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7Wissenschaft
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Die Fortpflanzung mit Neandertalern bescherte dem modernen Menschen Genvariationen zur Abwehr von Infektionen. Leipzig – Die Neandertaler haben zwei aktuellen Studien zufolge das Immunsystem unserer Vorfahren gestärkt: Als moderne Menschen vor vielen Tausend Jahren in Europa auf Neandertaler trafen und sich mit ihnen fortpflanzten, erbten einige Nachkommen Genvariationen, deren Träger Infektionen besser abwehren konnten. Auf diese Weise wurde aber eventuell auch die Neigung zu Allergien erhöht. Das berichten Forscher des Instituts Pasteur in Paris und des Max-Planck-Instituts (MPI) für evolutionäre Anthropologie in Leipzig in zwei voneinander unabhängige Arbeiten im American Journal of Human Genetics. Die Vermischung mit alten Menschenarten wie dem Neandertaler und dem Denisova-Menschen hatte Auswirkungen auf die genetische Diversität einiger angeborener Immungene der Familie der Toll-Like Rezeptoren, sagt Janet Kelso vom MPI. Die Rezeptoren – TLR 1, TLR6 und TLR10 – wirken an der Immunabwehr mit. Diese TLR-Gene können Bestandteile von Bakterien, Pilzen und Parasiten aufspüren und bekämpfen. Welche Rolle dies konkret für unsere heutige Gesundheit spielt, sei noch nicht geklärt, so die Experten. Wir gehen davon aus, dass es mal eine Phase gegeben hat, wo es von Vorteil war, diese Neandertal-Varianten zu besitzen, sagte Max-Planck-Forscher Michael Dannemann. Menschen könnten dadurch bessere Abwehrmechanismen gegen Krankheitserreger gehabt haben. Umgekehrt könne sich aber auch die Neigung zu Allergien erhöht haben, denn eine zu hohe Aktivität dieser Gene könnte laut Dannemann auch zu gestörten Immunreaktionen auf an sich harmlose Umwelteinflüsse führen. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass ein Anteil von einem bis sechs Prozent im Genom von heute in Europa und Asien lebenden Menschen vom Neandertaler oder demDenisova-Menschen stammt. In bestimmten Regionen des Genoms sei diese Frequenz deutlich erhöht, wie eben bei den TLR-Abwehrgenen. Das spiegelt sich heute noch im Menschen wider. Ob es heute noch von Vorteil oder Nachteil oder komplett neutral ist, können wir aber nicht sagen, erklärte Dannemann. Für ihre Forschungen analysierten die Wissenschafter Daten des 1000-Genom-Projekts, bei dem das Erbgut von 2.500 Individuen aus Europa, Asien, Afrika und Amerika komplett entziffert wurde. Die Ergebnisse zeigten, wie wichtig der artübergreifende Austausch von Genen für die Evolution des angeborenen Immunsystems beim Menschen gewesen sein könnte, sagte Lluis Quintana-Murci vom Institut Pasteur. Die Frage, inwieweit die Neandertaler die Entwicklung des modernen Menschen beeinflusst haben, beschäftigt Forscher weltweit. So fanden etwa US-Forscher heraus, dass Gene von Neandertalern den Vorfahren moderner Menschen wahrscheinlich dabei geholfen haben, sich an die kühlere Umgebung außerhalb Afrikas anzupassen. Neandertaler-Erbgut ist demnach in heutigen Europäern und Ostasiaten insbesondere an Stellen vorhanden, an denen Wachstum und Ausgestaltung von Haut und Haaren geregelt werden. Auch der Fettstoffwechsel moderner Menschen könnte von Neandertaler-Genen beeinflusst worden sein.
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7Wissenschaft
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Uni-Wien Forscherin erhält höchsten Förderpreis Österreichs – Acht Nachwuchswissenschafter mit Start-Preisen ausgezeichnet. Wien – Er ist der höchste Wissenschaftsförderpreis in Österreich und wird gern als Austro-Nobelpreis bezeichnet. Doch zwischen dem Wittgenstein-Preis und dem Nobelpreis gibt es nicht nur einen kleinen Unterschied, was das Renommee betrifft. Zwar ist der Wittgenstein-Preis mit 1,6 Millionen Euro besser dotiert, doch das gesamte Geld muss wieder in die Forschung gesteckt werden. Er ist damit zugleich auch eine Form der Spitzenforschungsförderung. 2015 geht der seit genau 20 Jahren existierende Preis wieder einmal an die Geisteswissenschaft und an eine Frau: Gewinnerin ist die aus Deutschland stammende Byzantinistin Claudia Rapp, die nach 17 Jahren an der University of California in Los Angeles (UCLA) seit 2011 an der Universität Wien lehrt und forscht. Die Auszeichnung wurde Montagabend in Wien gemeinsam mit den mit jeweils bis zu 1,2 Millionen Euro dotierten Start-Preisen an acht Nachwuchsforscher verliehen. In Summe stehen den neun Forschern rund elf Millionen Euro zur Verfügung. Die Preisgelder sollen Freiheit und Flexibilität bei der Durchführung ihrer Forschungsarbeiten ermöglichen. Ausgewählt werden die Preisträger von einer Jury internationaler Wissenschafter. Rapp sei ein Beleg für die exzellente Geistes- und Kulturwissenschaft in Österreich, erklärte Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Rapp, geboren am 20. Juni 1961 in Gießen (Deutschland), ist seit 2011 Professorin für Byzantinistik an der Universität Wien und seit 2012 Leiterin der Abteilung Byzanzforschung am Institut für Mittelalterforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zuvor war sie 17 Jahre lang an der UCLA tätig. Wien bezeichnete sie als internationalen Top-Forschungsstandort ihres Fachs und angesichts der Tradition und der Vielzahl an ausgewiesenen Forschern auf diesem Gebiet als Schlaraffenland der Byzantinistik. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf den Gebieten Sozial- und Religionsgeschichte. So beschäftigt sie sich etwa mit dem Ritual der Verbrüderung im Byzantinischen Reich, wo sich zwei Männer durch das Gebet eines Priesters zu Brüdern erklären lassen konnten, oder mit subversiven Strömungen in der byzantinischen Dichtkunst. In ihrem Projekt Sinai Palimpsests macht ein internationales Forscherteam mithilfe moderner Technik Texte auf Pergamenten aus dem Katharinenkloster im ägyptischen Sinai wieder sichtbar, die abgekratzt oder abgewaschen wurden, um das rare Pergament mehrfach zu nutzen. Sie freue sich über den Preis allein schon im Sinne einer Auszeichnung für die Grundlagenforschung und die historischen Geisteswissenschaften, sagte Rapp. Die Tatsache, dass damit eine hoch dotierte Fördersumme verbunden sei, werde ihr ermöglichen, zusammen mit Kollegen in Wien und in internationaler Zusammenarbeit der Byzanzforschung eine neue Richtung zu geben. Das wolle sie im Rahmen ihre Projekts zum Thema Mobilität, Mikrostrukturen und persönliche Handlungsspielräume tun. Dabei solle nicht nur kulturelle Mobilität, also Kulturkontakte und Kulturaustausch von Byzanz mit Europa und Asien erforscht werden, sondern auch die Mobilität im Sinne von sozialer Durchlässigkeit innerhalb der byzantinischen Gesellschaft. Rapp ist nach Ruth Wodak (1996), Marjori Matzke (1997), Renee Schroeder (2003) und Ulrike Diebold (2013) die fünfte Frau, die den seit 1996 jährlich vergebenen Wittgensteinpreis erhalten hat.
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1Panorama
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Ungarn kontrolliert nun auch Grenze zu Slowenien – 4.000 Flüchtlinge werden am Wochenende in der Steiermark erwartet. Ljubljana – Nachdem Ungarn seine Grenze mit Kroatien geschlossen hat, sind Samstagmittag die ersten Flüchtlinge über die slowenische Ausweichroute an der österreichischen Grenze eingetroffen. Gegen 14 Uhr kamen etwa 100 Personen am steirisch-slowenischen Grenzübergang Spielfeld ein. Sie wurden an der Sammelstelle des Roten Kreuzes beim Bundesstraßen-Grenzübergang in Empfang genommen. Steiermark: 4.000 Flüchtlinge am Wochenende in der Steiermark Bis Samstagnachmittag kamen zwar rund 3.500 Menschen im Burgenland an, aber auch die steirische Polizei rechnet am Wochenende mit bis zu 4.000 Flüchtlingen. In Kärnten war es vorerst ruhig. Slowenien begrenzt Einreise auf 2.500 Menschen täglich Slowenien plant täglich zwischen 2.000 bis 2.500 Flüchtlinge einreisen zu lassen. Wir wollen den Zustrom unter Kontrolle haben, sagte der Staatssekretär im Innenministerium, Bostjan Sefic, am Samstag bei einer Pressekonferenz in Ljubljana. Zudem will die slowenische Regierung die Armee an die Grenze zu Kroatien schicken. 2.000 bis 2.500 Flüchtlinge könnten normal registriert, untergebracht und verpflegt werden, begründet Sefic die begrenzte Aufnahme von Schutzsuchenden. Sollten die Flüchtlinge ihre Reise nicht in Richtung Westen fortsetzen können, werde Slowenien das Tageskontingent jedoch nach unten korrigieren. Drei Grenzübergänge für Einreise vorgesehen Sefic zeigte sich zuversichtlich, dass Kroatien Verständnis für die Beschränkungen zeigen und Schutzsuchende nicht unkontrolliert an die Grenze schicken werde. Daran lassen aktuelle Zahlen aus Kroatien jedoch Zweifel aufkommen: Nach Angaben des dortigen Innenministeriums überquerten alleine bis zum späten Samstagnachmittag 5220 Flüchtlinge aus Serbien kommend die Grenze. Für die Einreise der Flüchtlinge sind drei Grenzübergänge im Nordosten des Landes vorgesehen: Die beiden Straßenübergänge Petisovci und Gruskovje sowie der Bahnübergang in Sredisce ob Dravi. Nach Bedarf kann auch der Grenzübergang Obrezje im Südosten des Landes aktiviert werden, der bei der ersten Flüchtlingswelle im September der Hauptübergangspunkt war. Verlassen sollen die Flüchtlinge Slowenien dann über die beiden österreichischen Grenzübergänge Gornja Radgona/Bad Radkersburg sowie Sentilj/Spielfeld. Allerdings sei der ehemalige Grenzübergang in Spielfeld wegen seiner Größe für die Ausreise von größeren Gruppen besser geeignet, sagte Sefic. Daher würden derzeit alle Flüchtlinge in einem Zeltlager in Sentilj untergebracht, das eine Kapazität von 2.000 Menschen hat. Lage ohne Besonderheiten Bis zum späten Samstagnachmittag überquerten nach Angaben des Innenministeriums 600 Flüchtlinge in Bussen die kroatisch-slowenische Grenze. Einige seien bereits nach Österreich weitergereist. Weitere 1.800 Flüchtlinge werden am Abend noch mit einem Zug aus der kroatischen Stadt Cakovec erwartet, womit das Tageslimit erreicht wäre. Daher würde Slowenien solange keine neuen Flüchtlinge aufnehmen, bis einige Slowenien wieder verlassen haben, kündigte Sefic an. Asylantrag sei bisher keiner gestellt worden. Die Lage im Land sei am Samstag normal und ohne Besonderheiten gewesen, die regulären Polizeieinheiten hätten die Zahl der ankommenden Flüchtlinge problemlos bewältigen können, sagte Sefic. Für den Fall, dass sich dies in Zukunft ändere, habe die Regierung jedoch einen Assistenzeinsatz der Armee zum Grenzschutz beschlossen, erklärte der Staatssekretär. Der slowenische Regierungschef Miro Cerar warnte unterdessen erneut vor einem Domino-Effekt, sollten Länder wie Österreich und Deutschland ihre Grenzen schließen oder die Kontrollen verschärfen. Slowenien wird als Transitland in der Zukunft verhältnismäßig gleiche Maßnahmen unternehmen, wie sie die Destinationsländer treffen werden, sagte er bei einer Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung. Sollten Österreich und Deutschland ihre Maßnahmen in der Flüchtlingskrise verschärfen, wird auch Slowenien das machen müssen, so der Premier. Slowenien wünscht sich keine Europa mit Mauern, betonte Cerar. Bei Bedarf schloss er allerdings Maßnahmen zur technischen Sicherung der Grenze nicht aus. Lage in Salzburg entspannt Auch in Salzburg war die Situation am Samstag vergleichsweise entspannt. Die bayrischen Behörden übernahmen am Vormittag rund 30 Leute pro Stunde, am Nachmittag wurde den Flüchtlingen jedoch vorübergehend untersagt, die Grenze nach Deutschland zu überqueren. Grund waren Demonstrationen in Freilassing – eine Kundgebung der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) und eine Gegenveranstaltung. Auch die Notquartiere am Bahnhof und in der alten Autobahnmeisterei waren zu Beginn des Wochenendes nur schwach belegt, an der Grenze warteten nach Angaben der Stadtregierung rund 300 Personen.
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5Inland
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Der FPÖ-Kandidat würde Strache den verweigerten Orden anheften und fordert eine Verdoppelung des Heerbudgets. STANDARD: Weil der Bundespräsident zu Neujahr stets die Ansprache an die Österreicher hält: Würde die Ihre auch Herbert Kickl, als berüchtigter blauer Redenschreiber bekannt, verfassen? Hofer: Nein. Denn ich bin ein Politiker, der noch nie vorgefertigte Reden gehalten hat – auch nicht im Nationalrat. Lieber schreibe ich mir davor ein paar Notizen auf, was ich sagen möchte. STANDARD: Das heißt, uns blühen mit Ihnen als Bundespräsident spontane Fernsehansprachen? Hofer: Möglicherweise. Ich bin eher der Stichwort-Typ. STANDARD: Das Staatsoberhaupt prüft an Gesetzen nur, ob diese formalrechtlich korrekt zustande gekommen sind. Würden Sie – so wie Irmgard Griss – auf offensichtliche Verfassungswidrigkeiten sofort hinweisen, ehe dazu das Höchstgericht angerufen werden kann? Hofer: Der Bundespräsident sollte nicht die Mehrheiten im Nationalrat aushebeln. Ich bin aber für eine Vorprüfung durch den Verfassungsgerichtshof – an sein Urteil sollte sich dann der Amtsinhaber halten. STANDARD: Heinz Fischer hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einst wegen seiner Entgleisungen die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern verweigert. Würden Sie Ihrem Parteichef diesen Orden verleihen? Hofer: Abgesehen davon, dass Strache Orden nicht wichtig sind: Ich finde es höchst eigenartig, dass man einem Politiker ein Ehrenzeichen, das einem nach der Usance ab einem gewissen Zeitraum im Nationalrat zusteht, verweigert – nur weil man eine andere politische Ansicht hat. Was Fischer da gemacht hat, war nicht gerechtfertigt. Also: Wenn Strache gerne diesen Orden haben will, von mir würde er ihn bekommen. STANDARD: Fischer wollte damit aber ein Zeichen setzen, weil Strache angesichts von Protesten gegen den Burschenschafterball erklärt hat: Wir sind die neuen Juden. Hofer: Dann hätte Fischer den Orden nachreichen können, nachdem Strache auf Staatsbesuch in Israel gewesen war – und damit klar gezeigt hat, wo er steht. Das ist wirklich eine kleingeistige Haltung. STANDARD: Würden Sie wie Strache auch so weit gehen, Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann als Staatsfeind zu bezeichnen? Hofer: Wenn man sich das Vorgehen der Regierung in den letzten Monaten anschaut, lässt sich zumindest eines sagen: Dass Faymann kein Staatsfreund ist – so würde ich es ausdrücken. Es wäre in der Flüchtlingskrise notwendig, die Verfassung und die Gesetze einzuhalten: Menschen unregistriert über die Grenze zu lassen, weder Schengen noch Dublin einzuhalten – das ist es, was mich massiv stört. Wir schaffen das nicht. Auch dass wir das Bundesheer über Jahre finanziell ausgehungert haben, ist ein klarer Verfassungsbruch. Das Budget müsste verdoppelt werden, von derzeit 0,5 auf ein Prozent der Wirtschaftsleistung, damit wir ein verteidigungsfähiges Militär haben. STANDARD: In Deutschland hat die AfD-Chefin gerade für Aufregung gesorgt, weil sie im Extremfall Schusswaffen gegen Flüchtlinge einsetzen lassen wollte. Was, wenn der Zaun an Österreichs Südgrenze niedergetrampelt wird? Hofer: Zuerst gilt es, einen Zaun zu bauen, der nicht niedergetrampelt werden kann. Die Diskussion über den Schusswaffengebrauch ist absurd. Denn der ist klar in der allgemeinen Dienstvorschrift geregelt. Ich bin während meiner Bundesheerzeit auch an der Grenze gestanden. Wir hatten den Befehl: Nicht in die Luft schießen – und wenn wir schießen, müssen wir richtig schießen, aber nur, wenn das eigene Leben bedroht ist, und nicht, wenn jemand über die Grenze kommt. STANDARD: Im Gegensatz zu früher sind Sie nun für die Aufrechterhaltung des Verbotsgesetzes – erst recht, weil mit den Flüchtlingen aus dem Nahen und Mittleren Osten auch Antisemitismus zum Problem werden könnte. Was also tun bei ihrer Integration? Hofer: Es ist nicht die Aufgabe der österreichischen Politik, den Antisemiten den Antisemitismus auszutreiben, das ist eine Aufgabe der Strafgerichtsbarkeit. STANDARD: In der FPÖ-nahen Zeitschrift Aula wurden in einem Artikel die 1945 befreiten KZ-Häftlinge in Mauthausen als Landplage und Kriminelle bezeichnet. Wie beurteilen Sie den von der Staatsanwaltschaft Graz verhängten Urteilsspruch (nachvollziehbar) dazu, mit dem das Verfahren eingestellt wurde? Ist allein auf die Justiz denn da genug Verlass? Hofer: Weder habe ich die Zeitschrift gelesen, noch ist diese ein Organ der FPÖ. Deswegen will ich auch nicht beurteilen, ob es sich da um ein Fehlurteil handelt. Denn es gibt in Österreich die Gewaltentrennung – und daher ist es auch nicht angebracht, wenn sich die Politik in die Gerichtsbarkeit einmischt. STANDARD: In Oberösterreich will Ihre Partei die Mindestsicherung für Flüchtlinge auf 320 Euro kürzen. Keine Sorge, dass dann die Kriminalität steigt, weil die Menschen zu wenig zum Leben haben? Hofer: Das bleibt ja nicht bei den 320 Euro. Denn es gibt ja auch noch andere Möglichkeiten von Zuschüssen. Wir müssen aber insgesamt überlegen, wie es mit dem Modell der Mindestsicherung weitergehen soll. Die Kosten steigen enorm. Wir haben viele alleinerziehende Mütter, die unter der Armutsschwelle leben. Da müsste man sich auch fragen: Was mache ich mit der Familienbeihilfe? STANDARD: Also Familienbeihilfe erhöhen und Mindestsicherung kürzen? Hofer: Die Familienbeihilfe sollte auf alle Fälle erhöht werden. So einfach ist es aber nicht. Wir haben das Problem, dass es zwischen dem, was ich an Mindestsicherung bekommen kann und dem, was ich verdienen kann, in manchen Branchen keinen Unterschied gibt. Ein Taxifahrer, der 40 Stunden arbeitet, bekommt knapp über 1.000 Euro netto. Da müssen wir uns etwas überlegen. Ich denke an das Modell eines Mindestlohns. STANDARD: Gesetzliche Vorgaben wie in Deutschland? Hofer: Mir würde das besser gefallen als unser jetziges System mit der Sozialpartnerschaft, weil diese in vielen Bereichen versagt. Aber jetzt fragen Sie mich nicht, wie hoch er sein soll. STANDARD: Doch. Wie hoch soll der Mindestlohn sein? ÖVP-Kandidat Andreas Khol hätte gern, dass alle 2.400 Euro netto verdienen. Hofer: Das würden sich alle wünschen. Aber das ist absurd. Als Grundsatz soll gelten: Wer in Not gerät, wird nicht alleingelassen. Wir müssen aber gleichzeitig sicherstellen, dass der, der arbeiten kann, trotzdem etwas mehr bekommt. Der Unterschied muss mindestens 20 Prozent betragen. STANDARD: Ihr Pressesprecher twitterte unlängst ein Bild, das alle anderen Kandidaten mit einer Gehhilfe zeigt, Sie als Sportler. Ist das angemessen, sich so über das Alter der Konkurrenz lustig machen? Hofer: Ist es angemessen, wenn ein grüner Bundesrat twittert, ob das schon genug Qualifikation für das Amt ist, behindert zu sein? Ein Mitarbeiter von Kandidat Rudolf Hundstorfer (SPÖ) wiederum hat mich auf Facebook als Krüppel bezeichnet, wofür sich Hundstorfer bei mir telefonisch entschuldigt hat. Was ich damit sagen will: In Zeiten von Facebook wird es immer Postings geben, die nicht in Ordnung sind. STANDARD: Also Sie haben nicht vor, sich da zu entschuldigen? Hofer: Ich bin doch der einzige Gehbehinderte von dem Kreis, das war witzig gemeint. Dass ich mich jetzt entschuldigen müsste bei den anderen, die nicht gehbehindert sind, das glaube ich nicht. Klare Antwort: Nein. STANDARD: Sie haben einst eine parlamentarische Anfrage in Sachen Chemtrails eingebracht, einer Verschwörungstheorie, laut der das Militär die Bevölkerung über Kondensstreifen manipuliert. Glauben Sie allen Ernstes an so etwas? Hofer: Ich bin überhaupt kein Verschwörungstheoretiker. Ich bin Triebwerkstechniker, weiß also, was ein Kondensstreifen ist. Ich kann die Leute beruhigen: Es gibt in Österreich keine Chemtrails. STANDARD: Warum bringen Sie dann so eine Anfrage ein? Muss man damit die Beamten eines Ministeriums belästigen? Hofer: Weil es total viele Mails gab, ich möge das abfragen. Die Antwort des Ressorts war relativ kurz, die waren also nicht lange damit beschäftigt.
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6Etat
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Erkenntnis des VwGH bestätigt Einhaltung des ORF-Gesetzes, nicht aber bei der App zum Ski-Weltcup – Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben. Wien – Der ORF hat mit dem App-Angebot zur Nationalratswahl 2013 nicht gegen das ORF-Gesetz verstoßen, sehr wohl allerdings mit jener App zum Ski-Weltcup 2013/2014. Zu diesem Erkenntnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einem aktuellen Spruch. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) hatte in der Causa Beschwerde bei der Medienbehörde KommAustria und beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht. Der ORF wandte sich schließlich an den VwGH. Dieser gab dem öffentlich-rechtlichen Sender nun in den wichtigsten Punkten recht und stellte fest, dass der ORF mit der Wahl-App nicht gegen das Verbot eigens für mobiler Endgeräte gestalteter Angebote verstoßen habe, sondern das ORF-Gesetz eingehalten hat. Lediglich in einem Detail, nämlich bei der Rubrik Ski Stars der Ski-App, kam der VwGH zum Schluss, das der ORF diese Inhalte nicht hätte bereitstellen dürfen, weil die Infos nicht vom damals geltenden Angebotskonzept gedeckt waren. Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs wurde das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben.
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8Kultur
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Das Helene-Fischer-Vokabular vor dem Ernst-Happel-Stadion besteht aus nicht viel mehr als einem Wort: Atemlos. Die Analyse ihrer gesamten Songtexte zeigt, sie singt hauptsächlich über sich und DICH. Ein Helene-Fischer-Song nur für Sie! Aus dem gesamten Wortschatz der auf ihrer Homepage veröffentlichten Texte können Sie sich mit diesem Generator einen Song basteln lassen. Natürlich freuen wir uns über ein selbstperformtes Video Ihres persönlichen Songs! Als weiteres Extra haben wir eine Wordcloud zusammengestellt (Its so 2004). Sie zeigt die häufigsten Wörter in Helene Fischers Songtexten. (Video: Michael Luger, Grafik: Markus Hametner, 2.7.2015)
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6Etat
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Wifo-Werbeklimaindex: Branche hat Nachfrageproblem – Auch im europäischen Vergleich stehen die heimischen Werber derzeit nicht gut da. Wien – Zeitverzögert wurde nun auch die heimische Werbebranche von der Konjunkturflaute erfasst. Die Nachfrage sei ins Stocken geraten und die Preise seien unter Druck, räumte Fachverbandsobfrau Angelika Sery-Froschauer am Donnerstag bei einem Pressegespräch ein. Wir sind am Limit. Mit der Krise hat der Preisverfall begonnen. Nun bringen wir die Preise nicht mehr rauf, so die Kammer-Obfrau. Auch im europäischen Vergleich hinkt Österreich nach. Während Deutschland einen Aufwärtstrend erlebe, gehe die Branche in Österreich den umgekehrten Weg. Sonst hätten sich Deutschland und Österreich meist in die gleiche Richtung entwickelt, sagte Verbands-Geschäftsführer Markus Deutsch. Das schlechte Konjunkturumfeld, großer Wettbewerb sowie die Sparvorgaben der öffentlichen Institutionen machten es den österreichischen Werbern schwer. Dass die Branche schon besser dastand, zeigt auch der Werbeklimaindex des Wifo für das zweite Quartal 2015, der die Stimmung der Betriebe widerspiegelt. Der Index ist deutlich von 23 Punkten zu Jahresbeginn auf nunmehr 8 Punkte gesunken. Die Betriebe beurteilen die aktuelle Geschäftslage schlechter als zuletzt und auch der Blick in die Zukunft ist nicht gerade rosig. Die Umsätze stagnieren und bei den Beschäftigten ist kein Aufschwung zu erwarten. Die Werbebranche umfasst knapp 29.000 Betriebe – darunter Werbeagenturen, Werbegrafik-Designer, PR-Berater, Markt- und Meinungsforscher sowie Werbetexter. In Summe beschäftigten sie mehr als 28.000 Personen und erwirtschaften Umsätze von 5,3 Mrd. Euro. 65 Prozent der Unternehmen sind Einpersonen-Unternehmen (EPU). Trotz schwierigen Umfelds verzeichnete die Branche Neuankömmlinge: 2014 wurden 1.641 neue Werbeunternehmen gegründet.
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5Inland
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Faymann verpasst Klub-Reise wegen Solo-Auftritts bei "Im Zentrum". Wien/Saalfelden – Der SPÖ-Parlamentsklub macht sich erstmals seit längerem wieder auf eine größere Reise. Saalfelden ist das Ziel der Frühjahrsklausur, die von Samstag bis Dienstag in Szene geht. Während Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bei seinen roten Parlamentsfreunden vorbeischaut, lässt Kanzler Faymann die Tagung aus. Der Grund für die Absenz des SPÖ-Chefs ist sein umstrittener Solo-Auftritt in der ORF-Sendung Im Zentrum Sonntagabend. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, dass der Regierungschef zu diesem Zeitpunkt an einem Abendessen im Rahmen der Klausur teilnimmt und am Tag darauf ein Referat hält. Nunmehr wurde das Programm um Faymanns Rede abgespeckt. Zu Wort kommen hingegen wie geplant neben Klubchef Andreas Schieder noch Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ). Dass gerade diese beiden Ressortchefs ausgewählt wurden, hängt mit dem Generalthema der Tagung zusammen, das lautet: Arbeit.Wachstum.Sicherheit. Aus Verantwortung für unser Land. Neben den inhaltlichen Schwerpunkten bemühen sich die SPÖ-Parlamentarier, ihrem Präsidentschaftskandidaten den Weg in die Hofburg leichter zu machen. Organisiert wurden gleich zwei Veranstaltungen. Sonntagfrüh werden gemeinsam die Gletscherbahnen Kaprun besucht, am Nachmittag findet dann am Hauptplatz von Saalfelden eine Veranstaltung der SPÖ Pinzgau zu Ehren Hundstorfers statt.
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3Wirtschaft
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Ähnlich wie das Freihandelsabkommen Nafta, könnte TTIP Gewerkschaften unterminieren, sagt Celeste Drake. STANDARD: US-Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders hat kürzlich die Vorwahlen in Michigan gewonnen, wo die Autostadt Detroit mit hoher Arbeitslosigkeit kämpft. Welche Rolle spielt der Freihandel im Wahlkampf? Drake: Ich glaube, das Thema hat einen riesigen Einfluss. Den Leuten wurde gesagt, unter Nafta würde es zwar zu Arbeitsplatzverlusten kommen, aber hauptsächlich, dass sie bessere Jobs und Gehälter bekommen würden, weil so freier Handel funktioniere. Aber die Produktionsanlagen in Detroit wurden geschlossen, und es kam nichts nach. Nafta hat dazu beigetragen. Die Präsidentschaftskandidaten wissen, dass sie mit Ablehnung gegenüber Freihandelsabkommen Wähler gewinnen können, auch wenn Demokraten und Republikaner verschiedene Gründe haben, dagegen zu sein. Alle wollen von der wirtschaftlichen Unsicherheit profitieren, die die Menschen spüren. STANDARD: Überwiegen die Vorteile von Freihandelsabkommen gegenüber den Arbeitsplatzverlusten? Drake: Theoretisch könnten sie das. Ich glaube aber nicht, dass sie das tun. Es bedarf regulierender Maßnahmen, damit Arbeitnehmer von dem Wohlstand, den sie schaffen, partizipieren können. Das nordamerikanische Freihandelsabkommen sieht solche nicht vor. TTIP übrigens auch nicht. STANDARD: Welche Maßnahmen wären das? Drake: Starke Vorschriften in Bezug auf Arbeitnehmersicherheit. Es muss garantiert werden, dass Mitarbeiter nicht entlassen werden, wenn sie sich gewerkschaftlich organisieren. So können sie mehr sozialen Schutz ausverhandeln, damit sie, falls sie ihren Job verlieren, nicht sofort auch ihre Familien nicht mehr ernähren können oder ihr Haus verlieren. Im Gegensatz zu Europa existiert dieser Schutz in den USA kaum, umso weniger im Nafta-Vertragsstaat Mexiko. Entgegen allen Versprechungen führte Nafta zu einer Erosion der Rechte von Arbeitnehmern in Kanada und den USA, die jetzt mit mexikanischen Arbeitern konkurrieren müssen. In Verhandlungen können Firmen einen Standortwechsel nach Mexiko als Druckmittel gegen ihre Mitarbeiter einsetzen. Firmen haben zweifellos stark von Nafta profitiert, aber sie teilen ihre Gewinne nicht. STANDARD: Glauben Sie, dass TTIP einen ähnlichen Effekt haben wird? Drake: Ja. Was ist der Sinn dieser Vereinbarungen? Ich glaube nicht, dass es ein Zufall oder Fehler ist, dass Nafta Gewerkschaften in den USA und Kanada unterminiert hat. Das wurde so konzipiert. Wenn TTIP auf denselben Prinzipien wie Nafta basiert, und danach sieht es aus, werden die Auswirkungen sehr ähnlich sein. In diesem Fall wird die Drohung einer Übersiedlung in die USA dafür genutzt werden, europäische Arbeitnehmer unter Druck zu setzen. STANDARD: Laut der Europäischen Kommission werden europäische Standards durch TTIP geschützt. Wieso gibt es dennoch Bedenken? Drake: Weil die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen geführt werden. Es stimmt, das Abkommen wird keine Passage enthalten, in der steht, dass europäische Standards herabgesetzt werden. Aber wenn das über allem stehende Ziel freier Handel ist, dann heißt das auch, dass nicht ein höherer Lebensstandard oder Umweltschutz die höchsten Ziele sind. STANDARD: Warum glauben Sie, sind die Verhandlung zu Freihandelsabkommen geheim? Drake: Um fair zu sein: Ich glaube, zum Teil aus Tradition. Aber in einer Demokratie im 21. Jahrhundert sollte das nicht so sein. Wenn die verhandelnden Parteien fürchten, dass der Inhalt ihrer Verhandlungen so kontroversiell und toxisch ist, dass die Menschen Widerstand leisten würden, sollte ihnen das zu denken geben. Unternehmen sind frustriert, weil Demokratie ihnen oft im Weg steht. Die Geheimhaltung der Verhandlung erlaubt ihnen, kritische Regelungen durchzusetzen und sich der öffentlichen Debatte mit den Bürgern zu entziehen. Es gibt ein Sprichwort, das gut beschreibt, was vor sich geht: Sitzt man nicht bei Tisch, steht man auf der Speisekarte.
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1Panorama
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Deutscher Innenminister vor EU-Rat: Nationale Alleingänge sollten unterbleiben – Trotz Unterschieden gute Zusammenarbeit mit Österreich. Brüssel – Der deutsche Innenminister Thomas de Maizière hat am Donnerstag vor Beginn des EU-Innenministerrats in Brüssel trotz unterschiedlicher Auffassungen in der Flüchtlingskrise die gute Zusammenarbeit mit Österreich betont. In der Frage einseitiger nationaler Maßnahmen haben wir unterschiedliche Auffassungen, sind aber einig im Ziel, gemeinsame europäisch koordinierte Maßnahmen zu ergreifen. Die Zeit des Durchwinkens sei vorbei, sagte de Mazière. Diese Politik bedeute, Probleme zulasten anderer Staaten zu lösen, zum Beispiel zulasten Deutschlands. Das ist inakzeptabel, und das werden wir auf Dauer nicht hinnehmen. Sollte es bis zum EU-Sondergipfel mit der Türkei am 7. März keine Ergebnisse geben, müsse man andere gemeinsame, europäisch koordinierte Maßnahmen beschließen. Welche das sein könnten, wollte de Maizière nicht sagen: Das sehen wir dann. Die Situation in Griechenland bezeichnet de Maizière als schwierig. Deshalb sei es sehr wichtig, dass der Schutz der Außengrenzen an der türkisch-griechischen Grenze funktioniere. Dort müssen wir die Zahl der Flüchtlinge drastisch und nachhaltig verringern. Griechenland solle die Türkei zu einem sicheren Drittstaat erklären und Flüchtlinge dorthin zurückschicken. Wenn das passiere und trotzdem noch Probleme in Griechenland auftreten, müsse man den Griechen helfen, etwa bei der Unterbringung. Ziel bis zum Sondergipfel mit der Türkei sei eine erhebliche Verringerung der Zahl der Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze, sagte de Maizière. Die Ankündigung des ungarischen Referendums über die Flüchtlingsquote wollte er nicht kommentieren. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verteidigte das gemeinsame Vorgehen Österreichs und der Balkanstaaten einmal mehr. Die Initiative sei der Anfang vom Ende des Durchwinkens, sagte Mikl-Leitner am Donnerstag in Brüssel. Mit den Balkanländern, Griechenland, Deutschland und den EU-Institutionen habe es in der Früh ein sehr offenes Gespräch gegeben. Dabei habe ihr griechischer Kollege wieder betont, dass sein Land die Außengrenze kaum schützen könne. Wenn Griechenland das nicht kann, liefert es sich das beste Argument, warum andere handeln, so Mikl-Leitner. Vetodrohungen habe es diesmal aber nicht gegeben. Ziel der Balkaninitiative sei eine Reduktion der Migrationsströme, bekräftigte Mikl-Leitner. Selbstverständlich dürften Schutzbedürftige die Grenze passieren, das sei eine internationale Regel. Ob das auch für Afghanen gelte, müsse jedes Land selbst entscheiden. Gerade bei angeblich aus Afghanistan stammenden Flüchtlingen habe sich gezeigt, dass viele aus anderen, sicheren Regionen kommen würden. Zu dem Rechtsstreit mit der EU-Kommission über die Asylobergrenze sagte Mikl-Leitner, sie habe in der Früh auch mit EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos gesprochen. Die Teilnehmer der Balkankonferenz glaubten an eine europäische Lösung, aber solange wir am Stand treten, müssen wir kleine, aber entschlossene Schritte setzen. Alle Maßnahmen, die Österreich gesetzt habe, seien rechtskonform. Kein Land könne dazu verpflichtet werden, mehr zu leisten, als es kann. Streitpunkt beim Gipfel ist auch das angekündigte Referendum in Ungarn zur EU-Quotenregelung. Die EU-Kommission wartet auf eine Klärung. Eine Sprecherin erklärte am Donnerstag in Brüssel, wir haben über diese Idee gelesen. Sie könne noch nicht sagen, ob dies mit den EU-Verträgen übereinstimme. Die nationale Debatte in Ungarn sei im Laufen und noch nicht abgeschlossen. Deswegen warte man auf eine Klarstellung von Budapest. Ein Sprecher fügte hinzu, es gebe a priori weder eine positive noch eine negative Stellungnahme gegenüber der Idee eines Referendums. Die EU-Staaten würden entscheiden, ob es Referenden gebe oder nicht. In der Flüchtlingskrise befassen sich die EU-Innenminister am Donnerstag mit der Lage auf dem Balkan und der Sicherung der Außengrenzen. Noch vor Beginn des Treffens kam de Maizière mit Vertretern jener Staaten zusammen, die am Mittwoch in Wien verschärfte Grenzkontrollen entlang der Balkanroute beschlossen haben. Mikl-Leitner wird bei dem Treffen die jüngsten Restriktionen in der österreichischen Flüchtlingspolitik verteidigen müssen. Die EU-Minister beraten über einen Vorschlag zum Aufbau einer gemeinsamen Küsten- und Grenzschutzbehörde, die notfalls auch gegen den Willen eines Mitgliedsstaats eingreifen soll. Auch auf schärfere Überprüfungen bei der Einreise an den EU-Außengrenzen wollen sich die Innenminister einigen. Das Ziel ist, Jihad-Verdächtige aufzuspüren, die Anschläge in Europa verüben könnten. An dem Treffen nimmt auch der stellvertretende türkische Innenminister Sebahattin Öztürk teil.
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6Etat
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Über helfenwiewir.at werden auch Sach- und Zeitspenden gesammelt. Kooperation mit sechs NGOs. Helfen. Wie wir nennt der ORF seine heute gestartete Initiative zur Flüchtlingshilfe. Über die Website helfenwiewir.at werden dabei in Zusammenarbeit mit Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotem Kreuz, Samariterbund und Volkshilfe vor allem Wohnraumspenden koordiniert. Geldspenden werden ausschließlich an die beteiligten NGOs verteilt. Ebenfalls angeboten werden können Zeit- und Sachspenden.
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8Kultur
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Ein Millionär und eine Vorstadtfamilie haben sich in der Sozialkomödie "Familie zu vermieten" mehr zu geben, als man denkt. Der Regisseur über Einsamkeit und die Klasse des Herzens. Wien – Familiengefühle gegen Schuldenerlass. So lautet das nicht ganz selbstlose Angebot des Millionärs Paul-André. In Jean-Pierre Améris romantischer Komödie Familie zu vermieten (Une famille à louer) mietet sich der Misanthrop in die Vorstadtfamilie von Violette (Virginie Efira) ein. Er möchte herausfinden, ob das Konzept Familie gegen seine Einsamkeit hilft. Ein Test, der ihn angesichts chaotischer Zustände allerdings schnell überfordert. Améris sympathische Komödie spielt nicht nur mit der Reibung von gegensätzlichen Lebensmodellen, sondern erzählt auch von den Bedürfnissen, die der Blick auf das jeweils andere weckt. Das screwballähnliche Zusammenspiel zwischen Schauspielstar Benoît Poelvoorde und seiner Kollegin Virginie Efira, die wie er aus Belgien stammt, ist sein größtes Plus. Am Donnerstag eröffnet der Film das Festival du film francophone in Wien, danach läuft er bundesweit im Kino. STANDARD: Für eine Komödie hat Familie zu vermieten einen ernsten Hintergrund. Sie geht von Menschen aus, die auf die falsche Glücksformel gesetzt haben. Améris: Da haben Sie ganz recht. Es gibt viel Einsamkeit in unserer Gesellschaft, trotz all dieser Dating-Apps. Es ist immer noch schwierig, neue Bekanntschaften zu machen, ja Brücken zwischen Menschen zu bauen. Meine romantische Fabel erzählt vor diesem Hintergrund vom Zusammentreffen zweier einsamer Seelen – wobei deren Einsamkeit durchaus unterschiedlich ist. Die beiden helfen einander, wieder Vertrauen zu schöpfen. STANDARD: Das Erzählmotiv, ein Paar zanken zu lassen und den sozialen Background offenzulegen, kennt man vor allem aus dem US-Kino. Ein Einfluss? Améris: Ja, das war für mich schon als Teenager wichtig. Ich bin von amerikanischen Komödien geprägt worden, besonders von Filmen Frank Capras und Gregory La Cavas. Ich habe Virginie Efira auch Filme von Ginger Rogers und Carole Lombard gezeigt, weil deren Frauenfiguren für mich die Inspiration für Violette waren. Auch Capras Komödie You Cant Take it With You, die vom Zusammentreffen zweier grundverschiedener Familien erzählt, hat hinsichtlich des Settings Spuren hinterlassen. STANDARD: Wobei die Settings ja nicht unbedingt realistisch sind, sondern eher die Unterschiede betonen ... Améris: Ich wollte weniger eine reale Welt abbilden, als diese komplett nachbauen. Paul-Andrés Reich ist wie Xanadu, ein Schloss, fast wie in Citizen Kane; Violettes Haus gleicht hingegen dem eines Schäfers, es könnte aber auch in der Suburbia stehen wie das von Erin Brockovich. Jenes von Andrés Mutter ist wiederum wie in Psycho gestaltet. Ich wollte die Grenzen zwischen dem Märchenhaften und der Realität verschwimmen lassen. Alles sollte jedoch durch die Distanz des Humors abgemildert sein. Mit der Komik versuche ich eine Distanz einzuführen, zwischen der wie auch immer gearteten harten Realität und der Art und Weise, wie Menschen diese erfahren. STANDARD: Sie haben bisher erst eine Komödie gedreht. Wissen Sie bei Ihren Sujets immer gleich, in welche Richtung es gehen wird? Améris: Diesmal war es schwierig, weil es autobiografische Elemente gab. Der Film ist nicht nur das Ergebnis meiner Liebe für die US-Komödie, er verdankt sich auch dem glücklichen Zusammentreffen mit Murielle Magellan, meiner Lebensgefährtin, einer Drehbuchautorin – wir haben aus diesen zwei Quellen geschöpft. Aber ich habe für meine Frau nicht bezahlt! STANDARD:: Das heißt, es gibt ganz direkte persönliche Bezüge? Améris: Ja. Als ich Murielle vor zehn Jahren kennenlernte, war die Situation ein wenig wie die zwischen Violette und Paul-André. Ich bin wie er, manisch und pessimistisch, nur ohne den Reichtum. Leider. Muriel ist ganz anders, lebensbejahend, auch offen, und als ich dann zu ihr zog, herrschte ein ähnliches Chaos – zugleich war es ein unglaublich lebendiges Familiengefühl. STANDARD: Und Benoît Poelvoorde wusste davon, nehme ich an? Améris: Nun, der Film ist auch für ihn geschrieben und von ihm mitinspiriert. Wir wurden beide 50 Jahre alt, ohne Väter zu sein – und es gab eine gewisse Melancholie, ja Nostalgie darüber, dass wir keine Kinder hatten. Und zugleich dachte man: Ich würde es nicht länger als zwanzig Minuten aushalten, wenn es anders wäre! Wir haben wirklich einiges gemeinsam. Benoît mag Kinder sehr, nicht dass Sie das falsch verstehen: Aber es ist ambivalent. Ist man bei ihnen, kann es schnell zu viel werden, ist man von ihnen fort, fehlen sie gleich. Und wenn sie im Film sehen, wie penibel er mit dem Staubsauger in seiner Wohnung agiert – das ist etwas, was ich ihn machen sah. STANDARD: Bei Virginie Efira verblüfft wiederum, wie instinktiv und direkt sie agiert. Améris: Das mag ich an dieser Figur, diese Kraft, mit der sie ins Leben tritt, diese Standfestigkeit. Wenn Violettes Bruder zu ihr sagt, sie hätte keine Klasse, sehe ich das natürlich ganz anders. Sie hat Klasse. Sie hat die Klasse des Herzens, die Intelligenz des Herzens, das wirklich Entscheidende. STANDARD: Inwiefern ist Familie zu vermieten auch eine Abrechnung mit Familien? Bei Edith Scob, die Paul-Andrés kühle Mutter spielt, denkt man gleich an ihre berühmte Rolle im Georges-Franju-Film, Augen ohne Gesicht. Améris: Ich wollte mit dieser Figur die Unfähigkeit eines Menschen zeigen, Zärtlichkeit zuzulassen. Als ich über die Besetzung nachdachte, ging es mir aber nicht darum, sie besonders bösartig zu zeigen. Es musste jemand sein, dem es zu zeigen gelingt, wie schwierig es ist, Emotionen zu vermitteln. In Violettes Familie berühren sich ständig alle, doch das bedeutet noch lange nicht, dass es keine latente Gewalt gibt. Das ist das zentrale Thema: Die beste Familie ist die, die man sich selbst schafft, und nicht die biologische. Natürlich ist dies kein Film gegen die Familie. Aber es ist auch kein Film für die Familie.
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7Wissenschaft
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Forscher wollen an Augen Jäger und Gejagte erkennen. Berkeley/Wien – Beim Menschen gelten die Augen als Fenster zur Seele. Bei den übrigen Säugetierarten hingegen lassen sie Rückschlüsse auf die Lebensweise zu. Das behaupten jedenfalls Biologen um Martin Banks von der Universität Kalifornien in Berkeley. Sie haben die Pupillenform von insgesamt 214 landbewohnenden Spezies untersucht und dabei recht eindeutige Zusammenhänge entdeckt. So haben Pflanzenfresser wie Schafe, Pferde oder Rehe die Augen eher seitlich am Kopf und meistens horizontal verlaufende Pupillen. Diese erweitern das Blickfeld, was es erleichtert, Feinde zu erspähen. Auch für die Flucht biete die parallel zum Boden verlaufende Pupillenform Vorteile, schreiben die Forscher im Fachblatt Science Advances. Tag- und nachtaktive Tiere verfügen hingegen meist über schlitzförmige Pupillen, die es ermöglichen, sich besser an unterschiedliche Lichtverhältnisse anzupassen. Bei Katzen etwa kann sich die Fläche der Pupillen auf diese Weise um das 135-Fache verändern. Freilich haben nur 44 der 65 Lauerjäger vertikale Pupillen, zu den Ausnahmen gehören Löwen und Tiger. Daraus schließen die Forscher, dass vertikale Pupillen vermutlich vor allem kleinen Jägern nützen.
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4Sport
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Wegen mehrerer ethischer Vergehen. Zürich – Die Ethikhüter des Fußball-Weltverbandes haben den entlassenen FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke für zwölf Jahre gesperrt. Die Kommission sah es als erwiesen an, dass der ehemals enge Vertraute des ebenfalls gesperrten FIFA-Chefs Joseph Blatter sich mehrerer ethischer Vergehen schuldig gemacht habe. So soll Valcke illegale Ticketgeschäfte für die WM 2014 geduldet und gefördert haben. Zudem wurde ihm massiver Missbrauch bei Reiseabrechnungen zur Last gelegt. Als dritten Verstoß nannte die Ethikkommission den Versuch des Franzosen, die TV-Rechte für die WM 2018 und die WM 2022 in der Karibik weit unter Wert zu verkaufen.
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3Wirtschaft
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Ein dänisches Geschäft und ein britischer Onlinehändler verkaufen abgelaufene Lebensmittel, um den Mistberg zu verkleinern. Die verschrumpelte Paprika, die Konservendose aus dem vergangenen Jahr und das seit einem Tag abgelaufene Joghurt, sie ereilt in vielen Haushalten dasselbe Schicksal: Sie landen im Mistkübel, obwohl sie durchaus noch genießbar wären. In Dänemark eröffnete diese Woche ein Supermarkt, der Lebensmittel mit überschrittenem Mindesthaltbarkeitsdatum verkauft sowie Obst und Gemüse, das keinen Schönheitswettbewerb mehr gewinnen wird. Über Crowdfunding sammelten die Initiatoren von Wefood das nötige Geld, um mit ihrem Geschäft an den Start zu gehen. Anders als in den Sozialmärkten in Österreich ist der Wefood-Laden nicht nur für einkommensschwache Kopenhagener gedacht, sondern auch für jene, die sich gegen den Wegwerftrend der Supermärkte wehren und ihren Beitrag zur Verringerung der Lebensmittel-Mistberge leisten wollen. Etwaige Gewinne aus dem Geschäft sollen in die Entwicklungshilfe fließen. In Österreich werden pro Jahr eine Million Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Mit einem Drittel sind die privaten Haushalte die größten Lebensmittelwegwerfer, gefolgt von der Gastronomie, dem Lebensmittelhandel und der Landwirtschaft beziehungsweise der Produktion. Rund 11.000 Tonnen der aussortieren Lebensmittel landen in Sozialmärkten und anderen Sozialeinrichtungen. Bleiben immer noch 989.000 Tonnen, die nicht verwertet werden. Während man hierzulande auf Aufklärung setzt, gehen andere schon einen Schritt weiter. Damit der Handel weniger Lebensmittel auf den Mist wirft, hat Frankreich Anfang Februar endgültig ein neues Gesetz durchgewunken. Große Supermärkte werden damit verpflichtet, nicht vermeidbare Lebensmittelabfälle zu spenden, zu verarbeiten, als Tierfutter zu verwenden oder zu kompostieren. Eine ähnliche Idee hatte auch der Kärntner Gemeinderat Oliver Hönigsberger. Der Grüne startete im Vorjahr eine parlamentarische Initiative für ein Anti-Wegwerf-Gesetz, mehr als 8.000 Unterstützungserklärungen konnte er sammeln. Doch viel herausgekommen ist bisher nicht, erzählt Hönigsberger dem STANDARD. Das Thema wurde noch im Jänner im Umweltausschuss des Parlaments vertagt. Organische Abfälle werden in Österreich übrigens zumeist verbrannt, Deponien für Lebensmittel, wie es sie in anderen Ländern gibt, sind verboten. Dass mit den für den Mist bestimmten Lebensmitteln durchaus Geld zu machen ist, beweist der Brite Dan Cluderay schon seit 2009. Mit seinem Online-Unternehmen Approved Food verkauft er Lebensmittel, deren Mindeshaltbarkeitsdatum bald erreicht wird oder schon überschritten ist. Kühl- und Tiefkühlprodukte werden nicht verkauft, wahrscheinlich weil hier sowohl die Lagerung als auch die Ablaufdatumfrage heikler sind. Das Unternehmen setzt daher auf Konserven, Trockenlebensmittel und Getränke. Medienberichten zufolge erzielt Approved Food einen Umsatz von vier Millionen Pfund (fünf Millionen Euro). Cluderay versuchte seine Idee im Jahr 2014 sogar via TV an potenzielle Investoren zu verkaufen. In einer BBC-Sendung, die Start-ups und Geldgeber zusammenbringen soll, verhungerte Cluderay aber. Nun macht er mit seinem Onlineversand fette Geschäfte.
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7Wissenschaft
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Forscher um Thomas Bugnyar von der Uni Wien konnten zeigen, dass auch Raben über eine "Theory of Mind" verfügen.. Wien – Ab wann genau Kinder dazu in der Lage sind, ist umstritten. Die Rede ist von der sogenannten Theory of Mind, worunter Psychologen und Kognitionsforscher die Fähigkeit verstehen, Annahmen über Bewusstseinsvorgänge in anderen Personen zu treffen, kurz: deren Gefühle, Bedürfnisse, Ideen, aber auch Sichtweisen anzustellen. Kognitionsbiologen bemühen sich seit Jahren, diese Fähigkeiten auch bei anderen Menschenaffen und weiteren intelligenten Tieren nachzuweisen, was experimentell nicht ganz einfach ist: Ein Problem bisheriger Studien war vor allem, dass sich die Tiere an der Kopf- oder Augenbewegung von Artgenossen orientieren konnten. Eine Studie im Fachblatt Nature Communications kann nun erstmals diesen Einwand entkräften. Thomas Bugnyar (Uni Wien) und Kollegen dachten sich dafür eine besondere Experimentieranordnung aus, die sich die Eigenschaft der Raben zunutze machte, Futter vor Artgenossen zu verstecken. In einem ersten Schritt wiesen die Forscher nach, dass Raben Futter nur dann gut versteckten, wenn dominante Artgenossen im Nachbarraum sichtbar und gleichzeitig hörbar waren. In einem zweiten Schritt wurde den Raben ein Guckloch gezeigt, das ihnen erlaubte, in den Nachbarraum zu spähen. Falls dieses Guckloch in der Folge offen war und die Raben vom Nachbarraum Laute anderer Raben hörten, versteckten sie ihr Futter in der gleichen Weise, wie wenn ihre Artgenossen sichtbar wären. Da die Anwesenheit von Artgenossen beim offenen Guckloch über Playback simuliert wurde, konnten die Raben definitiv nicht das Verhalten von Artgenossen beurteilen. Trotzdem agierten sie, als ob sie beobachtet würden. Für Bugnyar kann das Verhalten der Raben nur über deren Verständnis der Sichtweise der anderen erklärt werden – womit die Tiere über eine Theory of Mind verfügen würden.
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8Kultur
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Zwischen Flucht, Beautyblog und Familiengeheimnis. Würde man nicht wissen, dass die junge Aktivistin, Journalistin und Jugoslawienerin Olja Alvir bereits unzählige beherzte Artikel verfasst hat, unter anderem über die Selbstexotisierung neuerer migrantischer Literatur – die Klappentexte zu ihrem Romandebüt Kein Meer führten einen in die Irre. Dort will der Verlag mit der USP von postjugoslawischem Familienschicksal und den Intimzonenenthaarungsreflexionen einer Bloggerin locken. Titoland bzw. Wilder Balkan, Feuchtgebiete und medialer Zeitgeist in marktgeiler Berechnung gekreuzt? Von wegen: Kein Meer leistet mehr und anderes, es führt durch die Erlebnisse und Gedanken der Lara Voljic, die wie die Autorin als Kind vor dem Krieg in Bosnien nach Österreich geflüchtet war. Wie Zopfgebäck ist der Roman aus drei Strängen geflochten: den Erlebnissen einer jungen Frau in Wien vor einem Migrationshintergrund, auf den nur spärlich Scheinwerferlicht fällt, ihrem Beautyblog mit dem bezeichnenden Titel beautywithaknife.tumblr.com und einer jugoslawischen Familiengeschichte, in die ein unschönes Geheimnis schliert. Bloggerin Voljic enthüllt ein interessantes Zeitbild anhand des zugerichteten Körpers, das sie gleichermaßen dokumentiert, kritisiert und affirmiert. In dieser Hinsicht ist sie eine Anti-Roche, denn propagierte Charlotte Roche kathartisch ein Zurück zur Natur, zum fröhlich stinkenden deutschen Biokörper, lässt Lara Voljic den Widerspruch zwischen den zivilisatorischen Aspekten der Körpertechniken (Hygiene) und ihren repressiven (Makellosigkeit) offen und dadurch mehr Raum, sich diesem geistig zu stellen. In ihrem scharfsinnigen und mitunter witzigen Buch widersteht Alvir sowohl der auktorialen Anklage als auch dem Psychologisieren; die Behandlung von Ritzwunden gehört hier etwa zum unprätentiösen Mädchenalltag. Narzisstische und Borderlinestörungen sind nun mal Konsequenz einer Gesellschaft, die eben so ist, wie sie ist. Sie individuell wegzutherapieren hieße, ihnen nicht an die gesellschaftliche Wurzel zu fassen und der Erzählerin ihr Brenn- und Vergrößerungsglas zu klauen, mit dem sie uns jene ja zeigt und mitunter ansengt. Das zerrissene Ich will sich nicht bedauern, es leimt sich nur provisorisch zu einer ganzen Person, um die Rissstellen ihrer Umgebung besser nennen zu können, reift dadurch aber zur Persönlichkeit. Zu diesem ebenso abgeklärten wie fragilen Ethos passt auch, dass Alvir/Voljic sich nie zum Opfer machen ließen. Folglich werden die freimütig exponierten Neurosen nie kausal mit dem Kriegsschicksal verknüpft. Eher widerwillig, passiv nimmt die Protagonistin die Fährte auf, die ihr Ungereimtheiten in der Familienerzählung über den Tod von Onkel Drago legen. Kein Sherlock Holmes ist sie, bloß jemand, der bei seinen Urlauben in der Heimat der Eltern, die als Illusion eigener Heimat fungiert, nicht von dunklen Überraschungen belästigt werden will; doch irgendwann gibt es kein Entkommen, und Olja Alvir beschert ihrem Buch, dessen Lesern und denen, die es auf jeden Fall werden sollten, ein sehr unerwartetes, verstörendes Ende.
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7Wissenschaft
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Älteste und höchstdotierte Auszeichnung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien/Innsbruck – Der Ignaz L. Lieben Preis 2015 der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) geht an die Quantenphysikerin Francesca Ferlaino. Die Professorin am Institut für Experimentalphysik der Uni Innsbruck und Direktorin am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) erhält den ältesten und mit 36.000 Dollar (34.000 Euro) höchstdotierten Preis der ÖAW für ihre Forschungsleistungen in der Quantenphysik. Mit ihren Arbeiten habe sie wesentlich zum besseren Verständnis ultrakalter Quantengase beigetragen, begründete die Akademie die Zuerkennung des Preises, der heute, Dienstag, in Wien überreicht wurde. Gleichzeitig wurde der von Isabel und Dr. Alfred Bader gestiftete, mit 18.000 Dollar dotierte Nachwuchspreis für Kunstgeschichte an Elisabetta Frullini für ihr Dissertationsprojekt über Maler und Musiker im Rom des 17. Jahrhunderts verliehen. Der Ignaz L. Lieben-Preis wurde ursprünglich 1863 gestiftet und nach dem Gründer des Bankhauses Lieben benannt. Frühere Preisträger waren etwa Fritz Pregl, Victor Franz Hess und Lise Meitner. Die Vergabe der Auszeichnung wurde 1938 wegen Verfolgung der Stifterfamilie durch die Nationalsozialisten eingestellt. Durch finanzielle Unterstützung des amerikanischen Stifter-Ehepaares Isabel und Alfred Bader konnte der Lieben-Preis reaktiviert und im Jahr 2004 erstmals neu ausgeschrieben werden. Die Auszeichnung geht an junge Wissenschafter aus Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Österreich für herausragende Arbeiten auf den Gebieten der Molekularbiologie, Chemie und Physik. Ferlaino, 1977 in Neapel (Italien) geboren, hat in ihrer Heimatstadt Physik studiert und ihr Doktoratsstudium am European Laboratory for Non-Linear Spectroscopy (LENS) an der Universität Florenz absolviert. 2006 kam sie als Gastwissenschafterin in die Forschungsgruppe Rudolf Grimm nach Innsbruck und arbeitete seit 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck. Die Physikerin erhielt die höchsten Auszeichnungen für Nachwuchswissenschafter in Österreich (Start-Preis 2009) und in Europa (Starting Grant 2010). 2013 wurde ihr eine Humboldt-Professur, der mit fünf Millionen Euro höchstdotierte deutsche Forschungspreis, zuerkannt. Seit 2007 wird der Bader-Preis für Kunstgeschichte vergeben, der junge, hoch qualifizierte Dissertanten aus Österreich auszeichnet, die sich im In- und Ausland mit Forschungsfragen von Malerei und Zeichnung zwischen 1500 und 1750 beschäftigen. Die diesjährige Preisträgerin Frullini studierte Klavier am Musikkonservatorium Santa Cecilia in Rom und danach Kunstgeschichte an der Universität Wien, wo sie auch ihre Dissertation abschließen wird.
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7Wissenschaft
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Die Konzentration gesundheitsschädlicher Substanzen in Anbaugebieten nachzuweisen, ist bislang aufwendig. Neue Testmethoden sollen Abhilfe schaffen. Leipzig – Pestizide aus der Landwirtschaft belasten nicht nur die Umwelt, sondern auch Nahrungsmittel – oft sind sie schon in geringen Mengen gesundheitsschädlich. Dennoch existiert bisher keine Methode, diese gefährlichen Substanzen schnell und einfach vor Ort nachzuweisen. Genau daran arbeiten nun Forscher der Universität Leipzig und der TU Dresden. So steht Glyphosat, das weltweit am meisten eingesetzte Unkrautvernichtungsmittel, unter verdacht, in geringen Mengen umweltschädlich und krebserregend zu sein. In Deutschland wird es auf 30 bis 40 Prozent der Ackerflächen verwendet. Aufgebracht auf die Felder gelangt es in Gewässer, ins Trinkwasser und das angebaute Obst und Gemüse. Entscheidend für die mögliche schädliche Wirkung von Glyphosat und anderen in der Landwirtschaft eingesetzten Chemikalien ist auch deren Konzentration in der Umwelt und in Nahrungsmitteln. Wie hoch diese tatsächlich ist und ob bestimmte Grenzwerte überschritten werden, konnte dabei bisher nur aufwendig und teuer im Labor untersucht werden. Schnelle Nachweismethoden, die die Substanzen mit der entsprechenden Genauigkeit direkt vor Ort aufspüren, gibt es bisher nicht. In Zusammenarbeit mit Unternehmen wollen nun Biochemiker und Genetiker in den nächsten drei Jahren eine Methode entwickeln, die preiswert und präzise die Konzentration von Pestiziden ermitteln soll. Die Idee der Forscher: Sie bauen den Mechanismus nach, der sich abspielt, wenn Glyphosat und andere Pestizide auf die anvisierten Schädlinge wirken. Dann blockieren sie meist – je nach Art des Pestizids – ein lebenswichtiges Enzym oder ein anderes Biomolekül, indem daran binden und es damit außer Kraft setzen. Diese Bindung wollen die Wissenschafter nachempfinden, indem sie Moleküle entwickeln, an die das Pestizid ebenfalls binden kann. Treffen Pestizid und das nachempfundene Molekül nun aufeinander, soll das auch optisch sichtbar sein: Ähnlich wie bei bestimmten Schwangerschaftstests führt diese Reaktion zu einer mit bloßem Auge erkennbaren Farbänderung, erklärt Tilo Pompe von der Uni Leipzig. Der Nachweis von Glyphosat soll erst der Anfang sein. Sobald für diese Substanz eine erfolgreiche Methode entwickelt wurde, sollen weitere Pestizid-Tests nach dem selben Muster entwickelt werden.
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1Panorama
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Ähnliche Zahlen auch 2016 erwartet – Bisher kamen 521.000 Schutzsuchende auf diesem Weg nach Europa. Genf – Angesichts des hohen Andrangs an Schutzsuchenden hat das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR seine Jahresprognose für 2015 nach oben korrigiert. Für 2015 rechnet die Organisation nun damit, dass insgesamt 700.000 Menschen das Mittelmeer überqueren, wie aus einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Aufstellung hervorgeht. Vergangenes Monat war UNHCR noch von 400.000 Flüchtlingen ausgegangen. Auch für 2016 rechnet die Organisation vorerst mit 700.000 Schutzsuchenden, merkt jedoch an, dass die Zahlen noch steigen könnten. Es ist möglich, dass es 2016 noch mehr Ankünfte geben wird, vorerst gehen wir aber von ähnlichen Zahlen wie 2015 aus, zitierte Reuters aus dem Papier. Angesichts bereits existierender Schätzungen zu Flüchtlingszahlen sind die korrigierten Prognosen jedoch keine Überraschung. So ging alleine Deutschland bisher schon von bis zu einer Million Schutzsuchenden aus. Laut aktueller Zahlen des UNHCR kamen bis Ende September zudem bereits 521.000 Menschen über das Mittelmeer nach Italien oder Griechenland.
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4Sport
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England ist im Feld der Halbfinalisten bei der Fußball-WM der Frauen die einzige Überraschung – und doch verändern sich die Kräfteverhältnisse. Montréal/Wien – Die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Kanada tritt von der entscheidende in die ganz entscheidende Phase über. Am Dienstag und Mittwoch (Ortszeit) stehen die Halbfinal-Spiele auf dem Programm. Mit Titelverteidiger Japan, Deutschland und den USA (die Nummern eins und zwei der Weltrangliste) sind die großen Favoriten allesamt noch im Rennen, allein der vierte Halbfinalist, England, ist dazu geeignet, so manche Augenbraue nach oben wandern zu lassen. Und doch. Das bisherige Geschehen auf den nordamerikanischen Kunstrasenfeldern lässt Veränderungen der globalen Kräfteverhältnisse deutlich werden. Das Feld ist enger zusammengerückt, die Leistungsdichte hat trotz der Aufstockung von 16 auf 24 Teilnehmern zugenommen. Neulinge wie Costa Rica, Kamerun oder die Niederlande machten durchaus gute Figur. Südkorea und Kolumbien schafften ihren ersten Sieg bei einer Endrunde.Von wenigen Ausnahmen abgesehen fielen die Ergebnisse knapp aus. Nur Japan und Brasilien kamen ohne Punkteverlust durch die Gruppenphase. Gleich darauf gelang den Australierinnen der Coup gegen die südamerikanische Equipe um die fünffache Weltfußballerin Marta. Auch innerhalb Europas wurden Verschiebungen der Tektonik offensichtlich. Die Pionierinnen aus Skandinavien verlieren weiter an Boden. In allen bisherigen Turnieren stand am Ende immer ein Vertreter aus dem Norden unter den besten Vier – das geht sich diesmal nicht mehr aus. Schweden, traditionell hoch gehandelt und bereits zweimal mit Bronze dekoriert, scheiterte im Viertelfinale sang- und klanglos an einer keineswegs überragenden deutschen Elf. In der Vorrunde hatte die Auswahl von Trainer-Routinier Pia Sundhage keinen Sieg zustande gebracht. Ex-Weltmeister Norwegen zog, allerdings als klar besseres Team, ebenda gegen die Engländerinnen den Kürzeren. Dänemark hatte sich erst gar nicht qualifizieren können. Historische Spätstarter wie die Niederlande, Spanien oder die Schweiz konnten dagegen aufholen. Ganz besonders gilt das für Frankreich. Les Bleus zeigten in Kanada den mit Abstand attraktivsten Kick, fallweise grenzten die gerne direkt unternommenen Kurzpasskombinationen ans Spektakuläre. Camille Abily und Louisa Necib, die Regieführerinnen, ragten ebenso heraus wie die Sturm-Kolleginnen Marie Laure Delie oder Eldodie Thomis. Thomis, flinker Flügel von Olympique Lyon, war im so unglücklich verlorenen Viertelfinal-Kräftemessen mit Deutschland beste Frau auf dem Feld. Warum sie dieses beim Stand von 1:0 bereits in der 69. Minute hatte verlassen müssen, bleibt das Geheimnis von Teamchef Philippe Bergeroo. Das neue Standing des französischen Frauen-Fußballs spiegelt sich auch im zunehmenden Prestige der Liga wider. Nach den USA und Deutschland stellte Frankreichs nationales Getriebe das drittgrößte Kontingent in Kanada. 35 Endrunden-Teilnehmerinnen üben ihren Sport derzeit in Frankreich aus. Olympique Lyon und Paris SG sind in der Champions League mittlerweile Stammgäste in den Endspielen. In fünf der letzten sechs Saisonen erreichte immer ein französischer Klub das Finale. Das Spiel gegen Deutschland ließ in Gallien Rekorde purzeln: 4,1 Millionen FernseherInnen bei der Übertragung des Senders W9 bedeuteten nach FIFA-Angaben einen Höchstwert für ein Frauen-Länderspiel. In Deutschland saßen im Schnitt gar 7,5 Millionen vor der Röhre. Der Marktanteil lag bei hervorragenden 36,6 Prozent. In den Stadien selbst ist der Zuschauerzuspruch stark schwankend. Während die Ränge bei Auftritten der Kanadierinnen voll sind, blieben bei so manch anderer Partie viele Plätze in den allerdings auch sehr großen Stadien frei. 24.594 Besucher im Schnitt zählte die FIFA für die Gruppenphase – auch wenn die Zahl der tatsächlich anwesenden Personen deutlich niedriger liegen dürfte, einen WM-Rekord sollten die Veranstalter am Ende wohl trotzdem vorweisen können. Seit der ersten Frauen-WM im Jahr 1991 standen immer entweder die USA oder Deutschland im Endspiel, spielten dort aber noch nie gegeneinander. Diese Serie wird auch über 2015 hinaus Bestand haben, treffen die beiden zweifachen Champions doch im Halbfinale am Mittwoch (1.00 MESZ/ARD, Eurosport, ORF Sport +) in Montréal aufeinander. Die Elf der abtretenden Langzeit-Bundestrainerin Silvia Neid hat zwar ein Fiasko wie bei der Heim-WM 2011 hintanhalten können, als man bereits im Viertelfinale am späteren Sieger Japan sich die Zähne ausgebissen hatte. Doch das DFB-Team blieb bisher blass, gegen Frankreich war zumindest in den ersten 45 Minuten gar Überforderung zu konstatieren. Neben einer spielerischen Linie fehlt in dieser Gruppe im Unterschied zu früheren deutschen Auswahlen auch die hervorstechende Einzelkönnerin. Das könnte knapp werden im Klassiker gegen die USA, auch wenn auch die bisher noch nicht wirklich begeistern konnten. Wille, Wucht und eine starke Defensive sind die Markenzeichen der routinierten Auswahl (Altersschnitt 29). Seit 423 Minuten ist Torfrau Hope Solo schon ohne Gegentor. Die Deutschen stellen zwar nominell die erfolgreichste Offensive, von bisher 20 Treffern fielen allerdings 50 Prozent in nur einem Spiel, dem 10:0-Kanter gegen die Elfenbeinküste. Die Bilanz zwischen den Großmächten spricht eine deutliche Sprache: Von insgesamt 32 Duellen gewann die Deutschen sechs, 20-mal siegten die USA. Im zweiten Semifinale in Edmonton (Donnerstag, 1.00 beim 2:1-Erfolg gegen die GastgeberinnenMESZ) wird aller Voraussicht nach ein Ringen zweier völlig konträrer Spielauffassungen zu besichtigen sein. Japan, die möglicherweise intelligenteste Truppe im Feld, setzt auf ein ausgeklügeltes, auf einem engmaschigen Flachpassgewebe basierendes System. Mit cleverer Raumaufteilung, technischer Beschlagenheit und immenser Laufbereitschaft gelingt es den Titelverteidigerinnen (Nummer vier der Welt) auch diesmal wieder, physische Nachteile mehr als wett zu machen. Das 1:0 im Viertelfinale gegen eigenartig mutlose Australierinnen, fiel zwar spät, schien aber doch irgendwie unvermeidlich. Englands walisischer Teamchef Mark Sampson hingegen verordnet ein deutlich simplistischeres Vorgehen. Schnell und direkt wird der Weg nach vorne gesucht, der weite Ball auf die durchschlagskräftige Jodie Taylor keineswegs gescheut. Seine Gruppe besticht zusätzlich durch außergewöhnlichen Zusammenhalt und Kampfeswillen. Das Anrennen der von 54.000 Zuschauern angetriebenen Kanadierinnen, konnte beim 2:1 gegen die Gastgeberinnen durch eben diese Attribute schadlos überstanden werden. Auf der Insel meint man mancherorts gar, gerade Zeuge eines historischen Vorgangs zu sein, welcher das Frauenspiel auf ein neues Level an Popularität katapultieren könnte. Auch hier hatten beachtliche 1,6 Millionen Menschen nächtens vor den TV-Geräten ausgeharrt, um sich schließlich am erst dritten Halbfinal-Einzug eines englischen Fußballteams bei einer WM erfreuen zu dürfen. Zuletzt gelang das den Mannen Bobby Robsons bei Italia 90. Damals galt, wir erinnern uns, ein gewisser Paul Gascoigne noch als vielversprechender Jungmann. (Michael Robausch – 30.6. 2015)
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2International
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Uno-Kommission wirft Präsident Pérez Molina und seiner ehemaligen Stellvertreterin vor, Millionen unterschlagen zu haben. Seit vier Monaten kommt es in Guatemala immer wieder zu Demonstrationen gegen die grassierende Korruption. Ermittlungen der Uno-Kommission gegen die Straffreiheit in Guatemala (CICIG) haben ergeben, dass höchste Regierungskreise in einen Skandal verwickelt sind. Anfang September werden ein Präsident und Parlament gewählt. Im Rahmen der wegen der verwendeten Telefonhotline La Linea genannten Affäre ersparten sich Importeure Einfuhrabgaben, indem sie hohe Beamte bestochen haben. Die Uno-Ermittler unter Führung des kolumbianischen Exstaatsanwalts Ivan Velásquez kamen nach fast 90.000 überwachten Telefonaten zu dem Schluss, dass es hinter den von den Beschuldigten mehrfach verwendeten Codenamen Nummer eins und Nummer zwei in Wirklichkeit Präsident Otto Pérez Molina und seine im Mai zurückgetretene Exstellvertreterin Roxana Baldetti stehen. Pérez erklärte am Sonntag in einer zuvor aufgezeichneten Fernsehansprache, er werde nicht zurücktreten, sondern sich mutig dem gesetzlichen Prozess stellen und unterwerfen. Ein Vorstoß zur Aufhebung seiner Immunität scheiterte kürzlich im Parlament. Am Wochenende waren vier Minister aus Protest gegen die Amtsführung des Präsidenten zurückgetreten, Baldetti sitzt seit Freitag in Untersuchungshaft. Mittlerweile sprechen sich sogar die römisch-katholische Kirche und der Unternehmerverband CACIF für einen umgehenden Rücktritt von Pérez aus. Der einflussreiche CACIF-Chef Jorge Briz erklärte am Samstag, angesichts der Korruptionsvorwürfe müsse sich der Präsident sofort der Justiz stellen. Bei dieser Gelegenheit richtete er auch eine Mahnung an Pérez´ mögliche Nachfolger: Alle Kandidaten, die am 6. September antreten, sollten sich bewusst sein, dass wir in Guatemala nicht noch mehr Straflosigkeit und Korruption mehr brauchen. Die CICIG wurde 2006 auf Ersuchen der damaligen guatemaltekischen Regierung ins Leben gerufen, um die örtlichen Behörden bei Ermittlungen zu unterstützen. Das Modell ist so erfolgreich, dass mittlerweile auch aus den Nachbarstaaten Mexiko, El Salvador und Honduras Rufe nach der Einrichtung einer ähnlichen Organisation kommen. Präsident Pérez wollte eine Verlängerung des Mandats der UN-Ermittler, das heuer ausgelaufen wäre, mit allen Mitteln verhindern. Er änderte seine Meinung erst, als US-Vizepräsident Joe Biden bei seinem Guatemala-Besuch im April erklärte, Hilfszahlungen an das mittelamerikanische Land würden nur erfolgen, wenn die CICIG weiterhin besteht. Eine im Mai dieses Jahres veröffentlichte CICIG-Studie kommt zu dem Schluss, dass die Finanzierung der meisten Parteien des Landes so undurchsichtig ist, dass diese damit außerhalb des Gesetzes stehen.
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7Wissenschaft
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Leipzig – Es schien undenkbar, was Forschern im Jahr 2013 gelungen íst: Sie konnten damals die mitochondriale DNA aus 400.000 Jahre alten frühmenschlichen Knochen rekonstruieren, die in der spanischen Knochengrube Sima de los Huesos gefunden worden waren. Die damaligen Analysen ließen auf eine Verwandtschaft mit dem rätselhaften Denisova-Menschen aus Sibirien schließen. Nun konnten Forscher um Matthias Meyer und Svante Pääbo auch die übrige Erbsubstanz dieser Urspanier rekonstruieren, wie sie in Nature berichten. Die Analysen deuten wiederum auf ganz frühe Neandertaler hin. AbstractNature: Nuclear DNA sequences from the Middle Pleistocene Sima de los Huesos hominins (red, 15.3.2016)
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7Wissenschaft
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Forschungsprojekt untersucht, ob europäische Staaten in wirtschaftlicher Hinsicht überhaupt zusammenrücken wollen. Wien - Ökonomische Modelle zur Zukunft der EU florieren. Fast im Wochentakt entstehen neue Vorschläge, wie die EU als Wirtschafts- und Währungsunion Krisen bewältigen kann, die ihr noch bevorstehen. Auch die EU-Institutionen selbst denken laut über ihre Zukunft nach: Die Europäische Kommission schlug 2012 vor, die Wirtschaftspolitik und Fiskalpolitik aller Mitgliedsstaaten für eine vertiefte, echte Wirtschafts- und Währungsunion auf EU-Ebene zu koordinieren, abzusegnen und zu überwachen. Ob die Mitgliedsstaaten solche Vorschläge politisch durchsetzen wollen und rechtlich überhaupt umsetzen können, ist nun Gegenstand internationaler Forschungen an der Universität Salzburg. Am 1. Juli startet das Projekt The Choice for Europe since Maastricht am Salzburg Centre of European Union Studies. Das Salzburger Forscherteam unter der Leitung der Politikwissenschafterin Sonja Puntscher Riekmann und Fabian Wasserfallen sowie dem Europarechtler Stefan Griller wirkt über die nächsten vier Jahre mit acht führenden EU-Forschern und 28 Verfassungsexperten zusammen. Finanziert wird das Projekt von Horizon 2020, einem EU-Programm für Forschung und Innovation. Dabei überprüfen die Wissenschafter in 165 Interviews mit politischen Akteuren, ob die europäischen Staaten in wirtschaftlicher Hinsicht überhaupt zusammenrücken möchten. Denn je nachdem, wem die nationale Regierung gern ihr Ohr leiht - etwa dem Parlament, der Sozialpartnerschaften, oder Industriellen -, befürworten die Staaten mehr Kompetenzen für die EU oder lehnen sie ab. In einem zweiten Schritt prüfen Rechtsexperten die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten und ihren Bezug zum Unionsrecht. Ideen wie eine EU-Arbeitslosenversicherung, eine koordinierte Budgetpolitik bis hin zu einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung finden sich heute im Diskurs zu einer stabileren Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion wieder. Die US-amerikanische Fachliteratur schlägt vor, in der EU eine Fiskalunion einzuführen - ganz nach dem Modell der USA selbst. Eines haben die Vorschläge oft gemein: Sie kümmern sich kaum um die politische und rechtliche Umsetzbarkeit. Letzteres ist das Metier von Stefan Griller. Für den Verfassungsrechtler und Europarechtsexperten diktieren die Verfassungen den Weg in die Zukunft Europas und weisen sie zugleich in ihre Schranken. Zwischen den Nationalstaaten ergibt sich ein diverses Bild, in dem Politik und Recht wechselwirken. In Dänemark, wo ein eigenständiger Verfassungsgerichtshof fehlt, ist das Parlament der zentrale politische Akteur. Daher schreckt das Land verstärkt davor zurück, die Entscheidungsgewalt über das Budget an die EU abzutreten. Großbritannien hingegen könne rechtlich gesehen neue EU-Verträge relativ unproblematisch in das nationale Recht integrieren - nur politisch fehlt der Wille. Es gibt Verfassungen mit einem viel rigideren Änderungssystem als dem österreichischen, sagt Griller. Als besonders extremes Beispiel nennt der Jurist Bulgarien. Eine Veränderung der Verfassung brauche dort eine Mehrheit von 80 Prozent, zudem eine Volksabstimmung, und das Parlament trete zweimal über denselben Beschluss zusammen. Das Scheitern an solchen Hürden scheint vorprogrammiert. Und um einer wahrscheinlichen politischen Niederlage zu entgehen, werden auch neue, einschneidende Veränderungen in der EU abgelehnt, die eine solche Verfassungsänderung nach sich ziehen würden. Der Vertrag von Maastricht bildet als Meilenstein der europäischen Integration den historischen Ausgangspunkt des Forschungsprojekts. 1993 schrieb er die schrittweise Einführung der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion fest. Aber schon in den 1990ern kritisierten Theoretiker die fehlenden Sicherheitsnetze der Währungsunion im Falle einer Krise. Man hat aufgrund der Erfolgsstory des Euro davon abgesehen, frühzeitig Maßnahmen zu setzen, sagt Puntscher Riekmann. Auch hier soll sich anhand bisher unausgewerteter Dokumente zeigen, wie die Präferenzen der Nationalstaaten Regeln verschoben und einem Ausbau der EU-Kompetenz vorbeugten. Wie auch immer die EU diesen Weg fortführt - für Griller ist die Arbeit der Juristen als Prüfer und Mahner dabei unerlässlich. In manchen Fällen verbiegen Staaten die Verfassungsgrundlagen, das ist ein ungeheuer gefährlicher Prozess, sagt Griller. Er mahnt, dass eine Dehnung der Prinzipien langsam das Vertrauen in die Verfassung aushöhlt. Und so ist auch das Forschungsprojekt mit einem großen Ziel angetreten: Lösungen zu finden, die politisch und verfassungsrechtlich machbar sind.
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6Etat
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Mit Zweierdiskussionen zu je einer Viertelstunde summierten sich die Schnellduelle auf mehr als zweieinhalb Stunden. Und das Pflaster wuchs sich zum Ganzkörperverband aus. Wer ein Pflaster entfernt, minimiert den Schmerz durch schnelles Abreißen. Ähnliche Überlegungen dürften auch am Küniglberg angestellt worden sein: Die Zweierdiskussionen zwischen den Präsidentschaftskandidaten wickelte der ORF am Donnerstagabend alle auf einmal ab. Und damit war der Versuch der Schmerzvermeidung auch schon wieder gescheitert: Denn mit Zweierdiskussionen zu je einer Viertelstunde summierten sich die Schnellduelle auf mehr als zweieinhalb Stunden. Und das Pflaster wuchs sich zum Ganzkörperverband aus. Dabei war zehnmal 15 Minuten schon die kürzere Variante: Kandidat Richard Lugner steht zwar auf dem Stimmzettel, durfte aber nicht mitreden. Nicht relevant, beschloss der Rundfunk. Aus Protest schenkte der Baumeister vor dem ORF-Zentrum Freibier aus. Die Kandidaten im Studio schenkten sich derweilen gegenseitig ein, wenn auch hauptsächlich von ihren Wahlkampfteams vorbereitete Angriffe auf das jeweilige Gegenüber. Etwa Rudolf Hundstorfer, der erfahren haben will, dass Irmgard Griss einige in Wien aufgestellte Plakate nicht genehmigen hat lassen. Das Wählersegment der Magistratsbeamten mit verdichtetem Verwaltungsrechtsbewusstsein dürfte der rote Parteiveteran damit gut erreichen. Die Pflasterstrategie des ORF ist – zumindest teilweise – aufgegangen: Zehnmal 15 Minuten Zweierdiskussion sind vergleichsweise schnell vorbei. Zu früh gefreut hat sich Richard Lugner womöglich über die Dokumentation, die der ORF später sendete: Menschen und Mächte spezial: Baumeister der Republik handelt vom höchsten Amt. Nicht vom skurrilsten Kandidaten.
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7Wissenschaft
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Häufige Umstellung aufgrund von Schwankungen der Erdrotation wäre heute eigentlich nicht mehr notwendig, meint Johannes Böhm von der TU Wien. Die Jetlag-Gefahr ist wohl eher gering: Um eine Sekunde müssen wir unsere Uhren am 1. Juli zurückstellen, wenn wir ganz genau sein wollen. Denn heuer ist es wieder so weit: Alle zwei bis drei Jahre beschließt der internationale Dienst für Erdrotation und Referenzsysteme (IERS) die Einführung einer Schaltsekunde. Am 30. Juni folgt auf 23:59:59 UTC (Koordinierte Weltzeit) 23:59:60, ehe der Juli beginnt. Nach Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) erfolgt die Umstellung erst am 1. Juli um 01:59:59. Für Astronomen, Betreiber von Satelliten-Navigationssystemen und andere Dienste, die mit hochpräziser Himmelsbeobachtung arbeiten, ist das wichtig. Aus wissenschaftlicher Sicht wären Schaltsekunden heute aber eigentlich nicht mehr nötig, sagt Johannes Böhm von der TU Wien. Die Länge des Tages ist an die Rotation der Erde um ihre eigene Achse gekoppelt, und diese Rotation wird im Lauf der Zeit immer langsamer. Ab und zu wird daher eine Zusatzsekunde eingeführt, damit die offizielle Zeit und die Rotation der Erde nicht immer weiter auseinanderlaufen. Der Grund für die Verlangsamung der Erdrotation ist die Gezeitenkraft des Mondes. Der Mond dehnt die Erde ein bisschen. Es bilden sich Flutberge aus, und auch die feste Erde wird verformt, so Böhm. Allerdings kann die Erde aufgrund ihrer inneren Reibung die Verformung nicht augenblicklich ändern, wenn sie sich weiterdreht. Daher zeigt die entstehende Ausbuchtung nicht exakt in Richtung Mond, die Verformung wird durch die Erdrotation immer ein bisschen vom Mond weggedreht. Diese Asymmetrie bewirkt, dass der Mond ein Drehmoment auf die Erde ausübt und die Rotation der Erde ein kleines bisschen bremst, sagt Böhm. Gleichzeitig wandert der Mond dabei immer weiter von der Erde weg. Neben der Gezeitenkraft des Mondes gibt es aber auch andere Effekte, die Einfluss auf die Rotationsgeschwindigkeit der Erde haben – etwa die Gewichtsverlagerung durch das Abschmelzen des Eises an den Polen. Forschungsinstitute auf der ganzen Welt, darunter auch die TU Wien, werten die Orientierung der Erde und somit die präzise Tageslänge laufend aus. Die Orientierung der Erde kann man durch genaue Vermessung ferner Himmelskörper bestimmen, so erreichen wir mittlerweile eine Genauigkeit im Bereich von Mikrosekunden, so Wissenschafter. Diese hohe Präzision sei aber auch der Grund dafür, dass die Schaltsekunde eigentlich schon obsolet wäre, meint Böhm: In vergangenen Zeiten benötigte man in der astronomischen Forschung die Schaltsekunde tatsächlich, um Messdaten exakt vergleichen zu können. Doch nachdem man heute ohnehin mit viel höheren Genauigkeiten arbeite, habe man in der Forschung längst keine andere Wahl mehr als komplizierte Korrekturen mit Mikrosekundengenauigkeit zu berücksichtigen, egal ob Schaltsekunde oder nicht - zumindest, wenn man nicht jede Minute eine Schaltmikrosekunde einführen möchte. Böhm plädiert daher für die Abschaffung der Schaltsekunde. Im Grunde wäre es kein Problem, länger zu warten, und dann nach einigen Jahrzehnten eine ganze Schaltminute einzufügen, so der Wissenschafter.
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7Wissenschaft
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Raumstation ist bereits seit 1998 im Dienst. Moskau – Die Internationale Raumstation ISS hat am Montag einen Meilenstein ihres Daseins erreicht: Sie hat zum 100.000. Mal die Erde umrundet. Ihre Jubiläumsrunde drehte sie zwischen 06.35 und 08.10 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit, wie das russische Raumfahrt-Kontrollzentrum mitteilte. Die ISS ist seit November 1998 im Dienst. Damals wurde das erste russische Modul Saria in die Erdumlaufbahn gebracht. Seit November 2000 ist die ISS ständig bemannt. Sie umkreist die Erde in rund 370 Kilometern Entfernung. Für eine komplette Erdumrundung braucht sie bei einer Geschwindigkeit von 28.000 Stundenkilometern etwas mehr als 90 Minuten. Die ISS soll noch bis mindestens 2024 in Betrieb bleiben.
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7Wissenschaft
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Kügelchen von leicht unterschiedlicher Größe kristallisieren schneller. Mainz – Deutsche Wissenschafter haben bei der Untersuchung von Kolloiden ein überraschende Phänomen beobachtet: Winzige, in Wasser verteilte Plastikkügelchen ordnen sich schneller in einer Kristallstruktur an, wenn sie von leicht unterschiedlicher Größe sind als gleich große Kugeln. Kolloide sind Teilchen von weniger als einem tausendstel Millimeter Größe, die als Schwebstoffe fein verteilt in einem Trägermedium schwimmen. Ein klassisches Beispiel ist die Milch mit ihren kleinen Fetttröpfchen. Die Forscher um Thomas Palberg von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beobachtet die Kristallbildung von solchen in Wasser schwebenden Plastikkügelchen mit Videomikroskopie oder anderen optischen Methoden. Ein besonders beliebtes Modellsystem sind elektrostatisch negativ geladene Kugeln in salzarmem oder destilliertem Wasser. Bereits mit bloßem Auge lässt sich erkennen, wie die Probe bei zunehmender Konzentration der Kügelchen zunächst stark milchig wird und schließlich kleine Kristalle bildet, die in allen Regenbogenfarben schillern. Unter dem Mikroskop ist zu sehen, dass sich die Schwebeteilchen zu einer regelmäßigen Gitterstruktur angeordnet haben wie bei einem Schmuckopal. Bei dem jetzigen Versuch haben die Physiker Suspensionen mit Kügelchen verschiedener Größe und Größenverteilung untersucht. Erstaunlicherweise konnten sie feststellen, dass die Kristallbildung durch leichte Größenunterschiede der Kugeln kontinuierlich beschleunigt wurde – und zwar bis zu einem Größenunterschied von acht Prozent. Größere Abweichungen werden nicht toleriert, stattdessen geht die Geschwindigkeit der Kristallisation dann drastisch zurück, weil mehr Zeit für die Sortierung der Kugeln in Kristalle aus vorwiegend großen oder vorwiegend kleinen Kugeln nötig wird. Wir waren über diesen Effekt sehr überrascht, weil wir intuitiv erwartet hätten, dass gleich große Kugeln schneller kristallisieren, sagt Palberg zu dem Ergebnis. Aber offenbar lassen sich ungleich große Kugeln schneller in ein Gitter packen, auch wenn es am Ende vielleicht nicht so schön aussieht. Der physikalische Grund für die unerwartet schnelle Kristallisation ist eine geringere Oberflächenspannung zwischen dem Kristall und seiner umgebenden Schmelze. Wir können zeigen, dass die Oberflächenspannung eng gekoppelt ist an die Differenz zwischen dem Ausmaß der Unordnung in der Schmelze und dem Ausmaß der Unordnung im festen Zustand, ergänzt der Physiker. Natürlich ist eine Schmelze viel ungeordneter als ein Kristall. Aber gerade deswegen ist die perfekte Ordnung des Kristalls leicht durch ein paar Kügelchen abweichender Größe zu stören, während man in der Schmelze die Zunahme der Unordnung kaum bemerken würde. Der Unterschied der Unordnung und damit die Oberflächenspannung nehmen also ab, wenn leicht unterschiedliche Kugeln verwendet werden. In der Folge wird dann die Kristallbildung wesentlich einfacher und schneller. Dies könnte auch erklären, weshalb im Computer simulierte, gleichmäßig große Kugeln viel zu langsam kristallisieren.
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6Etat
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"Besonders kleine Sender könnten stark betroffen sein", sagt Petra Hauser von media.at. Wien – Mehr als 200 Bruttowerbemillionen wurden 2015 in Österreich in den Äther geschickt. Allein 111 Millionen Euro fließen laut Berechnungen des Marktforschers Focus in die ORF-Radios, der Rest geht an die Privatsender. Auch wenn die Gattung Radio nur knapp fünf Prozent der gesamten Werbevolumina generiert, handelt es sich um beträchtliche Summen. Dementsprechend verschnupft reagieren Vermarkter und Mediaagenturen, als das Marktforschungsinstitut GfK seinen Auftraggebern mitteilte, dass die Reichweiten des Radiotests – wie berichtet – auf Fehlern bei der Erhebung beruhen. Die Verzerrung der Marktdarstellung soll im Bereich von ein bis drei Prozentpunkten liegen. Nach STANDARD-Infos zugunsten der marktdominanten ORF-Radios. Bei Ö3 könnten es bis zu drei Prozentpunkte sein, bei den Regionalsendern etwas weniger. Die berichtigten Ergebnisse sollen in den nächsten Tagen vorliegen. Ö3 kam etwa laut Radiotest im zweiten Halbjahr 2015 auf eine Reichweite von fast 35 Prozent bei Hörern ab 10 Jahren. RMS Austria, Vermarkter österreichischer Privatradios, behält sich Schadenersatzforderungen an GfK vor. Besorgniserregend ist diese Entwicklung für Petra Hauser, die mit ihrer Mediaagentur media.at in Österreichs Radiosendern 16 Bruttowerbemillionen bewegt. Weitreichende Wettbewerbsverzerrungen könnten die Folge sein, sagt sie zum STANDARD. Besonders kleine Sender könnten stark betroffen sein. Umfassende und transparente Aufklärung fordert auch Joachim Feher von der MediaCom: Die Interessen unserer Kunden werden wir sehr deutlich vertreten.
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2International
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Mann soll laut Polizei einer extremistischen Gruppe im Nahe Osten angehören. Innsbruck – Ein 20-jähriger Iraker ist am Mittwoch in einer Flüchtlingsunterkunft im Tiroler Unterland von Beamten des Einsatzkommandos Cobra festgenommen worden. Seit Anfang Oktober laufende Ermittlungen hätten den Verdacht erhärtet, dass er einer extremistischen Gruppe im Nahen Osten angehörte und an dort begangenen schweren Straftaten beteiligt gewesen sein könnte, teilte die Exekutive am Freitag mit. Die Festnahme des Asylwerbers sei ohne Komplikationen verlaufen, hieß es. Über den Iraker wurde die Untersuchungshaft verhängt. Der 20-Jährige stehe im Verdacht, Mitglied einer als terroristischen Vereinigung zu bezeichnenden schiitischen Miliz im Irak zu sein, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr. Die nächste Haftprüfung werde am 4. Dezember stattfinden, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck am Samstag. Es bestehe kein Zusammenhang mit den jüngsten Terroranschlägen in Paris, betonte der Sprecher. Auch gebe es keinen konkreten Verdacht, dass der Iraker eine terroristische Aktivität in Österreich oder Europa geplant habe. Der 20-Jährige habe jedoch in Sozialen Netzwerken die Attentate in Paris gutgeheißen, sagte Mayr.
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3Wirtschaft
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Nächste Woche soll die Quote für den Anleiherückkauf stehen, zuvor muss die Kärntner Regierung die nötigen Verträge absegnen. Plan B gibt es keinen. Wien – Am Rückkaufangebot für die Gläubiger von landesbehafteten Hypo-Anleihen wird bis zur letzten Minute gearbeitet und gefeilt. Morgen, Dienstagvormittag, wird in Klagenfurt eine Regierungssitzung stattfinden, in der die nötigen Verträge zwischen Land Kärnten, Kärntner Ausgleichsfonds und Abbag abgesegnet werden sollen. Die Abbag ist jene staatseigene Gesellschaft, die die ehemalige Hypo (heute: Heta) abwickeln wird. Kern des Vertrags ist die Summe, die die Heta für den Kärntner Ausgleichsfonds zur Verfügung stellen wird. Zuletzt mussten die bestehenden Vertragswerke noch einmal überarbeitet werden; es ging dem Vernehmen nach um die Haftungsabsicherung für die involvierten Investmentbanken Citibank und JPMorgan. Die Abbag unter Leitung von Ex-ÖVAG-Banker Michael Mendel kann und will selbige nicht stemmen, Bund und Land Kärnten konnten sich zunächst nicht auf eine Aufteilung einigen. Nun soll der Bund eine Haftungszusage in der Bandbreite von rund 150 Millionen Euro gegeben haben, die Regierung in Klagenfurt muss am Dienstag den Kärntner Part absegnen. Zusätzlich teilen sich Bund und Land die Prospekthaftung – bei Streitigkeiten muss das Land geradestehen. Die Höhe der Quote, die man den Heta-Schuldnern anbietet (es geht um Anleihen im Volumen von rund elf Milliarden Euro, sie werden nach wie vor gehandelt), ist aber offiziell noch immer nicht fixiert. Allgemein gehen die Involvierten davon aus, dass die Gläubiger eine Quote unter 75 Prozent nicht annehmen werden – in absoluten Zahlen geht es da um rund 8,25 Milliarden Euro. Wie berichtet, müssen zwei Drittel der Gläubiger dem Angebot zustimmen, damit es gültig werden kann. Das Land Kärnten bringt 1,2 Milliarden Euro in den Ausgleichsfonds (das ist das Rückkaufvehikel) ein; den Rest muss der Bund beisteuern. Kärnten hat für die 1,2 Mrd. Euro einen Kredit von der staatlichen Öbfa aufgenommen. Die Sicherheiten dafür: Wohnbauförderungsdarlehen (800 Mio.) und Ertragsanteile aus den Steuereinnahmen, die Kärnten vom Bund bekommt. Allenfalls muss Kärnten auch den Zukunftsfonds (500 Mio. Euro) zu Geld machen. Die Heta selbst will rund 6,3 Mrd. Euro aus ihrer Abwicklung erlösen – bis 2020. In der Gesellschaft liegen derzeit schon vier Mrd. Euro in Cash (genau genommen sind die bei der Oesterreichischen Nationalbank geparkt), ein Teil stammt aus der Auflösung von Schweizer-Franken-Positionen und aus Staatszuschüssen. Zudem besitzt die Heta Assets im Volumen von rund drei Mrd. Euro, die sollen eben um etwas mehr als zwei Mrd. Euro versilbert werden. Der weitere Terminplan für das Rückkaufangebot: Am Freitag tagt der Aufsichtsrat der Heta (unter Leitung Michael Mendels), dann müssen sich die Protagonisten einigen, ob das Offert per Inserat oder Schreiben an die Anleihegläubiger publik gemacht wird. Spätestens am Montag nächster Woche soll das Angebot dann bekanntgegeben werden – so die neueste Terminplanung. Und was, wenn die Gläubiger den angebotenen Vergleich abschmettern? Einen Plan B gibt es nicht, sagt ein mit der Sache Vertrauter zum STANDARD. Ein Eigentümervertreter der Heta ergänzt, dass beide Seiten realistisch bleiben müssen. Die Alternativen wären jahrelange Rechtsstreitigkeiten und womöglich eine Insolvenz Kärntens, beides würde die Sache erschweren und verzögern. Alle Beteiligten haben aber die Pflicht zur Schadensminimierung. Während also das Finanzministerium als Heta-Eigentümervertreter, Kärntner Regierung, Investmentbanker und vor allem jede Menge Juristen noch emsig am Vergleichspaket schnüren, geht im Parlament die Suche nach der politischen Verantwortung fürs Hypo-Debakel weiter. Erste Auskunftsperson des Jahres 2016: Raiffeisen-Banker Walter Rothensteiner, der zur Rolle der Raiffeisen bei der Verstaatlichung befragt werden wird.
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1Panorama
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15 Menschen noch immer vermisst. Tianjin – Mehr als zwei Wochen nach den verheerenden Explosionen in der chinesischen Hafenstadt Tianjin ist die Zahl der Todesopfer auf 158 gestiegen. 15 Menschen werden noch immer vermisst, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag. Zuvor waren den Behörden 145 Tote bekannt gewesen. In einem Chemielager im Hafen der Millionenmetropole waren am 12. August gefährliche Chemikalien explodiert und hatten auf dem Gelände im Binhai Distrikt schwere Zerstörungen und selbst in einem kilometerweiten Umkreis noch Schäden angerichtet. 23 Verantwortliche wurden von der Polizei in Haft genommen oder festgesetzt.
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7Wissenschaft
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Der Biologe Martin Leeb sucht nach dem genetischen Programm, das die Ausdifferenzierung von Stammzellen startet. STANDARD: Nach sechs Jahren an der University of Cambridge hat Sie der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds WWTF mit einer Förderung zurück nach Wien geholt. Haben Sie eine Rückkehr angestrebt? Leeb: Da ich zwei Kinder habe, war es schon immer das Ziel von mir und meiner Frau, langfristig in den deutschsprachigen Raum zurückzukehren. Dass es wieder Wien wurde, ist ein Glücksfall. Besonders, weil hier die embryonale Stammzellforschung – trotz des großen Forschungsverbundes am Vienna Biocenter – nicht sehr ausgeprägt ist. Zumindest noch nicht. STANDARD: Sie erforschen die Entwicklung der Stammzellen hin zu ausdifferenzierten Zellen. Was genau untersuchen Sie? Leeb: Ich will herausfinden, wie die Identität einer Zelle festgelegt wird. Was also regelt, dass eine Zelle aufhört, eine Stammzelle zu sein. Und wie entschieden wird, dass aus einer Stammzelle eine Nervenzelle oder eine Zelle der Bauchspeicheldrüse wird. Das weiß man noch nicht. Deshalb ist es auch so schwierig, gezielt gewisse Zelltypen herzustellen, zum Beispiel für die medizinische Forschung. STANDARD: Forscher züchten aber bereits künstliches Gewebe und Organe aus Stammzellen. Heißt das, dies geschieht mehr nach dem Trial-and-Error-Prinzip? Leeb: Nicht ganz. Aus der embryonalen Entwicklung weiß man ungefähr, welche Signalwege wann wirken, sodass aus einer Stammzelle eine ausdifferenzierte Zelle wird. Das versucht man, im Labor nachzuahmen. Die Signalwege schaltet man etwa über die Zugabe von Wachstumsfaktoren an. Schritt für Schritt kommt man dann zum Beispiel zu einer Nervenzelle. Das ist aber eine sehr langwierige und ineffiziente Methode. Und die gewonnene Nervenzelle verhält sich auch nicht 100-prozentig wie eine Nervenzelle im Körper. STANDARD: Was ist Ihr Ansatz? Leeb: Ich untersuche, welche Gene es braucht, damit die embryonale Stammzelle beginnt, sich auszudifferenzieren. Ich konzentriere mich dabei auf die ersten Schritte des Prozesses: Die embryonale Stammzelle kann noch jeden Zelltyp bilden. Welche Gene veranlassen sie nun, sich in Richtung Differenzierung zu entwickeln? Mit diesem Verständnis könnte man viel besser Gewebe künstlich herstellen. Aber mich interessiert vor allem die grundlegende biologische Frage: Wie wird der Mensch gemacht? Wie werden die ersten Schritte in der Embryonalentwicklung gesteuert? Das verstehen wir noch nicht. STANDARD: Welche Stammzellen nutzen Sie? Leeb: Vorerst nutze ich embryonale Mäuse-Stammzellen. Ziel ist es aber auch, einmal mit embryonalen Stammzellen vom Menschen zu arbeiten. STANDARD: Diese sind ethisch umstritten. Sehen Sie Alternativen? Leeb: Embryonale Stammzellen haben den Vorteil, dass man wirklich weiß, dass sie aus einem Embryo kommen. Die sogenannten induziert pluripotenten Stammzellen – also die reprogrammierten Körperzellen, die sich wieder in beliebiges Gewebe entwickeln können – sind keine wirkliche Alternative zur Erforschung grundlegender Differenzierungsmechanismen. Hier stellt sich immer die Frage, woher sie kommen und wie sie produziert wurden. Sie entsprechen molekular nicht zu 100 Prozent den humanen embryonalen Stammzellen. STANDARD: Sie haben in Cambridge bei dem Biologen Austin Smith im Labor gearbeitet, einem Pionier der embryonalen Stammzellforschung. Was nehmen Sie aus dieser Zeit mit? Leeb: Was man in einem Labor von einem Wissenschafter lernt, der aufgrund seiner Berühmtheit sehr viel unterwegs ist, ist ein enormes Maß an Eigenständigkeit. Und was ich bei ihm gesehen habe: wie man sich eine Arbeitsgruppe zusammenstellen sollte. STANDARD: In wiefern? Leeb: Man braucht Leute, die eigenständig arbeiten und gleichzeitig das Interesse haben, etwas Großes gemeinsam zu bewegen. Ellbogenmentalität gab es bei Smith nicht. Gelernt habe ich von Smith zudem eine gesunde Einstellung zur Wissenschaft: Ziel sollte nicht sein, so viel, sondern so gut wie möglich zu publizieren. Ich strebe gute Wissenschaft an – und nicht, 20 Fachartikel pro Jahr zu veröffentlichen. STANDARD: Fiel Ihnen der Abschied aus Cambridge schwer? Leeb: Der Abschied fiel mir natürlich schwer, denn ich hatte dort eine unglaublich bereichernde Zeit. Für mich war aber immer klar, dass ich mich jetzt von Smith als meinem Postdoc-Betreuer lösen muss: wissenschaftlich wie auch geografisch. Denn langfristig ist es wichtig, seine eigene wissenschaftliche Identität zu etablieren und sich von der Arbeit des großen Professors zu unterscheiden.
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3Wirtschaft
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Pensionierungswelle in den kommenden Jahren – Eine von zehn Hauptabteilungen wurde bereits geschlossen. Wien – Im Zuge ihres Sparprogramms wird die Nationalbank ihren Personalstand bis zum Jahr 2020 um 93 auf 1.059 Mitarbeiter reduzieren, sagte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny am Freitag. Weiters will die Notenbank bis Ende 2018 ihre Zweigstellen in Graz und Linz sowie die Repräsentanz in New York schließen. In Österreich wird es somit, abgesehen von der Zentrale am Wiener Otto-Wagner-Platz, nur noch eine Nationalbankfiliale in Innsbruck geben. Im Ausland werden wir nur mehr ein Büro in Brüssel haben, so Nowotny. Paris und London sind bereits vor Jahren geschlossen worden. Puncto Mitarbeiterabbau will sich die Notenbank die erhebliche Pensionierungswelle in den kommenden Jahren zunutze machen und so 127 freiwerdende Stellen nicht nachbesetzen. Gleichzeitig werden 34 neue Mitarbeiter aufgenommen, die unter anderem für die Bankenabwicklung und die gemeinsame europäische Bankenaufsicht SSM zuständig sein werden. Ende 2014 beschäftigte die Notenbank 1.152 Mitarbeiter. Bereits aufgelassen hat die Nationalbank mit Anfang März eine von zehn Hauptabteilungen (Interne Dienste, Planung und Controlling). Der Direktor, der sie geleitet hat, ist in Pension gegangen, die Aufgaben, etwa die Rechtsabteilung oder der Einkauf, übernehmen andere Abteilungen. Die Nationalbank ist in vier Ressorts aufgeteilt, unter diesen sind die Hauptabteilungen angesiedelt. Die Notenbank hatte bis Ende Juni ein Jahr lang Berater von Roland Berger im Haus, die eine Optimierungsanalyse (Opal) durchgeführt haben. Wieviel das ganze gekostet hat, verriet Nowotny nicht. Wie sich das ganze auf das Ergebnis der Notenbank 2015 auswirken wird, sei schwer vorauszusagen. Das OeNB-Ergebnis hänge stark an der Entwicklung der Wechselkurse, ein größerer Teil der Veranlagungen sei in Dollar. Ich würde mich nicht trauen, jetzt eine Prognose zu machen. Den Sachaufwand halten wir schon dreimal mehr oder weniger konstant, so der Nationalbankchef. 2014 hatte die Notenbank ihr Ergebnis von 298 Mio. auf 341 Mio. Euro gesteigert, wovon der Bund als Eigentümer 315 Mio. Euro bekam. Wir hatten auch Sondereffekte aus Verkäufen, so Nowotny. Die Notenbank stieß einerseits Immobilien ab, andererseits trat die Tochter Münze Österreich ihren Anteil an den Casinos Austria an die Staatsholding ÖBIB ab. Das niedrige Zinsniveau habe sich im Vorjahr noch nicht so stark ausgewirkt, sagte Nowotny. Das Nettozinsergebnis hatte um 7 Prozent auf 778 Mio. Euro nachgegeben. Die Zinsen aus Veranlagungen machen einen wesentlichen Teil der Einnahmen der Notenbank aus. Die viel kritisierten Privilegien der Notenbanker – günstige Wohnungen, Tennisplatz, Dienstwagen – waren nicht Teil von Opal. Dennoch dürfte das Sport- und Seminarzentrum der Notenbank in Langenzersdorf verkleinert werden. Nächste Woche haben wir eine offizielle Aussprache mit dem Betriebsrat, so der OeNB-Chef bei einer Pressekonferenz. Es zeichne sich eine Lösung ab, wonach die Mitarbeiter den Sportplatz weiter nutzen können, die Notenbank aber weniger dafür zahlen müsse. Der Verkauf der Bankwohnungen sei schon im Vorjahr eingeleitet worden und werde heuer abgeschlossen, sagte ein OeNB-Sprecher zur APA. Dienstwagen seien kein Thema. Wir haben genau 6 Dienstwagen. Laut Nowotny ist die Notenbank gerade dabei, den ganzen Komplex Sozialleistungen einer großen Revision zu unterziehen. Die Optimierungsanalyse von Roland Berger zufolge soll die Notenbank ab 2020 26,4 Mio. Euro im Jahr einsparen. Bis dahin sollen es kumuliert 96 Mio. Euro an Einsparungen sein.
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7Wissenschaft
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Zum Glück hat die Latrinenforschung heute ihren gebührenden Platz in der Archäologie eingenommen. "Nature" gibt einen Einblick in das spannende Forschungsfeld. Als der italienische Archäologe Giacomo Boni 1913 einen Raum am Palatin in Rom freilegte, vermutete er eine sensationelle Entdeckung: In seinem Bericht über den Fund im ältesten bewohnten Teil der ewigen Stadt spekulierte er über einen ausgeklügelten Mechanismus, mit dem der darüber liegende Palast mit Wasser und sogar Energie versorgt worden sei. Was er in Wirklichkeit gefunden hatte, war zu seiner Zeit in akademischen Kreisen noch etwas Unaussprechliches: eine öffentliche Latrine. Ein Jahrhundert später sind Toiletten längst ein akzeptiertes Forschungsthema – und noch dazu ein hochinteressantes, wie etwa die Arbeiten von Ann Koloski-Ostrow von der Brandeis University in Waltham, Massachusetts, zeigen. Denn die Erforschung der Klos vom alten Mesopotamien über das Römische Reich bis ins Mittelalter gibt allerhand Auskunft über die jeweiligen Benutzer. Wohlstand, Gesundheit, Ernährungsgewohnheiten, kulturelle und wirtschaftliche Aspekte – Sanitäranlagen sind gewissermaßen Spiegel ihrer Gesellschaft. Wenn Sie das Thema interessiert, wollen wir Ihnen einen spannenden und informativen Hintergrundartikel in Nature ans Herz legen. Denn, um auch mal in den Zitatenschatz zu greifen und mit Vergil zu sprechen: Felix, qui potuit rerum cognoscere causas! --> Nature: The secret history of ancient toilets (dare, 29.5.2016)
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7Wissenschaft
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Italienischer Regierungschef kündigt Investition von 150 Millionen Euro pro Jahr an. Mailand – Auf dem früheren Gelände der Expo in Mailand soll nach dem Willen von Italiens Regierungschef Matteo Renzi einen neues Technologie- und Forschungszentrum entstehen. Den Vorschlag, den die Regierung machen wird, ist der eines großen weltweiten Zentrums für Genforschung, Datenverarbeitung, Ernährung, Lebensmittel und Nachhaltigkeit, sagte Renzi. So sollten bis zu 1.600 neue Arbeitsplätze entstehen. Der Staat ist bereit, für zehn Jahre 150 Millionen Euro pro Jahr in das Projekt zu investieren. Die Expo in Mailand war Ende Oktober zu Ende gegangen, mehr als 20 Millionen Menschen hatten die Weltausstellung besucht. Bis zuletzt gab es jedoch viel Kritik an den mangelnden Plänen Italiens für die Zukunft des riesigen Geländes am Rande der norditalienischen Wirtschaftsmetropole. Bislang war nur bekannt, dass der italienische Pavillon und der zum Wahrzeichen avancierte Baum des Lebens auf dem Gelände stehen bleiben und im kommenden Jahr wieder für Besucher öffnen sollen. Renzi nannte das geplante neue Zentrum einen Ort des Aufbruchs und der Exzellenz. Die Regierung stehe bereit, mit allen möglichen Instrumenten ihren Beitrag zum Erfolg des Projektes zu leisten. Ich denke, dass Mailand zur Lokomotive Europas werden könnte, sagte er.
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7Wissenschaft
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Forschungsanlage hat erstmals Helium-Plasma erzeugt. Greifswald – In der deutschen Versuchsanlage Wendelstein 7-X haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik erstmals mittels Mikrowellenstrahlung Heliumplasma erzeugt. Erstes Plasma: Fusionsanlage Wendelstein 7-X in Betrieb gegangen https://t.co/QH1bJFIB6F (js) #W7X pic.twitter.com/ZNXgs0HgKt Es war eine Generalprobe für 2016 folgende Versuche mit bis zu 100 Millionen Grad heißem Wasserstoffplasma. Mit den Experimenten sollen Erzeugung und Kontrolle von Plasmen durch Magnetfelder getestet werden: entscheidende Schritte auf dem noch langen Weg zur Energiegewinnung aus Kernfusion. Das erste Plasma in der Maschine dauerte eine Zehntel-Sekunde und erreichte eine Temperatur von rund einer Million Grad. Nun kann sie nach neunjähriger Bauzeit ihre Arbeit aufnehmen. Das ist ein toller Tag, sagte die wissenschaftliche Direktorin Sibylle Günter nach dem ersten Experiment. Wir sind sehr zufrieden, sagte auch Hans-Stephan Bosch, der für den Betrieb von Wendelstein 7-X zuständig ist. Alles lief wie vorgesehen. In den nächsten Experimenten wollen die Forscher die Dauer der Plasmaentladungen verlängern und untersuchen, wie die Helium-Plasmen durch Mikrowellen am besten zu erzeugen und aufzuheizen sind. Nach einer Pause zum Jahreswechsel geht es im Januar mit Einschlussstudien weiter, bei denen die Forscher unter anderem untersuchen, wie gut das Heliumplasma im Magnetfeld eingeschlossen wird. Mit diesen Experimenten bereiten die Forscher die ersten Experimente mit Plasmen aus Wasserstoff vor, der in Fusionsexperimenten letztlich zu Helium verschmolzen werden soll. Wendelstein 7-X ist neben einer Anlage in Japan das weltweit größte Fusionsexperiment vom Typ Stellarator. Das Institut beschäftigt rund 500 Mitarbeiter. Das Projekt wurde von EU, Bund und mit acht Prozent auch vom Land Mecklenburg-Vorpommern finanziert. In der eine Milliarde Euro teuren Anlage wollen Forscher die Kernfusion analog den Prozessen auf der Sonne erforschen, um sie auf der Erde als Form der Energiegewinnung nutzbar zu machen. Dafür ist die Erzeugung eines Plasmas erforderlich, damit später in Kraftwerken Atomkerne verschmelzen und dabei Energie freigeben können. Im Greifswalder Institut selbst ist eine Fusion von Atomkernen nicht geplant. Mit Deuterium will das Institut frühestens ab 2017 arbeiten. Bei der Verwendung dieses Wasserstoffisotops entstehen geringe Mengen Radioaktivität. Dazu seien noch weitere technische Voraussetzungen zu erfüllen, wie Klinger sagte.
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3Wirtschaft
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Gewerkschaften vereinbaren erneut die Möglichkeit der Freizeitoption. Wien – Bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die Fahrzeugindustrie wurde ein Abschluss von 1,5 Prozent Plus wie schon zuvor für die Maschinen- und Metallindustrie vereinbart. Dies teilten die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp Donnerstagabend mit. Weiters wurde auch für die knapp 27.000 Beschäftigten in der Fahrzeugindustrie eine Freizeitoption ermöglicht. Die Ist- und kollektivvertraglichen Mindest-Löhne bzw. -Gehälter steigen um 1,5 Prozent. Die Lehrlingsentschädigungen, Aufwandsentschädigung und Zulagen werden ebenso um 1,5 Prozent erhöht. Der 31. Dezember ist künftig unter Fortzahlung des Entgeltes zur Gänze arbeitsfrei. Für die Anwendung des neuen Arbeitszeitmodells und für die Freizeitoption – statt der Ist-Erhöhung können Arbeitnehmer Freizeit im Ausmaß von zwei Stunden und 15 Minuten pro Monat nehmen – sind jeweils Betriebsvereinbarungen notwendig. Insgesamt umfasst die Metallbranche rund 180.000 Beschäftigte, aufgeteilt auf sechs Fachverbände bzw. Berufszweige.
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7Wissenschaft
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Eine Wiener Kunsthistorikerin hat erstmals sämtliche schriftliche Quellen zum Bau des Stephansdoms ausgewertet. Wien – Er wollte für immer präsent sein. Anton Pilgram, der wohl bekannteste Baumeister des Wiener Stephansdoms, hat sich gleich zweimal in der weltberühmten Kathedrale verewigt. In Stein gemeißelt, lehnt er sich aus einem ebenfalls steinernen Fenster in der Kanzel und scheint den Predigten zu lauschen – obwohl man heute eher meinen könnte, er schaue staunend dem Touristentrubel zu. Pilgrams zweites Bildnis wird weitaus weniger beachtet und befindet sich hoch über dem Zentraleingang an der Orgelbühne. Doch seine doppelte Anwesenheit darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der 1515 verstorbene Fachmann eigentlich nur ein Innenausstatter des Doms war. Soweit bekannt, gestaltete der gebürtige Brünner lediglich die beiden optisch von ihm signierten Werkstücke. Die weitaus größeren Bauleistungen am Gotteshaus vollbrachten frühere Meister. Wie hätte es auch anders sein können? Der Stephansdom war etwa 300 Jahre lang eine Baustelle, sagt die Kunsthistorikerin Barbara Schedl von der Universität Wien. Wann genau mit den Arbeiten begonnen wurde, ist unklar. Einer Urkunde nach gab es bereits 1220 eine Kirche zu St. Stephan. Wie diese allerdings ausgesehen hat, kann niemand mehr nachvollziehen. Der schnell wachsenden Wiener Gemeinde indes bot sie offenbar schon bald nicht mehr genug Platz – oder Prestige. Schon Anfang des 14. Jahrhunderts kam es zu ersten Erweiterungen. Einige Jahrzehnte zuvor waren brandbedingte Restaurierungen notwendig geworden. Auch die Baugeschichte der Kathedrale hat schon mehrere Generationen von Experten beschäftigt. Für besondere Aufmerksamkeit sorgte jedoch 2007 ein Buch des Karlsruher Architekturhistorikers Johann Josef Böker. Der Autor stellt darin mehrere bis dahin gängige Lehrmeinungen zum Thema Stephansdom infrage, vor allem die Rolle des Herzogs Rudolph IV. als treibende Kraft hinter dem Bau. Aufruhr in der Fachwelt. Um die strittigen Themen ausführlicher zu besprechen, traf man sich 2011 zu einer Tagung in Wien. Und man musste überrascht feststellen: Der Wissensstand über das Wahrzeichen der österreichischen Hauptstadt ist erstaunlich gering. Zwar gibt es zahlreiche Schriftstücke, die über den Bau und den Kirchenbetrieb berichten, wie die Historikerin Schedl erläutert. Sie wurden aber noch nie systematisch ausgewertet. Diese Lücke wird nun von Barbara Schedl geschlossen – über die bisher noch nicht publizierten Ergebnisse sprach sie mit dem STANDARD. In den vergangenen drei Jahren hat die Wissenschafterin eine riesige Menge Material gesichtet – insgesamt rund 2500 Quellen, von offiziellen Stiftungsurkunden bis hin zu Lohnzetteln für die Bauarbeiter oder Angaben über den Kauf von Brennholz. Ich muss alles lesen, sagt sie. Sonst wären die Zusammenhänge nicht klar erkennbar. Vor allem die Kirchenmeisterabrechnungen seien überaus ergiebig: 16 Bände Buchhaltung, ab 1404 niedergeschrieben, leider allerdings nicht lückenlos erhalten. Die Erweiterung der ersten, romanisch gestalteten Kirche St. Stephan startete Schedls Untersuchungsergebnissen zufolge 1310 mit dem Bau eines neuen Chores. Bis dieser jedoch beginnen konnte, mussten zuerst angrenzende Grundstücke gekauft werden. Sie gehörten unter anderem dem Deutschen Orden. Die Eigentümer waren nicht wirklich angetan. Die Verhandlungen verliefen sehr zäh, berichtet Schedl. Da ist es um sehr viel Geld gegangen. Jahre vergingen. Die Landesherren Albrecht der I. und sein Sohn Albrecht der II. sahen sich genötigt zu vermitteln. Die Wiener Bürgerschaft ließ nicht locker und bekam schließlich, wonach sie strebte. Der neue Chor konnte ab 1340 liturgisch genutzt werden. Die erhaltenen Lohnlisten geben Aufschluss darüber, wie viele Menschen auf der Baustelle arbeiteten. Neben dem Baumeister und dem Polier gab es vier bis fünf Steinmetze plus an die 20 Transportleute. Dazu kamen Tagelöhner für die einfachen Handlangerarbeiten. Bei Bedarf wurden Setzer, Glaser und Schreiner hinzugekauft. Schmieden stellten Werkzeuge her und schliffen sie nach. Dennoch waren wohl nie mehr als ein paar Dutzend Personen vor Ort tätig, meint Schedl. Das war extrem straff organisiert. Effizienz ist eben keine moderne Erfindung. Gehörige Gehaltsunterschiede gab es im Mittelalter ebenfalls schon. 1415 bekam Baumeister Peter von Prachatitz wöchentlich fünf Schilling und zehn Dinar, bei freier Kost, Logis und Arbeitskleidung. Er wohnte in einem eigens für ihn gemieteten Haus. Der Tagelohn eines Knechts dagegen betrug nur sieben Groschen. Zum Vergleich: Sieben Groschen waren damals einen Dinar wert, 30 Dinar einen Schilling. Ihre Studien haben Schedl auch auf die Spuren der Baustoffe geführt. Im zwölften und 13. Jahrhundert wurden noch Steinblöcke aus der alten römischen Stadtmauer verwendet, sagt die Forscherin. Man findet sie bis heute an der Westfassade. Später kamen die Quader aus Liesing, Au am Leithagebirge und vom Mannhartsberg. Der Polier fuhr in den Steinbruch und prüfte dort das Material. Rechnungen dokumentieren den Kauf und auch den Transport zur Wiener Baustelle – meistens über den Landweg. Eine sehr kostspielige Angelegenheit, wie Schedl betont. Bauholz dagegen kam über die Flüsse. Für den Dachstuhl wurden zum Teil riesengroße Eichen und Lärchenstämme herbeigeschafft, Letztere vor allem aus den Alpen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit, die vom Wissenschaftsfonds FWF finanziert wurde, will Schedl im Rahmen zweier Bücher veröffentlichen. So viel möchte sie jetzt schon verraten: Herzog Rudolph IV. spielte doch eine größere Rolle, als ihr Kollege Böker glauben wollte. Der im 14. Jahrhundert regierende Herrscher widmete Steuern um und verpflichtete sogar Klöster, für den Ausbau des Stephansdoms zu spenden. Das größte Engagement ging allerdings von der Wiener Stadtbevölkerung aus, auch bei der Errichtung des monumentalen Südturms. Das ist ein bürgerliches Unterfangen gewesen, sagt Schedl. Die Schriften dokumentieren zahlreiche Sachspenden und Testamente. Sogar Bettzeug, Hausrat und ein schäbiger Mantel wurden der Kirche vermacht und zugunsten des Dombaus verkauft. Alle sozialen Schichten waren beteiligt. Wien kann zu Recht stolz sein auf seinen Steffl.
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Die Geschichte der Überwachung des eigenen Volks reicht weit zurück. Sei umsichtig! Und benutze deine Spione für jede Unternehmung, schrieb der chinesische General und Philosoph Sun Tzu vor 2500 Jahren in seiner Kunst des Krieges. In dieser ersten schriftlichen Systematisierung strategischer Überlegungen wird dem Einsatz von Spionen ein ganzes Kapitel gewidmet. Das zweitälteste Gewerbe der Welt ist seit jeher ein wichtiges Mittel im Ringen um Wohlstand, Ressourcen, Macht. Die Antike birgt viele Beispiele: Caesar soll etwa über ein dichtes Spitzelnetz verfügt und eine Geheimschrift erfunden haben. Sobald sich die Spionage nicht gegen eine fremde Macht, sondern das eigene Volk richtete, wird sie zur Überwachung. Venedig unterhielt schon ab dem Mittelalter ein dichtes Polizei- und Spionagewesen. Die Entwicklung der Bürokratie schaffte dann die Basis für eine großflächige Überwachung einer Gesellschaft. Joseph Fouché, Polizeiminister Napoleon Bonapartes, unterhielt ein feinmaschiges Spitzelnetzwerk, mit dessen Hilfe er Dossiers zu relevanten Personen zusammenstellen ließ. Kennzeichnend war auch die Erfassung von auffälligen Personen jeder Art (...) in einzelnen Personalbögen oder fiches. Daraus wurden bald die Karteiblätter in Registraturschränken, welche alle modernen Bürokratien kennzeichneten, ehe deren Information in elektronische Dateien überführt wurde, schreibt Wolfgang Krieger in seiner Geschichte der Geheimdienste (C. H. Beck) über Fouché. Fouché war auch eines der Vorbilder für Österreichs polizeistaatliches System. Im 20. Jahrhundert kommt neue Technik dazu, Telegrafen, Kameras, Radio, die es zu benutzen oder zensieren galt. Die totalitären Systeme verfügten beliebig über ihr Menschenmaterial. Felix Dserschinski baute etwa die erste sowjetische Geheimpolizei auf, die Tscheka, die später zum Staatsgeheimdienst GPU wurde. Die GPU überwachte auch Partei und Armee und produzierte unzählige Zwangsarbeiter. In Deutschland wütete Himmlers Gestapo, bevor in der DDR mit totaler Überwachung auf fehlende Linientreue reagiert wurde. SED-Kritiker wie Robert Havemann wurden von Heerscharen von Spitzeln belagert. Der Systematisierungsgrad der Überwachung in der digitalen Welt wäre wohl selbst Sun Tzu suspekt gewesen. Spione können ohne eine gewisse intuitive Klugheit nicht nützlich eingesetzt werden. Bevor wir Spione benutzen, müssen wir uns der Rechtschaffenheit ihres Charakters und des Ausmaßes ihrer Erfahrung und Geschicklichkeit versichern, schreibt er. Fähigkeiten, die die NSA-Server wohl noch nicht mitbringen.
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Die Fundstelle in Südengland ist Unesco-Weltkulturerbe, neolithische Ikone und das archäologische Monument schlechthin. Auch für Archäologen ist die Arbeit dort streng reglementiert. Als wir an einem Februartag um 5.30 Uhr mit unserem Bodenradar Mira 1 über einen Feldweg auf Stonehenge zufahren, bin ich leicht angespannt. Die Erlaubnis dafür, als erstes Team den Bereich innerhalb des Steinkreises mit motorisierten geophysikalischen Messgeräten zu untersuchen, haben wir erst am Tag davor von der Denkmalschutzbehörde Historic England erhalten und eigentlich schon gar nicht mehr damit gerechnet. Es ist stockdunkel, und mir ist eiskalt – die Temperaturen sind mit minus fünf Grad Celsius ungewöhnlich niedrig für Südengland. Aber der Reihe nach. Vergangenen Herbst fragt mich mein Kollege Klaus Löcker, ob ich im Februar Zeit für drei Wochen Prospektion in Stonehenge hätte. Sicher, antworte ich betont lässig, setze mich wieder an meinen Schreibtisch und grinse den restlichen Tag vor mich hin. In Stonehenge zu arbeiten, ist für Archäologen ein bisschen so wie als österreichischer Fußballnationalspieler zur EM-Endrunde zu fahren. Nicht, dass Archäologen auf anderen Fundstellen nicht ebenso Bedeutendes leisten, aber Stonehenge ist nun mal Stonehenge: Unesco-Weltkulturerbe, neolithische Ikone, vor allem aber für viele das archäologische Monument schlechthin. Darum ist auch alles, was mit Stonehenge zu tun hat, streng reglementiert, um diesen besonderen Ort der Menschheitsgeschichte möglichst ungestört zu erhalten. Dazu gehört eine absolute Flugverbotszone ebenso wie die durchgehende Bewachung des Geländes und geordnete Besucherströme. Doch nicht nur der Steinkreis selbst steht unter Denkmalschutz, auch die archäologische Landschaft, die ihn umgibt und mit ihr zahlreiche bekannte Monumente, unter anderem Cursus und Avenue, Avebury, Woodhenge und natürlich das Superhenge Durrington Walls. Zerstörende archäologische Untersuchungen wie etwa Ausgrabungen dürfen in diesem Gebiet nur sehr beschränkt durchgeführt werden, und auch nur dann, wenn der zu erwartende Informationsgewinn den Eingriff in den Boden rechtfertigt. Wir Archäologen stecken hier natürlich in einem Dilemma, denn gerade für die Erforschung der Urgeschichte sind wir im Allgemeinen auf nicht-schriftliche Quellen, sprich Bodendenkmäler, angewiesen. Um trotz dieser Einschränkungen mehr über die archäologische Landschaft um Stonehenge zu erfahren, wurde 2010 das Stonehenge Hidden Landscape Project unter Führung der Universität Birmingham und dem Ludwig Boltzmann Institut ArchPro gestartet. Ziel des Projektes war die großflächige Prospektion der archäologischen Landschaft um Stonehenge mittels zerstörungsfreier Methoden der Geophysik und der Fernerkundung. In den vergangenen sechs Jahren wurden in sieben Kampagnen insgesamt 9,3 Quadratkilometer Magnetik- und 2,4 Quadratkilometer Bodenradardaten gemessen, kartiert und durch Spezialisten wie meinen Kollegen Mario Wallner archäologisch interpretiert. Die Ergebnisse sprechen für sich: 15 neu entdeckte Fundstellen und eine bislang unerreichte Fülle an Details zu den bereits bekannten Monumenten in der Landschaft um Stonehenge. Wie so oft haben sich durch dieses Projekt aber auch jede Menge neuer Fragestellungen ergeben. Die Prospektionskampagne im Februar 2016 konzentriert sich deshalb auf ganz spezielle Areale – unter anderem in Durrington Walls –, die nochmals genauer und mit komplementären Techniken untersucht werden sollen. Zu diesem Zweck bringen wir unsere beiden hochauflösenden Bodenradarmessgeräte Mira 1 und Mira 2 nach Stonehenge, und zusätzlich das etwas geländegängigere und schnellere Spidar. Die ersten Tage nach unserer Ankunft sind ausgefüllt mit dem Aufbau der Satellitennavigation, dem Entladen und Zusammenbauen der Messgeräte und dem Inspizieren der zu untersuchenden Flächen. Sobald alles läuft, beginnt die eigentliche Feldarbeit. Wir sitzen abwechselnd für einige Stunden in beziehungsweise auf unseren Messgeräten und fahren die vorgegebenen Messflächen ab. Das klingt eintönig, kann aber durchaus spannend werden, wenn die Vorabprozessierung der Daten interessante Ergebnisse liefert, aber auch, wenn unsere Messgeräte andere Dinge tun, als sie eigentlich sollten, oder Bodenbeschaffenheit und Witterung extrem werden. Ich für meinen Teil freue mich über die Abwechslung, die die Feldarbeit vom Arbeitsalltag vor dem Computer mit sich bringt und genieße die spektakuläre Aussicht auf Stonehenge. Mit dem Messen allein ist es allerdings nicht getan. Klaus Löcker, der die geophysikalische Prospektion in Stonehenge leitet, kümmert sich um Logistik, Infrastruktur, hält Kontakt mit den Farmern der betroffenen Felder und mit Historic England und bringt widerspenstige Messgeräte wieder zum Laufen. Er achtet aber auch auf unser leibliches Wohl, kocht und führt uns an einigen Abenden mit Begeisterung in die englische Pub-Kultur ein. Während die Prospektion voranschreitet, warten wir gespannt, ob wir die Erlaubnis für Messungen unmittelbar im und um den Steinkreis erhalten. Und tatsächlich, an einem unserer letzten Tage gibt Historic England grünes Licht. Wir bekommen ein Zeitfenster von drei Stunden zwischen 5 und 8 Uhr morgens zugewiesen, bevor das Monument für die Touristen geöffnet wird. Es ist immer noch dunkel, als wir am Steinkreis ankommen und ein Wächter uns den Zaun der angrenzenden Weide öffnet. Ich lenke das Bodenradar vorsichtig über gefrorene Maulwurfshügel und sehe dann zum ersten Mal schemenhaft die Trilithen, die sieben Meter hoch vor mir aufragen. Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, welche Leistung die prähistorischen Gesellschaften vollbracht haben müssen, um dieses Monument zu errichten. Sobald die Satellitennavigation steht, beginnen wir mit der Prospektion. Das Rangieren mit dem Bodenradar innerhalb des Steinkreises erfordert volle Konzentration, noch dazu schirmen die Steine das GPS-Signal ab und machen die zentimetergenaue Positionierung des Messgeräts zum Geduldspiel. Während wir arbeiten, verfliegt die Zeit und langsam klettert die Sonne über den Horizont und an den Steinen hoch. Mario Wallner wechselt mich am Radar ab und ich habe noch ein paar Minuten, um die Morgenstimmung an diesem einzigartigen Ort zu genießen. Um Punkt acht Uhr bittet der Wächter uns freundlich, den Steinkreis zu verlassen. Wir machen noch schnell ein Foto mit unserem Bodenradar vor dem Steinkreis und nehmen den Hinterausgang über die Schafweide, während die ersten Touristen bereits auf das Monument zuströmen. Ich friere erbärmlich, zum Teil, weil die Aufregung vorbei ist, zum Teil, weil die Müdigkeit mich einholt. Unser Tag ist allerdings noch lange nicht vorüber, nach einem ausgiebigen englischen Frühstück besteigen wir wieder unsere Messgeräte und messen bei eisigem Wind noch bis fünf Uhr nachmittags. Die Messung im Steinkreis war sicherlich der Höhepunkt unserer diesjährigen Kampagne. Und trotzdem stellt er nur einen kleinen Teil im archäologischen Puzzle der Landschaft um Stonehenge dar. Einige der Ergebnisse unserer langjährigen Untersuchungen können bereits in der Ausstellung Stonehenge – Verborgene Landschaft im Mamuz-Museum Mistelbach besichtigt werden. Und sie zeigen sehr deutlich, welch wichtige Rolle die großflächige Prospektion spielt, wenn es darum geht, das Bild der Landschaft um Stonehenge zu verdichten.
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Anonyme Millionen an Clinton: Christopher Gates will mit der Sunlight Foundation Transparenz in den US-Wahlkampf bringen. STANDARD: Im Wahlkampf um die US-Präsidentschaft ist zuallererst die Fundraising-Maschine angelaufen. Jeder Bewerber versucht so viel Geld wie möglich zu sammeln. Wie beeinflusst Geld die Politik in den USA? Christopher Gates: Die Kandidaten sind derzeit viel mehr daran interessiert, Spender zu umwerben, als Wähler. Der Wettbewerb dreht sich in diesem Jahr weder um Stimmen, weil niemand wählt, noch um Umfragen, weil sie so früh wenig bedeuten – es geht ums Geld. Als Kandidat wird man nicht ernst genommen, wenn man keinen Milliardär auf seiner Seite hat. Wir nennen diese Wahl die BYOB-Wahl: Bring Your Own Billionaire. STANDARD: Der Wettlauf ums Geld wird zur Vorwahl der Vorwahl? Gates: Absolut. Wenn du populär bist und keinen massiven Super-Pac hinter dir hast, wirst du nicht ernst genommen. Auf der anderen Seite: Wenn man wie Rick Perry in den Umfragen nicht populär ist, aber einen riesen Super-Pac hinter sich hat, kann man nicht ignoriert werden. STANDARD: Was ist mit Bernie Sanders? Er will offiziell keine Unterstützung durch Super-Pacs, der Großteil seiner Spenden beträgt weniger als 200 Dollar. Ist er eine Ausnahme? Gates: Er ist keine Ausnahme. Er kampagnisiert nicht für die Nominierung als Kandidat, er führt eine Kampagne für die Seele der Demokratischen Partei. Seine Kampagne ist um ein zentrales Thema aufgebaut: ökonomische Ungleichheit. Ich weiß nicht, in wie vielen Staaten er es auf den Stimmzettel für die Vorwahl schaffen wird, da er angekündigt hat, nicht den Demokraten beitreten zu wollen. Ohne Mitgliedschaft wird es schwer sein, die demokratische Nominierung zu gewinnen. Aber seine Kampagne zeigt, wie viel man mit vielen kleinen Spenden und vielen Freiwilligen erreichen kann. Hillary Clinton führt zwar auch eine Kampagne gegen den Einfluss von Geld in der Politik, jedoch hat ihr Super-Pac gerade erst eine anonyme Spende in Höhe von einer Million Dollar angenommen. STANDARD: Seit der Oberste Gerichtshof die Beschränkungen für Spenden an Super-Pacs aufgehoben hat, wird hier viel Geld schnell verfügbar. Wie beeinflusst das die Wahlen? Gates: Der Oberste Gerichtshof hat praktisch jede Grenze für Spenden aufgehoben. In den Büchern haben wir noch ein paar Begrenzungen, aber in der Praxis sind Wahlkampfspenden jetzt unbegrenzt. Super-Pacs können Spenden in Millionenhöhe annehmen. Aber auch neben ihnen gibt es viele Wege, wie Geld, auch anonym, fließen kann. Seit den Entscheidungen des Supreme Court befinden wir uns in einer Art Wilder Westen: Es gibt keine Grenzen mehr. STANDARD: Super-Pacs müssen unabhängig von Kandidaten sein ... Gates: Aber sie sind es nicht. Teil des Problems ist, dass wir eine Wahlbehörde (die Federal Election Commission, FEC) haben, die handlungsunfhähig ist. Da sitzen drei Demokraten und drei Republikaner. Die Wahlkommission hat schon klargestellt, dass sie für die Wahl 2016 keine Regeln durchsetzen kann. Eine der Regeln für Super-Pacs ist, dass sie den Namen der Kandidaten nicht im Namen führen dürfen. Jeb Bushs Super-Pac heißt Right to Rise. Aber Carly Fiorinas Super-Pac nennt sich Carly Fiorina for President. Eine offene Verletzung der Regeln, und die FEC kann nichts tun. STANDARD: Sie haben Wege erwähnt, anonym zu spenden. Wie sehen die aus? Gates: Es gibt viele Wege, Kampagnen Geld zu spenden. Wenn man wirklich anonym spenden will, kann man das über sogenannte Social Welfare Organizations tun. STANDARD: Und noch immer Kampagnen unterstützen? Gates: Nun, es gibt ein paar Regeln dafür, was man als solche Organisation sagen darf und was nicht. Beispielsweise muss es um Wählerbildung gehen, und man kann die magischen Worte Vote for ... nicht verwenden. Aber am Ende ist es noch immer Geld, das verwendet wird, um für einen bestimmten Kandidaten zu werben. STANDARD: Mit Lawrence Lessig gibt es jemanden, der zumindest versucht, eine Kampagne rund um Wahlkampffinanzierung aufzubauen ... Gates: Ähnlich dem, wie Bernie Sanders seine Kampagne rund um wirtschaftliche Ungleichheit aufbaut. Lessig führt eine Kampagne, um Bewusstsein für das Problem von Geld in der Politik zu schaffen. Das ist großartig. STANDARD: Lessig sitzt auch im Vorstand der Sunlight Foundation. Steht bei einem Antreten nicht das Problem eines Interessenkonflikts im Raum? Gates: Ich würde das nicht so sehen. Menschen in dieser Bewegung kennen Larry schon lange, und ich bin sicher, er würde seine Funktion zurücklegen, und das Ganze wäre kein Problem. STANDARD: Gibt es eine wachsende Bewegung, die der Beeinflussung der Politik durch Wahlkampfspenden kritisch gegenübersteht? Gates: Ja, es gibt eine Bewegung rund um Menschen, die mit der Verknüpfung von Geld und Politik nicht zufrieden sind. Lessig wird mit seiner Kampagne ein Hoffnungsschimmer für diese Bürger. Was mich nachdenklich macht, ist, dass es unterschiedliche Reaktionen gibt: Die einen sind besorgt und werden aktiv, die anderen kommen zu dem Schluss, dass das System zu kaputt ist. Die zucken mit den Achseln und sagen, was kann ich als unbedeutender Bürger schon tun? (Michael Bauer, 2.9.2015)
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Unter den sechs Opfern einer Schießerei in der südmexikanischen Unruheregion sind auch zwei Kinder. Die Polizei vermutet organisierte Kriminalität hinter dem Anschlag. Chilpancingo – Die Unruheprovinz Guerrero im Süden Mexikos wird von einer Welle der Gewalt erschüttert. Bei einer Schießerei in der Ortschaft Chilapa starben sechs Menschen. Unter den Opfern seien mehrere Verwandte des ehemaligen Polizeichefs der Region, sagte der örtliche Staatsanwalt Miguel Angel Godinez am Dienstag im Fernsehsender Milenio. Demnach kamen bei dem Anschlag zwei Kinder im Alter von sieben und einem Jahr ums Leben. Erst vor einer Woche war der Sohn von Ex-Polizeichef Silvestre Carreto Gonzalez getötet worden. Wir gehen davon aus, dass die Tat im Zusammenhang mit der Arbeit des ehemaligen Sicherheitschefs steht, sagte Godinez. Unserer Vermutung nach steckt das organisierte Verbrechen dahinter. Die Polizei sucht nun nach Carreto, um seine Aussage aufzunehmen. Der Aufenthaltsort des früheren Polizeichefs ist unbekannt. Am Tatort wurden ein Geländewagen und ein völlig ausgebranntes Auto sichergestellt. Chilapa ist ein Brennpunkt der Gewalt. Vor den Regionalwahlen im Juni wurden dort mehrere Menschen verschleppt und der Bürgermeisterkandidat der Regierungspartei PRI erschossen. Die Gemeinde liegt in einem wichtigen Mohnanbaugebiet für die Opiumproduktion und ist zwischen den Banden Los Rojos und Los Ardillos heftig umkämpft. Erst in der Nacht auf Montag waren bei einem Überfall auf eine Hahnenkampfarena in Guerrero mindestens zehn Menschen getötet worden. Schwarz gekleidete Männer eröffneten in der Ortschaft Cuajinicuilapa südöstlich des Badeorts Acapulco mit Sturmgewehren das Feuer. Alles weist auf einen direkten Angriff hin. Sie waren hinter einer bestimmten Person her, sagte Staatsanwalt Godinez. Zuvor hatten die Ermittler von zwölf Opfern gesprochen. Zwei auf einem Weg entdeckte Leichen stünden allerdings in keinem Zusammenhang mit der Attacke auf die Arena, erklärte Godinez im Radiosender Formula. Bürgermeister Constantino Garcia Cisneros bat um zusätzliche Polizisten und Soldaten zum Schutz seiner Gemeinde. Außerdem rief er die Bevölkerung zur Vorsicht auf. Er befürchte vor allem Zwischenfälle bei der Beisetzung der Opfer, sagte der Bürgermeister der Zeitung El Universal.
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Einem deutsch-österreichisches Forscherteam gelang die von Linus Pauling 1935 berechnete perfekte Anordnung von Eis. Innsbruck – Der zweifache Nobelpreisträger Linus Pauling hat 1935 berechnet, wie perfekt Eis theoretisch angeordnet sein kann. Chemikern der Uni Innsbruck und der Technischen Universität Dortmund ist es nun erstmals gelungen, ein spezielles Eis unter Hochdruck genau an diesen Punkt heranzuführen. Ein gewöhnlicher Eiswürfel aus dem Gefrierschrank ist bei weitem kein perfekter Kristall. Er besteht aus sogenannten frustrierten Eiskristallen, in denen zwar die Sauerstoffatome geordnet sind, die Wasserstoffatome allerdings völlig ungeordnet bleiben. Nimmt die Temperatur ab, nimmt gleichzeitig Entropie – also das Maß für die Unordnung eines Systems – ab, bis theoretisch nur ein möglicher Zustand für ein System übrig bleibt. Genau diesen Punkt berechnete der 1994 verstorbene Pauling in der Pauling-Entropie für gewöhnliches Eis. Diese gibt den Unterschied zwischen maximal ungeordnetem und am absoluten Nullpunkt der Temperaturskala bei minus 273,15 Grad Celsius vollständig geordnetem Eis wider. Doch dieser Wert wurde bisher nie erreicht, obwohl es oft versucht wurde, so Thomas Lörting von der Uni Innsbruck. Der Grund liege darin, dass die Wassermoleküle bei ungefähr minus 170 Grad Celsius einfach aufhören würden, sich zu bewegen. Damit sich aber der perfekte Kristall ausbilden kann, dürfte das erst bei minus 201 Grad Celsius passieren. Die Wissenschafter experimentieren daher mit Zusatzstoffen, die die Moleküle länger agil halten. Japanische Forscher fanden heraus, dass das mit kleinsten Mengen Kaliumhydroxid gelingt. Kühlten sie das Gemisch ab, ordneten sich die Kristalle zwar auch noch bei minus 210 Grad Celsius, jedoch nicht vollständig und sehr langsam. Wir haben versucht, das selbe Spiel mit Kristallen unter Hochdruck-Bedingungen zu spielen, so Lörting. Unter Druck kennt man 15 verschiedene Kristalle von Eis. Lörting und seine Kollegen setzten auf Eis XII. Diese Variante ist beispielsweise sogar bei Plusgraden (Celsius) herstellbar und könnte in der Natur etwa im Inneren von Eismonden des Jupiter oder Saturn entstehen. Unter einem Druck von 8.000 bar und unter Zugabe von Chlorwasserstoff kühlten die Forscher das Eis XII in einer eigens entwickelten Vorrichtung ab. Wir hatten auch bei sehr tiefen Temperaturen noch genügend Beweglichkeit, berichtet Lörting. Nach zwei Stunden hätten sich so 100 Prozent der Moleküle geordnet, perfekt geordnetes Eis XIV war entstanden. Wir haben also zum ersten Mal den Übergang von vollständig ungeordnet zu vollständig geordnet geschafft. Das hat noch bei keiner Form von Eis irgendjemand jemals geschafft, freute sich der Forscher über das im Fachblatt Nature Communications veröffentlichte Ergebnis. Ließen sich die Forscher beim Abkühlen genügend Zeit, erreichten die Messwerte sogar sehr genau das von Pauling errechnete Niveau. Es war natürlich wunderschön, dass das wirklich mit dieser Vorhersage von vor 80 Jahren zusammengepasst hat. Pauling hat davon gesprochen, dass das ein Traum für ihn wäre, so der Forscher. Im Zuge der Arbeit habe man sehr viel über die Abläufe in den Netzwerken und deren Beeinflussung gelernt. Es sei nun denkbar, Prozesse, die bei hohen Temperaturen sehr schnell ablaufen, sozusagen in Zeitlupe in diesem speziellen Eis, ablaufen zu lassen. Das könnte Einblicke in chemische Abläufe ermöglichen, die so vielleicht außerhalb der Erde unter Extrembedingungen stattfinden.
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Sohn des Medienmoguls Rupert Murdoch löst Nick Ferguson ab, der Ende April geht. London – Beim britischen Bezahlfernsehkonzern Sky nimmt der Einfluss der Murdoch-Familie wieder zu. James Murdoch, Sohn des Medienmoguls Rupert Murdoch, wird künftig wieder an der Spitze des Aufsichtsrats stehen, wie das Unternehmen am Freitag in London mitteilte. Murdoch löst damit Nick Ferguson ab, der Ende April abtritt. Sky gehört zu etwa 39 Prozent zum Medienimperium der Murdoch-Familie. James Murdoch war schon bis 2012 dem Aufsichtsrat vorgestanden. Im ersten Geschäftshalbjahr (bis Ende Dezember) stieg der Umsatz des britischen Konzerns währungsbereinigt um 5 Prozent auf 5,7 Mrd. Pfund (7,5 Mrd. Euro), in Deutschland lag das Plus bei 10 Prozent. Konzernweit legte das operative Ergebnis um 12 Prozent auf 747 Mio. Pfund zu. Die Dividende soll um zwei Prozent auf 12,6 Pence je Aktie erhöht werden. Im zweiten Quartal hat Sky 337.000 neue Kunden hinzugewonnen, insgesamt sind es nun 21 Millionen. Die Gruppe ist in fünf europäischen Ländern aktiv, im vergangenen Geschäftsjahr übernahm sie auch Sky Deutschland und Sky Italien. Der Sender kämpft im Wettbewerb um Spielfilme und Serien unter anderem gegen die Konkurrenz neuer Anbieter wie Netflix oder Amazon.
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Schroffes Terrain ohne größere Reifenschäden überquert. Pasadena– Der NASA-Marsrover Curiosity hat seine fast zweimonatige Fahrt über das bisher schroffste Terrain auf dem Roten Planeten ohne größere Reifenschäden überstanden. Nachdem der Rover einige Wochen lang Sanddünen untersucht hatte, sei er Anfang März auf das sogenannte Naukluft-Plateau aus Sandstein gerollt, teilte die NASA am Mittwoch (Ortszeit) mit. Zur Überquerung musste er etwa 400 Meter über den holprigen Untergrund rollen. Vor dem schwierigen Manöver hatten sich NASA-Forscher Sorgen um die sechs Aluminiumreifen des Rovers gemacht, die schon seit längerem Löcher und Risse aufweisen. Ersten Prüfungen zufolge habe die Fahrt die Abnutzung aber nicht weiter beschleunigt. Nun soll Curiosity wieder auf glatterem Terrain weiterrollen. Ich bin zuversichtlich, dass er es zu den Destinationen auf Mount Sharp schafft, die wir von Beginn der Mission an vorgesehen haben, sagte Steve Lee vom Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena. Der Rover war vor fast vier Jahren auf dem Mars gelandet und sucht dort nach Spuren potenziellen Lebens.
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Forscher rekonstruierten ozeanischen Sauerstoffgehalt vor 1,4 Milliarden Jahren und stießen auf eine offene Frage. Kopenhagen – Etwa 600 Millionen Jahre bis ins Zeitalter des Ediacariums muss man zurückgehen, um zu den ersten Tieren zu gelangen. Davor dürfte die Erde zum einen einfacheren Organismen wie Bakterien, zum anderen aber auch bereits früher entstandenen Lebewesen mit Zellkern (Eukaryoten) wie etwa Pflanzen vorbehalten gewesen sein. Warum die Tiere deutlich länger gebraucht haben, dafür wurde bislang zumeist der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre beziehungsweise der Ozeane verantwortlich gemacht. Zu den Definitionsmerkmalen dessen, was ein Tier ausmacht, gehört die Sauerstoffatmung. Deshalb wurde angenommen, dass es im Zeitraum vor dem Aufkommen der ersten Tiere einen letzten entscheidenden Anstieg des Sauerstoffgehalts gegeben haben müsse – lange nach der sogenannten Großen Sauerstoffkatastrophe vor etwa 2,4 Milliarden Jahren, als sich die dritte und bis heute bestehende Erdatmosphäre herauszubilden begann. Eine aktuelle im Fachmagazin PNAS erschienene Studie zweifelt diese Vermutung nun aber an. Dänische und chinesische Forscher untersuchten nämlich Sedimentproben, die aus der Xiamaling-Formation in China stammen und ein Alter von 1,4 Milliarden Jahren haben. Aus den enthaltenen organischen Molekülen konnten sie ableiten, dass es in den Tiefen des damaligen Ozeans einen Sauerstoffgehalt von mindestens vier Prozent der heutigen Konzentration gegeben haben muss. Das klingt nach nicht viel – aber es gibt auch heute Tiere, die mit einem solchen Wert und sogar mit noch weniger zurechtkommen: Unter anderem Schwämme, die als ältester aller Tierstämme gelten, wie eine andere Studie vor kurzem ergab. Die Sauerstoffkonzentration hätte also auch damals schon gereicht, 800 Millionen Jahre bevor die Tiere tatsächlich auftauchten. Warum sich dies dennoch verzögerte, bleibt damit vorerst rätselhaft.
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Sie sind bis zu zwei Meter hoch und bedecken ganze Regionen in den südamerikanischen Feuchtsavannen. Bisher war unklar, wer die rätselhaften Haufen erschaffen hat. Braunschweig/Wien – In den Feuchtgebieten Südamerikas erscheinen einige Landstriche wie von Menschenhand geformt: Große Erdaufschüttungen, einige bis zu fünf Meter breit und zwei Meter hoch, verteilen sich in überraschender Regelmäßigkeit oft dicht an dicht über weite Flächen der wasserreichen Llanos Kolumbiens und Venezuelas. Die eindrucksvollen Hügel wurden erstmals in den 1940er-Jahren gesichtet. Doch viel mehr, als dass sie ein natürliches Phänomen sind, hat man in den zurückliegenden fast 80 Jahren nicht über sie herausgefunden. Das mag zum Teil auch daran liegen, dass sich das wissenschaftliche Interesse an den im Spanischen Surales genannten Erdhügeln bisher in Grenzen hielt. Um diese Lücke zumindest zu verkleinern und dem mysteriösen Urheber der Formationen auf die Schliche zu kommen, hat nun ein internationales Team von Geoökologen, Biologen und Chemikern ein ganzes Arsenal an Forschungsmethoden aufgefahren: Die Wissenschafter setzten auf Satellitenbilder und Luftaufnahmen ebenso wie auf chemische und physikalische Laboranalysen und nicht zuletzt auf harte Feldarbeit in den unwirtlichen Sümpfen. Und die Mühe dürfte sich gelohnt haben. Den Forschern um Anne Zangerlé von der Technischen Universität Braunschweig ist es gelungen, die Baumeister der Surales zu identifizieren: Es handelt sich um simple Regenwürmer – und sie errichten die Hügel zum Großteil aus ihren Exkrementen. Die Hauptarbeit leistet dabei ein Wurm der Gattung Andiorrhinus. Über 90 Prozent der Wurmbiomasse in der Umgebung der Surales gehen auf sein Konto. Die Würmer finden in den saisonal überfluteten Feuchtsavannen einen reich gedeckten Tisch, denn ihre Hauptnahrungsquelle besteht aus verrottenden Pflanzenresten. Anstatt den dabei am anderen Wurmende anfallenden Humus an Ort und Stelle auszuscheiden, bringen ihn die Tiere immer zum selben Ort – eine Art gemeinschaftliche Wurmtoilette also. Die Forscher konnten beobachten, wie diese anfänglich kleinen Haufen zu regelrechten Türmen heranwuchsen. Aus diesen wiederum wurden schließlich die charakteristischen Hügel. Doch selbst an diesem Punkt ist das Wachstum einiger Surales noch nicht zu Ende. Liegen zwei der Hügel eng beieinander, können sie zu noch größeren Exemplaren verschmelzen. Der Anteil an Wurmausscheidungen beträgt selbst bei diesen alten, ausgewachsenen Surales bis zu 50 Prozent. Mit unseren Ergebnisse können wir nun erstmals nachvollziehen, wie diese einzigartigen Landschaften entstanden sind, sagt José Iriarte von der University of Exeter, der an der im Fachjournal Plos One präsentierten Studie beteiligt war. Das Wissen um die ökologische Bedeutung der Surales sei auch dringend nötig, betonen die Forscher. Die gesammelten Daten würden wesentlich dabei helfen, die vielschichtige Welt der Llanos und ihre Hügel aus Wurmexkrementen besser zu schützen. Iriarte befürchtet allerdings, dass es dafür bereits zu spät sein könnte: Die rasante Ausbreitung der industriellen Landwirtschaft in Südamerika zerstört das empfindliche Ökosystem der wasserreichen Ebenen schneller, als man es erforschen kann. (Thomas Bergmayr, 12.5.2016)
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Jasmine Rinnofner entwickelt komplexe Gewebemodelle von Organen. Die Entwicklung neuer Medikamente kann zehn, 15 Jahre dauern. Auf jahrelange Tests in Zellkulturen und Tiermodellen folgt die klinische Phase mit der Erprobung am Menschen. Wenn erst spät erkannt wird, dass die Wirksamkeit nicht ausreicht oder unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, können Jahre der Forschung umsonst gewesen sein. Die Technologie, an der Jasmine Rinnofner forscht, erlaubt es, dass Medikamente schon frühzeitig besser getestet werden können, um die Entwicklungszeit zu verkürzen. Die Studentin des Masterstudiengangs Molecular Biotechnology an der FH Campus Wien arbeitet zurzeit im Rahmen eines Auslandsemester an der University of Washington in Seattle an der Entwicklung sogenannter Tissue Chips. Das sind dreidimensionale Gewebemodelle, die menschliche Organe imitieren, um so schneller genauere Vorhersagen über die Wirkungsweisen von Medikamenten treffen zu können. In den zündholzschachtelgroßen Chips hat man viele Möglichkeiten, die Reaktionen komplexer Gewebe auf mechanische oder chemische Reize zu testen. Man kann so bereits in präklinischen Tests In-vivo-Situationen besser nachahmen, erklärt die 1988 geborene Kärntnerin. Rinnofner widmet sich mit ihrem Team einer derartigen Plattform, die das Herz imitiert. Dafür werden patientenspezifische induzierte pluripotente Stammzellen (iPSC), also reprogrammierte menschliche Zellen, in einer aus einem Schweineherz stammenden extrazellulären Matrix – dem Gewebe zwischen den Zellen – eingebettet und zu Herzzellen herangezogen. Den Reifegrad der Zellen richtig hinzubekommen sei schwierig, sagt die Biotechnologin, genauso wie das Einstellen anderer biochemischer Abläufe im Gewebe. Die Forscherin hat sich etwa damit beschäftigt, wie der elektrische Reiz bei einem Herzschlag zwischen den Zellen weitergeleitet wird. Das Coole dabei ist, dass man die Medikamentenentwicklung mit dieser Technik personalisieren kann. Jeder reagiert anders, sagt Rinnofner. In den derzeitigen klinischen Studien ist es wichtig, verschiedene Populationen hineinzubringen. Die genetischen Unterschiede kann man in Zukunft dann schon früher berücksichtigen. Allerdings: Die Forschung steht noch ziemlich am Anfang. Es wird noch einige Jahre dauern, bis das ausgereift ist. Dann könne man mit Rinnofners Chip etwa überprüfen, ob und bei welcher genetischen Ausstattung ein potenzieller Wirkstoff kardiotoxisch ist, also das Herz schädigt. Die im Mölltal aufgewachsene Studentin hat ihre bisherigen Studien auf einige Hochschulen aufgeteilt: Biologie an der Uni Salzburg, Biomedizinische Analytik an der FH Salzburg, Auslandsaufenthalte in Boston und Neuseeland. Nach Seattle verhalf ihr ein Exzellenzauslandsstipendium der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer Kärnten. Die praktische Ausrichtung und das Kennenlernen neuer Orte seien bestimmende Faktoren ihrer Laufbahn. Das Interesse an medizinischen Wirkstoffen habe dabei schon als Kleinkind bestanden, als sie die Gesundheitsbücher ihrer Mutter durchforstete. In Seattle gefällt ihr, dass fast wie im Mölltal die Berge vor der Tür sind. Nach knapp einem Jahr in den USA vermisst sie aber nicht nur die heimatlichen Berge, sondern auch a gescheite Brettljausen.
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Welche Bücher befinden sich aktuell auf Ihrer Leseliste? Wo lesen Sie gerne, und wem folgen Sie bei Buchempfehlungen?. Einen Blick auf ihr Nachtkastl, genauer auf die dort versammelten Bücher, gönnten uns einige Userinnen und User im vergangenen Literaturforum. Damit wurde unsere wiederkehrende Frage nach Ihren aktuellen Lesevorlieben diesmal auch visuell beantwortet. Ein Blick ins Forum zeigte aber auch, dass ein Buch, nur weil es neben dem Bett platziert ist, nicht unbedingt gelesen werden muss: Diese Zweckentfremdung des Joyce-Klassiker ist vermutlich nicht im Sinne des Autors. Aber es wird wohl eine jede und ein jeder eine ähnlich beschwerliche Beziehung zu dem einen oder anderen Werk haben. Welche Bücher sind es bei Ihnen, die seit Jahren darauf warten, (zu Ende) gelesen zu werden? Welche anderen Bücher lesen Sie zurzeit tatsächlich? (jmy, 19.5.2016)
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7Wissenschaft
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Cixin Liu gewinnt Preis für besten SF-Roman – Fans erteilen reaktionärer Splittergruppe eine klare Absage. Spokane – Und am Ende, da ist es nach monatelanger Aufregung fast noch eine ganz normale Hugo-Gala geworden: Samstagabend fand die Verleihung des wichtigsten Preises für Science-Fiction-Literatur statt: Ein alljährlich vergebener Fan-Preis, bei dem jeder mitstimmen kann, der sich für die World Science Fiction Convention des jeweiligen Jahres anmeldet. 5.950 Fans, so viele wie noch nie, nahmen heuer an der Abstimmung zu den Hugo Awards teil, die Zeremonienmeister David Gerrold im Anschluss aus vielerlei Gründen als historisch bezeichnete. Doch mehr dazu später, erst – Ehre, wem Ehre gebürt – die Gewinner. In der traditionell prestigeträchtigsten Kategorie gewann der chinesische Autor Cixin Liu den Hugo Award für den besten Roman. Sein The Three-Body Problem, das bislang noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, ist der Auftaktband einer komplexen Trilogie, die mit einer Verschwörung beginnt und sich der Frage zuwendet, wie die Menschheit mit dem Wissen umgeht, dass in mittlerer Zukunft Vertreter einer überlegenen außerirdischen Zivilisation die Erde erreichen werden. The Three-Body Problem war bereits in der Endauswahl der Nebula Awards gewesen, dem von den Science Fiction and Fantasy Writers of America vergebenen Profi-Gegenstück zum Hugo. Dort musste es sich noch Jeff VanderMeers Southern Reach-Trilogie geschlagen geben – ebenso wie der Fantasy-Roman The Goblin Emperor von Sarah Monette alias Katherine Addison und Ancillary Sword, die Fortsetzung von Vorjahressiegerin Ann Leckies Weltraumsaga Ancillary Justice (Die Maschinen). Diese beiden belegten nun beim Hugo die Plätze hinter Cixin Liu. Bester Film: Guardians of the Galaxy Da weitaus mehr Menschen Science Fiction im Kino sehen als lesen, erhält die Nebenkategorie Bester Film außerhalb der Literaturwelt in der Regel die meiste Publicity. Hier gewann wie schon bei den Nebulas die Actionkomödie Guardians of the Galaxy den Preis – vor Captain America: The Winter Soldier, Edge of Tomorrow, Interstellar und dem Lego-Film. Weitere Hugos gingen an die kanadische TV-Serie Orphan Black als bestes filmisches Kurzformat, an das Superhelden-Comic Ms. Marvel von G. Willow Wilson und an den niederländischen Autor Thomas Olde Heuvelt, dessen The Day the World Turned Upside Down als beste Novellette ausgezeichnet wurde. Nicht zu vergessen eine ganze Reihe weniger prominenter Kategorien, vom besten semiprofessionellen Magazin bis zum besten Fancast: Eine vollständige Liste der Gewinner und der Nominierten finden Sie hier. Durch die Gala, die man sich wie eine charmant amateurhafte Version der Oscar-Verleihung vorstellen darf, führten die Autorin Tananarive Due im Lt.-Uhura-Kostüm und ihr älterer Kollege David Gerrold, der als Autor der legendären Tribbles-Folge seinen ganz persönlichen Star Trek-Bezug hat ... und von Donald Trump mit Blick auf dessen exzentrische Frisur seinen Tribble zurückforderte. Exotische Gäste – darunter Astronaut Kjell Lindgren, der den Roman-Sieger von Bord der ISS aus verkündete, ein Dalek aus der Serie Doctor Who und mit der Autorin Nina Horvath auch eine waschechte Österreicherin – bereicherten das Geschehen. Und sorgten für gute Stimmung, obwohl über dem Austragungsort Spokane im US-Bundesstaat Washington die Rauchwolken naher Waldbrände hingen und fast wie ein Omen wirkten. ... denn leider war heuer nichts normal. Der Gala war eine monatelange hasserfüllte Kontroverse vorausgegangen, wie es sie in der Science-Fiction-Gemeinde, die sich stets als große Familie verstanden hat, noch niemals gab. Was war geschehen? Kurz gesagt: Der aktuelle US-amerikanische Kulturkrieg hatte auf die Science Fiction übergegriffen. Jeden Frühling werden die Kandidaten für den Hugo Award präsentiert, also diejenigen, die von Fans am häufigsten nominiert wurden. Heuer allerdings wurden individuelle Nominierungen weitestgehend ausgehebelt: Zwei rechtslastige Gruppierungen von Autoren und deren Fans, die konservativen Sad Puppies und die radikaler gesinnten Rabid Puppies um den christlichen Verleger Vox Day, hatten ihre Anhänger zu einer Blockabstimmung mobilisiert. Da die Zahl an nominierenden Fans traditionell überschaubar ist und zudem in lauter individuelle Geschmäcker zerfällt, hat es auch eine kleine Gruppe leicht, sich durchzusetzen, wenn sie im Gleichschritt marschiert. Ironischerweise haben die Sad Puppies, die sich noch immer für die treibende Kraft der Aktion halten, bis heute nicht zur Kenntnis genommen, dass sie von ihren radikaleren Verbündeten instrumentalisiert wurden. Vox Day nutzte die Kampagne, um sich selbst und Produkten seines Kleinverlags multiple Nominierungen zu sichern. Das Ergebnis war ein für das Fandom schockierender Stimmzettel, der von Puppy-Nominierungen wimmelte. In einigen Kategorien standen nun sogar ausschließlich Puppy-Kandidaten zur Wahl. Als Rechtfertigung für ihr Vorgehen sprachen beide Puppy-Fraktionen von einer seit Jahren anhaltenden Verschwörung aller möglichen Leute – von Linken, Frauen, Schwulen, Akademikern, Literati usw. –, die den Hugo Award ausschließlich ihresgleichen zuschanzen würden. Was auch immer ihresgleichen in einem so heterogen zusammengesetzten Feindbild sein mag. Aus einer solchen Aktion folgt ein scheinbarer Lagerkampf – während es tatsächlich nur ein Lager gibt, das den Rest der Welt über einen Kamm schert und seine Interessen als gleich wichtig oder noch wichtiger als die aller anderen zusammen betrachtet. Es war, als würde Portugal beim Song Contest mit der Strategie antreten, sämtliche anderen Länder als Teil einer Verschwörung mit finsterer Agenda zu bezeichnen und sich zur einzigen Gegenkraft hochzustilisieren. Das funktioniert genau so lange, bis eine Abstimmung zeigt, wie klein die lautstark agitierende Minderheit tatsächlich ist. Doch nicht nur, dass sich in Internetforen bald blanker Hass ausbreitete, nachdem die Puppies Gift in eine bis dahin friedliche Community getragen hatten. Auch die Kampagne selbst machte bemerkenswerte Wandlungen durch. Ein angeblich rein literarischer Diskurs mündete rasch in klassisches Mobbing und schließlich in einen Boykottaufruf gegen den linken SF-Verlag Tor: Eine vermeintlich spontane Aktion, weil Tor sich – verständlicherweise – weigerte, eine Mitarbeiterin zu entlassen, auf die sich die Puppies eingeschossen hatten. Genau gegen diesen Verlag wollte Vox Day allerdings schon ein Jahr zuvor aus ganz anderem Grund einen Boykott initiieren. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier persönliche Rechnungen beglichen werden sollten. Und Vox Day, als Autor wie Verleger bedeutungslos, glaubt offenbar eine mit dem vielleicht wichtigsten SF-Verlag weltweit zu haben. Und einmal mehr ließen sich die Sad Puppies von ihm instrumentalisieren und von einem Zielobjekt zum nächsten manövrieren. Sie wollten angeblich die Hugos demokratisieren – und drängten die große Mehrheit der Fans ins Abseits. Sie wollten gegen eine nicht existierende ideologisch motivierte Clique antreten – und waren selbst die einzigen, die eine bildeten. Und sie wollten zeigen, was gute Science Fiction ist – und stellten einen Stimmzettel zusammen, auf dem sich mediokre Werke und einige qualitative Totalausfälle drängelten. Die Puppies hatten eine Menge Behauptungen in die Welt gesetzt und ohne Unterlass wiederholt. Keine einzige davon konnten sie belegen – und die allerletzte löste sich nun bei der Hugo-Abstimmung in heiße Luft auf: Nämlich die Fehlannahme der Puppies, dass sie für die schweigende Mehrheit der Science-Fiction-Fans sprechen würden. Die Mehrheit wurde in Anspruch genommen und die Mehrheit hat eindrucksvoll geantwortet: Nicht ein einziger Puppy-Kandidat hat einen Preis gewonnen – mit Ausnahme von Guardians of the Galaxy. Wobei jedoch vorab in nahezu allen SF-Foren Einigkeit geherrscht hatte, dass die Filmkategorien ein Sonderfall sind, weil in Hollywood – so ehrlich muss man sein – kaum jemand wissen dürfte, was die Hugo Awards überhaupt sind. Geschweige denn aktiver Teil der Puppy-Kampagne wäre. In sämtlichen literarischen Kategorien verloren die Puppy-Kandidaten bemerkenswert deutlich (die genauen Statistiken sind hier zu finden). Was auch bedeutete, dass die Fans in den Kategorien, in denen ausschließlich Puppy-Kandidaten zur Wahl standen, dafür stimmten, keinen Preis zu vergeben. Die seit jeher mögliche Option No Award wurde in den Kategorien Sachbuch, Kurzgeschichte, Novelle und bester Herausgeber (Lang- und Kurzformat) gezogen. Die in den vergangenen Monaten zum Mem gewordene Verballhornung Noah Ward wurde somit zum meistgenannten Namen des Abends. Fünfmal kein Preis verliehen: Das ist soviel wie bis dato in der ganzen über 60-jährigen Geschichte der Hugo Awards zusammen. Allerdings ist es auch weit von der nuklearen Option entfernt, vor der im Vorfeld viele – unter anderem George R. R. Martin – gewarnt hatten: Nämlich aus Zorn über die Blockabstimmung der Puppies und ihre anhaltende Hetzkampagne durchgehend mit No Award zu stimmen und so den ganzen Hugo-Jahrgang 2015 den Bach runtergehen zu lassen. Stattdessen stimmten die Fans äußerst zielgenau ab. Wirklich zufrieden kann niemand damit sein, was bei der Hugo-Kontroverse herausgekommen ist. Es konnte nur noch zwischen schlechten Optionen gewählt werden, aber davon hat sich immerhin die erträglichste durchgesetzt. Insofern können sich nun all die unterschiedlichen Fans, die von den Puppies unter pauschalisierenden Schmähbegriffen zu einem Pseudo-Lager zusammengefasst wurden, als Sieger fühlen. Als Gewinner ist aber auch Vox Day zu betrachten. Nicht weil er in bester verschwörungstheoretischer Manier für jeden denkbaren Wahlausgang schon vorab erklärt hat, warum dies seinen Sieg beweise. Sondern weil er es geschafft hat, seine Agenda dem gesamten Fandom aufzuzwingen. Monatelang wurde ausschließlich auf das reagiert, was er vorgegeben hatte. Vor allem aber ist er ein finanzieller Gewinner, weil er seinen Bekanntheitsgrad enorm erhöht hat. Menschen, die seine Ideologie nicht teilen, sind ihm ohnehin egal. Unter Geistesverwandten, die zuvor noch nie von ihm gehört hatten, hat er aber sicher neue Käufer gefunden, womit sich der Aufwand gelohnt hat. Eindeutiger Verlierer der Abstimmung sind die Sad Puppies – auch wenn sie nach dem spektakulären Verfehlen aller ihre vorab deklarierten Ziele nun eifrig versuchen, diese rückwirkend umzuschreiben. Einige ihrer Proponenten dürften sich zudem über die aktuelle Niederlage hinausgehenden, bleibenden Rufschaden zugefügt haben, indem sie die Brücken zum Rest der SF-Community abbrachen. Anders als Vox Day, bei dem gezielte Provokation und eine Politik der verbrannten Erde integraler Bestandteil des Selbstmarketings sind, sehen sich die gemäßigteren Sad Puppies nach eigenen Worten als Teil der SF-Community. Doch haben einige von ihnen im Verlauf der Kontroverse jede Mäßigung verloren. Es stellt sich die Frage, welches Standing eine Sarah Hoyt oder ein Brad R. Torgersen noch haben können – nach dem, wie sie in den vergangenen Monaten über Berufskollegen gesprochen haben. Als Verlierer werden in vielen Reaktionen auch diejenigen Autoren genannt, die es aufgrund der Blockabstimmung der Puppies nicht auf den Stimmzettel geschafft haben. Nüchtern betrachtet unterscheidet sich 2015 da aber kaum von einem normalen Jahrgang: Jedes Jahr kann nur einer gewinnen und andere würdige Kandidaten gehen damit zwangsläufig leer aus. Verlieren ist ein hartes Los, aber es ist auch der Normalzustand. Ob der Hugo Award selbst auf der Gewinner- oder Verliererseite steht, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Die Kontroverse hat zweifellos an seinem Image gekratzt, und ein mehrfaches No-Award-Ergebnis widerspricht seiner Intention, guten Science-Fiction-Werken Aufmerksamkeit zu verschaffen. Andererseits wurde damit ein Signal gesetzt, dass Kampagnen und Blockabstimmungen abgelehnt werden und die Fans sich ehrliche Gewinner wünschen. Es wurden mehrere Vorschläge eingebracht, das Nominierungsprozedere so zu verändern, dass Blockabstimmungen wie die der Puppies künftig nicht mehr möglich sind. Sollten sich diese durchsetzen, könnten sie aber frühestens 2017 wirksam werden: Die Hugos sind bei Systemänderungen schwerfällig – und zwar gewollt, weil Entschlüsse in der Hitze des Augenblicks vermieden werden sollen. Da für das nächste Jahr schon längst die nächste Puppy-Kampagne angekündigt ist, bleibt zu hoffen, dass die Fans die Lehre aus dem heurigen Desaster gezogen haben und ihre notorische Laxheit beim Nominieren ablegen, wenn Anfang 2016 die nächste Runde ansteht. Wenn die Aufregung der vergangenen Monate dazu führt, dass mehr Fans als bisher schon in der Nominierungsphase aktiv werden, hätte der Hugo letztlich tatsächlich gewonnen. Was sich die Puppies in gewohnter Verkennung der Realität fraglos auf ihre Fahnen heften würden – sollen sie. (Josefson, 23. 8. 2015)
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7Wissenschaft
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Die Bodenpfleger setzen auf Moleküle, die weltweit eine enorme Gesamtmasse ergeben würden: ein Kilogramm pro Mensch. Bremen – Die ökologische Leistung von Regenwürmern, nämlich Nährstoffe aus totem Pflanzenmaterial zurückzugewinnen und den Boden aufzulockern, kann gar nicht hoch genug geschätzt werden. Allerdings brauchen sie für ihre Tätigkeit auch einen besonderen Schutz, wie das Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie berichtet. Denn in Laub und anderem abgestorbenen Material sind immer noch Giftstoffe enthalten, mit denen sich die Pflanzen gegen Fraßfeinde geschützt haben. Pflanzen produzieren Polyphenole, die als Antioxidantien wirken und Pflanzen ihre Farbe geben. Sie behindern jedoch die Verdauungsprozesse vieler Pflanzenfresser. Wissenschafter um Manuel Liebeke haben nun mit einem auf Massenspektrometrie beruhenden bildgebenden Verfahren (MALDI-MS) Moleküle – sogenannte Drilodefensine – im Darm der Würmer entdeckt, die die pflanzlichen Abwehrstoffe ausschalten und das Verdauen der Nahrung ermöglichen. Die Drilodefensine arbeiten im Prinzip wie Seife: Sie umhüllen die Nahrungseiweiße und Enzyme im Wurmdarm und verhindern, dass die Polyphenole daran binden können. Ohne diesen Schutz würden die pflanzlichen Polyphenole einen Prozess starten, der den Wurmdarm schädigen würde. Und die Moleküle scheinen für den einzelnen Wurm sehr wertvoll zu sein, denn die Würmer schonen ihren eigenen Vorrat, indem sie ein effektives Recyclingsystem nutzen und nichts von der Substanz ausscheiden. “Es gibt weltweit eine Menge von diesen Wirkstoffen, weil es sehr viele Regenwürmer gibt, teilweise bis zu 300 pro Quadratmeter. Die Gesamtmasse der Drilodefensine ist beträchtlich, verteilt auf die Weltbevölkerung ungefähr ein Kilogramm pro Mensch“, sagt Liebeke. (red, 7. 8. 2015)
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4Sport
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Verunfallte Stabhochspringerin ist bei Bewusstsein und atmet selbständig – Leichtathletik-Verband stellt 10.000 Euro Soforthilfe zur Verfügung. Wien/Innsbruck – Stabhochspringerin Kira Grünberg, bei der nach einem Trainingsunfall am Donnerstag in Innsbruck eine Querschnittslähmung diagnostiziert worden ist, atmet bereits selbstständig und wird früher als erwartet die Traumatologische Intensivstation in der Universitätsklinik Innsbruck verlassen können. Sie ist bei Bewusstsein und ansprechbar, sagte Grünbergs Manager Thomas Herzog am Samstag. Die Ärzte hätten Samstagfrüh mit der Familie der 21-jährigen Tirolerin gesprochen, es zeichne sich eine Verlegung auf die Normalstation in den kommenden zwei Tagen ab, meinte Herzog. Die Umstellung der Atmung ist bereits der erste Ansatz der Reha. Wenn sie früher aus der Intensiv rauskommt, wäre das sehr positiv, meinte Herzog. Die Diagnose der Querschnittslähmung und eine dauerhafte Beeinträchtigung sei aber unverändert, für weiterführende Prognosen sei es noch zu früh. Grünberg war am Donnerstag mehrere Stunden notoperiert worden. Der schwer getroffenen Familie gäbe die große Anteilnahme Österreichs und Solidarität, die auch von Sportlern abseits der Leichtathletik komme, viel Kraft. Anna Fenninger, Marlies Schild, Fabian Hambüchen – die Unterstützung ist großartig und kraftgebend. Das klingt nebensächlich, ist es aber nicht, erklärte Herzog, der über Kira Grünberg sagte: Sie ist so tapfer. Sie ist eine Kämpferin. an tagen wie diesen versetzt es mich in eine schockstarre! wie grausam kann sport eigentlich sein? liebe kira ich... http://t.co/SY3b3SddQg Unfassbar, welche Schicksalsschläge das Leben mit sich bringt. Ich wünsche Kira viel Kraft für den kommenden Weg, schrieb Marlies Schild auf Facebook. An Tagen wie diesen versetzt es mich in eine Schockstarre! Wie grausam kann Sport eigentlich sein? Liebe Kira, ich wünsche dir in dieser schweren Zeit unendlich viel Kraft! #fightkira, so Fenninger auf Facebook. Mit dem deutschen Turn-Star Hambüchen hatte Grünberg vergangenen Winter gemeinsam trainiert. Der Österreichische Leichtathletik-Verband (ÖLV) gab am Samstag bekannt, dass er 10.000 Euro als Soforthilfe für Kira Grünberg und ihre Familie zur Verfügung stelle. Der Tiroler Leichtathletik-Verband richtete ein Spendenkonto ein. Beim Meeting auf der Linzer Gugl hatten die Organisatoren eine Spendenbox und eine Unterschriftenwand mit der Aufschrift: Kira, wir wünschen dir und deiner Familie viel Kraft, Energie und Durchhaltevermögen bereitgestellt. Grünberg hätte in Linz ihr Comeback feiern sollen. (APA/red – 1.8. 2015)
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7Wissenschaft
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Entwicklung von Salzburger Wissenschaftern mit Kollegen der Stanford-Universität. Salzburg/Stanford – Forschern der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität (PMU) in Salzburg haben gemeinsam mit Wissenschaftern der Stanford-Universität (USA) ein neues Verfahren zur Züchtung von menschlichem Knochengewebe inklusive Knochenmark in einem Mäusekörper entwickelt. Das Verfahren erlaubt es, das Immunsystem – z.B die Entstehung von Leukämie – besser zu studieren und neue Therapieansätze zu entwickeln. Das Modell stellt die Bedingungen im Menschen nahezu real dar und erlaubt darüber hinaus wichtige Einblicke in die Mechanismen der Organregeneration durch Stammzellen, hieß es von Seiten der PMU. Dem österreichischen Forschungsteam gehören Dirk Strunk vom Institut für Klinische und Experimentelle Zelltherapie der PMU und Katharina Schallmoser von der Salzburger Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin an. Bei Versuchen in Graz und Salzburg hatten sie beobachtet, dass es durch Transplantation von Knochenstammzellen unter bestimmten Bedingungen möglich ist, menschliche Knochen inklusive Knochenmark in Versuchstieren zu kreieren. Aufbauend auf diesem in Österreich entwickelten Verfahren berichteten nun die Experten aus Salzburg und den USA – Andreas Reinisch, Ravi Majeti und weitere Mitarbeiter der Stanford Universität – in der Fachzeitschrift Nature Medicine erstmals über die neuartige Methode zur Transplantation von menschlichem Knochenmark im Tiermodell. In einem ersten Schritt wird aus Knochenstammzellen menschlicher Knochen in einer Maus gezüchtet, welcher als instruierende Stammzellnische dienen soll, hieß es. Anschließend wird menschliches Knochenmark in diese künstlich geschaffene, humanisierte Umgebung transplantiert. Das Modell erlaubt auch, die Bedingungen im Menschen nahezu real darzustellen. Es führt Angaben der Forscher zufolge nicht nur zu einem besseren Verständnis der Entwicklung des gesunden menschlichen Immunsystems, sondern erlaubt auch, beispielsweise die Entstehung von Leukämie besser zu studieren. Diese Beobachtungen ermöglichen auch die Erstellung vorhersagekräftiger Modelle für die Entstehung von gefährlichen Bluterkrankungen und deren mögliche Behandlung. So könnten beispielsweise durch Transplantation leukämischer Blutzellen neue, patientenspezifische Therapieansätze (Medikamente) zur Bekämpfung von Leukämien erprobt werden, noch bevor diese beim Menschen zum Einsatz kommen. Das Verfahren erlaubt zudem wichtige Einblicke in die Mechanismen der Organregeneration durch Stammzellen. Das sei ein großer Schritt voran in der Arbeit der Forschenden unter Leitung von Dirk Strunk am Institut für Klinische und Experimentelle Zelltherapie des Zentrums für Querschnitt- und Geweberegeneration (SCI-TReCS) an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg, wurde in der Aussendung betont.
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2International
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Die Türkei hat ihre Offensive gegen IS und PKK ausgeweitet. Zugleich kam es vor allem in kurdisch geprägten Gebieten zu Anschlägen. Ankara/Wien – Die Gewaltspirale in der Türkei hat sich am Wochenende weitergedreht: Zwei Soldaten wurden bei einem Anschlag auf einen Konvoi in der kurdisch geprägten Provinz Diyarbakır getötet. Ankara machte die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK dafür verantwortlich. Diese bekannte sich zunächst nicht zu der Tat. Vier Soldaten wurden verletzt. Medienberichten zufolge wurde außerdem in der südöstlichen Stadt Cizre bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und PKK-Anhängern ein 23-Jähriger getötet; im Istanbuler Viertel Okmeydanı sollen Unbekannte auf die Einsatzpolizei geschossen und drei Menschen verletzt haben. Auch in der Provinz Siirt habe die von der Türkei als Terrororganisation eingestufte PKK Polizeiwachen angegriffen, verletzt wurde dabei offenbar niemand. Zuvor hatte Ankara die Offensive gegen die PKK sowie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausgeweitet. Nachdem bereits am Freitag von der Türkei erstmals mehrere IS-Stellungen in Syrien bombardiert worden waren, wurden die Einsätze am Wochenende fortgesetzt – auch gegen PKK-Ziele im Nordirak. Ein PKK-Anhänger wurde dabei getötet, fünf weitere Menschen verletzt. In Syrien wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens neun IS-Kämpfer getötet. Auch am Sonntagabend haben türkische Kampfjets einem Medienbericht zufolge Stellungen der PKK im Nordirak bombardiert. Der Sender CNN Türk berichtete am Sonntagabend, F-16-Jets seien vom Luftwaffenstützpunkt im südosttürkische Diyarbakır aufgestiegen und hätten die Gegend Hakurk im Nordirak bombardiert. Es gab zunächst keine Bestätigung für die Berichte. Kurdische Milizen kämpfen sowohl in Syrien als auch im Irak gegen den IS. Der militärische Flügel der PKK, die kurdischen Volksverteidigungskräfte (HPG), hatte sich erst kürzlich zur Tötung zweier türkischer Polizisten bekannt, weil diese angeblich dem IS nahegestanden sein sollen. Die HPG erklärten auf ihrer Website, Ankara habe den Waffenstillstand einseitig beendet. Angesichts der Bombardierungen habe der Waffenstillstand keine Bedeutung mehr. Auch im Inland gingen türkische Sicherheitskräfte massiv gegen mutmaßliche Radikale vor: Bei einer Festnahmewelle wurden nach Angaben des türkischen Premiers Ahmet Davutoğlu seit Freitag mindestens 590 Verdächtige wegen Verbindungen zu Terrororganisationen festgenommen. Am Samstag ging die türkische Polizei in Ankara mit Wasserwerfern und Tränengas gegen rund 1.000 Menschen vor. Dabei wurden mindestens 30 Menschen festgenommen. Die Demonstranten werfen der türkischen Regierung ein doppeltes Spiel vor: Öffentlich behaupte man, gegen den IS vorzugehen, in Wahrheit treffe man vor allem kurdische Kämpfer. Sie verurteilten zudem den IS-Anschlag in der Stadt Suruç an der Grenze zu Syrien, bei dem am Montag 32 Menschen getötet und etwa 100 weitere verletzt wurden. Ein für Sonntag geplanter Friedensmarsch der Kurdenpartei HDP in Istanbul wurde von den Behörden untersagt. Begründet wurde die Entscheidung unter anderem damit, dass Provokationen und neue Ausschreitungen zu befürchten seien. Der Präsident der kurdischen Autonomieregion im Irak, Masud Barzani, dessen Partei KDP der PKK ideologisch nicht nahesteht, forderte am Sonntag ein Ende der türkischen Luftangriffe. Kritik kam auch aus dem Iran: Eine Zusammenarbeit der regionalen Mächte im Kampf gegen den IS sei effektiver als ein Alleingang der Türkei, sagte Außenamtssprecherin Marzieh Afkham. Ankara habe das Recht, gegen terroristische Ziele vorzugehen, sagte hingegen Ben Rhodes, Vize-Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama. Unterdessen erklärte der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu im Gespräch mit Chefredakteuren am Samstag nach Angaben der Zeitung Hürriyet, die Türkei plane keinen Einsatz von Bodentruppen in Syrien. Aber Ankara wolle die Einheiten am Boden, die mit der Türkei zusammenarbeiteten, schützen, schrieb das Blatt in der Nacht auf Montag weiter. Die Ankündigung der Regierung, gegen die jihadistische Organisation Islamischer Staat sowie andere Extremisten vorgehen zu wollen, wird weithin als radikale Wende und Aufgabe der Zurückhaltung gegen die IS-Anhänger interpretiert. Kritiker und Beobachter gehen demgegenüber davon aus, dass Ankara das Chaos sowie eine Bekämpfung der IS-Jihadisten als Vorwand benützt, um gegen Oppositionelle im eigenen Land vorzugehen – auch in Hinblick auf immer wahrscheinlicher werdende Neuwahlen.
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7Wissenschaft
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Katastrophe vor über drei Milliarden Jahren – Asteroid war laut Forschern 20 bis 30 Kilometer groß. Canberra – In der Raumfahrtbranche wird heute über die problematische Zunahme von Weltraummüll rund um die Erde gestöhnt. Zum Glück haben wir es aber nicht mehr mit solchen Brocken zu tun, wie sie in der Zeit, als auf der Erde das Leben entstand, noch gang und gäbe waren. Vor 4,1 bis 3,8 Milliarden Jahren etwa standen Erde und Mond im Trommelfeuer des sogenannten Late Heavy Bombardement, in dem zahlreiche Asteroiden und Planetesimale mit Durchmessern von mehreren Kilometern einschlugen. Auf dem Mond hinterließen Asteroideneinschläge vor 3,9 bis 3,8 Milliarden Jahren die noch heute sichtbaren Maria. Ein Nachzügler hat die Erde vor gut 3,4 Milliarden Jahren erwischt, wie nun Forscher der Australian National University im Fachjournal Precambrian Research berichten. Das Team um Andrew Glikson fand in einem Bohrkern aus dem nordwestaustralischen Marble Bar winzige kugelförmige Einschlüsse. Diese Mikro-Glasperlen aus verdampftem und wieder kondensiertem Material zeigten bei der Analyse die gleichen Anteile von Elementen wie Platin, Nickel oder Chrom, wie man sie auch aus Asteroidenproben kennt. Da der Bohrkernabschnitt mit den Kügelchen zwischen zwei vulkanischen Schichten eingelagert war, ließ sich das Alter relativ genau auf 3,46 Milliarden Jahre berechnen. Die Forscher postulieren, dass es sich um einen 20 bis 30 Kilometer großen Asteroiden gehandelt haben müsse, der einen Krater von hunderten Kilometern Durchmesser verursachte und Magmaflüsse, Tsunamis und Erdbeben auslöste, die einige Größenordnungen über allem lagen, was wir heute kennen. Marble Bar war allerdings nicht der Ort des Einschlags. Die Gegend, die damals unter dem Meer lag, hat lediglich das Material, das der Asteroid über die gesamte Erde verteilte, unter Sedimenten konservieren können. Wo der Einschlag stattfand, ist nicht rekonstruierbar: Anders als bei den Meeren des Mondes werden auf der Erde die Spuren selbst derart gewaltiger Katastrophen durch vulkanische und tektonische Prozesse mit der Zeit ausgelöscht. Deshalb weiß man bislang auch nur von 17 Einschlägen, die älter sind als 2,5 Milliarden Jahre, obwohl es natürlich wesentlich mehr gegeben haben muss. Derjenige, der seine Spuren in Marble Bar hinterlassen hat, ist der zweitälteste, den man kennt – und einer der größten.
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7Wissenschaft
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Präzisionssteuerung des Interact Centaur Rover im Test. Washington/Moskau – Seit vergangener Woche befindet sich erstmals ein Däne im Weltall: der 38-jährige Ingenieur und Astronaut Andreas Mogensen erreichte die ISS gemeinsam mit dem Kasachen Aidyn Aimbetow und dem Russen Sergej Wolkow. Die Arbeit wartete bereits: Mogensen hat am Montag erstmals von der Raumstation aus einen Roboter auf der Erde gesteuert. Das Gerät mit Greifarmen und einer beweglichen Kamera befindet sich in Noordwijk in den Niederlanden. Bei dem Test ging es um Ausführungen im Mikrometerbereich. Unter anderem sollte Mogensen unterschiedliche Metallfedern mit den Greifarmen des Roboters erfassen und durch das übertragene Gefühl unterschiedliche Härtegrade bewerten, wie Andre Schiele von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA sagte. Der Roboter mit Sensoren in seinen beiden Greifarmen sollte dem Operateur ein haptisches Gefühl übermitteln, um die präzise Steuerung zu erleichtern. Mit dem Experiment will die ESA ihre Robotertechnik verbessern. Außerdem sollte die Motorik von Astronauten im All sowie die Funkübertragung getestet werden, erklärte Experte Klaus Landzettel. Statt über die direkte Verbindung – rund 400 Kilometer Luftlinie liegen zwischen ISS und Erde – sendete Mogensen das Signal über einen Satelliten in die USA und von dort aus weiter in die Niederlande. Die Übertragungszeit lag bei etwa einer Sekunde.
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7Wissenschaft
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Noblella madreselva lebt in einem kleinen Areal im Nebelwald-Gebiet bei Cusco und könnte bereits bedroht sein. Lima – Biologen haben in den peruanischen Anden eine neue Froschart mit Tarnfarbe an der Oberseite und einer markanten Musterung am Bauch deckt: Der kleine Hüpfer hat einen braunen Rücken, eine dunkelbraune Maske im Gesicht und eine weiße Zeichnung auf Brust und Bauch. Nur eineinhalb bis zwei Zentimeter groß werden die Frösche, die vermutlich nur in einem kleinen Nebelwald-Gebiet bei Cusco in etwa 2.300 Metern Höhe leben. Das berichtet ein Team um Alessandro Catenazzi von der Southern Illinois University in Carbondale im Fachblatt ZooKeys. Durch seine braune Rückenfarbe fällt es dem Frosch leicht, sich vor Feinden zu verbergen – insbesondere deshalb, weil er sich vor allem zwischen altem Laub bewegt, wo er auch seine Eier ablegt. Die Zoologen tauften die Art Noblella madreselva, übersetzt aus dem Spanischen Mutter Dschungel. Der Name soll auf die Arbeit lokaler Umweltinitiativen hinweisen, die die Ökosysteme der Region schützen wollen. Die Wissenschafter fürchten, dass der kleine Frosch bereits bedroht sein könnte: durch Abholzung, Krankheiten oder Landwirtschaft. Denn der tagaktive Frosch tummelt sich an manchen Stellen zahlreich, bewohnt aber nach Einschätzung seiner Entdecker eben nur ein kleines Gebiet. Unweit dieser Region lebt auch die kleinste bekannte Froschart der Anden: Noblella pygmea.
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7Wissenschaft
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Erste Ausgabe für Saison 2016/17 geplant. London – Die Formel-E-Rennserie für Rennwagen mit Elektromotor will in der kommenden Saison 2016/17 eine Weltmeisterschaft ohne Fahrer in ihr Rahmenprogramm aufnehmen. Das neuartige Roborace solle jeweils vor dem eigentlichen Formel-E-Rennen, aber auf den gleichen Strecken in Szene gehen, hieß es. Zehn Teams mit jeweils zwei Autos sollen dabei gegeneinander antreten. Roborace ist eine offene Meisterschaft für die innovativsten Wissenschafts- und Technik-Unternehmen der Welt, sagte Formel-E-Geschäftsführer Alejandro Agag und beschrieb die Rennserie als eine der aufregendsten Sportveranstaltungen in der Geschichte. Als Unternehmen, die sich für Roborace-Teamlizenzen interessieren könnten, werden einerseits traditionelle Autobauer wie Mercedes-Benz oder Audi, andererseits Technologie-Giganten wie Google und Apple gehandelt. BMW, Audi, Renault und Citroën sind bereits in der Formel E involviert, die in der aktuellen, noch bis Juli 2016 laufenden Saison unter anderem in Long Beach, Peking, Berlin, Moskau, Mexiko-Stadt, Paris und London gastiert.
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7Wissenschaft
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Forscher führten Befragungen und Persönlichkeitstests mit rund 4.000 Probanden durch. Cambridge – Sag mir, welche Musik dir gefällt, und ich sage dir, wie du denkst. Diese kühne Behauptung traut sich David Greenberg (Uni Cambridge) zu, nachdem er mit Kollegen rund 4.000 Probanden nach ihren musikalischen Vorlieben befragt hat und mit ihnen außerdem Persönlichkeitstests durchführte. Die im Fachblatt PLoS One veröffentlichten Ergebnisse waren jedenfalls erstaunlich eindeutig und lassen sich wie folgt zusammenfassen: Jene Personen – egal ob Männer oder Frauen -, die systematisch denken, bevorzugen eher komplexere, laute, intensive und anregende Musik. Personen, die hingegen besonders empathisch sind, mögen eher sanfte, unprätentiöse Musik wie Soft Rock, Pop, Blues oder Latin und meiden intensive Stilrichtungen wie Punk oder Heavy Metal.
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7Wissenschaft
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Im Projekt "Cities at Night" werden auf der ISS gemachte Nachtaufnahmen der Erdoberfläche zu einem Gesamtbild vereinigt. 2012 wurde auf der Internationalen Weltraumstation das NightPod-Aufnahmegerät installiert, das durch die Eigenbewegung der ISS entstehende Bildunschärfen kompensiert. Seitdem macht die Crew systematisch Nachtaufnahmen der Erdoberfläche. Nun haben Wissenschafter auf diese aus einer einzigartigen Perspektive aufgenommenen Bilder zurückgegriffen, um den Anstieg der weltweiten Lichtverschmutzung zu messen. Die Zunahme an künstlicher Beleuchtung, die auch noch oben abstrahlt, versperrt nämlich nicht nur Astronomen in Ballungsräumen den Blick auf den Sternenhimmel. Die Lichtverschmutzung beeinflusst auch die innere Uhr von Menschen und Tieren sowie den Wachstumszyklus von Pflanzen und stört die Navigation von Insekten oder Vögeln. Im Projekt Cities at Night wollen Forscher der Universidad Complutense de Madrid, Spain und der kanadischen Cégep de Sherbrooke zusammen mit der Öffentlichkeit eine farbige Weltkarte der nächtlichen Erde erstellen. In der Galerie des Projekts kann man sich bereits durch zahlreiche Aufnahmen klicken. --> Cities at Night (mit Galerie) --> Die erste Karte --> Light pollution citizen science project --> Crowdfunding-Kampagne zur Weiterführung des Projekts (red, 13. 8. 2015)
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7Wissenschaft
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Norwegische Forscher stellen Spezialisierung auf Eierfarben fest. Trondheim – Der Kuckuck ist bekannt dafür, seine Eier in fremde Gehege abzulegen. Er überlässt die Aufzucht anderen Vögeln. Da die Wirtvogelart sich nicht so leicht überlisten lässt, wirft sie Eier, die nicht den ihren entsprechen, aus dem Nest. Doch es scheint auch unter diesen Tieren keine Strategie ohne Gegenstrategie zu geben: Die Kuckuckweibchen sind genetisch durch den Wirt geprägt und spezialisieren sich auf jeweils eine Eierfarbe, wie nun ein norwegisches Forscherteam mit einer Studie in Nature Communications nachweisen konnte. Sie führten die Analyse mittels genetischer Proben von blauen Eiern durch. Dabei entdeckten sie, wie praktisch diese Prägung ist. Sie wird vom Weibchen zur Kuckuckstochter übertragen – egal, mit welchem Männchen sie sich paart. So bleibt die Eiertarnfarbe bestehen.
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Für die in der Kritik stehende Yahoo-Chefin Mayer ist die Entscheidung ein weiterer Rückschlag. Sunnyvale – Der kriselnde Internetkonzern Yahoo schafft sieben seiner elf Digital-Magazine ab. Betroffen seien Yahoo Food, Yahoo Health und Yahoo Parenting sowie Yahoo Makers, Yahoo Travel, Yahoo Autos und Yahoo Real Estate, teilte Chefredakteurin Martha Nelson am Mittwoch im zum Konzern gehörenden Blog Tumblr mit. Wir wollen uns auf die vier erfolgreichsten Bereiche konzentrieren – News, Sport, Finanzen und Lifestyle. Für die in der Kritik stehende Yahoo-Chefin Marissa Mayer ist die Entscheidung ein weiterer Rückschlag – die Medien-Offensive, für die auch einige hochkarätige Journalisten verpflichtet wurden, ging maßgeblich von ihr aus. Was die Schließungen für die Mitarbeiter bedeuten, blieb zunächst unklar. Yahoo hatte Anfang Februar angekündigt, 15 Prozent seiner Belegschaft abzubauen. Das einst bei Nutzern beliebte Internet-Urgestein hat den Anschluss an Wettbewerber wie Facebook verloren und steckt seit Jahren tief in der Krise. Einflussreiche Großinvestoren wie der New Yorker Hedgefonds Starboard Value fordern bereits Mayers Rücktritt. Die 2012 von Google gekommene Top-Managerin versucht indes, das Steuer mit radikalen Maßnahmen herumzureißen. Sie will unter anderem Konzernanteile für bis zu drei Milliarden Dollar abstoßen.
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Große Ankündigungen, doch bislang kaum Details vom Hersteller – Vorstellung im Mai. Im Mai will ein britisch-israelisches Start-up namens Sirin in London ein Geschäft eröffnen. Dort verkauft werden soll ein Smartphone namens Solarin – und zwar zum Stückpreis von knapp 20.000 Dollar (derzeit etwa 17.660 Euro). Doch es handelt sich nicht um ein Luxus-Smartphone, wie sie etwa Vertu herstellt, sondern ein Gerät, das mit besonders hohen Sicherheitsstandards glänzen soll. [Unser] Smartphone macht die fortgeschrittenste Technologie verfügbar, obwohl sie bislang kommerziell noch nicht erhältlich ist, und kombiniert sie mit Sicherheit auf fast militärischem Niveau, zitiert Reuters den Firmenpräsident und Mitgründer Moshe Hogeg. Genauere Angaben zur Technik gibt es keine, mit Ausnahme des Betriebssystems. Hier setzt Sirin auf Android und dürfte wohl eine eigens angepasste Variante nutzen. Mit dem gewählten Preispunkt richtet sich das Mobiltelefon natürlich nicht an den Massenmarkt oder übliche Laufkundschaft. Hogeg ist jedoch der Ansicht, dass man mit dem eigenen Produkt, das technologisch dem Massenmarkt zwei bis drei Jahre voraus sein soll, vor allem an Firmenchefs und Manager begeistern wird. Gegenüber Techcrunch gibt Hogeg zu Protokoll, dass 91 Prozent aller Fortune-500-Firmen Cyberangriffen ausgesetzt seien und daher Bedarf bestünde. Finanziert wird Sirin vom israelischen Risikokapitalgeber Singulariteam, das ebenfalls von Hogeg mitgegründet wurde. Mit an Bord sind auch der kasachische Investor Kenges Rakishev und das chinesische Unternehmen Renren. Die Idee, das Smartphone-Startup hochzuziehen soll entstanden sein, nachdem Rakishevs Mobiltelefon 2013 gehackt worden war und man am Markt keine guten Lösungen gefunden hatte. Sirin hat bisher eine Homepage und mehrere Social Media-Kanäle. Mehr zum Smartphone wird aber auch dort nicht verraten. Die Geheimniskrämerei lässt wenig pberraschend bei einigen Beobachtern Skepsis aufkommen. Es bleibt abzuwarten, ob und was das Unternehmen letztlich im nächsten Monat in der englischen Hauptstadt vorstellen wird.
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7Wissenschaft
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Der britische Mediziner und Autor setzt sich für die restlose Veröffentlichung klinischer Studien ein. STANDARD: In Ihren Büchern Bad Science (2008) und Bad Pharma (2012) zeigen Sie Quacksalberei, aber auch schweren Missbrauch in Medizin, Wissenschaft und der Pharmaindustrie auf. Was sind die größten Probleme? Goldacre: Das heute allergrößte Problem evidenzbasierter Medizin ist, dass Ergebnisse klinischer Studien gegenüber Ärzten, Forschern und Patienten zurückgehalten werden. Das ist ein fundamentales Problem, weil es die Basis untergräbt, fundierte Entscheidungen über die beste Behandlung zu treffen, wenn die Resultate von Medikamententests regelmäßig einfach nicht publiziert werden. Das ist das ultimative Strukturproblem, das der Medizin den Boden unter den Füßen wegzieht. Es ist wirklich verrückt: Wir geben Millionen Euro für jede klinische Studie aus – und dann gehen die Hälfte der Ergebnisse der Studien verloren, vor allem die unliebsamen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Studie nicht publiziert wird, ist zwei- bis dreimal größer, wenn ihre Ergebnisse dem jeweiligen Sponsor missfallen. Wir nehmen all dieses Geld in die Hand, damit wir korrekte und unbefangene Antworten bekommen und laden die Verzerrung bei der Hintertür wieder ein. STANDARD: Mit welchen Initiativen versuchen Sie diese Manipulation zu verhindern? Goldacre: Wir haben 2013 die AllTrial-Kampagne gestartet, um die Dinge endlich ins Rollen zu bringen. Unser nächster Schritt dreht sich um das Thema Verantwortung: Wir sind dabei, zu prüfen, wer Transparenz fördert und wer dem im Weg steht. Wir sahen uns etwa die Richtlinien aller Pharmakonzerne an und die Versprechen, die sie in puncto Transparenz beinhalten. Das wird in den kommenden Wochen auf unserer Webseite publiziert. Es ist sehr interessant, weil die Bandbreite so groß ist: Es gibt Firmen, die viel, andere, die gar nichts versprechen. Sehr oft aber ist es überhaupt nicht erkennbar, was die Firma offenzulegen gedenkt. Auch haben wir gerade die OpenTrials-Datenbank eingerichtet, die versucht, die Daten aller durchgeführten klinischen Studien zu vernetzen. STANDARD: Wie gehen Sie dabei konkret vor? Goldacre: Was wir in Kürze mit der Open-Trials-Datenbank starten, ist ein Livetracker für Ebola-Studien. Es gab dutzende registrierte Tests zu Ebola, deren Resultate ausständig sind. Viele Menschen haben an Tests zu Ebola teilgenommen und diese auch abgeschlossen, doch diese Tests werden nicht veröffentlicht, gleichzeitig sind viele Menschen an Ebola gestorben – das ist sehr problematisch. Nach den Pharmafirmen werden wir aber auch akademische Journals und Universitäten prüfen, denn nicht nur Konzerne, sondern auch Wissenschafter unterschlagen ihre Ergebnisse. STANDARD: Entsteht dieses Problem auch durch ein falsches Belohnungssystem in der Wissenschaft? Es werden wohl wenige Forschungspreise an jene vergeben, die zeigen, dass ein Wirkstoff nicht funktioniert ... Goldacre: Das Anreizsystem muss sich ändern. Wenn man Ergebnisse klinischer Studien nicht kundtut, dann ist das meiner Ansicht nach ein Vergehen, aber man wird dafür nicht bestraft. Was wir aber tun können, ist, das anzuprangern. Wir können den Scheinwerfer auf jene Leute richten, die ihre Ergebnisse zurückhalten. Das ist Name and Shame, aber dafür entschuldige ich mich nicht, denn Menschen sollten für ihr Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden können. Wir zeigen aber umgekehrt auch her, wer besonders um Transparenz bemüht ist. Von dieser Best Practice können jene Firmen lernen, die sagen, was wir fordern, sei unmöglich. STANDARD: Das weltweite Netzwerk Cochrane Collaboration versucht diese Intransparenz zu bekämpfen und erstellt systematische Reviews, die alle verfügbaren Informationen über eine Behandlung zusammenfassen. Sie nahmen letzte Woche am Cochrane-Kolloquium in Wien teil. Haben Sie den Eindruck, dass es zunehmend mehr Bewusstsein für dieses Thema gibt? Goldacre: Es gibt heute mehr Bewusstsein, aber das Problem besteht weiter. Die Leute sehen immer mehr, dass die Wissenschaft in Schwierigkeiten steckt. Man kann dies etwa daran erkennen, dass viele klinische Studien nicht wiederholbar sind. Was publiziert wird, ist eine Mischung aus Glücksfunden, statistischen Störgeräuschen und Daten, die in alle möglichen Richtungen gebogen wurden, damit sie das erwünschte Ergebnis bringen. Was die AllTrials-Kampagne aber geändert hat, ist, dass den Leuten die Angst genommen wurde, das zu thematisieren. Zuvor wollten die Menschen oft nicht darüber sprechen, weil sie das Gefühl hatten, das Thema sei total kontrovers. STANDARD: Das Thema der diesjährigen Cochrane-Konferenz war Information Overload. Mehr Transparenz wird auch zu mehr Daten führen – wie kann dieser Informationsüberfluss sinnvoll ausgewertet werden? Goldacre: Wenn Menschen von Informationsflut sprechen, dann hört sich das wie etwas Passives an, dabei ist das ein ganz aktives Problem: Es ist ein Scheitern des Filters. Es bedeutet, dass wir scheitern, Information zusammenzufassen und zur richtigen Zeit an die richtige Person zu bringen. Qualitativ gute Filter zu entwickeln ist die Aufgabe von Netzwerken wie Cochrane. Selbst wenn auf einmal doppelt so viele Ergebnisse aufzuarbeiten wären, würde das für die Cochrane Reviews kein Problem darstellen. STANDARD: Ist das Publizieren aller Studienergebnisse nicht auch eine Kostenfrage? Goldacre: Das Publizieren der ausständigen Ergebnisse ist die kosteneffektivste Forschung, die man sich vorstellen kann. Sagen wir, eine Studie kostete zwei Millionen Euro. Werden die Ergebnisse nicht publiziert, sind sie verschwendet. Wenn um 10.000 Euro die Resultate aufbereitet und zugänglich gemacht werden, dann bekommt man um diese kleine Summe den Wert eines millionenschweren Investments. Wenn Pharmakonzerne sagen, wir zwängen sie, ihr Geld in die Aufbereitung alter Studienresultate – zu wohlgemerkt aktuellen Behandlungen – zu stecken und sie könnten so nichts Neues entwickeln, dann ist das lächerlich.
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7Wissenschaft
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Bisher suchte das SETI-Programm vor allem in Systemen nach Leben, die unserem gleichen. Nun soll aber die Umgebung Roter Zwerge ins Blickfeld rücken. Mountain View – Das US-Institut SETI will die Suche nach Leben im Weltall ausweiten. Weitere 20.000 Sternensysteme sollen in die Suche nach Radiowellen möglicher außerirdischer Lebewesen einbezogen werden, wie das SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence) im kalifornischen Mountain View mitteilte. Systematisch beobachtet werden sollen Planeten, die Rote Zwerge umkreisen. Diese kleinsten Sterne, in deren Zentrum Wasserstoffbrennen stattfindet, sind deutlich älter als unsere Sonne und mit bloßem Auge am Himmel nicht zu erkennen. Das Umfeld Roter Zwerge galt bisher nicht als besonders lohnendes Gebiet für die Suche nach Leben im All. Doch neue wissenschaftliche Daten haben die Forscher umdenken lassen. Ältere Sonnensysteme hatten mehr Zeit, intelligente Wesen hervorzubringen, sagte der SETI-Astronom Seth Shostak. In einem auf zwei Jahre angelegten Projekt sollen nun aus einer Liste von 70.000 Roten Zwergen 20.000 ausgewählt und die sie umkreisenden Himmelskörper systematisch untersucht werden. Lange Zeit hatten Forscher die Suche nach Leben im Umfeld der Roten Zwerge für zwecklos gehalten, weil es dort zu wenig Licht gäbe. Sie gingen davon aus, dass außerirdisches Leben am ehesten in Sternsystemen zu finden sei, die unserem System mit seiner stark leuchtenden Sonne ähneln, wie SETI-Ingenieur Jon Richards erläuterte. Im Umfeld Roter Zwerge sind die Zonen, die grundsätzlich die Voraussetzungen für das Entstehen von Leben bieten, im Vergleich zu unserem Sonnensystem sehr klein. Zudem gehen die Forscher davon aus, dass die Planeten, die innerhalb dieser Zonen um einen Roten Zwerg kreisen, sich nicht gleichzeitig um ihre eigene Achse drehen – mit der Folge, dass eine Seite des Planeten permanent der Strahlung des Roten Zwergs ausgesetzt, die andere Seite ihr ständig abgewandt ist. Nach diesen Annahmen ist die eine Seite des Planeten also konstant hell und heiß, die andere permanent dunkel und kalt. Doch neue Forschungsergebnisse zeigen nach Angaben des Instituts, dass die Hitze von der einen Seite des Planeten womöglich teilweise auf die andere Seite übergeleitet wird – so dass ein größerer Teil solcher Planeten als bisher angenommen grundsätzlich habitabel wäre.
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Seit drei Tagen ist die Registrierkassenpflicht in Kraft, schon hat die Diskussion über Änderungen begonnen, Finanzminister und Kanzler zeigen sich offen. Wien – Die Bundesregierung will Verbesserungsmöglichkeiten zur Registrierkassenpflicht diskutieren und hat mit dieser Thematik die Koordinierung beauftragt. Die Sorgen der Vereine und kleinen Unternehmen nehme man ernst, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Dienstag nach dem Ministerrat. Die Koordinierung der Koalitionsparteien soll auf Basis der ersten Erfahrungswerte nun einen Vorschlag machen, wie Verbesserungen erreicht werden können, denn das Thema Registrierkassen beschäftige viele ehrenamtlich Tätige in Vereinen. Auch machen sich kleine Unternehmen Sorgen um ihre weitere Zukunft, meinte der Bundeskanzler. Ohne das Ziel Betrugsbekämpfung aus den Augen zu verlieren, sollen deshalb nun etwaige Anpassungen überlegt werden. Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) ist offen für eine Diskussion über etwaige Änderungen. Es sei zu klären, wie man die Vereinsthematik angehe und wie man sich mit der Wirtschaft und dem Koalitionspartner verständigen könne, meinte Schelling am Dienstag vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten. Jede Änderung bei der Verpflichtung müsste durch eine Gesetzesänderung vollzogen werden, verwies der Ressortchef darauf, dass auch eine Einigung mit der SPÖ nötig wäre. Er sei offen für jede Diskussion, so Schelling. Der Minister betonte jedoch, dass nicht jede nun gestellte Anforderung erfüllt werden könne. Andere werde man vielleicht umsetzen können, meinte er. Derzeit sei man dabei, die Vorschläge aus Bundesländern und Organisationen zu prüfen, erklärte er. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) hat am Montag Schelling die Länderwünsche für eine Novelle der Registrierkassenpflicht überbracht, bestätigt das Finanzministerium einen Bericht der Presse. Dabei waren die Bestimmung erst am Tag davor in Kraft getreten. Seit Freitag liegt ein Papier der Länder vor, denen es vor allem um Ausnahmen von der Registrierkassenpflicht für Vereine von den freiwilligen Feuerwehren bis zu Sportvereinen, geht. Aber auch eine Erhöhung der Umsatzgrenze, ab der eine Registrierkasse geführt werden muss, von 15.000 auf 30.000 Euro ist ein Länderwunsch. Bei der Landeshauptleutekonferenz nächste Woche sollen die ungeliebten Geräte, deren Einführung heuer 900 Mio. Euro in die Staatskasse spülen soll, ebenfalls auf der Tagesordnung stehen.
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6Etat
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Speed, Themenmontag: Frank Sinatra, Verhandlungssache. 18.30 MAGAZINHeute konkret Die Familie einer 98-jährigen Frau wirft deren Sachwalterin vor, schlecht für sie zu sorgen. Eine Vorsorgevollmacht kann in solchen Fällen Sicherheit schaffen. Rechtsanwältin und Sachwalterin Susanne Schwarzenbacher erklärt im Studio, wie eine solche Vollmacht funktioniert. Bis 18.51, ORF 2 20.15 RASANTSpeed (USA 1994, Jan de Bont) Damals ein großer Erfolg für Kameramann Jan De Bont im Regiestuhl: Ein Bus rast dahin und darf nicht zum Stillstand kommen, weil sonst die Bombe darin hochgeht. Keanu Reeves und Sandra Bullock kommen einander in dem Getümmel näher. Bis 22.40, Kabel eins 20.15 SCHWERPUNKTThemenmontag: Frank Sinatra Zum 100. Geburtstag des Ausnahmekünstlers Sinatra. Die Dokumentation Frank Sinatra – Amerikas goldenes Zeitalter (20.15 Uhr) erklärt die außergewöhnliche Karriere des Entertainers. Um 21.05 Uhr folgt ein Mitschnitt des Livekonzerts im New Yorker Madison Square Garden im Oktober 1974. Abschließend eine von Sinatras berühmtesten Schauspielrollen in Der Mann mit dem goldenen Arm (22.00 Uhr). Bis 0.00, ORF 3 21.00 TALKHart, aber fair: Flucht, Terror, Skandale – wie hat 2015 unser Land verändert? Rückblickende Diskussion mit folgenden Gästen: Edmund Stoiber, ehem. Bayrischer Ministerpräsident, CSU), Serdar Somuncu (Schriftsteller und Kabarettist), Claudia Roth (B90/Grüne), Herfried Münkler (Politikwissenschafter) und Christoph Schwennicke (Chefredakteur Cicero). Bis 22.15, ARD 21.10 MAGAZINThema Christoph Feuerstein präsentiert folgende Themen: 1) Kindergärten unter der Lupe – wie viel Religion darf sein? Besuche in einem islamischen, einem katholischen und einem jüdischen Kindergarten. 2) Mord in Tirol – ein Witwer kämpft gegen die Justiz. Der Ehemann eines Mordopfers will den 25 Jahre zurückliegenden Fall wieder aufrollen. 3) Flüchtlingsschicksale im Libanon. Offiziell sind 1,5 Millionen Flüchtlinge im Libanon, tatsächlich dürften es noch mehr sein. Bis 22.00, ORF 2 22.30 MAGAZINKulturmontag Themen, präsentiert von Martin Traxl: 1) Die ungleiche Gesellschaft – Wie sich soziale Konflikte durch die Flüchtlingskrise verschärfen. 2) Sexualität im Wien der Jahrhundertwende – Arthur Schnitzlers Anatol im Theater in der Josefstadt. 3) Die große Personale des österreichischen Designers Josef Frank im Wiener Mak. Bis 23.15, ORF 2 22.40 ACTIONTHRILLERVerhandlungssache (The Negotiator, USA 1999, F. Gary Gray) Samuel L. Jackson als Chicagoer Polizist und Spezialist für Verhandlungen in Sachen Geiselnahmen, der selbst zum Kidnapper wird. Kevin Spacey als ambitionierter Kollege, der ihn nun zum Gespräch bitten muss. Soll heißen: Spacey und Jackson immer nahe am Big Bang. Bis 1.30, Kabel eins 23.15 DOKUMENTATIONLegenden der Leinwand – Frank Sinatra Die Dokumentation fokussiert auf das schauspielerische Schaffen des weltweit populären Entertainers. Für seine Darstellung eines Soldaten in Verdammt in alle Ewigkeit (1953) wurde er mit dem Oscar für die beste Nebenrolle ausgezeichnet. Ebenfalls werden Sinatras Familien- und Liebesleben beleuchtet. Bis 0.00, ORF 2
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7Wissenschaft
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Im April verstorbener Philosoph habe "Hegel'sche Lehre in die Gegenwart transformiert", so die Begründung. Stuttgart – Der Philosoph Michael Theunissen (1932-2015) ist posthum mit dem renommierten Hegel-Preis der Stadt Stuttgart ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte Theunissen als einen der radikalsten und scharfsinnigsten Philosophen der Nachkriegszeit. Er habe die Hegelsche Lehre in die Gegenwart transformiert, begrümdete der Präsident der Internationalen Hegelvereinigung, Axel Honneth, die Entscheidung. Theunissen starb im April 2015 mit 82 Jahren in seinem Geburtsort Berlin. Bis zu seiner Emeritierung 1998 hatte er den Lehrstuhl für Theoretische Philosophie an der Freien Universität Berlin inne. Den Preis soll nun sein Sohn Oliver Theunissen entgegennehmen. Die mit 12.000 Euro dotierte Auszeichnung wird seit 1970 alle drei Jahre verliehen und erinnert an den Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der 1770 in Stuttgart geboren wurde. Der Preis geht an Personen, die sich um die Entwicklung der Geisteswissenschaften verdient gemacht haben – darunter waren bisher Jürgen Habermas, Niklas Luhmann, Charles Taylor, Richard Sennett und Michael Tomasello.
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Hillary Clinton kritisiert Militärakademie wegen Konföderierten-Flagge. Washington – Acht Kadetten einer US-Militärakademie sind vom Dienst suspendiert worden, weil sie in Ku-Klux-Klan-Verkleidung für Fotos posiert hatten. Die Kadetten seien beurlaubt und hätten die Akademie am Freitag in der Früh verlassen, sagte eine Sprecherin der privaten Militärakademie The Citadel im Bundesstaat South Carolina. Die Militärschüler hatten in weißen Gewändern und mit Kopfkissenbezügen mit Löchern für die Augen über dem Gesicht für Fotos posiert. Die Verkleidung erinnerte stark an die Gewänder des rassistischen Ku Klux Klan. Der Leiter der Militärschule verurteilte die im Internet veröffentlichten Bilder als verletzend und verstörend und ordnete eine Untersuchung an. Ersten Erkenntnissen zufolge hätten die Kadetten in der Verkleidung im Rahmen eines Sketches Weihnachtslieder vorgetragen, sagte Schulleiter John Rosa. Dennoch verstießen die Bilder gegen grundlegende Werte der Akademie. Die Affäre lenkte die Aufmerksamkeit auf eine andere umstrittene Praxis in der Militärakademie. In einer Kapelle auf dem Campus wird eine Flagge der Konföderierten aufbewahrt. Diese war während des Unabhängigkeitskrieges die Fahne der Südstaaten, wird von vielen US-Bürgern heute jedoch als Symbol des Rassismus abgelehnt. Symbole des Hasses tragen nur zum Hass bei. Es ist an der Zeit, die Flagge der Konföderierten über The Citadel zu senken, schrieb die demokratische US-Präsidentschaftsbewerberin Hillary Clinton am Freitag im Online-Kurzmitteilungsdienst Twitter. Eine Sprecherin der Militärakademie betonte, die Fahne gehöre zu einer Sammlung historischer Flaggen und könne nur auf Beschluss des Parlaments von South Carolina abgenommen werden.
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55-Jähriger verletzte Ziegenbock mit vier Schüssen – Polizist gab Bock den Fangschuss – Anzeige wegen Tierquälerei. Oberwart – Weil er fürchtete, seine zwei Ziegen könnten die Bonsaibäumchen des Nachbarn abfressen, hat ein 55-Jähriger auf seinem Grundstück im Bezirk Oberwart auf die Tiere geschossen. Der Mann tötete am Samstag zunächst die Geiß mit zwei Schüssen. Am Sonntag feuerte er laut Polizei viermal auf den Bock, der verletzt aufs Nachbargrundstück flüchtete. Ein Polizist gab dem Tier den Fangschuss. Der 55-Jährige hielt die Ziegen, die in Vergangenheit immer wieder ausgerissen waren, auf seinem eingezäunten Grundstück, berichtete die Landespolizeidirektion Burgenland am Montag. Samstagabend entschloss sich der Burgenländer, die Geiß zu töten und griff zur Pistole, die er legal besaß. Das erschossene Tier legte der Mann unter einen Reisighaufen. Am Sonntag wollte er dann auch den Bock töten. Trotz vier gezielt abgegebener Schüsse war das Tier nicht sofort tot, lief durch den circa 200 Meter langen Garten und sprang über eine niedrige Mauer auf das Nachbargrundstück, hieß es in der Polizei-Aussendung. Die Nachbarin hörte das laute Brüllen des verwundeten Tieres und verständigte die Polizei. Die Beamten folgten der Blutspur und fanden den Ziegenbock am Nachbargrundstück in einem Stadel unter Gerümpel. Weil er schwere Kopfverletzungen hatte, tötete ihn ein Polizist mit einem gezielten Schuss. Den 55-Jährigen erwartet nun eine Anzeige wegen Verdacht auf Tierquälerei.
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7Wissenschaft
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Zwei neue Studien beschäftigen sich mit Anfang und Ende der Ära, in der die Erde beinahe ganz von Eis bedeckt war. Potsdam/Birmingham – Wer sagt, dass Langeweile schlecht sei? In der Frühgeschichte des Lebens begann vor etwa 1,7 Milliarden Jahren eine Phase relativer Stabilität, in der Entwicklungen nur langsam voranschritten. Diese Ära trägt daher die inoffizielle Bezeichnung boring billion, obwohl sich in ihr immerhin die sexuelle Fortpflanzung entwickelt haben dürfte. Vor etwa 850 Millionen Jahren war es mit der Langeweile allerdings ohnehin vorbei – und die Erde trat allmählich in eine der katastrophalsten Phasen seit der Entstehung des Lebens ein. Das Zeitalter des Cryogeniums brachte eine starke Abkühlung mit sich, die in zwei Eiszeiten gipfelte, neben denen die Eiszeiten der jüngeren Vergangenheit verblassen: Zum einen hielten sie mit etwa 60 respektive 20 Millionen Jahren wesentlich länger an. Zudem war das Ausmaß der Vereisung bedeutend umfassender. In den 90er Jahren wurde dafür der Begriff vom Schneeball Erde geprägt. Umstritten ist noch, ob damals tatsächlich die gesamte Erdoberfläche von den Polen bis zum Äquator von einer durchgehenden Eisdecke überzogen war, oder ob es in Äquatornähe eisfreie Refugien für das Leben gab. Zwei aktuelle Studien in Nature Geoscience befassen sich mit dem Schneeball Erde – eine mit seinem Beginn, eine mit seinem Ende. Ein Team um Georg Feulner vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung nahm den Beginn des Cryogeniums unter die Lupe. Als gesichert gilt, dass in dieser Ära die Kohlendioxidwerte in der Atmosphäre auf einen extrem niedrigen Stand sanken. Allerdings, so die Potsdamer Forscher, könnte ein biologischer Faktor ebenfalls im Spiel gewesen sein. Und zwar hätten sich damals eukaryotische Algen in den Ozeanen in zuvor ungekanntem Ausmaß ausgebreitet. Starben diese ab, wurden ihre Zellen von Bakterien zersetzt und gaben organische Partikel in die Atmosphäre ab, wo sie zu Schwefelverbindungen oxidierten. Diese hätten als Kondensationskerne die Wolkenbildung verstärkt, was zur Abkühlung beigetragen habe – so zumindest das Resultat der Modellrechnungen, die die Forscher anstellten. Es wäre dies der größte Eingriff des Lebens in das Erscheinungsbild der Erde seit der Großen Sauerstoffkatastrophe vor etwa 2,4 Milliarden Jahren gewesen. Damals produzierten Photosynthese betreibende Mikroorganismen so viel Sauerstoff, dass sie die Erdatmosphäre für immer veränderten. Wissenschafter der Universität Birmingham widmeten sich indessen dem Ende des Cryogeniums bzw. dem von dessen zweiter Eiszeit, die von 655 bis 635 Millionen Jahren vor unserer Zeit dauerte. Ihre Untersuchungen bestärken Vermutungen, dass die Erde zumindest am Ende des Cryogeniums eher ein Matschball mit eisfreien Regionen war. Die Forscher untersuchten Felsformationen im norwegischen Svalbard, einer Region, die im Zuge der Kontinentalbewegung während des Cryogeniums gerade in Äquatornähe unterwegs war. Chemische Analysen zeigten, dass die Atmosphäre damals schon wieder recht hohe CO2-Werte hatte, angesammelt in erster Linie durch all die Vulkanausbrüche, die es auch während dieser langen Ära gegeben haben muss. Um aus der Vereisung wieder herauszukommen, brauchte es laut dem Team um Ian Fairchild aber einen zusätzlichen Faktor – und der dürfte in zyklischen Verschiebungen der Erdachse gelegen haben. Mit dieser Bewegung wechselten in einem Rhythmus von etwa 20.000 Jahren die Regionen der Erdoberfläche, die mehr Wärme erhielten, einander ab: Gletscher schmolzen und ließen eisfreie Gebiete zurück, in denen sich Seen und Flüsse gebildet haben können – bis diese später wieder zu Gunsten anderer Gebiete bedeckt wurden. Das ganze System sei also nicht so starr gewesen wie gedacht, sondern habe ein gewisses Maß an Dynamik zugelassen. Es gab stets Refugien für das Leben, und die Erdoberfläche habe nicht in durchgehendem Weiß gestrahlt – eben ein Matschball. Vor 635 Millionen Jahren schließlich ging die Phase der vorrückenden und sich wieder zurückziehenden Gletscher und mit ihr das Cryogenium zu Ende. Und die Erde verfiel in ein neues – diesmal aus unserer Sicht positives – Extrem: Mit der Erwärmung kehrte nicht etwa die Stagnation der boring billion zurück. Stattdessen nahm in der neuen Ära des Ediacariums das vielzellige Leben, das zuvor nur in zaghaften Ansätzen existiert hatte, einen vergleichsweise raschen Aufschwung und läutete eine neue Phase der Evolution ein. (jdo, 30. 8. 2015)
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Ende nächster Woche soll in Oberösterreich, wo die Raumordnung vereinfacht wurde, kein Flüchtling mehr im Zelt wohnen. Wien – Zumindest in einem Bundesland sollte schon bald kein Flüchtling mehr im Zelt wohnen müssen: Ende nächster Woche werden bei uns alle Asylwerber aus den Zelten in Landesquartiere übersiedelt sein, sagte Oberösterreichs Soziallandesrätin Gabriele Jahn (SPÖ) zum STANDARD. Konkret sollen die mit Stand vom Mittwoch 256 in Linz und Thalham unter Planen lebenden Schutzsuchenden in sommerbedingt leere Schulen und Internate übersiedeln. Insgesamt werde es in solchen Übergangsquartieren 700 Plätze geben. Zu Schulbeginn würden sie wieder geräumt. Jahn: Die Flüchtlinge kommen dann in fixe Quartiere. Derer soll es allein bis Augustbeginn 1.500 neue geben, sodass dann landesweit 7.100 Plätze existieren. Bei der Suche, so Jahn, komme den neuen Bezirkssteuerungsgruppen eine zentrale Rolle zu. Diese können sich auf eine – wie berichtet – seit 6. Juli vereinfachte Landesbau- und Raumordnung berufen: Früher konnten Gebäude, die etwa als Kuranstalten gewidmet waren, für Flüchtlinge nicht genutzt werden. Das ist jetzt anders. Und in Häusern, in denen Asylwerber leben, müssen jetzt keine Lifte mehr eingebaut werden, wenn das Haus mehr als vier Stockwerke hat. Derlei Erleichterungen bei der Asylquartiersuche gibt es nicht nur in Oberösterreich. Auch Salzburg und Vorarlberg haben in den vergangenen zwei Wochen ihre Bau- und Raumordnungen vereinfacht, in Tirol ist eine Änderung in Vorbereitung. Sie soll im Herbst beschlossen werden. Die am 8. Juli vom Salzburger Landtag im Kraft gesetzte Novelle lässt Flüchtlingsunterkünfte in allen Baulandkategorien zu. Auf zwei Jahre befristete Wohncontainer brauchen weder eine Bauplatzerklärung noch eine Baubewilligung und können auch auf Gewerbeflächen aufgestellt werden. Auch die baubehördlichen Vorschriften wurden gelockert – bestehende Gebäude müssen aber weiterhin ein tragbares Maß an Festigkeit, Brandschutz, Hygiene, Nutzungssicherheit und Schallschutz aufweisen. Ähnlich sind die neuen Bestimmungen in Vorarlberg. Um brachliegende Hallen zu Quartieren zu machen, wurde dort am 9. Juli im Landtag eine befristete Änderung des Baugesetzes beschlossen. Damit werden Bürgermeister als Baubehörde umgangen, zahlreiche Auflagen wie Ortsbildpflege, Umweltschutz- und Energieeinsparregeln gelten nicht mehr. In Tirol versichert der zuständige Landesrat Johannes Tratter (ÖVP), dass man trotz Novelle grundlegende Standards erhalten werde. Im Innenministerium begrüßt ein Sprecher die Landesnovellen. Viele zusätzliche Quartierplätze werde es wohl aber erst nach einer Anlaufzeit geben: Nach wie vor würden weit mehr Menschen neu um Asyl ansuchen, als die Länder übernähmen, sodass sich im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen immer mehr Menschen zusammendrängten. Sieben der neun Bundesländer seien bei der Asylquartierquote säumig, sagt der Sprecher. Nur Wien und Niederösterreich lägen bei über 100 Prozent. In Niederösterreich entspreche das nicht der Realität, meint Oberösterreichs Landesrätin Jahn: Ohne Anrechnung der in Traiskirchen Untergebrachten müssten dort bis Ende Juli 1.500 Landesplätze geschaffen werden.
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Gunther von Hagens "Menschen-Museum" könnte das Aus drohen. Berlin – Dem Berliner Menschen-Museum des mit den Körperwelten-Ausstellungen bekannt gewordenen Leichen-Präparator Gunther von Hagens könnte das Aus drohen. Die Schau mit präparierten Leichen von Körperspendern benötige eine Genehmigung, entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am Donnerstag (OVG 12 B 2.15). Nach Auffassung des Gerichts gelten für die Ausstellungsstücke die Vorschriften des Berliner Bestattungsgesetzes. Nach Angaben des Museums hat das nicht rechtskräftige Urteil zunächst keine Konsequenzen auf den Ausstellungsbetrieb im Gebäude des Fernsehturms am Alexanderplatz. Weitere Schritte würden nun geprüft, sagte eine Sprecherin. Seit der Eröffnung besuchten nach ihren Angaben rund 160.000 Menschen das Menschen-Museum.
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Und keine kleinen: Astronomen finden in vier Sternsystemen Hinweise auf noch sehr junge Gasriesen von mehrfacher Jupitergröße. Garching/Heidelberg – Angesichts der Vielzahl an Exoplaneten, die bislang entdeckt wurden, ist eine Beobachtung wie die, von der nun das Max-Planck-Institut für Astronomie berichtet, nur folgerichtig. Exoplaneten gibt es nicht nur in verschiedensten Varianten, vom Gasriesen bis zum erdähnlichen Gesteinsplaneten. Sie können auch eine breite Palette an Lebensaltern aufweisen. Die jüngste Entdeckung dreht sich um Welten, die sich gerade erst entwickelt haben dürften. Junge Sterne sind von Scheiben aus Gas und Staub umgeben, wie es einstmals auch in unserem Sonnensystem der Fall war. Eine bestimmte Art von Scheiben, die als Übergangsscheiben (transitional discs) bezeichnet werden, zeichnet sich durch die Abwesenheit von Staub in ihrem Zentrum, also in der Region unmittelbar um den Stern, aus. Es gibt zwei Erklärungsversuche für diese Lücken: Zum einen könnten starke Sternwinde und intensive Strahlung das umgebende Material weggeblasen oder zerstört haben, zum anderen könnten massereiche junge Planeten bei ihrer Entstehung das Material auf ihrer Bahn um den Stern entfernt haben. Die zweitere Möglichkeit lässt Exoplanetenjäger hellhörig werden. Mithilfe des ESO-Radioteleskops Large Millimeter/submillimeter Array (Alma) in Chile haben Astronomen um Nienke van der Marel von der Sterrewacht Leiden in den Niederlanden die bisher konkretesten Hinweise auf ein solches Entwicklungsstadium von Sternsystemen gefunden. Vier Kandidaten gibt es: vier junge Sterne, um die sich erst kürzlich Planeten mit mehreren Jupitermassen gebildet haben dürften. Mit Alma konnte die Verteilung von Gas und Staub in diesen vier Scheiben besser als je zuvor abgebildet werden. Das hat ermöglicht, eine Entscheidung zwischen den beiden genannten Erklärungsversuchen für die Staublücken zu treffen. Die neuen Bilder zeigen, dass es in den Staublücken eine signifikante Menge an Gas gibt – auch im Gas klafft aber überraschenderweise eine Lücke, auch wenn diese bis zu dreimal kleiner ist als die Staublücke. Das lässt sich laut den Forschern nur mit einem Szenario erklären, in dem frisch entstandene massive Planeten das Gas aus ihrer jeweiligen Umlaufbahn entfernt, jedoch die Staubpartikel weiter außen eingefangen haben. Die tiefe Lücke weist klar auf die Anwesenheit von Planeten mit mehreren Jupitermassen hin, sagt van der Marel.
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7Wissenschaft
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Plattwürmer dürften schon so lange als Parasiten leben, wie es Wirbeltiere gibt. Erlangen-Nürnberg – Eine Wurmkur, wie sie an heutigen Haustieren routinemäßig vollzogen wird, hätten auch schon Tiere vertragen, die einige Erdzeitalter früher gelebt haben. Denn die Geschichte parasitischer Plattwürmer wie etwa Bandwürmer reicht sehr lange zurück, wie die Universität Erlangen-Nürnberg berichtet. Ein internationales Team unter Leitung von Nürnberger Forschern hat alle wissenschaftlich dokumentierten Vorkommen von fossilen Plattwürmern analysiert und unter anderem untersucht, welcher Zusammenhang mit der Evolution ihrer Wirtstiere besteht. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Advances in Parasitology veröffentlicht. Das Team um Kenneth De Baets untersuchte Koprolithen – versteinerten Kot – und wertete alle weltweit dokumentierten Vorkommen von fossilen Plattwürmern aus. Die ältesten Nachweise für parasitische Würmer stellen Fossilien von frühen Fischen dar, die vor etwa 382 Millionen Jahren im Devon-Zeitalter lebten. Da sich die entsprechenden Wirbeltierwirte am Übergang vom Kambrium zum Ordovizium entwickelten, vermuten die Forscher aber, dass die parasitären Würmer bereits vor etwa 485 Millionen Jahren existierten. In den devonischen Fischen fanden Wissenschafter mehr als 75 fossile Haftstrukturen, mit denen sich die Würmer im Darm ihres Wirts festhielten. Es handelt sich vermutlich um Hakensaugwürmer – parasitische Plattwürmer mit einfachen Lebenszyklen – und möglicherweise auch um andere parasitäre Würmer, wie Band- und Kratzwürmer. Den ältesten Beleg für Bandwürmer mit komplexen Lebenszyklen enthalten Hai-Koprolithen aus dem Perm, die etwa 259 Millionen Jahre alt sind. Sie nutzten im Gegensatz zu einfacheren Plattwürmern mehrere verschiedene Lebewesen als Wirte, um sich möglichst effektiv auszubreiten. Weitere versteinerte Exkremente aus der Kreidezeit, etwa 126 Millionen Jahre alt, zeigen, dass auch terrestrische Tiere wie Dinosaurier bereits mit Bandwürmern befallen waren. (red, 31. 7. 2015)
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7Wissenschaft
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Forscher des IST Austria: Langzeitantwort auf Selektion vorhersagbar. Klosterneuburg/Wien – Die Interaktion von Genen beeinflusst die Evolution auf lange Sicht, berechneten Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria in Klosterneuburg. Je nachdem, ob für die Verbreitung von Genvarianten eher der Zufall oder die natürliche Auslese eine Rolle spielen, sind dafür die Ausgangskomponenten oder Interaktionsmuster entscheidend, berichten sie im Fachjournal PNAS. Unter Evolutionsbiologen würde schon seit langem diskutiert, wie sehr Gen-Wechselwirkungen die Anpassung von Organismen beeinflussen, so die Wissenschafter. Während ein kurzfristiger Einfluss als unwahrscheinlich galt, wären langfristige Akkumulationseffekte als wahrscheinlich angesehen worden. Genau dies konnte Tiago Paixao gemeinsam mit dem Evolutionsbiologen Nick Barton nun bestätigen. Wenn die Verbreitung unterschiedlicher Varianten eines Merkmals (Allele) vor allem durch den Zufall beeinflusst wird (diesen Effekt bezeichnen Genetiker als Drift), ist die Langzeitantwort einfach vorhersehbar, denn sie wird dann nur von den Ausgangs-Komponenten beeinflusst, sagte Paixao. Ist jedoch die natürliche Auslese (Selektion) so stark, dass sie die Verbreitung von Allelen maßgeblich bestimmt, kann man die Langzeitantwort nicht mit der Anfangsvarianz vorhersagen, sie hängt dann von den Geninteraktions-Mustern ab. In beiden Szenarien würde die Epistase, also die Gen-Interaktion, bei der Gene das Ablesen und die Ausprägung von anderen Genen beeinflussen, ausschließlich auf die Langzeitantwort Einfluss nehmen, so das Ergebnis der Studie.
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2International
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Nicht einmal die Hälfte der Montenegriner ist für einen Nato-Beitritt – Russland kündigt "Vergeltungsmaßnahmen" an. Podgorica/Brüssel – Während die Regierungspolitiker von einem historischen Tag für Montenegro sprachen, fordert die Opposition weiter ein Referendum über den Nato-Beitritt. Miodrag Lekic von der Demokratischen Front kritisierte etwa, dass die Nato im Vorfeld Montenegro für Fortschritte auf dem Gebiet der Rechtsstaatlichkeit gelobt habe, obwohl doch jeder im Land wisse, dass dabei nicht viel erreicht wurde. Der Nato-Beitritt diene den Herrschenden dazu an der Macht zu bleiben, weiter Korruption zu betreiben und ihr autokratisches Modell fortzusetzen, so Lekic. Beim Gipfel in Brüssel war der kleine Adria-Staat eingeladen worden, das 29. Mitglied des Nordatlantik-Pakts zu werden. Seit man 2009 Montenegro einen Aktionsplan übergab, hat man innerhalb der Nato gezögert, weil die Zustimmung zum Beitritt bei der Bevölkerung so gering war. Doch der Beitritt war in den vergangenen Jahren Ziel Nummer eins der Regierung in Podgorica. Die Pro-Nato-Kampagnen in Fernsehen und Radio haben in den vergangenen Monaten auch viel Geld gekostet. Die Zustimmung zum Beitritt ist gestiegen – aber noch immer ist etwa die Hälfte der Bevölkerung dagegen. Das hat vor allem historische Gründe: Viele Serben in Montenegro – etwa 30 Prozent der Bevölkerung – nehmen Anstoß an den Nato-Angriffen 1999 im Kosovokrieg gegen das ehemalige Jugoslawien. Montenegro hat sich 2006 von Serbien getrennt und ist seitdem ein unabhängiger Staat – allerdings war auch damals nur knapp die Hälfte der Einwohner für diesen Schritt. In den vergangenen Wochen fanden in der Hauptstadt Podgorica Proteste statt. Die Demonstranten wandten sich gegen die Korruption, einige sprachen sich aber auch gegen den Nato-Beitritt aus. So wetterte etwa der serbisch-orthodoxe Metropolit Amfilohije gegen die Nato als terroristische Organisation. Das ist nicht mein Montenegro und nicht das Montenegro meiner Vorfahren, warnte er vor den Folgen des Beitritts. Schließlich sei man für die Freiheit von Sünde und satanischen Kräften. Nato-Gegner führen aber auch weit profanere Dinge ins Treffen. Etwa die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland, das ein wichtigster Auslandsinvestor ist. Die Nato hat Interesse, die Balkanhalbinsel zu integrieren und russische Einflüsse zurückzuhalten. Mit dem Beitritt von Montenegro wären alle Staaten an der Adria-Küste Mitglieder. Slowenien, Kroatien, Albanien und Griechenland sind es ja bereits. Russland nannte die Nato-Erweiterung auf dem Balkan eine Provokation, eine Mitgliedschaft wäre ein weiterer Schlag für die Sicherheit in Europa und die Beziehungen zwischen Russland und der Nato. Der Sprecher der russischen Präsidentschaft Dmitri Peskow kündigte Vergeltungsmaßnahmen an.
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7Wissenschaft
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Flechten, Moose und Cyanobakterien produzieren große Mengen an Lachgas. Wissenschaft haben eine bisher unerkannte Quelle für klimaschädliche Gase ausgemacht: Flechten, Moose und Cyanobakterien geben offenbar große Mengen des Treibhausgases Lachgas (N2O) und geringe Mengen Methan (CH4) an die Atmosphäre ab. Wie die Untersuchungen der Forscher von den Universitäten Gießen und Heidelberg und des Max-Planck-Instituts für Chemie ergaben, sind kryptogame Schichten, wie der flächige Bewuchs aus Flechten, Moosen, Cyanobakterien und weiteren Mikroorganismen wissenschaftlich genannt wird, für vier bis neun Prozent des aus natürlichen Quellen stammenden N2O verantwortlich. Wir wollten zwei Dinge herausfinden: Erstens, ob kryptogame Schichten überhaupt N2O und CH4 abgeben. Und zweitens, wie sich die klimatischen Bedingungen auf die Emissionswerte auswirken, erläutert Katharina Lenhart von der Justus-Liebig-Universität Gießen, die Ziele der Studie. Dazu untersuchten die Wissenschafter 68 Proben unterschiedlicher Flechten und Moose aus verschiedenen Klimaregionen. Sie erfassten die Treibhausgasemissionen der Organismen bei verschiedenen Temperaturen, Wassergehalten, Lichtbedingungen und Stickstoffdüngegaben, um so die Auswirkung der Umweltbedingungen auf die Freisetzung der Klimagase zu ermitteln. Die Methanemissionen von kryptogamen Schichten sind gemessen am globalen Rahmen zwar zu vernachlässigen. Bemerkenswert sind jedoch die hohen Freisetzungsraten für Lachgas, so Bettina Weber vom Max-Planck-Institut für Chemie. Generell konnten wir zeigen, dass die N2O und CH4 Emissionen ab einer Temperatur von 20 Grad Celsius stark zunehmen, ergänzt sie. Deshalb vermuten die Wissenschafter, dass die von Flechten, Cyanobakterien und Moosen stammenden Methan- und Lachgasemissionen im Zuge der globalen Erwärmung ansteigen könnten. Dies könnte vor allem in Wäldern der gemäßigten Breiten von größerer Bedeutung sein, wo kryptogame Schichten eine der Hauptquellen für Lachgasemissionen darstellen. In manchen Tundren, Steppen und Wüstenregionen sind sie vermutlich sogar die ausschließliche Quelle. In einem nächsten Schritt werden die Wissenschafter ihre im Labor gefundenen Ergebnisse in Feldstudien überprüfen und weitere Organismen in die Untersuchungen einschließen.
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7Wissenschaft
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Bis 31. März können SF-Fans die Werke, die ihnen 2015 besonders gefallen haben, zur Abstimmung vorschlagen. Kansas City – Von 17. bis 21. August wird in Kansas City, Missouri, die heurige World Science Fiction Convention stattfinden. Höhepunkt wird wie in jedem Jahr die Verleihung der Hugo Awards, der traditionsreichsten und immer noch renommiertesten Preise im SF-Genre, sein. Kandidaten können seit Beginn der Woche nominiert werden, auf zahlreichen Websites und Blogs kursieren längst Listen mit Empfehlungen (besonders umfangreich etwa die vom Fachmagazin Locus erstellte alljährliche Recommended Reading List). 2015 standen die Hugos im Schatten einer Kontroverse, die mit zuvor nicht für möglich gehaltener Verbittertheit geführt wurde (hier der Rückblick). Ursache war der Coup einer Handvoll Autoren und deren Fans, die ihr Eigenlobbying ideologisch verbrämten und sich auch nicht zu schade waren, sich von einer reaktionären Aktivistengruppe aus dem Gamergate-Umfeld unterstützen zu lassen. Sie veröffentlichten in der Nominierungsphase einen Stimmzettel, der fast alle Preiskategorien vollständig abdeckte und von ihren Anhängern 1:1 übernommen werden konnte. Obwohl in absoluten Zahlen klar in der Minderheit, stach dieser Block die Vielzahl divergierender Nominierungen, die von Fans individuell abgegeben worden waren, aus. Die Folge war ein einseitig vorgefertigtes Kandidatenfeld, das in vielen Kategorien weit unter der gewohnten Qualität blieb. Die Fans straften dies bei der Hugo-Abstimmung ab, indem sie in mehreren Kategorien keinen Kandidaten für preiswürdig erachteten. Die eigentliche Ursache der Misere von 2015 war aber eine andere, nämlich die notorische Laxheit der SF-Fans beim Nominieren. Man stimmt zwar gerne mit ab, wenn die Kandidaten feststehen – zuvor überhaupt Kandidaten vorzuschlagen, dazu können sich schon weit weniger Menschen aufraffen. Je mehr dies aber tun, desto weniger kann eine einzelne Gruppe ihre Prioritäten durchdrücken und desto besser ist das weite Feld der Science Fiction dann auf dem Stimmzettel repräsentiert. Seit Anfang Februar besteht nun wieder die Möglichkeit, sich zu beteiligen und unter anderem die SF-Romane oder Filme, die einem im vergangenen Jahr besonders gefallen haben, für den Preis vorzuschlagen. Die Kategorien reichen von der Belletristik über Comics und SF-bezogene Sachbücher bis zu Filmen, Podcasts und Fanzines; insgesamt sind es über ein Dutzend Bereiche. Nominierungsberechtigt sind vorerst nur diejenigen, die sich bereits entweder für die heurige Convention oder die des vergangenen Jahres oder auch schon für die von 2017 angemeldet haben. Dies ist also primär eine Erinnerung für diejenigen, die sich in der Hitze der Vorjahresdebatte registrieren haben lassen und nun nicht übersehen sollten, dass ihr Stimmrecht immer noch gilt. Die Nominierungsphase endet am 31. März. In der darauf folgenden Abstimmungsrunde wird es auch für diejenigen interessant, die erst jetzt an eine Teilnahme denken. Die Registrierung für die heurige Worldcon ist weiterhin hier möglich. An dieser Abstimmung, in der die Preisträger gekürt werden, können nur noch diejenigen mitmachen, die für die heurige Worldcon angemeldet sind; Mitgliedschaften von 2015 oder 2017 gelten hier nicht. Wie immer gibt es dabei neben der Anmeldung für tatsächliche Besucher der Veranstaltung auch die Möglichkeit einer sogenannten unterstützenden Mitgliedschaft, die das Stimmrecht aus der Ferne verleiht und 50 Dollar kostet. Anfang April wird die aus den Nominierungen erstellte Kandidatenliste veröffentlicht und die SF-Gemeinde wird sehen, ob sie aus den Fehlern des Vorjahres gelernt hat.
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7Wissenschaft
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Der Plattwurm Macrostomum hystrix bohrt sich mit seinem "Penis-Stachel" durch die eigene Haut. Bielefeld/Wien – Im Reich der Tiere und Pflanzen sind hermaphroditische Arten relativ weit verbreitet. Und gar nicht selten kommt es vor, dass sich diese Organismen selbst befruchten, insbesondere dann, wenn kein Geschlechtspartner in der Nähe ist. Zu solchen Zwittern gehören auch die Plattwürmer (wie der Bandwurm), bei denen die Befruchtung immer innerlich stattfindet; die Tiere verfügen auch über eine Art Penis für die Übertragung der Spermien. Herrscht Not am Wurm, können bestimmte Arten auch auf sich selbst zurückkommen – wie die Vertreter der Gattung Macrostomum, die einige Millimeter lang werden. Zu diesen Spezies gehört auch Macrostomum hystrix, dessen bizarre Praxis der Selbstbesamung nun von Forschern um Steven Ramm (Uni Bielefeld) im Fachblatt Proceedings B der Royal Society erstmals beschrieben wird. Wie Ramm und Kollegen herausfanden, durchbohren die Tiere beim normalen Sex die Haut des Partners mit ihrem nadelartigen Penis, um die Samenzellen etwas gewaltsam zu injizieren. Ist jedoch kein Partner vorhanden, dann besorgen es sich die Tiere selbst, sprich: Sie durchbohren mit ihrem Penis ihre eigene Haut, vorzugsweise in der Gegend des Kopfes, von wo aus die Spermien dann zum Ort der Selbstbefruchtung wandern.
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8Kultur
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Schulden zwischen zehn und 50 Millionen Dollar. Hartford – Der amerikanische Rapper und Schauspieler 50 Cent (Get Rich or Die Tryin) hat Privatinsolvenz angemeldet. Dies teilte sein Anwalt William A. Brewer am Montag mit. Der Antrag auf persönlichen Gläubigerschutz würde dem 40-jährigen Entertainer erlauben, seine Geschäfte fortzusetzen, während er seine finanziellen Angelegenheiten regeln würde, hieß es in der Mitteilung weiter. Wie das Wall Street Journal unter Bezug auf den Antrag vor einem Gericht in Hartford (US-Staat Connecticut) berichtete, gibt der Musiker, der mit bürgerlichem Namen Curtis James Jackson III heißt, in den Dokumenten ein Vermögen aber auch Schulden von jeweils zwischen zehn und 50 Millionen Dollar an. Der Antrag auf Privatinsolvenz kommt wenige Tage nach einem Urteil in einem Zivilprozess um ein angebliches Sextape. Ein New Yorker Geschworenengericht hatte den Musiker zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von fünf Millionen Dollar an die Klägerin verurteilt. Er soll Videoaufnahmen von der Frau ohne Erlaubnis ins Internet gestellt haben.
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3Wirtschaft
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Laut Thomas Druyen sind Superreiche durchaus spendabel und wollen sich für die Allgemeinheit engagieren. STANDARD: Herr Druyen, Sie sind Vermögensforscher. Warum muss Reichtum erforscht werden? Thomas Druyen: Während Armut schon in vielen Facetten wissenschaftlich beleuchtet wird, wissen wir über die Komplexität des Reichtums immer noch zu wenig. Der wesentliche Grund, sich mit diesem Thema mehr auseinanderzusetzen, ist die Tatsache, dass zwei Prozent Superreiche über einen großen Teil des Weltvermögens verfügen. Ist das Fluch oder Segen? Man sollte nicht vergessen, dass diese Klientel Millionen Arbeitsplätze trägt und nicht nur Polo spielt und karibische Inseln kauft. STANDARD: Wer ist eigentlich reich? Druyen: Es gibt keine objektive und verbindliche Definition. In der Forschung sagen wir, reich zu sein beginnt ab einem Vermögen von drei Millionen Euro, denn da kann man gut von der Rendite leben. Wer 30 Millionen Euro hat, ist sehr reich, und mit 300 Millionen ist man superreich. STANDARD: Sie haben mit hunderten Millionären und 100 Milliardären weltweit ausführliche Gespräche geführt. Wie schwierig war die Annäherung? Druyen: Enorm schwierig. Vor zehn Jahren kassierten wir fast nur Absagen. Ab 2006 haben wir uns auf Stifter und Mäzene konzentriert. Diese Interviews trugen dazu bei, dass sich allmählich auch die Türen jener geöffnet haben, die völlig abgeschottet leben. Aber es braucht Geduld. STANDARD: Sind die meisten Reichen spendabel? Druyen: Vorsichtig geschätzt, sind mittlerweile 60 Prozent im deutschsprachigen Raum der Meinung, dass Gerechtigkeit nicht über das Steuersystem geschaffen wird, und fühlen sich in der Pflicht, zum Allgemeinwohl beizutragen. In den USA, wo der Sozialstaat nicht so ausgeprägt ist wie in Europa, liegt die Anzahl allerdings bei 90 Prozent. Dort gehört es zum guten Ton zu spenden, die Universitäten zum Beispiel leben ja davon. In China hingegen ist der Gedanke, etwas abzugeben, noch eine Seltenheit. STANDARD: Gibt es klassisches Reichenverhalten? Druyen: Bei Reichen ist es wie bei Normalbürgern: Es gibt solche und solche. Man kann einen Hedgefonds-Manager, der an der Börse ein Vermögen macht, nicht mit einem Unternehmer vergleichen, der hundert Bäckereifilialen betreibt. Diese Menschen treibt auch nicht das Gleiche an. Der Hedgefonds-Manager liebt das Risiko, will immer gewinnen. Hingegen tragen die meisten Unternehmer hohe Verantwortung und wollen ihr Lebenswerk für die nächste Generation bewahren. Eines ist allerdings für alle ähnlich: Die Welt wird kleiner, wenn man viel Geld hat. STANDARD: Machen Sie uns doch mal neidisch ... Druyen: Auf wen? Auf Superreiche? Für 450.000 Euro zwei Wochen lang auf die Malediven zu fliegen ist etwas völlig Normales für solche Leute. Ich habe auch einen begehbaren Schuhschrank in der Größe eines Einfamilienhauses gesehen. Einer denkt daran, sich einfrieren und in 200 Jahren wieder auftauen zu lassen. Es gibt unfassbare Inszenierungen wie künstliche Unterwasserwelten voller Haie – das ist wirklich wie bei James Bond. Achtzig Prozent leben aber recht normal, ihre Nachbarn wissen oft gar nicht, dass sie so viel Geld haben. Sie haben auch panische Angst davor, auf Vermögenslisten aufzutauchen. STANDARD: Macht Geld diese Menschen glücklich? Druyen: Diese Frage stelle ich meinen Gesprächspartnern regelmäßig. Es hat noch nie jemand mit einem bloßen Ja geantwortet. Denn – so banal es klingt – die wirklich wichtigen Dinge wie Familie, Liebe und Gesundheit kann man ja nicht kaufen. Wir wissen auch aus der Glücksforschung, dass ab einer gewissen Höhe mehr Einkommen nicht automatisch mehr Glück bedeutet. Die zufriedensten Menschen sind demnach jene, deren Jahreseinkommen um 70.000 Euro liegt. STANDARD: Welche Sorgen haben Reiche? Druyen: Eine der stärksten Emotionen ist Verlustangst. Ebenso existiert Angst vor Übergriffen oder Entführung ihrer Kinder. Wir merken auch immer wieder, dass Reichtum großen Stress auslöst. Wer sich theoretisch alles leisten kann, hat die Qual der Wahl, das erzeugt Handlungsdruck. STANDARD: Was macht reiche Menschen zufrieden? Druyen: Einem kleinen Teil reicht es wirklich, sich mit luxuriösen Dingen und Reisen die Zeit zu vertreiben. Die meisten aber wollen etwas Sinnstiftendes tun und unternehmerisch tätig sein. Das ist auch der Punkt, an dem die Politik diese vermögenden Menschen abholen sollte. STANDARD: Was meinen Sie damit? Druyen: Die meisten sind bereit, für andere zu geben, lehnen aber bloße Steuererhöhungen ab, weil sie oft nicht damit einverstanden sind, wofür der Staat das Geld verwendet. Viele wollen selber gestalten. Wichtige Motivationen sind Schaffung von Arbeitsplätzen und Finanzierung von Bildung. Da müsste die Politik neue Wege finden, um Vermögende besser einzubinden. STANDARD: Haben Reiche auch eine Bringschuld? Druyen: Ich finde schon. Reiche sollten sich nicht isolieren, sondern sich viel öfter zu wichtigen Themen äußern. Es wäre hilfreich, wenn sie sich seriös in die Politik einbringen. Gerade darin liegt eine Verantwortung für die Allgemeinheit. STANDARD: Gibt es spezifische Erscheinungsformen von Reichtum in Österreich und in Deutschland? Druyen: Ganz viele. In Deutschland beispielsweise sind viele Reiche im Norden wirklich von hanseatischer Zurückhaltung, während sich in München mehr Selbstdarsteller finden. Und bei vielen Reichen in Österreich spielt die kulturelle Inszenierung eine große Rolle. Das erinnert zuweilen an monarchische Zeiten.
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7Wissenschaft
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In den nächsten Tagen sei nicht mit neuen Verbindungen zu rechnen, heißt es vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Köln - Das Minilabor Philae wird sich in den nächsten Tagen wohl erst mal nicht wieder vom Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko melden. Wir rechnen nicht damit, sagte Manuela Braun vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Dienstag in Köln. Es werde zwar wieder einen Kontakt geben. Aber wann, das wissen wir jetzt nicht, so die Sprecherin. Nach den ersten Kontakten werde das DLR mit der europäischen Raumfahrtagentur ESA über eine neue Flugbahn der Muttersonde Rosetta nachdenken, um eine bessere Verbindung zu schaffen. Für die anstehenden Experimente sind stabile und längere Verbindungen zu dem Lander notwendig. Philae war im November nach zehnjähriger Reise auf dem Kometen im Schatten gelandet. Er hatte noch einige Daten gesendet und war hatte sich dann wegen Strommangels ausgeschaltet. Während Tschuri unentwegt auf die Sonne zufliegt, hat Philae inzwischen neue Energie getankt, ist aufgewacht und hat sich in den letzten Tagen mehrmals kurz gemeldet. Der letzte kurze Kontakt war instabil und hatte mit Unterbrechungen 30 Sekunden gedauert. Der erste hatte 85 Sekunden gehalten. Die Forscher hoffen auf weitere, stabilere Verbindungen, denn Philaes hat noch zahlreiche Daten gespeichert, die Aufschluss über die Bedingungen auf dem Kometen geben könnten.
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5Inland
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SPÖ-Mandatar setzt Schritt wegen Präsidentenkurs: "Gezielte Vernichtung von Teilen des Volks". Wien – Aus Protest gegen den von Kurs des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim seine Mitgliedschaft in der türkisch-österreichischen Parlamentarier-Freundschaftsgruppe ruhend gestellt. Als überzeugter Demokrat und Freund des türkischen Volkes müsse er diesen Schritt setzen, teilte er dem Botschafter in Österreich in einem Schreiben mit. Das Verhalten Erdogans und seines Umfeldes sei mit der Wertewelt demokratischer Staaten nicht vereinbar. Denn einerseits würden die Kurden – die hervorragenden Anteil am Kampf gegen den IS hätten – aufs Blutigste bekämpft, und andererseits immer wieder Schritte gesetzt, die den Kampf gegen den IS behindern. Ich bin der Meinung, dass sich das freiheitsliebende türkische Volk einen Präsidenten, zu dem sich Präsident Erdogan nun entwickelt, nicht verdient hat, schreibt Jarolim. Er äußert große Sorge und Unverständnis über die brutalen, autoritären und durch nichts gerechtfertigten Aktivitäten des Präsidenten – von der undemokratischen, vom Zaun gebrochenen Neuwahl über die Beschränkung der Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit, intransparente Gerichtsverfahren bis zur jüngsten und gezielten Vernichtung von Teilen des eigenen Volks. Jarolim hat, wie er der APA berichtete, sein Schreiben an Botschafter Mehmet Hasan Gögüs, Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) und Brigitte Jank (ÖVP) gesandt. Jank ist die Vorsitzende der – von österreichischer Seite bisher 15 Nationalrats- und Bundesratsabgeordnete umfassenden – Freundschaftsgruppe.
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2International
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15 Festnahmen nahe der Elfenbeinküste. Bamako – Nahe der Grenze zur Elfenbeinküste haben malische Soldaten nach Armeeangaben zwei Jihadistencamps zerstört und mutmaßliche Kämpfer festgenommen. Bei Einsätzen in der südlichen Grenzregion Sikasso seien 15 Jihadisten festgenommen und ihr Rückzugslager zerstört worden, sagte ein malischer Offizier am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Unter den Festgenommenen sei ein radikaler Prediger von der Elfenbeinküste. Dieser habe in einem Dorf in Mali eine Moschee errichtet, um seine Regeln durchzusetzen. Ein anderer malischer Militärvertreter sagte, die Soldaten hätten bei einem Einsatz in einem weiteren Camp Waffen, Sprengstoff und Motorräder beschlagnahmt. Dieses Lager befinde sich nahe der Grenzstadt Fakola, das Ende Juni von der Islamistengruppe Ansar Dine angegriffen worden war. Die Gruppe plünderte dort Gebäude der Verwaltung und der Sicherheitskräfte. Erst in der vergangenen Woche hatten malische Soldaten bei einem Einsatz in der Region Sikasso mehrere Jihadisten getötet und deren Lager in einem Waldgebiet an der Grenze zerstört. Die Gruppe Ansar Dine konzentrierte ihre Angriffe lange Zeit auf die entlegenen Wüstengebiete im Norden Malis, doch seit Jahresbeginn sind die Kämpfer verstärkt auch nahe der Grenze zu Mauretanien sowie im Süden des Landes aktiv. Ansar Dine und andere Islamistengruppen hatten den Norden Malis im April 2012 unter ihre Kontrolle gebracht. Eine französische Militärintervention stoppte Anfang 2013 den Vormarsch der bewaffneten Islamisten Richtung Süden. Frankreich übergab den Militäreinsatz später der UNO-Truppe MINUSMA.
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7Wissenschaft
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Einige Wesen haben auch bei minimalen Lichtverhältnissen gute Sicht. Der Zoologe Eric Warrant ist ihren Tricks auf der Spur. Lund – Kommt der Frühling in Fahrt, herrscht im Auwald auch nach Einbruch der Dunkelheit Dauerbetrieb. Unzählige Insekten schwirren herum. Viele Menschen kennen sie nur als lästige Blutsauger, doch es sind noch ganz andere, faszinierende Geschöpfe unterwegs. Deilephila elpenor zum Beispiel. Die bunten, im deutschen Sprachraum als Mittlere Weinschwärmer bekannten Nachtfalter eilen flink von Blüte zu Blüte. Wie Kolibris verharren sie zum Nektartrinken schwebend, während ihre Flügel auf Hochtouren schwingen. Das funktioniert auch bei unruhigem Wetter – sogar in tiefer Finsternis. Wie gelingt den Tieren das? Eric Warrant geht dieser Frage nach. Der an der schwedischen Universität Lund tätige Zoologe erforscht seit Jahren das Sehvermögen nachtaktiver Spezies. Heute, Mittwoch, wird er an der Akademie der Wissenschaften in Wien über seine Arbeit berichten. Das Geheimnis der Weinschwärmer haben Warrant und sein Team zum Teil gelöst. Wie die meisten Insekten verfügen die Nachtfalter über Facettenaugen, zusammengesetzt aus tausenden sogenannten Ommatidien. Normalerweise trägt jeder dieser Rezeptoren ein Pixel zum Gesamtbild im Gehirn bei. Die nachtaktiven Schwärmer bedienen sich jedoch eines neurologischen Tricks. Um bei minimalen Lichtmengen noch gut sehen zu können, tragen sie die wenigen verfügbaren Reize zusammen. Fachleute bezeichnen dieses Prinzip als Summation. Die Signale werden gebündelt, sagt Warrant. Das Ergebnis, eine verbesserte Nachtsicht, geht zwar auf Kosten der Sehschärfe, aber dieser Nachteil gleiche sich aus. Was hinter der räumlichen Summation steckt, zeigen mikroskopische Aufnahmen. In den Augen von Deilephila elpenor und den amerikanischen Tabakschwärmern, Manduca sexta, finden sich zahlreiche Nervenzellen mit besonders langen, seitlichen Fortsätzen: Dendriten. Sie verbinden dutzende Ommatidien und leiten deren Signale an das Gehirn weiter (vgl.: Journal of Comparative Physiology, Bd. 524, S. 160). Die Augen des mit beiden Schwärmerarten nah verwandten tagaktiven Taubenschwänzchens (Macroglossum stellatarum) weist keine so breit verzweigten Neuronen auf. Der Mittlere Weinschwärmer betreibt aber auch eine zeitliche Summation und kombiniert diese mit der räumlichen Reizbündelung. Wie die Signalakkumulierung über kurze Zeiträume im Detail funktioniert, ist noch nicht bekannt. Ihr dürfte eine biochemische Reaktionskette zugrunde liegen, meint Warrant. Die gemeinsame Auswertung räumlich und zeitlich summierter Signale übernehmen jedoch sehr große spezialisierte Nervenzellen im Sehzentrum des Schwärmerhirns (vgl.: Current Biology, Bd. 26, S. 821). So ist es ihnen möglich, bei 100-fach schwächerem Licht zu sehen, und viel genauer. Der Schein der Sterne reicht den Weinschwärmern vollkommen, um nachts auf Sicht zu fliegen. Der Mond wird nicht benötigt. Derart erstaunliche Anpassungen gibt es allerdings nicht nur bei Insekten. Diverse Tierarten leben schließlich dort, wo es immer Nacht ist: in den Kellergeschoßen der Ozeane. Spuren von Sonnenlicht dringen höchstens bis in etwa 1000 Meter Tiefe vor. Trotzdem haben viele Bewohner dieser dunklen Gefilde gut entwickelte Augen, und das aus gutem Grund, denn ganz finster ist es in der Tiefsee nicht. Viele Rippenquallen, Krebse und Fische verfügen über Leuchtorgane, sogar das Plankton neigt mitunter zum Funkeln. Die Lichtsignale dienen der Kommunikation, der Abschreckung oder dem Anlocken von Futter. Riesenkalmare (Architeuthis dux) nutzen ihre großen Augen mit bis zu 30 Zentimeter Durchmesser in erster Linie zur Feinderkennung. Die Tintenfische halten sich vor allem tagsüber in der Tiefsee auf, müssen sich aber auch dort vor Pottwalen in Acht nehmen. Letztere orten ihre Beute mithilfe von Schall. Ihre eigene Anwesenheit verraten die Meeressäuger ungewollt durch Bewegungen. Sie regen Kleingetier zum Leuchten an. Der Walkörper gleitet in einer schwach leuchtenden Wolke durchs Wasser – für Riesenkalmare ein Zeichen nahenden Unheils. Berechnungen von Warrant und Kollegen zufolge können die Weichtiere ihre Gegner so auf 120 Meter orten (vgl.: Current Biology, Bd. 22, S. 683). Andere Tiefseegeschöpfe setzen ihr Sehvermögen vor allem bei der Jagd ein. Der Escolar, zoologisch Lepidocybium flavobrunneum, ist einer von ihnen. Die schwarzen Raubfische verbringen den Tag im tieferen Wasser, ab 200 Meter abwärts, und ziehen nachts zum Fressen an die Oberfläche. Ein Forscherteam hat die Augen des Escolars analysiert, auch Warrant war beteiligt. Die Untersuchungen offenbarten mehrere erstaunliche Details. Zum einen verfügen die Fische in ihren Netzhäuten nicht etwa nur über eine, sondern bis zu acht Lagen aus Rezeptorzellen, allesamt Stäbchen. Dem Escolar erscheint die Welt also in Schwarz-Weiß. Die Schichtung der Rezeptoren dient der optimalen Lichtausbeute. Dank dieses Aufbaus bringt es das Escolar-Auge auf über zwei Millionen Sinneszellen pro Quadratmillimeter Netzhaut. Beim Menschen sind es maximal 200.000 pro Quadratmillimeter. Hinter der Netzhaut der Fische liegt zudem ein sogenanntes Tapetum lucidum: Eingefallene Lichtquanten, die bis dahin nicht absorbiert wurden, werden reflektiert und treten den Gang durch die Stäbchenschichten erneut an. Zur weiteren Verbesserung seiner Wahrnehmung greift auch der Escolar auf Summation zurück – räumlich und anscheinend auch zeitlich. Elektrophysiologische Messungen in Netzhautproben der Tiere haben eine besonders niedrige Flimmerfusionsfrequenz von maximal neun Hertz aufgezeigt (vgl.: Philosophical Transactions of the Royal Society B, Bd. 369, 20130039). Das heißt: Die Fische können kurz aufeinanderfolgende Lichtimpulse nicht unterscheiden und sehen sie als Einzelblitz. Bewegungen werden somit nur verzögert wahrgenommen. Für die Räuber ist die Zeitlupensicht offenbar kein Problem. Sie stellen vermutlich eher langsamer Beute nach, sagt Warrant. Auf eine solche Jagdtaktik weist auch die zweidimensionale Struktur der Netzhaut hin. Der Bereich mit der höchsten Dichte an Nervenzellen liegt dort, wo von oben einfallendes Licht eintrifft. Der Escolar lauert offenbar unten in der Dunkelheit und erkennt die Silhouetten seiner Opfer vor dem Nachthimmel.
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7Wissenschaft
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Die Folgen der Inhalation von Distickstoffmonoxid halten nur die ersten drei Minuten an. Cambridge/Wien – Lachgas ist das älteste moderne Narkosemittel. Bald nachdem es 1772 erstmals synthetisiert worden war, entdeckte man seine schmerzstillende, aber auch euphorisierende Wirkung: N2O (so die Strukturformel von Distickstoffmonoxid oder eben: Lachgas) kam auf Jahrmärkten und ab 1844 auch bei Zahnbehandlungen zum Einsatz. Der Name Lachgas hat sich vor allem deshalb eingebürgert, weil N2O mitunter für Lachanfälle sorgt. Es können sich aber auch Zwerchfellkrämpfe einstellen, die von Außenstehenden als Lachen interpretiert werden. Andere Nebenwirkungen sind gering. Trotz dieser langen Tradition als Schmerz- und Rauschmittel haben jetzt erst Forscher des MIT in Cambridge eine erstaunliche Wirkung von Lachgas auf das Gehirn entdeckt: Beim Einatmen entstehen in den ersten drei Minuten extrem langsame Hirnwellen, die das Gehirn von der Vorder- zur Rückseite durchqueren. Eigentlich haben die sogenannten Deltawellen, die in der traumlosen Tiefschlafphase auftreten, die geringste Frequenz. Die vom Lachgas verursachten Hirnwellen sind freilich noch einmal deutlich langsamer: Ihre Frequenz ist mit zehn Sekunden deutlich geringer wie die der Deltawellen während der Tiefschlafphase. Emery Brown, einer der Koautoren der Studie, die im Fachmagazin Clinical Neurophysiology erschien, war aus zwei Gründen von der Entdeckung überrascht: erstens deshalb, weil sie erst jetzt geschah; zweitens, weil N2O auf eine andere Weise das Gehirn verändert als vergleichbare Wirkstoffe. Brown vermutet, dass Lachgas in den ersten drei Minuten Signale aus dem Hirnstamm unterdrückt, die dafür sorgen, dass man wach bleibt. Nun soll versucht werden, diese Wirkung zu verlängern, um Lachgas noch effektiver einsetzen zu können.
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1Panorama
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Mehr Fahrgäste in den Linien U1 und U6 werden ab 13. Dezember durch die ÖBB-Fahrplanänderungen erwartet. Wien – Mit Inkrafttreten des neuen ÖBB-Fahrplans am Sonntag wird der Westbahnhof zum Regionalbahnhof, was auch die Pendlerströme innnerhalb Wiens verlagert. Zwar enden noch Fernzüge der Firma Westbahn am Westbahnhof, Fahrgäste schneller ÖBB-Züge werden ab Sonntag aber am Bahnhof Meidling oder am Hauptbahnhof aus- und in U-Bahnen (U6 oder U1) umsteigen. Das bedeutet, dass sich Pendler dieser Züge nicht mehr auch auf die U4 (bisher via Hütteldorf) oder U3 (bisher via Westbahnhof) verteilen. Dort halten nur noch Regionalzüge, die aber oft entsprechend länger brauchen. Die Wiener Grünen warnten am Freitag davor, dass die beiden U-Bahnlinien U1 und U6 bisher schon zeitweise am Kapazitätslimit kratzen. Sie fordern daher, dass weiter mindestens ein ÖBB-Fernzug pro Stunde in Hütteldorf und am Westbahnhof hält. Die Wiener Linien waren um Beruhigung bemüht: Wir haben die U-Bahn-Intervalle verdichtet, vor einem Jahr jene der U6. Wir sind vorbereitet, sagte ein Sprecher. Zu Stoßzeiten betrügen die Intervalle zweieinhalb bis drei Minuten. Pendler nähmen zudem auch andere Verkehrsmittel, etwa S-Bahnen. In Hütteldorf werden aber keine ÖBB-Fernzuggäste mehr in die S45 umsteigen können. Das sorgt bei Betroffenen für einigen Unmut.
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7Wissenschaft
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Niederländische Astronomen vermuten, dass die Sonne den Zwergplaneten Sedna einem vorbeiziehenden Stern entrissen hat. Leiden – Sie war einer der Nägel in Plutos Sarg – jedenfalls was dessen Status als Planet anbelangt: Sedna, 2003 am Rande des Sonnensystems entdeckt, wurde anfangs noch als Planet bezeichnet. Mit einem Durchmesser von knapp 1.000 Kilometern ist der nach einer Inuit-Göttin benannte Himmelskörper kaum halb so groß wie Pluto – allerdings hatte man Sedna anfangs auch noch größer eingeschätzt. Schon vor Sedna war Quaoar entdeckt worden, es folgten Eris, die sogar ein wenig größer und massereicher als Pluto ist, Makemake und Haumea. Insgesamt könnten tausende vergleichbare Objekte jenseits des Neptun-Orbits, im Kuipergürtel und darüber hinaus, ihre Bahn ziehen. Wie viele Planeten hat unsere Sonne also? Spätestens mit der Entdeckung von Eris kam die Internationale Astronomische Union zum Schluss, dass es sinnlos sei, die offizielle Zahl der Planeten im Sonnensystem laufend nach oben zu revidieren, ohne dass dabei jemals ein Ende abzusehen wäre. Also wurde 2006 die Kategorie Zwergplanet eingeführt, auf die nun auch der schon 1930 entdeckte neunte Planet Pluto herunter- und der vormalige Asteroid Ceres hochgestuft wurde. Im Unterschied zu Planeten haben es Zwergplaneten mit ihrer geringeren Schwerkraftwirkung nicht geschafft, ihre oft ungewöhnlichen Orbits von kosmischem Schutt freizuräumen, so die Definition. In Sachen Nomenklatur sind damit wieder Ruhe und Ordnung eingekehrt. Doch nun macht Sedna wieder von sich reden. Ein Team niederländischer Astronomen vermutet, dass sich Sedna gar nicht in unserem Sonnensystem gebildet hat, sondern ursprünglich zu einem anderen Sternsystem gehörte. Als dieses am Sonnensystem vorbeizog, wurden ihm Sedna und hunderte andere Objekte entrissen und unserem Heimatsystem einverleibt, so die Theorie. Schon zuvor hatten einige US-Astronomen diese Hypothese aufgestellt. Anlass der Vermutung ist der extrem elliptische Orbit Sednas: Sie braucht für eine Umkreisung der Sonne 12.000 Jahre und bewegt sich dabei zwischen dem 76-fachen und dem 1000-fachen des Abstands zwischen Erde und Sonne. Die großen Planeten haben in der Frühzeit des Sonnensystems zwar zahlreiche kleinere Himmelskörper nach außen geschleudert – eine Umlaufbahn wie diese ist damit aber kaum zu erklären. Ein Team um Lucie Jílková vom Observatorium Leiden ist nun der Hypothese vom Planetenklau nachgegangen – mit unserer Sonne als möglichem Täter ebenso wie als Opfer. Im Computermodell wurden über 10.000 verschiedene Szenarien von Sternenbewegungen durchgespielt, um zu sehen, welche zum heute vorliegenden Ergebnis geführt haben könnte. Das wahrscheinlichste Szenario sieht ihren Berechnungen zufolge so aus: In der Frühzeit des Sonnensystems, vor über vier Milliarden Jahren, kam ein vorbeiziehender Stern mit etwa 80 Prozent mehr Masse als die Sonne bis auf etwa den 51-fachen Abstand zwischen Sonne und Neptun heran. Dabei erfolgte ein Austausch: Sedna und andere kleine Himmelskörper, die den Nachbarstern auf weiten Orbits umkreisten, wurden aus diesem System herausgerissen. Gleichzeitig nahm der Stern hunderte Objekte aus unserem Kuipergürtel mit sich fort. Hunderte weitere wären ins interstellare Off geschleudert worden. Diese Hypothese zu überprüfen, wäre theoretisch gar nicht so schwierig – doch braucht es dazu Geduld. Die chemische Zusammensetzung Sednas könnte nämlich Aufschluss über ihre Herkunft geben: Weicht sie von der der übrigen Objekte im Kuipergürtel signifikant ab, handelt es sich bei ihr offenbar um einen Fremdkörper. Zwar sind wir von einer genaueren Erforschung des Kuipergürtels noch ein gutes Stück entfernt. Aber der Anfang ist bereits gemacht: Immerhin erreicht nächsten Monat die NASA-Sonde New Horizons nach neunjähriger Reise den Pluto. Und danach geht es weiter durch den Gürtel. (jdo, 27.6. 2015)
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7Wissenschaft
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Schmuggler boten einem irakischen Museum Tontafeln an. Darauf fanden sich neue Szenen aus der ältesten Dichtung der Welt. Es gilt als die älteste schriftlich festgehaltene Dichtung der Menschheit und enthält frühe Hinweise auf die biblische Sintflut: Das Gilgamesch-Epos hat seine Wurzeln in sumerischer Zeit vor über 4.000 Jahren. Der Protagonist der Erzählung ist Gilgamesch, ein zu zwei Dritteln göttliches Wesen und König der sumerischen Stadt Uruk. Begleitet wird er von seinem Diener, Freund und späteren Bruder Enkidu, einem mysteriösen Wesen, das im Laufe der Geschichte immer menschlichere Züge annimmt. Hauptmotiv der Erzählung ist Gilgameschs Suche nach Unsterblichkeit. Das Epos existiert in zahlreichen Varianten aus unterschiedlichen Epochen und Regionen des fruchtbaren Halbmondes. Die ersten Tontafeln, auf denen sich Teile der Erzählung fanden, wurden 1853 in den Ruinen der Bibliothek Assurbanipals in Ninive entdeckt. Spätere Funde ergänzten den Text, doch nach wie vor existieren teilweise große Lücken in der Geschichte. Eines dieser Löcher konnte nun dank eines Glücksfalles geschlossen werden. 2011 wurden dem archäologischen Museum von Sulaimaniyya in der Autonomen Region Kurdistan im Irak über 80 unscheinbare Tontafeln zum Kauf angeboten. Der Historiker Farouk Al-Rawi von der University of London konnte zufällig einen Blick auf die Fundstücke werfen. Dabei sprang ihm vor allem eines der Fragmente ins Auge. Eine nähere Untersuchung bestätigte die ursprüngliche Vermutung: Die Tontafel war keine Fälschung. Für die wahre Sensation aber sorgte erst die Übersetzung der 20 Zeilen Keilschrift auf den zusammengefügten Bruchstücken: Es handelte sich um einen bisher fehlenden Teil im fünften Kapitel des Gilgamesch-Epos. Eine Datierung ergab, dass der Text vermutlich rund um 600 vor unserer Zeitrechnung von einer älteren Tafel kopiert worden war. Der entdeckte Text wirft ein neues Licht auf die beiden Hauptfiguren der Erzählung. Im fünften Kapitel wollen Gilgamesch und Enkidu im Reich von Humbaba, dem Hüter des Zedernwalds, Bäume fällen. Viele Beschreibungen präsentieren Humbaba als löwengesichtiges Ungeheuer, doch in dem neuen Fragment wirkt das Wesen viel menschlicher: hier wird er als Herrscher eines fremden Landes dargestellt. Als Gilgamesch und Enkidu schließlich den Zedernwächter töten und seine Bäume fällen, erkennen sie, dass sie ein Unrecht begannen hatten – diese geäußerte Reue fehlte in den bisher bekannten Varianten des Gilgamesch-Epos. Die Archäologen halten den Fund daher auch deshalb für so bedeutsam, weil er den Hauptfiguren des Epos neue charakterliche Schattierungen zuweist.
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4Sport
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Arsenal-Manager will im anstehenden Transferfenster tätig werden und ist bereits "sehr fleißig" – Jankos Basel-Kollege Mohamed Elneny könnte kommen. London – Für den ersten englischen Meistertitel seit 2004 will Teammanager Arsène Wenger den FC Arsenal in der Winterpause noch einmal verstärken. Mit Blick auf die anstehende Transferperiode im Jänner kündigte der 66-jährige Trainer am Mittwoch an: Ich werde beschäftigt sein, das ist sicher. Abgeschlossen sei noch nichts, doch er sei schon sehr fleißig, so Wenger, der in erster Linie im Mittelfeld Handlungsbedarf hat. Ein Neuer könnte Mohamed Elneny heißen. Medienberichten zufolge soll sich Arsenal bereits mit dem FC Basel über die Ablösesumme für den 23-jährigen ägyptischen Mittelfeldspieler geeinigt haben. Auch Southamptons Kenianer Victor Wanyama wird mit den Londonern in Verbindung gebracht. Wenger hat allerdings seit Wochen mit Personalnot zu kämpfen. Francis Coquelin und Santi Cazorla fallen mit Knieverletzungen weiter aus. Wann Jack Wilshere zurückkehrt, bleibt offen. Der englische Nationalspieler hatte sich nach einem Haarriss im Sommer im linken Wadenbein später einer Operation unterziehen müssen. Vom angestrebten Titel sollen die Probleme die Gunners aber nicht abhalten. Man kann uns nicht außen vor lassen, so Wenger: Wir haben eine Chance und wir werden darum kämpfen. Arsenal führt die Premier League mit 39 Zählern punktegleich vor Leicester an. Chelseas Guus Hiddink schloss unterdessen einen Transfer von Cesc Fàbregas im Winter aus. Wir brauchen bis zum Saisonende alle Spieler, wir müssen uns in der Tabelle verbessern, sagte der Niederländer. Der 28 Jahre alte spanische Nationalspieler Fabregas, der sich mit einer andauernden Formkrise (kein Ligator, zwei Vorlagen) herumschlägt, soll von zahlreichen europäischen Top-Klubs umworben sein. Fàbregas kam 2014 für 33 Millionen Euro vom FC Barcelona zum FC Chelsea und hat noch einen Vertrag bis 2019.
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0Web
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Finanzielle Turbulenzen hatten den Nokia-Nachfolger durcheinandergewirbelt. Der aus Nokia hervorgegangene Hersteller Jolla hat angekündigt, dass einige Vorbesteller des Jolla-Tablets nun Geräte erhalten werden. Gleichzeitig wird das Projekt aber eingestampft, sodass nicht alle Kunden bedient werden können. Für die leer ausgegangenen Kunden wolle Jolla eine Lösung finden, berichtet Heise unter Berufung auf den Jolla-Blog. Die Tablets waren ab November 2014 über ein Crowdfunding-Verfahren vorfinanziert worden. Die dadurch erlangten Einnahmen hatten das Finanzierungsziel weit überschritten. Doch offenbar hatte es Produktionsschwierigkeiten oder Probleme anderer Natur gegeben – denn die Auslieferung verzögerte sich immer weiter, bis schließlich nicht einmal mehr alle Vorbesteller das Gerät erhielten. Was die Turbulenzen für die Zukunft von Jolla bedeuten, bleibt momentan unklar. Das Unternehmen wolle die Lizenzierung des Betriebssystems Sailfish OS fortsetzen, hieß es. Ob ein neues Tablet folgt oder die Kunden später ihr vorbestelltes Gerät – oder ihr Geld zurück – erhalten, wurde nicht beantwortet.
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3Wirtschaft
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Zwei oberösterreichische Firmen erzeugen mit der Abfallentsorgung Wärme und Strom. Am Ende steht verwertbarer Kompost. Wien/Weibern – Die österreichische Biomasselandschaft ist so aufgestellt, dass hauptsächlich Holz in Heizkraftwerken verbrannt wird. Wir dachten uns: Das ist eigentlich zu wenig, erläutert Oliver Schmidt, Leiter Technische Planung des Umwelttechnikbüros Müller in Weibern. Wenn man aus Bioabfall sowohl Energie als auch Kompost erzeugen könnte, wäre dies doch ein Doppelnutzen. Außerdem war es den oberösterreichischen Ingenieuren ein Anliegen, auch kleinere Einheiten solcher Biomassekraftwerke zu entwickeln, mit denen auch relativ geringe Mengen von Grünschnitt und Abfällen sozusagen regional verwertet werden können. Fast zehn Jahre und einige Forschungsförderrunden von EU und auch Österreich später ist diese Idee technologisch umgesetzt. In einem Trockenfermentationsprozess wird der Abfall entsorgt und dabei Wärme und Strom erzeugt. Als Endprodukt entsteht verwertbarer Kompost. Das kleine Ingenieurbüro mit 20 Mitarbeitern fand in der Firma Pöttinger Entsorgungstechnik einen Partner für Marketing, Erzeugung, Verkauf und Service, sodass auf Entwicklung des Know-hows fokussiert werden kann. In Braunau am Inn steht eine Anlage, in der eine Gärtnerei Grünschnitt und Bioabfälle nutzt, und zwar dreifach: Der Kompost wird in der Gärtnerei verwendet. Der Strom wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Mit der bei der Stromerzeugung entstehenden Wärme werden die Glashäuser beheizt. Biofilter stellen sicher, dass das Ganze nicht stinkt, versichert Schmidt. Ähnliche Anlagen haben Pöttinger/Müller mittlerweile in Kroatien und Slowenien installiert, wo zum Beispiel die Pressrückstände von der Olivenölherstellung genutzt werden. Die Technologie ist immer dieselbe, sagt Schmidt. Das Besondere ist der modulare Aufbau der kleinen Kraftwerke, die sich in Containern verbergen. Die kleinste Anlage kann rund 1.000 Tonnen pro Jahr verarbeiten, kostet bis zu 500.000 Euro und kann beliebig erweitert werden, indem man einen weiteren Container dazustellt. Trotz der bestechenden Ideen wird den Oberösterreichern nicht die Tür eingerannt. Die schlechte Wirtschaftslage lässt potenzielle Käufer zuwarten. Und vor allem: Der billige Preis für Erdöl und -gas konterkariert häufig die Bemühungen, forciert auf regenerative Energieformen umzusteigen. Auch die Ökostrompolitik der Vergangenheit sei nicht dazu angetan gewesen, weitere Forschung zu fördern, kritisiert Oliver Schmidt. Bestehende Strukturen in der Abfallwirtschaft, Unsicherheiten bei der Umsetzung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Bedenken gegen neue Technologien lassen Investoren zögern. Das macht Weiterentwicklungen schwierig.
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7Wissenschaft
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Das Kompetenzzentrumsprogramm wird nach einer Wirkungsevaluierung einem Redesign unterzogen. Wien – Das vor zehn Jahren gestartete Kompetenzzentrenprogramm Comet wird runderneuert. In Hinkunft soll es statt der bisherigen Aufteilung in wenige große K2-, einige mittelgroße K1-Zentren und mehrere kleine K-Projekte nur mehr Cometzentren geben, die sich um ein bis zwei Module bewerben können – und damit je nach Erfolg bei der Jury mit Mitteln des Bundes und der Länder wachsen können. Damit will man den Wettbewerb fördern. Dieses Redesign ist eine Reaktion auf die Wirkungsanalyse von Austrian Institute of Technology (AIT) und Joanneum Research, die im Herbst 2015 im Auftrag der Comet-Eigentümer Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium sowie Verkehrsministerium vorgelegt wurde – und teilweise überraschend negative Ergebnisse zutage brachte. K2-Zentren haben demnach trotz höheren Budgets je eingesetztem Vollzeitäquivalent (siehe auch Grafik) keinen höheren wissenschaftlichen Output erzielt als die kleineren K1-Zentren. Sie liegen je eingesetzter Fördermillion, wie es in der Studie heißt, in Hinblick auf realisierte Patente und Publikationen in wissenschaftlichen Journalen sogar unter dem Niveau der Programmlinie K1. Dazu passt die kritische Analyse, dass es nicht gelang, eine bedeutende Anzahl an exzellenten WissenschafterInnen aus dem Ausland an K-Zentren zu holen. Die Möglichkeiten für spezifische Karrieren seien im stark anwendungsorientierten Programm nicht gegeben. Fazit: K-Zentren seien F&E-Dienstleister für Unternehmen geworden und seien daher nicht in der Lage neue Impulse zu setzen. Die Verfolgung neuer Innovationsansätze war kaum der Fall, heißt es da. Die Evaluierung wiederholt also, was von internationalen Gutachtern schon bemängelt wurde: Das Comet-Programm braucht wieder mehr Grundlagenforschung, um langfristig mit Innovationen reüssieren zu können. Die Änderungen im Comet-Programm werden aufgrund der langfristigen Förderprogramme wohl erst 2025 gänzlich umgesetzt sein, sagt Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Förderagentur FFG, die das Comet-Programm betreut. In der nächsten K2-Programmausschreibung ab April werde aber bereits der modulartige Ansatz eingefordert. Egerth lobte gegenüber dem STANDARD das Comet-Programm als grundsätzlich erfolgreich – vor allem bei der Schließung der Lücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Hier kam auch die Wirkungsstudie von AIT und Joanneum zu einer positiven Bilanz. Auch der Kompetenzaufbau in den Unternehmen und Zentren sei beachtlich. Nun müsse man sich vermehrt auch dem internationalen Wettbewerb um Fördermittel stellen und zum Beispiel versuchen, große EU-Projekte an Land zu ziehen, K-Zentren haben sich ja auch schon in der Vergangenheit an kooperativen Programmen wie den Joint Technology Initiatives stark beteiligt. Das sei eine wesentliche Voraussetzung, damit die Szene in Bewegung bleibt, meinte Egerth.
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7Wissenschaft
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Burlington – Mit Parasiten befallene Hummeln fliegen gezielt Blüten an, deren Nektar natürliche Antiparasitika enthält. Zu diesem Ergebnis gelangt eine Studie im Fachblatt Ecology, die acht der natürlich in Nektar vorkommenden Stoffe an mit Darmparasiten infizierten Hummeln testete. (rede) AbstractEcology: Nectar chemistry mediates the behavior of parasitized bees: consequences for plant fitness York – In Zukunft könnten durch Explosionsrückstände kontaminierte Landstriche mittels genetisch modifizierter Pflanzen saniert werden. Eine in Science veröffentlichte Studie belegt, dass Pflanzen, denen das Schlüsselenzym MDHAR6 fehlt, immun gegen die zellschädigende Wirkung von TNT sind und somit zu dessen Abbau beitragen können. (rede, 4.9.2015) AbstractScience: Monodehydroascorbate reductase mediates TNT toxicity in plants
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4Sport
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Österreicher erlitt bei Sturz einen Kreuzbandriss – Italiener Mattia Casse Schnellster im zweiten Training für die Kitz-Abfahrt. Kitzbühel – Das italienische Skiteam hat am Donnerstag im zweiten Training für die Weltcup-Abfahrt am Samstag auf der Kitzbüheler Streif groß aufgezeigt. Mit Startnummer 47 raste der 25-jährige Mattia Casse in 1:56,85 zur Bestzeit vor seinem Landmann Christof Innerhofer (0,34) und dem Oberösterreicher Vincent Kriechmayr, der allerdings einen Torfehler beging. Vierter wurde Adrien Theaux (FRA/+1,07). Der Norweger Aksel Lund Svindal hatte 1,29 Sekunden Rückstand, der Salzburger Hannes Reichelt 1,54. Die Sturzserie der Österreicher hielt indes an. Nach Max Franz am Dienstag erwischte es am Donnerstag ebenfalls nach der Hausbergkante Florian Scheiber, die Bindung hatte sich geöffnet. Er wurde mit dem Hubschrauber geborgen. Die Diagnose: Riss des vorderen Kreuzbandes sowie ein Riss des inneren und äußeren Meniskus. Der 28-jährige Tiroler wird noch am Donnestag in Hochrum operiert. Im Herren-Lager muss der ÖSV verletzungsbedingt derzeit bereits Abfahrts-Olympiasieger Matthias Mayer (sechster und siebenter Brustwirbel gebrochen), Max Franz (Verletzungen am linken Hand-, Knie- und Sprunggelenk), Joachim Puchner (Patellasehnenverletzung), Thomas Mayrpeter (Kreuzbandriss), Markus Dürager (Schien- und Wadenbeinbruch) und Daniel Danklmaier (Kreuzbandriss, Meniskusverletzungen) vorgeben. (APA, 21.1.2016) Ergebnisse vom zweiten Training: 1. Mattia Casse (ITA) 1:56,85 Min. 2. Christoph Innerhofer (ITA) +0,34 Sek. 3. Vincent Kriechmayr (AUT) 1,03 * 4. Adrien Theaux (FRA) 1,07 5. Steven Nyman (USA) 1,16 6. ex aequo Aksel Lund Svindal (NOR) und Alexander Aamodt Kilde (NOR) je 1,29 8. Valentin Giraud Moine (FRA) 1,31 * 9. David Poisson (FRA) 1,33 10. Peter Fill (ITA) 1,39 11. Kjetil Jansrud (NOR) 1,41 12. Hannes Reichelt (AUT) 1,54Weiter: 15. Patrick Schweiger (AUT) 1,63 26. Johannes Kröll (AUT) 2,07 27. Romed Baumann (AUT) 2,18 29. Klaus Kröll (AUT) 2,24 32. Georg Streitberger (AUT) 2,40 35. Otmar Striedinger (AUT) 2,88 50. Christian Walder (AUT) 4,32 52. Christopher Neumayer (AUT) 5,12 Gestürzt: Florian Scheiber (AUT) * = Torfehler
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3Wirtschaft
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Salzburg und Innsbruck voran. Trotz der milden, eher unweihnachtlichen Temperaturen war der Handel am zweiten Einkaufssamstag mit den Umsätzen sehr zufrieden. Es sei ein ganz, ganz starker Tag gewesen, sagte Spartenobmann Peter Buchmüller. Krampus und Nikolo hätten offenbar einen zusätzlich positiven Effekt gehabt. Am besten lief laut Wirtschaftskammer einmal mehr der Verkauf von Textilien, Spielwaren, Elektronik, speziell Zubehör, sowie Büchern. Neu unter den Top fünf befanden sich Einrichtungsgegenstände sowie -accessoires. Auch für den Einkaufsfeiertag am Dienstag ist Buchmüller zuversichtlich. Besonders rege war das Geschäft in den Salzburger Einkaufszentren sowie in der Innsbrucker Innenstadt. Von der Früh weg hat sich die Mall kontinuierlich gefüllt. Die Kunden sind in Kauflaune, berichtete etwa Manuel Mayer, Centermanager des Salzburger Europarks. In Innsbruck strömten laut Stadtmarketing rund 40.000 vorweihnachtlich gestimmte Menschen in die City – viele von ihnen, wie schon in vergangenen Jahren, aus Italien. In Wien drängt Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, darauf, Schanigärten auch in der kalten Jahreszeit zu ermöglichen. Grundsätzlich hat die rot-grüne Stadtregierung bereits ihre Zustimmung signalisiert, ein entsprechendes Papier wird aber seit Monaten evaluiert. Bei Konflikten zwischen Schanigärten und Punschhütten auf Gehsteigen und Plätzen soll der Punsch Vorrang behalten. Winterliche Vorgabe ist außerdem, dass Tische und Stühle über Nacht nicht draußen bleiben.
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3Wirtschaft
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Anpassung der Verrechnungspreise im Konzern und Überprüfung der Unternehmensstrukturen. London – Die von den führenden Industrie- und Schwellenländern entwickelten strengeren Besteuerungsregeln für transnationale Konzerne zwingen die Unternehmen schon vor ihrer Umsetzung zu Änderungen. In einer am Dienstag veröffentlichten Reuters-Umfrage unter 180 Unternehmen in 35 Ländern gaben 59 Prozent an, ihre Strukturen bereits an die Vorgaben anzupassen. Die Finanzminister der G20-Länder wollen den von der Industrieländerorganisation OECD erarbeiteten Aktionsplan gegen legale Steuertricks der Konzerne am Mittwoch in der peruanischen Hauptstadt Lima verabschieden. Bis die 15 Maßnahmen alle in Kraft getreten sind, dürften aber noch einige Jahre vergehen. Der Aktionsplan soll grenzüberschreitende Steuergestaltungen so eingrenzen, dass die Unternehmen wenigstens einmal auf ihre Gewinne im üblichen Rahmen Steuern zahlen. Damit reagieren die G20 auf die wachsende Zahl von Berichten über Unternehmen, die Unterschiede in den nationalen Steuersystemen ausnutzen, um ihre Gewinne vor dem Fiskus zu verschleiern. Der G20-Initiative haben sich bisher 62 Staaten weltweit angeschlossen. Mehr als 55 Prozent der Befragten gaben an, sie würden ihre Verrechnungspreise anpassen, zu denen sich die Konzernteile gegenseitig Leistungen in Rechnung stellen. Zwei Drittel gaben an, sie überprüften ihre jetzigen Unternehmensstrukturen. Der Aktionsplan sieht unter anderem vor, dass die Konzerne den Finanzbehörden in den Ländern, in denen sie tätig sind, einen standardisierten Überblick über ihre regionalen Umsätze, Gewinne und Steuerzahlungen geben müssen. Die OECD schätzt, dass durch die Steuertricks der Konzerne Staatskassen weltweit bis zu 240 Milliarden Dollar (213,6 Milliarden Euro) im Jahr verlorengehen – das wären zehn Prozent aller von Unternehmen gezahlten Körperschaftssteuern.
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0Web
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Aus Angst vor Performance-Defiziten wehren sich Hardwarehersteller bisher oft gegen Verschlüsselung. Mit der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Apple und dem FBI hat die Debatte über die Verschlüsselung von Smartphones neue Fahrt aufgenommen. Immer wieder taucht dabei auch die Frage auf, wie die Situation eigentlich unter Android aussieht. Die Antwort darauf ist eine ernüchternde: Deutlich schlechter. Zwar bietet Android schon länger die Möglichkeit, das Smartphone zu verschlüsseln, von Haus aus nimmt aber praktisch kein Hersteller diesen Schritt vor. Entsprechend sind nach Expertenschätzung weniger als 10 Prozent aller Android-Geräte verschlüsselt, bei Apples iPhone soll dieser Wert mittlerweile bei rund 95 Prozent liegen. Dass nur Verschlüsselung einen effektiven Schutz vor dem Zugriff Dritter auf die am Smartphone gespeicherten Daten bieten kann, ist natürlich auch Android-Hersteller Google bewusst. Also versucht das Unternehmen schon seit geraumer Zeit bei seinen Partnern für eine solche zu werben, stieß dabei aber immer wieder auf erheblichen Widerstand, wie das Wall Street Journal berichtet. So hätte die Verschlüsselung der Daten eigentlich schon mit Android 5.0 Lollipop verpflichtend werden sollen, nach dem Protest von Samsung, LG und Co. hat Google diesen Punkt aber wieder aus den Android-Lizenzbedingungen entfernt. Die Hardwarehersteller befürchteten negative Auswirkungen auf die Performance ihrer Geräte, die Absicherung der Nutzerdaten sah man dabei offenbar nur als Feature untergeordneter Priorität an. Einzig Google selbst ging mit gutem Beispiel voran und lieferte im Herbst 2014 mit dem Nexus 6 und dem Nexus 9 erstmals Geräte aus der eigenen Hardware-Reihe, die von Haus aus verschlüsselt waren – und wurde prompt in zahlreichen Tests mit dem Hinweis auf schlechtere Benchmarkergebnisse gescholten. Dass diese Unterschiede im Alltag kaum eine Rolle spielen, nahm dabei eine untergeordnete Rolle ein, für die anderen Hardwarehersteller war ein abschreckendes Beispiel gefunden. Zumindest ist aber eine Besserung der Situation in Sicht: Mit Android 6.0 Marshmallow nimmt Google nämlich einen Neustart seiner Verschlüsselungsinitiative vor, versucht dabei aber auch auf jenen Teil der Herstellerbedenken einzugehen, der reale Berechtigung hat. Low-End-Geräte dürfen als auch mit Marshmallow weiterhin unverschlüsselt ausgeliefert werden, da es hier tatsächlich zu merklichen Performance-Einbussen kommen kann. Alle anderen neuen Android-Smartphones und -Tablets müssen hingegen künftig von Haus aus verschlüsselt werden. Und diese Mal scheinen die Hersteller auch mitzuspielen, so wird etwa Samsungs Galaxy S7 (Edge) bereits verschlüsselt ausgeliefert. Das langfristige Ziel sei aber weiterhin, dass sämtliche Smartphones verschlüsselt laufen, betont Android-Sicherheitschef Adrian Ludwig. Manchmal müsse man auf dem Weg zu besserer Sicherheit für alle aber eben auch Kompromisse eingehen.
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