017 bis zum Auslaufen des Mietvertrages falle daher eine Gesamtmiete von ca. 100.000,00 Euro an, was ausschließlich durch den Betrieb einer Spielhalle zu amortisieren sei. Eine Schließung der Spielhalle habe katastrophale Auswirkungen auf die Mitarbeiter, welche vollumfänglich entlassen werden müssten. Dabei seien hauptsächlich Personen betroffen, die keine anderweitige Beschäftigung mehr fänden. Der Kläger habe alle Mitarbeiter schulen lassen und dafür erhebliche Kosten aufgewendet. Auch für die Erstellung der entsprechenden Sozialkonzepte seien hohen Investitionen getätigt worden. Der Kläger führe erhebliche Vergnügungs- und Gewerbesteuersteuerbeträge ab. Eine Verlagerung der Geschäftstätigkeit auf einen anderen Standort sei ausgeschlossen. Eine Neuansiedlung im Stadtgebiet B. B. erscheine ausgeschlossen, zumal die Abstände nach dem LGlüG zu Schulen und anderen Spielhallen zu berücksichtigen seien. 13 Der Kläger beantragt, 14 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Biberach vom 24. Juni 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidium Tübingen vom 7. August 2020 zu verpflichten, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 24. Februar 2016 eine Erlaubnis gem. § 41 Abs. 1 LGlüG zum Betrieb der Spielhalle „...“ in der S. S. ..., ... B. B. zu erteilen. 15 hilfsweise: 16 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes Biberach vom 24. Juni 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. August 2020 zu verpflichten, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 24. Februar 2016 eine Erlaubnis gem. §§ 41 Abs. 1, 51 Abs. 5 LGlüG zum Betrieb der Spielhalle „...“ in der S. S. ... in ... B. B. unter Erteilung einer Befreiung (Härtefall) zu erteilen. 17 Der Beklagte beantragt, 18 die Klage abzuweisen. 19 Der Beklagte macht geltend, dass nach dem Sinn und Zweck sowie der Systematik des Landesglücksspielgesetzes im Falle einer Konkurrenz von Bestandsspielhallen regelmäßig das Vorliegen eines Härtefalles zu prüfen sei. Ein Auswahlverfahren sei erst dann durchzuführen, wenn keinem der Konkurrenten eine Härtefallbefreiung erteilt werden könne. Nur durch diese Herangehensweise könne das Ziel des Gesetzgebers – eine Reduzierung der Spielhallendichte – verfolgt werden. Sofern jeweils die Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, könne auch mehreren konkurrierenden Spielhallenbetreibern eine Härtefallbefreiung erteilt werden, was hier allerdings nicht in Betracht komme, da deren Versagung für den Kläger keine unbillige Härte darstelle. Ein Vertrauenstatbestand sei angesichts der Regelungen im Mietvertrag sowie fehlender Investitionen nicht gegeben. 20 Der Beigeladene beantragt, 21 die Klage abzuweisen. 22 Der Beigeladene ist der Auffassung, der Kläger könne sich auf keinen Härtefall berufen, nachdem ihm ein Kündigungsrecht zugestanden habe und die Verlängerungsoption nach dem Stichtag des 18. November 2011 genutzt worden sei. Die unterbliebene Kündigung des Mietvertrages liege in seiner eigenen Risikosphäre. Bedenken gegen den eigenen Vertragsschluss am 24. März 2010 seien dagegen nicht ersichtlich. 23 Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die beigezogenen Behördenakten sowie die Gerichtsakten (auch der Verfahren 3 K 6070/17 und 3 K 3553/19) verwiesen und ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe   24 Die zulässige Verpflichtungsklage hat in dem tenorierten Umfang Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine neuerliche Entscheidung über die beantragte Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle „...“ in B. B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die entgegenstehenden Entscheidungen des Landratsamtes Biberach vom 24. Juni 2019 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. August 2020 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Soweit sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium das Vorliegen eines Härtefalls gem. § 51 Abs. 5 LGlüG abgelehnt haben, bestehen diesbezüglich keine rechtlichen Bedenken. 25 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gem. § 41 Abs. 1 LGlüG zum Betrieb der Spielhalle „...“ in der S. S. ..., B. B.. 26 a. Der begehrten spielhallenrechtlichen Erlaubniserteilung steht vorliegend der Versagungsgrund des § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG entgegen. 27 Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 12. Juni 2018 (GBl. S. 173, 188), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach diesem Gesetz, die die Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Absatz 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Sonstige Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Die Erlaubnis ist auf maximal 15 Jahre zu befristen. 28 Der Spielhallenbetrieb des Klägers bedarf im vorliegenden Falle auch trotz der bereits vorhandenen Genehmigung nach § 33i GewO vom 15. Januar 1998 der Erlaubnis nach §§ 41, 51 Abs. 4 LGlüG. So statuiert § 51 Abs. 4 LGlüG die Maßgabe, dass für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18. November 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30. Juni 2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 erforderlich ist. Der Kläger hat diese Erlaubnis nach § 41 LGlüG in dem nach § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG zeitlich vorgegebenen Rahmen, d.h. bis zum 29. Februar 2016, fristgerecht beantragt. 29 Der Erlaubniserteilung steht vorliegend allerdings ein Versagungsgrund entgegen. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG), d.h. ein Abstand von mindestens 500 m von Spielhallen untereinander nicht erreicht wird. 30 Hier wird dieser geforderte Abstand nicht eingehalten, denn die noch bestehende Spielhalle „P.“ des Beigeladenen befindet sich in einer Luftlinienentfernung von etwa 385 Metern von der streitgegenständlichen Spielhalle entfernt. Inwieweit die jeweiligen Spielhallen unter Berücksichtigung des vorhandenen Straßenwegesystems tatsächlich voneinander entfernt sind, ist dabei unwesentlich. Der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ ist nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Der Begriff ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 23 f.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. November 2013 – 10 CS 13.1966, juris Rn. 26). 31 b. Verfassungsrechtliche Zweifel an dem Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG bestehen nicht (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 25 ff.; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 18 ff.; Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 299 ff.). 32 c. Auch europarechtliche Bedenken sind nicht gegeben (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 37; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 86 ff.). Es ist Sache des nationalen Gerichts, alle insoweit maßgeblichen Gegebenheiten eingehend zu würdigen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 30). 33 Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, der ausschließlich Spielhallen in Deutschland betreibt. Die Spielgeräte erhält der Kläger von Firmen aus E. bzw. U.. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Spielhalle auch von europäischen Fernfahrern frequentiert wird. Ein vorgetragener Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV kann nicht festgestellt werden. Bei den Spielhallenerlaubnissen handelt es sich insbesondere nicht um Konzessionen, die einer Ausschreibungspflicht unterliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C458/03, juris). 34 aa. Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte es damit bereits am Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts fehlen. Nichts Anderes ergibt sich aus der von dem Kläger zitierten, überdies nicht zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Anwendbarkeit der „Grundregeln des AEU-Vertrags, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die sich daraus ergebende Transparenzpflicht“, nur für den Fall bejaht, dass „ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse“ besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 28 f.). Dies wird von dem Kläger übersehen, der sinngemäß bereits ein „potentielles Interesse“ als ausreichend erachtet und in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Begrifflichkeit des „sicheren grenzüberschreitenden Interesses“ näher umschreibt (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 27 f.). 35 Soweit der Kläger sich u.a. auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache „Belgacom“ (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris) stützt, um den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit zu eröffnen, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einem dürfte die vorliegende spielhallenrechtliche Erlaubnis nicht unter die Vergaberegeln der Richtlinie 2004/18 fallen, da es sich bei der Spielhallenerlaubnis nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2a, sondern um eine Dienstleistungskonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie handelt (vgl. Art. 17 der Richtlinie). Der Kläger führt das Glücksspiel nicht im Auftrag der öffentlichen Hand aus. Spielhallenkonzessionen werden nicht ausgeschrieben, ein Vergabeverfahren im Sinne der Richtlinie findet gerade nicht statt. Insoweit ist auch der ausdrückliche Willen des europäischen Gesetzgebers in der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) zu berücksichtigen, der in der Vorbemerkung 25 unmissverständlich betont, dass Glücksspiele einschließlich Lotterien und Wetten aufgrund der spezifischen Natur dieser Tätigkeiten, die von Seiten der Mitgliedstaaten Politikansätze zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der Verbraucher bedingen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein sollen. 36 Auch stellt der EuGH im Fall „Belgacom“ spezifisch auf die Kabelkonzession im zugrundeliegenden Fall ab. Dort ging es um Vereinbarungen, mit denen Fernsehdienste und die Fernsehabonnements von Kunden sowie für einen begrenzten Zeitraum dazugehörige Rechte von Kabelnetzen übertragen wurden und ein Erbpachtrecht an diesen Netzen eingeräumt wurden. So stellt der EuGH ausdrücklich auf diese Kabelkonzession ab, als er das grenzüberschreitende Interesse bejaht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 2 ff., 28). Der EuGH führt in der Rn. 29 dahingehend ausdrücklich aus, dass ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse sich u. a. aus der wirtschaftlichen Bedeutung der abzuschließenden Vereinbarung, aus dem Ort ihrer Durchführung (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2008 – C-347/06, juris Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder aus technischen Merkmalen ergeben könne (vgl. entsprechend EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C147/06 und C-148/06, juris Rn. 24). 37 Ein vergleichbares wirtschaftliches Interesse kann hier allerdings nicht festgestellt werden. Während in der „Belgacom“-Entscheidung ein Auftrag mit hohem wirtschaftlichen Wert, nämlich einer Kabelfernsehkonzession, wesentlich war, ist hier im Grunde „nur“ die Spielhalle des Klägers und des Beigeladenen maßgeblich. Der wirtschaftliche Wert einer singulären Spielhalle ist nicht mit dem Kabelnetz von Belgien gleichzusetzen, es fehlt insoweit schon an der Vergleichbarkeit der entsprechenden Sachverhalte. 38 Auch ist nicht erkennbar, dass der spezifische Ort der Spielhalle, B. B., eine erhebliche grenzüberschreitende Relevanz hätte. B. B. liegt im Landkreis B. im Regierungsbezirk Tübingen. Im Ort wohnen etwas über 4.000 Personen, der Ort befindet sich nicht unmittelbar an der österreichischen Grenze. Vielmehr besteht bis zur dieser Grenze eine Distanz von etwa 100 Kilometern. Ausländische Firmen aus EU-Mitgliedstaaten haben kein entsprechendes Interesse an einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis in B. B. erklärt. Inwieweit ein Interesse derartiger Firmen tatsächlich besteht, ist allerdings nicht dargelegt. Eine Pflicht zur Ausschreibung von spielhallenrechtlichen Konzessionen ist jedenfalls nicht ersichtlich. 39 Zwar ist es nicht zwingend erforderlich, dass Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich ihr Interesse bekundet haben (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 31), doch muss darauf hingewiesen werden, dass der Kläger keine Ausschreibung o.ä. befolgt hätte. Andernfalls könnten sich ausländische Wirtschaftsteilnehmer auch darauf berufen, dass dem Kläger entgegen der – nach seiner Auffassung anwendbaren – EU-Grundfreiheiten eine Spielhallenerlaubnis erteilt wurde. Weder das beklagte Land noch das Landratsamt schreiben entsprechende Lizenzen für einzelne Spielhallen aber öffentlich aus, wobei schon nicht erkennbar ist, dass es dafür eine rechtliche Verpflichtung gebe. Wirtschaftsteilnehmern aus dem Ausland steht es insofern frei, von sich aus in entsprechenden Ortschaften ihr Interesse anzumelden und dort zu verfolgen. 40 Eine grenzüberschreitende Relevanz im Zuge von technischen Merkmalen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C-147/06 und C-148/06, juris Rn. 24) kann nicht erkannt werden. Zum einen handelt es sich vorliegend nicht um öffentliche Bauaufträge und kommt es zum anderen nicht zu einem automatischen Ausschluss bei einem entsprechenden geringen Schwellenwert. 41 Auch der vom Kläger angeführte Vergleich zur der EuGH-Entscheidung „Parking Brixen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C-458/03, juris) vermag das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass die EU-Grundfreiheiten vorliegend Anwendung finden. So handelte es sich in diesem Verfahren um ein juristisches Geflecht der Gemeinde Brixen und den Stadtwerken Brixen, die ebenfalls ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt haben. Auch dieser Sachverhalt ist nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen. Der Kläger erbringt zwar eine Dienstleistung, er erbringt sie allerdings nicht unmittelbar für das beklagte Land. Die Entscheidung, ob eine Spielhalle betrieben wird, wird nicht seitens der öffentlichen Hand getroffen, sondern ist ureigener unternehmerischer Entschluss. Niemand wird zu dem Betrieb einer Spielhalle staatlicherseits gezwungen. Lediglich die Genehmigungsentscheidung erfolgt öffentlich. Es besteht kein Auftragsverhältnis im weiteren Sinne, wonach der Kläger die Dienstleistung für die öffentliche Hand erbringt. Die Richtlinie 92/50/EWG bzw. die Nachfolgeregelung des Richtlinie 2004/18/EG berücksichtigt dies bereits mit dem Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG. Es leuchtet daher nicht ein, wie das Landratsamt eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit begangen haben sollte, wenn zum einen kein ersichtlicher Zwang zu einem Vergabeverfahren besteht, und zum anderen jedem Wirtschaftsteilnehmer der Zugang zu den jeweiligen Erlaubnissen ohnehin offensteht, da die Initiative zur Vergabe von spielhallenrechtlichen Erlaubnissen nicht von staatlicher Seite ausgeht, sondern auf konkretem Antrag von den Wirtschaftsteilnehmern selbst gesucht wird. 42 bb. Doch selbst wenn man – entsprechend dem Vortrag des Klägers und auch des Beigeladenen – von einer konkreten Anwendbarkeit der europäischen Dienstleistungsfreiheit im vorliegenden Falle ausginge, so ist festzuhalten, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht grenzenlos gewährleistet wird. Denn es ist zu beachten, dass selbst wenn im vorliegenden Falle eine grenzüberschreitende Relevanz zu bejahen wäre, es nach Maßgabe des EuGH ausdrücklich möglich ist, dass eine Rechtfertigung besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 38 ff.). Insofern ist festzuhalten, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bereits u.a. nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 ff. AEUV ausdrücklich möglich ist. Beschränkungen können grundsätzlich zulässig sein, wenn es sich um ausdrücklich vorgesehene abweichende Maßnahmen handelt oder wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, wobei sie in diesem Fall geeignet sein müssen, die Erreichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten und nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – C-249/15, juris Rn. 39; Urteil vom 30. November 1995 – C-55/94, juris Rn. 37; Urteil vom 21. Oktober 1999 – C-67/98, juris Rn. 29; Urteil vom 31. März 1993 – C-19/92, juris Rn. 32). 43 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff. – „Digibet und Albers“; Urteil vom 19. Juli 2012 – C-470/11, juris Rn. 39 – „Garkalns“; Urteil vom 24. Januar 2013 – C186/11 und C-209/1, juris Rn. 23 – „Stanleybet International“; Urteil vom 11. Juni 2015 – C-98/14 –, juris Rn. 93 – "Berlington Hungary u.a."). 44 Dies ist hier der Fall. Die Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) sowie des darauf aufbauenden LGlüG verfolgen das erklärte Ziel, Glücksspielsucht zu vermeiden und zu bekämpfen. Bei diesem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht handelt es sich um ein legitimes Ziel, das zugunsten eines besonders gewichtigem Gemeinwohlziels verfolgt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 122 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 38, 42 ff.). Der Europäische Gerichtshof hat insoweit wiederholt entschieden, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, wobei für die Klärung der Frage, welche Ziele mit den nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich verfolgt werden, im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 24). Die Eingriffe in die (Grund-)Rechte – und gegebenenfalls Grundfreiheiten – insbesondere sowohl des Klägers als auch des Beigeladenen sind auch gerechtfertigt. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut und sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sowie verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 132 ff.). 45 Die Eingriffe in die (Grund-)Rechte – und gegebenenfalls Grundfreiheiten – insbesondere sowohl des Klägers als auch des Beigeladenen sind daher gerechtfertigt. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut und sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sowie verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 132 ff.). 46 In dem von dem Bundesverfassungsgericht zu beurteilenden Verfassungsbeschwerdeverfahren waren insoweit Gegenstand die landesgesetzlichen Vorschriften zur Regulierung des Spielhallensektors der Bundesländer Saarland, Berlin und Bayern, die allerdings mit den hier maßgeblichen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes Baden-Württemberg im Wesentlichen vergleichbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu maßgeblich ausgeführt: 47 „Das Verbundverbot wird maßgeblich damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein "Las-Vegas-Effekt" eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete. Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden. Zweck des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Damit soll das Abstandsgebot – wie auch das Verbundverbot – zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten "auf andere Gedanken" kommt. Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 134 f.). 48 Die gesetzliche Anordnung des Verbundverbots sowie der Abstandsgebote ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung der von den Gesetzgebern verfolgten legitimen Gemeinwohlziele, da sie die Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls fördern. So ist plausibel, dass gerade Mehrfachspielhallen durch die Vervielfachung des leicht verfügbaren Angebots zu einem verstärkten Spielanreiz führen. Gerade im Falle der generellen Zugänglichkeit und hohen Verfügbarkeit von Spielhallen kommt einer Begrenzung sowie örtlichen Beschränkungen von Glücksspielstätten die höchste Wirksamkeit bei der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu (vgl. Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung, International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens, 2009, S. 49 f.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 22). Ein Verbot von Mehrfachspielhallen in Form des Verbundverbots kann dem entgegenwirken, indem es zu einer geringeren Konzentration von Spielgeräten im selben Gebäude(komplex) und im Zusammenwirken mit den Abstandsgeboten zu einer generellen Reduzierung des Geldspielgeräteangebots führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 149 f.). 49 Auch das geltende Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist geeignet. Mit diesem Gebot wird eine Reduzierung der für die Ansiedelung von Spielhallen zur Verfügung stehenden Standorte und eine Begrenzung der Spielhallendichte bewirkt, was zu einer Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen beiträgt. Dadurch wird ebenfalls eine Verringerung der Griffnähe und Verfügbarkeit des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen erreicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Ausweichen auf andere Orte oder auf andere Arten des Glücksspiels nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere für auf der Grundlage einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betriebene Spielcafés, die – sofern sie nicht selbst als Spielhallen zu qualifizieren sind – einen anderen Charakter aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15, juris Rn. 47). Ein strukturelles, bereits in der gesetzlichen Regelung angelegtes Vollzugsdefizit ist dabei weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 151). 50 Verbundverbot und Abstandsgebote sind erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel ist nicht ersichtlich, zumal den Gesetzgebern auch hier ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zukommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <218>; 115, 276 <309>). Insbesondere stellen rein spieler- oder gerätebezogene Maßnahmen wie die vorgeschlagene Spielerkarte kein gleich wirksames Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Spielsucht dar. Die Länder durften insofern die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht ein vorzugswürdiges Mittel darstellen. Im Gestaltungsspielraum mit Blick auf die Erforderlichkeitsanforderungen liegt auch die Regelung, die für den Mindestabstand nicht auf die Wegstrecke, sondern auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 42 Abs. 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13, juris, Rn. 367). Dasselbe gilt für das Absehen des Landesgesetzgebers von Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten, mit denen eine Reduzierung der Spielhallendichte nicht in gleich wirksamer und effizienter Weise erreicht werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 153). 51 Verbundverbot und Abstandsgebote sind auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahren die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen der Spielhallengesetze insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasten die Betroffenen nicht übermäßig (vgl. BVerfGE 83, 1 <19>; 121, 317 <355>; 126, 112 <152 f.>; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 155). 52 Durch das Verbundverbot entfallen die Möglichkeit, größere Kapazitäten an Spielmöglichkeiten oder eine größere Vielfalt an Geräten vorzuhalten, und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteile. Ähnliche Belastungswirkungen ergeben sich durch die Abstandsgebote [...]. Die Regelungen haben - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge. Eine kumulative Belastung entsteht insbesondere durch die gleichzeitige Geltung von Gerätehöchstzahlen je Spielhalle [...]. Zusätzlich belastend wirken sich daneben weitere Neuregelungen aus (vgl. wie z.B. das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV, den Sachkundenachweis, die Verlängerung der täglichen Sperrzeit, das Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäude(komplex) gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV, die Pflicht zur Reduzierung der Gerätezahl auf drei im Falle der Abgabe von Speisen und Getränken sowie das Verbot der unentgeltlichen Verabreichung von Speisen und Getränken, das Rauchverbot oder das Verbot von Internet-Terminals und Geldautomaten [mit jeweils Angaben der länderspezifischen Regelungen) (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 156). 53 Die Gesamtbelastung lässt es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssen, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch das Abstandsgebot stark beschränkt wird. Die Prognosen der Beschwerdeführerinnen, ein wirtschaftlicher Betrieb von Spielhallen sei durch die Kumulation der verschiedenen belastenden Vorschriften nicht mehr möglich, werden allerdings nicht hinreichend substantiiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 50). Dies gilt auch im Hinblick auf die durch die Verlängerung der Sperrzeit gemäß § 5 Abs. 1 SpielhG Bln erwarteten Verluste, da ohne weitere Angaben zu den korrespondierenden Besucherzahlen die stündlichen Durchschnittsumsätze für die wegfallenden frühen Morgenstunden nicht angesetzt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 157). 54 Der mit Verbundverbot und Abstandsgeboten verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiegt besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handelt (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Besonderes Gewicht bekommt dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgehen (oben A I 2). Für alle anderen relevanten Glücksspielformen hatte bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht ist (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)), durften die Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade die mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Dies gilt zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 158). 55 Insgesamt stehen damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <145 f.>; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 348; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 165; HmbOVG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 4 Bs 90/15 -, juris, Rn. 35; VG Bremen, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 V 514/11 -, juris, Rn. 25). Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes überwiegt gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Danach ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 159).[...] 56 Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führt - soweit ihr Schutzbereich hier überhaupt eröffnet ist - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 169). 57 Das Verbundverbot, die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen und die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson bewirken keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 170 ff.).“ 58 Die von dem Kläger geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der wesentlichen Vorschriften können vor diesem Hintergrund nicht geteilt werden. 59 cc. Soweit der Kläger Stellungnahmen (AS 134 ff.) seitens des Beratungs- und Behandlungszentrum für Suchterkrankungen (BBS) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva), der Technischen Universität Dresden (Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten, Risikoanalyse und Risikomanagement) sowie der Universität Hohenheim (Forschungsstelle Glücksspiel; https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/Uni-Hohenheim.pdf) vorgelegt hat, wonach der Abstand bei Spielhallen weder wirksam zum Schutz für die Zielgruppe der sozialen Spielteilnehmer noch zum Schutz vulnerabler Spielteilnehmer beitrage, vermag dem nicht gefolgt zu werden. 60 Insoweit widerspricht sich insbesondere die Stellungnahme der Technischen Universität Dresden schon dahingehend, dass grundsätzlich kein wirksamer Schutz bei einem Mindestabstand von Spielhallen zu erwarten sei, aber Gemeinden in begründeten Zonen die Mindestabstände selbst einschränken oder verbieten können sollten. Angesichts des – gegenüber anderen Bundesländern – durchaus hohen Abstands (z.B. § 10 Abs. 2 Niedersächsisches Glücksspielgesetz (NGlüSpG) mit einem geregelten Abstand von 100m) von 500 Metern ist nicht ohne Weiteres substantiiert dargelegt, inwieweit die Maßnahme keine Wirksamkeit entfalten soll. Insoweit ist hier zu berücksichtigen, dass ausgehend der Daten von Google Maps der hier maßgebliche Laufweg zwischen den beteiligten Spielhallen ca. sieben Minuten beträgt. Auch die Stellungnahme der Universität Hohenheim, wonach die Mindestabstandregel und das Verbot der Mehrfachkonzessionen Maßnahmen mit geringem gesellschaftlichen Nutzen und erheblichen gesellschaftlichen Kosten seien und eine Ansiedlung von einem großen Spielhallenkomplex im Gewerbegebiet der Ansiedlung von einer vergleichbaren Anzahl von Spielhallen in der Innenstadt vorzuziehen sei, wird vor dem Hintergrund einer hohen Konzentration von Spielhallen in einem geringem Umkreis und dessen Auswirkungen nicht näher begründet. Inwieweit Abstandsregelungen eine hinsichtlich des Spielerschutzes wenig wirksame Maßnahme darstellen sollen, bleibt auch die Stellungnahme der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart schuldig (vgl. https://www.gluecksspielwesen.de/wpcontent/uploads/2020/02/eva.pdf). Auch unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnis hinsichtlich dem wissenschaftlichen Kenntnisstandes (Wechsel vom „Natürlichen Spielbetrieb der Bevölkerung“ zu dem neuerlichen Vulnerabilitätskonzept, siehe Stellungnahme der Technischen Universität Dresden: https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/TU-Dresden.pdf) ist damit die fehlende Wirksamkeit der Abstandsregelung nicht ohne Weiteres belegt. 61 dd. Aber selbst wenn unterstellt würde, dass der Kläger oder seine Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 10/12, BVerwGE 147, 47-81, juris Rn. 27 ff. m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 83 ff.). 62 Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier noch kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot vor, da das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz hat. Anhaltspunkte dafür, dass die seitens des Klägers gerügten Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen – insbesondere fiskalischen – Zweck dienten, sind nicht gegeben. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Eine Expansionspolitik des Landes Baden-Württemberg in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, ist trotz der Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken und deren Geschäftsmodell (vgl. https://www.bw-spielbanken.de/bwspielbanken/) nicht erkennbar. 63 Die staatlichen Stellen verfügen in dem besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben, und – sofern die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Anforderungen im Übrigen erfüllt sind – ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 85; EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff., 32). 64 Dass die getroffenen Regelungen dieses Ermessen vorliegend überschreiten, kann nicht erkannt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 28). Auch vor dem Hintergrund der seit dem 15. Oktober 2020 geltenden Gemeinsame Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder in Bezug auf Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker auf Grundlage des Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 (AS 139, abrufbar u.a. unter: https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/202009-30_gemeinsame_leitlinien_bv_gluecksspiel.pdf) ist nicht ersichtlich, dass das Kohärenzgebot verletzt wäre. 65 Soweit der Kläger und der Beigeladene übereinstimmend vorgetragen haben, ein Spielhallenbesucher könne paradoxerweise, nachdem er die Spielhallenräumlichkeiten verlassen habe, noch vor der Tür der Spielhalle unproblematisch mit seinem Smartphone im Internet ähnliche Online-Angebote weiter wahrnehmen, führt dies (noch) zu keinem Verstoß des Kohärenzgebotes. Wie der Beklagtenvertreter ausgeführt hat, handelt es sich bei terrestrisch veranstaltetem Glücksspiel, wie es sowohl der Kläger als auch der Beigeladene anbieten, um ein spezifisches, örtlich beschränktes Angebot, das von dem Onlineglücksspiel abzugrenzen ist. Insoweit wird regelmäßig der persönliche Kontakt mit anderen Spielern ermöglicht, ein nicht-alkoholischer Getränkeservice angeboten und es besteht ein sofortiges und haptisches Feedback, was im Rahmen des Online-Angebotes ggf. nicht bzw. nicht so ausgeprägt ermöglicht wird. Dass eine erhebliche Überschneidung von örtlich und online stattfindendem Glücksspiel in dem von dem Kläger und Beigeladenen beschriebenen Umfang besteht, ist zur vollen Überzeugung des Gerichts nicht dargelegt. Zwar ist festzuhalten, dass der Anteil an Online-Glücksspiel zunimmt, doch lässt dies noch keine, seitens der Beteiligten gezogenen, Rückschlüsse auf das generelle Spielverhalten zu. 66 Im Übrigen ist festzustellen, dass die geltend gemachte neuerliche „Liberalisierung“ des Onlineglücksspieles keinesfalls ohne entsprechende Kontrolle erfolgen würde. Denn den Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder ist ausdrücklich zu entnehmen, dass ein glücksspielrechtlicher Vollzug nur nicht aufgegriffen wird, wenn konkrete allgemeine und besondere Anforderungen erfüllt, z.B. – der Glücksspielsucht vorbeugenden – Maßnahmen, wie z.B. Anmeldekontrollen, Einzahlungslimits, Einführung eines Panikknopfes, Kreditverbote, Beratungs- und Therapieangebot, Einrichtung eines automatisierten Spielsuchtfrüherkennungssystems und ein Werbeverbot für unerlaubte Glücksspiele einschließlich virtueller Automatenspiele und Online-Poker, eingeführt werden. Vielmehr besteht entgegen dem Vortrag des Beigeladenen eine entsprechende Aufsicht und ein Vollzug der geltenden Regeln, sofern diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Ein dahingehendes Vollzugsdefizit im hier maßgeblichen Bundesland Baden-Württemberg kann daher gegenwärtig nicht angenommen werden. 67 Vor diesem Hintergrund scheint die vom Kläger geltend gemachte Konkurrenz (u.a. durch die Anbieter https://www.tipico.de/de/online-sportwetten/; https://de.betclic.com/; https://www.bet-at-home.com/de; https://www.interwetten.com/de/sportwetten und https://sports.bwin.com/de/sports, vgl. Schriftsatz vom 13. Januar 2020, AS 129) im Wesentlichen eine Ergänzung des bereits bestehenden terrestrischen Angebotes darzustellen, was insbesondere dem technischen Fortschritt und den damit verbundenen Entwicklungen zu verdanken sein dürfte. 68 Es begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken, dass die Bundesländer übereinstimmend auf geänderte, insbesondere technische, Rahmenbedingungen reagieren. Föderal unterschiedliche oder auch konkurrierende Lösungswege sind zudem im Bundesstaat angelegt, zumal eine diesbezüglich einheitliche Handhabe nicht ohne Weiteres gewährleistet ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch geltende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüStV) gem. § 35 Abs. 2 GlüStV grundsätzlich in seiner zeitlichen Geltung – bzw. eine diesbezügliche Absicht unter dem Vorbehalt einer Fortgeltung bei entsprechender Zustimmung steht – limitiert ist, und es im Ermessen der europäischen Mitgliedstaaten und damit auch den jeweiligen Bundesländern steht, unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt, zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 123). 69 Soweit der Kläger des Weiteren rügt, dass es an einer kohärenten und systematischen Regulierung und Glücksspielpraxis fehlt, kann dem daher nicht gefolgt werden. Zwar bestehen tatsächlich fiskalische Interessen der Länder (vgl. insbesondere die Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken: https://www.bw-spielbanken.de/), doch besteht darin (noch) keine Inkonsequenz, die zu der Annahme der Verletzung des Kohärenzgebotes führen würde. Insbesondere der Betrieb von Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten unterliegt eigenen umfangreichen Spielerschutzvorschriften. So gelten für die Spielbanken gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV bundesweit die Werbebeschränkungen gemäß § 5 GlüStV, die Pflicht zur Entwicklung eines Sozialkonzepts gemäß § 6 GlüStV, die Aufklärungspflichten des § 7 GlüStV sowie insbesondere das bundesweite Spielersperrsystem mit der Möglichkeit von Selbst- und Fremdsperren gemäß § 8 GlüStV (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 143 ff.). 70 Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden nach der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 147). Dass dies hier der Fall ist, kann das Gericht entgegen dem Vortrag der Beteiligten, es liege ein Vollzugsdefizit in diversen Bundesländern vor, zumindest gegenwärtig für das hier maßgebliche Bundesland Baden-Württemberg (noch) nicht zu erkennen (vgl. insbesondere die nachträgliche Schließungsverfügung gem. § 15 Abs. 2 GewO zu Lasten des Klägers in dem hiesigen Verfahren und allein weitere in der 3. Kammer anhängigen Verwaltungsrechtssachen mit u.a. spielhallenrechtlichen Streitgegenständen: z.B. die Verfahren 3 K 2950/19, 3 K 100/20, 3 K 3008/20, 3 K 2358/20, 3 K 2505/20, 3 K 2533/20, 3 K 2534/20). 71 d. Ein Ermessensfehler zulasten des Klägers ist nicht gegeben. Grundsätzlich eröffnet § 41 Abs. 2 LGlüG den Verwaltungsbehörden kein Ermessen. Aufgrund der Formulierung „ist zu versagen“ ist von einer gebundenen Entscheidung auszugehen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass dem Kläger die beantragte Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle nicht erteilt wurde. 72 2. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Härtefallregelung gem. § 51 Abs. 5 LGlüG nicht zu. 73 Die Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absatz 1 LGlüG zur Vermeidung unbilliger Härten findet sich in § 51 Abs. 5 LGlüG. Demnach kann zur Vermeidung unbilliger Härten die zuständige Erlaubnisbehörde in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 befristet für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absätze 1 und 2 befreien; dabei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen. Der Mindestabstand zu einer anderen Spielhalle darf dabei 250 m Luftlinie, gemessen von Eingangstür zur Eingangstür, nicht unterschreiten. Dem Antrag sind sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. 74 Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG ermöglicht den Behörden ausdrücklich eine Ermessensentscheidung in Fällen, in denen das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann und gewichtige Gründe für eine Ausnahmeentscheidung sprechen. 75 Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu ggf. auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46/12, BVerwGE 147, 81-100, juris Rn. 25 ff.). Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren und die sie im Bescheid oder im Lauf des Prozesses selbst nicht benannt hat, im Ergebnis aufrecht zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2016 – 10 C 8/15, juris Rn. 13; Urteil vom 17. März 1981 – I C 74.76, BVerwGE 62, 36-45, juris Rn. 18). 76 Nach § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG sind Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Im Befreiungsantrag müssen die Voraussetzungen, die einen Härtefall begründen können, substantiiert dargelegt werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 25). 77 Bei dem Begriff der unbilligen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite, der der unbeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Härten, die dem Gesetzeszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können eine Befreiung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen. Ebenso wenig vermögen typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen eine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 22 m.w.N.). Die Härtefallregelung soll verhindern, dass individuell schutzwürdiges Vertrauen unterlaufen wird (vgl. Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung, § 29 GlüStV Rn. 38; Gesetzentwurf zum LGlüG, LT-Drs. 15/2431, S. 112; VG Freiburg, Urteil vom 27. Februar 2018 – 13 K 1448/16, juris Rn. 27). Daraus folgt, dass wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen, die mit der Schließung von Spielhallen verbunden sind, regelmäßig nicht eine Härte begründen können; eine verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen können die Spielhallenbetreiber nicht verlangen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 193; OVG Lüneburg, Beschluss vom 04. September 2017 – 11 ME 206/17, juris Rn. 38; VG Stuttgart, Urteil vom 27. Juli 2020 – 4 K 11315/18, juris Rn. 37; Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 30). 78 Da sich ein Spielhallenbetreiber auf eine Schließung seines Gewerbebetriebs nach Ablauf der Übergangsfrist des § 51 Abs. 4 LGlüG einstellen muss, bedarf es der substantiellen Darlegung, welche konkreten Schritte er unternommen hat, um den Eintritt eines Härtefalls abzuwenden (vgl. BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 05. August 2015 – 2 BvR 2190/14, juris Rn. 26). Hierzu gehören u.a. Angaben dazu, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen zur rechtzeitigen Kündigung oder zur einvernehmlichen Aufhebung von langfristigen Verträgen, auch von Arbeitsverträgen der Mitarbeiter, zur Umnutzung des für die Spielhalle genutzten gewerblichen Grundstücks oder zur Verlagerung der Spielhalle an einen Alternativstandort unternommen wurden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 04. September 2017 – 11 ME 206/17, juris Rn. 39). Es gilt der Grundsatz, dass die für die Spielhalle genutzten Räumlichkeiten und die Betriebsmittel, wie Spielgeräte und andere Einrichtungsgegenstände, auch anderweitig nutzbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 194; VG Stuttgart, Urteil vom 27. Juli 2020 – 4 K 11315/18, juris Rn. 38). 79 Die einen Härtefall begründenden Umstände müssen nach Maßgabe des § 51 Abs. 5 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 LGlüG bis spätestens zum 18. November 2011 vorgelegen haben. Denn jedenfalls nach Veröffentlichung des Entwurfs des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages in der entsprechenden Landtagsdrucksache in Baden-Württemberg am 18. November 2011 konnte auf den Fortbestand des § 33i GewO nicht mehr vertraut werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 7; Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 461). Die Umstände waren spätestens bis zum 29. Februar 2016 geltend zu machen. Erst danach geltend gemachte Umstände brauchen im Rahmen der Entscheidungsfindung über das Vorliegen unbilliger Härten nicht mehr berücksichtigt werden. Denn dem nach § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG bis zum 29. Februar 2016 zu stellenden Erlaubnisantrag sind nach § 51 Abs. 5 Satz 3 LGlüG sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 24). 80 Demzufolge soll die sog. Härtefallklausel des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG, die es der zuständigen Behörde ermöglicht, zur Vermeidung unbilliger Härten (nur) in den Fällen des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG befristet für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG zu befreien, lediglich den unbilligen Härten entgegenwirken, die von der in § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG normierten Übergangsfrist 30. Juni 2017 nicht erfasst werden können (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 9; Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 7). 81 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf vorhandene Betriebserlaubnisse nach § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Es darf grundsätzlich nicht darauf vertraut werden, dass eine günstige Rechtslage unverändert bleibt. Auch ein in umfangreichen Dispositionen betätigtes besonderes Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts begründet grundsätzlich noch keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 189; VG Freiburg, Beschluss vom 15. September 2017 – 3 K 5371/17, juris Rn. 14). 82 Gemessen an diesen Grundsätzen kann durch die Änderung des Bescheides vom 14. Juni 2017 durch die neuerliche Entscheidung des Landratsamtes vom 24. Juni 2019, bestätigt durch das Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2020, kein Ermessensfehler zulasten des Klägers erkannt werden. 83 Das Landratsamt hat dabei im Bescheid vom 14. Juni 2017 ursprünglich zugrunde gelegt, dass die streitgegenständliche Spielhalle bereits seit mindestens dem 15. Januar 1998 über eine unbefristete spielrechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO verfügte. Es hat schwerpunktmäßig die Auffassung vertreten, dass angesichts des bis zum 28. Februar 2021 laufenden Mietvertrages und daraus resultierender Gesamtmietzahlungen in Höhe von ca. 100.000,00 Euro ein Härtefall vorliege. Eine mögliche Anpassung des Betriebes erscheine fragwürdig. Der Härtefall wurde allerdings maßgeblich auf den gegenüber dem Landratsamt Biberach vorgelegten Mietvertrag vom 8. Juli 2010 gestützt. 84 Soweit das Landratsamt diese Entscheidung mit Bescheid vom 24. Juni 2019 geändert und den Antrag des Klägers abgelehnt hat, begegnet dies – soweit es die Ablehnung eines Härtefalls gem. § 51 Abs. 5 LGlüG betrifft – keinen rechtlichen Bedenken. Die insoweit erfolgte Rücknahme (§ 48 LVwVfG) erfolgte rechtmäßig. 85 a. Bei der abändernden Entscheidung des Landratsamtes handelt es sich, wie das Regierungspräsidium Tübingen zutreffend ausgeführt hat, um eine Rücknahme im Sinne von § 48 Abs. 1 LVwVfG. Zwar kommt insbesondere auch eine Abhilfeentscheidung gem. § 72 VwGO in Betracht, zumal das Landratsamt das Verfahren nach Erhebung des Widerspruches bereits abgegeben hatte, doch hat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 15. Mai 2019 um eine erneute Überprüfung gebeten. Rücknahme und Widerruf eines Verwaltungsaktes (§§ 48 ff. VwVfG) stellen keine Abhilfe nach § 72 VwGO dar; der Behörde steht ein Wahlrecht zu, das (nur) ermessensfehlerfrei ausgeübt werden muss. Dies ist dann der Fall, wenn für die Wahl der Rücknahme gute Gründe sprechen, die es sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen, den Widerspruchsführer mit dem Nachteil zu belasten, einer ihm günstigen Kostenentscheidung verlustig zu gehen (vgl. Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Aufl. 2018, § 72 [Abhilfe] Rn. 5 ff.). Derartige Ermessensentscheidungen sind spätestens mit dem Widerspruchsbescheid vom 7. August 2020 begründet worden. 86 b. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann, liegen – soweit es die Rücknahme der Entscheidung auf der Basis eines Härtefalls betrifft – vor. Nach der Maßgabe von § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. 87 Unstrittig handelt es sich bei der erteilten spielhallenrechtlichen Erlaubnis gem. §§ 41, 51 LGlüG um einen den Kläger begünstigenden Verwaltungsakt, der allerdings keine Geldleistung oder teilbare Sachleistung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darstellt. Die Rücknahme erfolgte auch innerhalb der ab Kenntnis der Rechtswidrigkeit begründenden Tatsachen, vorliegend im Zuge des Schreibens des Regierungspräsidiums vom 15. Mai 2019, fristgerecht innerhalb eines Jahres i.S.v. § 48 Abs. 4 LVwVfG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2014 – 4 B 1/14, juris Rn. 3 ff.). Ein gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der gewährten Härtefallentscheidung bestand nicht. 88 c. Der Kläger kann sich insoweit nicht mit Erfolg auf die Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 51 Abs. 5 LGlüG bezüglich seiner Spielhalle berufen. 89 Denn gemessen an den obigen Maßstäben sind Investitionsentscheidungen, die der Kläger nach dem 18. November 2011 getroffen hat, grundsätzlich nicht geeignet, eine besondere Härte zu begründen, da diese Entscheidungen gerade in Kenntnis der veränderten Rechtslage und damit auf eigenes Risiko erfolgt sind. 90 Soweit der Kläger im behördlichen Verfahren Angaben zur Entwicklung seines Anlagevermögens und getätigter Investitionen gemacht hat, so sind diese spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht geeignet, einen Härtefall im Sinne des § 51 Abs. 5 LGlüG zu begründen. Der Kläger hat während des behördlichen Antragsverfahren insofern eine Übersicht über die in der streitgegenständlichen Spielhalle getätigten Investitionen (Entwicklung des Anlagevermögens für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. Dezember 2014) vorgelegt, die ein Investitionsvolumen mit einem Buchwert von insgesamt ca. 4.000,00Euro ausweist. 91 Für das Gericht ist allerdings nicht ersichtlich, dass im Rahmen des zeitlichen Verlaufes dieser damalige Buchwert zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch besteht. 92 Auf die Anfrage des Landratsamtes vom 23. März 2017 (Bl. 14 der Behördenakte) hinsichtlich aktualisierter Angaben hat der Kläger keine näheren Informationen zur Verfügung gestellt. Im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2020 (AS 175 ff.) eine aktuelle Auflistung von Investitionen vorgelegt, die hauptsächlich 2017 bzw. 2018 erfolgten. Wie der Kläger selber ausgeführt hat, hat er in den vergangenen Jahren nur die allernotwendigsten Investitionen getätigt, die zur weiteren ordnungsgemäßen Betriebsführung notwendig waren. Es handelt sich insbesondere um die Anschaffung eines Kaffeevollautomaten (2017, ca. 1.800,00 Euro), Videoüberwachungsanlage (2017, ca. 1.700,00 Euro) und der Reparatur bzw. Ersatz diverser Geldspielgeräte und Zubehör (2017 und 2018, jeweils Zahlungen von bis zu 3.000,00 Euro). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich nicht mehr um vertrauensgeschützte Investitionen handelt, und im Übrigen ein Verkauf oder eine Nutzung der betroffenen Geräte in anderen Spielhallen in Betracht kommt. Selbst im Falle einer weiteren Berücksichtigung der in dem Schreiben vom 19. Oktober 2020 aufgelisteten Kosten dürfte ein Großteil der Investitionen bereits abgeschrieben sein. 93 Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die Laufzeit des Mietvertrags. Dem vorgelegten Mietvertrag vom 8. Juli 2020 (A9 der Behördenakte) ist zu entnehmen, dass das Mietverhältnis am 1. März 2011 beginnt und am 29. Februar 2016 endet. In § 2.2 des Mietvertrages wird dem Kläger ein zweimaliges Optionsrecht für jeweils fünf Jahre (u.a. zum 28. Februar 2021). Das Optionsrecht wird automatisch ausgeübt, sollte der Mieter den Vertrag nicht schriftlich 12 Monate vor Beginn der Verlängerung ausüben. Zudem wurde dem Kläger ein Kündigungsrecht mit einer Frist von 12 Monaten eingeräumt. Nachdem der Kläger das Optionsrecht folglich erst lange nach dem Stichtag 18. November 2011 und insbesondere nach Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes ausgeübt hat, kann daraus ersichtlich kein Härtefall folgen. Vielmehr hat der Kläger in Kenntnis der Rechtslage den Mietvertrag auf eigenes unternehmerisches Risiko verlängert. Zwar ist dem Kläger grundsätzlich zuzustimmen, dass zum Zeitpunkt der Verlängerung des Vertrages noch nicht gewiss sein konnte, dass dem Kläger möglicherweise die Erteilung einer neueren Spielhallenerlaubnis gem. § 51 Abs. 4 LGlüG verwehrt bleiben würde, doch erfolgte die Verlängerung insoweit in Kenntnis der Rechtslage, sodass ein Vertrauenstatbestand nicht bestehen konnte. Insbesondere zu diesem Zeitpunkt bestanden auch keine größeren abschreibungsbedürftigen Investitionen mehr, da der Buchwert bereits Ende 2014 etwa 4.000,00 Euro betrug. Es kann insofern auch dahinstehen, ob der Kläger für das Genehmigungsverfahren den Nachweis eines gültigen Mietvertrages bedurfte oder er den konkreten Ausgang des Verfahrens nicht vorhersehen konnte, da er nach der Maßgabe des Mietvertrages berechtigt war und ist, den Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Inwieweit dem Kläger vor dem Hintergrund der geänderten rechtlichen Lage ein Sonderkündigungsrecht zugestanden hätte, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Die geltend gemachten Mietkosten über die Laufzeit des Vertrages stellen für den Kläger daher keine unbillige Härte dar, weswegen das Landratsamt die Annahme eines Härtefalls auch zulässigerweise revidiert hat. 94 Es ist auch nicht ersichtlich, dass insbesondere ein entgangener Gewinn vorliegend einen Härtefall begründen könnte, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis der Rechtslage kein diesbezügliches Vertrauen auf einen möglichen Fortbestand der Spielhalle gehabt haben dürfte, und es sich bei dem Gewinn nicht um Investitionen im Sinne von § 51 Abs. 5 LGlüG handelt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 41). 95 Auch die weiteren vorgetragenen Umstände vermögen die Annahme eines Härtefalles nicht zu stützen. Insbesondere sind weder das Alter des Klägers, seine bisherige Verwurzelung lediglich im Glücksspielgewerbe, die persönliche Haftung vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage und die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter geeignet, vorliegend einen Härtefall zu begründen. Zum einen beziehen sich mehrere dieser Umstände maßgeblich auf die eigene Person des Spielhallenbetreibers – und nicht, wie ersichtlich im Rahmen von § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG (trotz der insoweit offenen Formulierung durch das „insbesondere“) beabsichtigt, spielhallenbezogene unbillige Härten und zum anderen handelt es sich teilweise um entsprechende – vom Gesetzgeber bezweckte – Vollzugsfolgen. So kann insbesondere der Verlust von Arbeitsplätzen nicht dazu führen, dass eine unbillige Härte für den Spielhallenbetreiber selbst begründet wird. Bei einer beabsichtigten Reduzierung von Spielhallen zum Zwecke der Bekämpfung von Spielsucht und den weiteren Zielen des Glücksspielrechtes ist es zwangsläufig Folge, dass auch entsprechende Arbeitsplätze nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Kosten für die Fortbildung der Angestellten waren schon vor dem Hintergrund der glücksspielrechtlichen Anforderungen zu leisten und können keinen Härtefall begründen. Die eigenen Verbindlichkeiten und die persönliche Haftung des Klägers stehen nur mittelbar im Zusammenhang mit der Erteilung der Spielhallenerlaubnis und stellen persönliche Verpflichtungen dar, die der eigenen Risikosphäre des Klägers zuzuordnen sind. Die Mietverträge für die Spielgeräte können mit kurzen Fristen entweder gekündigt oder die Geräte entsprechend in anderen Spielhallen untergebracht werden, zumal bereits fraglich ist, ob die jeweiligen Geräte, die zum Teil deutlich nach dem 18. November 2011 in angeschafft wurden, tatsächlich vertrauensschutzwürdige Investitionen darstellen. 96 Insofern hat der Kläger nicht substantiell dargelegt, welche konkreten Schritte er unternommen hat, um den Eintritt eines Härtefalls abzuwenden. Dies wäre jedoch grundsätzlich erforderlich gewesen, da sich der Kläger als Spielhallenbetreiber darauf einstellen musste, seinen Gewerbebetrieb nach Ablauf der Übergangsfrist schließen zu müssen, wobei insofern zuzugestehen ist, dass zumindest vor dem Hintergrund des ungewissen Ausgangs des behördlichen Antragsverfahrens eine Möglichkeit des Weiterbetriebes bestand. Es hätte aber u.a. Angaben dazu bedurft, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen zur rechtzeitigen Kündigung oder einvernehmlichen Aufhebung von langfristigen Verträgen, zur Umnutzung des für die Spielhalle genutzten gewerblichen Grundstücks oder zur Verlagerung der Spielhalle an einen Alternativstandort unternommen wurden. Dabei gilt der Grundsatz, dass die für die Spielhalle genutzten Räumlichkeiten und die Betriebsmittel, wie Spielgeräte und andere Einrichtungsgegenstände, auch anderweitig nutzbar sind (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Juli 2018 – 11 LC 400/17, juris Rn. 70 m.w.N.; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 08. August 2018 – 3 B 351/17, juris Rn. 21; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 36). 97 Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden. Bestrebungen des Klägers, eine anderweitige Nutzung der Räumlichkeiten zu ermöglichen, sind trotz des Umstandes, dass die Mieträume nach der ausdrücklichen Formulierung des Mietvertrages nur zum Betrieb einer Spielothek vermietet worden sind, nicht ersichtlich (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 37 ff.). Insoweit ist weder substantiiert vorgetragen noch im Übrigen erkennbar, dass zugunsten des Klägers eine unbillige Härte vorliegen würde. 98 3. Der Kläger hat allerdings einen Anspruch darauf, dass das beklagte Land über seinen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb der streitgegenständlichen Spielhalle ermessensfehlerfrei neu entscheidet. 99 Da auch der Beigeladene als Betreiber der Spielhalle „P.“ eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für deren Betrieb begehrt und die Spielhalle zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwar grundsätzlich unter der Annahme eines Härtefalls von der Einhaltung der Anforderung des Abstandsgebots in § 42 Abs. 1 LGlüG befreit ist, diese Befreiung allerdings nach der Überzeugung des Gerichts ebenfalls fälschlicherweise vom Landratsamt erteilt wurde, besteht zwischen der Spielhalle des Klägers und der Spielhalle des Beigeladenen eine Konkurrenzsituation. Der Beigeladene kann sich gegenüber dem Kläger insoweit nicht auf die Tatsache berufen, dass ihm aufgrund seines vorgelegten Pachtvertrages eine Härtefallerlaubnis vom 14. Juni 2017 zukommt. Das Gericht ist – wie es in dem den Beigeladenen betreffenden Verfahren 3 K 6070/17 dargestellt hat – zu der Überzeugung gelangt, dass der von dem Beigeladenen vorgelegte Pachtvertrag nicht zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt und mit der geschilderten Laufzeit geschlossen worden ist. 100 Das Gericht ist vielmehr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem vorgelegten Pachtvertrag um eine Fälschung handeln dürfte. Die Annahme eines unbilligen Härtefalls hätte insoweit auf der Grundlage des Pachtvertrages nicht erfolgen dürfen. Das Gericht stützt diese Annahme eines „falschen“ Pachtvertrages maßgeblich auf die zum Teil widersprüchlichen und im Ergebnis nicht glaubhaften Äußerungen des Beigeladenen und den Schilderungen des geladenen Zeugen vor dem Hintergrund der Mitteilung des Steuerberaters des Beigeladenen vom 20. Januar 2016 (A26 der Behördenakte im Verfahren 3 K 6070/17). In diesem bestätigt dieser, dass der bestehende Pachtvertrag bis zum „28.02.2018“ laufe. Der seitens des Beigeladenen – auch im Original – vorgelegte Vertrag weist dagegen eine handschriftlich eingeführte Dauer bis zum 28. Februar 2022 auf (A7 der Behördenakte im Verfahren 3 K 6070/17). Diesen Widerspruch hat der Beigeladenen in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar ausräumen können, wobei in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in dem diesbezüglichen Urteil vom 20. Oktober 2020 (3 K 6070/17, S. 25 ff.) verwiesen wird. 101 Weder der Beigeladene noch der Zeuge vermochten das Gericht insofern davon zu überzeugen, dass der geltend gemachte Pachtvertrag tatsächlich vor dem 18. November 2011 mit einer tatsächlichen Laufzeit bis Februar 2022 geschlossen worden ist. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Härtefallregelung basierte nach den Darstellungen des Landratsamtes ausschließlich auf diesem Pachtvertrag, sodass diese Entscheidung unabhängig von einer eigenen Klagemöglichkeit des Klägers keinen Bestand haben kann. Aber auch bei einer Wahrunterstellung des Vortrages des Beigeladenen dürfte die erteilte Härtefallerlaubnis vor dem Hintergrund eines Sonderkündigungsrechtes keinen Bestand haben. Da insofern die Notwendigkeit der Überprüfung seitens des Landratsamtes hinsichtlich des Bescheides vom 14. Juni 2017 zugunsten des Beigeladenen besteht, kann nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden, dass im Rahmen eines nunmehr durchzuführenden Auswahlverfahrens zwischen den Spielhallen des Klägers und des Beigeladenen ausschließlich die Spielhalle des Klägers eine entsprechende Spielhallenerlaubnis erhalten könnte. 102 Um eine derartige Konkurrenzsituation zwischen zwei Spielhallen, die sich jeweils nicht auf einen Härtefall berufen können, auflösen zu können, bedarf es einer – von dem Kläger insbesondere in dem Verfahren 3 K 3553/19 begehrten – Auswahlentscheidung (vgl. Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 256, 357; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2019 – 4 B 255/18, juris Rn. 21 f.; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 13; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 10). 103 Rechtliche Bedenken hinsichtlich des Vorgehens, erst nach einer Entscheidung über das Bestehen eines Härtefalls in ein entsprechendes Auswahlverfahren einzusteigen, bestehen nicht. Nach Systematik und Intention des Landesglücksspielgesetzes – die Verfassungsmäßigkeit des Abstandsgebots und der Übergangs- bzw. Härtefallregelungen wurden seitens des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg (jetzt Verfassungsgerichtshof) bestätigt (Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris) – ist es gerade nicht vorgesehen, sämtlichen Spielhallenbetreibern zeitlich gleichlaufende Härtefallentscheidungen zu erteilen, um sodann mit deren Ablauf eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Interessen der (ggf. unterliegenden) Spielhallenbetreiber, die sich ihrerseits nicht auf vergleichbar lange Härtefallentscheidungen berufen können, haben vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Zwecks, eine möglichst geringe Spielhallendichte zu erreichen, zurückzustehen. Dieser würde konterkariert, wenn erst identisch lange Härtefallentscheidungen und sodann eine Auswahlentscheidung getroffen würden. 104 Dies zeigt sich auch daran, dass die Härtefall-Befreiung für Bestandsspielhallenbetreiber zeitlich begrenzt ist und nur eine befristete Suspendierung von den Vorgaben des Abstandsgebots ermöglicht (vgl. LT-Drs. 15/2431 S. 113; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 8; VG Freiburg, Urteil vom 27. Februar 2018 – 13 K 1448/16, juris Rn. 31). 105 Von der Teilnahme an diesen nunmehr durchzuführenden Auswahlverfahren sind weder die Spielhalle des Klägers noch die des Beigeladenen trotz der bereits ergangenen Entscheidungen des Landratsamtes von vornherein ausgeschlossen. Das Landratsamt wird deshalb – im Rahmen einer entsprechenden Prüfung über die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung vom 14. Juni 2017 zugunsten des Beigeladenen nach den Maßstäben der §§ 48 ff. LVwVfG – eine Auswahlentscheidung zwischen beiden Spielhallen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen haben. 106 Insbesondere der Spielhalle des Klägers kann nicht entgegengehalten werden, dass sie gegenwärtig ohne eine notwendige Erlaubnis weiterbetrieben würde. Der im Zuge der Rücknahmeentscheidung des Landratesamtes vom 24. Juni 2019 erhobene Widerspruch vom 25. Juli 2019 entfaltet gem. § 80 Abs. 1 VwGO eine aufschiebende Wirkung, sodass eine fehlende Legalisierung gegenwärtig nicht angenommen werden kann (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 54 ff.). 107 Für den von dem Kläger begehrten Ausspruch zur Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger eine Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle „...“ zu erteilen, fehlt es an der nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO hierzu erforderlichen Spruchreife. Denn die Auswahlentscheidung ist eine von dem beklagten Land zu treffende Ermessensentscheidung, bei der dem Beklagten aufgrund der Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nach § 114 VwGO ein selbstständiger Entscheidungsspielraum verbleibt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. März 2020 – 4 B 362/19, juris Rn. 24; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 60). 108 Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null dergestalt, dass die Erlaubnis zwingend zugunsten des Klägers erteilt werden müsste. Bei beiden Spielhallen handelt es sich um solche mit langem Bestandsschutz im Sinne des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG, für deren Betrieb eine Erlaubnis nach § 33i GewO vor dem Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes am 29. November 2012 erteilt worden war. Dass sich beide Spielhallenbetreiber vorliegend nicht auf einen Härtefall berufen können, ist im Zuge der mündlichen Verhandlungen vom 20. Oktober 2020 über die begehrten spielhallenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers und Beigeladenen bereits dargelegt. 109 Bei der Neubescheidung des Antrags des Klägers auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wird das Landratsamt im Falle einer erforderlichen Auswahlentscheidung die Auswahlkriterien zugrunde zu legen haben, die sich nach der Klärung durch den Staatsgerichtshof Baden-Württemberg (vgl. Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 357 f.) und das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 184 ff.) auch in Baden-Württemberg dem Landesglücksspielgesetz noch in hinreichendem Maße entnehmen lassen und durch ergänzende Anwendungshinweise des Wirtschaftsministeriums näher konturiert worden sind (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 62). 110 Dabei kann für die Zwecke der Ausfall zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG zurückgegriffen werden. Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche Präzisierung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Zu den grundrechtsrelevanten Positionen der Betreiber von Bestandsspielhallen zählt etwa die Amortisierbarkeit von Investitionen. Zudem ergibt sich aus § 51 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 LGlüG und dem Gesamtzusammenhang der Regelung, dass bereits bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten Ziele des § 1 GlüStV zu beachten sind und bei Bestandsspielhallen überdies der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO zu berücksichtigen ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2019 – 4 B 255/18, juris Rn. 26; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 63). 111 Diese gesetzlichen Vorgaben sind ergänzend durch die Erläuterungen des Wirtschaftsministeriums vom 11. Dezember 2015 („Anwendungshinweise“) und 28. Juli 2016 („Frage-Antwort-Katalog“) sowie die E-Mail des Wirtschaftsministeriums vom 24. Juli 2017 (jeweils abrufbar unter: https://wm.badenwuerttemberg.de/de/wirtschaft/aufsicht-und-recht/spielhallenrecht/) näher konturiert worden, die weitere Hinweise zu den heranzuziehenden Kriterien enthalten und die Ausübung des Ermessens durch die örtlich zuständigen Behörden im Interesse einer einheitlichen Verwaltungspraxis steuern sollen. Dabei ist das „Alter“ der Spielhalle in Beziehung zur bereits erfolgten Amortisierung getätigter Investitionen zu setzen und dergestalt in die Ermessensentscheidung einzustellen (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 64 f. unter Bezugnahme auf Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 357). 112 Die in der Auswahlentscheidung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 1 LGlüG auch zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern einen Vergleich der konkurrierenden Spielhallen daraufhin, welche besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Solche Unterschiede können sich unter anderem aus Besonderheiten des Umfelds des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben. Hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen Verhalten des Spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der Einhaltung von Vorschriften, die gerade die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV sicherstellen sollen. Der Glücksspielstaatsvertrag selbst fordert in § 6 Satz 2 GlüStV zudem, dass die Vorgaben des Anhangs zum Glücksspielstaatsvertrag „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ von den Spielhallenbetreibern zu erfüllen sind. Auch in diesen Richtlinien finden sich qualitative Anforderungen an die Betriebsführung (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 A 1826/19, juris Rn. 47; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 66, 68). 113 Vorgaben für die Betriebsführung, durch die der Gesetzgeber die abstrakten Zielvorgaben des § 1 GlüStV konkretisiert hat, finden sich insbesondere in den Vorschriften, auf die der Landesgesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 LGlüG Bezug genommen hat. Das sind die Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV, die Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, die Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV (vgl. zur insoweit identischen Rechtslage in Nordrhein-Westfalen Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 A 1826/19, juris Rn. 47). Darüber hinaus ist § 41 Abs. 2 Nr. 4 LGlüG in den Blick zu nehmen, der unter anderem verlangt, dass der Betrieb der Spielhalle weder eine Gefährdung der Jugend noch eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs befürchten lassen darf. Auch der tatsächliche Abstand der konkurrierenden Spielhallen zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen ist daher als ein Auswahlkriterium berücksichtigungsfähig, wobei allerdings wegen der vom Gesetzgeber in § 42 Abs. 3 LGlüG gezogenen Grenze Einrichtungen, die von einer Spielhalle mehr als 500 Meter entfernt liegen, außer Betracht zu bleiben haben (vgl. auch § 10a Abs. 7 NGlüSpG; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 67). 114 Weitere Kriterien für die Bewertung der Betriebsführung lassen sich den Anwendungshinweisen des Wirtschaftsministeriums vom 11. Dezember 2015 (S. 31 f.) entnehmen. Dort wird ausgeführt, dass sich gravierende Unterschiede hinsichtlich der Qualität der Betriebsführung ergeben können, wenn und soweit gewichtige Verletzungen der den Spieler- und Jugendschutz betreffenden Betreiberpflichten in Rede stehen, zu denen etwa gehören: die Überschreitung der nach § 3 Abs. 2 der Spielverordnung (SpielV) höchstzulässigen Zahl von Geldspielgeräten; der Verstoß gegen das jugendschutzrechtliche Spielverbot nach § 6 Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) und § 43 Abs. 1 Satz 1 LGlüG; der Einsatz von nicht nach § 7 Abs. 2 LGlüG geschultem Personal in größerem Umfang und/oder über einen längeren Zeitraum hinweg; die unterlassene Verhängung von Spielersperren trotz ausdrücklichen Verlangens der Spieler. Generell müssen in Anbetracht der Vielzahl von Anforderungen, denen ein Betreiber gerecht zu werden hat, und deren unterschiedlicher Bedeutung für die angestrebte Erreichung der in § 1 GlüStV formulierten Ziele festgestellte Verfehlungen ihrem Gegenstand nach geeignet sein, Rückschlüsse auf das Maß der zu erwartenden Rechtstreue der jeweiligen Konkurrenten zu tragen. Sie müssen daher sachlich von hinreichendem Gewicht und zeitlich hinreichend aktuell sein (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 26 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 69). 115 Der Bewertung, in welchem Maße von den konkurrierenden Spielhallen oder Betreibern materielle Anforderungen an die Betriebsführung erfüllt werden, und die Berücksichtigung von etwaigen hinreichend gewichtigen Unterschieden in der Auswahlentscheidung steht nicht entgegen, dass die Erfüllung materieller Anforderungen ohnehin Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 A 1826/19, juris Rn. 48 ff.; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 21 ff.). Entsprechendes gilt für das ebenfalls nur den Zugang zur Auswahlentscheidung betreffende Mindestabstandsgebot zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen nach § 42 Abs. 3 LGlüG, aus dessen Nichtanwendbarkeit gegenüber der vorhandenen Spielhallen im konkreten Einzelfall nicht folgt, dass der tatsächliche Abstand der konkurrierenden Spielhallen zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen bei der Auswahlentscheidung überhaupt keine Rolle mehr spielen dürfte (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 70). 116 Bei der Ausübung des Ermessens sind sämtliche für die Entscheidung maßgeblichen vorgenannten Belange einzubeziehen, zu gewichten und dahin gegeneinander abzuwägen, welche bevorzugt werden und welche zurückzutreten haben. Die Ermessensentscheidung ist zu begründen. Die Begründung hat die maßgeblichen Ermessenserwägungen zu enthalten und dabei insbesondere erkennen zu lassen, dass alle maßgeblichen Kriterien tatsächlich berücksichtigt wurden (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 41 ff., 48; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 71). 117 Für die relative Gewichtung von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bereits mit der fünfjährigen Übergangsfrist in § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen wollte, und dass auch eine Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG nur für einen angemessenen Zeitraum, also vorübergehend, und nur unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV zugelassen werden kann (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 9). Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte haben deshalb gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV bereits im Ausgangspunkt ein geringeres Gewicht. Ergibt der Vergleich der konkurrierenden Bewerber, dass ein Spielhallenbetreiber besser Gewähr für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags als die Konkurrenten bietet, dürfte daher die Auswahl eines dieser Konkurrenten allein wegen seiner Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen sachwidrig sein. Bei der Auswahlentscheidung sind die (dauerhaft anzustrebenden) Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen, denen im Rahmen von Härtefallentscheidungen (nur vorübergehend) Rechnung getragen werden kann, jedenfalls nicht nachrangig (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2019 – 4 B 255/18, juris Rn. 44 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 72). 118 4. Von der tenorierten Aufhebung ist angesichts der obigen Ausführungen auch die mit Bescheid vom 24. Juni 2019 zusätzlich aufgenommene Betriebsuntersagung gem. § 15 Abs. 2 GewO umfasst. 119 Nach alldem hat die Klage damit in dem tenorierten Umfang Erfolg. 120 5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 155 Abs. 1 VwGO. Gründe   24 Die zulässige Verpflichtungsklage hat in dem tenorierten Umfang Erfolg. Der Kläger hat einen Anspruch auf eine neuerliche Entscheidung über die beantragte Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis für die Spielhalle „...“ in B. B. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die entgegenstehenden Entscheidungen des Landratsamtes Biberach vom 24. Juni 2019 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. August 2020 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Soweit sowohl das Landratsamt als auch das Regierungspräsidium das Vorliegen eines Härtefalls gem. § 51 Abs. 5 LGlüG abgelehnt haben, bestehen diesbezüglich keine rechtlichen Bedenken. 25 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gem. § 41 Abs. 1 LGlüG zum Betrieb der Spielhalle „...“ in der S. S. ..., B. B.. 26 a. Der begehrten spielhallenrechtlichen Erlaubniserteilung steht vorliegend der Versagungsgrund des § 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG entgegen. 27 Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 LGlüG, zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 12. Juni 2018 (GBl. S. 173, 188), bedarf der Betrieb einer Spielhalle der Erlaubnis nach diesem Gesetz, die die Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung ersetzt und die Erlaubnis nach Artikel 1 § 24 Absatz 1 Erster GlüÄndStV mit umfasst. Sonstige Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. Die Erlaubnis ist auf maximal 15 Jahre zu befristen. 28 Der Spielhallenbetrieb des Klägers bedarf im vorliegenden Falle auch trotz der bereits vorhandenen Genehmigung nach § 33i GewO vom 15. Januar 1998 der Erlaubnis nach §§ 41, 51 Abs. 4 LGlüG. So statuiert § 51 Abs. 4 LGlüG die Maßgabe, dass für den Betrieb einer bestehenden Spielhalle, für die bis zum 18. November 2011 eine Erlaubnis nach § 33i der Gewerbeordnung beantragt und in der Folge erteilt wurde, nach dem 30. Juni 2017 zusätzlich eine Erlaubnis nach § 41 erforderlich ist. Der Kläger hat diese Erlaubnis nach § 41 LGlüG in dem nach § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG zeitlich vorgegebenen Rahmen, d.h. bis zum 29. Februar 2016, fristgerecht beantragt. 29 Der Erlaubniserteilung steht vorliegend allerdings ein Versagungsgrund entgegen. Die Erlaubniserteilung setzt voraus, dass keiner der in § 41 Abs. 2 LGlüG genannten Versagungsgründe vorliegt. Danach ist die Erlaubnis unter anderem dann zu versagen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 42 LGlüG nicht erfüllt sind (§ 41 Abs. 2 Nr. 2 LGlüG), d.h. ein Abstand von mindestens 500 m von Spielhallen untereinander nicht erreicht wird. 30 Hier wird dieser geforderte Abstand nicht eingehalten, denn die noch bestehende Spielhalle „P.“ des Beigeladenen befindet sich in einer Luftlinienentfernung von etwa 385 Metern von der streitgegenständlichen Spielhalle entfernt. Inwieweit die jeweiligen Spielhallen unter Berücksichtigung des vorhandenen Straßenwegesystems tatsächlich voneinander entfernt sind, ist dabei unwesentlich. Der in § 42 Abs. 1 LGlüG enthaltene Begriff der „Luftlinie“ ist nicht im Sinne der Wegstrecke zu verstehen, die ein Fußgänger an der freien Luft zurücklegen muss, um von einer Spielhalle zur anderen zu gelangen. Der Begriff ist nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eindeutig dahingehend zu verstehen, dass er die kürzeste Entfernung zwischen zwei geographischen Punkten über den direkten Luftweg durch eine parallel zur Erdoberfläche verlaufende Strecke bezeichnet (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 23 f.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. November 2013 – 10 CS 13.1966, juris Rn. 26). 31 b. Verfassungsrechtliche Zweifel an dem Abstandsgebot des § 42 Abs. 1 LGlüG bestehen nicht (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 25 ff.; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 118 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 18 ff.; Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 299 ff.). 32 c. Auch europarechtliche Bedenken sind nicht gegeben (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2017 – 6 S 1765/15, juris Rn. 37; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 86 ff.). Es ist Sache des nationalen Gerichts, alle insoweit maßgeblichen Gegebenheiten eingehend zu würdigen (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 30). 33 Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger, der ausschließlich Spielhallen in Deutschland betreibt. Die Spielgeräte erhält der Kläger von Firmen aus E. bzw. U.. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt ist vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere ist nicht substantiiert dargelegt, dass die Spielhalle auch von europäischen Fernfahrern frequentiert wird. Ein vorgetragener Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV kann nicht festgestellt werden. Bei den Spielhallenerlaubnissen handelt es sich insbesondere nicht um Konzessionen, die einer Ausschreibungspflicht unterliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C458/03, juris). 34 aa. Entgegen der Auffassung des Klägers dürfte es damit bereits am Vorliegen eines die unionsrechtlichen Grundfreiheiten eröffnenden grenzüberschreitenden Sachverhalts fehlen. Nichts Anderes ergibt sich aus der von dem Kläger zitierten, überdies nicht zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Anwendbarkeit der „Grundregeln des AEU-Vertrags, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und den Gleichbehandlungsgrundsatz sowie die sich daraus ergebende Transparenzpflicht“, nur für den Fall bejaht, dass „ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse“ besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 28 f.). Dies wird von dem Kläger übersehen, der sinngemäß bereits ein „potentielles Interesse“ als ausreichend erachtet und in Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Begrifflichkeit des „sicheren grenzüberschreitenden Interesses“ näher umschreibt (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 27 f.). 35 Soweit der Kläger sich u.a. auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in der Sache „Belgacom“ (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris) stützt, um den Anwendungsbereich der Dienstleistungsfreiheit zu eröffnen, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einem dürfte die vorliegende spielhallenrechtliche Erlaubnis nicht unter die Vergaberegeln der Richtlinie 2004/18 fallen, da es sich bei der Spielhallenerlaubnis nicht um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von Art. 1 Abs. 2a, sondern um eine Dienstleistungskonzession im Sinne von Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie handelt (vgl. Art. 17 der Richtlinie). Der Kläger führt das Glücksspiel nicht im Auftrag der öffentlichen Hand aus. Spielhallenkonzessionen werden nicht ausgeschrieben, ein Vergabeverfahren im Sinne der Richtlinie findet gerade nicht statt. Insoweit ist auch der ausdrückliche Willen des europäischen Gesetzgebers in der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG) zu berücksichtigen, der in der Vorbemerkung 25 unmissverständlich betont, dass Glücksspiele einschließlich Lotterien und Wetten aufgrund der spezifischen Natur dieser Tätigkeiten, die von Seiten der Mitgliedstaaten Politikansätze zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der Verbraucher bedingen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein sollen. 36 Auch stellt der EuGH im Fall „Belgacom“ spezifisch auf die Kabelkonzession im zugrundeliegenden Fall ab. Dort ging es um Vereinbarungen, mit denen Fernsehdienste und die Fernsehabonnements von Kunden sowie für einen begrenzten Zeitraum dazugehörige Rechte von Kabelnetzen übertragen wurden und ein Erbpachtrecht an diesen Netzen eingeräumt wurden. So stellt der EuGH ausdrücklich auf diese Kabelkonzession ab, als er das grenzüberschreitende Interesse bejaht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 2 ff., 28). Der EuGH führt in der Rn. 29 dahingehend ausdrücklich aus, dass ein sicheres grenzüberschreitendes Interesse sich u. a. aus der wirtschaftlichen Bedeutung der abzuschließenden Vereinbarung, aus dem Ort ihrer Durchführung (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Juli 2008 – C-347/06, juris Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung) oder aus technischen Merkmalen ergeben könne (vgl. entsprechend EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C147/06 und C-148/06, juris Rn. 24). 37 Ein vergleichbares wirtschaftliches Interesse kann hier allerdings nicht festgestellt werden. Während in der „Belgacom“-Entscheidung ein Auftrag mit hohem wirtschaftlichen Wert, nämlich einer Kabelfernsehkonzession, wesentlich war, ist hier im Grunde „nur“ die Spielhalle des Klägers und des Beigeladenen maßgeblich. Der wirtschaftliche Wert einer singulären Spielhalle ist nicht mit dem Kabelnetz von Belgien gleichzusetzen, es fehlt insoweit schon an der Vergleichbarkeit der entsprechenden Sachverhalte. 38 Auch ist nicht erkennbar, dass der spezifische Ort der Spielhalle, B. B., eine erhebliche grenzüberschreitende Relevanz hätte. B. B. liegt im Landkreis B. im Regierungsbezirk Tübingen. Im Ort wohnen etwas über 4.000 Personen, der Ort befindet sich nicht unmittelbar an der österreichischen Grenze. Vielmehr besteht bis zur dieser Grenze eine Distanz von etwa 100 Kilometern. Ausländische Firmen aus EU-Mitgliedstaaten haben kein entsprechendes Interesse an einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis in B. B. erklärt. Inwieweit ein Interesse derartiger Firmen tatsächlich besteht, ist allerdings nicht dargelegt. Eine Pflicht zur Ausschreibung von spielhallenrechtlichen Konzessionen ist jedenfalls nicht ersichtlich. 39 Zwar ist es nicht zwingend erforderlich, dass Wirtschaftsteilnehmer tatsächlich ihr Interesse bekundet haben (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 31), doch muss darauf hingewiesen werden, dass der Kläger keine Ausschreibung o.ä. befolgt hätte. Andernfalls könnten sich ausländische Wirtschaftsteilnehmer auch darauf berufen, dass dem Kläger entgegen der – nach seiner Auffassung anwendbaren – EU-Grundfreiheiten eine Spielhallenerlaubnis erteilt wurde. Weder das beklagte Land noch das Landratsamt schreiben entsprechende Lizenzen für einzelne Spielhallen aber öffentlich aus, wobei schon nicht erkennbar ist, dass es dafür eine rechtliche Verpflichtung gebe. Wirtschaftsteilnehmern aus dem Ausland steht es insofern frei, von sich aus in entsprechenden Ortschaften ihr Interesse anzumelden und dort zu verfolgen. 40 Eine grenzüberschreitende Relevanz im Zuge von technischen Merkmalen (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2008 – C-147/06 und C-148/06, juris Rn. 24) kann nicht erkannt werden. Zum einen handelt es sich vorliegend nicht um öffentliche Bauaufträge und kommt es zum anderen nicht zu einem automatischen Ausschluss bei einem entsprechenden geringen Schwellenwert. 41 Auch der vom Kläger angeführte Vergleich zur der EuGH-Entscheidung „Parking Brixen“ (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 – C-458/03, juris) vermag das Gericht nicht davon zu überzeugen, dass die EU-Grundfreiheiten vorliegend Anwendung finden. So handelte es sich in diesem Verfahren um ein juristisches Geflecht der Gemeinde Brixen und den Stadtwerken Brixen, die ebenfalls ein Vergabeverfahren nicht durchgeführt haben. Auch dieser Sachverhalt ist nicht auf das vorliegende Verfahren zu übertragen. Der Kläger erbringt zwar eine Dienstleistung, er erbringt sie allerdings nicht unmittelbar für das beklagte Land. Die Entscheidung, ob eine Spielhalle betrieben wird, wird nicht seitens der öffentlichen Hand getroffen, sondern ist ureigener unternehmerischer Entschluss. Niemand wird zu dem Betrieb einer Spielhalle staatlicherseits gezwungen. Lediglich die Genehmigungsentscheidung erfolgt öffentlich. Es besteht kein Auftragsverhältnis im weiteren Sinne, wonach der Kläger die Dienstleistung für die öffentliche Hand erbringt. Die Richtlinie 92/50/EWG bzw. die Nachfolgeregelung des Richtlinie 2004/18/EG berücksichtigt dies bereits mit dem Art. 17 der Richtlinie 2004/18/EG. Es leuchtet daher nicht ein, wie das Landratsamt eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit begangen haben sollte, wenn zum einen kein ersichtlicher Zwang zu einem Vergabeverfahren besteht, und zum anderen jedem Wirtschaftsteilnehmer der Zugang zu den jeweiligen Erlaubnissen ohnehin offensteht, da die Initiative zur Vergabe von spielhallenrechtlichen Erlaubnissen nicht von staatlicher Seite ausgeht, sondern auf konkretem Antrag von den Wirtschaftsteilnehmern selbst gesucht wird. 42 bb. Doch selbst wenn man – entsprechend dem Vortrag des Klägers und auch des Beigeladenen – von einer konkreten Anwendbarkeit der europäischen Dienstleistungsfreiheit im vorliegenden Falle ausginge, so ist festzuhalten, dass die Dienstleistungsfreiheit nicht grenzenlos gewährleistet wird. Denn es ist zu beachten, dass selbst wenn im vorliegenden Falle eine grenzüberschreitende Relevanz zu bejahen wäre, es nach Maßgabe des EuGH ausdrücklich möglich ist, dass eine Rechtfertigung besteht (vgl. EuGH, Urteil vom 14. November 2013 – C-221/12, juris Rn. 38 ff.). Insofern ist festzuhalten, dass eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs bereits u.a. nach Art. 62 i.V.m. Art. 51 ff. AEUV ausdrücklich möglich ist. Beschränkungen können grundsätzlich zulässig sein, wenn es sich um ausdrücklich vorgesehene abweichende Maßnahmen handelt oder wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, wobei sie in diesem Fall geeignet sein müssen, die Erreichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten und nicht über das hierzu Erforderliche hinausgehen dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – C-249/15, juris Rn. 39; Urteil vom 30. November 1995 – C-55/94, juris Rn. 37; Urteil vom 21. Oktober 1999 – C-67/98, juris Rn. 29; Urteil vom 31. März 1993 – C-19/92, juris Rn. 32). 43 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können Beschränkungen der Glücksspieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein (vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff. – „Digibet und Albers“; Urteil vom 19. Juli 2012 – C-470/11, juris Rn. 39 – „Garkalns“; Urteil vom 24. Januar 2013 – C186/11 und C-209/1, juris Rn. 23 – „Stanleybet International“; Urteil vom 11. Juni 2015 – C-98/14 –, juris Rn. 93 – "Berlington Hungary u.a."). 44 Dies ist hier der Fall. Die Regelungen des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) sowie des darauf aufbauenden LGlüG verfolgen das erklärte Ziel, Glücksspielsucht zu vermeiden und zu bekämpfen. Bei diesem Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht handelt es sich um ein legitimes Ziel, das zugunsten eines besonders gewichtigem Gemeinwohlziels verfolgt wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 122 ff.; BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 38, 42 ff.). Der Europäische Gerichtshof hat insoweit wiederholt entschieden, dass die Regelung der Glücksspiele zu den Bereichen gehört, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung des betreffenden Gebiets durch die Union ist es Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, in diesen Bereichen im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung zu beurteilen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der betroffenen Interessen ergeben, wobei für die Klärung der Frage, welche Ziele mit den nationalen Rechtsvorschriften tatsächlich verfolgt werden, im Rahmen einer Rechtssache, mit der der Gerichtshof nach Art. 267 AEUV befasst worden ist, das vorlegende Gericht zuständig ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 24). Die Eingriffe in die (Grund-)Rechte – und gegebenenfalls Grundfreiheiten – insbesondere sowohl des Klägers als auch des Beigeladenen sind auch gerechtfertigt. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut und sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sowie verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 132 ff.). 45 Die Eingriffe in die (Grund-)Rechte – und gegebenenfalls Grundfreiheiten – insbesondere sowohl des Klägers als auch des Beigeladenen sind daher gerechtfertigt. Die Regelungen dienen der Abwehr drängender Gefahren für ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut und sind im Blick auf die unter staatlicher Beteiligung betriebenen Spielbanken hinreichend konsequent auf das legitime Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht ausgerichtet sowie verhältnismäßig (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 132 ff.). 46 In dem von dem Bundesverfassungsgericht zu beurteilenden Verfassungsbeschwerdeverfahren waren insoweit Gegenstand die landesgesetzlichen Vorschriften zur Regulierung des Spielhallensektors der Bundesländer Saarland, Berlin und Bayern, die allerdings mit den hier maßgeblichen Vorschriften des Landesglücksspielgesetzes Baden-Württemberg im Wesentlichen vergleichbar sind. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu maßgeblich ausgeführt: 47 „Das Verbundverbot wird maßgeblich damit begründet, dass Mehrfachspielhallen aufgrund des gesteigerten Angebots an Geldspielgeräten in engem räumlichen Verbund ein wesentliches Element zur Steigerung der Spielsucht darstellten und durch sie ein "Las-Vegas-Effekt" eintrete, der erhebliche Anreize für ein nicht mehr bewusst gesteuertes Weiterspielen biete. Durch das Verbundverbot sollen das gewerbliche Spiel auf das Maß von Unterhaltungsspielen und damit auf ein harmloses Freizeitvergnügen zurückgeführt sowie die Entstehung spielbankähnlicher Großspielhallen verhindert werden. Zweck des Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist die Herbeiführung einer Begrenzung der Spielhallendichte und damit eine Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen. Damit soll das Abstandsgebot – wie auch das Verbundverbot – zur Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht dadurch beitragen, dass ein Spieler auf dem Weg von einer Spielhalle zur nächsten "auf andere Gedanken" kommt. Der Spieler soll sich nach dem Verlassen der Spielhalle so weit von ihrer Atmosphäre gelöst haben, dass ein selbständiger, neuer Entschluss zum Betreten einer weiteren Spielhalle erforderlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 134 f.). 48 Die gesetzliche Anordnung des Verbundverbots sowie der Abstandsgebote ist ein geeignetes Mittel zur Erreichung der von den Gesetzgebern verfolgten legitimen Gemeinwohlziele, da sie die Bekämpfung der Spielsucht jedenfalls fördern. So ist plausibel, dass gerade Mehrfachspielhallen durch die Vervielfachung des leicht verfügbaren Angebots zu einem verstärkten Spielanreiz führen. Gerade im Falle der generellen Zugänglichkeit und hohen Verfügbarkeit von Spielhallen kommt einer Begrenzung sowie örtlichen Beschränkungen von Glücksspielstätten die höchste Wirksamkeit bei der Verhinderung und Bekämpfung der Spielsucht zu (vgl. Schweizerisches Institut für Rechtsvergleichung, International vergleichende Analyse des Glücksspielwesens, 2009, S. 49 f.; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2013, Ergebnisbericht, 2014, S. 22). Ein Verbot von Mehrfachspielhallen in Form des Verbundverbots kann dem entgegenwirken, indem es zu einer geringeren Konzentration von Spielgeräten im selben Gebäude(komplex) und im Zusammenwirken mit den Abstandsgeboten zu einer generellen Reduzierung des Geldspielgeräteangebots führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 149 f.). 49 Auch das geltende Abstandsgebots zu anderen Spielhallen ist geeignet. Mit diesem Gebot wird eine Reduzierung der für die Ansiedelung von Spielhallen zur Verfügung stehenden Standorte und eine Begrenzung der Spielhallendichte bewirkt, was zu einer Beschränkung des Gesamtangebots an Spielhallen beiträgt. Dadurch wird ebenfalls eine Verringerung der Griffnähe und Verfügbarkeit des Spiels an Geldspielgeräten in Spielhallen erreicht. Dem steht nicht entgegen, dass ein Ausweichen auf andere Orte oder auf andere Arten des Glücksspiels nicht ausgeschlossen werden kann. Dies gilt insbesondere für auf der Grundlage einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis betriebene Spielcafés, die – sofern sie nicht selbst als Spielhallen zu qualifizieren sind – einen anderen Charakter aufweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15, juris Rn. 47). Ein strukturelles, bereits in der gesetzlichen Regelung angelegtes Vollzugsdefizit ist dabei weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 151). 50 Verbundverbot und Abstandsgebote sind erforderlich. Ein milderes, gleich effektives Mittel ist nicht ersichtlich, zumal den Gesetzgebern auch hier ein Beurteilungs- und Prognosespielraum zukommt (vgl. BVerfGE 102, 197 <218>; 115, 276 <309>). Insbesondere stellen rein spieler- oder gerätebezogene Maßnahmen wie die vorgeschlagene Spielerkarte kein gleich wirksames Mittel zur Bekämpfung und Verhinderung von Spielsucht dar. Die Länder durften insofern die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht ein vorzugswürdiges Mittel darstellen. Im Gestaltungsspielraum mit Blick auf die Erforderlichkeitsanforderungen liegt auch die Regelung, die für den Mindestabstand nicht auf die Wegstrecke, sondern auf die Luftlinienentfernung zwischen zwei Spielhallen abstellt (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 42 Abs. 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13, juris, Rn. 367). Dasselbe gilt für das Absehen des Landesgesetzgebers von Abweichungs- und Ausnahmemöglichkeiten, mit denen eine Reduzierung der Spielhallendichte nicht in gleich wirksamer und effizienter Weise erreicht werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 153). 51 Verbundverbot und Abstandsgebote sind auch angemessen. Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere der Eingriffe und dem Gewicht und der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe wahren die gesetzlichen Regelungen auch unter Berücksichtigung der weiteren einschränkenden Regelungen der Spielhallengesetze insgesamt die Grenze der Zumutbarkeit und belasten die Betroffenen nicht übermäßig (vgl. BVerfGE 83, 1 <19>; 121, 317 <355>; 126, 112 <152 f.>; BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 155). 52 Durch das Verbundverbot entfallen die Möglichkeit, größere Kapazitäten an Spielmöglichkeiten oder eine größere Vielfalt an Geräten vorzuhalten, und die sich hieraus ergebenden wirtschaftlichen Vorteile. Ähnliche Belastungswirkungen ergeben sich durch die Abstandsgebote [...]. Die Regelungen haben - gerade im Zusammenwirken mit bauplanungsrechtlichen Beschränkungen - eine deutliche Reduzierung der möglichen Spielhallenstandorte zur Folge. Eine kumulative Belastung entsteht insbesondere durch die gleichzeitige Geltung von Gerätehöchstzahlen je Spielhalle [...]. Zusätzlich belastend wirken sich daneben weitere Neuregelungen aus (vgl. wie z.B. das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV, den Sachkundenachweis, die Verlängerung der täglichen Sperrzeit, das Verbot der Sportwettenvermittlung im selben Gebäude(komplex) gemäß § 21 Abs. 2 GlüStV, die Pflicht zur Reduzierung der Gerätezahl auf drei im Falle der Abgabe von Speisen und Getränken sowie das Verbot der unentgeltlichen Verabreichung von Speisen und Getränken, das Rauchverbot oder das Verbot von Internet-Terminals und Geldautomaten [mit jeweils Angaben der länderspezifischen Regelungen) (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 156). 53 Die Gesamtbelastung lässt es möglich erscheinen, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssen, zumal die Zahl der attraktiven Standorte durch das Abstandsgebot stark beschränkt wird. Die Prognosen der Beschwerdeführerinnen, ein wirtschaftlicher Betrieb von Spielhallen sei durch die Kumulation der verschiedenen belastenden Vorschriften nicht mehr möglich, werden allerdings nicht hinreichend substantiiert (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 -, juris, Rn. 50). Dies gilt auch im Hinblick auf die durch die Verlängerung der Sperrzeit gemäß § 5 Abs. 1 SpielhG Bln erwarteten Verluste, da ohne weitere Angaben zu den korrespondierenden Besucherzahlen die stündlichen Durchschnittsumsätze für die wegfallenden frühen Morgenstunden nicht angesetzt werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 157). 54 Der mit Verbundverbot und Abstandsgeboten verfolgte Hauptzweck der Bekämpfung und Verhinderung von Glücksspielsucht wiegt besonders schwer, da es sich um ein besonders wichtiges Gemeinwohlziel handelt (oben C II 1 a bb (2) (a) (aa)). Besonderes Gewicht bekommt dieses Ziel dadurch, dass nach maßgeblichen Studien vom Spiel an Geldspielgeräten die mit Abstand höchsten Suchtgefahren ausgehen (oben A I 2). Für alle anderen relevanten Glücksspielformen hatte bereits eine Begrenzung des Angebots in Form von Verboten, staatlichen Monopolen oder Konzessionsmodellen bestanden. Aufgrund der Einschätzung der Suchtwissenschaft und -beratungspraxis, wonach die Reduzierung der Verfügbarkeit von Spielmöglichkeiten eine besonders wirksame Maßnahme zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht ist (oben C II 1 a bb (2) (a) (cc) (α)), durften die Gesetzgeber davon ausgehen, dass gerade die mit dem Verbundverbot und den Abstandsgeboten einhergehende Angebotsreduzierung einen gewichtigen Beitrag zur Erreichung der verfolgten Ziele leisten wird. Dies gilt zumal mit Blick auf den Zweck der Vorbeugung von Spielsucht bei Kindern und Jugendlichen in einem möglichst frühen Stadium (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 158). 55 Insgesamt stehen damit die Belastungen nicht außer Verhältnis zum Nutzen der Neuregelungen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 28. Juni 2013 - Vf. 10-VII-12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 141 <145 f.>; StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 - 1 VB 15/13 -, juris, Rn. 348; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Juni 2015 - OVG 1 B 5.13 -, juris, Rn. 165; HmbOVG, Beschluss vom 21. Januar 2016 - 4 Bs 90/15 -, juris, Rn. 35; VG Bremen, Beschluss vom 2. September 2011 - 5 V 514/11 -, juris, Rn. 25). Das wegen der schweren Folgen der Spielsucht und des erheblichen Suchtpotentials des gewerblichen Automatenspiels hohe Gewicht der Spielsuchtprävention und des Spielerschutzes überwiegt gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse der Spielhallenbetreiber, von der Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Erlaubnisanforderungen verschont zu bleiben. Danach ist auch eine deutliche Begrenzung der Einnahmemöglichkeiten durch den Betrieb von Spielhallen zugunsten der konsequenten Verfolgung des überragend wichtigen Gemeinwohlziels der Suchtprävention und -bekämpfung hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 159).[...] 56 Die Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 GG führt - soweit ihr Schutzbereich hier überhaupt eröffnet ist - hinsichtlich der beruflichen Nutzung des Eigentums jedenfalls nicht zu einem weitergehenden Schutz der Spielhallenbetreiber als die Berufsfreiheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 169). 57 Das Verbundverbot, die Abstandsgebote zu anderen Spielhallen und zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, die Reduzierung der Gerätehöchstzahl in Spielhallen und die Pflicht zur dauernden Anwesenheit einer Aufsichtsperson bewirken keine mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbare Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern gegenüber den Betreibern von Spielbanken und von Gaststätten, in denen Geldspielgeräte aufgestellt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 170 ff.).“ 58 Die von dem Kläger geäußerten Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der wesentlichen Vorschriften können vor diesem Hintergrund nicht geteilt werden. 59 cc. Soweit der Kläger Stellungnahmen (AS 134 ff.) seitens des Beratungs- und Behandlungszentrum für Suchterkrankungen (BBS) der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (eva), der Technischen Universität Dresden (Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, Arbeitsgruppe Abhängiges Verhalten, Risikoanalyse und Risikomanagement) sowie der Universität Hohenheim (Forschungsstelle Glücksspiel; https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/Uni-Hohenheim.pdf) vorgelegt hat, wonach der Abstand bei Spielhallen weder wirksam zum Schutz für die Zielgruppe der sozialen Spielteilnehmer noch zum Schutz vulnerabler Spielteilnehmer beitrage, vermag dem nicht gefolgt zu werden. 60 Insoweit widerspricht sich insbesondere die Stellungnahme der Technischen Universität Dresden schon dahingehend, dass grundsätzlich kein wirksamer Schutz bei einem Mindestabstand von Spielhallen zu erwarten sei, aber Gemeinden in begründeten Zonen die Mindestabstände selbst einschränken oder verbieten können sollten. Angesichts des – gegenüber anderen Bundesländern – durchaus hohen Abstands (z.B. § 10 Abs. 2 Niedersächsisches Glücksspielgesetz (NGlüSpG) mit einem geregelten Abstand von 100m) von 500 Metern ist nicht ohne Weiteres substantiiert dargelegt, inwieweit die Maßnahme keine Wirksamkeit entfalten soll. Insoweit ist hier zu berücksichtigen, dass ausgehend der Daten von Google Maps der hier maßgebliche Laufweg zwischen den beteiligten Spielhallen ca. sieben Minuten beträgt. Auch die Stellungnahme der Universität Hohenheim, wonach die Mindestabstandregel und das Verbot der Mehrfachkonzessionen Maßnahmen mit geringem gesellschaftlichen Nutzen und erheblichen gesellschaftlichen Kosten seien und eine Ansiedlung von einem großen Spielhallenkomplex im Gewerbegebiet der Ansiedlung von einer vergleichbaren Anzahl von Spielhallen in der Innenstadt vorzuziehen sei, wird vor dem Hintergrund einer hohen Konzentration von Spielhallen in einem geringem Umkreis und dessen Auswirkungen nicht näher begründet. Inwieweit Abstandsregelungen eine hinsichtlich des Spielerschutzes wenig wirksame Maßnahme darstellen sollen, bleibt auch die Stellungnahme der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart schuldig (vgl. https://www.gluecksspielwesen.de/wpcontent/uploads/2020/02/eva.pdf). Auch unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnis hinsichtlich dem wissenschaftlichen Kenntnisstandes (Wechsel vom „Natürlichen Spielbetrieb der Bevölkerung“ zu dem neuerlichen Vulnerabilitätskonzept, siehe Stellungnahme der Technischen Universität Dresden: https://www.gluecksspielwesen.de/wp-content/uploads/2020/02/TU-Dresden.pdf) ist damit die fehlende Wirksamkeit der Abstandsregelung nicht ohne Weiteres belegt. 61 dd. Aber selbst wenn unterstellt würde, dass der Kläger oder seine Kunden durch die angegriffenen Regelungen in der Wahrnehmung einer unionsrechtlichen Grundfreiheit beschränkt würden, wären diese Regelungen nicht wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot unanwendbar. Der Europäische Gerichtshof hat die unionsrechtlichen Anforderungen aus dem Kohärenzgebot für den Bereich des Glücksspiels dahin konkretisiert, dass Regelungen im Monopolbereich zur Sicherung ihrer Binnenkohärenz an einer tatsächlichen Verfolgung unionsrechtlich legitimer Ziele ausgerichtet sein müssen. Über den Monopolsektor hinausgreifend fordert das Kohärenzgebot, dass Monopolregelungen nicht durch eine gegenläufige mitgliedstaatliche Politik in anderen Glücksspielbereichen mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial in einer Weise konterkariert werden dürfen, die ihre Eignung zur Zielerreichung aufhebt (vgl. zusammenfassend BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 10/12, BVerwGE 147, 47-81, juris Rn. 27 ff. m.w.N.; Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, juris Rn. 83 ff.). 62 Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt hier noch kein Verstoß gegen das unionsrechtliche Kohärenzgebot vor, da das monopolspezifische Gebot der Binnenkohärenz für Regelungsbereiche außerhalb eines staatlichen Monopols keine Relevanz hat. Anhaltspunkte dafür, dass die seitens des Klägers gerügten Beschränkungen für Spielhallen lediglich "scheinheilig" zur Suchtbekämpfung eingeführt worden wären, tatsächlich aber einem anderen – insbesondere fiskalischen – Zweck dienten, sind nicht gegeben. Zu ihnen gibt es auch bereichsübergreifend keine gegenläufigen landesgesetzlichen Regelungen oder eine sie konterkarierende Politik, für die zu prüfen wäre, ob sie die Wirksamkeit der für Spielhallen geltenden Einschränkungen beeinträchtigen könnten. Eine Expansionspolitik des Landes Baden-Württemberg in einem Sektor mit gleich hohem oder höherem Suchtpotenzial, die der Zielsetzung der für Spielhallen geschaffenen Regelungen zuwiderliefe, ist trotz der Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken und deren Geschäftsmodell (vgl. https://www.bw-spielbanken.de/bwspielbanken/) nicht erkennbar. 63 Die staatlichen Stellen verfügen in dem besonderen Bereich der Veranstaltung von Glücksspielen über ein weites Ermessen bei der Festlegung der Anforderungen, die sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben, und – sofern die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bestehenden Anforderungen im Übrigen erfüllt sind – ist es Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Spiel- und Wetttätigkeiten vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 – 8 C 6/15, BVerwGE 157, 126-168, juris Rn. 85; EuGH, Urteil vom 12. Juni 2014 – C-156/13, juris Rn. 23 ff., 32). 64 Dass die getroffenen Regelungen dieses Ermessen vorliegend überschreiten, kann nicht erkannt werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 28). Auch vor dem Hintergrund der seit dem 15. Oktober 2020 geltenden Gemeinsame Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder in Bezug auf Angebote von virtuellen Automatenspielen und Online-Poker auf Grundlage des Umlaufbeschlusses der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien vom 8. September 2020 (AS 139, abrufbar u.a. unter: https://innen.hessen.de/sites/default/files/media/hmdis/202009-30_gemeinsame_leitlinien_bv_gluecksspiel.pdf) ist nicht ersichtlich, dass das Kohärenzgebot verletzt wäre. 65 Soweit der Kläger und der Beigeladene übereinstimmend vorgetragen haben, ein Spielhallenbesucher könne paradoxerweise, nachdem er die Spielhallenräumlichkeiten verlassen habe, noch vor der Tür der Spielhalle unproblematisch mit seinem Smartphone im Internet ähnliche Online-Angebote weiter wahrnehmen, führt dies (noch) zu keinem Verstoß des Kohärenzgebotes. Wie der Beklagtenvertreter ausgeführt hat, handelt es sich bei terrestrisch veranstaltetem Glücksspiel, wie es sowohl der Kläger als auch der Beigeladene anbieten, um ein spezifisches, örtlich beschränktes Angebot, das von dem Onlineglücksspiel abzugrenzen ist. Insoweit wird regelmäßig der persönliche Kontakt mit anderen Spielern ermöglicht, ein nicht-alkoholischer Getränkeservice angeboten und es besteht ein sofortiges und haptisches Feedback, was im Rahmen des Online-Angebotes ggf. nicht bzw. nicht so ausgeprägt ermöglicht wird. Dass eine erhebliche Überschneidung von örtlich und online stattfindendem Glücksspiel in dem von dem Kläger und Beigeladenen beschriebenen Umfang besteht, ist zur vollen Überzeugung des Gerichts nicht dargelegt. Zwar ist festzuhalten, dass der Anteil an Online-Glücksspiel zunimmt, doch lässt dies noch keine, seitens der Beteiligten gezogenen, Rückschlüsse auf das generelle Spielverhalten zu. 66 Im Übrigen ist festzustellen, dass die geltend gemachte neuerliche „Liberalisierung“ des Onlineglücksspieles keinesfalls ohne entsprechende Kontrolle erfolgen würde. Denn den Leitlinien der obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder ist ausdrücklich zu entnehmen, dass ein glücksspielrechtlicher Vollzug nur nicht aufgegriffen wird, wenn konkrete allgemeine und besondere Anforderungen erfüllt, z.B. – der Glücksspielsucht vorbeugenden – Maßnahmen, wie z.B. Anmeldekontrollen, Einzahlungslimits, Einführung eines Panikknopfes, Kreditverbote, Beratungs- und Therapieangebot, Einrichtung eines automatisierten Spielsuchtfrüherkennungssystems und ein Werbeverbot für unerlaubte Glücksspiele einschließlich virtueller Automatenspiele und Online-Poker, eingeführt werden. Vielmehr besteht entgegen dem Vortrag des Beigeladenen eine entsprechende Aufsicht und ein Vollzug der geltenden Regeln, sofern diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Ein dahingehendes Vollzugsdefizit im hier maßgeblichen Bundesland Baden-Württemberg kann daher gegenwärtig nicht angenommen werden. 67 Vor diesem Hintergrund scheint die vom Kläger geltend gemachte Konkurrenz (u.a. durch die Anbieter https://www.tipico.de/de/online-sportwetten/; https://de.betclic.com/; https://www.bet-at-home.com/de; https://www.interwetten.com/de/sportwetten und https://sports.bwin.com/de/sports, vgl. Schriftsatz vom 13. Januar 2020, AS 129) im Wesentlichen eine Ergänzung des bereits bestehenden terrestrischen Angebotes darzustellen, was insbesondere dem technischen Fortschritt und den damit verbundenen Entwicklungen zu verdanken sein dürfte. 68 Es begegnet vorliegend keinen rechtlichen Bedenken, dass die Bundesländer übereinstimmend auf geänderte, insbesondere technische, Rahmenbedingungen reagieren. Föderal unterschiedliche oder auch konkurrierende Lösungswege sind zudem im Bundesstaat angelegt, zumal eine diesbezüglich einheitliche Handhabe nicht ohne Weiteres gewährleistet ist. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch geltende Erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüStV) gem. § 35 Abs. 2 GlüStV grundsätzlich in seiner zeitlichen Geltung – bzw. eine diesbezügliche Absicht unter dem Vorbehalt einer Fortgeltung bei entsprechender Zustimmung steht – limitiert ist, und es im Ermessen der europäischen Mitgliedstaaten und damit auch den jeweiligen Bundesländern steht, unterschiedliche Regelungen verschiedener Glücksspielformen, sofern der Gesetzgeber eine angemessene Suchtprävention nicht außer Acht lässt, zu treffen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 123). 69 Soweit der Kläger des Weiteren rügt, dass es an einer kohärenten und systematischen Regulierung und Glücksspielpraxis fehlt, kann dem daher nicht gefolgt werden. Zwar bestehen tatsächlich fiskalische Interessen der Länder (vgl. insbesondere die Existenz der Baden-Württembergischen Spielbanken: https://www.bw-spielbanken.de/), doch besteht darin (noch) keine Inkonsequenz, die zu der Annahme der Verletzung des Kohärenzgebotes führen würde. Insbesondere der Betrieb von Spielbanken und die Erlaubnis zur Aufstellung von Spielautomaten unterliegt eigenen umfangreichen Spielerschutzvorschriften. So gelten für die Spielbanken gemäß § 2 Abs. 2 GlüStV bundesweit die Werbebeschränkungen gemäß § 5 GlüStV, die Pflicht zur Entwicklung eines Sozialkonzepts gemäß § 6 GlüStV, die Aufklärungspflichten des § 7 GlüStV sowie insbesondere das bundesweite Spielersperrsystem mit der Möglichkeit von Selbst- und Fremdsperren gemäß § 8 GlüStV (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 143 ff.). 70 Zur konsequenten Regulierung der Spielbanken und insbesondere des Automatenspiels mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht haben die Landesbehörden nach der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts jedoch auch in Zukunft dafür Sorge zu tragen, dass die Reduzierung der Zahl der Spielhallen nicht durch eine Ausweitung des Automatenspiels und eine Vermehrung der Standorte von Spielbanken und ihren Dependancen konterkariert wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, juris Rn. 147). Dass dies hier der Fall ist, kann das Gericht entgegen dem Vortrag der Beteiligten, es liege ein Vollzugsdefizit in diversen Bundesländern vor, zumindest gegenwärtig für das hier maßgebliche Bundesland Baden-Württemberg (noch) nicht zu erkennen (vgl. insbesondere die nachträgliche Schließungsverfügung gem. § 15 Abs. 2 GewO zu Lasten des Klägers in dem hiesigen Verfahren und allein weitere in der 3. Kammer anhängigen Verwaltungsrechtssachen mit u.a. spielhallenrechtlichen Streitgegenständen: z.B. die Verfahren 3 K 2950/19, 3 K 100/20, 3 K 3008/20, 3 K 2358/20, 3 K 2505/20, 3 K 2533/20, 3 K 2534/20). 71 d. Ein Ermessensfehler zulasten des Klägers ist nicht gegeben. Grundsätzlich eröffnet § 41 Abs. 2 LGlüG den Verwaltungsbehörden kein Ermessen. Aufgrund der Formulierung „ist zu versagen“ ist von einer gebundenen Entscheidung auszugehen. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass dem Kläger die beantragte Erlaubnis zum Betrieb einer Spielhalle nicht erteilt wurde. 72 2. Dem Kläger steht auch ein Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Härtefallregelung gem. § 51 Abs. 5 LGlüG nicht zu. 73 Die Rechtsgrundlage für eine Befreiung von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absatz 1 LGlüG zur Vermeidung unbilliger Härten findet sich in § 51 Abs. 5 LGlüG. Demnach kann zur Vermeidung unbilliger Härten die zuständige Erlaubnisbehörde in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 befristet für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Absätze 1 und 2 befreien; dabei sind der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i der Gewerbeordnung sowie der Schutzzweck dieses Gesetzes zu berücksichtigen. Der Mindestabstand zu einer anderen Spielhalle darf dabei 250 m Luftlinie, gemessen von Eingangstür zur Eingangstür, nicht unterschreiten. Dem Antrag sind sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte sind insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. 74 Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG ermöglicht den Behörden ausdrücklich eine Ermessensentscheidung in Fällen, in denen das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann und gewichtige Gründe für eine Ausnahmeentscheidung sprechen. 75 Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO). Das Gericht hat danach nur zu prüfen, ob die Verwaltung den ihr eingeräumten Ermessensspielraum ausgeschöpft hat, ob sie die gesetzlichen Grenzen der Ermessensbetätigung überschritten hat und ob sie die nach dem Zweck der Ermessensermächtigung für die Entscheidung relevanten Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Es darf die getroffene Entscheidung nur anhand derjenigen Erwägungen überprüfen, die die Behörde tatsächlich angestellt hat, wozu ggf. auch in Einklang mit § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobene Erwägungen zählen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 8 C 46/12, BVerwGE 147, 81-100, juris Rn. 25 ff.). Tragen diese Erwägungen nicht, so ist die Entscheidung rechtswidrig. Das Gericht ist nicht befugt, die behördliche Entscheidung aus Gründen, die für die Verwaltung nicht oder nicht allein ausschlaggebend waren und die sie im Bescheid oder im Lauf des Prozesses selbst nicht benannt hat, im Ergebnis aufrecht zu erhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 2016 – 10 C 8/15, juris Rn. 13; Urteil vom 17. März 1981 – I C 74.76, BVerwGE 62, 36-45, juris Rn. 18). 76 Nach § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG sind Anhaltspunkte für das Vorliegen einer unbilligen Härte insbesondere dann gegeben, wenn eine Anpassung des Betriebs an die gesetzlichen Anforderungen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht möglich oder mit einer wirtschaftlichen Betriebsführung nicht vereinbar ist und Investitionen, die im Vertrauen auf den Bestand der nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts erteilten Erlaubnis getätigt wurden, nicht abgeschrieben werden konnten. Im Befreiungsantrag müssen die Voraussetzungen, die einen Härtefall begründen können, substantiiert dargelegt werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 25). 77 Bei dem Begriff der unbilligen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite, der der unbeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Härten, die dem Gesetzeszweck entsprechen und die der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung eines Tatbestandes bewusst in Kauf genommen hat, können eine Befreiung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen. Ebenso wenig vermögen typische, den gesetzgeberischen Vorstellungen von einer gesetzlichen Regelung entsprechende Folgen eine sachliche Unbilligkeit zu begründen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 05. September 2017 – 11 ME 258/17, juris Rn. 22 m.w.N.). Die Härtefallregelung soll verhindern, dass individuell schutzwürdiges Vertrauen unterlaufen wird (vgl. Brüning/Bloch, in: Becker/Hilf/Nolte/Uwer, Glücksspielregulierung, § 29 GlüStV Rn. 38; Gesetzentwurf zum LGlüG, LT-Drs. 15/2431, S. 112; VG Freiburg, Urteil vom 27. Februar 2018 – 13 K 1448/16, juris Rn. 27). Daraus folgt, dass wirtschaftliche Einbußen und sonstige Belastungen, die mit der Schließung von Spielhallen verbunden sind, regelmäßig nicht eine Härte begründen können; eine verlustfreie Abwicklung ihrer zu schließenden Spielhallen können die Spielhallenbetreiber nicht verlangen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 193; OVG Lüneburg, Beschluss vom 04. September 2017 – 11 ME 206/17, juris Rn. 38; VG Stuttgart, Urteil vom 27. Juli 2020 – 4 K 11315/18, juris Rn. 37; Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 30). 78 Da sich ein Spielhallenbetreiber auf eine Schließung seines Gewerbebetriebs nach Ablauf der Übergangsfrist des § 51 Abs. 4 LGlüG einstellen muss, bedarf es der substantiellen Darlegung, welche konkreten Schritte er unternommen hat, um den Eintritt eines Härtefalls abzuwenden (vgl. BVerfG, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 05. August 2015 – 2 BvR 2190/14, juris Rn. 26). Hierzu gehören u.a. Angaben dazu, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen zur rechtzeitigen Kündigung oder zur einvernehmlichen Aufhebung von langfristigen Verträgen, auch von Arbeitsverträgen der Mitarbeiter, zur Umnutzung des für die Spielhalle genutzten gewerblichen Grundstücks oder zur Verlagerung der Spielhalle an einen Alternativstandort unternommen wurden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 04. September 2017 – 11 ME 206/17, juris Rn. 39). Es gilt der Grundsatz, dass die für die Spielhalle genutzten Räumlichkeiten und die Betriebsmittel, wie Spielgeräte und andere Einrichtungsgegenstände, auch anderweitig nutzbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 194; VG Stuttgart, Urteil vom 27. Juli 2020 – 4 K 11315/18, juris Rn. 38). 79 Die einen Härtefall begründenden Umstände müssen nach Maßgabe des § 51 Abs. 5 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 LGlüG bis spätestens zum 18. November 2011 vorgelegen haben. Denn jedenfalls nach Veröffentlichung des Entwurfs des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages in der entsprechenden Landtagsdrucksache in Baden-Württemberg am 18. November 2011 konnte auf den Fortbestand des § 33i GewO nicht mehr vertraut werden (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 7; Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 461). Die Umstände waren spätestens bis zum 29. Februar 2016 geltend zu machen. Erst danach geltend gemachte Umstände brauchen im Rahmen der Entscheidungsfindung über das Vorliegen unbilliger Härten nicht mehr berücksichtigt werden. Denn dem nach § 51 Abs. 4 Satz 3 LGlüG bis zum 29. Februar 2016 zu stellenden Erlaubnisantrag sind nach § 51 Abs. 5 Satz 3 LGlüG sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen und Nachweise beizufügen (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 24). 80 Demzufolge soll die sog. Härtefallklausel des § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG, die es der zuständigen Behörde ermöglicht, zur Vermeidung unbilliger Härten (nur) in den Fällen des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG befristet für einen angemessenen Zeitraum auf Antrag von der Einhaltung der Anforderungen des § 42 Abs. 1 und 2 LGlüG zu befreien, lediglich den unbilligen Härten entgegenwirken, die von der in § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG normierten Übergangsfrist 30. Juni 2017 nicht erfasst werden können (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 9; Beschluss vom 27. November 2019 – 6 S 2384/19, juris Rn. 7). 81 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verleiht weder im Hinblick auf die vorherige Rechtslage noch auf vorhandene Betriebserlaubnisse nach § 33i GewO ein uneingeschränktes Recht auf Amortisierung getätigter Investitionen. Es darf grundsätzlich nicht darauf vertraut werden, dass eine günstige Rechtslage unverändert bleibt. Auch ein in umfangreichen Dispositionen betätigtes besonderes Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts begründet grundsätzlich noch keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 189; VG Freiburg, Beschluss vom 15. September 2017 – 3 K 5371/17, juris Rn. 14). 82 Gemessen an diesen Grundsätzen kann durch die Änderung des Bescheides vom 14. Juni 2017 durch die neuerliche Entscheidung des Landratsamtes vom 24. Juni 2019, bestätigt durch das Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2020, kein Ermessensfehler zulasten des Klägers erkannt werden. 83 Das Landratsamt hat dabei im Bescheid vom 14. Juni 2017 ursprünglich zugrunde gelegt, dass die streitgegenständliche Spielhalle bereits seit mindestens dem 15. Januar 1998 über eine unbefristete spielrechtliche Erlaubnis nach § 33i GewO verfügte. Es hat schwerpunktmäßig die Auffassung vertreten, dass angesichts des bis zum 28. Februar 2021 laufenden Mietvertrages und daraus resultierender Gesamtmietzahlungen in Höhe von ca. 100.000,00 Euro ein Härtefall vorliege. Eine mögliche Anpassung des Betriebes erscheine fragwürdig. Der Härtefall wurde allerdings maßgeblich auf den gegenüber dem Landratsamt Biberach vorgelegten Mietvertrag vom 8. Juli 2010 gestützt. 84 Soweit das Landratsamt diese Entscheidung mit Bescheid vom 24. Juni 2019 geändert und den Antrag des Klägers abgelehnt hat, begegnet dies – soweit es die Ablehnung eines Härtefalls gem. § 51 Abs. 5 LGlüG betrifft – keinen rechtlichen Bedenken. Die insoweit erfolgte Rücknahme (§ 48 LVwVfG) erfolgte rechtmäßig. 85 a. Bei der abändernden Entscheidung des Landratsamtes handelt es sich, wie das Regierungspräsidium Tübingen zutreffend ausgeführt hat, um eine Rücknahme im Sinne von § 48 Abs. 1 LVwVfG. Zwar kommt insbesondere auch eine Abhilfeentscheidung gem. § 72 VwGO in Betracht, zumal das Landratsamt das Verfahren nach Erhebung des Widerspruches bereits abgegeben hatte, doch hat das Regierungspräsidium mit Schreiben vom 15. Mai 2019 um eine erneute Überprüfung gebeten. Rücknahme und Widerruf eines Verwaltungsaktes (§§ 48 ff. VwVfG) stellen keine Abhilfe nach § 72 VwGO dar; der Behörde steht ein Wahlrecht zu, das (nur) ermessensfehlerfrei ausgeübt werden muss. Dies ist dann der Fall, wenn für die Wahl der Rücknahme gute Gründe sprechen, die es sachlich gerechtfertigt erscheinen lassen, den Widerspruchsführer mit dem Nachteil zu belasten, einer ihm günstigen Kostenentscheidung verlustig zu gehen (vgl. Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, 7. Aufl. 2018, § 72 [Abhilfe] Rn. 5 ff.). Derartige Ermessensentscheidungen sind spätestens mit dem Widerspruchsbescheid vom 7. August 2020 begründet worden. 86 b. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 LVwVfG, wonach ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann, liegen – soweit es die Rücknahme der Entscheidung auf der Basis eines Härtefalls betrifft – vor. Nach der Maßgabe von § 48 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. 87 Unstrittig handelt es sich bei der erteilten spielhallenrechtlichen Erlaubnis gem. §§ 41, 51 LGlüG um einen den Kläger begünstigenden Verwaltungsakt, der allerdings keine Geldleistung oder teilbare Sachleistung im Sinne von § 48 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG darstellt. Die Rücknahme erfolgte auch innerhalb der ab Kenntnis der Rechtswidrigkeit begründenden Tatsachen, vorliegend im Zuge des Schreibens des Regierungspräsidiums vom 15. Mai 2019, fristgerecht innerhalb eines Jahres i.S.v. § 48 Abs. 4 LVwVfG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2014 – 4 B 1/14, juris Rn. 3 ff.). Ein gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 LVwVfG schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der gewährten Härtefallentscheidung bestand nicht. 88 c. Der Kläger kann sich insoweit nicht mit Erfolg auf die Annahme eines Härtefalls im Sinne des § 51 Abs. 5 LGlüG bezüglich seiner Spielhalle berufen. 89 Denn gemessen an den obigen Maßstäben sind Investitionsentscheidungen, die der Kläger nach dem 18. November 2011 getroffen hat, grundsätzlich nicht geeignet, eine besondere Härte zu begründen, da diese Entscheidungen gerade in Kenntnis der veränderten Rechtslage und damit auf eigenes Risiko erfolgt sind. 90 Soweit der Kläger im behördlichen Verfahren Angaben zur Entwicklung seines Anlagevermögens und getätigter Investitionen gemacht hat, so sind diese spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht geeignet, einen Härtefall im Sinne des § 51 Abs. 5 LGlüG zu begründen. Der Kläger hat während des behördlichen Antragsverfahren insofern eine Übersicht über die in der streitgegenständlichen Spielhalle getätigten Investitionen (Entwicklung des Anlagevermögens für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. Dezember 2014) vorgelegt, die ein Investitionsvolumen mit einem Buchwert von insgesamt ca. 4.000,00Euro ausweist. 91 Für das Gericht ist allerdings nicht ersichtlich, dass im Rahmen des zeitlichen Verlaufes dieser damalige Buchwert zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch besteht. 92 Auf die Anfrage des Landratsamtes vom 23. März 2017 (Bl. 14 der Behördenakte) hinsichtlich aktualisierter Angaben hat der Kläger keine näheren Informationen zur Verfügung gestellt. Im gerichtlichen Verfahren hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2020 (AS 175 ff.) eine aktuelle Auflistung von Investitionen vorgelegt, die hauptsächlich 2017 bzw. 2018 erfolgten. Wie der Kläger selber ausgeführt hat, hat er in den vergangenen Jahren nur die allernotwendigsten Investitionen getätigt, die zur weiteren ordnungsgemäßen Betriebsführung notwendig waren. Es handelt sich insbesondere um die Anschaffung eines Kaffeevollautomaten (2017, ca. 1.800,00 Euro), Videoüberwachungsanlage (2017, ca. 1.700,00 Euro) und der Reparatur bzw. Ersatz diverser Geldspielgeräte und Zubehör (2017 und 2018, jeweils Zahlungen von bis zu 3.000,00 Euro). Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es sich nicht mehr um vertrauensgeschützte Investitionen handelt, und im Übrigen ein Verkauf oder eine Nutzung der betroffenen Geräte in anderen Spielhallen in Betracht kommt. Selbst im Falle einer weiteren Berücksichtigung der in dem Schreiben vom 19. Oktober 2020 aufgelisteten Kosten dürfte ein Großteil der Investitionen bereits abgeschrieben sein. 93 Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht im Hinblick auf die Laufzeit des Mietvertrags. Dem vorgelegten Mietvertrag vom 8. Juli 2020 (A9 der Behördenakte) ist zu entnehmen, dass das Mietverhältnis am 1. März 2011 beginnt und am 29. Februar 2016 endet. In § 2.2 des Mietvertrages wird dem Kläger ein zweimaliges Optionsrecht für jeweils fünf Jahre (u.a. zum 28. Februar 2021). Das Optionsrecht wird automatisch ausgeübt, sollte der Mieter den Vertrag nicht schriftlich 12 Monate vor Beginn der Verlängerung ausüben. Zudem wurde dem Kläger ein Kündigungsrecht mit einer Frist von 12 Monaten eingeräumt. Nachdem der Kläger das Optionsrecht folglich erst lange nach dem Stichtag 18. November 2011 und insbesondere nach Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes ausgeübt hat, kann daraus ersichtlich kein Härtefall folgen. Vielmehr hat der Kläger in Kenntnis der Rechtslage den Mietvertrag auf eigenes unternehmerisches Risiko verlängert. Zwar ist dem Kläger grundsätzlich zuzustimmen, dass zum Zeitpunkt der Verlängerung des Vertrages noch nicht gewiss sein konnte, dass dem Kläger möglicherweise die Erteilung einer neueren Spielhallenerlaubnis gem. § 51 Abs. 4 LGlüG verwehrt bleiben würde, doch erfolgte die Verlängerung insoweit in Kenntnis der Rechtslage, sodass ein Vertrauenstatbestand nicht bestehen konnte. Insbesondere zu diesem Zeitpunkt bestanden auch keine größeren abschreibungsbedürftigen Investitionen mehr, da der Buchwert bereits Ende 2014 etwa 4.000,00 Euro betrug. Es kann insofern auch dahinstehen, ob der Kläger für das Genehmigungsverfahren den Nachweis eines gültigen Mietvertrages bedurfte oder er den konkreten Ausgang des Verfahrens nicht vorhersehen konnte, da er nach der Maßgabe des Mietvertrages berechtigt war und ist, den Mietvertrag vorzeitig zu kündigen. Inwieweit dem Kläger vor dem Hintergrund der geänderten rechtlichen Lage ein Sonderkündigungsrecht zugestanden hätte, bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Die geltend gemachten Mietkosten über die Laufzeit des Vertrages stellen für den Kläger daher keine unbillige Härte dar, weswegen das Landratsamt die Annahme eines Härtefalls auch zulässigerweise revidiert hat. 94 Es ist auch nicht ersichtlich, dass insbesondere ein entgangener Gewinn vorliegend einen Härtefall begründen könnte, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt in Kenntnis der Rechtslage kein diesbezügliches Vertrauen auf einen möglichen Fortbestand der Spielhalle gehabt haben dürfte, und es sich bei dem Gewinn nicht um Investitionen im Sinne von § 51 Abs. 5 LGlüG handelt (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 41). 95 Auch die weiteren vorgetragenen Umstände vermögen die Annahme eines Härtefalles nicht zu stützen. Insbesondere sind weder das Alter des Klägers, seine bisherige Verwurzelung lediglich im Glücksspielgewerbe, die persönliche Haftung vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Lage und die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter geeignet, vorliegend einen Härtefall zu begründen. Zum einen beziehen sich mehrere dieser Umstände maßgeblich auf die eigene Person des Spielhallenbetreibers – und nicht, wie ersichtlich im Rahmen von § 51 Abs. 5 Satz 4 LGlüG (trotz der insoweit offenen Formulierung durch das „insbesondere“) beabsichtigt, spielhallenbezogene unbillige Härten und zum anderen handelt es sich teilweise um entsprechende – vom Gesetzgeber bezweckte – Vollzugsfolgen. So kann insbesondere der Verlust von Arbeitsplätzen nicht dazu führen, dass eine unbillige Härte für den Spielhallenbetreiber selbst begründet wird. Bei einer beabsichtigten Reduzierung von Spielhallen zum Zwecke der Bekämpfung von Spielsucht und den weiteren Zielen des Glücksspielrechtes ist es zwangsläufig Folge, dass auch entsprechende Arbeitsplätze nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Kosten für die Fortbildung der Angestellten waren schon vor dem Hintergrund der glücksspielrechtlichen Anforderungen zu leisten und können keinen Härtefall begründen. Die eigenen Verbindlichkeiten und die persönliche Haftung des Klägers stehen nur mittelbar im Zusammenhang mit der Erteilung der Spielhallenerlaubnis und stellen persönliche Verpflichtungen dar, die der eigenen Risikosphäre des Klägers zuzuordnen sind. Die Mietverträge für die Spielgeräte können mit kurzen Fristen entweder gekündigt oder die Geräte entsprechend in anderen Spielhallen untergebracht werden, zumal bereits fraglich ist, ob die jeweiligen Geräte, die zum Teil deutlich nach dem 18. November 2011 in angeschafft wurden, tatsächlich vertrauensschutzwürdige Investitionen darstellen. 96 Insofern hat der Kläger nicht substantiell dargelegt, welche konkreten Schritte er unternommen hat, um den Eintritt eines Härtefalls abzuwenden. Dies wäre jedoch grundsätzlich erforderlich gewesen, da sich der Kläger als Spielhallenbetreiber darauf einstellen musste, seinen Gewerbebetrieb nach Ablauf der Übergangsfrist schließen zu müssen, wobei insofern zuzugestehen ist, dass zumindest vor dem Hintergrund des ungewissen Ausgangs des behördlichen Antragsverfahrens eine Möglichkeit des Weiterbetriebes bestand. Es hätte aber u.a. Angaben dazu bedurft, ob und gegebenenfalls welche Bemühungen zur rechtzeitigen Kündigung oder einvernehmlichen Aufhebung von langfristigen Verträgen, zur Umnutzung des für die Spielhalle genutzten gewerblichen Grundstücks oder zur Verlagerung der Spielhalle an einen Alternativstandort unternommen wurden. Dabei gilt der Grundsatz, dass die für die Spielhalle genutzten Räumlichkeiten und die Betriebsmittel, wie Spielgeräte und andere Einrichtungsgegenstände, auch anderweitig nutzbar sind (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Juli 2018 – 11 LC 400/17, juris Rn. 70 m.w.N.; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 08. August 2018 – 3 B 351/17, juris Rn. 21; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 36). 97 Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht gerecht geworden. Bestrebungen des Klägers, eine anderweitige Nutzung der Räumlichkeiten zu ermöglichen, sind trotz des Umstandes, dass die Mieträume nach der ausdrücklichen Formulierung des Mietvertrages nur zum Betrieb einer Spielothek vermietet worden sind, nicht ersichtlich (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 37 ff.). Insoweit ist weder substantiiert vorgetragen noch im Übrigen erkennbar, dass zugunsten des Klägers eine unbillige Härte vorliegen würde. 98 3. Der Kläger hat allerdings einen Anspruch darauf, dass das beklagte Land über seinen Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb der streitgegenständlichen Spielhalle ermessensfehlerfrei neu entscheidet. 99 Da auch der Beigeladene als Betreiber der Spielhalle „P.“ eine glücksspielrechtliche Erlaubnis für deren Betrieb begehrt und die Spielhalle zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwar grundsätzlich unter der Annahme eines Härtefalls von der Einhaltung der Anforderung des Abstandsgebots in § 42 Abs. 1 LGlüG befreit ist, diese Befreiung allerdings nach der Überzeugung des Gerichts ebenfalls fälschlicherweise vom Landratsamt erteilt wurde, besteht zwischen der Spielhalle des Klägers und der Spielhalle des Beigeladenen eine Konkurrenzsituation. Der Beigeladene kann sich gegenüber dem Kläger insoweit nicht auf die Tatsache berufen, dass ihm aufgrund seines vorgelegten Pachtvertrages eine Härtefallerlaubnis vom 14. Juni 2017 zukommt. Das Gericht ist – wie es in dem den Beigeladenen betreffenden Verfahren 3 K 6070/17 dargestellt hat – zu der Überzeugung gelangt, dass der von dem Beigeladenen vorgelegte Pachtvertrag nicht zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt und mit der geschilderten Laufzeit geschlossen worden ist. 100 Das Gericht ist vielmehr nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem vorgelegten Pachtvertrag um eine Fälschung handeln dürfte. Die Annahme eines unbilligen Härtefalls hätte insoweit auf der Grundlage des Pachtvertrages nicht erfolgen dürfen. Das Gericht stützt diese Annahme eines „falschen“ Pachtvertrages maßgeblich auf die zum Teil widersprüchlichen und im Ergebnis nicht glaubhaften Äußerungen des Beigeladenen und den Schilderungen des geladenen Zeugen vor dem Hintergrund der Mitteilung des Steuerberaters des Beigeladenen vom 20. Januar 2016 (A26 der Behördenakte im Verfahren 3 K 6070/17). In diesem bestätigt dieser, dass der bestehende Pachtvertrag bis zum „28.02.2018“ laufe. Der seitens des Beigeladenen – auch im Original – vorgelegte Vertrag weist dagegen eine handschriftlich eingeführte Dauer bis zum 28. Februar 2022 auf (A7 der Behördenakte im Verfahren 3 K 6070/17). Diesen Widerspruch hat der Beigeladenen in der persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung nicht nachvollziehbar ausräumen können, wobei in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in dem diesbezüglichen Urteil vom 20. Oktober 2020 (3 K 6070/17, S. 25 ff.) verwiesen wird. 101 Weder der Beigeladene noch der Zeuge vermochten das Gericht insofern davon zu überzeugen, dass der geltend gemachte Pachtvertrag tatsächlich vor dem 18. November 2011 mit einer tatsächlichen Laufzeit bis Februar 2022 geschlossen worden ist. Die zugunsten des Beigeladenen getroffene Härtefallregelung basierte nach den Darstellungen des Landratsamtes ausschließlich auf diesem Pachtvertrag, sodass diese Entscheidung unabhängig von einer eigenen Klagemöglichkeit des Klägers keinen Bestand haben kann. Aber auch bei einer Wahrunterstellung des Vortrages des Beigeladenen dürfte die erteilte Härtefallerlaubnis vor dem Hintergrund eines Sonderkündigungsrechtes keinen Bestand haben. Da insofern die Notwendigkeit der Überprüfung seitens des Landratsamtes hinsichtlich des Bescheides vom 14. Juni 2017 zugunsten des Beigeladenen besteht, kann nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden, dass im Rahmen eines nunmehr durchzuführenden Auswahlverfahrens zwischen den Spielhallen des Klägers und des Beigeladenen ausschließlich die Spielhalle des Klägers eine entsprechende Spielhallenerlaubnis erhalten könnte. 102 Um eine derartige Konkurrenzsituation zwischen zwei Spielhallen, die sich jeweils nicht auf einen Härtefall berufen können, auflösen zu können, bedarf es einer – von dem Kläger insbesondere in dem Verfahren 3 K 3553/19 begehrten – Auswahlentscheidung (vgl. Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 256, 357; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2019 – 4 B 255/18, juris Rn. 21 f.; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 13; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 10). 103 Rechtliche Bedenken hinsichtlich des Vorgehens, erst nach einer Entscheidung über das Bestehen eines Härtefalls in ein entsprechendes Auswahlverfahren einzusteigen, bestehen nicht. Nach Systematik und Intention des Landesglücksspielgesetzes – die Verfassungsmäßigkeit des Abstandsgebots und der Übergangs- bzw. Härtefallregelungen wurden seitens des Staatsgerichtshofs Baden-Württemberg (jetzt Verfassungsgerichtshof) bestätigt (Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris) – ist es gerade nicht vorgesehen, sämtlichen Spielhallenbetreibern zeitlich gleichlaufende Härtefallentscheidungen zu erteilen, um sodann mit deren Ablauf eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Interessen der (ggf. unterliegenden) Spielhallenbetreiber, die sich ihrerseits nicht auf vergleichbar lange Härtefallentscheidungen berufen können, haben vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Zwecks, eine möglichst geringe Spielhallendichte zu erreichen, zurückzustehen. Dieser würde konterkariert, wenn erst identisch lange Härtefallentscheidungen und sodann eine Auswahlentscheidung getroffen würden. 104 Dies zeigt sich auch daran, dass die Härtefall-Befreiung für Bestandsspielhallenbetreiber zeitlich begrenzt ist und nur eine befristete Suspendierung von den Vorgaben des Abstandsgebots ermöglicht (vgl. LT-Drs. 15/2431 S. 113; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 8; VG Freiburg, Urteil vom 27. Februar 2018 – 13 K 1448/16, juris Rn. 31). 105 Von der Teilnahme an diesen nunmehr durchzuführenden Auswahlverfahren sind weder die Spielhalle des Klägers noch die des Beigeladenen trotz der bereits ergangenen Entscheidungen des Landratsamtes von vornherein ausgeschlossen. Das Landratsamt wird deshalb – im Rahmen einer entsprechenden Prüfung über die Rechtmäßigkeit der getroffenen Entscheidung vom 14. Juni 2017 zugunsten des Beigeladenen nach den Maßstäben der §§ 48 ff. LVwVfG – eine Auswahlentscheidung zwischen beiden Spielhallen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu treffen haben. 106 Insbesondere der Spielhalle des Klägers kann nicht entgegengehalten werden, dass sie gegenwärtig ohne eine notwendige Erlaubnis weiterbetrieben würde. Der im Zuge der Rücknahmeentscheidung des Landratesamtes vom 24. Juni 2019 erhobene Widerspruch vom 25. Juli 2019 entfaltet gem. § 80 Abs. 1 VwGO eine aufschiebende Wirkung, sodass eine fehlende Legalisierung gegenwärtig nicht angenommen werden kann (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 54 ff.). 107 Für den von dem Kläger begehrten Ausspruch zur Verpflichtung des Beklagten, dem Kläger eine Erlaubnis für den Betrieb der Spielhalle „...“ zu erteilen, fehlt es an der nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO hierzu erforderlichen Spruchreife. Denn die Auswahlentscheidung ist eine von dem beklagten Land zu treffende Ermessensentscheidung, bei der dem Beklagten aufgrund der Beschränkung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nach § 114 VwGO ein selbstständiger Entscheidungsspielraum verbleibt (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10. März 2020 – 4 B 362/19, juris Rn. 24; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 60). 108 Es bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null dergestalt, dass die Erlaubnis zwingend zugunsten des Klägers erteilt werden müsste. Bei beiden Spielhallen handelt es sich um solche mit langem Bestandsschutz im Sinne des § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG, für deren Betrieb eine Erlaubnis nach § 33i GewO vor dem Inkrafttreten des Landesglücksspielgesetzes am 29. November 2012 erteilt worden war. Dass sich beide Spielhallenbetreiber vorliegend nicht auf einen Härtefall berufen können, ist im Zuge der mündlichen Verhandlungen vom 20. Oktober 2020 über die begehrten spielhallenrechtlichen Erlaubnisse des Klägers und Beigeladenen bereits dargelegt. 109 Bei der Neubescheidung des Antrags des Klägers auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis wird das Landratsamt im Falle einer erforderlichen Auswahlentscheidung die Auswahlkriterien zugrunde zu legen haben, die sich nach der Klärung durch den Staatsgerichtshof Baden-Württemberg (vgl. Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 357 f.) und das Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2017 – 1 BvR 1314/12, BVerfGE 145, 20-105, juris Rn. 184 ff.) auch in Baden-Württemberg dem Landesglücksspielgesetz noch in hinreichendem Maße entnehmen lassen und durch ergänzende Anwendungshinweise des Wirtschaftsministeriums näher konturiert worden sind (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 62). 110 Dabei kann für die Zwecke der Ausfall zunächst auf die Regelung zur Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG zurückgegriffen werden. Die ohnehin geforderte Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Positionen der Spielhallenbetreiber gebietet auch ohne ausdrückliche gesetzliche Präzisierung, dass die zuständigen Behörden sich eines Verteilmechanismus bedienen, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Zu den grundrechtsrelevanten Positionen der Betreiber von Bestandsspielhallen zählt etwa die Amortisierbarkeit von Investitionen. Zudem ergibt sich aus § 51 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 LGlüG und dem Gesamtzusammenhang der Regelung, dass bereits bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten Ziele des § 1 GlüStV zu beachten sind und bei Bestandsspielhallen überdies der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33i GewO zu berücksichtigen ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2019 – 4 B 255/18, juris Rn. 26; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 63). 111 Diese gesetzlichen Vorgaben sind ergänzend durch die Erläuterungen des Wirtschaftsministeriums vom 11. Dezember 2015 („Anwendungshinweise“) und 28. Juli 2016 („Frage-Antwort-Katalog“) sowie die E-Mail des Wirtschaftsministeriums vom 24. Juli 2017 (jeweils abrufbar unter: https://wm.badenwuerttemberg.de/de/wirtschaft/aufsicht-und-recht/spielhallenrecht/) näher konturiert worden, die weitere Hinweise zu den heranzuziehenden Kriterien enthalten und die Ausübung des Ermessens durch die örtlich zuständigen Behörden im Interesse einer einheitlichen Verwaltungspraxis steuern sollen. Dabei ist das „Alter“ der Spielhalle in Beziehung zur bereits erfolgten Amortisierung getätigter Investitionen zu setzen und dergestalt in die Ermessensentscheidung einzustellen (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 64 f. unter Bezugnahme auf Staatsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juni 2014 – 15/13, juris Rn. 357). 112 Die in der Auswahlentscheidung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 in Verbindung mit § 1 LGlüG auch zu berücksichtigenden Ziele des § 1 GlüStV erfordern einen Vergleich der konkurrierenden Spielhallen daraufhin, welche besser geeignet ist, die Ziele des Staatsvertrags zu erreichen. Solche Unterschiede können sich unter anderem aus Besonderheiten des Umfelds des jeweiligen Standorts oder aus der Art der zu erwartenden Betriebsführung der einzelnen Betreiber ergeben. Hierbei ist etwa maßgeblich, inwieweit prognostisch von einem rechtstreuen Verhalten des Spielhallenbetreibers auszugehen ist, also von der Einhaltung von Vorschriften, die gerade die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV sicherstellen sollen. Der Glücksspielstaatsvertrag selbst fordert in § 6 Satz 2 GlüStV zudem, dass die Vorgaben des Anhangs zum Glücksspielstaatsvertrag „Richtlinien zur Vermeidung und Bekämpfung von Glücksspielsucht“ von den Spielhallenbetreibern zu erfüllen sind. Auch in diesen Richtlinien finden sich qualitative Anforderungen an die Betriebsführung (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 A 1826/19, juris Rn. 47; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 66, 68). 113 Vorgaben für die Betriebsführung, durch die der Gesetzgeber die abstrakten Zielvorgaben des § 1 GlüStV konkretisiert hat, finden sich insbesondere in den Vorschriften, auf die der Landesgesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 LGlüG Bezug genommen hat. Das sind die Jugendschutzanforderungen nach § 4 Abs. 3 GlüStV, das Internetverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV, die Werbebeschränkungen nach § 5 GlüStV, die Anforderungen an das Sozialkonzept nach § 6 GlüStV und die Anforderungen an die Aufklärung über Suchtrisiken nach § 7 GlüStV (vgl. zur insoweit identischen Rechtslage in Nordrhein-Westfalen Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 A 1826/19, juris Rn. 47). Darüber hinaus ist § 41 Abs. 2 Nr. 4 LGlüG in den Blick zu nehmen, der unter anderem verlangt, dass der Betrieb der Spielhalle weder eine Gefährdung der Jugend noch eine übermäßige Ausnutzung des Spieltriebs befürchten lassen darf. Auch der tatsächliche Abstand der konkurrierenden Spielhallen zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen ist daher als ein Auswahlkriterium berücksichtigungsfähig, wobei allerdings wegen der vom Gesetzgeber in § 42 Abs. 3 LGlüG gezogenen Grenze Einrichtungen, die von einer Spielhalle mehr als 500 Meter entfernt liegen, außer Betracht zu bleiben haben (vgl. auch § 10a Abs. 7 NGlüSpG; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 67). 114 Weitere Kriterien für die Bewertung der Betriebsführung lassen sich den Anwendungshinweisen des Wirtschaftsministeriums vom 11. Dezember 2015 (S. 31 f.) entnehmen. Dort wird ausgeführt, dass sich gravierende Unterschiede hinsichtlich der Qualität der Betriebsführung ergeben können, wenn und soweit gewichtige Verletzungen der den Spieler- und Jugendschutz betreffenden Betreiberpflichten in Rede stehen, zu denen etwa gehören: die Überschreitung der nach § 3 Abs. 2 der Spielverordnung (SpielV) höchstzulässigen Zahl von Geldspielgeräten; der Verstoß gegen das jugendschutzrechtliche Spielverbot nach § 6 Abs. 2 des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) und § 43 Abs. 1 Satz 1 LGlüG; der Einsatz von nicht nach § 7 Abs. 2 LGlüG geschultem Personal in größerem Umfang und/oder über einen längeren Zeitraum hinweg; die unterlassene Verhängung von Spielersperren trotz ausdrücklichen Verlangens der Spieler. Generell müssen in Anbetracht der Vielzahl von Anforderungen, denen ein Betreiber gerecht zu werden hat, und deren unterschiedlicher Bedeutung für die angestrebte Erreichung der in § 1 GlüStV formulierten Ziele festgestellte Verfehlungen ihrem Gegenstand nach geeignet sein, Rückschlüsse auf das Maß der zu erwartenden Rechtstreue der jeweiligen Konkurrenten zu tragen. Sie müssen daher sachlich von hinreichendem Gewicht und zeitlich hinreichend aktuell sein (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 26 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 69). 115 Der Bewertung, in welchem Maße von den konkurrierenden Spielhallen oder Betreibern materielle Anforderungen an die Betriebsführung erfüllt werden, und die Berücksichtigung von etwaigen hinreichend gewichtigen Unterschieden in der Auswahlentscheidung steht nicht entgegen, dass die Erfüllung materieller Anforderungen ohnehin Voraussetzung für die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ist (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Oktober 2019 – 4 A 1826/19, juris Rn. 48 ff.; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 21 ff.). Entsprechendes gilt für das ebenfalls nur den Zugang zur Auswahlentscheidung betreffende Mindestabstandsgebot zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen nach § 42 Abs. 3 LGlüG, aus dessen Nichtanwendbarkeit gegenüber der vorhandenen Spielhallen im konkreten Einzelfall nicht folgt, dass der tatsächliche Abstand der konkurrierenden Spielhallen zu einer bestehenden Einrichtung zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen bei der Auswahlentscheidung überhaupt keine Rolle mehr spielen dürfte (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 70). 116 Bei der Ausübung des Ermessens sind sämtliche für die Entscheidung maßgeblichen vorgenannten Belange einzubeziehen, zu gewichten und dahin gegeneinander abzuwägen, welche bevorzugt werden und welche zurückzutreten haben. Die Ermessensentscheidung ist zu begründen. Die Begründung hat die maßgeblichen Ermessenserwägungen zu enthalten und dabei insbesondere erkennen zu lassen, dass alle maßgeblichen Kriterien tatsächlich berücksichtigt wurden (vgl. Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 1 B 311/18, juris Rn. 41 ff., 48; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 71). 117 Für die relative Gewichtung von Bestandsschutz- und Vertrauensschutzgesichtspunkten gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber bereits mit der fünfjährigen Übergangsfrist in § 51 Abs. 4 Satz 1 LGlüG die regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen Nachteile bei den Betreibern von Spielhallen erfassen und diesen innerhalb der großzügig bemessenen Übergangsfrist einen schonenden Übergang zu den strengeren Reglungen des Staatsvertrags und die Entwicklung alternativer Geschäftsmodelle ermöglichen wollte, und dass auch eine Härtefallbefreiung nach § 51 Abs. 5 Satz 1 LGlüG nur für einen angemessenen Zeitraum, also vorübergehend, und nur unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 GlüStV zugelassen werden kann (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 16. April 2018 – 6 S 2250/17, juris Rn. 9). Bestands- und Vertrauensschutzgesichtspunkte haben deshalb gegenüber den Zielen des § 1 GlüStV bereits im Ausgangspunkt ein geringeres Gewicht. Ergibt der Vergleich der konkurrierenden Bewerber, dass ein Spielhallenbetreiber besser Gewähr für die Förderung der Ziele des Staatsvertrags als die Konkurrenten bietet, dürfte daher die Auswahl eines dieser Konkurrenten allein wegen seiner Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen sachwidrig sein. Bei der Auswahlentscheidung sind die (dauerhaft anzustrebenden) Ziele des § 1 GlüStV gegenüber Bestandsschutz- und Vertrauensschutzinteressen, denen im Rahmen von Härtefallentscheidungen (nur vorübergehend) Rechnung getragen werden kann, jedenfalls nicht nachrangig (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26. September 2019 – 4 B 255/18, juris Rn. 44 ff.; VG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2020 – 18 K 10575/18, juris Rn. 72). 118 4. Von der tenorierten Aufhebung ist angesichts der obigen Ausführungen auch die mit Bescheid vom 24. Juni 2019 zusätzlich aufgenommene Betriebsuntersagung gem. § 15 Abs. 2 GewO umfasst. 119 Nach alldem hat die Klage damit in dem tenorierten Umfang Erfolg. 120 5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 155 Abs. 1 VwGO.
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